Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 15. Apr. 2016 - 4 K 143/15

bei uns veröffentlicht am15.04.2016

Tenor

Die Gebührenfestsetzung unter Nr. IV. im Bescheid der Beklagten vom 19.09.2014 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass das Betretungs- und Aufenthaltsverbot unter Nr. I.1. in den Bescheiden der Beklagten vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 rechtswidrig war, soweit dieses Verbot auch für den Zeitraum nach dem 01.11.2014 galt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt 2/3, die Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen Meldeauflagen sowie Betretungs- und Aufenthaltsverbote im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen.
Das Polizeipräsidium F., Polizeirevier F.-Süd, stellte unter dem 23.07.2014 bei der Beklagten den Antrag auf Erlass einer Meldeauflage und eines näher bezeichneten Aufenthalts- und Betretungsverbots gegenüber dem Kläger bezüglich Fußballpartien unter Beteiligung der Bundesliga- und der Regionalligamannschaften des SC F. und begründete dies unter Auflistung bestimmter Vorfälle damit, dass der Kläger seit mehreren Jahren in der F.er Ultraszene aktiv und in der Vergangenheit wiederholt im direkten sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit Spielen des SC F. mit gewalttätigem bzw. gewaltbereitem Verhalten polizeilich in Erscheinung getreten sei.
Mit Bescheid vom 30.07.2014 erließ die Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. II.) gegenüber dem Kläger ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot; dieses Verbot galt für im Einzelnen aufgeführte Spieltage einer Mannschaft des SC F. für Termine zwischen dem 02.08.2014 und dem 20.09.2014 jeweils für den Zeitraum von10.00 Uhr bis 22.00 Uhr für im Bescheid näher konkretisierte Bereiche im Umfeld des SC-Stadions, des X-Stadions, der Z-straße sowie von Teilen der Innenstadt und des Stadtteils Y (Nr. I.1.). Ferner wurde dem Kläger aufgegeben, sich an bestimmten Spieltagen des SC F. zu bestimmten Zeiten beim Polizeirevier F.-Nord zu melden (Nr. I.2.). Unter Nr. III wurde dem Kläger für den Fall, dass er der Anordnung nach Nr. I.1. nicht nachkomme, die Anwendung von unmittelbarem Zwang und für jeden Verstoß gegen die Meldeverpflichtung (Nr. I.2.) ein Zwangsgeld von je 500,-- EUR angedroht. Ferner wurde für den Bescheid eine Gebühr i.H.v. 150,-- EUR festgesetzt (Nr. IV.).
Mit Bescheid vom 06.08.2014 wurde der Bescheid vom 30.07.2014 unter Ziff. I.2. hinsichtlich dreier Daten dahingehend abgeändert, dass er sich beim Polizeirevier F.-Süd zu melden habe. Der Bescheid vom 30.07.2014, in dem, so die Beklagte, irrtümlich einzelne Spieltage falsch benannt worden seien, wurde mit Ausnahme der unter IV. erfolgten Gebührenfestsetzung i.H.v. 150,-- EUR, welche bestehen blieb, ferner durch Bescheid der Beklagten vom 19.08.2014 ersetzt. Die Änderungen im Tenor des Bescheides bezogen sich auf Terminkorrekturen.
Der Kläger legte am 27.08.2014 Widerspruch gegen die Betretungs- und Aufenthaltsverbote vom 30.07.2014 und 19.08.2014 ein, den er mit Schreiben vom 03.09.2014 auf den Bescheid vom 06.08.2014 erstreckte.
Mit Schreiben vom 10.09.2014 gewährte die Beklagte dem Kläger rechtliches Gehör zu Maßnahmen (Meldeauflagen und Betretungs- und Aufenthaltsverbot) für den Zeitraum zwischen dem 21.09. und 20.12.2014.
Mit Bescheid vom 19.09.2014 erließ die Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. II.) gegenüber dem Kläger ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot; dieses Verbot galt für im Einzelnen aufgeführte Spieltage der Bundes- und Regionalligamannschaften des SC F. für Termine zwischen dem 27.09.2014 und dem 19.12.2014 jeweils für den Zeitraum von 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr für im Bescheid näher konkretisierte Bereiche im Umfeld des SC-Stadions, des X-Stadions, der Z-straße sowie von Teilen der Innenstadt und des Stadtteils Y (Nr. I.1.). Ferner wurde dem Kläger aufgegeben, sich an bestimmten Spieltagen des SC F. zu bestimmten Zeiten beim Polizeirevier F.-Süd zu melden (Nr. I.2.). Unter Nr. III wurde dem Kläger für den Fall, dass er der Anordnung nach Nr. I.1. nicht nachkomme, die Anwendung von unmittelbarem Zwang und für jeden Verstoß gegen die Meldeverpflichtung (Nr. I.2.) ein Zwangsgeld von je 500,-- EUR angedroht. Ferner wurde für den Bescheid eine Gebühr i.H.v. 150,-- EUR festgesetzt (Nr. IV.). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei dem Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und dem gewaltbereiten Spektrum der F.er Fußballszene zuzuordnen. Er sei derzeit in der Gruppierung „C“ aktiv, davor bei „W F.“. Er sei wiederholt im direkten sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den Spielen des SC F. mit gewalttätigem bzw. gewaltbereitem Verhalten polizeilich in Erscheinung getreten. Wegen eines Vorfalls vom 30.12.2009, bei dem sich der Kläger in einer Gruppe F.er Ultras befunden habe, welche nach dem Eishockeyspiel EHC F. - AB auf die abwandernden AB Fans gestürmt sei, sei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und zwischenzeitlich von der Staatsanwaltschaft F. gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Am 04.08.2012 sei es in der Z-straße in F. zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren F.er und T.er Ultras gekommen. Er habe einen T.er Ultra geschlagen und getreten. Das Verfahren wegen Körperverletzung sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Das aufgrund des Vorfalls vom 01.12.2013 - Beleidigung eines Polizeibeamten mit den Worten „Halt die Fresse du Wichser“ eingeleitete Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Am 21.03.2014 habe der Kläger mit mehreren F.er Ultras nach einem Bundesligaspiel im Stadion einer Person mit der Faust ins Gesicht geschlagen; das Verfahren sei gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt worden. Am 29.03.2014 sei es am Fanprojekt F. zu einer Massenschlägerei zwischen einer Vielzahl von Ultras aus N. und F. gekommen; Videoaufnahmen zeigten den Kläger, wie er mehrfach auf N.er Fans einschlage. Für den Kläger bestehe ein bundesweites Stadionverbot bis zum 21.03.2017. Die Polizei habe nach §§ 1, 3 PolG diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen zur Abwendung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich erschienen. Aufgrund von § 27a Abs. 2 PolG könne einer Person ein Aufenthaltsverbot bis zu drei Monaten für ein bestimmtes Gebiet erteilt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu deren Begehung beitragen werde. Um weitere Straftaten des Klägers im Umfeld des SC-F.-Stadions, in der Innenstadt und in Teilen des Stadtteils Y zu verhindern, werde dem Kläger das Betreten und der Aufenthalt in dem unter Ziff. I.1. näher definierten Bereich zu den dort genannten Zeiten untersagt. Dieser Bereich beschränke sich auf das Gebiet des üblichen Aufenthalts von Gästefans sowie auf die erfahrungsgemäß genutzten Haltestellen des öffentlichen Personenverkehrs durch diese. Der zeitliche Geltungsbereich dieser Verfügung sei aufgrund der üblichen Aufenthaltszeiten von Gästefans bei Spielen des SC F. festgelegt. Der von dieser Verfügung umfasste Bereich von F. beherberge eine Vielzahl an Gaststätten, die durch die Fans der Gastmannschaften während der vergangenen Spiele in F. ausgesucht worden seien. Die Anordnung des Aufenthaltsverbots sei hinsichtlich der jeweiligen Dauer unter Abwägung der zu schützenden Rechtsgüter der Allgemeinheit und der Bewegungsfreiheit des Klägers erforderlich und angemessen. Durch das Aufenthaltsverbot werde der Kläger nicht erheblich in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, weil er weder im Geltungsbereich dieses Aufenthaltsverbots wohne noch dort eine Einrichtung ersichtlich sei, die er zu den Geltungszeiten des Verbots aufsuchen müsse. Das Aufenthaltsverbot sei ein geeignetes Mittel, um den Kläger vom näher definierten Bereich fernzuhalten. Durch sein Verhalten habe der Kläger gezeigt, dass er sich nicht an geltende Gesetze (z.B. Strafgesetze) halte. Es sei nicht davon auszugehen, dass er ohne weitere Maßnahmen künftig von seinem gewalttätigen und ordnungsstörenden Verhalten ablasse. Die körperliche Unversehrtheit anderer, ein besonders schützenswertes Rechtsgut, habe der Kläger durch sein Verhalten immer wieder bedroht. Es könne nicht hingenommen werden, dass durch das Verhalten Einzelner Gefahren für die Allgemeinheit entstünden. Eine andere, den Kläger weniger beeinträchtigende Maßnahme, die den gleichen Zweck erfülle, sei nicht ersichtlich. Aus diesen Gründen sei auch angeordnet worden, dass sich der Kläger zu den unter Ziff. I.2. genannten Zeiten beim Polizeirevier F.-Nord bzw. -Süd melde. Nur so werde verhindert, dass der Kläger bei Auswärtsspielen des SC F. an hooligantypischen Auseinandersetzungen teilnehme oder in anderer Weise Straftaten begehe, die im Zusammenhang mit der jeweiligen Fußballpartie stünden. Die Maßnahme sei geeignet, den Kläger von einer Anreise zum Auswärtsspielort abzuhalten. Sie sei auch angemessen und beeinträchtige den Kläger nicht in unzumutbarer Weise in seiner Bewegungsfreiheit, zumal bei wichtigen Gründen eine Ausnahmemöglichkeit eingeräumt werde. Sie sei auch erforderlich im Hinblick auf die oben geschilderten Gefahren für Leib und Leben Dritter. Eine mildere Maßnahme sei nicht ersichtlich. Zur Durchsetzung der Ziff. I.1. sei die Androhung unmittelbaren Zwangs erforderlich, da die verfügte Maßnahme im Falle der Nichtbeachtung nur auf diese Weise sofort umgesetzt werden könne. Die förmliche Festsetzung eines Zwangsgeldes sei untunlich. Auch zur Durchsetzung der Meldeauflage sei die Androhung eines Zwangsmittels erforderlich. Das Zwangsgeld stelle das mildeste geeignete Mittel dar. Die Höhe des Zwangsgelds sei angemessen.
Unter dem 06.10.2014 erließ die Beklagte einen mit „Ergänzungsverfügung“ überschriebenen weiteren Bescheid, durch den der Bescheid vom 19.09.2014 hinsichtlich der am 19.09.2014 noch nicht bekannten konkreten Zeitpunkte dreier Fußballbegegnungen konkretisiert, insbesondere um eine am 21.12.2014 stattfindende Begegnung ergänzt wurde. Der Erlass dieses Bescheides war bereits im Bescheid vom 19.09.2014 angekündigt worden. Der Bescheid vom 06.10.2014 enthält keine Gebührenfestsetzung.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 20.10.2014 gegen die Bescheide vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 Widerspruch ein.
10 
Mit Schreiben vom 03.11.2014 wies das Regierungspräsidium F. den Kläger darauf hin, dass sich der Widerspruch vom 27.08.2014 durch Zeitablauf erledigt habe.
11 
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2014, zugestellt am 22.12.2014, wies das Regierungspräsidium F. den Widerspruch gegen die Bescheide der Stadt F. vom 19.09.2014 und 06.10.2014 zurück. Es sei zwar zulässig Widerspruch erhoben worden, dieser sei aber unbegründet, da die angefochtenen Verfügungen rechtmäßig seien. Die von der Stadt F. getroffene, auf den konkreten polizeilichen Erkenntnissen und Ermittlungen beruhende, aktuell bei Verfügungserlass vorgenommene Gefahrenprognose sei nicht zu beanstanden. Es gebe ausreichende und hinreichend sicher festgestellte Tatsachen und Anhaltspunkte, die eine vom Kläger ausgehende polizeirechtliche Gefahr auch aktuell begründen könnten. Dass die Beklagte neben neueren auch ältere Vorfälle in die Gefahrenprognose einbezogen habe, sei nicht zu beanstanden. Ebenso wenig sei zu beanstanden, dass neben einem konkreten gefahrenabwehrrechtlich relevanten Verhalten auch der Umstand, dass der Kläger zum Personenkreis Gewalttäter Sport zähle, berücksichtigt worden sei. Nicht von Bedeutung sei, dass es nicht in allen Fällen zu einer strafrechtlichen Verurteilung des Klägers gekommen sei. Auch die Berücksichtigung der zulässigen Höchstdauer eines Aufenthalts- und Betretungsverbots führe nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn die getroffenen Aufenthaltsverbote beträfen nur eine auf die Spieltage beschränkte Mehrzahl von Tagen. Da eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt bestanden habe, habe auch nach Ablauf einer Anordnung für die Dauer von drei Monaten eine erneute Anordnung ergehen können. Für den Widerspruch gegen Gebührenbescheide sei das Regierungspräsidium F. nicht zuständig.
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Der Kläger hat am 22.01.2015 Klage erhoben. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte habe, da Wiederholungsgefahr vorliege. Der Kläger beabsichtige, auch in Zukunft Spiele des SC F. in der Bundesliga und auch Spiele der zweiten Mannschaft zu besuchen. Der Bescheid vom 19.09.2014 sei, was die Mannschaft des SC F. II angehe, unbestimmt, weil die in diesem Bescheid angekündigten Änderungen nie erfolgt seien. Es würden von der Beklagten auch Vorfälle herangezogen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides mehr als ein Jahr zurückgelegen hätten. Dies reiche, wie der VGH Baden-Württemberg entschieden habe, für eine Gefährdungsprognose nicht aus, denn diese müsse hinreichend aktuell sein. Dies gelte hier für angebliche Ereignisse vom 30.12.2009 und vom 04.08.2012 nicht. Die Ausführungen im Ursprungsbescheid unter Ziff. 5 seien nur allgemeiner Natur und könnten für eine Gefahrenprognose, bezogen auf den Kläger, nicht herangezogen werden. Allgemeine, floskelhafte Begründungen oder gar vorformulierte Textbausteine reichten gerade nicht aus, um eine Gefahrenprognose zu erstellen. Auch der bloße Umstand früherer Ermittlungsverfahren genüge nicht. Ein Strafverfahren sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Hinsichtlich der Beleidigung sei der Kläger zwar in der Tat verurteilt worden, aber es entspreche nicht den Tatsachen, dass der Kläger deshalb eine Gefahr für Leib und Leben anderer und für Sachwerte darstelle. Das von der Beklagten unter Ziff. 4 des angefochtenen Bescheids angeführte Verfahren sei eingestellt worden. Der Kläger verwehre sich dagegen, dass behauptet werde, er habe sich im Rahmen der Ereignisse vom 21. und 29.03.2014 an körperlichen Auseinandersetzungen beteiligt und dabei andere Personen geschlagen. Auch was die angebliche Wiederholungsgefahr angehe, beschränke sich die Beklagte auf allgemeine Floskeln und Allgemeinausführungen. Es fehle in den angefochtenen Bescheiden an einer sorgfältigen, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgerichteten, am Einzelfall orientierten kriminalistisch-prognostischen Erfassung und Bewertung der konkreten Tatumstände wie auch der Täterpersönlichkeit.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Gebührenfestsetzung unter Nr. IV. im Bescheid der Beklagten vom 19.09.2014 aufzuheben sowie festzustellen, dass das Betretungs- und Aufenthaltsverbot und die Meldeverpflichtung unter den Nummern I.1. und I.2. in den Bescheiden der Beklagten vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 rechtswidrig waren.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Die Klage sei bereits unzulässig. Denn es bestehe kein für die Erhebung einer Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliches Feststellungsinteresse. Insbesondere bestehe keine Wiederholungsgefahr. Auch Art. 19 Abs. 4 GG begründe hier kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, denn eine typischerweise kurzfristige Erledigung liege in der vorliegenden Konstellation erkennbar nicht vor. Die Klage sei auch unbegründet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot nach § 27a Abs. 2 PolG lägen vor. Jedenfalls die Zugehörigkeit zur Hooligan-Szene könne als Gefahr für die öffentliche Sicherheit angesehen werden, selbst wenn der Betreffende bislang nicht einschlägig vorbestraft sei. Die vom Betreffenden ausgehende Gefahr bestehe bereits darin, dass er durch die zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu der entsprechenden Szene die Gewaltbereitschaft dieser Personen fördere und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwendeten, zumindest eine psychologische Stütze darstelle. Eines eigenen Tatbeitrags bedürfe es insoweit nicht. Daher sei die Beklagte auch beim Kläger zu Recht von einer entsprechend vorliegenden Gefahr und somit von der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 PolG ausgegangen. In der Folge wiederholt und vertieft die Beklagte die bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Erkenntnisse und trägt ergänzend vor, dass die Maßnahmen geeignet seien, Gewalttaten zu unterbinden oder das Risiko solcher zu minimieren, was eindrücklich die aktuelle Statistik der Hinrunde 2014/15 ergeben habe, in der es lediglich drei Straftaten, begangen von Angehörigen der Ultraszene, gegeben habe. Die szenekundigen Beamten hätten feststellen können, dass sich durch die Abwesenheit der wichtigsten Führungspersonen der Ultragruppierungen die Stimmung bei den Ultras und auch deren Verhalten, was die Gewaltbereitschaft angehe, deutlich beruhigt habe.
18 
Der Kammer haben die einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums F. (jew. 1 Heft) vorgelegen. Ferner haben die Strafakten in den genannten Verfahren vorgelegen, deren wesentliche Inhalte kopiert und der Gerichtsakte beigefügt wurden. Hierauf sowie auf die Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
19 
Die im Wege objektiver Klagehäufung (§ 44 VwGO) erhobene Klage ist zulässig.
20 
1. Soweit sich der Kläger gegen die Gebührenfestsetzung in den Bescheiden vom 19.09.2014 (dort unter Nr. IV.) wendet, ist die Klage als Anfechtungsklage in Form der Untätigkeitsklage gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig, nachdem die Beklagte, die insoweit selbst Widerspruchsbehörde gewesen wäre, keinen Widerspruchsbescheid erlassen hat.
21 
2. Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass das Betretungs- und Aufenthaltsverbot und die Meldeverpflichtung (im Folgenden gemäß dem üblichen Sprachgebrauch bezeichnet als „Meldeauflage“) unter den Nummern I.1. und I.2. in den Bescheiden der Beklagten vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 rechtswidrig waren, ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.
22 
2.1 Die hier streitgegenständlichen Regelungen (Betretens- und Aufenthaltsverbote bzw. Meldeauflagen) bezogen sich auf das Jahr 2014 und haben sich daher zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt (§ 43 Abs. 2 LVwVfG). Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher (nach Klagerhebung, aber vor gerichtlicher Entscheidung) durch Rücknahme oder auf andere Weise, etwa durch Zeitablauf, erledigt hat, wie es beim Bescheid vom 19.09.2014 der Fall ist, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
23 
2.2 Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklagen steht nicht der Ablauf von Rechtsmittelfristen entgegen. Denn im Hinblick auf die Bescheide der Beklagten vom 19.09.2014 und 06.10.2014 wurde der fristgerecht eingelegte Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F. vom 18.12.2014, zugestellt am 22.12.2014, zurückgewiesen. Erledigung trat am 21.12.2014, 22:00 Uhr ein, somit während der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO. Da die Klage am 22.01.2015 und damit binnen Monatsfrist erhoben wurde, bestehen keine Bedenken an der Zulässigkeit der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage.
24 
2.3 Der Kläger kann ferner bezüglich beider mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffenen Verwaltungsakte ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für sich reklamieren.
25 
Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat.
26 
2.3.1 Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich vorliegend ungeachtet der Frage, inwieweit ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot den grundrechtsrelevanten Bereich der Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 24.09.2014 - 5 K 659/14.F -, juris; a.A. Bayer. VGH, Beschluss vom 09.06.2006 - 24 CS 06.1521 -, juris) bzw. das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 GG (VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; Stephan/Deger, PolG BW, 7. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035) berührt und deshalb einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff begründet, bereits aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 Abs. 4 GG. Denn das polizeirechtliche, auf § 27a Abs. 2 PolG gestützte Betretungs- und Aufenthaltsverbot, das zeitlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken ist und die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten darf (vgl. § 27a Abs. 2 Sätze 2, 3 PolG) und dessen gerichtlicher Überprüfung zudem ein Widerspruchsverfahren vorgeschaltet ist, gehört zu den sich typischerweise vor der Möglichkeit der Erlangung verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren erledigenden Maßnahmen. In diesen Fällen gebietet Art. 19 Abs. 4 GG die Annahme eines von der Schwere des Grundrechtseingriffs unabhängigen Fortsetzungsfeststellungsinteresses (vgl. dazu ausführlich VG Freiburg, Urteil vom 25.09.2015 - 4 K 35/15 -, juris; so auch Sächs. OVG, Urteil vom 27.01.2015 - 4 A 533/13 -, juris; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 Rn. 145, m.w.N.; Fehling/Kastner/Störmer, VerwR, § 113 VwGO Rn. 110; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 113 Rn. 282 f.).
27 
2.3.2 Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse daneben wegen eines Rehabilitierungsinteresses des Klägers zu bejahen ist.
28 
Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris).
29 
Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten beruhen vom maßgebenden Empfängerhorizont aus auf dem Vorwurf, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und sei gewalttätiges Mitglied der Ultra-Vereinigung „C“. Es spricht einiges dafür, dass dieser Vorwurf der Beklagten und die daraus resultierende Stigmatisierung des Klägers als einem für seine Umwelt in bestimmten Situationen gefährlichen, sich in strafwürdiger Weise gewalttätig verhaltenden Menschen, der sich aufgrund seines Verhaltens an einer relevanten Zahl von Wochenenden über Stunden hinweg nicht im Innenstadtbereich seines Wohnorts aufhalten darf, sich als gegenüber dem Kläger diskriminierend und seinen grundrechtlichen Ehrschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigend darstellt (so etwa VG Stuttgart, Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Dies kann jedoch im Ergebnis offen bleiben.
II.
30 
Die danach zulässige Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist das unter Nr. I.1. in den Bescheiden der Beklagten vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 verhängte Betretungs- und Aufenthaltsverbot rechtmäßig gewesen. Auch die unter Nr. I.2. verhängte Meldeauflage ist rechtlich nicht zu beanstanden.
31 
1. Die Bescheide vom 19.09.2014 und 06.10.2014 sind formell rechtmäßig zustande gekommen.
32 
1.1 Insbesondere wurde der Kläger im Vorfeld des Erlasses des Bescheids vom 19.09.2014 angehört (vgl. Schreiben vom 10.09.2014), wobei die recht kurze Frist zur Stellungnahme umso weniger Bedenken aufwirft, als es sich hierbei inhaltlich lediglich um die Verlängerung bereits bestehender Verbote bzw. Verpflichtungen handelt, gegen die der Prozessbevollmächtigte des Klägers bereits Widerspruch eingelegt und in diesem Zusammenhang Akteneinsicht erhalten hat (vgl. Schreiben der Beklagten vom 29.08.2014). Zwar wurde der Kläger vor Erlass des Bescheides vom 06.10.2014 nicht separat angehört; bereits mit Schreiben vom 10.09.2014 war der Kläger aber allgemein zum Erlass von Betretungs- und Aufenthaltsverboten sowie Meldeauflagen für den Zeitpunkt 21.09.2014 bis zum 20.12.2014 unter Verweis auf die Begründung im Bescheid vom 19.08.2014 angehört worden. Gegenstand der Anhörung waren folglich der Sache nach auch die mit Bescheid vom 06.10.2014 verhängten Maßnahmen.
33 
1.2 Der Bescheid vom 19.09.2014 in seiner durch Bescheid vom 06.10.2014 ge-fundenen Gestalt erfüllt ferner die Anforderungen an die in § 39 Abs. 1 LVwVfG geregelte Begründungspflicht. Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG). In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 39 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG). Darauf, ob die Begründung auch inhaltlich Überlegungen enthält, die die angefochtene Entscheidung tragen können, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil § 39 LVwVfG nur die formelle Begründungspflicht regelt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2014 - 9 S 1722/13 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 12.10.2012 - 2 B 1135/12 -, juris; OVG Meckl.-Vorp., Beschluss vom 25.01.2010 - 3 L 89/06 -, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 39 Rn. 2).
34 
Die Beklagte hat die angefochtene Verfügung u.a. damit begründet, dass es anläss-lich von Fußballbegegnungen der ersten beiden Mannschaften des SC F. in letzter Zeit vermehrt zu Gewaltdelikten und anderen Straftaten durch Problemfans des SC F.s und gegnerischer Problemfans gekommen sei, die nicht nur im Bereich des Stadions, sondern auch in der Innenstadt und im angrenzenden Stadtteil Y stattgefunden hätten. Der Kläger sei dem Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und dem gewaltbereiten Spektrum der F.er Fußballszene zuzuordnen; beispielhaft werden mehrere Vorfälle angeführt, die nach Auffassung der Beklagten für das gewalttätige Verhalten des Klägers sprechen. Anschließend hat die Beklagte den sich für sie ergebenden Sachverhalt unter die Tatbestandsvoraussetzungen des § 27a Abs. 2 PolG subsumiert. Dass die Beklagte sich hierbei allgemein verwendeter Textbausteine bediente, ist unschädlich, da sie immer wieder den Bezug zum konkreten Fall des Klägers herstellte. Auch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Verbote wurde auf die konkrete Situation des Klägers eingegangen. Die Begründung ist daher im Lichte von § 39 LVwVfG nicht zu beanstanden.
35 
2. Das mit Bescheid vom 19.09.2014 unter Nr. I. gegen den Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot betreffend näher bestimmte Bereiche F.s an einzelnen Tagen im Zeitraum vom 27.09.2014 bis zum 21.12.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, entspricht zwar vollumfänglich den Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 Sätze 1, 2 PolG, ist jedoch teilweise wegen Verstoßes gegen § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG rechtswidrig.
36 
2.1 Nach § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird (Aufenthaltsverbot).
37 
Die Beklagte ist im Herbst 2014 zurecht davon ausgegangen, es bestünden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gerade in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde.
38 
Sie stützt die gegen den Kläger verhängten Aufenthalts- und Betretungsverbote auf Erkenntnisse der Polizei. Danach sei der Kläger mindestens im Zeitraum 30.12.2009 bis 21.03.2014 Mitglied der F.er Ultragruppierung „C“ gewesen. Die Gruppierung „C“ sei als äußerst gewalttätig einzustufen. Darüber hinaus gebe es konkrete polizeiliche Erkenntnisse über den Kläger. So habe sich der Kläger am 30.12.2009, als ein Zusammentreffen zwischen F.er Ultras und B.er Fans nur durch Polizeieinsatz habe verhindert werden können, unweit des Eisstadions zusammen mit anderen Mitgliedern der Ultras angetroffen werden können. Am 04.08.2012 sei es in der Z-straße in F. zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren F.er und T.er Ultras gekommen, wobei der Kläger einen T.er Fan geschlagen und getreten habe. Am 01.12.2013 habe der Kläger einen Polizeibeamten im Rahmen des Bundesligaspiels B. gegen den SC F. mit den Worten „Halt die Fresse du Wichser“ beleidigt. Am 21.03.2014 habe der Kläger mit mehreren F.er Ultras nach dem Bundesligaspiel SC F. gegen W. im Stadion auf den Geschädigten eingeschlagen. Am 29.03.2014 sei es am Fanprojekt F. zu einer Massenschlägerei zwischen einer Vielzahl von Ultras aus N. und F. gekommen; Videoaufnahmen zeigten den Kläger, wie er mit weiteren F.ern mehrfach auf N.er Ultras eingeschlagen habe.
39 
Die Beklagte hatte keinen Grund, an der Richtigkeit der schriftlich vorgelegten Erkenntnisse der szenekundigen Polizeibeamten zu zweifeln. Durch jahrelange Beobachtung der Hooligan- und Ultraszene sowie durch die Sachbearbeitung aller Delikte rund um Fußballspiele verfügen szenekundige Beamte über eine umfassende Personenkenntnis und sind in der Lage, Problemfans differenziert zu beurteilen; dies wurde auch deutlich anhand der Zeugenaussagen des szenekundigen Beamten R., der der Kammer genaue Beobachtungen schildern konnte. Für ihre Informationsgewinnung greifen sie auf die Zentrale Informationsstelle Sportveranstaltungen zurück, bei welcher sämtliche Hinweise aus allen Bundesligastandorten zentral gebündelt und von dort wieder an die einzelnen Dienststellen und hier an die szenekundigen Beamten weitergegeben werden. Außerdem stehen sie untereinander in ständigem Kontakt und beobachten die Hooligan- und Ultraszene anlässlich von Fußballspielen. Aus der Bündelung dieser Informationen wird das Erkenntnismaterial gewonnen, das zur Beurteilung der Gefahrenprognose bei präventiven Maßnahmen zu Grunde gelegt wird (VG Minden, Urteil vom 29.06.2005 - 11 K 2952/04 -, juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris; VG München, Urteil vom 25.02.2010 - M 22 K 08.203 -, juris; VG Meiningen, Urteil vom 08.02.2011 - 2 K 453/09 Me -, juris).
40 
Diese polizeiliche Auswertung der Sachlage und Gefahreneinschätzung rechtfertigte ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot gegen den Kläger für Bereiche der Innenstadt bzw. um das Stadion herum. Denn die Kammer ist auf Grundlage der beigezogenen Strafakten sowie der in der mündlichen Verhandlung erfolgten informatorischen Anhörung des Klägers und der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass im Herbst 2014 hinreichende Tatsachen vorgelegen haben, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger im Sinne des § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG in den genannten Bereichen eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde.
41 
Die Rechtsprechung stellt im Zusammenhang mit der Frage, wann gegen ein Mitglied einer gewaltbereiten Fangruppierung bzw. einer Hooligangruppe ein Aufenthalts- und Betretungsverbot erlassen werden kann, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person in dem vom Aufenthaltsverbot erfassten Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, keine allzu strengen Anforderungen. So wird zu Recht nicht verlangt, dass dem Betroffenen im Einzelnen eine konkrete Tatbegehung nachgewiesen werden kann (VG Minden, Beschluss vom 02.10.2014 - 11 L 763/14 -, juris; VG Köln, Beschluss vom 21.08.2015 - 20 L 2023/15 -, juris; VG Arnsberg, Beschluss vom 01.07.2009 - 3 L 345/09 -, juris; VG Aachen, Beschluss vom 26.04.2013 - 6 L 170/13 -, juris; VG Hannover, Beschluss vom 21.07.2011 - 10 B 2096/11 -, juris); selbst der Nachweis der Zugehörigkeit zum Kernbereich der gewalttätigen Fan- bzw. Hooliganszene wird als nicht erforderlich erachtet (VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris). Begründet wird dies in den genannten Entscheidungen überzeugend damit, dass eine von einem Mitglied einer gewaltbereiten Gruppierung ausgehende Gefahr schon darin besteht, dass dieser durch seine zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu dieser Gruppe die Gewaltbereitschaft fördert und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwenden, eine zumindest psychologische Stütze darstellt. Die von Hooligans oder anderen gewaltbereiten Fans etwa einer Ultra-Gruppierung begangenen Straftaten haben ein typisches Erscheinungsbild und stellen sich als Deliktstyp dar, der aus der homogenen Gruppe heraus initiiert und gesteigert wird. Die gewaltbereite Szene benötigt ein unterstützendes Umfeld; schon die bloße Anwesenheit von Gleichgesinnten trägt zur Gewaltbereitschaft derjenigen bei, die ihrem Kernbereich zuzurechnen sind und aus der Anonymität der Gruppe heraus agieren. Andererseits lassen sich Maßnahmen auf Grundlage des § 27a Abs. 2 PolG nicht auf reine Vermutungen stützen; vielmehr müssen aussagekräftige, tatsächliche Hinweise dafür vorliegen, dass der Betreffende nicht nur allgemein, sondern gerade dort, wo das Aufenthaltsverbot gelten soll, eine Straftat verüben wird (VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris; Stephan/Deger, PolG BW, 7. Aufl., § 27a Rn. 11; Belz/Mußmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035).
42 
Vorliegend steht für die Kammer nach erfolgter informatorischer Anhörung und der Zeugeneinvernahme fest, dass der Kläger seit mehreren Jahren in der F.er Ultra-Szene fest verankert ist; in diese Richtung äußerten sich nicht nur der szenekundige Beamte R. und der Sozialarbeiter M., vielmehr ergibt sich auch aus den Aussagen des Klägers selbst, dass er in der Fanszene sehr aktiv ist. Weitergehend hat sich die Kammer davon überzeugen können, dass er den „C“ zumindest nahesteht. Der Kläger selbst gab in der mündlichen Verhandlung an, seit dem Sommer 2009 bis zu ihrer Auflösung im Herbst 2012 Mitglied der Fangruppe „W F.“ gewesen zu sein; dies deckt sich mit den Erkenntnissen der Polizei. Nachdem sich diese Gruppierung aufgelöst hatte, gründeten sich im Frühjahr 2013 die „C“. Nach Angaben des szenekundigen Beamten R. wechselten viele der ehemaligen „W F.“ zu den „C“. Der Kläger bestritt in der mündlichen Verhandlung zwar, selbst ein Mitglied der „C“ zu sein; er sei in organisatorische Dinge nicht eingebunden und kleide sich auch nicht wie ein „C“. Gleichzeitig gab er aber an, mit einigen Mitgliedern aus dieser Fangruppierung befreundet zu sein, sich bei ihnen aufzuhalten und mit ihnen zu den Spielen zu fahren; auch während der Spiele stehe er unter den Leuten, die sich den „C“ zurechneten. Dass der Kläger sich innerhalb der F.er Fanszene durchaus den „C“ bzw. einzelnen seiner Mitglieder verbunden fühlt, zeigt beispielhaft der Vorfall am 21.03.2014. Dort kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen einigen „C“ und Mitgliedern der Ultra-Gruppierung „R“; der Kläger, der sich bei den „C“ befand, hat nach eigenen Angaben zunächst ein Mitglied von „R“ „mit der Hand genommen und aus der Gruppe weggeschoben“ und später einem anderen Mitglied von „R“ einen Faustschlag ins Gesicht versetzt, um ein Mitglied der „C“ aus dem Schwitzkasten eines „R“-Mitglieds zu befreien. Sowohl der Umstand, dass der Kläger, der selbst nicht angegriffen wurde, sich durch Wegdrängen eines „R“-Mitglieds in den Konflikt einschaltete, als auch die Schilderung des Sozialarbeiters M., wonach es dem Kläger im Anschluss an diese Eskalation des Konflikts bei der Fahrt zum nächsten Auswärtsspiel gelungen ist, deeskalierend auf die Konfliktparteien einzuwirken, zeigen, dass er in der Ultraszene verankert ist und dort Respekt genießt bzw. dort zumindest einen gewissen Einfluss hat. Die Kammer nimmt dem Kläger ab, dass er sich nicht dem inneren Kreis der „C“ zugehörig fühlt, welcher organisatorisch-planerische Aufgaben wahrnimmt und die Gruppierung nach außen vertritt, und dass er sich auch in seiner Kleidung jedenfalls in jüngerer Zeit eine gewisse Eigenständigkeit und Unabhängigkeit bewahrt. Indem der Kläger sich im Umfeld von Fußballbegegnungen aber bei seinen Freunden, die aktive „C“ sind, aufhält, mit ihnen und in ihrer Mitte die Spiele besucht und für sie - wie etwa der Vorfall vom 21.03.2014 zeigt - auch in die Bresche springt, ist er gerade Teil des von der Rechtsprechung beschriebenen unterstützenden Umfelds derjenigen, die aus der Gruppe heraus Straftaten begehen, unabhängig davon, ob er selbst seine Position als eine - wie auch immer zu dokumentierende, jedenfalls nicht durch eine förmliche Aufnahme in die Gruppierung nach außen tretende - „Mitgliedschaft“ begreift. Dass aus dem Kreis der „C“ in der Vergangenheit immer wieder im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F. Straftaten verübt worden sind, ergibt sich aus der von der Polizei erstellten „Vita Ultragruppierung ‚C‘“ vom 03.09.2014, aber auch aus den Aussagen des szenekundigen Beamten R. in der mündlichen Verhandlung etwa im Zusammenhang mit pyrotechnischen Vorfällen bei Auswärtsspielen des SC F..
43 
Aus den polizeilichen Erkenntnissen ergibt sich darüber hinaus, dass auch der Kläger selbst wiederholt an körperlichen Auseinandersetzungen insbesondere mit gegnerischen Fans aktiv beteiligt war. Die Kammer nimmt den Vorfall vom 30.12.2009 hier ausdrücklich aus, weil hier bereits eine Anwesenheit des Klägers bei dem Vorfall, erst recht aber eine aktive Teilnahme nicht nachgewiesen werden konnte. Anders ist es jedoch nicht nur bei der bereits erwähnten Eskalation des Konflikts mit Mitgliedern von „R“ vom 21.03.2014, sondern auch bei den weiteren Vorfällen vom 04.08.2012 und 29.03.2014, bei denen der Kläger nicht nur physisch anwesend, sondern selbst aktiv beteiligt war. Auch wenn der Kläger strafrechtlich deswegen nicht belangt wurde, machen diese polizeilichen Erkenntnisse doch deutlich, dass sich der Kläger im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen wiederholt in einem gewaltbereiten Umfeld aufgehalten hat und nicht nur der gewaltsamen Auseinandersetzung nicht aus dem Weg gegangen ist, sondern sich im Gegenteil aktiv an der körperlichen Austragung von Konflikten mit gegnerischen Fans - wenn auch möglicherweise nicht an vorderster Front - beteiligt und in diesem Zusammenhang zumindest den Tatbestand einer Körperverletzung verwirklicht hat. Auch wenn am 29.03.2014, als es zu einer Massenschlägerei zwischen Anhängern des SC F. und Fans des 1. FC N. vor dem Fanprojekt des SC F. gekommen ist, die Aggression vor allem von den N.er Fans ausgegangen sein sollte, zeigt doch das in den Strafakten befindliche, in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommene Bildmaterial, dass der Kläger sich nicht rein defensiv verhalten und von der Auseinandersetzung distanziert hat; vielmehr war er einer der nach Aussagen des szenekundigem Beamten R. etwa zehn bis 15 Fans, die - von etwa 80 bis 100 anwesenden F.er Fans - auf F.er Seite aktiv an der Schlägerei teilgenommen haben.
44 
Die Beklagte hatte entgegen der Ansicht des Klägers auch keine Veranlassung, Vorfälle, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Betretungs- und Aufenthaltsverbots im Herbst 2014 bereits länger als ein Jahr zurücklagen, von vornherein aus ihrer Prognoseentscheidung auszublenden. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem vom Klägervertreter zitierten Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 07.12.2014 (1 S 2218/03, juris). Denn der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem, § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG betreffenden Verfahren ausgeführt, dass diese Regelung - obwohl dort, anders als vorliegend, die Gesetzesbegründung eine Beschränkung auf Vorfälle der letzten zwölf Monate nahe legen könnte - nicht etwa dahingehend auszulegen sei, dass in die Gefährdungsprognose im Sinne einer zeitlich starren Grenze nur Vorfälle innerhalb der letzten zwölf Monate einfließen dürften; allerdings bedürfe es einer hinreichend aktuellen Gefährdungslage und damit im Regelfall der Feststellung von Vorfällen (auch) aus jüngerer Zeit, um die Gefährdungsprognose zu begründen. Selbst wenn man diese zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG ergangene, schon allein mit Blick auf die dortige Gesetzesbegründung nicht uneingeschränkt auf § 27a Abs. 2 PolG übertragbare Rechtsprechung hier anwenden wollte, wäre die Beklagte daher nicht daran gehindert, auch auf ältere Vorfälle zu rekurrieren, wenn sie für die Begründung einer aktuell bestehenden Gefährdungslage daneben, was hier der Fall ist, auch Vorfälle aus jüngerer Zeit heranziehen konnte.
45 
Das aktive Auftreten des Klägers in der F.er Ultra-Szene in Zusammenschau mit den drei strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen in den Jahren 2012 und 2014 waren im Herbst 2014 hinreichend konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, der Kläger werde auch künftig im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen in den vom Aufenthaltsverbot erfassten Bereichen Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen.
46 
2.2 Die Beklagte hat ferner ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hat die angefochtene Verfügung damit begründet, es sei zu verhindern, dass der Kläger weiterhin das Leben und die Gesundheit anderer gefährde, indem er weitere Körperverletzungsdelikte und andere Straftaten begehe. Der vom Aufenthaltsverbot betroffene Bereich beschränke sich auf das Gebiet des üblichen Aufenthalts von Gästefans einschließlich der üblicherweise aufgesuchten Gaststätten sowie auf die erfahrungsgemäß durch diese benutzten Haltestellen; es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger während der Geltungszeiten des Verbotes eine Einrichtung dort besuchen müsse.
47 
Hiergegen ist nichts zu einzuwenden. Insbesondere hat die Beklagte das Aufenthaltsverbot auf die Spieltage und auch insoweit lediglich auf einen überschaubaren, aus Sicht der Polizei bei Fanausschreitungen aber regelmäßig relevanten Zeitraum und auch örtlich auf den relevanten Bereich beschränkt. Das Verbot stellt zwar einen nicht unerheblichen Eingriff in Rechte des Klägers dar; mildere Handlungsalternativen standen mit Blick auf den bezweckten Erfolg der effektiven Unterbindung von Fanausschreitungen im Zusammenhang mit den Heimspielen der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F. aber nicht zur Verfügung. Damit erwies sich das Aufenthaltsverbot insbesondere als verhältnismäßig.
48 
2.3 Die Kammer sieht ferner keine Unbestimmtheit des Bescheides vom 19.09.2014 in Bezug auf, wie der Kläger meint, Spiele der zweiten Mannschaft, weil, so die Begründung, der insoweit angekündigte Änderungsbescheid nicht ergangen sei. Der angefochtene Bescheid ist vielmehr hinreichend bestimmt, weil er klar und eindeutig wie auch in sich schlüssig regelt, an welchen Tagen zu welchen Uhrzeiten während welcher Fußballbegegnungen unter Beteiligung der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F. der Kläger sich in welchem Bereich F.s nicht aufhalten darf. Dass die Beklagte (nur) für den Fall, dass „die Termine der Mannschaft SC F. II ... je nach Feinterminierung der ersten drei Fußball-Ligen noch geändert werden“ sollten, den Erlass eines Änderungsbescheides angekündigt hat, solche die Änderung des Bescheides erfordernde Terminsänderungen aber offensichtlich nicht erfolgt sind - jedenfalls behauptet dies auch der Kläger nicht - mit der Folge, dass ein Änderungsbescheid insoweit nicht ergangen ist, kann schwerlich Einfluss auf die Bestimmtheit des angefochtenen Bescheides vom 19.09.2014 in der Fassung des Bescheides vom 06.10.2014 haben.
49 
Auch im Übrigen ist der angegriffene Bescheid im Hinblick auf das unter Nr. I.1. ausgesprochene Aufenthalts- und Betretungsverbot hinreichend bestimmt, insbesondere kann der Kläger den exakten Geltungsbereich des Aufenthaltsverbots den beigefügten Plankarten und der textlichen Beschreibung entnehmen.
50 
2.4 Das Betretungs- und Aufenthaltsverbot erweist sich jedoch aufgrund Verstoßes gegen § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG als rechtswidrig, soweit es auch Spieltage nach dem 01.11.2014 erfasst.
51 
Gemäß § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG darf ein Aufenthaltsverbot die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten.
52 
Dieser zeitlichen Begrenzung genügt das von der Beklagten ausgesprochene Aufenthalts- und Betretungsverbot nicht. Zwar hält das durch den angegriffenen Bescheid vom 19.09.2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 06.10.2014 festgesetzte Aufenthalts- und Betretungsverbot mit seinem Geltungszeitraum vom 27.09.2014 bis zum 21.12.2014 für sich genommen den Dreimonatszeitraum ein. Der angefochtene Bescheid steht jedoch nicht isoliert, sondern knüpft zeitlich unmittelbar an den Bescheid vom 30.07.2014 in der Fassung des Abänderungsbescheids vom 19.08.2014 an, mit welchem gegenüber dem Kläger ein aufgrund der gleichen Gefahrenprognose erstelltes Aufenthalts- und Betretungsverbot, gültig für den Zeitraum vom 02.08.2014 bis zum 20.09.2014, erlassen worden war. Bei der Beschränkung des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG handelt es sich um eine maximale Zeitobergrenze, die auch dann nicht durch den Erlass einer auf dieselben Tatsachen gestützten Folgeverfügung überschritten werden darf, wenn die Gründe für das Aufenthaltsverbot nach Fristablauf erkennbar im Wesentlichen unverändert fortbestehen (vgl. Ruder, Polizeirecht Bad.-Württ., 8. Aufl., Rn. 656; Belz/Mußmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 27a Rn. 9; a.A. Stephan/Deger, PolG BW, 7. Aufl., § 27a Rn. 12).
53 
Die Dreimonatsfrist für das gegen den Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot, das erstmals am 02.08.2014 galt, endete damit am 01.11.2014. Soweit der Bescheid Tage nach dem 01.11.2014 erfasst, ist das Aufenthalts- und Betretungsverbot damit wegen Überschreitens der Dreimonatsfrist des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG rechtswidrig gewesen.
54 
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht daraus, dass das gegenüber dem Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot nicht durchgängig, sondern nur sehr punktuell - im genannten Dreimonatszeitraum an (nur) zehn Tagen für jeweils zwölf Stunden - galt. Richtig ist zwar, dass die Höchstfrist von drei Monaten die Verhältnismäßigkeit des Aufenthaltsverbots sicherstellen soll (vgl. LT-Drs. 14/3165 S. 67). Auch wenn das Verhältnismäßigkeitsprinzip eine derartige Höchstfrist von drei Monaten nicht gebietet - in der obergerichtlichen Rechtsprechung anderer Bundesländer wurden vereinzelt wesentlich längere Aufenthaltsverbote als vom Verhältnismäßigkeitsprinzip gedeckt angesehen (vgl. etwa Bayer. VGH, Beschluss vom 18.02.1999 - 24 CS 98.3198 -, juris [12 Monate]; OVG Nieders., Beschluss vom 12.05.2009 - 11 ME 190/09 -, juris [6 Monate]; OVG Bremen, Urteil vom 24.03.1999 - 1 BA 27/97 -, juris [6 Monate]) -, steht es dem Gesetzgeber frei, aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten eine entsprechende rein formale Obergrenze von drei Monaten einzuführen. Richtig ist auch, dass es unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einen gewichtigen Unterschied macht, ob ein Aufenthaltsverbot ununterbrochen für drei Monate oder jeweils nur für einzelne Tage oder gar Stunden innerhalb dieses Zeitraums ausgesprochen wird. Dass es neben Aufenthaltsverboten, die typischerweise ununterbrochen für einen längeren Zeitraum ausgesprochen werden - etwa zur Bekämpfung einer offenen Drogenszene - auch solche gibt, die nur einen kürzeren Zeitraum betreffen, war dem Gesetzgeber jedoch offensichtlich bewusst; denn als ein Beispiel für den Erlass eines Aufenthaltsverbots nennt er den „Schutz von Veranstaltungen vor gewaltbereiten Personen“ (LT-Drs. 14/3165 S. 66). Trotzdem hat er bei Formulierung der Frist die Worte „Es darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten“ gewählt. Dies legt eine kalendermäßig bestimmte Frist nahe. Hätte er stattdessen auf die Zeitspanne abstellen wollen, während derer das Aufenthaltsverbot gegenüber dem Betroffenen Geltung entfaltet, und so eine Addition der Zeiträume verschiedener, jeweils zeitlich eng befristeter Aufenthaltsverbote ermöglichen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass er etwa eine Dauer von „insgesamt 90 Tagen“ zur Obergrenze macht; dies umso mehr, als die Wortwahl „drei Monate“ zwar auf Grundlage von § 188 Abs. 2 BGB mühelos ein kalendermäßig bestimmtes Ende, nicht aber eine exakte Bestimmung der Anzahl der hierunter zu fassenden Tage ermöglicht. Dies steht einer Auslegung von § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG entgegen, nach der eine Zerlegung der Dreimonatsfrist in die entsprechende Zahl von Tagen oder gar Stunden und deren Verteilung auf einen weit über drei Monate hinausgehenden Zeitraum zulässig wäre. Nach Auffassung der Kammer ist daher die formale Frist des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG als kalendermäßig zu bestimmende Frist auszulegen, ohne dass es darauf ankäme, innerhalb welchen Zeitraums innerhalb dieser Frist das Aufenthaltsverbot Geltung entfaltet.
55 
3. Die in Nr. I.2. des angefochtenen Bescheids verhängte Meldeauflage war rechtlich nicht zu beanstanden.
56 
Gemäß §§ 1, 3 PolG hat die Polizei u.a. die Aufgabe, von dem einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit bedroht wird, zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen.
57 
3.1 Eine Meldeauflage zielt darauf, dass die betreffende Person sich bei einer bestimmten polizeilichen Dienststelle zu einem bestimmten Zeitpunkt „melden“ muss. Im Gegensatz zu einem Aufenthalts- und Betretungsverbot regelt sie unmittelbar nicht das „Wegbleiben“ vom einem bestimmten Ort, sondern das „Hinkommen“ zu einer Polizeidienststelle (Siegel, NJW 2013, 1035). Sofern es, wie im baden-württembergischen Recht, an einer spezialgesetzlichen Grundlage für den Erlass einer Meldeauflage fehlt, wird in der Rechtsprechung die Anwendung der polizeilichen Generalklausel als Grundlage für eine Meldeauflage ausdrücklich für zulässig erachtet (BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 6 C 39/06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris; Bayer. VGH, Beschluss vom 05.03.2015 - 10 CS 14.2244 u.a. -, juris; OVG Bremen, Urteil vom 02.09.2008 - 1 A 161/06 -, juris; OVG Nieders., Beschluss vom 14.06.2006 - 11 ME 172/06 -, juris; OVG Berl.-Brandenbg., Urteil vom 21.03.2006 - 1 B 7.04 -, juris; vgl. dazu sowie zu den mitunter kritischeren Stimmen in der Literatur Schlucht, NVwZ 2011, 709). Dem schließt sich die Kammer für den hier vorliegenden Fall an, auch wenn aus ihrer Sicht eine spezialgesetzliche Regelung etwa mit Blick auf die Frage der materiellen Voraussetzungen für ihren Erlass, der Bestimmung einer möglichen zeitlichen Höchstfrist derartiger Maßnahmen (wie etwa in § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG erfolgt) oder der ausdrücklichen Festlegung der örtlichen Zuständigkeit für den Erlass der Meldeauflage durchaus wünschenswert wäre oder bei einer weiteren Verfestigung der Meldeauflage als polizeiliche Standardmaßnahme gar geboten sein könnte (vgl. zu dem früher ebenfalls auf §§ 1, 3 PolG gestützten Platzverweis etwa VG Stuttgart, Beschluss vom 17.05.2001 - 5 K 1912/01 -, juris, oder zu der so gen. offenen Observation u.a. Urteil der Kammer vom 14.02.2013 - 4 K 1115/12 -, juris).
58 
3.2 Die Meldeauflage ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
59 
3.2.1 Die Beklagte war für den Erlass der Meldeauflage örtlich zuständig. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 ist diejenige Polizeibehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die polizeiliche Aufgabe wahrzunehmen ist (§ 68 Abs. 1 PolG), wo also die Notwendigkeit für ein polizeiliches Einschreiten besteht. Dies ist der Ort, an dem der Eintritt des Schadens für ein polizeiliches Schutzgut droht oder an dem sich die Gefahrenquelle befindet (Belz/Mußmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 68 Rn. 4). Die Zuständigkeit der Wohnortbehörde für den Erlass von Meldeauflagen ist für die Rechtsprechung offenbar so selbstverständlich, dass sie mit keinem Wort erwähnt, geschweige denn erörtert, sondern stillschweigend voraussetzt wird (so etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris; Sächs. OVG, Beschluss vom 26.05.2010 - 3 A 244/09 -, juris; OVG Bremen, Urteil vom 02.09.2008 - A 161/06 -, juris; OVG Berl.-Brandenbg., Urteil vom 21.03.2006 - 1 B 7.04 -, juris). Gerade vor dem Hintergrund, dass die Regeln über die örtliche Zuständigkeit speziell im Gefahrenabwehrrecht stark vom Effizienzgedanken geprägt sind (vgl. Denninger/Rachor, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., C Rn. 32, m.w.N.), geht auch die Kammer davon aus, dass die örtliche Zuständigkeit der Beklagten für die Meldeauflage auf Grundlage des § 68 Abs. 1 Satz 1 PolG hier nicht verneint werden kann. Dies gilt bereits deshalb, weil sich die Gefahr der Begehung von bzw. der Beteiligung an Straftaten durch Ultras im Falle von Auswärtsspielen nicht erst am Ort des Auswärtsspiels, sondern bereits auf dem Weg dorthin - etwa bei gemeinsamer Anreise in der Bahn - verwirklichen kann. Ungeachtet dessen ist F. als der Ort, an dem der Kläger wohnt, derjenige, an dem die Gefahr, dass der Kläger sich zu Auswärtsspielen begibt und in diesem Zusammenhang strafbare Handlungen begeht, am effektivsten bekämpft werden kann (in diesem Sinne VG Frankfurt, Urteil vom 07.03.2002 - 5 E 3789/00 -, juris).
60 
3.2.2 Der Kläger wurde vor Erlass der Meldeauflage ordnungsgemäß angehört (vgl. dazu oben 1.1); auch im Hinblick auf das Begründungserfordernis bestehen keine rechtlichen Bedenken (vgl. dazu oben1.2).
61 
3.3 Die Meldeauflage war schließlich materiell rechtmäßig.
62 
Voraussetzung für den Erlass einer Meldeauflage ist danach das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wobei eine objektive ex-ante-Sicht maßgeblich ist. Für die Gefahrenprognose ist eine wertende Abwägung vorzunehmen. Je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden wäre, je größer die Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter ist, umso geringer sind die Anforderungen, die an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gestellt werden können; so kann in Fällen, in denen besonders hochwertige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen gefährdet sind, bereits eine relativ entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts sicherheitsrechtliche Maßnahmen rechtfertigen.
63 
Die Beklagte hat zu Recht eine hinreichend konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit angenommen, der sie durch den Erlass der angefochtenen Meldeauflage begegnete. Auf der Grundlage der ihr von Seiten der Polizei zur Verfügung gestellten konkreten und nachvollziehbaren Erkenntnisse durfte die Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass der Kläger als Mitglied der F.er Ultra-Szene mit einer Nähe zu den „C“ auch an Auswärtsbegegnungen der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F. teilnimmt und dass es dort, wie bereits mehrfach im Bereich um das SC-Stadion herum, zu körperlichen Auseinandersetzungen mit gegnerischen Fans kommt. Damit lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids hinreichende Erkenntnisse vor, die aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht die konkrete Gefahr der (erneuten) Teilnahme des Klägers an Auswärtsspielen einer F.er Mannschaft und damit die Gefahr der Begehung strafbewehrter Rechtsverstöße und damit verbundener Gesundheitsgefahren Dritter durch den Kläger begründeten (vgl. dazu OVG Nieders., Beschluss vom 14.06.2006 - 11 ME 172/06 -, juris; BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 6 C 39/06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris, und Urteil vom 16.11.1999 - 1 S 1315/98 -, juris).
64 
Die Beklagte war sich auch ihres Ermessensspielraums im Klaren und hat entsprechende - wenn auch kurze - Ausführungen dazu gemacht.
65 
Eine Meldeauflage war ferner dazu geeignet, dem Kläger die Anreise zu derartigen Auswärtsspielen unmöglich zu machen. Es waren auch keine milderen Mittel ersichtlich. Schließlich erscheint die Meldeauflage im Hinblick darauf, dass im angefochtenen Bescheid Ausnahmen von den Meldepflichten aus wichtigem Grund vorgesehen waren, auch nicht als im engeren Sinne unverhältnismäßig. Auch der Kläger hat weder im Rahmen der Anhörung noch im gerichtlichen Verfahren gewichtige Belange vorgetragen, die einer Auferlegung der Meldeauflage entgegenstünden oder die Beklagte dazu hätten veranlassen müsse, diese Auflage anderweitig zu gestalten.
66 
Die Meldeauflage war schließlich auch über den 01.11.2014 hinaus rechtmäßig, da §§ 1, 3 PolG eine zeitliche Befristung nicht vorsehen und eine solche aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch nicht erforderlich ist.
67 
4. Erweist sich damit der Bescheid vom 19.09.2014 im Hinblick auf das Betretungs- und Aufenthaltsverbot als teilweise rechtswidrig, so hat dies Auswirkungen auch auf die Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung. Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid unter IV. die Gebühr nach §§ 1, 2, 4 der Satzung der Stadt F. über die Erhebung von Verwaltungsgebühren auf 150,-- EUR festgesetzt. Die Festsetzung der konkreten Höhe der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Gebührenrahmens stand im Ermessen der Beklagten (vgl. dazu VG Karlsruhe, Urteil vom 26.07.2011 - 6 K 2797/10 -, juris, m.w.N.). Die Beklagte ging bei Festsetzung der Gebühr davon aus, neben der Meldeauflage ein weiteres Aufenthaltsverbot von drei Monaten erlassen zu dürfen. Erweist sich diese Annahme als falsch, fehlt es damit auch ein einer tragfähigen Grundlage für die Ermessensentscheidung betreffend die Höhe der Gebührenfestsetzung.
III.
68 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Gericht sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
69 
Die Berufung wird gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung folgt hier daraus, dass die Frage, ob die Dreimonatsfrist des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG kalendermäßig zu bestimmen ist oder ob insoweit die Zeiträume verschiedener, jeweils zeitlich eng befristeter Aufenthaltsverbote bis zu einer Gesamtdauer von drei Monaten zu addieren sind, für eine Vielzahl von Aufenthaltsverboten von Bedeutung ist; zu dieser Frage fehlt es bislang weitgehend an einschlägiger obergerichtlicher Rechtsprechung.

Gründe

 
I.
19 
Die im Wege objektiver Klagehäufung (§ 44 VwGO) erhobene Klage ist zulässig.
20 
1. Soweit sich der Kläger gegen die Gebührenfestsetzung in den Bescheiden vom 19.09.2014 (dort unter Nr. IV.) wendet, ist die Klage als Anfechtungsklage in Form der Untätigkeitsklage gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig, nachdem die Beklagte, die insoweit selbst Widerspruchsbehörde gewesen wäre, keinen Widerspruchsbescheid erlassen hat.
21 
2. Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass das Betretungs- und Aufenthaltsverbot und die Meldeverpflichtung (im Folgenden gemäß dem üblichen Sprachgebrauch bezeichnet als „Meldeauflage“) unter den Nummern I.1. und I.2. in den Bescheiden der Beklagten vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 rechtswidrig waren, ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.
22 
2.1 Die hier streitgegenständlichen Regelungen (Betretens- und Aufenthaltsverbote bzw. Meldeauflagen) bezogen sich auf das Jahr 2014 und haben sich daher zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt (§ 43 Abs. 2 LVwVfG). Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher (nach Klagerhebung, aber vor gerichtlicher Entscheidung) durch Rücknahme oder auf andere Weise, etwa durch Zeitablauf, erledigt hat, wie es beim Bescheid vom 19.09.2014 der Fall ist, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
23 
2.2 Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklagen steht nicht der Ablauf von Rechtsmittelfristen entgegen. Denn im Hinblick auf die Bescheide der Beklagten vom 19.09.2014 und 06.10.2014 wurde der fristgerecht eingelegte Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F. vom 18.12.2014, zugestellt am 22.12.2014, zurückgewiesen. Erledigung trat am 21.12.2014, 22:00 Uhr ein, somit während der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO. Da die Klage am 22.01.2015 und damit binnen Monatsfrist erhoben wurde, bestehen keine Bedenken an der Zulässigkeit der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage.
24 
2.3 Der Kläger kann ferner bezüglich beider mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffenen Verwaltungsakte ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für sich reklamieren.
25 
Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat.
26 
2.3.1 Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich vorliegend ungeachtet der Frage, inwieweit ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot den grundrechtsrelevanten Bereich der Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 24.09.2014 - 5 K 659/14.F -, juris; a.A. Bayer. VGH, Beschluss vom 09.06.2006 - 24 CS 06.1521 -, juris) bzw. das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 GG (VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; Stephan/Deger, PolG BW, 7. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035) berührt und deshalb einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff begründet, bereits aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 Abs. 4 GG. Denn das polizeirechtliche, auf § 27a Abs. 2 PolG gestützte Betretungs- und Aufenthaltsverbot, das zeitlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken ist und die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten darf (vgl. § 27a Abs. 2 Sätze 2, 3 PolG) und dessen gerichtlicher Überprüfung zudem ein Widerspruchsverfahren vorgeschaltet ist, gehört zu den sich typischerweise vor der Möglichkeit der Erlangung verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren erledigenden Maßnahmen. In diesen Fällen gebietet Art. 19 Abs. 4 GG die Annahme eines von der Schwere des Grundrechtseingriffs unabhängigen Fortsetzungsfeststellungsinteresses (vgl. dazu ausführlich VG Freiburg, Urteil vom 25.09.2015 - 4 K 35/15 -, juris; so auch Sächs. OVG, Urteil vom 27.01.2015 - 4 A 533/13 -, juris; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 Rn. 145, m.w.N.; Fehling/Kastner/Störmer, VerwR, § 113 VwGO Rn. 110; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 113 Rn. 282 f.).
27 
2.3.2 Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse daneben wegen eines Rehabilitierungsinteresses des Klägers zu bejahen ist.
28 
Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris).
29 
Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten beruhen vom maßgebenden Empfängerhorizont aus auf dem Vorwurf, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und sei gewalttätiges Mitglied der Ultra-Vereinigung „C“. Es spricht einiges dafür, dass dieser Vorwurf der Beklagten und die daraus resultierende Stigmatisierung des Klägers als einem für seine Umwelt in bestimmten Situationen gefährlichen, sich in strafwürdiger Weise gewalttätig verhaltenden Menschen, der sich aufgrund seines Verhaltens an einer relevanten Zahl von Wochenenden über Stunden hinweg nicht im Innenstadtbereich seines Wohnorts aufhalten darf, sich als gegenüber dem Kläger diskriminierend und seinen grundrechtlichen Ehrschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigend darstellt (so etwa VG Stuttgart, Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Dies kann jedoch im Ergebnis offen bleiben.
II.
30 
Die danach zulässige Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist das unter Nr. I.1. in den Bescheiden der Beklagten vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 verhängte Betretungs- und Aufenthaltsverbot rechtmäßig gewesen. Auch die unter Nr. I.2. verhängte Meldeauflage ist rechtlich nicht zu beanstanden.
31 
1. Die Bescheide vom 19.09.2014 und 06.10.2014 sind formell rechtmäßig zustande gekommen.
32 
1.1 Insbesondere wurde der Kläger im Vorfeld des Erlasses des Bescheids vom 19.09.2014 angehört (vgl. Schreiben vom 10.09.2014), wobei die recht kurze Frist zur Stellungnahme umso weniger Bedenken aufwirft, als es sich hierbei inhaltlich lediglich um die Verlängerung bereits bestehender Verbote bzw. Verpflichtungen handelt, gegen die der Prozessbevollmächtigte des Klägers bereits Widerspruch eingelegt und in diesem Zusammenhang Akteneinsicht erhalten hat (vgl. Schreiben der Beklagten vom 29.08.2014). Zwar wurde der Kläger vor Erlass des Bescheides vom 06.10.2014 nicht separat angehört; bereits mit Schreiben vom 10.09.2014 war der Kläger aber allgemein zum Erlass von Betretungs- und Aufenthaltsverboten sowie Meldeauflagen für den Zeitpunkt 21.09.2014 bis zum 20.12.2014 unter Verweis auf die Begründung im Bescheid vom 19.08.2014 angehört worden. Gegenstand der Anhörung waren folglich der Sache nach auch die mit Bescheid vom 06.10.2014 verhängten Maßnahmen.
33 
1.2 Der Bescheid vom 19.09.2014 in seiner durch Bescheid vom 06.10.2014 ge-fundenen Gestalt erfüllt ferner die Anforderungen an die in § 39 Abs. 1 LVwVfG geregelte Begründungspflicht. Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG). In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 39 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG). Darauf, ob die Begründung auch inhaltlich Überlegungen enthält, die die angefochtene Entscheidung tragen können, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil § 39 LVwVfG nur die formelle Begründungspflicht regelt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2014 - 9 S 1722/13 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 12.10.2012 - 2 B 1135/12 -, juris; OVG Meckl.-Vorp., Beschluss vom 25.01.2010 - 3 L 89/06 -, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 39 Rn. 2).
34 
Die Beklagte hat die angefochtene Verfügung u.a. damit begründet, dass es anläss-lich von Fußballbegegnungen der ersten beiden Mannschaften des SC F. in letzter Zeit vermehrt zu Gewaltdelikten und anderen Straftaten durch Problemfans des SC F.s und gegnerischer Problemfans gekommen sei, die nicht nur im Bereich des Stadions, sondern auch in der Innenstadt und im angrenzenden Stadtteil Y stattgefunden hätten. Der Kläger sei dem Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und dem gewaltbereiten Spektrum der F.er Fußballszene zuzuordnen; beispielhaft werden mehrere Vorfälle angeführt, die nach Auffassung der Beklagten für das gewalttätige Verhalten des Klägers sprechen. Anschließend hat die Beklagte den sich für sie ergebenden Sachverhalt unter die Tatbestandsvoraussetzungen des § 27a Abs. 2 PolG subsumiert. Dass die Beklagte sich hierbei allgemein verwendeter Textbausteine bediente, ist unschädlich, da sie immer wieder den Bezug zum konkreten Fall des Klägers herstellte. Auch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Verbote wurde auf die konkrete Situation des Klägers eingegangen. Die Begründung ist daher im Lichte von § 39 LVwVfG nicht zu beanstanden.
35 
2. Das mit Bescheid vom 19.09.2014 unter Nr. I. gegen den Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot betreffend näher bestimmte Bereiche F.s an einzelnen Tagen im Zeitraum vom 27.09.2014 bis zum 21.12.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, entspricht zwar vollumfänglich den Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 Sätze 1, 2 PolG, ist jedoch teilweise wegen Verstoßes gegen § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG rechtswidrig.
36 
2.1 Nach § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird (Aufenthaltsverbot).
37 
Die Beklagte ist im Herbst 2014 zurecht davon ausgegangen, es bestünden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gerade in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde.
38 
Sie stützt die gegen den Kläger verhängten Aufenthalts- und Betretungsverbote auf Erkenntnisse der Polizei. Danach sei der Kläger mindestens im Zeitraum 30.12.2009 bis 21.03.2014 Mitglied der F.er Ultragruppierung „C“ gewesen. Die Gruppierung „C“ sei als äußerst gewalttätig einzustufen. Darüber hinaus gebe es konkrete polizeiliche Erkenntnisse über den Kläger. So habe sich der Kläger am 30.12.2009, als ein Zusammentreffen zwischen F.er Ultras und B.er Fans nur durch Polizeieinsatz habe verhindert werden können, unweit des Eisstadions zusammen mit anderen Mitgliedern der Ultras angetroffen werden können. Am 04.08.2012 sei es in der Z-straße in F. zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren F.er und T.er Ultras gekommen, wobei der Kläger einen T.er Fan geschlagen und getreten habe. Am 01.12.2013 habe der Kläger einen Polizeibeamten im Rahmen des Bundesligaspiels B. gegen den SC F. mit den Worten „Halt die Fresse du Wichser“ beleidigt. Am 21.03.2014 habe der Kläger mit mehreren F.er Ultras nach dem Bundesligaspiel SC F. gegen W. im Stadion auf den Geschädigten eingeschlagen. Am 29.03.2014 sei es am Fanprojekt F. zu einer Massenschlägerei zwischen einer Vielzahl von Ultras aus N. und F. gekommen; Videoaufnahmen zeigten den Kläger, wie er mit weiteren F.ern mehrfach auf N.er Ultras eingeschlagen habe.
39 
Die Beklagte hatte keinen Grund, an der Richtigkeit der schriftlich vorgelegten Erkenntnisse der szenekundigen Polizeibeamten zu zweifeln. Durch jahrelange Beobachtung der Hooligan- und Ultraszene sowie durch die Sachbearbeitung aller Delikte rund um Fußballspiele verfügen szenekundige Beamte über eine umfassende Personenkenntnis und sind in der Lage, Problemfans differenziert zu beurteilen; dies wurde auch deutlich anhand der Zeugenaussagen des szenekundigen Beamten R., der der Kammer genaue Beobachtungen schildern konnte. Für ihre Informationsgewinnung greifen sie auf die Zentrale Informationsstelle Sportveranstaltungen zurück, bei welcher sämtliche Hinweise aus allen Bundesligastandorten zentral gebündelt und von dort wieder an die einzelnen Dienststellen und hier an die szenekundigen Beamten weitergegeben werden. Außerdem stehen sie untereinander in ständigem Kontakt und beobachten die Hooligan- und Ultraszene anlässlich von Fußballspielen. Aus der Bündelung dieser Informationen wird das Erkenntnismaterial gewonnen, das zur Beurteilung der Gefahrenprognose bei präventiven Maßnahmen zu Grunde gelegt wird (VG Minden, Urteil vom 29.06.2005 - 11 K 2952/04 -, juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris; VG München, Urteil vom 25.02.2010 - M 22 K 08.203 -, juris; VG Meiningen, Urteil vom 08.02.2011 - 2 K 453/09 Me -, juris).
40 
Diese polizeiliche Auswertung der Sachlage und Gefahreneinschätzung rechtfertigte ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot gegen den Kläger für Bereiche der Innenstadt bzw. um das Stadion herum. Denn die Kammer ist auf Grundlage der beigezogenen Strafakten sowie der in der mündlichen Verhandlung erfolgten informatorischen Anhörung des Klägers und der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass im Herbst 2014 hinreichende Tatsachen vorgelegen haben, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger im Sinne des § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG in den genannten Bereichen eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde.
41 
Die Rechtsprechung stellt im Zusammenhang mit der Frage, wann gegen ein Mitglied einer gewaltbereiten Fangruppierung bzw. einer Hooligangruppe ein Aufenthalts- und Betretungsverbot erlassen werden kann, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person in dem vom Aufenthaltsverbot erfassten Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, keine allzu strengen Anforderungen. So wird zu Recht nicht verlangt, dass dem Betroffenen im Einzelnen eine konkrete Tatbegehung nachgewiesen werden kann (VG Minden, Beschluss vom 02.10.2014 - 11 L 763/14 -, juris; VG Köln, Beschluss vom 21.08.2015 - 20 L 2023/15 -, juris; VG Arnsberg, Beschluss vom 01.07.2009 - 3 L 345/09 -, juris; VG Aachen, Beschluss vom 26.04.2013 - 6 L 170/13 -, juris; VG Hannover, Beschluss vom 21.07.2011 - 10 B 2096/11 -, juris); selbst der Nachweis der Zugehörigkeit zum Kernbereich der gewalttätigen Fan- bzw. Hooliganszene wird als nicht erforderlich erachtet (VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris). Begründet wird dies in den genannten Entscheidungen überzeugend damit, dass eine von einem Mitglied einer gewaltbereiten Gruppierung ausgehende Gefahr schon darin besteht, dass dieser durch seine zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu dieser Gruppe die Gewaltbereitschaft fördert und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwenden, eine zumindest psychologische Stütze darstellt. Die von Hooligans oder anderen gewaltbereiten Fans etwa einer Ultra-Gruppierung begangenen Straftaten haben ein typisches Erscheinungsbild und stellen sich als Deliktstyp dar, der aus der homogenen Gruppe heraus initiiert und gesteigert wird. Die gewaltbereite Szene benötigt ein unterstützendes Umfeld; schon die bloße Anwesenheit von Gleichgesinnten trägt zur Gewaltbereitschaft derjenigen bei, die ihrem Kernbereich zuzurechnen sind und aus der Anonymität der Gruppe heraus agieren. Andererseits lassen sich Maßnahmen auf Grundlage des § 27a Abs. 2 PolG nicht auf reine Vermutungen stützen; vielmehr müssen aussagekräftige, tatsächliche Hinweise dafür vorliegen, dass der Betreffende nicht nur allgemein, sondern gerade dort, wo das Aufenthaltsverbot gelten soll, eine Straftat verüben wird (VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris; Stephan/Deger, PolG BW, 7. Aufl., § 27a Rn. 11; Belz/Mußmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035).
42 
Vorliegend steht für die Kammer nach erfolgter informatorischer Anhörung und der Zeugeneinvernahme fest, dass der Kläger seit mehreren Jahren in der F.er Ultra-Szene fest verankert ist; in diese Richtung äußerten sich nicht nur der szenekundige Beamte R. und der Sozialarbeiter M., vielmehr ergibt sich auch aus den Aussagen des Klägers selbst, dass er in der Fanszene sehr aktiv ist. Weitergehend hat sich die Kammer davon überzeugen können, dass er den „C“ zumindest nahesteht. Der Kläger selbst gab in der mündlichen Verhandlung an, seit dem Sommer 2009 bis zu ihrer Auflösung im Herbst 2012 Mitglied der Fangruppe „W F.“ gewesen zu sein; dies deckt sich mit den Erkenntnissen der Polizei. Nachdem sich diese Gruppierung aufgelöst hatte, gründeten sich im Frühjahr 2013 die „C“. Nach Angaben des szenekundigen Beamten R. wechselten viele der ehemaligen „W F.“ zu den „C“. Der Kläger bestritt in der mündlichen Verhandlung zwar, selbst ein Mitglied der „C“ zu sein; er sei in organisatorische Dinge nicht eingebunden und kleide sich auch nicht wie ein „C“. Gleichzeitig gab er aber an, mit einigen Mitgliedern aus dieser Fangruppierung befreundet zu sein, sich bei ihnen aufzuhalten und mit ihnen zu den Spielen zu fahren; auch während der Spiele stehe er unter den Leuten, die sich den „C“ zurechneten. Dass der Kläger sich innerhalb der F.er Fanszene durchaus den „C“ bzw. einzelnen seiner Mitglieder verbunden fühlt, zeigt beispielhaft der Vorfall am 21.03.2014. Dort kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen einigen „C“ und Mitgliedern der Ultra-Gruppierung „R“; der Kläger, der sich bei den „C“ befand, hat nach eigenen Angaben zunächst ein Mitglied von „R“ „mit der Hand genommen und aus der Gruppe weggeschoben“ und später einem anderen Mitglied von „R“ einen Faustschlag ins Gesicht versetzt, um ein Mitglied der „C“ aus dem Schwitzkasten eines „R“-Mitglieds zu befreien. Sowohl der Umstand, dass der Kläger, der selbst nicht angegriffen wurde, sich durch Wegdrängen eines „R“-Mitglieds in den Konflikt einschaltete, als auch die Schilderung des Sozialarbeiters M., wonach es dem Kläger im Anschluss an diese Eskalation des Konflikts bei der Fahrt zum nächsten Auswärtsspiel gelungen ist, deeskalierend auf die Konfliktparteien einzuwirken, zeigen, dass er in der Ultraszene verankert ist und dort Respekt genießt bzw. dort zumindest einen gewissen Einfluss hat. Die Kammer nimmt dem Kläger ab, dass er sich nicht dem inneren Kreis der „C“ zugehörig fühlt, welcher organisatorisch-planerische Aufgaben wahrnimmt und die Gruppierung nach außen vertritt, und dass er sich auch in seiner Kleidung jedenfalls in jüngerer Zeit eine gewisse Eigenständigkeit und Unabhängigkeit bewahrt. Indem der Kläger sich im Umfeld von Fußballbegegnungen aber bei seinen Freunden, die aktive „C“ sind, aufhält, mit ihnen und in ihrer Mitte die Spiele besucht und für sie - wie etwa der Vorfall vom 21.03.2014 zeigt - auch in die Bresche springt, ist er gerade Teil des von der Rechtsprechung beschriebenen unterstützenden Umfelds derjenigen, die aus der Gruppe heraus Straftaten begehen, unabhängig davon, ob er selbst seine Position als eine - wie auch immer zu dokumentierende, jedenfalls nicht durch eine förmliche Aufnahme in die Gruppierung nach außen tretende - „Mitgliedschaft“ begreift. Dass aus dem Kreis der „C“ in der Vergangenheit immer wieder im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F. Straftaten verübt worden sind, ergibt sich aus der von der Polizei erstellten „Vita Ultragruppierung ‚C‘“ vom 03.09.2014, aber auch aus den Aussagen des szenekundigen Beamten R. in der mündlichen Verhandlung etwa im Zusammenhang mit pyrotechnischen Vorfällen bei Auswärtsspielen des SC F..
43 
Aus den polizeilichen Erkenntnissen ergibt sich darüber hinaus, dass auch der Kläger selbst wiederholt an körperlichen Auseinandersetzungen insbesondere mit gegnerischen Fans aktiv beteiligt war. Die Kammer nimmt den Vorfall vom 30.12.2009 hier ausdrücklich aus, weil hier bereits eine Anwesenheit des Klägers bei dem Vorfall, erst recht aber eine aktive Teilnahme nicht nachgewiesen werden konnte. Anders ist es jedoch nicht nur bei der bereits erwähnten Eskalation des Konflikts mit Mitgliedern von „R“ vom 21.03.2014, sondern auch bei den weiteren Vorfällen vom 04.08.2012 und 29.03.2014, bei denen der Kläger nicht nur physisch anwesend, sondern selbst aktiv beteiligt war. Auch wenn der Kläger strafrechtlich deswegen nicht belangt wurde, machen diese polizeilichen Erkenntnisse doch deutlich, dass sich der Kläger im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen wiederholt in einem gewaltbereiten Umfeld aufgehalten hat und nicht nur der gewaltsamen Auseinandersetzung nicht aus dem Weg gegangen ist, sondern sich im Gegenteil aktiv an der körperlichen Austragung von Konflikten mit gegnerischen Fans - wenn auch möglicherweise nicht an vorderster Front - beteiligt und in diesem Zusammenhang zumindest den Tatbestand einer Körperverletzung verwirklicht hat. Auch wenn am 29.03.2014, als es zu einer Massenschlägerei zwischen Anhängern des SC F. und Fans des 1. FC N. vor dem Fanprojekt des SC F. gekommen ist, die Aggression vor allem von den N.er Fans ausgegangen sein sollte, zeigt doch das in den Strafakten befindliche, in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommene Bildmaterial, dass der Kläger sich nicht rein defensiv verhalten und von der Auseinandersetzung distanziert hat; vielmehr war er einer der nach Aussagen des szenekundigem Beamten R. etwa zehn bis 15 Fans, die - von etwa 80 bis 100 anwesenden F.er Fans - auf F.er Seite aktiv an der Schlägerei teilgenommen haben.
44 
Die Beklagte hatte entgegen der Ansicht des Klägers auch keine Veranlassung, Vorfälle, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Betretungs- und Aufenthaltsverbots im Herbst 2014 bereits länger als ein Jahr zurücklagen, von vornherein aus ihrer Prognoseentscheidung auszublenden. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem vom Klägervertreter zitierten Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 07.12.2014 (1 S 2218/03, juris). Denn der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem, § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG betreffenden Verfahren ausgeführt, dass diese Regelung - obwohl dort, anders als vorliegend, die Gesetzesbegründung eine Beschränkung auf Vorfälle der letzten zwölf Monate nahe legen könnte - nicht etwa dahingehend auszulegen sei, dass in die Gefährdungsprognose im Sinne einer zeitlich starren Grenze nur Vorfälle innerhalb der letzten zwölf Monate einfließen dürften; allerdings bedürfe es einer hinreichend aktuellen Gefährdungslage und damit im Regelfall der Feststellung von Vorfällen (auch) aus jüngerer Zeit, um die Gefährdungsprognose zu begründen. Selbst wenn man diese zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG ergangene, schon allein mit Blick auf die dortige Gesetzesbegründung nicht uneingeschränkt auf § 27a Abs. 2 PolG übertragbare Rechtsprechung hier anwenden wollte, wäre die Beklagte daher nicht daran gehindert, auch auf ältere Vorfälle zu rekurrieren, wenn sie für die Begründung einer aktuell bestehenden Gefährdungslage daneben, was hier der Fall ist, auch Vorfälle aus jüngerer Zeit heranziehen konnte.
45 
Das aktive Auftreten des Klägers in der F.er Ultra-Szene in Zusammenschau mit den drei strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen in den Jahren 2012 und 2014 waren im Herbst 2014 hinreichend konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, der Kläger werde auch künftig im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen in den vom Aufenthaltsverbot erfassten Bereichen Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen.
46 
2.2 Die Beklagte hat ferner ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hat die angefochtene Verfügung damit begründet, es sei zu verhindern, dass der Kläger weiterhin das Leben und die Gesundheit anderer gefährde, indem er weitere Körperverletzungsdelikte und andere Straftaten begehe. Der vom Aufenthaltsverbot betroffene Bereich beschränke sich auf das Gebiet des üblichen Aufenthalts von Gästefans einschließlich der üblicherweise aufgesuchten Gaststätten sowie auf die erfahrungsgemäß durch diese benutzten Haltestellen; es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger während der Geltungszeiten des Verbotes eine Einrichtung dort besuchen müsse.
47 
Hiergegen ist nichts zu einzuwenden. Insbesondere hat die Beklagte das Aufenthaltsverbot auf die Spieltage und auch insoweit lediglich auf einen überschaubaren, aus Sicht der Polizei bei Fanausschreitungen aber regelmäßig relevanten Zeitraum und auch örtlich auf den relevanten Bereich beschränkt. Das Verbot stellt zwar einen nicht unerheblichen Eingriff in Rechte des Klägers dar; mildere Handlungsalternativen standen mit Blick auf den bezweckten Erfolg der effektiven Unterbindung von Fanausschreitungen im Zusammenhang mit den Heimspielen der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F. aber nicht zur Verfügung. Damit erwies sich das Aufenthaltsverbot insbesondere als verhältnismäßig.
48 
2.3 Die Kammer sieht ferner keine Unbestimmtheit des Bescheides vom 19.09.2014 in Bezug auf, wie der Kläger meint, Spiele der zweiten Mannschaft, weil, so die Begründung, der insoweit angekündigte Änderungsbescheid nicht ergangen sei. Der angefochtene Bescheid ist vielmehr hinreichend bestimmt, weil er klar und eindeutig wie auch in sich schlüssig regelt, an welchen Tagen zu welchen Uhrzeiten während welcher Fußballbegegnungen unter Beteiligung der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F. der Kläger sich in welchem Bereich F.s nicht aufhalten darf. Dass die Beklagte (nur) für den Fall, dass „die Termine der Mannschaft SC F. II ... je nach Feinterminierung der ersten drei Fußball-Ligen noch geändert werden“ sollten, den Erlass eines Änderungsbescheides angekündigt hat, solche die Änderung des Bescheides erfordernde Terminsänderungen aber offensichtlich nicht erfolgt sind - jedenfalls behauptet dies auch der Kläger nicht - mit der Folge, dass ein Änderungsbescheid insoweit nicht ergangen ist, kann schwerlich Einfluss auf die Bestimmtheit des angefochtenen Bescheides vom 19.09.2014 in der Fassung des Bescheides vom 06.10.2014 haben.
49 
Auch im Übrigen ist der angegriffene Bescheid im Hinblick auf das unter Nr. I.1. ausgesprochene Aufenthalts- und Betretungsverbot hinreichend bestimmt, insbesondere kann der Kläger den exakten Geltungsbereich des Aufenthaltsverbots den beigefügten Plankarten und der textlichen Beschreibung entnehmen.
50 
2.4 Das Betretungs- und Aufenthaltsverbot erweist sich jedoch aufgrund Verstoßes gegen § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG als rechtswidrig, soweit es auch Spieltage nach dem 01.11.2014 erfasst.
51 
Gemäß § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG darf ein Aufenthaltsverbot die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten.
52 
Dieser zeitlichen Begrenzung genügt das von der Beklagten ausgesprochene Aufenthalts- und Betretungsverbot nicht. Zwar hält das durch den angegriffenen Bescheid vom 19.09.2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 06.10.2014 festgesetzte Aufenthalts- und Betretungsverbot mit seinem Geltungszeitraum vom 27.09.2014 bis zum 21.12.2014 für sich genommen den Dreimonatszeitraum ein. Der angefochtene Bescheid steht jedoch nicht isoliert, sondern knüpft zeitlich unmittelbar an den Bescheid vom 30.07.2014 in der Fassung des Abänderungsbescheids vom 19.08.2014 an, mit welchem gegenüber dem Kläger ein aufgrund der gleichen Gefahrenprognose erstelltes Aufenthalts- und Betretungsverbot, gültig für den Zeitraum vom 02.08.2014 bis zum 20.09.2014, erlassen worden war. Bei der Beschränkung des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG handelt es sich um eine maximale Zeitobergrenze, die auch dann nicht durch den Erlass einer auf dieselben Tatsachen gestützten Folgeverfügung überschritten werden darf, wenn die Gründe für das Aufenthaltsverbot nach Fristablauf erkennbar im Wesentlichen unverändert fortbestehen (vgl. Ruder, Polizeirecht Bad.-Württ., 8. Aufl., Rn. 656; Belz/Mußmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 27a Rn. 9; a.A. Stephan/Deger, PolG BW, 7. Aufl., § 27a Rn. 12).
53 
Die Dreimonatsfrist für das gegen den Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot, das erstmals am 02.08.2014 galt, endete damit am 01.11.2014. Soweit der Bescheid Tage nach dem 01.11.2014 erfasst, ist das Aufenthalts- und Betretungsverbot damit wegen Überschreitens der Dreimonatsfrist des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG rechtswidrig gewesen.
54 
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht daraus, dass das gegenüber dem Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot nicht durchgängig, sondern nur sehr punktuell - im genannten Dreimonatszeitraum an (nur) zehn Tagen für jeweils zwölf Stunden - galt. Richtig ist zwar, dass die Höchstfrist von drei Monaten die Verhältnismäßigkeit des Aufenthaltsverbots sicherstellen soll (vgl. LT-Drs. 14/3165 S. 67). Auch wenn das Verhältnismäßigkeitsprinzip eine derartige Höchstfrist von drei Monaten nicht gebietet - in der obergerichtlichen Rechtsprechung anderer Bundesländer wurden vereinzelt wesentlich längere Aufenthaltsverbote als vom Verhältnismäßigkeitsprinzip gedeckt angesehen (vgl. etwa Bayer. VGH, Beschluss vom 18.02.1999 - 24 CS 98.3198 -, juris [12 Monate]; OVG Nieders., Beschluss vom 12.05.2009 - 11 ME 190/09 -, juris [6 Monate]; OVG Bremen, Urteil vom 24.03.1999 - 1 BA 27/97 -, juris [6 Monate]) -, steht es dem Gesetzgeber frei, aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten eine entsprechende rein formale Obergrenze von drei Monaten einzuführen. Richtig ist auch, dass es unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einen gewichtigen Unterschied macht, ob ein Aufenthaltsverbot ununterbrochen für drei Monate oder jeweils nur für einzelne Tage oder gar Stunden innerhalb dieses Zeitraums ausgesprochen wird. Dass es neben Aufenthaltsverboten, die typischerweise ununterbrochen für einen längeren Zeitraum ausgesprochen werden - etwa zur Bekämpfung einer offenen Drogenszene - auch solche gibt, die nur einen kürzeren Zeitraum betreffen, war dem Gesetzgeber jedoch offensichtlich bewusst; denn als ein Beispiel für den Erlass eines Aufenthaltsverbots nennt er den „Schutz von Veranstaltungen vor gewaltbereiten Personen“ (LT-Drs. 14/3165 S. 66). Trotzdem hat er bei Formulierung der Frist die Worte „Es darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten“ gewählt. Dies legt eine kalendermäßig bestimmte Frist nahe. Hätte er stattdessen auf die Zeitspanne abstellen wollen, während derer das Aufenthaltsverbot gegenüber dem Betroffenen Geltung entfaltet, und so eine Addition der Zeiträume verschiedener, jeweils zeitlich eng befristeter Aufenthaltsverbote ermöglichen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass er etwa eine Dauer von „insgesamt 90 Tagen“ zur Obergrenze macht; dies umso mehr, als die Wortwahl „drei Monate“ zwar auf Grundlage von § 188 Abs. 2 BGB mühelos ein kalendermäßig bestimmtes Ende, nicht aber eine exakte Bestimmung der Anzahl der hierunter zu fassenden Tage ermöglicht. Dies steht einer Auslegung von § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG entgegen, nach der eine Zerlegung der Dreimonatsfrist in die entsprechende Zahl von Tagen oder gar Stunden und deren Verteilung auf einen weit über drei Monate hinausgehenden Zeitraum zulässig wäre. Nach Auffassung der Kammer ist daher die formale Frist des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG als kalendermäßig zu bestimmende Frist auszulegen, ohne dass es darauf ankäme, innerhalb welchen Zeitraums innerhalb dieser Frist das Aufenthaltsverbot Geltung entfaltet.
55 
3. Die in Nr. I.2. des angefochtenen Bescheids verhängte Meldeauflage war rechtlich nicht zu beanstanden.
56 
Gemäß §§ 1, 3 PolG hat die Polizei u.a. die Aufgabe, von dem einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit bedroht wird, zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen.
57 
3.1 Eine Meldeauflage zielt darauf, dass die betreffende Person sich bei einer bestimmten polizeilichen Dienststelle zu einem bestimmten Zeitpunkt „melden“ muss. Im Gegensatz zu einem Aufenthalts- und Betretungsverbot regelt sie unmittelbar nicht das „Wegbleiben“ vom einem bestimmten Ort, sondern das „Hinkommen“ zu einer Polizeidienststelle (Siegel, NJW 2013, 1035). Sofern es, wie im baden-württembergischen Recht, an einer spezialgesetzlichen Grundlage für den Erlass einer Meldeauflage fehlt, wird in der Rechtsprechung die Anwendung der polizeilichen Generalklausel als Grundlage für eine Meldeauflage ausdrücklich für zulässig erachtet (BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 6 C 39/06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris; Bayer. VGH, Beschluss vom 05.03.2015 - 10 CS 14.2244 u.a. -, juris; OVG Bremen, Urteil vom 02.09.2008 - 1 A 161/06 -, juris; OVG Nieders., Beschluss vom 14.06.2006 - 11 ME 172/06 -, juris; OVG Berl.-Brandenbg., Urteil vom 21.03.2006 - 1 B 7.04 -, juris; vgl. dazu sowie zu den mitunter kritischeren Stimmen in der Literatur Schlucht, NVwZ 2011, 709). Dem schließt sich die Kammer für den hier vorliegenden Fall an, auch wenn aus ihrer Sicht eine spezialgesetzliche Regelung etwa mit Blick auf die Frage der materiellen Voraussetzungen für ihren Erlass, der Bestimmung einer möglichen zeitlichen Höchstfrist derartiger Maßnahmen (wie etwa in § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG erfolgt) oder der ausdrücklichen Festlegung der örtlichen Zuständigkeit für den Erlass der Meldeauflage durchaus wünschenswert wäre oder bei einer weiteren Verfestigung der Meldeauflage als polizeiliche Standardmaßnahme gar geboten sein könnte (vgl. zu dem früher ebenfalls auf §§ 1, 3 PolG gestützten Platzverweis etwa VG Stuttgart, Beschluss vom 17.05.2001 - 5 K 1912/01 -, juris, oder zu der so gen. offenen Observation u.a. Urteil der Kammer vom 14.02.2013 - 4 K 1115/12 -, juris).
58 
3.2 Die Meldeauflage ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen.
59 
3.2.1 Die Beklagte war für den Erlass der Meldeauflage örtlich zuständig. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 ist diejenige Polizeibehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die polizeiliche Aufgabe wahrzunehmen ist (§ 68 Abs. 1 PolG), wo also die Notwendigkeit für ein polizeiliches Einschreiten besteht. Dies ist der Ort, an dem der Eintritt des Schadens für ein polizeiliches Schutzgut droht oder an dem sich die Gefahrenquelle befindet (Belz/Mußmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 68 Rn. 4). Die Zuständigkeit der Wohnortbehörde für den Erlass von Meldeauflagen ist für die Rechtsprechung offenbar so selbstverständlich, dass sie mit keinem Wort erwähnt, geschweige denn erörtert, sondern stillschweigend voraussetzt wird (so etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris; Sächs. OVG, Beschluss vom 26.05.2010 - 3 A 244/09 -, juris; OVG Bremen, Urteil vom 02.09.2008 - A 161/06 -, juris; OVG Berl.-Brandenbg., Urteil vom 21.03.2006 - 1 B 7.04 -, juris). Gerade vor dem Hintergrund, dass die Regeln über die örtliche Zuständigkeit speziell im Gefahrenabwehrrecht stark vom Effizienzgedanken geprägt sind (vgl. Denninger/Rachor, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., C Rn. 32, m.w.N.), geht auch die Kammer davon aus, dass die örtliche Zuständigkeit der Beklagten für die Meldeauflage auf Grundlage des § 68 Abs. 1 Satz 1 PolG hier nicht verneint werden kann. Dies gilt bereits deshalb, weil sich die Gefahr der Begehung von bzw. der Beteiligung an Straftaten durch Ultras im Falle von Auswärtsspielen nicht erst am Ort des Auswärtsspiels, sondern bereits auf dem Weg dorthin - etwa bei gemeinsamer Anreise in der Bahn - verwirklichen kann. Ungeachtet dessen ist F. als der Ort, an dem der Kläger wohnt, derjenige, an dem die Gefahr, dass der Kläger sich zu Auswärtsspielen begibt und in diesem Zusammenhang strafbare Handlungen begeht, am effektivsten bekämpft werden kann (in diesem Sinne VG Frankfurt, Urteil vom 07.03.2002 - 5 E 3789/00 -, juris).
60 
3.2.2 Der Kläger wurde vor Erlass der Meldeauflage ordnungsgemäß angehört (vgl. dazu oben 1.1); auch im Hinblick auf das Begründungserfordernis bestehen keine rechtlichen Bedenken (vgl. dazu oben1.2).
61 
3.3 Die Meldeauflage war schließlich materiell rechtmäßig.
62 
Voraussetzung für den Erlass einer Meldeauflage ist danach das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wobei eine objektive ex-ante-Sicht maßgeblich ist. Für die Gefahrenprognose ist eine wertende Abwägung vorzunehmen. Je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden wäre, je größer die Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter ist, umso geringer sind die Anforderungen, die an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gestellt werden können; so kann in Fällen, in denen besonders hochwertige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen gefährdet sind, bereits eine relativ entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts sicherheitsrechtliche Maßnahmen rechtfertigen.
63 
Die Beklagte hat zu Recht eine hinreichend konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit angenommen, der sie durch den Erlass der angefochtenen Meldeauflage begegnete. Auf der Grundlage der ihr von Seiten der Polizei zur Verfügung gestellten konkreten und nachvollziehbaren Erkenntnisse durfte die Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass der Kläger als Mitglied der F.er Ultra-Szene mit einer Nähe zu den „C“ auch an Auswärtsbegegnungen der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F. teilnimmt und dass es dort, wie bereits mehrfach im Bereich um das SC-Stadion herum, zu körperlichen Auseinandersetzungen mit gegnerischen Fans kommt. Damit lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids hinreichende Erkenntnisse vor, die aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht die konkrete Gefahr der (erneuten) Teilnahme des Klägers an Auswärtsspielen einer F.er Mannschaft und damit die Gefahr der Begehung strafbewehrter Rechtsverstöße und damit verbundener Gesundheitsgefahren Dritter durch den Kläger begründeten (vgl. dazu OVG Nieders., Beschluss vom 14.06.2006 - 11 ME 172/06 -, juris; BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 6 C 39/06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris, und Urteil vom 16.11.1999 - 1 S 1315/98 -, juris).
64 
Die Beklagte war sich auch ihres Ermessensspielraums im Klaren und hat entsprechende - wenn auch kurze - Ausführungen dazu gemacht.
65 
Eine Meldeauflage war ferner dazu geeignet, dem Kläger die Anreise zu derartigen Auswärtsspielen unmöglich zu machen. Es waren auch keine milderen Mittel ersichtlich. Schließlich erscheint die Meldeauflage im Hinblick darauf, dass im angefochtenen Bescheid Ausnahmen von den Meldepflichten aus wichtigem Grund vorgesehen waren, auch nicht als im engeren Sinne unverhältnismäßig. Auch der Kläger hat weder im Rahmen der Anhörung noch im gerichtlichen Verfahren gewichtige Belange vorgetragen, die einer Auferlegung der Meldeauflage entgegenstünden oder die Beklagte dazu hätten veranlassen müsse, diese Auflage anderweitig zu gestalten.
66 
Die Meldeauflage war schließlich auch über den 01.11.2014 hinaus rechtmäßig, da §§ 1, 3 PolG eine zeitliche Befristung nicht vorsehen und eine solche aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch nicht erforderlich ist.
67 
4. Erweist sich damit der Bescheid vom 19.09.2014 im Hinblick auf das Betretungs- und Aufenthaltsverbot als teilweise rechtswidrig, so hat dies Auswirkungen auch auf die Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung. Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid unter IV. die Gebühr nach §§ 1, 2, 4 der Satzung der Stadt F. über die Erhebung von Verwaltungsgebühren auf 150,-- EUR festgesetzt. Die Festsetzung der konkreten Höhe der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Gebührenrahmens stand im Ermessen der Beklagten (vgl. dazu VG Karlsruhe, Urteil vom 26.07.2011 - 6 K 2797/10 -, juris, m.w.N.). Die Beklagte ging bei Festsetzung der Gebühr davon aus, neben der Meldeauflage ein weiteres Aufenthaltsverbot von drei Monaten erlassen zu dürfen. Erweist sich diese Annahme als falsch, fehlt es damit auch ein einer tragfähigen Grundlage für die Ermessensentscheidung betreffend die Höhe der Gebührenfestsetzung.
III.
68 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Gericht sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
69 
Die Berufung wird gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung folgt hier daraus, dass die Frage, ob die Dreimonatsfrist des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG kalendermäßig zu bestimmen ist oder ob insoweit die Zeiträume verschiedener, jeweils zeitlich eng befristeter Aufenthaltsverbote bis zu einer Gesamtdauer von drei Monaten zu addieren sind, für eine Vielzahl von Aufenthaltsverboten von Bedeutung ist; zu dieser Frage fehlt es bislang weitgehend an einschlägiger obergerichtlicher Rechtsprechung.

