Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 07. Feb. 2018 - 3 A 1089/17 As HGW

bei uns veröffentlicht am07.02.2018

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung der Asylberechtigung, die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Feststellung von Abschiebungsverboten.

2

Der Kläger ist nach eigenem Vorbringen afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 1. November 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 1. Dezember 2015 stellte er bei der Beklagten einen Asylantrag. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 teilte das Landesamt für innere Verwaltung der Beklagten mit, dass der Kläger unter der Anschrift R.-straße in S. wohnhaft sei. Die Beklagte hörte den Kläger am 24. August 2016 persönlich an. Wegen des Inhalts der Anhörung wird auf die darüber gefertigte Niederschrift (Blatt 38 bis 42 der Beiakte I) verwiesen. Seit dem 14. Februar 2017 lebte er nicht mehr in der Wohnung in S., sondern in B-Stadt. Dies teilte er der Beklagten nicht mit. Mit Bescheid vom 14. März 2017 (- 423) lehnte die Beklagte den Asylantrag ab [Ziffer 1) bis 3)], verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten [Ziffer 4)], forderte den Kläger zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung nach Afghanistan an [Ziffer 5)] und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate [Ziffer 6)]. Wegen des weiteren Inhalts des Bescheides wird auf diesen verwiesen (Blatt 10 bis 23 der Gerichtsakte). Die Beklagte gab den Bescheid vom 14. März 2017 am 16. März 2017 zur Post auf. Der Versuch, den Bescheid an den Kläger unter der Anschrift in S. zuzustellen, scheiterte am 17. März 2017, weil der Kläger unter dieser Anschrift nicht ermittelt werden konnte.

3

Am 5. Mai 2017 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Schwerin erhoben. Er hält die Klage für zulässig. Die Klagefrist sei gewahrt, da der Kläger erst bei einer Akteneinsicht in den Verwaltungsvorgang am 21. April 2017 Kenntnis von dem Bescheid der Beklagten erhalten habe. Der Bescheid sei dem, Kläger nicht wirksam zugestellt worden. Er sei unter der angegebenen Anschrift nicht wohnhaft. Die Zustellung sei auch nicht fingiert, da die entsprechende Vorschrift nicht in Einklang mit europäischem Recht stehe. Jedenfalls sei aber die erteilte Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig, weshalb die Klagefrist ein Jahr betrage.

4

Der Kläger beantragt,

5

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. März 2017 (- 423) zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und ihn als Asylberechtigten anzuerkennen,

6

hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen,

7

hilfsweise Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz in Bezug auf Afghanistan festzustellen.

8

Die Beklagte hält an dem streitgegenständlichen Bescheid fest und beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Mit Beschluss vom 11. Mai 2017 (- 5 A 2139/17 As SN -) hat sich das Verwaltungsgericht Schwerin für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das erkennende Gericht verwiesen. Mit Beschluss vom 7. August 2017 hat das erkennende Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Mit Gerichtsbescheid vom 14. Dezember 2017 hat das Gericht die Klage abgewiesen. Am 21. Dezember 2017 hat der Kläger die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die bei der Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge, die dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2018 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

12

Das Gericht entscheidet, nachdem der Kläger wegen des am 19. Dezember 2017 zugestellten Gerichtsbescheides vom 14. Dezember 2017 fristgerecht (§ 78 Abs. 7 Asylgesetz - AsylG) am 21. Dezember 2017 die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt hat, durch Urteil. Das Gericht kann trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2018 auf Grund dieser entscheiden, da die Beklagte mit der Ladung vom 29. Dezember 2017 auf die Folgen ihres Ausbleibens hingewiesen worden ist, § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

II.

13

Die Klage hat keinen Erfolg; sie ist im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 HS 1 AsylG) unzulässig.

14

1. Der Kläger hat die zweiwöchige Klagefrist aus § 74 Abs. 1 HS 1 AsylG nicht eingehalten.

15

Die Klagefrist wird mit der Zustellung der Entscheidung in Lauf gesetzt. Die Zustellung des Bescheides vom 14. März 2017 gilt hier mit der Aufgabe des Bescheides zur Post am 16. März 2017 als bewirkt, obwohl der Bescheid als unzustellbar an die Beklagte zurückgesandt wurde (§ 10 Abs. 2 Satz 4 AsylG).

