Tenor

Der Kreisumlagebescheid der Beklagten vom 9. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2015 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 95.594,02 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zur Kreisumlage für das Jahr 2013 und begehrt die Rückzahlung eines einbehaltenen Betrages in Höhe von 95.594,02 Euro.

2

Mit Bescheid vom 9. September 2013 hat die Beklagte die Klägerin zu einer Kreisumlage für das Jahr 2013 in Höhe von 95.594,02 Euro herangezogen. Hierbei legte die Beklagte der Kreisumlage für das Jahr 2013 eine Steuerkraftmesszahl in Höhe von 111.203,84 Euro sowie eine Schlüsselzuweisung in Höhe von 107.697,05 Euro zugrunde. Von der sich hieraus ergebenden Kreisumlagegrundlage im Umfang von insgesamt 218.900,89 Euro forderte die Klägerin die in der Haushaltssatzung der Beklagten für das Jahr 2013 festgesetzte Kreisumlage in Höhe von 43,67 v.H., was 95.594,02 Euro entspricht. Der streitige Beitrag ist durch Verrechnung mit den Schlüsselzuweisungen bereits innerhalb des Jahres 2013 in vollem Umfang vom Landkreis einbehalten worden.

3

Hiergegen hat die Klägerin am 12. September 2013 und erneut am 26. September 2013 Widerspruch eingelegt. Sie vertrat die Ansicht, dass die Finanzausstattung der Gemeinden weder allein noch in Zusammenwirken mit anderen Instrumenten dazu führen dürfte, dass die von der Verfassung gebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten werde. Art. 28 Abs. 2 GG ziehe insoweit auch für die Kreisumlage eine absolute Grenze. Die in Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG garantierte finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden sei bereits in den Jahren 2010, 2011, 2012 und nun auch im Jahr 2013 durch die erhobene Kreisumlage nicht mehr gewahrt gewesen, so dass die Klägerin inzwischen dauerhaft strukturell unterfinanziert sei und damit im Kernbereich ihrer finanziellen Eigenverantwortung verletzt werde. Selbst pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben könne sie inzwischen nicht mehr ohne die dauerhafte Inanspruchnahme von Krediten finanzieren. Alle Möglichkeiten, die Einnahmenmaximierung und Ausgabenminimierung zu optimieren, seien ohne eine Verbesserung der bestehenden Haushaltslage ergriffen und ausgeschöpft worden. Auch würden sämtliche Steuerhebesätze zumindest im Landesdurchschnitt liegen, ein Haushaltssicherungskonzept sei ebenfalls erstellt worden. Eine für das Haushaltsjahr 2010 beantragte Fehlbetragszuweisung sei vom Ministerium mit dem Argument abgelehnt worden, dass die Finanzplanung der Klägerin bis einschließlich 2014 neue Fehlbeträge ausweise. Über die Gewährung einer Konsolidierungsbeihilfe, nur eine solche komme nach Auffassung des Ministeriums bei der bestehenden andauernden Haushaltslage noch in Betracht, sei bisher nicht entschieden worden.

4

Darüber hinaus hätte die Beklagte bei der Festlegung des Kreisumlagesatzes nicht nur ihren eigenen Finanzbedarf, sondern auch den der umlagepflichtigen Städte und Gemeinden mit in den Blick nehmen müssen. Ob dies der Fall gewesen sei, könne aufgrund fehlender Einsicht in die hierzu geführten Verwaltungsvorgänge nicht beurteilt werden. Zweifel bestünden aber auch dahingehend, ob es durch Erhebung der Kreisumlage für das Jahr 2013 zu einer unzulässigen Einebnung der Steuerkraftunterschiede und/oder zu einer Veränderung der Steuerkraftreihenfolge der Gemeinden gekommen sei.

5

Bereits am 21. Februar 2014 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

6

Während des anhängigen Verfahrens wies die Beklagte den Widerspruch sodann mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2015 zurück. Die Festlegung eines Kreisumlagesatzes in Höhe von 43,67 v. H. sei in Anbetracht eines Jahresfehlbetrags im Ergebnishaushalt der Beklagten für das Jahr 2013 in Höhe von 55.181.800,-- Euro erforderlich gewesen. Für einen vollständig ausgeglichenen Haushalt hätte es zudem eines Kreisumlagesatzes von 47,94 v. H. bedurft. Hiervon habe man nach abwägender Beratung in den Fachausschüssen und im Kreistag - auch angesichts der Finanzausstattung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden – Abstand genommen. Bei dem festgelegten Umlagesatz belaufe sich der Jahresfehlbetrag für das Haushaltsjahr 2013 nunmehr immer noch auf 4.911.200,-- Euro.

7

Im Übrigen sei der Kreisumlagebescheid auch formell und materiell rechtmäßig. § 23 FAG M-V sehe vor, dass nur ein einheitlicher Kreisumlagesatz festgesetzt werden dürfe. Einen Ermessensspielraum, hinsichtlich des Kreisumlagesatzes zwischen den einzelnen kreisangehörigen Gemeinden zu differenzieren, habe der Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen. Darüber hinaus sei die Beklagte aber auch verpflichtet, eine Kreisumlage zu erheben, wenn sie ihren Finanzbedarf nicht aus eigenen Mitteln decken könne. Dies treffe für das Haushaltsjahr 2013 zu. Die Beklagte habe alle Möglichkeiten, ihre Erträge und Einzahlungen zu erhöhen, ausgeschöpft und gleichzeitig Aufwendungen und Auszahlungen auf das Nötigste reduziert. Freiwillige Aufgaben seien auf ein kaum noch zu vertretendes Maß beschränkt worden.

8

Letztendlich sei die Klägerin aber auch gar nicht strukturell unterfinanziert gewesen, so dass eine Verletzung des Kernbereiches der Selbstverwaltungsgarantie auch in tatsächlicher Hinsicht nicht vorgelegen habe. Es sei nicht erkennbar, dass die Klägerin strukturell und auf Dauer außer Stande sei, ihr Recht auf eine eigenverantwortliche Erfüllung auch freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Aus den vorgelegten Zahlen ergebe sich dies jedenfalls nicht. Eine strukturelle Unterfinanzierung sei, so die Rechtsprechung, allenfalls erst dann gegeben, wenn die betreffende Gemeinde über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren zur eigenverantwortlichen Erfüllung ihrer freiwilligen Aufgaben nicht mehr in der Lage sei. Dies lasse sich den vorgelegten Zahlen jedoch nicht entnehmen. Insbesondere habe die Klägerin für den Zeitraum 2008 bis 2013 nicht hinreichend dargelegt, welche Mittel für pflichtige und welche für freiwillige Aufgaben verwandt worden seien. Auch könne der Darstellung nicht entnommen werden, welche Ausgaben oder Aufwendungen aus der Übernahme freiwilliger Leistungen aus davorliegenden Jahren resultierten. Nicht zu erkennen sei ebenfalls, welche Einnahmen und Erträge sie im Betrachtungszeitraum erzielt habe oder es unterlassen habe zu erzielen, obwohl dies gesetzlich geboten gewesen sei. So habe die Klägerin beispielsweise auch davon abgesehen, die ihr zustehenden Steuerquellen besser auszuschöpfen.

9

Im Übrigen komme es für die Rechtmäßigkeit der erhobenen Kreisumlage – auch bei einer unterstellten dauerhaften strukturellen Unterfinanzierung der Klägerin – nicht darauf an, dass nur eine (oder einige) der kreisangehörigen Gemeinden dauerhaft strukturell unterfinanziert seien. Entscheidend sei vielmehr, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gesamtheit aller kreisangehörigen Städte und Gemeinden gewahrt bleibe, denn die Kreisumlage könne sich nicht an der finanziell am schlechtesten ausgestatteten Gemeinde orientieren. Dass die Finanzausstattung der Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinden und Städte jedoch zum hier streitgegenständlichen Zeitpunkt gegeben gewesen sei, daran bestünde, auch wenn die finanzielle Situation der Gemeinden dauerhaft angespannt bleibe, kein Zweifel. Dies habe im Übrigen auch die oberste Rechtsaufsichtsbehörde in ihrer Begründung der am 1. August 2012 erteilten Genehmigung der genehmigungsbedürftigen Teile der Haushaltssatzung 2012 vertreten.

10

Zur Klagebegründung trägt die Klägerin ergänzend vor, dass § 23 FAG M-V als Rechtsgrundlage für die Erhebung der hier streitgegenständlichen Kreisumlage verfassungswidrig sei und eine Vorlage des Gerichts an das Landesverfassungsgericht daher für geboten erachtet werde.

11

Die Verfassungswidrigkeit des § 23 FAG M-V folge daraus, dass die Kreisumlage für jedes Haushaltsjahr an einem bestimmten Prozentsatz der Umlagegrundlage bemessen werde. Umlagegrundlage seien zum einen die Steuerkraftmesszahlen und zum anderen die Schlüsselzuweisungen des Vorjahres abzüglich der Finanzausgleichsumlage. Die Abschöpfung der Gemeinden sei damit aber vollständig an virtuellen Maßstäben orientiert, denn allein die Einnahmen der Gemeinde (nicht jedoch ihre Ausgaben oder die Wertverluste) würden bei der Festsetzung der Kreisumlage berücksichtigt. Nach der Umstellung auf die gemeindliche Doppik (abgeschlossen 2013) sei dieses Vorgehen allerdings verfassungswidrig. Die Gemeinden wären nunmehr dazu verpflichtet, auch Abschreibungen auf Sachwerte vorzunehmen. Dies bedeute, dass die gewinnmindernden Wertverluste (Abschreibungen) angespart werden müssten, um auch im Zeitpunkt einer vollständigen Abschreibung hinreichende finanzielle Mittel für Reparaturen oder ähnliches des abgeschriebenen Gegenstandes zur Verfügung zu haben. Diese Abschreibungen müssten zwar in den Jahresabschlüssen berücksichtigt werden, bei der Festlegung der Kreisumlage fänden sie indes keinen Niederschlag. Dies widerspreche jedoch der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gemäß Art. 28 Abs. 2 GG und Art 72 und 73 LV M-V. Das angewendete System biete nach Einführung der doppischen Haushaltsführung nämlich keinen geeigneten Ansatzpunkt mehr. Finanzmittel, für die erst in einem späteren Zeitpunkt ein Bedarf bestehe, würden bei dieser Art der Abschöpfung unberücksichtigt bleiben. Darin bestünde jedoch ein Verstoß gegen die verfassungsrechtlich verankerte Systemgerechtigkeit. Im Weiteren sei aber auch das Konnexitätsprinzip, das zu Gunsten der Gemeinden festlege, dass das Land den Kommunen hinreichende Mittel für die Aufgabenbewältigung zur Verfügung stellen müsse, nicht mehr gewahrt. Ziel des Konnexitätsprinzips sei es, zu verhindern, dass der Staat beliebig Aufgaben zu Lasten der Kommune verschiebe, ohne gleichzeitig für eine entsprechende Finanzierung der Aufgaben zu sorgen. Hierzu zählten aber auch solche Finanzbedarfe, die erst durch eine Gesetzesänderung aufgedeckt würden. Mit Einführung der doppischen Haushaltsführung seien bestimmte Finanzbedarfe erstmals sichtbar geworden. Werde eine solche Sichtbarkeit aber erst durch das Land hergestellt, so sei nach der Auffassung der Klägerin das Land aber auch dazu verpflichtet, alle weiteren Systeme des Finanzausgleiches hieran anzupassen. Dies gelte auch für die nach § 23 FAG zu erhebende Kreisumlage.

12

Darüber hinaus tritt sie, die Klägerin, der Auffassung der Beklagten, die strukturelle Unterfinanzierung müsse über einen zurückliegenden Zeitraum von mindestens 10 Jahren bestanden haben, mit dem Argument entgegen, dass die Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10515 -) auf die die Beklagte sich hier berufe, auf landesrechtliche Normen - und zwar die der Gemeindehaushaltsverordnung Rheinland-Pfalz - abgestellt habe, diese gelte im hiesigen Anwendungsbereich jedoch nicht. Eine vergleichbare Regelung sei in der Gemeindehaushaltsverordnung von Mecklenburg-Vorpommern nicht enthalten.

13

In der GemHVO M-V sei in § 17 Abs. 2 ausschließlich normiert, dass Jahresfehlbeträge mit bestehenden Jahresüberschüssen zu verrechnen seien und etwaige verbleibende Fehlbeträge auf neue Rechnung vorzutragen und innerhalb des Finanzplanungszeitraums auszugleichen seien. Dabei verstehe die GemHVO M-V unter „Finanzplanungszeitraum“ in prognostischer Hinsicht die auf das Haushaltsjahr folgenden drei Haushaltsjahre.

14

Unabhängig davon sei die strukturelle Unterfinanzierung für den Zeitraum von 2003 bis 2013 gegeben gewesen. Für die Haushaltsjahre 2007 bis 2009 habe nur deshalb ein ausgeglichener Haushalt bestanden, weil die Klägerin eine zusätzliche Zuweisung in Form eines Konsolidierungsbetrages erhalten habe. Diese habe aber nur das bestehende Defizit ausgleichen können, eine freie Finanzspitze, die für freiwillige Ausgaben hätte verwendet werden können, habe auch danach nicht in ausreichendem Maße bestanden. Überdies habe man Überschüsse in all den Jahren nicht erreichen können.

15

Insgesamt stelle sich das Jahresendergebnis für die Jahre 2003 – 2017 wie folgt dar:

16

Jahr   

Haushaltsergebnis
in Euro

Freiwillige Aus-
gaben an den
Gesamtausgaben
in Prozent

Anteil der
freiwilligen
Leistungen

Freier
Finanzspielraum

2003   

        

5781,84

2,41   

        

2004   

0       

5.785,28

2,52   

        

2005   

-5.091,49

7.406,74

2,77   

        

2006   

-6.522,01

5.701,83

2,21   

        

2007   

0       

4.892,00

1,8     

ja    

2008   

0       

3.441,00

1,2     

ja    

2009   

0       

1.977,00

0,7     

        

2010   

-23.649,99

4.891,71

1,53   

        

2011   

-99.621,91

4449,28

1,1     

        

2012   

-10.616,67

8.200,00

2,51   

        

2013   

-41.088,83

6.100,00

1,76   

        

2014   

-112.900,00

                          

2015   

-15.700,00

                          

2016   

-10.300,00

                          

2017   

-9.200,00

                          

17

Vorträge nach § 16 GemHVO seien für den streitgegenständlichen Zeitraum ebenfalls nicht erfolgt.

18

Im Weiteren ist die Klägerin der Auffassung, dass der Willensbildungsprozess der Kreistagsmitglieder bei Beschlussfassung des Kreisumlagesatzes schon deshalb fehlerhaft gewesen sei, weil die Auswirkungen der Festsetzung der konkreten Kreisumlage auf die einzelnen Gemeinden und deren verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung nicht ausreichend in den Blick genommen worden sei. Auch wenn, wie zwischen den Beteiligten im Ergebnis unstreitig sei, auf der Ebene des Kreistages ein zweigleisiges Informationssystem bestehe – bestehend aus Informationspflichten und Informationsrechten der Kreistagsmitglieder - habe weder eine konkrete Ermittlung der Finanzbedarfe der einzelnen Gemeinden noch deren Erörterung durch die Kreistagsmitglieder stattgefunden. Vielmehr habe man lediglich allgemeine Haushaltszahlen und die Auswirkungen der Erhöhung der Kreisumlage auf den Haushalt des Kreises in den jeweiligen Ausschüssen und im Kreistag thematisiert.

19

In einem Schreiben an die Kreistagsmitglieder vom 9. August 2012 sei darüber hinaus folgende Hinweis enthalten gewesen:

20

„Insbesondere mit Blick auf die kommenden Haushaltsjahre hat [die Haushaltssatzung] auch die Erhebung einer auskömmlichen Kreisumlage zu umfassen, die ihre Grenzen in der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinden findet (d.h. die ggf. wegfallende [sic] dauernde Leistungsfähigkeit einer einzelnen Gemeinde ist nachrangig gegenüber dem Ganzen [sic].“

21

Dieser Ansatz widerspreche aber dem vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Leitbild, wonach es gerade nicht auf die Leistungsfähigkeit der Gesamtheit der Gemeinden ankomme, sondern der Finanzbedarf jeder einzelnen Gemeinde zu ermitteln sei, auch unter dem Gesichtspunkt, ob die finanzielle Leistungsfähigkeit jeder einzelnen Gemeinde für sich bestehe. Aufgrund dessen, dass die Beklagte fehlerhaft davon ausgegangen sei, dass die Interessen des Kreises höher zu bewerten seien als die konkreten Interessen der einzelnen Gemeinden, weise die Beschlussvorlage, die den Kreistagsmitgliedern bei Beschlussfassung über die Festsetzung des Kreisumlagesatzes vorgelegen habe, bereits die falschen Vorzeichen auf. Selbst wenn mit den Kreistagsmitgliedern die Auswirkung des festzusetzenden Kreisumlagesatzes auf die Gemeindefinanzierung anhand von konkretem Zahlenmaterial erörtert worden sei, habe bei den Kreistagsmitgliedern aufgrund der fehlerhaften Beschlussvorlage bereits die falsche Vorstellung bestanden, dass es nur auf die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Gesamtheit aller Gemeinden ankomme.

22

Letztendlich seien die Mitglieder des Kreistages und die entsprechenden Ausschüsse aber auch tatsächlich nicht hinreichend mit konkreten Finanzdaten der Gemeinden versehen worden. Weder mit Versand des Schreiben vom 7. Januar 2013, dem ein umfangreiches Paket von Haushaltsdaten angefügt gewesen sei, noch in den Sitzungen der einzelnen Ausschüsse seien konkrete Zahlen oder Berechnungen zur Finanzausstattung der Gemeinden vorgelegt oder erörtert worden. Gleiches gelte für die Ladung der Mitglieder zur Kreistagssitzung. Auch bei der Übermittlung weiterer Informationen in den Fraktionsberatungen sei es, anders als die Beklagte meine, stets nur um die Höhe des Kreisumlagesatzes bzw. die anvisierte Erhöhung um weitere drei Prozent gegangen. Dass es dabei zu kontroversen Diskussionen gekommen sei, auch weil Kreistagsmitglieder oftmals zugleich Stadt- und Gemeindevertreter seien, sei in Hinblick darauf, dass sie auch die Interessen der von ihnen vertretenen Körperschaften verfolgten, selbstverständlich. Dies ersetze aber nicht die erforderliche Information über die Finanzausstattung der Gemeinden im Einzelnen.

23

Die Klägerin beantragt,

24
1. den Kreisumlagebescheid der Beklagten vom 9.September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2015 aufzuheben.
25
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 95.594,02 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
26
3. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigen für das Verfahren notwendig war.
27

Die Beklagte beantragt,

28

die Klage abzuweisen.

29

Sie trägt in Ergänzung zum Ausgangs- und Widerspruchsbescheid vor, dass sich aus den vorhandenen Unterlagen und Dokumentationen entnehmen ließe, dass sie die Mitglieder des Kreistages und seiner Ausschüsse umfassend mit Informationen über die finanzielle Lage des Kreises und der Gemeinden informiert habe. Dabei habe man sich, in Anbetracht der Komplexität der kommunalen Haushaltsdaten, der hohen Zahl der kreisangehörigen Gemeinden (90) und der Vielzahl von Kreistagsmitgliedern (69), von einer praktischen Konkordanz zwischen Detailreichtum und nicht mehr zu verarbeitender Fülle an Informationen leiten lassen. Die umfangreichen schriftlichen Informationen seien überdies durch Präsentationen und zahlreiche Einzelgespräche ergänzt worden. Dieses Vorgehen entspreche auch den Vorgaben der Kommunalverfassung, die die Übermittlung von Informationen an die Kreistagsmitglieder von Amts wegen nicht absolut setze. Dies gelte auch bei Erlass einer Haushaltssatzung. Insbesondere sehe die Kommunalverfassung keine derartige Begründungspflicht im Umkreis der §§ 107, 120, 42b ff KV M-V vor, wie es in anderen Kontexten der Kommunalverfassung der Fall sei.

