Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 11. Okt. 2017 - 3 A 1233/16 HGW

bei uns veröffentlicht am11.10.2017

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 8. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 wird aufgehoben, soweit die Festsetzung den Betrag von 964.363,93 Euro übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 148.354,82 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

3. Der Beklagte trägt 13 v.H. und die Klägerin 87 v.H. der Kosten des Verfahrens.

4. Das Urteil ist wegen der Entscheidung in Ziffer 2 und wegen der Kosten vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu jeweils zu vollstreckenden Betrages vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Verwaltungsgebühren für die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides.

2

Die D. GMBH & CO.KG stellte am 1. Juni 2007 bei dem damals zuständigen Staatlichen Amt für Umwelt und Natur Stralsund (StAUN Stralsund) einen Antrag auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides zur Feststellung der Genehmigungsfähigkeit eines Steinkohlekraftwerkes in Lubmin mit voraussichtlich 3.700 MW Feuerungswärmeleistung (im Folgenden: SKW). Gegenstand des beantragten Vorbescheides waren die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit und der Standort des Gesamtvorhabens. Zugleich beantragte D. GMBH & CO.KG die Erteilung einer ersten immissionsschutzrechtlichen Teilgenehmigung für das SKW. Die Anträge gingen am 4. Juni 2007 beim StAUN Stralsund ein.

3

Aufgrund der Anträge fand im Zeitraum vom 28. Oktober 2008 bis zum 26. November 2008 ein öffentlicher Erörterungstermin mit 15 Verhandlungstagen statt.

4

Ende 2009 entschied sich der Anteilseigner der D. GMBH & CO.KG zum Rückzug aus dem Projekt.

5

Im Frühjahr 2010 wurde D. GMBH & CO.KG in die „K. GmbH & Co. KG“ umbenannt. Ihr gegenüber erließ das StAUN Stralsund bezüglich des Vorbescheidsverfahrens und des ersten Teilgenehmigungsverfahrens am 28. Juni 2010 einen Kostenbescheid über Vorschüsse von 50 % der vollen Gebührensumme gemäß der Immissionsschutz-Kostenverordnung vom 9. September 2002, d.h. in Höhe von 14.015,95 Euro sowie einen Kostenbescheid für Auslagen und Vorschüsse für Auslagen in Höhe von 4.440,08 Euro.

6

Die K. GmbH & Co. KG trat mit Datum vom 30. Juli 2010 alle Rechte und Pflichten aus den bisherigen Genehmigungs- und Zulassungsverfahren für das SKW, einschließlich der Erteilung des Vorbescheides und der ersten Teilgenehmigung, an die Klägerin ab. Dies teilte die Klägerin dem Beklagten als nunmehr zuständiger Behörde mit und informierte ihn darüber, dass im Zuge der Fortführung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens beabsichtigt sei, einen Energieträgerwechsel von Steinkohle auf Erdgas vorzunehmen.

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Mit Schreiben vom 8. Dezember 2010 forderte der Beklagte die Klägerin auf, für die beantragte Teilgenehmigung und den Vorbescheid bis zum 31. März 2011 überarbeitete Unterlagen einzureichen.

8

Mit Schreiben vom 31. März 2011 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides nach § 9 BImSchG in geänderter Fassung bei dem Beklagten. Den Antrag auf Erteilung der ersten Teilgenehmigung nahm die Klägerin zurück.

9

In der Folgezeit forderte der Beklagte die Klägerin mehrfach zur Nachbesserung der Unterlage auf, dem die Klägerin durch ergänzende Fachgutachten und die Überarbeitung der sonstigen Antragsunterlagen nachkam.

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Mit Schreiben vom 22. August 2012 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die vorliegenden Unterlagen für die Eröffnung des Verfahrens geeignet seien. Allerdings sollte gemeinsam überlegt werden, ob eine formale Neubeantragung unter gleichzeitiger Rücknahme der bestehenden Anträge eine für beide Seiten vorteilhafte, beschleunigende und auch bereinigende Wirkung hätte. Die Klägerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 6. September 2012 mit, dass der Vorschlag des Beklagten vor dem Hintergrund überraschen würde, dass gemeinsam für die Fortführung des Verfahrens entschieden worden sei. Gegen den Vorschlag würde die sparsame und wirtschaftliche Verwendung von Haushaltsmitteln sprechen. Eine Neubeantragung sei mit weiteren, nicht unerheblichen Kosten verbunden. Mit Schreiben vom 20. September 2012 bestätigte der Beklagte der Klägerin die formelle Vollständigkeit der Antragsunterlagen für das inzwischen umbenannte Projekt „Gas- und Dampfturbinenkraftwerk Lubmin III“ (GuD Lubmin III). Des Weiteren kündigte der Beklagte die Einleitung des zu koordinierenden Genehmigungsverfahrens, beginnend mit der Behörden- und Verbandsbeteiligung an.

11

Am 19. Dezember 2012 machte der Beklagte das Vorhaben nach § 10 Abs. 3 und 9 BImSchG i.V.m. § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV öffentlich bekannt. Vom 27. Mai 2013 bis einschließlich 6. Juni 2013 fand der Erörterungstermin für das GuD Lubmin III statt. Hierbei ließ sich der Beklagte von einem externen Verhandlungsführer unterstützen und stellte der Klägerin die Auslagen dafür in Rechnung, die diese beglich. Dies gilt auch für die Unterstützung eines externen naturschutzrechtlichen Behördensachverständigen. Auch die diesbezüglichen Auslagen in Höhe von 262.479,82 Euro trug die Klägerin.

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Mit Schreiben vom 13. März 2015 nahm die Klägerin sämtliche bei dem Beklagten gestellten Genehmigungs- und Zulassungsanträge zurück.

13

Mit Bescheid vom 8. März 2016 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin Gebühren für das immissionsschutzrechtliche Vorbescheidsverfahren zur Errichtung und zum Betrieb eines Gas- und Dampfturbinenkraftwerkes in Lubmin in Höhe von 1.112.718,75 Euro fest. Gebühren für das immissionsschutzrechtliche Vorbescheidsverfahren zur Errichtung eines Steinkohlekraftwerkes sind in der Festsetzung nicht enthalten. Dem kam die Klägerin am 7. April 2016 nach. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2016 zurück.

14

Die Klägerin hat am 14. Juli 2016 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie an:

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Der Beklagte habe bei der Festsetzung der Gebühren zu Unrecht die Immissionsschutz-Kostenverordnung vom 26. Oktober 2010 (ImmSchKostVO M-V 2010) zugrunde gelegt. Richtigerweise hätte die Immissionsschutz-Kostenverordnung vom 9. September 2002 (ImmSchKostVO M-V 2002) zur Anwendung kommen müssen. Denn infolge des Energieträgerwechsels von Steinkohle auf Erdgas und des entsprechenden Änderungsantrags sei weder ein neues immissionsschutzrechtliches Verfahren in Gang gesetzt worden noch ein neues gebührenrechtliches Verfahren. Der Beklagte habe das Verfahren für das SKW ausdrücklich und unmissverständlich fortgeführt. Der Änderungsantrag der Klägerin vom 31. März 2011 sei von dem Beklagten nicht als förmliche Neubeantragung eines Vorbescheides für ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk angesehen und behandelt worden. Damit komme es auch nicht zwingend darauf an, ob rechtlich ein neues Genehmigungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen.

16

Selbst wenn die ImmSchKostVO 2010 zur Anwendung komme, habe der Beklagte einen zu hohen Herstellungswert der Anlage zugrunde gelegt und weitere Fehler bei der Gebührenfestsetzung gemacht. Der Herstellungswert der Anlage wäre mit ca. 130 bis 150 Millionen Euro zu veranlagen. Die von der Klägerin im Zeitpunkt des Änderungsantrages vorläufig genannten „voraussichtlichen Gesamtkosten des Vorhabens“ von einer Milliarde Euro entsprächen nicht dem voraussichtlichen Herstellungswert im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragsrücknahme. Denn die Errichtung eines GuD-Kraftwerks in der ursprünglich geplanten Dimensionierung von 1.800 MW sei im Zeitpunkt der Antragsrücknahme aufgrund der aktuellen Marktsituation nicht realistisch gewesen, sondern eher noch die Kosten für ein Reservekraftwerk mit einfachen Gasturbinen mit 400 MW.

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Fehlerhaft sei die konkrete Gebührenfestsetzung innerhalb des Gebührenrahmens der Geb.Nr. 201.3 ImmSchKostVO M-V 2010 von maximal möglichen 50 %. Der Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, dass der nicht als Auslage berechnungsfähige Verwaltungsaufwand den maximal zulässigen Gebührenrahmen rechtfertige. Weiterhin sei eine Ermäßigung des Zuschlags für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß Geb.Nr. 201.4.3 b ImmSchKostVO M-V 2010 anzusetzen. Auch die angesetzte Ermäßigung der Gebühren bei Beauftragung eines Sachverständigen zur Beschleunigung des Verfahrens nach § 13 Abs. 1 Satz 4 der 9. BImSchV gemäß Geb.Nr. 201.4.6 sei nicht ausreichend begründet und zu niedrig angesetzt.

18

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergebe sich aus § 21 Abs. 1 VwKostG M-V.

19

Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 8. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 aufzuheben;

21

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.112.718,75 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

22

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung führt er an, dass es sich bei dem Vorbescheidsantrag am 31. März 2011 um einen neuen Antrag gehandelt habe, so dass die ImmSchKostVO 2010 anwendbar sei. Dies ergebe sich aus der Auslegung der Verfahrenserklärungen der Klägerin. Der Wunsch der Klägerin, das neu einzuleitende Verfahren für das GuD III als Fortführung der bisherigen Anträge des Vorhabens SKW aufzufassen, stehe nicht in Einklang mit den Verfahrensvorschriften des § 10 BImSchG sowie der 9. BImSchV für das förmliche Verwaltungsverfahren. Im Falle von Änderungen nach Erteilung des Vorbescheides sehe § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV regelmäßig lediglich eine zusätzliche Bekanntmachung und Auslegung vor, von der unter bestimmten Voraussetzungen abgesehen werden könne. Eine Rückkehr zur förmlichen Prüfung der Vollständigkeit gemäß § 7 der 9. BImSchV sei nicht vorgesehen. Auf dieses Änderungsverfahren sei der Sache nach nicht zurückgegriffen worden. Grundsätzlich sei daher die Einreichung neuer, wesentlich geänderten Antragsunterlagen als Neuantrag auszulegen, ggf. verbunden mit der Rücknahme des früheren Antrags. Dies gelte insbesondere dann, wenn ein förmliches Verwaltungsverfahren insgesamt neu „aufgerollt“ werde.