16

Die Voraussetzungen für die Fiktion der Zustellung liegen vor. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 AsylG muss der Ausländer Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der letzten Anschrift, die der jeweiligen Stelle auf Grund seines Asylantrags oder seiner Mitteilung bekannt ist, gegen sich gelten lassen, wenn er für das Verfahren weder einen Bevollmächtigten bestellt noch einen Empfangsberechtigten benannt hat oder diesen nicht zugestellt werden kann. Nach Satz 2 gilt das Gleiche, wenn die letzte bekannte Anschrift, unter der der Ausländer wohnt oder zu wohnen verpflichtet ist, durch eine öffentliche Stelle mitgeteilt worden ist. Nach § 10 Abs. 1 AsylG hat der Ausländer während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können; insbesondere hat er jeden Wechsel seiner Anschrift den genannten Stellen unverzüglich anzuzeigen. Die Beklagte hat den Bescheid vom 14. März 2017 hier am 16. März 2017 zur Post gegeben (Blatt 73 der Beiakte I). Die in dem Bescheid angegebene Anschrift des Klägers, R.-straße in S., wurde der Beklagten mit Schreiben des Landesamtes für innere Verwaltung vom 1. Dezember 2015, bei der Beklagten eingegangen am 10. Dezember 2015, (Blatt 31 der Beiakte I) mitgeteilt. Diese Anschrift war zutreffend. Der Kläger war dort bis zum 14. Februar 2017 wohnhaft. Die Beklagte hatte unter dieser Anschrift dem Kläger auch bereits zuvor Mitteilungen, etwa die Ladung zur Anhörung am 9. August 2017 (Blatt 32 ff. der Beiakte I), erfolgreich zugestellt. Eine andere Anschrift des Klägers wurde der Beklagten später nicht mitgeteilt. Insbesondere hat der Kläger entgegen § 10 Abs. 1 AsylG der Beklagten seine neue Anschrift in B-Stadt weder unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, noch sonst mitgeteilt. Auch wenn dem Kläger eine Frist für die Mitteilung der geänderten Anschrift zuzugestehen sein wird (für eine Frist von längstens einer Woche: Bergmann in: ders./Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 10 AsylG Rn. 7), war diese - ausgehend von dem am 14. Februar 2016 vollzogenen Wohnungswechsel - bei der Aufgabe des Bescheides zur Post am 16. März 2017 verstrichen. Stattdessen hat der Kläger angegeben, die Mitteilung des Wohnungswechsels aus Unwissenheit unterlassen zu haben. Einen Bevollmächtigten hatte er zum Zeitpunkt der Veranlassung der Zustellung noch nicht bestellt. Dass der Zustellversuch nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, behauptet der Kläger nicht einmal. Anhaltspunkte dafür hat das Gericht ebenso wenig.

17

Der Kläger ist hier auch gemäß § 10 Abs. 7 AsylG auf die Zustellvorschriften des § 10 Abs. 2 AsylG hingewiesen worden. Der Kläger hat am 1. Dezember 2015, dem Tag der Antragstellung, handschriftlich bestätigt, dass er mit dem Formular „Wichtige Mitteilung“ eine Belehrung, die auch den Text von § 10 AsylG enthielt, sowohl in deutscher Sprache als auch in der Sprache Paschtu erhalten hat (Blatt 16 und 20 der Beiakte I). Die dem Kläger erteilte Belehrung gibt nicht nur den (übersetzten) Gesetzestext wieder, sondern weist auf Seite 3 ausdrücklich auf die dem Kläger aus § 10 AsylG erwachsenden Pflichten zur Mitteilung jedes Wohnungswechsels und die Möglichkeit der wirksamen Zustellung an die letzte bekannte Anschrift hin. Dem gesetzlichen Belehrungserfordernis ist damit genügt. Der Vortrag des Klägers, er könne die Schrift der Sprache Paschtu nicht lesen und habe bei dem Anhörungstermin am 24. August 2016 die Dolmetscherin nicht verstanden, der völlig überraschend erstmals in der mündlichen Verhandlung eine Rolle gespielt hat, ändert daran nichts. § 10 Abs. 7 AsylG verlangt seinem Wortlaut nach nur einen gegen Empfangsbestätigung zu erteilenden schriftlichen Hinweis auf die Zustellvorschriften. Dem ist die Beklagte unbestritten gerecht geworden. Eine mündliche Erläuterung, wie sie der Kläger verlangt, sieht das Gesetz nicht ausdrücklich vor. Es bedurfte einer solchen Erläuterung hier aber auch nicht. Denn das Gericht kann den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen an keiner Stelle einen Hinweis darauf entnehmen, dass der Kläger sich dazu erklärt hat, in der Sprache Paschtu nicht lesen zu können. Es hätte indessen dem Kläger oblegen, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und der Beklagten die erforderlichen Angaben zu machen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 AsylG) und ihr mitzuteilen, dass er des Lesens unkundig sein soll. Diese Obliegenheit hat der Kläger hier nicht erfüllt. Er hat vielmehr angegeben, die Sprache Paschtu zu sprechen und sieben Jahre die Schule besucht zu haben, was zumindest den Schluss nahelegt, dass er auch des Lesens kundig ist. Zudem hat er durch seine wiederholten bestätigenden Unterschriften (etwa auf Blatt 4, 16, 20, 23 und 27 der Beiakte I) zu verstehen gegeben, dass er die ihm erteilten Belehrungen und Hinweise zur Kenntnis genommen und verstanden hat. Dass ihm die „Wichtige Mitteilung“, die auch den Hinweis auf die Zustellvorschriften nach § 10 AsylG enthält, bekannt sei und er diese verstanden habe, hat er ausweislich der Niederschrift auch in der Anhörung am 24. August 2016 noch einmal bestätigt. Der Kläger hat gegenüber dem Gericht nicht einen einzigen vernünftigen Grund dafür benannt, dass er bei der Beklagten nicht angegeben hat, nicht lesen zu können. Der weitere Vortrag, er habe die Dolmetscherin in dem Anhörungstermin am 24. August 2016 auf Grund ihres Dialekts nicht verstanden, ist vor diesem Hintergrund unerheblich. Im Übrigen ist das jedenfalls deshalb ausgesprochen erstaunlich, weil der Kläger eine 95-minütige Anhörung durchgeführt hat, in deren Niederschrift sich an keiner Stelle ein Hinweis auf Verständigungsschwierigkeiten finden lässt. Vielmehr hat er bestätigt, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe.