30

Im Weiteren ist die Beklagte der Ansicht, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2015, anders als die Klägerin meine, die Belastungsobergrenze erst aus einer wertenden Gesamtbetrachtung aller oder jedenfalls mehrerer kreisangehöriger Gemeinden entnommen habe, und damit nicht auf einzelne beliebige Gemeinden abgestellt werden dürfe. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung bei der Beantwortung der Frage, wann eine Erhöhung der Kreisumlage gegenüber den Gemeinden „hinreichend rücksichtsvoll sei“, nur dem Rückgriff auf einen landesweiten Erfahrungs- bzw. Orientierungswert eine Absage erteilt. Dies bedeute aber keineswegs, dass das Bundesverwaltungsgericht nun ins andere Extrem verfallen sei und isoliert auf eine beliebige kreisangehörige Gemeinde abstelle. Der gesamte diesbezügliche Kontext in den Entscheidungsgründen zeige eindeutig, dass der gedachte Gegensatz zu einem landesweiten Orientierungswert die „Verhältnisse im klägerischen Landkreis seien“. Wenn das Bundesverwaltungsgericht die Grenzen der Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden in den Blick nehme, lasse es erkennen, dass sich die Belastungsobergrenze erst aus einer wertenden Gesamtbetrachtung aller oder jedenfalls mehrerer kreisangehöriger Gemeinden ergebe. Dieser Auffassung sei zu folgen. Zweifel daran, dass die Beklagte im Rahmen der Festsetzung des Kreisumlagesatzes zu einem fehlerhaften Abwägungsergebnis gekommen sei, bestünden mithin nicht.

31

Soweit die Klägerin sich inzwischen darauf berufe, dass auch die Kommunalaufsicht mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 geäußert habe, die Leistungsfähigkeit vieler Gemeinden sei inzwischen weggefallen, verkenne sie die damit verbundene Aussage. In dem Schreiben der Kommunalaufsicht beziehe sich das Adjektiv „dauerhaft“ auf die „Leistungsfähigkeit“. Diese Terminologie folge aus der GemHVO-Doppik und den hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften des Innenministeriums. Ob die dauerhafte Leistungsfähigkeit weggefallen sei, ließe sich bereits auf Basis einer Momentaufnahme für ein konkretes Haushaltsjahr bestimmen. Diese Perspektive sei aber streng von den Maßstäben, wie sie vom Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung vom 31. Januar 2013 zum Aktenzeichen 8 C 1/12 vertreten worden seien, zu trennen. Danach sei der Eingriff in die gemeindliche Finanzhoheit erst dann rechtswidrig, „wenn die Gemeinden strukturell und auf Dauer außerstande seien, ihr Recht auf eine eigenverantwortliche Erfüllung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen.“ Sprachlogisch bestehe zwischen dem Wegfall der dauerhaften Leistungsfähigkeit und dem dauerhaften Wegfall der Leistungsfähigkeit ein rechtlich erheblicher Unterschied. Die „dauerhafte Leistungsfähigkeit“ sei ein Terminus des Landeshaushaltsrechts, auf diesen komme es hier aber nicht an. Anders der hier zu berücksichtigende Maßstab des Bundeverwaltungsgerichts, wonach die Kreisumlage erst dann rechtswidrig werde, wenn der Wegfall der finanziellen Leistungsfähigkeit dauerhaft wäre. Daraus folge dann auch der von der Rechtsprechung zugrunde gelegte 10-Jahreszeitraum, der von der Klägerin – wie dargelegt - nicht erfüllt werde.

32

Aus Sicht der Beklagten seien darüber hinaus auch andere optionale Finanzströme in den Blick zu nehmen. Zwar sei, so die Darlegung des zuständigen Fachamtes, auch durch Hebung der Steuerhebesätze ein ausgeglichener Haushalt der Klägerin nicht zu erreichen, jedoch habe die Klägerin es unterlassen, die von ihr beim Land gestellten Anträge auf ergänzende Finanzierungshilfe konsequent zum Erreichen des dauernden Haushaltsausgleiches zu verfolgen. Eine solche Möglichkeit, eine Konsolidierungsbeihilfe vom Land zu beantragen, bestehe für die Beklagte nicht. Zwar sehe § 22 FAG M-V vor, dass auch für die Landkreise die Möglichkeit bestehe, eine Hilfe zu beantragen. Dies sei aber nur dann erfolgversprechend, wenn eine andere Finanzierung nicht zu erreichen sei. Soweit es der Beklagten möglich gewesen sei, zusätzliche Mittel vom Land zu akquirieren, seien diese Möglichkeiten erfolgreich verfolgt worden. Auch diese so gewonnenen zusätzlichen Mittel verringerten den Druck auf die Kreisumlage.

33

Neben den laufenden Einnahmen und Ausgaben der Klägerin komme es aber auch auf deren Vermögenslage an, die ebenfalls von der Garantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG erfasst werde. Der Blick auf die Eigenkapitalquote zeige, dass die Klägerin deutlich besser dastehe als die Beklagte. Auch daraus folge im Ergebnis, dass die Klägerin sich nicht auf die Verfassungswidrigkeit der erhobenen Kreisumlage berufen könne.

34

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (ein Ordner) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

35

Die Klage zu 1. (I.) und die Klage zu 2. (II.) sind zulässig und begründet.

36

I. Die als Anfechtungsklage statthafte Klage zu 1.) ist auch im Übrigen zulässig und hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Bescheid vom 9. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

37

Der angegriffene Kreisumlagebescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 120 Abs. 2 Ziffer 3 der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V) i. V. m. § 23 Abs. 1 Finanzausgleichsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (FAG M-V) und § 5 der Haushaltssatzung des Landkreises Nordwestmecklenburg für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltssatzung). Danach erhebt die Beklagte im Jahr 2013 von allen kreisangehörigen Gemeinden eine Kreisumlage aufgrund eines Kreisumlagesatzes von 43,67 v.H.

38

Hieran gemessen bestehen für die Kammer keine Bedenken, dass der Ausgangsbescheid vom 9. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2015 – wie im Übrigen auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist – den materiell-rechtlichen Vorgaben der Haushaltssatzung und sonstigem einfachen Gesetzesrecht entspricht. Insbesondere ist der angefochtene Bescheid rechnerisch richtig.

39

Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 23 FAG M-V bestehen für die Kammer nicht (1.). Dass der angegriffene Kreisumlagebescheid dennoch rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren subjektiven Rechten verletzt, folgt aus der infolge eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht bedingten Nichtigkeit des § 5 der Haushaltssatzung, mithin fehlt es für die rechtmäßige Erhebung der hier streitgegenständlichen Kreisumlage an einer Rechtsgrundlage (2.).

1.

40

§ 23 FAG M-V, der den Kreis, soweit er seinen Finanzbedarf nicht anderweitig decken kann, zur Erhebung einer Kreisumlage verpflichtet, ist verfassungsgemäß. Das Verfahren war mithin nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen und § 23 FAG M-V zur Überprüfung dem Landesverfassungsgericht vorzulegen. Eine solche Vorlage an das Landesverfassungsgericht kommt gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG allein dann in Betracht, wenn das vorlegende Gericht die streitentscheidende Norm mit höherrangigem Recht – sei es Verfassungsrecht (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 und 2 Alt. 1 GG) oder Bundesrecht (Art 100 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GG) - für unvereinbar hält. Bloße Zweifel an der Unvereinbarkeit reichen dabei nicht aus, vielmehr muss das vorlegende Gericht selbst von der Inkompatibilität überzeugt sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. März 1952 – 1 BvL 12/51, 1 BvL 15/51, 1 BvL 16/51, 1 BvL 24/51, 1 BvL 28/51 –, juris). Die Überzeugung anderer, etwa der Verfahrensbeteiligten, anderer Gerichte oder einer vorherrschenden Literaturauffassung reichen insoweit nicht aus. Darüber hinaus muss die vorzulegende Norm auch entscheidungserheblich sein. Hieran gemessen hat die Kammer keine Veranlassung gesehen, § 23 FAG M-V dem Landesverfassungsgericht zur Überprüfung vorzulegen.

41

Eine Verfassungswidrigkeit von § 23 FAG M-V wäre allenfalls dann gegeben, wenn ein durch das Recht und die Pflicht zur Erhebung einer Kreisumlage bedingter etwaiger Konflikt mit der in Art. 28 Abs. 2 GG und gleichfalls in Art. 72 Abs. 1 und Art. 73 Abs. 1 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LVerF M-V) gewährleisteten Finanzhoheit der Gemeinden nicht auf der Ebene der konkreten Festsetzung der Kreisumlage geheilt werden könnte. So ist es hier aber nicht. Die Anwendung des § 23 FAG führt bei verfassungskonformer Auslegung nicht zu einem zwingenden Verstoß gegen die Selbstverwaltungsgarantie. Daran ändert, anders als die Klägerin meint, auch die für die Gemeinden nunmehr seit 2012 verbindliche Einführung der doppischen Haushaltsführung nichts. Es obliegt nämlich dem Haushaltssatzungsgeber, nur den Grundsätzen der Verfassung entsprechende Kreisumlagesätze festzulegen und damit einen hinreichenden Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen des Kreises und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu schaffen und für eine auskömmliche Haushaltssituation der Gemeinden Sorge zu tragen. Nach verfassungskonformer Auslegung ist der Kreis zur Erhebung einer Kreisumlage ermächtigt, deren Höchstbetrag durch seinen anderweitig nicht gedeckten Finanzbedarf begrenzt wird. Damit geht jedoch nicht einher, dass ein ungedeckter Finanzbedarf zwingend und jedenfalls dann zur Gänze auf die umlagepflichtigen Gemeinden umgelegten werden muss, wenn diesen dadurch weniger als die verfassungsgebotene Mindestausstattung verbleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013, a.a.O Rn. 25). Dass sich der konkrete Kreisumlagesatz nach der derzeitigen Fassung des § 23 FAG M-V dabei letztendlich an der wirtschaftlich am schlechtesten dastehenden Gemeinde zu orientieren hat, da § 23 FAG M-V nur die Festsetzung eines einheitlichen Kreisumlagesatzes vorsieht, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, mag in tatsächlicher Hinsicht für die finanzielle Ausstattung des Kreises von besonderer Bedeutung sein, ändert im Ergebnis aber nichts. Dieses daraus resultierende Spannungsverhältnis, das geeignet ist, die Finanzsituation des Kreises maßgeblich zu beeinflussen, kann letzten Endes nur durch eine entsprechende Gesetzesänderung aufgelöst werden, eine Verfassungswidrigkeit von § 23 FAG M-V folgt daraus aber nicht.

42

Soweit die Klägerin die Ansicht ist, dass die Verfassungswidrigkeit daraus folge, dass nach Einführung der doppischen Haushaltsführung § 23 FAG M-V nunmehr gegen die in Art. 72 und Art. 73 LVerf M-V enthaltenden Grundsätzen der Systemgerechtigkeit und des Konnexitätsprinzips verstoße, weil der Gesetzgeber es unterlassen habe, § 23 FAG M-V entsprechend anzupassen, verkennt sie, dass allein der Umstand, dass der Gesetzgeber in einem anderem Regelungszusammenhang – hier die Einführung der doppischen Haushaltsführung mit der Gemeindehaushaltsverordnung-Doppik vom 25. Februar 2008 (GVOBl. M-V 2008, S. 34) – Veränderungen vorgenommen hat, ihn nicht zwangsläufig verpflichtet, gesetzgeberische Folgemaßnahmen in anderen Regelungskontexten zu veranlassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie hier im Rahmen der konkreten Umsetzung die verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte im Wege einer konkreten Ausgestaltung des Kreisumlagesatzes durch den Haushaltsgesetzgeber gewahrt werden können.

2.

43

Die konkrete Ausgestaltung des Kreisumlagesatzes in § 5 der Haushaltssatzung verstößt indes gegen Art. 28 Abs. 2 GG und die insoweit regelungsgleichen landesrechtlichen Vorschriften der Art. 72 Abs. 1 und 73 Abs. 1 LVerf M-V und ist damit nichtig. Damit fehlt es an der für eine Heranziehung der Klägerin zur Zahlung einer Kreisumlage in Höhe von 95.594,02 Euro erforderlichen Rechtsgrundlage.

44

Dies folgt daraus, dass die Beklagte es unterlassen hat, die grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden bei Festsetzung des Kreisumlagesatzes hinreichend zu berücksichtigen. So war den Kreistagsmitgliedern zum einen der Finanzbedarf der umlagepflichtigen Gemeinden nur unzureichend bekannt. Zum anderen wurden sie bei Beschlussfassung fehlerhaft von der Annahme geleitet, nicht die auskömmliche Finanzausstattung jeder einzelnen Gemeinde, sondern nur die der Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinde müsse gewährleistet bleiben. Mithin leidet § 5 der Haushaltssatzung an einem Abwägungsdefizit (a). Schließlich verstößt § 5 der Haushaltssatzung aber auch gegen den in Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Anspruch auf eine finanzielle Mindestausstattung, weil die Klägerin ausgehend vom streitgegenständlichen Jahr 2013 durch die Kreisumlage allein oder in Zusammenwirken mit anderen Umlagen auf Dauer strukturell unterfinanziert ist (b).

a)

45

Nach § 120 KV M-V i.V.m. § 23 FAG M-V ist der Landkreis verpflichtet, soweit er nicht in der Lage ist, seinen Finanzbedarf durch sonstigen Erträge und Einzahlungen zu decken, eine Kreisumlage von den kreisangehörigen Gemeinden zu erheben. Dabei ist die in § 23 FAG M-V enthaltene Ermächtigung zur Erhebung einer Kreisumlage unter Beachtung der in Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 72 Abs. 1 sowie 73 Abs. 1 LVerf M-V gewährleisteten Rechte verfassungskonform auszulegen, wie in Ziffer 1. der Entscheidungsgründe dargelegt.

46

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gewährleistet Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung. Das ergibt sich schon aus Satz 1 der Garantie. Das Recht der Gemeinden, grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, setzt voraus, dass die Gemeinden über eine Finanzausstattung verfügen, die sie hierzu in den Stand setzt. Dies wurde im Übrigen durch die Anfügung von Satz 3 der Garantie bestätigt und noch materiell rechtlich verstärkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. März 1998 - 8 C 11.97 -, und vom 15. November 2006 - 8 C 18.05 -; juris).

47

Die Finanzausstattung der Gemeinden ist Ergebnis einer Saldierung der Einnahmen und Ausgaben. Auf der Einnahmenseite tragen zur Finanzausstattung - neben Entgelten für spezielle Leistungen - Einnahmen aus Steuern (sogenannte Steuerkraft) sowie ergänzende Zuweisungen aus Landesmitteln nach Maßgabe des kommunalen Finanzausgleichs bei. Dem stehen in negativer Hinsicht Abschöpfungen nach den Bestimmungen in den Finanzausgleichs- und anderen Gesetzen über Umlagen gegenüber, die den Gemeinden Finanzmittel zugunsten anderer - regelmäßig höherstufiger - Verwaltungsträger wieder entziehen, sei es zugunsten der Kreise (Kreisumlage), sei es zugunsten von anderen Gemeindeverbänden (wie die Verbandsgemeindeumlage), sei es schließlich zugunsten von Land oder Bund (Finanzausgleichsumlage; Gewerbesteuerumlage). Die Kreisumlage erweist sich damit nicht nur als - herkömmliches und als solches fraglos zulässiges - Instrument zur Finanzierung der Kreise, sondern entzieht zugleich den kreisangehörigen Gemeinden Finanzmittel und zählt insofern zu den Instrumenten, welche in ihrem Zusammenwirken die Finanzausstattung der Gemeinden festlegen. Als solches muss sie den Anforderungen entsprechen, die das Verfassungsrecht für die Finanzausstattung der Gemeinden vorgibt, und ihre Wirkungen dürfen nicht dazu führen, dass die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird. Der Schutz und Garantiegehalt des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 3 GG gilt dabei zugunsten der Gemeinden auch in deren Verhältnis zum Kreis. Für den „kommunalen Raum“, also die Gesamtheit von Kreis und kreisangehörigen Gemeinden, besteht mithin kein abweichendes Sonderrecht (vgl. BVerwG Urteil vom 31. Januar 2013 – 8 C 1/12 -, juris Rn. 36 m.w.N.).

48

Daraus folgt zugleich, dass sich jede einzelne Gemeinde - auch im Anwendungsbereich des § 23 FAG M-V - auf dieses ihr von der Verfassung garantierte Recht berufen kann. So kann im Ergebnis nicht die adäquate Finanzausstattung der Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinden für die Rechtmäßigkeit des mit § 5 Haushaltssatzung festgesetzten Kreisumlagesatzes, sondern allein die auskömmliche Finanzausstattung jeder einzelnen kreisangehörigen Gemeinde entscheidend sein. Denn jede Gemeinde kann sich unabhängig der Finanzausstattung aller anderen kreisangehörigen Gemeinden auf ihr Recht aus Art. 28 Abs. 2 GG berufen. Dabei gilt, dass der Kreis selbst dann nicht von der Beachtung dieses Kernbereiches der gemeindlichen Selbstverwaltung frei wird, wenn er sich auf eine eigene finanzielle Notlage berufen kann. Vielmehr obliegt es dem Kreis, sich bei eigener unzureichender Finanzausstattung an das Land (bzw. den Landesgesetzgeber) zu halten. Die Abwälzung der eigenen Finanznot auf die kreisangehörigen Gemeinden unter Missachtung ihres von der Verfassung garantierten Rechtes auf Gewährung einer finanziellen Mindestausstattung ist indes unstatthaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn.37). Dass dem Kreis bereits von Gesetzes wegen der Weg eröffnet ist, finanzielle Unterstützung vom Land zu erreichen, ergibt sich aus § 22 FAG M-V. Dabei kann es weder darauf ankommen, dass dieser Weg auch den Gemeinden eröffnet ist, noch, dass die Gewährung entsprechender Konsolidierungsbeihilfen an hohe Voraussetzungen geknüpft wird, die im Übrigen gleichermaßen auch von den Gemeinden zu erfüllen sind. Die Beklagte kann sich mithin nicht mit Erfolg darauf berufen, der Weg, finanzielle Mittel vom Land zu erlangen, sei ihr im Gegensatz zu den Gemeinden verwehrt.

49

Dieses insoweit gleichrangige Interesse an einer auskömmlichen Finanzausstattung des Kreises und der einzelnen Gemeinden - aus dem Grundgesetz lassen sich nämlich keine Vorrangpositionen hinsichtlich des einen oder des anderen herleiten – ist bei Festsetzung des Kreisumlagesatzes zwingend zu beachten. Deshalb muss der Landkreis die grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden bei der Festlegung des Umlagesatzes in Rechnung stellen und dabei nicht nur den eigenen Finanzbedarf, sondern auch denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form - etwa im Wege einer Begründung der Ansätze seiner Haushaltssatzung - offenlegen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz Urteil vom 21. Februar 2014 – 10 A 10515/13 -, juris Rn. 35). Anders als es die Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz nahelegt, genügt es nach Auffassung der Kammer dabei nicht, dass sich allein der Kreis, mithin die Kreisverwaltung oder die Landrätin, Kenntnis über die Finanzausstattung der kreisangehörigen Gemeinden verschafft und diese hierdurch in die vorbereitende Beschlussvorlage Einfluss findet. Zwar fällt es in den Aufgabenbereich der Kreisverwaltung, die Beschlussvorlage zur Festsetzung des Kreisumlagesatzes in der jeweiligen Haushaltssatzung zu erarbeiten und demnach auch den Finanzbedarf des Kreises und der umlagepflichtigen Gemeinden hinreichend zu ermitteln. Dies kann aber den sich aus Art. 28 Abs. 2 GG ergebenden Abwägungserfordernissen allein nicht genügen, weil weder die Kreisverwaltung noch die Landrätin berechtigt sind, über die Festsetzung des konkreten Umlagesatzes letztverbindlich zu beschließen.