25

Zu berücksichtigen sei auch die fehlende sachliche Identität des Vorhabens. Die Umstellung auf den Energieträger Erdgas habe ein neues abweichendes Kraftwerkskonzept erfordert. Auf die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze zur Frage, wann von einer Planänderung eines Vorhabens gesprochen werden könne, sei zurückzugreifen (vgl. § 73 Abs. 8 VwVfG). Maßgeblich sei, ob das Gesamtkonzept der Planung berührt sei bzw. ob sie die Identität des Vorhabens wahre. Die Änderungen dürften nicht zu einem Vorhaben führen, das nach Gegenstand, Art, Größe und Betriebsweise im Wesentlichen andersartig sei. Andernfalls sei ein vollständiges Anhörungsverfahren mit Planauslegung für das neue Vorhaben durchzuführen.

26

Selbst bei Fortführung des ursprünglichen Verfahrens wäre vorliegend die ImmSchKostVO 2010 anwendbar. Für die Frage des anwendbaren Kostenrechts sei der Fälligkeitszeitpunkt der Kosten maßgeblich. Dieser Grundsatz gelte auch für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren. Fällig seien die Gebühren nach § 17 VwKostG M-V mit der Bekanntgabe des Kostenbescheides. Die Klägerin musste daher damit rechnen, dass mit ihrer Antragstellung „angemessene“ Gebühren im Sinne des § 3 VwKostG M-V entstehen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

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1. Der Bescheid vom 8. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 ist rechtswidrig, soweit die Festsetzung den Betrag von 964.363,93 Euro übersteigt; insoweit verletzt er die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Im Übrigen ist er rechtmäßig.

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Der Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in den §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungskostengesetz (VwKostG M-V) i.V.m. § 1 der Kostenverordnung für Amtshandlungen beim Vollzug der Immissionsschutzgesetze und ihre Durchführungsverordnungen (Immissionsschutz-Kostenverordnung – ImmSchKostVO M-V) vom 26. Oktober 2010. Danach werden für Amtshandlungen beim Vollzug der Immissionsschutzgesetze und ihrer Durchführungsverordnungen Gebühren erhoben. Die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren ergeben sich aus dem anliegenden Gebührenverzeichnis, das Bestandteil der Verordnung ist.

31

a. An der Wirksamkeit der Immissionsschutz-Kostenverordnung bestehen keine Zweifel. Keine Bedenken bestehen an der Neuregelung der Gebührennummer 201.3. Danach orientiert sich die Gebühr für die Erteilung eines Vorbescheides an dem Herstellungswert der Anlage und sieht nicht mehr lediglich einen Gebührenrahmen von 300 bis 12.500 Euro vor, wie noch in der Immissionsschutz-Kostenverordnung vom 9. September 2002. Der Verordnungsgeber hat bei der Bemessung der Gebühren einen weiten Spielraum, soweit er sich im Rahmen der Vorschriften der §§ 3 und 6 VwKostG M-V hält (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 VwKostG M-V). Danach sind die Gebührensätze so zu bemessen, dass zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung für den Kostenschuldner ein angemessenes Verhältnis besteht (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VwKostG M-V). Die Anknüpfung an den Herstellungswert ist ein geeignetes Kriterium für die Ermittlung einer Verwaltungsgebühr, da die Bedeutung und der wirtschaftliche Wert berücksichtigt werden. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand ist dagegen bei der Festlegung des Prozentsatzes von der Gebühr nach Nummer 200 oder 201.1 zu berücksichtigen. Indem für den Vorbescheid eine Gebühr nur in Höhe von 20 bis 50 v.H. der Gebühr für eine Genehmigung festgesetzt werden kann, hat der Verordnungsgeber dem geringeren wirtschaftlichen Wert eines Vorbescheides Rechnung getragen, der eben keine Zulassungswirkung wie eine Genehmigung entfaltet. Dass er damit nicht mehr an der vergleichsweisen geringen Rahmengebühr festhält, wie noch in der Immissionsschutz-Kostenverordnung vom 9. September 2002 vorgesehen, obliegt seiner Entscheidung.

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b. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin findet die Immissionsschutz-Kostenverordnung vom 26. Oktober 2010 Anwendung, da die Gebührenschuld mit Eingang des geänderten Antrages vom 31. März 2011 bei dem Beklagten und somit unter Geltung dieser Immissionsschutz-Kostenverordnung entstanden ist.

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aa. Gemäß § 11 Abs. 1 VwKostG M-V entsteht die Gebührenschuld, sobald ein Antrag notwendig ist, mit dessen Eingang bei der zuständigen Behörde, im Übrigen mit der Beendigung der gebührenpflichtigen Amtshandlung. Hinsichtlich der Entstehung der Gebührenschuld unterscheidet die Regelung zwischen zwei Arten von Amtshandlungen: die antragsgebundenen und die übrigen Amtshandlungen. Für erstere - nur um diese geht es hier - legt § 11 Abs. 1 1. Alt. VwKostG M-V den Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenpflicht zwingend auf den Zeitpunkt der Antragstellung bei der zuständigen Behörde fest. Ist eine bestimmte Tarifstelle für die mit dem Antrag begehrte Amtshandlung normiert, ist damit die Gebührenschuld dem Grunde nach und, soweit in der jeweiligen Tarifstelle bestimmte Gebührensätze, Gebührenrahmen oder Festgebühren festgelegt sind, die Gebühr auch der Höhe nach in dem jeweils festgelegten Umfang (Rahmen, Satz, Festbetrag) entstanden, so dass nachträgliche Rechtsänderungen grundsätzlich keinen Einfluss auf diese Faktoren haben, auch wenn die Amtshandlung unter der Geltung des neuen Rechts erst beendet wird (vgl. OVG Münster, Urt. v. 24.06.1998 – 9 A 2976/97 –, juris Rn. 31). Der Einwand des Beklagten, entscheidend sei die Rechtslage im Fälligkeitspunkt, überzeugt vor diesem Hintergrund nicht. Die Bestimmung der Fälligkeit sagt nichts über das Entstehen der Gebührenschuld und die dafür maßgebliche Rechtslage aus.

34

Vorliegend sind die Gebühren für einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid streitig. Für das Vorbescheidsverfahren ist ein Antrag notwendig, §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 9 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Die Gebührenschuld entsteht damit grundsätzlich mit der Antragstellung bei der zuständigen Behörde.

35

bb. Maßgeblich für die Entstehung der hier strittigen Gebührenschuld ist der Antrag der Klägerin auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides zur Feststellung der Genehmigungsfähigkeit eines Gas- und Dampfturbinenkraftwerkes vom 31. März 2011 und nicht der mit Schreiben vom 1. Juni 2007 bei der damals zuständigen Behörde eingereichte Antrag auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides zur Feststellung der Genehmigungsfähigkeit eines Steinkohlekraftwerkes. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

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§ 11 Abs. 1 VwKostG M-V bestimmt, dass die Gebührenschuld mit Antragstellung entsteht. Entscheidend ist somit, ob nach dem jeweiligen materiellen Recht ein Antrag notwendig ist, um eine gebührenpflichtige Amtshandlung im Sinne des Gesetzes und der einschlägigen Kostenverordnungen auszulösen. Insoweit ist das gebührenrechtliche Verfahren akzessorisch zum zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass mit dem Antrag der Klägerin vom 31. März 2011 ein neues Verfahren auf Erteilung eines Vorbescheides für ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk eingeleitet und somit das ursprüngliche Verfahren auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für ein Steinkohlekraftwerk gerade nicht fortgeführt wurde. Denn der Vorhabens- und Energieträgerwechsel von einem Steinkohlekraftwerk zu einem Gas- und Dampfturbinenkraftwerk stellt eine wesentliche Änderung des Vorhabens dar, so dass ein neues Vorbescheidsverfahren notwendig war.

37

Dabei enthält weder das Bundesimmissionsschutzgesetz noch die 9. Bundesimmissionsschutzverordnung (9. BImSchV) eine ausdrückliche Regelung, wann die Notwendigkeit eines „neuen“ Antrages auf Erteilung eines Vorbescheides besteht und wann lediglich ein geänderter Antrag vorliegt, dessen Bearbeitung im Rahmen des laufenden Verfahrens erfolgen kann. § 8 Abs. 2 9. BImSchV ist allerdings zu entnehmen, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, während eines Genehmigungsverfahrens und auch während eines Vorbescheidsverfahrens das Vorhaben zu „ändern“. Die Norm regelt, wann in diesen Fällen eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit (§ 8 Abs. 2 Satz 1 und 3 9.BImSchV) entbehrlich bzw. wann eine Beteiligung der Öffentlichkeit lediglich bezogen auf die vorgesehenen Änderungen erforderlich ist (§ 8 Abs. 2 Satz 4a 9.BImSchV). Erfolgt somit eine Änderung während eines Genehmigungs- bzw. Vorbescheidsverfahrens, kann es erforderlich sein, die auf die Änderung bezogenen Unterlagen auszulegen. Dazu können auch die von der Änderung nicht betroffenen Teile der Anlage oder sonstige unveränderte Umstände zählen, wenn dies zum Verständnis der Änderung und ihrer Auswirkungen notwendig ist. Denn der bereits abgeschlossene Verfahrensabschnitt „Auslegung der Unterlagen“ wird durch die Änderung nicht hinfällig, sondern nur ergänzungsbedürftig (Czajak in: Feldhaus, BImSchG, Kommentar, März 2007, 9. BImSchV § 8, B 2.9, Rn. 38). Im Falle einer zusätzlichen Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 8 Abs. 2 Satz 4 9. BImSchV sind damit auch die Einwendungsmöglichkeiten und die Erörterung auf die vorgesehenen Änderungen beschränkt.