18

Dem Einwand des Klägers, die Zustellungsfiktion trete nicht ein, da § 10 Abs. 2 Satz 2 AsylG in Widerspruch zu Art. 13 Abs. 2 lit. c der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013stehe, folgt das Gericht nicht. Art. 13 RL 2013/32/EU betrifft nach seinem Regelungszweck und Inhalt ausschließlich die Verpflichtungen der Antragsteller. Die amtliche Überschrift bestätigt dies. Bei der Frage der Heranziehung einer von einer Behörde mitgeteilten Anschrift, wie sie die nationale Regelung betrifft, geht es indessen gerade nicht um eine Verpflichtung des Antragstellers. Die Richtlinienvorschrift entfaltet deswegen auch keinerlei Sperrwirkung gegenüber einer nationalen Regelung. Aus der Vorschrift ergibt sich ferner, dass die dortige Aufzählung von Regelungsgenständen nicht abschließend ist. Der Wortlaut der Vorschrift („insbesondere“), der sich gleichermaßen etwa in der englischen Sprachfassung („in particular“) und der französischen Sprachfassung („en particulier“) sowie der italienischen Sprachfassung („in particolare“) findet, bestätigt das. Eine darüber hinausgehende nationale Regelung wird deshalb nicht ausgeschlossen (vgl. auch VG Cottbus, Urt. v. 04.08.2016 - 5 K 524/16.A -, juris Rn. 33 ff. sowie VG Düsseldorf, Beschl. v. 12.01.2017 - 17 L 4233/16.A -, juris Rn. 15 ff.).

19

Die mit der Aufgabe des Bescheides am 16. März 2017, § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), § 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Lauf gesetzte zweiwöchige Klagefrist endete mit Ablauf des 30. März 2017, § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB. Innerhalb dieser Frist hat der Kläger nicht Klage erhoben. Seine Klage ging beim Verwaltungsgericht Schwerin erst nach Ablauf der Frist am 5. Mai 2017 ein.

20

2. Entgegen der Auffassung des Klägers beträgt die Frist zur Erhebung der Klage hier nicht nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO ein Jahr. Die von der Beklagten erteilte Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht im Sinne dieser Vorschrift unrichtig.

21

Unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eine Rechtsbehelfsbelehrung, wenn sie nicht den von § 58 Abs. 1 VwGO genannten Mindestinhalt zutreffend erfasst oder sie über diesen Mindestinhalt hinausgehende Hinweise enthält, die unrichtig oder irreführend, das heißt geeignet sind, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.03.2016 - 3 PKH 5/15, 3 PKH 5/15 (3 B 64/15) -, juris Rn. 6).

22

Die von der Beklagten erteilte Rechtsbehelfsbelehrung umfasst - materiell zutreffend - die Mindestinhalte des § 58 Abs. 1 VwGO. Wenn der Kläger hier meint, die Rechtsbehelfsbelehrung sei unrichtig, da sie als zuständiges Gericht das Verwaltungsgericht Schwerin benenne, trifft dies nicht zu. Zwar ist es richtig, dass sich auf Blatt 70 der Beiakte I eine Rechtsbehelfsbelehrung zum Verwaltungsgericht Schwerin befindet. Allerdings hat die Beklagte auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts erklärt, dass dem zur Zustellung gebrachten Bescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung zum Verwaltungsgericht Greifswald, dem nach § 83 Abs. 3 Satz 1 AsylG in Verbindung mit §§ 2 Abs. 1 lit. c), 3 Asylverfahrenkonzentrationslandesverordnung (AsylVfKonzLVO M-V) örtlich zuständigen Verwaltungsgericht, beigefügt war. Allein die als zugestellt - und damit bekanntgegeben - geltende Fassung des Bescheides ist indessen maßgebend. Frühere Entwürfe, die sich noch in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten befinden, sind bedeutungslos. Im Übrigen lautet auch die vom Kläger bei Erhebung der Klage als Bestandteil des Bescheides vom 14. März 2017 vorgelegte Rechtsbehelfsbelehrung (Blatt 23 der Gerichtsakte) zum Verwaltungsgericht Greifswald.