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 15. Apr. 2016 - 4 K 143/15 zitiert 18 §§.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

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(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

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(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 188 Fristende


(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. (2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Fa

Strafprozeßordnung - StPO | § 153 Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit


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Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 15. Apr. 2016 - 4 K 143/15 zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 23. März 2017 - 1 K 6242/16

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Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 150,-- EUR für ein von der Beklagten anlässlich einer Begegnung der 3. Fußball

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(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Verfügungen Nummer IV. in den Bescheiden der Beklagten vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das mit Bescheiden vom 19.08.2014 und vom 19.09.2014 angeordnete Aufenthalts- und Betretungsverbot (jeweils Verfügung Nummer I.1 in den genannten Bescheiden) und die Meldeauflagen (jeweils Verfügungen Nummer I.2) einschließlich deren Konkretisierung durch den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2014 rechtswidrig waren.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen Meldeauflagen sowie Betretungs- und Aufenthaltsverbote im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen.
Das Polizeipräsidium F, Polizeirevier F-Süd, stellte unter dem 23.07.2014 an die Beklagte den Antrag auf Erlass einer Meldeauflage und eines näher bezeichneten Aufenthalts- und Betretungsverbots gegenüber dem Kläger bezüglich Fußballpartien unter Beteiligung der Bundesliga- und der Regionalmannschaft des SC F. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass es anlässlich von Fußballbundesligabegegnungen des SC F bei Heim- und Auswärtsspielen vermehrt zu Gewaltdelikten und anderen Straftaten durch Problemfans u.a. des SC F gekommen sei; ferner gebe es Drittortauseinandersetzungen. Es gebe personenbezogene Erkenntnisse für den Kläger anlässlich von Fußballbegegnungen; so habe er sich am 13.10.2012 an einer Drittortauseinandersetzung beteiligt und werde einer gefährlichen Körperverletzung beschuldigt, wobei das Ermittlungsverfahren noch laufe. Er habe sich nachweislich im Jahr 2012/13 mit einer Gruppierung aus F an Drittortauseinandersetzungen beteiligt und tue dies mutmaßlich nach wie vor. Der Grad an Wahrscheinlichkeit für die zukünftige Straftatenbegehung sei als hoch zu bezeichnen.
Mit Bescheid vom 30.07.2014 erließ die Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. II.) gegenüber dem Kläger ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot; dieses Verbot galt für im Einzelnen aufgeführte Spieltage einer Mannschaft des SC F für Termine zwischen dem 02.08.2014 und dem 20.09.2014 jeweils für den Zeitraum 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr für im Bescheid näher konkretisierte Bereiche im Umfeld des X-Stadions, des Y-Stadions, der Z-Straße sowie von Teilen der Innenstadt und des Stadtteils A (Nr. I.1). Ferner wurde dem Kläger aufgegeben, sich an bestimmten Spieltagen des SC F zu bestimmten Zeiten beim Polizeirevier F-Süd zu melden (Nr. I.2). Unter Nr. III wurde dem Kläger für den Fall, dass er der Anordnung nach Nr. I.1 nicht nachkomme, die Anwendung von unmittelbarem Zwang und für jeden Verstoß gegen die Meldeverpflichtung (Nr. I.2) ein Zwangsgeld von je 500,-- EUR angedroht. Ferner wurde für den Bescheid eine Gebühr i.H.v. 150,-- EUR festgesetzt (Nr. IV.).
Gegen den Bescheid legte der Kläger am 08.08.2014 Widerspruch ein. Die Maßnahmen seien unverhältnismäßig. Der Kläger wohne in der B-Straße, die in einem der genannten abgegrenzten Gebiete (Umfeld des X-Stadions) liege, so dass der Kläger für die genannten Tage nicht wisse, wie er nach Hause gelangen solle. Ob das Ermittlungsverfahren wegen einer Drittortauseinandersetzung vom 13.10.2012 die Annahme rechtfertige, dass der Kläger auch im Zusammenhang mit den angeführten Spielen eine Gefahr für Leib und Leben anderer und für Sachwerte darstelle, erscheine recht fragwürdig. Eine nähere Begründung werde nach Akteneinsicht in die Ermittlungsakte St/x…/y… des Polizeipräsidiums F erfolgen, die er hiermit beantrage.
Der Bescheid vom 30.07.2014, in dem, so die Beklagte, irrtümlich einzelne Spieltage falsch benannt worden seien, wurde mit Ausnahme der unter IV. erfolgten Gebührenfestsetzung i.H.v. 150,-- EUR, welche bestehen blieb, durch Bescheid der Beklagten vom 19.08.2014 ersetzt. Die Änderungen im Tenor des Bescheides bezogen sich auf Terminkorrekturen; des Weiteren wurde die Wohnung des Klägers in der B-Straße vom Aufenthaltsverbot herausgenommen. Zur Begründung wurde aufgeführt, dass es nach Angaben des Polizeipräsidiums F anlässlich von Fußballbegegnungen des SC F in der Vergangenheit immer wieder zu Gewaltdelikten und anderen Straftaten u.a. durch Problemfans des SC F und in diesem Zusammenhang mehrfach zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sei. Diese Auseinandersetzungen hätten nicht nur im Bereich des Stadions, sondern auch in der Innenstadt/A stattgefunden. Nach Angaben der PD F sei der Kläger dem Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und dem gewaltbereiten Spektrum der Fußballszene zuzuordnen. Aktuell werde ein Ermittlungsverfahren gegen eine Ultragruppierung mit Beteiligung des Klägers wegen „Drittortauseinandersetzungen“ geführt. Nachweislich habe sich der Kläger 2012/13 mit einer Gruppierung aus F, die sich überwiegend aus Personen der Fer Ultraszene und deren Umfeld zusammensetze, an Drittortauseinandersetzungen beteiligt und tue dies mutmaßlich nach wie vor. Beispielhaft werde auf ein eingeleitetes Strafverfahren wegen eines Vorfalls vom 13.10.2012 in L im Zusammenhang mit einem Fußballspiel wegen gefährlicher Körperverletzung verwiesen, welches für das gewalttätige Verhalten des Klägers spreche. Vom Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit Fußballveranstaltungen gingen Störungen und Gefahren für die Allgemeinheit aus, die zu unterbinden seien. Durch die vom Kläger begangene Straftat bedrohe er die Rechtsgüter anderer, insbesondere die Gesundheit der Bevölkerung. Das bisher gezeigte Verhalten des Klägers und die mutmaßlich begangene einschlägige Straftat ließen erwarten, dass er weitere gleich gelagerte Straftaten begehen oder zu deren Begehung beitragen werde. Zurückliegende Ermittlungsverfahren und entsprechende Sanktionen hätten keine Verhaltensänderung beim Kläger bewirkt. Die Polizei habe nach §§ 1, 3 PolG diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen zur Abwendung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich erschienen. Aufgrund von § 27a Abs. 2 PolG könne einer Person ein bis zu dreimonatiges Aufenthaltsverbot für ein bestimmtes Gebiet erteilt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu deren Begehung beitragen werde. Um weitere Straftaten des Klägers im Umfeld des SC-F-Stadions, der Innenstadt und Teilen des Stadtteils A zu verhindern, werde dem Kläger das Betreten und der Aufenthalt in dem unter Ziff. I.1. näher definierten Bereich zu den dort genannten Zeiten untersagt. Dieser Bereich beschränke sich auf das Gebiet des üblichen Aufenthalts von Gästefans sowie auf die erfahrungsgemäß genutzten Haltestellen des öffentlichen Personenverkehrs durch diese. Der zeitliche Geltungsbereich dieser Verfügung sei aufgrund der üblichen Aufenthaltszeiten von Gästefans bei Spielen des SC F festgelegt. Der von dieser Verfügung umfasste Bereich von F beherberge eine Vielzahl an Gaststätten, die durch die Fans der Gastmannschaften während der vergangenen Spiele in F ausgesucht worden seien. Die Anordnung des Aufenthaltsverbots sei hinsichtlich der jeweiligen Dauer unter Abwägung der zu schützenden Rechtsgüter der Allgemeinheit und der Bewegungsfreiheit des Klägers erforderlich und angemessen. Der Kläger habe zwar seinen Wohnsitz im Geltungsbereich des Aufenthaltsverbots, jedoch sei dieser vom Aufenthalts- und Betretungsverbot ausgenommen. Es sei keine Einrichtung ersichtlich, die er dort zu den Geltungszeiten des Aufenthaltsverbots aufsuchen müsse. Das Aufenthaltsverbot sei ein geeignetes Mittel, um den Kläger vom näher definierten Bereich fernzuhalten. Durch sein Verhalten habe der Kläger gezeigt, dass er sich nicht an geltende Gesetze (z.B. Strafgesetze) halte. Es sei nicht davon auszugehen, dass er ohne weitere Maßnahmen künftig von seinem gewalttätigen und ordnungsstörenden Verhalten ablasse. Die körperliche Unversehrtheit anderer, ein besonders schützenswertes Rechtsgut, habe der Kläger durch sein Verhalten immer wieder bedroht. Es könne nicht hingenommen werden, dass durch das Verhalten einzelner Gefahren für die Allgemeinheit entstünden. Eine andere, den Kläger weniger beeinträchtigende Maßnahme, die den gleichen Zweck erfülle, sei nicht ersichtlich. Aus diesen Gründen sei auch angeordnet worden, dass sich der Kläger zu den unter Ziff. I.2. genannten Zeiten beim Polizeirevier F-Süd melde. Nur so werde verhindert, dass der Kläger bei Auswärtsspielen des SC F an hooligantypischen Auseinandersetzungen teilnehme oder in anderer Weise Straftaten begehe, die im Zusammenhang mit der jeweiligen Fußballpartie stünden. Die Maßnahme sei geeignet, den Kläger von einer Anreise zum Auswärtsspielort abzuhalten. Sie sei auch angemessen und beeinträchtige den Kläger nicht in unzumutbarer Weise in seiner Bewegungsfreiheit, zumal bei wichtigen Gründen eine Ausnahmemöglichkeit eingeräumt werde. Sie sei auch erforderlich im Hinblick auf die oben geschilderten Gefahren für Leib und Leben Dritter. Eine mildere Maßnahme sei nicht ersichtlich. Zur Durchsetzung der Ziff. I.1. sei die Androhung unmittelbaren Zwangs erforderlich, da die verfügte Maßnahme im Falle der Nichtbeachtung nur auf diese Weise sofort umgesetzt werden könne. Die förmliche Festsetzung eines Zwangsgeldes sei untunlich. Auch zur Durchsetzung der Meldeauflage sei die Androhung eines Zwangsmittels erforderlich. Das Zwangsgeld stelle das mildeste geeignete Mittel dar. Die Höhe des Zwangsgelds sei angemessen.
Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30.07.2014 wurde durch die Beklagte auf diesen Bescheid erstreckt.
Mit Schreiben vom 10.09.2014 gewährte die Beklagte dem Kläger rechtliches Gehör zu Maßnahmen (Meldeauflagen und Betretungs- und Aufenthaltsverbot) für die Zeitraum zwischen dem 21.09. und 20.12.2014.
Mit Bescheid vom 19.09.2014 erließ die Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. II.) gegenüber dem Kläger ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot; dieses Verbot galt für im Einzelnen aufgeführte Spieltage der Bundes- und Regionalligamannschaft des SC F für Termine zwischen dem 27.09.2014 und dem 21.12.2014 jeweils für den Zeitraum 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr für im Bescheid näher konkretisierte Bereiche im Umfeld des X-Stadions, des Y-Stadions, der Z-Straße sowie von Teilen der Innenstadt und des Stadtteils A ausgenommen die Wohnung des Klägers (Nr. I.1). Ferner wurde dem Kläger aufgegeben, sich an bestimmten Spieltagen des SC F zu bestimmten Zeiten beim Polizeirevier F-Süd zu melden (Nr. I.2). Unter Nr. III wurde dem Kläger für den Fall, dass er der Anordnung nach Nr. I.1 nicht nachkomme, die Anwendung von unmittelbarem Zwang und für jeden Verstoß gegen die Meldeverpflichtung (Nr. I.2) ein Zwangsgeld von je 500,-- EUR angedroht. Ferner wurde für den Bescheid eine Gebühr i.H.v. 150,-- EUR festgesetzt (Nr. IV.).
Der Bescheid wurde mit ähnlichen Erwägungen begründet wie der zuvor unter dem 19.08.2014 erlassene. Ergänzend wurde auf Angaben der Polizei verwiesen, denen zufolge der Kläger dem erweiterten Umfeld der Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen sei. Diese setze sich auf Personen der Fangruppierungen „ABC“ und „DEF“ zusammen. Der Kläger sei zwar keiner Ultragruppierung zuzuordnen, beteilige sich jedoch vorsätzlich und willentlich an geplanten Schlägereien durch Mitglieder der Ultragruppen. So habe er sich am 13.10.2012 zusammen mit 11 weiteren Personen der Fer Problemfanszene und deren Umfeld mit einer Gruppierung aus N zu einer Drittortauseinandersetzung verabredet. Auf einem Waldstück in der Nähe von L (Frankreich) sei es zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen, bei welchen die beiden Gruppierungen gemeinschaftlich gegen die jeweilige andere Gruppierung geschlagen und getreten hätten. Ausweislich des ausgewerteten WhatsApp-Verkehrs habe sich der Kläger an einer weiteren Drittortauseinandersetzung beteiligt. Am 12.04.2013 habe sich der Kläger zusammen mit 9 weiteren Personen mit einer Gruppierung aus H zu einer Drittortauseinandersetzung verabredet. Es sei in der Nähe von T vermutlich zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen. Zu vermuten sei, dass bei Fußballbegegnungen die Konfrontation zu gegnerischen Fans erneut bewusst gesucht werde. Da der Kläger in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Fußballspielen des SC F immer wieder polizeilich in Erscheinung getreten sei und auch in Anwesenheit von Ordnungskräften keine Scheu gehabt habe, Straftaten zu begehen, sei der Grad an Wahrscheinlichkeit für die zukünftige Straftatenbegehung als hoch zu bezeichnen. Die vorliegenden Erkenntnisse rechtfertigten die Annahme, dass der Kläger im Zusammenhang mit den aufgeführten Spielen im Innenstadtbereich, im Bereich des Stadionumfelds und der Bahnhöfe eine Gefahr für Leib und Leben anderer und für Sachwerte bei Heim- und Auswärtsspielen darstelle. Von seinem Verhalten im Zusammenhang mit Fußballveranstaltungen gingen Störungen und Gefahren für die Allgemeinheit aus, die zu unterbinden seien. Ferner verwies die Beklagte darauf, dass der Kläger angehört worden sei, sich jedoch nicht geäußert habe. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass, sofern der Kläger den ihm auferlegten Anordnungen nachkomme und er auch ansonsten nicht polizeilich auffällig werde, vorgesehen sei, direkt im Anschluss zunächst keine weiteren Aufenthalts- und Betretungsverbote bzw. Meldeauflagen zu erlassen.
10 
Unter dem 06.10.2014 erließ die Beklagte einen mit „Ergänzungsverfügung“ überschriebenen weiteren Bescheid, durch den der Bescheid vom 19.09.2014 hinsichtlich der am 19.09.2014 noch nicht bekannten konkreten Zeitpunkte dreier Fußballbegegnungen konkretisiert wurde. Der Erlass dieses Bescheides war bereits im Bescheid vom 19.09.2014 angekündigt worden. Dieser Bescheid enthält keine Gebührenfestsetzung.
11 
Der Kläger legte mit Schreiben vom 09.10.2014 seinen gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.08.2014 erhobenen Widerspruch rein fürsorglich und erneut gegen alle in dieser Sache ergangenen und noch ergehenden Bescheide der Stadt F, die auf dem Polizeigesetz Baden-Württemberg basieren, ein und trug erneut vor, dass diese Maßnahmen unverhältnismäßig seien.
12 
Mit Schreiben vom 03.11.2014 wies das Regierungspräsidium F den Kläger darauf hin, dass sich der Widerspruch vom 08.08.2014 durch Zeitablauf erledigt habe. Der Erlass eines Fortsetzungsfeststellungswiderspruchsbescheids sei nicht zulässig, vielmehr sei in diesen Fällen einer während des Laufs des Widerspruchsverfahrens eintretenden Erledigung direkt - ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens - eine Fortsetzungsfeststellungsklage zu erheben. Die Widerspruchsbehörde könne lediglich über die Kosten entscheiden, wobei im Rahmen einer nach § 80 Abs. 1 Satz 5 VwVfG gebotenen summarischen Prüfung von der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügungen auszugehen sei, so dass insoweit dem Kläger die Kosten aufzuerlegen wären.
13 
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.12.2014, zugestellt am 12.12.2014, wies das Regierungspräsidium F den Widerspruch gegen die Bescheide der Stadt F vom 19.09.2014 und 06.10.2014 zurück. Es sei zwar zulässig Widerspruch erhoben worden, dieser sei aber unbegründet, da die angefochtenen Verfügungen rechtmäßig seien. Die von der Stadt F getroffene, auf den konkreten polizeilichen Erkenntnissen und Ermittlungen beruhende, aktuell bei Verfügungserlass vorgenommene Gefahrenprognose sei nicht zu beanstanden. Es gebe ausreichende und hinreichend sicher festgestellte Tatsachen und Anhaltspunkte, die eine vom Kläger ausgehende polizeirechtliche Gefahr auch aktuell begründen könnten. Dass die Beklagte neben neueren auch ältere Vorfälle in die Gefahrenprognose einbezogen habe, sei nicht zu beanstanden. Ebenso wenig sei zu beanstanden, dass neben einem konkreten gefahrenabwehrrechtlich relevanten Verhalten auch der Umstand, dass der Kläger zum Personenkreis Gewalttäter Sport zähle, berücksichtigt worden sei. Auch die Berücksichtigung der zulässigen Höchstdauer eines Aufenthalts- und Betretungsverbots führe nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn die getroffenen Aufenthaltsverbote beträfen nur eine auf die Spieltage beschränkte Mehrzahl von Tagen. Da eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt bestanden habe, habe auch nach Ablauf einer Anordnung für die Dauer von drei Monaten eine erneute Anordnung ergehen können. Für den Widerspruch gegen Gebührenbescheide sei das Regierungspräsidium F nicht zuständig.
14 
Der Kläger hat am 10.01.2015 Klage erhoben. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass die Ersetzung der fehlerhaften Verfügung vom 30.07.2014 durch Verfügung vom 19.08.2014 eine (Teil-)Rücknahme der ersten Verfügung sei. Akteneinsicht sei erst zu spät gewährt worden. Wie wichtig diese sei, zeige sich daran, dass nach Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei. Auch der Widerspruch gegen eine Verfügung betreffend erkennungsdienstliche Maßnahmen habe nach Intervention des Anwalts Erfolg gehabt. Auch in diesem Verfahren hätte der Widerspruch erfolgreich sein können, wenn er auf Grundlage von Akteneinsicht hätte begründet werden können. Die Gefahren, die vom Kläger ausweislich der Verfügungen der Beklagten ausgehen sollten, ließen sich mit den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft nicht in Einklang bringen. Die Verwaltungsgebühren, die erhoben worden seien, seien so hoch, dass sie sich angesichts des geringen Verdienstes des Klägers als eine Art Geldstrafe darstellten, die ihn treffe, obwohl die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt habe. Die Stadt F beschuldige den Kläger körperlicher Auseinandersetzungen bei Heim- und Auswärtsspielen. Im Schlussbericht seien als „Erkenntnisse zur Person des Beschuldigten“ lediglich ausgeführt, dass der Kläger als eine der Gewalt nicht abgeneigte Person eingestuft werde, die sich in den Jahren 2012/13 mit einer Fer Gruppierung nachweislich an zwei Drittortauseinandersetzungen beteiligt und seine Beteiligung an einer dritten Drittortauseinandersetzung angekündigt habe. Die beschriebenen Gefahren gingen von ihm nicht aus. Das habe sein Rechtsanwalt auch im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ausgeführt. Es sei ferner zu überlegen, was der Grenzwert von drei Monaten, den § 27a PolG fixiere, beschreibe. Hinsichtlich der Zeitspanne seien die drei Monate überschritten, denn es gehe um einen Zeitraum von vier Monaten, innerhalb dessen der Kläger mit 45 Tagen an seine Verpflichtungen zu denken und diese einzuhalten gehabt habe. Es bleibe auch zu überlegen, ob die Interessenabwägung korrekt, konkret und angemessen sei. Es sei zu fragen, welche Chancen jemand, der ins Visier der Polizei geraten sei, überhaupt habe. Ein Widerspruchsbescheid könne schon allein dann rechtswidrig sein, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf Grundlage von § 170 Abs. 2 StPO eingestellt habe. Die Ausführungen der Beklagten zum fehlenden Fortsetzungsfeststellungsinteresse überzeugten nicht. Es gebe schon eine Wiederholungsgefahr, man könne außerdem wohl von einem Rehabilitationsinteresse ausgehen. Es werde versichert, dass der Kläger weder Mitglied der Fangemeinde des SC F noch ein Hooligan sei. Zwischenzeitlich stünden alle Fußballfans unter Generalverdacht. Es müsse aber eine Balance gefunden werden zwischen den Rechten des Einzelnen und dem Anspruch der Gesellschaft auf öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Verfügungen seien überzogen und unverhältnismäßig gewesen.
15 
Der Kläger beantragt,
16 
Verfügungen Nummer IV. in den Bescheiden der Beklagten vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 aufzuheben sowie festzustellen, dass das mit Bescheiden vom 19.08.2014 und vom 19.09.2014 angeordnete Aufenthalts- und Betretungsverbot (jeweils Verfügung Nummer I.1 in den genannten Bescheiden) und die Meldeauflagen (jeweils Verfügung Nummer I.2) einschließlich deren Konkretisierung durch den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2014 rechtswidrig waren,
17 
und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Die Klage sei bereits unzulässig. Denn es bestehe kein für die Erhebung einer Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliches Feststellungsinteresse. Insbesondere bestehe keine Wiederholungsgefahr, da die Beklagte eindeutig erklärt habe, keine weiteren Betretungs- und Aufenthaltsverbote gegen den Kläger zu erlassen, wenn er sich an die Verfügung halte. Art. 19 Abs. 4 GG begründe hier kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Denn eine typischerweise kurzfristige Erledigung liege in der vorliegenden Konstellation erkennbar nicht vor. Auch könne sich die Position des Klägers durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit erkennbar nicht verbessern. Der Kläger könne auch kein Rehabilitationsinteresse für sich beanspruchen. Er habe selbst kein Feststellungsinteresse behauptet. Die Klage sei auch unbegründet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot nach § 27a Abs. 2 PolG lägen vor. Jedenfalls die Zugehörigkeit zur Hooligan-Szene könne als Gefahr für die öffentliche Sicherheit angesehen werden, selbst wenn der Betreffende bislang nicht einschlägig vorbestraft sei. Die vom Betreffenden ausgehende Gefahr bestehe bereits darin, dass er durch die zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu der entsprechenden Szene die Gewaltbereitschaft dieser Personen fördere und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwendeten, zumindest eine psychologische Stütze darstelle. Eines eigenen Tatbeitrags bedürfe es insoweit nicht. Daher sei auch beim Kläger die Beklagte zu Recht von einer entsprechend vorliegenden Gefahr und somit von der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 PolG ausgegangen. Denn der Kläger sei mindestens ab Oktober 2012 dem Umfeld der Ultragruppierungen des SC F zuzurechnen. Er habe mindestens an zwei Drittortauseinandersetzungen teilgenommen und habe an weiteren körperlichen Auseinandersetzungen, die dann nicht stattgefunden hätten, teilnehmen wollen. Dass das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei, sei hier unerheblich. Die Verwaltung müsse eine eigene Gefahrenprognose anstellen. Abgesehen davon räume der Kläger selbst ein, an der Drittortauseinandersetzung in Frankreich beteiligt gewesen zu sein. Abgesehen davon rechtfertige bereits seine erwiesene Zugehörigkeit zur Ultraszene die Annahme einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Ultragruppierungen in F seien als äußerst gewalttätig einzustufen. Die Mitgliederzahl werde auf 200 Personen geschätzt. Im Zeitraum der Saison 2009/10 bis zur Saison 2013/14 seien knapp 100 Straftaten im Zusammenhang mit Heimspielen des SC F erfasst worden, die von Angehörigen der Ultra-Szene begangen worden seien. Bei den Straftaten, die von Ultras begangen worden seien und bei denen es sich hauptsächlich um Gewaltdelikte handele, sei eine nahezu jährliche Steigerung mit einem Höhepunkt von 56 Straftaten in der Saison 2013/14 zu erkennen. Die ganz überwiegende Zahl der Straftaten werde im Umfeld der Stadien und in den Innenstädten begangen. Die Zugehörigkeit des Klägers zur Fer Ultraszene zeige seine Gewaltbereitschaft und seine Bereitschaft, auch an Straftaten im Umfeld der Fer Stadien und in der Fer Innenstadt teilzunehmen. Allein die Tatsache, dass der Kläger strafrechtlich bislang nur außerhalb von F in Erscheinung getreten sei, mache die Maßnahme nicht rechtswidrig. Vielmehr genüge seine Zugehörigkeit zur Ultra-Szene, die die begangenen Straftaten bereits fördere. Der Kläger sei auch in der bundesweiten polizeilichen Datenbank „Gewalttäter Sport“ registriert, was nur erfolge, wenn der Betreffende eindeutig dem gewalttätigen Umfeld zuzurechnen sei und auch selbst an gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligt gewesen sei bzw. unterstützend teilgenommen habe. Darüber sei aktenkundig, dass der Kläger selbst Straftaten begangen und dadurch die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet habe. Die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot hätten damit vorgelegen. Die Regelungen seien auch im Übrigen rechtmäßig gewesen. Meldeauflagen und Aufenthaltsverbote seien durch die konkrete Gefahr, dass weiterhin hochrangige Rechtsgüter bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zu Schaden kommen könnten, gerechtfertigt. Auch der räumliche und zeitliche Umfang der Verfügung sei erforderlich. Der räumliche Umfang habe sich an den Erfahrungen der Polizei aufgrund der vergangenen Vorfälle und Straftaten orientiert. Gerade die Innenstadt sei häufig Tatort von Diebstahls- und Raubdelikten wie auch von Körperverletzungen zum Nachteil von Gästefans gewesen. Der Hauptbahnhof sei als An- und Abreisepunkt mit aufzunehmen gewesen. Im Bereich des X-Stadions seien sowohl die Haltestellenpunkte als auch das X-Stadion und das Y-Stadion erfasst gewesen seien. Die Wohnadresse sowie der direkte Hin- und Rückweg zur Wohnadresse seien von den Verfügungen ausdrücklich ausgenommen gewesen. Das Aufenthaltsverbot sei geeignet gewesen, die Gefährdungslage zu unterbinden. Der Deutsche Städtetag habe aufgrund der zunehmenden Gewalttaten von Problemfans bei oder im zeitlichen / räumlichen Umfeld von Fußballspielen Meldeauflagen und Aufenthaltsverbote ausdrücklich befürwortet. Diese Maßnahmen seien geeignet, Gewalttaten zu unterbinden oder das Risiko solcher zu minimieren. Dass diese Maßnahmen geeignet seien, habe eindrücklich die aktuelle Statistik der Hinrunde 2014/15 ergeben, in der es lediglich drei Straftaten, begangen von Angehörigen der Ultraszene, gegeben habe. Die szenekundigen Beamten hätten feststellen können, dass sich durch die Abwesenheit der wichtigsten Führungspersonen der Ultragruppierungen die Stimmung bei den Ultras und auch deren Verhalten, was die Gewaltbereitschaft angehe, deutlich beruhigt habe. Andere, weniger einschneidende Maßnahmen seien nicht ersichtlich. Unverhältnismäßig würden diese Maßnahmen auch nicht dadurch, dass die bisher belegten Straftaten, an denen der Kläger beteiligt gewesen sei, an einem Drittort stattgefunden hätten. Denn wie erläutert sei die konkrete Beteiligung an Straftaten gerade nicht erforderlich, um eine konkrete Gefahrenlage anzunehmen. Die Teilnahme an den gefährlichen Körperverletzungen bzw. die Zugehörigkeit zum Umfeld der Fer Ultraszene zeige hinreichend klar, dass der Kläger eine entsprechende Gewaltbereitschaft aufweise. Durch die aktive Unterstützung von Aktionen dieser Gruppierung fördere er auch solche Straftaten, an denen er nicht selbst beteiligt sei. Die Voraussetzungen einer konkreten Gefahr lägen selbst dann vor, wenn dem Kläger nicht hätte bewusst gewesen sein sollen, dass es sich bei seiner konkreten Beteiligung tatsächlich um eine Straftat gehandelt habe. Die zulässige Höchstdauer nach § 27a Abs. 2 PolG sei nicht überschritten worden. Dass zunächst eine Verfügung mit Datum vom 30.07.2014 und dann erneut eine Verfügung mit Datum vom 19.09.2014 erlassen worden sei, sei unschädlich. Liege eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt vor, könne nach Ablauf einer Anordnung für die Dauer von drei Monaten eine erneute Anordnung gemäß § 27a PolG ergehen. Zu berücksichtigen sei, dass es sich jeweils um tag- und uhrzeitgenau konkretisierte Aufenthaltsverbote handele. Zur Ermittlung der nach § 27a Abs. 2 PolG zu berücksichtigenden maximal zulässigen Gesamtdauer der Verfügung wären daher nur die jeweils einzeln genannten Spieltage zu berücksichtigen, da an den übrigen Tagen kein Aufenthaltsverbot gelte. Auch die gegenüber dem Kläger erteilte Meldeauflage sei rechtmäßig, sie stütze sich auf §§ 1, 3 PolG. Sie sei auch verhältnismäßig, insbesondere geeignet, die Anreise zu Auswärtsspielen des SC F unmöglich zu machen. Mildere, ebenso effektive Maßnahmen seien nicht ersichtlich.
21 
In dem gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung anlässlich von zwei Drittortauseinandersetzungen im Jahr 2012 wurde mit Verfügung vom 15.01.2015 gemäß § 45 Abs. 1 JGG i.V.m. § 109 Abs. 2 JGG von der Verfolgung abgesehen.
22 
Dem Gericht haben die einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums F (jew. 1 Heft) vorgelegen. Ferner hat die Strafakte der Staatsanwaltschaft F im Verfahren aaa Js bbbbb/cc vorgelegen. Hierauf sowie auf die Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
23 
Die im Wege objektiver Klagehäufung (§ 44 VwGO) erhobenen Klagen sind zulässig.
24 
1. Soweit sich der Kläger gegen die Gebührenfestsetzungen in den Bescheiden vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 (dort jeweils unter Nr. IV) wendet, sind die Klagen als Anfechtungsklagen zulässig.
25 
Im Hinblick auf den Bescheid vom 30.07.2014 hat das Regierungspräsidium F das vom Kläger durch Widerspruch vom 08.08.2014 eingeleitete Widerspruchsverfahren mit Schreiben vom 03.11.2014 formlos eingestellt. Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage gegen die Gebührenfestsetzung (Nr. IV) ist als Untätigkeitsklage gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig. Auch die Klage gegen Nr. IV im Bescheid der Beklagten vom 19.09.2014 ist gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig, nachdem die Stadt, die insoweit selbst Widerspruchsbehörde gewesen wäre, keinen Widerspruchsbescheid erlassen hat.
26 
2. Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass das mit Bescheiden vom 19.08.2014 und vom 19.09.2014 angeordnete Aufenthalts- und Betretungsverbot (jeweils Verfügung Nummer I.1 in den genannten Bescheiden) und die Meldeauflagen (jeweils Verfügung Nummer I.2) einschließlich deren Konkretisierung durch den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2014 rechtswidrig waren, ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.
27 
2.1 Die hier streitgegenständlichen Regelungen (Betretens- und Aufenthaltsverbote bzw. Meldeauflagen) bezogen sich auf das Jahr 2014 und haben sich daher zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt (§ 43 Abs. 2 LVwVfG). Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher (nach Klagerhebung, aber vor gerichtlicher Entscheidung) durch Rücknahme oder auf andere Weise, etwa durch Zeitablauf, erledigt hat, wie es beim Bescheid vom 19.09.2014 der Fall ist, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier der Verwaltungsakt vom 19.08.2014 - bereits vor Klageerhebung, findet auf die so genannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 6 C 16/09 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris; Urteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 -, juris).
28 
2.2 Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklagen steht nicht der Ablauf von Rechtsmittelfristen entgegen.
29 
2.2.1 Gegen den Bescheid der Beklagten vom 19.08.2014, der dem Kläger am 20.08.2014 zugegangen ist, hat er zwar keinen Widerspruch eingelegt, mutmaßlich aufgrund der Anmerkung der Beklagten in diesem Bescheid, der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30.07.2014 werde „auch auf diese Verfügung angewendet“. Daran, ob eine derartige Erstreckung rechtlich möglich ist, hat die Kammer Zweifel. Denn zum einen ist ein Widerspruch vor Ergehen des betreffenden Verwaltungsaktes nicht zulässig und verwandelt sich auch nicht nachträglich in einen zulässigen Widerspruch (vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 68 Rn. 2; Beschluss der Kammer vom 06.08.2015 - 4 K 1382/15 -), und zum anderen unterliegt es allein der Dispositionsbefugnis des Bürgers, ob er gegen einen (erneuten) Bescheid Widerspruch einlegen will oder nicht; dies muss umso mehr gelten, wenn, wie hier, der den ursprünglichen Bescheid ersetzende Bescheid mit ersterem nicht inhaltlich identisch ist, sondern von jenem substantiell (hier etwa im Hinblick auf die Herausnahme der Wohnanschrift des Klägers vom Aufenthalts- und Betretungsverbot) abweicht. Auch hat die Kammer mit Blick auf die nicht allein datumsmäßigen Änderungen im Bescheid vom 19.08.2014 gegenüber dem zu ersetzenden Bescheid vom 30.07.2014 Zweifel daran, ob die Durchführung eines Vorverfahrens entbehrlich und sogleich die Erhebung einer Anfechtungsklage möglich gewesen wäre (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 68 Rn. 23).
30 
Ob der Kläger rechtswirksam Widerspruch eingelegt hat, Erledigung durch Zeitablauf somit während des bereits laufenden Widerspruchsverfahren eingetreten ist, oder ob es an einem rechtswirksamen Widerspruch fehlt, und wenn ja, ob dieser entbehrlich gewesen ist, kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn Erledigung des am 19.08.2014 erlassenen Verwaltungsaktes ist am Samstag, dem 20.09.2014 und damit während der gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 2 ZPO bis zum Montag, dem 22.09.2014, laufenden Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO eingetreten. In allen genannten Konstellationen bedürfte es jedenfalls nach dem 20.09.2014 der Einleitung bzw. (weiteren) Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht mehr, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr erfüllen könnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris, m.w.N.). Stattdessen stand mit Ablauf des 20.09.2014 dem Kläger die nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage offen. Diese ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung begrenzt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris; Urteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 -, juris). Für eine Verwirkung aber ist im Hinblick auf die weniger als vier Monate nach Erledigung und etwa zwei Monate nach Mitteilung des Regierungspräsidiums F, dass ein Widerspruchsbescheid nach Erledigung nicht mehr ergehe, nichts ersichtlich.
31 
2.2.2 Im Hinblick auf die Bescheide der Beklagten vom 19.09.2014 und 06.10.2014 wurde der fristgerecht eingelegte Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F vom 08.12.2014, zugestellt am 12.12.2014, zurückgewiesen. Erledigung trat am 22.12.2014, 22:00 Uhr ein, somit während der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO. Da die Klage am 10.01.2015 und damit binnen Monatsfrist erhoben wurde, bestehen auch insoweit keine Bedenken an der Zulässigkeit der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage.
32 
2.4 Der Kläger kann ferner bezüglich aller mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffenen Verwaltungsakte ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für sich reklamieren.
33 
Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat.
34 
2.3.1 Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich vorliegend aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt, dass der Betroffene die Möglichkeit erhält, die Rechtmäßigkeit ihn belastender Eingriffsmaßnahmen nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen zu lassen. Handelt es sich daher um Maßnahmen, die sich typischerweise - d.h. entsprechend der Eigenart des Verwaltungsakts - so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten, eröffnet Art. 19 Abs. 4 GG die Möglichkeit einer Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts im Wege nachträglicher Feststellung (st. RSpr., vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 30.04.1997 - 2 BvR 817/90 -, juris; BVerfG, Beschluss vom 05.07.2013 - 2 BvR 370/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.05.2015 - 6 S 494/15 -, juris; Bayer. VGH, Urteil vom 04.02.2014 - 10 B 10.2913 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26.11.2013 - 3 A 106/12 -, juris).
35 
Das polizeirechtliche, auf § 27a Abs. 2 PolG BW gestützte Betretungs- und Aufenthaltsverbot, das zeitlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken ist und die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten darf (vgl. § 27a Abs. 2 Sätze 2, 3 PolG), und dessen gerichtlicher Überprüfung zudem ein Widerspruchsverfahren vorgeschaltet ist, gehört zu den sich typischerweise vor der Möglichkeit der Erlangung verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren erledigenden Maßnahmen; aufgrund welcher Einschätzung die Beklagte zu dem Ergebnis gelangt ist, eine typischerweise kurzfristige Erledigung liege „in der vorliegenden Konstellation erkennbar nicht vor“, erschließt sich für die Kammer nicht. Gleiches gilt für die regelmäßig als Annex zu Betretungs- und Aufenthaltsverboten erlassenen, auf §§ 1, 3 PolG BW gestützten Meldeauflagen.
36 
Art. 19 Abs. 4 GG wurde bei der Frage, inwieweit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegt, in der Vergangenheit häufig im Zusammenhang mit tiefgreifenden Grundrechtseingriffen, insbesondere solcher, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat, fruchtbar gemacht (vgl. die oben zitierte Rechtsprechung). Insoweit kann aber dahinstehen, inwieweit ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot den grundrechtsrelevanten Bereich der Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 24.09.2014 - 5 K 659/14.F -, juris; a.A. Bayer. VGH, Beschluss vom 09.06.2006 - 24 CS 06.1521 -, juris) bzw. das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 GG (VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035) berührt und deshalb bereits einen hinreichend tiefgreifenden Grundrechtseingriff darstellt. Denn nach Auffassung der Kammer ist ein auf Art. 19 Abs. 4 GG gestütztes Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht auf Fälle tiefgreifender Grundrechtseingriffe beschränkt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in mehreren Urteilen aus dem Jahr 2013 (Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris; Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 38/12 -, juris; Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 39/12 -, juris) festgestellt, die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziere nicht nach der Intensität des erledigten Eingriffs und dem Rang der betroffenen Rechte. „Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten.“ Dass das Bundesverwaltungsgericht aus diesem Befund nicht explizit den Schluss gezogen hat, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehe ungeachtet der Schwere des Eingriffs allein aufgrund typischerweise kurzfristiger Erledigung des Verwaltungsakts, war dem Umstand geschuldet, dass in den dort zu entscheidenden Fallkonstellationen gerade kein sich typischerweise kurzfristig erledigender Verwaltungsakt vorlag mit der Folge, dass dort, da die „Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht [gebietet], ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern“, das Bestehen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses im Ergebnis abzulehnen war. Nimmt man jedoch die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 19 Abs. 4 GG ernst, so ist im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Fällen typischerweise kurzfristiger Erledigung eines Verwaltungsaktes zu bejahen, ohne dass es insoweit besonderer Anforderungen etwa an die Intensität des Grundrechtseingriffs bedürfte (so bereits VG F, Urteil vom 23.02.2012 - 4 K 2649/10 -, juris; vgl. auch Sächs. OVG, Urteil vom 27.01.2015 - 4 A 533/13 -, juris; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 Rn. 145, m.w.N.; Fehling/Kastner/Störmer, VerwR, § 113 VwGO Rn. 110; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 113 Rn. 282 f.; a.A. VG Düsseldorf, Urteil vom 03.02.2015 - 22 K 5865/13 -, juris, in dem zwar festgestellt wird, die Anforderungen an das Gewicht des Grundrechtseingriffs dürften nicht überspannt werden, andererseits aber eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG allein als nicht gewichtig genug eingestuft wird, um ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen).
37 
2.3.2 Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse daneben wegen eines Rehabilitierungsinteresses des Klägers zu bejahen ist. Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris).
38 
Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten beruhen vom maßgebenden Empfängerhorizont aus auf dem Vorwurf, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und habe sich bei Drittortschlägereien strafbar gemacht. Es spricht einiges dafür, dass dieser doppelte Vorwurf der Beklagten und die daraus resultierende Stigmatisierung des Klägers als einem für seine Umwelt in bestimmten Situationen gefährlichen, sich in strafwürdiger Weise gewalttätig verhaltenden Menschen, der sich aufgrund seines Verhaltens an einer relevanten Zahl von Wochenenden über Stunden hinweg nicht im Innenstadtbereich seines Wohnorts aufhalten darf, sich als gegenüber dem Kläger diskriminierend und seinen grundrechtlichen Ehrschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigend darstellt (so etwa VG Stuttgart, Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Dies kann jedoch im Ergebnis offen bleiben.
III.
39 
Die Klagen sind ferner vollumfänglich begründet.
40 
1. Die Begründetheit der gegen die Verfügungen Nummer IV. in den Bescheiden der Beklagten vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 - Gebührenfestsetzungen von jeweils 150,-- EUR - ergibt sich bereits daraus, dass eine Gebühr, die für eine rechtswidrige Amtshandlung erhoben wird, deren Schicksal teilt und selbst als rechtswidrig zu qualifizieren ist. Die in den Bescheiden vom 30.07.2014 und vom 19.09.2015 erlassenen Betretungs- und Aufenthaltsverbote sowie Meldeauflagen aber erweisen sich, wie sich aus den Ausführungen unter 2. ergibt, als rechtswidrig. Auch die Gebührenfestsetzungen sind daher rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
41 
2. Auch die Fortsetzungsfeststellungsklagen sind begründet. Denn die Bescheide vom 30.07.2014, 19.08.2014 und 19.09.2014 in Gestalt der Konkretisierung durch den Bescheid vom 06.10.2014 waren rechtswidrig.
42 
2.1 Der Bescheid der Beklagten vom 30.07.2014 ist bereits wegen eines Anhörungsmangels formal rechtswidrig gewesen.
43 
2.1.1 Nach § 28 Abs. 1 LVwVfG ist einem Beteiligten vorbehaltlich der Ausnahmen in § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift.
44 
Eine Anhörung des Klägers durch die Beklagte vor Erlass des Bescheides vom 30.07.2014 hat nicht stattgefunden. Dafür, dass Ausnahmegründe i.S.d. § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG gegeben wären, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, gibt es vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar erhielt die Beklagte erst durch Schreiben des Polizeipräsidiums F vom 23.07.2014 davon Kenntnis, dass es über den Kläger personenbezogene Kenntnisse gibt, wonach er sich an körperlichen Auseinandersetzungen außerhalb von Fußballbegegnungen beteilige und die Wahrscheinlichkeit für die zukünftige Straftatenbegehung als hoch zu bezeichnen sei, weshalb Antrag auf Erteilung einer Meldeauflage sowie eines Aufenthalts- und Betretungsverbots für Begegnungen ab dem 02.08.2014 gestellt werde. Dennoch blieb der Beklagten ungefähr eine Woche bis zum geplanten Erlass der beantragten Auflagen und Verbote vor der ersten anstehenden Begegnung. Auch wenn die Beklagte in diesem Zeitraum eine Verbotsverfügung nicht lediglich formulieren, sondern zunächst auch die Akten sichten und ggf. durch Rückfragen bei der Polizei den Sachverhalt aufklären musste, kann die Kammer nicht erkennen, dass sie den Kläger nicht vom beabsichtigten Erlass eines Bescheides beispielsweise fernmündlich hätten informieren und ihm Gelegenheit etwa zu einer persönlichen Vorsprache binnen einer eng bemessenen Frist hätte geben können. Dass durch eine vorherige Anhörung auch bei Gewährung kürzester Anhörungsfristen ein Zeitverlust eingetreten wäre, der im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge gehabt hätte, dass die durch den Verwaltungsakt zu treffende Regelung zu spät gekommen wäre, um ihren Zweck zu erreichen, kann die Kammer - zumal auch nichts dafür vorgetragen ist, dass der Zweck der Aufenthalts- und Betretungsverbote nicht hätte erreicht werden können, wenn diese erst ab der zweiten Begegnung gegolten hätten - nicht erkennen. Eine Anhörung wäre daher tunlich gewesen.
45 
Die Kammer sieht sich vor dem Hintergrund, dass in Sachverhaltskonstellationen wie den vorliegenden nach dem Eindruck der Kammer die Beklagte fast regelhaft auf eine Anhörung zu verzichten scheint, zu dem Hinweis veranlasst, dass die gesetzlichen, in § 28 Abs. 1 LVwVfG verankerten Anhörungsrechte mitnichten ein relatives, auch nachträglich gewährbares Recht darstellen, sie vielmehr - ungeachtet der Heilungsmöglichkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG - grundsätzlich als zwingendes Recht ausgestaltet sind, hinter dem das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) steht.
46 
2.1.2 Der Anhörungsmangel ist vorliegend auch nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift ist ein Verstoß gegen § 28 LVwVfG unbeachtlich, wenn der die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Abs. 2) nachgeholt wird. Eine Heilung in diesem Sinne tritt allerdings nur dann ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird (BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 - 3 C 14/09 -, juris). Das setzt voraus, dass der Beteiligte - nachträglich - eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und die Behörde die vorgebrachten Argumente zum Anlass nimmt, die ohne vorherige Anhörung getroffene Entscheidung kritisch zu überdenken (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 Rn. 26, m.w.N.; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl., § 45 Rn. 76, m.w.N.). Die Heilung ist ausgeschlossen, wenn die nachgeholte Verfahrenshandlung ihre rechtsstaatlich gebotene Funktion nicht mehr erfüllen kann (Hess. VGH, Urteil vom 06.05.2015 - 6 A 493/14 -, juris).
47 
Gemessen daran ist eine Heilung hier nicht erfolgt. Eine Heilung des Anhörungsfehlers wäre nur bis zum 17.08.2014 möglich gewesen, da sich die Aufenthalts- und Betretungsverbote bzw. Meldeauflagen zu diesem Zeitpunkt durch Zeitablauf erledigten und eine Nachholung der Anhörung nach Erledigung eines Verwaltungsaktes nicht mehr in Betracht kommt (Ziekow, VwVfG, 3. Aufl., § 45 Rn. 14; Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl., § 45 Rn. 43; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 45 Rn. 76). Bis zu diesem Zeitpunkt aber war eine Heilung nicht erfolgt.
48 
Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine unterbliebene Anhörung regelmäßig auch dadurch geheilt werden kann, dass der Betroffene auf Grundlage der dem Verwaltungsakt beigefügten Begründung die Möglichkeit hat, im Rahmen der Widerspruchsbegründung zu den im Bescheid verwerteten Tatsachen Stellung zu nehmen und weitere ihm bedeutsam erscheinende Tatsachen vorzutragen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.08.1982 - 1 C 22/81 -, NVwZ 1983, 284; Stelkens/Bonk/Sachs, VwGO, 7. Aufl., § 45 Rn. 80). Vorliegend hat der Kläger am 08.08.2014 Widerspruch eingelegt. Allerdings führt nicht bereits die Widerspruchseinlegung als solche zu einer Heilung des Verfahrensmangels der Anhörung. Eine Heilung tritt nämlich nicht bereits aufgrund schlichter isolierter Nachholung der fehlerhaften oder versäumten Verfahrenshandlung ein (vgl. zum Folgenden Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 45 Rn. 43, 46; Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl., § 45 Rn. 105; Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 45 Rn. 16 f., 47; jew. m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.08.1982 - 1 C 22/81 -, NVwZ 1983, 284). Läge in dem Widerspruch bereits die Heilung der von der Erstbehörde unterlassenen Anhörung, liefe § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG weitgehend leer (vgl. dazu Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., Rn. 79), denn eine Überprüfung dieses Verfahrensfehlers erfolgt in aller Regel nur aufgrund eines Widerspruchs, der seinerseits grundsätzlich die Heilung bewirkte, ohne dass die Behörde ihrerseits zu irgendeinem Zeitpunkt die Ausführungen des Betroffenen zur Kenntnis nehmen müsste. Vielmehr bedarf es hierfür insbesondere im Falle einer zunächst unterbliebenen Anhörung im Anschluss an deren Nachholung einer nochmaligen neuen und unvoreingenommenen Überprüfung des ursprünglichen Verwaltungsaktes durch die Behörde anhand etwaigen Vorbringens des Betroffenen sowie aller seit dem Erlass des Verwaltungsaktes zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen der Rechts- oder Sachlage und des Weiteren einer daran anschließenden Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes. Ob das Ergebnis der erneuten Überprüfung dem Betroffenen in einem separaten Schreiben mitgeteilt werden muss oder ob es ausreicht, dass aus den Akten bzw. im Rahmen eines Abhilfe- oder Widerspruchsbescheids aus dem Bescheid deutlich wird, dass die Behörde ihre Ausgangsentscheidung kritisch überprüft hat, kann vorliegend dahinstehen. Denn vorliegend hat die Beklagte ihre Ausgangsentscheidung bis zum 19.08.2014 nicht überprüft und lediglich unter dem 19.08.2014 einen neuen, teilweise inhaltlich abweichenden Bescheid erlassen, der den Bescheid vom 30.07.2014 für die Zukunft ersetzte.
49 
Nachdem folglich eine Heilung gemäß § 45 LVwVfG nicht stattgefunden hat und bei der im Ermessen der Behörde stehenden Verhängung von Aufenthalts- und Betretungsverboten auch kein Fall des § 46 LVwVfG gegeben ist, war der Bescheid vom 30.07.2014, soweit er die genannten Aufenthalts- und Betretungsverbote sowie Meldeauflagen betraf, rechtswidrig.
50 
2.1.3 Abgesehen davon ist der Bescheid auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil die Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 PolG nicht vorgelegen haben (vgl. dazu die Ausführungen unter 2.3.2, die auf diesen Bescheid uneingeschränkt übertragbar sind).
51 
2.2 Auch der Bescheid vom 19.08.2014 ist bereits wegen eines Anhörungsmangels formal rechtswidrig gewesen.
52 
Auch vor Erlass des angefochtenen Bescheides vom 19.08.2014 hat eine ausdrückliche Anhörung des Klägers durch die Beklagte nicht stattgefunden. Eine Anhörung ist zur Überzeugung der Kammer auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte unter dem 30.07.2014 einen - im Wesentlichen gleich lautenden - Bescheid gegen den Kläger erlassen hatte, vor dessen Erlass sie den Kläger zwar ebenfalls nicht angehört hatte, gegen den dieser jedoch mit Schreiben vom 08.08.2014 Widerspruch eingelegt hat. Denn unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen der Anhörungsmangel betreffend den Bescheid vom 30.07.2014 durch die Widerspruchseinlegung hätte geheilt werden können, ist in der Widerspruchseinlegung jedenfalls keine Anhörung bezüglich eines anderen, im Übrigen, wie insbesondere aus dem Herausnahmen der Wohnanschrift des Klägers vom Aufenthaltsverbot deutlich wird, mit dem Bescheid vom 30.07.2014 nicht identischen Bescheids zu sehen. Davon abgesehen hatte der Kläger seinen Widerspruch vom 08.08.2014 noch nicht vollumfänglich begründet in der berechtigten Erwartung, dies im Laufe des Widerspruchsverfahrens nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakten von Polizei und Staatsanwaltschaft tun zu können. Auch hieran wird deutlich, dass hier der Widerspruchseinlegung nicht zugleich die Funktion einer Anhörung eines noch zu erlassenden Verwaltungsaktes zugeschrieben werden kann.
53 
Dafür, dass Ausnahmegründe i.S.d. § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG gegeben wären, gibt es auch hier keine Anhaltspunkte. Nachdem seit dem 08.08.2014 ein Rechtsanwalt mandatiert war, hätte die Beklagte diesem unschwer per Telefax Kenntnis über den beabsichtigten Neuerlass eines Betretungs- und Aufenthaltsverbotes geben und eine - sei es auch kurz bemessene - Frist zur Stellungnahme einräumen können. Dies hätte den Erlass des Bescheides, der erstmals für den 23.08.2014 - hier bezüglich der Herausnahme der Wohnanschrift des Klägers aus dem Regelungsbereich des Aufenthalts- und Betretungsverbots - eine Regelung traf, nicht untunlich verzögert.
54 
Eine Anhörung wäre daher auch vor Erlass des Bescheids vom 19.08.2014 erforderlich gewesen.
55 
Der Anhörungsmangel ist vorliegend auch nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unbeachtlich. Eine Heilung des Anhörungsfehlers wäre nur bis zum 20.09.2014, 14.00 Uhr, möglich gewesen, da der Bescheid sich zu diesem Zeitpunkt erledigte. Bis zu diesem Zeitpunkt aber war eine Heilung nicht erfolgt. Zwar kann, wie bereits dargelegt, ein Anhörungsmangel dadurch geheilt werden, dass der Betroffene gegen einen Ausgangsbescheid, dessen Begründung sich die wesentlichen Argumente der Behörde entnehmen lassen, Widerspruch einlegt. Der Kläger hat aber - wie gesehen - gegen den Bescheid vom 19.08.2014 keinen Widerspruch eingelegt und sich auch im Übrigen vor Erledigung des Verwaltungsaktes durch Zeitablauf am 20.09.2014 gegenüber der Behörde zur Rechtmäßigkeit dieses Bescheids nicht geäußert. Im Übrigen hätte, wie bereits dargelegt, auch eine Widerspruchseinlegung als solche nicht zu einer Heilung des Verfahrensmangels der Anhörung geführt, da diese jedenfalls eine ergebnisoffene Überprüfung der Ausgangsentscheidung durch die Behörde voraussetzt. An einer - wie auch immer gearteten - Überprüfung der Ausgangsentscheidung durch die Beklagte aber fehlte es bis zum Zeitpunkt der Erledigung.
56 
Nachdem folglich eine Heilung gemäß § 45 LVwVfG nicht stattgefunden hat und bei der im Ermessen der Behörde stehenden Verhängung von Aufenthalts- und Betretungsverboten auch kein Fall des § 46 LVwVfG gegeben ist, war auch der Bescheid vom 19.08.2014 rechtswidrig.
57 
Abgesehen davon ist der Bescheid auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil die Voraussetzungen des § 27a PolG nicht vorgelegen haben (vgl. dazu die Ausführungen unter 2.3.2, die auf diesen Bescheid uneingeschränkt übertragbar sind).
58 
2.3 Auch der Bescheid vom 19.09.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, ist im Ergebnis rechtswidrig gewesen.
59 
2.3.1 Zwar sind diese Bescheide formell rechtmäßig zustande gekommen. Insbesondere wurde der Kläger im Vorfeld des Erlasses des Bescheids vom 19.09.2014 angehört (vgl. Schreiben vom 10.09.2014), wobei die recht kurze Frist zur Stellungnahme umso weniger Bedenken aufwirft, als es sich hierbei inhaltlich lediglich um die Verlängerung bereits bestehender Verbote bzw. Auflagen handelt. Zwar wurde der Kläger vor Erlass dieses Bescheides nicht separat angehört; bereits mit Schreiben vom 10.09.2014 war der Kläger aber allgemein zum Erlass von Betretungs- und Aufenthaltsverboten sowie Meldeauflagen für den Zeitpunkt 21.09.2014 bis zum 20.12.2014 unter Verweis auf die Begründung im Bescheid vom 19.08.2014 angehört worden. Gegenstand der Anhörung waren folglich auch die mit Bescheid vom 06.10.2014 verhängten Maßnahmen.
60 
2.3.2 Das mit Bescheid vom 19.09.2014 unter Nr. I.1. gegen den Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot betreffend näher bestimmte Bereiche Fs an einzelnen Tagen im Zeitraum vom 27.09.2014 bis zum 21.12.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, erweist sich jedoch als materiell rechtswidrig.
61 
Das Aufenthalts- und Betretungsverbot ist auf § 27a Abs. 2 PolG gestützt. Nach § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird (Aufenthaltsverbot). Das Aufenthaltsverbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen (Satz 2). Es darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten (Satz 3).
62 
Die Beklagte stützt die gegen den Kläger verhängten Aufenthalts- und Betretungsverbote auf Erkenntnisse der Polizei. Danach sei der Kläger dem erweiterten Umfeld der Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen, die sich aus Personen der „ABC“ und „DEF“ zusammensetze. Auch wenn der Kläger keiner der Gruppen zuzuordnen sei, beteilige er sich vorsätzlich und willentlich an geplanten Schlägereien. In den Jahren 2012/13 habe er sich an zwei Drittortauseinandersetzungen beteiligt; weitere Drittortauseinandersetzungen, an denen der Kläger habe teilnehmen wollen, seien aus verschiedenen Gründen abgesagt worden. Mitglieder der Fer Ultraszene seien an Gewaltdelikten und anderen Straftaten beteiligt gewesen (Zünden von Pyrotechnik im Stadion, körperliche Auseinandersetzungen mit gegnerischen Problemfans im Bereich des Stadions oder der Innenstadt, Beschädigung von Sitzschalen, Widerstand gegen Polizeibeamte etc.). Der Umstand, dass der Kläger sich nachweislich in der Saison 2012/13 an Drittortauseinandersetzungen beteiligt habe, zeige seinen Hang zur Gewalt und dazu, bei Fußballbegegnungen die Konfrontation zu gegnerischen Fans erneut bewusst zu suchen. Es sei, so die Polizei, nicht auszuschließen, dass sich der Betroffene bei Fußballspielen aufhalte und hier eine körperliche Konfrontation mit gegnerischen Fans suche.
63 
Die Beklagte hatte keinen Grund, an der Richtigkeit der schriftlich vorgelegten Erkenntnisse der polizeilichen szenekundigen Beamten zu zweifeln. Durch jahrelange Beobachtung der Hooliganszene sowie durch die Sachbearbeitung aller Delikte rund um Fußballspiele verfügen szenekundige Beamte über eine umfassende Personenkenntnis und sind in der Lage, Problemfans differenziert zu beurteilen. Für ihre Informationsgewinnung greifen sie auf die Zentrale Informationsstelle Sportveranstaltungen zurück, bei welcher sämtliche Hinweise aus allen Bundesligastandorten zentral gebündelt und von dort wieder an die einzelnen Dienststellen und hier an die szenekundigen Beamten weitergegeben werden. Außerdem stehen sie untereinander in ständigem Kontakt und beobachten die Hooliganszene anlässlich von Fußballspielen. Aus der Bündelung dieser Informationen wird das Erkenntnismaterial gewonnen, das zur Beurteilung der Gefahrenprognose bei präventiven Maßnahmen zu Grunde gelegt wird (VG Minden, Urteil vom 29.06.2005 - 11 K 2952/04 -, juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris; VG München, Urteil vom 25.02.2010 - M 22 K 08.203 -, juris; VG Meiningen, Urteil vom 08.02.2011 - 2 K 453/09 Me -, juris).
64 
Diese polizeiliche Auswertung der Sachlage und Gefahreneinschätzung, die in der mündlichen Verhandlung von Herrn K vom Polizeirevier F-Süd weiter erläutert wurde, rechtfertigt zur Überzeugung der Kammer ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot gegen den Kläger für Bereiche der Innenstadt bzw. um das Stadion herum nicht. Vielmehr fehlte es insoweit im Herbst 2014 an Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger gerade in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen - und nur hierauf kommt es an - eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde, so dass bereits der Tatbestand des § 27a Abs. 2 PolG nicht erfüllt gewesen ist.
65 
Zwar ist die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Frage, wann gegen ein Mitglied einer gewaltbereiten Fangruppierung bzw. einer Hooligangruppe ein Aufenthalts- und Betretungsverbot erlassen werden kann, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person in dem vom Aufenthaltsverbot erfassten Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, relativ großzügig. So wird zu Recht nicht verlangt, dass dem Betroffenen im Einzelnen eine konkrete Tatbegehung nachgewiesen werden kann (VG Minden, Beschluss vom 02.10.2014 - 11 L 763/14 -, juris; VG Arnsberg, Beschluss vom 01.07.2009 - 3 L 345/09 -, juris; VG Aachen, Beschluss vom 26.04.2013 - 6 L 170/13 -, juris; VG Hannover, Beschluss vom 21.07.2011 - 10 B 2096/11 -, juris; ); selbst der Nachweis der Zugehörigkeit zum Kernbereich der gewalttätigen Fan- bzw. Hooliganszene wird als nicht erforderlich erachtet (VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris). Begründet wird dies überzeugend damit, dass eine von einem Mitglied einer gewaltbereiten Gruppierung ausgehende Gefahr schon darin besteht, dass dieser durch seine zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu dieser Gruppe die Gewaltbereitschaft fördert und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwenden, eine zumindest psychologische Stütze darstellt. Die von Hooligans oder gewaltbereiten Fans etwa einer Ultra-Gruppierung begangenen Straftaten haben ein typisches Erscheinungsbild und stellen sich als Deliktstyp dar, der aus der homogenen Gruppe heraus initiiert und gesteigert wird. Die gewaltbereite Szene benötigt ein unterstützendes Umfeld; schon die bloße Anwesenheit von Gleichgesinnten trägt zur Gewaltbereitschaft derjenigen bei, die ihrem Kernbereich zuzurechnen sind und aus der Anonymität der Gruppe heraus agieren.
66 
Andererseits lassen sich Maßnahmen auf Grundlage des § 27a Abs. 2 PolG nicht auf reine Vermutungen stützen; vielmehr müssen aussagekräftige, tatsächliche Hinweise dafür vorliegen, dass der Betreffende nicht nur allgemein, sondern gerade dort, wo das Aufenthaltsverbot gelten soll, eine Straftat verüben wird (VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris; Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 27a Rn. 11; Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035).
67 
An derartigen aussagekräftigen Hinweisen dafür, dass der Kläger zukünftig in den vom Aufenthalts- und Betretungsverbot erfassten Bereichen eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen würde, aber fehlt es nach Auffassung der Kammer. Wie Herr K vom Polizeirevier F Süd und später auch der szenekundige Beamte M anlässlich seiner Angaben im Verfahren 4 K 3074/14 ausgeführt haben, ist der Kläger nicht deshalb ins Visier der Polizei geraten, weil er bereits in der Vergangenheit im Bereich des Stadions oder der Innenstadt als zur Gewalt neigend oder auch nur als Mitglied einer Ultra-Gruppierung aufgefallen wäre; tatsächlich hat der Kläger, der auch nach Informationen der Polizei keiner Ultra-Gruppierung zuzuordnen war, auch nach eigenen Angaben nur selten eine Fußballbegegnung im Stadion verfolgt. Ein Aufenthalts- und Betretungsverbot wurde gegen ihn letztlich (nur) deshalb verhängt, weil er nachweislich an Drittortauseinandersetzungen mit Fans rivalisierender Vereine teilgenommen hat. So hat er sich am 13.10.2012 an einer Drittortauseinandersetzung mit einer Gruppierung aus Nancy in L in Frankreich und am 12.04.2013 an einer Auseinandersetzung mit einer Gruppierung aus H in der Nähe von T beteiligt und war darüber hinaus ausweislich der im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erfolgten Rekonstruktion eines SMS-Verlaufs auf dem iPhone von R an Planungen hinsichtlich einer geplanten Drittortauseinandersetzung mit einer Gruppierung aus Ulm in der Nähe von Pforzheim im März 2013 sowie einer weiteren Auseinandersetzung gegen München in Friedrichshafen / Bodensee im Mai 2013 beteiligt bzw. wurde insoweit angefragt, sagte aber jeweils ab. Damit hat sich der Kläger mehrfach der (gefährlichen) Körperverletzung schuldig gemacht (vgl. zur Strafbarkeit verabredeter Schlägereien konkurrierender Gruppierungen BGH, Urteil vom 22.01.2015 - 3 StR 233/14 -, juris). Allerdings gab und gibt es für die Polizei keinen Hinweis darauf, dass der Kläger im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit Fußballbegegnungen - und damit außerhalb von Drittortauseinandersetzungen, die im gegenseitigen Einverständnis stattfinden und nach gewissen Regeln ablaufen - gegnerische Fans provoziert oder angegangen oder zur Begehung von Straftaten durch andere gewaltbereite Fans in irgendeiner Weise beigetragen hätte. Zwar hat der Polizeibeamte M ausgeführt, es spreche einiges dafür, dass jemand, der sich bereits außerhalb des Stadions körperlich mit gegnerischen Fans gemessen habe, auch bei kritischen Situationen im Stadionbereich eher die körperliche Auseinandersetzung suche als jemand, der Gewalt für sich vollständig ablehne. Unabhängig davon, ob diese Überlegungen grundsätzlich als konkreter Anhaltspunkt für die Begehung von Straftaten dienen und damit ein Aufenthalts- und Betretungsverbot rechtfertigen können, ist ein solcher Schluss im Zusammenhang mit dem Kläger bereits deshalb unzulässig, weil er auch nach Informationen der Polizei im Vorfeld der Verhängung der Aufenthalts- und Betretungsverbote gerade nicht zum engeren Kreis der Ultra-Fans gehörte und sich auch nur gelegentlich - und wenn, dann offenbar für die Polizei unauffällig - im Stadion aufhielt. Allein aus der Beteiligung an Drittortauseinandersetzungen aber wird lässt sich gerade nicht herleiten, dass der betreffende Fußballfan bewusst auch im engeren oder weiteren Umfeld von Stadien die tätliche Auseinandersetzung mit anderen Fußballfans suchen wird (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris, und Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Auch der Eintrag in die Datei „Gewalttäter Sport“ ist als solcher keine Tatsache, die im Sinne von § 27a Abs. 2 PolG die Annahme der Begehung von Straftaten rechtfertigt, sondern allenfalls ein Hinweis auf das Vorliegen entsprechender Tatsachen; er enthebt die Behörde daher nicht davon, ihre Einschätzung, der Betreffende werde in einem bestimmten Bereich eine Straftat begehen, auf konkret belegbare Ereignisse zu stützen (OVG Bremen, Beschluss vom 10.02.2010 - 1 B 30/10 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris). Schließlich schätzte auch die Polizei die Lage offenbar nicht so ein, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestanden hat, der Kläger werde in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen. Vielmehr ist in den polizeilichen Stellungnahmen zur Person des Klägers lediglich davon die Rede, der Kläger sei dem „erweiterten Umfeld der Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen“ und es könne „nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Betroffene bei Fußballspielen aufhält und hier eine körperliche Konfrontation mit gegnerischen Fans sucht“. Es folgt eine Chronologie der Ereignisse, an denen die Ultragrupperungen „ABC“ und „DEF“ beteiligt waren, jedoch ohne Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger an einer der Aktionen beteiligt oder auch nur dabei anwesend war. Allein die abstrakte, von allgemeinen Erfahrungswerten gestützte Möglichkeit, der Kläger könne in Zukunft in Abweichung von seinem bisherigen Verhalten auch im Bereich des Stadions oder der Innenstadt auffällig werden und bei künftigen Spielen dort sicherheitsrelevante Störungen verursachen, aber genügt nicht für die Erfüllung des Tatbestands des § 27a Abs. 2 PolG.
68 
2.3.3 Auch die Meldeauflage in dem Bescheid der Beklagten vom 19.09.2014 ist (Nr. I.2.) als rechtswidrig zu qualifizieren.
69 
Eine Meldeauflage zielt darauf, dass die betreffende Person sich bei einer bestimmten polizeilichen Dienststelle zu einem bestimmten Zeitpunkt „melden“ muss. Im Gegensatz zu einem Aufenthalts- und Betretungsverbot regelt sie unmittelbar nicht das „Wegbleiben“ vom einem bestimmten Ort, sondern das „Hinkommen“ zu einer Polizeidien (Siegel, NJW 2013, 1035). Mangels spezialgesetzlicher Grundlage lässt sich eine derartige Meldeauflage auf die polizeiliche Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) stützen (BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 6 C 39/06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris). Voraussetzung für den Erlass einer Meldeauflage ist danach das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wobei eine objektive ex-ante-Sicht maßgeblich ist. Die Beklagte hat den Erlass der Meldeauflage damit begründet, dass der Kläger von einer Anreise zum Auswärtsspielort des SC F und dadurch von der Teilnahme an hooligantypischen Auseinandersetzungen bei Auswärtsspielen habe abgehalten werden sollen. Damit lässt sich jedoch der Erlass einer Meldeauflage nicht rechtfertigen. Ebenso wenig nämlich wie konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, der Kläger werde im Bereich des Stadions Straftaten begehen, bestand eine hinreichend konkrete Gefahr dafür, dass der Kläger bei Auswärtsspielen am Auswärtsspielort straffällig werden würde. Denn der Kläger war in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt am Auswärtsspielort einer Mannschaft des SC F auffällig geworden; es fehlte darüber hinaus bereits an Anhaltspunkten dafür, dass er sich überhaupt an Auswärtsspieltagen am Auswärtsspielort des SC F aufhalten würde. Aber auch der für eine Eignung der verhängten Maßnahme zur Verhinderung von Straftaten erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen Auswärtsspielen des SC F und Drittortauseinandersetzungen war nicht gegeben. So fand etwa die Auseinandersetzung in T am 12.04.2013 im Zusammenhang mit einem Heimspiel des SC F statt, die Drittortauseinandersetzung bei H am 11.08.2012, an der auch der Kläger im Verfahren 4 K 3074/14 beteiligt war, stand gar nicht im Zusammenhang mit einer Partie der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F, und die für den 10.03.2013 geplante Auseinandersetzung gegen U wurde mangels Beteiligung kurzerhand auf den 23.03.2013 verschoben.
70 
2.4 Vor diesem Hintergrund ist auch die Zwangsgeldandrohung betreffend die unter Anordnung des Sofortvollzugs erlassene Meldeauflage rechtswidrig gewesen.
71 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Gründe, die Berufung durch das Verwaltungsgericht zuzulassen, bestehen nicht.

Gründe

 
I.
23 
Die im Wege objektiver Klagehäufung (§ 44 VwGO) erhobenen Klagen sind zulässig.
24 
1. Soweit sich der Kläger gegen die Gebührenfestsetzungen in den Bescheiden vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 (dort jeweils unter Nr. IV) wendet, sind die Klagen als Anfechtungsklagen zulässig.
25 
Im Hinblick auf den Bescheid vom 30.07.2014 hat das Regierungspräsidium F das vom Kläger durch Widerspruch vom 08.08.2014 eingeleitete Widerspruchsverfahren mit Schreiben vom 03.11.2014 formlos eingestellt. Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage gegen die Gebührenfestsetzung (Nr. IV) ist als Untätigkeitsklage gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig. Auch die Klage gegen Nr. IV im Bescheid der Beklagten vom 19.09.2014 ist gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig, nachdem die Stadt, die insoweit selbst Widerspruchsbehörde gewesen wäre, keinen Widerspruchsbescheid erlassen hat.
26 
2. Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass das mit Bescheiden vom 19.08.2014 und vom 19.09.2014 angeordnete Aufenthalts- und Betretungsverbot (jeweils Verfügung Nummer I.1 in den genannten Bescheiden) und die Meldeauflagen (jeweils Verfügung Nummer I.2) einschließlich deren Konkretisierung durch den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2014 rechtswidrig waren, ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.
27 
2.1 Die hier streitgegenständlichen Regelungen (Betretens- und Aufenthaltsverbote bzw. Meldeauflagen) bezogen sich auf das Jahr 2014 und haben sich daher zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt (§ 43 Abs. 2 LVwVfG). Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher (nach Klagerhebung, aber vor gerichtlicher Entscheidung) durch Rücknahme oder auf andere Weise, etwa durch Zeitablauf, erledigt hat, wie es beim Bescheid vom 19.09.2014 der Fall ist, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier der Verwaltungsakt vom 19.08.2014 - bereits vor Klageerhebung, findet auf die so genannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 6 C 16/09 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris; Urteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 -, juris).
28 
2.2 Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklagen steht nicht der Ablauf von Rechtsmittelfristen entgegen.
29 
2.2.1 Gegen den Bescheid der Beklagten vom 19.08.2014, der dem Kläger am 20.08.2014 zugegangen ist, hat er zwar keinen Widerspruch eingelegt, mutmaßlich aufgrund der Anmerkung der Beklagten in diesem Bescheid, der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30.07.2014 werde „auch auf diese Verfügung angewendet“. Daran, ob eine derartige Erstreckung rechtlich möglich ist, hat die Kammer Zweifel. Denn zum einen ist ein Widerspruch vor Ergehen des betreffenden Verwaltungsaktes nicht zulässig und verwandelt sich auch nicht nachträglich in einen zulässigen Widerspruch (vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 68 Rn. 2; Beschluss der Kammer vom 06.08.2015 - 4 K 1382/15 -), und zum anderen unterliegt es allein der Dispositionsbefugnis des Bürgers, ob er gegen einen (erneuten) Bescheid Widerspruch einlegen will oder nicht; dies muss umso mehr gelten, wenn, wie hier, der den ursprünglichen Bescheid ersetzende Bescheid mit ersterem nicht inhaltlich identisch ist, sondern von jenem substantiell (hier etwa im Hinblick auf die Herausnahme der Wohnanschrift des Klägers vom Aufenthalts- und Betretungsverbot) abweicht. Auch hat die Kammer mit Blick auf die nicht allein datumsmäßigen Änderungen im Bescheid vom 19.08.2014 gegenüber dem zu ersetzenden Bescheid vom 30.07.2014 Zweifel daran, ob die Durchführung eines Vorverfahrens entbehrlich und sogleich die Erhebung einer Anfechtungsklage möglich gewesen wäre (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 68 Rn. 23).
30 
Ob der Kläger rechtswirksam Widerspruch eingelegt hat, Erledigung durch Zeitablauf somit während des bereits laufenden Widerspruchsverfahren eingetreten ist, oder ob es an einem rechtswirksamen Widerspruch fehlt, und wenn ja, ob dieser entbehrlich gewesen ist, kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn Erledigung des am 19.08.2014 erlassenen Verwaltungsaktes ist am Samstag, dem 20.09.2014 und damit während der gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 2 ZPO bis zum Montag, dem 22.09.2014, laufenden Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO eingetreten. In allen genannten Konstellationen bedürfte es jedenfalls nach dem 20.09.2014 der Einleitung bzw. (weiteren) Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht mehr, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr erfüllen könnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris, m.w.N.). Stattdessen stand mit Ablauf des 20.09.2014 dem Kläger die nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage offen. Diese ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung begrenzt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris; Urteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 -, juris). Für eine Verwirkung aber ist im Hinblick auf die weniger als vier Monate nach Erledigung und etwa zwei Monate nach Mitteilung des Regierungspräsidiums F, dass ein Widerspruchsbescheid nach Erledigung nicht mehr ergehe, nichts ersichtlich.
31 
2.2.2 Im Hinblick auf die Bescheide der Beklagten vom 19.09.2014 und 06.10.2014 wurde der fristgerecht eingelegte Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F vom 08.12.2014, zugestellt am 12.12.2014, zurückgewiesen. Erledigung trat am 22.12.2014, 22:00 Uhr ein, somit während der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO. Da die Klage am 10.01.2015 und damit binnen Monatsfrist erhoben wurde, bestehen auch insoweit keine Bedenken an der Zulässigkeit der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage.
32 
2.4 Der Kläger kann ferner bezüglich aller mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffenen Verwaltungsakte ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für sich reklamieren.
33 
Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat.
34 
2.3.1 Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich vorliegend aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt, dass der Betroffene die Möglichkeit erhält, die Rechtmäßigkeit ihn belastender Eingriffsmaßnahmen nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen zu lassen. Handelt es sich daher um Maßnahmen, die sich typischerweise - d.h. entsprechend der Eigenart des Verwaltungsakts - so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten, eröffnet Art. 19 Abs. 4 GG die Möglichkeit einer Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts im Wege nachträglicher Feststellung (st. RSpr., vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 30.04.1997 - 2 BvR 817/90 -, juris; BVerfG, Beschluss vom 05.07.2013 - 2 BvR 370/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.05.2015 - 6 S 494/15 -, juris; Bayer. VGH, Urteil vom 04.02.2014 - 10 B 10.2913 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26.11.2013 - 3 A 106/12 -, juris).
35 
Das polizeirechtliche, auf § 27a Abs. 2 PolG BW gestützte Betretungs- und Aufenthaltsverbot, das zeitlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken ist und die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten darf (vgl. § 27a Abs. 2 Sätze 2, 3 PolG), und dessen gerichtlicher Überprüfung zudem ein Widerspruchsverfahren vorgeschaltet ist, gehört zu den sich typischerweise vor der Möglichkeit der Erlangung verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren erledigenden Maßnahmen; aufgrund welcher Einschätzung die Beklagte zu dem Ergebnis gelangt ist, eine typischerweise kurzfristige Erledigung liege „in der vorliegenden Konstellation erkennbar nicht vor“, erschließt sich für die Kammer nicht. Gleiches gilt für die regelmäßig als Annex zu Betretungs- und Aufenthaltsverboten erlassenen, auf §§ 1, 3 PolG BW gestützten Meldeauflagen.
36 
Art. 19 Abs. 4 GG wurde bei der Frage, inwieweit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegt, in der Vergangenheit häufig im Zusammenhang mit tiefgreifenden Grundrechtseingriffen, insbesondere solcher, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat, fruchtbar gemacht (vgl. die oben zitierte Rechtsprechung). Insoweit kann aber dahinstehen, inwieweit ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot den grundrechtsrelevanten Bereich der Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 24.09.2014 - 5 K 659/14.F -, juris; a.A. Bayer. VGH, Beschluss vom 09.06.2006 - 24 CS 06.1521 -, juris) bzw. das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 GG (VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035) berührt und deshalb bereits einen hinreichend tiefgreifenden Grundrechtseingriff darstellt. Denn nach Auffassung der Kammer ist ein auf Art. 19 Abs. 4 GG gestütztes Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht auf Fälle tiefgreifender Grundrechtseingriffe beschränkt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in mehreren Urteilen aus dem Jahr 2013 (Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris; Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 38/12 -, juris; Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 39/12 -, juris) festgestellt, die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziere nicht nach der Intensität des erledigten Eingriffs und dem Rang der betroffenen Rechte. „Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten.“ Dass das Bundesverwaltungsgericht aus diesem Befund nicht explizit den Schluss gezogen hat, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehe ungeachtet der Schwere des Eingriffs allein aufgrund typischerweise kurzfristiger Erledigung des Verwaltungsakts, war dem Umstand geschuldet, dass in den dort zu entscheidenden Fallkonstellationen gerade kein sich typischerweise kurzfristig erledigender Verwaltungsakt vorlag mit der Folge, dass dort, da die „Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht [gebietet], ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern“, das Bestehen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses im Ergebnis abzulehnen war. Nimmt man jedoch die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 19 Abs. 4 GG ernst, so ist im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Fällen typischerweise kurzfristiger Erledigung eines Verwaltungsaktes zu bejahen, ohne dass es insoweit besonderer Anforderungen etwa an die Intensität des Grundrechtseingriffs bedürfte (so bereits VG F, Urteil vom 23.02.2012 - 4 K 2649/10 -, juris; vgl. auch Sächs. OVG, Urteil vom 27.01.2015 - 4 A 533/13 -, juris; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 Rn. 145, m.w.N.; Fehling/Kastner/Störmer, VerwR, § 113 VwGO Rn. 110; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 113 Rn. 282 f.; a.A. VG Düsseldorf, Urteil vom 03.02.2015 - 22 K 5865/13 -, juris, in dem zwar festgestellt wird, die Anforderungen an das Gewicht des Grundrechtseingriffs dürften nicht überspannt werden, andererseits aber eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG allein als nicht gewichtig genug eingestuft wird, um ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen).
37 
2.3.2 Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse daneben wegen eines Rehabilitierungsinteresses des Klägers zu bejahen ist. Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris).
38 
Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten beruhen vom maßgebenden Empfängerhorizont aus auf dem Vorwurf, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und habe sich bei Drittortschlägereien strafbar gemacht. Es spricht einiges dafür, dass dieser doppelte Vorwurf der Beklagten und die daraus resultierende Stigmatisierung des Klägers als einem für seine Umwelt in bestimmten Situationen gefährlichen, sich in strafwürdiger Weise gewalttätig verhaltenden Menschen, der sich aufgrund seines Verhaltens an einer relevanten Zahl von Wochenenden über Stunden hinweg nicht im Innenstadtbereich seines Wohnorts aufhalten darf, sich als gegenüber dem Kläger diskriminierend und seinen grundrechtlichen Ehrschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigend darstellt (so etwa VG Stuttgart, Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Dies kann jedoch im Ergebnis offen bleiben.
III.
39 
Die Klagen sind ferner vollumfänglich begründet.
40 
1. Die Begründetheit der gegen die Verfügungen Nummer IV. in den Bescheiden der Beklagten vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 - Gebührenfestsetzungen von jeweils 150,-- EUR - ergibt sich bereits daraus, dass eine Gebühr, die für eine rechtswidrige Amtshandlung erhoben wird, deren Schicksal teilt und selbst als rechtswidrig zu qualifizieren ist. Die in den Bescheiden vom 30.07.2014 und vom 19.09.2015 erlassenen Betretungs- und Aufenthaltsverbote sowie Meldeauflagen aber erweisen sich, wie sich aus den Ausführungen unter 2. ergibt, als rechtswidrig. Auch die Gebührenfestsetzungen sind daher rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
41 
2. Auch die Fortsetzungsfeststellungsklagen sind begründet. Denn die Bescheide vom 30.07.2014, 19.08.2014 und 19.09.2014 in Gestalt der Konkretisierung durch den Bescheid vom 06.10.2014 waren rechtswidrig.
42 
2.1 Der Bescheid der Beklagten vom 30.07.2014 ist bereits wegen eines Anhörungsmangels formal rechtswidrig gewesen.
43 
2.1.1 Nach § 28 Abs. 1 LVwVfG ist einem Beteiligten vorbehaltlich der Ausnahmen in § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift.
44 
Eine Anhörung des Klägers durch die Beklagte vor Erlass des Bescheides vom 30.07.2014 hat nicht stattgefunden. Dafür, dass Ausnahmegründe i.S.d. § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG gegeben wären, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, gibt es vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar erhielt die Beklagte erst durch Schreiben des Polizeipräsidiums F vom 23.07.2014 davon Kenntnis, dass es über den Kläger personenbezogene Kenntnisse gibt, wonach er sich an körperlichen Auseinandersetzungen außerhalb von Fußballbegegnungen beteilige und die Wahrscheinlichkeit für die zukünftige Straftatenbegehung als hoch zu bezeichnen sei, weshalb Antrag auf Erteilung einer Meldeauflage sowie eines Aufenthalts- und Betretungsverbots für Begegnungen ab dem 02.08.2014 gestellt werde. Dennoch blieb der Beklagten ungefähr eine Woche bis zum geplanten Erlass der beantragten Auflagen und Verbote vor der ersten anstehenden Begegnung. Auch wenn die Beklagte in diesem Zeitraum eine Verbotsverfügung nicht lediglich formulieren, sondern zunächst auch die Akten sichten und ggf. durch Rückfragen bei der Polizei den Sachverhalt aufklären musste, kann die Kammer nicht erkennen, dass sie den Kläger nicht vom beabsichtigten Erlass eines Bescheides beispielsweise fernmündlich hätten informieren und ihm Gelegenheit etwa zu einer persönlichen Vorsprache binnen einer eng bemessenen Frist hätte geben können. Dass durch eine vorherige Anhörung auch bei Gewährung kürzester Anhörungsfristen ein Zeitverlust eingetreten wäre, der im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge gehabt hätte, dass die durch den Verwaltungsakt zu treffende Regelung zu spät gekommen wäre, um ihren Zweck zu erreichen, kann die Kammer - zumal auch nichts dafür vorgetragen ist, dass der Zweck der Aufenthalts- und Betretungsverbote nicht hätte erreicht werden können, wenn diese erst ab der zweiten Begegnung gegolten hätten - nicht erkennen. Eine Anhörung wäre daher tunlich gewesen.
45 
Die Kammer sieht sich vor dem Hintergrund, dass in Sachverhaltskonstellationen wie den vorliegenden nach dem Eindruck der Kammer die Beklagte fast regelhaft auf eine Anhörung zu verzichten scheint, zu dem Hinweis veranlasst, dass die gesetzlichen, in § 28 Abs. 1 LVwVfG verankerten Anhörungsrechte mitnichten ein relatives, auch nachträglich gewährbares Recht darstellen, sie vielmehr - ungeachtet der Heilungsmöglichkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG - grundsätzlich als zwingendes Recht ausgestaltet sind, hinter dem das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) steht.
46 
2.1.2 Der Anhörungsmangel ist vorliegend auch nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift ist ein Verstoß gegen § 28 LVwVfG unbeachtlich, wenn der die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Abs. 2) nachgeholt wird. Eine Heilung in diesem Sinne tritt allerdings nur dann ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird (BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 - 3 C 14/09 -, juris). Das setzt voraus, dass der Beteiligte - nachträglich - eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und die Behörde die vorgebrachten Argumente zum Anlass nimmt, die ohne vorherige Anhörung getroffene Entscheidung kritisch zu überdenken (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 Rn. 26, m.w.N.; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl., § 45 Rn. 76, m.w.N.). Die Heilung ist ausgeschlossen, wenn die nachgeholte Verfahrenshandlung ihre rechtsstaatlich gebotene Funktion nicht mehr erfüllen kann (Hess. VGH, Urteil vom 06.05.2015 - 6 A 493/14 -, juris).
47 
Gemessen daran ist eine Heilung hier nicht erfolgt. Eine Heilung des Anhörungsfehlers wäre nur bis zum 17.08.2014 möglich gewesen, da sich die Aufenthalts- und Betretungsverbote bzw. Meldeauflagen zu diesem Zeitpunkt durch Zeitablauf erledigten und eine Nachholung der Anhörung nach Erledigung eines Verwaltungsaktes nicht mehr in Betracht kommt (Ziekow, VwVfG, 3. Aufl., § 45 Rn. 14; Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl., § 45 Rn. 43; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 45 Rn. 76). Bis zu diesem Zeitpunkt aber war eine Heilung nicht erfolgt.
48 
Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine unterbliebene Anhörung regelmäßig auch dadurch geheilt werden kann, dass der Betroffene auf Grundlage der dem Verwaltungsakt beigefügten Begründung die Möglichkeit hat, im Rahmen der Widerspruchsbegründung zu den im Bescheid verwerteten Tatsachen Stellung zu nehmen und weitere ihm bedeutsam erscheinende Tatsachen vorzutragen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.08.1982 - 1 C 22/81 -, NVwZ 1983, 284; Stelkens/Bonk/Sachs, VwGO, 7. Aufl., § 45 Rn. 80). Vorliegend hat der Kläger am 08.08.2014 Widerspruch eingelegt. Allerdings führt nicht bereits die Widerspruchseinlegung als solche zu einer Heilung des Verfahrensmangels der Anhörung. Eine Heilung tritt nämlich nicht bereits aufgrund schlichter isolierter Nachholung der fehlerhaften oder versäumten Verfahrenshandlung ein (vgl. zum Folgenden Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 45 Rn. 43, 46; Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl., § 45 Rn. 105; Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 45 Rn. 16 f., 47; jew. m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.08.1982 - 1 C 22/81 -, NVwZ 1983, 284). Läge in dem Widerspruch bereits die Heilung der von der Erstbehörde unterlassenen Anhörung, liefe § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG weitgehend leer (vgl. dazu Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., Rn. 79), denn eine Überprüfung dieses Verfahrensfehlers erfolgt in aller Regel nur aufgrund eines Widerspruchs, der seinerseits grundsätzlich die Heilung bewirkte, ohne dass die Behörde ihrerseits zu irgendeinem Zeitpunkt die Ausführungen des Betroffenen zur Kenntnis nehmen müsste. Vielmehr bedarf es hierfür insbesondere im Falle einer zunächst unterbliebenen Anhörung im Anschluss an deren Nachholung einer nochmaligen neuen und unvoreingenommenen Überprüfung des ursprünglichen Verwaltungsaktes durch die Behörde anhand etwaigen Vorbringens des Betroffenen sowie aller seit dem Erlass des Verwaltungsaktes zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen der Rechts- oder Sachlage und des Weiteren einer daran anschließenden Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes. Ob das Ergebnis der erneuten Überprüfung dem Betroffenen in einem separaten Schreiben mitgeteilt werden muss oder ob es ausreicht, dass aus den Akten bzw. im Rahmen eines Abhilfe- oder Widerspruchsbescheids aus dem Bescheid deutlich wird, dass die Behörde ihre Ausgangsentscheidung kritisch überprüft hat, kann vorliegend dahinstehen. Denn vorliegend hat die Beklagte ihre Ausgangsentscheidung bis zum 19.08.2014 nicht überprüft und lediglich unter dem 19.08.2014 einen neuen, teilweise inhaltlich abweichenden Bescheid erlassen, der den Bescheid vom 30.07.2014 für die Zukunft ersetzte.
49 
Nachdem folglich eine Heilung gemäß § 45 LVwVfG nicht stattgefunden hat und bei der im Ermessen der Behörde stehenden Verhängung von Aufenthalts- und Betretungsverboten auch kein Fall des § 46 LVwVfG gegeben ist, war der Bescheid vom 30.07.2014, soweit er die genannten Aufenthalts- und Betretungsverbote sowie Meldeauflagen betraf, rechtswidrig.
50 
2.1.3 Abgesehen davon ist der Bescheid auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil die Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 PolG nicht vorgelegen haben (vgl. dazu die Ausführungen unter 2.3.2, die auf diesen Bescheid uneingeschränkt übertragbar sind).
51 
2.2 Auch der Bescheid vom 19.08.2014 ist bereits wegen eines Anhörungsmangels formal rechtswidrig gewesen.
52 
Auch vor Erlass des angefochtenen Bescheides vom 19.08.2014 hat eine ausdrückliche Anhörung des Klägers durch die Beklagte nicht stattgefunden. Eine Anhörung ist zur Überzeugung der Kammer auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte unter dem 30.07.2014 einen - im Wesentlichen gleich lautenden - Bescheid gegen den Kläger erlassen hatte, vor dessen Erlass sie den Kläger zwar ebenfalls nicht angehört hatte, gegen den dieser jedoch mit Schreiben vom 08.08.2014 Widerspruch eingelegt hat. Denn unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen der Anhörungsmangel betreffend den Bescheid vom 30.07.2014 durch die Widerspruchseinlegung hätte geheilt werden können, ist in der Widerspruchseinlegung jedenfalls keine Anhörung bezüglich eines anderen, im Übrigen, wie insbesondere aus dem Herausnahmen der Wohnanschrift des Klägers vom Aufenthaltsverbot deutlich wird, mit dem Bescheid vom 30.07.2014 nicht identischen Bescheids zu sehen. Davon abgesehen hatte der Kläger seinen Widerspruch vom 08.08.2014 noch nicht vollumfänglich begründet in der berechtigten Erwartung, dies im Laufe des Widerspruchsverfahrens nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakten von Polizei und Staatsanwaltschaft tun zu können. Auch hieran wird deutlich, dass hier der Widerspruchseinlegung nicht zugleich die Funktion einer Anhörung eines noch zu erlassenden Verwaltungsaktes zugeschrieben werden kann.
53 
Dafür, dass Ausnahmegründe i.S.d. § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG gegeben wären, gibt es auch hier keine Anhaltspunkte. Nachdem seit dem 08.08.2014 ein Rechtsanwalt mandatiert war, hätte die Beklagte diesem unschwer per Telefax Kenntnis über den beabsichtigten Neuerlass eines Betretungs- und Aufenthaltsverbotes geben und eine - sei es auch kurz bemessene - Frist zur Stellungnahme einräumen können. Dies hätte den Erlass des Bescheides, der erstmals für den 23.08.2014 - hier bezüglich der Herausnahme der Wohnanschrift des Klägers aus dem Regelungsbereich des Aufenthalts- und Betretungsverbots - eine Regelung traf, nicht untunlich verzögert.
54 
Eine Anhörung wäre daher auch vor Erlass des Bescheids vom 19.08.2014 erforderlich gewesen.
55 
Der Anhörungsmangel ist vorliegend auch nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unbeachtlich. Eine Heilung des Anhörungsfehlers wäre nur bis zum 20.09.2014, 14.00 Uhr, möglich gewesen, da der Bescheid sich zu diesem Zeitpunkt erledigte. Bis zu diesem Zeitpunkt aber war eine Heilung nicht erfolgt. Zwar kann, wie bereits dargelegt, ein Anhörungsmangel dadurch geheilt werden, dass der Betroffene gegen einen Ausgangsbescheid, dessen Begründung sich die wesentlichen Argumente der Behörde entnehmen lassen, Widerspruch einlegt. Der Kläger hat aber - wie gesehen - gegen den Bescheid vom 19.08.2014 keinen Widerspruch eingelegt und sich auch im Übrigen vor Erledigung des Verwaltungsaktes durch Zeitablauf am 20.09.2014 gegenüber der Behörde zur Rechtmäßigkeit dieses Bescheids nicht geäußert. Im Übrigen hätte, wie bereits dargelegt, auch eine Widerspruchseinlegung als solche nicht zu einer Heilung des Verfahrensmangels der Anhörung geführt, da diese jedenfalls eine ergebnisoffene Überprüfung der Ausgangsentscheidung durch die Behörde voraussetzt. An einer - wie auch immer gearteten - Überprüfung der Ausgangsentscheidung durch die Beklagte aber fehlte es bis zum Zeitpunkt der Erledigung.
56 
Nachdem folglich eine Heilung gemäß § 45 LVwVfG nicht stattgefunden hat und bei der im Ermessen der Behörde stehenden Verhängung von Aufenthalts- und Betretungsverboten auch kein Fall des § 46 LVwVfG gegeben ist, war auch der Bescheid vom 19.08.2014 rechtswidrig.
57 
Abgesehen davon ist der Bescheid auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil die Voraussetzungen des § 27a PolG nicht vorgelegen haben (vgl. dazu die Ausführungen unter 2.3.2, die auf diesen Bescheid uneingeschränkt übertragbar sind).
58 
2.3 Auch der Bescheid vom 19.09.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, ist im Ergebnis rechtswidrig gewesen.
59 
2.3.1 Zwar sind diese Bescheide formell rechtmäßig zustande gekommen. Insbesondere wurde der Kläger im Vorfeld des Erlasses des Bescheids vom 19.09.2014 angehört (vgl. Schreiben vom 10.09.2014), wobei die recht kurze Frist zur Stellungnahme umso weniger Bedenken aufwirft, als es sich hierbei inhaltlich lediglich um die Verlängerung bereits bestehender Verbote bzw. Auflagen handelt. Zwar wurde der Kläger vor Erlass dieses Bescheides nicht separat angehört; bereits mit Schreiben vom 10.09.2014 war der Kläger aber allgemein zum Erlass von Betretungs- und Aufenthaltsverboten sowie Meldeauflagen für den Zeitpunkt 21.09.2014 bis zum 20.12.2014 unter Verweis auf die Begründung im Bescheid vom 19.08.2014 angehört worden. Gegenstand der Anhörung waren folglich auch die mit Bescheid vom 06.10.2014 verhängten Maßnahmen.
60 
2.3.2 Das mit Bescheid vom 19.09.2014 unter Nr. I.1. gegen den Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot betreffend näher bestimmte Bereiche Fs an einzelnen Tagen im Zeitraum vom 27.09.2014 bis zum 21.12.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, erweist sich jedoch als materiell rechtswidrig.
61 
Das Aufenthalts- und Betretungsverbot ist auf § 27a Abs. 2 PolG gestützt. Nach § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird (Aufenthaltsverbot). Das Aufenthaltsverbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen (Satz 2). Es darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten (Satz 3).
62 
Die Beklagte stützt die gegen den Kläger verhängten Aufenthalts- und Betretungsverbote auf Erkenntnisse der Polizei. Danach sei der Kläger dem erweiterten Umfeld der Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen, die sich aus Personen der „ABC“ und „DEF“ zusammensetze. Auch wenn der Kläger keiner der Gruppen zuzuordnen sei, beteilige er sich vorsätzlich und willentlich an geplanten Schlägereien. In den Jahren 2012/13 habe er sich an zwei Drittortauseinandersetzungen beteiligt; weitere Drittortauseinandersetzungen, an denen der Kläger habe teilnehmen wollen, seien aus verschiedenen Gründen abgesagt worden. Mitglieder der Fer Ultraszene seien an Gewaltdelikten und anderen Straftaten beteiligt gewesen (Zünden von Pyrotechnik im Stadion, körperliche Auseinandersetzungen mit gegnerischen Problemfans im Bereich des Stadions oder der Innenstadt, Beschädigung von Sitzschalen, Widerstand gegen Polizeibeamte etc.). Der Umstand, dass der Kläger sich nachweislich in der Saison 2012/13 an Drittortauseinandersetzungen beteiligt habe, zeige seinen Hang zur Gewalt und dazu, bei Fußballbegegnungen die Konfrontation zu gegnerischen Fans erneut bewusst zu suchen. Es sei, so die Polizei, nicht auszuschließen, dass sich der Betroffene bei Fußballspielen aufhalte und hier eine körperliche Konfrontation mit gegnerischen Fans suche.
63 
Die Beklagte hatte keinen Grund, an der Richtigkeit der schriftlich vorgelegten Erkenntnisse der polizeilichen szenekundigen Beamten zu zweifeln. Durch jahrelange Beobachtung der Hooliganszene sowie durch die Sachbearbeitung aller Delikte rund um Fußballspiele verfügen szenekundige Beamte über eine umfassende Personenkenntnis und sind in der Lage, Problemfans differenziert zu beurteilen. Für ihre Informationsgewinnung greifen sie auf die Zentrale Informationsstelle Sportveranstaltungen zurück, bei welcher sämtliche Hinweise aus allen Bundesligastandorten zentral gebündelt und von dort wieder an die einzelnen Dienststellen und hier an die szenekundigen Beamten weitergegeben werden. Außerdem stehen sie untereinander in ständigem Kontakt und beobachten die Hooliganszene anlässlich von Fußballspielen. Aus der Bündelung dieser Informationen wird das Erkenntnismaterial gewonnen, das zur Beurteilung der Gefahrenprognose bei präventiven Maßnahmen zu Grunde gelegt wird (VG Minden, Urteil vom 29.06.2005 - 11 K 2952/04 -, juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris; VG München, Urteil vom 25.02.2010 - M 22 K 08.203 -, juris; VG Meiningen, Urteil vom 08.02.2011 - 2 K 453/09 Me -, juris).
64 
Diese polizeiliche Auswertung der Sachlage und Gefahreneinschätzung, die in der mündlichen Verhandlung von Herrn K vom Polizeirevier F-Süd weiter erläutert wurde, rechtfertigt zur Überzeugung der Kammer ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot gegen den Kläger für Bereiche der Innenstadt bzw. um das Stadion herum nicht. Vielmehr fehlte es insoweit im Herbst 2014 an Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger gerade in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen - und nur hierauf kommt es an - eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde, so dass bereits der Tatbestand des § 27a Abs. 2 PolG nicht erfüllt gewesen ist.
65 
Zwar ist die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Frage, wann gegen ein Mitglied einer gewaltbereiten Fangruppierung bzw. einer Hooligangruppe ein Aufenthalts- und Betretungsverbot erlassen werden kann, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person in dem vom Aufenthaltsverbot erfassten Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, relativ großzügig. So wird zu Recht nicht verlangt, dass dem Betroffenen im Einzelnen eine konkrete Tatbegehung nachgewiesen werden kann (VG Minden, Beschluss vom 02.10.2014 - 11 L 763/14 -, juris; VG Arnsberg, Beschluss vom 01.07.2009 - 3 L 345/09 -, juris; VG Aachen, Beschluss vom 26.04.2013 - 6 L 170/13 -, juris; VG Hannover, Beschluss vom 21.07.2011 - 10 B 2096/11 -, juris; ); selbst der Nachweis der Zugehörigkeit zum Kernbereich der gewalttätigen Fan- bzw. Hooliganszene wird als nicht erforderlich erachtet (VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris). Begründet wird dies überzeugend damit, dass eine von einem Mitglied einer gewaltbereiten Gruppierung ausgehende Gefahr schon darin besteht, dass dieser durch seine zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu dieser Gruppe die Gewaltbereitschaft fördert und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwenden, eine zumindest psychologische Stütze darstellt. Die von Hooligans oder gewaltbereiten Fans etwa einer Ultra-Gruppierung begangenen Straftaten haben ein typisches Erscheinungsbild und stellen sich als Deliktstyp dar, der aus der homogenen Gruppe heraus initiiert und gesteigert wird. Die gewaltbereite Szene benötigt ein unterstützendes Umfeld; schon die bloße Anwesenheit von Gleichgesinnten trägt zur Gewaltbereitschaft derjenigen bei, die ihrem Kernbereich zuzurechnen sind und aus der Anonymität der Gruppe heraus agieren.
66 
Andererseits lassen sich Maßnahmen auf Grundlage des § 27a Abs. 2 PolG nicht auf reine Vermutungen stützen; vielmehr müssen aussagekräftige, tatsächliche Hinweise dafür vorliegen, dass der Betreffende nicht nur allgemein, sondern gerade dort, wo das Aufenthaltsverbot gelten soll, eine Straftat verüben wird (VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris; Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 27a Rn. 11; Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035).
67 
An derartigen aussagekräftigen Hinweisen dafür, dass der Kläger zukünftig in den vom Aufenthalts- und Betretungsverbot erfassten Bereichen eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen würde, aber fehlt es nach Auffassung der Kammer. Wie Herr K vom Polizeirevier F Süd und später auch der szenekundige Beamte M anlässlich seiner Angaben im Verfahren 4 K 3074/14 ausgeführt haben, ist der Kläger nicht deshalb ins Visier der Polizei geraten, weil er bereits in der Vergangenheit im Bereich des Stadions oder der Innenstadt als zur Gewalt neigend oder auch nur als Mitglied einer Ultra-Gruppierung aufgefallen wäre; tatsächlich hat der Kläger, der auch nach Informationen der Polizei keiner Ultra-Gruppierung zuzuordnen war, auch nach eigenen Angaben nur selten eine Fußballbegegnung im Stadion verfolgt. Ein Aufenthalts- und Betretungsverbot wurde gegen ihn letztlich (nur) deshalb verhängt, weil er nachweislich an Drittortauseinandersetzungen mit Fans rivalisierender Vereine teilgenommen hat. So hat er sich am 13.10.2012 an einer Drittortauseinandersetzung mit einer Gruppierung aus Nancy in L in Frankreich und am 12.04.2013 an einer Auseinandersetzung mit einer Gruppierung aus H in der Nähe von T beteiligt und war darüber hinaus ausweislich der im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erfolgten Rekonstruktion eines SMS-Verlaufs auf dem iPhone von R an Planungen hinsichtlich einer geplanten Drittortauseinandersetzung mit einer Gruppierung aus Ulm in der Nähe von Pforzheim im März 2013 sowie einer weiteren Auseinandersetzung gegen München in Friedrichshafen / Bodensee im Mai 2013 beteiligt bzw. wurde insoweit angefragt, sagte aber jeweils ab. Damit hat sich der Kläger mehrfach der (gefährlichen) Körperverletzung schuldig gemacht (vgl. zur Strafbarkeit verabredeter Schlägereien konkurrierender Gruppierungen BGH, Urteil vom 22.01.2015 - 3 StR 233/14 -, juris). Allerdings gab und gibt es für die Polizei keinen Hinweis darauf, dass der Kläger im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit Fußballbegegnungen - und damit außerhalb von Drittortauseinandersetzungen, die im gegenseitigen Einverständnis stattfinden und nach gewissen Regeln ablaufen - gegnerische Fans provoziert oder angegangen oder zur Begehung von Straftaten durch andere gewaltbereite Fans in irgendeiner Weise beigetragen hätte. Zwar hat der Polizeibeamte M ausgeführt, es spreche einiges dafür, dass jemand, der sich bereits außerhalb des Stadions körperlich mit gegnerischen Fans gemessen habe, auch bei kritischen Situationen im Stadionbereich eher die körperliche Auseinandersetzung suche als jemand, der Gewalt für sich vollständig ablehne. Unabhängig davon, ob diese Überlegungen grundsätzlich als konkreter Anhaltspunkt für die Begehung von Straftaten dienen und damit ein Aufenthalts- und Betretungsverbot rechtfertigen können, ist ein solcher Schluss im Zusammenhang mit dem Kläger bereits deshalb unzulässig, weil er auch nach Informationen der Polizei im Vorfeld der Verhängung der Aufenthalts- und Betretungsverbote gerade nicht zum engeren Kreis der Ultra-Fans gehörte und sich auch nur gelegentlich - und wenn, dann offenbar für die Polizei unauffällig - im Stadion aufhielt. Allein aus der Beteiligung an Drittortauseinandersetzungen aber wird lässt sich gerade nicht herleiten, dass der betreffende Fußballfan bewusst auch im engeren oder weiteren Umfeld von Stadien die tätliche Auseinandersetzung mit anderen Fußballfans suchen wird (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris, und Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Auch der Eintrag in die Datei „Gewalttäter Sport“ ist als solcher keine Tatsache, die im Sinne von § 27a Abs. 2 PolG die Annahme der Begehung von Straftaten rechtfertigt, sondern allenfalls ein Hinweis auf das Vorliegen entsprechender Tatsachen; er enthebt die Behörde daher nicht davon, ihre Einschätzung, der Betreffende werde in einem bestimmten Bereich eine Straftat begehen, auf konkret belegbare Ereignisse zu stützen (OVG Bremen, Beschluss vom 10.02.2010 - 1 B 30/10 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris). Schließlich schätzte auch die Polizei die Lage offenbar nicht so ein, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestanden hat, der Kläger werde in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen. Vielmehr ist in den polizeilichen Stellungnahmen zur Person des Klägers lediglich davon die Rede, der Kläger sei dem „erweiterten Umfeld der Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen“ und es könne „nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Betroffene bei Fußballspielen aufhält und hier eine körperliche Konfrontation mit gegnerischen Fans sucht“. Es folgt eine Chronologie der Ereignisse, an denen die Ultragrupperungen „ABC“ und „DEF“ beteiligt waren, jedoch ohne Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger an einer der Aktionen beteiligt oder auch nur dabei anwesend war. Allein die abstrakte, von allgemeinen Erfahrungswerten gestützte Möglichkeit, der Kläger könne in Zukunft in Abweichung von seinem bisherigen Verhalten auch im Bereich des Stadions oder der Innenstadt auffällig werden und bei künftigen Spielen dort sicherheitsrelevante Störungen verursachen, aber genügt nicht für die Erfüllung des Tatbestands des § 27a Abs. 2 PolG.
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2.3.3 Auch die Meldeauflage in dem Bescheid der Beklagten vom 19.09.2014 ist (Nr. I.2.) als rechtswidrig zu qualifizieren.
69 
Eine Meldeauflage zielt darauf, dass die betreffende Person sich bei einer bestimmten polizeilichen Dienststelle zu einem bestimmten Zeitpunkt „melden“ muss. Im Gegensatz zu einem Aufenthalts- und Betretungsverbot regelt sie unmittelbar nicht das „Wegbleiben“ vom einem bestimmten Ort, sondern das „Hinkommen“ zu einer Polizeidien (Siegel, NJW 2013, 1035). Mangels spezialgesetzlicher Grundlage lässt sich eine derartige Meldeauflage auf die polizeiliche Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) stützen (BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 6 C 39/06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris). Voraussetzung für den Erlass einer Meldeauflage ist danach das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wobei eine objektive ex-ante-Sicht maßgeblich ist. Die Beklagte hat den Erlass der Meldeauflage damit begründet, dass der Kläger von einer Anreise zum Auswärtsspielort des SC F und dadurch von der Teilnahme an hooligantypischen Auseinandersetzungen bei Auswärtsspielen habe abgehalten werden sollen. Damit lässt sich jedoch der Erlass einer Meldeauflage nicht rechtfertigen. Ebenso wenig nämlich wie konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, der Kläger werde im Bereich des Stadions Straftaten begehen, bestand eine hinreichend konkrete Gefahr dafür, dass der Kläger bei Auswärtsspielen am Auswärtsspielort straffällig werden würde. Denn der Kläger war in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt am Auswärtsspielort einer Mannschaft des SC F auffällig geworden; es fehlte darüber hinaus bereits an Anhaltspunkten dafür, dass er sich überhaupt an Auswärtsspieltagen am Auswärtsspielort des SC F aufhalten würde. Aber auch der für eine Eignung der verhängten Maßnahme zur Verhinderung von Straftaten erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen Auswärtsspielen des SC F und Drittortauseinandersetzungen war nicht gegeben. So fand etwa die Auseinandersetzung in T am 12.04.2013 im Zusammenhang mit einem Heimspiel des SC F statt, die Drittortauseinandersetzung bei H am 11.08.2012, an der auch der Kläger im Verfahren 4 K 3074/14 beteiligt war, stand gar nicht im Zusammenhang mit einer Partie der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F, und die für den 10.03.2013 geplante Auseinandersetzung gegen U wurde mangels Beteiligung kurzerhand auf den 23.03.2013 verschoben.
70 
2.4 Vor diesem Hintergrund ist auch die Zwangsgeldandrohung betreffend die unter Anordnung des Sofortvollzugs erlassene Meldeauflage rechtswidrig gewesen.
71 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Gründe, die Berufung durch das Verwaltungsgericht zuzulassen, bestehen nicht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Untersagungsverfügung, mit der ihr die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten verboten wurde.