38

Die Bestimmung des § 8 Abs. 2 9.BImSchV ist jedoch im Genehmigungsverfahren nicht anzuwenden, wenn eine „wesentliche Änderung“ der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebes einer bestehenden genehmigungsbedürftigen Anlage einer erneuten Genehmigung nach § 16 Abs. 1 BImSchG bedarf (Dietlein in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar IV, § 8 9.BImSchV 2.9 Rn. 7). Denn in diesen Fällen wird stets eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit und Auslegung aller Unterlagen notwendig sein, so dass ein Rückgriff auf abgeschlossene Verfahrensschritte und damit der Regelung des § 8 Abs. 2 9. BImSchV ausgeschlossen ist. Diese Grundsätze sind nach Ansicht der Kammer auf das Vorbescheidsverfahren zu übertragen. Zur Klärung der Frage, wann ein „neuer“ Antrag im Vorbescheidsverfahren erforderlich ist und wann lediglich von einem geänderten Antrag im Sinne des § 8 Abs. 2 9. BImSchV gesprochen werden kann, ist daher auf die zu § 16 BImSchG entwickelten Kriterien zurückzugreifen. Ergibt sich somit aus den mit dem geänderten Antrag eingereichten Unterlagen auf Erteilung des Vorbescheides, dass diese eine „wesentliche Änderung“ der ursprünglich beantragten Anlage darstellen, so ist von einem neuen und nicht von einem geänderten Antrag auszugehen. Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn die eingereichten geänderten Unterlage die Durchführung des immissionsschutzrechtlichen Verwaltungsverfahrens von Beginn an erfordern und es eben nicht ausreichend wäre, nur die „geänderten“ Unterlagen auszulegen. Vorliegend – und dies dürfte zwischen den Beteiligten unstreitig sein – führte der Wechsel des Brennstoffträgers dazu, dass – so die Klägerin in ihrem Begleitschreiben zu dem Antrag vom 31. März 2011 – „wesentliche Teile der Antragsunterlagen zu überarbeiten waren“. Die Klägerin bat daher „um Prüfung der Unterlagen und um Einleitung der nach § 10 BImSchG i.V.m. der Verordnung über das Genehmigungsverfahren (9. BImSchV)“ erforderlichen Schritte. Die nahezu vollständige Überarbeitung der Antragsunterlagen machte deren erneute und komplette Offenlegung gemäß § 10 Abs. 3 BImSchG sowie die Durchführung eines die gesamten Antragsunterlagen einbeziehenden neuen Erörterungstermins nach § 10 Abs. 4 Nr. 3 BImSchG erforderlich. Denn neben der Lage des Betriebes, für den nur noch ein Teil der ursprünglich benannten Flurstücke benötigt wurden, hat sich durch den neuen Energieträger auch die Beschaffenheit der Anlage geändert. Zwar sind beide Anlagen nach § 4 BImSchG i.V.m. § 1 der 4. BImSchV, Nr. 1.1 Spalte 1 des Anhangs genehmigungsbedürftige Anlagen. Allerdings sind sie von ihren konstruktiven Merkmalen, d.h. im Hinblick auf die Ausrüstung, Anordnung der einzelnen Anlagenteile, verwendeten Werkstoffe, technischen Anforderungen sowie der Emissionsgrenzwerte so verschieden, dass von einer wesentlichen Änderung gesprochen werden muss. Deutlich zeigt sich dies auch mit der Umstellung von einem Steinkohlekraftwerk mit zwei Blöcken zu einem Gas- und Dampfturbinenkraftwerk mit drei Blöcken. Darüber hinaus liegt damit auch eine Änderung des Betriebs vor.

39

Die vorliegende Fallgestaltung ist daher mit einer „wesentlichen Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage“ i.S. von § 16 BImSchG vergleichbar. Wäre die hier vorgesehene Änderung erst nach Erteilung einer Teilgenehmigung eingetreten, hätte ein Antrag auf Erteilung einer ergänzenden Genehmigung gestellt werden müssen. In der Folgezeit hat der Beklagte dann auch das Verwaltungsverfahren für die Erteilung eines Vorbescheides von Beginn an durchgeführt. Nach Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen (§ 7 9.BImSchV) erfolgte die öffentliche Bekanntmachung (§ 10 Abs. 3 und 9 BImSchG) und später der Erörterungstermin (vgl. Zeitplan nach der Beratung am 26. März 2012, GA Bl. 178).

40

Dass die Klägerin den Antrag aus dem Jahr 2011 stets als „geänderten“ Antrag bezeichnet hat, mit dem ihrer Ansicht nach der ursprüngliche Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides aus dem Jahr 2007 lediglich „modifiziert“ und das Verfahren fortgeführt werden sollte, ändert nichts an der Tatsache, dass objektiv ein neuer Antrag mit entsprechenden gebührenrechtlichen Folgen vorlag. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung selbst dargelegt, dass es nach dem Rückzug der Anteilseigner der D. GMBH & CO.KG aus dem Projekt „Steinkohlekraftwerk“ und der Abtretung aller Rechte und Pflichten von der K. GmbH & Co. KG an die Klägerin im Jahr 2010 zahlreiche Gespräche zwischen den Beteiligten und dem Land gegeben hat, um zu klären, ob und wie das Projekt Steinkohlekraftwerk „gesichtswahrend“ fortgeführt werden kann, um den Energiestandort Lubmin zu entwickeln und diesem nicht zu schaden. Angesichts dessen seien sich die Beteiligten einig gewesen, aus politischen Gründen das laufende Vorbescheidsverfahren fortzuführen und von einem neuen – formalen – Antrag abzusehen. Dem entsprechend hat der Beklagte in seinem Schreiben vom 20. September 2012 ausgeführt, dass er das Antragsverfahren „wunschgemäß“ im Sinne der Klägerin „weiterführt“, obwohl er zuvor mit Schreiben vom 22. August 2012 zum Ausdruck gebracht hatte, dass er eine Neubeantragung für geboten halte. Bei der Frage, ob und wann die Gebührenschuld nach § 11 VwKostG M-V entsteht, kommt es nach Ansicht der Kammer entscheidungserheblich darauf an, ob für das - weitere - immissionsschutzrechtliche Verfahren objektiv ein Antrag notwendig war und somit ein „neues“ Verfahren eingeleitet wurde und nicht darauf, wie die Beteiligten dies regeln wollten. Denn dies steht nicht zu deren Disposition. Das Verhalten der Beteiligten ist gegebenenfalls bei der Frage der Durchsetzbarkeit des gebührenrechtlichen Anspruchs zu berücksichtigen.

41

c. Zutreffend berechnet der Beklagte damit die Gebühren nach der Immissionsschutz-Kostenverordnung vom 26. Oktober 2010. Die konkrete Gebührenberechnung des Beklagten ist bis auf die fehlerhafte Festsetzung der Ermäßigung gemäß Gebührennummer 201.4.6 (Ermäßigung bei Beauftragung eines Sachverständigen zur Beschleunigung des Verfahrens nach § 13 Abs. 1 Satz 4 9. BImSchV) nicht zu beanstanden.

42

aa. Die Erhebung der Gebühr für den Vorbescheid ist rechtmäßig. Die Gebühr beträgt, wie vom Beklagten angegeben, bei einem Herstellungswert von 1 Mrd. Euro 1.141.250 Euro.

43

Maßgeblich für die Erteilung eines Vorbescheides ist die Gebührennummer 201.3. Danach beträgt die Gebühr 20 bis 50 v.H. der Gebühr nach Nr. 200 oder 201.1, mindestens jedoch 300 Euro. Entscheidend für die Gebühr ist der Herstellungswert (vgl. Gebührennummer 200). Soweit die Gebühr nach dem Herstellungswert zu berechnen ist, sind die Kosten jener Lieferungen und Leistungen zu Grunde zu legen, die im Zeitpunkt der Genehmigung für die Herstellung bis zur Schlussabnahme erforderlich erscheinen (vgl. Gebührennummer 100). Maßgeblich für den Herstellungswert ist demnach der Zeitpunkt der Genehmigung. Im Falle der Antragsrücknahme ist die Vorschrift dahingehend zu verstehen, dass dieser Zeitpunkt maßgeblich sein soll. Eine Änderung des Herstellungswertes im Vergleich zu den Angaben bei Antragstellung ist daher möglich.

44

Allerdings hat die Klägerin einen anderen Herstellungswert als bei Antragstellung nicht substantiiert geltend gemacht. Die Klägerin hat bei Antragstellung einen Herstellungswert von 1 Mrd. Euro bei einer geplanten Leistung von 3450 MW angegeben. Auf dieser Grundlage wurde die beantragte Anlage auf ihre immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit geprüft. Geänderte Antragsunterlagen hat die Klägerin bis zur Rücknahme des Antrages nicht eingereicht. Die Klägerin hat den Beklagten auch nicht im laufenden Verwaltungsverfahren darüber unterrichtet, dass sie an der geplanten Anlage in dieser Dimension nicht mehr festhalte. Soweit sie nunmehr, d.h. nach Antragsrücknahme vorträgt, angesichts der Marktentwicklung sei derzeit allenfalls noch ein Reservekraftwerk mit Herstellungskosten von 130- bis 150 Mill. Euro und einer einfachen Gasturbine mit 400 MW wirtschaftlich zu betreiben, spiegelt sich dies in keiner Weise im Verwaltungsverfahren wieder. Der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit lagen bis zuletzt die bei Antragstellung mitgeteilten Leistungswerte zugrunde, für die die Klägerin einen Herstellungswert von 1 Mrd. Euro angegeben hat. Im Übrigen steht dieser Vortrag im Widerspruch zu den eigenen Ausführungen der Klägerin. Die Klägerin hat – auch in der mündlichen Verhandlung noch – vorgetragen, dass der Vorbescheid für die Anlage von vornherein darauf ausgelegt gewesen sei, einen (möglichst umfassenden) Rahmen für ein Kraftwerksprojekt zu schaffen; die konkrete Dimensionierung der Anlage sollte dann durch einen Investor erfolgen. Demnach wollte die Klägerin bis zuletzt an der beantragten Anlage festhalten, um möglichen Investoren alle Optionen offen zu halten.