23

Die von der Beklagten erteilte Rechtsbehelfsbelehrung enthält überdies keine über den Mindestinhalt hinausgehenden Hinweise, die geeignet sind, einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des Rechtsbehelfs (Klage) hervorzurufen und den Adressaten der Belehrung dadurch von der Einlegung des Rechtsbehelfs abzuhalten. Die Wendung, die Klage müsse „in deutscher Sprache abgefasst sein“, erweckt nicht den Eindruck, dass die Klage nur schriftlich erhoben werden kann. Der Hinweis auf die Verwendung der deutschen Sprache wirkt nicht einschränkend, sondern gibt die geltende Rechtslage wieder, § 55 VwGO in Verbindung mit § 184 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Nichts anderes gilt für den Begriff „abgefasst“. Diesem ist in keiner Weise immanent, dass er auf die Verwendung der Schriftform im Sinne der Verwaltungsgerichtsordnung, also die Beifügung einer eigenhändigen Unterschrift (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.12.1988 - 9 C 40/87 -, juris Rn. 6), beschränkt ist. Er ist nicht geeignet, bei dem Adressaten eine irrige Vorstellung dahingehend hervorzurufen, dass die Klage nur in schriftlicher Form erhoben werden könne. Auch wenn dem Begriff „abgefasst“ die Bedeutung beizumessen sein kann, dass er eine Verkörperung im Sinne einer optischen Wahrnehmbarkeit der vom Kläger abzugebenden Erklärung meint, wirkt er im Hinblick auf den Kreis der vom Prozessrecht anerkannten Formen der Abgabe von Prozesserklärungen nicht einschränkend. Dies gilt, weil die schriftlich erhobene Klage (§ 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO), genau wie die zur Niederschrift erklärte Klage (§ 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO) und die in elektronischer Form erhobene Klage (§ 55a Abs. 1 Satz 1 VwGO) abgefasst, also verkörpert im Sinne von optisch wahrnehmbar wird und werden muss. Darauf, dass die Klage vom Kläger persönlich in eine verkörperte Form gebracht - also abgefasst - werden muss, weist die Beklagte indessen gerade nicht hin (vgl. VG Greifswald, Gerichtsbescheid vom 30. 08.2017 - 3 A 1320/17 As HGW -; Gerichtsbescheid v. 06.06.2017 - 3 A 409/17 As HGW -; Gerichtsbescheid v. 22.02.2017 - 4 A 46/16 As HGW - sowie VG C-Stadt, Urt. v. 24.01.2017 - 21 K 346.16 A -, juris Rn. 20, m.w.N.). Der bloße Verweis des Klägers auf die Entscheidung des VGH Mannheim (Urt. v. 18.04.2017 - A 9 S 333/17 -) stellt dies nicht in Frage.

24

3. Dem Kläger ist schließlich nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Klagefrist zu gewähren (§ 60 Abs. 1 VwGO). Den dafür erforderlichen Antrag hat der anwaltlich vertretene Kläger nicht gestellt. Die Voraussetzungen der Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen (§ 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO) liegen nicht vor. Der Kläger hat nichts vorgetragen und glaubhaft gemacht, was die Versäumung der Klagefrist als unverschuldet erscheinen lässt.

III.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 1 und 2 ZPO. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Die Revision ist entgegen dem Antrag des Klägers nicht nach § 134 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO zuzulassen. Eine Zulassungsgrund im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 VwGO liegt nicht vor. Die Rechtssache weist keine grundsätzliche Bedeutung auf; die sich stellenden Fragen lassen sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten. Das Gericht weicht auch von keiner Entscheidung der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte ab.

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 60


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 188 Fristende


(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. (2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Fa

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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 10 Zustellungsvorschriften


(1) Der Ausländer hat während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können; insbesondere hat er jeden Wechsel seiner Anschrift de

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 15 Allgemeine Mitwirkungspflichten


(1) Der Ausländer ist persönlich verpflichtet, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Dies gilt auch, wenn er sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lässt. (2) Er ist insbesondere verpflichtet, 1. den mit der Ausführung dieses Gese

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 81


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 134


(1) Gegen das Urteil eines Verwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 2) steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Kläger und der Beklagte der Einlegung der Sprungrevision schriftlich zustimmen und wenn sie von dem Verw

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 55


§§ 169, 171a bis 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung finden entsprechende Anwendung.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83 Besondere Spruchkörper


(1) Streitigkeiten nach diesem Gesetz sollen in besonderen Spruchkörpern zusammengefasst werden. (2) Die Landesregierungen können bei den Verwaltungsgerichten für Streitigkeiten nach diesem Gesetz durch Rechtsverordnung besondere Spruchkörper bilden

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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 26. März 2015 - 3 B 64/15

bei uns veröffentlicht am 26.03.2015

Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 03.03.2015 wird wiederhergestellt. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt. Gründe 1

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(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Ausländer hat während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können; insbesondere hat er jeden Wechsel seiner Anschrift den genannten Stellen unverzüglich anzuzeigen.

(2) Der Ausländer muss Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der letzten Anschrift, die der jeweiligen Stelle auf Grund seines Asylantrags oder seiner Mitteilung bekannt ist, gegen sich gelten lassen, wenn er für das Verfahren weder einen Bevollmächtigten bestellt noch einen Empfangsberechtigten benannt hat oder diesen nicht zugestellt werden kann. Das Gleiche gilt, wenn die letzte bekannte Anschrift, unter der der Ausländer wohnt oder zu wohnen verpflichtet ist, durch eine öffentliche Stelle mitgeteilt worden ist. Der Ausländer muss Zustellungen und formlose Mitteilungen anderer als der in Absatz 1 bezeichneten öffentlichen Stellen unter der Anschrift gegen sich gelten lassen, unter der er nach den Sätzen 1 und 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen des Bundesamtes gegen sich gelten lassen muss. Kann die Sendung dem Ausländer nicht zugestellt werden, so gilt die Zustellung mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt.

(3) Betreiben Familienangehörige im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 ein gemeinsames Asylverfahren und ist nach Absatz 2 für alle Familienangehörigen dieselbe Anschrift maßgebend, können für sie bestimmte Entscheidungen und Mitteilungen in einem Bescheid oder einer Mitteilung zusammengefasst und einem Familienangehörigen zugestellt werden, sofern er volljährig ist. In der Anschrift sind alle volljährigen Familienangehörigen zu nennen, für die die Entscheidung oder Mitteilung bestimmt ist. In der Entscheidung oder Mitteilung ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, gegenüber welchen Familienangehörigen sie gilt.