50

Gemäß § 120 Abs. 1 i.V.m. § 47 Abs. 1 KV M-V wird die Haushaltssatzung des Kreises mit ihren Anlagen in öffentlicher Sitzung beraten und beschlossen. Demnach sind es die Kreistagsmitglieder, die, geleitet durch die von der Kreisverwaltung erarbeitete Beschlussvorlage und sonstige im Vorfeld der Haushaltssatzungsgebung erfolgten Haushaltsberatungen, über die Festsetzung des konkreten Kreisumlagesatzes befinden. Sind aber weder spätestens durch die Beschlussvorlage selbst noch innerhalb vorangegangener Beratungen im Kreistag oder in den Ausschüssen die Finanzbedarfe sowohl des Kreises als auch der (einzelnen) kreisangehörigen Gemeinden in hinreichendem Maße für die Kreistagsmitglieder offengelegt, verstößt der konkrete Kreisumlagesatz gegen die verfassungsrechtlich gebotene Berücksichtigung der insoweit gleichrangigen Interessen des Kreises und der kreisangehörigen Gemeinden, weil sie in den unmittelbaren Abwägungsvorgang nur unzureichend Eingang gefunden haben. Dass der Kommunalverfassung selbst keine weitreichenden Informationspflichten der Kreistagsmitglieder zu entnehmen sind, vermag an den Anforderungen, die sich unmittelbar aus der Verfassung ergeben, nichts zu ändern. Die Informationspflicht der Kreistagsmitglieder entfällt auch nicht deshalb, weil ihnen ein eigenes Informationsrecht zukommt. Auch wenn sie berechtigt sind, weitere Informationen zu verlangen, auch um ihren Entscheidungsprozess in die eine oder andere Richtung unter Berücksichtigung aller damit verbundenen Konsequenzen abwägen zu können, entbindet dies nicht von einer im Vorwege der Beschlussfassung erforderlichen Information der Kreistagsmitglieder über Finanzausstattung von Kreis und Gemeinden.

51

Gemessen daran fehlt es im Vorliegenden an einer ausreichenden Information der Kreistagsmitglieder. Dass den Kreistagsmitgliedern hinreichende Erkenntnisquellen zur Finanzsituation der Gemeinden bei Beschlussfassung vorlagen, ist, auch nachdem die Beklagte im Verlauf des Verwaltungsstreitverfahrens weitere umfangreiche Unterlagen beigebracht hat, nicht ersichtlich. Der Beschlussvorlage 113/BV KT/2012 vom 17. Dezember 2012, die sowohl Beratungsgegenstand in verschiedenen Ausschüssen als auch im Kreistag selbst war, ist eine Aufstellung der Finanzbedarfe jeder einzelnen Gemeinden nicht zu entnehmen. Dies wäre aber jedenfalls dann unschädlich, wenn sich für die Kreistagsmitglieder zumindest die Finanzausstattung der Gemeinden aus anderen allen Kreistagsmitgliedern zur Verfügung gestellten Auskunftsquellen ergeben hätte. So ist es hier aber nicht. Zwar wurden den Mitgliedern mit Schreiben der Verwaltung vom 7. Januar 2013 auch der Entwurf der Haushaltssatzung, der Haushaltsplan (Teile I und II), das Haushaltssicherungskonzept sowie der Vorbericht zum Haushalt 2013 zur weiteren Beratung in den Ausschüssen und Fraktionen übersandt. In den jeweiligen Ausschusssitzungen erfolgte zudem eine weitergehende Information – unterstützt durch eine umfangreiche Powerpointpräsentation - durch die Landrätin bzw. die Leiterin des Fachdienstes Finanzen und Controlling. Auch wenn hierin die Finanzausstattung des Kreises vertiefend und ausführlich dargestellt und auch im Kontext der anvisierten Erhöhung der Kreisumlage analysiert wurde, sind eindeutige Angaben zu der tatsächlichen Finanzausstattung der einzelnen Gemeinden (mit Angaben zur Einnahmen- und Ausgabensituation sowie dem Anteil einer für freiwillige Aufgaben zur Verfügung stehenden „freien Spitze“ am Gesamthaushalt) in diesen Materialien nicht enthalten. Gleiches gilt im Ergebnis auch für eine fachliche Einschätzung der finanzwirtschaftlichen Lage der kreisangehörigen Gemeinden durch den Fachdienst der Kommunalaufsicht vom 17. Oktober 2012 und vom 18. Januar 2013, die die Leiterin des Fachdienstes Finanzen zu den einzelnen Beratungen in den jeweiligen Fachausschüssen nach Angaben der Beklagten zur Einsicht mitführte. In der Stellungnahme vom 17. Oktober 2012 zur Haushaltssituation 2012 heißt insoweit nur:

52

„Aufgrund der weggefallenden finanziellen Leistungsfähigkeit vieler Gemeinden können Investitionskredite nur noch bei rentierlichen Vorhaben oder im Falle einer Finanzierung sachlich und zeitlich unabweisbarer notwendiger Ersatzinvestitionen, soweit diese nicht aus Eigenmitteln finanziert werden können, genehmigt werden.“

53

Eine klare Aufschlüsselung der Finanzbedarfe oder die Darstellung von freien Finanzspitzen ist aber weder den benannten Stellungnahmen selbst noch den dazu beigereichten tabellarischen Aufstellung zu entnehmen.

54

Soweit die Beklagte im Weiteren meint, dass zumindest der Finanzausschuss mit Schreiben der Landrätin vom 31. Januar 2013 und den anliegenden Anlagen über die Finanzausstattung der einzelnen Gemeinden hinreichend informiert gewesen sei, so verkennt sie, dass sich auch hieraus der konkrete Finanzbedarf bzw. die finanzielle Ausstattung der Gemeinden nicht entnehmen lässt. Im Wesentlichen enthalten die anliegenden Tabellen nämlich nur Informationen zu der Umlagegrundlage und zur Entwicklung der hier nicht streitgegenständlichen Amtsumlagen. Letztendlich ergibt sich aber aus den weiteren Unterlagen und Protokollen darüber hinaus nur, dass die Erhöhung der Kreisumlage tatsächlich Anlass von Nachfragen und Diskussion war, nicht aber, dass der Finanzbedarf oder die Finanzausstattung der einzelnen Gemeinden in die Haushaltsberatungen Einfluss gefunden hat.

55

Im Ergebnis folgt aus alledem, dass die Kreistagsmitglieder im Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung über den mit § 5 der Haushaltsatzung 2013 festgesetzten Kreisumlagesatz selbst nur unzureichend über die Finanzsituation der einzelnen kreisangehörigen Gemeinden informiert waren. Mithin konnten sie nicht dazu befähigt sein, die gleichrangigen Interessen ausreichend in ihren Abwägungsprozess mit einzubeziehen. Dass zumindest einige Kreistagsmitglieder, etwa aufgrund eigener Mitwirkung in den jeweiligen Gemeindevertretungen, Kenntnis über die jeweiligen Finanzausstattungen der Gemeinden hatten, ist jedenfalls nicht ausreichend. Dieser aufgrund eigener Interessenslagen bedingte Wissensvorsprung Einzelner kann bei entsprechender sachgerechter Berücksichtigung der sich aus Art. 28 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen, die widerstreitenden Interessen gleichrangig in den Abwägungsprozess einzustellen, nicht die Informationspflicht entfallen lassen. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass gerade die maßgebliche Finanzausstattung der hier klagenden Gemeinde in den Blick genommen worden ist.

b.)

56

Sind die Kreistagsmitglieder überdies, wie hier, bei der Festsetzung der Kreisumlage irrtümlich von der Vorstellung geleitet gewesen, dass es nicht auf die auskömmliche Finanzausstattung jeder einzelnen Gemeinde, sondern nur auf die der Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinden ankomme, leidet die festgesetzte Kreisumlagesatz schon allein aus diesem Grund an einem beachtlichen Abwägungsmangel. Ob die Umlage in der konkreten Höhe auch rechtmäßig hätte zustande kommen können oder die Kreistagsmitglieder hinreichend über die Finanzausstattung des Kreises und der kreisangehörigen Gemeinden informiert waren, ist für die rechtliche Bewertung an dieser Stelle ohne Belang.

57

Die Auffassung der Beklagten, zur Wahrung des in Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Rechts auf eine auskömmliche Finanzausstattung nicht auf die Finanzausstattung jeder einzelnen Gemeinde, sondern nur auf die der Gesamtheit alle kreisangehörigen Gemeinden abzustellen, überzeugt - wie dargelegt - nicht.

58

Dass diese rechtsfehlerhafte Auffassung der Beklagten auch unmittelbar Einfluss in den Abwägungsprozess gefunden hat, ergibt sich aus der mit Schreiben vom 7. Januar 2013 an alle Kreistagsmitglieder übersandten Beschlussvorlage. Hierin heißt es auf der Seite fünf unter dem Punkt „Kreisumlage“ ausdrücklich:

59

„Mit Stellungnahme der unteren Rechtsaufsichtsbehörde vom 17. Oktober 2012 wurde eingeschätzt, dass die Finanzsituation der Städte und Gemeinden nach wie vor als außerordentlich schwierig angesehen wird. Unter Berücksichtigung und Würdigung der kommunalen Haushaltslage, aber auch unter dem Aspekt, dass die Kreisumlage die Existenz des Landkreises sicherstellen muss, kommt die Kommunalaufsicht zu der Feststellung, dass eine Kreisumlage die finanzielle Lage der Gemeinden zusätzlich belastet.

60

Im Hinblick auf die Festsetzung des Kreisumlagesatzes hat das Ministerium für Inneres und Sport in seinem Genehmigungserlass zur Haushaltssatzung 2012 des Landkreises Nordwestmecklenburg ausgeführt: „ Insbesondere der Blick auf die kommenden Haushaltsjahre hat auch die Erhebung einer auskömmlichen Kreisumlage zu umfassen, die ihre Grenzen in der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinden findet (d.h. die ggf. weggefallende Leistungsfähigkeit einer einzelnen Gemeinde ist nachrangig über dem Ganzen).“

61

Dadurch, dass die Beklagte die Rechtsauffassung des Ministeriums für Inneres und Sport zum Gegenstand der Beschlussvorlage gemacht hat, hat sie den Abwägungsprozess der Kreistagsmitglieder entsprechend beeinflusst. Letztlich konnte sich daraus für die Kreistagsmitglieder nur noch die logische Schlussfolgerung ergeben, dass es für die Rechtmäßigkeit des konkreten Umlagesatzes auf die Finanzausstattung der einzelnen Gemeinden gar nicht ankäme.

2.

62

Im Übrigen verstößt § 5 Haushaltssatzung aber auch deshalb gegen Art. 28 Abs. 2 GG, weil die Klägerin allein durch die Kreisumlage oder zumindest im Zusammenhang mit anderen Umlagen inzwischen dauerhaft strukturell unterfinanziert ist und damit in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf finanzielle Mindestausstattung verletzt wird.

63

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen den Gemeinden mindestens so große Finanzmittel zustehen, dass sie ihre pflichtigen (Fremd- wie Selbstverwaltungs-) Aufgaben ohne (nicht nur vorübergehende) Kreditaufnahme erfüllen können und darüber hinaus noch über eine „freie Spitze“ verfügen, um zusätzliche freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben in einem bescheidenen, aber noch merklichen Umfang wahrzunehmen zu können. Diesen Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung haben die Landkreise auch im Verhältnis zu den kreisangehörigen Gemeinden und damit bei der Erhebung der Kreisumlage zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013, a.a.O. Rn. 13ff.). Die Rechtsprechung hat bisher offen gelassen, wann diese für eine noch auskömmliche Finanzausstattung der Gemeinden notwendige Untergrenze in tatsächlicher Hinsicht unterschritten ist. In der Literatur wird hingegen für die Gewährleistung einer finanziellen Mindestausstattung gefordert, dass der Gemeinde eine „freie Spitze“ von 5 bis 10 Prozent der insgesamt verfügbaren Mittel für freiwillige Aufgaben zustehen (Dreier in Dreier, Grundgesetz Kommentar Bd. 2, 1998, Art. 28 Rn. 145). Dieser Ansicht folgt die Kammer insoweit, dass zumindest dann, wenn eine „freie Spitze“ unterhalb einer 5- Prozentgrenze liegt, das gemeindliche Recht auf eine finanzielle Mindestausstattung verletzt ist. Jeder noch geringere Betrag wäre nämlich kaum noch ausreichend, freiwillige Aufgaben in sinnvoller Art und Weise übernehmen zu können. Im Ergebnis offen lassen konnte die Kammer dagegen, ob der in der Rechtsprechung für eine dauerhafte strukturelle Unterfinanzierung geforderte 10-Jahreszeitraum (vgl. OVG Rheinland-Pfalz Urteil vom 21. Februar 2014, a.a.O. Rn. 35), gemessen an den Anforderungen der hiesigen Gemeindehaushaltsordnung, Anwendung findet, denn die Klägerin hat ausweislich der vorgelegten Haushaltsdaten bereits seit mindestens 10 Jahren die hier anzulegende Untergrenze von 5 Prozent dauerhaft unterschritten. Aus den Haushaltsdaten der Klägerin ergibt sich, ungeachtet des Umstandes, dass der Haushalt letztendlich nur aufgrund einer gewährten Konsolidierungsbeihilfe in den Jahren 2007 bis 2009 ausgeglichen war und sonst ein Defizit aufweist, dass sich der Anteil der freiwilligen Ausgaben am Gesamthaushalt der Klägerin mit einem Wert zwischen 0,7 bis 2,77 Prozent stets unterhalb der hier anzusetzenden Untergrenze von 5 Prozentpunkten befand. Dass die Klägerin es schuldhaft unterlassen haben könnte, Maßnahmen zur Stabilisierung ihres Haushalts zu ergreifen und damit auch den Anteil an freiwilligen Leistungen merklich und dauerhaft zu erhöhen, ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Klägerin für die Kammer nachvollziehbar und von der Beklagten insoweit auch unbestritten dargelegt, dass auch durch eine etwaige Anhebung der Hebesätze, die im Übrigen auch jetzt schon im Landesdurchschnitt oder darüber liegen, ein Ausgleich des bestehenden Haushaltsdefizits nicht zu erreichen gewesen wäre. Offen lassen konnte das Gericht indes die Frage, ob die Klägerin es schuldhaft unterlassen hat, die beim Land beantragte und bisher nicht bewilligte Konsolidierungsbeihilfe weiter zu verfolgen, denn auch im Erfolgsfalle würde dies allenfalls zum Ausgleich des defizitären Haushalts führen. Die darüber hinausgehende „freie Spitze“ für freiwillige Aufgaben wäre aber auch durch etwaige Hilfen des Landes nicht abgedeckt.

II.

64

Die als Leistungsklage statthafte und im Übrigen zulässige Klage zu 2.) ist ebenfalls begründet.

65

Die Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VwGO liegen vor, da seitens des Beklagten bislang eine Rückzahlung der hier streitgegenständlichen Kreisumlage unterblieben ist. Die Klägerin hat auch den erforderlichen Antrag gestellt. Auch ist der Verwaltungsakt bereits "vollzogen", da die Klägerin den eingeklagten Betrag nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten vollständig bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung gezahlt hat. Ein von § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorausgesetzter öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (bzw. Folgenbeseitigungsanspruch), der auf die Rückgewährung rechtsgrundlos erlangter Leistungen gerichtet ist und eine öffentlich-rechtliche Entsprechung zum privatrechtlichen Bereicherungsanspruch darstellt und überwiegend aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung abgeleitet wird, das den Ausgleich einer mit dem Recht nicht (mehr) übereinstimmenden Vermögenslage fordert, ist, mit der unter I. getroffenen Entscheidung, ebenfalls gegeben. Nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen besteht kein Rechtsgrund mehr, der es der Beklagten erlaubt, die von der Klägerin gezahlte Kreisumlage zu behalten.

66

Der Zinsanspruch folgt aus entsprechender Anwendung von § 291 i.V.m. § 288 BGB.

67

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

68

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Nach der genannten Bestimmung ist die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Bevollmächtigten im Vorverfahren – anders als die von Anwaltskosten im gerichtlichen Verfahren (§ 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO) – zwar nicht automatisch, sondern je nach Lage des Einzelfalls unter der Voraussetzung der konkreten Notwendigkeit und unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei aus anzuerkennen. Im Einzelfall ist die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren jedoch dann notwendig, wenn sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeiten der Sache also nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 – BVerwG 6 B 46.09 –, juris Rn. 6 m.w.N;). Davon ist hier schon deshalb auszugehen, da sich im vorliegenden Verfahren nicht einfach zu beurteilende Rechtsfragen stellten.

69

Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Sie kann der Klärung der hier streitgegenständlichen Frage dienen, unter welchen Voraussetzungen die Erhebung einer zur Deckung der Finanzbedarfe eines Kreises erhobenen Kreisumlage wegen dauerhafter struktureller Unterfinanzierung kreisangehöriger Gemeinden rechtswidrig ist und ob es in diesem Zusammenhang auf die Verhältnisse jeder einzelnen Gemeinde oder auf die Gesamtheit aller kreisangehörigen Gemeinden ankommt.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 72


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(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Kreisumlage für das Jahr 2009 streitig.

2

Die Klägerin, eine kleine kreisangehörige Ortsgemeinde in Rheinland-Pfalz, wurde für das Jahr 2009 vom beklagten Landkreis mit Bescheid vom 17. August 2009 zu einer Kreisumlage herangezogen, die bei Gemeinden mit überdurchschnittlicher Steuerkraft einen progressiven Anteil enthält. Dagegen hat die Klägerin geklagt, weil die Progression der Umlageerhebung im Zusammenwirken mit anderen Umlagen (Verbandsgemeindeumlage, Finanzausgleichsumlage, Gewerbesteuerumlage) dazu führe, dass ihr Ist-Aufkommen an Steuern und Zuweisungen zu mehr als 100 % (genau: zu 108,2 %) abgeschöpft werde. Sie müsse deshalb allein zur Finanzierung ihrer Umlageverpflichtung Kassenkredite aufnehmen; zur Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben verbleibe ihr kein Spielraum.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Der angefochtene Kreisumlagebescheid sei rechtmäßig. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Kreisumlage seien verfassungsgemäß, auch soweit sie den Landkreisen die Festsetzung eines progressiven Umlagesatzes erlaubten. Die Rheinland-Pfälzische Verfassung schreibe kein bestimmtes Verteilungssystem vor. Dem Gesetzgeber sei in dieser Hinsicht ein weites Ermessen eingeräumt, das seine Grenze im Gebot interkommunaler Gleichbehandlung und damit letztlich im Willkürverbot finde. Über diesen allgemeinen Maßstab hinaus müsse die gesetzliche Regelung berücksichtigen, dass Finanzkraftunterschiede im Wege des Finanzausgleichs grundsätzlich nur abgemildert, nicht aber eingeebnet oder gar umgekehrt werden dürften. Die Kreisumlage als solche erweise sich als notwendiger Bestandteil des derzeitigen Finanzausgleichssystems. Auch die im Landesfinanzausgleichsgesetz vorgesehene Möglichkeit einer progressiven Staffelung der Umlagesätze stehe im Einklang mit den vorgenannten Maßstäben. Die Regelung beruhe auf sachlichen Gründen und füge sich folgerichtig in das geltende Konzept des Finanzausgleichs ein. Es erscheine vom Grundsatz her sachgerecht, wenn das Gesetz den Kreisen die Möglichkeit einräume, die überdurchschnittliche Steuerkraft einzelner Gemeinden durch eine progressive Staffelung des Umlagesatzes teilweise abzuschöpfen und so ihren Nachteil bei der Verteilung der Schlüsselzuweisungen verursachergerecht auszugleichen. Eine progressive Staffelung der Umlagesätze führe für sich genommen auch nicht zu einer unverhältnismäßigen Nivellierung von Finanzkraftunterschieden oder gar zu einer Reihenfolgeumkehr unter den kreisangehörigen Gemeinden. Das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung sei auch nicht deshalb verletzt, weil eine solche Progression Gemeinden mit geringer Einwohnerzahl, aber gleichwohl hohen Steuereinnahmen besonders treffe. Auch die Ausgestaltung der Umlagesätze in § 6 der Haushaltssatzung des Beklagten für das Jahr 2009 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es gebe keine allgemeine Grenze des Umlagesatzes unabhängig vom Aufgabenbestand des Kreises einerseits und der Gemeinde andererseits. Ein progressiv gestaffelter Umlagesatz, der für einzelne kreisangehörige Gemeinden nivellierend und übernivellierend wirke, sei mithin dann noch verfassungskonform, wenn für die Festsetzung sachlich einleuchtende Gründe vorlägen und diese auch sonst nicht als willkürlich oder rücksichtslos erschienen. Davon könne vorliegend nicht die Rede sein. Nicht nur die Klägerin, sondern auch der Beklagte hätte im Jahre 2009 mit erheblichen finanziellen Engpässen zu kämpfen gehabt. Auch die von der Haushaltssatzung angeordnete Progression des Kreisumlagesatzes sei unbedenklich. Auf der Grundlage des vorliegenden Zahlenmaterials bestünden keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass es hierdurch zu einer unverhältnismäßigen Nivellierung der Finanzkraft unter den kreisangehörigen Gemeinden oder gar zu einer Reihenfolgeumkehr gekommen sei. Selbst wenn die Progression eine solche Wirkung gezeigt haben sollte, wäre die Klägerin hierdurch nicht in ihrer Finanzhoheit verletzt. Aus Sicht des Kreises sprächen hierfür nämlich sachlich einleuchtende Gründe. Im beklagten Landkreis stünden einige wenige finanzstarke Gemeinden einer großen Zahl von Gemeinden mit weit unterdurchschnittlicher Finanzkraft gegenüber. Bei einem Verzicht auf die Progression wäre dem Beklagten zur Vermeidung eines noch größeren eigenen Haushaltsdefizits nichts anderes übriggeblieben, als den dann einheitlichen Umlagesatz weiter anzuheben. Hierdurch wären auch die ohnehin unterdurchschnittlich finanzkräftigen Gemeinden weiter geschwächt worden. Die Ausgestaltung des progressiven Umlagesatzes erscheine gegenüber den betroffenen Gemeinden auch nicht rücksichtslos. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die angeordnete Progression in Steigung und Höchstsatz hinter dem nach dem Landesfinanzausgleichsgesetz zulässigen Maß zurückbleibe. Der Beklagte habe bei der Bemessung seines über die Kreisumlage zu deckenden Finanzbedarfs auch keine Ausgaben für landkreisfremde Aufgaben berücksichtigt. Die von der Klägerin beanstandeten Mittelansätze beträfen allesamt Angelegenheiten, die der Beklagte nach der Landkreisordnung als überörtliche Aufgaben der freien Selbstverwaltung wahrnehmen dürfe. Die Frage, inwieweit ein Landkreis unterstützend und ausgleichend im Bereich der allgemeinen Angelegenheiten tätig werden dürfe, stelle sich im vorliegenden Falle nicht.