45

Soweit der Beklagte 50 v.H. der Gebühr angesetzt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Sind Rahmensätze für die Verwaltungsgebühr, wie vorliegend der Fall, vorgesehen, so sind bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall zu berücksichtigen, der mit Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, soweit Aufwendungen nicht als Auslagen gesondert berechnet werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG M-V) und die Bedeutung der Sache für den Gebührenschuldner (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG M-V). Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat der Beklagte im Rahmen des Widerspruchsbescheides nachvollziehbar dargestellt, warum die Festsetzung von 50 v.H. der Gebühr gerechtfertigt ist. Er hat ausgeführt, dass der Verwaltungsaufwand, der nicht als Auslage berechnungsfähig ist, bei diesem Großprojekt enorm hoch war. Allein im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung seien über 6.500 Einwendungen sachlich auszuwerten gewesen und der Erörterungstermin über vier Wochen sei mit 20 Mitarbeitern sowie zusätzlichen externen Fachkräften durchgeführt worden. Dass die Realisierung des Projektes, wie von der Klägerin ausgeführt, daneben auch im Interesse des Landes Mecklenburg-Vorpommern gestanden habe, mag zutreffend sein. Auf die Festsetzung der Gebühr im Einzelfall hat dies jedoch nach den gesetzlichen Vorgaben des § 9 VwKostG M-V keinen Einfluss.

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bb. Die Erhebung eines Zuschlages für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung i.H.v. 342.375 Euro findet seine Rechtsgrundlage in der Gebührennummer 201.4.2. Die Entscheidung des Beklagten, eine Ermäßigung des Zuschlags nach der Gebührennummer 201.4.3 nicht vorzunehmen, ist rechtmäßig. Nach dieser Norm kann eine Ermäßigung des Zuschlags für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung in Höhe von 30 bis 50 v.H. gewährt werden, sofern nach vorausgegangenem Bebauungsplan mit UVP (vgl. § 17 Satz 3 UVPG) der Umfang der Prüfung deshalb beschränkt werden kann. Damit führt nicht allein schon das Vorliegen eines Bebauungsplanes, bei dessen Erstellung eine UVP durchgeführt wurde, zu einer Ermäßigung des Zuschlags, sondern nur dann, wenn aufgrund dessen auch der Umfang der Prüfung beschränkt werden kann.

47

Die Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Zwar wurde das Bebauungsplanverfahren „Industrie- und Gewerbegebiet Lubminer Heide“ mit UVP unstreitig durchgeführt. Allerdings hat der Beklagte dargelegt, dass eine Ermäßigung gleichwohl nicht in Betracht komme, weil der Umfang der Prüfung der Umweltverträglichkeit infolge mehrfacher Ergänzungen der Antragsunterlagen nicht beschränkt werden konnte. Er habe sich im Laufe des Verfahrens vielmehr erheblich ausgeweitet. Die Umweltverträglichkeitsprüfung des Bebauungsplanes habe eine deutlich geringere Prüfungsdichte und andere Schwerpunkte aufgewiesen. Vor dem Hintergrund, dass mit dem Bebauungsplan „Industrie- und Gewerbegebiet Lubminer Heide“ ganz allgemein eine gewerbliche und industrielle Nutzung für das Plangebiet festgesetzt wurde, ohne dass es sich um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan, etwa für ein Kraftwerksobjekt, handelt, erscheint dies nachvollziehbar. Auch die Klägerin hat dem nicht substantiiert widersprochen. Sie hat ohne nähere Darlegung lediglich angeführt, dass der Umfang der nunmehr durchzuführenden UVP zumindest hinsichtlich der Bestandsaufnahme beschränkt werden konnte.

48

cc. Der Zuschlag für die Durchführung einer FFH Verträglichkeitsprüfung gemäß Gebührennummer 201.4.7 b ist nicht zu beanstanden und wird auch durch die Klägerin nicht gerügt, so dass von weiteren Darlegungen abgesehen wird.

49

dd. Ermessensfehlerhaft ist jedoch die Entscheidung des Beklagten, eine Ermäßigung gemäß Gebührennummer 201.4.6 bei der Beauftragung eines Sachverständigen zur Beschleunigung des Verfahrens nach § 13 Abs. 1 Satz 5 9. BImSchV nur in Höhe von 10 v.H. vorzunehmen. Nach dieser Gebührennummer kann eine Ermäßigung der Gebühren nach den Nummern 200 bis 201.3 von 10 bis 30 v.H. vorgenommen werden, höchstens bis zur Höhe der Auslagen für den Sachverständigen. Voraussetzung der Ermäßigung ist, dass der Beauftragte zur Beschleunigung des Verfahrens eingesetzt wurde gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 9. BImSchV. Nach dieser Norm können Sachverständige darüber hinaus mit Einwilligung des Antragstellers herangezogen werden, wenn zu erwarten ist, dass hierdurch das Genehmigungsverfahren beschleunigt wird.

50

Die Voraussetzungen des Ermäßigungstatbestandes liegen vor. Die Beauftragung des Sachverständigen Prof. Dr. Klaus Neumann erfolgte mit Einwilligung der Klägerin zur Beschleunigung des Verfahrens. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 13. August 2010, mit dem sie ihr Einverständnis zur Beauftragung eines Sachverständigen zur Durchführung und Beschleunigung des Verfahrens erklärte. Dass diese Einwilligung vor der Einreichung der Änderung des Antrages im März 2011 abgegeben wurde, ist unschädlich. Denn erkennbar sind die Beteiligten davon ausgegangen, dass diese Einwilligung auch für das geänderte Verfahren fortgelten soll.

51

Die Begründung des Beklagten ist jedoch ermessensfehlerhaft. Sie trägt nicht die Annahme, die Gebühr nach Nr. 201.3 sei nur in Höhe von 10 v.H. zu reduzieren. Der Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Tätigkeit des Sachverständigen nur zu 1/3 einen beschleunigenden Effekt hatte. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass ein Sachverständiger sowohl nach § 13 Abs. 1 Satz 1 9. BImSchV zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen als auch nach § 13 Abs. 1 Satz 4 9.BImSchV zur Beschleunigung des Verfahrens eingesetzt werden kann. Der Beklagte hat in seinem Bescheid angeführt, dass die beschleunigenden Effekte bei der Vorbereitung und Durchführung der Erörterung mit etwa 1/3 im Verhältnis zu dem weitaus höheren naturschutzrechtlichen Prüfaufwand mit etwa 2/3 der Gesamtleistung des Gutachters zu sehen seien. Auf Nachfrage des Gerichtes in der mündlichen Verhandlung konnte der Beklagte die Gründe für diese Aufteilung nicht nachvollziehbar darlegen. Soweit er sich auf Erfahrungswerte beruft und angeführt hat, dies sei abzuschätzen gewesen, da die Trennung schwierig sei, ist dies nicht ausreichend. Darüber hinaus hat er auch selbst eingeräumt, dass der Einsatz des Sachverständigen der Beschleunigung des Verfahrens diente. Nach Ansicht der Kammer ist daher nicht auszuschließen, dass auch der Einsatz des Sachverständigen im Bereich der naturschutzrechtlichen Prüfung der Beschleunigung des Verfahrens diente. Denn auch diese Tätigkeit führte zu einer Entlastung der Behörde, so dass die frei gewordenen Kapazitäten anderweitig bei dem Verfahren eingesetzt und damit im Ergebnis eine Beschleunigung des Verfahrens erreicht werden konnte.

52

Da die Festsetzung der Gebühr aufgrund des bestehenden Gebührenrahmens im Ermessen des Beklagten steht, war der Bescheid in Höhe der maximal möglichen Ermäßigung aufzuheben. Denn es ist unklar, wie der Beklagte das ihm zustehende Ermessen unter Beachtung der hier dargelegten Gründe ausüben wird. Demnach kann grundsätzlich die Ermäßigung der Gebühr nach Nr. 201.4.6 bis 30 v.H. der Gebühr nach 201.3 und somit 342.375 Euro betragen. Dies liegt allerdings über dem Betrag für die Auslagen für den Sachverständigen in Höhe von 262.479,82 Euro. Da die Ermäßigung der Gebühr höchstens bis zur Höhe der Auslagen für den Sachverständigen vorgenommen werden darf, war die Festsetzung um diesen Betrag aufzuheben, d.h. in Höhe von 148.353,82 Euro
(= 262.479,82 Euro abzüglich der bereits gewährten Ermäßigung von 114.125 Euro).

53

d. Der Geltendmachung des Gebührenanspruchs steht nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.

54

Der Grundsatz von Treu und Glauben gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts (BVerwG, Urt. v. 20.03.2014 – 4 C 11/13 –, juris Rn. 29 m.w.N.). Er bedarf der Konkretisierung, die anhand von Fallgruppen vorgenommen wird und zu denen u.a. der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gehört (vgl. hierzu allgemein z.B. Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 242 Rn. 42 ff.; im öffentlichen Recht z.B. Urteil vom 24. Februar 2010 – BVerwG 9 C 1.09 - BVerwGE 136, 126 Rn. 38). Nach dieser Fallgruppe kann die Ausübung eines Rechts unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt und die Ausübung des Rechts aufgrund dieser eigenen Pflichtenverletzung treuwidrig erscheint. Wie alle Generalklauseln ist auch der Grundsatz von Treu und Glauben in der Ausprägung der unzulässigen Rechtsausübung Einfallstor für verfassungsrechtliche Wertungen. Welche Anforderungen sich aus Treu und Glauben ergeben, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden.