2

In der B. Straße ... in W. vermittelte die Klägerin Sportwetten an die I. in G., die über eine dort erteilte Lizenz zur Veranstaltung von Sportwetten verfügte. Nach vorheriger Anhörung untersagte das Landratsamt M. am Inn der Klägerin mit Bescheid vom 14. Oktober 2008 die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele in der genannten Betriebsstätte und forderte sie unter Androhung eines Zwangsgeldes von 10 000 € auf, ihre Tätigkeit mit Ablauf des auf die Zustellung des Bescheides folgenden Tages einzustellen. Es stützte die Untersagung auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV (a.F.) und die Erwägung, eine Erlaubnis könne wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nach § 10 Abs. 2, Abs. 5 GlüStV ohnehin nicht erteilt werden. Zur Begründung der Vollzugsregelung wurde ausgeführt, ein Zuwarten komme nicht in Betracht, da der Betreiber des Wettlokals sich zumindest wegen Beihilfe zum Veranstalten unerlaubten öffentlichen Glücksspiels nach § 284 Abs. 1 i.V.m. § 27 StGB strafbar mache.

3

Die am 15. Oktober 2008 erhobene Anfechtungsklage hat das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 28. April 2009 abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Begehren auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag für die Zeit vom 14. Oktober 2008 bis zum 31. Oktober 2010 umgestellt und vorgetragen, sie habe die Zugriffsmöglichkeit auf ihre frühere Betriebsstätte in der B. Straße ... in W. mit Ablauf des 31. Oktober 2010 endgültig verloren. Ihr Feststellungsinteresse ergebe sich aus der Absicht, unionsrechtliche Staatshaftungsansprüche geltend zu machen, sowie aus einem schwerwiegenden Eingriff in ihre Berufsfreiheit. Außerdem bestehe eine Wiederholungsgefahr, da sie beabsichtige, Sportwetten an einen anderen im EU-Ausland zugelassenen Anbieter zu vermitteln. Schließlich könne sie sich wegen des Vorwurfs strafbarer Beihilfe zur unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels auch auf ein Rehabilitierungsinteresse berufen. Zudem sei ihr Geschäftsführer einem Ordnungswidrigkeitenverfahren vor dem Amtsgericht M. am Inn ausgesetzt gewesen.

4

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 15. Mai 2012 das erstinstanzliche Urteil geändert und festgestellt, der angegriffene Bescheid vom 14. Oktober 2008 sei vom Zeitpunkt seines Erlasses bis zum 31. Oktober 2010 rechtswidrig gewesen. Die Untersagungsverfügung habe sich mit dem Verlust der Zugriffsmöglichkeit auf die Betriebsstätte endgültig erledigt. Die deshalb auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellte Klage sei zulässig. Der Vorwurf objektiv strafbaren Verhaltens begründe ein Rehabilitierungsinteresse, das durch das Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Geschäftsführer der Klägerin noch verstärkt werde. Darüber hinaus habe die Klägerin auch wegen des tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit und die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersagung. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei auch begründet. Sowohl die Untersagungsverfügung als auch die Zwangsgeldandrohung seien vom Erlass des Bescheides bis zum 31. Oktober 2010 rechtswidrig gewesen. Die Untersagungsverfügung sei ermessensfehlerhaft, da sie sich auf das staatliche Sportwettenmonopol stütze, das seinerseits gegen unionsrechtliche Grundfreiheiten verstoße. Die Monopolregelung sei wegen konterkarierender Regelung des Sektors der gewerblichen Automatenspiele inkohärent und beschränke die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49, 56 AEUV unverhältnismäßig; sie dürfe deshalb nicht angewendet werden.

5

Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision macht der Beklagte geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin bejaht. Ein Rehabilitierungsinteresse scheide aus, da die Klägerin sich als juristische Person nicht strafbar machen könne. Die Untersagungsverfügung bewirke auch keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff, sondern erschöpfe sich in einer Berufsausübungsregelung. Materiell-rechtlich wende das Berufungsgericht das unionsrechtliche Kohärenzerfordernis unzutreffend an.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Mai 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 28. April 2009 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Recht, weil es unzutreffend annimmt, die Klägerin habe gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit für den in Rede stehenden Zeitraum. Das Urteil beruht auch auf dieser Rechtsverletzung und erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Bei zutreffender Rechtsanwendung hätte es die Fortsetzungsfeststellungsklage für unzulässig halten müssen. Dies führt zur Änderung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen - klagabweisenden - Urteils. Dem steht nicht entgegen, dass der Klagantrag im Berufungsverfahren umgestellt wurde.

10

Mit Recht hat der Verwaltungsgerichtshof die Fortsetzungsfeststellungsklage für statthaft erachtet. Nachdem die Klägerin den Zugriff auf ihre Betriebsstätte zum 31. Oktober 2010 endgültig verloren hatte, hat sich die Untersagungsverfügung des Beklagten, die sich allein auf diese Betriebsstätte bezog, endgültig erledigt. Maßnahmen zur Vollstreckung der Untersagung, die noch rückgängig gemacht werden könnten, sind nicht ersichtlich.

11

Zulässig ist die statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage allerdings nur, wenn die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts hat. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position der Klägerin in den genannten Bereichen zu verbessern (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 4. März 1976 - BVerwG 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134 <137> und vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 61.06 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 3). Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Danach kommt es hier auf den Schluss der mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz an.

12

1. Für diesen Zeitpunkt lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Dazu ist nicht nur die konkrete Gefahr erforderlich, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird. Darüber hinaus müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein (Urteil vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 4 C 12.04 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23 Rn. 8 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die für die Beurteilung einer glücksspielrechtlichen Untersagung maßgeblichen rechtlichen Umstände haben sich mit dem Inkrafttreten des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (BayGVBl 2012 S. 318) und dessen landesrechtlicher Umsetzung in Bayern zum 1. Juli 2012 gemäß §§ 1 und 4 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften vom 25. Juni 2012 (BayGVBl S. 270) grundlegend geändert. Dem steht nicht entgegen, dass der allgemeine Erlaubnisvorbehalt für die Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und die Ermächtigung zur Untersagung der unerlaubten Veranstaltung und Vermittlung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV fortgelten. Für die rechtliche Beurteilung einer Untersagung kommt es auch auf die Verhältnismäßigkeit des mit ihr durchgesetzten Erlaubnisvorbehalts sowie des Verbots selbst und damit auf Fragen der materiellen Erlaubnisfähigkeit des untersagten Verhaltens an (vgl. Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55). Insoweit ergeben sich aus den in Bayern zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen, § 4 GlüStV ergänzenden Spezialregelungen betreffend die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten erhebliche Unterschiede zur früheren, bis zum 30. Juni 2012 geltenden Rechtslage. Nach § 10a Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 4a ff. GlüStV wird das staatliche Sportwettenmonopol - zunächst für eine Experimentierphase von sieben Jahren - durch ein Konzessionssystem ersetzt. Gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV können bundesweit bis zu 20 Wettunternehmen eine Veranstalterkonzession erhalten. Für die Konzessionäre wird das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, von dem ohnehin nach Absatz 5 der Vorschrift dispensiert werden darf, nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV gelockert. Die Vermittlung konzessionierter Angebote bleibt nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erlaubnispflichtig. Die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung werden aber in § 19 i.V.m. §§ 5 bis 8 GlüStV in wesentlichen Punkten neu geregelt. So wurden die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV deutlich zurückgenommen (dazu im Einzelnen Beschluss vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 6). Andererseits enthält § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV eine weitgehende Konkretisierung der zuvor nur allgemein statuierten Aufklärungspflichten. Außerdem bindet § 8 Abs. 6 GlüStV erstmals auch die Vermittler in das übergreifende Sperrsystem nach § 23 GlüStV ein. Insgesamt schließen die erheblichen Änderungen der für die materiell-rechtliche Beurteilung der Untersagung erheblichen Vorschriften es aus, von einer im Wesentlichen gleichen Rechtslage auszugehen.

13

Aus der Befristung der experimentellen Konzessionsregelung lässt sich keine konkrete Wiederholungsgefahr herleiten. Ob der Gesetzgeber das Konzessionssystem und dessen materiell-rechtliche Ausgestaltung nach Ablauf der siebenjährigen Experimentierphase auf der Grundlage der inzwischen gewonnenen Erfahrungen fortschreiben, modifizieren oder aufgeben wird, ist ungewiss. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist jedenfalls nicht abzusehen.

14

2. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist auch nicht wegen eines Rehabilitierungsinteresses der Klägerin zu bejahen. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz beruht auf der Annahme, ein solches Interesse bestehe schon wegen des Vorwurfs objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

15

Allerdings fehlt ein Rehabilitierungsinteresse nicht etwa deshalb, weil die Klägerin sich als juristische Person nicht strafbar machen kann. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sich nach Art. 19 Abs. 3 GG insgesamt auf juristische Personen erstreckt. Sie können jedenfalls Ausprägungen dieses Rechts geltend machen, die nicht an die charakterliche Individualität und die Entfaltung der natürlichen Person anknüpfen, sondern wie das Recht am eigenen Wort oder das Recht auf Achtung des sozialen Geltungsanspruchs und auf Abwehr von Rufschädigungen auch Personengesamtheiten und juristischen Personen zustehen können (BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 805/98 - BVerfGE 106, 28 <42 ff.>; BGH, Urteil vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85 - BGHZ 98, 94 <97>). Die bloße Einschätzung eines Verhaltens als objektiv strafbar hat aber keinen den Betroffenen diskriminierenden Charakter und kann deshalb noch kein Rehabilitierungsinteresse auslösen.

16

Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (Beschlüsse vom 4. März 1976 a.a.O. S. 138 f. und vom 4. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 64.06 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 36 S. 4 f.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. In der Feststellung objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens liegt noch keine Stigmatisierung. Vielmehr erschöpft sie sich in der Aussage, die unerlaubte Veranstaltung und Vermittlung der Sportwetten erfülle den objektiven Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB und rechtfertige deshalb ein ordnungsbehördliches Einschreiten. Damit enthält sie kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1952 - 1 BvR 197/53 - BVerfGE 9, 167 <171> und Urteil vom 6. Juni 1967 - 2 BvR 375, 53/60 und 18/65 - BVerfGE 22, 49 <79 f.>).

17

Soweit die Begründung der Untersagungsverfügung davon ausgeht, die Klägerin habe strafbare Beihilfe zum unerlaubten Glücksspiel geleistet, kann offenbleiben, ob dies als stigmatisierender Vorwurf schuldhaft-kriminellen Verhaltens gegenüber ihrem Geschäftsführer zu verstehen war. Jedenfalls hat dieser Vorwurf keine Außenwirkung erlangt, deretwegen das geschäftliche Ansehen der Klägerin gegenwärtig noch beeinträchtigt wäre, oder die zu Nachteilen in aktuellen oder künftigen Verwaltungsverfahren führen könnte. Der Bescheid ist nur an die Klägerin gerichtet. Eine Weitergabe an Dritte ist weder substantiiert vorgetragen worden noch aus den Akten zu ersehen. Strafverfolgungsmaßnahmen gegen ihre Organe hat die Klägerin nicht vorgetragen.

18

Die Durchführung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen ihren Geschäftsführer begründet kein Rehabilitierungsinteresse. Mit der Auferlegung einer Geldbuße ist kein ethischer Schuldvorwurf verbunden. Darin unterscheidet sich das Ordnungswidrigkeitenverfahren gerade vom Strafverfahren (BVerfG, Urteil vom 6. Juni 1967 a.a.O.; Entscheidung vom 4. Juli 1967 - 2 BvL 10/62 - BVerfGE 22, 125 <132 f.>).

19

Nachteilige Auswirkungen der Untersagung in künftigen Verwaltungsverfahren - etwa zur Erlaubniserteilung nach aktuellem Recht - sind nach der im Termin zur mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten Erklärung des Vertreters des Freistaates Bayern vom 21. März 2013 ebenfalls nicht zu besorgen. Danach werden Monopolverstöße dort zukünftig nicht als Anhaltspunkt für eine Unzuverlässigkeit von Konzessionsbewerbern oder Bewerbern um eine Vermittlungserlaubnis gewertet.

20

3. Entgegen dem angegriffenen Urteil lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG begründen. Die Annahme des Berufungsgerichts, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse wegen der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Sinne ausgelegt werden, trifft nicht zu. Eine Ausweitung des Tatbestandsmerkmals des berechtigten Feststellungsinteresses über die einfach-rechtlich konkretisierten Fallgruppen des berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses (a) hinaus verlangt Art. 19 Abs. 4 GG nur bei Eingriffsakten, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten (b). Eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs, die ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten annimmt, ist auch aus Art. 47 GRC in Verbindung mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot nicht herzuleiten (c).

21

a) Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat (dazu oben Rn. 11). Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren.

22

b) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziert ebenfalls nicht nach diesen beiden Kriterien. Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten. Umgekehrt gebietet die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern.

23

Effektiver Rechtsschutz verlangt, dass der Betroffene ihn belastende Eingriffsmaßnahmen in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen lassen kann. Solange er durch den Verwaltungsakt beschwert ist, stehen ihm die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zur Verfügung. Erledigt sich der Verwaltungsakt durch Wegfall der Beschwer, wird nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO Rechtsschutz gewährt, wenn der Betroffene daran ein berechtigtes rechtliches, ideelles oder wirtschaftliches Interesse hat. In den übrigen Fällen, in denen sein Anliegen sich in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts erschöpft, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon ist nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (BVerfG, Beschlüsse vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99, 1337/00, 1777/00 - BVerfGE 104, 220 <232 f.> und vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <86> m.w.N).

24

Glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zählen nicht zu den Verwaltungsakten, die sich in diesem Sinne typischerweise kurzfristig erledigen. Vielmehr sind sie als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 19 m.w.N.) gerade auf langfristige Geltung angelegt. Dass sie sich regelmäßig fortlaufend für den bereits zurückliegenden Zeitraum erledigen, lässt ihre gegenwärtige, sich täglich neu aktualisierende Wirksamkeit und damit auch ihre Anfechtbarkeit und Überprüfbarkeit im Hauptsacheverfahren unberührt (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 113 Rn. 85 a.E.). Änderungen der Rechtslage führen ebenfalls nicht zur Erledigung. Vielmehr ist die Untersagung anhand der jeweils aktuellen Rechtslage zu prüfen. Dass ihre Anfechtung sich regelmäßig nur auf eine Aufhebung des Verbots mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung richten kann, stellt keine Rechtsschutzbeschränkung dar. Vielmehr trägt dies dem Umstand Rechnung, dass das Verbot in der Vergangenheit keine Regelungswirkung mehr entfaltet, die aufgehoben werden könnte. Im Ausnahmefall, etwa bei einer noch rückgängig zu machenden Vollziehung der Untersagung, bleibt diese wegen ihrer Titelfunktion als Rechtsgrund der Vollziehung rückwirkend anfechtbar (Beschluss vom 25. September 2008 - BVerwG 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1 Rn. 13; zur Vollzugsfolgenbeseitigung vgl. Urteil vom 14. März 2006 - BVerwG 1 C 11.05 - BVerwGE 125, 110 = Buchholz 402.242 § 63 AufenthG Nr. 2 Rn. 17).

25

Dass eine untypisch frühzeitige Erledigung im Einzelfall einer streitigen Hauptsacheentscheidung zuvorkommen kann, berührt Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Die Rechtsweggarantie verbietet zwar, gesetzliche Zulässigkeitsanforderungen so auszulegen, dass ein gesetzlich eröffneter Rechtsbehelf leerläuft, weil das weitere Beschreiten des Rechtswegs unzumutbar und ohne sachliche Rechtfertigung erschwert wird (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010 - 2 BvR 1023/08 - NJW 2011, 137 m.w.N.). Einen solchen Leerlauf hat die dargestellte Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses aber nicht zur Folge. Ihre sachliche Rechtfertigung und die Zumutbarkeit ihrer prozessualen Konsequenzen ergeben sich daraus, dass eine großzügigere Handhabung dem Kläger mangels berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses keinen relevanten Vorteil bringen könnte und auch nicht dazu erforderlich ist, maßnahmenspezifische Rechtsschutzlücken zu vermeiden.

26

c) Aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 GRC ergibt sich keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiter auszulegen.

27

Allerdings ist nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass der sachliche Anwendungsbereich der Grundrechtecharta nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC eröffnet ist, weil die Klägerin Rechtsschutz wegen einer Beschränkung ihrer Dienstleistungsfreiheit begehrt. Zur mitgliedstaatlichen Durchführung des Unionsrechts im Sinne der Vorschrift rechnet der Gerichtshof nicht nur Umsetzungsakte im Sinne eines unionsrechtlich - zumindest teilweise - determinierten Vollzugs, sondern auch mitgliedstaatliche Eingriffe in Grundfreiheiten nach Maßgabe der allgemeinen unionsrechtlichen Schrankenvorbehalte. An dieser Rechtsprechung, die vor Inkrafttreten der Charta zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs unionsrechtlicher Grundrechte als allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts entwickelt wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - Rs. C-260/89, ERT - Slg. 1991 I-2951 ), hält der Gerichtshof weiterhin fest. Er geht von einer mitgliedstaatlichen Bindung an die Unionsgrundrechte im gesamten Anwendungsbereich des Unionsrechts aus und verweist dazu auf die Erläuterungen zu Art. 51 GRC, die nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV, Art. 52 Abs. 7 GRC bei der Auslegung der Charta zu berücksichtigen sind (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - Rs. C-617/10, Akerberg Fransson - EuZW 2013, 302 ). Wie diese Abgrenzungsformel im Einzelnen zu verstehen ist, inwieweit bei ihrer Konkretisierung grammatische und entstehungsgeschichtliche Anhaltspunkte für eine bewusste Begrenzung des Anwendungsbereichs durch Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC maßgeblich und welche Folgerungen aus kompetenzrechtlichen Grenzen zu ziehen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 - NJW 2013, 1499 Rn. 88 und 90; zur Entstehungsgeschichte Borowsky, in: Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, S. 643 ff.), bedarf hier keiner Klärung. Geht man von der Anwendbarkeit des Art. 47 GRC aus, ist dieser jedenfalls nicht verletzt.

28

Mit der Verpflichtung, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, konkretisiert Art. 47 Abs. 1 GRC den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes (dazu vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 - Rs. C-279/09, DEB - EuZW 2011, 137 und Beschluss vom 13. Juni 2012 - Rs. C-156/12, GREP - juris ). Er hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber aber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers zu fordern und diese Anforderung im Sinne der soeben unter a) und b) (Rn. 21 und 22 ff.) dargelegten Kriterien zu konkretisieren.

29

Wie sich aus den einschlägigen unionsgerichtlichen Entscheidungen ergibt, bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Effektivitätsgebot (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 - Rs. C-87/90 u.a., Verholen u.a. ./. Sociale Verzekeringsbank - Slg. 1991 I-3783 und vom 16. Juli 2009 - Rs. C-12/08, Mono Car Styling ./. Dervis Odemis u.a. - Slg. 2009 I-6653 ; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ).

30

Das Äquivalenzprinzip verlangt eine Gleichwertigkeit der prozessrechtlichen Bedingungen für die Durchsetzung von Unionsrecht und mitgliedstaatlichem Recht (EuGH, Urteil vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet ./. Justitiekansler - Slg. 2005 I-2301 ). Es ist hier nicht betroffen, weil die dargelegte verfassungskonforme Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht danach unterscheidet, ob eine Verletzung von Unions- oder mitgliedstaatlichem Recht geltend gemacht wird.

31

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet eine Zulässigkeitsregelung, die das Recht auf Zugang zum Gericht in seinem Wesensgehalt selbst beeinträchtigt, ohne einem unionsrechtlich legitimen Zweck zu dienen und im Verhältnis dazu angemessen zu sein (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. und Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ). Hier fehlt schon eine den Wesensgehalt des Rechts selbst beeinträchtigende Rechtswegbeschränkung. Sie liegt vor, wenn dem Betroffenen der Zugang zum Gericht trotz einer Belastung durch die beanstandete Maßnahme verwehrt wird, weil die fragliche Regelung für den Zugang zum Recht ein unüberwindliches Hindernis aufrichtet (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. ; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ). Danach kommt es - nicht anders als nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 19 Abs. 4 GG - maßgeblich darauf an, dass der Betroffene eine ihn belastende Eingriffsmaßnahme gerichtlich überprüfen lassen kann. Das war hier gewährleistet, da die Untersagungsverfügung bis zu ihrer endgültigen Erledigung angefochten werden konnte und § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eine Fortsetzungsfeststellung ermöglichte, soweit diese noch zur Abwendung fortwirkender Nachteile von Nutzen sein konnte. Dass die Vorschrift keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf eine Fortsetzung des Prozesses nur zum Zweck nachträglicher Rechtsklärung vorsieht, widerspricht nicht dem Wesensgehalt der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs. Unabhängig davon wäre selbst eine Beeinträchtigung des Rechts in seinem Wesensgehalt verhältnismäßig. Sie wäre geeignet, erforderlich und angemessen, die Prozessökonomie zur Verwirklichung des unionsrechtlich legitimen Ziels zügigen, effektiven Rechtsschutzes für alle Rechtssuchenden zu wahren.

32

Das Effektivitätsgebot ist ebenfalls nicht verletzt. Es fordert eine Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Rechts, die die Ausübung unionsrechtlich gewährleisteter Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder unzumutbar erschwert (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 a.a.O. und vom 13. März 2007 a.a.O. ). Bezogen auf die mitgliedstaatliche Regelung prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen ergibt sich daraus, dass den Trägern unionsrechtlich begründeter Rechte gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss, der eine wirksame Kontrolle jeder Rechtsverletzung und damit die Durchsetzbarkeit des betroffenen Rechts gewährleistet. Diese Anforderungen gehen nicht über die aus Art. 19 Abs. 4 GG herzuleitende Gewährleistung einer gerichtlichen Überprüfbarkeit jedes Eingriffs in einem Hauptsacheverfahren hinaus. Insbesondere lässt sich aus dem Effektivitätsgebot keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, in: - Rs. C-83/91, Meilicke/ADV/ORGA AG - vom 8. April 1992, Slg. 1992 I-4897 ). Das gilt erst recht, wenn die Maßnahme bereits Gegenstand einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung war und sich erst im Rechtsmittelverfahren erledigt hat.

33

An der Richtigkeit dieser Auslegung des Art. 47 Abs. 1 GRC und des unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bestehen unter Berücksichtigung der zitierten unionsgerichtlichen Rechtsprechung keine ernsthaften Zweifel im Sinne der acte-clair-Doktrin (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T. u.a. - Slg. 1982, S. 3415 ). Die von der Klägerin angeregte Vorlage an den Gerichtshof ist deshalb nach Art. 267 Abs. 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht geboten.

34

4. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess. Auch das Berufungsgericht hat das nicht angenommen. Ein Präjudizinteresse kann nur bestehen, wenn die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage jedoch, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Urteile vom 14. Januar 1980 - BVerwG 7 C 92.79 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <92> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7). Der Verwaltungsprozess muss nicht zur Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen der Staatshaftung fortgeführt werden, wenn der Kläger daraus wegen offenkundigen Fehlens anderer Anspruchsvoraussetzungen keinen Nutzen ziehen könnte. Hier drängt sich schon ohne eine detaillierte Würdigung auf, dass der Klägerin selbst bei Rechtswidrigkeit der Untersagung keine staatshaftungsrechtlichen Ansprüche zustehen.

35

Die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (zu dessen Herleitung vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und 9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991 I-5357 ) liegen ersichtlich nicht vor, ohne dass es insoweit einer ins Einzelne gehenden Prüfung bedürfte. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.

36

Die Klägerin hat den Zugriff auf ihre Betriebsstätte Ende Oktober 2010 endgültig verloren. Denkbare Schadensersatzansprüche betreffen also im Wesentlichen den Zeitraum vor Ergehen der unionsgerichtlichen Urteile zu den deutschen Sportwettenmonopolen (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010 I-8069, - Rs. C-46/08, Carmen Media Group - Slg. 2010 I-8175 und - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010 I-8041). Für diesen Zeitraum scheidet ein Amtshaftungsanspruch aus, weil den Amtswaltern selbst bei Rechtswidrigkeit der zur Begründung der Untersagung herangezogenen Monopolregelung keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung zur Last zu legen ist. Die unionsrechtliche Staatshaftung greift für diesen Zeitraum nicht ein, da ein etwaiger Verstoß gegen das Unionsrecht nicht hinreichend qualifiziert war.

37

a) Einem Amtswalter ist auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird (Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <105 ff.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32; BGH, Urteil vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84 - BGHZ 97, 97 <107>). Das Verwaltungsgericht hat die angegriffene Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren für rechtmäßig gehalten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bejahte seinerzeit in ständiger Rechtsprechung die Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit höherrangigem Recht sowie die Rechtmäßigkeit darauf gestützter Untersagungen unerlaubter Wettvermittlung (vgl. VGH München, Urteile vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 - ZfWG 2009, 27 und - 10 BV 07.774/775 - juris). Er hat diese Auffassung erst im Hinblick auf die im Herbst 2010 veröffentlichten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 (a.a.O.) sowie die daran anknüpfenden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272, - BVerwG 8 C 15.09 - NWVBl 2011, 307 sowie - BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273) in einer Eilentscheidung im Frühjahr 2011 aufgegeben (VGH München, Beschluss vom 21. März 2011 - 10 AS 10.2499 - ZfWG 2011, 197 = juris Rn. 24 ff.). Die Orientierung an der berufungsgerichtlichen Rechtsprechung kann den Amtswaltern auch nicht etwa vorgeworfen werden, weil die kollegialgerichtlichen Entscheidungen bis Ende 2010 - für sie erkennbar - von einer schon im Ansatzpunkt völlig verfehlten rechtlichen Betrachtung ausgegangen wären (zu diesem Kriterium vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 106 f.). Hinreichend geklärt war ein etwaiger Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben jedenfalls nicht vor Ergehen der zitierten unionsgerichtlichen Entscheidungen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - III ZR 196/11 - EuZW 2013, 194 ), die durch die nachfolgenden Urteile des Senats in Bezug auf das bayerische Monopol konkretisiert wurden. Der Gerichtshof stellte seinerzeit erstmals klar, dass die Verhältnismäßigkeit im unionsrechtlichen Sinn nicht nur eine kohärente Ausgestaltung des jeweiligen Monopolbereichs selbst, sondern darüber hinaus eine Kohärenz auch zwischen den Regelungen verschiedener Glücksspielsektoren fordert. Außerdem präzisierte er die Grenzen zulässiger, nicht auf Expansion gerichteter Werbung für die besonders umstrittene Imagewerbung.

38

b) Im genannten Zeitraum fehlt es auch an einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß, wie er für die unionsrechtliche Staatshaftung erforderlich ist. Diese setzt eine erhebliche und gleichzeitig offenkundige Verletzung des Unionsrechts voraus. Maßgeblich dafür sind unter anderem das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des durch sie belassenen Ermessensspielraums und die Frage, ob Vorsatz bezüglich des Rechtsbruchs oder des Zufügens des Schadens vorlag, sowie schließlich, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar war (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - Rs. C-46 und 48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996 I-1029 ). Nach diesen Kriterien kann zumindest bis zu den zitierten Entscheidungen des Gerichtshofs von einer offenkundigen erheblichen Verletzung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit durch die Monopolregelung nicht die Rede sein. Mangels Harmonisierung des Glücksspielbereichs stand den Mitgliedstaaten ein weites Regelungsermessen zur Verfügung. Seine durch die Grundfreiheiten gezogenen Grenzen waren jedenfalls bis zur unionsgerichtlichen Konkretisierung der intersektoralen Kohärenz nicht so genau und klar bestimmt, dass ein etwaiger Rechtsirrtum unentschuldbar gewesen wäre.

39

c) Auch für den nach Ergehen der unionsgerichtlichen Urteile vom 9. September 2010 verbleibenden, noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum bis zum 31. Oktober 2010 ist die Geltendmachung von Amtshaftungs- oder unionsrechtlichen Staatshaftungsansprüchen offensichtlich aussichtslos. Insbesondere war der Beklagte nicht verpflichtet, die Untersagungsverfügung unmittelbar nach Bekanntwerden dieser Urteile aufzuheben. Der Gerichtshof hat die deutschen Sportwettenmonopole nicht für unionsrechtswidrig erklärt, sondern nur festgestellt, dass ein mitgliedstaatliches Gericht bei Vorliegen der in den Vorlageentscheidungen festgestellten Tatsachen berechtigten Anlass haben kann (nicht: hat), von einem Verstoß gegen die Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit auszugehen. Die Entscheidung, ob im konkreten Fall eine danach mögliche, aber nicht zwangsläufige Schlussfolgerung zu ziehen ist, hat er ausdrücklich den mitgliedstaatlichen Gerichten überlassen (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010 I-8069 ). Vor Ergehen der Urteile des Senats vom 24. November 2010 kann deshalb keinesfalls von einer klar erkennbaren Unionsrechtswidrigkeit des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgegangen werden.

40

Unabhängig davon ergäbe sich selbst aus einem eindeutigen Unionsrechtsverstoß der Monopolregelung nur deren Unanwendbarkeit, aber noch keine Pflicht, auf die Durchsetzung des nicht monopolabhängigen, seinerseits verfassungs- und unionsrechtskonformen Erlaubnisvorbehalts (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 ; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - a.a.O. Rn. 73, 77 ff.) zu verzichten. Insbesondere verlangt das Unionsrecht in einer solchen Situation keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle. Vielmehr steht es dem Mitgliedstaat frei, das Monopol zu reformieren oder sich für eine Liberalisierung des Marktzugangs zu entscheiden. In der Zwischenzeit ist er lediglich verpflichtet, Erlaubnisanträge privater Anbieter nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu prüfen und zu bescheiden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - juris ). Einen Anspruch auf erlaubnisfreie Tätigkeit vermittelte das Unionsrecht also auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung offenkundig nicht. Im Aufrechterhalten der Untersagungsverfügung bis zur Klärung der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen lag auch deshalb weder eine schuldhafte Rechtsverletzung noch ein hinreichend qualifizierter Unionsrechtsverstoß. Eine unionsrechtskonforme Bescheidung von Erlaubnisanträgen privater Veranstalter und Vermittler ermöglichte das für diese in Bayern nach Bekanntwerden der unionsgerichtlichen Entscheidungen eröffnete Erlaubnisverfahren. Entgegen der Auffassung der Klägerin beruhte es auf ausreichenden gesetzlichen Grundlagen. Die Zuständigkeit für die Erlaubniserteilung und das Erlaubnisverfahren für private Vermittler waren ebenso wie die Erlaubnisvoraussetzungen in Art. 2 Abs. 1 bis 3, Abs. 4 Nr. 3 AG GlüStV i.V.m. § 4 ff. GlüStV hinreichend bestimmt und transparent geregelt. Bei Unanwendbarkeit der Monopolvorschriften ermöglichten diese Vorschriften eine diskriminierungsfreie Anwendung auf private Veranstalter und die Vermittlung von Sportwetten an diese. Gegen eine fehlerhafte, insbesondere willkürliche oder diskriminierende Rechtsanwendung im Erlaubnisverfahren stand den Betroffenen effektiver Rechtsschutz zur Verfügung.

41

Außerdem fehlt jedenfalls die erforderliche haftungsbegründende Kausalität zwischen Rechtsverletzung und Schaden. Bei Ermessensentscheidungen ist sie zu verneinen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die zum Schaden führende Entscheidung auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung getroffen worden wäre (BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vinke, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 12, Stand: Sommer 2005, § 839 Rn. 176, zur Unterscheidung von der Figur rechtmäßigen Alternativverhaltens vgl. ebd. Rn. 178). Wie bereits dargelegt, war eine Untersagung im Oktober 2010 ermessensfehlerfrei möglich. Nach der Verwaltungspraxis des Beklagten ist auch nicht festzustellen, dass dieser die unerlaubte Tätigkeit in Kenntnis der Untersagungsbefugnis geduldet hätte.

42

d) Weitere Anspruchsgrundlagen für eine Staatshaftung kommen nicht in Betracht. Eine über die Amtshaftung und den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hinausgehende Haftung für eine rechtswidrige Inanspruchnahme als Störer sieht das bayerische Landesrecht nicht vor (vgl. Art. 70 ff. des Polizeiaufgabengesetzes - BayPAG).

43

5. Andere Umstände, aus denen sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin ergeben könnte, sind nicht erkennbar.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 rechtswidrig gewesen ist.

Der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums xxx vom 02.04.2009 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Beklagte erließ gegen den Kläger mit Bescheid vom 14.02.2008 anlässlich des Bundesligaspiels VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC am 23.02.2008 im Gottlieb-Daimler-Stadion für bestimmte räumliche Bereiche in Stuttgart-Mitte, Stuttgart-Bad Cannstatt und Stuttgart-Untertürkheim ein Aufenthaltsverbot für die Zeit vom 22.02.2008, 22.00 Uhr, bis 24.02.2008, 6.00 Uhr (Nr. 1 des Bescheids). Die Beklagte ordnete des Weiteren die sofortige Vollziehung des Bescheids an (Nr. 2) und drohte dem Kläger für den Fall, dass er sich entgegen der Verfügung im genannten Bereich aufhalten sollte, die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch den Polizeivollzugsdienst an (Nr. 3). Zur Begründung führte die Beklagte aus, nach polizeilichen Erkenntnissen sei bei dem Spiel mit gegenseitigen Provokationen und mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der beiden Vereine zu rechnen. Zwischen den Fangruppen, die den beiden Vereinen nahestünden, sei es bereits in der Vergangenheit häufig zu Feindseligkeiten gekommen, die von Provokationen und Beleidigungen bis hin zu Sachbeschädigungen und tätlichen Auseinandersetzungen gereicht hätten. So sei es bereits im Vorfeld des Bundesligaspiels VfB Stuttgart gegen Hertha BSC Berlin am 23.02.2008 zu der Ankündigung eines „Überfalls“ in Stuttgart von KSC-Fans gekommen. Die Ultragruppierung „Commando xxx“ aus dem Umfeld des VfB Stuttgart habe im Internet im Vorfeld des Spiels geschrieben „...der Hass zwischen Stuttgartern und Karlsruhern ist ... einer der ausgeprägtesten und intensivsten in Deutschland.“ Gegen 20.00 Uhr hätten sich vor dem Spiel in der Mercedes-Benz-Straße ca. 60 teilweise vermummte Personen der Stuttgarter Problemfanszene versammelt, welche offensichtlich den zu erwartenden Karlsruher Fanpulk angreifen wollten. Hierzu habe die Gruppe nach konspirativem Verhalten versucht, in Richtung des Gästeeingangs zu gelangen. Die Gruppe habe zwei Fan-Gästebusse angegriffen, von denen einer bereits abgestellt gewesen sei und der andere gerade verkehrsbedingt habe warten müssen. Dieser Bus sei mit ca. 50 Berliner Fans besetzt gewesen, die traditionell eine Fanfreundschaft mit den Anhängern des Karlsruher SC pflegten. Hierbei seien die Busse mit Flaschen beworfen, eingeschlagen und eingetreten worden. Am Bus sei infolge von mindestens zwei Flaschen, die den Bus getroffen hätten, ein erheblicher Sachschaden durch Eindellungen entstanden. Die Gruppe habe bei den Gewalttätigkeiten „Hurra, Hurra, die Stuttgarter sind da!“ skandiert. Die Gruppe habe zunächst mittels einer Polizeikette von weiteren Gewalttätigkeiten abgehalten werden können. In der Folgezeit hätten noch Personen aus der Gruppe versucht, weiter in Richtung Verbindungsweg (zum Gästeblock) zu gelangen. Erst als die Polizeipräsenz zu stark geworden sei, seien die Personen wieder auf die Benzstraße geflüchtet in Richtung Mercedesstraße. Dort hätten 43 Personen aus der Gruppe festgenommen werden können. Alle Festgenommenen seien dem Bereitschaftsrichter vorgeführt worden, welcher gegen 29 Personen einen längerfristigen Gewahrsam angeordnet habe. Auch in der Nachspielphase sei es zu gegenseitigen Beleidigungen, verbalen Provokationen und Bierbecherwürfen zwischen Stuttgarter und Karlsruher/Berliner Fans gekommen. Nach polizeilicher Erfahrung sei auch die Stuttgarter Problemfanszene bei Spielen gegen Karlsruhe oder auch bei Spielen, bei denen sich Fans des Karlsruher SC einfänden, stark vertreten und suchten die Auseinandersetzung. Der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“, was sich durch entsprechende Vorfälle zeigte. Insbesondere sei zu erwarten, dass der Kläger sich an entsprechenden Auseinandersetzungen aktiv beteilige oder dass er diese Auseinandersetzungen aktiv unterstütze. So habe er „sich mehrfach an Drittortschlägereien, zuletzt am 17. Februar 2006 an der Tank- und Rastanlage Baden-Baden, wobei Eisenstangen und Holzlatten als "Waffen" eingesetzt wurden.“ Das Aufenthaltsverbot erstrecke sich auf die Bereiche, in denen es nach polizeilicher Erfahrung insbesondere auch unter Berücksichtigung der Anreiseroute der Fans des Karlsruher SC zu Auseinandersetzungen kommen könne. Die Innenstadt sei deshalb erfasst, da sich Fans, die früher anreisten, erfahrungsgemäß im Bereich der Innenstadt aufhielten. Die zeitliche Beschränkung umfasse das Zeitfenster, in dem zu erwarten sei, dass sich bereits Fans des Karlsruher SC in Stuttgart aufhielten. Das Aufenthaltsverbot sei geeignet und erforderlich, um die Beteiligung des Klägers an weiteren tätlichen Auseinandersetzungen zu verhindern, vor allem auch, da durch die Auseinandersetzungen auch unbeteiligte Dritte gefährdet würden. Ein anderes, weniger beeinträchtigendes Mittel, das diesen Zweck ebenfalls erreichte, sei nicht ersichtlich. Die zeitliche und räumliche Beschränkung würde das Recht des Klägers auf Freizügigkeit nur unwesentlich einschränken. Die Androhung eines Zwangsgelds sei untunlich, da die Durchsetzung des Aufenthaltsverbots zur Vermeidung von gewalttätigen Auseinandersetzungen zum Schutz unbeteiligter friedlicher Fußballfans bzw. der Ordnungskräfte unverzüglich erfolgen müsse und nicht bis zur Beitreibung eines möglichen Zwangsgelds aufgeschoben werden könne. Insoweit könne die Verfügung nur durch die Anwendung unmittelbaren Zwangs durchgesetzt werden.
Der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 wurde dem Kläger am 22.02.2008, 16.26 Uhr, zugestellt.
Mit Schreiben vom 04.03.2008 erhob der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, die Begründung im angefochtenen Bescheid sei für ihn insofern nicht relevant, als er bei dem genannten Spiel VfB Stuttgart gegen Hertha BSC Berlin nicht anwesend gewesen sei. Überdies habe es an dem im Bescheid genannten Spieldatum - 23.02.2008 - diese Begegnung gar nicht gegeben. Im Übrigen treffe es nicht zu, dass er sich mehrfach an Drittortschlägereien beteiligt habe. Der Vorfall vom 17.02.2006 sei rechtskräftig nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Der Eintrag „Gewalttäter Sport“ beruhe auf einer angeblichen Sachbeschädigung. Auch dieses Verfahren sei eingestellt worden. Mit Schreiben vom 12.03.2008 legte die Beklagte den Widerspruch dem Regierungspräsidium xxx vor. Sie führte aus, der Widerspruch sei zulässig, jedoch nicht begründet.
Am 25.07.2008 hat der Kläger gegen die Beklagte Klage erhoben mit dem Ziel, festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 rechtswidrig gewesen ist. Zur Begründung führt er aus, die Klage sei zulässig, insbesondere bestehe unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation infolge der diskriminierenden Wirkung des Bescheids der Beklagten ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Der Bescheid sei aus mehreren Gründen rechtswidrig gewesen. Das Aufenthaltsverbot habe nicht auf die Generalklausel der §§ 1, 3 des Polizeigesetzes für Baden-Württemberg (PolG) gestützt werden dürfen, der Bescheid sei zu unbestimmt und der Kläger sei nicht Störer gewesen. Im Übrigen habe es wegen des gegen den Kläger bundesweit verhängten Stadionverbots an der Notwendigkeit des Aufenthaltsverbots gefehlt. Soweit das Aufenthaltsverbot schließlich zahlreiche private bzw. privatrechtlich organisierte Einrichtungen und Orte (z. B. die Hans-Martin-Schleyer-Halle, die Porsche-Arena, das Carl-Benz-Center, das Gottlieb-Daimler-Stadion, das Robert-Schlienz-Stadion, den Polizeisportverein) und Bahnhöfe (Stuttgart-Mitte, Stuttgart-Untertürkheim, Stuttgart-Bad Cannstatt) betroffen habe, habe die Beklagte zum einen § 2 Abs. 2 PolG außer Acht gelassen und bezüglich der Bahnhöfe die Zuständigkeit des Bundesgrenzschutzes verkannt.
Während des Klageverfahrens hat das Regierungspräsidium xxx - Landespolizeidirektion - mit Bescheid vom 02.04.2009 den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 als unzulässig zurückgewiesen und eine Widerspruchsgebühr in Höhe von 75 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat das Regierungspräsidium ausgeführt, dem Kläger fehle das Rechtsschutzbedürfnis; der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 habe sich durch Zeitablauf erledigt. Der Widerspruchsbescheid ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.04.2009 zugestellt worden.
Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.04.2009, beim Gericht eingegangen am 17.04.2009, die Klage auf den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums xxx vom 02.04.2009 erweitert. Zur Begründung der Klageerweiterung führt der Kläger aus, der Umstand, dass sich das Aufenthaltsverbot erledigt habe, ändere nichts an der Zulässigkeit seines Widerspruchs. Der Widerspruch sei - entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 - erhoben worden. Der Umstand, dass im Falle eines erledigten Verwaltungsakts nicht mehr über den Widerspruch zu entscheiden sei, könne nicht dazu führen, dem Kläger Kosten für den gleichwohl erlassenen Widerspruchsbescheid aufzuerlegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Klagebegründung in den Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 25.07.2008, 27.11.2008, 15.01.2009, 15.04.2009 und 25.08.2009 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
1. festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 rechtswidrig gewesen ist;
2. den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums xxx vom 02.04.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Klagen abzuweisen.
11 
Zur Begründung hat sie zunächst mit Schriftsatz vom 08.09.2008 ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Fortsetzungsfeststellungsklage seien nicht gegeben. Es fehle an einer Beschwer, da eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben und das Interesse wegen veränderter Umstände objektiv erloschen sei. Mit Schriftsatz vom 04.09.2009 hat sie weiter ausgeführt, aufgrund der nunmehrigen Spezialregelung in § 27 a PolG müsse der Kläger nicht mit dem Erlass einer mit dem Bescheid vom 14.02.2008 identischen Verfügung rechnen. Im Übrigen habe eine Nachfrage beim Polizeipräsidium xxx ergeben, dass der Kläger nach wie vor aktiv in der sogenannten „Ultra-Szene“ sei. Die Erkenntnisse, dass der Kläger eine Führungspersönlichkeit der xxx Ultra-Szene sei, hätten in den letzten Jahren Beamte des Polizeipräsidiums xxx gewonnen. Der Kläger sei am 01.09.2009 durch das Amtsgericht xxx in erster Instanz wegen Körperverletzung und Hausfriedensbruchs im Rahmen der Bundesligabegegnung Karlsruher SC gegen den Hamburger SV am 07.02.2009 zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu 70 EUR verurteilt worden; das Urteil sei noch nicht rechtskräftig. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung in den Schriftsätzen der Beklagten vom 08.09.2008 und 04.09.2009 verwiesen.
12 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle der Kammer einverstanden erklärt.
13 
Die einschlägigen Akten der Beklagten sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums xxx liegen vor.

Entscheidungsgründe

 
14 
Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ist der Berichterstatter befugt, anstelle der Kammer zu entscheiden (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO).
15 
Die Klagen sind bezüglich beider Klageanträge zulässig und begründet. Es liegt eine objektive Klagenhäufung vor, die in einem Klageverfahren verfolgt werden kann (§ 44 VwGO)
16 
Das mit dem Klageantrag Nr. 1 verfolgte Begehren ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Nach dieser Vorschrift spricht das Gericht im Falle der Erledigung des angefochtenen Verwaltungsakts nach Klageerhebung auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Erledigt sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung - vorliegend trat die Erledigung durch Zeitablauf (§ 43 Abs. 2 LVwVfG) am 24.02.2008, 6.00 Uhr, ein -, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nach ganz herrschender Rechtsprechung entsprechende Anwendung (vgl. BVerwG, Urte. v. 24.02.1961 - IV C 111.60 -, BVerwGE 12, 87, v. 09.02.1967 - 1 C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 u. 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226; neuerdings vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassen unter Hinweis auf die Möglichkeit der allgemeinen Feststellungsklage: Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203, 208 f. = VBlBW 2000, 22; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 -, VBlBW 2004, 214). Diese sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999, a.a.O.). Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999, a.a.O.).
17 
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht in Fällen einer Wiederholungsgefahr (vgl. Kuntze, in: Bader/Funke-Kaiser/Kunze/v. Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 113 RdNr. 67), zur Rehabilitierung bei - vorrangig polizeilichen - Eingriffen in geschützte Grundrechtspositionen (vgl. BVerwG, Urte. v. 17.10.1990 - 1 C 12.88 -, BVerwGE 87, 23 u. 23.03.1999 - 1 C 12/97 -, NVwZ 1999, 991) und nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, NJW 2004, 2510 = DVBl. 2005, 822) im Versammlungsrecht, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt. Der Kläger beruft sich zu Recht auf ein Rehabilitationsinteresse. Der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 erging im Bereich des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts und stellte eine Störereigenschaft des Klägers fest. Die Beklagte ging davon aus, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und wollte wohl durch den nicht vollständigen Satz „sich mehrfach an Drittortschlägereien, zuletzt am 17. Februar 2006 an der Tank- und Rastanlage Baden-Baden, wobei Eisenstangen und Holzlatten als "Waffen" eingesetzt wurden“ (Seite 3, 6. Absatz des Bescheids) zum Ausdruck bringen, er habe sich an sogenannten Drittortschlägereien (vgl. dazu Beschl. der erkennenden Kammer v. 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, VBlBW 2007, 67) beteiligt (und sich womöglich auch strafbar gemacht). Der Bescheid beruht daher, auch wenn er dies nicht wörtlich zum Ausdruck bringt, aus der Sicht des maßgebenden Empfängerhorizonts auf dem Vorwurf, der Kläger habe sich bei Drittortschlägereien strafbar gemacht. Hieraus folgt eine diskriminierende Wirkung, was ein Rehabilitationsinteresse begründet (vgl. Wolff/Decker, VwGO/VwVfG, 2. Aufl., § 113 VwGO, RdNr. 112). Hinzu kommt der - nicht substantiiert dargelegte - Vorwurf der Beklagten, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“, was die diskriminierende Wirkung des Bescheids verstärkt und den grundrechtlichen Ehrschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigt (vgl. Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, 2. Aufl., RdNr. 654). Schließlich ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg anerkannt, dass bei polizeilichen Maßnahmen, die sich typischerweise schnell erledigen, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art auch unabhängig von einer gewichtigen Grundrechtsverletzung sich dann ergeben kann, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist; dabei kann ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns dem Betroffenen reflexhaft zugute kommen, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses herabgesetzt werden (vgl. Urt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431). Bei dem verfügten Aufenthaltsverbot gegenüber dem Kläger anlässlich des Bundesligaspiels VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC am 23.02.2008 handelt es sich, wie der „Antrag auf Erlass von Platzverweise/Aufenthaltsverbote“ des Polizeipräsidiums xxx vom 12.02.2008 an die Beklagte anlässlich dieses Spiels zeigt, nicht um eine Einzelmaßnahme. Dieser Antrag bezieht sich auf 11 namentlich genannte „Problemfans“ des VfB Stuttgart sowie auf 4 namentlich genannte „Problemfans“ des Karlsruher SC, darunter der Kläger. Der genannte Antrag des Polizeipräsidiums xxx erweist sich daher in der Umsetzung durch die Beklagte in Gestalt von Einzelverfügungen gegenüber mehreren „Problemfans“ als „komplexer Maßnahmenkatalog“.
18 
Das Rehabilitationsinteresse ist nicht dadurch entfallen, dass der Kläger die Rehabilitation auf andere Weise erreicht oder das betroffene Verhalten - Fan (und Vereinsmitglied) des Karlsruher SC - vollständig aufgegeben hätte. Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 04.09.2009 ausgeführt, der Kläger sei nach den Erkenntnissen des Polizeipräsidiums xxx nach wie vor in der sogenannten „Ultra-Szene“ aktiv. Dies hat der Kläger nicht bestritten.
19 
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 ist rechtswidrig gewesen. Es kann offen bleiben, ob die Rechtswidrigkeit bereits daraus folgt, dass die polizeiliche Generalklausel (§§ 1 und 3 PolG) als Ermächtigungsgrundlage ausscheidet (vgl. Beschl. der erkennenden Kammer v. 08.06.2006, a.a.O., mit Anm. Finger, S. 70). Die Rechtswidrigkeit ergibt sich jedenfalls aus dem Umstand, dass die dem Bescheid zugrundegelegte Feststellung des Sachverhalts die von der Beklagten bejahte konkrete Gefahr der Störung der öffentlichen Sicherheit durch den Kläger („weitere tätliche Auseinandersetzungen“, S. 3, 8. Absatz des Bescheids) nicht zu tragen vermag. Die auf den Kläger bezogenen Ausführungen im Bescheid erschöpfen sich in den knappen und überdies nicht vollständig ausformulierten Darlegungen im 6. Absatz auf Seite 3 des Bescheids. Die Behauptung, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“, ist nicht nachvollziehbar dargelegt, sondern lediglich damit begründet worden, dies zeige sich durch „entsprechende Vorfälle“. Die „entsprechenden Vorfälle“ sind aber weder im genannten 6. Absatz noch an anderer Stelle des Bescheids benannt. Soweit die Beklagte prognostiziert hat, es sei zu erwarten, dass sich der Kläger an „entsprechenden Auseinandersetzungen“ (Satz 2 des 6. Absatzes) aktiv beteilige oder dass er diese Auseinandersetzungen aktiv unterstütze, wird nicht hinreichend ersichtlich, um was für „entsprechende Auseinandersetzungen“ es sich handeln soll. Wenn die Beklagte mit dem sich an diesen Satz anschließenden, unvollständig formulierten Satz als Regelbeispiel einer Auseinandersetzung Drittortschlägereien, zuletzt eine solche am 17.02.2006 an der Tank- und Rastanlage Baden-Baden, hervorhebt, so lässt sich aus diesem Umstand, wie die erkennende Kammer bereits im genannten Beschluss vom 08.06.2006 (a.a.O.) ausgeführt hat, gerade nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit herleiten, dass der betreffende Fußballfan bewusst im engeren oder weiteren Umfeld von Stadien die tätliche Auseinandersetzung mit anderen Fußballfans sucht. Dass es sich im Falle des Klägers ausnahmsweise anders verhält, ist im Bescheid der Beklagten nicht ausgeführt. Aus dem Bescheid erschließt sich daher mangels unzureichender Wiedergabe eines Lebenssachverhalts nicht eine das Aufenthaltsverbot rechtfertigende erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit (vgl. insoweit auch den Beschl. der erkennenden Kammer v. 05.03.2009 - 5 K 756/09 -, Juris, zu einem ebenfalls von der Beklagten verfügten Aufenthaltsverbot wegen häuslicher Gewalt).
20 
Das mit dem Klageantrag Nr. 2 verfolgte Begehren ist als Anfechtungsklage zulässig und begründet. Das Klageziel - Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums xxx vom 02.04.2009 - erstreckt sich auch auf die Gebührenentscheidung (§ 24 Satz 2 LGebG).
21 
Die Beklagte ist passivlegitimiert. Wäre der Widerspruchsbescheid vor Erledigung des Bescheids der Beklagten vom 14.02.2008 ergangen und hätte der Kläger auch noch vor Erledigung des angegriffenen Aufenthaltsverbots Klage erhoben, wäre Gegenstand der Anfechtungsklage der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 in Gestalt des betreffenden Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums xxx gewesen (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Eine (ursprüngliche) Anfechtungsklage wäre ebenfalls gegen die Beklagte zu richten gewesen (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO); hinsichtlich der nach § 24 Satz 2 LGebG kraft Gesetzes mit angefochtenen Widerspruchsgebühr wäre die Beklagte gesetzliche Prozessstandschafterin gewesen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.12.1965 - III 625/65 -, ESVGH 16, 89; Urt. v. 10.09.2001 - 1 S 1596/00 -, NVwZ-RR 2002, 411 = VBlBW 2002, 530). Hätte sich die ursprüngliche Anfechtungsklage hinsichtlich des Ausgangsbescheids erledigt, wäre die Beklagte weiterhin Prozessstandschafterin bezüglich des Klageverfahrens gegen die Widerspruchsgebühr geblieben (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - A 14 S 2616/90 -, KStZ 1991, 110; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 29.08.1996 - 7 C 51/84 -, NVwZ 1987, 215, wonach der Rechtsträger der Ausgangsbehörde der richtige Beklagte auch dann bleibt, wenn im Laufe des Klageverfahrens die Klage auf den verschlechternden Teil - reformatio in peius - des Widerspruchsbescheids beschränkt wird). Vor dem Hintergrund dieser Sachverhalte ist es daher gerechtfertigt, im hier vorliegenden Fall des Ergehens eines Widerspruchsbescheids nach Erhebung einer sogenannten nachgezogenen Fortsetzungsfeststellungsklage die Ausgangsbehörde bezüglich des Widerspruchsbescheids als passivlegitimiert zu erachten.
22 
Der Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Widerspruchsbehörde hätte nach der Erledigung des Aufenthaltsverbots den Widerspruch des Klägers nicht als unzulässig mit der Folge der Kostentragungspflicht zurückweisen dürfen. Im Widerspruchsbescheid ist in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsprechung ausgeführt, dass es nicht Sache der Verwaltung (und damit auch der Widerspruchsbehörde) ist, verbindlich darüber zu entscheiden, ob ein erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist (vgl. BVerwG, Urte. v. 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226, 229 = NJW 1989, 2486 u. v. 12.04.2001 - 2 C 10/00 -, NVwZ 2001, 1288; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.1990 - 9 S 707/89 -, VBlBW 1991, 148, 150). Erledigt sich der Ausgangsbescheid, dann erledigt sich auch das Vorverfahren, worauf es nach der genannten Rechtsprechung formlos einzustellen ist (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v. Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 73 RdNr. 7; vgl. zur Tenorierung Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, 11. Aufl., § 42 RdNr. 33). Ein gleichwohl ergehender Widerspruchsbescheid, der wie hier den Widerspruch zurückweist (und dabei den Eindruck erweckt, der - erledigte - Verwaltungsakt sei bestandskräftig geworden), ist im Klageverfahren aufzuheben (vgl. BVerwG, Urte. v. 20.01.1989 u. v. 12.04.2001, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.1990, a.a.O.; Pietzner/Ronellenfisch, a.a.O., § 31 RdNr. 29). Die Möglichkeit des Erlasses eines Fortsetzungsfeststellungswiderspruchsbescheids (so teilweise die Literatur, vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 27 RdNr. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 73 RdNr. 9; Geis, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 73 RdNr. 39 [a. A. dagegen Wolf, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 RdNr. 318]) hat das Regierungspräsidium xxx mit den Ausführungen auf Seite 3 des Widerspruchsbescheids, wonach die Verwaltung nicht verbindlich entscheiden dürfe, ob ein erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, der Sache nach zu Recht verneint. Die Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig mangels Rechtsschutzinteresses ist zwar für sich betrachtet schlüssig, denn die Erledigung eines Verwaltungsakts führt zum Wegfall der Beschwer des Adressaten des Verwaltungsakts und folglich zur Unzulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen den erledigten Verwaltungsakt mangels Klage- oder Widerspruchsbefugnis. Die mit der Zurückweisung des Widerspruchs verknüpfte (zwingende) Rechtsfolge der Kostentragungspflicht des Widerspruchsführers (und so auch hier des Klägers) erweist sich jedoch - über den rechtswidrigen Anschein, der erledigte Ausgangsbescheid sei bestandskräftig geworden, hinaus - auch unter Berücksichtigung des § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG als rechtsfehlerhaft. Hiernach wird im Falle der Erledigung des Widerspruchs auf andere Weise über die Kosten nach billigem Ermessen entschieden, wobei der bisherige Sachstand zu berücksichtigen ist. Eine Erledigung des Widerspruchs auf „andere Weise“ liegt dann vor, wenn sich das Widerspruchsverfahren nicht durch einen Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid oder durch Rücknahme des Widerspruchs erledigt (vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 27 RdNr. 19). § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG regelt daher in Baden-Württemberg für das Vorverfahren Vergleichbares wie § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Diesen Gedanken hat der Sachbearbeiter des Widerspruchsverfahrens beim Regierungspräsidium xxx zunächst in seiner E-Mail vom 28.11.2008 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers im Ansatz zu Recht aufgegriffen, ohne allerdings § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG zu erwähnen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers hierauf in seiner E-Mail vom 28.11.2008 an das Regierungspräsidium xxx den Widerspruch weder zurückgenommen noch das Widerspruchsverfahren für erledigt erklärt hat, sondern im Hinblick auf die vorliegende Fortsetzungsfeststellungsklage um eine Zurückstellung der Widerspruchsentscheidung und damit nicht sogleich um eine Entscheidung über den Widerspruch gebeten hat, hat der Sachbearbeiter des Widerspruchsverfahrens in seiner E-Mail vom 30.03.2009 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers seine frühere Auffassung geändert und ist zu der rechtsfehlerhaften Überzeugung gelangt, in einem Widerspruchsbescheid den Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen, obwohl damals - am 30.03.2009 - über die Fortsetzungsfeststellungsklage noch nicht entschieden war. Die Vorgehensweise der Widerspruchsbehörde - den Widerspruch mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig zurückzuweisen - wäre allenfalls dann gerechtfertigt gewesen, wenn der Kläger keine nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben und auf einer Entscheidung der Widerspruchsbehörde bestanden hätte, weil seiner Auffassung nach keine Erledigung eingetreten ist oder er eine Fortsetzungsfeststellung (durch die Widerspruchsbehörde) für statthaft gehalten hätte (vgl. Funke-Kaiser, a.a.O., § 73 RdNr. 7; Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 43 RdNr. 33). Die hier jedoch erfolgte verfahrensfehlerhafte Vorgehensweise der Widerspruchsbehörde beschwert den Kläger - sie nimmt ihm die Möglichkeit, seine Aufwendungen auf der Grundlage des § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG nach billigem Ermessen erstattet zu erhalten - und verletzt ihn deshalb in seinen Rechten (Art. 2 Abs. 1 GG), weswegen der Widerspruchsbescheid einschließlich der festgesetzten Widerspruchsgebühr in Höhe von 75 EUR aufzuheben ist.
23 
Zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits zwischen den Beteiligten (oder zwischen dem Kläger und dem Land Baden-Württemberg) im Falle einer Entscheidung nach § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG durch das Regierungspräsidium xxx weist das Gericht darauf hin, dass § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG keine Rechtsgrundlage für eine Kostenentscheidung darstellt, sondern eine solche Entscheidung voraussetzt. Im Falle der Erledigung eines Widerspruchs auf andere Weise kommt auf der Grundlage des § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG nur eine Erstattung von Aufwendungen des Widerspruchsführers und/oder der Ausgangsbehörde nach billigem Ermessen in Betracht, während die Frage, ob die Widerspruchsbehörde Kosten des Widerspruchsverfahrens (durch Gebührenbescheid) geltend machen kann, sich nach den Bestimmungen des Landesgebührengesetzes beantwortet (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 09.03.2001 - 4 K 4050/00 -, VBlBW 2002, 81).
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Es besteht keine Veranlassung, die Berufung zuzulassen (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO).

Gründe

 
14 
Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ist der Berichterstatter befugt, anstelle der Kammer zu entscheiden (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO).
15 
Die Klagen sind bezüglich beider Klageanträge zulässig und begründet. Es liegt eine objektive Klagenhäufung vor, die in einem Klageverfahren verfolgt werden kann (§ 44 VwGO)
16 
Das mit dem Klageantrag Nr. 1 verfolgte Begehren ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Nach dieser Vorschrift spricht das Gericht im Falle der Erledigung des angefochtenen Verwaltungsakts nach Klageerhebung auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Erledigt sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung - vorliegend trat die Erledigung durch Zeitablauf (§ 43 Abs. 2 LVwVfG) am 24.02.2008, 6.00 Uhr, ein -, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nach ganz herrschender Rechtsprechung entsprechende Anwendung (vgl. BVerwG, Urte. v. 24.02.1961 - IV C 111.60 -, BVerwGE 12, 87, v. 09.02.1967 - 1 C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 u. 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226; neuerdings vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassen unter Hinweis auf die Möglichkeit der allgemeinen Feststellungsklage: Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203, 208 f. = VBlBW 2000, 22; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 -, VBlBW 2004, 214). Diese sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999, a.a.O.). Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999, a.a.O.).
17 
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht in Fällen einer Wiederholungsgefahr (vgl. Kuntze, in: Bader/Funke-Kaiser/Kunze/v. Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 113 RdNr. 67), zur Rehabilitierung bei - vorrangig polizeilichen - Eingriffen in geschützte Grundrechtspositionen (vgl. BVerwG, Urte. v. 17.10.1990 - 1 C 12.88 -, BVerwGE 87, 23 u. 23.03.1999 - 1 C 12/97 -, NVwZ 1999, 991) und nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, NJW 2004, 2510 = DVBl. 2005, 822) im Versammlungsrecht, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt. Der Kläger beruft sich zu Recht auf ein Rehabilitationsinteresse. Der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 erging im Bereich des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts und stellte eine Störereigenschaft des Klägers fest. Die Beklagte ging davon aus, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und wollte wohl durch den nicht vollständigen Satz „sich mehrfach an Drittortschlägereien, zuletzt am 17. Februar 2006 an der Tank- und Rastanlage Baden-Baden, wobei Eisenstangen und Holzlatten als "Waffen" eingesetzt wurden“ (Seite 3, 6. Absatz des Bescheids) zum Ausdruck bringen, er habe sich an sogenannten Drittortschlägereien (vgl. dazu Beschl. der erkennenden Kammer v. 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, VBlBW 2007, 67) beteiligt (und sich womöglich auch strafbar gemacht). Der Bescheid beruht daher, auch wenn er dies nicht wörtlich zum Ausdruck bringt, aus der Sicht des maßgebenden Empfängerhorizonts auf dem Vorwurf, der Kläger habe sich bei Drittortschlägereien strafbar gemacht. Hieraus folgt eine diskriminierende Wirkung, was ein Rehabilitationsinteresse begründet (vgl. Wolff/Decker, VwGO/VwVfG, 2. Aufl., § 113 VwGO, RdNr. 112). Hinzu kommt der - nicht substantiiert dargelegte - Vorwurf der Beklagten, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“, was die diskriminierende Wirkung des Bescheids verstärkt und den grundrechtlichen Ehrschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigt (vgl. Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, 2. Aufl., RdNr. 654). Schließlich ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg anerkannt, dass bei polizeilichen Maßnahmen, die sich typischerweise schnell erledigen, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art auch unabhängig von einer gewichtigen Grundrechtsverletzung sich dann ergeben kann, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist; dabei kann ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns dem Betroffenen reflexhaft zugute kommen, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses herabgesetzt werden (vgl. Urt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431). Bei dem verfügten Aufenthaltsverbot gegenüber dem Kläger anlässlich des Bundesligaspiels VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC am 23.02.2008 handelt es sich, wie der „Antrag auf Erlass von Platzverweise/Aufenthaltsverbote“ des Polizeipräsidiums xxx vom 12.02.2008 an die Beklagte anlässlich dieses Spiels zeigt, nicht um eine Einzelmaßnahme. Dieser Antrag bezieht sich auf 11 namentlich genannte „Problemfans“ des VfB Stuttgart sowie auf 4 namentlich genannte „Problemfans“ des Karlsruher SC, darunter der Kläger. Der genannte Antrag des Polizeipräsidiums xxx erweist sich daher in der Umsetzung durch die Beklagte in Gestalt von Einzelverfügungen gegenüber mehreren „Problemfans“ als „komplexer Maßnahmenkatalog“.
18 
Das Rehabilitationsinteresse ist nicht dadurch entfallen, dass der Kläger die Rehabilitation auf andere Weise erreicht oder das betroffene Verhalten - Fan (und Vereinsmitglied) des Karlsruher SC - vollständig aufgegeben hätte. Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 04.09.2009 ausgeführt, der Kläger sei nach den Erkenntnissen des Polizeipräsidiums xxx nach wie vor in der sogenannten „Ultra-Szene“ aktiv. Dies hat der Kläger nicht bestritten.
19 
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 ist rechtswidrig gewesen. Es kann offen bleiben, ob die Rechtswidrigkeit bereits daraus folgt, dass die polizeiliche Generalklausel (§§ 1 und 3 PolG) als Ermächtigungsgrundlage ausscheidet (vgl. Beschl. der erkennenden Kammer v. 08.06.2006, a.a.O., mit Anm. Finger, S. 70). Die Rechtswidrigkeit ergibt sich jedenfalls aus dem Umstand, dass die dem Bescheid zugrundegelegte Feststellung des Sachverhalts die von der Beklagten bejahte konkrete Gefahr der Störung der öffentlichen Sicherheit durch den Kläger („weitere tätliche Auseinandersetzungen“, S. 3, 8. Absatz des Bescheids) nicht zu tragen vermag. Die auf den Kläger bezogenen Ausführungen im Bescheid erschöpfen sich in den knappen und überdies nicht vollständig ausformulierten Darlegungen im 6. Absatz auf Seite 3 des Bescheids. Die Behauptung, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“, ist nicht nachvollziehbar dargelegt, sondern lediglich damit begründet worden, dies zeige sich durch „entsprechende Vorfälle“. Die „entsprechenden Vorfälle“ sind aber weder im genannten 6. Absatz noch an anderer Stelle des Bescheids benannt. Soweit die Beklagte prognostiziert hat, es sei zu erwarten, dass sich der Kläger an „entsprechenden Auseinandersetzungen“ (Satz 2 des 6. Absatzes) aktiv beteilige oder dass er diese Auseinandersetzungen aktiv unterstütze, wird nicht hinreichend ersichtlich, um was für „entsprechende Auseinandersetzungen“ es sich handeln soll. Wenn die Beklagte mit dem sich an diesen Satz anschließenden, unvollständig formulierten Satz als Regelbeispiel einer Auseinandersetzung Drittortschlägereien, zuletzt eine solche am 17.02.2006 an der Tank- und Rastanlage Baden-Baden, hervorhebt, so lässt sich aus diesem Umstand, wie die erkennende Kammer bereits im genannten Beschluss vom 08.06.2006 (a.a.O.) ausgeführt hat, gerade nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit herleiten, dass der betreffende Fußballfan bewusst im engeren oder weiteren Umfeld von Stadien die tätliche Auseinandersetzung mit anderen Fußballfans sucht. Dass es sich im Falle des Klägers ausnahmsweise anders verhält, ist im Bescheid der Beklagten nicht ausgeführt. Aus dem Bescheid erschließt sich daher mangels unzureichender Wiedergabe eines Lebenssachverhalts nicht eine das Aufenthaltsverbot rechtfertigende erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit (vgl. insoweit auch den Beschl. der erkennenden Kammer v. 05.03.2009 - 5 K 756/09 -, Juris, zu einem ebenfalls von der Beklagten verfügten Aufenthaltsverbot wegen häuslicher Gewalt).
20 
Das mit dem Klageantrag Nr. 2 verfolgte Begehren ist als Anfechtungsklage zulässig und begründet. Das Klageziel - Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums xxx vom 02.04.2009 - erstreckt sich auch auf die Gebührenentscheidung (§ 24 Satz 2 LGebG).
21 
Die Beklagte ist passivlegitimiert. Wäre der Widerspruchsbescheid vor Erledigung des Bescheids der Beklagten vom 14.02.2008 ergangen und hätte der Kläger auch noch vor Erledigung des angegriffenen Aufenthaltsverbots Klage erhoben, wäre Gegenstand der Anfechtungsklage der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 in Gestalt des betreffenden Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums xxx gewesen (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Eine (ursprüngliche) Anfechtungsklage wäre ebenfalls gegen die Beklagte zu richten gewesen (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO); hinsichtlich der nach § 24 Satz 2 LGebG kraft Gesetzes mit angefochtenen Widerspruchsgebühr wäre die Beklagte gesetzliche Prozessstandschafterin gewesen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.12.1965 - III 625/65 -, ESVGH 16, 89; Urt. v. 10.09.2001 - 1 S 1596/00 -, NVwZ-RR 2002, 411 = VBlBW 2002, 530). Hätte sich die ursprüngliche Anfechtungsklage hinsichtlich des Ausgangsbescheids erledigt, wäre die Beklagte weiterhin Prozessstandschafterin bezüglich des Klageverfahrens gegen die Widerspruchsgebühr geblieben (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - A 14 S 2616/90 -, KStZ 1991, 110; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 29.08.1996 - 7 C 51/84 -, NVwZ 1987, 215, wonach der Rechtsträger der Ausgangsbehörde der richtige Beklagte auch dann bleibt, wenn im Laufe des Klageverfahrens die Klage auf den verschlechternden Teil - reformatio in peius - des Widerspruchsbescheids beschränkt wird). Vor dem Hintergrund dieser Sachverhalte ist es daher gerechtfertigt, im hier vorliegenden Fall des Ergehens eines Widerspruchsbescheids nach Erhebung einer sogenannten nachgezogenen Fortsetzungsfeststellungsklage die Ausgangsbehörde bezüglich des Widerspruchsbescheids als passivlegitimiert zu erachten.
22 
Der Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Widerspruchsbehörde hätte nach der Erledigung des Aufenthaltsverbots den Widerspruch des Klägers nicht als unzulässig mit der Folge der Kostentragungspflicht zurückweisen dürfen. Im Widerspruchsbescheid ist in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsprechung ausgeführt, dass es nicht Sache der Verwaltung (und damit auch der Widerspruchsbehörde) ist, verbindlich darüber zu entscheiden, ob ein erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist (vgl. BVerwG, Urte. v. 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226, 229 = NJW 1989, 2486 u. v. 12.04.2001 - 2 C 10/00 -, NVwZ 2001, 1288; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.1990 - 9 S 707/89 -, VBlBW 1991, 148, 150). Erledigt sich der Ausgangsbescheid, dann erledigt sich auch das Vorverfahren, worauf es nach der genannten Rechtsprechung formlos einzustellen ist (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v. Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 73 RdNr. 7; vgl. zur Tenorierung Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, 11. Aufl., § 42 RdNr. 33). Ein gleichwohl ergehender Widerspruchsbescheid, der wie hier den Widerspruch zurückweist (und dabei den Eindruck erweckt, der - erledigte - Verwaltungsakt sei bestandskräftig geworden), ist im Klageverfahren aufzuheben (vgl. BVerwG, Urte. v. 20.01.1989 u. v. 12.04.2001, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.1990, a.a.O.; Pietzner/Ronellenfisch, a.a.O., § 31 RdNr. 29). Die Möglichkeit des Erlasses eines Fortsetzungsfeststellungswiderspruchsbescheids (so teilweise die Literatur, vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 27 RdNr. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 73 RdNr. 9; Geis, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 73 RdNr. 39 [a. A. dagegen Wolf, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 RdNr. 318]) hat das Regierungspräsidium xxx mit den Ausführungen auf Seite 3 des Widerspruchsbescheids, wonach die Verwaltung nicht verbindlich entscheiden dürfe, ob ein erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, der Sache nach zu Recht verneint. Die Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig mangels Rechtsschutzinteresses ist zwar für sich betrachtet schlüssig, denn die Erledigung eines Verwaltungsakts führt zum Wegfall der Beschwer des Adressaten des Verwaltungsakts und folglich zur Unzulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen den erledigten Verwaltungsakt mangels Klage- oder Widerspruchsbefugnis. Die mit der Zurückweisung des Widerspruchs verknüpfte (zwingende) Rechtsfolge der Kostentragungspflicht des Widerspruchsführers (und so auch hier des Klägers) erweist sich jedoch - über den rechtswidrigen Anschein, der erledigte Ausgangsbescheid sei bestandskräftig geworden, hinaus - auch unter Berücksichtigung des § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG als rechtsfehlerhaft. Hiernach wird im Falle der Erledigung des Widerspruchs auf andere Weise über die Kosten nach billigem Ermessen entschieden, wobei der bisherige Sachstand zu berücksichtigen ist. Eine Erledigung des Widerspruchs auf „andere Weise“ liegt dann vor, wenn sich das Widerspruchsverfahren nicht durch einen Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid oder durch Rücknahme des Widerspruchs erledigt (vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 27 RdNr. 19). § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG regelt daher in Baden-Württemberg für das Vorverfahren Vergleichbares wie § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Diesen Gedanken hat der Sachbearbeiter des Widerspruchsverfahrens beim Regierungspräsidium xxx zunächst in seiner E-Mail vom 28.11.2008 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers im Ansatz zu Recht aufgegriffen, ohne allerdings § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG zu erwähnen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers hierauf in seiner E-Mail vom 28.11.2008 an das Regierungspräsidium xxx den Widerspruch weder zurückgenommen noch das Widerspruchsverfahren für erledigt erklärt hat, sondern im Hinblick auf die vorliegende Fortsetzungsfeststellungsklage um eine Zurückstellung der Widerspruchsentscheidung und damit nicht sogleich um eine Entscheidung über den Widerspruch gebeten hat, hat der Sachbearbeiter des Widerspruchsverfahrens in seiner E-Mail vom 30.03.2009 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers seine frühere Auffassung geändert und ist zu der rechtsfehlerhaften Überzeugung gelangt, in einem Widerspruchsbescheid den Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen, obwohl damals - am 30.03.2009 - über die Fortsetzungsfeststellungsklage noch nicht entschieden war. Die Vorgehensweise der Widerspruchsbehörde - den Widerspruch mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig zurückzuweisen - wäre allenfalls dann gerechtfertigt gewesen, wenn der Kläger keine nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben und auf einer Entscheidung der Widerspruchsbehörde bestanden hätte, weil seiner Auffassung nach keine Erledigung eingetreten ist oder er eine Fortsetzungsfeststellung (durch die Widerspruchsbehörde) für statthaft gehalten hätte (vgl. Funke-Kaiser, a.a.O., § 73 RdNr. 7; Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 43 RdNr. 33). Die hier jedoch erfolgte verfahrensfehlerhafte Vorgehensweise der Widerspruchsbehörde beschwert den Kläger - sie nimmt ihm die Möglichkeit, seine Aufwendungen auf der Grundlage des § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG nach billigem Ermessen erstattet zu erhalten - und verletzt ihn deshalb in seinen Rechten (Art. 2 Abs. 1 GG), weswegen der Widerspruchsbescheid einschließlich der festgesetzten Widerspruchsgebühr in Höhe von 75 EUR aufzuheben ist.
23 
Zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits zwischen den Beteiligten (oder zwischen dem Kläger und dem Land Baden-Württemberg) im Falle einer Entscheidung nach § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG durch das Regierungspräsidium xxx weist das Gericht darauf hin, dass § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG keine Rechtsgrundlage für eine Kostenentscheidung darstellt, sondern eine solche Entscheidung voraussetzt. Im Falle der Erledigung eines Widerspruchs auf andere Weise kommt auf der Grundlage des § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG nur eine Erstattung von Aufwendungen des Widerspruchsführers und/oder der Ausgangsbehörde nach billigem Ermessen in Betracht, während die Frage, ob die Widerspruchsbehörde Kosten des Widerspruchsverfahrens (durch Gebührenbescheid) geltend machen kann, sich nach den Bestimmungen des Landesgebührengesetzes beantwortet (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 09.03.2001 - 4 K 4050/00 -, VBlBW 2002, 81).
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Es besteht keine Veranlassung, die Berufung zuzulassen (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO).