4

Im Revisionsverfahren beantragt die Klägerin,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. April 2011 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. November 2010 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 17. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2010 aufzuheben.

5

Zur Begründung ihrer Revision macht sie geltend, der Beklagte nehme unzulässig gemeindliche Aufgaben wahr. Dies führe zu einem entsprechend überhöhten Finanzbedarf und zu einem überhöhten Umlagesoll. Die Wahl eines progressiven Umlagesatzes bewirke eine vollständige Einebnung der Finanzkraftunterschiede unter den umlagepflichtigen Gemeinden oder sogar eine Veränderung der Finanzkraftreihenfolge. Die Erhebung der Kreisumlage in ihrer konkreten Ausgestaltung führe im Zusammenwirken mit anderen Umlagen dazu, dass ihr die Umlagegrundlagen zur Gänze entzogen würden und sie zur Umlagefinanzierung sogar Kredite aufnehmen müsse. Das Vorgehen des Beklagten sei mit Art. 28 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses stellt keinen Antrag. Er ist der Auffassung, dass eine progressive Kreisumlage mit Art. 28 Abs. 2 GG dann nicht mehr vereinbar sei, wenn die verfassungsrechtlich gewährleistete aufgabenadäquate finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden strukturell nicht mehr gewahrt werde.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Das Berufungsurteil wird den Anforderungen aus Art. 28 Abs. 2 GG nicht in jeder Hinsicht gerecht und verletzt damit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

10

Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der angefochtene Kreisumlagebescheid einer Rechtsgrundlage bedarf, dass er diese nur in § 58 Abs. 4 Landkreisordnung (LKO) i.V.m. § 25 Landesfinanzausgleichsgesetz (LFAG) sowie in § 6 der Haushaltssatzung des Beklagten für das Jahr 2009 finden kann und dass deren Gültigkeit voraussetzt, dass sie mit höherem Recht, namentlich mit Verfassungsrecht vereinbar sind. Insofern hat das Berufungsgericht allein das Verfassungsrecht des Landes Rheinland-Pfalz, nämlich Art. 49 LVerf in den Blick genommen und keinen Grund zur Beanstandung finden können; insoweit unterliegt sein Urteil nicht der revisionsgerichtlichen Überprüfung. Das Berufungsgericht hat indes ungeprüft gelassen, ob die erwähnten Rechtsgrundlagen auch mit Bundesverfassungsrecht, vornehmlich mit Art. 28 Abs. 2, aber auch mit Art. 106 Abs. 5 bis 6 GG vereinbar sind. Dies gilt es nachzuholen. Hierzu müssen zunächst die verfassungsrechtlichen Maßstäbe entfaltet werden (1.). Daran gemessen, erweisen sich die Erwägungen des Berufungsgerichts teilweise als beanstandungsfrei (2. und 3.), in anderer Hinsicht jedoch als unzureichend (4.). Da eine abschließende Entscheidung weitere tatsächliche Feststellungen voraussetzt, die zudem landesrechtliche Rechtsfragen aufwerfen können, muss die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (5.).

11

1. Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet den Gemeinden das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung. Das ergibt sich schon aus Satz 1 der Garantie; das Recht der Gemeinden, grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, setzt voraus, dass die Gemeinden über eine Finanzausstattung verfügen, die sie hierzu in den Stand setzt. Es wurde im Übrigen durch die Anfügung von Satz 3 der Garantie bestätigt und noch materiellrechtlich verstärkt. Das ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt (Urteile vom 25. März 1998 - BVerwG 8 C 11.97 - BVerwGE 106, 280 <287> = Buchholz 415.1 Allg.KommR Nr. 146 und vom 15. November 2006 - BVerwG 8 C 18.05 - BVerwGE 127, 155 = Buchholz 415.1 Allg.KommR Nr. 161).

12

Die Finanzausstattung der Gemeinden ist ein Saldo aus Einnahmen und Abschöpfungen. Auf der Einnahmenseite tragen zur Finanzausstattung - neben Entgelten für spezielle Leistungen - Einnahmen aus Steuern (sogenannte Steuerkraft) sowie ergänzende Zuweisungen aus Landesmitteln nach Maßgabe des kommunalen Finanzausgleichs bei; dem stehen in negativer Hinsicht Bestimmungen in den Finanzausgleichs- und anderen Gesetzen über Umlagen gegenüber, die den Gemeinden Finanzmittel zugunsten anderer - regelmäßig höherstufiger - Verwaltungsträger wieder entziehen, sei es zugunsten der Kreise (Kreisumlage), sei es zugunsten von anderen Gemeindeverbänden (wie die Verbandsgemeindeumlage), sei es schließlich zugunsten von Land oder Bund (Finanzausgleichsumlage; Gewerbesteuerumlage). Die Kreisumlage erweist sich damit nicht nur als - herkömmliches und als solches fraglos zulässiges - Instrument zur Finanzierung der Kreise. Sie entzieht zugleich den kreisangehörigen Gemeinden Finanzmittel und zählt insofern zu den Instrumenten, welche in ihrem Zusammenwirken die Finanzausstattung der Gemeinden festlegen. Als solches muss sie den Anforderungen entsprechen, die das Verfassungsrecht für die Finanzausstattung der Gemeinden vorgibt (a); und ihre Wirkungen dürfen nicht dazu führen, dass die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird (b).

13

a) Dem Gesetz- und sonstigen Normgeber kommt bei der Ausgestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Land, Kreisen und Gemeinden ein weiter Regelungsspielraum zu. Aus dem Grundgesetz lassen sich insofern keine Vorrangpositionen herleiten; vielmehr hat der Finanzbedarf eines jeden Verwaltungsträgers grundsätzlich gleichen Rang. Weder kommt dem Land für seinen eigenen Finanzbedarf ein Vorrang gegenüber dem kommunalen Bereich zu, noch lässt sich aus Art. 28 Abs. 2 GG umgekehrt ein Vorrang des kommunalen Finanzbedarfs gegenüber demjenigen des Staates herleiten. Auch innerhalb des kreiskommunalen Raumes lässt sich weder für den Finanzbedarf des Kreises noch für denjenigen der kreisangehörigen Gemeinden von Verfassungs wegen ein Vorrang behaupten. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht Art. 28 Abs. 2 GG auch das sogenannte dezentrale Aufgabenverteilungsprinzip entnommen. Hiernach muss der Gesetzgeber berücksichtigen, dass der Verfassungsgeber sich dafür entschieden hat, dass örtlich bezogene öffentliche Aufgaben möglichst dezentral, im Zweifel also auf der gemeindlichen Ebene erledigt werden sollen (BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83 u.a. - BVerfGE 79, 127 <147 ff., 156>). Daraus lässt sich jedoch kein Vorrangprinzip zugunsten der gemeindlichen Ebene auch in Ansehung der Verteilung knapper finanzieller Ressourcen herleiten. Das dezentrale Aufgabenverteilungsprinzip bewirkt eine im Zweifel gemeindliche Aufgabenzuständigkeit und begründet in der Folge eine gemeindliche Ausgabenlast. Deshalb ist der hierdurch begründete Finanzbedarf der Gemeinden jedoch nicht gewichtiger als der Finanzbedarf anderer (höherstufiger) Verwaltungsträger, der diesen aus den ihnen (verfassungsgemäß) zugewiesenen öffentlichen Aufgaben erwächst (vgl. auch Beschluss vom 3. März 1997 - BVerwG 8 B 130.96 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 109). Art. 28 Abs. 2 GG regelt eine Kompetenzverteilung und gewährleistet gleichsam akzessorisch eine aufgabenangemessene Finanzausstattung, trifft jedoch keine von der Aufgabenverteilung losgelöste, zusätzliche und eigenständige Regelung zur Verteilung öffentlicher Mittel.

14

Mit Blick auf die Kreisumlage kommt dem Grundsatz des finanziellen Gleichrangs zunächst und vor allem Bedeutung für das vertikale Verhältnis des umlageberechtigten Kreises zu den umlageverpflichteten kreisangehörigen Gemeinden zu. Mit der Kreisumlage werden bestimmte Finanzmittel im kreisangehörigen Raum zwischen dem Kreis und den Gemeinden verteilt. Das muss gleichmäßig geschehen (zum Gebot interkommunaler Gleichbehandlung: LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. Januar 2012 - 33/10 - juris Rn. 80). Dabei ist von Bedeutung, dass der Kreis nicht nur die Befugnis zur einseitigen Erhebung der Kreisumlage hat, sondern dass er in bestimmter Hinsicht auch über das Ausmaß seiner Kreistätigkeit disponiert und damit seinen eigenen Finanzbedarf enger oder weiter stecken kann. Das darf er nicht beliebig; vielmehr muss er die grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden in Rechnung stellen. Dem Berufungsgericht ist deshalb darin beizupflichten, dass der Kreis seine eigenen Aufgaben und Interessen nicht einseitig und rücksichtslos gegenüber den Aufgaben und Interessen der kreisangehörigen Gemeinden durchsetzen darf. Es ist allenfalls dahin zu ergänzen, dass der Kreis auch verpflichtet ist, nicht nur den eigenen Finanzbedarf, sondern auch denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form - etwa im Wege einer Begründung der Ansätze seiner Haushaltssatzung - offenzulegen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen.

15

Die Erhebung der Kreisumlage muss den allgemeinen Gleichheitssatz auch in horizontaler Dimension im Verhältnis der umlagepflichtigen Gemeinden zueinander beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 - BVerfGE 83, 363 <393>; BVerwG, Urteil vom 25. März 1998 a.a.O. <287>). Fraglos zulässig ist es, den Finanzbedarf des Kreises nach linear gleichem Maßstab auf die kreisangehörigen Gemeinden umzulegen. Häufig werden steuerstärkere Gemeinden jedoch stärker herangezogen als steuerschwächere; dadurch erzielt die Kreisumlage zugleich einen steuerkraftausgleichenden Effekt. Hierfür bedarf es eines sachlichen Grundes. Außerdem darf dies nicht so weit gehen, dass die Steuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden eingeebnet oder gar die Steuerkraftreihenfolge verändert wird. Dies hat das Bundesverfassungsgericht aus dem Gebot der Gleichbehandlung der Länder im Länderfinanzausgleich hergeleitet (BVerfG, Urteil vom 27. Mai 1992 - 2 BvF 1/88 u.a. - BVerfGE 86, 148 <250 f., 253 f.>); es gilt gleichermaßen in Ansehung des Gebots der Gleichbehandlung der kreisangehörigen Gemeinden bei der Kreisumlage.

16

Schließlich darf die Erhebung der Kreisumlage nicht dazu führen, dass die verfassungsrechtliche Grundentscheidung für eine eigene gemeindliche Steuerhoheit entwertet wird. Das meint zunächst die Ertragshoheit. Soweit das Grundgesetz den Gemeinden selbst Steuerkraft zuerkennt, darf der Landesgesetzgeber - oder der Kreis auf landesgesetzlicher Grundlage - ihnen diese nicht wieder zur Gänze entziehen. Zwar erlaubt Art. 106 Abs. 6 Satz 4 und 5 GG eine Umlage zugunsten des Landes und des Bundes auf den Ertrag der Gewerbesteuer. Dadurch darf jedoch nur ein Teil des Gewerbesteuerertrages entzogen werden; ein Umlagesatz von 100 % wäre jedenfalls unzulässig. Ähnliches gilt für Art. 106 Abs. 6 Satz 6 GG. Hiernach können die Länder die Erträge der Gemeinden aus den Realsteuern, aus der Einkommen- und aus der Umsatzsteuer zur Grundlage für weitere Umlagen nehmen. Auch dies darf nur einen Teil der gemeindlichen Steuerkraft erfassen; unzulässig wäre es, den Gemeinden die genannten Umlagegrundlagen praktisch zur Gänze zu entziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar gelegentlich bemerkt, Art. 106 Abs. 6 Satz 6 GG lasse sich ein besonderer Normgehalt nicht entnehmen, weshalb die Vorschrift von Teilen der Literatur sogar für überflüssig erachtet wird (BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 1991 a.a.O. <391 f.>). Die Frage eines Totalentzugs der Umlagegrundlagen war jedoch nicht Gegenstand dieser Entscheidung.

17

Die Steuerhoheit umfasst neben der Ertragshoheit auch eine gewisse Regelungsbefugnis. Insofern gewährleistet das Grundgesetz den Gemeinden in Ansehung der Realsteuern und - nach Maßgabe von Bundesrecht - auch in Ansehung ihres Anteils an der Einkommensteuer (Art. 106 Abs. 5 Satz 3, Abs. 6 Satz 2 GG) eine eigene Regelungsbefugnis als Grundlage einer örtlichen Wirtschafts- und Steuerpolitik im Sinne einer "finanziellen Eigenverantwortung" (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG; vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 2 BvR 2185/04 u.a. - BVerfGE 125, 141 <160 ff.>). Die Erhebung von Umlagen darf nicht dazu führen, dass die eigenverantwortliche Ausübung der gemeindlichen Steuerhoheit entwertet wird. Die rheinland-pfälzischen Bestimmungen über die Bemessung der Kreisumlage sehen deshalb vor, dass die Gemeinden nicht mit ihren tatsächlichen, sondern mit fiktiven Steuereinnahmen veranschlagt werden, denen ein einheitlicher und allgemein als jedenfalls zumutbar angesehener Hebesatz zugrunde gelegt wird. Dieses Verfahren ist einwandfrei. Ob andere Bemessungsweisen gleichermaßen zulässig wären, bedarf keiner Entscheidung.

18

b) Die verschiedenen Instrumente zur Gestaltung der Finanzausstattung der Gemeinden dürfen weder allein noch in ihrem Zusammenwirken dazu führen, dass die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten wird. Insofern zieht Art. 28 Abs. 2 GG auch der Kreisumlageerhebung eine absolute Grenze.

19

Ob es eine verfassungsfeste finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden gibt, hinter die der (Landes-)Gesetzgeber auch bei einer allgemeinen Notlage der öffentlichen Haushalte nicht zurückgehen darf, haben das Bundesverfassungsgericht (Beschlüsse vom 10. Juni 1969 - 2 BvR 480/61 - BVerfGE 26, 172 <181> und vom 7. Februar 1991 a.a.O. <386>; vgl. aber auch Beschluss vom 27. Januar 2010 - 2 BvR 2185, 2189/04 - BVerfGE 125, 141 <168>) und das Bundesverwaltungsgericht (vgl. aber Urteil vom 15. Juni 2011 - BVerwG 9 C 4.10 - BVerwGE 140, 34 = Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 161) bislang nicht entschieden. Die Verfassungsgerichte der Länder haben ihren jeweiligen Landesverfassungen derartige Mindestgarantien entnommen und dies - soweit die Ausstattung aus Landesmitteln in Rede steht - allenfalls gelegentlich unter einen Vorbehalt der eigenen Leistungsfähigkeit des Landes gestellt; die Gemeinden müssen hiernach mindestens über so große Finanzmittel verfügen, dass sie ihre pflichtigen (Fremd- wie Selbstverwaltungs-)Aufgaben ohne (nicht nur vorübergehende) Kreditaufnahme erfüllen können und darüber hinaus noch über eine "freie Spitze" verfügen, um zusätzlich freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben in einem bescheidenen, aber doch merklichen Umfang wahrzunehmen (VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteile vom 5. Dezember 1977 - VGH 2/74 - DVBl 1978, 802 <805> und vom 18. März 1992 - VGH 3/91 - NVwZ 1993, 159 <160> m.w.N.; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 1999 - 2/97 - ESVGH 49, 242; Bayerischer VerfGH, Entscheidungen vom 27. Februar 1997 - Vf. 17 VII-94 - VerfGHE BY 50, 15 <41> und vom 28. November 2007 - Vf. 15-VII-05 - VerfGHE BY 60, 184; VerfG des Landes Brandenburg, Urteil vom 16. September1999 - 28/98 - NVwZ-RR 2000, 129 <130>; LVerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteile vom 11. Mai 2006 - 1/05 u.a. - LKV 2006, 461 und vom 26. Januar 2012 - 33/10 - juris; Niedersächsischer StGH, Urteile vom 15. August 1995 - 2/93 u.a. - OVGE 45, 486, vom 25. November 1997 - 14/95 u.a. - OVGE 47, 497 und vom 7. März 2008 - 2/05 - NdsVBl 2008, 152 <156 f.>; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Januar 2004 - 16/02 - OVGE 50, 306; Urteile vom 11. Dezember 2007 - 10/06 - OVGE 51, 272 und vom 19. Juli 2011 - 32/08 - DVBl 2011, 1155; VerfGH Saarland, Urteile vom 10. Januar 1994 - Lv 2/92 - NVwZ-RR 1995, 153 <154> und vom 13. März 2006 - Lv 2/05 - juris; VerfGH des Freistaates Sachsen, Urteil vom 23. November 2000 - Vf. 53-II-97 - LKV 2001, 223 <224>; LVerfG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Juni 2006 - LVG 7/05 - NVwZ 2007, 78; Thüringer VerfGH, Urteile vom 12. Oktober 2004 - 16/02 - DVBl 2005, 443, vom 21. Juni 2005 - 28/03 - NVwZ-RR 2005, 665 <667> und vom 18. März 2010 - 52/08 - LKV 2010, 220; aus der Literatur: Tettinger/Schwarz, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Abs. 2 Rn. 248 ff.; Dreier, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2006, Art. 28 Rn. 156; Hellermann, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand 1. Januar 2013, Art. 28 Rn. 53; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 28 Rn. 102; Hufen, DÖV 1998, 276 <280>).