55

Vorliegend stellt sich das Verhalten des Beklagten nicht als treuwidrig im Sinne von widersprüchlich dar. Grundsätzlich lässt die Rechtsordnung widersprüchliches Verhalten zu. Missbräuchlich ist widersprüchliches Verhalten erst dann, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (Palandt, a.a.O., Rn. 55). Es muss objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens vorliegen, weil das frühere Verhalten mit dem späteren unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig sind. Ein Verschulden ist nicht erforderlich.

56

Ein solches Verhalten mag die Kammer unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen und der Darlegungen in der mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen. Der Klägerin ist zuzugestehen, dass der Beklagte das Verfahren mit dem „geänderten Antrag“ fortgeführt hat, obwohl objektiv ein neuer Antrag vorgelegen hat. Allerdings erfolgte dies, worauf der Beklagte in seinen Schreiben vom 20. September 2012 hingewiesen hat, auf Wunsch der Klägerin, da seiner Meinung nach eine „formale Neubeantragung“ zu begrüßen wäre (vgl. Schreiben des Beklagten vom 22. August 2012). Dieses Verhalten des Beklagten mag zwar fehlerhaft sein, stellt sich allerdings im Hinblick auf die Gebührenerhebung nicht als widersprüchlich dar. Denn den Schreiben des Beklagten sind keine Aussagen zur anwendbaren Immissionsschutz-Kostenverordnung für den „geänderten“ Antrag zu entnehmen, die zum Entstehen eines Vertrauenstatbestandes bei der Klägerin hätten führen können. Insbesondere kann diesen Schreiben nicht entnommen werden, wie die „Fortführung des Verfahrens“ gebührenrechtlich zu bewerten ist. Der Beklagte hat an keiner Stelle ausgeführt, dass allein aufgrund des „geänderten Antrages“ keine Gebühren für eine Neubeantragung anfallen werden. Dass die Klägerin dies gegebenenfalls stillschweigend unterstellt hat, ohne den Beklagten darauf ausdrücklich anzusprechen und sich dies von ihm bestätigen zu lassen, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Für das Entstehen eines Vertrauenstatbestandes ist dies nicht ausreichend. Die Schreiben des Beklagten enthalten auch keine Ausführungen dazu, ob die anfallenden – weiteren – Gebühren allein nach der Immissionsschutz-Kostenverordnung 2002 und damit nicht nach der Immissionsschutz-Kostenverordnung 2010 zu berechnen seien. Dabei war für den Beklagten aufgrund der Schreiben der Klägerin und der geführten Gespräche erkennbar, dass für die klägerische Entscheidung zur „Fortführung“ des Verfahrens, die zusätzlichen Kosten bei einem Neuantrag auch eine Rolle gespielt haben. Trotzdem haben sich die Beteiligten zu diesem Punkt nicht verständigt und sich der Beklagte dahingehend auch nicht geäußert. Etwas anderes hat auch die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen. Für die Kammer ist daher nicht erkennbar, dass der Beklagte mit der – wohl fehlerhaften – Fortführung des Verfahrens einen Vertrauenstatbestand dahingehend begründet hat, er werde Gebühren nur nach der Immissionsschutz-Kostenverordnung 2002 und nur für die Fortführung des Verfahrens erheben.

57

Auch aus dem Umstand, dass der Beklagte den Bescheid als „Abschließender 4. Kostenbescheid (Gebühren)“ bezeichnet, ergibt sich keine andere Bewertung. Die Bezeichnung mag missverständlich sein, da sie sich als Fortführung der anderen Kostenbescheide darstellt. Dies führt jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides bzw. zur Begründung eines Vertrauenstatbestandes. Denn der Beklagte hat mit dem Bescheid lediglich Gebühren für die Erteilung eines Vorbescheides für die Errichtung und zum Betrieb eines Gas- und Dampfturbinenkraftwerk geltend gemacht. Gebühren für das erste Vorbescheidsverfahren für das Steinkohlekraftwerk werden nicht festgesetzt.

58

2. Der Anspruch auf Rückzahlung der zu Unrecht gezahlten Gebühren ergibt sich aus § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Die Voraussetzungen des prozessualen Vollzugsbeseitigungsanspruchs liegen vor. Die Klägerin hat den festgesetzten Gebührenbetrag vollständig gezahlt, so dass der Verwaltungsakt schon vollzogen wurde, wobei der Betrag von 148.353,82 Euro zu Unrecht gezahlt wurde. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB, § 262 ZPO i.V.m. § 173 VwGO.

59

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).

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Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 11. Okt. 2017 - 3 A 1233/16 HGW zitiert 18 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 4 Genehmigung


(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gef

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 73 Anhörungsverfahren


(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundst

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 10 Genehmigungsverfahren


(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 16 Wesentliche Änderung genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Numm

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 9 Vorbescheid


(1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 17 Beteiligung anderer Behörden


(1) Die zuständige Behörde unterrichtet die Behörden, deren umweltbezogener Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, einschließlich der von dem Vorhaben betroffenen Gemeinden und Landkreise sowie der sonstigen im Landesrecht vorgesehenen Gebi

Neunte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes


Verordnung über das Genehmigungsverfahren - 9. BImSchV

Zivilprozessordnung - ZPO | § 262 Sonstige Wirkungen der Rechtshängigkeit


Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die sonstigen Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben unberührt. Diese Wirkungen sowie alle Wirkungen, die durch die Vorschriften des bürgerlichen Rechts an die Anstellung, Mitteilung oder gerichtliche Anm

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 20. März 2014 - 4 C 11/13

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Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um die Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge. 2

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(1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht.

(2) Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antrag bis auf vier Jahre verlängert werden.

(3) Die Vorschriften der §§ 6 und 21 gelten sinngemäß.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.

(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.

(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.

(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.

(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist;
2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind;
3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann;
4.
dass
a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können,
b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
Nicht ortsansässige Betroffene, deren Person und Aufenthalt bekannt sind oder sich innerhalb angemessener Frist ermitteln lassen, sollen auf Veranlassung der Anhörungsbehörde von der Auslegung mit dem Hinweis nach Satz 2 benachrichtigt werden.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.

(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.

(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.

(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Die zuständige Behörde unterrichtet die Behörden, deren umweltbezogener Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, einschließlich der von dem Vorhaben betroffenen Gemeinden und Landkreise sowie der sonstigen im Landesrecht vorgesehenen Gebietskörperschaften, über das Vorhaben und übermittelt ihnen den UVP-Bericht.

(2) Die zuständige Behörde holt die Stellungnahmen der unterrichteten Behörden ein. Für die Stellungnahmen gilt § 73 Absatz 3a des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge.

2

Im Jahre 1978 beschloss der Rat der Beklagten die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets "Südmarkt" im Stadtgebiet der Beklagten. Nach Genehmigung und Bekanntmachung der Sanierungssatzung führte die Beklagte verschiedene Ordnungs- und Sanierungsmaßnahmen durch; im Jahr 1989 schloss sie die letzten Sanierungsmaßnahmen ab. In den Jahren 1989 bis 1992 rechnete die Beklagte gegenüber dem Regierungspräsidenten Düsseldorf die für die Sanierung erhaltenen Zuwendungen ab; der Schlussverwendungsnachweis datiert vom 11. März 1992; mit Schreiben vom 15. Juni 1992 erklärte der Regierungspräsident das Modellvorhaben Südmarkt I (städtebaulicher Teil) haushalts- bzw. zuwendungsrechtlich für abgeschlossen.

3

Im Juni 2006 beschloss die Beklagte die Aufhebung der Sanierungssatzung, Ende Juni 2006 wurde die Aufhebungssatzung bekannt gemacht.

4

Der Kläger ist Wohnungseigentümer im Geltungsbereich des (ehemaligen) Sanierungsgebiets "Südmarkt". Mit Bescheid vom 25. Mai 2010 zog ihn die Beklagte nach vorheriger Anhörung zur Zahlung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags in Höhe von 1 216,80 € heran. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Klage.

5

Das Verwaltungsgericht hob den angefochtenen Bescheid auf. Die Voraussetzungen für die Erhebung von Ausgleichsbeträgen lägen aus drei selbständig tragenden Gründen nicht vor. Zunächst habe die Aufhebungssatzung wegen formeller Mängel nicht zu einem Abschluss der Sanierung im Sinne des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB geführt (1). Unabhängig davon sei der Abschluss der Sanierung nicht mit der - ohnehin unwirksamen - Aufhebungssatzung, sondern schon wesentlich früher eingetreten, weil die Sanierungssatzung spätestens im Jahr 1992 funktionslos geworden sei mit der Folge, dass die Erhebung des Ausgleichsbetrags spätestens seit dem Jahr 1997 festsetzungsverjährt sei (2). Zuletzt halte auch die Ermittlung der konkreten Ausgleichsbeträge einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand (3).