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Juli 2013 - 12 K 720/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin, eine Gemeinde, begehrt die Zustimmung der Schulaufsicht zur Änderung einer bestehenden Schule in eine Gemeinschaftsschule.
Die Klägerin ist Trägerin der xxxschule, einer Grund- und Werkrealschule.
Unter dem 24.09.2012 beantragte die Klägerin, nachdem zuvor bereits ein erster Antrag abgelehnt worden war, beim Regierungspräsidium Stuttgart erneut die Zustimmung zur Änderung der xxxschule in eine Gemeinschaftsschule.
Mit Bescheid vom 04.02.2013 lehnte das Regierungspräsidium Stuttgart auch diesen Antrag ab. Zur Begründung führte es aus, zwar sei das pädagogische Konzept geprüft und befürwortet worden. Die Schule könne aber mit voraussichtlich ca. 22 Schülern je Jahrgangsstufe auf Dauer nur einzügig geführt werden. Es bestehe keine Ausnahmesituation, die eine Zustimmung trotz Einzügigkeit rechtfertigen würde.
Die Klägerin hat am 28.02.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.02.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule an der xxxschule zum Schuljahr 2013/2014, hilfsweise für ein nachfolgendes Schuljahr, zu genehmigen, höchsthilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule bei ihr vorliegen.
Mit Urteil vom 18.07.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei formell rechtmäßig. Es habe mit dem Regierungspräsidium Stuttgart die zuständige Behörde gehandelt. Eine Anhörung sei vor Erlass des Bescheides im Rahmen eines Gespräches erfolgt. Im Übrigen hätte davon auch abgesehen werden können, weil das Regierungspräsidium nicht von den tatsächlichen Angaben der Klägerin in ihrem Antrag zu ihren Ungunsten abgewichen sei, sondern diese nur anders bewertet habe. Die Begründung des Bescheids entspreche gerade noch den Vorgaben des § 39 LVwVfG. Ein etwaiger Begründungsmangel wäre zudem durch die Ergänzungen im Klageverfahren geheilt.
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Einrichtung der begehrten Gemeinschaftsschule zum Schuljahr 2013/14 oder zu einem späteren Zeitpunkt. Die Rechtsgrundlagen hierfür seien die § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Schulgesetzes (SchG) in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV. Danach sei die Klägerin als Schulträgerin grundsätzlich berechtigt, eine Gemeinschaftsschule einzurichten, wenn ein „öffentliches Bedürfnis“ hierfür bestehe. Dabei müsse aufgrund der verfassungsrechtlich geschützten kommunalen Selbstverwaltungsgarantie vom beklagten Land gemeindefreundlich entschieden werden. Denn die Kommunen hätten nach § 1 Abs. 2 GemO die Pflicht, für das Wohl ihrer Einwohner zu sorgen, wozu auch die schulische Versorgung im Rahmen der Schulträgerschaft gehöre. Nach § 27 Abs. 3 SchG wirkten Land und Gemeinden im Schulwesen - konstruktiv - zusammen. Insoweit liege ein Spannungsfeld vor zwischen einerseits kommunaler Eigenverantwortung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV) und andererseits der überörtliche Belange betreffenden Verantwortung für den staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag beziehungsweise das landesweite Schulwesen, das unter der Aufsicht des Staates stehe (Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 11 LV). Eine Gemeinde könne sich deshalb auch nur bezüglich ihrer eigenen Einwohner auf die schulische Versorgung berufen. Es gehöre nicht zu ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht, schulische Angebote für Einwohner von Nachbarkommunen einzurichten und vorzuhalten. Für die hier im Streit stehende Problematik sei das Spannungsfeld „kommunale (örtliche) Selbstverwaltungsgarantie - staatliche (überörtliche) Schulaufsicht“ dahingehend aufzulösen, dass grundsätzlich die Gemeinde entscheiden dürfe, ob sie eine bestimmte öffentliche Schule (nur) für ihre Einwohner einrichten wolle, das Land hingegen grundsätzlich entscheiden dürfe, wie groß eine solche Schule zumindest sein müsse, um die nach pädagogischem Erkenntnisstand notwendigen Differenzierungen zu ermöglichen und sie organisatorisch sowie fiskalisch angemessen betreiben zu können. Das Land könne mithin aus pädagogischen, organisatorischen beziehungsweise fiskalischen Gründen auch Mindestschülerzahlen festlegen sowie Schülerprognosen der Gemeinde insbesondere hinsichtlich des zugrunde gelegten Faktenmaterials überprüfen oder sogar selbst treffen. Denn das Land trage die finanzielle Hauptlast einer einmal eingerichteten Schule. Bei Schulneugründungen müsse das Land weiter berücksichtigen, welche Auswirkungen sich auf Schulen von benachbarten Kommunen ergeben könnten. Wesentliche Grundsätze des „öffentlichen Bedürfnisses“ müssten vom Landtag im Wege der Gesetzgebung entschieden werden.
Für den vorliegenden Fall sei in § 8a Abs. 2 Satz 1 SchG geregelt worden, dass ein „öffentliches Bedürfnis“ für die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule grundsätzlich nur dann anzunehmen sei, wenn eine Gemeinschaftsschule mindestens zweizügig betrieben werden könne. Der Gesetzgeber sei dabei ausweislich der Gesetzesbegründung davon ausgegangen, dass bei zweizügigen Gemeinschaftsschulen „im Sinne eines verantwortungsvollen Ressourceneinsatzes eine dauerhafte Mindestschülerzahl von 20 Schülerinnen und Schülern pro Zug anzustreben ist“. Die anzustrebende dauerhafte Mindestschülerzahl von 40 Schüler/innen sei zwischenzeitlich auch, die Mindestschülerzahl für die Regelklasse von 16 und den Klassenteiler von 28 ergänzend, in den Organisationserlass des Kultusministeriums übernommen worden. Den schulpolitischen Hintergrund hierfür hätten vor allem Fragen der Finanzierbarkeit und der Pädagogik gebildet. Pädagogischer Auftrag der Gemeinschaftsschule sei es gemäß § 8a Abs. 1 SchG, „in einem gemeinsamen Bildungsgang Schülern der Sekundarstufe I je nach ihren individuellen Leistungsmöglichkeiten eine der Hauptschule, der Realschule oder dem Gymnasium entsprechende Bildung zu vermitteln“, was in einer nur einzügigen Schule beziehungsweise bei Kleinklassen sicher schwierig sei. Wenn gleichwohl anfänglich einzügige Gemeinschaftsschulen genehmigt würden, so liege der Entscheidung zum Beispiel die Erwartung zugrunde, dass sie künftig wachsen würden.
Der Gesetzesbegriff des „öffentlichen Bedürfnisses“ auf Tatbestandsebene in § 27 Abs. 2 SchG, der vom Gesetzgeber bezüglich der Gemeinschaftsschule nach § 8a SchG mit „mindestens zweizügig“ konkretisiert worden sei, sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der im Einzelfall von der Exekutive unter Beachtung der Vorgaben des Gesetzgebers auszufüllen sei. Das Kultusministerium müsse mithin bei der Einrichtung einer neuen Gemeinschaftsschule der hierfür erforderlichen Prognose die vom Landtag vorgegebene „anzustrebende Mindestschülerzahl von 40“ zugrunde legen und dabei abstellen auf „zum Beispiel Schülerzahl, örtliche Geburtenrate, Bildungswahlverhalten, Verkehrsanbindung, Auswirkungen auf andere Schulen“. Eine solche Prognose erhebe nicht den Anspruch auf objektive Richtigkeit und umfasse im Lichte der Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 11 LV vor allem planerische und wertende Elemente. Damit aber eröffne das Gesetz der Exekutive hier einen Beurteilungsspielraum, bei dessen Überprüfung das Verwaltungsgericht seine Kontrolldichte unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Gewaltenteilungsgrundsatzes zurücknehmen müsse. Die gerichtliche Kontrolle sei im Wesentlichen darauf beschränkt, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen beziehungsweise anzuwendendes Recht verkannt worden sei, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe missachtet worden seien oder sich die Verwaltung von sachfremden Erwägungen oder gar Willkür habe leiten lassen. Zusammengefasst könne eine schulorganisatorische Prognoseentscheidung mithin im Wesentlichen gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob die Verwaltung sie auf einer zutreffenden und hinreichenden tatsächlichen Grundlage in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet und damit dem Gebot der gerechten Abwägung entsprochen habe.
10 
Auch im konkreten Einzelfall habe das Regierungspräsidium die einschlägigen Vorschriften rechtmäßig angewandt. Es sei bei der Ablehnung der begehrten Gemeinschaftsschulneugründung von einer zutreffenden und hinreichenden tatsächlichen Grundlage beziehungsweise Prognose ausgegangen, die in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden sei und dem Gebot der gerechten Abwägung entspreche. Es habe dabei das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, das in der Handreichung des Kultusministeriums zur Beantragung einer Gemeinschaftsschule unter „Ablauf“ im Einzelnen geschildert sei. Das Regierungspräsidium sei auch von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen, habe das anzuwendende Recht nicht verkannt, habe keine allgemein gültigen Bewertungs-maßstäbe verkannt und sich nicht von sachfremden Erwägungen oder gar Willkür leiten lassen. Mehr dürfe das Verwaltungsgericht bei Beachtung des Gewaltenteilungsgrundsatzes hier nicht prüfen.
11 
Der Beklagte habe eine anzustrebende Mindestschülerzahl von 40 zugrunde gelegt und entsprechend den Vorgaben des Gesetzgebers insbesondere abgestellt auf „zum Beispiel Schülerzahl, örtliche Geburtenrate, Bildungswahlverhalten, Verkehrsanbindung, Auswirkungen auf andere Schulen“. Das Regierungspräsidium habe hierfür ein mehrstufiges Prognoseverfahren an-gewendet: Es habe zunächst mittels der Geburtenquote von 0,83 % die theoretisch möglichen Schüler im Einzugsbereich von maximal 60 ÖPNV-Minuten zahlenmäßig errechnet, sodann diese anhand der „Allgemeinen Prognosegrundlagen“ mit 10 % bis 50 % gewichtet, anschließend die errechneten Schülerströme im Sinne eines „Faktenchecks“ anhand der mitgeteilten tatsächlichen Schulsituation überprüft. Dieses Prognoseverfahren sei schlüssig und beachte das anzuwendende Recht sowie allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe hinreichend und führe zu willkürfreien Ergebnissen.
12 
Das Regierungspräsidium habe nicht den für bestehende Schulen geltenden Klassenteiler von 28 zugrunde legen dürfen. Anders als im Falle der Werkrealschule liege bezüglich der Gemeinschaftsschulen insoweit nicht lediglich eine politische Willenserklärung vor (dort damals: Eckpunktepapier der Landesregierung vom 20.09.2009), sondern vielmehr bezüglich der anzustrebenden Mindestschülerzahl 40 eine eindeutige Vorgabe des Gesetzgebers, die zudem zwischenzeitlich in dem entsprechenden Organisationserlass des Kultusministeriums - den Klassenteiler ausdrücklich ergänzend - umgesetzt worden sei und an den sich der Beklagte über seine Verwaltungspraxis gemäß Art. 3 Abs. 1 GG auch selbst gebunden habe. Selbst wenn der Beklagte im Übrigen für den Bescheid vom 04.02.2013 seiner Prognose und Bewertung damals (rechtswidrig) den Klassenteiler von 28 Schüler/innen zugrunde gelegt hätte, würde sich für den Erfolg der Verpflichtungsklage nichts anderes ergeben. Denn für den insoweit entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung hätte die Klägerin die notwendig anzustrebende Mindestschülerzahl von 40 nicht erreichen können.
13 
Das Regierungspräsidium sei bei dieser Verfahrensweise unter Berücksichtigung des Einzugsbereichs zwar auf Prognosen von über 40 Schülern (kurzfristige Prognose: 47 Schüler, langfristige Prognose: 45 Schüler, mittelfristige Prognose: 46 Schüler) gekommen. Es sei aber nicht zu beanstanden, dass im „Faktencheck“ nur noch die Schüler aus dem Gebiet der Klägerin selbst sowie aus xxx und xxx (einschließlich xxx) berücksichtigt worden seien. Denn aus den anderen Orten seien nach den vorgelegten Zahlen mit Ausnahme der Klassenstufe 6 nur vereinzelt Schüler gekommen. Weiter sei zu Recht eingeflossen, dass in xxx, xxx und xxx weiterführende Schulen bestünden, die traditionell auch bisher schon von Schülern aus dem Gebiet der Klägerin und aus den Orten des Einzugsbereichs besucht worden seien.
14 
Die Klägerin könne sich auch nicht auf einen „besonderen Ausnahmefall“ im Sinne von § 8a Abs. 2 Satz 1 SchG (der damaligen Fassung) berufen. Die Voraussetzungen für eine Abweichung vom Regelfall seien nicht erfüllt.
15 
Schließlich liege kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG beziehungsweise den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung vor. Denn der Beklagte habe nach den schlüssigen Angaben in der mündlichen Verhandlung, die sich im Übrigen mit der vorgelegten Tabelle „Anmeldezahlen für die neu genehmigten Gemeinschaftsschulen“ deckten, (bis auf den Ausnahmefall xxx) ausschließlich Gemeinschaftsschulen genehmigt, die nach seiner Prognose mindestens 29 Schüler aufgewiesen hätten und eines Tages mindestens 40 Schüler erreichen könnten. Alle anderen Anträge seien hingegen abgelehnt worden. Die Kammer sehe keine Anhaltspunkte dafür, dass dennoch zu Lasten der Klägerin ein Gleichheitsverstoß gegeben sein könnte.
16 
Die Klägerin hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung fristgerecht eingelegt und begründet. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus:
17 
Maßgebliche Sach- und Rechtslage sei diejenige bei Erlass der letzten Behördenentscheidung. Spätere ihr nachteilige Änderungen seien nicht zu berücksichtigen. Das folge aus dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutz und gelte umso mehr, als es hier um eine Prognoseentscheidung gehe. Eine echte Rückwirkung gesetzlicher Regelungen für bereits abgeschlossene Tatbestände sei unzulässig. Der Sachverhalt sei hier abgeschlossen, weil ihr Antrag der zweiten Antragsrunde für die Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg („zweite Tranche“) angehöre. Zudem werde nur so eine Gleichbehandlung mit anderen Gemeinden erreicht, die zu gleicher Zeit ihre Anträge gestellt hätten und die noch unter der früheren Rechtslage beschieden worden seien. Wenn dies anders zu sehen sein sollte, sei jedenfalls eine Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig und begründet. Ihr komme ein Rehabilitations- und ein Amtshaftungsinteresse zu.
18 
Der Ablehnungsbescheid sei rechtswidrig, weil vor dessen Erlass eine Anhörung nicht durchgeführt worden sei, obwohl eine solche nach § 28 Abs. 1 LVwVfG erforderlich gewesen sei. Bei einem Gespräch, das am 29.01.2013 stattgefunden habe, sei ihren Vertretern im Wesentlichen lediglich die Entscheidung der Behörde mitgeteilt worden, ohne dass es sich um ein „Kooperieren auf Augenhöhe“ gehandelt habe.
19 
Das Verwaltungsgericht gehe davon aus, dass sich eine Gemeinde kraft des kommunalen Selbstverwaltungsrechts bei der Einrichtung einer Gemeinschaftsschule nur auf ihre eigenen Einwohner berufen könne. Entgegen dieser Auffassung seien Nachbarkommunen zum Einzugsbereich einer Gemeinschaftsschule hinzuzurechnen, was der Beklagte sogar selbst in seinen allgemeinen Prognosegrundlagen zum Ausdruck bringe. Der Beklagte habe sogar eine Gemeinschaftsschule (xxx) im Grenzgebiet zu Bayern gerade mit der Begründung zugelassen, dass bayerische Schüler das Angebot annehmen würden. Es sei dann unverständlich, warum in ihrem Fall Schülerinnen und Schüler aus dem Nachbarort xxx (Baden-Württemberg) nicht berücksichtigt würden. Ein Vergleich mit anderen Gemeinschaftsschulstandorten mache die Widersprüche der Argumentation des Verwaltungsgerichts noch deutlicher. Wenn nur prognostizierte Schülerzahlen der eigenen Gemeinde für das kommunale Selbstverwaltungsrecht eine Rolle spielten, habe nach der vom Regierungspräsidium vorgelegten Tabelle keine Gemeinde mit weniger als 7.500 Einwohnern ein Recht auf die Errichtung einer Gemeinschaftsschule. Da Nachbargemeinden nicht ausgeblendet werden dürften, müsse bei ihr von 45 bis 47 Schülern pro Jahrgang ausgegangen werden und nicht von nur 22 bis 23 entsprechend den „überarbeiteten Zahlen“ des Regierungspräsidiums.
20 
Sie komme mit der Einrichtung einer Gemeinschaftsschule gerade ihrer durch § 1 Abs. 2 GemO gesetzten Pflicht zur Sorge um das Wohl ihrer Einwohner nach. Ein Verzicht auf die Errichtung einer Gemeinschaftsschule würde zur langsamen „Austrocknung“ der Werkrealschule führen und sie gegen ihre Pflichten verstoßen lassen. Es müsse weiterhin sichergestellt sein, dass den Schülern und ihren Eltern ein hinreichendes Angebot von Bildungseinrichtungen offen stehe.
21 
Das angeblich durchgeführte mehrstufige Prognoseverfahren halte einer Überprüfung nicht stand. Der erste Teil der Prognose sei so durchgeführt worden, wie es in der „Handreichung zur Beantragung einer Gemeinschaftsschule“ dargestellt und in den „allgemeinen Prognosegrundlagen zur Genehmigung einer Gemeinschaftsschule nach § 8a SchG“ konkretisiert sei. Schon insoweit sei zu bezweifeln, dass es sich um ein korrektes Verfahren handele. So werde zum Beispiel eine Übergangsquote von 50 % der Schüler der eigenen Gemeinde zugrunde gelegt, unabhängig davon, wie hoch diese vor Ort wirklich sei (bei ihr für Werkrealschule und Realschule 59,6 %). Für die Nachbargemeinde xxx würden bei ihr lediglich 10 % als Übergangsquote zugrunde gelegt, da an diesem Schulstandort eigene weiterführende Schulen bestünden.
22 
Für die „zweite Stufe“, die in das Prognoseverfahren eingearbeitet worden sein solle, bestehe keine Rechtsgrundlage. Diese sei weder in der Handreichung noch in den Prognosegrundlagen erwähnt, geschweige denn beschrieben. Die Verwaltung habe sich daher im Rahmen ihrer Selbstbindung vorzuwerfen, dass zuerst ein Verfahren nach bekanntgegebenen Maßstäben durchgeführt werde, dann aber die dort erzielten Ergebnisse nach nicht nachvollziehbaren Kriterien wieder „zusammengestrichen" würden. Dies sei willkürlich und folge sachfremden Erwägungen. Das Bedürfnis einer Kommune für die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule könne auch gar nicht auf der Grundlage objektivierbarer Kriterien ermittelt werden. Der Staat dürfe die kommunale Planung (Prognose) nicht durch eine staatliche: „Ersatzplanung" („Ersatzprognose") konterkarieren, sondern nur eingreifen, wenn bei den planerischen Festlegungen der Kommune verbindliche Vorgaben des Schulgesetzes oder feststehende Prognoserichtlinien missachtet worden seien. Dies sei hier aber nicht der Fall. Sie habe sich bei der Erarbeitung der prognostizierten Schülerzahlen streng an das vom Beklagten vorgegebene Verfahren gehalten. Ein Grund für das Eingreifen des Staates in ihre Prognose bestehe deshalb nicht.
23 
Man könne die Nachbarorte nicht ganz unberücksichtigt lassen, obwohl schon heute Schüler aus diesen Nachbarorten die xxxschule besuchten. Zumindest die aktuellen Zahlen müssten angerechnet werden. Es sei anerkannt und durch die Anmeldezahlen belegt, dass eine Gemeinschaftsschule attraktiver sei als eine Werkrealschule. Bei der xxxschule handele es sich sogar um eine äußerst attraktive und auch in den benachbarten Gemeinden beliebte Schule. Nachdem zum Schuljahr 2011/2012 die Schulbezirksbindung abgeschafft worden sei, hätten sich die Anmeldezahlen der xxxschule sehr positiv entwickelt. Die Jahrgangsstufe 5 im Schuljahr 2011/2012 habe insgesamt 43 Schüler zu verzeichnen gehabt. Dieser positive Trend sei abgerissen, als die verbindliche Grundschulempfehlung zum Schuljahr 2012/2013 weggefallen sei. Die Entscheidung der Eltern falle seither markant zu Lasten der Werkreal- und Realschulen und zu Gunsten von Gymnasien aus. So seien auch bei der xxxschule die Anmeldezahlen eingebrochen. Eine Gemeinschaftsschule sei aber nicht mit einer Werkrealschule vergleichbar, was die Attraktivität für die Schulwahl betreffe. Im Ergebnis bedeute dies für eine Berücksichtigung der Schülerzahlen aus Nachbargemeinden, dass die Zeit vor dem Schuljahr 2011/2012 und die Zeit nach dem Schuljahr 2012/2013 nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden könne. Lediglich die Jahrgangsstufe 5 des Schuljahrs 2011/2012 mit insgesamt 20 auswärtigen Schülern stelle eine einigermaßen realistische Vergleichsgröße dar.
24 
Bei der Berücksichtigung von Schülern aus Nachbarorten sei auch überbewertet worden, inwieweit andere weiterführende Schulen erreichbar seien. Die Gemeinschaftsschule sei eine eigene, neue Schulart, deren Besonderheit der gemeinsame Bildungsweg sei. Mit anderen Schularten sei die Gemeinschaftsschule daher nicht vergleichbar. Die Erreichbarkeit anderer weiterführender Schulen sei zudem bereits in die Übergangsquoten in den allgemeinen Prognosegrundlagen eingeflossen und könne daher nicht nochmals zu ihren Lasten berücksichtigt werden.
25 
Es treffe ferner nicht zu, dass bei der Genehmigung der Gemeinschaftsschulen in der „Tranche 2“ alle Antragsteller gleich behandelt worden seien und nur Schulen, die bei der durchgeführten Prognose eine Schülerzahl von 29 oder größer aufgewiesen hätten, genehmigt worden seien. Es falle auf, dass der Beklagte bei einer Vielzahl von mit ihr vergleichbaren Kommunen zu deutlich anderen Prognoseergebnissen gelangt sei. Mit Blick auf diesen Vergleich zeige sich ein Verstoß gegen Art. 3 GG. Lege man die bei anderen Antragstellern angewendeten Maßstäbe auch bei ihr an, so komme man jedenfalls auf eine prognostizierte Schülerzahl von mehr als 29, was zu einem Anspruch auf Einrichtung einer Gemeinschaftsschule führe. Im Übrigen sei die zweite Prüfungsstufe - wenn überhaupt - nicht vom Regierungspräsidium, sondern vom Schulamt durchgeführt worden. Das Regierungspräsidium habe sich der Ablehnung des Schulamts lediglich angeschlossen, ohne eigene Erwägungen anzustellen. Somit habe eine unzuständige Behörde gehandelt.
26 
Nach § 8a Abs. 1 Satz 2 SchG (in der bis 31.07.2014 geltenden Fassung) könne eine Gemeinschaftsschule im „besonderen Ausnahmefall" auch einzügig genehmigt werden. Jedenfalls ein solcher Ausnahmefall sei hier anzunehmen, zumal die xxxschule bereits jetzt von den Sach- und Personalmitteln her ein idealer Standort für eine Gemeinschaftsschule sei. Es seien keine größeren Investitionen mehr nötig. Man würde öffentliche Gelder „verbrennen", wenn man der xxxschule den Status einer Gemeinschaftsschule nicht zuerkennen und so deren Bestand, der bei Beibehaltung als Werkrealschule nach dem Wegfall der Grundschulempfehlung und aufgrund des veränderten Schulwahlverhalten gefährdet sei, aufs Spiel setzen würde. Auch gebe es an der xxxschule eine „gelebte Inklusion“. Sie habe angesichts der getätigten Investitionen im Übrigen darauf vertrauen dürfen, die Genehmigung zu erhalten beziehungsweise die Schülerzahl wahren zu können. Für den Ausbau der Schule seien 1,2 Mio. EUR investiert worden; hierin enthalten seien 400.000,-- EUR Fördermittel des Beklagten. In ihrem Haushaltsplan 2013 seien erhebliche Sachkostenbeiträge eingestellt worden. Die Versagung der Zustimmung zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule verletze daher den Grundsatz des gemeindefreundlichen Verhaltens.
27 
Schließlich seien nach Abschluss der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Tatsachen bekannt geworden, die die Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht begründeten. Unter anderem sei dieser Vorsitzender des Fördervereins einer Einrichtung, die vom Kultusministerium Mittel erhalte.
28 
Die Klägerin beantragt,
29 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Juli 2013 - 12 K 720/13 - zu ändern, den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4. Februar 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr die Zustimmung zur Änderung der xxxschule in eine Gemeinschaftsschule zu erteilen, hilfsweise festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 4. Februar 2013 rechtswidrig ist.
30 
Der Beklagte beantragt,
31 
die Berufung zurückzuweisen.
32 
Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts unter Vertiefung beziehungsweise Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
33 
Dem Senat lagen die Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums (zwei Bände) sowie die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 12 K 720/13 - vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im vorliegenden Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
34 
I. Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.02.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die begehrte Verpflichtung des Beklagten oder auf eine Neubescheidung ihres Antrags (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO, im Folgenden unter 1.). Auch die hilfsweise begehrte Feststellung kann nicht ausgesprochen werden (im Folgenden unter 2.).
35 
1. a) Das mit dem Hauptantrag verfolgte Rechtsschutzbegehren ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Der Klägerin kommt aufgrund einer möglichen Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zu (vgl. Senatsurteil vom 08.03.1977 - IX 1523/74 -, ESVGH 28, 175 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, abgedruckt bei Bosse/Burk, Schulrecht Baden-Württemberg, Rspr., § 31 SchG E 1; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2011 - 19 B 478/11 -, NWVBl 2011, 436; VG Sigmaringen, Urteil vom 17.12.2010 - 4 K 1549/10 -, Juris; VG Potsdam, Beschluss vom 28.07.2003 - 12 L 511/03 -, Juris Rn. 15). Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 68 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO, § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO). Auch ein Rechtsschutzinteresse kann der Klägerin nicht abgesprochen werden.
36 
b) Die Verpflichtungsklage ist jedoch nicht begründet.
37 
aa) Als Rechtsgrundlage für die begehrte Entscheidung des beklagten Landes kommt allein § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SchG in Betracht.
38 
Nach § 8a Abs. 5 Satz 1 SchG entstehen die Gemeinschaftsschulen auf Antrag der Schulträger nach Zustimmung des Kultusministeriums 1. durch die Einrichtung einer neuen Schule oder 2. mit Zustimmung der Schulkonferenz durch eine Schulartänderung bestehender weiterführender allgemein bildender Schulen. Mit der Verwendung der Begriffe Einrichtung beziehungsweise Schulartänderung wird auf § 30 SchG verwiesen. § 30 Abs. 1 Satz 1 SchG sieht vor, dass der Beschluss eines Schulträgers über die Einrichtung einer öffentlichen Schule der Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde, also gemäß § 35 Abs. 1 SchG des Kultusministeriums, bedarf. Nach § 30 Abs. 4 Satz 1 SchG gelten die Vorschriften über die Einrichtung und Aufhebung einer öffentlichen Schule entsprechend für die Änderung einer öffentlichen Schule. Als Änderung einer Schule sind dabei gemäß § 30 Abs. 4 Satz 2 SchG die Änderung der Schulart, der Schulform (Normalform oder Aufbauform) oder des Schultyps sowie die dauernde Teilung oder Zusammenlegung, die Erweiterung bestehender Schulen, die Einrichtung von Außenstellen sowie die Verteilung der Klassen auf Schulen mit Außenstellen zu behandeln.
39 
Im vorliegenden Fall geht es um die Entstehung einer Gemeinschaftsschule im Wege einer Schulartänderung (§ 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SchG) und damit im Wege der Änderung einer Schule im Sinne von § 30 Abs. 4 Satz 2 SchG. Das folgt daraus, dass die bestehende Grund- und Werkrealschule im Ergebnis in eine Gemeinschaftsschule (einschließlich Grundschule, vgl. § 8a Abs. 2 Satz 2 SchG = § 8a Abs. 2 Satz 4 SchG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung) umgewandelt werden soll und es sich nach der Aufzählung in § 4 Abs. 1 Satz 4 SchG hierbei um unterschiedliche Schularten handelt.
40 
Im Streit steht hier nicht die im ersten Satzteil von § 8a Abs. 5 Satz 1 SchG geforderte (gegebenenfalls zusätzlich erforderliche) „Zustimmung des Kultusministeriums“, sondern die in § 30 Abs. 1 Satz 1 SchG genannte, durch Verweisung in Bezug genommene „Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde“.
41 
bb) Der angegriffene Bescheid vom 04.02.2013 ist formell rechtmäßig, da weder Zuständigkeits- noch Verfahrensregeln verletzt sind.
42 
(1) Das Regierungspräsidium Stuttgart hat die Ablehnungsentscheidung als sachlich zuständige Behörde getroffen. Das folgt aus einer zulässigen und auch tatsächlich wirksam erfolgten Zuständigkeitsübertragung vom Kultusministerium auf das Regierungspräsidium. Gemäß § 35 Abs. 5 Satz 1 SchG wird das Kultusministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung Zuständigkeiten, die durch das Schulgesetz begründet sind, auf nachgeordnete Schulaufsichtsbehörden zu übertragen, soweit dies zur sachgerechten Erledigung geboten erscheint. Soweit die obere Schulaufsichtsbehörde (mithin nach § 34 Abs. 1 SchG das Regierungspräsidium) betroffen ist, bedarf die Rechtsverordnung des Einvernehmens des Innenministeriums (§ 35 Abs. 5 Satz 2 SchG). Von der Verordnungsermächtigung wurde mit der Verordnung des Kultusministeriums über die Zuständigkeit für schulorganisatorische Maßnahmen vom 18.10.2000 (GBl. S. 731 - SchulOrgZustV, zuletzt geändert durch Verordnung vom 24.09.2012, GBl. S. 550) Gebrauch gemacht. Das Einvernehmenserfordernis des § 35 Abs. 5 Satz 2 SchG wurde dabei gewahrt.
43 
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SchulOrgZustV überträgt das Kultusministerium mit Ausnahme der Maßnahmen, die die Weiterentwicklung des Schulwesens nach § 22 SchG zum Ziel haben, die Befugnis für schulorganisatorische Maßnahmen nach § 30 Abs. 1 und 3 Satz 1 SchG zur Einrichtung und Aufhebung von Grundschulen (§ 5 SchG), Hauptschulen und Werkrealschulen (§ 6 SchG) und Gemeinschaftsschulen (§ 8a SchG) auf die Regierungspräsidien.
44 
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SchulOrgZustV gilt die Zuständigkeitsübertragung auf das Regierungspräsidium auch für die Befugnisse nach § 30 Abs. 4 SchG für die Änderung bestehender Schulen aller Schularten mit Ausnahme der Änderung der Schulart oder des Schultyps. Der Wortlaut dieser Bestimmung legt es zunächst nahe, die Zuständigkeit für die Zustimmung zu einer Schulartänderung - wie sie gerade hier im Raum steht - als nicht übertragen zu betrachten. Hierbei bliebe aber unberücksichtigt, dass der zweite Satz von § 1 Abs. 1 SchulOrgZustV eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des ersten Satzes von den Schularten Grundschule, Hauptschule und Werkrealschule und Gemeinschaftsschule auf sämtliche Schularten vornimmt, soweit es um die Befugnisse nach § 30 Abs. 4 SchG geht, und hieran anknüpfend eine Rückausnahme für die Änderung der Schulart oder des Schultyps macht. Nach Sinn und Zweck der Norm wird daher, vom Wortlaut gerade noch gedeckt, die Zuständigkeit für Schulartänderungen nur insoweit nicht den Regierungspräsidien übertragen, als es um andere Schularten als Grundschule, Hauptschule und Werkrealschule sowie Gemeinschaftsschule geht. Hierfür spricht auch, dass die Schulartänderung - zumindest im Wesentlichen - der Kombination einer Schulaufhebung mit der gleichzeitigen Neueinrichtung einer anderen Schule am selben Ort gleichkommt. Mit der Entstehungsgeschichte von § 1 Abs. 1 SchulOrgZustV steht dieses Ergebnis in Einklang, wobei früher (bis zur Änderung durch die Verordnung vom 11.02.2010, GBl. S. 328) lediglich die Befugnisse nach § 30 Abs. 4 SchG für die Erweiterung bestehender Schulen (mit bestimmten Ausnahmen) ohne Differenzierung nach Schularten übertragen waren, so dass sich aus der Altfassung keine Schlüsse für die Auslegung der Neufassung ziehen lassen. Die Zuständigkeit für Schulartänderungen betreffend Grundschulen, Hauptschulen und Werkrealschulen sowie Gemeinschaftsschulen ist somit auf die Regierungspräsidien übertragen worden.
45 
Das Regierungspräsidium hat die Entscheidung über die Zustimmung auch tatsächlich selbst getroffen, obwohl aus seinen Akten hervorgeht, dass vor Erlass des Ablehnungsbescheides der Antrag dem Kultusministerium „mit allen Unterlagen zur Entscheidung vorgelegt“ werden sollte (S. 12 des im Entwurf vorliegenden Dokuments „Prüfung Schulorganisation“, datiert mit dem 27.11.2012) beziehungsweise auch vorgelegt wurde (vgl. Klageerwiderung vom 16.05.2013, S. 4: Ablehnung seitens des Regierungspräsidiums „nach Überprüfung und Entscheidung durch das Kultusministerium“). § 8a Abs. 5 Satz 1 SchG sieht die Zustimmung des Kultusministeriums als eigene Voraussetzung für das Entstehen einer Gemeinschaftsschule neben der nach § 30 SchG erforderlichen Zustimmung vor. Es lässt sich den Akten nicht entnehmen, dass sich das Regierungspräsidium auch die eigene Entscheidungskompetenz über die Zustimmung vom Kultusministerium gänzlich aus der Hand nehmen ließ.
46 
Erst recht hat das Regierungspräsidium die Entscheidung nicht dem Schulamt überantwortet, dessen Stellungnahme es im Rahmen des Verfahrens eingeholt hat. Wenngleich es in dem Dokument „Prüfung Schulorganisation“ auf Seite 12 heißt, das Regierungspräsidium schließe sich „der Auffassung des SSA (= Staatlichen Schulamts) vollinhaltlich an“, bedeutet dies nicht, dass das Regierungspräsidium keine eigene Prüfung vorgenommen oder gar die Verantwortung für seine Entscheidung an das Schulamt abgegeben hat.
47 
(2) Die Klägerin kann sich auch nicht darauf stützen, dass keine beziehungsweise nur eine unzureichende Anhörung vor Erlass des Bescheides vom 04.02.2013 stattgefunden habe.
48 
Nach § 28 Abs. 1 LVwVfG ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Ausgehend davon könnte man hier ein Anhörungsgebot schon deshalb verneinen, weil es an einem Akt der „Eingriffsverwaltung“ fehlt, wenn „nur“ der Erlass eines Verwaltungsakts abgelehnt wird, der erst eine Rechtsposition gewähren soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.10.1982 - 3 C 46.81 -, BVerwGE 66, 184, m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.06.2011 - 10 B 1.11 -, Juris; a.A. Grünewald, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 28 Rn. 18; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 28 Rn. 26a; offen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.10.1993 - 14 S 2085/93 -, NVwZ 1994, 919). Ob dem zu folgen ist, kann allerdings ebenso dahinstehen wie die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, von der Anhörung habe nach § 28 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG abgesehen werden können, weil von den tatsächlichen Angaben der Klägerin, die diese in ihrem Antrag gemacht habe, nicht zu ihren Ungunsten abgewichen worden sei. Gleichermaßen nicht entscheidungserheblich ist es, ob bereits das vor der Ablehnungsentscheidung geführte Gespräch zwischen den Vertretern des Regierungspräsidiums und denjenigen der Klägerin als hinreichende Anhörung gewertet werden kann. Insoweit könnte unter Umständen bemängelt werden, dass darüber nichts aktenkundig gemacht wurde (vgl. Grünewald, a.a.O., § 28 Rn. 26). Auf all diese Gesichtspunkte kommt es deshalb nicht an, weil jedenfalls ein etwaiger Anhörungsmangel inzwischen geheilt worden ist.
49 
Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 LVwVfG nichtig macht, ist nämlich unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG). Die Nachholung kann bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgen (§ 45 Abs. 2 LVwVfG). Dies zugrunde legend hatte die Klägerin mittlerweile ausreichend Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen. Zwar stellen schlichte Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren noch keine nachträgliche Anhörung im Sinne von § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 - 3 C 14.09 -, BVerwGE 137, 199; Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, a.a.O., § 45 Rn. 47). Anders verhält es sich jedoch dann, wenn - wie hier - auf die schriftsätzlich vorgebrachten Einwände gegen eine Behördenentscheidung eine umfassende schriftliche Replik sowie eine Aussprache im Rahmen der mündlichen Verhandlung folgen. Denn dann hat die Behörde in angemessener Weise Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt und zu erkennen gegeben, dass sie auch nach Prüfung des Vorbringens an ihrer Entscheidung festhält (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 4 AS 37/09 R -, NJW 2011, 1996; Hufen/Siegel, Fehler im Verwaltungsverfahren, 5. Aufl. 2013, Rn. 960).
50 
(3) Auch auf einen formalen Begründungsmangel des Bescheides vom 04.02.2013 kann sich die Klägerin nicht (mehr) berufen. Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG). In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 39 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG). Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (§ 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG). Die erforderliche Begründung kann jedoch auch nachträglich bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gegeben werden (§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 LVwVfG). Jedenfalls letzteres ist geschehen, indem der Beklagte seinen Bescheid schriftsätzlich umfassend verteidigt hat. Darauf, ob die Begründung auch inhaltlich Überlegungen enthält, die die Ablehnungsentscheidung tragen können, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil § 39 LVwVfG nur die formelle Begründungspflicht regelt (vgl. etwa Hufen/Siegel, a.a.O., Rn. 490; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 39 Rn. 2).
51 
(4) Schließlich leidet das vom Regierungspräsidium durchgeführte Verwaltungsverfahren auch sonst an keinen Fehlern.
52 
Zwar dürfte dieses nicht in jeder Hinsicht den seit dem 01.08.2014 geltenden Anforderungen entsprechen, die durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes Baden-Württemberg vom 03.06.2014 (GBl. S. 265) eingeführt worden sind (zum Zeitpunkt des Inkrafttretens vgl. Art. 2 des Änderungsgesetzes). Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 SchG ist nunmehr vor der Entscheidung über die Zustimmung zur Schulartänderung eine regionale Schulentwicklung nach § 30a bis § 30e SchG durchzuführen. In deren Rahmen ist ein umfassendes „Dialog- und Beteiligungsverfahren“ vorgesehen, das wohl noch über die vom Regierungspräsidium bereits im hier zu beurteilenden Verfahren gewählten Beteiligungsformen hinausgeht. Nach jetzigem Recht „sollen die anderen von der schulorganisatorischen Maßnahme berührten Gemeinden und Landkreise und weiteren Berührten, wie z.B. Gesamtelternvertretungen, die Wirtschaft, die Stadt- und Landkreise wegen der Zuständigkeit für die Belange der Schülerbeförderung und des ÖPNV sowie die Schulen in freier Trägerschaft eine Stellungnahme zu den erwarteten Auswirkungen abgeben können“ (vgl. LT-Drucks. 15/5044, S. 39). Die regionale Schulentwicklung ist auf die Herbeiführung eines Konsenses ausgerichtet und schreibt bei Uneinigkeit ein besonderes Schlichtungsverfahren vor. Diese neuen Regeln wirken sich jedoch auf den hier zu beurteilenden Fall nicht aus. Das ergibt sich aus Folgendem:
53 
In materieller Hinsicht ist für die gerichtliche Prüfung des Begehrens der Klägerin, auch soweit es um einen Beurteilungsspielraum geht, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat maßgeblich. Denn der behauptete Anspruch kann nur zugesprochen werden, wenn die Voraussetzungen hierfür aktuell noch vorliegen (vgl. dazu Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 113 Rn. 102 ff.). Gegenteiliges lässt sich weder dem Schulgesetz entnehmen noch ist etwa wegen einer „in der Verwaltungsebene abgeschlossenen Planung“ (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14.02.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56 = Juris Rn. 29; Urteil vom 21.05.1976 - IV C 80.74 -, BVerwGE 51, 15 = Juris Rn. 32) auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt abzustellen. Auch Gründe des Vertrauensschutzes stehen dem nicht entgegen, zumal das geltend gemachte Recht nicht mit einem Subventions-, Beihilfe-, Sozialhilfe- oder Kostenerstattungsanspruch vergleichbar ist (vgl. dazu Bay. VGH, Urteil vom 18.10.2007 - 21 BV 05.1690 -, BayVBl 2008, 347). Eine unzulässige „echte Rückwirkung“ schulgesetzlicher Bestimmungen (vgl. dazu aus dem Bereich des Steuerrechts BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 07.07.2010 - 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06 -, BVerfGE 127, 31) wird so schon deshalb nicht bewirkt, weil es nicht um einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Lebenssachverhalt geht. Bei der Regelung über die Zustimmung zu einer Schulartänderung handelt es sich auch nicht um ein „Zeitabschnittsgesetz“ (siehe hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 113 Rn. 221 m.w.N.). Daraus folgt, dass die Änderungen zum 01.08.2014, soweit sie inhaltliche Anforderungen betreffen, berücksichtigt werden müssen. Anders ist es aber bei den verfahrensrechtlichen Neuerungen, die das Änderungsgesetz mit sich gebracht hat.
54 
Es ist ein Grundsatz des intertemporalen Verfahrensrechts, dass bereits begonnene Verfahren im Fall einer Rechtsänderung nach dem neuen Verfahrensrecht zu Ende zu führen sind (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 11.06.2013 - 8 ZB 12.784 -, BayVBl 2013, 690; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 96 Rn. 3; siehe auch BVerwG, Urteile vom 26.03.1985 - 9 C 47.84 -, NVwZ 1986, 45, und vom 14.04.2011 - 3 C 20.10 -, BVerwGE 139, 323; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.2011 - 3 S 2439/09 -, VBlBW 2012, 145). Abgeschlossene Verwaltungsverfahren bleiben hingegen abgeschlossen und müssen nicht nach neuem Verfahrensrecht wiederholt werden (vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 96 Rn. 1; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 96 Rn. 4). Dies trifft auf das Verwaltungsverfahren, auf dem der hier in Rede stehende Verwaltungsprozess beruht, zu. Denn das auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtete Verfahren endet (spätestens und jedenfalls in Fällen, in denen wie hier kraft Gesetzes kein Widerspruchsverfahren stattfindet) mit dessen Bekanntgabe (vgl. BVerwG, Urteile vom 01.12.1989 - 8 C 14.88 -, BVerwGE 84, 178, 181 = Juris Rn. 15, und vom 16.10.2008 - 4 C 3.07 -, BVerwGE 132, 152 = Juris Rn. 37 f.; Kallerhoff, a.a.O., § 96 Rn. 2; Wittinger, in: Obermayer/Funke-Kaiser, a.a.O., § 9 Rn. 37 f.; a.A. BVerwG, Urteil vom 24.05.1995 - 1 C 7.94 -, BVerwGE 98, 313, „jedenfalls für Verpflichtungsbegehren“; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 96 Rn. 4 und § 9 Rn. 30: Ende des Verfahrens erst mit Unanfechtbarkeit). Somit sind verfahrensrechtliche Änderungen, die nach der Bekanntgabe des Bescheides vom 04.02.2013 eingetreten sind, hier ohne Bedeutung. Ohne Einfluss darauf ist die Tatsache, dass der Antrag der Klägerin beim Regierungspräsidium zunächst mit Blick auf ein früheres Schuljahr gestellt war. Er ist so zu verstehen, dass die Klägerin frühestmöglich die Zustimmung zur Schulartänderung erlangen wollte, der Antrag aber für spätere Schuljahre fortwirkt. Ungeachtet der diesbezüglichen Verwaltungspraxis besteht auch keine Bindung zwischen Schuljahr und Verfahrensrecht in dem Sinne, dass der verfahrensrechtliche Maßstab für verschiedene Schuljahre auf verschiedene Stichtage fixiert ist. Für eine solche Fixierung fehlt es an einer speziellen Rechtsgrundlage. Es wäre daher auch nicht feststellbar, auf welchen Stichtag es jeweils ankommen sollte.
55 
Eine von den allgemeinen Regeln des intertemporalen Verwaltungsrechts abweichende Würdigung ist nicht geboten, weil eine solche gesetzlich besonders angeordnet sein müsste (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 29.09.1982 - 8 C 138.81 -, BVerwGE 66, 178: Möglichkeit, die Heilung eines Zuständigkeitsfehlers durch das nachträgliche Zuwachsen der Kompetenz vorzusehen). Daran fehlt es. Der Gesetzgeber hat keine Übergangsregelung für Altverfahren getroffen. Allein die Tatsache, dass die Zustimmung zu einer Schulartänderung nach neuem Recht nicht mehr ohne eine regionale Schulentwicklung erlangt werden kann, wirkt nicht auf Altverfahren zurück. Um einen Fall, in dem eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zum Erlöschen eines Anspruchs führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 4 C 10.10 -, VBlBW 2011, 467 = Juris Rn. 7 m.w.N.), handelt es sich nicht, weil die Zustimmung zur Schulartänderung nach neuem und nach altem Recht ihrem Wesen nach das Gleiche bleibt, denn eine „Zustimmung ohne vorherige regionale Schulentwicklung“ und eine „Zustimmung nach vorheriger regionaler Schulentwicklung“ sind bei inhaltlicher Betrachtung nicht kategorial verschieden. Für die Klägerin wirkt sich die Entscheidung über die Zustimmung unabhängig von den vorherigen Verfahrensschritten gleich aus.
56 
cc) Das Regierungspräsidium Stuttgart hat auch - jedenfalls soweit es um die hier allein maßgeblichen Rechte der Klägerin geht - in der Sache rechtmäßig entschieden, indem es die beantragte Zustimmung zu der Schulartänderung in eine Gemeinschaftsschule abgelehnt hat.
57 
(1) Infolge der seit dem 01.08.2014 geltenden Änderungen durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes Baden-Württemberg können die Gemeinschaftsschulen auch im besonderen Ausnahmefall nicht mehr einzügig sein, denn § 8a Abs. 2 Satz 1 SchG sieht in seiner neuen Fassung nur noch mindestens zweizügige Gemeinschaftsschulen vor (anders noch § 8a Abs. 2 Satz 1 SchG in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung).
58 
Das Regierungspräsidium hat die für die Zustimmung zur Schulartänderung zwingende gesetzliche Voraussetzung der Zweizügigkeit bei der von der Klägerin geplanten Gemeinschaftsschule ohne zu Lasten der Klägerin gehende Rechtsfehler verneint. Dass das Regierungspräsidium hierbei von einer langfristig zu prognostizierenden Mindestschülerzahl von 40 in den Eingangsklassen ausgegangen ist, ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil nunmehr nach § 30b Abs. 1 Nr. 1 SchG genau diese Mindestschülerzahl, wenn auch nach dem Wortlaut dieser Bestimmung „im Rahmen der Feststellung des öffentlichen Bedürfnisses nach § 27 Abs. 2 SchG“ für die Erteilung einer Zustimmung erforderlich ist. Mögliche Überlegungen, der Zweizügigkeit etwa basierend auf dem im Organisationserlass geregelten Klassenteiler andere Zahlenwerte zugrunde zu legen (vgl. zuletzt Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport zur Eigenständigkeit der Schulen und Unterrichtsorganisation im Schuljahr 2014/2015 vom 12.03.2014, Az. 22-6740.3/1310), haben sich mit der neuen Gesetzesfassung erledigt (siehe im Übrigen früher schon LT-Drucks. 15/1466, S. 25 i.V.m. S. 13: Gemeinschaftsschule sollte mindestens zweizügig sein; dauerhafte Mindestschülerzahl von 20 pro Zug anzustreben).
59 
(2) Die Prognose des Regierungspräsidiums, dass eine langfristige Mindestschülerzahl von 40 in den Eingangsklassen der von der Klägerin geplanten Gemeinschaftsschule nicht zu erwarten ist, ist nicht zu beanstanden.
60 
Mit dem gesetzlich statuierten Zustimmungserfordernis der § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SchG geht ein Beurteilungsspielraum der staatlichen Schulaufsicht einher, soweit es um die Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe „Zweizügigkeit“, „öffentliches Bedürfnis“ und „langfristig zu prognostizierende Mindestschülerzahl von 40 in den Eingangsklassen“ geht, zu deren Ausfüllung es einer Prognoseentscheidung bedarf. Dem steht nicht entgegen, dass die Einrichtung von Schulen die Planungshoheit der Gemeinde und damit das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV) betrifft.
61 
Nach Art. 7 Abs. 1 GG steht das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates. Der Begriff der staatlichen Schulaufsicht umfasst die Gesamtheit der staatlichen Befugnisse zur Organisation, Planung, Leitung und Beaufsichtigung des Schulwesens (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1974 - VII C 12.74 -, BVerwGE 47, 201 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 02.06.1967 - IV 813/66 -, ESVGH 18, 23, 27, und vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, a.a.O.; Avenarius, Schulrecht, 8. Aufl. 2010, S. 182, Nr. 9.12; zum Umfang der Schulaufsicht siehe auch § 32 SchG, § 140 GemO). Zur Schulaufsicht im Sinne des Art. 7 Abs. 1 GG gehört jedenfalls die Befugnis des Staates zur zentralen Ordnung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, BVerfGE 26, 228; dem folgend Senatsurteil vom 08.03.1977 - IX 1523/74 -, a.a.O., 178; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.06.1991 - 19 A 733/90 -, NVwZ-RR 1992, 186). Damit ist dem Gesetzgeber, soweit ihm nicht gar eine entsprechende Verpflichtung auferlegt wird, die Möglichkeit eingeräumt, das Schulwesen nicht nur einer staatlichen Rechts-, sondern auch einer Fachaufsicht zu unterstellen (zum Verhältnis Schulaufsicht/Fachaufsicht vgl. etwa auch Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 7 Rn. 44). Dem Staat steht die Schulplanung und die Möglichkeit der Einwirkung auf Errichtung, Änderung und Aufhebung der einzelnen öffentlichen Schule zu (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.06.1967 - IV 813/66 -, a.a.O., 28; OVG Brandenburg, Beschluss vom 30.07.1997 - 1 B 83/97 -, LKV 1998, 277; VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, abgedruckt bei Bosse/Burk, Schulrecht Baden-Württemberg, Rspr., § 30 SchG E 13; VG Potsdam, Beschluss vom 28.07.2003 - 12 L 511/03 -, a.a.O. Rn. 23). Bei Organisationsmaßnahmen wie der Errichtung von Schulen wäre es mit Art. 7 Abs. 1 GG sogar schwerlich vereinbar, wenn die Aufsicht auf eine Rechtskontrolle beschränkt wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.1964 - VII C 49.62 -, BVerwGE 18, 38, 39). Ob man dies allgemein auch so umschreiben kann, dass die staatlichen Herrschaftsrechte auf dem Gebiet des Schulrechts Vorrang genießen, während das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde zurücktreten muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.03.1966 - VII C 141.65 -, BVerwGE 23, 351, 352), kann dahinstehen.
62 
Das Zustimmungserfordernis des § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SchG eröffnet in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen die staatliche Fachaufsicht über die Schulstandortfrage (einhellige Auffassung, vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, a.a.O.; Holfelder/Bosse, SchG Baden-Württemberg, § 27 Anm. 4; Lambert/Müller/Sutor, Schulrecht Baden-Württemberg, Stand Februar 2013, § 27 SchG Anm. 3.4; Ulbrich, in: Ebert, Schulrecht Baden-Württemberg, 2013, § 27 SchG Rn. 6; Wörz/von Alberti/Falkenbach, SchG Baden-Württemberg, Stand November 2013, § 32 Anm. 3.2). Die Fachaufsicht erstreckt sich auf die rechtmäßige und zweckmäßige Wahrnehmung der fachlichen Verwaltungsangelegenheiten der Klägerin (vgl. § 3 Abs. 2 LVG).
63 
Soweit in der Literatur die Rechtsnatur der Aufsicht in diesem Fall als „mittlerer Weg“ zwischen Rechtsaufsicht und Fachaufsicht betrachtet wird, wird ein Zurückbleiben hinter der Fachaufsicht nur für Detailfragen bei der Errichtung der Schule angenommen (vgl. Lambert/Müller/Sutor, a.a.O., § 27 SchG Anm. 3.4). Hierzu kann die im vorliegenden Fall beabsichtigte Schulartänderung nicht gezählt werden, weshalb es auf die Berechtigung der teilweise vertretenen Einschränkung der staatlichen Aufsicht hier nicht ankommt. Ebenso ohne Bedeutung ist es, dass man die hier eröffneten staatlichen Aufsichtsmöglichkeiten unter Umständen begrifflich von einer „Fachaufsicht im technischen Sinne“ unterscheiden und stattdessen von einem „Kondominium“ sprechen muss, weil § 118 Abs. 2 GemO nur die Aufsicht über die Erfüllung von Weisungsaufgaben im Sinne von § 2 Abs. 3 GemO als Fachaufsicht kennzeichnet, während es sich im vorliegenden Fall um ein staatliches Mitwirkungsrecht anderer Art im Bereich einer Pflichtaufgabe (vgl. § 48 Abs. 1 SchG, § 2 Abs. 2 Satz 1 GemO) handelt (so VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O., unter Bezug auf OVG Nordrhein-Westfalen, Entscheidung vom 08.01.1964 - III A 1151/61 -, DVBl 1964, 678; vgl. auch Ulbrich, a.a.O., § 30 SchG Rn. 1).
64 
Für dieses weite Verständnis der Aufsicht spricht neben der Tatsache, dass der Staat den Hauptteil der mit der Einrichtung einer Schule verbundenen Kosten trägt (vgl. §§ 15 ff. FAG sowie die Verordnung des Kultusministeriums, des Innenministeriums und des Finanzministeriums über die Durchführung des Schullastenausgleichs - Schullastenverordnung - SchLVO vom 21.02.2000, GBl. S. 181, zuletzt geändert durch Verordnung vom 28.01.2014, GBl. S. 80), auch eine historische Betrachtung. Zu der Vorgängerregelung des § 30 Abs. 1 SchG in § 14 Abs. 1 des Gesetzes zur Vereinheitlichung und Ordnung des Schulwesens in Baden-Württemberg (vom 05.05.1964, GBl. S. 235 - SchuVOG -) lässt sich der Entwurfsbegründung betreffend die Schulaufsicht (dort noch zu § 12 des Entwurfs) unter anderem entnehmen: „Die Entscheidung darüber, ob eine öffentliche Schule einzurichten und fortzuführen ist, ist eine Angelegenheit der staatlichen Schulaufsicht, Ausfluss des zentralen Ordnungs-, Gestaltungs- und Organisationsrechts des Staates über das Schulwesen (Art. 7 Abs. 1 GG). (…) Die Art des Zusammenwirkens wird aber nicht nur durch die Partnerschaft, sondern auch durch die Aufgabe des Staates, das gesamte Schulwesen zu leiten und für die Leistungsfähigkeit des Schulwesens und der einzelnen Schulen zu sorgen und dabei allen überörtlichen Gegebenheiten und sachlichen Forderungen Rechnung zu tragen, bestimmt. Mit anderen Worten: Es ist Sache der staatlichen Schulaufsicht, die Entscheidung zu treffen, sei es im Wege der Zustimmung zu einer vom Schulträger beschlossenen Maßnahme, sei es im Wege der Anordnung, wenn notwendige Maßnahmen nicht getroffen werden.“ (vgl. LT-Drucks. 3/2755, S. 5363 f.; abgedruckt auch bei Lambert/Müller/Sutor, a.a.O., § 27 SchG Anm. 3.6). Hieraus folgt, dass das Letztentscheidungsrecht einschließlich der Zweckmäßigkeitsbeurteilung der staatlichen Schulaufsicht vorbehalten ist, wobei dabei die rechtlich unter anderem durch das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die Pflicht zu „gemeindefreundlichem Verhalten“ gezogenen Grenzen zu wahren sind (VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O.). Der Schulaufsicht ist ein Beurteilungsspielraum eröffnet (vgl. LT-Drucks. 15/1466, S. 26; Senatsurteil vom 08.03.1977 - IX 1523/74 -, a.a.O., 181; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.1985 - 11 S 631/80 -, VBlBW 1986, 344, 346, und Beschluss vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, a.a.O.; VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O.).
65 
Der fachaufsichtlich geprägten Letztentscheidungskompetenz der staatlichen Schulaufsicht im Rahmen des Zustimmungserfordernisses korrespondiert eine eingeschränkte gerichtliche Prüfungskompetenz hinsichtlich einer Prognose, wie sie hier seitens des Regierungspräsidiums getroffen worden ist. Die Gerichte haben ihre Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Behörde die Prognose auf einer zutreffenden und hinreichenden tatsächlichen Grundlage in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet hat (vgl. allgemein etwa BVerwG, Urteile vom 07.07.1978 - IV C 79.76 -, BVerwGE 56, 110, und vom 29.01.1991 - 4 C 51.89 -, BVerwGE 87, 332 betr. Planfeststellungen; speziell zum Schulrecht VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.1985 - 11 S 631/80 -, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.03.1995 - 15 A 900/90 -, NVwZ-RR 1996, 90; Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 1481; Ulbrich, a.a.O., § 31 SchG Rn. 6).
66 
(3) Eine weitere Einschränkung für die im vorliegenden Verfahren vorzunehmende Überprüfung ergibt sich daraus, dass bei Prognosespielräumen die in ihren Rechten Betroffenen nur insoweit einen Anspruch auf sorgfältig erstellte und realistische Prognosen haben, als ihre Rechte davon abhängen beziehungsweise die Prognosen die Grundlage für ihnen auferlegte Beschränkungen ihrer Rechte bilden (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 114 Rn. 37a; ähnlich Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 40 Rn. 32). Die Reichweite des Rechtsschutzes bestimmt sich danach, inwieweit die einschlägige Regelung erlassen ist, um den Interessen des Rechtsschutzsuchenden zu dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.01.1972 - IV C 49.68 -, BVerwGE 39, 235, 237, zum Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Verwaltungsentscheidung; siehe ferner Urteil vom 23.09.1992 - 6 C 2.91 -, BVerwGE 91, 24, 39: „Anspruch auf gerichtliche Durchsetzbarkeit einer grundrechtlich geschützten Rechtsposition“).
67 
Die Klägerin kann sich nur auf die schulische Versorgung der eigenen Einwohner (§ 10 Abs. 1 GemO) berufen, denn es gehört nicht zu ihren Selbstverwaltungsaufgaben, schulische Angebote für Einwohner von Nachbarkommunen vorzuhalten (vgl. Lambert/Müller/Sutor, a.a.O., § 27 SchG Anm. 3.7; in diesem Sinne auch VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O.; VG Potsdam, Beschluss vom 28.07.2003 - 12 L 511/03 -, a.a.O. Rn. 24). Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sind nur diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.1988 - 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 -, BVerfGE 79, 127; VerfGH Brandenburg, Urteil vom 17.07.1997 - 1/97 -, LKV 1997, 449, 450).
68 
Mit Rücksicht auf die Pflicht zu „gemeindefreundlichem Verhalten“ kann allenfalls ergänzend mit in den Blick genommen werden, welchen Zuspruch eine geplante Schule voraussichtlich bei Schülerinnen und Schülern aus benachbarten Gemeinden finden wird, soweit ein Schulträger schutzwürdig auf deren Berücksichtigung vertrauen kann. Ein schützenswertes Vertrauen kann dabei allerdings nicht dadurch hervorgerufen werden, dass eine Gemeinde die staatliche Planung vor der abschließenden Entscheidung durch „vorauseilende“ Investitionen zu binden versucht. Das kommunale Selbstverwaltungsrecht gibt dem Schulträger nicht die Befugnis, durch die Beschaffung von zusätzlichem Schulraum die Schulorganisation in einer solchen Weise „mitzubestimmen“ (vgl. OVG Brandenburg, Beschluss vom 30.07.1997 - 1 B 83/97 -, a.a.O.).
69 
(4) Ausgehend davon verletzt die angegriffene Prognoseentscheidung die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach ihrer Eigenangabe unter Nr. 5 b) der mit ihrem Antrag eingereichten Tabelle beträgt in ihrem „originären Einzugsgebiet“, zu dem sie neben xxx auch xxx und xxx zählt, die relevante Schülerzahl insgesamt nur 15 bis 20 (Abschnitt: „Begründung des öffentlichen Bedürfnisses / Darstellung und Berechnung der zu erwartenden Schülerzahl bzw. der Einschätzung der Erwartung der Erreichung der Zweizügigkeit oder der 20 Schüler bei Einzügigkeit für die Eingangsklasse[n] der GMS [Herkunft/Wohnort der Schüler, von welchen Schularten/Schule diese voraussichtlich in welcher Anzahl abgezogen werden]“). Diese Zahl bleibt deutlich unter dem Wert von 40 Schülern, der nach dem Gesetz langfristig prognostizierbar sein muss. Ebenfalls deutlich unter 40 Schülern liegen die Zahlen, die sich - gleichgültig, welche Betrachtung man anstellt - aus dem Material der „Prüfung Schulorganisation“ des Regierungspräsidiums ergeben. So beträgt die Zahl der zu erwartenden Schüler, die von der eigenen Grundschule auf eine etwaige Gemeinschaftsschule übergehen würden, bei den 41 Kindern in der vierten Klasse und einer entsprechend den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ angenommenen Übergangsquote von 50 % lediglich 21. Legt man die Gesamtzahl der Grundschüler in den Klassen 1 bis 4 zugrunde, so errechnet sich bei einem Wert von 189 Schülern ein Durchschnittswert von 47,25, was bei der fünfzigprozentigen Übergangsquote einen Erwartungswert von 24 Schülern ergibt. Die langfristige Prognose des Regierungspräsidiums lässt (ausgehend von 3.976 Einwohnern bei einer Geburtenquote von 0,83 %) auf einen Wert von 33 Grundschülern und demnach auf einen Erwartungswert von 17, die mittelfristige Prognose (ausgehend von der durchschnittlichen Zahl der Geburten in den Jahren 2005 bis 2010) auf einen Wert von 39 Grundschülern und demnach auf einen Erwartungswert von 19 schließen. Im Ergebnis ist somit die Prognose des Regierungspräsidiums, dass weniger als 40 Schüler langfristig zu prognostizieren sind, jedenfalls insoweit nicht rechtswidrig, als es um die Rechte der Klägerin geht. Es ist auch weder dargelegt noch sonst ersichtlich, sondern angesichts der deutlich zu niedrigen Zahlenwerte vielmehr fernliegend, dass sich an den rechnerischen Verhältnissen in der Zeit zwischen der Erhebung des Regierungspräsidiums und der Entscheidung des Senats etwas Erhebliches geändert hat.
70 
Besondere Umstände, die geeignet wären, ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin auf die Einbeziehung externer Schülerströme zu begründen, sind nicht ersichtlich.
71 
Zu berücksichtigen ist auch, dass es der Klägerin offen steht, sich freiwillig mit anderen Gemeinden - deren Bereitschaft vorausgesetzt - zu einem leistungsfähigeren Schulträger beziehungsweise einem solchen mit größerem Schülerpotenzial zusammenzuschließen, um so die Zustimmung der Schulaufsicht zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule zu erwirken (vgl. zu diesem Gedanken bereits BVerfG, Urteil vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, a.a.O.; VerfGH Brandenburg, Urteil vom 17.07.1997 - 1/97 -, a.a.O.). Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SchG können Gemeinden, Landkreise und Regionalverbände mit Zustimmung der oberen Schulaufsichtsbehörde zur gemeinsamen Erfüllung der ihnen als Schulträger obliegenden Aufgaben Schulverbände bilden oder öffentlich-rechtliche Vereinbarungen abschließen (vgl. dazu und zu ggf. anderen Möglichkeiten des Zusammenwirkens etwa Ulbrich, a.a.O., § 31 SchG Rn. 1 ff.). Handelt eine Gemeinde hingegen ohne Abstimmung mit ihren Nachbargemeinden und ist deshalb die Prognose gerechtfertigt, dass die geplante Gemeinschaftsschule keine ausreichend breite und nachhaltige Existenzgrundlage hat, so muss sie es hinnehmen, dass dies zu ihren Lasten geht. Es war sogar gerade ein - vom Gesetzgeber dann aufgegriffener - Wunsch der kommunalen Landesverbände, im Genehmigungsverfahren der Gemeinschaftsschule nicht nur auf die Prognose „für diese (die beantragte) Schule“ abzustellen, sondern in die Entscheidung auch die Belange der benachbarten Schulträger einzubeziehen (vgl. LT-Drucks. 15/1466, S. 23). Das verdeutlicht, dass eine „Gesamtschau der Schulstruktur vor Ort“ (LT-Drucks., a.a.O.) letztlich objektiv auch kommunalen Interessen entspricht.
72 
(5) Selbst wenn man umfassend - ohne die gerichtliche Kontrolle auf die eigenen Einwohner der Klägerin zu beschränken - prüft, ob das Regierungspräsidium seinen Beurteilungsspielraum eingehalten hat, gibt es keine durchschlagenden Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Regierungspräsidiums.
73 
Das Regierungspräsidium hat in seiner Klageerwiderung sowie in seiner Berufungserwiderung nachvollziehbar erläutert, dass man ausgehend von der Gesetzesbegründung zu § 8a SchG (LT-Drucks. 15/1466, S. 13) eine dauerhafte Zweizügigkeit für erforderlich gehalten habe. Die Prognose habe sich deshalb nicht auf die Festlegung eines denkbaren Einzugsbereichs und die Berechnung möglicher Schülerzahlen (erste Stufe) beschränken können, sondern habe im Anschluss daran eine Bewertung der Schülerzahlen auf Wahrscheinlichkeit und Dauerhaftigkeit erfordert (zweite Stufe). Die erste Stufe habe den Zweck gehabt, die Daten zu erheben. Hierbei sei im Rahmen der Prüfung der Schulorganisation das Datenmaterial deshalb so ausführlich dargestellt worden, um die Zwischenschritte der Berechnung sichtbar und damit transparent zu machen. Auf der zweiten Stufe sei die Bewertung dieser Daten und damit die eigentliche Prognose erfolgt.
74 
Die Klägerin beanstandet die Bewertung auf der „zweiten Stufe“ in verschiedener Hinsicht und vertritt die Ansicht, das Regierungspräsidium hätte die auf der „ersten Stufe“ nach bestimmten (hypothetischen) Übergangsquoten ermittelten Daten in Form von errechneten Schüler-Zahlenwerten unverändert seiner Prognose zugrunde legen müssen. Ihre Einwände greifen aber im Ergebnis nicht durch.
75 
Das von der Klägerin für ihre Kritik in erster Linie in Bezug genommene Schreiben des Regierungspräsidiums ist mit „Allgemeine Prognosegrundlagen“ überschrieben und lautet:
76 
„Am Schulstandort der künftigen GMS:
77 
Übergangsquote 50 %:
Grundschule am Standort der künftigen GMS und es ist keine andere weiterführende Schule außer der künftigen GMS am Schulstandort vorhanden.
78 
Übergangsquote 40 %:
Grundschule am Standort der künftigen GMS und es sind andere weiterführende Schulen außer der künftigen GMS am Schulstandort vorhanden.
79 
Im Einzugsbereich der künftigen GMS
80 
Übergangsquote 30 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln weniger als 30 Minuten (gute Erreichbarkeit).
81 
Übergangsquote 20 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln zwischen 30 und 45 Minuten.
82 
Übergangsquote 10 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln zwischen 45 Minuten und 1 Stunde.
83 
Übergangsquote 10 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln mehr als 15 Minuten und eigene weiterführende Schule/n am Ort.“
84 
Die nach diesem Maßstab ermittelten Zahlen waren für das Regierungspräsidium nicht bindend. Das Prognoseverfahren des Regierungspräsidiums war von Anfang an zweistufig aufgebaut, so dass nicht argumentiert werden kann, die zweite Stufe sei erst nachträglich „erfunden“ worden, um ein erwünschtes, von den Daten der ersten Stufe aber nicht gedecktes Ergebnis zu rechtfertigen. Das Regierungspräsidium hat hierzu überzeugend angegeben, die errechneten Schülerzahlen hätten (zwingend) in einem zweiten Schritt auf ihre Wahrscheinlichkeit überprüft werden müssen, weil sich in vielen räumlichen Gebieten die Einzugsbereiche verschiedener Schulen überschnitten hätten, die Schüler aber nicht doppelt hätten gewertet werden können. Maßgebend sei gewesen, auf welche weiterführenden Schulen die Grundschüler der Nachbargemeinden „traditionsgemäß“ wechselten und welche weiterführenden Schulen in den einbezogenen Gemeinden und Stadtteilen bereits vorhanden seien und von den dortigen Grundschülern besucht werden könnten.
85 
Dieser Vortrag entspricht auch der Aktenlage. In dem Bogen „Prüfung Schulorganisation“ befindet sich neben den die erste Prognosestufe betreffenden Gliederungspunkten zur Datenerhebung („3. Sachverhalt/Sachstand/Relevante Daten“ sowie „4.1 kurzfristige Prognose“ und „4.2 Schülerzahlprognose/dauerhafter Bestand“, jeweils mit Untergliederungen) zwar kein eigener Gliederungspunkt, der die zweite Bewertungsstufe detailliert abbildet. Unter dem Gliederungspunkt „2. Bewertung und Entscheidungsvorschlag“ ist jedoch dargestellt, inwieweit Schüler der Nachbargemeinden in die Prognose einbezogen wurden und somit von den auf der ersten Stufe errechneten Daten (gemäß den vorgenannten Gliederungspunkten 3., 4.1 und 4.2) abgewichen wurde. Ein solcher Prüfungsschritt findet sich (stets als Nr. 2) in allen dem Gericht vorliegenden Akten jeweils in dem Dokument „Prüfung Schulorganisation“.
86 
Zutreffend weist das Regierungspräsidium auch darauf hin, dass bereits nach den allgemeinen Prognosegrundlagen des Kultusministeriums, aus denen das Regierungspräsidium seine eigenen „allgemeinen Prognosegrundlagen“ abgeleitet hat, ausdrücklich der Bezug zu Nachbargemeinden herzustellen und die Betroffenheit anderer Schulträger zu prüfen war. So heißt es dort wörtlich:
87 
„Im Rahmen der Bewertung des öffentlichen Bedürfnisses sind auch die Stellungnahmen der von der Genehmigung berührten anderen kommunalen Schulträger einzubeziehen: Bei der Frage der Berücksichtigung der Schüler. dieser Schulträger an der beantragten Gemeinschaftsschule ist ggf. in die Bewertung einzubeziehen, ob andere berührte Schulträger bereits selbst die Beantragung einer Gemeinschaftsschule beabsichtigen. Da die Schüler nicht doppelt gewertet werden können, ist bei der Prognose ggf. zu berücksichtigen, ob ein Abzug der Schüler durch eine Genehmigung einer Gemeinschaftsschule dann zur Einzügigkeit des jetzigen Antrage führen würde und z.B. der berührte Schulträger selbst genügend Potenzial für eine eigene Gemeinschaftsschule (evtl. mehrere) hat. Damit ist zu prüfen, ob die Zweizügigkeit der beantragten Gemeinschaftsschule auch ohne diese Schüler dauerhaft prognostiziert werden kann.
88 
In die Vorbereitung einer Prognose sind die Schülerzahlen der bestehenden Grundschulen, die Prognosen der künftigen Geburten sowie die Übergangsquoten auf die bisherigen weiterführenden Schulen darzustellen und ggf. in die Bewertung einzubeziehen.“
89 
Dem ist unzweideutig zu entnehmen, dass es bei einer schematischen Berechnung gemäß einheitlichen Übergangsquoten nicht sein Bewenden haben kann (ähnlich nunmehr auch die Angaben in Kapitel 4 der vom Kultusministerium herausgegebenen „Handreichung zur Beantragung einer Gemeinschaftsschule“ in der Fassung mit Gültigkeit ab 01.01.2014).
90 
Nur dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der sich in der Gesetzesbegründung zu § 8a SchG (LT-Drucks. 15/1466, S. 26) wie folgt niedergeschlagen hat:
91 
„Bei der Entscheidung über einen Einrichtungsantrag eines Schulträgers kommt es auf die Verhältnisse des jeweiligen Einzugsbereiches an: zum Beispiel Schülerzahl, örtliche Geburtenrate, Bildungswahlverhalten, Verkehrsanbindung, Auswirkungen auf andere Schulen. Das Kultusministerium hat hierbei einen Beurteilungsspielraum, dem allerdings das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die darauf abzuleitende Pflicht zu gemeindefreundlichem Verhalten Grenzen setzen.“
92 
Mit dem bewussten Rekurs auf den „jeweiligen“ Einzugsbereich und die beispielhaft erwähnten, teils sehr individuell ausgeprägten Kriterien Schülerzahl, örtliche Geburtenrate, Bildungswahlverhalten, Verkehrsanbindung sowie Auswirkungen auf andere Schulen wäre eine landesweit einheitlich pauschalierende Sichtweise schwerlich vereinbar.
93 
Schließlich geht aus der Bezeichnung „allgemeine Prognosegrundlagen“ selbst hervor, dass es sich nur um „allgemeine“, mithin einer Konkretisierung bedürftige „Grundlagen“ für eine (erst zu erstellende und nicht unmittelbar ableitbare) Prognose handelt. Dies wird auch daran deutlich, dass die Übergangsquoten in den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Kultusministeriums nur ein Element unter mehreren bilden, während die „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Regierungspräsidiums das Element „Übergangsquoten“ herausgreifen und ausdifferenzieren, ohne dabei zu erkennen zu geben, die Prognose - was auch zumindest bedenklich wäre - auf diesen Faktor verengen zu wollen.
94 
Dabei verkennt der Senat nicht, dass den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Regierungspräsidiums mit ihren Übergangsquoten selbst eine Prognose innewohnt. Dies schließt jedoch eine Offenheit der mit ihrer Hilfe gefundenen Ergebnisse für eine konkretere Bewertung unter Einbeziehung zusätzlicher Faktoren nicht aus, womit den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ der Rang einer „rechnerischen Prognose innerhalb einer umfassenderen Prognose“ zukommt.
95 
Was sonst noch das Verhältnis der ersten zu der zweiten Prognosestufe angeht, trifft es zu, dass es keine Ableitung gibt, die in ihrer Genauigkeit der Datenermittlung auf der ersten Stufe entspricht. Insbesondere gibt es keinen Algorithmus und keine allgemeingültige „Formel“ zur Korrektur der auf der ersten Stufe ermittelten Ergebnisse. Dies macht die Prognoseentscheidung des Regierungspräsidium aber nicht methodisch fehlerhaft. Zwar mag es auf den ersten Blick unstimmig erscheinen, eine „mathematisch exakte“ Ebene der Datenerhebung mit einer aus allgemeiner Sachkunde auf vielen Gebieten (traditionelle Schülerströme vor Ort, geographische Besonderheiten etc.) gespeisten Korrektur zu verknüpfen, und hat dies insoweit nachvollziehbare Kritik auf der Klägerseite ausgelöst. Indes ist dies kein unzulässiges Vorgehen. Die Anwendung eines mathematischen Modells in einem ersten Schritt legt das Regierungspräsidium nicht auch hinsichtlich seines abschließenden Bewertungsmaßstabes auf eine solche Methodik fest.
96 
Gegen einen Schematismus dieser Art sprechen gewichtige sachliche Gründe. Es drängt sich auf, dass von Ort zu Ort und von Region zu Region die Akzeptanz der verschiedenen Schularten sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Auch sonst gibt es geographische und traditionelle Eigenarten, die sich stark auf das Einzugsgebiet einer Schule auswirken können und sich mit Einwohnerzahlen, bisherigen Schülerzahlen und Entfernungsangaben nicht abschließend erfassen lassen. Insofern liegt es nahe, die im ganzen Regierungsbezirk nach einem einheitlichen Maßstab erhobenen Daten für eine Schülerzahlenprognose einer ortsbezogenen Korrektur zu unterziehen. Es wäre auch weder im Interesse der Klägerin noch anderer Betroffener, wenn die Zustimmung zu einer Schulartänderung erteilt würde, die auf Dauer keinen Bestand haben könnte.
97 
(6) Gemessen an den genannten Sachgründen hat das Regierungspräsidium seine Prognose im vorliegenden Fall hinreichend transparent und methodisch einwandfrei durchgeführt.
98 
Das Regierungspräsidium gibt hierzu an, die auf der ersten Stufe errechneten Schülerzahlen seien auf Wahrscheinlichkeit und Dauerhaftigkeit bewertet worden, wobei zum einen in den Blick genommen worden sei, wie viele Schüler aus den jeweiligen Gemeinden die derzeitige Werkrealschule besuchten und zum anderen, welche schulischen Alternativen für weiterführende Schulen in der Umgebung bestünden. Diese Bewertung habe ergeben, dass realistischer Weise lediglich Schüler aus xxx, der Nachbargemeinde xxx und des Stadtteils xxx (einschließlich xxx) der Stadt xxx eine Gemeinschaftsschule xxx besuchen würden, weshalb bei dieser mit einer voraussichtlichen Schülerzahl von ca. 22 je Jahrgangsstufe auf Dauer nur von Einzügigkeit auszugehen gewesen sei.
99 
Entsprechend heißt es in dem Dokument „Prüfung Schulorganisation“ unter Nr. 2, die xxxschule könne voraussichtlich mit ca. 22 Schülern je Jahrgangsstufe auf Dauer nur einzügig geführt werden. Dabei seien Schüler aus xxx, der Nachbargemeinde xxx und des Stadtteils xxx der Stadt xxx eingerechnet worden. Eine dauerhafte Zweizügigkeit würde nur erreicht, wenn darüber hinaus Schüler aus den Gemeinden xxx, xxx, xxx und xxx sowie aus dem xxx Stadtteil xxx wenigstens teilweise die Gemeinschaftsschule xxx besuchen würden. Da in xxx bereits eine für die Gemeinden xxx und xxx gut erreichbare Realschule (xxxschule) bestehe und insbesondere die Schüler aus xxx und xxx eine lange Anfahrtszeit nach xxx hätten (ca. 45-50 Minuten), sei ein Besuch dieser Schüler in xxx eher unwahrscheinlich.
100 
Diese Argumentation ist nachvollziehbar und einleuchtend. Die Klägerin kann somit nicht damit durchdringen, das Regierungspräsidium habe seinen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum verlassen. Dies gilt umso mehr, als mittlerweile die Zustimmung zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule in xxx erteilt wurde.
101 
Soweit die Klägerin meint, die Zahlen hätten höher angesetzt werden müssen, weil allein die Jahrgangsstufe des Schuljahres 2011/12 eine „einigermaßen realistische Vergleichsgröße“ darstelle, kann ihr nicht gefolgt werden. Zuvor wurde die Schulbezirksbindung abgeschafft, was die hohe Zahl von insgesamt 43 Schülern in der fünften Jahrgangsstufe zumindest zu einem Teil erklären mag. Hinzu kommt, dass die Klägerin mit Bescheid des Regierungspräsidiums vom 14.01.2010 ermächtigt wurde, den bisherigen Hauptschulbezirk unverändert als Schulbezirk für ihre Werkrealschule bis längstens 2016 weiterzuführen. Die xxxschule konnte daher Schüler von außerhalb aufnehmen, während die Haupt- und Werkrealschüler aus dem Gebiet der Klägerin den Schulbezirk nicht verlassen konnten, was - wie der Beklagte meint - auch zu einer „künstlichen“ Erhöhung der Anmeldezahlen geführt haben mag. Dies kann jedoch dahinstehen. Die Klägerin hat eine solch hohe Schülerzahl wie im Schuljahr 2011/12 nämlich weder zuvor noch danach (zumal nach Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung) auch nur annähernd noch einmal erreicht. Es handelt sich daher um keine repräsentative Zahl, sondern - wie das Regierungspräsidium zutreffend angenommen hat - eher um einen „Ausreißer“, der als Maßstab für eine langfristige Prognose nicht zugrunde gelegt werden musste und wohl noch nicht einmal durfte.
102 
(7) Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, dass die Entscheidung des Regierungspräsidiums unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz ergangen sei.
103 
Es spricht schon manches dafür, dass eine Entscheidung, die - wie hier - am Maßstab der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nicht beanstandet werden kann, ebenso nicht unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten gerügt werden kann (vgl. insoweit zu dem Verhältnis des allgemeinen Gleichheitssatzes zu den Freiheitsgrundrechten Heun, in: Dreier, a.a.O., Art. 3 Rn. 140; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 1, 6. Aufl. 2010, Art. 3 Rn. 300 m.w.N.).
104 
Auch lässt sich ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz für den jetzigen Zeitpunkt schon deshalb nicht mehr damit begründen, dass bestimmte Gemeinden im Rahmen der Beurteilung für das Schuljahr 2013/14 („zweite Tranche“) günstiger behandelt worden seien als die Klägerin, weil mittlerweile das Schuljahr 2013/14 beendet ist beziehungsweise das Schuljahr 2014/15 begonnen hat und sich zudem zum 01.08.2014 das Schulgesetz geändert hat.
105 
Ferner kann nicht angenommen werden, es liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen über die Selbstbindung der Verwaltung vor, weil das Regierungspräsidium - nach eigenem Bekunden - seine eigenen „allgemeinen Prognosegrundlagen“, die es aus denjenigen des Kultusministeriums abgeleitet hat, nicht streng mathematisch umgesetzt, sondern mit einer zusätzlichen Bewertungsstufe versehen hat. Wie bereits dargestellt, brachten die „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Regierungspräsidiums nicht zum Ausdruck, dass man sich schematisch an aufgrund fester Übergangsquoten errechnete Schüler-Zahlenwerte zu halten beabsichtigte.
106 
Soweit die Klägerin einzelne Gemeinden benannt hat, die für ihre Gemeinschaftsschulen eine Zustimmung des Regierungspräsidiums erlangt haben, dies aber nach Auffassung der Klägerin ohne günstigere beziehungsweise mit schlechteren Ausgangsbedingungen, hat das Regierungspräsidium dem im Übrigen nachvollziehbare Gründe entgegengehalten:
107 
Hinsichtlich der xxxschule in xxx mit der prognostizierten Schülerzahl von 60 sei zunächst zu beachten, dass diese Gemeinde mit ca. 7.680 Einwohnern bereits etwa doppelt so viele Einwohner aufweise wie die Klägerin (ca. 3.890). Ferner komme xxx seine Lage in einer Zentrumsachse im Filstal zugute. Das Gebiet sei dichter besiedelt. Die Gemeinde profitiere von einer generell höheren Bevölkerung. Darüber hinaus habe berücksichtigt werden können, dass schon bisher Schüler der Grundschule im benachbarten xxx (ca. 2.400 Einwohner) und auch der xxxschule in xxx nach der vierten Klasse in größerer Zahl die Werkrealschule in xxx besucht hätten.
108 
Zu der xxx-Schule in xxx hat das Regierungspräsidium erläutert, dass es sich um eine seit Jahren stabil zweizügig geführte Werkrealschule mit einem größeren Einzugsbereich gehandelt habe.
109 
Bei der (ehemaligen) Grund- und Werkrealschule in xxx (5.200 Einwohner) hat das Regierungspräsidium ebenfalls einen größeren Einzugsbereich festgestellt, zu dem unter anderem auch die Grundschule des Ortes xxx (über 3.500 Einwohner) gehöre.
110 
Bei der (ehemaligen) Grund- und Hauptschule xxx seien neben der eigenen Einwohnerzahl (über 6.500 Einwohner) auch Nachbargemeinden zu berücksichtigen gewesen, die mehrfach Schüler in die dortige Hauptschule geschickt hätten. Es habe jeweils von einer gesicherten stabilen Zweizügigkeit ausgegangen werden können.
111 
Es handelt sich bei diesen Annahmen des Regierungspräsidiums um sachliche Erwägungen, die zwar womöglich jeweils nicht das einzig mögliche Bewertungsergebnis darstellen, im Rahmen des Beurteilungsspielraums aber jedenfalls vertretbar erscheinen.
112 
Ebenso verhält es sich bei anderen Schulen, die im Vergleich betrachtet werden könnten:
113 
Soweit es um die xxxschule (ehemalige Grund- und Werkrealschule) in xxx und die dort prognostizierte Schülerzahl von 37 geht, ist nach den Angaben des Regierungspräsidiums die hohe Einwohnerzahl von xxx (nahezu 60.000 Einwohner) zu beachten. Die Lage der Schule an der Peripherie des Stadtgebietes hindere die Prognose einer dauerhaften Zweizügigkeit aufgrund der Größe des Schulträgers nicht. Das erscheint plausibel.
114 
Bei der xxx-Schule (ehemalige Grund- und Werkrealschule) in xxx bestehe eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung der Gemeinden xxx und xxx über die Einrichtung und Unterhaltung der Gemeinschaftsschule xxx. Beide Gemeinden kämen mit 5.885 (xxx) und 3.143 (xxx) auf zusammen über 8.000 Einwohner und hätten so zusammen die Grundlage für die Prognose einer ausreichenden Schülerzahl geschaffen. Auch diese Argumentation ist nicht zu beanstanden.
115 
Die xxxschule (ehemalige Grund- und Werkrealschule) in xxx wurde nach Angaben des Regierungspräsidiums bewusst als einzige Schule in dessen Zuständigkeitsbereich mit einer prognostizierten Schülerzahl von unter 30 Schülern genehmigt. Die Prognose von 23 Schüler habe sich jedoch nur auf Schüler aus Baden-Württemberg bezogen. Nicht einbezogen worden seien Schüler aus Bayern, die aber seit Jahren diese Schule besuchten und zu einer stabilen Zweizügigkeit der dortigen Werkrealschule geführt hätten. Da darüber hinaus der Antrag der westlich von xxx liegenden Gemeinde xxx auf Einrichtung einer Gemeinschaftsschule aufgrund der Schülerzahlen habe abgelehnt werden müssen und damit habe gerechnet werden können, dass ein Teil der dort prognostizierten Schüler eine Gemeinschaftsschule in xxx besuchen werde, habe bei der xxxschule von einer stabilen Zweizügigkeit ausgegangen werden können. Hiergegen bestehen keine Einwände.
116 
Zu der (ehemaligen) Grund- und Werkrealschule xxx hat sich das Regierungspräsidium so geäußert, dass die Stadt xxx auf 7.431 Einwohner komme. Zudem würden dort regelmäßig Schüler aus Nachbargemeinden wie xxx und xxx beschult, so dass anteilig Schüler von dort hätten berücksichtigt werden können. Auch insoweit hat das Regierungspräsidium seinen Einschätzungsspielraum gewahrt.
117 
Schließlich könnte die Klägerin aus Zustimmungsbescheiden gegenüber anderen Gemeinden, soweit solche rechtswidrig erteilt worden sein sollten, keine Rechte für sich herleiten. Nach allgemeiner Ansicht kann eine sachlich nicht gerechtfertigte Verwaltungspraxis keine Ansprüche auf Gleichheit im Unrecht begründen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13.12.2013 - 2 B 37/13 -, Juris Rn. 9, und vom 04.04.2013 - 2 B 87.12 -, Juris Rn. 10, jeweils m.w.N.). Die Verwaltung ist nach Art. 20 Abs. 3 GG an die Gesetze gebunden. Sie hat die maßgebliche Rechtslage beim Vollzug zu beachten und kann diese nicht aus eigenem Recht ändern, auch nicht im Wege einer ständigen Praxis (vgl. Senatsbeschluss vom 24.01.2012 - 9 S 3310/11 -, VBlBW 2012, 273).
118 
dd) Soweit die Klägerin geltend macht, es bestünden ihr erst nachträglich bekannt gewordene Tatsachen, die die Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht begründeten, ist dies für die Beurteilung des Senats ohne Bedeutung. Selbst wenn den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht eine Pflicht zur Selbstanzeige (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 48 ZPO) getroffen und er gegen diese verstoßen haben sollte, so könnte sich daraus allenfalls ein Berufungszulassungsgrund ergeben (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 54 Rn. 22). Im vorliegenden Fall hat jedoch bereits das Verwaltungsgericht selbst die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
119 
2. Mit dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag kann die Klägerin ebenfalls keinen Erfolg haben.
120 
Versteht man den Antrag so, dass nach jetziger Sach- und Rechtslage die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 04.02.2013 überprüft werden soll, so ergibt sich dieses Ergebnis schon unmittelbar aus den oben (unter I. 2.) aufgeführten Erwägungen.
121 
Legt man den Antrag dagegen in der Weise aus, dass die Rechtswidrigkeit des Behördenhandelns nach dem früheren, vor der Änderung des Schulgesetzes zum 01.08.2014 geltenden Recht festgestellt werden soll, weil der Klägerin nach dem alten Rechtszustand die begehrte Zustimmung noch hätte erteilt werden müssen, fehlt es jedenfalls an dem für diese vergangenheitsbezogene Feststellung erforderlichen (Fortsetzungs-) Feststellungsinteresse. Insbesondere kann sich die Klägerin weder auf ein Rehabilitations- noch auf ein Präjudizinteresse für einen unter Umständen angestrebten Schadensersatzprozess stützen.
122 
Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 14.12 -, BVerwGE 146, 303 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt (vgl. auch VG Münster, Urteil vom 12.07.2013 - 1 K 1296/13 -, Juris Rn. 30).
123 
Ein mögliches Präjudizinteresse für einen späteren Schadensersatzprozess scheitert hier daran, dass die Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen von vornherein aussichtslos ist. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und sich dies ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung aufdrängt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, NVwZ-RR 2014, 465, 468 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, weil das Verwaltungsgericht im Rahmen einer Hauptsacheentscheidung und in voller Kammerbesetzung die Entscheidung des Regierungspräsidiums für rechtmäßig befunden hat. Ein für einen Amtshaftungsprozess erforderliches Verschulden entfällt grundsätzlich, wenn das Handeln von einem Kollegialgericht für rechtmäßig gehalten wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, a.a.O.). Dies gilt nur dann nicht, wenn die beanstandete Maßnahme von einem Fachgremium beschlossen wurde, von dem im Hinblick auf seine Zusammensetzung ein Höchstmaß an Sachkenntnis zu erwarten und die Fähigkeit zu besonders gründlicher Prüfung zu verlangen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, a.a.O.), wenn es sich um grundlegende Maßnahmen oberster Dienststellen handelt, die durch Auswertung allen einschlägigen Materials und erschöpfende Abwägung aller Gesichtspunkte vorbereitet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99 = Juris Rn. 28 m.w.N.) oder wenn die kollegialgerichtliche Entscheidung nicht auf einer eingehenden Prüfung beruht, sondern wesentliche rechtliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, a.a.O.). Keine dieser Ausnahmen von der „Kollegialgerichtsrichtlinie“ greift hier. Insbesondere hat mit dem Regierungspräsidium weder ein besonderes Gremium der Selbstverwaltung noch eine oberste Behörde die im Streit stehende Entscheidung getroffen.
124 
Angesichts dessen kann dahinstehen, ob die Klägerin überhaupt hinreichend konkrete Angaben zum behaupteten Schaden beziehungsweise zur Schadenshöhe gemacht hat (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.01.2003 - 13 A 4859/00 -, NVwZ-RR 2003, 696; Wolff, a.a.O., § 113 Rn. 278) und ob ein Amtshaftungsprozess vor dem Zivilgericht in genügendem Maße ernsthaft beabsichtigt ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.1997 - 5 S 3206/95 -, NVwZ-RR 1998, 549).
125 
Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin unter Geltung des Schulgesetzes in der vor dem 01.08.2014 geltenden Fassung Aussicht auf einen Erfolg ihrer Verpflichtungsklage gehabt hätte.
126 
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
127 
Beschluss
vom 12. August 2014
128 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 38.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013, VBlBW 2014, Sonderbeilage zu Heft 1, hier hälftig angesetzt).
129 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
34 
I. Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.02.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die begehrte Verpflichtung des Beklagten oder auf eine Neubescheidung ihres Antrags (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO, im Folgenden unter 1.). Auch die hilfsweise begehrte Feststellung kann nicht ausgesprochen werden (im Folgenden unter 2.).
35 
1. a) Das mit dem Hauptantrag verfolgte Rechtsschutzbegehren ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Der Klägerin kommt aufgrund einer möglichen Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zu (vgl. Senatsurteil vom 08.03.1977 - IX 1523/74 -, ESVGH 28, 175 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, abgedruckt bei Bosse/Burk, Schulrecht Baden-Württemberg, Rspr., § 31 SchG E 1; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2011 - 19 B 478/11 -, NWVBl 2011, 436; VG Sigmaringen, Urteil vom 17.12.2010 - 4 K 1549/10 -, Juris; VG Potsdam, Beschluss vom 28.07.2003 - 12 L 511/03 -, Juris Rn. 15). Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 68 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO, § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO). Auch ein Rechtsschutzinteresse kann der Klägerin nicht abgesprochen werden.
36 
b) Die Verpflichtungsklage ist jedoch nicht begründet.
37 
aa) Als Rechtsgrundlage für die begehrte Entscheidung des beklagten Landes kommt allein § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SchG in Betracht.
38 
Nach § 8a Abs. 5 Satz 1 SchG entstehen die Gemeinschaftsschulen auf Antrag der Schulträger nach Zustimmung des Kultusministeriums 1. durch die Einrichtung einer neuen Schule oder 2. mit Zustimmung der Schulkonferenz durch eine Schulartänderung bestehender weiterführender allgemein bildender Schulen. Mit der Verwendung der Begriffe Einrichtung beziehungsweise Schulartänderung wird auf § 30 SchG verwiesen. § 30 Abs. 1 Satz 1 SchG sieht vor, dass der Beschluss eines Schulträgers über die Einrichtung einer öffentlichen Schule der Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde, also gemäß § 35 Abs. 1 SchG des Kultusministeriums, bedarf. Nach § 30 Abs. 4 Satz 1 SchG gelten die Vorschriften über die Einrichtung und Aufhebung einer öffentlichen Schule entsprechend für die Änderung einer öffentlichen Schule. Als Änderung einer Schule sind dabei gemäß § 30 Abs. 4 Satz 2 SchG die Änderung der Schulart, der Schulform (Normalform oder Aufbauform) oder des Schultyps sowie die dauernde Teilung oder Zusammenlegung, die Erweiterung bestehender Schulen, die Einrichtung von Außenstellen sowie die Verteilung der Klassen auf Schulen mit Außenstellen zu behandeln.
39 
Im vorliegenden Fall geht es um die Entstehung einer Gemeinschaftsschule im Wege einer Schulartänderung (§ 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SchG) und damit im Wege der Änderung einer Schule im Sinne von § 30 Abs. 4 Satz 2 SchG. Das folgt daraus, dass die bestehende Grund- und Werkrealschule im Ergebnis in eine Gemeinschaftsschule (einschließlich Grundschule, vgl. § 8a Abs. 2 Satz 2 SchG = § 8a Abs. 2 Satz 4 SchG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung) umgewandelt werden soll und es sich nach der Aufzählung in § 4 Abs. 1 Satz 4 SchG hierbei um unterschiedliche Schularten handelt.
40 
Im Streit steht hier nicht die im ersten Satzteil von § 8a Abs. 5 Satz 1 SchG geforderte (gegebenenfalls zusätzlich erforderliche) „Zustimmung des Kultusministeriums“, sondern die in § 30 Abs. 1 Satz 1 SchG genannte, durch Verweisung in Bezug genommene „Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde“.
41 
bb) Der angegriffene Bescheid vom 04.02.2013 ist formell rechtmäßig, da weder Zuständigkeits- noch Verfahrensregeln verletzt sind.
42 
(1) Das Regierungspräsidium Stuttgart hat die Ablehnungsentscheidung als sachlich zuständige Behörde getroffen. Das folgt aus einer zulässigen und auch tatsächlich wirksam erfolgten Zuständigkeitsübertragung vom Kultusministerium auf das Regierungspräsidium. Gemäß § 35 Abs. 5 Satz 1 SchG wird das Kultusministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung Zuständigkeiten, die durch das Schulgesetz begründet sind, auf nachgeordnete Schulaufsichtsbehörden zu übertragen, soweit dies zur sachgerechten Erledigung geboten erscheint. Soweit die obere Schulaufsichtsbehörde (mithin nach § 34 Abs. 1 SchG das Regierungspräsidium) betroffen ist, bedarf die Rechtsverordnung des Einvernehmens des Innenministeriums (§ 35 Abs. 5 Satz 2 SchG). Von der Verordnungsermächtigung wurde mit der Verordnung des Kultusministeriums über die Zuständigkeit für schulorganisatorische Maßnahmen vom 18.10.2000 (GBl. S. 731 - SchulOrgZustV, zuletzt geändert durch Verordnung vom 24.09.2012, GBl. S. 550) Gebrauch gemacht. Das Einvernehmenserfordernis des § 35 Abs. 5 Satz 2 SchG wurde dabei gewahrt.
43 
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SchulOrgZustV überträgt das Kultusministerium mit Ausnahme der Maßnahmen, die die Weiterentwicklung des Schulwesens nach § 22 SchG zum Ziel haben, die Befugnis für schulorganisatorische Maßnahmen nach § 30 Abs. 1 und 3 Satz 1 SchG zur Einrichtung und Aufhebung von Grundschulen (§ 5 SchG), Hauptschulen und Werkrealschulen (§ 6 SchG) und Gemeinschaftsschulen (§ 8a SchG) auf die Regierungspräsidien.
44 
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SchulOrgZustV gilt die Zuständigkeitsübertragung auf das Regierungspräsidium auch für die Befugnisse nach § 30 Abs. 4 SchG für die Änderung bestehender Schulen aller Schularten mit Ausnahme der Änderung der Schulart oder des Schultyps. Der Wortlaut dieser Bestimmung legt es zunächst nahe, die Zuständigkeit für die Zustimmung zu einer Schulartänderung - wie sie gerade hier im Raum steht - als nicht übertragen zu betrachten. Hierbei bliebe aber unberücksichtigt, dass der zweite Satz von § 1 Abs. 1 SchulOrgZustV eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des ersten Satzes von den Schularten Grundschule, Hauptschule und Werkrealschule und Gemeinschaftsschule auf sämtliche Schularten vornimmt, soweit es um die Befugnisse nach § 30 Abs. 4 SchG geht, und hieran anknüpfend eine Rückausnahme für die Änderung der Schulart oder des Schultyps macht. Nach Sinn und Zweck der Norm wird daher, vom Wortlaut gerade noch gedeckt, die Zuständigkeit für Schulartänderungen nur insoweit nicht den Regierungspräsidien übertragen, als es um andere Schularten als Grundschule, Hauptschule und Werkrealschule sowie Gemeinschaftsschule geht. Hierfür spricht auch, dass die Schulartänderung - zumindest im Wesentlichen - der Kombination einer Schulaufhebung mit der gleichzeitigen Neueinrichtung einer anderen Schule am selben Ort gleichkommt. Mit der Entstehungsgeschichte von § 1 Abs. 1 SchulOrgZustV steht dieses Ergebnis in Einklang, wobei früher (bis zur Änderung durch die Verordnung vom 11.02.2010, GBl. S. 328) lediglich die Befugnisse nach § 30 Abs. 4 SchG für die Erweiterung bestehender Schulen (mit bestimmten Ausnahmen) ohne Differenzierung nach Schularten übertragen waren, so dass sich aus der Altfassung keine Schlüsse für die Auslegung der Neufassung ziehen lassen. Die Zuständigkeit für Schulartänderungen betreffend Grundschulen, Hauptschulen und Werkrealschulen sowie Gemeinschaftsschulen ist somit auf die Regierungspräsidien übertragen worden.
45 
Das Regierungspräsidium hat die Entscheidung über die Zustimmung auch tatsächlich selbst getroffen, obwohl aus seinen Akten hervorgeht, dass vor Erlass des Ablehnungsbescheides der Antrag dem Kultusministerium „mit allen Unterlagen zur Entscheidung vorgelegt“ werden sollte (S. 12 des im Entwurf vorliegenden Dokuments „Prüfung Schulorganisation“, datiert mit dem 27.11.2012) beziehungsweise auch vorgelegt wurde (vgl. Klageerwiderung vom 16.05.2013, S. 4: Ablehnung seitens des Regierungspräsidiums „nach Überprüfung und Entscheidung durch das Kultusministerium“). § 8a Abs. 5 Satz 1 SchG sieht die Zustimmung des Kultusministeriums als eigene Voraussetzung für das Entstehen einer Gemeinschaftsschule neben der nach § 30 SchG erforderlichen Zustimmung vor. Es lässt sich den Akten nicht entnehmen, dass sich das Regierungspräsidium auch die eigene Entscheidungskompetenz über die Zustimmung vom Kultusministerium gänzlich aus der Hand nehmen ließ.
46 
Erst recht hat das Regierungspräsidium die Entscheidung nicht dem Schulamt überantwortet, dessen Stellungnahme es im Rahmen des Verfahrens eingeholt hat. Wenngleich es in dem Dokument „Prüfung Schulorganisation“ auf Seite 12 heißt, das Regierungspräsidium schließe sich „der Auffassung des SSA (= Staatlichen Schulamts) vollinhaltlich an“, bedeutet dies nicht, dass das Regierungspräsidium keine eigene Prüfung vorgenommen oder gar die Verantwortung für seine Entscheidung an das Schulamt abgegeben hat.
47 
(2) Die Klägerin kann sich auch nicht darauf stützen, dass keine beziehungsweise nur eine unzureichende Anhörung vor Erlass des Bescheides vom 04.02.2013 stattgefunden habe.
48 
Nach § 28 Abs. 1 LVwVfG ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Ausgehend davon könnte man hier ein Anhörungsgebot schon deshalb verneinen, weil es an einem Akt der „Eingriffsverwaltung“ fehlt, wenn „nur“ der Erlass eines Verwaltungsakts abgelehnt wird, der erst eine Rechtsposition gewähren soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.10.1982 - 3 C 46.81 -, BVerwGE 66, 184, m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.06.2011 - 10 B 1.11 -, Juris; a.A. Grünewald, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 28 Rn. 18; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 28 Rn. 26a; offen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.10.1993 - 14 S 2085/93 -, NVwZ 1994, 919). Ob dem zu folgen ist, kann allerdings ebenso dahinstehen wie die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, von der Anhörung habe nach § 28 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG abgesehen werden können, weil von den tatsächlichen Angaben der Klägerin, die diese in ihrem Antrag gemacht habe, nicht zu ihren Ungunsten abgewichen worden sei. Gleichermaßen nicht entscheidungserheblich ist es, ob bereits das vor der Ablehnungsentscheidung geführte Gespräch zwischen den Vertretern des Regierungspräsidiums und denjenigen der Klägerin als hinreichende Anhörung gewertet werden kann. Insoweit könnte unter Umständen bemängelt werden, dass darüber nichts aktenkundig gemacht wurde (vgl. Grünewald, a.a.O., § 28 Rn. 26). Auf all diese Gesichtspunkte kommt es deshalb nicht an, weil jedenfalls ein etwaiger Anhörungsmangel inzwischen geheilt worden ist.
49 
Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 LVwVfG nichtig macht, ist nämlich unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG). Die Nachholung kann bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgen (§ 45 Abs. 2 LVwVfG). Dies zugrunde legend hatte die Klägerin mittlerweile ausreichend Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen. Zwar stellen schlichte Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren noch keine nachträgliche Anhörung im Sinne von § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 - 3 C 14.09 -, BVerwGE 137, 199; Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, a.a.O., § 45 Rn. 47). Anders verhält es sich jedoch dann, wenn - wie hier - auf die schriftsätzlich vorgebrachten Einwände gegen eine Behördenentscheidung eine umfassende schriftliche Replik sowie eine Aussprache im Rahmen der mündlichen Verhandlung folgen. Denn dann hat die Behörde in angemessener Weise Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt und zu erkennen gegeben, dass sie auch nach Prüfung des Vorbringens an ihrer Entscheidung festhält (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 4 AS 37/09 R -, NJW 2011, 1996; Hufen/Siegel, Fehler im Verwaltungsverfahren, 5. Aufl. 2013, Rn. 960).
50 
(3) Auch auf einen formalen Begründungsmangel des Bescheides vom 04.02.2013 kann sich die Klägerin nicht (mehr) berufen. Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG). In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 39 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG). Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (§ 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG). Die erforderliche Begründung kann jedoch auch nachträglich bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gegeben werden (§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 LVwVfG). Jedenfalls letzteres ist geschehen, indem der Beklagte seinen Bescheid schriftsätzlich umfassend verteidigt hat. Darauf, ob die Begründung auch inhaltlich Überlegungen enthält, die die Ablehnungsentscheidung tragen können, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil § 39 LVwVfG nur die formelle Begründungspflicht regelt (vgl. etwa Hufen/Siegel, a.a.O., Rn. 490; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 39 Rn. 2).
51 
(4) Schließlich leidet das vom Regierungspräsidium durchgeführte Verwaltungsverfahren auch sonst an keinen Fehlern.
52 
Zwar dürfte dieses nicht in jeder Hinsicht den seit dem 01.08.2014 geltenden Anforderungen entsprechen, die durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes Baden-Württemberg vom 03.06.2014 (GBl. S. 265) eingeführt worden sind (zum Zeitpunkt des Inkrafttretens vgl. Art. 2 des Änderungsgesetzes). Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 SchG ist nunmehr vor der Entscheidung über die Zustimmung zur Schulartänderung eine regionale Schulentwicklung nach § 30a bis § 30e SchG durchzuführen. In deren Rahmen ist ein umfassendes „Dialog- und Beteiligungsverfahren“ vorgesehen, das wohl noch über die vom Regierungspräsidium bereits im hier zu beurteilenden Verfahren gewählten Beteiligungsformen hinausgeht. Nach jetzigem Recht „sollen die anderen von der schulorganisatorischen Maßnahme berührten Gemeinden und Landkreise und weiteren Berührten, wie z.B. Gesamtelternvertretungen, die Wirtschaft, die Stadt- und Landkreise wegen der Zuständigkeit für die Belange der Schülerbeförderung und des ÖPNV sowie die Schulen in freier Trägerschaft eine Stellungnahme zu den erwarteten Auswirkungen abgeben können“ (vgl. LT-Drucks. 15/5044, S. 39). Die regionale Schulentwicklung ist auf die Herbeiführung eines Konsenses ausgerichtet und schreibt bei Uneinigkeit ein besonderes Schlichtungsverfahren vor. Diese neuen Regeln wirken sich jedoch auf den hier zu beurteilenden Fall nicht aus. Das ergibt sich aus Folgendem:
53 
In materieller Hinsicht ist für die gerichtliche Prüfung des Begehrens der Klägerin, auch soweit es um einen Beurteilungsspielraum geht, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat maßgeblich. Denn der behauptete Anspruch kann nur zugesprochen werden, wenn die Voraussetzungen hierfür aktuell noch vorliegen (vgl. dazu Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 113 Rn. 102 ff.). Gegenteiliges lässt sich weder dem Schulgesetz entnehmen noch ist etwa wegen einer „in der Verwaltungsebene abgeschlossenen Planung“ (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14.02.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56 = Juris Rn. 29; Urteil vom 21.05.1976 - IV C 80.74 -, BVerwGE 51, 15 = Juris Rn. 32) auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt abzustellen. Auch Gründe des Vertrauensschutzes stehen dem nicht entgegen, zumal das geltend gemachte Recht nicht mit einem Subventions-, Beihilfe-, Sozialhilfe- oder Kostenerstattungsanspruch vergleichbar ist (vgl. dazu Bay. VGH, Urteil vom 18.10.2007 - 21 BV 05.1690 -, BayVBl 2008, 347). Eine unzulässige „echte Rückwirkung“ schulgesetzlicher Bestimmungen (vgl. dazu aus dem Bereich des Steuerrechts BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 07.07.2010 - 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06 -, BVerfGE 127, 31) wird so schon deshalb nicht bewirkt, weil es nicht um einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Lebenssachverhalt geht. Bei der Regelung über die Zustimmung zu einer Schulartänderung handelt es sich auch nicht um ein „Zeitabschnittsgesetz“ (siehe hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 113 Rn. 221 m.w.N.). Daraus folgt, dass die Änderungen zum 01.08.2014, soweit sie inhaltliche Anforderungen betreffen, berücksichtigt werden müssen. Anders ist es aber bei den verfahrensrechtlichen Neuerungen, die das Änderungsgesetz mit sich gebracht hat.
54 
Es ist ein Grundsatz des intertemporalen Verfahrensrechts, dass bereits begonnene Verfahren im Fall einer Rechtsänderung nach dem neuen Verfahrensrecht zu Ende zu führen sind (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 11.06.2013 - 8 ZB 12.784 -, BayVBl 2013, 690; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 96 Rn. 3; siehe auch BVerwG, Urteile vom 26.03.1985 - 9 C 47.84 -, NVwZ 1986, 45, und vom 14.04.2011 - 3 C 20.10 -, BVerwGE 139, 323; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.2011 - 3 S 2439/09 -, VBlBW 2012, 145). Abgeschlossene Verwaltungsverfahren bleiben hingegen abgeschlossen und müssen nicht nach neuem Verfahrensrecht wiederholt werden (vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 96 Rn. 1; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 96 Rn. 4). Dies trifft auf das Verwaltungsverfahren, auf dem der hier in Rede stehende Verwaltungsprozess beruht, zu. Denn das auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtete Verfahren endet (spätestens und jedenfalls in Fällen, in denen wie hier kraft Gesetzes kein Widerspruchsverfahren stattfindet) mit dessen Bekanntgabe (vgl. BVerwG, Urteile vom 01.12.1989 - 8 C 14.88 -, BVerwGE 84, 178, 181 = Juris Rn. 15, und vom 16.10.2008 - 4 C 3.07 -, BVerwGE 132, 152 = Juris Rn. 37 f.; Kallerhoff, a.a.O., § 96 Rn. 2; Wittinger, in: Obermayer/Funke-Kaiser, a.a.O., § 9 Rn. 37 f.; a.A. BVerwG, Urteil vom 24.05.1995 - 1 C 7.94 -, BVerwGE 98, 313, „jedenfalls für Verpflichtungsbegehren“; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 96 Rn. 4 und § 9 Rn. 30: Ende des Verfahrens erst mit Unanfechtbarkeit). Somit sind verfahrensrechtliche Änderungen, die nach der Bekanntgabe des Bescheides vom 04.02.2013 eingetreten sind, hier ohne Bedeutung. Ohne Einfluss darauf ist die Tatsache, dass der Antrag der Klägerin beim Regierungspräsidium zunächst mit Blick auf ein früheres Schuljahr gestellt war. Er ist so zu verstehen, dass die Klägerin frühestmöglich die Zustimmung zur Schulartänderung erlangen wollte, der Antrag aber für spätere Schuljahre fortwirkt. Ungeachtet der diesbezüglichen Verwaltungspraxis besteht auch keine Bindung zwischen Schuljahr und Verfahrensrecht in dem Sinne, dass der verfahrensrechtliche Maßstab für verschiedene Schuljahre auf verschiedene Stichtage fixiert ist. Für eine solche Fixierung fehlt es an einer speziellen Rechtsgrundlage. Es wäre daher auch nicht feststellbar, auf welchen Stichtag es jeweils ankommen sollte.
55 
Eine von den allgemeinen Regeln des intertemporalen Verwaltungsrechts abweichende Würdigung ist nicht geboten, weil eine solche gesetzlich besonders angeordnet sein müsste (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 29.09.1982 - 8 C 138.81 -, BVerwGE 66, 178: Möglichkeit, die Heilung eines Zuständigkeitsfehlers durch das nachträgliche Zuwachsen der Kompetenz vorzusehen). Daran fehlt es. Der Gesetzgeber hat keine Übergangsregelung für Altverfahren getroffen. Allein die Tatsache, dass die Zustimmung zu einer Schulartänderung nach neuem Recht nicht mehr ohne eine regionale Schulentwicklung erlangt werden kann, wirkt nicht auf Altverfahren zurück. Um einen Fall, in dem eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zum Erlöschen eines Anspruchs führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 4 C 10.10 -, VBlBW 2011, 467 = Juris Rn. 7 m.w.N.), handelt es sich nicht, weil die Zustimmung zur Schulartänderung nach neuem und nach altem Recht ihrem Wesen nach das Gleiche bleibt, denn eine „Zustimmung ohne vorherige regionale Schulentwicklung“ und eine „Zustimmung nach vorheriger regionaler Schulentwicklung“ sind bei inhaltlicher Betrachtung nicht kategorial verschieden. Für die Klägerin wirkt sich die Entscheidung über die Zustimmung unabhängig von den vorherigen Verfahrensschritten gleich aus.
56 
cc) Das Regierungspräsidium Stuttgart hat auch - jedenfalls soweit es um die hier allein maßgeblichen Rechte der Klägerin geht - in der Sache rechtmäßig entschieden, indem es die beantragte Zustimmung zu der Schulartänderung in eine Gemeinschaftsschule abgelehnt hat.
57 
(1) Infolge der seit dem 01.08.2014 geltenden Änderungen durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes Baden-Württemberg können die Gemeinschaftsschulen auch im besonderen Ausnahmefall nicht mehr einzügig sein, denn § 8a Abs. 2 Satz 1 SchG sieht in seiner neuen Fassung nur noch mindestens zweizügige Gemeinschaftsschulen vor (anders noch § 8a Abs. 2 Satz 1 SchG in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung).
58 
Das Regierungspräsidium hat die für die Zustimmung zur Schulartänderung zwingende gesetzliche Voraussetzung der Zweizügigkeit bei der von der Klägerin geplanten Gemeinschaftsschule ohne zu Lasten der Klägerin gehende Rechtsfehler verneint. Dass das Regierungspräsidium hierbei von einer langfristig zu prognostizierenden Mindestschülerzahl von 40 in den Eingangsklassen ausgegangen ist, ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil nunmehr nach § 30b Abs. 1 Nr. 1 SchG genau diese Mindestschülerzahl, wenn auch nach dem Wortlaut dieser Bestimmung „im Rahmen der Feststellung des öffentlichen Bedürfnisses nach § 27 Abs. 2 SchG“ für die Erteilung einer Zustimmung erforderlich ist. Mögliche Überlegungen, der Zweizügigkeit etwa basierend auf dem im Organisationserlass geregelten Klassenteiler andere Zahlenwerte zugrunde zu legen (vgl. zuletzt Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport zur Eigenständigkeit der Schulen und Unterrichtsorganisation im Schuljahr 2014/2015 vom 12.03.2014, Az. 22-6740.3/1310), haben sich mit der neuen Gesetzesfassung erledigt (siehe im Übrigen früher schon LT-Drucks. 15/1466, S. 25 i.V.m. S. 13: Gemeinschaftsschule sollte mindestens zweizügig sein; dauerhafte Mindestschülerzahl von 20 pro Zug anzustreben).
59 
(2) Die Prognose des Regierungspräsidiums, dass eine langfristige Mindestschülerzahl von 40 in den Eingangsklassen der von der Klägerin geplanten Gemeinschaftsschule nicht zu erwarten ist, ist nicht zu beanstanden.
60 
Mit dem gesetzlich statuierten Zustimmungserfordernis der § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SchG geht ein Beurteilungsspielraum der staatlichen Schulaufsicht einher, soweit es um die Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe „Zweizügigkeit“, „öffentliches Bedürfnis“ und „langfristig zu prognostizierende Mindestschülerzahl von 40 in den Eingangsklassen“ geht, zu deren Ausfüllung es einer Prognoseentscheidung bedarf. Dem steht nicht entgegen, dass die Einrichtung von Schulen die Planungshoheit der Gemeinde und damit das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV) betrifft.
61 
Nach Art. 7 Abs. 1 GG steht das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates. Der Begriff der staatlichen Schulaufsicht umfasst die Gesamtheit der staatlichen Befugnisse zur Organisation, Planung, Leitung und Beaufsichtigung des Schulwesens (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1974 - VII C 12.74 -, BVerwGE 47, 201 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 02.06.1967 - IV 813/66 -, ESVGH 18, 23, 27, und vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, a.a.O.; Avenarius, Schulrecht, 8. Aufl. 2010, S. 182, Nr. 9.12; zum Umfang der Schulaufsicht siehe auch § 32 SchG, § 140 GemO). Zur Schulaufsicht im Sinne des Art. 7 Abs. 1 GG gehört jedenfalls die Befugnis des Staates zur zentralen Ordnung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, BVerfGE 26, 228; dem folgend Senatsurteil vom 08.03.1977 - IX 1523/74 -, a.a.O., 178; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.06.1991 - 19 A 733/90 -, NVwZ-RR 1992, 186). Damit ist dem Gesetzgeber, soweit ihm nicht gar eine entsprechende Verpflichtung auferlegt wird, die Möglichkeit eingeräumt, das Schulwesen nicht nur einer staatlichen Rechts-, sondern auch einer Fachaufsicht zu unterstellen (zum Verhältnis Schulaufsicht/Fachaufsicht vgl. etwa auch Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 7 Rn. 44). Dem Staat steht die Schulplanung und die Möglichkeit der Einwirkung auf Errichtung, Änderung und Aufhebung der einzelnen öffentlichen Schule zu (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.06.1967 - IV 813/66 -, a.a.O., 28; OVG Brandenburg, Beschluss vom 30.07.1997 - 1 B 83/97 -, LKV 1998, 277; VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, abgedruckt bei Bosse/Burk, Schulrecht Baden-Württemberg, Rspr., § 30 SchG E 13; VG Potsdam, Beschluss vom 28.07.2003 - 12 L 511/03 -, a.a.O. Rn. 23). Bei Organisationsmaßnahmen wie der Errichtung von Schulen wäre es mit Art. 7 Abs. 1 GG sogar schwerlich vereinbar, wenn die Aufsicht auf eine Rechtskontrolle beschränkt wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.1964 - VII C 49.62 -, BVerwGE 18, 38, 39). Ob man dies allgemein auch so umschreiben kann, dass die staatlichen Herrschaftsrechte auf dem Gebiet des Schulrechts Vorrang genießen, während das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde zurücktreten muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.03.1966 - VII C 141.65 -, BVerwGE 23, 351, 352), kann dahinstehen.
62 
Das Zustimmungserfordernis des § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SchG eröffnet in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen die staatliche Fachaufsicht über die Schulstandortfrage (einhellige Auffassung, vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, a.a.O.; Holfelder/Bosse, SchG Baden-Württemberg, § 27 Anm. 4; Lambert/Müller/Sutor, Schulrecht Baden-Württemberg, Stand Februar 2013, § 27 SchG Anm. 3.4; Ulbrich, in: Ebert, Schulrecht Baden-Württemberg, 2013, § 27 SchG Rn. 6; Wörz/von Alberti/Falkenbach, SchG Baden-Württemberg, Stand November 2013, § 32 Anm. 3.2). Die Fachaufsicht erstreckt sich auf die rechtmäßige und zweckmäßige Wahrnehmung der fachlichen Verwaltungsangelegenheiten der Klägerin (vgl. § 3 Abs. 2 LVG).
63 
Soweit in der Literatur die Rechtsnatur der Aufsicht in diesem Fall als „mittlerer Weg“ zwischen Rechtsaufsicht und Fachaufsicht betrachtet wird, wird ein Zurückbleiben hinter der Fachaufsicht nur für Detailfragen bei der Errichtung der Schule angenommen (vgl. Lambert/Müller/Sutor, a.a.O., § 27 SchG Anm. 3.4). Hierzu kann die im vorliegenden Fall beabsichtigte Schulartänderung nicht gezählt werden, weshalb es auf die Berechtigung der teilweise vertretenen Einschränkung der staatlichen Aufsicht hier nicht ankommt. Ebenso ohne Bedeutung ist es, dass man die hier eröffneten staatlichen Aufsichtsmöglichkeiten unter Umständen begrifflich von einer „Fachaufsicht im technischen Sinne“ unterscheiden und stattdessen von einem „Kondominium“ sprechen muss, weil § 118 Abs. 2 GemO nur die Aufsicht über die Erfüllung von Weisungsaufgaben im Sinne von § 2 Abs. 3 GemO als Fachaufsicht kennzeichnet, während es sich im vorliegenden Fall um ein staatliches Mitwirkungsrecht anderer Art im Bereich einer Pflichtaufgabe (vgl. § 48 Abs. 1 SchG, § 2 Abs. 2 Satz 1 GemO) handelt (so VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O., unter Bezug auf OVG Nordrhein-Westfalen, Entscheidung vom 08.01.1964 - III A 1151/61 -, DVBl 1964, 678; vgl. auch Ulbrich, a.a.O., § 30 SchG Rn. 1).
64 
Für dieses weite Verständnis der Aufsicht spricht neben der Tatsache, dass der Staat den Hauptteil der mit der Einrichtung einer Schule verbundenen Kosten trägt (vgl. §§ 15 ff. FAG sowie die Verordnung des Kultusministeriums, des Innenministeriums und des Finanzministeriums über die Durchführung des Schullastenausgleichs - Schullastenverordnung - SchLVO vom 21.02.2000, GBl. S. 181, zuletzt geändert durch Verordnung vom 28.01.2014, GBl. S. 80), auch eine historische Betrachtung. Zu der Vorgängerregelung des § 30 Abs. 1 SchG in § 14 Abs. 1 des Gesetzes zur Vereinheitlichung und Ordnung des Schulwesens in Baden-Württemberg (vom 05.05.1964, GBl. S. 235 - SchuVOG -) lässt sich der Entwurfsbegründung betreffend die Schulaufsicht (dort noch zu § 12 des Entwurfs) unter anderem entnehmen: „Die Entscheidung darüber, ob eine öffentliche Schule einzurichten und fortzuführen ist, ist eine Angelegenheit der staatlichen Schulaufsicht, Ausfluss des zentralen Ordnungs-, Gestaltungs- und Organisationsrechts des Staates über das Schulwesen (Art. 7 Abs. 1 GG). (…) Die Art des Zusammenwirkens wird aber nicht nur durch die Partnerschaft, sondern auch durch die Aufgabe des Staates, das gesamte Schulwesen zu leiten und für die Leistungsfähigkeit des Schulwesens und der einzelnen Schulen zu sorgen und dabei allen überörtlichen Gegebenheiten und sachlichen Forderungen Rechnung zu tragen, bestimmt. Mit anderen Worten: Es ist Sache der staatlichen Schulaufsicht, die Entscheidung zu treffen, sei es im Wege der Zustimmung zu einer vom Schulträger beschlossenen Maßnahme, sei es im Wege der Anordnung, wenn notwendige Maßnahmen nicht getroffen werden.“ (vgl. LT-Drucks. 3/2755, S. 5363 f.; abgedruckt auch bei Lambert/Müller/Sutor, a.a.O., § 27 SchG Anm. 3.6). Hieraus folgt, dass das Letztentscheidungsrecht einschließlich der Zweckmäßigkeitsbeurteilung der staatlichen Schulaufsicht vorbehalten ist, wobei dabei die rechtlich unter anderem durch das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die Pflicht zu „gemeindefreundlichem Verhalten“ gezogenen Grenzen zu wahren sind (VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O.). Der Schulaufsicht ist ein Beurteilungsspielraum eröffnet (vgl. LT-Drucks. 15/1466, S. 26; Senatsurteil vom 08.03.1977 - IX 1523/74 -, a.a.O., 181; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.1985 - 11 S 631/80 -, VBlBW 1986, 344, 346, und Beschluss vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, a.a.O.; VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O.).
65 
Der fachaufsichtlich geprägten Letztentscheidungskompetenz der staatlichen Schulaufsicht im Rahmen des Zustimmungserfordernisses korrespondiert eine eingeschränkte gerichtliche Prüfungskompetenz hinsichtlich einer Prognose, wie sie hier seitens des Regierungspräsidiums getroffen worden ist. Die Gerichte haben ihre Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Behörde die Prognose auf einer zutreffenden und hinreichenden tatsächlichen Grundlage in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet hat (vgl. allgemein etwa BVerwG, Urteile vom 07.07.1978 - IV C 79.76 -, BVerwGE 56, 110, und vom 29.01.1991 - 4 C 51.89 -, BVerwGE 87, 332 betr. Planfeststellungen; speziell zum Schulrecht VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.1985 - 11 S 631/80 -, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.03.1995 - 15 A 900/90 -, NVwZ-RR 1996, 90; Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 1481; Ulbrich, a.a.O., § 31 SchG Rn. 6).
66 
(3) Eine weitere Einschränkung für die im vorliegenden Verfahren vorzunehmende Überprüfung ergibt sich daraus, dass bei Prognosespielräumen die in ihren Rechten Betroffenen nur insoweit einen Anspruch auf sorgfältig erstellte und realistische Prognosen haben, als ihre Rechte davon abhängen beziehungsweise die Prognosen die Grundlage für ihnen auferlegte Beschränkungen ihrer Rechte bilden (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 114 Rn. 37a; ähnlich Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 40 Rn. 32). Die Reichweite des Rechtsschutzes bestimmt sich danach, inwieweit die einschlägige Regelung erlassen ist, um den Interessen des Rechtsschutzsuchenden zu dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.01.1972 - IV C 49.68 -, BVerwGE 39, 235, 237, zum Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Verwaltungsentscheidung; siehe ferner Urteil vom 23.09.1992 - 6 C 2.91 -, BVerwGE 91, 24, 39: „Anspruch auf gerichtliche Durchsetzbarkeit einer grundrechtlich geschützten Rechtsposition“).
67 
Die Klägerin kann sich nur auf die schulische Versorgung der eigenen Einwohner (§ 10 Abs. 1 GemO) berufen, denn es gehört nicht zu ihren Selbstverwaltungsaufgaben, schulische Angebote für Einwohner von Nachbarkommunen vorzuhalten (vgl. Lambert/Müller/Sutor, a.a.O., § 27 SchG Anm. 3.7; in diesem Sinne auch VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O.; VG Potsdam, Beschluss vom 28.07.2003 - 12 L 511/03 -, a.a.O. Rn. 24). Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sind nur diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.1988 - 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 -, BVerfGE 79, 127; VerfGH Brandenburg, Urteil vom 17.07.1997 - 1/97 -, LKV 1997, 449, 450).
68 
Mit Rücksicht auf die Pflicht zu „gemeindefreundlichem Verhalten“ kann allenfalls ergänzend mit in den Blick genommen werden, welchen Zuspruch eine geplante Schule voraussichtlich bei Schülerinnen und Schülern aus benachbarten Gemeinden finden wird, soweit ein Schulträger schutzwürdig auf deren Berücksichtigung vertrauen kann. Ein schützenswertes Vertrauen kann dabei allerdings nicht dadurch hervorgerufen werden, dass eine Gemeinde die staatliche Planung vor der abschließenden Entscheidung durch „vorauseilende“ Investitionen zu binden versucht. Das kommunale Selbstverwaltungsrecht gibt dem Schulträger nicht die Befugnis, durch die Beschaffung von zusätzlichem Schulraum die Schulorganisation in einer solchen Weise „mitzubestimmen“ (vgl. OVG Brandenburg, Beschluss vom 30.07.1997 - 1 B 83/97 -, a.a.O.).
69 
(4) Ausgehend davon verletzt die angegriffene Prognoseentscheidung die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach ihrer Eigenangabe unter Nr. 5 b) der mit ihrem Antrag eingereichten Tabelle beträgt in ihrem „originären Einzugsgebiet“, zu dem sie neben xxx auch xxx und xxx zählt, die relevante Schülerzahl insgesamt nur 15 bis 20 (Abschnitt: „Begründung des öffentlichen Bedürfnisses / Darstellung und Berechnung der zu erwartenden Schülerzahl bzw. der Einschätzung der Erwartung der Erreichung der Zweizügigkeit oder der 20 Schüler bei Einzügigkeit für die Eingangsklasse[n] der GMS [Herkunft/Wohnort der Schüler, von welchen Schularten/Schule diese voraussichtlich in welcher Anzahl abgezogen werden]“). Diese Zahl bleibt deutlich unter dem Wert von 40 Schülern, der nach dem Gesetz langfristig prognostizierbar sein muss. Ebenfalls deutlich unter 40 Schülern liegen die Zahlen, die sich - gleichgültig, welche Betrachtung man anstellt - aus dem Material der „Prüfung Schulorganisation“ des Regierungspräsidiums ergeben. So beträgt die Zahl der zu erwartenden Schüler, die von der eigenen Grundschule auf eine etwaige Gemeinschaftsschule übergehen würden, bei den 41 Kindern in der vierten Klasse und einer entsprechend den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ angenommenen Übergangsquote von 50 % lediglich 21. Legt man die Gesamtzahl der Grundschüler in den Klassen 1 bis 4 zugrunde, so errechnet sich bei einem Wert von 189 Schülern ein Durchschnittswert von 47,25, was bei der fünfzigprozentigen Übergangsquote einen Erwartungswert von 24 Schülern ergibt. Die langfristige Prognose des Regierungspräsidiums lässt (ausgehend von 3.976 Einwohnern bei einer Geburtenquote von 0,83 %) auf einen Wert von 33 Grundschülern und demnach auf einen Erwartungswert von 17, die mittelfristige Prognose (ausgehend von der durchschnittlichen Zahl der Geburten in den Jahren 2005 bis 2010) auf einen Wert von 39 Grundschülern und demnach auf einen Erwartungswert von 19 schließen. Im Ergebnis ist somit die Prognose des Regierungspräsidiums, dass weniger als 40 Schüler langfristig zu prognostizieren sind, jedenfalls insoweit nicht rechtswidrig, als es um die Rechte der Klägerin geht. Es ist auch weder dargelegt noch sonst ersichtlich, sondern angesichts der deutlich zu niedrigen Zahlenwerte vielmehr fernliegend, dass sich an den rechnerischen Verhältnissen in der Zeit zwischen der Erhebung des Regierungspräsidiums und der Entscheidung des Senats etwas Erhebliches geändert hat.
70 
Besondere Umstände, die geeignet wären, ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin auf die Einbeziehung externer Schülerströme zu begründen, sind nicht ersichtlich.
71 
Zu berücksichtigen ist auch, dass es der Klägerin offen steht, sich freiwillig mit anderen Gemeinden - deren Bereitschaft vorausgesetzt - zu einem leistungsfähigeren Schulträger beziehungsweise einem solchen mit größerem Schülerpotenzial zusammenzuschließen, um so die Zustimmung der Schulaufsicht zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule zu erwirken (vgl. zu diesem Gedanken bereits BVerfG, Urteil vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, a.a.O.; VerfGH Brandenburg, Urteil vom 17.07.1997 - 1/97 -, a.a.O.). Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SchG können Gemeinden, Landkreise und Regionalverbände mit Zustimmung der oberen Schulaufsichtsbehörde zur gemeinsamen Erfüllung der ihnen als Schulträger obliegenden Aufgaben Schulverbände bilden oder öffentlich-rechtliche Vereinbarungen abschließen (vgl. dazu und zu ggf. anderen Möglichkeiten des Zusammenwirkens etwa Ulbrich, a.a.O., § 31 SchG Rn. 1 ff.). Handelt eine Gemeinde hingegen ohne Abstimmung mit ihren Nachbargemeinden und ist deshalb die Prognose gerechtfertigt, dass die geplante Gemeinschaftsschule keine ausreichend breite und nachhaltige Existenzgrundlage hat, so muss sie es hinnehmen, dass dies zu ihren Lasten geht. Es war sogar gerade ein - vom Gesetzgeber dann aufgegriffener - Wunsch der kommunalen Landesverbände, im Genehmigungsverfahren der Gemeinschaftsschule nicht nur auf die Prognose „für diese (die beantragte) Schule“ abzustellen, sondern in die Entscheidung auch die Belange der benachbarten Schulträger einzubeziehen (vgl. LT-Drucks. 15/1466, S. 23). Das verdeutlicht, dass eine „Gesamtschau der Schulstruktur vor Ort“ (LT-Drucks., a.a.O.) letztlich objektiv auch kommunalen Interessen entspricht.
72 
(5) Selbst wenn man umfassend - ohne die gerichtliche Kontrolle auf die eigenen Einwohner der Klägerin zu beschränken - prüft, ob das Regierungspräsidium seinen Beurteilungsspielraum eingehalten hat, gibt es keine durchschlagenden Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Regierungspräsidiums.
73 
Das Regierungspräsidium hat in seiner Klageerwiderung sowie in seiner Berufungserwiderung nachvollziehbar erläutert, dass man ausgehend von der Gesetzesbegründung zu § 8a SchG (LT-Drucks. 15/1466, S. 13) eine dauerhafte Zweizügigkeit für erforderlich gehalten habe. Die Prognose habe sich deshalb nicht auf die Festlegung eines denkbaren Einzugsbereichs und die Berechnung möglicher Schülerzahlen (erste Stufe) beschränken können, sondern habe im Anschluss daran eine Bewertung der Schülerzahlen auf Wahrscheinlichkeit und Dauerhaftigkeit erfordert (zweite Stufe). Die erste Stufe habe den Zweck gehabt, die Daten zu erheben. Hierbei sei im Rahmen der Prüfung der Schulorganisation das Datenmaterial deshalb so ausführlich dargestellt worden, um die Zwischenschritte der Berechnung sichtbar und damit transparent zu machen. Auf der zweiten Stufe sei die Bewertung dieser Daten und damit die eigentliche Prognose erfolgt.
74 
Die Klägerin beanstandet die Bewertung auf der „zweiten Stufe“ in verschiedener Hinsicht und vertritt die Ansicht, das Regierungspräsidium hätte die auf der „ersten Stufe“ nach bestimmten (hypothetischen) Übergangsquoten ermittelten Daten in Form von errechneten Schüler-Zahlenwerten unverändert seiner Prognose zugrunde legen müssen. Ihre Einwände greifen aber im Ergebnis nicht durch.
75 
Das von der Klägerin für ihre Kritik in erster Linie in Bezug genommene Schreiben des Regierungspräsidiums ist mit „Allgemeine Prognosegrundlagen“ überschrieben und lautet:
76 
„Am Schulstandort der künftigen GMS:
77 
Übergangsquote 50 %:
Grundschule am Standort der künftigen GMS und es ist keine andere weiterführende Schule außer der künftigen GMS am Schulstandort vorhanden.
78 
Übergangsquote 40 %:
Grundschule am Standort der künftigen GMS und es sind andere weiterführende Schulen außer der künftigen GMS am Schulstandort vorhanden.
79 
Im Einzugsbereich der künftigen GMS
80 
Übergangsquote 30 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln weniger als 30 Minuten (gute Erreichbarkeit).
81 
Übergangsquote 20 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln zwischen 30 und 45 Minuten.
82 
Übergangsquote 10 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln zwischen 45 Minuten und 1 Stunde.
83 
Übergangsquote 10 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln mehr als 15 Minuten und eigene weiterführende Schule/n am Ort.“
84 
Die nach diesem Maßstab ermittelten Zahlen waren für das Regierungspräsidium nicht bindend. Das Prognoseverfahren des Regierungspräsidiums war von Anfang an zweistufig aufgebaut, so dass nicht argumentiert werden kann, die zweite Stufe sei erst nachträglich „erfunden“ worden, um ein erwünschtes, von den Daten der ersten Stufe aber nicht gedecktes Ergebnis zu rechtfertigen. Das Regierungspräsidium hat hierzu überzeugend angegeben, die errechneten Schülerzahlen hätten (zwingend) in einem zweiten Schritt auf ihre Wahrscheinlichkeit überprüft werden müssen, weil sich in vielen räumlichen Gebieten die Einzugsbereiche verschiedener Schulen überschnitten hätten, die Schüler aber nicht doppelt hätten gewertet werden können. Maßgebend sei gewesen, auf welche weiterführenden Schulen die Grundschüler der Nachbargemeinden „traditionsgemäß“ wechselten und welche weiterführenden Schulen in den einbezogenen Gemeinden und Stadtteilen bereits vorhanden seien und von den dortigen Grundschülern besucht werden könnten.
85 
Dieser Vortrag entspricht auch der Aktenlage. In dem Bogen „Prüfung Schulorganisation“ befindet sich neben den die erste Prognosestufe betreffenden Gliederungspunkten zur Datenerhebung („3. Sachverhalt/Sachstand/Relevante Daten“ sowie „4.1 kurzfristige Prognose“ und „4.2 Schülerzahlprognose/dauerhafter Bestand“, jeweils mit Untergliederungen) zwar kein eigener Gliederungspunkt, der die zweite Bewertungsstufe detailliert abbildet. Unter dem Gliederungspunkt „2. Bewertung und Entscheidungsvorschlag“ ist jedoch dargestellt, inwieweit Schüler der Nachbargemeinden in die Prognose einbezogen wurden und somit von den auf der ersten Stufe errechneten Daten (gemäß den vorgenannten Gliederungspunkten 3., 4.1 und 4.2) abgewichen wurde. Ein solcher Prüfungsschritt findet sich (stets als Nr. 2) in allen dem Gericht vorliegenden Akten jeweils in dem Dokument „Prüfung Schulorganisation“.
86 
Zutreffend weist das Regierungspräsidium auch darauf hin, dass bereits nach den allgemeinen Prognosegrundlagen des Kultusministeriums, aus denen das Regierungspräsidium seine eigenen „allgemeinen Prognosegrundlagen“ abgeleitet hat, ausdrücklich der Bezug zu Nachbargemeinden herzustellen und die Betroffenheit anderer Schulträger zu prüfen war. So heißt es dort wörtlich:
87 
„Im Rahmen der Bewertung des öffentlichen Bedürfnisses sind auch die Stellungnahmen der von der Genehmigung berührten anderen kommunalen Schulträger einzubeziehen: Bei der Frage der Berücksichtigung der Schüler. dieser Schulträger an der beantragten Gemeinschaftsschule ist ggf. in die Bewertung einzubeziehen, ob andere berührte Schulträger bereits selbst die Beantragung einer Gemeinschaftsschule beabsichtigen. Da die Schüler nicht doppelt gewertet werden können, ist bei der Prognose ggf. zu berücksichtigen, ob ein Abzug der Schüler durch eine Genehmigung einer Gemeinschaftsschule dann zur Einzügigkeit des jetzigen Antrage führen würde und z.B. der berührte Schulträger selbst genügend Potenzial für eine eigene Gemeinschaftsschule (evtl. mehrere) hat. Damit ist zu prüfen, ob die Zweizügigkeit der beantragten Gemeinschaftsschule auch ohne diese Schüler dauerhaft prognostiziert werden kann.
88 
In die Vorbereitung einer Prognose sind die Schülerzahlen der bestehenden Grundschulen, die Prognosen der künftigen Geburten sowie die Übergangsquoten auf die bisherigen weiterführenden Schulen darzustellen und ggf. in die Bewertung einzubeziehen.“
89 
Dem ist unzweideutig zu entnehmen, dass es bei einer schematischen Berechnung gemäß einheitlichen Übergangsquoten nicht sein Bewenden haben kann (ähnlich nunmehr auch die Angaben in Kapitel 4 der vom Kultusministerium herausgegebenen „Handreichung zur Beantragung einer Gemeinschaftsschule“ in der Fassung mit Gültigkeit ab 01.01.2014).
90 
Nur dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der sich in der Gesetzesbegründung zu § 8a SchG (LT-Drucks. 15/1466, S. 26) wie folgt niedergeschlagen hat:
91 
„Bei der Entscheidung über einen Einrichtungsantrag eines Schulträgers kommt es auf die Verhältnisse des jeweiligen Einzugsbereiches an: zum Beispiel Schülerzahl, örtliche Geburtenrate, Bildungswahlverhalten, Verkehrsanbindung, Auswirkungen auf andere Schulen. Das Kultusministerium hat hierbei einen Beurteilungsspielraum, dem allerdings das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die darauf abzuleitende Pflicht zu gemeindefreundlichem Verhalten Grenzen setzen.“
92 
Mit dem bewussten Rekurs auf den „jeweiligen“ Einzugsbereich und die beispielhaft erwähnten, teils sehr individuell ausgeprägten Kriterien Schülerzahl, örtliche Geburtenrate, Bildungswahlverhalten, Verkehrsanbindung sowie Auswirkungen auf andere Schulen wäre eine landesweit einheitlich pauschalierende Sichtweise schwerlich vereinbar.
93 
Schließlich geht aus der Bezeichnung „allgemeine Prognosegrundlagen“ selbst hervor, dass es sich nur um „allgemeine“, mithin einer Konkretisierung bedürftige „Grundlagen“ für eine (erst zu erstellende und nicht unmittelbar ableitbare) Prognose handelt. Dies wird auch daran deutlich, dass die Übergangsquoten in den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Kultusministeriums nur ein Element unter mehreren bilden, während die „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Regierungspräsidiums das Element „Übergangsquoten“ herausgreifen und ausdifferenzieren, ohne dabei zu erkennen zu geben, die Prognose - was auch zumindest bedenklich wäre - auf diesen Faktor verengen zu wollen.
94 
Dabei verkennt der Senat nicht, dass den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Regierungspräsidiums mit ihren Übergangsquoten selbst eine Prognose innewohnt. Dies schließt jedoch eine Offenheit der mit ihrer Hilfe gefundenen Ergebnisse für eine konkretere Bewertung unter Einbeziehung zusätzlicher Faktoren nicht aus, womit den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ der Rang einer „rechnerischen Prognose innerhalb einer umfassenderen Prognose“ zukommt.
95 
Was sonst noch das Verhältnis der ersten zu der zweiten Prognosestufe angeht, trifft es zu, dass es keine Ableitung gibt, die in ihrer Genauigkeit der Datenermittlung auf der ersten Stufe entspricht. Insbesondere gibt es keinen Algorithmus und keine allgemeingültige „Formel“ zur Korrektur der auf der ersten Stufe ermittelten Ergebnisse. Dies macht die Prognoseentscheidung des Regierungspräsidium aber nicht methodisch fehlerhaft. Zwar mag es auf den ersten Blick unstimmig erscheinen, eine „mathematisch exakte“ Ebene der Datenerhebung mit einer aus allgemeiner Sachkunde auf vielen Gebieten (traditionelle Schülerströme vor Ort, geographische Besonderheiten etc.) gespeisten Korrektur zu verknüpfen, und hat dies insoweit nachvollziehbare Kritik auf der Klägerseite ausgelöst. Indes ist dies kein unzulässiges Vorgehen. Die Anwendung eines mathematischen Modells in einem ersten Schritt legt das Regierungspräsidium nicht auch hinsichtlich seines abschließenden Bewertungsmaßstabes auf eine solche Methodik fest.
96 
Gegen einen Schematismus dieser Art sprechen gewichtige sachliche Gründe. Es drängt sich auf, dass von Ort zu Ort und von Region zu Region die Akzeptanz der verschiedenen Schularten sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Auch sonst gibt es geographische und traditionelle Eigenarten, die sich stark auf das Einzugsgebiet einer Schule auswirken können und sich mit Einwohnerzahlen, bisherigen Schülerzahlen und Entfernungsangaben nicht abschließend erfassen lassen. Insofern liegt es nahe, die im ganzen Regierungsbezirk nach einem einheitlichen Maßstab erhobenen Daten für eine Schülerzahlenprognose einer ortsbezogenen Korrektur zu unterziehen. Es wäre auch weder im Interesse der Klägerin noch anderer Betroffener, wenn die Zustimmung zu einer Schulartänderung erteilt würde, die auf Dauer keinen Bestand haben könnte.
97 
(6) Gemessen an den genannten Sachgründen hat das Regierungspräsidium seine Prognose im vorliegenden Fall hinreichend transparent und methodisch einwandfrei durchgeführt.
98 
Das Regierungspräsidium gibt hierzu an, die auf der ersten Stufe errechneten Schülerzahlen seien auf Wahrscheinlichkeit und Dauerhaftigkeit bewertet worden, wobei zum einen in den Blick genommen worden sei, wie viele Schüler aus den jeweiligen Gemeinden die derzeitige Werkrealschule besuchten und zum anderen, welche schulischen Alternativen für weiterführende Schulen in der Umgebung bestünden. Diese Bewertung habe ergeben, dass realistischer Weise lediglich Schüler aus xxx, der Nachbargemeinde xxx und des Stadtteils xxx (einschließlich xxx) der Stadt xxx eine Gemeinschaftsschule xxx besuchen würden, weshalb bei dieser mit einer voraussichtlichen Schülerzahl von ca. 22 je Jahrgangsstufe auf Dauer nur von Einzügigkeit auszugehen gewesen sei.
99 
Entsprechend heißt es in dem Dokument „Prüfung Schulorganisation“ unter Nr. 2, die xxxschule könne voraussichtlich mit ca. 22 Schülern je Jahrgangsstufe auf Dauer nur einzügig geführt werden. Dabei seien Schüler aus xxx, der Nachbargemeinde xxx und des Stadtteils xxx der Stadt xxx eingerechnet worden. Eine dauerhafte Zweizügigkeit würde nur erreicht, wenn darüber hinaus Schüler aus den Gemeinden xxx, xxx, xxx und xxx sowie aus dem xxx Stadtteil xxx wenigstens teilweise die Gemeinschaftsschule xxx besuchen würden. Da in xxx bereits eine für die Gemeinden xxx und xxx gut erreichbare Realschule (xxxschule) bestehe und insbesondere die Schüler aus xxx und xxx eine lange Anfahrtszeit nach xxx hätten (ca. 45-50 Minuten), sei ein Besuch dieser Schüler in xxx eher unwahrscheinlich.
100 
Diese Argumentation ist nachvollziehbar und einleuchtend. Die Klägerin kann somit nicht damit durchdringen, das Regierungspräsidium habe seinen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum verlassen. Dies gilt umso mehr, als mittlerweile die Zustimmung zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule in xxx erteilt wurde.
101 
Soweit die Klägerin meint, die Zahlen hätten höher angesetzt werden müssen, weil allein die Jahrgangsstufe des Schuljahres 2011/12 eine „einigermaßen realistische Vergleichsgröße“ darstelle, kann ihr nicht gefolgt werden. Zuvor wurde die Schulbezirksbindung abgeschafft, was die hohe Zahl von insgesamt 43 Schülern in der fünften Jahrgangsstufe zumindest zu einem Teil erklären mag. Hinzu kommt, dass die Klägerin mit Bescheid des Regierungspräsidiums vom 14.01.2010 ermächtigt wurde, den bisherigen Hauptschulbezirk unverändert als Schulbezirk für ihre Werkrealschule bis längstens 2016 weiterzuführen. Die xxxschule konnte daher Schüler von außerhalb aufnehmen, während die Haupt- und Werkrealschüler aus dem Gebiet der Klägerin den Schulbezirk nicht verlassen konnten, was - wie der Beklagte meint - auch zu einer „künstlichen“ Erhöhung der Anmeldezahlen geführt haben mag. Dies kann jedoch dahinstehen. Die Klägerin hat eine solch hohe Schülerzahl wie im Schuljahr 2011/12 nämlich weder zuvor noch danach (zumal nach Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung) auch nur annähernd noch einmal erreicht. Es handelt sich daher um keine repräsentative Zahl, sondern - wie das Regierungspräsidium zutreffend angenommen hat - eher um einen „Ausreißer“, der als Maßstab für eine langfristige Prognose nicht zugrunde gelegt werden musste und wohl noch nicht einmal durfte.
102 
(7) Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, dass die Entscheidung des Regierungspräsidiums unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz ergangen sei.
103 
Es spricht schon manches dafür, dass eine Entscheidung, die - wie hier - am Maßstab der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nicht beanstandet werden kann, ebenso nicht unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten gerügt werden kann (vgl. insoweit zu dem Verhältnis des allgemeinen Gleichheitssatzes zu den Freiheitsgrundrechten Heun, in: Dreier, a.a.O., Art. 3 Rn. 140; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 1, 6. Aufl. 2010, Art. 3 Rn. 300 m.w.N.).
104 
Auch lässt sich ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz für den jetzigen Zeitpunkt schon deshalb nicht mehr damit begründen, dass bestimmte Gemeinden im Rahmen der Beurteilung für das Schuljahr 2013/14 („zweite Tranche“) günstiger behandelt worden seien als die Klägerin, weil mittlerweile das Schuljahr 2013/14 beendet ist beziehungsweise das Schuljahr 2014/15 begonnen hat und sich zudem zum 01.08.2014 das Schulgesetz geändert hat.
105 
Ferner kann nicht angenommen werden, es liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen über die Selbstbindung der Verwaltung vor, weil das Regierungspräsidium - nach eigenem Bekunden - seine eigenen „allgemeinen Prognosegrundlagen“, die es aus denjenigen des Kultusministeriums abgeleitet hat, nicht streng mathematisch umgesetzt, sondern mit einer zusätzlichen Bewertungsstufe versehen hat. Wie bereits dargestellt, brachten die „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Regierungspräsidiums nicht zum Ausdruck, dass man sich schematisch an aufgrund fester Übergangsquoten errechnete Schüler-Zahlenwerte zu halten beabsichtigte.
106 
Soweit die Klägerin einzelne Gemeinden benannt hat, die für ihre Gemeinschaftsschulen eine Zustimmung des Regierungspräsidiums erlangt haben, dies aber nach Auffassung der Klägerin ohne günstigere beziehungsweise mit schlechteren Ausgangsbedingungen, hat das Regierungspräsidium dem im Übrigen nachvollziehbare Gründe entgegengehalten:
107 
Hinsichtlich der xxxschule in xxx mit der prognostizierten Schülerzahl von 60 sei zunächst zu beachten, dass diese Gemeinde mit ca. 7.680 Einwohnern bereits etwa doppelt so viele Einwohner aufweise wie die Klägerin (ca. 3.890). Ferner komme xxx seine Lage in einer Zentrumsachse im Filstal zugute. Das Gebiet sei dichter besiedelt. Die Gemeinde profitiere von einer generell höheren Bevölkerung. Darüber hinaus habe berücksichtigt werden können, dass schon bisher Schüler der Grundschule im benachbarten xxx (ca. 2.400 Einwohner) und auch der xxxschule in xxx nach der vierten Klasse in größerer Zahl die Werkrealschule in xxx besucht hätten.
108 
Zu der xxx-Schule in xxx hat das Regierungspräsidium erläutert, dass es sich um eine seit Jahren stabil zweizügig geführte Werkrealschule mit einem größeren Einzugsbereich gehandelt habe.
109 
Bei der (ehemaligen) Grund- und Werkrealschule in xxx (5.200 Einwohner) hat das Regierungspräsidium ebenfalls einen größeren Einzugsbereich festgestellt, zu dem unter anderem auch die Grundschule des Ortes xxx (über 3.500 Einwohner) gehöre.
110 
Bei der (ehemaligen) Grund- und Hauptschule xxx seien neben der eigenen Einwohnerzahl (über 6.500 Einwohner) auch Nachbargemeinden zu berücksichtigen gewesen, die mehrfach Schüler in die dortige Hauptschule geschickt hätten. Es habe jeweils von einer gesicherten stabilen Zweizügigkeit ausgegangen werden können.
111 
Es handelt sich bei diesen Annahmen des Regierungspräsidiums um sachliche Erwägungen, die zwar womöglich jeweils nicht das einzig mögliche Bewertungsergebnis darstellen, im Rahmen des Beurteilungsspielraums aber jedenfalls vertretbar erscheinen.
112 
Ebenso verhält es sich bei anderen Schulen, die im Vergleich betrachtet werden könnten:
113 
Soweit es um die xxxschule (ehemalige Grund- und Werkrealschule) in xxx und die dort prognostizierte Schülerzahl von 37 geht, ist nach den Angaben des Regierungspräsidiums die hohe Einwohnerzahl von xxx (nahezu 60.000 Einwohner) zu beachten. Die Lage der Schule an der Peripherie des Stadtgebietes hindere die Prognose einer dauerhaften Zweizügigkeit aufgrund der Größe des Schulträgers nicht. Das erscheint plausibel.
114 
Bei der xxx-Schule (ehemalige Grund- und Werkrealschule) in xxx bestehe eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung der Gemeinden xxx und xxx über die Einrichtung und Unterhaltung der Gemeinschaftsschule xxx. Beide Gemeinden kämen mit 5.885 (xxx) und 3.143 (xxx) auf zusammen über 8.000 Einwohner und hätten so zusammen die Grundlage für die Prognose einer ausreichenden Schülerzahl geschaffen. Auch diese Argumentation ist nicht zu beanstanden.
115 
Die xxxschule (ehemalige Grund- und Werkrealschule) in xxx wurde nach Angaben des Regierungspräsidiums bewusst als einzige Schule in dessen Zuständigkeitsbereich mit einer prognostizierten Schülerzahl von unter 30 Schülern genehmigt. Die Prognose von 23 Schüler habe sich jedoch nur auf Schüler aus Baden-Württemberg bezogen. Nicht einbezogen worden seien Schüler aus Bayern, die aber seit Jahren diese Schule besuchten und zu einer stabilen Zweizügigkeit der dortigen Werkrealschule geführt hätten. Da darüber hinaus der Antrag der westlich von xxx liegenden Gemeinde xxx auf Einrichtung einer Gemeinschaftsschule aufgrund der Schülerzahlen habe abgelehnt werden müssen und damit habe gerechnet werden können, dass ein Teil der dort prognostizierten Schüler eine Gemeinschaftsschule in xxx besuchen werde, habe bei der xxxschule von einer stabilen Zweizügigkeit ausgegangen werden können. Hiergegen bestehen keine Einwände.
116 
Zu der (ehemaligen) Grund- und Werkrealschule xxx hat sich das Regierungspräsidium so geäußert, dass die Stadt xxx auf 7.431 Einwohner komme. Zudem würden dort regelmäßig Schüler aus Nachbargemeinden wie xxx und xxx beschult, so dass anteilig Schüler von dort hätten berücksichtigt werden können. Auch insoweit hat das Regierungspräsidium seinen Einschätzungsspielraum gewahrt.
117 
Schließlich könnte die Klägerin aus Zustimmungsbescheiden gegenüber anderen Gemeinden, soweit solche rechtswidrig erteilt worden sein sollten, keine Rechte für sich herleiten. Nach allgemeiner Ansicht kann eine sachlich nicht gerechtfertigte Verwaltungspraxis keine Ansprüche auf Gleichheit im Unrecht begründen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13.12.2013 - 2 B 37/13 -, Juris Rn. 9, und vom 04.04.2013 - 2 B 87.12 -, Juris Rn. 10, jeweils m.w.N.). Die Verwaltung ist nach Art. 20 Abs. 3 GG an die Gesetze gebunden. Sie hat die maßgebliche Rechtslage beim Vollzug zu beachten und kann diese nicht aus eigenem Recht ändern, auch nicht im Wege einer ständigen Praxis (vgl. Senatsbeschluss vom 24.01.2012 - 9 S 3310/11 -, VBlBW 2012, 273).
118 
dd) Soweit die Klägerin geltend macht, es bestünden ihr erst nachträglich bekannt gewordene Tatsachen, die die Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht begründeten, ist dies für die Beurteilung des Senats ohne Bedeutung. Selbst wenn den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht eine Pflicht zur Selbstanzeige (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 48 ZPO) getroffen und er gegen diese verstoßen haben sollte, so könnte sich daraus allenfalls ein Berufungszulassungsgrund ergeben (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 54 Rn. 22). Im vorliegenden Fall hat jedoch bereits das Verwaltungsgericht selbst die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
119 
2. Mit dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag kann die Klägerin ebenfalls keinen Erfolg haben.
120 
Versteht man den Antrag so, dass nach jetziger Sach- und Rechtslage die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 04.02.2013 überprüft werden soll, so ergibt sich dieses Ergebnis schon unmittelbar aus den oben (unter I. 2.) aufgeführten Erwägungen.
121 
Legt man den Antrag dagegen in der Weise aus, dass die Rechtswidrigkeit des Behördenhandelns nach dem früheren, vor der Änderung des Schulgesetzes zum 01.08.2014 geltenden Recht festgestellt werden soll, weil der Klägerin nach dem alten Rechtszustand die begehrte Zustimmung noch hätte erteilt werden müssen, fehlt es jedenfalls an dem für diese vergangenheitsbezogene Feststellung erforderlichen (Fortsetzungs-) Feststellungsinteresse. Insbesondere kann sich die Klägerin weder auf ein Rehabilitations- noch auf ein Präjudizinteresse für einen unter Umständen angestrebten Schadensersatzprozess stützen.
122 
Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 14.12 -, BVerwGE 146, 303 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt (vgl. auch VG Münster, Urteil vom 12.07.2013 - 1 K 1296/13 -, Juris Rn. 30).
123 
Ein mögliches Präjudizinteresse für einen späteren Schadensersatzprozess scheitert hier daran, dass die Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen von vornherein aussichtslos ist. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und sich dies ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung aufdrängt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, NVwZ-RR 2014, 465, 468 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, weil das Verwaltungsgericht im Rahmen einer Hauptsacheentscheidung und in voller Kammerbesetzung die Entscheidung des Regierungspräsidiums für rechtmäßig befunden hat. Ein für einen Amtshaftungsprozess erforderliches Verschulden entfällt grundsätzlich, wenn das Handeln von einem Kollegialgericht für rechtmäßig gehalten wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, a.a.O.). Dies gilt nur dann nicht, wenn die beanstandete Maßnahme von einem Fachgremium beschlossen wurde, von dem im Hinblick auf seine Zusammensetzung ein Höchstmaß an Sachkenntnis zu erwarten und die Fähigkeit zu besonders gründlicher Prüfung zu verlangen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, a.a.O.), wenn es sich um grundlegende Maßnahmen oberster Dienststellen handelt, die durch Auswertung allen einschlägigen Materials und erschöpfende Abwägung aller Gesichtspunkte vorbereitet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99 = Juris Rn. 28 m.w.N.) oder wenn die kollegialgerichtliche Entscheidung nicht auf einer eingehenden Prüfung beruht, sondern wesentliche rechtliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, a.a.O.). Keine dieser Ausnahmen von der „Kollegialgerichtsrichtlinie“ greift hier. Insbesondere hat mit dem Regierungspräsidium weder ein besonderes Gremium der Selbstverwaltung noch eine oberste Behörde die im Streit stehende Entscheidung getroffen.
124 
Angesichts dessen kann dahinstehen, ob die Klägerin überhaupt hinreichend konkrete Angaben zum behaupteten Schaden beziehungsweise zur Schadenshöhe gemacht hat (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.01.2003 - 13 A 4859/00 -, NVwZ-RR 2003, 696; Wolff, a.a.O., § 113 Rn. 278) und ob ein Amtshaftungsprozess vor dem Zivilgericht in genügendem Maße ernsthaft beabsichtigt ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.1997 - 5 S 3206/95 -, NVwZ-RR 1998, 549).
125 
Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin unter Geltung des Schulgesetzes in der vor dem 01.08.2014 geltenden Fassung Aussicht auf einen Erfolg ihrer Verpflichtungsklage gehabt hätte.
126 
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
127 
Beschluss
vom 12. August 2014
128 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 38.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013, VBlBW 2014, Sonderbeilage zu Heft 1, hier hälftig angesetzt).
129 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13. Januar 2006 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Beklagten, die Pächter der Wohnwagenstellplätze auf dem in seinem Eigentum stehenden Flurstück 1 der Flur 2 in A zu nennen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als diese Verfügung die Pächter der Wohnwagenstellplätze Nr. 5, 6, 8, 9 und 10 "gemäß Aufstellungsplan Bl. 6 der Verwaltungsvorgänge" betrifft. Das Urteil wurde dem Kläger am 27.02.2006 zugestellt. Am 15.03.2006 hat der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung eingelegt, den er mit am 27.04.2006 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