20

Dieser Rechtsprechung ist für das Bundesverfassungsrecht beizupflichten. Aus Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 GG ergibt sich, dass der anerkannte "Kernbereich" der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG auf die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung zu erstrecken ist. Der Gesetzgeber muss die öffentliche Verwaltung also so organisieren, dass unterhalb der (staatlichen) Landesebene eine kommunale Verwaltungsebene eingerichtet wird, der ein eigenständiges, eigenverantwortliches Verwaltungshandeln nicht nur in singulären Angelegenheiten, sondern grundsätzlich universell ermöglicht wird (BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 a.a.O. <146 f.>). Dieser kommunale Bereich darf nicht nur auf dem Papier bestehen, sondern muss auch finanziell ermöglicht werden. Der Kerngehalt der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie wäre mithin (auch) dann verletzt, wenn von einer kommunalen Selbstverwaltung zwar vielleicht de jure, aber jedenfalls nicht mehr de facto die Rede sein könnte, weil den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften die hierzu erforderlichen finanziellen Mittel fehlen.

21

Hiergegen kann nicht angeführt werden, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber den Gemeinden in Art. 106 Abs. 5 bis 6 GG bestimmte Steuereinnahmen zuerkannt und damit die gemeindliche Finanzausstattung zu einem Teil bereits von Bundesverfassungsrechts wegen gesichert hat. Daraus lässt sich nicht folgern, dass eine weitergehende bundesverfassungsrechtliche Sicherung nicht gewollt gewesen sei. Das Gegenteil ist richtig. Dass Art. 28 Abs. 2 GG die gemeindliche Selbstverwaltung in ihrem Kernbereich absolut schützt und dass dies auch deren finanzielle Voraussetzungen umfasst, gilt ungeachtet der zusätzlichen Garantien des Art. 106 GG; diese treten noch hinzu. Auch die Einfügung des Satzes 3 in Art. 28 Abs. 2 GG belegt die Überzeugung des verfassungsändernden Gesetzgebers, dass die Selbstverwaltungsgarantie angesichts zunehmender Überbürdung kostenträchtiger Aufgaben auf die Kommunen gerade in finanzieller Hinsicht noch zusätzlicher Verstärkung bedurfte.

22

Klargestellt werden muss, dass dieser "Kerngehalt" die äußerste Grenze des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren - das verfassungsrechtliche Minimum - bezeichnet, das einer weiteren Relativierung nicht zugänglich ist. Der Landesgesetzgeber könnte also eine strukturelle Unterfinanzierung der Gemeinden in diesem Sinne nicht mit Hinweis darauf rechtfertigen, dass auch die Haushaltslage des Landes notleidend ist. Der Mindestfinanzbedarf der Kommunen stellt vielmehr einen abwägungsfesten Mindestposten im öffentlichen Finanzwesen des jeweiligen Landes dar (so auch Tettinger/Schwarz, a.a.O. Rn. 248 ff.). Ob anderes gelten kann, wenn das Land selbst unter Ausschöpfung aller eigenen Steuerquellen und unter möglichster Verminderung ausgabenträchtiger öffentlicher Aufgaben des Landes und der Kommunen zur Erfüllung dieser verfassungsrechtlichen Mindestpflicht außerstande wäre, bedarf keiner Entscheidung. Eine solche Lage ist nicht erkennbar; der Beklagte macht nur eine eigene Haushaltsnotlage geltend, nicht aber einen Haushaltsnotstand des gesamten Landes.

23

2. Der angefochtene Kreisumlagebescheid beruht auf der gesetzlichen Grundlage in § 58 Abs. 4 LKO, § 25 LFAG. Das Berufungsgericht ist fraglos davon ausgegangen, dass diese Bestimmungen den genannten verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Das hält den Einwänden, die namentlich der Vertreter des Bundesinteresses erhebt, im Ergebnis stand.

24

a) Der Vertreter des Bundesinteresses weist zum einen darauf hin, dass der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 14. Februar 2012 (- VGH N 3/11 - NVwZ 2012, 1034 = DVBl 2012, 432) die Bestimmungen des Landesfinanzausgleichsgesetzes über die Zuweisungen aus Landesmitteln (§§ 7 bis 18 LFAG) für verfassungswidrig erklärt hat. Das bleibt freilich für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Auswirkung. Zwar nimmt § 25 LFAG auf § 13 LFAG und damit auf eine der für verfassungswidrig erklärten Vorschriften Bezug. Jedoch wird damit nicht die Gültigkeit der Bestimmungen über die Zuweisungen aus Landesmitteln zur Voraussetzung auch für die Gültigkeit der Bestimmungen über die Kreisumlage erhoben. Die Bezugnahme auf § 13 LFAG soll vielmehr lediglich die Umlagegrundlagen festlegen. Sie dient daher nur einer regelungstechnischen Vereinfachung, um eine eigenständige Wiederholung innerhalb des § 25 LFAG zu ersparen. In Ansehung der Umlagegrundlagen kann § 13 LFAG auch unabhängig von der Verfassungsmäßigkeit oder Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen über die Zuweisungen aus Landesmitteln Bestand haben. Hinzu kommt, dass das Landesverfassungsgericht die §§ 7 bis 18 LFAG zwar für verfassungswidrig, aber für das hier in Rede stehende Umlagejahr 2009 nicht auch für nichtig erklärt hat; das Gesetz verliert vielmehr erst Ende 2013 seine Gültigkeit, wenn der Gesetzgeber bis dahin den verfassungsrechtlichen Einwänden nicht Rechnung getragen hat.

25

b) Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt zum anderen, dass § 58 Abs. 4 LKO zu weit gefasst sei. Nach dieser Vorschrift erhebt der Kreis eine Kreisumlage, soweit seine sonstigen Finanzquellen seinen Finanzbedarf nicht decken. Damit macht sie den Kreisen die Erhebung einer Kreisumlage zur Pflicht, deren Soll-Aufkommen sich nach ihrem Wortlaut allein nach dem gesamten ungedeckten Finanzbedarf des Kreises bemisst, ohne hierbei die gebotene Rücksicht auf den eigenen Finanzbedarf und die Finanzausstattung der umlagepflichtigen Gemeinden zu nehmen. Mit diesem Inhalt könnte die Vorschrift tatsächlich keinen Bestand haben; sie würde den Grundsatz des Gleichrangs zwischen dem Finanzbedarf des Kreises und demjenigen der kreisangehörigen Gemeinden und damit das interkommunale Gleichbehandlungsgebot in vertikaler Hinsicht verletzen und im Extremfall dazu führen, dass der Kreis eine eigene Unterfinanzierung stets auf die kreisangehörigen Gemeinden abwälzen dürfte oder gar müsste, selbst wenn diesen dadurch nicht einmal mehr die verfassungsrechtlich gebotene Mindestausstattung verbliebe. Die Vorschrift zwingt jedoch nicht zu einer solchen Interpretation. Sie ist vielmehr für eine verfassungskonforme Auslegung offen, wonach der Kreis zur Erhebung einer Kreisumlage ermächtigt wird, deren Höchstbetrag zwar durch seinen anderweitig nicht gedeckten Finanzbedarf begrenzt wird, mit der jedoch dieser ungedeckte Finanzbedarf nicht zwingend und jedenfalls dann nicht zur Gänze auf die umlagepflichtigen Gemeinden umgelegt werden müsste, wenn diesen dadurch weniger als die verfassungsgebotene Mindestausstattung verbliebe.

26

3. Die Klägerin hat gegen die Haushaltssatzung des Beklagten für das Jahr 2009 zum einen eingewendet, der Beklagte finanziere die Wahrnehmung von Aufgaben, für die ihm die Zuständigkeit fehle; zum anderen verletze der gewählte progressive Umlagesatz das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung in dessen horizontaler Dimension. Das Berufungsgericht hat diese Einwände zurückgewiesen. Das hält den Angriffen der Revision stand.

27

a) Die Klägerin bemängelt, der Beklagte nehme Aufgaben der Tourismus- und Wirtschaftsförderung wahr, für die ihm die Zuständigkeit fehle, was zu einem entsprechend überhöhten Finanzbedarf und dementsprechend zu einem überhöhten Umlagesoll führe. Dieser Einwand verfängt nicht. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sämtliche von der Klägerin insofern angesprochenen Aufgaben kreisörtlicher Natur ("auf das Kreisgebiet bezogen") sind und deshalb vom Beklagten nach § 2 Abs. 1 LKO wahrgenommen werden dürfen. Die dem zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen hat die Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Dann aber steht fest, dass es sich nicht um gemeindliche Aufgaben handelt, die der Kreis lediglich im Rahmen seiner Ergänzungs- und Ausgleichsfunktion (nach § 2 Abs. 5 LKO) oder gar in Wahrnehmung seiner "Kompetenzkompetenz" (nach § 2 Abs. 3 und 4 LKO) übernehmen dürfte. Damit stellt sich auch die verfassungsrechtliche Frage nicht, ob es mit Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar wäre, wenn der Kreis gemeindliche Aufgaben an sich zieht, die Gemeinden aber zugleich über die Kreisumlage zu deren Finanzierung heranzieht.

28

b) Die Angriffe der Revision bleiben auch insoweit ohne Erfolg, als sie den progressiven Umlagesatz als solchen betreffen.

29

Der Umlagesatz besagt als solcher noch nichts über die den Gemeinden nach Erhebung der Umlage verbleibende Finanzausstattung. Die Progression führt auch nicht dazu, dass die Umlagegrundlagen zur Gänze entzogen werden; im vorliegenden Fall liegt der Grenzsatz bei 37,1 x 150 = 55,65 v.H. und der Durchschnittssatz bei der Klägerin bei etwa 45 v.H. Der Umlagesatz ist deshalb nur daraufhin zu überprüfen, ob er den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrt und ob er Steuerkraftunterschiede zwischen den umlagepflichtigen Gemeinden übermäßig nivelliert. Insofern sind Einwände nicht zu erheben.

30

Ein einheitlicher Umlagesatz wahrt den Gleichbehandlungsgrundsatz ohne Weiteres (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 LFAG), ein progressiver Satz wahrt ihn, wenn für die Progression ein sachlicher Grund besteht (vgl. Urteil vom 25. März 1998 - BVerwG 8 C 11.97 - BVerwGE 106, 280 <288 f.> = Buchholz 415.1 Allg.KommR Nr. 146). Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Progression - der nur überdurchschnittlich steuerstarke Gemeinden unterliegen - dem Verursachungsprinzip Rechnung tragen soll; diese Gemeinden werden auf diese Weise verstärkt herangezogen, weil ihre besondere Steuerkraft zugleich die Ursache für geringere Schlüsselzuweisungen an die Kreise ist, was ohne Progression zu einer stärkeren Belastung der finanzschwächeren Gemeinden führen müsste. Darin hat es beanstandungsfrei einen zureichenden sachlichen Grund für den progressiven Umlagesatz gesehen.

31

Dessen Anwendung führt auch nicht dazu, dass die Steuerkraftunterschiede unter den umlagepflichtigen Gemeinden vollständig eingeebnet würden oder gar ihre Steuerkraftreihenfolge verändert würde. Das ist bei der gewählten stufenweisen Anhebung des in Prozent ausgedrückten Umlagesatzes schon rechnerisch ausgeschlossen. Es ist auch tatsächlich nicht der Fall; die Klägerin ist auch nach Durchführung der Umlage die steuerstärkste Gemeinde im Kreis. Dass sie selbst zu anderen Ergebnissen gelangt, ist darauf zurückzuführen, dass sie auf ihre absoluten Steuereinnahmen abstellt und diese nicht ins Verhältnis zu ihrer - geringen - Einwohnerzahl setzt. Dem ist das Berufungsgericht mit Recht nicht gefolgt. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gibt den Gemeinden das Recht auf eine angemessene Finanzausstattung. Was angemessen ist, bestimmt sich zuvörderst nach dem Finanzbedarf, dieser aber ist maßgeblich abhängig von der Einwohnerzahl. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht den Finanzkraftvergleich zwischen den verschiedenen kreisangehörigen Gemeinden nach Maßgabe der Steuerkraft in Relation zur jeweiligen Einwohnerzahl vornimmt.

32

4. Die Klägerin hatte aber drittens und vor allem geltend gemacht, die Erhebung der Kreisumlage entziehe ihr - im Zusammenwirken mit anderen Umlagen - praktisch ihre gesamte Finanzausstattung und belasse ihr damit nicht einmal mehr die verfassungsgebotene Mindestausstattung. Hiermit hat sich das Berufungsgericht bislang nur unzureichend auseinandergesetzt.

33

a) Vorab ist festzuhalten, dass der Einwand der Klägerin beachtlich ist. Der Beklagte muss bei der Bemessung der Kreisumlage die anderen Umlagepflichten der kreisangehörigen Gemeinden in Rechnung stellen. Der Landesgesetzgeber stellt die Kreisumlage in ein System aus mehreren Instrumenten des Finanzausgleichs zwischen Gemeinden, Kreisen und Land; Instrumenten der Finanzzuweisungen zugunsten der Gemeinden (insbesondere Schlüsselzuweisungen) stehen gegenläufige Instrumente der Finanzabschöpfungen (insbesondere Umlagen) gegenüber. Insofern tritt die Kreisumlage neben andere Umlagen unter Gemeinden. Der Vertreter des Bundesinteresses weist zutreffend darauf hin, dass der Landesgesetzgeber dieses System des Finanzausgleichs als Ganzes zu verantworten hat; er ist verpflichtet, eine angemessene Finanzausstattung, wenigstens aber die Mindestausstattung der Gemeinden im Gesamt seines Regelwerks zu gewährleisten. Dabei muss er diejenigen Vorgaben beachten, die vom Bundesgesetzgeber selbst und damit von einem vorrangigen Normgeber gesetzt werden. Deshalb muss er auch die Belastungen der Gemeinden aus der Gewerbesteuerumlage in Rechnung stellen.

34

Bei der nötigen Gesamtbetrachtung kann die Verbandsgemeindeumlage (§ 26 LFAG) nicht ausgeblendet werden. Sie dient zwar der Finanzierung gemeindlicher Aufgaben und kommt der Klägerin - einer Ortsgemeinde - damit selbst zugute. Die Klägerin kann jedoch über ihre Mitgliedschaft in der Verbandsgemeinde nicht frei entscheiden und kann auch den Umfang der von dieser wahrgenommenen örtlichen Aufgaben nicht beeinflussen. Vielmehr werden die Verbandsgemeinden aus Gründen des Gemeinwohls gebildet (vgl. § 64 GemO) und nehmen bestimmte Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft aufgrund Gesetzes an Stelle der Ortsgemeinden wahr (§§ 67, 68 GemO). Insofern liegt die Sache anders als bei der Samtgemeindeumlage nach niedersächsischem Recht (vgl. Urteil vom 15. November 2006 - BVerwG 8 C 18.05 - BVerwGE 127, 155 = Buchholz 415.1 Allg.KommR Nr. 161). Vor allem aber stünde eine "freie Spitze" nicht der Verbandsgemeinde, sondern unverändert der Ortsgemeinde zu, die auch nur selbst Inhaberin des verfassungsrechtlichen Aufgabenzugriffsrechts, also des Rechts ist, sich jeder "unbesetzten" öffentlichen Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft aus eigenem Willensentschluss anzunehmen.

35

b) Das Berufungsgericht ist auf den Einwand der Klägerin bislang nur unter Anlegung eines unzureichenden und teilweise fehlerhaften verfassungsrechtlichen Maßstabs eingegangen. Es hat den Kreis nämlich von der Pflicht zur Beachtung der verfassungsgebotenen Mindestausstattung der kreisangehörigen Gemeinden dispensiert und angenommen, die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie werde in jedem Fall erst dann verletzt, wenn der Kreis seine eigenen Interessen einseitig und willkürlich gegenüber den Interessen der kreisangehörigen Gemeinden durchsetze. Das wird den Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 GG nicht gerecht.

36

Der Schutz- und Garantiegehalt des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 (und 3) GG gilt zugunsten der Gemeinden auch in deren Verhältnis zum Kreis. Für "den kommunalen Raum", also das Gesamt von Kreis und kreisangehörigen Gemeinden, besteht kein abweichendes Sonderrecht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83 u.a. - BVerfGE 79, 127 <150 f., 152>). Daraus folgt, dass der oben umschriebene "Kernbereich" der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie auch nicht zugunsten des jeweiligen Kreises angetastet werden darf. Das gilt für jedwede Finanzregelung, gleichgültig ob sie vom Land oder vom Kreis selbst erlassen wurde; weder darf eine Regelung des Landesgesetzgebers zu einer strukturell unzureichenden Finanzausstattung der Gemeinden führen, noch darf eine Regelung eines Kreises diese Wirkung haben. Damit wird auch der Kreisumlage eine absolute Grenze gezogen; ihre Erhebung darf nicht dazu führen, dass das absolute Minimum der Finanzausstattung der kreisangehörigen Gemeinden unterschritten wird.

37

Demgegenüber will das Berufungsgericht die Kreise bei Erlass von Bestimmungen über die Erhebung der Kreisumlage von der Pflicht zur Beachtung des "Kernbereichs" jedenfalls dann dispensieren, wenn der kommunale Sektor insgesamt unterfinanziert ist; die Regelungsbefugnis des Kreises sei auch in diesem Falle erst überschritten, wenn der Kreis seine Interessen willkürlich und rücksichtslos zulasten der Gemeinden verfolgt. Das ist mit Art. 28 Abs. 2 GG unvereinbar. So wenig wie das Land kann sich der Kreis von der Beachtung des "Kernbereichs" der gemeindlichen Selbstverwaltung unter Hinweis auf seine eigene Haushaltslage dispensieren. Richtig ist, dass der Kreis - anders als das Land - regelmäßig nicht über eine nennenswerte Kompetenz zur Erschließung zusätzlicher Steuerquellen verfügt, um seine Finanznot zu lindern (dazu Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 28 Rn. 115 f.). Das suspendiert indes nicht die Geltung der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie. Ist die eigene Finanzausstattung des Kreises unzureichend, so muss er sich seinerseits an das Land (den Landesgesetzgeber) halten; er kann seine Finanznot nicht auf die kreisangehörigen Gemeinden abwälzen. Darauf weist der Vertreter des Bundesinteresses zutreffend hin.

38

Das angefochtene Urteil beruht auf diesen Defiziten, da es einen Haupteinwand der Klägerin - die Kreisumlage entziehe ihr die verfassungsgebotene finanzielle Mindestausstattung - auf unzureichender Grundlage zurückgewiesen hat.

39

5. Der Senat kann über die Sache nicht abschließend entscheiden. Hierzu muss noch auf Vorbringen des Beklagten eingegangen werden, was zusätzliche tatsächliche Feststellungen erfordert, die zudem landesrechtliche Würdigungen voraussetzen. Das ist dem Bundesverwaltungsgericht verschlossen; deshalb muss die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen werden.

40

a) Zum einen bestreitet der Beklagte, dass im Zusammenwirken der Kreisumlage mit anderen Umlagen sämtliche Steuereinnahmen der Klägerin abgeschöpft würden und die Klägerin darüber hinaus noch zur Kreditaufnahme gezwungen werde, um ihre Umlageverpflichtungen zu erfüllen. Er meint, dass die Gewerbesteuerumlage nicht gesondert und zusätzlich zu berücksichtigen sei, weil sie bereits bei Festlegung der Nivellierungssätze als Höchstgrenze für die Umlagezahlungen Berücksichtigung finde. Ob das zutrifft, wird zu prüfen sein.

41

b) Zum anderen - und vor allem - behauptet der Beklagte, die Kumulation von Umlagepflichten habe für die Klägerin nur im Jahr 2009 zu einer derart hohen Belastung geführt. Die Erhebungsmethode habe in diesem Jahr zu einem überdurchschnittlich hohen Umlagebetrag geführt, dem jedoch im Folgejahr ein entsprechend niedrigerer Betrag gefolgt sei. Auch dem wird das Berufungsgericht nachzugehen haben. Der Kernbereich der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie wird nicht schon dann verletzt, wenn die Finanzausstattung einer Gemeinde nur in einem Jahr oder nur für einen vorübergehenden Zeitraum hinter dem verfassungsgebotenen Minimum zurückbleibt; zur Überbrückung derartiger Notlagen steht der Gemeinde die Befugnis zur Aufnahme von Kassenkrediten zur Verfügung. Der Kernbereich der Garantie ist vielmehr erst dann verletzt, wenn die Gemeinde strukturell und auf Dauer außerstande ist, ihr Recht auf eine eigenverantwortliche Erfüllung auch freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.