6

Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Berufung wandte sich die Beklagte ausschließlich gegen den Entscheidungsgrund zu 2. Sie beantragte, das angegriffene Urteil zu ändern und der Klage nicht wegen Festsetzungsverjährung stattzugeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Diese sei zwar zulässig, aber unbegründet. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht angenommen, dass bei Erlass des Bescheides bereits Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen sei. Die Festsetzungsfrist betrage vier Jahre und beginne mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Entstanden sei die Abgabe hier spätestens Ende 1992, so dass die Festsetzungsfrist bereits Ende des Jahres 1996 abgelaufen sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Sanierungssatzung im Jahr 1992 nicht aufgehoben worden sei. Zwar sei nach § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Ausgleichsbetrag "nach Abschluss der Sanierung (§§ 162 und 163 BauGB) zu entrichten". Daraus ergebe sich, dass insofern nur die förmliche Aufhebung der Sanierungssatzung gemäß § 162 BauGB bzw. die förmliche Erklärung der Abgeschlossenheit der Sanierung für das jeweilige Grundstück gemäß § 163 BauGB maßgeblich seien. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift sowie Bedürfnisse der Rechtssicherheit bestätigten diesen Befund. Wann die Sanierung tatsächlich abgeschlossen sei, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts daher unerheblich. Dieser Rechtsprechung könne jedoch, soweit es um die Auslösung der Festsetzungsfrist gehe, aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht mehr für alle Fallkonstellationen und so auch hier gefolgt werden. Denn sie führe dazu, dass die Gemeinde durch den pflichtwidrigen Nichterlass der Aufhebungssatzung das Entstehen des Ausgleichsbetragsanspruchs unbegrenzt verhindern könne und damit der Eintritt der Festsetzungsverjährung in ihr Belieben gestellt wäre. Dies sei nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit unvereinbar. Dieses gebiete, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen könne, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen müsse. Diese zu Kanalanschlussbeiträgen ergangene Rechtsprechung finde auch auf sanierungsrechtliche Ausgleichsbeträge Anwendung. Die erforderliche Rechtssicherheit ergebe sich nicht daraus, dass die betroffenen Eigentümer gemäß § 163 Abs. 1 Satz 2 BauGB die grundstücksbezogene Erklärung der Abgeschlossenheit der Sanierung oder gemäß § 154 Abs. 3 Satz 3 BauGB die vorzeitige Festsetzung des Ausgleichsbetrags beantragen könnten. Auch die Überleitungsvorschrift des § 235 Abs. 4 BauGB regele lediglich eine Pflicht zur Aufhebung der Sanierungssatzung, löse aber nicht die Festsetzungsfrist aus. Damit sei § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB in der bisherigen Auslegung mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Gleichwohl sei eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht zulässig. Denn die Vorschrift könne für den Fall, dass die Gemeinde entgegen ihrer Rechtspflicht die Sanierungssatzung nicht aufhebe, verfassungskonform so ausgelegt werden, dass die abstrakte Ausgleichsbetragsforderung in dem Zeitpunkt entstehe, in dem die Sanierungssatzung nach § 162 Abs. 1 BauGB hätte aufgehoben werden müssen. Das sei hier bereits im Jahre 1992 der Fall gewesen, weil in diesem Jahr teils die Sanierung vollständig durchgeführt gewesen, teils die Sanierungsabsicht aufgegeben worden sei. Da der angegriffene Bescheid somit bereits wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung rechtswidrig sei, könne dahingestellt bleiben, ob die vom Verwaltungsgericht angenommenen weiteren Rechtswidrigkeitsgründe vorliegen und ob das Berufungsgericht diese prüfen darf.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision wegen Divergenz zugelassen, die Beklagte hat von dem zugelassenen Rechtsmittel Gebrauch gemacht.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision (1) ist im Ergebnis unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt zwar Bundesrecht (2); die Entscheidung selbst stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (3).

9

1. Die Revision ist zulässig.

10

Im Revisionsverfahren hat die Beklagte zuletzt ohne Einschränkung beantragt, die vorinstanzlichen Urteile aufzuheben und die Klage abzuweisen. Eine unzulässige Beschränkung des Streitgegenstandes (vgl. hierzu z.B. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 139 Rn. 36) liegt damit nicht vor.

11

In dem einschränkungslos formulierten Revisionsantrag liegt auch keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageerweiterung (§ 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO), denn dem Umstand, dass die Beklagte ihren Antrag in der Berufungsinstanz darauf beschränkt hatte, "das angegriffene Urteil zu ändern und der Klage nicht wegen Festsetzungsverjährung stattzugeben", hat das Oberverwaltungsgericht (UA S. 7 f.) ausdrücklich nur als Problem der Berufungsbegründung (§ 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO) Bedeutung beigemessen. Von einer Beschränkung des Streitgegenstandes in der Berufungsinstanz ist es ersichtlich nicht ausgegangen.

12

2. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 17), § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB sei hinsichtlich des Beginns der vierjährigen Frist für die Festsetzung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge verfassungskonform dahin auszulegen, dass für den Fall einer rechtswidrig verzögerten Aufhebung der Sanierungssatzung nicht - wie in § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB vorgesehen - an den förmlichen "Abschluss der Sanierung" durch Aufhebung der Sanierungssatzung (§ 162 BauGB) anzuknüpfen, sondern der Zeitpunkt maßgeblich sei, "in dem die Sanierungssatzung nach § 162 Abs. 1 BauGB hätte aufgehoben worden sein müssen", steht mit Bundesrecht nicht im Einklang.

13

a) Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 9) hat § 155 Abs. 5 BauGB i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG NRW i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO die Regelung entnommen, dass die Festsetzung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags nicht mehr zulässig ist, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist; nach § 169 Abs. 2 Satz 1, § 170 Abs. 1 AO beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre; sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist.

14

Wann die sanierungsrechtliche Ausgleichsabgabe entstanden ist, beantwortet § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB mit der Regelung, dass der Ausgleichsbetrag "nach Abschluss der Sanierung (§§ 162 und 163 BauGB) zu entrichten" ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (zuletzt Beschluss vom 12. April 2011 - BVerwG 4 B 52.10 - ZfBR 2011, 477 = BauR 2011, 1308 = BRS 78 Nr. 215 = juris Rn. 5 m.w.N.) ist der Begriff des Abschlusses der Sanierung förmlich zu verstehen. Die Pflicht zur Zahlung des Ausgleichsbetrags entsteht mit der rechtsförmlichen Aufhebung der Sanierungssatzung gemäß § 162 Abs. 1 BauGB (oder - hier nicht von Interesse - mit der Erklärung der Gemeinde gemäß § 163 BauGB, dass die Sanierung für ein Grundstück abgeschlossen ist). Zur rechtsförmlichen Aufhebung der Sanierungssatzung ist die Gemeinde unter den in § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BauGB genannten Voraussetzungen zwar verpflichtet. Weder der Zeitablauf noch eine unzureichend zügige Förderung der Sanierung haben für sich genommen jedoch zur Folge, dass die Sanierungssatzung automatisch außer Kraft tritt (Urteil vom 20. Oktober 1978 - BVerwG 4 C 48.76 - Buchholz 406.15 § 50 StBauFG Nr. 1). Die an § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB anknüpfende vierjährige Festsetzungsfrist beginnt folglich erst mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem die Sanierungssatzung rechtsförmlich aufgehoben worden ist. Das gilt nach bisheriger Rechtsprechung des Senats auch dann, wenn die Gemeinde die Aufhebung der Sanierungssatzung rechtswidrig unterlässt, obwohl die Voraussetzungen der Aufhebung vorliegen.

15

b) Die Anknüpfung der landesrechtlich geregelten Festsetzungsverjährung an die rechtsförmliche Aufhebung der Sanierungssatzung darf mit Blick auf das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit allerdings nicht zur Folge haben, dass es die Gemeinde in der Hand hat, durch rechtswidriges Unterlassen der Aufhebung der Sanierungssatzung den Eintritt der Festsetzungsverjährung auf Dauer oder auf unverhältnismäßig lange Zeit zu verhindern.

16

Das Rechtsstaatsprinzip verlangt in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Erhebung von Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann. Das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) im Rahmen einer Urteilsverfassungsbeschwerde gegen die Heranziehung zu Kanalherstellungsbeiträgen auf der Grundlage des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (BayKAG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des BayKAG vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) entschieden.

17

Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht (UA S. 11 f.) davon ausgegangen, dass diese verfassungsrechtlichen Maßstäbe auch bei der Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge Geltung beanspruchen. Das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit gilt für alle Fallkonstellationen, in denen eine abzugeltende Vorteilslage eintritt, die daran anknüpfenden Abgaben aber wegen des Fehlens sonstiger Voraussetzungen nicht entstehen und deshalb auch nicht verjähren können (VGH München, Urteil vom 14. November 2013 - 6 B 12.704 - juris Rn. 21). Das ist beim Ausgleichsbetrag nach § 154 Abs. 3 BauGB regelmäßig (siehe aber § 163 BauGB) der Fall, solange die Gemeinde die Sanierungssatzung nicht aufhebt. Auch in diesem Fall darf eine gesetzlich angeordnete Abgabepflicht daher nicht zur Folge haben, dass die Gemeinde die Abgabe zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festsetzen kann.

18

c) Dem Oberverwaltungsgericht (UA S. 12 ff.) ist ferner darin zuzustimmen, dass dem rechtsstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit nicht durch spezifisch sanierungsrechtliche Instrumente oder Vorkehrungen Rechnung getragen ist.

19

Zu Recht hat sich das Oberverwaltungsgericht auf den Standpunkt gestellt, dass die in § 143 Abs. 2 Satz 2 BauGB vorgeschriebene Eintragung eines Sanierungsvermerks in die Grundbücher der von der Sanierung betroffenen Grundstücke einen Verfassungsverstoß zwar (möglicherweise) unter Vertrauensschutzgesichtspunkten ausschließt, nicht aber unter dem Gesichtspunkt der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit. Dessen Anforderungen ist auch nicht durch § 163 Abs. 1 Satz 2 BauGB Genüge getan, wonach die Gemeinde die Sanierung für ein Grundstück auf Antrag des Eigentümers als abgeschlossen zu erklären hat (vgl. hierzu Urteil vom 21. Dezember 2011 - BVerwG 4 C 13.10 - BVerwGE 141, 302); die damit eröffnete Möglichkeit in der Hand des einzelnen Eigentümers, den Abschluss der Sanierung grundstücksbezogen herbeizuführen, ist kein vollwertiges Surrogat für die in § 162 Abs. 1 BauGB geregelte Pflicht, die Sanierung durch Aufhebung der Sanierungssatzung für das gesamte Sanierungsgebiet abzuschließen. Gleiches gilt für die in § 154 Abs. 3 Satz 3 BauGB getroffene Regelung, dass die Gemeinde auf Antrag des Ausgleichsbetragspflichtigen den Ausgleichsbetrag vorzeitig festsetzen soll, wenn der Pflichtige an der vorzeitigen Festsetzung ein berechtigtes Interesse hat und der Ausgleichsbetrag mit hinreichender Sicherheit ermittelt werden kann; auch mit dieser Antragsmöglichkeit ist dem rechtsstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit nicht hinreichend entsprochen; das gilt vor allem deswegen, weil die vorzeitige Festsetzung etwa im Hinblick auf ungewöhnliche Ermittlungsschwierigkeiten oder einen nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand abgelehnt werden kann ("soll"; vgl. z.B. Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand September 2013, § 154 Rn. 200). Die Übergangsvorschrift des § 235 Abs. 4 BauGB schließlich normiert wiederum nur eine Pflicht der Gemeinde, Sanierungssatzungen, die vor dem 1. Januar 2007 bekannt gemacht wurden, spätestens bis zum 31. Dezember 2021 mit den Rechtswirkungen des § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB aufzuheben. Die Regelung ist deshalb ebenfalls kein geeignetes Instrument, den rechtsstaatlichen Anforderungen der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit für den Fall der Nichterfüllung dieser Pflicht Rechnung zu tragen.