II.

2

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

3

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind immer schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird. Geboten ist eine summarische Prüfung des Zulassungsvorbringens auf die schlüssige Infragestellung der Auffassung des Verwaltungsgerichts. Ernstliche Zweifel sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG 3. Kammer des Ersten Senats, B. v. 21.01.2009 - 1 BvR 2524/06). Dabei hat das Zulassungsverfahren nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfG 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163).

4

Derartige Zweifel werden in der Zulassungsschrift nicht aufgezeigt.

5

Der Kläger machte zunächst geltend, die Ordnungsverfügung in der Fassung, wie sie sie durch den Tenor des Urteils des Verwaltungsgerichts erhalten hat, genüge nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 37 VwVfG.

6

Nach § 173 VwGO i.V.m. § 322 Abs. 1 ZPO sind Urteile der Rechtskraft insoweit fähig, als über den durch die Klage erhobenen Anspruch entschieden ist. Daher ist für die Tragweite und damit auch für die Rechtskraft eines Urteils in erster Linie die Urteilsformel maßgebend. Lässt der Inhalt der Urteilsformel allein nicht mit Sicherheit erkennen, worüber das Urteil entschieden hat, können und müssen die aus dem Tatbestand des Urteils ersichtlichen Anträge und die Entscheidungsgründe, die zwar nicht selbst an der Rechtskraft teilhaben, zur Auslegung der Urteilsformel herangezogen werden (vgl. BVerwG, U. v. 17.12.1963 - II C 20.63 - BVerwGE 17, 293 unter Bezugnahme auf RG, U. v. 30.09.1941 - VI 42/41 - RG Warn. 1942 S. 188 (189)). Gegenstand der Urteilsformel ist der angefochtene Verwaltungsakt in der Modifizierung durch das Verwaltungsgericht. Die Bestimmtheit dieses Verwaltungsakts seinerseits richtet sich nach den allgemeinen Regeln. Der Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit einer Einzelfallregelung im Sinne von § 37 VwVfG M-V bedeutet zum einen, dass deren Adressat in der Lage sein muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist; zum anderen folgt daraus, dass der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, U. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338>; B. v. 27.07.1982 - 7 B 122.81 - Buchholz 316 § 37 VwVfG Nr. 1; Senat, B. v. 24.01.2006 - 3 M 73/05 - NordÖR 2006, 393 = NVwZ-RR 2007, 21).

7

Nach diesen Grundsätzen bestehen keine Zweifel an der Bestimmtheit der Verfügung. Ausgangspunkt ist zunächst, dass entgegen dem Zulassungsvorbringen das Verwaltungsgericht nicht ausschließlich auf den Aufstellungsplan Bl. 6 der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen hat. Zu berücksichtigen ist, dass das Verwaltungsgericht in den Gründen (UA S. 3) den Inhalt des Lageplans und die Nummerierung der Parzellen eindeutig beschreibt. In Bezug auf diese Beschreibung wird deutlich, welche Stellplätze mit den o. g. Nummern 5, 6, 8 und 9 sowie 10 gemeint sind. Hinzu kommt, dass es auch aus der Sicht des Klägers um die Nutzung der 10Parzellen für Wohnwagen ging. Dies wird deutlich aus dem Bauantrag, den die Rechtsvorgängerin des Klägers im Mai 1995 gestellt hat. Schließlich hat der Kläger mit Schreiben vom 05.03.2002 dem Beklagten selbst einen entsprechenden Lageplan zugesandt. Aus alledem ergibt sich, dass Zweifel an der Bestimmtheit des Bescheids in der durch das Urteil geänderten Fassung nicht bestehen.

8

Der Kläger macht weiter geltend, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestünden deswegen, weil "die baurechtliche Situation des Stellplatzes nicht unkompliziert" sei. Der Beklagte habe eine Duldung des Bestandes des Wochenendplatzes insgesamt ausgesprochen, und zwar in dem Umfang, zu dem er an einem bestimmten Zeitpunkt vorhanden gewesen sei. Die gesamte baurechtliche Verantwortung für den Wochenendplatz liege bei ihm - dem Kläger - als Eigentümer. Nur er könnte anhand des hier vorliegenden Duldungssachverhalts überhaupt feststellen, ob im Einzelfall ein baurechtswidriger Zustand gegeben sei. Ein bauaufsichtliches Verfahren sei ausschließlich ihm gegenüber als Eigentümer in Betracht zu ziehen. Auch hiermit sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht dargelegt.

9

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend die Voraussetzungen für den Erlass der Anordnung, die Pächter des Grundstücks zu nennen, benannt. Sie sind wie folgt zusammenzufassen:

10

Ermächtigungsgrundlage für die Verfügung des Bescheids vom 05.02.2001 für die von dem Antragsteller geforderten Angaben ist § 60 Abs. 1 S. 2 LBauO M-V a.F. (= § 58 Abs. 1 S. 2 LBauO nunmehr geltender Fassung). Aus dieser bauaufsichtsrechtlichen Generalermächtigung folgt die Befugnis zur Anforderung der Auskünfte und Unterlagen, die die Behörde braucht, um die notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu veranlassen (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.11.2008 - 2 S 76.08 - NVwZ-RR 2009, 319; vgl. auch OVG Münster, B. v. 14.10.1988 - 10 B 1175/88 - BRS 48 Nr. 201). Der Antragsgegner hat gem. § 60 Abs. 1 S. 1 LBauO (= § 58 Abs. 1 S. 1 LBauO nunmehr geltender Fassung) bei der Errichtung, Änderung, Nutzung, Instandhaltung und dem Abbruch von baulichen Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Die Bauordnungsbehörde ist daher gegebenenfalls verpflichtet, (auch schon) zur Verhinderung der Schaffung rechtswidriger Zustände tätig zu werden (OVG des Saarlandes, B. v. 13.03.2006 - 2 W 37/05 - BauR 2006, 2015 = BRS 70 Nr. 179). Zu ihren Aufgaben kann auch die Vorbereitung weitergehender Maßnahmen gehören (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.11.2008 - a.a.O.). Das Verwaltungsgericht ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass das Auskunftsverlangen -jedenfalls - dann gerechtfertigt ist, wenn Verstöße gegen das öffentliche Baurecht zu besorgen sind. Die Überwachungsaufgabe bezieht sich nicht nur auf genehmigungsbedürftige Vorhaben, sondern auch auf genehmigungsfreie Vorhaben, zu denen Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten je nach Art und Umfang zählen können. Denn auch genehmigungsfreie Vorhaben müssen die einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften einhalten (so ausdrücklich §65 Abs. 4 und 5 LBauO M-V a.F.; § 58 Abs. 2 LBauO M-V n.F.).

11

Der Umfang der Überwachungsmaßnahmen obliegt der Behörde nach Ermessen im Rahmen des §24 VwVfG M-V (Schmidt in: Jeromin, Komm. zur LBauO Rh-Pf, § 59 Rn. 13). An der Aufklärung von Sachverhalten sollen Beteiligte nach § 26 Abs. 2 VwVfG M-V mitwirken. Daher besteht ein Interesse daran zu erfahren, wer als Beteiligter im Sinne des § 13 VwVfG M-V in Betracht kommt. Dies sind die möglichen Störer, die für die Verstöße gegen das öffentliche Baurecht, die zu besorgen sind, verantwortlich sein könnten. Abhängig von den zu treffenden Maßnahmen gehört zur Aufbereitung des für die Behörde entscheidungsrelevanten Sachverhalts auch die Sicherstellung einer ermessensfehlerfreien Störerauswahl, wobei unter Berücksichtigung des zu beachtenden Gebots der Effektivität zu entscheiden ist, wer als Verhaltens- oder Zustandsverantwortlicher im Interesse einer wirksamen und schnellen Gefahrenabwehr in Anspruch zu nehmen ist. Ebenso könnte zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagung oder Beseitigungsverfügung die vorherige Ausräumung etwaiger zivilrechtlicher Hindernisse in Form von entgegenstehenden vertraglichen Nutzungsansprüchen Dritter erforderlich sein, wenn diese ein Vollzugshindernis darstellen. Dazu müssten vor der Einleitung der Vollstreckung begleitende Duldungsverfügungen erlassen werden (vgl. OVG Münster, B. v. 14.10.1988 - a.a.O.). Dies ist ohne genaue Kenntnis der Belegungssituation sowie der Namen der Nutzer und der vertraglichen Bindungen nicht möglich (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.11.2008 - a.a.O.).

12

Danach ergibt sich: Voraussetzung für ein derartiges Auskunftsverlangen ist nicht, dass bereits feststeht, dass bauordnungswidrige Zustände bestehen, die ein Einschreiten des Beklagten als Untere Bauaufsichtsbehörde rechtfertigen oder möglicherweise verlangen. Es genügt, dass Verstöße gegen öffentliches Baurecht in Betracht kommen. Insoweit hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass sich derartige Anhaltspunkte aus den Ortsbesichtigungen von Mitarbeitern des Beklagten am 08.06. und 14.10.2000 ergeben. Es hat ausgeführt, dass der Kläger im Laufe des Verfahrens dies nicht in Zweifel gezogen hat, sondern vielmehr den Standpunkt vertrete, dass die Veränderungen des baulichen Bestands rechtmäßig seien. Dies stellt der Kläger in der Zulassungsschrift ebenfalls nicht in Frage.

13

Unzutreffend ist im Übrigen der Hinweis, nur er - der Kläger - könne im Rahmen der Duldungssituation erkennen, ob gegebenenfalls ein baurechtswidriger Zustand vorliege. Da es vielmehr auf den Zeitpunkt der Errichtung von Ergänzungsbauten bzw. neuen Bauten ankommt, könnte der Beklagte durchaus im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 26 VwVfG M-V die Pächter der Parzellen befragen wollen. Dies liegt umso näher, als die Pächter - sofern Änderungen nachträglich vorgenommen worden sind - diese ins Werk gesetzt haben dürften.

14

Der Kläger macht weiter geltend, eine Inanspruchnahme der Pächter scheide von vornherein aus. Dieser Ausgangspunkt ist unzutreffend: Es kann dahinstehen, ob dem Verwaltungsgericht darin gefolgt werden kann, dass nur die Pächter als Adressaten bauaufsichtlicher Anordnungen in Betracht kommen. Maßgebend sind jedenfalls folgende Grundsätze:

15

Die behördliche Störerauswahl ist eine Ermessensfrage. Dabei hat die Behörde gemäß § 40 VwVfG ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die Grenzen des Ermessens einzuhalten. Maßgebend sind insbesondere eine schnelle und effektive Beseitigung eingetretener Störungen und die Freihaltung der öffentlichen Hand von finanziellen Lasten. Normative Richtschnur fehlerfreier Ausübung des Auswahlermessens ist somit auch beim Zusammentreffen von Handlungs- und Zustandshaftung der Gesichtspunkt einer schnellen und wirksamen Gefahrenbeseitigung. Danach kann die Inanspruchnahme des Zustandsstörers vor dem Handlungsstörer rechtens sein, wenn der Handlungsstörer nicht greifbar oder aus rechtlichen, faktischen oder finanziellen Gründen eine wirksame Gefahrenbeseitigung durch ihn nicht gewährleistet ist (VGH Kassel, U. v. 20.03.1986 - 7 TH 455/86 - DÖV 1987, 260).

16

Nach Maßgabe dieser Ermessenskriterien, namentlich des Kriteriums der Effektivität des Einschreitens, ist es ausgeschlossen, dass ein - potenzieller - Störer geltend macht, nur er könne in Anspruch genommen werden. Vielmehr hat die Ordnungsbehörde die Pflicht ermessensgerecht unter Berücksichtigung der genannten Gesichtspunkte zwischen den in Betracht kommenden Störern auszuwählen. Dies setzt voraus, dass diese bekannt sind. Hinzu kommt, dass ohnehin dann, wenn der Kläger in Anspruch genommen werden sollte, jedenfalls in dem Fall, in dem die Pächter eine Duldung des Vollzugs nicht hinnehmen, sie ihrerseits als Adressaten einer Duldungsverfügung in Betracht kommen. Auch hierfür muss der Beklagte als zuständige Behörde bereits vorher die Pächter als mögliche Adressaten von Duldungsverfügungen kennen.

17

Soweit der Kläger schließlich geltend macht, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden deswegen, weil die Ordnungsverfügung eine hinreichende Begründung der konkreten baulichen Veränderungen nicht enthalte, deretwegen gegen Pächter oder den sonstigen Verantwortlichen vorgegangen werden solle, sind sie ebenfalls nicht begründet. Die angefochtene Verfügung genügt den Anforderungen einer formellen Begründung im Sinne von §39 VwVfG M-V. Ob diese inhaltlich zutreffend ist, ist hier nicht entscheidend. Insoweit enthält auch das angefochtene Urteil die notwendigen Darlegungen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 2 LBauO a.F. bzw. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V n.F. vorliegen.

18

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen.

19

Die Darlegung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Angriffe des Rechtmittelführers begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geben, die sich nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Sache nur dann auf, wenn sie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht. Ob eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist, ergibt sich häufig schon aus dem Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils. Der Antragsteller genügt seiner Darlegungslast dann regelmäßig mit erläuternden Hinweisen auf die einschlägigen Passagen des Urteils. Soweit er die Schwierigkeiten des Falles darin erblickt, dass das Gericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen ist oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hat, ist zu fordern, dass er diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darstellt und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel macht.

20

Der Kläger macht insoweit in der Zulassungsschrift geltend, die Festlegung, welche baulichen Anlagen vorhanden seien bzw. was vorliegend einer Genehmigungspflicht unterliege, sei ganz offensichtlich schwer zu bestimmen. Wenn zehn Aufstellplätze vom Bestandsschutz gedeckt seien, wovon er - der Kläger - ausgehe, bedürfe das Aufstellen eines Wohnwagens auf einem genehmigten Abstellplatz keiner zusätzlichen oder neuen Genehmigung; dies sei ebenfalls von der "aktiven" Duldung erfasst.

21

Durch diese Darlegungen werden besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten schon deswegen nicht dargelegt, weil es auf die aufgeworfene Frage nicht ankommt. Es ist offensichtlich und bedarf keiner Durchführung des Berufungsverfahrens, dass eine "aktive" Duldung keinen Bestandsschutz im baurechtlichen Sinne gewährt. Die Erklärung der zuständigen Baubehörde, gegen einen baurechtswidrigen Zustand nicht einzuschreiten, und die damit verbundene langfristige Duldung kann zwar bei der gerichtlichen Prüfung der Ermessensausübung über ein nunmehr beschlossenes Einschreiten eine gewichtige Rolle spielen, sie vermag aber nicht eine rechtswidrig ausgeübte Nutzung zu "legalisieren" (VGH München, U. v. 28.10.2008 - 2 B 05.3342 -, zitiert nach juris). Die Bauordnungsbehörde ist grundsätzlich befugt, auch dann noch gegen bauordnungswidrige Zustände einzuschreiten, wenn sie diese längere Zeit geduldet hat (vgl. OVG Magdeburg, B. v. 07.03.2006 - 2 L 76/04 -, zitiert nach juris).

22

Die Duldungspraxis, die der Antragsgegner gegenüber bestimmten Baumaßnahmen walten lässt, berührt im übrigen die gesetzliche Überwachungsaufgabe nicht. Arbeiten an den baulichen Anlagen auf dem Grundstück des Klägers unterliegen deshalb in jedem Fall der Überwachung der Bauordnungsbehörde, auch wenn es sich bei ihnen um genehmigungsfreie Instandsetzungsarbeiten oder zwar genehmigungsbedürftige, aber von der Duldungspraxis des Antragsgegners erfasste Arbeiten handeln sollte (vgl. OVG Bremen, B. v. 25.08.1992 - 1 B 54/92 - NVwZ-RR 1993, 288).

23

Der Kläger macht in diesem Zusammenhang weiter als offenbar schwierige sachliche oder rechtliche Frage geltend, die sogenannte aktive Duldung, die sich auf den gesamten Aufstellplatz und damit auf den Rechtsbereich des Grundstückseigentümers beziehe, schreibe auch die bauordnungsrechtliche Verantwortlichkeit fest. Dies ist offensichtlich nicht der Fall. Zur Beantwortung dieser Rechtsfrage bedarf es ebenfalls keiner Durchführung des Berufungsverfahrens. Wenn schon die Duldung keinen Bestandsschutz vermitteln kann, legt sich die zuständige Behörde hiermit auch nicht auf den Störer fest, den sie gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt gleichwohl in Anspruch nehmen will. Hinzu kommen die oben dargelegten Erwägungen zur Frage der erforderlichen Störerauswahl und einer damit möglicherweise einhergehenden Duldungsverfügung gegen den Pächter der betroffenen Anlage.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

25

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 47 GKG.

26

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3

27

Satz 3 GKG).

28

Mit der Bekanntgabe dieses Beschlusses wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 2.500,- € festgesetzt.


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Tenor

1) Der Antrag wird abgelehnt.

     Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2)  Der Wert des Streitgegenstands wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.


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Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.05.2006 wird bezüglich der Nr. 1 des Bescheids wiederhergestellt und hinsichtlich der Nr. 3 angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der am 30.05.2006 gestellte Antrag, „die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.05.2006 ... wird wiederhergestellt“ (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers v. 29.05.2006), ist bei sachdienlicher Auslegung (§§ 88 und 86 Abs. 3 VwGO) darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen das Aufenthaltsverbot in Nr. 1 des Bescheids wiederherzustellen (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 5 S. 1 VwGO) und gegen die Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 250,00 EUR in Nr. 3 des Bescheids anzuordnen (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO, § 12 LVwVG). Das gegen den Antragsteller anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2006 verfügte Aufenthaltsverbot wegen dessen (aus der Sicht der Antragsgegnerin) Zugehörigkeit zur Hooligan-Szene betrifft drei, im Einzelnen näher umschriebene Bereiche im Stadtgebiet der Antragsgegnerin und erstreckt sich in zeitlicher Hinsicht vom 09.06. bis 09.07.2006, jeweils von 12.00 Uhr bis 3.00 Uhr des folgenden Tags. Der Aussetzungsantrag ist zulässig und begründet.
Nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angegriffenen Bescheids verschont zu bleiben, gegen das öffentliche Interesse an einer sofortigen Durchsetzung des Bescheids abzuwägen. Diese Abwägung führt hier zu dem Ergebnis, dass dem Antragsteller einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren ist. Ausschlaggebend hierfür ist, dass der angefochtene Bescheid bei der im vorliegenden Verfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtswidrig sein dürfte, weswegen der Widerspruch des Antragstellers erfolgreich sein wird.
Das Aufenthaltsverbot ist auf die polizeiliche Generalklausel (§§ 1 und 3 PolG) gestützt. Es erscheint fraglich, ob diese Ermächtigungsgrundlage hier anwendbar ist. Das baden-württembergische Polizeigesetz regelt bisher weder den (kurzfristigen) Platzverweis noch ein (längerfristiges) Aufenthaltsverbot als sogenannte Standardmaßnahmen. Die Kammer hat in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anlässlich einer Wohnungsverweisung mit dreiwöchigem Aufenthaltsverbot im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Wesentlichkeitstheorie (vgl. Beschl. v. 04.05.1997 - 2 BvR 509/96 u. a. -, NJW 1998, 669, 670) wegen der Grundrechtsbetroffenheit einer solchen Maßnahme (Art. 6, 11 und 13 GG) Zweifel daran geäußert, ob ein solches Aufenthaltsverbot überhaupt auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden kann (vgl. Beschl. v. 17.05.2001 - 5 K 1912/01 -, VBlBW 2002, 43). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seiner ersten Entscheidung zur Gefahrenabwehrhandlung der Polizei in Fällen häuslicher Gewalt diese Bedenken „jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ (Urt. v. 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, NJW 2005, 88 = VBlBW 2005, 138) nicht geteilt und zur Begründung ausgeführt, die Regelungsmaterie „Gefahrenabwehr“ erfordere einen weiten Gestaltungsspielraum der Verwaltung und eine flexible Handhabung des ordnungsbehördlichen Instrumentariums. Gerade das Recht der Gefahrenabwehr mit seinen von Rechtsprechung und Schrifttum konkretisierten Leitlinien des Opportunitäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips könne deshalb mit sprachlich offen gefassten Ermächtigungen auskommen, die gegebenenfalls verfassungskonform auszulegen und anzuwenden seien. Bei der Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot handele es sich zudem um eine relativ neuartige, als Modellversuch angelegte polizeiliche Vorgehensweise zur Bekämpfung häuslicher Gewalt, so dass jedenfalls wegen des Experimentiercharakters für eine Übergangszeit der Rückgriff auf die Generalklausel hinzunehmen sei. Allerdings handele es sich angesichts der Intensität des Zugriffs auf die Individualsphäre des Betroffenen um einen Grenzfall zulässiger Ausgestaltung, weshalb eine verbleibende Zweifelsfragen klärende Normierung als Standardmaßnahme nach einer Phase der Erprobung angezeigt wäre.
Ob diese Erwägungen auch im vorliegenden Fall tragfähig sind, bedarf einer vertieften Prüfung im Hauptsacheverfahren (gegebenenfalls im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage). Hierbei wird zu bedenken sein, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (22.07.2004) die Phase der Erprobung schon seit mehr als 2 Jahren abgeschlossen war (vgl. Proske, VBlBW 2005, 140 [Anm. zu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.07.2004, a.a.O]). Andererseits handelt es sich vorliegend um keine Verweisung aus der eigenen Wohnung, sondern um ein räumlich breiter angelegtes Aufenthaltsverbot, das „lediglich“ in Art. 11 Abs. 1 GG eingreift.
Versteht man die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs dahingehend, dass eine Regelung als Standardmaßnahme dann angezeigt ist, wenn eine bestimmte polizeiliche Eingriffssituation häufig wiederkehrt (so Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., RdNr. 305), spricht vieles für die Annahme, dass ein Aufenthaltsverbot wie hier für bestimmte weiträumige Bereiche in einem Stadtgebiet mittlerweile Standard polizeilicher Praxis im Bundesgebiet ist. Ausgangspunkt dieser Praxis war in erster Linie die Dislozierung der offenen Drogenszene in den 1990er Jahren (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluß v. 12.03.1996 - 1 S 2856/95 -, VBlBW 1996, 418 u. v. 30.09.1996 - 1 S 2531/96 -, VBlBW 1997, 66). Aufenthaltsverbote wurden aber inzwischen ebenfalls erlassen gegen Punks (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.10.2002 - 1 S 1963/02 -, NVwZ 2003, 115 = VBlBW 2003, 31), im Vorfeld von „Chaostagen“, Demonstrationen, Castortransporten sowie gegen die Hütchenspieler- und Tuning-Szene (vgl. Finger, Betretens- und Aufenthaltsverbote im Recht der Gefahrenabwehr, Die Polizei 2005, 82; vgl. zu Sportgroßveranstaltungen auch allgemein: Markert/Schmidbauer, Polizeirechtliche Probleme bei Sportgroßveranstaltungen, BayVBl. 1993, 517). Mittlerweile haben alle Bundesländer außer Baden-Württemberg den weniger eingriffsintensiven Platzverweis entsprechend § 12 des aus den Jahren 1976/77 stammenden Musterentwurfs für ein einheitliches Polizeigesetz (ME) als Standardmaßnahme geregelt (vgl. Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl., F RdNr. 453; Braun, Freizügigkeit und Platzverweis, 2000, S. 102). Etliche Bundesländer sehen mittlerweile auch für die Verhängung eines Aufenthaltsverbots, das gegenüber einem Platzverweis stärker in Grundrechte eingreift, Spezialermächtigungen vor (vgl. Merten, Platzverweise und Aufenthaltsverbote, Die Polizei 2002, 18). In den Bundesländern, in denen der Platzverweis als Standardmaßnahme geregelt ist, die aber für ein Aufenthaltsverbot noch keine Spezialermächtigung vorsehen, stellt sich in der Rechtsprechung zunehmend die Frage, ob für den Erlass eines Aufenthaltsverbots auf die polizeiliche Generalklausel zurückgegriffen werden kann (bejahend: OVG Bremen, Urt. v. 24.03.1998 - 1 BA 27/97 -, NVwZ 1999, 314; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.09.2000 - 5 B 1201/00 -, DÖV 2001, 216, zur alten Rechtslage, vgl. nunmehr § 34 Abs. 2 NRWPolG und hierzu Gusy, Polizeibefugnisse im Wandel, NWVBl. 2004, 1, 6; verneinend: HessVGH, Beschl. v. 28.01.2003 - 11 TG 2548/02 -, NVwZ 2003, 1400). Die ganz herrschende Meinung in der Literatur hält die spezialgesetzliche Regelung eines Aufenthaltsverbots unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten - Rechtsklarheit und Rechtssicherheit - für zwingend geboten (vgl. Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rdnrn. 200, 302 b, 302 c; Butzer, Flucht in die polizeiliche Generalklausel?, VerwArch 2002, 506, 536 ff.; Gusy, JZ 2005, 355, 357 [Anm. zu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.07.2004, a.a.O.]; Merten, a.a.O., S. 24). Angesichts der in Baden-Württemberg mehr als in allen anderen Bundesländern aufgeworfenen Zweifelsfragen im Zusammenhang mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten dürfte ein weiteres Zurückstellen einer klärenden Normierung durch den Landesgesetzgeber verfassungsrechtlich nicht mehr länger hinnehmbar sein, zumal ihm dieses Problem seit Jahren bekannt sein müsste. Eine Klärung dieser vielschichtigen Rechtsfragen im Hinblick auf das hier verfügte, den Schutzbereich des Artikels 11 Abs. 1 GG berührende einmonatige Aufenthaltsverbot mit einer täglichen Dauer von 15 Stunden (0.00 Uhr bis 3.00 Uhr, 12.00 Uhr bis 24.00 Uhr) muss jedoch letztlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Vor dem Hintergrund, dass es bei Auseinandersetzungen durch Hooligans zu Tätlichkeiten und damit auch zu einer Gefährdung oder Verletzung hochrangiger Rechtsgüter (Leib und Leben) kommen kann, geht die Kammer - unter Zurückstellung der aufgezeigten Bedenken bezüglich der Ermächtigungsgrundlage - jedoch im vorliegenden summarischen Verfahren davon aus, dass eine solche Maßnahme zum Schutz der genannten Rechtsgüter auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden kann, zumal sich eine solche Maßnahme gegenüber der - beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG möglichen - Ingewahrsamnahme des Verursachers der Tätlichkeiten als milderes Mittel erweisen dürfte.
Das verfügte Aufenthaltsverbot überschreitet jedoch aller Voraussicht nach die durch die polizeiliche Generalklausel eingeräumte Ermächtigung der Antragsgegnerin. Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, a.a.O., S. 190 ff.). Im Hinblick auf den Eingriff in das Grundrecht der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG; vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.07.2004, a.a.O.; Finger, a.a.O., S. 86 ff.) spricht viel dafür, an die Anwendung der Generalklausel insoweit strenge Anforderungen zu stellen, wie sie etwa auch bei der Gewahrsamnahme nach § 28 PolG mit dem Erfordernis einer „unmittelbaren und erheblichen Störung“ zum Ausdruck kommt.
Die Antragsgegnerin hat das Aufenthaltsverbot damit begründet, der Antragsteller sei seit Ende der 1990er Jahre im Zusammenhang mit Fußballspielen auffällig geworden. Im Jahre 2000 habe er auf dem Cannstatter Wasen eine Körperverletzung begangen, weswegen eine Strafanzeige gegen ihn ergangen sei. Am 02.10.2004 habe in Murr eine Drittortauseinandersetzung zwischen Stuttgarter und Chemnitzer Hooligans stattgefunden, bei der er als Teilnehmer identifiziert worden sei, weswegen gegen ihn strafrechtlich ermittelt werde. In den polizeilichen Dateien sei er als „Gewalttäter Sport“ erfasst. Aufgrund der Annahme, dass der Antragsteller Angehöriger einer Hooligangruppierung sei, welche sich durch Drittortauseinandersetzungen auf die Aktionen bei der Fußballweltmeisterschaft vorbereite, sowie aufgrund der Tatsache, dass er regelmäßig bei Fußballspielen in Erscheinung trete und schließlich wegen „der Erkenntnisse aus den in Stuttgart anhängigen Verfahren“, müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit für die anstehende Weltmeisterschaft damit gerechnet werden, dass er sich an gewalttätigen Auseinandersetzungen gegen ausländische und deutsche Hooligans sowie Fußballfans beteiligen werde. Der Antragsteller gelte als äußerst gewaltbereit, so dass damit zu rechnen sei, dass er sich insbesondere in Stuttgart entsprechend darstellen möchte. Die zu befürchtenden Sicherheits- und Ordnungsstörungen seien darüber hinaus noch dazu geeignet, das Ansehen Deutschlands im Ausland zu schädigen, da aufgrund der großen Medienpräsenz über entsprechende Ausschreitungen und Vorfälle dieser Art berichtet werden würde.
Soweit die Antragsgegnerin außer einer Störung der öffentlichen Sicherheit auch von einer Störung der öffentlichen Ordnung ausgeht, vermag diese Erwägung wegen des Eingriffs in die Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG) und des diesbezüglichen Vorbehalts (Art. 11 Abs. 2 GG) das Aufenthaltsverbot von vornherein nicht zu rechtfertigen. Nach Art. 11 Abs. 2 GG darf das Recht auf Freizügigkeit nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist. Die öffentliche Ordnung als der Inbegriff all jener ungeschriebenen Regeln, „deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird“ (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.04.2001 - 1 BvQ 17/01, 18/01 -, DVBl. 2001, 1054; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., RdNr. 408), gehört nicht zum Bestand des Gesetzesvorbehalts nach Art. 11 Abs. 2 GG. Die polizeiliche Generalklausel bedarf daher wegen dieses Gesetzesvorbehalts einer verfassungskonformen Auslegung und Anwendung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.07.2004, a.a.O.). Der qualifizierte Gesetzesvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG wirkt sich in der Praxis in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Kriminalvorbehalts („um strafbaren Handlungen vorzubeugen“, Art. 11 Abs. 2 a. E. GG) aus (vgl. Finger, a.a.O., S. 82).
Die von der Antragsgegnerin bejahte konkrete Gefahr der Störung der öffentlichen Sicherheit durch Straftaten - Körperverletzungen mit schweren, möglicherweise gar tödlichen Folgen - des Antragstellers vermag die Kammer nicht zu erkennen. Der angefochtene Bescheid weist bereits gewisse Mängel bezüglich der Feststellung des Sachverhalts (S. 2 bis 5) und der rechtlichen Würdigung (S. 5 ff.) auf. Die Feststellung auf Seite 6 des Bescheids, der Antragsteller trete „regelmäßig bei Fußballspielen in Erscheinung“, deckt sich nicht mit den im Sachverhalt genannten zwei Ereignissen (Körperverletzung im Jahre 2000 auf dem Cannstatter Wasen, Beteiligung an einer Drittortauseinandersetzung am 02.10.2004 in Murr zwischen Stuttgarter und Chemnitzer Hooligans). Ausführungen dazu, welche Umstände die Regelmäßigkeit kennzeichnen und durch welche konkreten Verhaltensweisen das In-Erscheinungs-Treten bei Fußballspielen geprägt sein soll, enthält der Bescheid nicht. Dies gilt auch hinsichtlich der dem Antragsteller des Weiteren auf Seite 6 des Bescheids zugeschriebenen Eigenschaft, er sei „äußerst gewaltbereit“. Nicht näher dargelegt ist überdies die Feststellung des „wiederholten Aufenthalts im Bereich von Gewalttätigkeiten bei Sport-Großveranstaltungen“ (S. 6 des Bescheids).
10 
Der Antragsteller hat demgegenüber in der eidesstattlichen Versicherung vom 30.05.2006 im Rahmen der Begründung des vorliegenden Aussetzungsantrags geltend gemacht, es sei unzutreffend, dass er im Jahre 2000 im Zusammenhang mit Fußballspielen straffällig geworden sei. Vielmehr sei es nach seinem Besuch des Cannstatter Volksfests auf dem Weg zum Bahnhof zu einem Streit mit zwei Männern gekommen, die ihn körperlich angegriffen hätten. Er habe sich gegen diese körperliche Attacke gewehrt und sei davongelaufen. Hierauf sei er jedoch von der Polizei festgehalten und zu seiner Person und zur Sache vernommen worden. Danach habe er von dieser Angelegenheit nichts mehr gehört; insbesondere sei gegen ihn keine strafrechtliche Maßnahme ergangen. Hinsichtlich des Vorfalls vom 02.10.2004 führt der Antragsteller in der eidesstattlichen Versicherung aus, er sei an jenem Tag nicht an einer Drittortauseinandersetzung in Murr beteiligt gewesen. Er habe sich am 02.10.2004 zusammen mit Familienangehörigen ab ca. 13.00 Uhr bis abends auf dem Cannstatter Wasen beim dortigen Volksfest aufgehalten. Richtig sei lediglich, dass er am 20.05.2005 im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen gefährlicher Körperverletzung vom Polizeipräsidium ... als Zeuge vernommen worden sei. Zur Glaubhaftmachung hierfür hat der Antragsteller das an ihn adressierte Schreiben des Polizeipräsidiums ... vom 11.05.2005 vorgelegt.
11 
Die Antragsgegnerin hat hierzu im Rahmen der Antragserwiderung mit Schreiben vom 07.06.2006 vorgebracht, bei der Staatsanwaltschaft ... sei gegen den Antragsteller ein Ermittlungsverfahren anhängig (Az.: ...). Aus der dortigen Ermittlungsakte ergebe sich nach Auskunft der Polizei die Zugehörigkeit des Antragstellers zur Hooligan-Szene. Hinsichtlich des Vorfalls in Murr am 02.10.2004 werte die Polizei derzeit noch verschiedene Zeugenaussagen aus. Sobald diese abgeschlossen seien, werde dazu weiter Stellung genommen werden. Ergänzend habe das Polizeipräsidium ... mitgeteilt, dass der Antragsteller am 19.05.2001 neben anderen Personen in Frankfurt festgenommen worden sei. Es habe sich eine Drittortschlägerei mit Frankfurter Hooligans abgezeichnet, die durch die Festnahme im Vorfeld verhindert worden sei.
12 
Der entscheidungserhebliche Sachverhalt bedarf nach alledem im Hauptsacheverfahren der weiteren Aufklärung. Die dem Gericht unterbreitete Tatsachengrundlage ist jedenfalls bisher zu dürftig und bietet keine verlässliche Grundlage für die von der Antragsgegnerin getroffene Prognose, der Antragsteller werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch künftig ohne Grund Körperverletzungen in Gestalt von Schlägereien und damit Straftaten begehen. Im Rahmen des Kriminalvorbehalts des Art. 11 Abs. 2 GG ist es erforderlich, dass die handelnde Behörde der notwendigen Prognose eine gesicherte Tatsachenbasis zugrundelegt. Hierbei verbieten sich reine Vermutungen; es müssen aussagekräftige, tatsächliche Hinweise dafür vorliegen, dass eine Straftat begangen werden soll, wobei kleinste tatsächliche Anhaltspunkte nicht genügen (vgl. Merten, a.a.O., S. 23). Selbst wenn zu Lasten des Antragstellers davon ausgegangen würde, er habe sich im Jahre 2001 in Frankfurt an der Vorbereitung einer Drittortschlägerei beteiligt und sei bei einer solchen Auseinandersetzung am 02.10.2004 in Murr beteiligt gewesen, erschiene es zweifelhaft, diese Beteiligungen als Vorbereitungen auf Aktionen bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 zu erachten, worauf die Ausführungen der Antragsgegnerin im Bescheid vom 05.05.2006 (S. 6) deuten. Im Übrigen vermisst die Kammer sowohl in diesem Bescheid als auch in dem ihm zugrunde liegenden Antrag des Polizeipräsidiums ... vom 24.04.2006 nähere Ausführungen dazu, anhand welcher allgemeiner Merkmale eine Erfassung in der polizeilichen Datei „Gewalttäter Sport“ erfolgt, wann der Antragsteller in dieser Datei erstmals erfasst wurde, ob spätere Eintragungen hinzugekommen sind und welchen genauen Inhalt die Eintragung(en) etwa zur Rechtfertigung der Erfassung aufweist. Der Bescheid und der genannte Antrag des Polizeipräsidiums vermitteln schließlich auch keine weiteren Erkenntnisse zum Verhalten von Hooligans, die bisher nur im Rahmen von sogenannten Drittortauseinandersetzungen (nachvollziehbarer auch „Feld-Wald-und-Wiesenauseinandersetzungen“ genannt, vgl. Stuttgarter Zeitung v. 09.05.2006, S. 35, zu Erfahrungen eines Sozialarbeiters dieser Szene) aufgefallen sind. Aus einer solchen Beteiligung kann nach den der Kammer bisher vorliegenden Erkenntnissen bei summarischer Bewertung der Sachlage gerade nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der betreffende Hooligan bewusst im Umfeld von Stadien und im näheren und weiteren Bereich der Orte öffentlicher Fernsehübertragungen von Fußballspielen die tätliche Auseinandersetzung mit anderen Hooligans oder Fußballfans sucht. Dies belegen etwa Erfahrungen der Gewalt- und Konfliktforschung zu dieser Szene. Insbesondere Hooligans, die einen Beruf ausüben und über eine höhere Bildung verfügen (etwa 30 % in den alten Bundesländern) „brauchen Wiesen, Felder und Wälder“ und meiden „Public-Viewing-Plätze wie die Pest“ (vgl. Gunter A. Pilz, Universität Hannover, Konfliktforscher in den Bereichen Sport und Gesellschaft, Interview in der Schwäbischen Zeitung v. 03.06.2006). Diese Erkenntnisse werden aus der Sicht der Polizeipraxis bestätigt. Nach Schmidbauer, Polizeipräsident in München, liegt die Stärke der Hooligans in ihrer Anonymität; Randalierer werden meist nur dann aktiv, wenn sie sich sicher fühlen können, nicht erkannt und nicht für die Taten belangt zu werden; Hooligans wissen, dass sie sich etwa wegen einer Video-Überwachung zu keiner Zeit in Anonymität und Sicherheit wiegen können (vgl. Schmidbauer, Sportgroßveranstaltungen als Herausforderung für Polizei und Sicherheitsbehörden, KommunalPraxis spezial, 2005, 47). Unter Würdigung des Einsatzes von Polizeikräften - auch in Zivil sich unter das Fußballvolk mischenden - und zusätzlichen Ordnern sowie bei Berücksichtigung der geplanten Videoüberwachung des Stuttgarter Schlossplatzes (vgl. zu den vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen Stuttgarter Zeitung v. 27.12.2005, S. 19, v. 02.05.2006, S. 20 u. v. 20.05.2006, S. 29) dürfte für Hooligans in den drei von der Antragsgegnerin verfügten räumlichen Bereichen des Aufenthaltsverbots kaum mehr Raum für Anonymität verbleiben.
13 
Nach alledem ist die Kammer bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage davon überzeugt, dass das vom Antragsteller angegriffene Aufenthaltsverbot mangels Vorliegens einer konkreten Gefahr nicht von der polizeilichen Generalklausel gedeckt ist.
14 
Durch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen das Aufenthaltsverbot entfällt dessen sofortige Vollziehbarkeit und damit die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung nach § 2 Nr. 2 LVwVG, weswegen auch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 250,00 EUR (Nr. 3 des angefochtenen Bescheids) anzuordnen ist (§ 12 S. 2 LVwVG, § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO).
15 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
16 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 S. 1 GKG, wobei mit der Hälfte des Auffangwerts für das Hauptsacheverfahren berücksichtigt ist, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens lediglich die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes ist.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Tenor

I. Vom Verfahren 10 C 14.2245 wird das Verfahren abgetrennt, soweit es die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren (M 12 K 14.3772) betrifft, und unter dem Aktenzeichen 10 C 15.524 fortgeführt.

II. Die Verfahren 10 CS 14.2244 und 10 C 14.2245 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

III. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

IV. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.

V. Unter Abänderung der Nr. III des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. September 2014 wird der Streitwert für das Verfahren M 12 S 14.3778 und das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2244 auf jeweils 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller verfolgt mit seinen Beschwerden seine in erster Instanz erfolglosen Anträge auf Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin sowie auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das diesen Bescheid betreffende Eil- und Klageverfahren weiter. Der Bescheid untersagt dem Antragsteller die Ausreise für ein Jahr und verpflichtet ihn für die Dauer des Ausreiseverbots, der Ausländerbehörde alle in seinem Besitz befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie seinen elektronischen Aufenthaltstitel zu überlassen und sich dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden.

Der am … 1991 im Bundesgebiet geborene Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Er erhielt am 23. Juni 1997 eine befristete Aufenthaltserlaubnis und am 30. Juni 2008 eine Niederlassungserlaubnis.

Am 22. Oktober 2013 flog der Antragsteller mit einem Freund nach Adana in der Türkei. Auf Veranlassung seines Vaters, der befürchtete, sein Sohn könne sich nach Syrien begeben, um dort am Jihad teilzunehmen, wurde er bei der Ankunft am Flughafen in Adana festgenommen. In Begleitung seiner Schwester und seines Schwagers kehrte er am 25. Oktober 2013 in die Bundesrepublik zurück. Bei der Einreise wurden eine gefütterte Flecktarnweste und Bargeld in Höhe von 1.600,- Euro sichergestellt. Bei seiner polizeilichen Vernehmung am selben Tag gab der Antragsteller an, er und sein Freund seien auf dem Weg nach Syrien gewesen. Grund dafür seien Youtube-Videos gewesen, die das Leid der Frauen und Kinder dort gezeigt hätten. Das Geld für den Flug hätten sie von einem Bekannten erhalten, der ihr Emir sei und seinem Freund außerdem 4.000,- Euro ausgehändigt habe, von denen er und sein Freund jeweils 2.000,- Euro an sich genommen hätten. 400,- Euro davon habe er für den Rückflug nach Deutschland verwendet. In Adana hätten sie vom Flughafen abgeholt werden sollen. Die 4.000,- Euro hätten sie zu den Mujahedin nach Syrien bringen und sich ihnen anschließen wollen. Um welche Gruppierung es sich dabei hätte handeln sollen, sei nicht besprochen worden. Eine Rückkehr nach Deutschland sei nicht geplant gewesen.

Mit Bescheid vom 24. Juli 2014 untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland für die Dauer von zwölf Monaten ab Zustellung des Bescheids (Nr. 1 des Bescheids) und verpflichtete ihn, alle in seinem Besitz befindlichen Pässe und Passersatzdokumente (einschließlich der ihm während der Dauer der Ausreiseuntersagung ausgehändigten) sowie seinen elektronischen Aufenthaltstitel unverzüglich, jedoch spätestens am Tag nach der Zustellung des Bescheids an die Ausländerbehörde auszuhändigen und dieser für die Dauer der Ausreiseuntersagung vorübergehend zu überlassen (Nr. 2 des Bescheids), unverzüglich einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweisersatzes zu stellen (Nr. 3 des Bescheids) und sich ab dem auf die Zustellung des Bescheids folgenden Tag dreimal wöchentlich jeweils am Montag, Mittwoch und Freitag zwischen 8.00 Uhr und 21.00 Uhr bei der zuständigen Polizeiinspektion unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden (Nr. 4 des Bescheids). Die sofortige Vollziehung von Nr. 2 und 4 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 7 des Bescheids).

Gegen den am 26. Juli 2014 zugestellten Bescheid vom 24. Juli 2014 erhob der Antragsteller am 26. August 2014 Klage. Gleichzeitig beantragte er sinngemäß, die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf Nr. 1 des Bescheids anzuordnen und hinsichtlich Nr. 2 und 4 des Bescheids wiederherzustellen. Schließlich beantragte er, ihm für die erste Instanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen und seinen Rechtsanwalt beizuordnen.

Mit Beschluss vom 12. September 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sowie den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren und das Hauptsacheverfahren ab.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Der Bescheid vom 24. Juli 2014 sei voraussichtlich formell und materiell rechtmäßig. Von einer Anhörung des Antragstellers vor Erlass des Bescheids habe nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG abgesehen werden können. Rechtsgrundlage für die Ausreiseuntersagung sei § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG. Die Ausreise des Antragstellers aus der Bundesrepublik zur Teilnahme am bewaffneten Jihad sei vor dem Hintergrund einer auf Grund der engen Bindungen an Deutschland wahrscheinlichen Rückkehr eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Gerade Personen, die in Syrien ein terroristisches Ausbildungslager absolviert oder aktiv an Kampfhandlungen teilgenommen hätten, stellten nach einer Wiedereinreise ein besonderes Sicherheitsrisiko dar. Aktivitäten kampferprobter Rückkehrer seien geeignet, die Sicherheit von Einrichtungen des Bundes und der Länder oder von lebenswichtigen Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen in einem über eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit hinausgehenden Maß zu gefährden. Darüber hinaus liege auch eine Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik vor. Die Teilnahme eines im Bundesgebiet wohnhaften Ausländers am bewaffneten Jihad sei geeignet, in erheblichem Maße die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik zu beeinträchtigen. Durch eine vom Bundesgebiet als Vorbereitungs- und Rückzugsort ausgehende Beteiligung an terroristischen Handlungen würden zentrale staatenübergreifende Sicherheitsinteressen berührt, zu deren Wahrung die Bundesrepublik völkervertragsrechtlich, gemeinschaftsrechtlich und grundgesetzlich verpflichtet sei. Die Annahme einer solchen Gefährdungslage gründe sich auch auf bestimmte Tatsachen. Der Antragsteller sei der salafistischen Szene zuzurechnen und habe bereits einen vergeblichen Versuch unternommen, nach Syrien auszureisen. Dass er seine jihadistisch-salafistische Grundhaltung weiter verinnerlicht habe, belegten die von ihm ins Internet gestellten und kommentierten Videos, die durch die Unterstützung des Kampfes gegen die Ungläubigen und die Sehnsucht nach dem Märtyrertod gekennzeichnet seien. Die Ausreiseuntersagung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Es sei insbesondere nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin angesichts der Gefährdung der inneren Sicherheit das öffentliche Interesse an der Ausreiseuntersagung über das Interesse des Antragstellers an einer ungehinderten Ausreise gestellt habe.