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Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung der Kreisumlage für das Jahr 2009.

2

Sie ist eine Ortsgemeinde mit 365 Einwohnern (Stand: 30. Juni 2008) und wurde für das Jahr 2009 zu einer Kreisumlage in Höhe von 305.151,00 € herangezogen. Da die Klägerin zu den Gemeinden mit überdurchschnittlicher Steuerkraft gehört, enthält die Umlage einen progressiven Anteil.

3

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat die Klägerin gegen den Umlagebescheid Klage erhoben. Die Umlage sei rechtswidrig, weil der Landkreis mit ihr auch Aufgaben der Wirtschafts- und Tourismusförderung finanziere, für die er nicht zuständig sei. Außerdem führe die Umlageerhebung im Zusammenwirken mit anderen Umlagen dazu, dass ihr Ist-Aufkommen an Steuern und Zuweisungen zu mehr als 100 % abgeschöpft werde. Sie müsse deshalb allein zu Finanzierung ihrer Umlageverpflichtung Kassenkredite aufnehmen. Zur Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben verbleibe ihr kein Spielraum.

4

Die Klägerin hat beantragt,

5

den Bescheid vom 17. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2010 aufzuheben.

6

Der Beklagte hat beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, da der Beklagte mit der Umlage keine Aufgaben finanziere, für die er nicht zuständig sei. Sowohl bei den Aktivitäten im Bereich des Fremdenverkehrs als auch bei der Wirtschaftsförderung handele es sich um überörtliche Angelegenheiten. Des Weiteren sei es auch nicht zu beanstanden, dass der Landkreis finanzstarke Gemeinden durch eine progressive Kreisumlage stärker belaste. Die Umlagebelastung der Klägerin verstoße auch nicht gegen das Gebot der kommunalen Rücksichtnahme.

9

Mit ihrer hiergegen eingelegten Berufung hat die Klägerin geltend gemacht, die wahrgenommenen Aufgaben auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Tourismusförderung hätten keinen überörtlichen Charakter. Außerdem verletze der angegriffene Kreisumlagebescheid ihre verfassungsrechtlich garantierte Finanzhoheit, da unter Berücksichtigung der Kreisumlage, der Verbandsgemeindeumlage, der Finanzausgleichsumlage und der Gewerbesteuerumlage die Umlageanspannung über ihre Einnahmen aus Steuern und Zuweisungen hinausgehe. Außerdem verstoße die progressive Staffelung der Kreisumlage gegen das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung.

10

Der Senat hat die Berufung mit Urteil vom 28. April 2011 - 2 A 11423/10.OVG - zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass die progressive Staffelung des Umlagesatzes verfassungsrechtlich zulässig sei. Denn die hohe Steuerkraft einzelner kreisangehöriger Gemeinden könne dazu führen, dass dem betroffenen Landkreis niedrigere oder gar keine Schlüsselzuweisungen gewährt würden. Deshalb sei es gerechtfertigt, überdurchschnittliche Steuerkraft durch eine progressive Staffelung des Umlagesatzes teilweise abzuschöpfen. Zu einer unverhältnismäßigen Nivellierung von Finanzkraftunterschieden oder gar zu einer Reihenfolgeumkehr unter den kreisangehörigen Gemeinden könne die anteilige Abschöpfung überdurchschnittlicher Steuerkraft für sich genommen nicht führen.

11

Des Weiteren erweise sich die Kreisumlage nicht deshalb als verfassungswidrig, weil sie im Zusammenspiel mit anderen Umlageverpflichtungen zu einer weitgehenden Abschöpfung der gemeindlichen Finanzkraft führe. Denn der gesamte kommunale Bereich in Rheinland-Pfalz sei infolge der gestiegenen Aufgabenbefrachtung durch Bund und Land bei nur unzureichenden Zuwächsen auf der Einnahmenseite seit Jahren unterfinanziert. Bei dieser Ausgangslage könne es im Innenverhältnis der Landkreise zu ihren Gemeinden nur noch um eine vertretbare Teilung der Lasten und damit letztlich der Defizite gehen. Daher sei die Kreisumlage der Höhe nach erst dann nicht mehr hinnehmbar, wenn der Kreis mit ihr eigene Interessen willkürlich und rücksichtslos zu Lasten der Gemeinden verfolge. Hiervon könne nicht ausgegangen werden, weil nicht nur die Klägerin, sondern auch der Beklagte im Jahr 2009 mit einem erheblichen finanziellen Engpass habe kämpfen müssen. Soweit der Beklagte bei der Bemessung seines über die Kreisumlage zu deckenden Finanzbedarfs auch Ausgaben für die Wirtschafts- und Fremdenverkehrsförderung berücksichtigt habe, handele es sich nicht um landkreisfremde Aufgaben.

12

Auf die Revision der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht die Berufungsentscheidung mit Urteil vom 30. Januar 2013 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass verfassungsrechtlicher Maßstab für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Kreisumlage Art. 28 Abs. 2, aber auch Art. 106 Abs. 5 bis 6 Grundgesetz - GG - seien. Art. 28 Abs. 2 GG gewährleiste den Gemeinden das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung. Bei der Ausgestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Land, Kreis und Gemeinden habe der Finanzbedarf eines jeden Verwaltungsträgers grundsätzlich gleichen Rang. Deshalb lasse sich für das vertikale Verhältnis innerhalb des kreiskommunalen Raums auch in Ansehung der Verteilung knapper finanzieller Ressourcen weder für den Finanzbedarf des Kreises noch für denjenigen der kreisangehörigen Gemeinden von Verfassungs wegen ein Vorrang behaupten. Bei der Erhebung der Kreisumlage müssten die demnach grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden ermittelt und in Rechnung gestellt und zudem der allgemeine Gleichheitssatz auch im horizontalen Verhältnis der umlagepflichtigen Gemeinden zueinander beachtet werden. Für eine stärkere Heranziehung steuerstärkerer Gemeinden müsse deshalb ein sachlicher Grund vorliegen. Außerdem wäre es unzulässig, durch die Erhebung der Kreisumlage den Gemeinden die ihnen vom Grundgesetz zuerkannte Steuerkraft zur Gänze zu entziehen und dadurch die eigenverantwortliche Ausübung der gemeindlichen Steuerhoheit zu entwerten.

13

Die verschiedenen Instrumente zur Gestaltung der Finanzausstattung der Gemeinden dürften weder allein noch in ihrem Zusammenwirken dazu führen, dass die verfassungsrechtlich gebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden unterschritten werde. Insofern ziehe Art. 28 Abs. 2 GG auch der Kreisumlageerhebung eine absolute Grenze. Die Gemeinden müssten danach mindestens über so große Finanzmittel verfügen, dass sie ihre pflichtigen (Fremd- wie Selbstverwaltungs-)Aufgaben ohne (nicht nur vorübergehende) Kreditaufnahme erfüllen könnten und darüber hinaus über eine „freie Spitze“ verfügen, um zusätzlich freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben in einem bescheidenen, aber doch merklichen Umfang wahrzunehmen. Dieser „Kernbereich“ erstrecke sich nach Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Hs. 1 GG auch auf die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung und sei ungeachtet der zusätzlichen Garantie des Art. 106 GG absolut geschützt.

14

Demnach sei der Kreis bei insoweit verfassungskonformer Auslegung der § 58 Abs. 4 Landkreisordnung - LKO -, § 25 Landesfinanzausgleichsgesetz - LFAG - zur Erhebung einer Kreisumlage ermächtigt, deren Höchstbetrag zwar durch seinen anderweitig nicht gedeckten Finanzbedarf begrenzt werde, mit der jedoch dieser ungedeckte Finanzbedarf nicht zur Gänze auf die umlagepflichtigen Gemeinden umgelegt werden müsse, wenn diesen dadurch weniger als die verfassungsgebotene Mindestausstattung verbliebe.

15

Hiervon ausgehend sei es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte Aufgaben der Tourismus- und Wirtschaftsförderung wahrnehme, was zu einem entsprechend erhöhten Finanzbedarf führe. Hierbei handele es sich um Aufgaben kreisörtlicher Natur im Sinne des § 2 Abs. 1 LKO. Auch der progressive Umlagesatz werde den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht. Er sei sachlich gerechtfertigt, weil durch den erhöhten Umlagesatz Gemeinden verstärkt herangezogen würden, deren besondere Steuerkraft zugleich die Ursache für geringere Schlüsselzuweisungen an den Kreis sei. Ausgehend von der Steuerkraft in Relation zur jeweiligen Einwohnerzahl sei es ausgeschlossen, dass die Steuerkraftunterschiede unter den umlagepflichtigen Gemeinden völlig eingeebnet oder gar ihre Steuerkraftreihenfolge verändert werde.

16

Allerdings habe sich das Berufungsgericht nur unzureichend mit dem Einwand der Klägerin auseinandergesetzt, die Kreisumlage entziehe ihr im Zusammenwirken mit anderen Umlagen praktisch ihre gesamte Finanzausstattung und belasse ihr damit nicht einmal mehr die verfassungsgebotene Mindestausstattung. Insofern sei jedenfalls auch die Belastung der Klägerin durch die Verbandsgemeindeumlage zu berücksichtigen. Ob dies auch für die Gewerbesteuerumlage gelte, sei zu prüfen. Außerdem dürfe der „Kernbereich“ der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie auch dann nicht zugunsten des Kreises angetastet werden, wenn der kommunale Sektor insgesamt unterfinanziert sei. Hiervon ausgehend müsse das Oberverwaltungsgericht prüfen, ob die Kumulation von Umlagepflichten - ggfs. unter Berücksichtigung der Gewerbesteuerumlage - dazu geführt habe, dass die Klägerin strukturell und auf Dauer außer Stande gewesen sei, ihr Recht auf eine eigenverantwortliche Erfüllung auch freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen.

17

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin nunmehr im Wesentlichen vor: Maßgeblich für die Bestimmung des Abschöpfungsgrades seien die kassenwirksamen tatsächlichen Finanzflüsse im Haushaltsjahr und nicht die der Ermittlung der Umlagebelastung zugrundeliegende verschobene Berechnungssystematik des Finanzausgleichsgesetzes. Hiervon ausgehend liege im streitgegenständlichen Jahr 2009 eine Überabschöpfung nach jeder Betrachtungsweise vor. Sie könne nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht durch den Verweis auf kumulierte Überschüsse in einem willkürlich gewählten Zehnjahreszeitraum gerechtfertigt werden. Außerdem sei der Kernbereich der Selbstverwaltung durch die Umlageerhebung verletzt. Selbst bei Berücksichtigung der Nivellierungshebesätze ergäben sich über zehn Jahre fiktive Einnahmen in Höhe von 664.231,72 €. Ihnen stünden allein pflichtige Ausgaben in Höhe von 656.681,74 € gegenüber. Mit dem dann verbleibenden Betrag von 7.659,98 €, d.h. 766,00 € pro Jahr, bestehe kein merklicher Selbstverwaltungsspielraum. Im Übrigen verstoße das Abstellen auf die Nivellierungssätze und damit die Verpflichtung der Gemeinde zur Anhebung der Hebesätze gegen das verfassungsrechtlich garantierte gemeindliche Hebesatzrecht. Niedrigere Realsteuersätze, die einer örtlich differenzierten Struktur- und Standortpolitik dienten, führten zu keinen Nachteilen des Kreises, weil die Umlage aufgrund der Nivellierungssätze bestimmt würde. Schließlich habe der Beklagte bei der Festsetzung des progressiven Kreisumlagesatzes sein Ermessen fehlerhaft gebraucht, weil die Umlagebelastung erdrosselnde Wirkung habe und zu einer Rangplatzumkehr im intergemeindlichen Vergleich führe.

18

Die Klägerin beantragt,

19

das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 16. November 2010 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 17. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Februar 2010 aufzuheben.

20

Der Beklagte beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Zur Begründung trägt er vor, dass bei der Umlageberechnung keine Zeitkongruenz zwischen Umlagebelastung und tatsächlichen Steuereinnahmen eines Haushaltsjahres herzustellen sei. Die sich hieraus ergebende Wellenbewegung werde relativiert durch die Betrachtung eines längeren Zeitraums, der mit zehn Jahren ordnungsgemäß bemessen sei. Beim Vergleich der Umlagebelastung und der Steuereinnahmen sei die Gewerbesteuerumlage nicht zu berücksichtigen, da ihr Nivellierungssatz bereits abgesenkt sei und deshalb abgabenmindernd bei der Bemessung der Kreisumlage berücksichtigt werde. Bei Anhebung der örtlichen Hebesätze auf Nivellierungsniveau werde 2003 bis 2012 eine durchschnittliche Umlagebelastung von 49,3633 % der Steuerkraftmesszahl sowie der Schlüsselzuweisung B 2 erreicht. Dabei sei zweifelhaft, ob die Verbandsgemeindeumlage in vollem Umfange zu Buche schlage, da sie auch der Finanzierung von Aufgaben der Ortsgemeinden diene. Da die Gewerbesteuerumlage nicht zu berücksichtigen sei, bleibe die Umlagebelastung unter 100 %. Hinzu komme, dass die Klägerin im Jahre 2009 33.580 € für freiwillige Aufgaben aufgewandt habe. Zusätzlich sei in Rechnung zu stellen, dass die Klägerin ihre Einnahmemöglichkeiten nicht ausgeschöpft habe. Schließlich werde die gemeindliche Steuerhoheit durch die Berechnung der Kreisumlage nicht eingeschränkt. Die Gemeinde habe lediglich die sich aus der Unterschreitung der Nivellierungssätze ergebenden Folgen bei der Umlageerhebung zu tragen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die vorgelegten Verwaltungsvorgänge (2 Ordner und 2 Hefte) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

24

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

25

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Kreisumlagebescheid der Beklagten vom 17. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Februar 2010 zu Recht abgewiesen, da die festgesetzte Umlage rechtmäßig ist und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletzt.

26

Der angefochtene Umlagebescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 58 Abs. 4 der Landkreisordnung vom 31. Januar 1994 (GVBl. S. 188) - LKO - i.V.m. § 25 des Landesfinanzausgleichsgesetzes vom 30. November 1999 (GVBl. S. 415) in der Fassung vom 12. Juni 2007 (GVBl. S. 80) - LFAG - und § 6 der Haushaltssatzung des Beklagten für das Jahr 2009. Danach erhebt der Beklagte im Jahr 2009 von allen kreisangehörigen Gemeinden eine Kreisumlage aufgrund eines Eingangsumlagesatzes von 37,1 v.H. Für Gemeinden, welche eine über dem Landesdurchschnitt der kreisangehörigen Gemeinden liegende Steuerkraftmesszahl aufweisen, steigt der Umlagesatz für je begonnene 10 v.H. der über dem Landesdurchschnitt der kreisangehörigen Gemeinden liegenden Steuerkraftmesszahl um 7,5 v.H. bis zur Höchststufe von 145 v.H. Hiervon ausgehend begegnet der angefochtene Kreisumlagebescheid keinen rechtlichen Bedenken. Er ist - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - rechnerisch zutreffend ermittelt worden.

27

Darüber hinaus sind die genannten Bestimmungen der Landkreisordnung und des Landesfinanzausgleichgesetzes über die Kreisumlage auch insoweit verfassungsgemäß, als sie den Landkreisen eine progressive Staffelung des Umlagesatzes ermöglichen (I.). Die konkrete Ausgestaltung des Umlagesatzes verstößt nicht gegen Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz - GG - (II.). Des Weiteren hat der Beklagte bei der Bemessung seines der Kreisumlage zugrunde liegenden Finanzbedarfs keine Ausgaben für landkreisfremde Aufgaben berücksichtigt (III.). Schließlich greift der Einwand der Klägerin nicht durch, der angefochtene Umlagebescheid sei ermessensfehlerhaft (IV.).

I.

28

§ 25 Abs. 2 Nr. 2 LFAG, der die Festsetzung eines progressiven Umlagesatzes erlaubt, ist verfassungsgemäß.

29

1. Art. 49 der Verfassung für Rheinland-Pfalz - LV - gewährleistet den Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht der Selbstverwaltung und verpflichtet das Land, den Kommunen die zur Durchführung ihrer eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Mittel im Wege eines Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern. Ein bestimmtes Verteilungssystem schreibt die Verfassung nicht vor. Vielmehr ist dem Gesetzgeber in dieser Hinsicht ein weites Ermessen eingeräumt, welches seine Grenzen im Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung und damit letztlich im Willkürverbot findet (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 30. Januar 1998 - VGH N 2/97 - AS 26, 391 [396]). Der gleiche Maßstab ergibt sich aus Art. 28 Abs. 2 GG. Danach bedarf es für eine im horizontalen Vergleich stärkere Heranziehung umlagepflichtiger Gemeinden, wie sie durch eine progressive Ausgestaltung des Umlagesatzes bewirkt wird, eines sachlichen Grundes. Außerdem darf sie nicht soweit gehen, dass die Steuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden eingeebnet oder gar die Steuerkraftreihenfolge verändert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 8 C 1.12 -, juris Rn 15).

30

Nach diesen Maßstäben sind die gesetzlichen Bestimmungen über die Kreisumlage nicht zu beanstanden. Dies gilt zunächst für die generelle Befugnis der Landkreise zur Erhebung einer jährlichen Umlage von den kreisangehörigen Gemeinden. In der kommunalen Praxis ist die Kreisumlage mittlerweile die bedeutendste, der eigenständigen Ausschöpfung unterliegende Einnahmequelle der Kreise. Sie hat allgemeine Finanzierungsfunktion und dient darüber hinaus dem Ausgleich von Ungleichgewichten in der kommunalen Finanzkraft, die sich durch die Verteilung der Schlüsselzuweisung sowie aus einem unterschiedlichen Zentralisierungsgrad der Kreise ergeben können. Die Kreisumlage als solche erweist sich damit gleichsam als notwendiger Bestandteil des derzeitigen Finanzausgleichssystems (vgl. hierzu VerfGH RP, Urteil vom 30. Januar 1998 - VGH N 2/97 - AS 26, 391 [400 ff.]; OVG RP, Urteil vom 25. September 1985 - 2 C 48/84 - AS 20, 58 [67]).

31

Auch die in § 25 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LFAG vorgesehene Möglichkeit einer progressiven Staffelung der Umlagesätze ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Regelung beruht auf sachlichen Gründen und fügt sich folgerichtig in das geltende Konzept des Finanzausgleichs ein. Danach kann die hohe Steuerkraft einzelner kreisangehöriger Gemeinden dazu führen, dass dem betroffenen Landkreis niedrigere oder gar keine Schlüsselzuweisungen B 2 gewährt werden. Der hieraus folgende höhere Umlagebedarf wäre bei einheitlicher Gestaltung des Umlagesatzes von allen kreisangehörigen Gemeinden gleichermaßen zu decken, was eine weitere Schwächung auch der ohnehin finanzschwachen Gemeinden zur Folge hätte. Vor diesem Hintergrund erscheint es vom Grundsatz her sachgerecht, wenn das Gesetz den Kreisen die Möglichkeit einräumt, überdurchschnittliche Steuerkraft einzelner Gemeinden durch eine progressive Staffelung des Umlagesatzes teilweise abzuschöpfen und so ihren Nachteil bei der Verteilung der Schlüsselzuweisungen „verursachergerecht“ auszugleichen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 8 C 1.12 -, juris Rn. 30; VerfGH RP, Urteil vom 30. Januar 1998 - VGH N 2/97 - AS 26, 391 [405 f.]; OVG RP, Urteil vom 29. September 1987 - 7 A 94/86 - AS 21, 420 [422] zum sog. „Splitting“; VG Neustadt a.d.W., Urteil vom 8. Februar 1999 - 1 K 577/98.NW - DVP 2000, 84 [86]).