20

d) Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 10 und 17 ff.) hat sich deshalb zur Vermeidung rechtsstaatswidriger Ergebnisse veranlasst gesehen, der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Auslegung des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht mehr einschränkungslos zu folgen. Für den Fall, dass die Gemeinde - wie hier - ihrer Pflicht zur Aufhebung der Sanierungssatzung nicht oder nicht rechtzeitig nachkomme, sei § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB verfassungskonform so auszulegen, dass die "abstrakte Ausgleichsbetragsforderung" nicht erst mit dem förmlichen Abschluss der Sanierung durch Aufhebung der Sanierungssatzung, sondern bereits "in dem Zeitpunkt entsteht, in dem die Sanierungssatzung nach § 162 Abs. 1 BauGB hätte aufgehoben worden sein müssen". Dieser Standpunkt ist mit Bundesrecht unvereinbar.

21

Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt, von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht (vgl. schon BVerfG, Entscheidung vom 8. März 1972 - 2 BvR 28/71 - BVerfGE 32, 373 <383 f.>; stRspr). Eine Norm ist daher nur dann verfassungswidrig, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist. Auch im Wege der verfassungskonformen Interpretation darf aber der normative Gehalt einer Regelung nicht neu bestimmt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1958 - 1 BvF 1/58 - BVerfGE 8, 71 <78 f.>). Die zur Vermeidung eines Verfassungsverstoßes gefundene Interpretation muss daher eine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige Auslegung sein (BVerfG, Urteil vom 24. April 1985 - 2 BvF 2/83, 2 BvF 3/83, 2 BvF 4/83, 2 BvF 2/84 - BVerfGE 69, 1 <55>). Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung ergeben sich damit grundsätzlich aus dem ordnungsgemäßen Gebrauch der anerkannten Auslegungsmethoden. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt (Art. 20 Abs. 2 GG) gebietet es dabei, in den Grenzen der Verfassung das Maximum dessen aufrechtzuerhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat. Er fordert eine verfassungskonforme Auslegung der Norm, die durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt (BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 1992 - 2 BvR 1041/88, 2 BvR 78/89 - BVerfGE 86, 288 <320>). Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. - BVerfGE 128, 326 <400> m.w.N.; Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvL 149/52 - BVerfGE 8, 28 <34>, vom 11. Juni 1980 - 1 PBvU 1/79 - BVerfGE 54, 277 <299 f.> m.w.N. und vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <274>). Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen mithin dort, wo sie zum Wortlaut der Norm und zum klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 - 2 BvR 1520/01, 2 BvR 1521/01 - BVerfGE 110, 226 <267> m.w.N.; Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 12 BvR 1279/12 - NJW 2013, 3151 Rn. 77).

22

Mit seiner Auslegung des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB überschreitet das Oberverwaltungsgericht die dargestellten Grenzen zulässiger verfassungskonformer Auslegung, denn diese läuft auf eine Deutung hinaus, die das gesetzgeberische Anliegen in einem zentralen Punkt verfälscht.

23

Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 20) hat selbst hervorgehoben, dass es dem Gesetzgeber in § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB darum ging, den "Abschluss der Sanierung" durch den Klammerverweis auf die §§ 162, 163 BauGB förmlich zu markieren. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts soll es aber "allein für den Fall, dass eine Gemeinde entgegen der Vorschrift des § 162 Abs. 1 BauGB pflichtwidrig die Aufhebung der Sanierungssatzung unterlässt, … für die sachliche Abgabepflicht zu einer Ablösung von einem formalen Rechtsakt" kommen. Dass dies dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufe, sei - so das Oberverwaltungsgericht - schon deshalb nicht erkennbar, weil der Gesetzgeber "selbstverständlich" davon ausgegangen sei, dass die von ihm normierte Pflicht zur Aufhebung der Sanierungssatzung beachtet wird. Sinn und Zweck des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB, der auf § 162 BauGB Bezug nehme, könne sogar positiv dahingehend verstanden werden, dass ein "Abschluss der Sanierung" im Sinne des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB für die sachliche Abgabepflicht auch vorliege, wenn die Gemeinde entgegen der Vorschrift des § 162 Abs. 1 BauGB die Aufhebung der Sanierungssatzung unterlässt. Nichts sei dafür erkennbar, dass der Gesetzgeber in § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Gemeinde, die pflichtwidrig die Sanierungssatzung nicht aufhebt, aus dieser Pflichtverletzung festsetzungsverjährungsrechtliche Vorteile habe gewähren wollen. Näher liege es, dass der Gesetzgeber den vom pflichtwidrigen Nichterlass der Aufhebungssatzung Betroffenen so habe stellen wollen, wie er nach der gesetzlichen Konzeption ohne die Pflichtwidrigkeit stünde. Diese Auffassung geht fehl.

24

Ihr steht bereits der durch den historischen Gesetzgeberwillen bestätigte eindeutige Wortlaut des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegen. Der Begriff "Abschluss der Sanierung" im Sinne des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB sollte, wie in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BTDrucks 8/2451 S. 37) klar und unmissverständlich zum Ausdruck kommt, durch den einzufügenden Klammerzusatz "auf die §§ 50 und 51 StBauFG (jetzt: §§ 162, 163 BauGB) bezogen werden, die den förmlichen Abschluss regeln". Dem Gesetzgeber ging es also ersichtlich darum, den Abschluss der Sanierung, mit der die Abgabepflicht entsteht, förmlich zu bestimmen.

25

Auch Bedürfnisse der Rechtssicherheit verlangen nach einer förmlichen Markierung des "Abschlusses der Sanierung", wie das Oberverwaltungsgericht (UA S. 10) im Ausgangspunkt selbst eingeräumt hat. Das findet seine Rechtfertigung darin, dass die in § 162 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Gründe, die zur Aufhebung der Sanierungssatzung verpflichten, auch von einer Willensentscheidung der Gemeinde abhängen. So ist etwa die Beendigung der sanierungsbedingten Baumaßnahmen allein noch kein hinlängliches Zeichen dafür, dass die Sanierung im Sinne des § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB tatsächlich "durchgeführt" ist, solange dieser äußerlich wahrnehmbare Vorgang nicht auch von einem entsprechenden Willen der Gemeinde getragen ist. Ob dieser Wille vorliegt, kann nur die Gemeinde zuverlässig beurteilen, wie das Oberverwaltungsgericht an anderer Stelle (UA S. 14) zutreffend bemerkt hat. Äußerlich wahrnehmbare Hilfstatsachen, wie etwa der Zeitpunkt der Durchführung der letzten baulichen Maßnahmen oder die Abrechnung der Zuwendungen, haben insoweit nur indizielle Bedeutung. Nicht von ungefähr hat sich das Oberverwaltungsgericht (UA S. 22) auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen, dass die letzten baulichen Maßnahmen zur Sanierung im Jahr 1989 durchgeführt und in den Jahren 1989 bis 1992 die für die Sanierung erhaltenen Zuwendungen gegenüber dem Regierungspräsidium abgerechnet worden seien, lediglich zu der Aussage befähigt angesehen, dass die Sanierungssatzung "spätestens" im Jahre 1992 hätte aufgehoben werden müssen. Auch nach Sinn und Zweck des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist deshalb daran festzuhalten, dass es angesichts "unüberwindbarer Schwierigkeiten", ohne eine entsprechende gesetzliche Regelung den Zeitpunkt des Außerkrafttretens auch nur einigermaßen präzise festzulegen, in sämtlichen Fällen des § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BauGB einer ausdrücklichen Entscheidung der Gemeinde über die Aufhebung der Sanierungssatzung bedarf (Beschluss vom 12. April 2011 - BVerwG 4 B 52.10 - juris Rn. 5, 6). Erst dieser formale Rechtsakt führt den "Abschluss der Sanierung" herbei. Alles Andere wäre mit Wortlaut, historischem Gesetzgeberwillen sowie Sinn und Zweck des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB unvereinbar.

26

Gesetzeswortlaut und historischer Gesetzgeberwille enthalten keinen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der "abstrakten Ausgleichsforderung" bzw. der "sachlichen Abgabepflicht" und nur für den Fall einer pflichtwidrig unterlassenen Aufhebung der Sanierungssatzung auf diesen förmlich markierten Anknüpfungspunkt für den Abschluss der Sanierung verzichten wollte. Dabei geht es - anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 20) angenommen hat - nicht darum, ob der Gesetzgeber einer Gemeinde, die pflichtwidrig die Sanierungssatzung nicht aufhebt, aus der Pflichtverletzung festsetzungsverjährungsrechtliche Vorteile gewähren wollte. Im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung geht es - anders als bei der richterlichen Rechtsfortbildung, etwa im Wege des Analogieschlusses - auch nicht darum, ob der Gesetzgeber, hätte er das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit bedacht, für den Fall einer pflichtwidrigen Nichtaufhebung der Sanierungssatzung das Normverständnis des Oberverwaltungsgerichts zugrunde gelegt hätte. Es geht vielmehr darum, ob das Normverständnis des Oberverwaltungsgerichts dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers sowie dem Gesetzeszweck entspricht. Diese Frage ist ohne Einschränkung zu verneinen. Der Gesetzgeber hat sich - wie dargestellt - ersichtlich auch aus Gründen der Rechtssicherheit kategorisch auf einen durch die Aufhebung der Sanierungssatzung gemäß § 162 BauGB (oder die grundstücksbezogene Erklärung der Abgeschlossenheit der Sanierung gemäß § 163 BauGB) formal markierten Abschluss der Sanierung festgelegt. Die vom Oberverwaltungsgericht (UA S. 18) angenommenen Differenzierungen zwischen "persönlicher Abgabepflicht" und "abstrakter Ausgleichsbetragsforderung" bzw. "sachlicher Abgabepflicht" sowie zwischen einer rechtmäßigen und einer rechtswidrig unterlassenen Aufhebung der Sanierungssatzung sind in der Vorschrift nicht angelegt. Der Fall einer pflichtwidrigen Nichtaufhebung der Sanierungssatzung ist sowohl nach dem durch den historischen Gesetzgeberwillen bestätigten Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift von § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB erfasst. Während der Gesetzgeber den Abschluss der Sanierung also ohne Ausnahme durch die Aufhebung der Sanierungssatzung förmlich markiert sieht, soll nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für den Fall einer pflichtwidrig unterlassenen Aufhebung der Sanierungssatzung hinsichtlich der "abstrakten Ausgleichsforderung" der Zeitpunkt des tatsächlichen Abschlusses der Sanierung an die Stelle des förmlichen Abschlusses der Sanierung treten. Die normative Festlegung des Gesetzgebers würde mithin für den Fall einer nicht rechtzeitigen Aufhebung der Sanierungssatzung neu bestimmt; das Normverständnis des Oberverwaltungsgerichts liefe somit auf eine Deutung hinaus, die das gesetzgeberische Anliegen in einem zentralen Punkt verfälscht und deshalb die Grenzen zulässiger verfassungskonformer Auslegung überschreitet.