(4) In einer Aufnahmeeinrichtung hat diese Zustellungen und formlose Mitteilungen an die Ausländer, die nach Maßgabe des Absatzes 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der Anschrift der Aufnahmeeinrichtung gegen sich gelten lassen müssen, vorzunehmen. Postausgabe- und Postverteilungszeiten sind für jeden Werktag durch Aushang bekannt zu machen. Der Ausländer hat sicherzustellen, dass ihm Posteingänge während der Postausgabe- und Postverteilungszeiten in der Aufnahmeeinrichtung ausgehändigt werden können. Zustellungen und formlose Mitteilungen sind mit der Aushändigung an den Ausländer bewirkt; im Übrigen gelten sie am dritten Tag nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt.

(5) Die Vorschriften über die Ersatzzustellung bleiben unberührt.

(6) Müsste eine Zustellung außerhalb des Bundesgebiets erfolgen, so ist durch öffentliche Bekanntmachung zuzustellen. Die Vorschriften des § 10 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes finden Anwendung.

(7) Der Ausländer ist bei der Antragstellung schriftlich und gegen Empfangsbestätigung auf diese Zustellungsvorschriften hinzuweisen.

(1) Der Ausländer ist persönlich verpflichtet, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Dies gilt auch, wenn er sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lässt.

(2) Er ist insbesondere verpflichtet,

1.
den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden die erforderlichen Angaben mündlich und nach Aufforderung auch schriftlich zu machen;
2.
das Bundesamt unverzüglich zu unterrichten, wenn ihm ein Aufenthaltstitel erteilt worden ist;
3.
den gesetzlichen und behördlichen Anordnungen, sich bei bestimmten Behörden oder Einrichtungen zu melden oder dort persönlich zu erscheinen, Folge zu leisten;
4.
seinen Pass oder Passersatz den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen;
5.
alle erforderlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, die in seinem Besitz sind, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen;
6.
im Falle des Nichtbesitzes eines gültigen Passes oder Passersatzes an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitzuwirken und auf Verlangen alle Datenträger, die für die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können und in deren Besitz er ist, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen;
7.
die vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen zu dulden.

(3) Erforderliche Urkunden und sonstige Unterlagen nach Absatz 2 Nr. 5 sind insbesondere

1.
alle Urkunden und Unterlagen, die neben dem Pass oder Passersatz für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können,
2.
von anderen Staaten erteilte Visa, Aufenthaltstitel und sonstige Grenzübertrittspapiere,
3.
Flugscheine und sonstige Fahrausweise,
4.
Unterlagen über den Reiseweg vom Herkunftsland in das Bundesgebiet, die benutzten Beförderungsmittel und über den Aufenthalt in anderen Staaten nach der Ausreise aus dem Herkunftsland und vor der Einreise in das Bundesgebiet sowie
5.
alle sonstigen Urkunden und Unterlagen, auf die der Ausländer sich beruft oder die für die zu treffenden asyl- und ausländerrechtlichen Entscheidungen und Maßnahmen einschließlich der Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat von Bedeutung sind.

(4) Die mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden können den Ausländer und Sachen, die von ihm mitgeführt werden, durchsuchen, wenn der Ausländer seinen Verpflichtungen nach Absatz 2 Nr. 4 und 5 nicht nachkommt sowie nicht gemäß Absatz 2 Nummer 6 auf Verlangen die Datenträger vorlegt, aushändigt oder überlässt und Anhaltspunkte bestehen, dass er im Besitz solcher Unterlagen oder Datenträger ist. Der Ausländer darf nur von einer Person gleichen Geschlechts durchsucht werden.

(5) Durch die Rücknahme des Asylantrags werden die Mitwirkungspflichten des Ausländers nicht beendet.

(1) Der Ausländer hat während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können; insbesondere hat er jeden Wechsel seiner Anschrift den genannten Stellen unverzüglich anzuzeigen.

(2) Der Ausländer muss Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der letzten Anschrift, die der jeweiligen Stelle auf Grund seines Asylantrags oder seiner Mitteilung bekannt ist, gegen sich gelten lassen, wenn er für das Verfahren weder einen Bevollmächtigten bestellt noch einen Empfangsberechtigten benannt hat oder diesen nicht zugestellt werden kann. Das Gleiche gilt, wenn die letzte bekannte Anschrift, unter der der Ausländer wohnt oder zu wohnen verpflichtet ist, durch eine öffentliche Stelle mitgeteilt worden ist. Der Ausländer muss Zustellungen und formlose Mitteilungen anderer als der in Absatz 1 bezeichneten öffentlichen Stellen unter der Anschrift gegen sich gelten lassen, unter der er nach den Sätzen 1 und 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen des Bundesamtes gegen sich gelten lassen muss. Kann die Sendung dem Ausländer nicht zugestellt werden, so gilt die Zustellung mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt.

(3) Betreiben Familienangehörige im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 ein gemeinsames Asylverfahren und ist nach Absatz 2 für alle Familienangehörigen dieselbe Anschrift maßgebend, können für sie bestimmte Entscheidungen und Mitteilungen in einem Bescheid oder einer Mitteilung zusammengefasst und einem Familienangehörigen zugestellt werden, sofern er volljährig ist. In der Anschrift sind alle volljährigen Familienangehörigen zu nennen, für die die Entscheidung oder Mitteilung bestimmt ist. In der Entscheidung oder Mitteilung ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, gegenüber welchen Familienangehörigen sie gilt.