Die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung der im Besitz des Antragstellers befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie des elektronischen Aufenthaltstitels beruhe auf § 48 Abs. 1 AufenthG und sei zur Sicherung des rechtmäßigen Ausreiseverbots erforderlich und damit bei summarischer Prüfung rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Meldepflicht sei Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG. Die Anwendung dieser Regelung sei nicht durch die Regelungen des Passgesetzes ausgeschlossen. Ziel der Meldeauflage sei es zu verhindern, dass der Antragsteller an gewalttätigen Auseinandersetzungen in Syrien teilnehme, dabei schwerwiegende Gewaltdelikte und sonstige Straftaten begehe und nach seiner Rückkehr das friedliche Zusammenleben gefährde. Außerdem ermögliche sie die Kontrolle des Ausreiseverbots und diene der Abwehr einer Gefahr, die nicht von der Regelung des Passgesetzes erfasst werde. Es sei zu befürchten, dass der Antragsteller ohne die Meldeauflage an gewalttätigen Auseinandersetzungen in Syrien teilnehme. Die Meldeverpflichtung sei schließlich erforderlich. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe habe sowohl für das Eilverfahren als auch für das Hauptsacheverfahren keinen Erfolg.

Seine gegen den Beschluss vom 12. September 2014 erhobene Beschwerde begründet der Antragsteller im Wesentlichen damit, dass die tatsächlichen Verhältnisse nicht richtig erfasst worden seien. Das Strafverfahren wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a StGB sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Auch sei der Antragsteller bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Die Annahme, er wolle sich dem bewaffneten Jihad anschließen, sei nicht durch hinreichende Tatsachen belegt. Der Antragsteller sei im Oktober 2013 nicht auf Grund einer Zwangslage, sondern aus freien Stücken nach Deutschland zurückgekehrt, ohne in Syrien gewesen zu sein. Es gehe um die typische Verfehlung eines Heranwachsenden. Die Aussage, er habe sich den Mujahedin anschließen wollen, habe der Antragsteller aus Trotz und Verwirrung gemacht. Sein Motiv für die Ausreise sei tatsächlich das Leid der Frauen in Syrien gewesen. Er habe insoweit schlicht mit Geld helfen wollen. Hingegen habe zu keinem Zeitpunkt festgestanden, dass er sich in Syrien den Jihadisten habe anschließen wollen. Auch sei nicht klar gewesen, wie er und sein Freund über die Grenze nach Syrien hätten gelangen sollen. Auch habe der Antragsteller von November 2013 bis Juli 2014 keinen Ausreiseversuch unternommen, obwohl er, hätte er dies gewollt, längst hätte ausreisen können. Die Flecktarnweste, die der Antragsteller bei seiner Ausreise im Oktober 2013 dabei gehabt habe, könne auch als reiner Modegegenstand angesehen werden. Nehme man den Antragsteller persönlich wahr, handele es sich um einen zurückhaltenden jungen Mann, der sich offenbar selbst finden müsse. Eine Gewaltbereitschaft sei nicht erkennbar. Gegenwärtig suche der Antragsteller auch weder die Moschee auf noch beteilige er sich an Aktionen der Gruppe, die er dort kennengelernt habe, oder veröffentliche bei Facebook missverständliche Nachrichten. Es sei unzutreffend, dass er seine salafistisch-jihadistische Grundhaltung weiter verinnerlicht habe. Insbesondere sei der Märtyrertod nicht mit Jihad im Sinne einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Ungläubigen gleichzusetzen.

Da die Voraussetzungen der Ausreiseuntersagung nicht vorlägen, sei auch die Anordnung, sämtliche Ausweisdokumente einschließlich des elektronischen Aufenthaltstitels auszuhändigen, rechtswidrig. Sie sei außerdem unverhältnismäßig, weil nicht ersichtlich sei, wie der Antragsteller mit Hilfe seines elektronischen Aufenthaltstitels ausreisen solle. Es stelle zudem eine Diskriminierung dar, dass der Antragsteller einem neuen Arbeitgeber nur seinen Ausweisersatz vorlegen könne, dadurch in Erklärungsnot gerate und wegen des Anscheins, dass etwas nicht in Ordnung sei, möglicherweise eine Stelle nicht erhalte. Auch die Meldepflicht sei unverhältnismäßig. Eine wöchentliche Meldeverpflichtung sei ausreichend. Der Antragsteller sei an einen bestimmten Meldeort gebunden, so dass es ihm unmöglich sei, eine Arbeitsstelle außerhalb seines Wohnorts anzunehmen und sich frei im Bundesgebiet zu bewegen. Es sei nicht ersichtlich, warum über die Einziehung der Ausweispapiere hinaus eine Meldeverpflichtung erforderlich sein solle.

Einen ausdrücklichen Antrag hat der Antragsteller nicht gestellt. Sinngemäß beantragt er aber,

unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. September 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. Juli 2014 hinsichtlich Nr. 1 dieses Bescheids anzuordnen und bezüglich Nr. 2 und 4 des Bescheids wiederherzustellen sowie dem Antragsteller für das Eil- und das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm den von ihm benannten Rechtsanwalt beizuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Verfahren 10 C 14.2245 nicht geäußert. Im Verfahren 10 CS 14.2244 beantragt sie,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht im Wesentlichen geltend, dass das Strafverfahren wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, ändere nichts daran, dass der Antragsteller sich intensiv mit dem Thema Jihad auseinandergesetzt habe, dass er bereits einen Ausreiseversuch unternommen habe und dass er nach einer tatsächlichen Teilnahme am Jihad bei einer Rückkehr nach Deutschland eine konkrete Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik darstelle. Die Rückkehr des Antragstellers sei nicht freiwillig erfolgt, sondern aufgrund des schnellen Eingreifens der Familie und der Ingewahrsamnahme durch die türkischen Behörden. Aufgrund der Gesamtumstände dränge es sich insbesondere im Hinblick auf gelöschte Dokumente auf dem vom Antragsteller verwendeten Laptop, die sich mit der Teilnahme am Jihad ohne Zustimmung der Eltern, einer kommenden Armee des Kalifats und der Bildung einer Islamischen Armee in Syrien befasst hätten, geradezu auf, dass der Antragsteller sich am Jihad habe beteiligen wollen. Auch nach seiner Rückkehr aus der Türkei habe sich der Antragsteller weiter mit dem Thema Jihad beschäftigt.

Die Einbeziehung des elektronischen Aufenthaltstitels in die Verpflichtung zur Überlassung von Pässen und Passersatzdokumenten sei verhältnismäßig. Sie solle einem Missbrauch des Aufenthaltstitels als faktisches Legitimationsdokument entgegenwirken. Aufenthaltsrechtlich könne der Antragsteller sich mittels des auf dem Ausweisersatz befindlichen Etiketts legitimieren. Schließlich sei auch die Meldeverpflichtung, die neben der Ausreiseuntersagung möglich sei, verhältnismäßig. Eine Abänderung des Meldeortes sei nach Absprache mit den Behörden denkbar. Erforderlich sei die Meldeverpflichtung deshalb, weil dem Antragsteller die Ausreise zumindest bis zur Grenze der Türkei auf dem Landweg ohne Ausweisdokumente gelingen könne. Bei entsprechender Motivation scheine ein Übertritt über die grüne Grenze in die Türkei und nach Syrien ebenfalls möglich. Die Meldeauflage diene auch der faktischen Überwachung der Ausreiseuntersagung. Einem Versuch des illegalen Grenzübertritts oder des Untertauchens könne durch möglichst rasch eingeleitete Fahndungsmaßnahmen begegnet werden.

Die Landesanwaltschaft beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses an den Verfahren. Sie hat sich im Übrigen aber weder zu den Beschwerden geäußert noch einen Antrag gestellt.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Die Abtrennung des Verfahrens, soweit es die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren (M 12 K 14.3772) betrifft, von dem Verfahren 10 C 14.2245 beruht auf § 93 Satz 2 VwGO.

2. Die Verbindung des nach der Abtrennung verbleibenden, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO betreffenden Verfahrens 10 C 14.2245 mit dem Verfahren 10 CS 14.2244 hat ihre Grundlage in § 93 Satz 1 VwGO.

3. Die zulässigen Beschwerden des Antragstellers gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Rechtsanwalts für seinen auf die Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 24. Juli 2014 gerichteten Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (10 C 14.2245; a) und gegen die Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (10 CS 14.2244; b) sind unbegründet.

a) Dem Antragsteller kann weder nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO Prozesskostenhilfe bewilligt (aa) noch nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet werden (bb).

aa) Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Nach dieser Regelung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Danach kann dem Antragsteller Prozesskostenhilfe jedoch nicht gewährt werden. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet zum für die Beurteilung der Erfolgsaussichten maßgeblichen Zeitpunkt (aaa) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die zulässigen Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Ausreiseuntersagung in Nr. 1 des Bescheids vom 24. Juli 2015 (bbb) und auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung von Pass, Passersatzdokumenten und elektronischem Aufenthaltstitel in Nr. 2 des Bescheids (ccc) und der Meldeverpflichtung in Nr. 4 des Bescheids (ddd) unbegründet sind.

aaa) Maßgeblich für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten ist dabei hier die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. Dies folgt daraus, dass der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, der regelmäßig für die Beurteilung der Frage maßgeblich ist, ob die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2013 – 10 C 12.1757 – juris Rn. 25; B.v. 19.3.2013 – 10 C 13.334, 10 C 1310 C 13.371 – juris Rn. 26 m.w.N.), noch nicht eingetreten ist (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2013 – 10 C 13.1235 – juris Rn. 3). Denn die vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse lässt ohne weitere Erhebungen des Verwaltungsgerichtshofs (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 2 Satz 2 und 4 ZPO), wie sie nunmehr im nach § 93 Satz 2 VwGO abgetrennten Verfahren 10 C 15.524 zu erfolgen haben, keine Beurteilung der Frage zu, ob der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.

bbb) Die Voraussetzungen von § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die auf § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG gestützte Ausreiseuntersagung, die nach § 84 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG keine aufschiebende Wirkung hat, sind nicht erfüllt. Die Ausreiseuntersagung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die in solchen Fällen offener Erfolgsaussichten erforderliche Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Ausreiseverbots das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

(1) Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG kann einem Ausländer die Ausreise untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG vorliegen, also bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass er die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Ob diese Voraussetzungen im Falle des Antragstellers vorliegen, ist allerdings offen.

(a) Obergerichtlich nicht geklärt und damit offen ist, soweit ersichtlich, zunächst, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts ist (vgl. in diesem Sinne auch VG Aachen, B.v. 26.8.2009 – 8 K 637.09 – juris Rn. 31), wie das Verwaltungsgericht im Hinblick darauf annimmt, dass es sich bei der Ausreiseuntersagung um einen Dauerverwaltungsakt handelt. Denn nicht bei allen Dauerverwaltungsakten ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ohne weiteres der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts (vgl. etwa für die Gewerbeuntersagung BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146.80 – juris Rn. 14; U.v. 14.7.2003 – 6 C 10.03 – juris Rn. 17: Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung). Vielmehr ergibt sich letztlich aus dem materiellen Recht, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, weil dem materiellen Recht nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts zu entnehmen sind, sondern sich aus ihm auch die Antwort auf die Frage ergibt, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl. BVerwG, U.v.15.11.2007 – 1 C 45.06 – juris Rn. 13 m.w.N.). Da bisher, soweit ersichtlich, nicht obergerichtlich entschieden ist, ob nach dem einschlägigen materiellen Recht einschließlich der gegebenenfalls einschlägigen Grund- und Menschenrechte (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 15 ff.) hier der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung oder der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts maßgeblich ist, bedarf es aber der weiteren Klärung dieser Frage im Hauptsacheverfahren.

(b) Offen ist auch, ob der Antragsteller, wie die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht annehmen, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet.

(aa) Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG ist enger zu verstehen als die öffentliche Sicherheit nach allgemeinem Polizeirecht (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1980 – 1 C 23.75 – juris Rn. 24; U.v. 31.5.1994 – 1 C 5.93 – juris Rn. 22; U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17). Mit der inneren Sicherheit, auf deren Gefährdung die Antragsgegnerin die Ausreiseuntersagung allein gestützt hat, werden Bestand und Funktionstüchtigkeit des Staates geschützt. Das schließt den Schutz vor Einwirkungen durch Gewalt oder Drohungen mit Gewalt auf die Wahrnehmung staatlicher Funktionen ein (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17). Die innere Sicherheit wird dabei durch die Fähigkeit des Staates bestimmt, sich nach innen gegen Angriffe und Störungen zur Wehr zu setzen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1980 – 1 C 23.75 – juris Rn. 24). Bereits die Anwesenheit möglicher ausländischer Helfer terroristischer Gewalttäter beeinträchtigt aber die Fähigkeit des Staates, sich gegen solche Angriffe zur Wehr zu setzen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1980 – 1 C 23.75 – juris Rn. 24; U.v. 31.5.1994 – 1 C 5.93 – juris Rn. 22; U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17).

Legt man dies zugrunde, so erscheint es vorbehaltlich einer genaueren Prüfung im Hauptsacheverfahren nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller, wie die Antragsgegnerin annimmt, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn er nach einer Ausreise nach Syrien und einer Teilnahme am bewaffneten Jihad, insbesondere wenn sie auf Seiten einer Terrororganisation wie dem Islamischen Staat (IS) erfolgt, in die Bundesrepublik zurückkehrt, obwohl die Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik in solchen Fällen unmittelbar nicht bereits durch die Ausreise, sondern erst durch die Wiedereinreise des Ausländers und seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet verursacht wird.

(bb) Geht man danach bei einer derartigen Konstellation von der Möglichkeit einer Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus, so ist allerdings offen, ob im hier vorliegenden Einzelfall hinreichend bestimmte Tatsachen im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller erneut nach Syrien reisen, dort am Jihad teilnehmen, nach Deutschland zurückkehren und hier durch seine Anwesenheit die innere Sicherheit der Bundesrepublik gefährden wird. Die Tatsachen, die eine solche Annahme rechtfertigen sollen, müssen nach Zeit, Ort und Inhalt so konkret gefasst sein, dass sie einer Überprüfung im gerichtlichen Verfahren zugänglich sind. Eine bloße Möglichkeit, eine reine Vermutung oder ein durch konkrete Tatsachen nicht belegbarer Verdacht genügen hingegen nicht (vgl. OVG NW, B.v. 16.4.2014 – 19 B 59.14 – juris Rn. 5; VG Aachen, B.v. 14.4.2009 – 8 L 164/09 – juris Rn. 20; U.v. 26.8.2009 – 8 K 637/09 – juris Rn. 46 f.; VG Braunschweig, B.v. 27.10.2011 – 5 B 164/11 - juris Rn. 22).

(aaa) Bestimmte Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass der Antragsteller sich nach Syrien begeben und am Jihad teilnehmen könnte, ergeben sich zunächst daraus, dass der Antragsteller gemeinsam mit einem Freund am 22. Oktober 2013 nach Adana geflogen ist, sich in seinem Gepäck eine Flecktarnweste und 1.600,- Euro befunden haben und er nach seiner durch seine Familie veranlassten Rückkehr nach Deutschland gegenüber der Polizei am 25. Oktober 2013 angegeben hat, dass er und sein Begleiter nach Syrien hätten reisen wollen, dass sie in Adana am Flughafen hätten abgeholt werden sollen, dass sie das mitgeführte Geld zu den Mujahedin nach Syrien hätten bringen wollen, dass sie sich diesen hätten anschließen wollen und dass eine Rückkehr nach Deutschland nicht geplant gewesen sei. Außerdem sprechen für die Absicht, am Jihad teilzunehmen, die Videos, die der Antragsteller über Facebook ins Internet gestellt oder kommentiert hat und die sich mit dem Jihad und entgegen den Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung nicht mit dem Märtyrertod im Allgemeinen, sondern dem Märtyrertod im Jihad befassen, sowie zwei auf dem Laptop des Antragstellers gelöschte Dokumente, von denen das eine den Titel „Fatwa zu der Frage, ob Muslime ohne Zustimmung ihrer Eltern am Kampf gegen die syrische Regierung teilnehmen dürfen“ trägt und das andere 43 Brigaden und Bataillone der kommenden Armee des Kalifats und der Islamischen Armee in Syrien aufzählt. Jedoch ist vor einer weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren offen, ob diese Tatsachen nach wie vor die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller beabsichtigt, in Syrien am Jihad teilzunehmen, wie es erforderlich wäre, wenn man den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts als für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ansieht.

Der Antragsteller stellt seine Absicht, in Syrien am Jihad teilzunehmen, in der Beschwerdebegründung in Abrede und behauptet, dass er die Aussage, er habe sich den Mujahedin anschließen wollen, lediglich aus Trotz und Verwirrung gemacht habe und dass tatsächliches Motiv für seine Reise vielmehr gewesen sei, dass ihn das Leid der Frauen und Kinder in Syrien sehr traurig gemacht habe und er schlichtweg mit Geld habe helfen wollen. Hat der Antragsteller damit aber seine Aussage, er habe sich den Mujahedin anschließen wollen, die für die Prognose der Gefahr einer Teilnahme des Antragstellers am bewaffneten Jihad in Syrien von erheblicher Bedeutung ist, relativiert, so bedarf es im Hauptsacheverfahren der weiteren Klärung, welchem Zweck die Reise des Antragstellers im Oktober 2013 tatsächlich dienen sollte.

Soweit man wie das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausreiseuntersagung der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts ist, stellt sich außerdem die nur im Hauptsacheverfahren zu klärende Frage, ob sich der Antragsteller womöglich inzwischen so weit von seiner bisherigen jihadistisch-salafistischen Haltung distanziert hat, dass eine Teilnahme am bewaffneten Jihad nicht mehr zu erwarten ist. Denn der Antragsteller führt insoweit in seiner Beschwerdebegründung ins Feld, dass er weder in der Zeit bis zum Erlass des Bescheids vom 24. Juli 2014 einen weiteren Ausreiseversuch unternommen habe noch gegenwärtig die im Bescheid genannte Moschee aufsuche, an Aktionen salafistischer Gruppierungen teilnehme oder missverständliche Nachrichten in Facebook veröffentliche. Darüber hinaus hat der Vater des Antragstellers im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung am 25. Juli 2014 angegeben, der Antragsteller stehe weniger stark mit der salafistischen Gruppe in Kontakt, weil deren Mitglieder ihm wegen durch die Familie geschickt gestreuter Gerüchte nicht mehr vertrauten. Der Antragsteller wisse gegenwärtig nicht, was er wolle. Die Situation in Syrien, wo sich Jabat und ISIS bekämpften, verwirre ihn. Der Vater habe seinem Sohn im Koran gezeigt, dass es sich dabei nicht um einen Jihad, sondern um einen Bruderkrieg handele, der vom Koran abgelehnt werde.

(bbb) Offen ist schließlich, ob darüber hinaus hinreichend bestimmte Tatsachen für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller im Falle einer Teilnahme am bewaffneten Jihad in Syrien nach seiner Rückkehr nach Deutschland eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik darstellen würde.

Die Antragsgegnerin geht ebenso wie das Verwaltungsgericht insoweit maßgeblich davon aus, dass nach dem Verfassungsschutzbericht 2013 des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz Personen, die ein terroristisches Ausbildungslager absolviert oder aktiv an paramilitärischen Kampfhandlungen teilgenommen haben, nach ihrer Wiedereinreise nach Deutschland ein besonderes Sicherheitsrisiko darstellen. Zwar sprechen angesichts der Verwurzelung des Antragstellers, der in Deutschland geboren wurde, hier aufgewachsen ist und die Schule besucht hat und dessen Eltern und Geschwister weiterhin in der Bundesrepublik leben, bestimmte Tatsachen dafür, dass der Antragsteller nach einer Teilnahme am Jihad ins Bundesgebiet zurückkehren wird.

Es stellt sich aber die Frage, ob das nach dem von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Verfassungsschutzbericht bestehende besondere Sicherheitsrisiko, das Personen, die im Ausland eine terroristische Ausbildung erhalten oder an Kampfhandlungen teilgenommen haben, allgemein nach ihrer Rückkehr darstellen, für die weitere Annahme ausreicht, der Antragsteller werde nach seiner Rückkehr die innere Sicherheit der Bundesrepublik gefährden, oder ob es neben der etwaigen späteren Zugehörigkeit des Antragstellers zur Gruppe der Rückkehrer für diese Annahme weiterer konkreter Tatsachen bedarf, die den Schluss rechtfertigen, dass auch der abgesehen von dem nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellten Ermittlungsverfahren wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat bisher offenbar nicht strafrechtlich in Erscheinung getretene Antragsteller persönlich nach seiner Rückkehr eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen wird (vgl. für eine Ausweisung wegen Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nach § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG und § 54 Nr. 5a AufenthG BVerwG, U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 25.3.2010 – 10 BV 09.1784 – juris Rn. 38). Die Klärung dieser Frage ist aber weder im Prozesskostenhilfeverfahren noch im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO möglich und muss deshalb dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

(c) Offen ist schließlich, ob das Ausreiseverbot deshalb seine Rechtsgrundlage in § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG findet, weil der Antragsteller sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin das Ausreiseverbot nicht auf die Gefährdung sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG gestützt hat, bedürfte es insoweit weiterer Klärung im Hauptsacheverfahren.

(aa) Sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland sind solche Belange der Bundesrepublik Deutschland oder eines deutschen Landes, die in ihrer Erheblichkeit der inneren und äußeren Sicherheit wenn nicht gleichstehen, so doch nahekommen. Es muss sich um Belange handeln, die so erheblich sind, dass sie der freiheitlichen Entwicklung in der Bundesrepublik aus zwingenden staatspolitischen Gründen vorangestellt werden müssen (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.1956 – I C 41.55 – juris Rn. 17; BVerfG, U.v. 16.1.1957 – 1 BvR 253/56 – juris Rn. 38). Danach werden sonstige erhebliche Belange etwa dann als gefährdet angesehen, wenn ein Deutscher oder, was im Hauptsacheverfahren noch zu klären wäre, ein in Deutschland lebender Ausländer sich im Ausland an Gewalttätigkeiten beteiligt, die geeignet sind, die auswärtigen Beziehungen und unter besonderen Umständen auch das internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland zu schädigen (vgl. für Deutsche, die im Ausland Gewalttätigkeiten begehen OVG NW, B.v. 16.4.2014 – 19 B 49/14 – juris Rn. 3). Dementsprechend wird die Teilnahme eines im Bundesgebiet wohnhaften Ausländers am bewaffneten Jihad im Ausland für geeignet gehalten, die auswärtigen Beziehungen und damit erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, weil durch eine vom Bundesgebiet als Vorbereitungs- und Rückzugsgebiet ausgehende Beteiligung an terroristischen Handlungen, durch die allgemein anerkannte Schutzgüter wie Leib und Leben sowie die öffentliche Sicherheit bedroht sind, zentrale staatenübergreifende Sicherheitsinteressen berührt werden, zu deren Wahrung die Bundesrepublik verpflichtet ist (vgl. VG Aachen, B.v. 14.4.2009 – 8 L 164/09 – juris Rn. 19; U.v. 26.8.2009 – 8 K 637/09 – juris Rn. 45, vgl. für Deutsche, die im Ausland am Jihad teilnehmen OVG NW, B.v. 16.4.2014 – 19 B 59/14 – juris Rn. 12; VG Braunschweig, B.v. 27.10.2011 – 5 B 164/11 – juris Rn. 21; VG Hamburg, B.v. 23.11.2012 – 2 E 2951/12 – juris Rn. 14).

Auch wenn man dem folgt, ist aber ohne weitere Klärung im Hauptsacheverfahren offen, ob von einer Ausreise des Antragstellers eine Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland ausgeht. Denn es bedarf, wie dargelegt, weiterer Prüfung im Hauptsacheverfahren, ob nach wie vor bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass sich der Antragsteller nach Syrien begeben und dort am bewaffneten Jihad teilnehmen will.

(bb) Außerdem wäre gegebenenfalls zu klären, ob der Antragsteller, der türkischer Staatsangehöriger ist und in Deutschland bei seinen türkischen Eltern aufgewachsen ist, ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 besitzt und deshalb, wie in der Literatur vertreten wird (vgl. Möller in Hofmann/Hof-mann, HK-AuslR, 1. Aufl. 2008, § 46 Rn. 2), im Hinblick auf die Stillhalteklausel in Art. 13 ARB 1/80 auf ihn § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG nicht anwendbar ist, soweit danach die Ausreise wegen einer Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland untersagt werden kann. Denn nach dieser Ansicht kommt insoweit nur eine Anwendung von § 19 AuslG 1965 in Betracht, der eine Ausreiseuntersagung wegen einer Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht vorsah (vgl. Möller a.a.O.).

(d) Offensichtlich rechtswidrig mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung anzuordnen wäre, ist die Ausreiseuntersagung bei summarischer Prüfung auch nicht bereits deshalb, weil sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde.

(aa) Geht man davon aus, dass der Antragsteller die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet und deshalb die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausreiseuntersagung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 PassG und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG erfüllt sind, so wäre das Ausreiseverbot in Nr. 1 des Bescheids vielmehr ohne weiteres geeignet und erforderlich. Denn zum einen fördert es das Ziel, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten. Zum anderen ist ein gleichermaßen geeignetes Mittel, das den Antragsteller weniger stark belasten würde, nicht ersichtlich.

(bb) Schließlich wäre die Ausreiseuntersagung auch selbst dann verhältnismäßig, wenn man sie nicht lediglich als Beeinträchtigung der von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Freiheit, die Bundesrepublik zu verlassen, sondern auch als Beschränkung der Glaubens- und Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ansähe (vgl. zum Schutzbereich dieses als umfassend zu verstehenden einheitlichen Grundrechts BVerfG, U.v. 24.3.2003 – 2 BvR 1436/02 – juris Rn. 37; B.v. 27.1.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 11 BvR 1181/10 – juris Rn. 85 f.). Denn der mit dem zeitlich begrenzten Ausreiseverbot möglicherweise verbundenen Beeinträchtigung nicht nur der allgemeinen Handlungs-, sondern auch der Glaubens- und Religionsfreiheit, die als vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht, das nur Einschränkungen unterliegt, die auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage beruhen und sich aus der Verfassung selbst, insbesondere den Grundrechten Dritter oder Gemeinschaftswerten von Verfassungsrang ergeben (vgl. BVerfG, U.v. 24.3.2003 – 2 BvR 1436/02 – juris Rn. 38; B.v. 27.1.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 11 BvR 1181/10 – juris Rn. 98), käme deutlich weniger Gewicht zu als dem Ziel, eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik durch Terroranschläge zu verhindern, die Leben und Gesundheit und damit hochrangige, durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Rechtsgüter einer Vielzahl von Menschen schädigen können.

(2) Ist die Ausreiseuntersagung in Nr. 1 des Bescheids vom 24. Juli 2014 danach weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, so führt die aus diesem Grund erforderliche Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Ausreiseverbots das private Interesses des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der dagegen gerichteten Klage überwiegt und deshalb die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben muss.

Erwiese sich die Ausreiseuntersagung nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung als rechtmäßig und nähme der Antragsteller auf Grund der fehlenden Vollziehbarkeit des Ausreiseverbots in Syrien am bewaffneten Jihad teil, so könnte dies bei seiner Rückkehr die von der Antragsgegnerin befürchteten Gefahren für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in Form von terroristischen Anschlägen zur Folge haben und wäre daher mit deutlich gravierenderen Konsequenzen verbunden, als wenn der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde und der Antragsteller für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Ablauf der auf ein Jahr befristeten Ausreiseuntersagung nicht ausreisen dürfte, die Ausreiseuntersagung sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig herausstellen würde. Denn die zeitlich begrenzte Beschränkung der Freiheit des Antragstellers, das Bundesgebiet zu verlassen, und möglicherweise seiner Glaubens- und Religionsfreiheit wiegt weniger schwer als eine mögliche Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik durch Terroranschläge, die Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen schädigen können.

ccc) Unbegründet ist auch der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung aller im Besitz des Antragstellers befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie des elektronischen Aufenthaltstitels in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO wiederherzustellen. Denn auch diese Verpflichtung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die damit erforderliche Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Klage nicht wiederhergestellt werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Aushändigungs- und Überlassungsverpflichtung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

(1) Nach § 48 Abs. 1 AufenthG ist ein Ausländer verpflichtet, seinen Pass oder Passersatz (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) und seinen Aufenthaltstitel (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) auf Verlangen den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, soweit dies zur Durchführung oder Sicherung von Maßnahmen nach dem Aufenthaltsgesetz erforderlich ist. Ob danach die Voraussetzungen für die Anordnung der Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 erfüllt sind, alle im Besitz des Antragstellers befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie seinen elektronischen Aufenthaltstitel der Ausländerbehörde auszuhändigen und ihr vorübergehend für die Dauer der Ausreiseuntersagung zu überlassen, ist aber offen.

(a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Frage, ob die Aushändigung und vorübergehende Überlassung der in der Anordnung genannten Dokumente zur Sicherung des Ausreiseverbots erforderlich war. Denn daran fehlte es, wenn dem Antragsteller die Ausreise nicht hätte untersagt werden dürfen. Die Rechtmäßigkeit der Ausreiseuntersagung bedarf aber, wie ausgeführt, gerade der weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren.

(b) Offensichtlich rechtswidrig ist die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung von Pässen, Passersatzdokumenten und elektronischem Aufenthaltstitel bei summarischer Prüfung auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

(aa) Insbesondere ist entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht nur die vorübergehende Einbehaltung des Passes oder etwaiger Passersatzdokumente, sondern auch die des elektronischen Aufenthaltstitels zur Sicherung des Ausreiseverbots geeignet. Zwar ist es rechtlich ebenso wenig wie ohne Pass möglich, an Stelle des erforderlichen Passes mit einem elektronischen Aufenthaltstitel auszureisen. Jedoch ist die Verpflichtung, der Ausländerbehörde Pass, etwaige Passersatzdokumente und elektronischen Aufenthaltstitel zu überlassen, zur Sicherung des Ausreiseverbots bereits dann geeignet, wenn sie das mit ihr verfolgte Ziel, die Ausreise des Antragstellers zu verhindern, in irgendeiner Weise fördert. Dies ist aber nicht nur hinsichtlich der Einbehaltung des Passes und etwaiger Passersatzpapiere, sondern auch hinsichtlich der Einbehaltung des elektronischen Aufenthaltstitels der Fall. Denn die Überlassung des elektronischen Aufenthaltstitels an die Ausländerbehörde verhindert etwaige Versuche des Antragstellers, mit Hilfe des elektronischen Aufenthaltstitels, auf dem die Seriennummer seines Passes und dessen Gültigkeitsdauer sichtbar aufgebracht sind (§ 78 Abs. 1 Satz 3 Nr. 10 und 11 AufenthG), auch ohne den zugehörigen Pass auszureisen und sich dabei mit dem elektronischen Aufenthaltstitel zu legitimieren. Sie vermindert so wie die Einbehaltung des Passes und eventuell vorhandener Passersatzdokumente die Gefahr einer Ausreise des Antragstellers trotz der Ausreiseuntersagung.

(bb) Dementsprechend ist die Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 nicht nur hinsichtlich der Pässe und Passersatzpapiere, sondern auch insoweit erforderlich, als sie sich auf den elektronischen Aufenthaltstitel des Antragstellers erstreckt. Denn wenn auch die Einbehaltung dieses Aufenthaltstitels das Ziel der Sicherung des Ausreiseverbots fördert, ist eine Verpflichtung, lediglich den Pass und etwaige Passersatzdokumente der Ausländerbehörde auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, kein in gleichem Maße geeignetes Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels.

(cc) Schließlich ist die Verpflichtung, der Ausländerbehörde Pass, Passersatzdokumente und elektronischen Aufenthaltstitel auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, angesichts der großen Bedeutung der inneren Sicherheit, deren Schutz sie ebenso wie das Ausreiseverbot dienen soll, entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht deshalb unangemessen, weil sie ihm wegen der Einbehaltung des elektronischen Aufenthaltstitels die Suche nach einem Arbeitsplatz erschweren würde. Denn der Antragsteller hat an Stelle des elektronischen Aufenthaltstitel einen Ausweisersatz erhalten, aus dem sowohl seine Niederlassungserlaubnis als auch die Zulässigkeit einer Erwerbstätigkeit ohne weiteres hervorgeht, so dass der Antragsteller seinen Aufenthaltstitel und die Berechtigung, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, einem Arbeitgeber gegenüber jederzeit durch Vorlage des Ausweisersatzes nachweisen kann.

(2) Ist damit die Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 aber weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, so führt die aus diesem Grund erforderliche Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Verpflichtung das private Interesses des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt und deshalb die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben muss.

Erwiese sich die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung aller Pässe und Passersatzdokumente sowie des elektronischen Aufenthaltstitels nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung als rechtmäßig und gelänge es dem Antragsteller auf Grund der fehlenden Vollziehbarkeit dieser Verpflichtung, mit Hilfe der betreffenden Dokumente nach Syrien zu reisen und dort am bewaffneten Jihad mit der Folge teilzunehmen, dass bei seiner Rückkehr die von der Antragsgegnerin befürchteten Gefahren für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in Form von terroristischen Anschlägen eintreten könnten, so wäre dies mit deutlich gravierenderen Nachteilen verbunden, als wenn der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde und der Antragsteller sich für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Ablauf der auf ein Jahr befristeten Ausreiseuntersagung nicht im Besitz der auszuhändigenden Dokumente befände, die Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig herausstellen würde. Denn die zeitlich begrenzte Beschränkung der Möglichkeit des Antragstellers, sich durch die betreffenden Papiere zu legitimieren, wiegt weit weniger schwer als eine mögliche Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik durch Terroranschläge, die Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen schädigen können.

ddd) Unbegründet ist auch der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verpflichtung, sich während der Dauer des Ausreiseverbots dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden, in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO wiederherzustellen. Denn auch diese Verpflichtung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die damit erforderliche Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Klage nicht wiederhergestellt werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Meldeverpflichtung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

(1) Nach Art. 7 Abs. 1 LStVG dürfen Anordnungen und Maßnahmen, die in Rechte anderer eingreifen, nur getroffen werden, wenn die Sicherheitsbehörden durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes dazu besonders ermächtigt sind. Soweit eine solche gesetzliche Ermächtigung nicht in den Vorschriften des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes oder in anderen Rechtsvorschriften enthalten ist, können die Sicherheitsbehörden nach Art. 7 Abs. 2 LStVG zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anordnungen für den Einzelfall unter anderem nur treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, oder verfassungsfeindliche Handlungen zu verhüten oder zu unterbinden (Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG) oder um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen (Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG).

(a) Offen ist zunächst, ob Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG, auf den die Antragsgegnerin als Sicherheitsbehörde die Meldeverpflichtung in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 gestützt hat, neben den Befugnisnormen zugunsten der Ausländerbehörde nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 PassG und § 48 Abs. 1 AufenthG anwendbar ist.

Zwar ist höchstrichterlich bereits entschieden, dass die Ermächtigung zur Untersagung der Ausreise eines Deutschen in § 10 Abs. 1 PassG die Heranziehung der sicherheits- und polizeirechtlichen Generalklauseln der Länder als Rechtsgrundlage für Meldeauflagen wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen dieser Regelungen nicht ausschließen (vgl. BVerwG, U.v. 25.7.2007 – 6 C 39.06 – juris Rn. 25 ff.; vgl. auch VGH BW, B.v. 14.6.2000 – 1 S 1271/00 – juris Rn. 14 für das Verhältnis der polizeilichen Generalklausel zur Passversagung und -beschränkung nach § 7 PassG). Auch spricht viel dafür, dass für das Verhältnis von § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG und § 48 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG nichts anderes gilt. Denn auch diese Regelungen verfolgen jeweils unterschiedliche Zielrichtungen. Insbesondere erfasst § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG nur Gefährdungen für die Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland, während Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG mit der Ermächtigung zur Verhinderung und Unterbindung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und zur Abwehr von Gefahren für Leben, Gesundheit und Freiheit von Menschen oder für im öffentlichen Interesse zu erhaltende Sachwerte auch auf die Abwehr und Beseitigung von Gefahren für andere Schutzgüter zielt. Jedoch fehlt es, soweit ersichtlich, insoweit bisher an einer obergerichtlichen Entscheidung.

(b) Ebenso ist offen, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. in diesem Sinne zu einer auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG gestützten Anordnung zur Durchsetzung der Schulbesuchspflicht BayVGH, B.v. 12.2.2008 – 7 CS 08.187 – juris Rn. 15) oder im Hinblick darauf, dass es sich bei der für die gesamte Dauer des Ausreiseverbots geltenden Meldeverpflichtung um einen Dauerverwaltungsakt handelt, der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.1.2012 – 10 CS 11.2379 – juris Rn. 29 m.w.N., wo dies für Anordnungen zur Hundehaltung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG offen gelassen wird). Die Frage, ob nach dem, wie bereits ausgeführt, insoweit maßgeblichen materiellen Recht hier der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung oder der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts zugrunde zu legen ist, ist aber, soweit ersichtlich, bisher nicht obergerichtlich geklärt und bedarf daher der weiteren Prüfung im Hauptsacheverfahren.

(c) Offen ist vor diesem Hintergrund darüber hinaus, ob eine konkrete Gefahr besteht, dass der Antragsteller Straftaten begehen wird oder durch sein Verhalten das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen bedrohen wird, wie Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG dies voraussetzt. Zwar wäre dies der Fall, wenn der Antragsteller sich nach Syrien begeben und dort am bewaffneten Jihad teilnehmen würde. Allerdings bedarf eine entsprechende Gefahrenprognose jedenfalls, wenn man von der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Gerichts ausgeht, einer Überprüfung im Hauptsacheverfahren. Denn wie dargelegt, kann nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden, ob der Antragsteller sich im Oktober 2013 tatsächlich nach Syrien begeben wollte, um am bewaffneten Jihad teilzunehmen, und ob er dies auch heute noch beabsichtigt.

(d) Offensichtlich rechtswidrig ist die Verpflichtung des Antragstellers, sich während der Dauer des Ausreiseverbots dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden, auch nicht wegen einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

(aa) Die Meldeverpflichtung ist vielmehr zunächst geeignet, das Ziel zu fördern, eine Ausreise des Antragstellers zum Jihad nach Syrien zu verhindern und damit der Gefahr entgegenzuwirken, dass er dort Straftaten begeht und das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen bedroht. Denn soweit der Antragsteller diese Verpflichtung einhält, hindert sie ihn daran, nach Syrien zu reisen. Falls er hingegen gegen die Meldeverpflichtung verstößt, ermöglicht sie es, zeitnah zu reagieren und den Antragsteller etwa durch die Einleitung von Fahndungsmaßnahmen rechtzeitig an der Ausreise zu hindern.

(bb) Die Meldeverpflichtung ist dazu auch erforderlich. Denn die vom Antragsteller für ausreichend erachtete Verpflichtung, sich einmal wöchentlich bei der Polizei zu melden, ist ein weit weniger wirksames Mittel, seine Ausreise und Teilnahme am Jihad in Syrien zu vereiteln, weil ihm dadurch ein längerer Zeitraum für eine unbemerkte Ausreise zur Verfügung stünde.

(cc) Schließlich erscheint die Meldeverpflichtung angesichts der hochrangigen Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Freiheit, deren Schutz sie dient, auch nicht unangemessen. Denn die Beeinträchtigung der Lebensführung des Antragstellers, die von dieser Verpflichtung ausgeht, wird dadurch abgemildert, dass dem Antragsteller für die Vorsprache bei der Polizei jeweils ein Zeitraum von 8.00 Uhr bis 21.00 Uhr zur Verfügung steht und dass, wie sich aus den Gründen des Bescheids vom 24. Juli 2014 und der Beschwerdeerwiderung ergibt, eine Anpassung der Meldeverpflichtung vorgenommen werden kann, wenn eine Wahrnehmung des Meldetermins etwa wegen der Aufnahme einer Beschäftigung an einem anderen Ort bei der vorgesehen Polizeidienststelle nicht mehr möglich ist.

(2) Ist damit die Verpflichtung in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 aber weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, so führt die aus diesem Grund erforderliche Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Verpflichtung das private Interesses des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt und deshalb die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben muss.

Erwiese sich die Verpflichtung, sich für die Dauer des Ausreiseverbots dreimal wöchentlich bei der zuständigen Polizeidienststelle zu melden, nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung als rechtmäßig und gelänge es dem Antragsteller auf Grund der fehlenden Vollziehbarkeit dieser Verpflichtung, nach Syrien zu reisen und dort am bewaffneten Jihad teilzunehmen, so hätte dies deutlich gravierendere Nachteile zur Folge, als wenn der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde und der Antragsteller sich für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Ablauf der auf ein Jahr befristeten Ausreiseuntersagung dreimal in der Woche jeweils zwischen 8.00 Uhr und 21.00 Uhr bei der zuständigen Polizeidienststelle melden müsste, die Verpflichtung in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig herausstellen würde. Denn die zeitlich begrenzte Beeinträchtigung seiner Lebensführung, insbesondere der Möglichkeit, seinen Wohnort für längere Zeit zu verlassen, als es der Abstand zwischen den Meldeterminen erlaubt, wiegt weit weniger schwer als die Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen, die im Falle einer Teilnahme des Antragstellers am Jihad in Syrien droht.

bb) Liegen damit die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor, weil der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, so kann dem Antragsteller auch nicht nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO der von ihm benannte und zur Vertretung bereite Rechtsanwalt beigeordnet werden.

b) Schließlich ist auch die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 24. Juli 2014 in Bezug auf Nr. 1 des Bescheids anzuordnen und bezüglich Nr. 2 und 4 des Bescheids wiederherzustellen, unbegründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses vom 12. September 2014. Denn wie oben unter Berücksichtigung der in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe ausgeführt, hat die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Abwägungsentscheidung zum Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung von Nr. 1, 2 und 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen diese Maßnahmen gerichteten Klage überwiegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Der Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren 10 C 14.2245, das die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren M 12 S 14.3778 betrifft, bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, die seit dem 10. September 2010 durchgeführte Observation des Klägers weiterhin durchzuführen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Fortdauer seiner Observation.
Der am ...1959 geborene Kläger wurde durch Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken - Jugendschöffengericht - vom 05.07.1976 (20 Js/Ls 361/76) wegen eines Verbrechens der versuchten Vergewaltigung sowie in zwei Fällen eines Vergehens der Beleidigung zu einer Jugendstrafe von acht Monaten verurteilt. Der Verurteilung wegen Beleidigung lag zugrunde, dass der Kläger an zwei aufeinander folgenden Tagen im April 1976 Frauen an die Brust gefasst hatte. Am 20.04.1976 folgte er einer 39-jährigen Frau in ein Waldstück, fiel über sie her, riss ihr die Hose herunter, bis die sich wehrende und schreiende Frau zu Boden fiel. Von der beabsichtigten Vergewaltigung ließ er - bereits mit entblößtem Geschlechtsteil - erst ab, als ein Fußgänger auftauchte. Durch weiteres Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken - Jugendschöffengericht - vom 21.09.1979 (28-108/79) wurde der Kläger wegen Vergewaltigung, begangen im Zustand verminderter Schuldfähigkeit, in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Kläger in der Silvesternacht 1978/1979 eine auf ein Taxi wartende Frau in seinem Auto mitgenommen und sie - nachdem er eine abgelegene Stelle aufgesucht hatte - unter Gewalt zum Geschlechtsverkehr mit ihm gezwungen hatte. Wegen positiven Verlaufs seiner Behandlung im Psychiatrischen Landeskrankenhaus ... wurde der Kläger im Mai 1981 bedingt entlassen. (Auch) Im Hinblick auf eine zwischenzeitlich geschlossene (zweite) Ehe wurde ihm die Maßregel und die Führungsaufsicht am 06.06.1984 erlassen.
Mit am 16.08.1985 rechtskräftig gewordenem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 06.03.1985 (15 KLs 273/84) wurde der Kläger wegen zweier Verbrechen der Vergewaltigung, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem Vergehen der Entführung gegen den Willen der Entführten, sowie wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Seine anschließende Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wurde angeordnet. Der Verurteilung lagen folgende Taten zugrunde: Der Kläger hatte am 22.03.1984 eine 19-jährige Schülerin als Anhalterin mitgenommen und sie unter Androhung von Gewalt mithilfe eines mitgeführten Messers in einem abgelegenen Waldstück vergewaltigt. Noch im selben Monat, spätestens aber im April 1984, nahm er eine 18-jährige an einer Bushaltestelle wartende Schülerin in seinem Auto mit. Die von ihm - wiederum unter Zuhilfenahme eines Messers - beabsichtigte Vergewaltigung scheiterte, weil der Schülerin die Flucht aus seinem Auto gelang. Am 17.05.1985 kam es zu einer Vergewaltigung einer damals 18 Jahre alten Schülerin, die sich auf dem Weg zu einer Bushaltestelle befand, sich aber vom Kläger in dessen Auto mitnehmen ließ.
Zum Vollzug der Sicherungsverwahrung wurde der Kläger am 28.06.1989 in die Justizvollzugsanstalt Freiburg verlegt. Im Jahr 1991 bestand er die Probezeit der Realschule mit einem Notendurchschnitt von 1,1. Vorschläge des im Jahr 1991 mit einer Begutachtung des Klägers betrauten Sachverständigen Dr. ... hinsichtlich der Lockerung des Vollzugs fanden nicht die Billigung des Justizministeriums. Wegen des Verdachts der Beteiligung an einer geplanten gemeinschaftlichen Geiselnahme - der Kläger wurde wegen dieses Vorwurfs später freigesprochen - wurde der Kläger im Jahr 1993 in die Justizvollzugsanstalt Bruchsal verlegt. Die im Rahmen eines gestuften Lockerungs- und Entlassungsprogramms beabsichtigte Verlegung in das Bodelschwingh-Haus in Karlsruhe kam nicht zustande. Seit 1997 befand sich der Kläger zum Vollzug der Sicherungsverwahrung wieder in der Justizvollzugsanstalt Freiburg.
Der Kläger wurde in der Zeit von 1999 bis 2010 wiederholt fachärztlich und psychologisch begutachtet. Das letzte psychiatrische Gutachten datiert vom 05.03.2010. Darin heißt es zusammenfassend (S. 82 des Gutachtens):
„Zusammenfassend wird somit die im Gutachtenauftrag gestellte Frage dahingehend beantwortet, dass bei einer unmittelbar beschlossenen Entlassung aus der Sicherungsverwahrung ohne Vorbereitung und ohne Erprobung und ohne einigermaßen gesicherten sozialen Empfangsraum die Voraussetzungen für die Anwendung des § 67d Abs. 3 StGB nicht vorliegen, dass demgegenüber bei der Vorbereitung, Erprobung und Sicherung des sozialen Empfangsraums und bei gleichzeitiger Kooperation der Verantwortlichen und des Klägers die Voraussetzungen für die Anwendung des § 67d Abs. 3 StGB aus forensisch-psychiatrischer Sicht anzunehmen sind.“
Mit Beschluss vom 10.09.2010 erklärte das Oberlandesgericht Karlsruhe (2 Ws 290/10) die Sicherungsverwahrung für erledigt, setzte die Dauer der Führungsaufsicht auf fünf Jahre fest und unterstellte den Kläger der Bewährungshilfe. In den Gründen der Entscheidung heißt es, die Überprüfung der Vollstreckungshindernisse ergebe, dass die Sicherungsverwahrung erledigt sei. Denn nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 17.12.2009 - 19359/04 - (NJW 2010, 2495) sei die mit Gesetz vom 26. Januar 1998 zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vorgenommene Änderung des § 67d StGB, mit der die Befristung der ersten angeordneten Sicherungsverwahrung nach § 67d Abs. 1 StGB auf zehn Jahre entfallen sei und die in Verbindung mit § 2 Abs. 6 StGB auch diejenigen Sicherungsverwahrten erfasse, für die die Befristung im Zeitpunkt ihrer Verurteilung noch bestand, mit dem Freiheitsrecht des Art. 5 EMRK und dem Rückwirkungsverbot des Art. 7 EMRK nicht vereinbar. Mit am 13.04.2011 rechtskräftig gewordenem Urteil vom 13.01.2011 - 27360/04 und 42225/07 - stellte der EGMR fest, dass der Kläger vom 26.06.1999 bis zu seiner Entlassung am 10.09.2010 unter Verletzung von Art. 5 Abs. 1 EMRK und Art. 7 Abs. 1 EMRK in Sicherungsverwahrung untergebracht gewesen sei. Die Bundesrepublik Deutschland wurde zur Zahlung einer Entschädigung für den immateriellen Schaden in Höhe von 70.000,-- EUR verurteilt.
Der Kläger verließ die Justizvollzugsanstalt Freiburg noch am 10.09.2010. Bereits im August 2010 erstellte das Landeskriminalamt Baden-Württemberg auf der Grundlage der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums, des Justizministeriums und des Ministeriums für Arbeit und Soziales zu einer ressortübergreifenden Konzeption zum Umgang mit besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (VwV KURS) vom 9. März 2010 eine Risikobewertung des Klägers. Er wurde in die Gefahrenkategorie 1 (Risikoprobanden mit herausragendem Gefährdungspotential) eingestuft. In der Gesamtschau bestehe - so die Annahme des Landeskriminalamts am 12.08.2010 - mehr als die bloße Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für hochrangige Rechtsgüter wie körperliche Unversehrtheit sowie Recht auf sexuelle Selbstbestimmung von potentiellen Opfern. Ein Schadenseintritt könne aufgrund der Vorgeschichte und der nicht behobenen psychischen Probleme des Klägers aus präventivpolizeilicher Sicht als hinreichend wahrscheinlich und konkret angenommen werden (vgl. Risikobewertung vom 12.08.2010, S. 17). Im Hinblick auf die Gefährdungseinschätzung ordnete der Leiter der Polizeidirektion Freiburg am 31.08.2010 die längerfristige Observation des Klägers im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG an, die zunächst auf vier Wochen befristet war. Diese Anordnung ist seither - ohne Unterbrechung - 17 Mal verlängert worden. Die letzte, auf acht Wochen befristete Anordnung datiert vom 22.01.2013 und sieht die längerfristige Observation des Klägers bis zum 22.03.2013 vor.
Der Kläger lebt seit seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt Freiburg in einem Übergangswohnheim in Freiburg und bezieht Leistungen nach dem SGB II. Er, dessen erste - im Jahr 1979 geschlossene - Ehe nach wenigen Tagen gescheitert war, hat weder zu seinem aus zweiter Ehe stammenden Sohn S. noch zu der Kindsmutter Kontakt. Sein Vater ist verstorben; seine Mutter lebt betagt und körperlich beeinträchtigt in seiner Heimat. Mit ihr hält der Kläger von Zeit zu Zeit telefonisch und schriftlich Kontakt. Zu seinen fünf Geschwistern und Halbgeschwistern besteht keine Verbindung. In dem dem Kläger in dem Übergangswohnheim zugewiesenen Zimmer von etwa 11 qm Größe findet keine Überwachung durch die Polizei statt. Bei Verlassen des Wohnheims folgen dem Kläger hingegen stets bis zu vier - anfänglich auch fünf - Polizisten. Im Rahmen der Führungsaufsicht sind seitens des Landgerichts Freiburg (Strafvollstreckungskammer) folgende Weisungen ergangen:
10 
- Wohnsitznahme in Freiburg, ... Den Wohnort darf der Kläger nur mit Einwilligung der Führungsaufsichtsstelle verlassen. Ein Wohnortwechsel ist sofort der Führungsaufsichtsstelle mitzuteilen;
- Wöchentliche Meldung beim Bewährungshelfer;
- Zwei Mal wöchentliche Meldung bei den KURS-Koordinatoren der PD Freiburg;
- Vorstellungsweisung vier Mal monatlich, mindestens drei Mal monatlich, bei der Forensischen Ambulanz Freiburg;
- Untersagung, gefährliche Gegenstände, die dazu geeignet oder bestimmt sind, Verletzungen hervorzurufen, bei sich zu führen. Messer mit Klingenlänge über 5 cm, Schusswaffen, auch Schreckschusswaffen, Gasdruckwaffen, Schlagstöcke und Ninjawurfsterne darf er weder besitzen noch bei sich führen oder für sich verwahren lassen;
- Kein Aufenthalt allein mit Frauen in einem KfZ.
11 
Zwischenzeitlich sind die Weisungen zum Teil geändert worden: Der Kläger darf sich auch im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald aufhalten. Handelsübliche Küchenmesser darf er in gewöhnlichem Umfang in seiner Wohnung besitzen und verwenden. Einbestellungen des Bewährungshelfers hat er Folge zu leisten, wöchentliche Meldungen sind nicht mehr erforderlich. Die Weisungen, sich ein Mal wöchentlich bei der Forensischen Ambulanz Freiburg und zwei Mal wöchentlich bei den KURS-Koordinatoren der Polizeidirektion Freiburg vorzustellen, sind entfallen (Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 27.03.2012 - 12 StVK 284/08 -). Seit Dezember 2010 ist der Kläger - der Empfehlung seines Bewährungshelfers folgend - ein Mal wöchentlich in psychotherapeutischer Behandlung bei Dipl.-Psychologen ... ... Außerdem bemüht er sich - bislang erfolglos - um Arbeit im Rahmen eines so genannten Ein-Euro-Jobs. Eine Arbeitsaufnahme im „Freiburger ...“ scheiterte.
12 
Am 13.06.2012 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben. Zur Begründung seines auf Unterlassen der seit dem 10.09.2010 durchgeführten Observation gerichteten Begehrens macht er geltend: Er leide zunehmend unter der ihm aufgezwungenen Situation, die ihm keinen unbeobachteten Moment zulasse und die ihn zunehmend in Einsamkeit und Verzweiflung treibe. Dem beklagten Land sei es nicht möglich darzulegen, warum von ihm eine konkrete und gegenwärtige Gefahr für die Sicherheit der Allgemeinheit ausgehe. Die Gutachten von Dres. ... (2006) und ... (2009) dürften nicht mehr herangezogen werden. Das Gutachten von Prof. Dr. ... (2010) enthalte wiederum auch positive Aussagen, insbesondere bei gegebenem sozialen Empfangsraum. Er lebe seit nunmehr über zwei Jahren in einem gesicherten Umfeld, habe sich im Dezember 2010 freiwillig in Psychotherapie begeben und suche seinen Therapeuten einmal wöchentlich auf. Obwohl er diesen von seiner Schweigepflicht entbunden habe, habe der Beklagte keine Stellungnahme von diesem eingeholt. Er - der Kläger - sei einsichtig und therapiebereit. Trotzdem werde jede seiner Verhaltensweisen registriert und bewertet. So habe er ein Küchenmesser bei sich geführt, um Löwenzahn für das Kaninchen eines Freundes zu schneiden. Dies habe ihm der Beklagte als Verstoß gegen die Weisungen der Führungsaufsicht ausgelegt. Obwohl der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg insoweit angemahnt habe, dieser Umstand dürfe nicht überbewertet werden, sei der Kauf eines weiteren Küchenmessers im Januar 2012 wiederum als Verstoß gegen die Weisungen der Führungsaufsicht ausgelegt, das Messer sei beschlagnahmt worden. Die Führungsaufsicht habe jedoch von der Stellung eines Strafantrages abgesehen. Zum Recht, sich zu ernähren, gehöre es auch, über Essbesteck und sonstige, für die Zubereitung von Speisen notwendige Gerätschaften zu verfügen. Er sehe sich durch die offene und dauernde Überwachung in schlimmer Weise stigmatisiert. Eine erneute Begutachtung werde nicht für notwendig erachtet; er werde an einer erneuten Begutachtung nicht mitwirken.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die seit dem 10. September 2010 unvermindert durchgeführte Observation weiterhin durchzuführen.
15 
Das beklagte Land beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Zur Begründung wird ausgeführt, die Observation des Klägers finde ihre Rechtsgrundlage nach wie vor in § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG. Die Heranziehung dieser Norm sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Anordnungen beruhten auf Fallkonferenzen unter Beteiligung der Vertreter der Führungsaufsichtsstelle, der Bewährungshilfe und der Forensischen Ambulanz Baden mit der Polizei. Das Gutachten von Prof. Dr. ... weise eine Gefährdung durch den Kläger als hinreichend konkret und wahrscheinlich aus. Zudem habe die Observation Erkenntnisse erbracht, die zumindest Zweifel an der Ungefährlichkeit des Klägers nährten. Hierzu gehöre vor allem, dass das Verhalten des Klägers als so wenig kooperativ wie noch nie und aggressiv beschrieben werden müsse. Gesprächen mit den Observierungskräften stehe er ablehnend gegenüber, Aktivitäten kündige er nicht mehr vorher an. Bei einem Besuch bei seinem Bewährungshelfer habe er das Gebäude durch einen anderen Ausgang verlassen und sei mit dem Fahrrad davon gefahren. Das kommentarlose Verlassen der Wohnung und sein Davonfahren mit dem Fahrrad habe sich auch in der Folgezeit wiederholt. Daher sei nicht absehbar, wie der Kläger reagiere, wenn das „Feindbild Polizei“ nicht mehr vorhanden sei. Die Risikobewertung werde ständig aktualisiert. Dies zeige auch der Umstand, dass von anfänglich acht aus der Sicherungsverwahrung entlassenen Straftätern nunmehr nur noch wenige überwacht würden. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. Insbesondere weigere sich der Kläger, eine elektronische Fußfessel zu tragen.
18 
Bereits mit Beschluss vom 02.09.2010 hat die erkennende Kammer einen Antrag des seinerzeit noch in Sicherungsverwahrung befindlichen Klägers auf vorläufiges Unterlassen der Observation abgelehnt (4 K 1570/10). Die hiergegen vom Kläger eingelegte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 23.09.2010 verworfen (1 S 2149/10). Einen am 18.05.2011 erneut gestellten Eilantrag hat das erkennende Gericht mit Beschluss vom 16.08.2011 wiederum abgelehnt (4 K 917/11). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg wies die hiergegen eingelegte Beschwerde mit Beschluss vom 08.11.2011 zurück (1 S 2538/11). Auf die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde lehnte das Bundesverfassungsgericht einen Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 27.02.2012 ab. Mit Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 1 BvR 22/12 - (DVBl. 2013, 169) stellte das Bundesverfassungsgericht fest, die Beschlüsse des Verwaltungsgerichthofs Baden-Württemberg vom 08.11.2011 - 1 S 2538/11 - und des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16.08.2011 - 4 K 917/11 - verletzten den Kläger in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Die genannten Beschlüsse wurden aufgehoben und die Sache wurde an das Verwaltungsgericht Freiburg zurückgewiesen. Im Übrigen wurde die Verfassungsbeschwerde des Klägers zurückverwiesen. Das an das Verwaltungsgericht Freiburg zurückverwiesene Verfahren wird dort unter dem Aktenzeichen 4 K 2433/12 geführt; auch in diesem Eilverfahren hat das Gericht am 14.02.2013 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
19 
Bereits mit Beschluss vom 12.11.2012 hat das Verwaltungsgericht Freiburg dem Kläger Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bewilligt und ihm seinen Prozessbevollmächtigten zur Wahrnehmung seiner Rechte beigeordnet.
20 
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung von Dipl.-Psychologen ... als sachverständigen Zeugen, Polizeihauptkommissar ... und Polizeioberkommissar ... sowie Bewährungshelfer ... als Zeugen. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
21 
Ferner hat das Gericht Polizeioberrat ... (Landeskriminalamt Baden-Württemberg) zur Vorgehensweise von GZS-KURS bei der Risikobewertung generell und im konkreten Fall als amtliche Auskunftsperson befragt. Polizeioberrat ... hat hierbei ausgeführt, die Risikobewertung erfolge grundsätzlich aufgrund einer Einschätzung der Persönlichkeit des Probanden sowie seines Aggressionspotentials, das insbesondere anhand Art, Schwere und Häufigkeit der begangenen Taten ermittelt werde. Ferner seien das Verhalten während der Führungsaufsicht und das aktuelle Umfeld des Probanden von Bedeutung. Die Einzelheiten ergäben sich aus der Verwaltungsvorschrift zu KURS. Bei der Risikobewertung sei man von dem Gutachten ... und der dortigen Aussage ausgegangen, wenn beim Kläger kein sozialer Empfangsraum vorhanden sei, sei die Prognose eher ungünstig. Da ein sozialer Empfangsraum weiterhin nicht bestehe, insbesondere keine beschützende Unterbringung erfolgt sei, sei der Kläger in die höchste Gefahrenkategorie eingestuft worden. Im Mai 2011 habe man die Tendenz zu einer niedrigen Gefahrenkategorie festgehalten. Seinerzeit sei man davon ausgegangen, der Kläger entwickele sich. Im Fortgang habe sich der Kläger jedoch zunehmend distanziert und kaum noch kooperiert. Der Kontakt zur Forensischen Ambulanz bestehe nicht mehr. Nach außen sei eine positive Entwicklung beim Kläger nicht wahrnehmbar geworden. Von den übrigen aus der Sicherungsverwahrung entlassenen Sexualstraftätern sei der Kläger nunmehr der letzte, der noch observiert werde. Die übrigen hätten sich kooperativer verhalten und sich beispielsweise auch bereit erklärt, einen Sender bei sich zu führen. Es hätten auch Absprachen hinsichtlich der Reiseziele getroffen werden können. Dadurch habe der Überwachungsdruck gelockert werden können. Hinsichtlich des Klägers sei ihm zwar bekannt geworden, dass dieser anfänglich zur Kooperation bereit gewesen sei. Er könne nicht ausschließen, dass ein kooperatives Verhalten seinerzeit auch durch das Zutun der Polizei nicht habe aufrecht erhalten werden können. Da insgesamt aber keine positive Entwicklung sichtbar geworden sei, habe man auch weiterhin den Auftrag zu erfüllen, Gefahren für die Allgemeinheit durch die Observation abzuwehren.
22 
Der ebenfalls als amtliche Auskunftsperson vom Gericht befragte Polizeibeamte ... (Polizeidirektion Freiburg) hat zu Art und Weise der Observation Folgendes ausgeführt: Als im Jahr 2010 sehr plötzlich der Auftrag auf die Polizeidirektion Freiburg zugekommen sei, aus der Sicherungsverwahrung entlassene, rückfallgefährdete Sexualstraftäter zu überwachen, habe man eine generelle Führungs- und Einsatzanweisung erlassen. Diese trage dem Anliegen der Probanden, sich soweit wie möglich frei bewegen zu können, insoweit Rechnung, als es das Grundanliegen des Schutzes der Allgemeinheit verantwortbar erscheinen lasse. Es seien Verhaltensvorgaben für die observierenden Kräfte entwickelt worden, die sich später auch in der Praxis bewährt hätten. Die Dichte der Observation werde situationsabhängig gehandhabt. So seien die Beamten, die stets Zivilkleidung trügen, beispielsweise samstags in der Innenstadt näher bei den Probanden als in der freien Natur. Ziel sei es, neben der Sicherheit der Allgemeinheit auch die Grundrechte der Probanden zu gewährleisten. Der Kläger werde derzeit von drei Beamten rund um die Uhr bewacht.
23 
Schließlich hat das Gericht die Polizeibeamtin ... (KURS-Koordinatorin) als amtliche Auskunftsperson befragt. Sie hat ausgeführt, sie sei mit einer weiteren Person als Koordinatorin und Ansprechpartnerin für etwa 20 Personen zuständig. Ihr Ziel sei es, ein Vertrauensverhältnis mit den Probanden herzustellen und diese in gewissem Umfang auch zu begleiten. Zu diesem Zwecke besuche sie die Probanden und spreche mit ihnen über die Situation. Ihre Tätigkeit diene vornehmlich dem Ziel, die Weisungen der Führungsaufsicht zum Zwecke der Gefahrenabwehr zu überwachen. Der Kläger habe ihr gegenüber aber keine Bereitschaft zur Kooperation erkennen lassen und lehne den Kontakt ab.
24 
In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht auch den Kläger informatorisch befragt. Dieser hat ausgeführt, anfangs der Observation habe er sich bemüht, mit den Polizeibeamten zu kooperieren, habe beispielsweise angeboten, per Handy immer erreichbar zu sein. Ihm sei dann jedoch entgegnet worden, er solle den Beamten nicht vorschreiben, wie sie ihre Arbeit zu tun hätten. Die Forensische Ambulanz sei ihm aufgezwungen worden. Die Berichte des Herrn ... seien direkt an die Polizei gegangen. Es sei jedoch nicht seine Schuld, dass er dort nicht mehr hingehe. Vielmehr sei die Finanzierung durch das Land in Frage gestellt worden. Er könne bei seiner Situation nicht auch noch Verständnis für die Polizeibeamten entwickeln. (Befragt zu seinen Straftaten:) Nachdem die Sicherungsverwahrung unbegrenzt verlängert worden sei, habe man ihn einschließen können. Auf ein 08/15-Gutachten sei das nächste gefolgt. Es sei ihm nicht möglich, seine Nicht-Gefährlichkeit zu beweisen. Er habe im Vollzug so viele enttäuschende Erlebnisse gehabt. (Auf Nachfrage:) Mit seinen Taten habe er sich auseinander gesetzt. Er sei lange Zeit in der psychiatrischen Abteilung im Gefängniskrankenhaus Hohenasperg gewesen. Bei seinen Opfern habe er sich brieflich entschuldigt. Er wisse, dass seine Taten falsch gewesen seien, sie seien ein Tiefpunkt seines Lebens. Natürlich bereue man das. Die Sicherungsverwahrung sei das Druckmittel gewesen, eine Therapie zu machen. Er habe eine solche Therapie gemacht und sei trotzdem nicht freigekommen. (Auf nochmalige Nachfrage:) Die Umstände, dass sein Sohn damals klein gewesen sei und dies möglicherweise die Ehe belastet habe und dass er seine Arbeit verloren habe, könnten keine Ausrede für die Straftaten sein. (Befragt zur Gefährlichkeit:) Er glaube nicht, dass er heute so etwas noch einmal tun könne. Dagegen sprächen sein Alter, seine Weiterbildung und die Schulbildung während des Vollzugs sowie seine sonst gewonnenen Erkenntnisse. Auch seine Triebhaftigkeit habe nachgelassen. Mit Machtausübung hätten die Taten - entgegen der Einschätzung einiger Gutachter - allerdings nichts zu tun gehabt. Er habe viele Enttäuschungen und Niederlagen erlitten und gelernt, sich durch Schreiben zu wehren, nicht durch Rache an Schwächeren. Zu seinem Sohn und seiner früheren Ehefrau, die zwischenzeitlich wiederverheiratet sei und weitere Kinder bekommen habe, habe er keinen Kontakt. Zu seiner Mutter bestehe telefonischer Kontakt; sie habe nicht gewollt, dass er sie in Begleitung von Polizei besuche. Sie sei körperlich stark beeinträchtigt und benötige Pflege. Er könne sich aber momentan nicht vorstellen, in ihre Nähe zu ziehen und sie zu pflegen. Die Suche nach Freunden und Bekannten habe er aufgegeben. Nach dem Vorfall in dem Tafelladen habe er es auch aufgegeben, soziale Beziehungen knüpfen zu wollen, denn durch die Observation werde sowieso alles zunichte gemacht. Er habe es deshalb auch weitgehend aufgegeben, von Zeit zu Zeit in eine Kneipe zu gehen. (Befragt zu seinen Plänen:) Er brauche auf jeden Fall Beschäftigung. Zur Zeit habe er einen Rentenanspruch von 150,-- EUR pro Monat. Außerdem würde er sich gerne eine Wohnung suchen - und er wünsche sich eine Beziehung mit gegenseitigem Verständnis. (Befragt zu den Vorfällen im Jahr 2011:) Der Brief mit pornografischem Inhalt sei an ihn gerichtet worden - bekommen habe er ihn ja nicht, da er abgefangen worden sei - von einem Dritten, den er nicht persönlich kenne. Der „Kontakt“ sei wohl über einen früheren Mitgefangenen aus Bruchsal zustande gekommen, da sich der Autor des Briefes nicht mit „rechtlichen Dingen“ ausgekannt habe. Jener sei zwischenzeitlich aus der Justizvollzugsanstalt Straubing entlassen worden. Insofern frage er sich, warum er ihm, der er den Brief gar nicht kenne, weiterhin zum Vorwurf gemacht werde. Er wisse nicht, wie dieser Mann dazu gekommen sei, ihm einen solchen Brief zu schreiben. (Auf weitere Frage:) In der Veranstaltung an der katholischen Fachhochschule habe er seine Taten nicht verharmlost. Er habe lediglich aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart zitiert, das bei ihm wegen des vergleichsweise schonenden Umgangs mit den Opfern Strafmilderungsgründe gesehen habe.
25 
Dem Gericht liegen neben den Gerichtsakten, auch aus den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, drei Band Akten des Beklagten und Auszüge aus der Akte der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg vor. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage in Gestalt der (vorbeugenden) Unterlassungsklage statthaft. Der vom Kläger geltend gemachte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch ist gerichtet auf die Abwehr der von dem Beklagten gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG am 31.08.2010 erstmals angeordneten und zuletzt am 22.01.2013 verlängerten längerfristigen Observation. Hierbei handelt es sich - entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers - nicht um einen Verwaltungsakt (vgl. hierzu näher Beschluss der Kammer vom 29.12.2010 - 4 K 2629/10 -, VBlBW 2011, 239). Namentlich ändert sich die Rechtsqualität von Verwaltungshandeln nicht gleichsam automatisch dadurch, dass die Eingriffsintensität des Handelns hoch ist und mit fortdauernder Zeit weiter zunimmt. Zwar kann dieser Umstand prozedurale Sicherungen erforderlich machen, die Zulässigkeit schlichten Verwaltungshandelns ist aber grundsätzlich nicht auf Eingriffe geringen oder mittleren Umfangs in Freiheitsrechte beschränkt (vgl. zum Ganzen auch Hermes, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band 2, 2. Aufl. [2012], § 39 RdNrn. 56 ff.), was etwa durch die Rechtsqualität des so genannten finalen Rettungsschusses besonders anschaulich wird. Dem Kläger steht auch die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO notwendige Klagebefugnis zur Seite, denn er kann geltend machen, durch die längerfristige Observation möglicherweise in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verletzt zu sein (vgl. hierzu näher Beschluss der Kammer vom 29.12.2010, a.a.O., VBlBW 2011, 239 [241]; Guckelberger, VBlBW 2011, 209 [211]; Greve/Lucius, DÖV 2012, 97 [102 f.]).
27 
Die somit zulässige Klage ist auch begründet, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der längerfristigen Observation zu. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung besteht in Baden-Württemberg keine Rechtsgrundlage mehr für die hier im Streit stehende präventiv-polizeiliche Überwachung rund um die Uhr von aus der Sicherungsverwahrung entlassenen, (vermeintlich) rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (dazu nachfolgend I.). Selbst wenn man als Rechtsgrundlage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (noch) die polizeiliche Generalklausel in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen heranziehen wollte, lägen deren Voraussetzungen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim Kläger nicht vor (II.).
I.
28 
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung durch das erkennende Gericht besteht in Baden-Württemberg keine Rechtsgrundlage mehr für die längerfristige präventiv-polizeiliche Überwachung von aus der Sicherungsverwahrung entlassenen, (vermeintlich) rückfallgefährdeten Sexualstraftätern zum Zwecke der Abwehr weiterer Sexualstraftaten. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 163f StPO sind eindeutig nicht gegeben und werden von dem Beklagten auch nicht in Anspruch genommen. Der Eingriff kann aber auch weder auf § 22 PolG (1.), noch auf die polizeiliche Generalklausel nach §§ 1, 3 PolG gestützt werden (2.). Die polizeiliche Generalklausel steht auch übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - nicht mehr zur Verfügung (3.). Daher bedarf es letztlich keiner Entscheidung, ob die Anwendbarkeit des Polizeirechts im vorliegenden Fall auch deshalb gesperrt ist, weil der Bund für den hier interessierenden Sachbereich von seiner Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht hat (4.).
29 
1. Die am 22.01.2013 vom Leiter der Polizeidirektion Freiburg angeordnete längerfristige Überwachung des Klägers ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht von § 22 PolG gedeckt. Als besonderes Mittel der Datenerhebung benennt § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG die voraussichtlich innerhalb einer Woche länger als 24 Stunden dauernde oder über den Zeitraum einer Woche hinaus stattfindende Observation (längerfristige Observation). Nach § 22 Abs. 3 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten durch besondere Mittel der Datenerhebung zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- und Vermögenswerte über die in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen (Nr. 1) oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung über die in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen (Nr. 2) erheben, wenn andernfalls die Wahrnehmung seiner Aufgaben gefährdet oder erheblich erschwert würde. Die durch § 22 Abs. 3 PolG in Bezug genommene Vorschrift des § 20 Abs. 2 PolG bestimmt, dass die Polizei Daten der in den §§ 6 oder 7 PolG genannten Personen sowie anderer Personen erheben kann, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist und die Befugnisse der Polizei nicht anderweitig geregelt sind. Straftaten mit erheblicher Bedeutung im Sinne des § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG sind - soweit hier erheblich - Verbrechen (§ 22 Abs. 5 Nr. 1 PolG) sowie Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten (§ 22 Abs. 5 Nr. 2a PolG). Der Einsatz von Mitteln nach § 22 Abs. 1 PolG, ausgenommen der verdeckte Einsatz technischer Mittel nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 PolG, bedarf der Anordnung eines Regierungspräsidenten oder des Leiters des Landeskriminalamtes, eines Polizeipräsidiums oder einer Polizeidirektion. Diese können die Anordnungsbefugnis auf besonders beauftragte Beamte des höheren Dienstes übertragen (§ 22 Abs. 6 PolG). Der Betroffene ist von einer Maßnahme nach § 22 Abs. 3 PolG zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme geschehen kann (§ 22 Abs. 8 PolG).
30 
Die Vorschrift hat ihren systematischen Standort im mit „Datenerhebung“ überschriebenen Dritten Unterabschnitt des Zweiten Abschnitts („Maßnahmen der Polizei“) gefunden. Die Stellung der Vorschrift des § 22 PolG in diesem Unterabschnitt und der spezifische Bezug zur Datenerhebung spiegeln sich im Wortlaut der Norm wider. § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG nennt die längerfristige Observation als ein „besonderes Mittel der Datenerhebung“, § 22 Abs. 3 PolG lässt „die Erhebung personenbezogener Daten“ durch die längerfristige Observation zu. Auch die Historie der Vorschrift und des gesamten Dritten Unterabschnitts, die in Umsetzung des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 -, BVerfGE 65, 1) durch Änderungsgesetz vom 22. Oktober 1991 in das Polizeigesetz aufgenommen worden sind (vgl. dazu näher Heckmann, VBlBW 1992, 164 [165]), sprechen dafür, dass der Landesgesetzgeber in § 22 PolG nur verschiedene besondere Mittel der Datenerhebung geregelt hat und keine umfassende gefahrenabwehrrechtliche Regelung über die offene (begleitende) Observation von potenziellen Straftätern treffen wollte (in diese Richtung auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 2 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169 [171]; Greve/Lucius, a.a.O., S. 100).
31 
Die Datenerhebung ist im vorliegenden Fall nicht Zweck der Observation des Klägers. Unter den in § 22 Abs. 3 PolG in Bezug genommenen „personenbezogenen Daten“ werden gemäß § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener) verstanden. „Erheben“ ist das Beschaffen von personenbezogenen Daten über den Betroffenen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 LDSG). Die Polizei bezweckt in vorliegendem Fall keineswegs das Beschaffen von Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse des Klägers oder Dritter. Die Observation dient vielmehr gleichsam als eine Art „gefahrenabwehrrechtlicher Ersatz“ für den aus Rechtsgründen nicht mehr zulässigen Maßregelvollzug betreffend latent gefährliche Menschen mit psychopathologischer Neigung (so auch Greve/Lucius, a.a.O., S. 100). Von dem § 22 PolG zugrunde liegenden gefahrenabwehrrechtlichen Leitbild der Gewinnung weiterer Erkenntnisse über das vermutliche weitere Vorgehen eines Überwachten und der Erstellung von „Bewegungsprofilen“ unterscheidet sich die Observation des Klägers mithin deutlich (so auch VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010 - 6 L 746/10 -, juris RdNr. 18; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.12.2010 - 3 B 284/10 -, juris RdNr. 23).
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Allerdings hat die erkennende Kammer in der Vergangenheit auch erwogen, ob § 22 PolG als eine ursprünglich auf eine bestimmte polizeirechtliche Gefahrenlage bezogene Bestimmung bei Entstehen neuartiger, bislang zwar in dieser Form nicht vorhergesehener, aber im Wesenskern vergleichbarer Gefahrenlagen - zumindest übergangsweise - dann als Rechtsgrundlage herangezogen werden kann, wenn die normierten Tatbestandsvoraussetzungen dies prinzipiell erlauben und dies nicht zu einer unzulässigen Ausweitung der - in erster Linie an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu orientierenden - polizeilichen Eingriffsbefugnisse führt (ebenso OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.12.2010, a.a.O., juris RdNr. 24; skeptisch Greve/Lucius, a.a.O., S. 100), zumal der von § 22 PolG erfasste Gesetzeszweck der Informationsbeschaffung über den Kläger und sein Verhalten zumindest als Randerscheinung der Observation „mitverwirklicht“ wird. Ungeachtet etwaiger Einwände im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitserfordernis (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, NJW 2005, 2603 - vorbeugende Telekommunikationsüberwachung) spricht dagegen allerdings, dass die längerfristige Observation im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG nicht als jahrelange Dauer-Maßnahme konzipiert ist. Denn den Regelungen liegt das Leitbild zugrunde, dass sich nach einer überschaubaren Zeit - § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG spricht von einem Zeitraum innerhalb einer Woche und länger als eine Woche, nicht aber von Monaten und Jahren - wird entscheiden lassen, ob Strafverfolgungsmaßnahmen (ggf. wegen einer Versuchsstraftat) erfolgen können oder ob die Maßnahme voraussichtlich ergebnislos bleiben wird (vgl. zur „Schwestervorschrift“ in § 28 PolG des Saarlandes: VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010, a.a.O., RdNr. 16; Rachor, in: Lisken/Den-ninger, a.a.O., RdNrn. 283 ff.). Die Frage, ob die Heranziehung des § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG für die Observation des Klägers jedenfalls übergangsweise zulässig gewesen ist (vgl. in diese Richtung insbesondere Beschluss der Kammer vom 29.12.2010, a.a.O., VBlBW 2011, 239; zustimmend: Guckelberger, VBlBW 2011, 209 [211]; Rachor, a.a.O., RdNr. 279; ebenso zu § 16a PolG NW: VG Aachen, Urteil vom 24.01.2011 - 6 K 140/10 -, juris RdNrn. 51 ff.), bedarf aus Anlass des vorliegenden Verfahrens allerdings keiner Entscheidung. Denn diese Übergangsfrist hätte spätestens mit Zustellung der Beschwerdeentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an den Beklagten im November 2011 zu laufen begonnen, nachdem sich dort - wie auch schon früher (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 17.02.2011 - 1 S 184/11 u.a. -; zweifelnd auch Greve/Lucius, a.a.O., S. 100) - verschiedene Hinweise darauf finden, dass § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG als Ermächtigungsgrundlage für eine jahrelange Dauerobservation möglicherweise nicht zur Verfügung steht. Da der Landesgesetzgeber die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg - das für die Auslegung von Landesrecht letztinstanzliche Verwaltungsgericht des Landes - nicht zum Anlass für eine Neuregelung genommen hat, findet die hier im Streit stehende 17. Verlängerung der Anordnung der längerfristigen Observation vom 22.01.2013, die sich weiterhin ausdrücklich nur auf § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG stützt, in § 22 PolG keine gesetzliche Grundlage mehr.
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2. Da sich mithin § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als Ermächtigungsgrundlage nicht (mehr) als tragfähig erweist und eine sonstige spezielle Ermächtigungsgrundlage schon thematisch nicht ersichtlich ist, stellt sich die Frage, ob die Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Klägers ihre Rechtsgrundlage in der polizeilichen Generalklausel gemäß §§ 1, 3 PolG findet. Dies ist nicht der Fall.
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aa) Die erkennende Kammer kann in diesem Zusammenhang offen lassen, ob der Rückgriff auf die Generalklausel schon deshalb ausgeschlossen ist, weil es sich um einen Fall einer „gewollten Nichtregelung einer Befugnis“ handelt. Regelt ein Gesetzgeber eine Materie ausdrücklich und eine andere - typologisch eng verwandte - nicht, kann davon auszugehen sein, dass die eingriffsintensivere Maßnahme wegen des insoweit beredten Schweigens des Gesetzgebers nicht zugelassen ist. Im vorliegenden Fall wäre damit die Frage aufgeworfen, ob aus der expliziten Regelung der längerfristigen Observation zum Zwecke der Aufhellung eines „Dunkelfeldes“ geschlossen werden kann, dass sie zu anderen Zwecken als zur Informationsbeschaffung, insbesondere bei - wie hier - höherer Grundrechtsintensität, ausgeschlossen sein soll (vgl. so z.B. im Zusammenhang mit Durchsuchung und körperlicher Untersuchung: Rachor, a.a.O., RdNr. 718).
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bb) Diese Frage mag indes für das vorliegende Verfahren auf sich beruhen. Denn nach dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes verpflichten das Rechtstaatsprinzip und das Demokratieprinzip sowie das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot den Gesetzgeber, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen und sie nicht der Verwaltung zu überlassen (sog. Wesentlichkeitstheorie). Der demokratisch legitimierte Parlamentsgesetzgeber muss die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite selbst treffen und dadurch sicherstellen, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können. Ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Der Gesetzgeber hat daher Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs hinreichend bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 27.07.2005, a.a.O.; Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 u.a. -, NJW 2008, 822 - „Online-Durchsuchung“; Urteil vom 11.03.2008 - 1 BvR 2074/05 u.a. -, NJW 2008, 1505 - automatisierte Kfz-Kennzeichenerfassung; Greve/Lucius, a.a.O., S. 103 f.; Guckelberger, a.a.O., S. 212 f.). Dies gilt umso eher, je stärker eine Maßnahme in Grundrechte eingreift. Zwar verstößt die polizeiliche Generalklausel als solche nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Dem Sinn des Gesetzesvorbehalts widerstreitet es aber, eine so weit gespannte Generalklausel wie die polizeiliche stets als ausreichende Grundlage für Grundrechtseingriffe zu verwenden. Intensive und nicht nur kurzzeitig wirkende Grundrechtseingriffe muss der Gesetzgeber deshalb als solche ausdrücklich regeln (vgl. statt vieler: Rachor, a.a.O., RdNr. 723; einschränkend: Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl. 2007, RdNr. 49). Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen haben die Landesgesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass sie einzelne Befugnisse - die sog. Standardmaßnahmen - aus dem Anwendungsbereich der Generalklausel herausgelöst und hinsichtlich Voraussetzung, Mittel und Zweck genauer umschrieben haben.
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Gemessen an diesen Grundsätzen lässt sich die längerfristige offene Observation von rückfallgefährdeten Sexualstraftätern jedenfalls dann nicht auf die polizeiliche Generalklausel stützen, wenn die Maßnahme - wie hier - über sehr lange Zeit durchgeführt wird. Die erkennende Kammer und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg haben bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf die besonders hohe Grundrechtsrelevanz der Observation hingewiesen. Denn das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Menschenwürde sichern jedem Einzelnen - auch dem Kläger als Mehrfach-Sexualstraftäter - einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann, wobei die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Privatsphäre nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.12.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 [384]; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 2 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169 [171]). Ungeachtet der Frage, ob der Kläger die Beschränkung dieses Grundrechts derzeit (noch) hinnehmen muss, überrascht daher die Auffassung des Leiters der Polizeidirektion Freiburg in dessen schriftlicher Anordnung vom 22.01.2013, wonach „mit der Maßnahme keine schwerwiegenden Grundrechtseingriffe verbunden sind“ (ebenda, S. 5). Denn zweifellos stellt die 17. Verlängerung der vor etwa zweieinhalb Jahren begonnenen und seither ohne Unterlass durchgeführten längerfristigen Observation des Klägers einen besonders weitreichenden und schweren Grundrechtseingriff dar. Durch die fast lückenlose Präsenz der ihn außerhalb des von ihm bewohnten Zimmers überwachenden Polizisten wird die Möglichkeit, ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben zu führen, sehr weitgehend beeinträchtigt. Dies ist in der mündlichen Verhandlung erneut deutlich geworden. Der Kläger hat dort nachvollziehbar und eindrücklich geschildert, dass er es wegen dieser Situation aufgegeben habe, Kontakte zu knüpfen oder auch nur abends „auf ein Bier“ in eine Kneipe zu gehen. Dass die Observation auch sonst, beispielsweise bei der Arbeits- und Wohnungssuche, erheblich negative Folgen hat, kann daher schwerlich bezweifelt werden. Nicht zuletzt wegen der Intensität der Beeinträchtigung hat der Landesgesetzgeber einen anderen - regelhaft weniger grundrechtsintensiven - Sachverhalt bewusst einer ausdrücklichen Regelung in § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG zugeführt. Auch daraus ist zu schließen, dass der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts und das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot einer dauerhaften Anwendung der Generalklausel auf Fälle der vorliegenden Art entgegenstehen (ebenso Greve/Lucius, a.a.O., S. 101; Söllner, DVBl. 2013, 171 [173]).
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3. Die polizeiliche Generalklausel steht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung schließlich auch übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - nicht mehr als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Das Bundesverfassungsgericht hat es insoweit - offensichtlich anknüpfend an eine weit verbreitete Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. nur BVerwG, Vorlagebeschluss vom 24.10.2001 - 6 C 3.01 -, BVerwGE 115, 189 [194 ff.] - Laserdrome) und Literatur (statt vieler: Greve/Lucius, a.a.O., S. 105) - für möglich gehalten, die Observation rückfallgefährdeter Sexualstraftäter als eine neue Form polizeilicher Maßnahmen anzusehen, die bisher vom Landesgesetzgeber nicht eigens erfasst worden ist, die aber aufgrund ihrer weitreichenden Folgen einer dem Bestimmtheitsgebot entsprechenden normativen Typisierung in Gestalt einer eigenständigen Ermächtigungsgrundlage bedarf (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 2 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169 [171]). Bei dieser Sachlage - so die 1. Kammer des Ersten Senats (a.a.O.) - begegne es keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn die Gerichte angesichts des Gewichts der in Frage stehenden Rechtsgüter die polizeiliche Generalklausel im vorläufigen Rechtsschutzverfahren als noch tragfähig ansähen und die Frage der Rechtsgrundlage erst im Hauptsacheverfahren einer abschließenden Klärung zuführten. Der Sache nach werde damit die polizeiliche Generalklausel dahingehend verstanden, dass sie es den Behörden ermögliche, auf unvorhergesehene Gefahrensituationen auch mit im Grunde genommen näher regelungsbedürftigen Maßnahmen vorläufig zu reagieren. So ermöglichten es die Gerichte dem Gesetzgeber, eventuelle Regelungslücken zu schließen. Dies sei - bei Beachtung strenger Verhältnismäßigkeitsanforderungen - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es liege dann in der Verantwortung des Gesetzgebers, hierauf zu reagieren oder in Kauf zu nehmen, dass solche Maßnahmen von den Gerichten auf Dauer als von der geltenden Rechtslage nicht als gedeckt angesehen würden (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012, a.a.O.).
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Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung steht die polizeiliche Generalklausel mit den oben genannten Prämissen dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg, der sich in seinen Anordnungen im Übrigen auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.11.2012 weiterhin allein auf § 22 PolG stützt, nicht (mehr) als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Nach der zu Beschränkungen der Berufsfreiheit ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Vorlagebeschluss vom 24.10.2001, a.a.O.) ist dem Gesetzgeber zuzubilligen, dass er vor der Verabschiedung einer gesetzlichen Regelung die Entwicklung des potentiell regelungsbedürftigen Sachverhalts erst eine Zeit lang beobachtet. Für diesen Zeitraum kann die polizeiliche Generalklausel, die insoweit einer verfassungskonformen Interpretation bedarf, übergangsweise als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung stehen. Übertragen auf den vorliegenden Fall wird man - gerade im Hinblick auf die außerordentliche Grundrechtsrelevanz des Eingriffs der Dauerüberwachung - die Be-obachtungs- und Regelungsfrist für den Gesetzgeber nicht allzu großzügig bemessen können, zumal auch die regelungsbedürftige Sachmaterie überschaubar ist, namentlich für den Beklagten feststeht, welche Personengruppe mit welchem vermutetem Gefährdungspotential dauerhaft überwacht werden soll.
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Das beklagte Land geht spätestens seit Inkrafttreten der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums, des Justizministeriums und des Ministeriums für Arbeit und Soziales zu einer ressortübergreifenden Konzeption zum Umgang mit besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (VwV KURS) vom 9. März 2010 am 01.04.2010 davon aus, dass bei besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern auch eine Observation in Betracht zu ziehen sein wird (vgl. Nr. 4.7.2 VwV KURS 2010; heute Nr. 5.8.2 VwV KURS 2012). Wenngleich die Gruppe der im Hinblick auf das Urteil des EGMR vom 17.12.2009 (a.a.O.) aus der Sicherungsverwahrung zu entlassenden Straftäter nicht unmittelbar Anlass der VwV KURS war (vgl. hierzu etwa LT-Drs. 14/4965 vom 05.08.2009), ist das Phänomen im Hinblick auf Personenkreis (Täterprofil) und Maßnahmenkatalog unter Einschluss der Observation dem beklagten Land seit spätestens 01.04.2010 hinreichend bekannt. Zweifel an der dauerhaften Tragfähigkeit der von den die Observation anordnenden Behördenleitern in Anspruch genommenen Rechtsgrundlage des § 22 PolG sind in Rechtsprechung und Literatur sehr früh laut geworden (vgl. etwa Beschluss der Kammer vom 29.10.2010 - 4 K 2629/10 -, VBlBW 2011, 239 [240 f.]: verfassungskonforme Auslegung notwendig, § 22 Abs. 3 PolG keine Handhabe zur Dauerüberwachung ohne ständige Überprüfung, Problem fehlender verfahrensmäßiger Sicherungen; nachfolgend: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.02.2011 - 1 S 184/11 u.a. -: hilfsweise Generalklausel in Betracht zu ziehen; zweifelnd auch Guckelberger, VBlBW 2011, 209 [210 ff.]; zur saarländischen Regelung zweifelnd: VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010 - 6 L 746/10 -, juris RdNr. 18; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.12.2010 - 3 B 284/10 -, juris RdNr. 23). Das Land hat die zweifelnden Hinweise in Rechtsprechung und Literatur nicht zum Anlass für eine Gesetzesinitiative genommen und ist auch danach noch untätig geblieben, als der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - das für die Auslegung von Landesrecht letztinstanzliche Verwaltungsgericht des Landes - in der Entscheidung über das Eilverfahren des Klägers (Beschluss vom 08.11.2011, a.a.O., BA S. 6 und 7) seine Zweifel an der Tragfähigkeit der vom beklagten Land in Anspruch genommenen Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG noch einmal betont hat. In dieser Entscheidung weist der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zudem - in unzweifelhafter Deutlichkeit - darauf hin, dass eine Dauer-Observation des Klägers selbst bei fortbestehender Gefährlichkeit mangels Rechtsgrundlage allenfalls für eine „gewisse Übergangszeit“ noch hingenommen werden kann (ebenda S. 12). Diese Einschätzung wird auch in der seither bekannt gewordenen Literatur geteilt (vgl. nur Greve/Lucius, a.a.O., S. 99 ff.). Selbst die Ablehnung des vom Kläger gestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht am 27.02.2012 hat nicht zu einem Tätigwerden des Landesgesetzgebers geführt, obwohl es in der Beschlussbegründung heißt, dass die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen, namentlich ob die herangezogenen Vorschriften des Polizeigesetzes „grundsätzlich oder möglicherweise nur vorübergehend und befristet bis zur Schaffung einer eigenen Rechtsgrundlage tragen können“ (BA S. 4), in einem Hauptsacheverfahren zu klären seien.
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Bei dieser Sachlage geht die erkennende Kammer davon aus, dass die polizeiliche Generalklausel im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - nicht mehr als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung steht. Für eine bereichsspezifische Regelung des hinreichend klar umrissenen und letztlich auch überschaubaren Sachverhalts der Dauerüberwachung rückfallgefährdeter (Sexual-)Straftäter zum Zwecke der Verhinderung erneuter Tatbegehung stand dem Gesetzgeber bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ausreichend Zeit zur Verfügung, ohne dass er bislang - soweit für das Gericht ersichtlich - ein Gesetzgebungsvorhaben initiiert hätte. Es ist dem Kläger auch angesichts der erheblichen Beschränkung seiner Freiheitsrechte nach rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zumutbar, wegen Untätigkeit des Gesetzgebers auch weiterhin signifikante Einbußen seiner Freiheitsrechte hinnehmen zu müssen. Das mag nicht ausschließen, dass die Überwachungsbedürftigkeit des Klägers nach Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung erneut zu prüfen sein mag. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht jedoch mangels zur Verfügung stehender Rechtsgrundlage keine Handhabe zur dauerhaften Observation dieses Personenkreises mehr.
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4. Keiner abschließenden Entscheidung bedarf nach dem Vorstehenden die Frage, ob der Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel auch deshalb gesperrt sein könnte, weil der Sachbereich „Gefahr durch rückfallgefährdete (Sexual-)Straftäter“ abschließend im Sechsten Titel des Dritten Abschnitts des Strafgesetzbuchs („Maßregeln der Besserung und Sicherung“) - namentlich in den Vorschriften über die Führungsaufsicht (§§ 68 ff. StGB) - geregelt ist. Dann wäre dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg der Rückgriff auf das Polizeirecht des Landes schon kompetenziell nicht möglich. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist insoweit geklärt, dass der Kompetenztitel „Strafrecht“ im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG weit zu verstehen ist und beispielsweise keine ergänzende Länderkompetenz im Bereich der Sicherungsverwahrung besteht (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 10.02.2004 - 2 BvR 834/02 u.a. -, BVerfGE 109, 190 - nachträgliche Sicherungsverwahrung). Gemäß Art. 72 Abs. 1 GG dürfen die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung eigene Gesetze nur erlassen, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Demnach sind landesrechtliche Regelungen grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die bundesgesetzliche Regelung dieses Sachbereichs abschließenden Charakter hat. Ob eine bundesrechtliche Regelung abschließend ist oder nicht, kann nur einer Gesamtwürdigung des betreffenden Normenkomplexes entnommen werden (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 29.03.2000 - 2 BvL 3/96 -, BVerfGE 102, 99 [114] - Landesabfallgesetz Nordrhein-Westfalen). Allerdings rechtfertigt der Erlass eines Bundesgesetzes über einen bestimmten Gegenstand für sich allein noch nicht die Annahme, dass damit die Länder von einer Gesetzgebung ausgeschlossen sind; es können noch Bereiche übrig bleiben, deren Regelung für die Gesetzgebung der Länder offen ist (vgl. wiederum BVerfG, Beschluss vom 29.03.2000, a.a.O.). Maßgeblich ist, ob ein bestimmter Sachbereich umfassend und lückenlos geregelt ist oder jedenfalls nach dem aus Gesetzgebungsgeschichte und Materialien ablesbaren objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte. Für die Frage, ob und inwieweit der Bund von seiner Zuständigkeit Gebrauch gemacht hat, ist in erster Linie auf das Bundesgesetz selbst, sodann auf den hinter dem Gesetz stehenden Regelungszweck, ferner auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien abzustellen (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.10.1998 - 1 BvR 2306/06 u.a. -, BVerfGE 98, 265 [300 f.] - Bayerisches Schwangerenhilfeergänzungsgesetz).
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Hat der Bund einen Sachbereich in Wahrnehmung einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz in diesem Sinne abschließend geregelt, so tritt die Sperrwirkung des Art. 72 Abs. 1 GG für eine Regelung der Länder in diesem Sachbereich unabhängig davon ein, ob die landesrechtlichen Regelungen den bundesrechtlichen Bestimmungen widerstreiten oder sie nur ergänzen, ohne ihnen zu widersprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.03.2000, a.a.O., S. 115). Die Länder sind nicht berechtigt, eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz dort in Anspruch zu nehmen, wo sie eine - abschließende - Bundesregelung für unzulänglich und deshalb reformbedürftig halten; das Grundgesetz weist ihnen insbesondere nicht die Aufgabe zu, kompetenzgemäß getroffene Entscheidungen des Bundesgesetzgebers „nachzubessern“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.10.1998, a.a.O., S. 300).
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Im vorliegenden Fall könnte sich daher auch die Frage stellen, ob nicht die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten (so ausdrücklich § 68 Abs. 1 StGB) jedenfalls bei demjenigen Personenkreis, bei dem Führungsaufsicht angeordnet ist oder kraft Gesetzes besteht, abschließend im Strafgesetzbuch (§§ 68 ff. StGB) geregelt ist, sodass den Ländern ein Zugriff auf diese Materie im Wege des allgemeinen oder besonderen Polizeirechts verwehrt wäre. Der vorrangige Zweck der Führungsaufsicht besteht - nach Einschätzung des Bundesgesetzgebers (vgl. hierzu und zum Folgenden wörtlich BT-Drs. 17/3403 S. 13 f.) - darin, durch Maßnahmen der Betreuung und Überwachung eine erneute Straffälligkeit der verurteilten Person nach Entlassung zu vermeiden. Dem staatlichen Auftrag, die Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern zu schützen, kommt dabei bei solchen Verurteilten besondere Bedeutung zu, bei denen die Gefahr besteht, dass sie erneut schwere Straftaten, insbesondere schwere Gewalt- oder Sexualdelikte, begehen werden. Dies kann nach Einschätzung des Bundesgesetzgebers (a.a.O., S. 13 und 14)
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„vor allem bei solchen Personen angenommen werden, die aufgrund der endgültigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 17. Dezember 2009 (Nr. 19359/04) aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, obwohl bei ihnen weiterhin die Gefahr besteht, dass sie erhebliche Straftaten begehen werden, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. (…) Aufgrund dieser Entscheidung muss damit gerechnet werden, dass (…) als gefährlich eingestufte Täter aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, bei denen die Sach- und Rechtslage gleichgelagert ist; solche Entlassungen sind auch schon erfolgt. Aber auch davon unabhängig hat die Führungsaufsicht mit verurteilten Personen zu tun, bei denen die Gefahr erneuter schwerer Straftaten, insbesondere schwerer Gewalt- und Sexualstraftaten, hoch ist, aber zum Beispiel die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nach vollständiger Verbüßung der Haft aus Rechtsgründen ausscheidet. (…) Vor diesem Hintergrund und zur weiteren Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor schweren Wiederholungstaten verfolgt der Entwurf das Ziel, das zuletzt durch das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung vom 13. April 2007 (BGBl. I S. 513) erweiterte Instrumentarium der Führungsaufsicht weiter auszubauen. Daneben soll die Möglichkeit der unbefristeten Verlängerung der Führungsaufsicht ausgedehnt werden.“
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Die im Zusammenhang mit der längerfristigen Observation durch Polizeibeamte interessierende Frage der Gesetzgebungs- und Regelungskompetenz der Länder stellt sich nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300 [2301 f.]) auch besonders deshalb, weil der Gesetzgeber die Weisung, die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, in § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB überführt hat und damit jedenfalls einen wichtigen Teilbereich der Überwachung rückfallgefährdeter Straftäter im Zusammenhang mit der Führungsaufsicht geregelt hat. In diesem Zusammenhang hat er auch besondere Anforderungen an die Zulässigkeit dieser Weisung statuiert (§ 68b Abs. 1 Satz 3 StGB). Die Regelung eines gewichtigen Teils der Überwachung könnte dafür sprechen, dass der Personenkreis der der Führungsaufsicht unterstehenden rückfallgefährdeten (Sexual-)Straftäter, zu dem der Beklagte auch den Kläger rechnet, jedenfalls in Bezug auf die Dauermaßnahmen - für einmalige, situationsabhängige Maßnahmen, wie etwa die Gefährdetenansprache, wird ein Rückgriff auf das Polizeirecht möglich bleiben - (nur) den entsprechenden Regelungen des Strafgesetzbuchs unterworfen sein soll. Hierfür könnte - neben den prozeduralen Sicherungen (richterliche Entscheidung, regelmäßige Überprüfung, Befristung) - auch sprechen, dass als Zweck der so genannten elektronischen Fußfessel ausdrücklich genannt wird, den Täter im Sinne einer positiven und negativen Spezialprävention von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten (BT-Drs. 17/3403 S. 17). Der Gesetzgeber erhofft sich von der Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB demzufolge auch, dass
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„die elektronische Überwachung auch eine enge polizeiliche Überwachung in Form einer fortwährenden unmittelbaren Begleitung des Betroffenen durch Polizeibeamte entbehrlich machen kann, wie sie derzeit zum Teil bei als gefährlich eingestuften Entlassenen praktiziert wird. Die mit dieser Begleitung zwangsläufig verbundene Stigmatisierung der verurteilten Person und ihr negativer Effekt auf deren Reintegration würden durch eine unauffällige, nach außen nicht erkennbare elektronische Überwachung vermieden“ (BT-Drs. 17/3403 S. 19).
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Diese Formulierung lässt Fragen offen. Sie könnte für eine Rest-Kompetenz der Länder ebenso sprechen wie für eine „Voll-Regelung“ im Bereich der Führungsaufsicht. Für die Personengruppe der „wegen rückwirkender Verschärfung des Rechts der Sicherungsverwahrung nicht länger in der Sicherungsverwahrung unterzubringender verurteilter Personen“ hat der Bundesgesetzgeber überdies - was als Abrundung der Frage der Gesetzgebungs- und damit auch Anordnungskompetenz nicht außer Betracht bleiben darf -, wiederum gestützt auf seine Annexkompetenz zum Kompetenztitel „Strafrecht“ in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (BT-Drs. 17/3403 S. 20) - das Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz - ThUG) vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300 [2305]) erlassen. Nach alledem könnten einige Gründe dafür sprechen, dass dem Land Baden-Württemberg für eine Observation des hier in Rede stehenden Personenkreises zu den hier maßgeblichen Zwecken eine Gesetzgebungskompetenz überhaupt nicht (mehr) zusteht. Dann wäre dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg - selbstverständlich - auch der Rückgriff auf das Polizeirecht, gleich welcher Rechtsgrundlage, nicht eröffnet. Einer abschließenden Entscheidung bedarf dies freilich nicht. Denn selbst wenn eine „Reservekompetenz“ für eine präventiv-polizeiliche Regelung durch die Länder gegeben wäre, könnte die Observation des Klägers aus den oben genannten Gründen hierauf nicht mehr gestützt werden.
II.
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Selbst wenn die polizeiliche Generalklausel im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - noch als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung stehen sollte, wenn also die Beobachtungs- und Regelungsfrist für den Gesetzgeber großzügiger zu bemessen wäre, als dies nach Auffassung der Kammer der Fall ist, stünde dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Denn eine hinreichende Gefahrenprognose des Beklagten liegt nicht vor (1.) und es sind auch im Rahmen der Beweiserhebung durch die erkennende Kammer keine Tatsachen bekannt geworden, die für eine konkrete Gefahr für die körperliche Unversehrtheit Dritter durch den Kläger sprechen könnten (2.).
49 
1. Eine auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Handlungsbefugnis setzt stets voraus, dass für das betroffene Schutzgut eine konkrete Gefahr besteht. Die insoweit zu treffende Prognoseentscheidung ist Sache der Polizei. Gefahr ist eine Sachlage, in der bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für ein Schutzgut eintreten wird. Die Gefahrbeurteilung erfolgt aus der Perspektive ex-ante, wobei - insoweit ist die Generalklausel durch § 22 Abs. 6 PolG anzureichern - auf den Wissenshorizont eines sorgfältigen Behördenleiters der Polizeidirektion abzustellen ist. Maßgeblich für die Prognoseentscheidung ist also dessen Beurteilung zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung über die Observation getroffen worden ist, hier der Zeitpunkt der 17. Verlängerung der Anordnung am 22.01.2013. Nicht jede Gefahr reicht als Voraussetzung für ein polizeiliches Tätigwerden aus. Die von der Generalklausel vorausgesetzte hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts liegt zwischen der Sicherheit und der nahezu, aber nicht völlig auszuschließenden Möglichkeit. Je größer der zu erwartende Schaden ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit. Die Schadenswahrscheinlichkeit kann dabei vor allem auf der Ebene des Verhältnismäßigkeitsprinzips eine Rolle spielen. Für den vorliegenden Fall folgt hieraus dreierlei: Die von dem Beklagten behauptete und vom Kläger in Abrede gestellte konkrete Gefahr kann die Observation nur rechtfertigen, wenn sie in der Begehung von Straftaten gegen das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung besteht. Davon geht auch der Beklagte aus. In anderer Hinsicht nicht gegebenes Wohlverhalten des Klägers (z.B. Straftaten gegen das Eigentum, Ordnungswidrigkeiten, etc.) hat insoweit außer Betracht zu bleiben. Im Hinblick auf die anzustellende Gefahrenprognose dürfen hingegen auch solche Umstände Berücksichtigung finden, wenn sie einen Bezug zu der „einschlägigen Gefahr“ haben, wenn etwa die emotionale Steuerungs- und Kontrollfähigkeit des Klägers nicht gegeben wäre und dies in seinem Verhalten (z.B. Körperverletzung gegenüber Polizeibeamten) sichtbar würde. Da es sich bei der sexuellen Selbstbestimmung etwaiger Opfer (bislang durchweg junge, aber volljährige Frauen) um höchste Rechtsgüter handelt, sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts geringere Anforderungen zu stellen. In zeitlicher Hinsicht kann die Gefahrenprognose nur unbeanstandet bleiben, wenn sie zugrunde legt, dass die Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten durch den Kläger gerade (auch) innerhalb des geregelten Zeitraums (hier vom 22.01.2013 bis zum 22.03.2013) besteht. Der Prognosehorizont von in der Sicherungsverwahrung - mit Blick auf § 67d Abs. 3 StGB - erstellten Gutachten (vgl. zu diesem Prognosemaßstab: Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 67d RdNr. 7; § 56 RdNrn. 15a ff.) ist dagegen ein anderer.
50 
Die vom Leiter der Polizeidirektion Freiburg am 22.01.2013 getroffene Prognoseentscheidung rechtfertigt die Annahme einer vom Kläger ausgehenden konkreten Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten nicht. Sie ist bereits in ihrem rechtlichen Ansatz - da weiterhin ausschließlich auf § 22 PolG gestützt - fraglich, legt aber - vor allem - der Prognoseentscheidung Umstände zugrunde, die nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr berücksichtigungsfähig sind. In seinem Beschluss vom 08.11.2012 (a.a.O.) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt:
51 
„Die Gerichte durften angesichts des mit einer solchen Observation verbundenen schweren Eingriffs, zumal wenn er zur Zeit nach der Auffassung der Verwaltungsgerichte wohl allein auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden kann, dem Beschwerdeführer nicht unter Berufung auf zum Zeitpunkt ihrer Entscheidungen im Wesentlichen nicht mehr aktuelle Erkenntnisse den einstweiligen Rechtsschutz versagen. Die Gerichte haben ihre Entscheidung, den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, vor allem darauf gestützt, dass sich aus einem psychiatrischen Gutachten vom 5. März 2010 ergebe, dass bei einem Verzicht auf eine Beobachtung des Beschwerdeführers nach der Entlassung aus der Sicherungsverwahrung von einer gewissen Rückfallgefahr auszugehen sei. Bei der maßgeblichen Berücksichtigung dieses Gutachtens haben die Gerichte zum einen nicht ausreichend beachtet, dass die Begutachtung zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidungen bereits länger zurück lag. (…) Zum anderen stand der Verwendung des Gutachtens vom 5. März 2010 spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs der Umstand entgegen, dass die Begutachtung erfolgte, als der Beschwerdeführer sich noch in Sicherungsverwahrung befand. Der Gutachter konnte allenfalls vermuten, wie der Beschwerdeführer sich nach Jahrzehnten der Haft und der Sicherungsverwahrung in Freiheit verhalten würde. Nunmehr lebt der Beschwerdeführer aber seit geraumer Zeit unter vollständig veränderten Umständen, die es nicht angezeigt erscheinen lassen, eine so weitreichende Entscheidung wie die über die Fortsetzung einer fast durchgehenden polizeilichen Beobachtung auf veraltete Vermutungen zu stützen. In Anbetracht der Schwere des Eingriffs in Grundrechte des Beschwerdeführers hätten die Gerichte ihre Entscheidungen - auch im Rahmen eines Eilverfahrens - nicht maßgeblich auf dieses weit zurückliegende Gutachten stützen dürfen.“
52 
Die Beteiligten sind an diesen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick sowohl auf dessen Rechtskraft als auch auf die Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG gebunden (vgl. nur Schemmer, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. [2005], § 93c RdNrn. 13 ff.), können also - trotz mancher durch den Beschluss aufgeworfenen (und nicht beantworteten) Fragen - nicht geltend machen, die Entscheidung sei in ihren tragenden Erwägungen unrichtig und daher nicht zu beachten. Obwohl in dem genannten Beschluss die Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnungen der Polizeidirektion Freiburg vom 05.09.2011, 11.07.2011, 18.05.2011, 21.03.2011, 28.01.2011, 02.12.2010, 03.11.2010, 07.10.2010 und vom 31.08.2010 - wenn auch ohne Begründung - zurückgewiesen wurde, steht mit dem genannten Beschluss doch fest, dass der Beklagte seine Prognoseentscheidung jedenfalls seither nicht mehr auf das Gutachten ... vom 05.03.2010 stützen darf. Denn wenn die Gerichte bei ihrer die Verwaltung kontrollierenden Tätigkeit das Gutachten „nicht maßgeblich“ zugrunde legen dürfen, kann für das beklagte Land nichts anderes gelten. Gleichwohl geht die Anordnung des Leiters der Polizeidirektion Freiburg weiterhin maßgeblich von dem Gutachten ... aus und begründet die ungünstige Rückfallprognose zudem mit einem weiteren (noch älteren) Gutachten (Anordnung vom 22.01.2013, S. 2). Die aufgrund dieser Gutachten angenommene Einschätzung als „Risikoproband mit herausragendem Gefährdungspotential“ (ebenda) wird in der 17. Verlängerung der Observationsanordnung gleichsam fortgeschrieben, indem davon ausgegangen wird, „Hinweise auf eine positive Änderung der Persönlichkeitsstruktur“ lägen nicht vor, was im Folgenden näher dargelegt wird. Damit wird der gebotene Prognosemaßstab verkannt: Nicht der Kläger muss das Gutachten ... und frühere Vorgutachten entkräften, mit anderen Worten seine Ungefährlichkeit dartun, sondern der Beklagte muss dessen Gefährlichkeit - unter Außerachtlassung der nicht mehr „maßgeblich“ verwertbaren Gutachten - begründen. Diesen rechtlichen Anforderungen genügt die Anordnung des Leiters der Polizeidirektion Freiburg vom 22.01.2013 - ungeachtet des Umstands, dass sie auch im Hinblick auf die einschneidende Wirkung der Observation für den Kläger auf ein Fehlverständnis hindeutet (S. 5) - nicht.
53 
Die in einem anderen Zusammenhang auf der Basis der VwV KURS erstellte Risikobewertung betreffend den Kläger vom 07.02.2013 ist ebenfalls ungeeignet, den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die zu treffende Prognose-entscheidung Rechnung zu tragen. Darin wird zwar immerhin dargestellt, dass die noch in der Sicherungsverwahrung erstellten Gutachten keine Verwendung mehr finden dürfen (Risikobewertung vom 07.02.2013, S. 2). Hieraus wird aber nicht die gebotene rechtliche Schlussfolgerung gezogen, dass sich die Gefährlichkeit des Klägers nunmehr nur mit neuen Anknüpfungstatsachen begründen lässt. Insofern werden zwar einige Umstände genannt, namentlich, dass sich der Kläger unkooperativ gegenüber den Polizeibeamten und der KURS-Koordinatorin verhält (ebenda, S. 6 und 7) und dass er gegenüber den Polizeibeamten seit einiger Zeit aggressiver und ablehnender auftritt (S. 8). Diese Umstände sind aber nicht geeignet, die konkrete Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten durch den Kläger zu begründen. Der Kläger ist seit der Erledigung der Sicherungsverwahrung ein „freier Mann“, der die Weisungen der Führungsaufsicht einzuhalten hat und dessen Aufenthalt deshalb auf den Stadtkreis Freiburg und den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald beschränkt ist, der sich aber im Übrigen von Rechts wegen ebenso verhalten kann wie jeder andere freie Mensch. Der Kläger ist namentlich rechtlich nicht dazu verpflichtet, Kontakt zu der für ihn zuständigen KURS-Koordinatorin zu halten, nachdem diese Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht ausdrücklich aufgehoben worden ist. Auch seine Aktivitäten, insbesondere Fahrradtouren, muss er den observierenden Kräften nicht vorher ankündigen. Für das Gelingen der Observation muss er nicht Sorge tragen. Es mag sein, dass die Regeln des Anstands und der gegenseitigen Rücksichtnahme ein solches Verhalten wünschenswert erscheinen lassen. Eine Rechtspflicht des Klägers besteht aber nicht; sein Verhalten kann deshalb insoweit auch nicht zur Begründung einer konkreten Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten herhalten. Verstöße gegen die Weisungen der Führungsaufsicht hat der Beklagte selbst nicht behauptet; hierfür ist auch nichts ersichtlich. Soweit der Kläger im März 2011 ein Messer zum Löwenzahnschneiden mit sich geführt hat und ein Jahr später ein Küchenmesser im Laden erworben hat, das er dem begleitenden Beamten sofort übergeben hat, mag darin zwar ein Verstoß gegen die gegenteilige Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht zu sehen sein. Allerdings hat schon der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 08.11.2011 (a.a.O., S. 10) mit näherer Begründung darauf hingewiesen, dass der Verstoß vom März 2011 nicht überbewertet werden darf. Insoweit ist zudem zu berücksichtigen, dass der zweite (formale) Verstoß zu einer Änderung der entsprechenden Weisung geführt hat, indem klargestellt wurde, dass der Kläger in seinem Wohnraum Küchenmesser besitzen darf. In beiden Fällen ist bezeichnenderweise seitens der Führungsaufsicht auch kein Strafantrag gestellt worden. Auch der Beklagte zieht diese Vorfälle nicht mehr zur Begründung der Gefährlichkeit des Klägers heran. Da somit weder die 17. Verlängerung der Anordnung der Observation vom 22.01.2013 noch die Risikobewertung des Landeskriminalamts vom 07.02.2013 hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr der Begehung einschlägiger (Sexual-)Straf-taten durch den Kläger beinhalten, können die dort getroffenen prognostischen Einschätzungen die Observation des Klägers im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht rechtfertigen (vgl. auch zur Gewichtigkeit von Anknüpfungstatsachen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2013 - 1 S 1817/12 -, BA S. 7 ff.).
54 
2. Auch im Rahmen der Beweiserhebung durch die erkennende Kammer sind keine Tatsachen bekannt geworden, die für eine konkrete Gefahr der Begehung einschlägiger (Sexual-)Straftaten durch den Kläger sprechen könnten. Die beiden von der Kammer vernommenen, für die Koordination der Observierung verantwortlichen Polizeibeamten ... und ... haben übereinstimmend berichtet, die observierenden Beamten hätten über die Gefährlichkeit des Klägers keine Erkenntnisse gewonnen. Die Zeugen ... und ... sind für die Koordination der Observation seit dem 18.11.2011 verantwortlich. Der vom Zeugen ... berichtete Vorfall, dass der Kläger ohne Ankündigung auf sein Fahrrad gestiegen und davon geradelt sei, mag für die mit der Observation betrauten Beamten misslich sein. Allerdings ist auch insoweit festzuhalten, dass der Kläger von Rechts wegen nicht gehalten ist, die Einsatzbereitschaft der Polizeibeamten abzuwarten oder sein Tempo gar an deren Fitnesszustand oder dem zur Verfügung stehenden Fahrradmaterial zu orientieren. Verbale Entgleisungen und aggressive Sprachmuster wären für sich genommen ebenfalls nicht geeignet, die Gefährlichkeit des Klägers zu begründen. Der Zeuge ... hat insofern aber auch ausgesagt, er habe keinerlei Rückmeldungen über verbale Entgleisungen des Klägers erhalten. Es habe auch keine Erkenntnisse über ein Interesse des Klägers an jüngeren Frauen oder sonstiges Tatverhalten gegeben, wie dieser es in der Vergangenheit gezeigt habe. Der Zeuge ... hat diese Aussage auch für die jüngere Zeit (ab September 2012) bestätigt und - in der Sache selbstverständlich zutreffend - hinzugefügt, dass bei der Observation so gearbeitet werde, dass gefährliche Situationen gerade vermieden würden. Der Umstand, dass dem Kläger zurechenbare gefährliche Situationen für Dritte durch die Observation bislang vermieden wurden, kann aber - wiederum selbstverständlich - nicht als Argument dafür dienen, die Gefährlichkeit des Klägers zu begründen.
55 
Die erkennende Kammer ist aufgrund der Beweiserhebung auch zu der Auffassung gelangt, dass die gegen eine Gefährlichkeit des - insoweit freilich nicht materiell beweisbelasteten - Klägers sprechenden Umstände durchaus erheblich sind. Der Kläger hat - auf Anregung von Hausarzt und Bewährungshelfer - im Dezember 2010 freiwillig eine psychotherapeutische Behandlung begonnen und nimmt die in der Regel im Wochenabstand stattfindenden Termine regelmäßig und pünktlich wahr. Sein in der mündlichen Verhandlung als sachverständiger Zeuge vernommener Psychotherapeut, Dipl.-Psych. ..., hat - für die erkennende Kammer gut nachvollziehbar - Fortschritte in der Behandlung und Entwicklung geschildert und die Observation auch und gerade für den Erfolg der Psychotherapie als eher ungünstig wirkenden Umstand beschrieben. Für die erkennende Kammer insbesondere schlüssig und nachvollziehbar war die vom sachverständigen Zeugen herausgearbeitete Differenzierung zwischen sozialer Kompetenz und Gefährlichkeit des Klägers. In der Tat mag - so auch der Eindruck der Kammer in der mündlichen Verhandlung - der Kläger manchmal schroff und unwirsch wirken; auch mag es sein, dass er gegenüber labilen Persönlichkeiten aufgrund seiner zweifellos gut ausgeprägten Intelligenz eine gewisse Dominanz entfalten kann. Diese Haltung mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass der Kläger zwar einerseits schwere Straftaten begangen hat, er aber andererseits auch zehn Jahre zu Unrecht in Sicherungsverwahrung verbracht hat. Insoweit ist nicht auszuschließen, dass beim Kläger sich (auch) eine gewisse Opferhaltung entwickelt hat, die ihn zuweilen - auch im Umgang mit den Polizeibeamten - strikt, verletzend, schroff und ablehnend erscheinen lässt und die im Hinblick auf die (Re-) Integration des Klägers in die Zivilgesellschaft Probleme mit sich bringen könnte. Auch am Frauenbild des Klägers sei - so sein Psychotherapeut - noch zu arbeiten. Das Nähe-/Distanzverhältnis sei entwicklungsbedürftig, und es sei auch noch Entwicklungspotenzial hinsichtlich des Umstands notwendig, dass die Grenzen auch die Frau mitbestimme. Dies hat der sachverständige Zeuge ..., der gerade diese Themen mit dem Kläger im Rahmen der Psychotherapie bearbeitet, für die Kammer nachvollziehbar dargelegt. Er hat aber auch - und vor allem - ausgesagt, er habe im Laufe der Behandlung nie den Eindruck gehabt, der Kläger könne wieder gefährlich werden. Die Gefahr von Grenzverletzungen gegenüber Frauen sah der sachverständige Zeuge nicht als besonders ausgeprägt an, er sehe eher Tapsigkeiten und Ungeschicklichkeiten gegenüber Frauen im Vordergrund. Diese - für einen behandelnden Psychotherapeuten keineswegs selbstverständliche - differenzierte Beurteilung des Klägers lässt den Schluss auf eine konkrete Gefahr der Begehung erneuter einschlägiger Straftaten durch den Kläger nicht zu, spricht im Gegenteil eher dafür, dass der Kläger bei - derzeit u.a. auch observationsbedingt nicht gegebenen - günstigeren Rahmenbedingungen (eigene Wohnung, Arbeitsplatz) auf einem guten Weg ist, einerseits ein angemessenes Verhältnis zu seinen Straftaten zu finden und andererseits möglicherweise bestehende Schwächen in seiner Persönlichkeitsstruktur zu verringern. Sowohl der Zeuge ... wie der sachverständige Zeuge ... haben im Übrigen nachvollziehbar dargelegt, dass durch die Observation des Klägers dessen derzeitige Lebenssituation sehr in den Vordergrund rücke. Dieser Umstand mache es tendenziell eher schwieriger, die Straftaten und deren Einschätzung durch den Kläger angemessen aufzuarbeiten.
56 
Der Zeuge ... hat die Einschätzung des sachverständigen Zeugen ... zur - seiner Meinung nach nicht gegebenen - Gefährlichkeit des Klägers bestätigt und sehr klar dargelegt, dass er das Risiko der Begehung von weiteren Sexualstraftaten durch den Kläger als nicht hoch einschätzen würde, er sogar bei einer Besprechung gesagt habe, er würde die Verantwortung für die Beendigung der Observation des Klägers übernehmen. Dazu stehe er immer noch. Der Kläger könne heute einen angemessenen Umgang mit Frauen entwickeln, und auch die Fähigkeit, Mitgefühl zu entwickeln, sei beim Kläger ausgeprägt vorhanden. Wichtig sei vor allem, Arbeit und eine Wohnung für ihn zu finden. Der Zeuge ... und der sachverständige Zeuge ... sind von allen von der erkennenden Kammer gehörten Vernehmungspersonen diejenigen, die den engsten Kontakt zum Kläger haben und - nicht zuletzt aufgrund ihres professionellen Hintergrunds - auch hinreichend kritisch gegenüber bloßen Besserungs- und Wohlverhaltensversprechen sind. Da auch diese beiden Vernehmungspersonen keinerlei Anhaltspunkte für die konkrete Gefahr der Begehung erneuter einschlägiger Straftaten durch den Kläger zu benennen vermochten, kann von einer solchen nicht ausgegangen werden.
57 
Die Kammer fühlt sich in dieser Annahme bestärkt durch einige Aussagen des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Zunächst ist der Kläger einer Frage des Vorsitzenden zu seinen Straftaten ausgewichen. Erst auf Nachfrage hat er sich um eine Antwort bemüht. Diese fiel keineswegs glatt und bestimmt aus. Im Gegenteil hat der Kläger - zuvor noch etwas aufgebracht argumentierend, auf einmal eher ruhig und nachdenklich - ausgesagt, er habe sich mit seinen Taten auseinander gesetzt. Er habe im Vollzug selbst um eine Therapie gebeten und sei „auf dem Hohenasperg“ jahrelang behandelt worden. Er wisse, dass seine Taten falsch gewesen seien, sie seien - insoweit wiederholte er die Fragestellung des Gerichts - ein Tiefpunkt seines Lebens. Die Umstände, dass sein Sohn damals klein gewesen sei und dies möglicherweise die Ehe belastet habe und dass er seine Arbeit verloren habe, könnten keine Ausrede für die Straftaten sein. Er bereue seine Taten und habe auch versucht, sich bei den Opfern zu entschuldigen. Wenngleich sich in seiner Aussage auch distanzierende Formulierungen fanden - wie etwa das Wort „man“ („natürlich bereut man das“) -, hat das Gericht doch den Eindruck gewonnen, dass der Kläger ein akzeptables Verhältnis zu seinen Straftaten entwickelt hat. Überzeugend wirkte auf die Kammer auch, dass der Kläger seine Rückfallgefahr keineswegs absolut verneint, sondern - wiederum eher nachdenklich und reflektiert - ausgeführt hat, er glaube nicht, dass er heute so etwas noch einmal tun könne. Dagegen spreche sein Alter, seine Weiterbildung und die Schule während des Vollzugs und seine sonst gewonnenen Erkenntnisse. Auch seine Triebhaftigkeit habe nachgelassen. Er habe viele Enttäuschungen und Niederlagen erlitten und gelernt, sich durch Schreiben zu wehren, nicht durch Rache an Schwächeren. Seine völlige Ungefährlichkeit hat der Kläger, der im Übrigen auch den „Vorfall“ an der katholischen Fachhochschule nachvollziehbar erklären konnte, damit zwar weder behauptet noch bewiesen; er muss diesen - im Grunde nicht möglichen - Nachweis aber von Rechts wegen auch nicht führen.
58 
Bei dieser Sachlage, in der sich einerseits aus der Gefährlichkeitsprognose des Beklagten keinerlei Anknüpfungstatsachen für eine Gefährlichkeit des Klägers ergeben haben und andererseits die mündliche Verhandlung nicht ansatzweise einen Hinweis auf die konkrete Gefahr der Begehung erneuter einschlägiger Straftaten durch den Kläger erbracht hat, kommt die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens durch das erkennende Gericht - ungeachtet der hiermit verbundenen (erheblichen) rechtlichen Unklarheiten (vgl. in diesem Zusammenhang etwa BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20.05.2003 - 1 BvR 2222/01 -, BVerfG(K) 1, 167; BGH, Beschluss vom 17.02.2010 - XII ZB 68/09 -, BGHZ 184, 269) - nicht in Betracht. Obwohl das beklagte Land insoweit für sich die rechtliche Kompetenz in Anspruch nimmt, den Kläger auch zwangsweise - auf Grundlage der polizeilichen Generalklausel - zu einer psychiatrischen Begutachtung verpflichten zu können (dies erwägend auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2013 - 1 S 1817/12 -, BA S. 11; dagegen Greve/Lucius, a.a.O., S. 105), hat es selbst bislang offenbar keinen Anlass gesehen, von dieser - rechtlich zweifelhaften - Möglichkeit Gebrauch zu machen.
59 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht keinen Anlass, diese für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Auch für eine vorläufige Vollstreckbarkeit des Ausspruchs in der Hauptsache ist kein Raum (vgl. statt vieler: Heckmann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 167 RdNr. 21 m.w.N.).
60 
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache). Die Kammer hält die Klärung der mit dem prinzipiellen Bestehen einer Ermächtigungsgrundlage für die dauerhafte Observation rückfallgefährdeter Sexualstraftäter verbundenen Rechtsfragen für rechtlich grundsätzlich bedeutsam.