32

2. Eine progressive Staffelung der Kreisumlagesätze im Sinne des § 25 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LFAG führt auch nicht zu einem gänzlichen Entzug der Umlagegrundlage oder unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu einer unverhältnismäßigen Nivellierung von Finanzkraftunterschieden oder gar zu einer Veränderung der Steuerkraftreihenfolge unter den kreisangehörigen Gemeinden. Durch eine stufenweise Progression wird bestimmungsgemäß nur die überdurchschnittliche Steuerkraft einzelner Gemeinden anteilig abgeschöpft. Zu einem vollständigen Entzug der Umlagegrundlage und Nivellierung der Finanzkraft oder einer Rangplatzvertauschung kann es - hierdurch allein - schon systembedingt nicht kommen, weil der Grenzsatz bei 37,1x145=53,8 v.H. und der Durchschnittssatz bei der Klägerin bei etwa 45 v.H. liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 8 C 1.12 -, juris Rn. 29, 31). Solche unerwünschten Wirkungen können allenfalls durch das Zusammenspiel einer progressiv gestaffelten Kreisumlage mit den weiteren Umlageverpflichtungen einer Gemeinde auftreten. Hierfür ergeben sich Anhaltspunkte aus den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Februar 2014 vorgelegten Zahlen zur Finanzkraft je Einwohner ausgewählter Ortsgemeinden der Verbandsgemeinde Kyllburg vor und nach Abfluss sämtlicher Umlagen. Soweit sie auf eine bedenkliche Einebnung der Steuerkraftunterschiede und Veränderung der Steuerkraftreihenfolge hindeuten, mag dies wirtschaftspolitisch bedenklich sein (vgl. Littmann, in: Lüder, Schriftreihe der Hochschule Speyer, Bd. 122, S. 363 [373]). Aus verfassungsrechtlicher Sicht stellt diese Unschärfe die sachliche Berechtigung progressiver Umlagesätze im Gesamtsystem des Finanzausgleichs nicht in Frage (vgl. hierzu auch VerfGH RP, Urteil vom 30. Januar 1998 - VGH N 2/97 - AS 26, 391 [402, 405 ff.]), was auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entspricht. Danach ist der progressive Kreisumlagesatz am Maßstab des Gleichbehandlungssatzes alleiniger Prüfungsgegenstand, ohne dabei das Zusammenwirken mit anderen Umlagen in Betrachtung ziehen zu müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 8 C 1.12 -, juris Rn. 29-31).

33

Hinzu kommt, dass eine Veränderung der Steuerkraftreihenfolge durch die Kreisumlage allenfalls bei der Anknüpfung an die absoluten Steuereinnahmen denkbar ist, nicht aber wenn diese ins Verhältnis zu der - im Falle der Klägerin niedrigen - Einwohnerzahl gesetzt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 8 C 1.12 -, juris Rn. 31). Insofern werden durch eine Progression Gemeinden mit geringer Einwohnerzahl aber gleichwohl hoher Steuereinnahmen zwar besonders hart getroffen. Die Bemessung der überschießenden Steuerkraft einer Gemeinde nach der Einwohnerzahl ist aber sachlich gerechtfertigt. Sie entspricht dem Einwohner gleich Einwohner-Prinzip, welches dem geltenden Finanzausgleichssystem zugrunde liegt und auf die grundsätzliche Gleichbehandlung des Finanzbedarfs aller kommunalen Gebietskörperschaften nach Einwohnern abzielt (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 30. Januar 1998 - VGH N 2/97 - AS 26, 391 [397]).

II.

34

Des Weiteren verstößt die konkrete Ausgestaltung des Umlagesatzes nicht gegen Art. 28 Abs. 2 GG. Der Beklagte hat die grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden dadurch in Rechnung gestellt, dass er nicht nur den eigenen Finanzbedarf, sondern auch denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (1.). Außerdem entzieht die Kreisumlage weder allein noch im Zusammenwirken mit anderen Umlagen der Klägerin die Umlagegrundlage (2.). Schließlich verstößt sie nicht gegen den in Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung, weil die Klägerin ausgehend vom streitgegenständlichen Jahr 2009 durch die Kreisumlage allein oder im Zusammenwirken mit anderen Umlagen noch nicht auf Dauer strukturell unterfinanziert ist (3.).

35

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts garantiert Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden das Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung. Dabei lässt sich innerhalb des kreiskommunalen Raums weder für den Finanzbedarf des Kreises noch für denjenigen der kreisangehörigen Gemeinden von Verfassungs wegen ein Vorrang behaupten (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - 8 C 1.12 -, juris Rn. 13). Deshalb muss der Landkreis die grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden bei der Festlegung des Umlagesatzes in Rechnung stellen und dabei nicht nur den eigenen Finanzbedarf, sondern auch denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form - etwa im Wege einer Begründung der Ansätze seiner Haushaltssatzung - offenlegen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen. Diesen Anforderungen wird der Beklagte dadurch gerecht, dass er bei seiner Haushaltsplanung von den Verbandsgemeindeverwaltungen unter Geltung des kameralen Haushaltsrechts Aufstellungen über die Steuerkraftmesszahlen, die Schlüsselzuweisungen, den Bestand der allgemeinen Rücklagen und der freien Finanzspitzen der Ortsgemeinden und der Verbandsgemeinden angefordert hat. Seit Einführung des doppischen Haushaltsrechts wird der allgemeine Finanzmittelbestand erfragt. Dies geschah und geschieht auch im Falle der Klägerin, was in der mündlichen Verhandlung von der Vertreterin der Verbandsgemeindeverwaltung bestätigt wurde. Mit diesen Informationen ist der Beklagte seiner Ermittlungspflicht ausreichend nachgekommen. Sie fließen in die Berechnung des Umlagesatzes und dadurch in den Haushaltsentwurf sowie die Haushaltssatzung ein, welche vom Kreistag beraten und beschlossen werden. Ohne dass es insoweit noch darauf ankommt, folgt eine umfassende Information der Beklagten über die Finanzsituation der kreisangehörigen Gemeinden auch aus der Vorlage der gemeindlichen Haushaltspläne, zu der die Kommunen gegenüber der Kommunalaufsicht verpflichtet sind. Schließlich sind die Kreistagsmitglieder häufig auch auf der Ebene der kreisangehörigen Gemeinden politisch tätig und haben auch von daher einen Überblick über die kommunale Finanzsituation.

36

2. Die Erhebung der Kreisumlage darf nicht dazu führen, dass die verfassungsrechtliche Grundentscheidung für eine eigene gemeindliche Steuerhoheit (Ertragshoheit) entwertet wird. Deshalb wäre es mit Blick auf die den Gemeinden vom Grundgesetz zuerkannten Erträge aus der Gewerbesteuer und aus den Realsteuern (Art. 106 Abs. 6 Satz 1 und 2 GG) sowie der Einkommen- und der Umsatzsteuer (Art. 106 Abs. 5 und 5a GG) unzulässig, den Gemeinden durch die Kreisumlage allein oder im Zusammenwirken mit anderen Umlagen die Umlagegrundlagen praktisch zu Gänze zu entziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - 8 C 1.12 -, juris Rn. 16). Dabei kommt es für die Beantwortung der Frage nach einer verfassungsrechtlich unzulässigen Abschöpfung der Umlagegrundlage nicht darauf an, ob der nach Umlageabfluss verbleibende Betrag zur Erfüllung nennenswerter gemeindlicher Aufgaben ausreicht. Die Wahrnehmung gemeindlicher Aufgaben im verfassungsrechtlich gebotenen Umfang hängt nicht allein von der nach Umlageerhebung verbleibenden Steuerkraft, sondern von der „freien Finanzspitze“ der Gemeinde und damit auch von ihren sonstigen Einnahmen ab. Insofern ist entscheidend, ob sie über eine im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verfassungsrechtlich gebotene finanzielle Mindestausstattung verfügt (vgl. II. 3.).

37

Durch die im Jahre 2009 erfolgte Umlageerhebung ist der Klägerin die vom Landesfinanzausgleichsgesetz vorgegebene Umlagegrundlage, bestehend aus der Schlüsselzuweisung und der Steuerkraftmesszahl, nicht komplett entzogen worden. Vielmehr ist ihr ein Betrag von 25.932,00 € verblieben. Dabei musste die Gewerbesteuerumlage außer Betracht bleiben, da diese bereits bei der Ermittlung der Steuerkraftmesszahl unberücksichtigt geblieben ist.

38

a) Bezugspunkt für die Ermittlung der Abschöpfungswirkung der von den kreisangehörigen Gemeinden erhobenen Umlagen ist die Umlagegrundlage des § 25 Abs. 1 Satz 2 LFAG. Danach sind Grundlage für die Berechnung der Kreisumlage - im Wesentlichen aber auch für die Verbandsgemeindeumlage - die Schlüsselzuweisungen und die Steuerkraftmesszahl nach § 13 LFAG. Die Steuerkraftmesszahl im Sinne des § 13 Abs. 1 LFAG wird gemäß § 13 Abs. 3 und 6 LFAG aufgrund des Ist-Aufkommens der jeweiligen Steuern in der Zeit vom 1. Oktober des vorvergangenen Jahres bis zum 30. September des vergangenen Jahres (Referenzzeitraum) ermittelt. Zudem werden die einzelnen Steuern mit den Nivellierungssätzen des § 13 Abs. 2 LFAG gewichtet, die im Falle der Klägerin bei der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer höher als die festgesetzten Hebesätze sind.

39

aa) Das Abstellen auf die Umlagegrundlage des § 25 Abs. 1 Satz 2 LFAG bei der Ermittlung des Abschöpfungsumfangs entspricht der Systematik des Landesfinanzausgleichsgesetzes. Da das Steueraufkommen des laufenden Jahres noch nicht bekannt sein kann, ergibt sich die Umlagehöhe eines Jahres nicht aus dem Steueraufkommen dieses Jahres, sondern aus dem des zeitlich vorgelagerten Referenzzeitraums. Hiervon ausgehend ist es folgerichtig, die Umlagegrundlage der Ermittlung der Abschöpfungswirkung zugrunde zulegen, aus der die maßgebliche Umlagehöhe folgt. Bei diesem Vergleich greifen nämlich die Umlagen auf das Steueraufkommen zu, welches die Festsetzung der Kreis- und Verbandsgemeindeumlage der Höhe nach bestimmt. Insofern besteht ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Einnahmen und Umlagebelastung, auch wenn die Umlage im Jahr ihrer kassenwirksamen Erhebung auf andere Ist-Einnahmen trifft als die, welche der Umlageberechnung zugrunde lagen.

40

Durch den Vergleich der Umlagegrundlage des § 25 Abs. 1 Satz 2 LFAG mit den sich aus ihr ergebenden Umlagen wird auch der Nachteil vermieden, der eintritt, wenn die Umlagen eines Haushaltsjahres nicht in Bezug gesetzt werden zu dem nivellierten Steueraufkommen im Referenzzeitraum, sondern zu dem Steueraufkommen dieses Haushaltsjahres. Denn hierbei greifen die Umlagen auf Einnahmen zu, die in keiner Beziehung zu der Umlageermittlung stehen. Dies kann - wie im vorliegenden Fall die erheblichen jährlichen Schwankungen bei den Gewerbesteuereinnahmen und folglich den Salden aus Ist-Einnahmen und Umlagen zeigen - zu erheblichen Unterschieden bei der Abschöpfungswirkung von Umlagen führen, welche eine aussagekräftige Bewertung der Umlagebelastung verhindern. Solche Verzerrungen treten dann auf, wenn beispielsweise in einem Berechnungsjahr hohe Ist-Einnahmen angefallen sind, die Umlagebelastung aber wegen des niedrigen Steueraufkommens im Referenzzeitraum gering war. In diesem Fall ist der Abschöpfungsgrad niedrig. Im umgekehrten Fall, in dem die Ist-Einnahmen im Beurteilungsjahr gering sind, im Referenzjahr aber hoch waren, ist die Abschöpfung teilweise extrem stark, wie die den Beteiligten vorliegende Tabelle „Ist-Einnahmen abzüglich Umlagen“ zeigt.

41

bb) Außerdem verhindert das Abstellen auf nivellierte Steuereinnahmen, dass Gemeinden der Rechtmäßigkeit ihrer Umlagebelastung die aus geringen Hebesätzen resultierenden niedrigen Steuereinnahmen entgegenhalten können. Dies stellt entgegen der Auffassung der Klägerin auch keinen Eingriff in ihre Steuerhoheit dar, welche auch das Recht der Hebesatzfestsetzung umfasst. Denn die Klägerin wird nicht gezwungen, einen bestimmten (höheren) Hebesatz zu beschließen. Ihr bleibt es unbenommen, beispielsweise durch den Gewerbesteuerhebesatz die Ansiedlung von Gewerbebetrieben in ihrem Gemeindegebiet attraktiv zu machen. Der Klägerin ist lediglich der Einwand, ihre gesamte Umlagegrundlage werde durch die Umlageerhebungen verfassungswidrig aufgezehrt, insoweit abgeschnitten, als sie mit ihren Hebesätzen unterhalb der Nivellierungssätze bleibt. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass es sich bei den Nivellierungssätzen des § 13 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 LFAG um einheitliche und allgemein als jedenfalls zumutbar angesehene Hebesätze handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 8 C 1.12 -, juris Rn. 17), welche sich in etwa an den im Zeitpunkt der gesetzlichen Festlegung landesweiten Durchschnittssätzen orientieren.

42

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für die Festlegung eines Mindestsatzes von 200 v. H. für die Erhebung der Gewerbesteuer in § 16 Abs. 4 Gewerbesteuergesetz bejaht hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 2 BvR 2185/04 und 2 BvR 2189/04 - juris). Die Bundeskompetenz folgt aus Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 72 Abs. 2 GG, schließt aber kommunalrechtlich Landesregelungen nicht aus, aus denen sich Vorgaben für die Hebesatzfestsetzung ergeben. Denn Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG räumt den Gemeinden lediglich das Recht ein, die Hebesätze der Grundsteuer und der Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Deshalb müssen die Gemeinden auch bei der Festsetzung der Hebesätze ihrer gemäß § 93 Abs. 5 Gemeindeordnung - GemO - bestehenden Verpflichtung zur sparsamen und wirtschaftlich Haushaltsführung nachkommen. Hinzukommt die grundsätzliche Pflicht nach § 93 Abs. 4 GemO, den Haushalt jährlich auszugleichen. Dabei haben die Gemeinden gemäß § 94 Abs. 2 GemO die zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben erforderlichen Erträge und Einzahlungen aus speziellen Entgelten, im Übrigen aus Steuern zu erzielen. Dementsprechend hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz entschieden, dass die Gemeinden zur Bewältigung der kommunalen Finanzkrise ihre Kräfte größtmöglich anspannen, insbesondere ihre Einnahmenquellen angemessen ausschöpfen müssen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 14. Februar 2012 - VGH N 3/11 - AS 41, 29 [58]). Dies gilt nicht nur im Verhältnis zum Land, sondern auch im Verhältnis zum umlageerhebenden Landkreis. Im Übrigen schließt die von Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistete kommunale Finanzhoheit es sogar nicht aus, unter Umständen im Wege der staatlichen Kommunalaufsicht eine Senkung der Realsteuerhebesätze zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2012 - 8 C 43/09 - juris Rn. 27).

43

cc) Ist demnach die hier in Rede stehende Abschöpfungswirkung anhand eines Vergleichs der Umlagegrundlage des § 25 Abs. 1 Satz 2 LFAG mit den sich hieraus ergebenden Umlagen zu ermitteln, ist dabei die Verbandsgemeindeumlage in Ansatz zu bringen, obwohl sie der Finanzierung gemeindlicher Aufgaben dient (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 8 C 1.12 -, juris, Rn. 34). Etwas anderes gilt für die Gewerbesteuerumlage. Sie darf von der Umlagegrundlage nicht abgezogen werden, weil sie gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 3 LFAG bei der Ermittlung der Steuerkraftzahl der Gewerbesteuer durch Abzug des Vervielfältigers für die Gewerbesteuerumlage nach § 6 Gemeindefinanzierungsgesetz (2009: 64 v.H.) bereits herausgerechnet wurde. Anderenfalls würde die Gewerbesteuerumlage zweimal berücksichtigt.

44

dd) Wendet man die vorstehenden Grundsätze auf die Umlagebelastung der Klägerin im Jahre 2009 an, ergibt sich als Umlagegrundlage bestehend aus der Schlüsselzuweisung (2.877,00 €) und der Steuerkraftmesszahl (667.912,00 €) ein Betrag von insgesamt 670.789,00 €. Ihr steht eine Belastung der Klägerin durch die Kreisumlage (305.151,00 €), die Verbandsgemeindeumlage (301.855,00 €) und die Finanzausgleichsumlage (37.851,00 €) von insgesamt 644.857,00 € gegenüber. Demnach verbleiben der Klägerin im Jahre 2009 von der Umlagegrundlage 25.932,00 €, so dass ihr diese und damit ihre Steuerkraft nicht gänzlich entzogen wurde. Daher war sie zur Erfüllung ihrer Umlageverpflichtung auch nicht zur Kreditaufnahme gezwungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 8 C 1.12 -, juris Rn. 40).

45

b) Die Frage, ob der Klägerin durch die von ihr im Jahre 2009 zu zahlenden Umlagen die Umlagegrundlage gänzlich entzogen wurde, wäre auch zu verneinen, wenn die Umlagen von den Ist-Einnahmen abgezogen würden. Dabei wäre - wie bereits ausgeführt [vgl. II. 2 .a) bb)] - auf die Einnahmen abzustellen, welche bei Festsetzung der Nivellierungssätze des § 13 Abs. 2 LFAG hätten erzielt werden können, damit die Klägerin mit Blick auf die Verfassungsmäßigkeit der Umlagen keine ungerechtfertigten Vorteile aus der Festsetzung niedriger Hebesätze herleiten kann. Abzusetzen wäre bei dieser Betrachtungsweise auch die Gewerbesteuerumlage, da diese in den Ist-Gewerbesteuereinnahmen - anders als in der Steuerkraftmesszahl (vgl. § 13 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 LFAG) - noch enthalten ist.

46

aa) Im Unterschied zu dem Vergleich der Umlagegrundlage im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 LFAG mit den erhobenen Umlagen [vgl. II. 2 a) aa)], für den das Bundesverwaltungsgericht keine „auf Dauer“ bezogenen Betrachtung verlangt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 8 C 1.12 -, juris Rn. 16f) und bei dem wegen des engen sachlichen Zusammenhangs zwischen Einnahmen und darauf beruhenden Umlagen allein auf das streitentscheidende Jahr abgestellt werden kann, wäre bei der Gegenüberstellung der Ist-Einnahmen eines Haushaltsjahres und der in diesem Haushaltsjahr gezahlten Umlagen eine mehrjährige Betrachtung erforderlich. Dies beruht auf den bereits näher beschriebenen jährlichen Schwankungen der Gewerbesteuereinnahmen und folglich der Abschöpfungen, welche insbesondere darauf beruhen, dass die Umlagen auf Einnahmen zugreifen, die in keiner Beziehung zu der Umlageermittlung für das entsprechenden Haushaltsjahres stehen [vgl. II. 2 .a) aa)].

47

Ist demnach zur Vermeidung von Verzerrungen bei der Ermittlung der Abschöpfungswirkung von Umlagen bezogen auf die fiktiven Ist-Einnahmen eine mehrjährige Betrachtung der entsprechenden Salden geboten, erscheint insoweit ein Zehnjahreszeitraum als angemessen. Er ermöglicht eine ausgewogene Beurteilung der Gesamtentwicklung der Salden aus Einnahmen und Umlagen, welche die jährlichen Schwankungen bei den Gewerbesteuereinnahmen berücksichtigt. Insofern stellt der Senat auf die Jahre 2003 bis 2012 ab, für die gesicherte Zahlen vorliegen. Darüber hinaus ist dieser Zeitraum nicht willkürlich gewählt, sondern dem Umstand geschuldet, dass einerseits kürzere Zeiträume weniger aussagekräftig wären, andererseits Unterschiede in den einzelnen Haushaltsjahren durch die Betrachtung eines längeren Zeitraums zu stark relativiert würden. Außerdem findet der zugrunde gelegte Zehnjahreszeitraum eine Stütze in der Regelung der Gemeindehaushaltsverordnung – GemHVO - über den Haushaltsausgleich. Nach § 18 Abs. 4 GemHVO sind Jahresfehlbeträge mit den Jahresüberschüssen der fünf Haushaltsvorjahre zu verrechnen (Nr. 1). Verbleibende Jahresfehlbeträge sind innerhalb der folgenden fünf Haushaltsjahre auszugleichen (Nr. 2). Somit geht auch der Verordnungsgeber von einer Betrachtung der gemeindlichen Finanzsituation unter Berücksichtigung eines Zeitraumes von zehn Jahren aus.