(4) In einer Aufnahmeeinrichtung hat diese Zustellungen und formlose Mitteilungen an die Ausländer, die nach Maßgabe des Absatzes 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der Anschrift der Aufnahmeeinrichtung gegen sich gelten lassen müssen, vorzunehmen. Postausgabe- und Postverteilungszeiten sind für jeden Werktag durch Aushang bekannt zu machen. Der Ausländer hat sicherzustellen, dass ihm Posteingänge während der Postausgabe- und Postverteilungszeiten in der Aufnahmeeinrichtung ausgehändigt werden können. Zustellungen und formlose Mitteilungen sind mit der Aushändigung an den Ausländer bewirkt; im Übrigen gelten sie am dritten Tag nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt.

(5) Die Vorschriften über die Ersatzzustellung bleiben unberührt.

(6) Müsste eine Zustellung außerhalb des Bundesgebiets erfolgen, so ist durch öffentliche Bekanntmachung zuzustellen. Die Vorschriften des § 10 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes finden Anwendung.

(7) Der Ausländer ist bei der Antragstellung schriftlich und gegen Empfangsbestätigung auf diese Zustellungsvorschriften hinzuweisen.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 03.03.2015 wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 17.03.2015 gegen die von dem Antragsgegner mit Bescheid vom 03.03.2015 verfügte, mit Anordnung der sofortigen Vollziehung versehene Entziehung der Fahrerlaubnis.

2

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig und begründet.

3

Die Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ergeht aufgrund einer Interessenabwägung. In diese ist die Erfolgsaussicht des eingelegten Rechtsbehelfs dann maßgeblich einzustellen, wenn sie in der einen oder anderen Richtung offensichtlich ist. An der Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides kann kein besonderes Interesse bestehen. Ist der Bescheid hingegen offensichtlich rechtmäßig, ist ein Aussetzungsantrag regelmäßig anzulehnen. Lässt sich nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Überprüfung weder die Rechtmäßigkeit noch die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, so ergeht die Entscheidung aufgrund einer Interessenabwägung, in der gegenüberzustellen sind zum einen die Auswirkungen in Bezug auf das öffentliche Interesse in dem Fall, dass dem Antrag stattgegeben wird, die Klage im Hauptsacheverfahren indes erfolglos bleibt, und zum anderen die Auswirkungen auf den Betroffenen für den Fall, dass der Antrag abgelehnt, seine gegen die Verfügung erhobene Klage indes Erfolg hat (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 29.07.2013 - 2 MB 19/13 -).

4

Der Bescheid vom 03.03.2015 erweist sich weder als offensichtlich rechtmäßig noch als offensichtlich rechtswidrig. Bei der sodann vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt jedoch das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin.

5

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV. Erweist sich nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel der Anlage 4 zur FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen worden ist und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

6

Die Ungeeignetheit der Antragstellerin zum Führen von Kraftfahrzeugen steht derzeit nicht fest.

7

Nach Nr. 9.1 in Verbindung mit Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV wird ein Kraftfahrer, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) einnimmt, im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sein.

8

In Bezug auf Cannabis differenziert die Fahrerlaubnis-Verordnung zwischen dem regelmäßigen und dem gelegentlichen Cannabiskonsum. Nach Nr. 9.2.1 in Verbindung mit Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV wird ein Kraftfahrer, der regelmäßig Cannabis einnimmt, im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sein. Ferner gilt nach Nr. 9.2.2 in Verbindung mit Vorbemerkung Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV, dass ein Kraftfahrer auch dann, wenn er gelegentlich Cannabis einnimmt, im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist, wenn keine Trennung zwischen Konsum und Fahren erfolgt oder wenn zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen oder eine Störung der Persönlichkeit oder ein Kontrollverlust vorliegen.

9

Fest steht, dass sich die Antragstellerin nicht nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat, da sie keine harten Betäubungsmittel im Sinne des BtMG eingenommen hat. In der von der Antragstellerin am 05.11.2014 abgegeben Urinprobe ist zwar Tetrazepam festgestellt worden, wie sich dem Gutachten vom 09.12.2014 (Bl. 19 der Beiakte A) entnehmen lässt. Tetrazepam wird auch grundsätzlich in der Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz (BtMG) - verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel - aufgeführt. Allerdings ist dort eine Ausnahme enthalten, indem es heißt:

10

„Tetrazepam

11

- ausgenommen in Zubereitungen, die ohne einen weiteren Stoff der Anlagen I bis III je abgeteilte Form bis zu 100 mg Tetrazepam enthalten -"

12

Die Antragstellerin hat im Verwaltungsverfahren und im Eilverfahren vorgetragen, dass ihr im März 2011 nach einer Operation am Schädel und damit einhergehenden Nackenverspannungen Tetrazepam von ihrer damaligen Ärztin verschrieben worden sei. Im Eilverfahren hat sie dies zudem an Eides statt versichert und das Rezept der Apotheke Tellingstedt vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass am 16.03.2011 Tetrazepam-r. 50 mg Filmtabletten (20 Stück) erworben worden sind. Die Antragstellerin hat weiterhin an Eides statt versichert, dass sie einige Tage vor dem 05.11.2014 (dem Tag der Urinabgabe) erneut unheimliche Nackenverspannungen gehabt habe, weshalb sie aus der angebrochenen Packung Tetrazepam eine Tablette genommen habe.