Gründe

 
26 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage in Gestalt der (vorbeugenden) Unterlassungsklage statthaft. Der vom Kläger geltend gemachte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch ist gerichtet auf die Abwehr der von dem Beklagten gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG am 31.08.2010 erstmals angeordneten und zuletzt am 22.01.2013 verlängerten längerfristigen Observation. Hierbei handelt es sich - entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers - nicht um einen Verwaltungsakt (vgl. hierzu näher Beschluss der Kammer vom 29.12.2010 - 4 K 2629/10 -, VBlBW 2011, 239). Namentlich ändert sich die Rechtsqualität von Verwaltungshandeln nicht gleichsam automatisch dadurch, dass die Eingriffsintensität des Handelns hoch ist und mit fortdauernder Zeit weiter zunimmt. Zwar kann dieser Umstand prozedurale Sicherungen erforderlich machen, die Zulässigkeit schlichten Verwaltungshandelns ist aber grundsätzlich nicht auf Eingriffe geringen oder mittleren Umfangs in Freiheitsrechte beschränkt (vgl. zum Ganzen auch Hermes, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band 2, 2. Aufl. [2012], § 39 RdNrn. 56 ff.), was etwa durch die Rechtsqualität des so genannten finalen Rettungsschusses besonders anschaulich wird. Dem Kläger steht auch die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO notwendige Klagebefugnis zur Seite, denn er kann geltend machen, durch die längerfristige Observation möglicherweise in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verletzt zu sein (vgl. hierzu näher Beschluss der Kammer vom 29.12.2010, a.a.O., VBlBW 2011, 239 [241]; Guckelberger, VBlBW 2011, 209 [211]; Greve/Lucius, DÖV 2012, 97 [102 f.]).
27 
Die somit zulässige Klage ist auch begründet, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der längerfristigen Observation zu. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung besteht in Baden-Württemberg keine Rechtsgrundlage mehr für die hier im Streit stehende präventiv-polizeiliche Überwachung rund um die Uhr von aus der Sicherungsverwahrung entlassenen, (vermeintlich) rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (dazu nachfolgend I.). Selbst wenn man als Rechtsgrundlage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (noch) die polizeiliche Generalklausel in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen heranziehen wollte, lägen deren Voraussetzungen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim Kläger nicht vor (II.).
I.
28 
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung durch das erkennende Gericht besteht in Baden-Württemberg keine Rechtsgrundlage mehr für die längerfristige präventiv-polizeiliche Überwachung von aus der Sicherungsverwahrung entlassenen, (vermeintlich) rückfallgefährdeten Sexualstraftätern zum Zwecke der Abwehr weiterer Sexualstraftaten. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 163f StPO sind eindeutig nicht gegeben und werden von dem Beklagten auch nicht in Anspruch genommen. Der Eingriff kann aber auch weder auf § 22 PolG (1.), noch auf die polizeiliche Generalklausel nach §§ 1, 3 PolG gestützt werden (2.). Die polizeiliche Generalklausel steht auch übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - nicht mehr zur Verfügung (3.). Daher bedarf es letztlich keiner Entscheidung, ob die Anwendbarkeit des Polizeirechts im vorliegenden Fall auch deshalb gesperrt ist, weil der Bund für den hier interessierenden Sachbereich von seiner Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht hat (4.).
29 
1. Die am 22.01.2013 vom Leiter der Polizeidirektion Freiburg angeordnete längerfristige Überwachung des Klägers ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht von § 22 PolG gedeckt. Als besonderes Mittel der Datenerhebung benennt § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG die voraussichtlich innerhalb einer Woche länger als 24 Stunden dauernde oder über den Zeitraum einer Woche hinaus stattfindende Observation (längerfristige Observation). Nach § 22 Abs. 3 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten durch besondere Mittel der Datenerhebung zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- und Vermögenswerte über die in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen (Nr. 1) oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung über die in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen (Nr. 2) erheben, wenn andernfalls die Wahrnehmung seiner Aufgaben gefährdet oder erheblich erschwert würde. Die durch § 22 Abs. 3 PolG in Bezug genommene Vorschrift des § 20 Abs. 2 PolG bestimmt, dass die Polizei Daten der in den §§ 6 oder 7 PolG genannten Personen sowie anderer Personen erheben kann, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist und die Befugnisse der Polizei nicht anderweitig geregelt sind. Straftaten mit erheblicher Bedeutung im Sinne des § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG sind - soweit hier erheblich - Verbrechen (§ 22 Abs. 5 Nr. 1 PolG) sowie Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten (§ 22 Abs. 5 Nr. 2a PolG). Der Einsatz von Mitteln nach § 22 Abs. 1 PolG, ausgenommen der verdeckte Einsatz technischer Mittel nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 PolG, bedarf der Anordnung eines Regierungspräsidenten oder des Leiters des Landeskriminalamtes, eines Polizeipräsidiums oder einer Polizeidirektion. Diese können die Anordnungsbefugnis auf besonders beauftragte Beamte des höheren Dienstes übertragen (§ 22 Abs. 6 PolG). Der Betroffene ist von einer Maßnahme nach § 22 Abs. 3 PolG zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme geschehen kann (§ 22 Abs. 8 PolG).
30 
Die Vorschrift hat ihren systematischen Standort im mit „Datenerhebung“ überschriebenen Dritten Unterabschnitt des Zweiten Abschnitts („Maßnahmen der Polizei“) gefunden. Die Stellung der Vorschrift des § 22 PolG in diesem Unterabschnitt und der spezifische Bezug zur Datenerhebung spiegeln sich im Wortlaut der Norm wider. § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG nennt die längerfristige Observation als ein „besonderes Mittel der Datenerhebung“, § 22 Abs. 3 PolG lässt „die Erhebung personenbezogener Daten“ durch die längerfristige Observation zu. Auch die Historie der Vorschrift und des gesamten Dritten Unterabschnitts, die in Umsetzung des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 -, BVerfGE 65, 1) durch Änderungsgesetz vom 22. Oktober 1991 in das Polizeigesetz aufgenommen worden sind (vgl. dazu näher Heckmann, VBlBW 1992, 164 [165]), sprechen dafür, dass der Landesgesetzgeber in § 22 PolG nur verschiedene besondere Mittel der Datenerhebung geregelt hat und keine umfassende gefahrenabwehrrechtliche Regelung über die offene (begleitende) Observation von potenziellen Straftätern treffen wollte (in diese Richtung auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 2 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169 [171]; Greve/Lucius, a.a.O., S. 100).
31 
Die Datenerhebung ist im vorliegenden Fall nicht Zweck der Observation des Klägers. Unter den in § 22 Abs. 3 PolG in Bezug genommenen „personenbezogenen Daten“ werden gemäß § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener) verstanden. „Erheben“ ist das Beschaffen von personenbezogenen Daten über den Betroffenen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 LDSG). Die Polizei bezweckt in vorliegendem Fall keineswegs das Beschaffen von Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse des Klägers oder Dritter. Die Observation dient vielmehr gleichsam als eine Art „gefahrenabwehrrechtlicher Ersatz“ für den aus Rechtsgründen nicht mehr zulässigen Maßregelvollzug betreffend latent gefährliche Menschen mit psychopathologischer Neigung (so auch Greve/Lucius, a.a.O., S. 100). Von dem § 22 PolG zugrunde liegenden gefahrenabwehrrechtlichen Leitbild der Gewinnung weiterer Erkenntnisse über das vermutliche weitere Vorgehen eines Überwachten und der Erstellung von „Bewegungsprofilen“ unterscheidet sich die Observation des Klägers mithin deutlich (so auch VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010 - 6 L 746/10 -, juris RdNr. 18; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.12.2010 - 3 B 284/10 -, juris RdNr. 23).
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Allerdings hat die erkennende Kammer in der Vergangenheit auch erwogen, ob § 22 PolG als eine ursprünglich auf eine bestimmte polizeirechtliche Gefahrenlage bezogene Bestimmung bei Entstehen neuartiger, bislang zwar in dieser Form nicht vorhergesehener, aber im Wesenskern vergleichbarer Gefahrenlagen - zumindest übergangsweise - dann als Rechtsgrundlage herangezogen werden kann, wenn die normierten Tatbestandsvoraussetzungen dies prinzipiell erlauben und dies nicht zu einer unzulässigen Ausweitung der - in erster Linie an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu orientierenden - polizeilichen Eingriffsbefugnisse führt (ebenso OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.12.2010, a.a.O., juris RdNr. 24; skeptisch Greve/Lucius, a.a.O., S. 100), zumal der von § 22 PolG erfasste Gesetzeszweck der Informationsbeschaffung über den Kläger und sein Verhalten zumindest als Randerscheinung der Observation „mitverwirklicht“ wird. Ungeachtet etwaiger Einwände im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitserfordernis (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, NJW 2005, 2603 - vorbeugende Telekommunikationsüberwachung) spricht dagegen allerdings, dass die längerfristige Observation im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG nicht als jahrelange Dauer-Maßnahme konzipiert ist. Denn den Regelungen liegt das Leitbild zugrunde, dass sich nach einer überschaubaren Zeit - § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG spricht von einem Zeitraum innerhalb einer Woche und länger als eine Woche, nicht aber von Monaten und Jahren - wird entscheiden lassen, ob Strafverfolgungsmaßnahmen (ggf. wegen einer Versuchsstraftat) erfolgen können oder ob die Maßnahme voraussichtlich ergebnislos bleiben wird (vgl. zur „Schwestervorschrift“ in § 28 PolG des Saarlandes: VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010, a.a.O., RdNr. 16; Rachor, in: Lisken/Den-ninger, a.a.O., RdNrn. 283 ff.). Die Frage, ob die Heranziehung des § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG für die Observation des Klägers jedenfalls übergangsweise zulässig gewesen ist (vgl. in diese Richtung insbesondere Beschluss der Kammer vom 29.12.2010, a.a.O., VBlBW 2011, 239; zustimmend: Guckelberger, VBlBW 2011, 209 [211]; Rachor, a.a.O., RdNr. 279; ebenso zu § 16a PolG NW: VG Aachen, Urteil vom 24.01.2011 - 6 K 140/10 -, juris RdNrn. 51 ff.), bedarf aus Anlass des vorliegenden Verfahrens allerdings keiner Entscheidung. Denn diese Übergangsfrist hätte spätestens mit Zustellung der Beschwerdeentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an den Beklagten im November 2011 zu laufen begonnen, nachdem sich dort - wie auch schon früher (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 17.02.2011 - 1 S 184/11 u.a. -; zweifelnd auch Greve/Lucius, a.a.O., S. 100) - verschiedene Hinweise darauf finden, dass § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG als Ermächtigungsgrundlage für eine jahrelange Dauerobservation möglicherweise nicht zur Verfügung steht. Da der Landesgesetzgeber die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg - das für die Auslegung von Landesrecht letztinstanzliche Verwaltungsgericht des Landes - nicht zum Anlass für eine Neuregelung genommen hat, findet die hier im Streit stehende 17. Verlängerung der Anordnung der längerfristigen Observation vom 22.01.2013, die sich weiterhin ausdrücklich nur auf § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG stützt, in § 22 PolG keine gesetzliche Grundlage mehr.
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2. Da sich mithin § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als Ermächtigungsgrundlage nicht (mehr) als tragfähig erweist und eine sonstige spezielle Ermächtigungsgrundlage schon thematisch nicht ersichtlich ist, stellt sich die Frage, ob die Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Klägers ihre Rechtsgrundlage in der polizeilichen Generalklausel gemäß §§ 1, 3 PolG findet. Dies ist nicht der Fall.
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aa) Die erkennende Kammer kann in diesem Zusammenhang offen lassen, ob der Rückgriff auf die Generalklausel schon deshalb ausgeschlossen ist, weil es sich um einen Fall einer „gewollten Nichtregelung einer Befugnis“ handelt. Regelt ein Gesetzgeber eine Materie ausdrücklich und eine andere - typologisch eng verwandte - nicht, kann davon auszugehen sein, dass die eingriffsintensivere Maßnahme wegen des insoweit beredten Schweigens des Gesetzgebers nicht zugelassen ist. Im vorliegenden Fall wäre damit die Frage aufgeworfen, ob aus der expliziten Regelung der längerfristigen Observation zum Zwecke der Aufhellung eines „Dunkelfeldes“ geschlossen werden kann, dass sie zu anderen Zwecken als zur Informationsbeschaffung, insbesondere bei - wie hier - höherer Grundrechtsintensität, ausgeschlossen sein soll (vgl. so z.B. im Zusammenhang mit Durchsuchung und körperlicher Untersuchung: Rachor, a.a.O., RdNr. 718).
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bb) Diese Frage mag indes für das vorliegende Verfahren auf sich beruhen. Denn nach dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes verpflichten das Rechtstaatsprinzip und das Demokratieprinzip sowie das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot den Gesetzgeber, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen und sie nicht der Verwaltung zu überlassen (sog. Wesentlichkeitstheorie). Der demokratisch legitimierte Parlamentsgesetzgeber muss die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite selbst treffen und dadurch sicherstellen, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können. Ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Der Gesetzgeber hat daher Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs hinreichend bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 27.07.2005, a.a.O.; Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 u.a. -, NJW 2008, 822 - „Online-Durchsuchung“; Urteil vom 11.03.2008 - 1 BvR 2074/05 u.a. -, NJW 2008, 1505 - automatisierte Kfz-Kennzeichenerfassung; Greve/Lucius, a.a.O., S. 103 f.; Guckelberger, a.a.O., S. 212 f.). Dies gilt umso eher, je stärker eine Maßnahme in Grundrechte eingreift. Zwar verstößt die polizeiliche Generalklausel als solche nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Dem Sinn des Gesetzesvorbehalts widerstreitet es aber, eine so weit gespannte Generalklausel wie die polizeiliche stets als ausreichende Grundlage für Grundrechtseingriffe zu verwenden. Intensive und nicht nur kurzzeitig wirkende Grundrechtseingriffe muss der Gesetzgeber deshalb als solche ausdrücklich regeln (vgl. statt vieler: Rachor, a.a.O., RdNr. 723; einschränkend: Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl. 2007, RdNr. 49). Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen haben die Landesgesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass sie einzelne Befugnisse - die sog. Standardmaßnahmen - aus dem Anwendungsbereich der Generalklausel herausgelöst und hinsichtlich Voraussetzung, Mittel und Zweck genauer umschrieben haben.
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Gemessen an diesen Grundsätzen lässt sich die längerfristige offene Observation von rückfallgefährdeten Sexualstraftätern jedenfalls dann nicht auf die polizeiliche Generalklausel stützen, wenn die Maßnahme - wie hier - über sehr lange Zeit durchgeführt wird. Die erkennende Kammer und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg haben bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf die besonders hohe Grundrechtsrelevanz der Observation hingewiesen. Denn das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Menschenwürde sichern jedem Einzelnen - auch dem Kläger als Mehrfach-Sexualstraftäter - einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann, wobei die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Privatsphäre nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.12.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 [384]; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 2 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169 [171]). Ungeachtet der Frage, ob der Kläger die Beschränkung dieses Grundrechts derzeit (noch) hinnehmen muss, überrascht daher die Auffassung des Leiters der Polizeidirektion Freiburg in dessen schriftlicher Anordnung vom 22.01.2013, wonach „mit der Maßnahme keine schwerwiegenden Grundrechtseingriffe verbunden sind“ (ebenda, S. 5). Denn zweifellos stellt die 17. Verlängerung der vor etwa zweieinhalb Jahren begonnenen und seither ohne Unterlass durchgeführten längerfristigen Observation des Klägers einen besonders weitreichenden und schweren Grundrechtseingriff dar. Durch die fast lückenlose Präsenz der ihn außerhalb des von ihm bewohnten Zimmers überwachenden Polizisten wird die Möglichkeit, ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben zu führen, sehr weitgehend beeinträchtigt. Dies ist in der mündlichen Verhandlung erneut deutlich geworden. Der Kläger hat dort nachvollziehbar und eindrücklich geschildert, dass er es wegen dieser Situation aufgegeben habe, Kontakte zu knüpfen oder auch nur abends „auf ein Bier“ in eine Kneipe zu gehen. Dass die Observation auch sonst, beispielsweise bei der Arbeits- und Wohnungssuche, erheblich negative Folgen hat, kann daher schwerlich bezweifelt werden. Nicht zuletzt wegen der Intensität der Beeinträchtigung hat der Landesgesetzgeber einen anderen - regelhaft weniger grundrechtsintensiven - Sachverhalt bewusst einer ausdrücklichen Regelung in § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG zugeführt. Auch daraus ist zu schließen, dass der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts und das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot einer dauerhaften Anwendung der Generalklausel auf Fälle der vorliegenden Art entgegenstehen (ebenso Greve/Lucius, a.a.O., S. 101; Söllner, DVBl. 2013, 171 [173]).
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3. Die polizeiliche Generalklausel steht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung schließlich auch übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - nicht mehr als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Das Bundesverfassungsgericht hat es insoweit - offensichtlich anknüpfend an eine weit verbreitete Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. nur BVerwG, Vorlagebeschluss vom 24.10.2001 - 6 C 3.01 -, BVerwGE 115, 189 [194 ff.] - Laserdrome) und Literatur (statt vieler: Greve/Lucius, a.a.O., S. 105) - für möglich gehalten, die Observation rückfallgefährdeter Sexualstraftäter als eine neue Form polizeilicher Maßnahmen anzusehen, die bisher vom Landesgesetzgeber nicht eigens erfasst worden ist, die aber aufgrund ihrer weitreichenden Folgen einer dem Bestimmtheitsgebot entsprechenden normativen Typisierung in Gestalt einer eigenständigen Ermächtigungsgrundlage bedarf (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 2 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169 [171]). Bei dieser Sachlage - so die 1. Kammer des Ersten Senats (a.a.O.) - begegne es keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn die Gerichte angesichts des Gewichts der in Frage stehenden Rechtsgüter die polizeiliche Generalklausel im vorläufigen Rechtsschutzverfahren als noch tragfähig ansähen und die Frage der Rechtsgrundlage erst im Hauptsacheverfahren einer abschließenden Klärung zuführten. Der Sache nach werde damit die polizeiliche Generalklausel dahingehend verstanden, dass sie es den Behörden ermögliche, auf unvorhergesehene Gefahrensituationen auch mit im Grunde genommen näher regelungsbedürftigen Maßnahmen vorläufig zu reagieren. So ermöglichten es die Gerichte dem Gesetzgeber, eventuelle Regelungslücken zu schließen. Dies sei - bei Beachtung strenger Verhältnismäßigkeitsanforderungen - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es liege dann in der Verantwortung des Gesetzgebers, hierauf zu reagieren oder in Kauf zu nehmen, dass solche Maßnahmen von den Gerichten auf Dauer als von der geltenden Rechtslage nicht als gedeckt angesehen würden (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012, a.a.O.).
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Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung steht die polizeiliche Generalklausel mit den oben genannten Prämissen dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg, der sich in seinen Anordnungen im Übrigen auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.11.2012 weiterhin allein auf § 22 PolG stützt, nicht (mehr) als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Nach der zu Beschränkungen der Berufsfreiheit ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Vorlagebeschluss vom 24.10.2001, a.a.O.) ist dem Gesetzgeber zuzubilligen, dass er vor der Verabschiedung einer gesetzlichen Regelung die Entwicklung des potentiell regelungsbedürftigen Sachverhalts erst eine Zeit lang beobachtet. Für diesen Zeitraum kann die polizeiliche Generalklausel, die insoweit einer verfassungskonformen Interpretation bedarf, übergangsweise als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung stehen. Übertragen auf den vorliegenden Fall wird man - gerade im Hinblick auf die außerordentliche Grundrechtsrelevanz des Eingriffs der Dauerüberwachung - die Be-obachtungs- und Regelungsfrist für den Gesetzgeber nicht allzu großzügig bemessen können, zumal auch die regelungsbedürftige Sachmaterie überschaubar ist, namentlich für den Beklagten feststeht, welche Personengruppe mit welchem vermutetem Gefährdungspotential dauerhaft überwacht werden soll.
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Das beklagte Land geht spätestens seit Inkrafttreten der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums, des Justizministeriums und des Ministeriums für Arbeit und Soziales zu einer ressortübergreifenden Konzeption zum Umgang mit besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (VwV KURS) vom 9. März 2010 am 01.04.2010 davon aus, dass bei besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern auch eine Observation in Betracht zu ziehen sein wird (vgl. Nr. 4.7.2 VwV KURS 2010; heute Nr. 5.8.2 VwV KURS 2012). Wenngleich die Gruppe der im Hinblick auf das Urteil des EGMR vom 17.12.2009 (a.a.O.) aus der Sicherungsverwahrung zu entlassenden Straftäter nicht unmittelbar Anlass der VwV KURS war (vgl. hierzu etwa LT-Drs. 14/4965 vom 05.08.2009), ist das Phänomen im Hinblick auf Personenkreis (Täterprofil) und Maßnahmenkatalog unter Einschluss der Observation dem beklagten Land seit spätestens 01.04.2010 hinreichend bekannt. Zweifel an der dauerhaften Tragfähigkeit der von den die Observation anordnenden Behördenleitern in Anspruch genommenen Rechtsgrundlage des § 22 PolG sind in Rechtsprechung und Literatur sehr früh laut geworden (vgl. etwa Beschluss der Kammer vom 29.10.2010 - 4 K 2629/10 -, VBlBW 2011, 239 [240 f.]: verfassungskonforme Auslegung notwendig, § 22 Abs. 3 PolG keine Handhabe zur Dauerüberwachung ohne ständige Überprüfung, Problem fehlender verfahrensmäßiger Sicherungen; nachfolgend: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.02.2011 - 1 S 184/11 u.a. -: hilfsweise Generalklausel in Betracht zu ziehen; zweifelnd auch Guckelberger, VBlBW 2011, 209 [210 ff.]; zur saarländischen Regelung zweifelnd: VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010 - 6 L 746/10 -, juris RdNr. 18; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.12.2010 - 3 B 284/10 -, juris RdNr. 23). Das Land hat die zweifelnden Hinweise in Rechtsprechung und Literatur nicht zum Anlass für eine Gesetzesinitiative genommen und ist auch danach noch untätig geblieben, als der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - das für die Auslegung von Landesrecht letztinstanzliche Verwaltungsgericht des Landes - in der Entscheidung über das Eilverfahren des Klägers (Beschluss vom 08.11.2011, a.a.O., BA S. 6 und 7) seine Zweifel an der Tragfähigkeit der vom beklagten Land in Anspruch genommenen Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG noch einmal betont hat. In dieser Entscheidung weist der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zudem - in unzweifelhafter Deutlichkeit - darauf hin, dass eine Dauer-Observation des Klägers selbst bei fortbestehender Gefährlichkeit mangels Rechtsgrundlage allenfalls für eine „gewisse Übergangszeit“ noch hingenommen werden kann (ebenda S. 12). Diese Einschätzung wird auch in der seither bekannt gewordenen Literatur geteilt (vgl. nur Greve/Lucius, a.a.O., S. 99 ff.). Selbst die Ablehnung des vom Kläger gestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht am 27.02.2012 hat nicht zu einem Tätigwerden des Landesgesetzgebers geführt, obwohl es in der Beschlussbegründung heißt, dass die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen, namentlich ob die herangezogenen Vorschriften des Polizeigesetzes „grundsätzlich oder möglicherweise nur vorübergehend und befristet bis zur Schaffung einer eigenen Rechtsgrundlage tragen können“ (BA S. 4), in einem Hauptsacheverfahren zu klären seien.
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Bei dieser Sachlage geht die erkennende Kammer davon aus, dass die polizeiliche Generalklausel im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - nicht mehr als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung steht. Für eine bereichsspezifische Regelung des hinreichend klar umrissenen und letztlich auch überschaubaren Sachverhalts der Dauerüberwachung rückfallgefährdeter (Sexual-)Straftäter zum Zwecke der Verhinderung erneuter Tatbegehung stand dem Gesetzgeber bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ausreichend Zeit zur Verfügung, ohne dass er bislang - soweit für das Gericht ersichtlich - ein Gesetzgebungsvorhaben initiiert hätte. Es ist dem Kläger auch angesichts der erheblichen Beschränkung seiner Freiheitsrechte nach rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zumutbar, wegen Untätigkeit des Gesetzgebers auch weiterhin signifikante Einbußen seiner Freiheitsrechte hinnehmen zu müssen. Das mag nicht ausschließen, dass die Überwachungsbedürftigkeit des Klägers nach Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung erneut zu prüfen sein mag. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht jedoch mangels zur Verfügung stehender Rechtsgrundlage keine Handhabe zur dauerhaften Observation dieses Personenkreises mehr.
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4. Keiner abschließenden Entscheidung bedarf nach dem Vorstehenden die Frage, ob der Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel auch deshalb gesperrt sein könnte, weil der Sachbereich „Gefahr durch rückfallgefährdete (Sexual-)Straftäter“ abschließend im Sechsten Titel des Dritten Abschnitts des Strafgesetzbuchs („Maßregeln der Besserung und Sicherung“) - namentlich in den Vorschriften über die Führungsaufsicht (§§ 68 ff. StGB) - geregelt ist. Dann wäre dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg der Rückgriff auf das Polizeirecht des Landes schon kompetenziell nicht möglich. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist insoweit geklärt, dass der Kompetenztitel „Strafrecht“ im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG weit zu verstehen ist und beispielsweise keine ergänzende Länderkompetenz im Bereich der Sicherungsverwahrung besteht (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 10.02.2004 - 2 BvR 834/02 u.a. -, BVerfGE 109, 190 - nachträgliche Sicherungsverwahrung). Gemäß Art. 72 Abs. 1 GG dürfen die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung eigene Gesetze nur erlassen, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Demnach sind landesrechtliche Regelungen grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die bundesgesetzliche Regelung dieses Sachbereichs abschließenden Charakter hat. Ob eine bundesrechtliche Regelung abschließend ist oder nicht, kann nur einer Gesamtwürdigung des betreffenden Normenkomplexes entnommen werden (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 29.03.2000 - 2 BvL 3/96 -, BVerfGE 102, 99 [114] - Landesabfallgesetz Nordrhein-Westfalen). Allerdings rechtfertigt der Erlass eines Bundesgesetzes über einen bestimmten Gegenstand für sich allein noch nicht die Annahme, dass damit die Länder von einer Gesetzgebung ausgeschlossen sind; es können noch Bereiche übrig bleiben, deren Regelung für die Gesetzgebung der Länder offen ist (vgl. wiederum BVerfG, Beschluss vom 29.03.2000, a.a.O.). Maßgeblich ist, ob ein bestimmter Sachbereich umfassend und lückenlos geregelt ist oder jedenfalls nach dem aus Gesetzgebungsgeschichte und Materialien ablesbaren objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte. Für die Frage, ob und inwieweit der Bund von seiner Zuständigkeit Gebrauch gemacht hat, ist in erster Linie auf das Bundesgesetz selbst, sodann auf den hinter dem Gesetz stehenden Regelungszweck, ferner auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien abzustellen (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.10.1998 - 1 BvR 2306/06 u.a. -, BVerfGE 98, 265 [300 f.] - Bayerisches Schwangerenhilfeergänzungsgesetz).
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Hat der Bund einen Sachbereich in Wahrnehmung einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz in diesem Sinne abschließend geregelt, so tritt die Sperrwirkung des Art. 72 Abs. 1 GG für eine Regelung der Länder in diesem Sachbereich unabhängig davon ein, ob die landesrechtlichen Regelungen den bundesrechtlichen Bestimmungen widerstreiten oder sie nur ergänzen, ohne ihnen zu widersprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.03.2000, a.a.O., S. 115). Die Länder sind nicht berechtigt, eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz dort in Anspruch zu nehmen, wo sie eine - abschließende - Bundesregelung für unzulänglich und deshalb reformbedürftig halten; das Grundgesetz weist ihnen insbesondere nicht die Aufgabe zu, kompetenzgemäß getroffene Entscheidungen des Bundesgesetzgebers „nachzubessern“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.10.1998, a.a.O., S. 300).
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Im vorliegenden Fall könnte sich daher auch die Frage stellen, ob nicht die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten (so ausdrücklich § 68 Abs. 1 StGB) jedenfalls bei demjenigen Personenkreis, bei dem Führungsaufsicht angeordnet ist oder kraft Gesetzes besteht, abschließend im Strafgesetzbuch (§§ 68 ff. StGB) geregelt ist, sodass den Ländern ein Zugriff auf diese Materie im Wege des allgemeinen oder besonderen Polizeirechts verwehrt wäre. Der vorrangige Zweck der Führungsaufsicht besteht - nach Einschätzung des Bundesgesetzgebers (vgl. hierzu und zum Folgenden wörtlich BT-Drs. 17/3403 S. 13 f.) - darin, durch Maßnahmen der Betreuung und Überwachung eine erneute Straffälligkeit der verurteilten Person nach Entlassung zu vermeiden. Dem staatlichen Auftrag, die Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern zu schützen, kommt dabei bei solchen Verurteilten besondere Bedeutung zu, bei denen die Gefahr besteht, dass sie erneut schwere Straftaten, insbesondere schwere Gewalt- oder Sexualdelikte, begehen werden. Dies kann nach Einschätzung des Bundesgesetzgebers (a.a.O., S. 13 und 14)
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„vor allem bei solchen Personen angenommen werden, die aufgrund der endgültigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 17. Dezember 2009 (Nr. 19359/04) aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, obwohl bei ihnen weiterhin die Gefahr besteht, dass sie erhebliche Straftaten begehen werden, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. (…) Aufgrund dieser Entscheidung muss damit gerechnet werden, dass (…) als gefährlich eingestufte Täter aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, bei denen die Sach- und Rechtslage gleichgelagert ist; solche Entlassungen sind auch schon erfolgt. Aber auch davon unabhängig hat die Führungsaufsicht mit verurteilten Personen zu tun, bei denen die Gefahr erneuter schwerer Straftaten, insbesondere schwerer Gewalt- und Sexualstraftaten, hoch ist, aber zum Beispiel die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nach vollständiger Verbüßung der Haft aus Rechtsgründen ausscheidet. (…) Vor diesem Hintergrund und zur weiteren Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor schweren Wiederholungstaten verfolgt der Entwurf das Ziel, das zuletzt durch das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung vom 13. April 2007 (BGBl. I S. 513) erweiterte Instrumentarium der Führungsaufsicht weiter auszubauen. Daneben soll die Möglichkeit der unbefristeten Verlängerung der Führungsaufsicht ausgedehnt werden.“
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Die im Zusammenhang mit der längerfristigen Observation durch Polizeibeamte interessierende Frage der Gesetzgebungs- und Regelungskompetenz der Länder stellt sich nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300 [2301 f.]) auch besonders deshalb, weil der Gesetzgeber die Weisung, die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, in § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB überführt hat und damit jedenfalls einen wichtigen Teilbereich der Überwachung rückfallgefährdeter Straftäter im Zusammenhang mit der Führungsaufsicht geregelt hat. In diesem Zusammenhang hat er auch besondere Anforderungen an die Zulässigkeit dieser Weisung statuiert (§ 68b Abs. 1 Satz 3 StGB). Die Regelung eines gewichtigen Teils der Überwachung könnte dafür sprechen, dass der Personenkreis der der Führungsaufsicht unterstehenden rückfallgefährdeten (Sexual-)Straftäter, zu dem der Beklagte auch den Kläger rechnet, jedenfalls in Bezug auf die Dauermaßnahmen - für einmalige, situationsabhängige Maßnahmen, wie etwa die Gefährdetenansprache, wird ein Rückgriff auf das Polizeirecht möglich bleiben - (nur) den entsprechenden Regelungen des Strafgesetzbuchs unterworfen sein soll. Hierfür könnte - neben den prozeduralen Sicherungen (richterliche Entscheidung, regelmäßige Überprüfung, Befristung) - auch sprechen, dass als Zweck der so genannten elektronischen Fußfessel ausdrücklich genannt wird, den Täter im Sinne einer positiven und negativen Spezialprävention von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten (BT-Drs. 17/3403 S. 17). Der Gesetzgeber erhofft sich von der Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB demzufolge auch, dass
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„die elektronische Überwachung auch eine enge polizeiliche Überwachung in Form einer fortwährenden unmittelbaren Begleitung des Betroffenen durch Polizeibeamte entbehrlich machen kann, wie sie derzeit zum Teil bei als gefährlich eingestuften Entlassenen praktiziert wird. Die mit dieser Begleitung zwangsläufig verbundene Stigmatisierung der verurteilten Person und ihr negativer Effekt auf deren Reintegration würden durch eine unauffällige, nach außen nicht erkennbare elektronische Überwachung vermieden“ (BT-Drs. 17/3403 S. 19).
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Diese Formulierung lässt Fragen offen. Sie könnte für eine Rest-Kompetenz der Länder ebenso sprechen wie für eine „Voll-Regelung“ im Bereich der Führungsaufsicht. Für die Personengruppe der „wegen rückwirkender Verschärfung des Rechts der Sicherungsverwahrung nicht länger in der Sicherungsverwahrung unterzubringender verurteilter Personen“ hat der Bundesgesetzgeber überdies - was als Abrundung der Frage der Gesetzgebungs- und damit auch Anordnungskompetenz nicht außer Betracht bleiben darf -, wiederum gestützt auf seine Annexkompetenz zum Kompetenztitel „Strafrecht“ in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (BT-Drs. 17/3403 S. 20) - das Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz - ThUG) vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300 [2305]) erlassen. Nach alledem könnten einige Gründe dafür sprechen, dass dem Land Baden-Württemberg für eine Observation des hier in Rede stehenden Personenkreises zu den hier maßgeblichen Zwecken eine Gesetzgebungskompetenz überhaupt nicht (mehr) zusteht. Dann wäre dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg - selbstverständlich - auch der Rückgriff auf das Polizeirecht, gleich welcher Rechtsgrundlage, nicht eröffnet. Einer abschließenden Entscheidung bedarf dies freilich nicht. Denn selbst wenn eine „Reservekompetenz“ für eine präventiv-polizeiliche Regelung durch die Länder gegeben wäre, könnte die Observation des Klägers aus den oben genannten Gründen hierauf nicht mehr gestützt werden.
II.
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Selbst wenn die polizeiliche Generalklausel im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - noch als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung stehen sollte, wenn also die Beobachtungs- und Regelungsfrist für den Gesetzgeber großzügiger zu bemessen wäre, als dies nach Auffassung der Kammer der Fall ist, stünde dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Denn eine hinreichende Gefahrenprognose des Beklagten liegt nicht vor (1.) und es sind auch im Rahmen der Beweiserhebung durch die erkennende Kammer keine Tatsachen bekannt geworden, die für eine konkrete Gefahr für die körperliche Unversehrtheit Dritter durch den Kläger sprechen könnten (2.).
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1. Eine auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Handlungsbefugnis setzt stets voraus, dass für das betroffene Schutzgut eine konkrete Gefahr besteht. Die insoweit zu treffende Prognoseentscheidung ist Sache der Polizei. Gefahr ist eine Sachlage, in der bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für ein Schutzgut eintreten wird. Die Gefahrbeurteilung erfolgt aus der Perspektive ex-ante, wobei - insoweit ist die Generalklausel durch § 22 Abs. 6 PolG anzureichern - auf den Wissenshorizont eines sorgfältigen Behördenleiters der Polizeidirektion abzustellen ist. Maßgeblich für die Prognoseentscheidung ist also dessen Beurteilung zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung über die Observation getroffen worden ist, hier der Zeitpunkt der 17. Verlängerung der Anordnung am 22.01.2013. Nicht jede Gefahr reicht als Voraussetzung für ein polizeiliches Tätigwerden aus. Die von der Generalklausel vorausgesetzte hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts liegt zwischen der Sicherheit und der nahezu, aber nicht völlig auszuschließenden Möglichkeit. Je größer der zu erwartende Schaden ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit. Die Schadenswahrscheinlichkeit kann dabei vor allem auf der Ebene des Verhältnismäßigkeitsprinzips eine Rolle spielen. Für den vorliegenden Fall folgt hieraus dreierlei: Die von dem Beklagten behauptete und vom Kläger in Abrede gestellte konkrete Gefahr kann die Observation nur rechtfertigen, wenn sie in der Begehung von Straftaten gegen das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung besteht. Davon geht auch der Beklagte aus. In anderer Hinsicht nicht gegebenes Wohlverhalten des Klägers (z.B. Straftaten gegen das Eigentum, Ordnungswidrigkeiten, etc.) hat insoweit außer Betracht zu bleiben. Im Hinblick auf die anzustellende Gefahrenprognose dürfen hingegen auch solche Umstände Berücksichtigung finden, wenn sie einen Bezug zu der „einschlägigen Gefahr“ haben, wenn etwa die emotionale Steuerungs- und Kontrollfähigkeit des Klägers nicht gegeben wäre und dies in seinem Verhalten (z.B. Körperverletzung gegenüber Polizeibeamten) sichtbar würde. Da es sich bei der sexuellen Selbstbestimmung etwaiger Opfer (bislang durchweg junge, aber volljährige Frauen) um höchste Rechtsgüter handelt, sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts geringere Anforderungen zu stellen. In zeitlicher Hinsicht kann die Gefahrenprognose nur unbeanstandet bleiben, wenn sie zugrunde legt, dass die Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten durch den Kläger gerade (auch) innerhalb des geregelten Zeitraums (hier vom 22.01.2013 bis zum 22.03.2013) besteht. Der Prognosehorizont von in der Sicherungsverwahrung - mit Blick auf § 67d Abs. 3 StGB - erstellten Gutachten (vgl. zu diesem Prognosemaßstab: Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 67d RdNr. 7; § 56 RdNrn. 15a ff.) ist dagegen ein anderer.
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Die vom Leiter der Polizeidirektion Freiburg am 22.01.2013 getroffene Prognoseentscheidung rechtfertigt die Annahme einer vom Kläger ausgehenden konkreten Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten nicht. Sie ist bereits in ihrem rechtlichen Ansatz - da weiterhin ausschließlich auf § 22 PolG gestützt - fraglich, legt aber - vor allem - der Prognoseentscheidung Umstände zugrunde, die nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr berücksichtigungsfähig sind. In seinem Beschluss vom 08.11.2012 (a.a.O.) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt:
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„Die Gerichte durften angesichts des mit einer solchen Observation verbundenen schweren Eingriffs, zumal wenn er zur Zeit nach der Auffassung der Verwaltungsgerichte wohl allein auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden kann, dem Beschwerdeführer nicht unter Berufung auf zum Zeitpunkt ihrer Entscheidungen im Wesentlichen nicht mehr aktuelle Erkenntnisse den einstweiligen Rechtsschutz versagen. Die Gerichte haben ihre Entscheidung, den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, vor allem darauf gestützt, dass sich aus einem psychiatrischen Gutachten vom 5. März 2010 ergebe, dass bei einem Verzicht auf eine Beobachtung des Beschwerdeführers nach der Entlassung aus der Sicherungsverwahrung von einer gewissen Rückfallgefahr auszugehen sei. Bei der maßgeblichen Berücksichtigung dieses Gutachtens haben die Gerichte zum einen nicht ausreichend beachtet, dass die Begutachtung zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidungen bereits länger zurück lag. (…) Zum anderen stand der Verwendung des Gutachtens vom 5. März 2010 spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs der Umstand entgegen, dass die Begutachtung erfolgte, als der Beschwerdeführer sich noch in Sicherungsverwahrung befand. Der Gutachter konnte allenfalls vermuten, wie der Beschwerdeführer sich nach Jahrzehnten der Haft und der Sicherungsverwahrung in Freiheit verhalten würde. Nunmehr lebt der Beschwerdeführer aber seit geraumer Zeit unter vollständig veränderten Umständen, die es nicht angezeigt erscheinen lassen, eine so weitreichende Entscheidung wie die über die Fortsetzung einer fast durchgehenden polizeilichen Beobachtung auf veraltete Vermutungen zu stützen. In Anbetracht der Schwere des Eingriffs in Grundrechte des Beschwerdeführers hätten die Gerichte ihre Entscheidungen - auch im Rahmen eines Eilverfahrens - nicht maßgeblich auf dieses weit zurückliegende Gutachten stützen dürfen.“
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Die Beteiligten sind an diesen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick sowohl auf dessen Rechtskraft als auch auf die Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG gebunden (vgl. nur Schemmer, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. [2005], § 93c RdNrn. 13 ff.), können also - trotz mancher durch den Beschluss aufgeworfenen (und nicht beantworteten) Fragen - nicht geltend machen, die Entscheidung sei in ihren tragenden Erwägungen unrichtig und daher nicht zu beachten. Obwohl in dem genannten Beschluss die Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnungen der Polizeidirektion Freiburg vom 05.09.2011, 11.07.2011, 18.05.2011, 21.03.2011, 28.01.2011, 02.12.2010, 03.11.2010, 07.10.2010 und vom 31.08.2010 - wenn auch ohne Begründung - zurückgewiesen wurde, steht mit dem genannten Beschluss doch fest, dass der Beklagte seine Prognoseentscheidung jedenfalls seither nicht mehr auf das Gutachten ... vom 05.03.2010 stützen darf. Denn wenn die Gerichte bei ihrer die Verwaltung kontrollierenden Tätigkeit das Gutachten „nicht maßgeblich“ zugrunde legen dürfen, kann für das beklagte Land nichts anderes gelten. Gleichwohl geht die Anordnung des Leiters der Polizeidirektion Freiburg weiterhin maßgeblich von dem Gutachten ... aus und begründet die ungünstige Rückfallprognose zudem mit einem weiteren (noch älteren) Gutachten (Anordnung vom 22.01.2013, S. 2). Die aufgrund dieser Gutachten angenommene Einschätzung als „Risikoproband mit herausragendem Gefährdungspotential“ (ebenda) wird in der 17. Verlängerung der Observationsanordnung gleichsam fortgeschrieben, indem davon ausgegangen wird, „Hinweise auf eine positive Änderung der Persönlichkeitsstruktur“ lägen nicht vor, was im Folgenden näher dargelegt wird. Damit wird der gebotene Prognosemaßstab verkannt: Nicht der Kläger muss das Gutachten ... und frühere Vorgutachten entkräften, mit anderen Worten seine Ungefährlichkeit dartun, sondern der Beklagte muss dessen Gefährlichkeit - unter Außerachtlassung der nicht mehr „maßgeblich“ verwertbaren Gutachten - begründen. Diesen rechtlichen Anforderungen genügt die Anordnung des Leiters der Polizeidirektion Freiburg vom 22.01.2013 - ungeachtet des Umstands, dass sie auch im Hinblick auf die einschneidende Wirkung der Observation für den Kläger auf ein Fehlverständnis hindeutet (S. 5) - nicht.
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Die in einem anderen Zusammenhang auf der Basis der VwV KURS erstellte Risikobewertung betreffend den Kläger vom 07.02.2013 ist ebenfalls ungeeignet, den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die zu treffende Prognose-entscheidung Rechnung zu tragen. Darin wird zwar immerhin dargestellt, dass die noch in der Sicherungsverwahrung erstellten Gutachten keine Verwendung mehr finden dürfen (Risikobewertung vom 07.02.2013, S. 2). Hieraus wird aber nicht die gebotene rechtliche Schlussfolgerung gezogen, dass sich die Gefährlichkeit des Klägers nunmehr nur mit neuen Anknüpfungstatsachen begründen lässt. Insofern werden zwar einige Umstände genannt, namentlich, dass sich der Kläger unkooperativ gegenüber den Polizeibeamten und der KURS-Koordinatorin verhält (ebenda, S. 6 und 7) und dass er gegenüber den Polizeibeamten seit einiger Zeit aggressiver und ablehnender auftritt (S. 8). Diese Umstände sind aber nicht geeignet, die konkrete Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten durch den Kläger zu begründen. Der Kläger ist seit der Erledigung der Sicherungsverwahrung ein „freier Mann“, der die Weisungen der Führungsaufsicht einzuhalten hat und dessen Aufenthalt deshalb auf den Stadtkreis Freiburg und den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald beschränkt ist, der sich aber im Übrigen von Rechts wegen ebenso verhalten kann wie jeder andere freie Mensch. Der Kläger ist namentlich rechtlich nicht dazu verpflichtet, Kontakt zu der für ihn zuständigen KURS-Koordinatorin zu halten, nachdem diese Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht ausdrücklich aufgehoben worden ist. Auch seine Aktivitäten, insbesondere Fahrradtouren, muss er den observierenden Kräften nicht vorher ankündigen. Für das Gelingen der Observation muss er nicht Sorge tragen. Es mag sein, dass die Regeln des Anstands und der gegenseitigen Rücksichtnahme ein solches Verhalten wünschenswert erscheinen lassen. Eine Rechtspflicht des Klägers besteht aber nicht; sein Verhalten kann deshalb insoweit auch nicht zur Begründung einer konkreten Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten herhalten. Verstöße gegen die Weisungen der Führungsaufsicht hat der Beklagte selbst nicht behauptet; hierfür ist auch nichts ersichtlich. Soweit der Kläger im März 2011 ein Messer zum Löwenzahnschneiden mit sich geführt hat und ein Jahr später ein Küchenmesser im Laden erworben hat, das er dem begleitenden Beamten sofort übergeben hat, mag darin zwar ein Verstoß gegen die gegenteilige Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht zu sehen sein. Allerdings hat schon der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 08.11.2011 (a.a.O., S. 10) mit näherer Begründung darauf hingewiesen, dass der Verstoß vom März 2011 nicht überbewertet werden darf. Insoweit ist zudem zu berücksichtigen, dass der zweite (formale) Verstoß zu einer Änderung der entsprechenden Weisung geführt hat, indem klargestellt wurde, dass der Kläger in seinem Wohnraum Küchenmesser besitzen darf. In beiden Fällen ist bezeichnenderweise seitens der Führungsaufsicht auch kein Strafantrag gestellt worden. Auch der Beklagte zieht diese Vorfälle nicht mehr zur Begründung der Gefährlichkeit des Klägers heran. Da somit weder die 17. Verlängerung der Anordnung der Observation vom 22.01.2013 noch die Risikobewertung des Landeskriminalamts vom 07.02.2013 hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr der Begehung einschlägiger (Sexual-)Straf-taten durch den Kläger beinhalten, können die dort getroffenen prognostischen Einschätzungen die Observation des Klägers im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht rechtfertigen (vgl. auch zur Gewichtigkeit von Anknüpfungstatsachen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2013 - 1 S 1817/12 -, BA S. 7 ff.).
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2. Auch im Rahmen der Beweiserhebung durch die erkennende Kammer sind keine Tatsachen bekannt geworden, die für eine konkrete Gefahr der Begehung einschlägiger (Sexual-)Straftaten durch den Kläger sprechen könnten. Die beiden von der Kammer vernommenen, für die Koordination der Observierung verantwortlichen Polizeibeamten ... und ... haben übereinstimmend berichtet, die observierenden Beamten hätten über die Gefährlichkeit des Klägers keine Erkenntnisse gewonnen. Die Zeugen ... und ... sind für die Koordination der Observation seit dem 18.11.2011 verantwortlich. Der vom Zeugen ... berichtete Vorfall, dass der Kläger ohne Ankündigung auf sein Fahrrad gestiegen und davon geradelt sei, mag für die mit der Observation betrauten Beamten misslich sein. Allerdings ist auch insoweit festzuhalten, dass der Kläger von Rechts wegen nicht gehalten ist, die Einsatzbereitschaft der Polizeibeamten abzuwarten oder sein Tempo gar an deren Fitnesszustand oder dem zur Verfügung stehenden Fahrradmaterial zu orientieren. Verbale Entgleisungen und aggressive Sprachmuster wären für sich genommen ebenfalls nicht geeignet, die Gefährlichkeit des Klägers zu begründen. Der Zeuge ... hat insofern aber auch ausgesagt, er habe keinerlei Rückmeldungen über verbale Entgleisungen des Klägers erhalten. Es habe auch keine Erkenntnisse über ein Interesse des Klägers an jüngeren Frauen oder sonstiges Tatverhalten gegeben, wie dieser es in der Vergangenheit gezeigt habe. Der Zeuge ... hat diese Aussage auch für die jüngere Zeit (ab September 2012) bestätigt und - in der Sache selbstverständlich zutreffend - hinzugefügt, dass bei der Observation so gearbeitet werde, dass gefährliche Situationen gerade vermieden würden. Der Umstand, dass dem Kläger zurechenbare gefährliche Situationen für Dritte durch die Observation bislang vermieden wurden, kann aber - wiederum selbstverständlich - nicht als Argument dafür dienen, die Gefährlichkeit des Klägers zu begründen.
55 
Die erkennende Kammer ist aufgrund der Beweiserhebung auch zu der Auffassung gelangt, dass die gegen eine Gefährlichkeit des - insoweit freilich nicht materiell beweisbelasteten - Klägers sprechenden Umstände durchaus erheblich sind. Der Kläger hat - auf Anregung von Hausarzt und Bewährungshelfer - im Dezember 2010 freiwillig eine psychotherapeutische Behandlung begonnen und nimmt die in der Regel im Wochenabstand stattfindenden Termine regelmäßig und pünktlich wahr. Sein in der mündlichen Verhandlung als sachverständiger Zeuge vernommener Psychotherapeut, Dipl.-Psych. ..., hat - für die erkennende Kammer gut nachvollziehbar - Fortschritte in der Behandlung und Entwicklung geschildert und die Observation auch und gerade für den Erfolg der Psychotherapie als eher ungünstig wirkenden Umstand beschrieben. Für die erkennende Kammer insbesondere schlüssig und nachvollziehbar war die vom sachverständigen Zeugen herausgearbeitete Differenzierung zwischen sozialer Kompetenz und Gefährlichkeit des Klägers. In der Tat mag - so auch der Eindruck der Kammer in der mündlichen Verhandlung - der Kläger manchmal schroff und unwirsch wirken; auch mag es sein, dass er gegenüber labilen Persönlichkeiten aufgrund seiner zweifellos gut ausgeprägten Intelligenz eine gewisse Dominanz entfalten kann. Diese Haltung mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass der Kläger zwar einerseits schwere Straftaten begangen hat, er aber andererseits auch zehn Jahre zu Unrecht in Sicherungsverwahrung verbracht hat. Insoweit ist nicht auszuschließen, dass beim Kläger sich (auch) eine gewisse Opferhaltung entwickelt hat, die ihn zuweilen - auch im Umgang mit den Polizeibeamten - strikt, verletzend, schroff und ablehnend erscheinen lässt und die im Hinblick auf die (Re-) Integration des Klägers in die Zivilgesellschaft Probleme mit sich bringen könnte. Auch am Frauenbild des Klägers sei - so sein Psychotherapeut - noch zu arbeiten. Das Nähe-/Distanzverhältnis sei entwicklungsbedürftig, und es sei auch noch Entwicklungspotenzial hinsichtlich des Umstands notwendig, dass die Grenzen auch die Frau mitbestimme. Dies hat der sachverständige Zeuge ..., der gerade diese Themen mit dem Kläger im Rahmen der Psychotherapie bearbeitet, für die Kammer nachvollziehbar dargelegt. Er hat aber auch - und vor allem - ausgesagt, er habe im Laufe der Behandlung nie den Eindruck gehabt, der Kläger könne wieder gefährlich werden. Die Gefahr von Grenzverletzungen gegenüber Frauen sah der sachverständige Zeuge nicht als besonders ausgeprägt an, er sehe eher Tapsigkeiten und Ungeschicklichkeiten gegenüber Frauen im Vordergrund. Diese - für einen behandelnden Psychotherapeuten keineswegs selbstverständliche - differenzierte Beurteilung des Klägers lässt den Schluss auf eine konkrete Gefahr der Begehung erneuter einschlägiger Straftaten durch den Kläger nicht zu, spricht im Gegenteil eher dafür, dass der Kläger bei - derzeit u.a. auch observationsbedingt nicht gegebenen - günstigeren Rahmenbedingungen (eigene Wohnung, Arbeitsplatz) auf einem guten Weg ist, einerseits ein angemessenes Verhältnis zu seinen Straftaten zu finden und andererseits möglicherweise bestehende Schwächen in seiner Persönlichkeitsstruktur zu verringern. Sowohl der Zeuge ... wie der sachverständige Zeuge ... haben im Übrigen nachvollziehbar dargelegt, dass durch die Observation des Klägers dessen derzeitige Lebenssituation sehr in den Vordergrund rücke. Dieser Umstand mache es tendenziell eher schwieriger, die Straftaten und deren Einschätzung durch den Kläger angemessen aufzuarbeiten.
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Der Zeuge ... hat die Einschätzung des sachverständigen Zeugen ... zur - seiner Meinung nach nicht gegebenen - Gefährlichkeit des Klägers bestätigt und sehr klar dargelegt, dass er das Risiko der Begehung von weiteren Sexualstraftaten durch den Kläger als nicht hoch einschätzen würde, er sogar bei einer Besprechung gesagt habe, er würde die Verantwortung für die Beendigung der Observation des Klägers übernehmen. Dazu stehe er immer noch. Der Kläger könne heute einen angemessenen Umgang mit Frauen entwickeln, und auch die Fähigkeit, Mitgefühl zu entwickeln, sei beim Kläger ausgeprägt vorhanden. Wichtig sei vor allem, Arbeit und eine Wohnung für ihn zu finden. Der Zeuge ... und der sachverständige Zeuge ... sind von allen von der erkennenden Kammer gehörten Vernehmungspersonen diejenigen, die den engsten Kontakt zum Kläger haben und - nicht zuletzt aufgrund ihres professionellen Hintergrunds - auch hinreichend kritisch gegenüber bloßen Besserungs- und Wohlverhaltensversprechen sind. Da auch diese beiden Vernehmungspersonen keinerlei Anhaltspunkte für die konkrete Gefahr der Begehung erneuter einschlägiger Straftaten durch den Kläger zu benennen vermochten, kann von einer solchen nicht ausgegangen werden.
57 
Die Kammer fühlt sich in dieser Annahme bestärkt durch einige Aussagen des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Zunächst ist der Kläger einer Frage des Vorsitzenden zu seinen Straftaten ausgewichen. Erst auf Nachfrage hat er sich um eine Antwort bemüht. Diese fiel keineswegs glatt und bestimmt aus. Im Gegenteil hat der Kläger - zuvor noch etwas aufgebracht argumentierend, auf einmal eher ruhig und nachdenklich - ausgesagt, er habe sich mit seinen Taten auseinander gesetzt. Er habe im Vollzug selbst um eine Therapie gebeten und sei „auf dem Hohenasperg“ jahrelang behandelt worden. Er wisse, dass seine Taten falsch gewesen seien, sie seien - insoweit wiederholte er die Fragestellung des Gerichts - ein Tiefpunkt seines Lebens. Die Umstände, dass sein Sohn damals klein gewesen sei und dies möglicherweise die Ehe belastet habe und dass er seine Arbeit verloren habe, könnten keine Ausrede für die Straftaten sein. Er bereue seine Taten und habe auch versucht, sich bei den Opfern zu entschuldigen. Wenngleich sich in seiner Aussage auch distanzierende Formulierungen fanden - wie etwa das Wort „man“ („natürlich bereut man das“) -, hat das Gericht doch den Eindruck gewonnen, dass der Kläger ein akzeptables Verhältnis zu seinen Straftaten entwickelt hat. Überzeugend wirkte auf die Kammer auch, dass der Kläger seine Rückfallgefahr keineswegs absolut verneint, sondern - wiederum eher nachdenklich und reflektiert - ausgeführt hat, er glaube nicht, dass er heute so etwas noch einmal tun könne. Dagegen spreche sein Alter, seine Weiterbildung und die Schule während des Vollzugs und seine sonst gewonnenen Erkenntnisse. Auch seine Triebhaftigkeit habe nachgelassen. Er habe viele Enttäuschungen und Niederlagen erlitten und gelernt, sich durch Schreiben zu wehren, nicht durch Rache an Schwächeren. Seine völlige Ungefährlichkeit hat der Kläger, der im Übrigen auch den „Vorfall“ an der katholischen Fachhochschule nachvollziehbar erklären konnte, damit zwar weder behauptet noch bewiesen; er muss diesen - im Grunde nicht möglichen - Nachweis aber von Rechts wegen auch nicht führen.
58 
Bei dieser Sachlage, in der sich einerseits aus der Gefährlichkeitsprognose des Beklagten keinerlei Anknüpfungstatsachen für eine Gefährlichkeit des Klägers ergeben haben und andererseits die mündliche Verhandlung nicht ansatzweise einen Hinweis auf die konkrete Gefahr der Begehung erneuter einschlägiger Straftaten durch den Kläger erbracht hat, kommt die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens durch das erkennende Gericht - ungeachtet der hiermit verbundenen (erheblichen) rechtlichen Unklarheiten (vgl. in diesem Zusammenhang etwa BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20.05.2003 - 1 BvR 2222/01 -, BVerfG(K) 1, 167; BGH, Beschluss vom 17.02.2010 - XII ZB 68/09 -, BGHZ 184, 269) - nicht in Betracht. Obwohl das beklagte Land insoweit für sich die rechtliche Kompetenz in Anspruch nimmt, den Kläger auch zwangsweise - auf Grundlage der polizeilichen Generalklausel - zu einer psychiatrischen Begutachtung verpflichten zu können (dies erwägend auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2013 - 1 S 1817/12 -, BA S. 11; dagegen Greve/Lucius, a.a.O., S. 105), hat es selbst bislang offenbar keinen Anlass gesehen, von dieser - rechtlich zweifelhaften - Möglichkeit Gebrauch zu machen.
59 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht keinen Anlass, diese für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Auch für eine vorläufige Vollstreckbarkeit des Ausspruchs in der Hauptsache ist kein Raum (vgl. statt vieler: Heckmann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 167 RdNr. 21 m.w.N.).
60 
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache). Die Kammer hält die Klärung der mit dem prinzipiellen Bestehen einer Ermächtigungsgrundlage für die dauerhafte Observation rückfallgefährdeter Sexualstraftäter verbundenen Rechtsfragen für rechtlich grundsätzlich bedeutsam.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Verfügungen Nummer IV. in den Bescheiden der Beklagten vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das mit Bescheiden vom 19.08.2014 und vom 19.09.2014 angeordnete Aufenthalts- und Betretungsverbot (jeweils Verfügung Nummer I.1 in den genannten Bescheiden) und die Meldeauflagen (jeweils Verfügungen Nummer I.2) einschließlich deren Konkretisierung durch den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2014 rechtswidrig waren.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen Meldeauflagen sowie Betretungs- und Aufenthaltsverbote im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen.
Das Polizeipräsidium F, Polizeirevier F-Süd, stellte unter dem 23.07.2014 an die Beklagte den Antrag auf Erlass einer Meldeauflage und eines näher bezeichneten Aufenthalts- und Betretungsverbots gegenüber dem Kläger bezüglich Fußballpartien unter Beteiligung der Bundesliga- und der Regionalmannschaft des SC F. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass es anlässlich von Fußballbundesligabegegnungen des SC F bei Heim- und Auswärtsspielen vermehrt zu Gewaltdelikten und anderen Straftaten durch Problemfans u.a. des SC F gekommen sei; ferner gebe es Drittortauseinandersetzungen. Es gebe personenbezogene Erkenntnisse für den Kläger anlässlich von Fußballbegegnungen; so habe er sich am 13.10.2012 an einer Drittortauseinandersetzung beteiligt und werde einer gefährlichen Körperverletzung beschuldigt, wobei das Ermittlungsverfahren noch laufe. Er habe sich nachweislich im Jahr 2012/13 mit einer Gruppierung aus F an Drittortauseinandersetzungen beteiligt und tue dies mutmaßlich nach wie vor. Der Grad an Wahrscheinlichkeit für die zukünftige Straftatenbegehung sei als hoch zu bezeichnen.
Mit Bescheid vom 30.07.2014 erließ die Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. II.) gegenüber dem Kläger ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot; dieses Verbot galt für im Einzelnen aufgeführte Spieltage einer Mannschaft des SC F für Termine zwischen dem 02.08.2014 und dem 20.09.2014 jeweils für den Zeitraum 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr für im Bescheid näher konkretisierte Bereiche im Umfeld des X-Stadions, des Y-Stadions, der Z-Straße sowie von Teilen der Innenstadt und des Stadtteils A (Nr. I.1). Ferner wurde dem Kläger aufgegeben, sich an bestimmten Spieltagen des SC F zu bestimmten Zeiten beim Polizeirevier F-Süd zu melden (Nr. I.2). Unter Nr. III wurde dem Kläger für den Fall, dass er der Anordnung nach Nr. I.1 nicht nachkomme, die Anwendung von unmittelbarem Zwang und für jeden Verstoß gegen die Meldeverpflichtung (Nr. I.2) ein Zwangsgeld von je 500,-- EUR angedroht. Ferner wurde für den Bescheid eine Gebühr i.H.v. 150,-- EUR festgesetzt (Nr. IV.).
Gegen den Bescheid legte der Kläger am 08.08.2014 Widerspruch ein. Die Maßnahmen seien unverhältnismäßig. Der Kläger wohne in der B-Straße, die in einem der genannten abgegrenzten Gebiete (Umfeld des X-Stadions) liege, so dass der Kläger für die genannten Tage nicht wisse, wie er nach Hause gelangen solle. Ob das Ermittlungsverfahren wegen einer Drittortauseinandersetzung vom 13.10.2012 die Annahme rechtfertige, dass der Kläger auch im Zusammenhang mit den angeführten Spielen eine Gefahr für Leib und Leben anderer und für Sachwerte darstelle, erscheine recht fragwürdig. Eine nähere Begründung werde nach Akteneinsicht in die Ermittlungsakte St/x…/y… des Polizeipräsidiums F erfolgen, die er hiermit beantrage.
Der Bescheid vom 30.07.2014, in dem, so die Beklagte, irrtümlich einzelne Spieltage falsch benannt worden seien, wurde mit Ausnahme der unter IV. erfolgten Gebührenfestsetzung i.H.v. 150,-- EUR, welche bestehen blieb, durch Bescheid der Beklagten vom 19.08.2014 ersetzt. Die Änderungen im Tenor des Bescheides bezogen sich auf Terminkorrekturen; des Weiteren wurde die Wohnung des Klägers in der B-Straße vom Aufenthaltsverbot herausgenommen. Zur Begründung wurde aufgeführt, dass es nach Angaben des Polizeipräsidiums F anlässlich von Fußballbegegnungen des SC F in der Vergangenheit immer wieder zu Gewaltdelikten und anderen Straftaten u.a. durch Problemfans des SC F und in diesem Zusammenhang mehrfach zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sei. Diese Auseinandersetzungen hätten nicht nur im Bereich des Stadions, sondern auch in der Innenstadt/A stattgefunden. Nach Angaben der PD F sei der Kläger dem Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und dem gewaltbereiten Spektrum der Fußballszene zuzuordnen. Aktuell werde ein Ermittlungsverfahren gegen eine Ultragruppierung mit Beteiligung des Klägers wegen „Drittortauseinandersetzungen“ geführt. Nachweislich habe sich der Kläger 2012/13 mit einer Gruppierung aus F, die sich überwiegend aus Personen der Fer Ultraszene und deren Umfeld zusammensetze, an Drittortauseinandersetzungen beteiligt und tue dies mutmaßlich nach wie vor. Beispielhaft werde auf ein eingeleitetes Strafverfahren wegen eines Vorfalls vom 13.10.2012 in L im Zusammenhang mit einem Fußballspiel wegen gefährlicher Körperverletzung verwiesen, welches für das gewalttätige Verhalten des Klägers spreche. Vom Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit Fußballveranstaltungen gingen Störungen und Gefahren für die Allgemeinheit aus, die zu unterbinden seien. Durch die vom Kläger begangene Straftat bedrohe er die Rechtsgüter anderer, insbesondere die Gesundheit der Bevölkerung. Das bisher gezeigte Verhalten des Klägers und die mutmaßlich begangene einschlägige Straftat ließen erwarten, dass er weitere gleich gelagerte Straftaten begehen oder zu deren Begehung beitragen werde. Zurückliegende Ermittlungsverfahren und entsprechende Sanktionen hätten keine Verhaltensänderung beim Kläger bewirkt. Die Polizei habe nach §§ 1, 3 PolG diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen zur Abwendung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich erschienen. Aufgrund von § 27a Abs. 2 PolG könne einer Person ein bis zu dreimonatiges Aufenthaltsverbot für ein bestimmtes Gebiet erteilt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu deren Begehung beitragen werde. Um weitere Straftaten des Klägers im Umfeld des SC-F-Stadions, der Innenstadt und Teilen des Stadtteils A zu verhindern, werde dem Kläger das Betreten und der Aufenthalt in dem unter Ziff. I.1. näher definierten Bereich zu den dort genannten Zeiten untersagt. Dieser Bereich beschränke sich auf das Gebiet des üblichen Aufenthalts von Gästefans sowie auf die erfahrungsgemäß genutzten Haltestellen des öffentlichen Personenverkehrs durch diese. Der zeitliche Geltungsbereich dieser Verfügung sei aufgrund der üblichen Aufenthaltszeiten von Gästefans bei Spielen des SC F festgelegt. Der von dieser Verfügung umfasste Bereich von F beherberge eine Vielzahl an Gaststätten, die durch die Fans der Gastmannschaften während der vergangenen Spiele in F ausgesucht worden seien. Die Anordnung des Aufenthaltsverbots sei hinsichtlich der jeweiligen Dauer unter Abwägung der zu schützenden Rechtsgüter der Allgemeinheit und der Bewegungsfreiheit des Klägers erforderlich und angemessen. Der Kläger habe zwar seinen Wohnsitz im Geltungsbereich des Aufenthaltsverbots, jedoch sei dieser vom Aufenthalts- und Betretungsverbot ausgenommen. Es sei keine Einrichtung ersichtlich, die er dort zu den Geltungszeiten des Aufenthaltsverbots aufsuchen müsse. Das Aufenthaltsverbot sei ein geeignetes Mittel, um den Kläger vom näher definierten Bereich fernzuhalten. Durch sein Verhalten habe der Kläger gezeigt, dass er sich nicht an geltende Gesetze (z.B. Strafgesetze) halte. Es sei nicht davon auszugehen, dass er ohne weitere Maßnahmen künftig von seinem gewalttätigen und ordnungsstörenden Verhalten ablasse. Die körperliche Unversehrtheit anderer, ein besonders schützenswertes Rechtsgut, habe der Kläger durch sein Verhalten immer wieder bedroht. Es könne nicht hingenommen werden, dass durch das Verhalten einzelner Gefahren für die Allgemeinheit entstünden. Eine andere, den Kläger weniger beeinträchtigende Maßnahme, die den gleichen Zweck erfülle, sei nicht ersichtlich. Aus diesen Gründen sei auch angeordnet worden, dass sich der Kläger zu den unter Ziff. I.2. genannten Zeiten beim Polizeirevier F-Süd melde. Nur so werde verhindert, dass der Kläger bei Auswärtsspielen des SC F an hooligantypischen Auseinandersetzungen teilnehme oder in anderer Weise Straftaten begehe, die im Zusammenhang mit der jeweiligen Fußballpartie stünden. Die Maßnahme sei geeignet, den Kläger von einer Anreise zum Auswärtsspielort abzuhalten. Sie sei auch angemessen und beeinträchtige den Kläger nicht in unzumutbarer Weise in seiner Bewegungsfreiheit, zumal bei wichtigen Gründen eine Ausnahmemöglichkeit eingeräumt werde. Sie sei auch erforderlich im Hinblick auf die oben geschilderten Gefahren für Leib und Leben Dritter. Eine mildere Maßnahme sei nicht ersichtlich. Zur Durchsetzung der Ziff. I.1. sei die Androhung unmittelbaren Zwangs erforderlich, da die verfügte Maßnahme im Falle der Nichtbeachtung nur auf diese Weise sofort umgesetzt werden könne. Die förmliche Festsetzung eines Zwangsgeldes sei untunlich. Auch zur Durchsetzung der Meldeauflage sei die Androhung eines Zwangsmittels erforderlich. Das Zwangsgeld stelle das mildeste geeignete Mittel dar. Die Höhe des Zwangsgelds sei angemessen.
Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30.07.2014 wurde durch die Beklagte auf diesen Bescheid erstreckt.
Mit Schreiben vom 10.09.2014 gewährte die Beklagte dem Kläger rechtliches Gehör zu Maßnahmen (Meldeauflagen und Betretungs- und Aufenthaltsverbot) für die Zeitraum zwischen dem 21.09. und 20.12.2014.
Mit Bescheid vom 19.09.2014 erließ die Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. II.) gegenüber dem Kläger ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot; dieses Verbot galt für im Einzelnen aufgeführte Spieltage der Bundes- und Regionalligamannschaft des SC F für Termine zwischen dem 27.09.2014 und dem 21.12.2014 jeweils für den Zeitraum 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr für im Bescheid näher konkretisierte Bereiche im Umfeld des X-Stadions, des Y-Stadions, der Z-Straße sowie von Teilen der Innenstadt und des Stadtteils A ausgenommen die Wohnung des Klägers (Nr. I.1). Ferner wurde dem Kläger aufgegeben, sich an bestimmten Spieltagen des SC F zu bestimmten Zeiten beim Polizeirevier F-Süd zu melden (Nr. I.2). Unter Nr. III wurde dem Kläger für den Fall, dass er der Anordnung nach Nr. I.1 nicht nachkomme, die Anwendung von unmittelbarem Zwang und für jeden Verstoß gegen die Meldeverpflichtung (Nr. I.2) ein Zwangsgeld von je 500,-- EUR angedroht. Ferner wurde für den Bescheid eine Gebühr i.H.v. 150,-- EUR festgesetzt (Nr. IV.).
Der Bescheid wurde mit ähnlichen Erwägungen begründet wie der zuvor unter dem 19.08.2014 erlassene. Ergänzend wurde auf Angaben der Polizei verwiesen, denen zufolge der Kläger dem erweiterten Umfeld der Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen sei. Diese setze sich auf Personen der Fangruppierungen „ABC“ und „DEF“ zusammen. Der Kläger sei zwar keiner Ultragruppierung zuzuordnen, beteilige sich jedoch vorsätzlich und willentlich an geplanten Schlägereien durch Mitglieder der Ultragruppen. So habe er sich am 13.10.2012 zusammen mit 11 weiteren Personen der Fer Problemfanszene und deren Umfeld mit einer Gruppierung aus N zu einer Drittortauseinandersetzung verabredet. Auf einem Waldstück in der Nähe von L (Frankreich) sei es zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen, bei welchen die beiden Gruppierungen gemeinschaftlich gegen die jeweilige andere Gruppierung geschlagen und getreten hätten. Ausweislich des ausgewerteten WhatsApp-Verkehrs habe sich der Kläger an einer weiteren Drittortauseinandersetzung beteiligt. Am 12.04.2013 habe sich der Kläger zusammen mit 9 weiteren Personen mit einer Gruppierung aus H zu einer Drittortauseinandersetzung verabredet. Es sei in der Nähe von T vermutlich zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen. Zu vermuten sei, dass bei Fußballbegegnungen die Konfrontation zu gegnerischen Fans erneut bewusst gesucht werde. Da der Kläger in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Fußballspielen des SC F immer wieder polizeilich in Erscheinung getreten sei und auch in Anwesenheit von Ordnungskräften keine Scheu gehabt habe, Straftaten zu begehen, sei der Grad an Wahrscheinlichkeit für die zukünftige Straftatenbegehung als hoch zu bezeichnen. Die vorliegenden Erkenntnisse rechtfertigten die Annahme, dass der Kläger im Zusammenhang mit den aufgeführten Spielen im Innenstadtbereich, im Bereich des Stadionumfelds und der Bahnhöfe eine Gefahr für Leib und Leben anderer und für Sachwerte bei Heim- und Auswärtsspielen darstelle. Von seinem Verhalten im Zusammenhang mit Fußballveranstaltungen gingen Störungen und Gefahren für die Allgemeinheit aus, die zu unterbinden seien. Ferner verwies die Beklagte darauf, dass der Kläger angehört worden sei, sich jedoch nicht geäußert habe. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass, sofern der Kläger den ihm auferlegten Anordnungen nachkomme und er auch ansonsten nicht polizeilich auffällig werde, vorgesehen sei, direkt im Anschluss zunächst keine weiteren Aufenthalts- und Betretungsverbote bzw. Meldeauflagen zu erlassen.
10 
Unter dem 06.10.2014 erließ die Beklagte einen mit „Ergänzungsverfügung“ überschriebenen weiteren Bescheid, durch den der Bescheid vom 19.09.2014 hinsichtlich der am 19.09.2014 noch nicht bekannten konkreten Zeitpunkte dreier Fußballbegegnungen konkretisiert wurde. Der Erlass dieses Bescheides war bereits im Bescheid vom 19.09.2014 angekündigt worden. Dieser Bescheid enthält keine Gebührenfestsetzung.
11 
Der Kläger legte mit Schreiben vom 09.10.2014 seinen gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.08.2014 erhobenen Widerspruch rein fürsorglich und erneut gegen alle in dieser Sache ergangenen und noch ergehenden Bescheide der Stadt F, die auf dem Polizeigesetz Baden-Württemberg basieren, ein und trug erneut vor, dass diese Maßnahmen unverhältnismäßig seien.
12 
Mit Schreiben vom 03.11.2014 wies das Regierungspräsidium F den Kläger darauf hin, dass sich der Widerspruch vom 08.08.2014 durch Zeitablauf erledigt habe. Der Erlass eines Fortsetzungsfeststellungswiderspruchsbescheids sei nicht zulässig, vielmehr sei in diesen Fällen einer während des Laufs des Widerspruchsverfahrens eintretenden Erledigung direkt - ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens - eine Fortsetzungsfeststellungsklage zu erheben. Die Widerspruchsbehörde könne lediglich über die Kosten entscheiden, wobei im Rahmen einer nach § 80 Abs. 1 Satz 5 VwVfG gebotenen summarischen Prüfung von der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügungen auszugehen sei, so dass insoweit dem Kläger die Kosten aufzuerlegen wären.
13 
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.12.2014, zugestellt am 12.12.2014, wies das Regierungspräsidium F den Widerspruch gegen die Bescheide der Stadt F vom 19.09.2014 und 06.10.2014 zurück. Es sei zwar zulässig Widerspruch erhoben worden, dieser sei aber unbegründet, da die angefochtenen Verfügungen rechtmäßig seien. Die von der Stadt F getroffene, auf den konkreten polizeilichen Erkenntnissen und Ermittlungen beruhende, aktuell bei Verfügungserlass vorgenommene Gefahrenprognose sei nicht zu beanstanden. Es gebe ausreichende und hinreichend sicher festgestellte Tatsachen und Anhaltspunkte, die eine vom Kläger ausgehende polizeirechtliche Gefahr auch aktuell begründen könnten. Dass die Beklagte neben neueren auch ältere Vorfälle in die Gefahrenprognose einbezogen habe, sei nicht zu beanstanden. Ebenso wenig sei zu beanstanden, dass neben einem konkreten gefahrenabwehrrechtlich relevanten Verhalten auch der Umstand, dass der Kläger zum Personenkreis Gewalttäter Sport zähle, berücksichtigt worden sei. Auch die Berücksichtigung der zulässigen Höchstdauer eines Aufenthalts- und Betretungsverbots führe nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn die getroffenen Aufenthaltsverbote beträfen nur eine auf die Spieltage beschränkte Mehrzahl von Tagen. Da eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt bestanden habe, habe auch nach Ablauf einer Anordnung für die Dauer von drei Monaten eine erneute Anordnung ergehen können. Für den Widerspruch gegen Gebührenbescheide sei das Regierungspräsidium F nicht zuständig.
14 
Der Kläger hat am 10.01.2015 Klage erhoben. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass die Ersetzung der fehlerhaften Verfügung vom 30.07.2014 durch Verfügung vom 19.08.2014 eine (Teil-)Rücknahme der ersten Verfügung sei. Akteneinsicht sei erst zu spät gewährt worden. Wie wichtig diese sei, zeige sich daran, dass nach Stellungnahme des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei. Auch der Widerspruch gegen eine Verfügung betreffend erkennungsdienstliche Maßnahmen habe nach Intervention des Anwalts Erfolg gehabt. Auch in diesem Verfahren hätte der Widerspruch erfolgreich sein können, wenn er auf Grundlage von Akteneinsicht hätte begründet werden können. Die Gefahren, die vom Kläger ausweislich der Verfügungen der Beklagten ausgehen sollten, ließen sich mit den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft nicht in Einklang bringen. Die Verwaltungsgebühren, die erhoben worden seien, seien so hoch, dass sie sich angesichts des geringen Verdienstes des Klägers als eine Art Geldstrafe darstellten, die ihn treffe, obwohl die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt habe. Die Stadt F beschuldige den Kläger körperlicher Auseinandersetzungen bei Heim- und Auswärtsspielen. Im Schlussbericht seien als „Erkenntnisse zur Person des Beschuldigten“ lediglich ausgeführt, dass der Kläger als eine der Gewalt nicht abgeneigte Person eingestuft werde, die sich in den Jahren 2012/13 mit einer Fer Gruppierung nachweislich an zwei Drittortauseinandersetzungen beteiligt und seine Beteiligung an einer dritten Drittortauseinandersetzung angekündigt habe. Die beschriebenen Gefahren gingen von ihm nicht aus. Das habe sein Rechtsanwalt auch im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ausgeführt. Es sei ferner zu überlegen, was der Grenzwert von drei Monaten, den § 27a PolG fixiere, beschreibe. Hinsichtlich der Zeitspanne seien die drei Monate überschritten, denn es gehe um einen Zeitraum von vier Monaten, innerhalb dessen der Kläger mit 45 Tagen an seine Verpflichtungen zu denken und diese einzuhalten gehabt habe. Es bleibe auch zu überlegen, ob die Interessenabwägung korrekt, konkret und angemessen sei. Es sei zu fragen, welche Chancen jemand, der ins Visier der Polizei geraten sei, überhaupt habe. Ein Widerspruchsbescheid könne schon allein dann rechtswidrig sein, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf Grundlage von § 170 Abs. 2 StPO eingestellt habe. Die Ausführungen der Beklagten zum fehlenden Fortsetzungsfeststellungsinteresse überzeugten nicht. Es gebe schon eine Wiederholungsgefahr, man könne außerdem wohl von einem Rehabilitationsinteresse ausgehen. Es werde versichert, dass der Kläger weder Mitglied der Fangemeinde des SC F noch ein Hooligan sei. Zwischenzeitlich stünden alle Fußballfans unter Generalverdacht. Es müsse aber eine Balance gefunden werden zwischen den Rechten des Einzelnen und dem Anspruch der Gesellschaft auf öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Verfügungen seien überzogen und unverhältnismäßig gewesen.
15 
Der Kläger beantragt,
16 
Verfügungen Nummer IV. in den Bescheiden der Beklagten vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 aufzuheben sowie festzustellen, dass das mit Bescheiden vom 19.08.2014 und vom 19.09.2014 angeordnete Aufenthalts- und Betretungsverbot (jeweils Verfügung Nummer I.1 in den genannten Bescheiden) und die Meldeauflagen (jeweils Verfügung Nummer I.2) einschließlich deren Konkretisierung durch den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2014 rechtswidrig waren,
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und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
20 
Die Klage sei bereits unzulässig. Denn es bestehe kein für die Erhebung einer Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliches Feststellungsinteresse. Insbesondere bestehe keine Wiederholungsgefahr, da die Beklagte eindeutig erklärt habe, keine weiteren Betretungs- und Aufenthaltsverbote gegen den Kläger zu erlassen, wenn er sich an die Verfügung halte. Art. 19 Abs. 4 GG begründe hier kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Denn eine typischerweise kurzfristige Erledigung liege in der vorliegenden Konstellation erkennbar nicht vor. Auch könne sich die Position des Klägers durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit erkennbar nicht verbessern. Der Kläger könne auch kein Rehabilitationsinteresse für sich beanspruchen. Er habe selbst kein Feststellungsinteresse behauptet. Die Klage sei auch unbegründet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot nach § 27a Abs. 2 PolG lägen vor. Jedenfalls die Zugehörigkeit zur Hooligan-Szene könne als Gefahr für die öffentliche Sicherheit angesehen werden, selbst wenn der Betreffende bislang nicht einschlägig vorbestraft sei. Die vom Betreffenden ausgehende Gefahr bestehe bereits darin, dass er durch die zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu der entsprechenden Szene die Gewaltbereitschaft dieser Personen fördere und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwendeten, zumindest eine psychologische Stütze darstelle. Eines eigenen Tatbeitrags bedürfe es insoweit nicht. Daher sei auch beim Kläger die Beklagte zu Recht von einer entsprechend vorliegenden Gefahr und somit von der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 PolG ausgegangen. Denn der Kläger sei mindestens ab Oktober 2012 dem Umfeld der Ultragruppierungen des SC F zuzurechnen. Er habe mindestens an zwei Drittortauseinandersetzungen teilgenommen und habe an weiteren körperlichen Auseinandersetzungen, die dann nicht stattgefunden hätten, teilnehmen wollen. Dass das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei, sei hier unerheblich. Die Verwaltung müsse eine eigene Gefahrenprognose anstellen. Abgesehen davon räume der Kläger selbst ein, an der Drittortauseinandersetzung in Frankreich beteiligt gewesen zu sein. Abgesehen davon rechtfertige bereits seine erwiesene Zugehörigkeit zur Ultraszene die Annahme einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Ultragruppierungen in F seien als äußerst gewalttätig einzustufen. Die Mitgliederzahl werde auf 200 Personen geschätzt. Im Zeitraum der Saison 2009/10 bis zur Saison 2013/14 seien knapp 100 Straftaten im Zusammenhang mit Heimspielen des SC F erfasst worden, die von Angehörigen der Ultra-Szene begangen worden seien. Bei den Straftaten, die von Ultras begangen worden seien und bei denen es sich hauptsächlich um Gewaltdelikte handele, sei eine nahezu jährliche Steigerung mit einem Höhepunkt von 56 Straftaten in der Saison 2013/14 zu erkennen. Die ganz überwiegende Zahl der Straftaten werde im Umfeld der Stadien und in den Innenstädten begangen. Die Zugehörigkeit des Klägers zur Fer Ultraszene zeige seine Gewaltbereitschaft und seine Bereitschaft, auch an Straftaten im Umfeld der Fer Stadien und in der Fer Innenstadt teilzunehmen. Allein die Tatsache, dass der Kläger strafrechtlich bislang nur außerhalb von F in Erscheinung getreten sei, mache die Maßnahme nicht rechtswidrig. Vielmehr genüge seine Zugehörigkeit zur Ultra-Szene, die die begangenen Straftaten bereits fördere. Der Kläger sei auch in der bundesweiten polizeilichen Datenbank „Gewalttäter Sport“ registriert, was nur erfolge, wenn der Betreffende eindeutig dem gewalttätigen Umfeld zuzurechnen sei und auch selbst an gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligt gewesen sei bzw. unterstützend teilgenommen habe. Darüber sei aktenkundig, dass der Kläger selbst Straftaten begangen und dadurch die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet habe. Die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot hätten damit vorgelegen. Die Regelungen seien auch im Übrigen rechtmäßig gewesen. Meldeauflagen und Aufenthaltsverbote seien durch die konkrete Gefahr, dass weiterhin hochrangige Rechtsgüter bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zu Schaden kommen könnten, gerechtfertigt. Auch der räumliche und zeitliche Umfang der Verfügung sei erforderlich. Der räumliche Umfang habe sich an den Erfahrungen der Polizei aufgrund der vergangenen Vorfälle und Straftaten orientiert. Gerade die Innenstadt sei häufig Tatort von Diebstahls- und Raubdelikten wie auch von Körperverletzungen zum Nachteil von Gästefans gewesen. Der Hauptbahnhof sei als An- und Abreisepunkt mit aufzunehmen gewesen. Im Bereich des X-Stadions seien sowohl die Haltestellenpunkte als auch das X-Stadion und das Y-Stadion erfasst gewesen seien. Die Wohnadresse sowie der direkte Hin- und Rückweg zur Wohnadresse seien von den Verfügungen ausdrücklich ausgenommen gewesen. Das Aufenthaltsverbot sei geeignet gewesen, die Gefährdungslage zu unterbinden. Der Deutsche Städtetag habe aufgrund der zunehmenden Gewalttaten von Problemfans bei oder im zeitlichen / räumlichen Umfeld von Fußballspielen Meldeauflagen und Aufenthaltsverbote ausdrücklich befürwortet. Diese Maßnahmen seien geeignet, Gewalttaten zu unterbinden oder das Risiko solcher zu minimieren. Dass diese Maßnahmen geeignet seien, habe eindrücklich die aktuelle Statistik der Hinrunde 2014/15 ergeben, in der es lediglich drei Straftaten, begangen von Angehörigen der Ultraszene, gegeben habe. Die szenekundigen Beamten hätten feststellen können, dass sich durch die Abwesenheit der wichtigsten Führungspersonen der Ultragruppierungen die Stimmung bei den Ultras und auch deren Verhalten, was die Gewaltbereitschaft angehe, deutlich beruhigt habe. Andere, weniger einschneidende Maßnahmen seien nicht ersichtlich. Unverhältnismäßig würden diese Maßnahmen auch nicht dadurch, dass die bisher belegten Straftaten, an denen der Kläger beteiligt gewesen sei, an einem Drittort stattgefunden hätten. Denn wie erläutert sei die konkrete Beteiligung an Straftaten gerade nicht erforderlich, um eine konkrete Gefahrenlage anzunehmen. Die Teilnahme an den gefährlichen Körperverletzungen bzw. die Zugehörigkeit zum Umfeld der Fer Ultraszene zeige hinreichend klar, dass der Kläger eine entsprechende Gewaltbereitschaft aufweise. Durch die aktive Unterstützung von Aktionen dieser Gruppierung fördere er auch solche Straftaten, an denen er nicht selbst beteiligt sei. Die Voraussetzungen einer konkreten Gefahr lägen selbst dann vor, wenn dem Kläger nicht hätte bewusst gewesen sein sollen, dass es sich bei seiner konkreten Beteiligung tatsächlich um eine Straftat gehandelt habe. Die zulässige Höchstdauer nach § 27a Abs. 2 PolG sei nicht überschritten worden. Dass zunächst eine Verfügung mit Datum vom 30.07.2014 und dann erneut eine Verfügung mit Datum vom 19.09.2014 erlassen worden sei, sei unschädlich. Liege eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt vor, könne nach Ablauf einer Anordnung für die Dauer von drei Monaten eine erneute Anordnung gemäß § 27a PolG ergehen. Zu berücksichtigen sei, dass es sich jeweils um tag- und uhrzeitgenau konkretisierte Aufenthaltsverbote handele. Zur Ermittlung der nach § 27a Abs. 2 PolG zu berücksichtigenden maximal zulässigen Gesamtdauer der Verfügung wären daher nur die jeweils einzeln genannten Spieltage zu berücksichtigen, da an den übrigen Tagen kein Aufenthaltsverbot gelte. Auch die gegenüber dem Kläger erteilte Meldeauflage sei rechtmäßig, sie stütze sich auf §§ 1, 3 PolG. Sie sei auch verhältnismäßig, insbesondere geeignet, die Anreise zu Auswärtsspielen des SC F unmöglich zu machen. Mildere, ebenso effektive Maßnahmen seien nicht ersichtlich.
21 
In dem gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung anlässlich von zwei Drittortauseinandersetzungen im Jahr 2012 wurde mit Verfügung vom 15.01.2015 gemäß § 45 Abs. 1 JGG i.V.m. § 109 Abs. 2 JGG von der Verfolgung abgesehen.
22 
Dem Gericht haben die einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums F (jew. 1 Heft) vorgelegen. Ferner hat die Strafakte der Staatsanwaltschaft F im Verfahren aaa Js bbbbb/cc vorgelegen. Hierauf sowie auf die Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
23 
Die im Wege objektiver Klagehäufung (§ 44 VwGO) erhobenen Klagen sind zulässig.
24 
1. Soweit sich der Kläger gegen die Gebührenfestsetzungen in den Bescheiden vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 (dort jeweils unter Nr. IV) wendet, sind die Klagen als Anfechtungsklagen zulässig.
25 
Im Hinblick auf den Bescheid vom 30.07.2014 hat das Regierungspräsidium F das vom Kläger durch Widerspruch vom 08.08.2014 eingeleitete Widerspruchsverfahren mit Schreiben vom 03.11.2014 formlos eingestellt. Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage gegen die Gebührenfestsetzung (Nr. IV) ist als Untätigkeitsklage gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig. Auch die Klage gegen Nr. IV im Bescheid der Beklagten vom 19.09.2014 ist gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig, nachdem die Stadt, die insoweit selbst Widerspruchsbehörde gewesen wäre, keinen Widerspruchsbescheid erlassen hat.
26 
2. Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass das mit Bescheiden vom 19.08.2014 und vom 19.09.2014 angeordnete Aufenthalts- und Betretungsverbot (jeweils Verfügung Nummer I.1 in den genannten Bescheiden) und die Meldeauflagen (jeweils Verfügung Nummer I.2) einschließlich deren Konkretisierung durch den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2014 rechtswidrig waren, ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.
27 
2.1 Die hier streitgegenständlichen Regelungen (Betretens- und Aufenthaltsverbote bzw. Meldeauflagen) bezogen sich auf das Jahr 2014 und haben sich daher zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt (§ 43 Abs. 2 LVwVfG). Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher (nach Klagerhebung, aber vor gerichtlicher Entscheidung) durch Rücknahme oder auf andere Weise, etwa durch Zeitablauf, erledigt hat, wie es beim Bescheid vom 19.09.2014 der Fall ist, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier der Verwaltungsakt vom 19.08.2014 - bereits vor Klageerhebung, findet auf die so genannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 6 C 16/09 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris; Urteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 -, juris).
28 
2.2 Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklagen steht nicht der Ablauf von Rechtsmittelfristen entgegen.
29 
2.2.1 Gegen den Bescheid der Beklagten vom 19.08.2014, der dem Kläger am 20.08.2014 zugegangen ist, hat er zwar keinen Widerspruch eingelegt, mutmaßlich aufgrund der Anmerkung der Beklagten in diesem Bescheid, der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30.07.2014 werde „auch auf diese Verfügung angewendet“. Daran, ob eine derartige Erstreckung rechtlich möglich ist, hat die Kammer Zweifel. Denn zum einen ist ein Widerspruch vor Ergehen des betreffenden Verwaltungsaktes nicht zulässig und verwandelt sich auch nicht nachträglich in einen zulässigen Widerspruch (vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 68 Rn. 2; Beschluss der Kammer vom 06.08.2015 - 4 K 1382/15 -), und zum anderen unterliegt es allein der Dispositionsbefugnis des Bürgers, ob er gegen einen (erneuten) Bescheid Widerspruch einlegen will oder nicht; dies muss umso mehr gelten, wenn, wie hier, der den ursprünglichen Bescheid ersetzende Bescheid mit ersterem nicht inhaltlich identisch ist, sondern von jenem substantiell (hier etwa im Hinblick auf die Herausnahme der Wohnanschrift des Klägers vom Aufenthalts- und Betretungsverbot) abweicht. Auch hat die Kammer mit Blick auf die nicht allein datumsmäßigen Änderungen im Bescheid vom 19.08.2014 gegenüber dem zu ersetzenden Bescheid vom 30.07.2014 Zweifel daran, ob die Durchführung eines Vorverfahrens entbehrlich und sogleich die Erhebung einer Anfechtungsklage möglich gewesen wäre (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 68 Rn. 23).
30 
Ob der Kläger rechtswirksam Widerspruch eingelegt hat, Erledigung durch Zeitablauf somit während des bereits laufenden Widerspruchsverfahren eingetreten ist, oder ob es an einem rechtswirksamen Widerspruch fehlt, und wenn ja, ob dieser entbehrlich gewesen ist, kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn Erledigung des am 19.08.2014 erlassenen Verwaltungsaktes ist am Samstag, dem 20.09.2014 und damit während der gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 2 ZPO bis zum Montag, dem 22.09.2014, laufenden Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO eingetreten. In allen genannten Konstellationen bedürfte es jedenfalls nach dem 20.09.2014 der Einleitung bzw. (weiteren) Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht mehr, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr erfüllen könnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris, m.w.N.). Stattdessen stand mit Ablauf des 20.09.2014 dem Kläger die nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage offen. Diese ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung begrenzt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris; Urteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 -, juris). Für eine Verwirkung aber ist im Hinblick auf die weniger als vier Monate nach Erledigung und etwa zwei Monate nach Mitteilung des Regierungspräsidiums F, dass ein Widerspruchsbescheid nach Erledigung nicht mehr ergehe, nichts ersichtlich.
31 
2.2.2 Im Hinblick auf die Bescheide der Beklagten vom 19.09.2014 und 06.10.2014 wurde der fristgerecht eingelegte Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F vom 08.12.2014, zugestellt am 12.12.2014, zurückgewiesen. Erledigung trat am 22.12.2014, 22:00 Uhr ein, somit während der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO. Da die Klage am 10.01.2015 und damit binnen Monatsfrist erhoben wurde, bestehen auch insoweit keine Bedenken an der Zulässigkeit der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage.
32 
2.4 Der Kläger kann ferner bezüglich aller mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffenen Verwaltungsakte ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für sich reklamieren.
33 
Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat.
34 
2.3.1 Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich vorliegend aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt, dass der Betroffene die Möglichkeit erhält, die Rechtmäßigkeit ihn belastender Eingriffsmaßnahmen nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen zu lassen. Handelt es sich daher um Maßnahmen, die sich typischerweise - d.h. entsprechend der Eigenart des Verwaltungsakts - so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten, eröffnet Art. 19 Abs. 4 GG die Möglichkeit einer Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts im Wege nachträglicher Feststellung (st. RSpr., vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 30.04.1997 - 2 BvR 817/90 -, juris; BVerfG, Beschluss vom 05.07.2013 - 2 BvR 370/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.05.2015 - 6 S 494/15 -, juris; Bayer. VGH, Urteil vom 04.02.2014 - 10 B 10.2913 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26.11.2013 - 3 A 106/12 -, juris).
35 
Das polizeirechtliche, auf § 27a Abs. 2 PolG BW gestützte Betretungs- und Aufenthaltsverbot, das zeitlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken ist und die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten darf (vgl. § 27a Abs. 2 Sätze 2, 3 PolG), und dessen gerichtlicher Überprüfung zudem ein Widerspruchsverfahren vorgeschaltet ist, gehört zu den sich typischerweise vor der Möglichkeit der Erlangung verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren erledigenden Maßnahmen; aufgrund welcher Einschätzung die Beklagte zu dem Ergebnis gelangt ist, eine typischerweise kurzfristige Erledigung liege „in der vorliegenden Konstellation erkennbar nicht vor“, erschließt sich für die Kammer nicht. Gleiches gilt für die regelmäßig als Annex zu Betretungs- und Aufenthaltsverboten erlassenen, auf §§ 1, 3 PolG BW gestützten Meldeauflagen.
36 
Art. 19 Abs. 4 GG wurde bei der Frage, inwieweit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegt, in der Vergangenheit häufig im Zusammenhang mit tiefgreifenden Grundrechtseingriffen, insbesondere solcher, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat, fruchtbar gemacht (vgl. die oben zitierte Rechtsprechung). Insoweit kann aber dahinstehen, inwieweit ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot den grundrechtsrelevanten Bereich der Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 24.09.2014 - 5 K 659/14.F -, juris; a.A. Bayer. VGH, Beschluss vom 09.06.2006 - 24 CS 06.1521 -, juris) bzw. das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 GG (VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035) berührt und deshalb bereits einen hinreichend tiefgreifenden Grundrechtseingriff darstellt. Denn nach Auffassung der Kammer ist ein auf Art. 19 Abs. 4 GG gestütztes Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht auf Fälle tiefgreifender Grundrechtseingriffe beschränkt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in mehreren Urteilen aus dem Jahr 2013 (Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris; Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 38/12 -, juris; Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 39/12 -, juris) festgestellt, die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziere nicht nach der Intensität des erledigten Eingriffs und dem Rang der betroffenen Rechte. „Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten.“ Dass das Bundesverwaltungsgericht aus diesem Befund nicht explizit den Schluss gezogen hat, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehe ungeachtet der Schwere des Eingriffs allein aufgrund typischerweise kurzfristiger Erledigung des Verwaltungsakts, war dem Umstand geschuldet, dass in den dort zu entscheidenden Fallkonstellationen gerade kein sich typischerweise kurzfristig erledigender Verwaltungsakt vorlag mit der Folge, dass dort, da die „Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht [gebietet], ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern“, das Bestehen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses im Ergebnis abzulehnen war. Nimmt man jedoch die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 19 Abs. 4 GG ernst, so ist im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Fällen typischerweise kurzfristiger Erledigung eines Verwaltungsaktes zu bejahen, ohne dass es insoweit besonderer Anforderungen etwa an die Intensität des Grundrechtseingriffs bedürfte (so bereits VG F, Urteil vom 23.02.2012 - 4 K 2649/10 -, juris; vgl. auch Sächs. OVG, Urteil vom 27.01.2015 - 4 A 533/13 -, juris; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 Rn. 145, m.w.N.; Fehling/Kastner/Störmer, VerwR, § 113 VwGO Rn. 110; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 113 Rn. 282 f.; a.A. VG Düsseldorf, Urteil vom 03.02.2015 - 22 K 5865/13 -, juris, in dem zwar festgestellt wird, die Anforderungen an das Gewicht des Grundrechtseingriffs dürften nicht überspannt werden, andererseits aber eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG allein als nicht gewichtig genug eingestuft wird, um ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen).
37 
2.3.2 Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse daneben wegen eines Rehabilitierungsinteresses des Klägers zu bejahen ist. Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris).
38 
Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten beruhen vom maßgebenden Empfängerhorizont aus auf dem Vorwurf, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und habe sich bei Drittortschlägereien strafbar gemacht. Es spricht einiges dafür, dass dieser doppelte Vorwurf der Beklagten und die daraus resultierende Stigmatisierung des Klägers als einem für seine Umwelt in bestimmten Situationen gefährlichen, sich in strafwürdiger Weise gewalttätig verhaltenden Menschen, der sich aufgrund seines Verhaltens an einer relevanten Zahl von Wochenenden über Stunden hinweg nicht im Innenstadtbereich seines Wohnorts aufhalten darf, sich als gegenüber dem Kläger diskriminierend und seinen grundrechtlichen Ehrschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigend darstellt (so etwa VG Stuttgart, Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Dies kann jedoch im Ergebnis offen bleiben.
III.
39 
Die Klagen sind ferner vollumfänglich begründet.
40 
1. Die Begründetheit der gegen die Verfügungen Nummer IV. in den Bescheiden der Beklagten vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 - Gebührenfestsetzungen von jeweils 150,-- EUR - ergibt sich bereits daraus, dass eine Gebühr, die für eine rechtswidrige Amtshandlung erhoben wird, deren Schicksal teilt und selbst als rechtswidrig zu qualifizieren ist. Die in den Bescheiden vom 30.07.2014 und vom 19.09.2015 erlassenen Betretungs- und Aufenthaltsverbote sowie Meldeauflagen aber erweisen sich, wie sich aus den Ausführungen unter 2. ergibt, als rechtswidrig. Auch die Gebührenfestsetzungen sind daher rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
41 
2. Auch die Fortsetzungsfeststellungsklagen sind begründet. Denn die Bescheide vom 30.07.2014, 19.08.2014 und 19.09.2014 in Gestalt der Konkretisierung durch den Bescheid vom 06.10.2014 waren rechtswidrig.
42 
2.1 Der Bescheid der Beklagten vom 30.07.2014 ist bereits wegen eines Anhörungsmangels formal rechtswidrig gewesen.
43 
2.1.1 Nach § 28 Abs. 1 LVwVfG ist einem Beteiligten vorbehaltlich der Ausnahmen in § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift.
44 
Eine Anhörung des Klägers durch die Beklagte vor Erlass des Bescheides vom 30.07.2014 hat nicht stattgefunden. Dafür, dass Ausnahmegründe i.S.d. § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG gegeben wären, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, gibt es vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar erhielt die Beklagte erst durch Schreiben des Polizeipräsidiums F vom 23.07.2014 davon Kenntnis, dass es über den Kläger personenbezogene Kenntnisse gibt, wonach er sich an körperlichen Auseinandersetzungen außerhalb von Fußballbegegnungen beteilige und die Wahrscheinlichkeit für die zukünftige Straftatenbegehung als hoch zu bezeichnen sei, weshalb Antrag auf Erteilung einer Meldeauflage sowie eines Aufenthalts- und Betretungsverbots für Begegnungen ab dem 02.08.2014 gestellt werde. Dennoch blieb der Beklagten ungefähr eine Woche bis zum geplanten Erlass der beantragten Auflagen und Verbote vor der ersten anstehenden Begegnung. Auch wenn die Beklagte in diesem Zeitraum eine Verbotsverfügung nicht lediglich formulieren, sondern zunächst auch die Akten sichten und ggf. durch Rückfragen bei der Polizei den Sachverhalt aufklären musste, kann die Kammer nicht erkennen, dass sie den Kläger nicht vom beabsichtigten Erlass eines Bescheides beispielsweise fernmündlich hätten informieren und ihm Gelegenheit etwa zu einer persönlichen Vorsprache binnen einer eng bemessenen Frist hätte geben können. Dass durch eine vorherige Anhörung auch bei Gewährung kürzester Anhörungsfristen ein Zeitverlust eingetreten wäre, der im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge gehabt hätte, dass die durch den Verwaltungsakt zu treffende Regelung zu spät gekommen wäre, um ihren Zweck zu erreichen, kann die Kammer - zumal auch nichts dafür vorgetragen ist, dass der Zweck der Aufenthalts- und Betretungsverbote nicht hätte erreicht werden können, wenn diese erst ab der zweiten Begegnung gegolten hätten - nicht erkennen. Eine Anhörung wäre daher tunlich gewesen.
45 
Die Kammer sieht sich vor dem Hintergrund, dass in Sachverhaltskonstellationen wie den vorliegenden nach dem Eindruck der Kammer die Beklagte fast regelhaft auf eine Anhörung zu verzichten scheint, zu dem Hinweis veranlasst, dass die gesetzlichen, in § 28 Abs. 1 LVwVfG verankerten Anhörungsrechte mitnichten ein relatives, auch nachträglich gewährbares Recht darstellen, sie vielmehr - ungeachtet der Heilungsmöglichkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG - grundsätzlich als zwingendes Recht ausgestaltet sind, hinter dem das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) steht.
46 
2.1.2 Der Anhörungsmangel ist vorliegend auch nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift ist ein Verstoß gegen § 28 LVwVfG unbeachtlich, wenn der die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Abs. 2) nachgeholt wird. Eine Heilung in diesem Sinne tritt allerdings nur dann ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird (BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 - 3 C 14/09 -, juris). Das setzt voraus, dass der Beteiligte - nachträglich - eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und die Behörde die vorgebrachten Argumente zum Anlass nimmt, die ohne vorherige Anhörung getroffene Entscheidung kritisch zu überdenken (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 Rn. 26, m.w.N.; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl., § 45 Rn. 76, m.w.N.). Die Heilung ist ausgeschlossen, wenn die nachgeholte Verfahrenshandlung ihre rechtsstaatlich gebotene Funktion nicht mehr erfüllen kann (Hess. VGH, Urteil vom 06.05.2015 - 6 A 493/14 -, juris).
47 
Gemessen daran ist eine Heilung hier nicht erfolgt. Eine Heilung des Anhörungsfehlers wäre nur bis zum 17.08.2014 möglich gewesen, da sich die Aufenthalts- und Betretungsverbote bzw. Meldeauflagen zu diesem Zeitpunkt durch Zeitablauf erledigten und eine Nachholung der Anhörung nach Erledigung eines Verwaltungsaktes nicht mehr in Betracht kommt (Ziekow, VwVfG, 3. Aufl., § 45 Rn. 14; Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl., § 45 Rn. 43; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 45 Rn. 76). Bis zu diesem Zeitpunkt aber war eine Heilung nicht erfolgt.
48 
Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine unterbliebene Anhörung regelmäßig auch dadurch geheilt werden kann, dass der Betroffene auf Grundlage der dem Verwaltungsakt beigefügten Begründung die Möglichkeit hat, im Rahmen der Widerspruchsbegründung zu den im Bescheid verwerteten Tatsachen Stellung zu nehmen und weitere ihm bedeutsam erscheinende Tatsachen vorzutragen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.08.1982 - 1 C 22/81 -, NVwZ 1983, 284; Stelkens/Bonk/Sachs, VwGO, 7. Aufl., § 45 Rn. 80). Vorliegend hat der Kläger am 08.08.2014 Widerspruch eingelegt. Allerdings führt nicht bereits die Widerspruchseinlegung als solche zu einer Heilung des Verfahrensmangels der Anhörung. Eine Heilung tritt nämlich nicht bereits aufgrund schlichter isolierter Nachholung der fehlerhaften oder versäumten Verfahrenshandlung ein (vgl. zum Folgenden Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 45 Rn. 43, 46; Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl., § 45 Rn. 105; Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 45 Rn. 16 f., 47; jew. m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.08.1982 - 1 C 22/81 -, NVwZ 1983, 284). Läge in dem Widerspruch bereits die Heilung der von der Erstbehörde unterlassenen Anhörung, liefe § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG weitgehend leer (vgl. dazu Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., Rn. 79), denn eine Überprüfung dieses Verfahrensfehlers erfolgt in aller Regel nur aufgrund eines Widerspruchs, der seinerseits grundsätzlich die Heilung bewirkte, ohne dass die Behörde ihrerseits zu irgendeinem Zeitpunkt die Ausführungen des Betroffenen zur Kenntnis nehmen müsste. Vielmehr bedarf es hierfür insbesondere im Falle einer zunächst unterbliebenen Anhörung im Anschluss an deren Nachholung einer nochmaligen neuen und unvoreingenommenen Überprüfung des ursprünglichen Verwaltungsaktes durch die Behörde anhand etwaigen Vorbringens des Betroffenen sowie aller seit dem Erlass des Verwaltungsaktes zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen der Rechts- oder Sachlage und des Weiteren einer daran anschließenden Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes. Ob das Ergebnis der erneuten Überprüfung dem Betroffenen in einem separaten Schreiben mitgeteilt werden muss oder ob es ausreicht, dass aus den Akten bzw. im Rahmen eines Abhilfe- oder Widerspruchsbescheids aus dem Bescheid deutlich wird, dass die Behörde ihre Ausgangsentscheidung kritisch überprüft hat, kann vorliegend dahinstehen. Denn vorliegend hat die Beklagte ihre Ausgangsentscheidung bis zum 19.08.2014 nicht überprüft und lediglich unter dem 19.08.2014 einen neuen, teilweise inhaltlich abweichenden Bescheid erlassen, der den Bescheid vom 30.07.2014 für die Zukunft ersetzte.
49 
Nachdem folglich eine Heilung gemäß § 45 LVwVfG nicht stattgefunden hat und bei der im Ermessen der Behörde stehenden Verhängung von Aufenthalts- und Betretungsverboten auch kein Fall des § 46 LVwVfG gegeben ist, war der Bescheid vom 30.07.2014, soweit er die genannten Aufenthalts- und Betretungsverbote sowie Meldeauflagen betraf, rechtswidrig.
50 
2.1.3 Abgesehen davon ist der Bescheid auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil die Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 PolG nicht vorgelegen haben (vgl. dazu die Ausführungen unter 2.3.2, die auf diesen Bescheid uneingeschränkt übertragbar sind).
51 
2.2 Auch der Bescheid vom 19.08.2014 ist bereits wegen eines Anhörungsmangels formal rechtswidrig gewesen.
52 
Auch vor Erlass des angefochtenen Bescheides vom 19.08.2014 hat eine ausdrückliche Anhörung des Klägers durch die Beklagte nicht stattgefunden. Eine Anhörung ist zur Überzeugung der Kammer auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte unter dem 30.07.2014 einen - im Wesentlichen gleich lautenden - Bescheid gegen den Kläger erlassen hatte, vor dessen Erlass sie den Kläger zwar ebenfalls nicht angehört hatte, gegen den dieser jedoch mit Schreiben vom 08.08.2014 Widerspruch eingelegt hat. Denn unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen der Anhörungsmangel betreffend den Bescheid vom 30.07.2014 durch die Widerspruchseinlegung hätte geheilt werden können, ist in der Widerspruchseinlegung jedenfalls keine Anhörung bezüglich eines anderen, im Übrigen, wie insbesondere aus dem Herausnahmen der Wohnanschrift des Klägers vom Aufenthaltsverbot deutlich wird, mit dem Bescheid vom 30.07.2014 nicht identischen Bescheids zu sehen. Davon abgesehen hatte der Kläger seinen Widerspruch vom 08.08.2014 noch nicht vollumfänglich begründet in der berechtigten Erwartung, dies im Laufe des Widerspruchsverfahrens nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakten von Polizei und Staatsanwaltschaft tun zu können. Auch hieran wird deutlich, dass hier der Widerspruchseinlegung nicht zugleich die Funktion einer Anhörung eines noch zu erlassenden Verwaltungsaktes zugeschrieben werden kann.
53 
Dafür, dass Ausnahmegründe i.S.d. § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG gegeben wären, gibt es auch hier keine Anhaltspunkte. Nachdem seit dem 08.08.2014 ein Rechtsanwalt mandatiert war, hätte die Beklagte diesem unschwer per Telefax Kenntnis über den beabsichtigten Neuerlass eines Betretungs- und Aufenthaltsverbotes geben und eine - sei es auch kurz bemessene - Frist zur Stellungnahme einräumen können. Dies hätte den Erlass des Bescheides, der erstmals für den 23.08.2014 - hier bezüglich der Herausnahme der Wohnanschrift des Klägers aus dem Regelungsbereich des Aufenthalts- und Betretungsverbots - eine Regelung traf, nicht untunlich verzögert.
54 
Eine Anhörung wäre daher auch vor Erlass des Bescheids vom 19.08.2014 erforderlich gewesen.
55 
Der Anhörungsmangel ist vorliegend auch nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unbeachtlich. Eine Heilung des Anhörungsfehlers wäre nur bis zum 20.09.2014, 14.00 Uhr, möglich gewesen, da der Bescheid sich zu diesem Zeitpunkt erledigte. Bis zu diesem Zeitpunkt aber war eine Heilung nicht erfolgt. Zwar kann, wie bereits dargelegt, ein Anhörungsmangel dadurch geheilt werden, dass der Betroffene gegen einen Ausgangsbescheid, dessen Begründung sich die wesentlichen Argumente der Behörde entnehmen lassen, Widerspruch einlegt. Der Kläger hat aber - wie gesehen - gegen den Bescheid vom 19.08.2014 keinen Widerspruch eingelegt und sich auch im Übrigen vor Erledigung des Verwaltungsaktes durch Zeitablauf am 20.09.2014 gegenüber der Behörde zur Rechtmäßigkeit dieses Bescheids nicht geäußert. Im Übrigen hätte, wie bereits dargelegt, auch eine Widerspruchseinlegung als solche nicht zu einer Heilung des Verfahrensmangels der Anhörung geführt, da diese jedenfalls eine ergebnisoffene Überprüfung der Ausgangsentscheidung durch die Behörde voraussetzt. An einer - wie auch immer gearteten - Überprüfung der Ausgangsentscheidung durch die Beklagte aber fehlte es bis zum Zeitpunkt der Erledigung.
56 
Nachdem folglich eine Heilung gemäß § 45 LVwVfG nicht stattgefunden hat und bei der im Ermessen der Behörde stehenden Verhängung von Aufenthalts- und Betretungsverboten auch kein Fall des § 46 LVwVfG gegeben ist, war auch der Bescheid vom 19.08.2014 rechtswidrig.
57 
Abgesehen davon ist der Bescheid auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil die Voraussetzungen des § 27a PolG nicht vorgelegen haben (vgl. dazu die Ausführungen unter 2.3.2, die auf diesen Bescheid uneingeschränkt übertragbar sind).
58 
2.3 Auch der Bescheid vom 19.09.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, ist im Ergebnis rechtswidrig gewesen.
59 
2.3.1 Zwar sind diese Bescheide formell rechtmäßig zustande gekommen. Insbesondere wurde der Kläger im Vorfeld des Erlasses des Bescheids vom 19.09.2014 angehört (vgl. Schreiben vom 10.09.2014), wobei die recht kurze Frist zur Stellungnahme umso weniger Bedenken aufwirft, als es sich hierbei inhaltlich lediglich um die Verlängerung bereits bestehender Verbote bzw. Auflagen handelt. Zwar wurde der Kläger vor Erlass dieses Bescheides nicht separat angehört; bereits mit Schreiben vom 10.09.2014 war der Kläger aber allgemein zum Erlass von Betretungs- und Aufenthaltsverboten sowie Meldeauflagen für den Zeitpunkt 21.09.2014 bis zum 20.12.2014 unter Verweis auf die Begründung im Bescheid vom 19.08.2014 angehört worden. Gegenstand der Anhörung waren folglich auch die mit Bescheid vom 06.10.2014 verhängten Maßnahmen.
60 
2.3.2 Das mit Bescheid vom 19.09.2014 unter Nr. I.1. gegen den Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot betreffend näher bestimmte Bereiche Fs an einzelnen Tagen im Zeitraum vom 27.09.2014 bis zum 21.12.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, erweist sich jedoch als materiell rechtswidrig.
61 
Das Aufenthalts- und Betretungsverbot ist auf § 27a Abs. 2 PolG gestützt. Nach § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird (Aufenthaltsverbot). Das Aufenthaltsverbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen (Satz 2). Es darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten (Satz 3).
62 
Die Beklagte stützt die gegen den Kläger verhängten Aufenthalts- und Betretungsverbote auf Erkenntnisse der Polizei. Danach sei der Kläger dem erweiterten Umfeld der Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen, die sich aus Personen der „ABC“ und „DEF“ zusammensetze. Auch wenn der Kläger keiner der Gruppen zuzuordnen sei, beteilige er sich vorsätzlich und willentlich an geplanten Schlägereien. In den Jahren 2012/13 habe er sich an zwei Drittortauseinandersetzungen beteiligt; weitere Drittortauseinandersetzungen, an denen der Kläger habe teilnehmen wollen, seien aus verschiedenen Gründen abgesagt worden. Mitglieder der Fer Ultraszene seien an Gewaltdelikten und anderen Straftaten beteiligt gewesen (Zünden von Pyrotechnik im Stadion, körperliche Auseinandersetzungen mit gegnerischen Problemfans im Bereich des Stadions oder der Innenstadt, Beschädigung von Sitzschalen, Widerstand gegen Polizeibeamte etc.). Der Umstand, dass der Kläger sich nachweislich in der Saison 2012/13 an Drittortauseinandersetzungen beteiligt habe, zeige seinen Hang zur Gewalt und dazu, bei Fußballbegegnungen die Konfrontation zu gegnerischen Fans erneut bewusst zu suchen. Es sei, so die Polizei, nicht auszuschließen, dass sich der Betroffene bei Fußballspielen aufhalte und hier eine körperliche Konfrontation mit gegnerischen Fans suche.
63 
Die Beklagte hatte keinen Grund, an der Richtigkeit der schriftlich vorgelegten Erkenntnisse der polizeilichen szenekundigen Beamten zu zweifeln. Durch jahrelange Beobachtung der Hooliganszene sowie durch die Sachbearbeitung aller Delikte rund um Fußballspiele verfügen szenekundige Beamte über eine umfassende Personenkenntnis und sind in der Lage, Problemfans differenziert zu beurteilen. Für ihre Informationsgewinnung greifen sie auf die Zentrale Informationsstelle Sportveranstaltungen zurück, bei welcher sämtliche Hinweise aus allen Bundesligastandorten zentral gebündelt und von dort wieder an die einzelnen Dienststellen und hier an die szenekundigen Beamten weitergegeben werden. Außerdem stehen sie untereinander in ständigem Kontakt und beobachten die Hooliganszene anlässlich von Fußballspielen. Aus der Bündelung dieser Informationen wird das Erkenntnismaterial gewonnen, das zur Beurteilung der Gefahrenprognose bei präventiven Maßnahmen zu Grunde gelegt wird (VG Minden, Urteil vom 29.06.2005 - 11 K 2952/04 -, juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris; VG München, Urteil vom 25.02.2010 - M 22 K 08.203 -, juris; VG Meiningen, Urteil vom 08.02.2011 - 2 K 453/09 Me -, juris).
64 
Diese polizeiliche Auswertung der Sachlage und Gefahreneinschätzung, die in der mündlichen Verhandlung von Herrn K vom Polizeirevier F-Süd weiter erläutert wurde, rechtfertigt zur Überzeugung der Kammer ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot gegen den Kläger für Bereiche der Innenstadt bzw. um das Stadion herum nicht. Vielmehr fehlte es insoweit im Herbst 2014 an Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger gerade in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen - und nur hierauf kommt es an - eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde, so dass bereits der Tatbestand des § 27a Abs. 2 PolG nicht erfüllt gewesen ist.
65 
Zwar ist die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Frage, wann gegen ein Mitglied einer gewaltbereiten Fangruppierung bzw. einer Hooligangruppe ein Aufenthalts- und Betretungsverbot erlassen werden kann, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person in dem vom Aufenthaltsverbot erfassten Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, relativ großzügig. So wird zu Recht nicht verlangt, dass dem Betroffenen im Einzelnen eine konkrete Tatbegehung nachgewiesen werden kann (VG Minden, Beschluss vom 02.10.2014 - 11 L 763/14 -, juris; VG Arnsberg, Beschluss vom 01.07.2009 - 3 L 345/09 -, juris; VG Aachen, Beschluss vom 26.04.2013 - 6 L 170/13 -, juris; VG Hannover, Beschluss vom 21.07.2011 - 10 B 2096/11 -, juris; ); selbst der Nachweis der Zugehörigkeit zum Kernbereich der gewalttätigen Fan- bzw. Hooliganszene wird als nicht erforderlich erachtet (VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris). Begründet wird dies überzeugend damit, dass eine von einem Mitglied einer gewaltbereiten Gruppierung ausgehende Gefahr schon darin besteht, dass dieser durch seine zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu dieser Gruppe die Gewaltbereitschaft fördert und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwenden, eine zumindest psychologische Stütze darstellt. Die von Hooligans oder gewaltbereiten Fans etwa einer Ultra-Gruppierung begangenen Straftaten haben ein typisches Erscheinungsbild und stellen sich als Deliktstyp dar, der aus der homogenen Gruppe heraus initiiert und gesteigert wird. Die gewaltbereite Szene benötigt ein unterstützendes Umfeld; schon die bloße Anwesenheit von Gleichgesinnten trägt zur Gewaltbereitschaft derjenigen bei, die ihrem Kernbereich zuzurechnen sind und aus der Anonymität der Gruppe heraus agieren.
66 
Andererseits lassen sich Maßnahmen auf Grundlage des § 27a Abs. 2 PolG nicht auf reine Vermutungen stützen; vielmehr müssen aussagekräftige, tatsächliche Hinweise dafür vorliegen, dass der Betreffende nicht nur allgemein, sondern gerade dort, wo das Aufenthaltsverbot gelten soll, eine Straftat verüben wird (VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris; Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 27a Rn. 11; Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035).
67 
An derartigen aussagekräftigen Hinweisen dafür, dass der Kläger zukünftig in den vom Aufenthalts- und Betretungsverbot erfassten Bereichen eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen würde, aber fehlt es nach Auffassung der Kammer. Wie Herr K vom Polizeirevier F Süd und später auch der szenekundige Beamte M anlässlich seiner Angaben im Verfahren 4 K 3074/14 ausgeführt haben, ist der Kläger nicht deshalb ins Visier der Polizei geraten, weil er bereits in der Vergangenheit im Bereich des Stadions oder der Innenstadt als zur Gewalt neigend oder auch nur als Mitglied einer Ultra-Gruppierung aufgefallen wäre; tatsächlich hat der Kläger, der auch nach Informationen der Polizei keiner Ultra-Gruppierung zuzuordnen war, auch nach eigenen Angaben nur selten eine Fußballbegegnung im Stadion verfolgt. Ein Aufenthalts- und Betretungsverbot wurde gegen ihn letztlich (nur) deshalb verhängt, weil er nachweislich an Drittortauseinandersetzungen mit Fans rivalisierender Vereine teilgenommen hat. So hat er sich am 13.10.2012 an einer Drittortauseinandersetzung mit einer Gruppierung aus Nancy in L in Frankreich und am 12.04.2013 an einer Auseinandersetzung mit einer Gruppierung aus H in der Nähe von T beteiligt und war darüber hinaus ausweislich der im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erfolgten Rekonstruktion eines SMS-Verlaufs auf dem iPhone von R an Planungen hinsichtlich einer geplanten Drittortauseinandersetzung mit einer Gruppierung aus Ulm in der Nähe von Pforzheim im März 2013 sowie einer weiteren Auseinandersetzung gegen München in Friedrichshafen / Bodensee im Mai 2013 beteiligt bzw. wurde insoweit angefragt, sagte aber jeweils ab. Damit hat sich der Kläger mehrfach der (gefährlichen) Körperverletzung schuldig gemacht (vgl. zur Strafbarkeit verabredeter Schlägereien konkurrierender Gruppierungen BGH, Urteil vom 22.01.2015 - 3 StR 233/14 -, juris). Allerdings gab und gibt es für die Polizei keinen Hinweis darauf, dass der Kläger im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit Fußballbegegnungen - und damit außerhalb von Drittortauseinandersetzungen, die im gegenseitigen Einverständnis stattfinden und nach gewissen Regeln ablaufen - gegnerische Fans provoziert oder angegangen oder zur Begehung von Straftaten durch andere gewaltbereite Fans in irgendeiner Weise beigetragen hätte. Zwar hat der Polizeibeamte M ausgeführt, es spreche einiges dafür, dass jemand, der sich bereits außerhalb des Stadions körperlich mit gegnerischen Fans gemessen habe, auch bei kritischen Situationen im Stadionbereich eher die körperliche Auseinandersetzung suche als jemand, der Gewalt für sich vollständig ablehne. Unabhängig davon, ob diese Überlegungen grundsätzlich als konkreter Anhaltspunkt für die Begehung von Straftaten dienen und damit ein Aufenthalts- und Betretungsverbot rechtfertigen können, ist ein solcher Schluss im Zusammenhang mit dem Kläger bereits deshalb unzulässig, weil er auch nach Informationen der Polizei im Vorfeld der Verhängung der Aufenthalts- und Betretungsverbote gerade nicht zum engeren Kreis der Ultra-Fans gehörte und sich auch nur gelegentlich - und wenn, dann offenbar für die Polizei unauffällig - im Stadion aufhielt. Allein aus der Beteiligung an Drittortauseinandersetzungen aber wird lässt sich gerade nicht herleiten, dass der betreffende Fußballfan bewusst auch im engeren oder weiteren Umfeld von Stadien die tätliche Auseinandersetzung mit anderen Fußballfans suchen wird (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris, und Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Auch der Eintrag in die Datei „Gewalttäter Sport“ ist als solcher keine Tatsache, die im Sinne von § 27a Abs. 2 PolG die Annahme der Begehung von Straftaten rechtfertigt, sondern allenfalls ein Hinweis auf das Vorliegen entsprechender Tatsachen; er enthebt die Behörde daher nicht davon, ihre Einschätzung, der Betreffende werde in einem bestimmten Bereich eine Straftat begehen, auf konkret belegbare Ereignisse zu stützen (OVG Bremen, Beschluss vom 10.02.2010 - 1 B 30/10 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris). Schließlich schätzte auch die Polizei die Lage offenbar nicht so ein, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestanden hat, der Kläger werde in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen. Vielmehr ist in den polizeilichen Stellungnahmen zur Person des Klägers lediglich davon die Rede, der Kläger sei dem „erweiterten Umfeld der Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen“ und es könne „nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Betroffene bei Fußballspielen aufhält und hier eine körperliche Konfrontation mit gegnerischen Fans sucht“. Es folgt eine Chronologie der Ereignisse, an denen die Ultragrupperungen „ABC“ und „DEF“ beteiligt waren, jedoch ohne Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger an einer der Aktionen beteiligt oder auch nur dabei anwesend war. Allein die abstrakte, von allgemeinen Erfahrungswerten gestützte Möglichkeit, der Kläger könne in Zukunft in Abweichung von seinem bisherigen Verhalten auch im Bereich des Stadions oder der Innenstadt auffällig werden und bei künftigen Spielen dort sicherheitsrelevante Störungen verursachen, aber genügt nicht für die Erfüllung des Tatbestands des § 27a Abs. 2 PolG.
68 
2.3.3 Auch die Meldeauflage in dem Bescheid der Beklagten vom 19.09.2014 ist (Nr. I.2.) als rechtswidrig zu qualifizieren.
69 
Eine Meldeauflage zielt darauf, dass die betreffende Person sich bei einer bestimmten polizeilichen Dienststelle zu einem bestimmten Zeitpunkt „melden“ muss. Im Gegensatz zu einem Aufenthalts- und Betretungsverbot regelt sie unmittelbar nicht das „Wegbleiben“ vom einem bestimmten Ort, sondern das „Hinkommen“ zu einer Polizeidien (Siegel, NJW 2013, 1035). Mangels spezialgesetzlicher Grundlage lässt sich eine derartige Meldeauflage auf die polizeiliche Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) stützen (BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 6 C 39/06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris). Voraussetzung für den Erlass einer Meldeauflage ist danach das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wobei eine objektive ex-ante-Sicht maßgeblich ist. Die Beklagte hat den Erlass der Meldeauflage damit begründet, dass der Kläger von einer Anreise zum Auswärtsspielort des SC F und dadurch von der Teilnahme an hooligantypischen Auseinandersetzungen bei Auswärtsspielen habe abgehalten werden sollen. Damit lässt sich jedoch der Erlass einer Meldeauflage nicht rechtfertigen. Ebenso wenig nämlich wie konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, der Kläger werde im Bereich des Stadions Straftaten begehen, bestand eine hinreichend konkrete Gefahr dafür, dass der Kläger bei Auswärtsspielen am Auswärtsspielort straffällig werden würde. Denn der Kläger war in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt am Auswärtsspielort einer Mannschaft des SC F auffällig geworden; es fehlte darüber hinaus bereits an Anhaltspunkten dafür, dass er sich überhaupt an Auswärtsspieltagen am Auswärtsspielort des SC F aufhalten würde. Aber auch der für eine Eignung der verhängten Maßnahme zur Verhinderung von Straftaten erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen Auswärtsspielen des SC F und Drittortauseinandersetzungen war nicht gegeben. So fand etwa die Auseinandersetzung in T am 12.04.2013 im Zusammenhang mit einem Heimspiel des SC F statt, die Drittortauseinandersetzung bei H am 11.08.2012, an der auch der Kläger im Verfahren 4 K 3074/14 beteiligt war, stand gar nicht im Zusammenhang mit einer Partie der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F, und die für den 10.03.2013 geplante Auseinandersetzung gegen U wurde mangels Beteiligung kurzerhand auf den 23.03.2013 verschoben.
70 
2.4 Vor diesem Hintergrund ist auch die Zwangsgeldandrohung betreffend die unter Anordnung des Sofortvollzugs erlassene Meldeauflage rechtswidrig gewesen.
71 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Gründe, die Berufung durch das Verwaltungsgericht zuzulassen, bestehen nicht.