27

Das gilt umso mehr, als das Kriterium des tatsächlichen Abschlusses der Sanierung nicht nur - wovon das Oberverwaltungsgericht (UA S. 19) offensichtlich ausgegangen ist - in dem "atypischen Fall pflichtwidrigen Verhaltens der Gemeinde" an die Stelle des förmlichen Abschlusses der Sanierung durch Aufhebung der Sanierungssatzung treten würde, sondern - konsequent zu Ende gedacht - letztlich auch in allen anderen Fällen zu prüfen wäre. Denn auch in dem Fall, in dem die Gemeinde die Aufhebung der Sanierung pflichtgemäß und rechtzeitig beschließt, müsste das Gericht, um dies feststellen zu können, erst einmal ermitteln, wann die Sanierungsmaßnahmen tatsächlich abgeschlossen waren und die Sanierungssatzung nach § 162 Abs. 1 BauGB deshalb "hätte aufgehoben worden sein müssen". Die Prüfung des tatsächlichen Abschlusses der Sanierung bliebe dem Gericht also in keinem Fall erspart. Das gesetzgeberische Ziel, den Abschluss der Sanierung auch angesichts der "unüberwindbaren Schwierigkeiten, ohne eine entsprechende gesetzliche Regelung den Zeitpunkt des Außerkrafttretens auch nur einigermaßen präzise festzulegen" (Beschluss vom 12. April 2011 a.a.O. Rn. 6), rein formal zu bestimmen, würde damit konterkariert.

28

e) Einer verfassungskonformen Auslegung des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB bedarf es im Übrigen schon deswegen nicht, weil unter Anwendung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben die Einhaltung des rechtsstaatlichen Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit und damit die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über den Ausgleichsbetrag sichergestellt werden kann.

29

Der Grundsatz von Treu und Glauben gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts (Urteile vom 14. April 1978 - BVerwG 4 C 6.76 - BVerwGE 55, 337 <339> und vom 16. Mai 2000 - BVerwG 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162 <172> sowie Beschluss vom 5. März 1998 - BVerwG 4 B 3.98 - Buchholz 406.421 Garagen- und Stellplatzrecht Nr. 8). Er bedarf der Konkretisierung, die anhand von Fallgruppen vorgenommen wird. Soweit es - wie bei sanierungsrechtlichen Ausgleichsbeträgen nach § 154 Abs. 1 BauGB - um bundesrechtlich geregelte Abgaben geht, gegen die sich der Einwand von Treu und Glauben richtet, unterliegt er der vollen revisionsgerichtlichen Überprüfung (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000 a.a.O. S. 172 f.).

30

Nicht einschlägig ist allerdings die Fallgruppe der Verwirkung. Das hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 5. März 2013 (a.a.O. Rn. 44) klargestellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. Urteil vom 7. Februar 1974 - BVerwG 3 C 115.71 - BVerwGE 44, 339 <343> m.w.N.) erfordert die Verwirkung nicht nur, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist. Es müssen auch besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Im Sanierungsrecht wird - wie ausgeführt - bereits die erforderliche Vertrauensgrundlage wegen der Eintragung eines Sanierungsvermerks in das Grundbuch in aller Regel nicht gegeben sein. Im Übrigen erscheint das Instrument der Verwirkung auch mit Blick auf die weiteren Voraussetzungen (Vertrauenstatbestand, Vermögensdisposition) kaum geeignet, den Bürger vor einer rechtsstaatlich unzumutbaren Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge zu bewahren. Denn das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit erfordert eine Regelung, die ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greift (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 a.a.O.).

31

Der Geltendmachung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags, der den betroffenen Eigentümer in dem rechtsstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verletzt, steht jedoch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen (vgl. hierzu allgemein z.B. Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 242 Rn. 46 ff.; im öffentlichen Recht z.B. Urteil vom 24. Februar 2010 - BVerwG 9 C 1.09 - BVerwGE 136, 126 Rn. 38). Nach dieser Fallgruppe kann die Ausübung eines Rechts unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt und die Ausübung des Rechts aufgrund dieser eigenen Pflichtenverletzung treuwidrig erscheint. Wie alle Generalklauseln ist auch der Grundsatz von Treu und Glauben in der Ausprägung der unzulässigen Rechtsausübung Einfallstor für verfassungsrechtliche Wertungen. Der Begriff der Treuwidrigkeit ist deshalb so auszulegen, dass eine Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge, die dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit widerspräche, ausgeschlossen ist.

32

Treuwidrigkeit liegt allerdings nicht bereits dann vor, wenn die Gemeinde die Sanierungssatzung entgegen ihrer Pflicht aus § 162 Abs. 1 BauGB nicht rechtzeitig aufgehoben hat. Treuwidrig ist die Abgabenerhebung vielmehr erst dann, wenn es aufgrund der Pflichtverletzung der Gemeinde unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls nicht mehr zumutbar erscheint, den Bürger mit der Abgabenerhebung zu konfrontieren. Wann das der Fall ist, mag im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ist aber handhabbar. Zugrunde zu legen ist ein enger Maßstab. Gegen die Annahme der Treuwidrigkeit kann etwa sprechen, dass sich der politische Willensbildungsprozess in der Gemeinde über die Fortsetzung der Sanierungsmaßnahmen schwierig gestaltete oder dass die Fortführung der Sanierung an finanziellen Engpässen scheiterte.

33

Darüber hinaus kann zur Ausfüllung des Treuwidrigkeitstatbestandes auf die Wertungen allgemeiner Verjährungsvorschriften zurückgegriffen werden. Zu denken ist etwa an die Regelung in § 53 Abs. 2 VwVfG, wonach eine Verjährungsfrist von 30 Jahren zu laufen beginnt, wenn ein Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers unanfechtbar wird. Diese Vorschrift ist zwar auf die Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge nicht unmittelbar anwendbar. Die darin zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers, die Durchsetzbarkeit des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers auf die längste im Zivilrecht vorgesehene Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 197 BGB) zu beschränken (VGH München, Urteil vom 14. November 2013 - 6 B 12.704 - juris Rn. 22 im Anschluss an VG Dresden, Urteil vom 14. Mai 2013 - 2 K 742.11 - juris Rn. 42) und zwar unabhängig vom Entstehen des Anspruchs (vgl. § 199 Abs. 2 und 3 Nr. 2 BGB), kann aber zur Ausfüllung des Treuwidrigkeitstatbestandes übernommen werden.

34

Die Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge ist damit generell ausgeschlossen, wenn seit dem Entstehen der Vorteilslage mehr als 30 Jahre vergangen sind. Aber auch vor Erreichen dieser zeitlichen Höchstgrenze kann die Erhebung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls treuwidrig und deshalb als Rechtsausübung unzulässig sein. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ist dabei eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung. Er steht der Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge auch dann entgegen, wenn sich der Betroffene hierauf nicht beruft. Den rechtsstaatlichen Anforderungen ist damit insgesamt Genüge getan.

35

3. Ob die Erhebung des sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags vorliegend tatsächlich wegen unzulässiger Rechtsausübung ausgeschlossen war, kann der Senat offen lassen. Denn die Berufungsentscheidung stellt sich im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

36

Das Verwaltungsgericht (UA S. 9) hat angenommen, dass die Aufhebungssatzung der Beklagten vom 29. Juni 2006 nicht zu einem Abschluss der Sanierung im Sinne des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB geführt habe, weil sie wegen formeller Mängel unwirksam sei. Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 23) hat diese Frage offen gelassen und hierzu auch keine Feststellungen getroffen. Der vom Verwaltungsgericht angenommene Ausfertigungsmangel ist zwischen den Beteiligten aber unstreitig, wie diese im Termin zur mündlichen Verhandlung noch einmal ausdrücklich bestätigt haben. Der Senat kann deshalb von der formellen Unwirksamkeit der Aufhebungssatzung ausgehen. Fehlt es aber an einer wirksamen Aufhebungssatzung, dann mangelt es auch an dem vom § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB vorausgesetzten förmlichen Abschluss der Sanierung, so dass ein Ausgleichsbetrag nicht entstanden ist. Das hat - wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - zur Folge, dass der angefochtene Abgabenbescheid rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die sonstigen Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben unberührt. Diese Wirkungen sowie alle Wirkungen, die durch die Vorschriften des bürgerlichen Rechts an die Anstellung, Mitteilung oder gerichtliche Anmeldung der Klage, an die Ladung oder Einlassung des Beklagten geknüpft werden, treten unbeschadet der Vorschrift des § 167 mit der Erhebung der Klage ein.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.