13

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der festgestellte Tetrazepam-Wert im Urin auf einen Konsum von anderen tetrazepamhaltigen Mitteln, welche eine Konzentration von mehr als 100 mg je abgeteilter Form aufweisen, zurückzuführen ist. Dies wird auch von dem Antragsgegner nicht behauptet, weshalb die Kammer davon ausgeht, dass der festgestellte Tetrazepam-Wert im Gutachten vom 09.12.2014 auf den Konsum von 50 mg Filmtabletten Tetrazepam zurückgeht. Ausweislich der - im Internet aufgefundenen - Gebrauchsinformation der Tetrazepam-r. 50 mg Filmtablette enthält diese 50 mg Tetrazepam sowie als sonstige Bestandteile mikrokristalline Cellulose, Maisstärke, Magnesiumstearat, hochdisperses Siliciumdioxid, Hypromellose, Glycerol, Marcrogol 6000 und Titandioxid. Die sonstigen Bestandteile sind allesamt nicht in den Anlagen I bis III des BtMG enthalten, was dazu führt, dass die 50 mg Filmtablette Tetrazepam des Herstellers r. kein Betäubungsmittel im Sinne des BtMG darstellt.

14

Auf die Frage der bestimmungsgemäßen Einnahme, die vom Antragsgegner angezweifelt wird, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Für die Frage der Einordnung als Betäubungsmittel ist ebenso wenig von Bedeutung, dass tetrazepamhaltige Arzneimittel seit dem 01.08.2013 in Deutschland nicht mehr verschrieben werden dürfen.

15

Ob die Antragstellerin sich nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat, ist hingegen offen.

16

Aus dem eingeholten forensisch-toxikologischen Gutachten vom 07.04.2014 (Bl. 6 der Beiakte A) ergibt sich zwar, dass die Antragstellerin nicht über das nach Nr. 9.2.2. der Anlage zur FeV erforderliche Trennungsvermögen zwischen dem Konsum von Cannabis einerseits und der Teilnahme am Straßenverkehr andererseits verfügt. Die im Gutachten festgestellte THC-Konzentration von 2,0 ng/ml spricht dafür, dass die Antragstellerin nur wenige Stunden vor der Überprüfung durch die Polizei noch Cannabis konsumiert hat. Die Kammer geht davon aus, dass ab einem gemessenen THC-Wert von 1,0 ng/ml im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges dies als ein Beleg für eine mangelnde Trennungsfähigkeit im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV angesehen werden kann (so auch OVG Schleswig, Beschluss vom 09.05.2005 - 4 MB 43/05; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.11.2004 - 10 S 2194/04 = ZfS 2005, 155; OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.07.2003 - 12 ME 287/03 = NVwZ-RR 2003, 899 ff.).

17

Diese festgestellte fehlende Trennungsfähigkeit reicht allein indes nicht aus, um von der Verwirklichung des Tatbestandes der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV und damit von einer Ungeeignetheit im Sinne des § 46 Abs. 1 FeV ausgehen zu können. Nach dem klaren Wortlaut dieser Regelung ist kumulative Voraussetzung die gelegentliche Einnahme von Cannabis. Für die Annahme eines gelegentlichen Cannabiskonsums wird zumindest ein zweimaliger Konsum verlangt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 10.02.2009 - 12 ME 361/08 -). Von einem gelegentlichen Konsum von Cannabis ist aber auch auszugehen, wenn der Betroffene lediglich einen einmaligen Konsum einräumt, ohne nachvollziehbar darzulegen, welche besonderen Umstände die Annahme eines tatbestandlich besonders gelagerten Ausnahmefalls rechtfertigen (OVG Schleswig, Beschluss vom 06.12.2010 - 2 O 49/10 -). Es widerspricht nämlich jeglicher Lebenserfahrung und Wahrscheinlichkeit, dass ein Verkehrsteilnehmer, der unter Cannabiseinfluss am Straßenverkehr teilgenommen hat, bereits nach dem erst- und einmaligen Konsum von Cannabis in eine polizeiliche Kontrolle gerät. Zwar ist ein solcher Ausnahmefall nicht absolut auszuschließen. Es obliegt aber dem Betroffenen, durch substantiierten Vortrag einen solchen atypischen Geschehensablauf zu belegen (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 13.01.2010 - 2 MB 178/09 -).

18

Eine gelegentliche Einnahme von Cannabis steht derzeit nicht fest. Die Antragstellerin hat in der Antragsschrift vorgebracht, dass sie sich vor dem 24.03.2014 habe hinreißen lassen, in größerer Runde einmal in Form des Mitrauchens eines Joints Cannabis zu konsumieren. Sie hat hiermit einen einmaligen Konsum eingeräumt und ebenfalls dargestellt, wie es zu diesem Konsumakt gekommen ist. Dies ist zwar nicht überaus detailliert erfolgt. Ihrer Darlegungslast ist die Antragstellerin vorerst - im Eilverfahren - jedoch deshalb hinreichend nachgekommen, weil die Frage, wie es zu dem Konsumakt am 24.03.2014 gekommen ist, im Verwaltungsverfahren, insbesondere im Bescheid vom 03.03.2015 gar nicht thematisiert worden ist. In einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren wäre die Antragstellerin jedoch verpflichtet, die Umstände des behaupteten Konsumaktes näher darzulegen. Ferner wäre dieser Behauptung - etwa durch eine Befragung der Antragstellerin - weiter nachzugehen.