48

bb) In den Jahren 2003 bis 2012 haben sich folgende Salden aus den fiktiven Ist-Einnahmen der Klägerin aus den Realsteuern bei Berücksichtigung der Nivellierungssätze, den Anteilen an dem Aufkommen der Umsatz- und Einkommensteuer, den Zahlungen aus dem Familienleistungsausgleich, den Schlüsselzuweisungen sowie den Erstattungen aus dem Fonds „Deutsche Einheit“, welche auf der Anrechnung der Gewerbesteuerumlageerhöhung im Sinne des § 6 Abs. 5 Gemeindefinanzreformgesetzes auf die Umlage zur Finanzierung des Fonds „Deutsche Einheit“ gemäß § 24 Abs. 4 LFAG beruhen (vgl. OVG RP Urteil vom 11. April 2008 - 2 A 10828/07.OVG -, juris Rn. 50ff),. abzüglich der Kreis- und Verbandsgemeindeumlagen, der FAG-Umlage und der Gewerbesteuerumlage ergeben:

49

HH-Jahr

Realsteuer-
Einnahmen
nach
Nivellierungssätzen

Umsatzsteuer

Einkommenssteuer

Familienleistungsausgleich

Schlüsselzuweisung

Erstattung
Fonds
Deutsch
Einheit

Fiktive
Ist-Einnahmen

2003   

387.287,06 €

20.256,80 €

83.524,34 €

7.386,24 €

890,00 €

1.354,00 €

500.698,44 €

2004   

411.244,80 €

20.128,97 €

79.653,54 €

8.821,35 €

1.556,00 €

6.012,00 €

527.416,66 €

2005   

501.730,77 €

20.429,35 €

82.456,81 €

7.018,31 €

1.843,00 €

3.455,00 €

616.933,24 €

2006   

450.716,86 €

21.594,95 €

89.013,22 €

8.068,42 €

3.331,00 €

6.121,00 €

578.845,45 €

2007   

692.969,20 €

23.767,44 €

96.659,55 €

9.350,16 €

1.528,00 €

5.530,00 €

829.804,35 €

2008   

590.591,79 €

25.272,52 €

113.712,73 €

10.793,35 €

1.609,00 €

7.026,00 €

749.005,39 €

2009   

506.059,36 €

28.243,12 €

100.955,03 €

10.358,91 €

2.877,00 €

6.493,00 €

654.986,42 €

2010   

386.374,15 €

29.127,65 €

99.561,41 €

11.165,63 €

3.062,00 €

4.301,00 €

533.591,84 €

2011   

522.985,46 €

31.287,63 €

109.155,13 €

11.861,98 €

3.721,00 €

3.622,00 €

682.633,20 €

2012   

454.956,93 €

31.449,57 €

108.666,69 €

11.457,86 €

4.522,00 €

4.065,00 €

615.118,05 €

                                                                       

Gesamt

4.904.916,38 €

251.558,00 €

963.358,45 €

96.282,21 €

24.939,00 €

47.979,00 €

6.289.033,04 €

50

HH-Jahr

Kreisumlage

VG-Umlage

FAG-Umlage

Gewerbesteuerumlage

Summe
Umlagen

Saldo fiktiver
Ist-Einnahmen/Umlagen

2003   

83.889,00 €

110.849,00 €

3.196,00 €

167.357,71 €

365.291,71 €

135.406,73 €

2004   

180.209,00 €

203.076,00 €

24.211,00 €

41.343,84 €

448.839,84 €

78.576,82 €

2005   

154.500,00 €

167.667,00 €

15.613,00 €

135.704,58 €

473.484,58 €

143.448,66 €

2006   

211.753,00 €

219.861,00 €

25.273,00 €

45.531,44 €

502.418,44 €

76.427,01 €

2007   

214.419,00 €

220.372,00 €

22.465,00 €

124.751,34 €

582.007,34 €

247.797,01 €

2008   

300.340,00 €

296.883,00 €

37.387,00 €

119.247,06 €

753.857,06 €

-4.851,67 €

2009   

305.151,00 €

301.855,00 €

37.851,00 €

78.839,68 €

723.696,68 €

-68.710,26 €

2010   

277.445,00 €

262.031,00 €

32.779,00 €

77.245,09 €

649.500,09 €

-115.908,25 €

2011   

212.453,00 €

210.334,00 €

21.275,00 €

71.672,29 €

515.734,29 €

166.898,91 €

2012   

247.553,00 €

235.872,00 €

22.206,00 €

104.340,29 €

609.971,29 €

5.146,76 €

                                                              

Gesamt

2.187.712,00 €

2.228.800,00 €

242.256,00 €

966.033,32 €

5.624.801,32 €

664.231,72 €

51

Bei der Bewertung dieser Zahlen, ergibt sich keine Überabschöpfung der nivellierten Ist-Einnahmen durch die Umlageerhebungen. Zwar ist die Belastung der Klägerin durch die Kreisumlage, Verbandsgemeindeumlage, Finanzausgleichsumlage und Gewerbesteuerumlage im Jahr 2009 um 68.710,26 € höher als die fiktiven Ist-Einnahmen. Jedoch hat die Klägerin in den Jahren 2003 bis 2007 nach Abfluss der Umlagen von den fiktiven Ist-Einnahmen Überschüsse zwischen 76.427,01 € (2006) und 247.797,01 € (2007) erzielt. Zwar waren die Umlagebelastungen in den drei darauffolgenden Jahren (2008 bis 2010) um 4.851,67 €, 68.710,26 € und 115.908,25 € höher als die fiktiven Ist-Einnahmen, jedoch wiesen die Salden zwischen Ist-Einnahmen und Umlagebelastungen in den Jahren 2011 und 2012 wieder positive Salden von 166.898,91 € beziehungsweise 5.146,76 € auf. Da somit die Umlagebelastung in diesen Jahren wiederum geringer als die fiktiven Ist-Einnahmen war, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Klägerin durch die Kreisumlage allein oder im Zusammenwirken mit anderen Umlagen die gesamten Steuereinnahmen auf Dauer entzogen werden. Bestätigt wird dieses Ergebnis dadurch, dass über den hier maßgeblichen Zehnjahresraum der positive Saldo aus fiktiven Ist-Einnahmen und Umlagebelastung sich auf 664.231,72 €, also im Jahresdurchschnitt auf mehr als 66.000,00 € belief.

52

3. Des Weiteren verstößt die Erhebung der Kreisumlage durch den Beklagten nicht gegen den in Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung der Klägerin, weil sie auch im Zusammenwirken mit anderen Umlagen noch nicht zu einer auf Dauer strukturellen Unterfinanzierung der Klägerin führt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssen den Gemeinden mindestens so große Finanzmittel zustehen, dass sie ihre pflichtigen (Fremd- wie Selbstverwaltungs-)Aufgaben ohne (nicht nur vorübergehende) Kreditaufnahme erfüllen können und darüber hinaus noch über eine „freie Spitze“ verfügen, um zusätzliche freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben in einem bescheidenen, aber noch merklichen Umfang wahrzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 8 C 1.12 -, juris Rn. 19). Diesen Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung haben die Landkreis auch im Verhältnis zu den kreisangehörigen Gemeinden und damit bei der Erhebung der Kreisumlage zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 8 C 1.12 -, juris Rn. 13f).

53

a) Bei der Beantwortung der Frage, ob die Klägerin durch die Erhebung der Kreisumlage allein oder im Zusammenwirken mit anderen Umlagen auf Dauer strukturell unterfinanziert ist, ist auf einen Zehnjahreszeitraum abzustellen. Im vorliegenden Fall sind die Jahre 2003 bis 2012 zugrunde zulegen. Wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt [vgl. II. 2. b) aa)], handelt es sich hierbei um einen aussagekräftigen Zeitraum, der im Übrigen auch in § 18 Abs. 4 Nrn. 1 und 2 GemHVO eine normative Bestätigung gefunden hat. Bei der Beurteilung ihrer Finanzsituation ist die Klägerin des Weiteren so zu behandeln, als habe sie die Realsteuern nach den Nivellierungssätzen des § 13 Abs. 2 LFAG erhoben. Dies stellt - wie ebenfalls bereits dargelegt – [vgl. II. 2 a) bb)] keinen Eingriff in die Steuerhoheit der Klägerin dar und ist deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn der Klägerin wird nicht die Festsetzung eines bestimmten Hebesatzes aufgegeben. Sie kann sich lediglich insoweit nicht auf einen Verstoß gegen den Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung berufen, als sie die Realsteuern nach geringeren als den Nivellierungssätzen erhebt. Im Übrigen ist die Steuerhoheit nur im Rahmen der Gesetze verfassungsrechtlich gewährleistet. Deshalb ist die Klägerin gemäß § 94 Abs. 2 Nr. 2 GemO grundsätzlich verpflichtet, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Erträge und Einzahlungen gegebenenfalls durch Steuern zu beschaffen, um so den in § 93 Abs. 4 GemO vorgeschriebenen Haushaltsausgleich zu erreichen.

54

b) Bewertet man die in den Jahren 2003 bis 2012 bei der Klägerin entstandenen „freien Finanzspitzen“, kann der Senat eine auf Dauer vorliegende strukturelle Unterfinanzierung und dadurch einen Verstoß gegen den Anspruch auf finanzielle Mindestausstattung noch nicht feststellen. Nach den von dem Beklagten nicht bestrittenen Angaben der Klägerin bestanden in den genannten Jahren folgende, zum Teil negative „freie Finanzspitzen“:

55

HH-Jahr

2003   

2004   

2005   

2006   

2007   

Freie
Finanzspitze“

73.881,90 €

16.563,17 €

76.727,16 €

14.544,14 €

162.226,29 €

Fiktive
Mehreinnahmen

24.481,99 €

25.994,36 €

32.637,23 €

28.464.03 €

43.635,01 €

56

HH-Jahr

2008   

2009   

2010   

2011   

2012   

Freie
Finanzspitze“

-95.228,09 €

-158.376,94 €

-209.050,48 €

81.191,39 €

-57.429,84 €

Fiktive
Mehreinnahmen

37.220,82 €

31.918,79 €

24.500,34 €

17.939,83 €

12.813,31 €

57

Aus diesen Zahlen folgt, dass die Klägerin in den Jahren 2003 bis 2007 durchweg positive „freie Finanzspitzen“ erzielte, die allerdings in den einzelnen Jahre höchst unterschiedlich waren. Insofern war die Klägerin in diesen Jahren ohne weiteres in der Lage, freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben ohne Kreditaufnahme wahrzunehmen. Im Gegensatz dazu waren die „freien Finanzspitzen“ in den Jahren 2008 bis 2010 und 2012 in bedeutender Höhe negativ, 2011 allerdings wieder deutlich positiv. Über den hier maßgeblichen Zehnjahreszeitraum erzielte die Klägerin per Saldo eine negative „freie Finanzspitze“ von (-) 94.951,30 €. Dieser negative Saldo wäre aber vermieden worden, wenn die Klägerin in dem Beurteilungszeitraum 2003 bis 2012 die Realsteuern, insbesondere die Gewerbesteuern, welche sie aus durchaus verständlichen strukturpolitischen Gründen niedrig hält, mindestens aufgrund der Nivellierungssätze erhoben und dadurch rechnerisch Mehreinnahmen von insgesamt 279.605,71 € erzielte hätte. Selbst wenn man nur auf die fiktiven Mehreinnahmen in den Jahren 2008 bis 2012 abstellt, in denen wegen der ab 2008 auftretenden negativen „freien Finanzspitzen“ spätestens besonderer Handlungsbedarf bestand, wäre der negative Saldo aus den Jahren 2003 bis 2012 (- 94.951,30 €) durch Realsteuermehreinnahmen von 124.393,09 € mehr als ausgeglichen worden. Im Übrigen zeigt das Auftreten einer positiven „freien Finanzspitze“ im Jahre 2011 von immerhin 81.191,84 €, dass von einer auf Dauer strukturellen Unterfinanzierung der Klägerin aufgrund der Umlageerhebungen auch dann nicht ausgegangen werden kann, wenn lediglich die fünf Jahre von 2008 bis 2012 als Beurteilungszeitraum herangezogen werden.

58

Ist demnach unter Berücksichtigung fiktiver Mehreinnahmen bei einer Realsteuererhebung aufgrund der Nivellierungssätze nicht vom Fehlen einer positiven „freien Finanzspitze“ auf Dauer auszugehen, konnte der Senat die zwischen den Beteiligten höchst umstrittene Frage offenlassen, welche Finanzmittel die Klägerin in den maßgeblichen Jahren für die Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben aufgewandt hat. Entsprechendes gilt für die weitere, dem politischen Gestaltungsspielraum der Klägerin unterfallende und deshalb kaum justiziable Frage, ob Art und Umfang der in den „guten Jahren“ wahrgenommenen freien Selbstverwaltungsaufgaben nach der Verschlechterung der Finanzsituation der Klägerin noch angemessen waren.

III.

59

Die Beklagte konnte der Festsetzung des Hebesatzes für die Kreisumlage auch Mittelansätze zugrunde legen, welche sich aus der Wahrnehmung von Aufgaben der Wirtschafts- und Fremdenverkehrsförderung ergeben. Dieser Aufwand betrifft allesamt überörtliche Angelegenheiten, die der Beklagte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 LKO wahrnehmen und über die Kreisumlage finanzieren durfte.

60

1. Der Beklagte ist der flächenmäßig größte und zugleich am dünnsten besiedelte Landkreis in Rheinland-Pfalz. Er hat rund 94.000 Einwohner und besteht aus 235, überwiegend sehr kleinen und wenig leistungsfähigen Gemeinden. Fünf seiner sieben Verbandsgemeinden haben unter 10.000 Einwohner. Vor diesem Hintergrund übersteigen die den beanstandeten Mittelansätzen zugrunde liegenden Aufgaben nach ihrem Zuschnitt und ihren Auswirkungen allesamt den örtlichen Bereich der betreffenden Gemeinden und fallen daher als überörtliche Angelegenheiten jedenfalls auch in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten.

61

2. a) Dies gilt namentlich für die Förderung des Flugplatzes Bitburg, bei dem es sich um einen ehemaligen amerikanischen Militärflughafen handelt, der im Jahre 1994 für die zivile Nutzung frei wurde. Er ist mit 500 ha das größte Konversionsobjekt im Gebiet des Beklagten. Der Flughafen selbst, der über eine 3.000 m lange Start- und Landebahn verfügt, wird von der Flugplatz Bitburg GmbH betrieben. Er sollte nach dem Stand im Jahre 2009 zum Werft-, Fracht- und Regionalflughafen ausgebaut werden. Ihm angegliedert ist ein Gewerbe-, Dienstleistungs- und Freizeitzentrum mit etwa 160 Unternehmen, 1.500 Hotelbetten sowie Anlagen für Urlaub, Sport und Tagungen, welches Arbeitsplätze für rund 1.200 Beschäftigte bietet. In die Infrastruktur des Geländes wurden mehr als 30 Millionen € investiert. Dieses Vorhaben, das als einheitliches Konversionsprojekt auch im vorliegenden Zusammenhang nicht in seine Einzelteile aufgespalten werden kann, geht damit nach seinem sachlichen Zuschnitt und seinen Auswirkungen auf Wirtschaft und Verkehr offenkundig weit über eine Gemeinde wie die Stadt Bitburg mit ihren rund 13.000 Einwohnern hinaus.

62

b) Die Beteiligung des Beklagten an der Flughafen Bitburg GmbH verstößt auch nicht gegen § 57 LKO i.V.m. § 85 Abs. 1 Nr. 3 GemO, wonach ein Landkreis wirtschaftliche Unternehmen nur errichten, übernehmen oder wesentlich erweitern darf, wenn der hiermit verfolgte öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Der Beklagte ist - wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - im Rahmen seines Prognose- und Gestaltungsspielraums in vertretbarer Weise davon ausgegangen, dass sich der Flughafen Bitburg jedenfalls in der „Anschubphase“ ohne eine Beteiligung der öffentlichen Hand und namentliche des Landkreises nicht verwirklichen lassen wird. Private Investoren, die das Projekt auch ohne weitere Beteiligung der öffentlichen Hand hätten umsetzen können und wollen, standen offenbar nicht in ausreichender Zahl und Stärke bereit. Dies entspricht der Erfahrung mit anderen Vorhaben dieser Art.

63

3. Des Weiteren durften die von der Klägerin beanstandeten Ausgaben für die Fremdenverkehrsförderung der Bemessung des Finanzbedarfs des Beklagten zugrunde gelegt werden. Das erklärte Ziel des Beklagten ist es, den ländlich strukturierten Kreis als Freizeit- und Ferienregion, insbesondere für Natururlauber voranzubringen, auch wenn ein einheitliches Konzept der Fremdenverkehrsförderung bislang nicht entwickelt wurde. Zu diesem Zweck habe man sich über die Jahre hinweg immer wieder an sog. „Leuchtturmprojekten“ beteiligt, welche die Anziehungskraft des Gesamtkreises für Urlauber steigern sollten. Hiervon ausgehend und angesichts des kreispolitischen Gestaltungsspielraums bei der Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben sind die in Rede stehenden Maßnahmen der Fremdenverkehrsförderung nicht zu beanstanden.

64

a) Dies gilt jedenfalls für die Beteiligung des Beklagten an dem Lehrpark Teufelsschlucht, dem Gaytal-Park, dem Skigebiet Schwarzer Mann, dem Stausee Bitburg und dem Erholungsgebiet Irsental. Bei diesen Vorhaben handelt es sich um großflächige Naturparks bzw. naturnahe Sport- und Freizeitgebiete, die nach ihrem Zuschnitt und ihren Auswirkungen über das Gebiet und die Leistungskraft einzelner Gemeinden hinausgehen. Sie sind nach Art und Größe geeignet, die Anziehungskraft des Gesamtkreises als Freizeit- und Ferienregion zu steigern, was die Förderung durch den Beklagten rechtfertigt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte die in Rede stehenden Vorhaben nicht in Gänze übernommen hat, sondern sich an ihnen - über Zweckverbände oder Unterstützungsleistungen - in Anlehnung an ihre überörtliche Bedeutung lediglich beteiligt.

65

b) Auch die Beteiligung am Zweckverband Kurcenter Prüm fällt als überörtliche Angelegenheit gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 LKO in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Zwar unterscheidet sich das Kurcenter vom Zuschnitt her nicht mehr wesentlich von einem durchschnittlichen gemeindlichem Hallenbad. Nach seinen Auswirkungen geht es in dem ländlich strukturierten Raum des Beklagten jedoch über den örtlichen Bereich sowohl der Stadt als auch der Verbandsgemeinde Prüm hinaus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht in allen Verbandsgemeinden des Kreises ein Hallenbad vorgehalten wird. Das Kurcenter Prüm dürfte daher in nicht unerheblichem Maße auch Einwohner und Urlauber aus den Nachbargemeinden anziehen. Gleichzeitig trägt es zur Attraktivität des Kreises als Freizeit- und Ferienregion insgesamt bei. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Kurcenter im Rahmen des Schulschwimmens durch mehrere vom Kreis getragene Schulen genutzt wird.

IV.

66

Schließlich greift der Einwand der Klägerin nicht durch, der angefochtene Umlagebescheid sei ermessensfehlerhaft. Gemäß § 58 Abs. 4 LKO erheben die Landkreise jährlich eine Kreisumlage, soweit ihre Finanzmittel den Finanzbedarf nicht decken. Das Gesetz macht den Kreisen die Erhebung der Kreisumlage demnach zur Pflicht. Dabei hängt die Rechtmäßigkeit der Höhe des Umlagesatzes davon ab, ob die Kreisumlage in den Kernbereich der gemeindlichen Finanzausstattung eingreift (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 8 C 1.12 -, juris Rn 25). Dies obliegt der gerichtlichen Überprüfung, ohne dass sich dabei Fragen der Ermessensausübung stellen.

67

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

68

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung.

69

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

70

Beschluss

71

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 305.151,00 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 52 Abs. 3, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz).

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.