19

Wenn im Bescheid vom 03.03.2015 ausgeführt wird, dass die Feststellung von Tetrazepam nicht als Abstinenzbeleg im Sinne der Beurteilungskriterien für die Fahreignungsbegutachtung verwendet werden könne und die Antragstellerin sich aus diesem Grund als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe, geht diese Einschätzung fehl. Die Feststellung von Tetrazepam belegt nicht den gelegentlichen Cannabiskonsum der Antragstellerin.

20

Im Übrigen ist nur im Falle der Abhängigkeit von Betäubungsmitteln in der Regel eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung zu fordern, die stationär oder im Rahmen anderer Einrichtungen für Suchtkranke erfolgen kann. Nach der Entgiftungs- und Entwöhnungszeit ist in der Regel eine einjährige Abstinenz durch ärztliche Untersuchungen nachzuweisen (vgl. Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Stand: 1. Mai 2014, S. 74 und Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV).

21

Die seitens des Antragsgegners angeordnete chemisch-toxikologische Untersuchung (CTU) ist insoweit auch kein taugliches Mittel, um festzustellen, ob ein gelegentlicher Cannabiskonsum gegeben ist. Mit der CTU können nach den Beurteilungskriterien in der Fahreignungsbegutachtung (3. Aufl. 2013, S. 244) u.a. Abstinenzzeiträume für Suchtstoffe untersucht werden. Bei der Abgabe von Urinproben kann in der CTU in Bezug auf Cannabis das Hauptmetabolit THC-COOH-Glucuronid bei einem einmaligen Probierkonsum nur ca. 2-3 Tage, bei vereinzeltem/gelegentlichem Konsum nur 2-4 Tage, bei mehrmals wöchentlichem Konsum 5-14 Tage und bei Dauerkonsumenten 2-6 Wochen nachgewiesen werden (vgl. Beurteilungskriterien in der Fahreignungsbegutachtung, 3. Aufl. 2013, S. 249).

22

Die sodann vorzunehmende Interessenabwägung geht zugunsten der Antragstellerin aus. Hierbei fällt ins Gewicht, dass auch seitens des Antragsgegners bislang nicht behauptet worden ist, dass die Antragstellerin gelegentlich Cannabis konsumiert. Insbesondere hat der Antragsgegner der Antragstellerin die Fahrerlaubnis nach dem Vorfall vom 24.03.2014 zunächst belassen. Die Entziehung erfolgte lediglich wegen des festgestellten Tetrazepam-Wertes, welcher jedoch für die Frage der Entziehung ohne Bedeutung ist.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

24

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Ziffer 2 GKG.


(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Streitigkeiten nach diesem Gesetz sollen in besonderen Spruchkörpern zusammengefasst werden.

(2) Die Landesregierungen können bei den Verwaltungsgerichten für Streitigkeiten nach diesem Gesetz durch Rechtsverordnung besondere Spruchkörper bilden und deren Sitz bestimmen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf andere Stellen übertragen. Die nach Satz 1 gebildeten Spruchkörper sollen ihren Sitz in räumlicher Nähe zu den Aufnahmeeinrichtungen haben.

(3) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung einem Verwaltungsgericht für die Bezirke mehrerer Verwaltungsgerichte Streitigkeiten nach diesem Gesetz hinsichtlich bestimmter Herkunftsstaaten zuzuweisen, sofern dies für die Verfahrensförderung dieser Streitigkeiten sachdienlich ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf andere Stellen übertragen.

§§ 169, 171a bis 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung finden entsprechende Anwendung.

(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.

(2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 Satz 3 Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.

(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.

(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.

(4) Sichere Übermittlungswege sind

1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt,
2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts,
6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
Das Nähere zu den Übermittlungswegen gemäß Satz 1 Nummer 3 bis 5 regelt die Rechtsverordnung nach Absatz 2 Satz 2.

(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.

(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.

(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Gegen das Urteil eines Verwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 2) steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Kläger und der Beklagte der Einlegung der Sprungrevision schriftlich zustimmen und wenn sie von dem Verwaltungsgericht im Urteil oder auf Antrag durch Beschluß zugelassen wird. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich zu stellen. Die Zustimmung zu der Einlegung der Sprungrevision ist dem Antrag oder, wenn die Revision im Urteil zugelassen ist, der Revisionsschrift beizufügen.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 vorliegen. Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Die Ablehnung der Zulassung ist unanfechtbar.

(3) Lehnt das Verwaltungsgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluß ab, beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung von neuem, sofern der Antrag in der gesetzlichen Frist und Form gestellt und die Zustimmungserklärung beigefügt war. Läßt das Verwaltungsgericht die Revision durch Beschluß zu, beginnt der Lauf der Revisionsfrist mit der Zustellung dieser Entscheidung.

(4) Die Revision kann nicht auf Mängel des Verfahrens gestützt werden.

(5) Die Einlegung der Revision und die Zustimmung gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Verwaltungsgericht die Revision zugelassen hat.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.