Gründe

 
I.
23 
Die im Wege objektiver Klagehäufung (§ 44 VwGO) erhobenen Klagen sind zulässig.
24 
1. Soweit sich der Kläger gegen die Gebührenfestsetzungen in den Bescheiden vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 (dort jeweils unter Nr. IV) wendet, sind die Klagen als Anfechtungsklagen zulässig.
25 
Im Hinblick auf den Bescheid vom 30.07.2014 hat das Regierungspräsidium F das vom Kläger durch Widerspruch vom 08.08.2014 eingeleitete Widerspruchsverfahren mit Schreiben vom 03.11.2014 formlos eingestellt. Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage gegen die Gebührenfestsetzung (Nr. IV) ist als Untätigkeitsklage gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig. Auch die Klage gegen Nr. IV im Bescheid der Beklagten vom 19.09.2014 ist gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig, nachdem die Stadt, die insoweit selbst Widerspruchsbehörde gewesen wäre, keinen Widerspruchsbescheid erlassen hat.
26 
2. Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass das mit Bescheiden vom 19.08.2014 und vom 19.09.2014 angeordnete Aufenthalts- und Betretungsverbot (jeweils Verfügung Nummer I.1 in den genannten Bescheiden) und die Meldeauflagen (jeweils Verfügung Nummer I.2) einschließlich deren Konkretisierung durch den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2014 rechtswidrig waren, ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.
27 
2.1 Die hier streitgegenständlichen Regelungen (Betretens- und Aufenthaltsverbote bzw. Meldeauflagen) bezogen sich auf das Jahr 2014 und haben sich daher zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt (§ 43 Abs. 2 LVwVfG). Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher (nach Klagerhebung, aber vor gerichtlicher Entscheidung) durch Rücknahme oder auf andere Weise, etwa durch Zeitablauf, erledigt hat, wie es beim Bescheid vom 19.09.2014 der Fall ist, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier der Verwaltungsakt vom 19.08.2014 - bereits vor Klageerhebung, findet auf die so genannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 6 C 16/09 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris; Urteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 -, juris).
28 
2.2 Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklagen steht nicht der Ablauf von Rechtsmittelfristen entgegen.
29 
2.2.1 Gegen den Bescheid der Beklagten vom 19.08.2014, der dem Kläger am 20.08.2014 zugegangen ist, hat er zwar keinen Widerspruch eingelegt, mutmaßlich aufgrund der Anmerkung der Beklagten in diesem Bescheid, der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30.07.2014 werde „auch auf diese Verfügung angewendet“. Daran, ob eine derartige Erstreckung rechtlich möglich ist, hat die Kammer Zweifel. Denn zum einen ist ein Widerspruch vor Ergehen des betreffenden Verwaltungsaktes nicht zulässig und verwandelt sich auch nicht nachträglich in einen zulässigen Widerspruch (vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 68 Rn. 2; Beschluss der Kammer vom 06.08.2015 - 4 K 1382/15 -), und zum anderen unterliegt es allein der Dispositionsbefugnis des Bürgers, ob er gegen einen (erneuten) Bescheid Widerspruch einlegen will oder nicht; dies muss umso mehr gelten, wenn, wie hier, der den ursprünglichen Bescheid ersetzende Bescheid mit ersterem nicht inhaltlich identisch ist, sondern von jenem substantiell (hier etwa im Hinblick auf die Herausnahme der Wohnanschrift des Klägers vom Aufenthalts- und Betretungsverbot) abweicht. Auch hat die Kammer mit Blick auf die nicht allein datumsmäßigen Änderungen im Bescheid vom 19.08.2014 gegenüber dem zu ersetzenden Bescheid vom 30.07.2014 Zweifel daran, ob die Durchführung eines Vorverfahrens entbehrlich und sogleich die Erhebung einer Anfechtungsklage möglich gewesen wäre (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 68 Rn. 23).
30 
Ob der Kläger rechtswirksam Widerspruch eingelegt hat, Erledigung durch Zeitablauf somit während des bereits laufenden Widerspruchsverfahren eingetreten ist, oder ob es an einem rechtswirksamen Widerspruch fehlt, und wenn ja, ob dieser entbehrlich gewesen ist, kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn Erledigung des am 19.08.2014 erlassenen Verwaltungsaktes ist am Samstag, dem 20.09.2014 und damit während der gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 2 ZPO bis zum Montag, dem 22.09.2014, laufenden Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO eingetreten. In allen genannten Konstellationen bedürfte es jedenfalls nach dem 20.09.2014 der Einleitung bzw. (weiteren) Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht mehr, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr erfüllen könnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris, m.w.N.). Stattdessen stand mit Ablauf des 20.09.2014 dem Kläger die nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage offen. Diese ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung begrenzt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris; Urteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 -, juris). Für eine Verwirkung aber ist im Hinblick auf die weniger als vier Monate nach Erledigung und etwa zwei Monate nach Mitteilung des Regierungspräsidiums F, dass ein Widerspruchsbescheid nach Erledigung nicht mehr ergehe, nichts ersichtlich.
31 
2.2.2 Im Hinblick auf die Bescheide der Beklagten vom 19.09.2014 und 06.10.2014 wurde der fristgerecht eingelegte Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F vom 08.12.2014, zugestellt am 12.12.2014, zurückgewiesen. Erledigung trat am 22.12.2014, 22:00 Uhr ein, somit während der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO. Da die Klage am 10.01.2015 und damit binnen Monatsfrist erhoben wurde, bestehen auch insoweit keine Bedenken an der Zulässigkeit der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage.
32 
2.4 Der Kläger kann ferner bezüglich aller mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffenen Verwaltungsakte ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für sich reklamieren.
33 
Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat.
34 
2.3.1 Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich vorliegend aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt, dass der Betroffene die Möglichkeit erhält, die Rechtmäßigkeit ihn belastender Eingriffsmaßnahmen nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen zu lassen. Handelt es sich daher um Maßnahmen, die sich typischerweise - d.h. entsprechend der Eigenart des Verwaltungsakts - so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten, eröffnet Art. 19 Abs. 4 GG die Möglichkeit einer Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts im Wege nachträglicher Feststellung (st. RSpr., vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 30.04.1997 - 2 BvR 817/90 -, juris; BVerfG, Beschluss vom 05.07.2013 - 2 BvR 370/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.05.2015 - 6 S 494/15 -, juris; Bayer. VGH, Urteil vom 04.02.2014 - 10 B 10.2913 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26.11.2013 - 3 A 106/12 -, juris).
35 
Das polizeirechtliche, auf § 27a Abs. 2 PolG BW gestützte Betretungs- und Aufenthaltsverbot, das zeitlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken ist und die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten darf (vgl. § 27a Abs. 2 Sätze 2, 3 PolG), und dessen gerichtlicher Überprüfung zudem ein Widerspruchsverfahren vorgeschaltet ist, gehört zu den sich typischerweise vor der Möglichkeit der Erlangung verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren erledigenden Maßnahmen; aufgrund welcher Einschätzung die Beklagte zu dem Ergebnis gelangt ist, eine typischerweise kurzfristige Erledigung liege „in der vorliegenden Konstellation erkennbar nicht vor“, erschließt sich für die Kammer nicht. Gleiches gilt für die regelmäßig als Annex zu Betretungs- und Aufenthaltsverboten erlassenen, auf §§ 1, 3 PolG BW gestützten Meldeauflagen.
36 
Art. 19 Abs. 4 GG wurde bei der Frage, inwieweit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegt, in der Vergangenheit häufig im Zusammenhang mit tiefgreifenden Grundrechtseingriffen, insbesondere solcher, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat, fruchtbar gemacht (vgl. die oben zitierte Rechtsprechung). Insoweit kann aber dahinstehen, inwieweit ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot den grundrechtsrelevanten Bereich der Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 24.09.2014 - 5 K 659/14.F -, juris; a.A. Bayer. VGH, Beschluss vom 09.06.2006 - 24 CS 06.1521 -, juris) bzw. das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 GG (VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035) berührt und deshalb bereits einen hinreichend tiefgreifenden Grundrechtseingriff darstellt. Denn nach Auffassung der Kammer ist ein auf Art. 19 Abs. 4 GG gestütztes Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht auf Fälle tiefgreifender Grundrechtseingriffe beschränkt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in mehreren Urteilen aus dem Jahr 2013 (Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris; Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 38/12 -, juris; Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 39/12 -, juris) festgestellt, die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziere nicht nach der Intensität des erledigten Eingriffs und dem Rang der betroffenen Rechte. „Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten.“ Dass das Bundesverwaltungsgericht aus diesem Befund nicht explizit den Schluss gezogen hat, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehe ungeachtet der Schwere des Eingriffs allein aufgrund typischerweise kurzfristiger Erledigung des Verwaltungsakts, war dem Umstand geschuldet, dass in den dort zu entscheidenden Fallkonstellationen gerade kein sich typischerweise kurzfristig erledigender Verwaltungsakt vorlag mit der Folge, dass dort, da die „Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht [gebietet], ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern“, das Bestehen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses im Ergebnis abzulehnen war. Nimmt man jedoch die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 19 Abs. 4 GG ernst, so ist im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Fällen typischerweise kurzfristiger Erledigung eines Verwaltungsaktes zu bejahen, ohne dass es insoweit besonderer Anforderungen etwa an die Intensität des Grundrechtseingriffs bedürfte (so bereits VG F, Urteil vom 23.02.2012 - 4 K 2649/10 -, juris; vgl. auch Sächs. OVG, Urteil vom 27.01.2015 - 4 A 533/13 -, juris; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 Rn. 145, m.w.N.; Fehling/Kastner/Störmer, VerwR, § 113 VwGO Rn. 110; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 113 Rn. 282 f.; a.A. VG Düsseldorf, Urteil vom 03.02.2015 - 22 K 5865/13 -, juris, in dem zwar festgestellt wird, die Anforderungen an das Gewicht des Grundrechtseingriffs dürften nicht überspannt werden, andererseits aber eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG allein als nicht gewichtig genug eingestuft wird, um ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen).
37 
2.3.2 Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse daneben wegen eines Rehabilitierungsinteresses des Klägers zu bejahen ist. Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris).
38 
Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten beruhen vom maßgebenden Empfängerhorizont aus auf dem Vorwurf, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und habe sich bei Drittortschlägereien strafbar gemacht. Es spricht einiges dafür, dass dieser doppelte Vorwurf der Beklagten und die daraus resultierende Stigmatisierung des Klägers als einem für seine Umwelt in bestimmten Situationen gefährlichen, sich in strafwürdiger Weise gewalttätig verhaltenden Menschen, der sich aufgrund seines Verhaltens an einer relevanten Zahl von Wochenenden über Stunden hinweg nicht im Innenstadtbereich seines Wohnorts aufhalten darf, sich als gegenüber dem Kläger diskriminierend und seinen grundrechtlichen Ehrschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigend darstellt (so etwa VG Stuttgart, Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Dies kann jedoch im Ergebnis offen bleiben.
III.
39 
Die Klagen sind ferner vollumfänglich begründet.
40 
1. Die Begründetheit der gegen die Verfügungen Nummer IV. in den Bescheiden der Beklagten vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 - Gebührenfestsetzungen von jeweils 150,-- EUR - ergibt sich bereits daraus, dass eine Gebühr, die für eine rechtswidrige Amtshandlung erhoben wird, deren Schicksal teilt und selbst als rechtswidrig zu qualifizieren ist. Die in den Bescheiden vom 30.07.2014 und vom 19.09.2015 erlassenen Betretungs- und Aufenthaltsverbote sowie Meldeauflagen aber erweisen sich, wie sich aus den Ausführungen unter 2. ergibt, als rechtswidrig. Auch die Gebührenfestsetzungen sind daher rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
41 
2. Auch die Fortsetzungsfeststellungsklagen sind begründet. Denn die Bescheide vom 30.07.2014, 19.08.2014 und 19.09.2014 in Gestalt der Konkretisierung durch den Bescheid vom 06.10.2014 waren rechtswidrig.
42 
2.1 Der Bescheid der Beklagten vom 30.07.2014 ist bereits wegen eines Anhörungsmangels formal rechtswidrig gewesen.
43 
2.1.1 Nach § 28 Abs. 1 LVwVfG ist einem Beteiligten vorbehaltlich der Ausnahmen in § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift.
44 
Eine Anhörung des Klägers durch die Beklagte vor Erlass des Bescheides vom 30.07.2014 hat nicht stattgefunden. Dafür, dass Ausnahmegründe i.S.d. § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG gegeben wären, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, gibt es vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar erhielt die Beklagte erst durch Schreiben des Polizeipräsidiums F vom 23.07.2014 davon Kenntnis, dass es über den Kläger personenbezogene Kenntnisse gibt, wonach er sich an körperlichen Auseinandersetzungen außerhalb von Fußballbegegnungen beteilige und die Wahrscheinlichkeit für die zukünftige Straftatenbegehung als hoch zu bezeichnen sei, weshalb Antrag auf Erteilung einer Meldeauflage sowie eines Aufenthalts- und Betretungsverbots für Begegnungen ab dem 02.08.2014 gestellt werde. Dennoch blieb der Beklagten ungefähr eine Woche bis zum geplanten Erlass der beantragten Auflagen und Verbote vor der ersten anstehenden Begegnung. Auch wenn die Beklagte in diesem Zeitraum eine Verbotsverfügung nicht lediglich formulieren, sondern zunächst auch die Akten sichten und ggf. durch Rückfragen bei der Polizei den Sachverhalt aufklären musste, kann die Kammer nicht erkennen, dass sie den Kläger nicht vom beabsichtigten Erlass eines Bescheides beispielsweise fernmündlich hätten informieren und ihm Gelegenheit etwa zu einer persönlichen Vorsprache binnen einer eng bemessenen Frist hätte geben können. Dass durch eine vorherige Anhörung auch bei Gewährung kürzester Anhörungsfristen ein Zeitverlust eingetreten wäre, der im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge gehabt hätte, dass die durch den Verwaltungsakt zu treffende Regelung zu spät gekommen wäre, um ihren Zweck zu erreichen, kann die Kammer - zumal auch nichts dafür vorgetragen ist, dass der Zweck der Aufenthalts- und Betretungsverbote nicht hätte erreicht werden können, wenn diese erst ab der zweiten Begegnung gegolten hätten - nicht erkennen. Eine Anhörung wäre daher tunlich gewesen.
45 
Die Kammer sieht sich vor dem Hintergrund, dass in Sachverhaltskonstellationen wie den vorliegenden nach dem Eindruck der Kammer die Beklagte fast regelhaft auf eine Anhörung zu verzichten scheint, zu dem Hinweis veranlasst, dass die gesetzlichen, in § 28 Abs. 1 LVwVfG verankerten Anhörungsrechte mitnichten ein relatives, auch nachträglich gewährbares Recht darstellen, sie vielmehr - ungeachtet der Heilungsmöglichkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG - grundsätzlich als zwingendes Recht ausgestaltet sind, hinter dem das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) steht.
46 
2.1.2 Der Anhörungsmangel ist vorliegend auch nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift ist ein Verstoß gegen § 28 LVwVfG unbeachtlich, wenn der die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Abs. 2) nachgeholt wird. Eine Heilung in diesem Sinne tritt allerdings nur dann ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird (BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 - 3 C 14/09 -, juris). Das setzt voraus, dass der Beteiligte - nachträglich - eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und die Behörde die vorgebrachten Argumente zum Anlass nimmt, die ohne vorherige Anhörung getroffene Entscheidung kritisch zu überdenken (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 Rn. 26, m.w.N.; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl., § 45 Rn. 76, m.w.N.). Die Heilung ist ausgeschlossen, wenn die nachgeholte Verfahrenshandlung ihre rechtsstaatlich gebotene Funktion nicht mehr erfüllen kann (Hess. VGH, Urteil vom 06.05.2015 - 6 A 493/14 -, juris).
47 
Gemessen daran ist eine Heilung hier nicht erfolgt. Eine Heilung des Anhörungsfehlers wäre nur bis zum 17.08.2014 möglich gewesen, da sich die Aufenthalts- und Betretungsverbote bzw. Meldeauflagen zu diesem Zeitpunkt durch Zeitablauf erledigten und eine Nachholung der Anhörung nach Erledigung eines Verwaltungsaktes nicht mehr in Betracht kommt (Ziekow, VwVfG, 3. Aufl., § 45 Rn. 14; Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl., § 45 Rn. 43; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 45 Rn. 76). Bis zu diesem Zeitpunkt aber war eine Heilung nicht erfolgt.
48 
Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine unterbliebene Anhörung regelmäßig auch dadurch geheilt werden kann, dass der Betroffene auf Grundlage der dem Verwaltungsakt beigefügten Begründung die Möglichkeit hat, im Rahmen der Widerspruchsbegründung zu den im Bescheid verwerteten Tatsachen Stellung zu nehmen und weitere ihm bedeutsam erscheinende Tatsachen vorzutragen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.08.1982 - 1 C 22/81 -, NVwZ 1983, 284; Stelkens/Bonk/Sachs, VwGO, 7. Aufl., § 45 Rn. 80). Vorliegend hat der Kläger am 08.08.2014 Widerspruch eingelegt. Allerdings führt nicht bereits die Widerspruchseinlegung als solche zu einer Heilung des Verfahrensmangels der Anhörung. Eine Heilung tritt nämlich nicht bereits aufgrund schlichter isolierter Nachholung der fehlerhaften oder versäumten Verfahrenshandlung ein (vgl. zum Folgenden Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 45 Rn. 43, 46; Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl., § 45 Rn. 105; Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 45 Rn. 16 f., 47; jew. m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.08.1982 - 1 C 22/81 -, NVwZ 1983, 284). Läge in dem Widerspruch bereits die Heilung der von der Erstbehörde unterlassenen Anhörung, liefe § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG weitgehend leer (vgl. dazu Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., Rn. 79), denn eine Überprüfung dieses Verfahrensfehlers erfolgt in aller Regel nur aufgrund eines Widerspruchs, der seinerseits grundsätzlich die Heilung bewirkte, ohne dass die Behörde ihrerseits zu irgendeinem Zeitpunkt die Ausführungen des Betroffenen zur Kenntnis nehmen müsste. Vielmehr bedarf es hierfür insbesondere im Falle einer zunächst unterbliebenen Anhörung im Anschluss an deren Nachholung einer nochmaligen neuen und unvoreingenommenen Überprüfung des ursprünglichen Verwaltungsaktes durch die Behörde anhand etwaigen Vorbringens des Betroffenen sowie aller seit dem Erlass des Verwaltungsaktes zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen der Rechts- oder Sachlage und des Weiteren einer daran anschließenden Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes. Ob das Ergebnis der erneuten Überprüfung dem Betroffenen in einem separaten Schreiben mitgeteilt werden muss oder ob es ausreicht, dass aus den Akten bzw. im Rahmen eines Abhilfe- oder Widerspruchsbescheids aus dem Bescheid deutlich wird, dass die Behörde ihre Ausgangsentscheidung kritisch überprüft hat, kann vorliegend dahinstehen. Denn vorliegend hat die Beklagte ihre Ausgangsentscheidung bis zum 19.08.2014 nicht überprüft und lediglich unter dem 19.08.2014 einen neuen, teilweise inhaltlich abweichenden Bescheid erlassen, der den Bescheid vom 30.07.2014 für die Zukunft ersetzte.
49 
Nachdem folglich eine Heilung gemäß § 45 LVwVfG nicht stattgefunden hat und bei der im Ermessen der Behörde stehenden Verhängung von Aufenthalts- und Betretungsverboten auch kein Fall des § 46 LVwVfG gegeben ist, war der Bescheid vom 30.07.2014, soweit er die genannten Aufenthalts- und Betretungsverbote sowie Meldeauflagen betraf, rechtswidrig.
50 
2.1.3 Abgesehen davon ist der Bescheid auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil die Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 PolG nicht vorgelegen haben (vgl. dazu die Ausführungen unter 2.3.2, die auf diesen Bescheid uneingeschränkt übertragbar sind).
51 
2.2 Auch der Bescheid vom 19.08.2014 ist bereits wegen eines Anhörungsmangels formal rechtswidrig gewesen.
52 
Auch vor Erlass des angefochtenen Bescheides vom 19.08.2014 hat eine ausdrückliche Anhörung des Klägers durch die Beklagte nicht stattgefunden. Eine Anhörung ist zur Überzeugung der Kammer auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte unter dem 30.07.2014 einen - im Wesentlichen gleich lautenden - Bescheid gegen den Kläger erlassen hatte, vor dessen Erlass sie den Kläger zwar ebenfalls nicht angehört hatte, gegen den dieser jedoch mit Schreiben vom 08.08.2014 Widerspruch eingelegt hat. Denn unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen der Anhörungsmangel betreffend den Bescheid vom 30.07.2014 durch die Widerspruchseinlegung hätte geheilt werden können, ist in der Widerspruchseinlegung jedenfalls keine Anhörung bezüglich eines anderen, im Übrigen, wie insbesondere aus dem Herausnahmen der Wohnanschrift des Klägers vom Aufenthaltsverbot deutlich wird, mit dem Bescheid vom 30.07.2014 nicht identischen Bescheids zu sehen. Davon abgesehen hatte der Kläger seinen Widerspruch vom 08.08.2014 noch nicht vollumfänglich begründet in der berechtigten Erwartung, dies im Laufe des Widerspruchsverfahrens nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakten von Polizei und Staatsanwaltschaft tun zu können. Auch hieran wird deutlich, dass hier der Widerspruchseinlegung nicht zugleich die Funktion einer Anhörung eines noch zu erlassenden Verwaltungsaktes zugeschrieben werden kann.
53 
Dafür, dass Ausnahmegründe i.S.d. § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG gegeben wären, gibt es auch hier keine Anhaltspunkte. Nachdem seit dem 08.08.2014 ein Rechtsanwalt mandatiert war, hätte die Beklagte diesem unschwer per Telefax Kenntnis über den beabsichtigten Neuerlass eines Betretungs- und Aufenthaltsverbotes geben und eine - sei es auch kurz bemessene - Frist zur Stellungnahme einräumen können. Dies hätte den Erlass des Bescheides, der erstmals für den 23.08.2014 - hier bezüglich der Herausnahme der Wohnanschrift des Klägers aus dem Regelungsbereich des Aufenthalts- und Betretungsverbots - eine Regelung traf, nicht untunlich verzögert.
54 
Eine Anhörung wäre daher auch vor Erlass des Bescheids vom 19.08.2014 erforderlich gewesen.
55 
Der Anhörungsmangel ist vorliegend auch nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unbeachtlich. Eine Heilung des Anhörungsfehlers wäre nur bis zum 20.09.2014, 14.00 Uhr, möglich gewesen, da der Bescheid sich zu diesem Zeitpunkt erledigte. Bis zu diesem Zeitpunkt aber war eine Heilung nicht erfolgt. Zwar kann, wie bereits dargelegt, ein Anhörungsmangel dadurch geheilt werden, dass der Betroffene gegen einen Ausgangsbescheid, dessen Begründung sich die wesentlichen Argumente der Behörde entnehmen lassen, Widerspruch einlegt. Der Kläger hat aber - wie gesehen - gegen den Bescheid vom 19.08.2014 keinen Widerspruch eingelegt und sich auch im Übrigen vor Erledigung des Verwaltungsaktes durch Zeitablauf am 20.09.2014 gegenüber der Behörde zur Rechtmäßigkeit dieses Bescheids nicht geäußert. Im Übrigen hätte, wie bereits dargelegt, auch eine Widerspruchseinlegung als solche nicht zu einer Heilung des Verfahrensmangels der Anhörung geführt, da diese jedenfalls eine ergebnisoffene Überprüfung der Ausgangsentscheidung durch die Behörde voraussetzt. An einer - wie auch immer gearteten - Überprüfung der Ausgangsentscheidung durch die Beklagte aber fehlte es bis zum Zeitpunkt der Erledigung.
56 
Nachdem folglich eine Heilung gemäß § 45 LVwVfG nicht stattgefunden hat und bei der im Ermessen der Behörde stehenden Verhängung von Aufenthalts- und Betretungsverboten auch kein Fall des § 46 LVwVfG gegeben ist, war auch der Bescheid vom 19.08.2014 rechtswidrig.
57 
Abgesehen davon ist der Bescheid auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil die Voraussetzungen des § 27a PolG nicht vorgelegen haben (vgl. dazu die Ausführungen unter 2.3.2, die auf diesen Bescheid uneingeschränkt übertragbar sind).
58 
2.3 Auch der Bescheid vom 19.09.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, ist im Ergebnis rechtswidrig gewesen.
59 
2.3.1 Zwar sind diese Bescheide formell rechtmäßig zustande gekommen. Insbesondere wurde der Kläger im Vorfeld des Erlasses des Bescheids vom 19.09.2014 angehört (vgl. Schreiben vom 10.09.2014), wobei die recht kurze Frist zur Stellungnahme umso weniger Bedenken aufwirft, als es sich hierbei inhaltlich lediglich um die Verlängerung bereits bestehender Verbote bzw. Auflagen handelt. Zwar wurde der Kläger vor Erlass dieses Bescheides nicht separat angehört; bereits mit Schreiben vom 10.09.2014 war der Kläger aber allgemein zum Erlass von Betretungs- und Aufenthaltsverboten sowie Meldeauflagen für den Zeitpunkt 21.09.2014 bis zum 20.12.2014 unter Verweis auf die Begründung im Bescheid vom 19.08.2014 angehört worden. Gegenstand der Anhörung waren folglich auch die mit Bescheid vom 06.10.2014 verhängten Maßnahmen.
60 
2.3.2 Das mit Bescheid vom 19.09.2014 unter Nr. I.1. gegen den Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot betreffend näher bestimmte Bereiche Fs an einzelnen Tagen im Zeitraum vom 27.09.2014 bis zum 21.12.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, erweist sich jedoch als materiell rechtswidrig.
61 
Das Aufenthalts- und Betretungsverbot ist auf § 27a Abs. 2 PolG gestützt. Nach § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird (Aufenthaltsverbot). Das Aufenthaltsverbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen (Satz 2). Es darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten (Satz 3).
62 
Die Beklagte stützt die gegen den Kläger verhängten Aufenthalts- und Betretungsverbote auf Erkenntnisse der Polizei. Danach sei der Kläger dem erweiterten Umfeld der Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen, die sich aus Personen der „ABC“ und „DEF“ zusammensetze. Auch wenn der Kläger keiner der Gruppen zuzuordnen sei, beteilige er sich vorsätzlich und willentlich an geplanten Schlägereien. In den Jahren 2012/13 habe er sich an zwei Drittortauseinandersetzungen beteiligt; weitere Drittortauseinandersetzungen, an denen der Kläger habe teilnehmen wollen, seien aus verschiedenen Gründen abgesagt worden. Mitglieder der Fer Ultraszene seien an Gewaltdelikten und anderen Straftaten beteiligt gewesen (Zünden von Pyrotechnik im Stadion, körperliche Auseinandersetzungen mit gegnerischen Problemfans im Bereich des Stadions oder der Innenstadt, Beschädigung von Sitzschalen, Widerstand gegen Polizeibeamte etc.). Der Umstand, dass der Kläger sich nachweislich in der Saison 2012/13 an Drittortauseinandersetzungen beteiligt habe, zeige seinen Hang zur Gewalt und dazu, bei Fußballbegegnungen die Konfrontation zu gegnerischen Fans erneut bewusst zu suchen. Es sei, so die Polizei, nicht auszuschließen, dass sich der Betroffene bei Fußballspielen aufhalte und hier eine körperliche Konfrontation mit gegnerischen Fans suche.
63 
Die Beklagte hatte keinen Grund, an der Richtigkeit der schriftlich vorgelegten Erkenntnisse der polizeilichen szenekundigen Beamten zu zweifeln. Durch jahrelange Beobachtung der Hooliganszene sowie durch die Sachbearbeitung aller Delikte rund um Fußballspiele verfügen szenekundige Beamte über eine umfassende Personenkenntnis und sind in der Lage, Problemfans differenziert zu beurteilen. Für ihre Informationsgewinnung greifen sie auf die Zentrale Informationsstelle Sportveranstaltungen zurück, bei welcher sämtliche Hinweise aus allen Bundesligastandorten zentral gebündelt und von dort wieder an die einzelnen Dienststellen und hier an die szenekundigen Beamten weitergegeben werden. Außerdem stehen sie untereinander in ständigem Kontakt und beobachten die Hooliganszene anlässlich von Fußballspielen. Aus der Bündelung dieser Informationen wird das Erkenntnismaterial gewonnen, das zur Beurteilung der Gefahrenprognose bei präventiven Maßnahmen zu Grunde gelegt wird (VG Minden, Urteil vom 29.06.2005 - 11 K 2952/04 -, juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris; VG München, Urteil vom 25.02.2010 - M 22 K 08.203 -, juris; VG Meiningen, Urteil vom 08.02.2011 - 2 K 453/09 Me -, juris).
64 
Diese polizeiliche Auswertung der Sachlage und Gefahreneinschätzung, die in der mündlichen Verhandlung von Herrn K vom Polizeirevier F-Süd weiter erläutert wurde, rechtfertigt zur Überzeugung der Kammer ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot gegen den Kläger für Bereiche der Innenstadt bzw. um das Stadion herum nicht. Vielmehr fehlte es insoweit im Herbst 2014 an Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger gerade in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen - und nur hierauf kommt es an - eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde, so dass bereits der Tatbestand des § 27a Abs. 2 PolG nicht erfüllt gewesen ist.
65 
Zwar ist die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Frage, wann gegen ein Mitglied einer gewaltbereiten Fangruppierung bzw. einer Hooligangruppe ein Aufenthalts- und Betretungsverbot erlassen werden kann, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person in dem vom Aufenthaltsverbot erfassten Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, relativ großzügig. So wird zu Recht nicht verlangt, dass dem Betroffenen im Einzelnen eine konkrete Tatbegehung nachgewiesen werden kann (VG Minden, Beschluss vom 02.10.2014 - 11 L 763/14 -, juris; VG Arnsberg, Beschluss vom 01.07.2009 - 3 L 345/09 -, juris; VG Aachen, Beschluss vom 26.04.2013 - 6 L 170/13 -, juris; VG Hannover, Beschluss vom 21.07.2011 - 10 B 2096/11 -, juris; ); selbst der Nachweis der Zugehörigkeit zum Kernbereich der gewalttätigen Fan- bzw. Hooliganszene wird als nicht erforderlich erachtet (VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris). Begründet wird dies überzeugend damit, dass eine von einem Mitglied einer gewaltbereiten Gruppierung ausgehende Gefahr schon darin besteht, dass dieser durch seine zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu dieser Gruppe die Gewaltbereitschaft fördert und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwenden, eine zumindest psychologische Stütze darstellt. Die von Hooligans oder gewaltbereiten Fans etwa einer Ultra-Gruppierung begangenen Straftaten haben ein typisches Erscheinungsbild und stellen sich als Deliktstyp dar, der aus der homogenen Gruppe heraus initiiert und gesteigert wird. Die gewaltbereite Szene benötigt ein unterstützendes Umfeld; schon die bloße Anwesenheit von Gleichgesinnten trägt zur Gewaltbereitschaft derjenigen bei, die ihrem Kernbereich zuzurechnen sind und aus der Anonymität der Gruppe heraus agieren.
66 
Andererseits lassen sich Maßnahmen auf Grundlage des § 27a Abs. 2 PolG nicht auf reine Vermutungen stützen; vielmehr müssen aussagekräftige, tatsächliche Hinweise dafür vorliegen, dass der Betreffende nicht nur allgemein, sondern gerade dort, wo das Aufenthaltsverbot gelten soll, eine Straftat verüben wird (VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris; Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 27a Rn. 11; Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035).
67 
An derartigen aussagekräftigen Hinweisen dafür, dass der Kläger zukünftig in den vom Aufenthalts- und Betretungsverbot erfassten Bereichen eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen würde, aber fehlt es nach Auffassung der Kammer. Wie Herr K vom Polizeirevier F Süd und später auch der szenekundige Beamte M anlässlich seiner Angaben im Verfahren 4 K 3074/14 ausgeführt haben, ist der Kläger nicht deshalb ins Visier der Polizei geraten, weil er bereits in der Vergangenheit im Bereich des Stadions oder der Innenstadt als zur Gewalt neigend oder auch nur als Mitglied einer Ultra-Gruppierung aufgefallen wäre; tatsächlich hat der Kläger, der auch nach Informationen der Polizei keiner Ultra-Gruppierung zuzuordnen war, auch nach eigenen Angaben nur selten eine Fußballbegegnung im Stadion verfolgt. Ein Aufenthalts- und Betretungsverbot wurde gegen ihn letztlich (nur) deshalb verhängt, weil er nachweislich an Drittortauseinandersetzungen mit Fans rivalisierender Vereine teilgenommen hat. So hat er sich am 13.10.2012 an einer Drittortauseinandersetzung mit einer Gruppierung aus Nancy in L in Frankreich und am 12.04.2013 an einer Auseinandersetzung mit einer Gruppierung aus H in der Nähe von T beteiligt und war darüber hinaus ausweislich der im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erfolgten Rekonstruktion eines SMS-Verlaufs auf dem iPhone von R an Planungen hinsichtlich einer geplanten Drittortauseinandersetzung mit einer Gruppierung aus Ulm in der Nähe von Pforzheim im März 2013 sowie einer weiteren Auseinandersetzung gegen München in Friedrichshafen / Bodensee im Mai 2013 beteiligt bzw. wurde insoweit angefragt, sagte aber jeweils ab. Damit hat sich der Kläger mehrfach der (gefährlichen) Körperverletzung schuldig gemacht (vgl. zur Strafbarkeit verabredeter Schlägereien konkurrierender Gruppierungen BGH, Urteil vom 22.01.2015 - 3 StR 233/14 -, juris). Allerdings gab und gibt es für die Polizei keinen Hinweis darauf, dass der Kläger im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit Fußballbegegnungen - und damit außerhalb von Drittortauseinandersetzungen, die im gegenseitigen Einverständnis stattfinden und nach gewissen Regeln ablaufen - gegnerische Fans provoziert oder angegangen oder zur Begehung von Straftaten durch andere gewaltbereite Fans in irgendeiner Weise beigetragen hätte. Zwar hat der Polizeibeamte M ausgeführt, es spreche einiges dafür, dass jemand, der sich bereits außerhalb des Stadions körperlich mit gegnerischen Fans gemessen habe, auch bei kritischen Situationen im Stadionbereich eher die körperliche Auseinandersetzung suche als jemand, der Gewalt für sich vollständig ablehne. Unabhängig davon, ob diese Überlegungen grundsätzlich als konkreter Anhaltspunkt für die Begehung von Straftaten dienen und damit ein Aufenthalts- und Betretungsverbot rechtfertigen können, ist ein solcher Schluss im Zusammenhang mit dem Kläger bereits deshalb unzulässig, weil er auch nach Informationen der Polizei im Vorfeld der Verhängung der Aufenthalts- und Betretungsverbote gerade nicht zum engeren Kreis der Ultra-Fans gehörte und sich auch nur gelegentlich - und wenn, dann offenbar für die Polizei unauffällig - im Stadion aufhielt. Allein aus der Beteiligung an Drittortauseinandersetzungen aber wird lässt sich gerade nicht herleiten, dass der betreffende Fußballfan bewusst auch im engeren oder weiteren Umfeld von Stadien die tätliche Auseinandersetzung mit anderen Fußballfans suchen wird (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris, und Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Auch der Eintrag in die Datei „Gewalttäter Sport“ ist als solcher keine Tatsache, die im Sinne von § 27a Abs. 2 PolG die Annahme der Begehung von Straftaten rechtfertigt, sondern allenfalls ein Hinweis auf das Vorliegen entsprechender Tatsachen; er enthebt die Behörde daher nicht davon, ihre Einschätzung, der Betreffende werde in einem bestimmten Bereich eine Straftat begehen, auf konkret belegbare Ereignisse zu stützen (OVG Bremen, Beschluss vom 10.02.2010 - 1 B 30/10 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris). Schließlich schätzte auch die Polizei die Lage offenbar nicht so ein, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestanden hat, der Kläger werde in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen. Vielmehr ist in den polizeilichen Stellungnahmen zur Person des Klägers lediglich davon die Rede, der Kläger sei dem „erweiterten Umfeld der Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen“ und es könne „nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Betroffene bei Fußballspielen aufhält und hier eine körperliche Konfrontation mit gegnerischen Fans sucht“. Es folgt eine Chronologie der Ereignisse, an denen die Ultragrupperungen „ABC“ und „DEF“ beteiligt waren, jedoch ohne Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger an einer der Aktionen beteiligt oder auch nur dabei anwesend war. Allein die abstrakte, von allgemeinen Erfahrungswerten gestützte Möglichkeit, der Kläger könne in Zukunft in Abweichung von seinem bisherigen Verhalten auch im Bereich des Stadions oder der Innenstadt auffällig werden und bei künftigen Spielen dort sicherheitsrelevante Störungen verursachen, aber genügt nicht für die Erfüllung des Tatbestands des § 27a Abs. 2 PolG.
68 
2.3.3 Auch die Meldeauflage in dem Bescheid der Beklagten vom 19.09.2014 ist (Nr. I.2.) als rechtswidrig zu qualifizieren.
69 
Eine Meldeauflage zielt darauf, dass die betreffende Person sich bei einer bestimmten polizeilichen Dienststelle zu einem bestimmten Zeitpunkt „melden“ muss. Im Gegensatz zu einem Aufenthalts- und Betretungsverbot regelt sie unmittelbar nicht das „Wegbleiben“ vom einem bestimmten Ort, sondern das „Hinkommen“ zu einer Polizeidien (Siegel, NJW 2013, 1035). Mangels spezialgesetzlicher Grundlage lässt sich eine derartige Meldeauflage auf die polizeiliche Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) stützen (BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 6 C 39/06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris). Voraussetzung für den Erlass einer Meldeauflage ist danach das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wobei eine objektive ex-ante-Sicht maßgeblich ist. Die Beklagte hat den Erlass der Meldeauflage damit begründet, dass der Kläger von einer Anreise zum Auswärtsspielort des SC F und dadurch von der Teilnahme an hooligantypischen Auseinandersetzungen bei Auswärtsspielen habe abgehalten werden sollen. Damit lässt sich jedoch der Erlass einer Meldeauflage nicht rechtfertigen. Ebenso wenig nämlich wie konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, der Kläger werde im Bereich des Stadions Straftaten begehen, bestand eine hinreichend konkrete Gefahr dafür, dass der Kläger bei Auswärtsspielen am Auswärtsspielort straffällig werden würde. Denn der Kläger war in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt am Auswärtsspielort einer Mannschaft des SC F auffällig geworden; es fehlte darüber hinaus bereits an Anhaltspunkten dafür, dass er sich überhaupt an Auswärtsspieltagen am Auswärtsspielort des SC F aufhalten würde. Aber auch der für eine Eignung der verhängten Maßnahme zur Verhinderung von Straftaten erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen Auswärtsspielen des SC F und Drittortauseinandersetzungen war nicht gegeben. So fand etwa die Auseinandersetzung in T am 12.04.2013 im Zusammenhang mit einem Heimspiel des SC F statt, die Drittortauseinandersetzung bei H am 11.08.2012, an der auch der Kläger im Verfahren 4 K 3074/14 beteiligt war, stand gar nicht im Zusammenhang mit einer Partie der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F, und die für den 10.03.2013 geplante Auseinandersetzung gegen U wurde mangels Beteiligung kurzerhand auf den 23.03.2013 verschoben.
70 
2.4 Vor diesem Hintergrund ist auch die Zwangsgeldandrohung betreffend die unter Anordnung des Sofortvollzugs erlassene Meldeauflage rechtswidrig gewesen.
71 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Gründe, die Berufung durch das Verwaltungsgericht zuzulassen, bestehen nicht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Untersagungsverfügung, mit der ihr die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten verboten wurde.

2

In der B. Straße ... in W. vermittelte die Klägerin Sportwetten an die I. in G., die über eine dort erteilte Lizenz zur Veranstaltung von Sportwetten verfügte. Nach vorheriger Anhörung untersagte das Landratsamt M. am Inn der Klägerin mit Bescheid vom 14. Oktober 2008 die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele in der genannten Betriebsstätte und forderte sie unter Androhung eines Zwangsgeldes von 10 000 € auf, ihre Tätigkeit mit Ablauf des auf die Zustellung des Bescheides folgenden Tages einzustellen. Es stützte die Untersagung auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV (a.F.) und die Erwägung, eine Erlaubnis könne wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nach § 10 Abs. 2, Abs. 5 GlüStV ohnehin nicht erteilt werden. Zur Begründung der Vollzugsregelung wurde ausgeführt, ein Zuwarten komme nicht in Betracht, da der Betreiber des Wettlokals sich zumindest wegen Beihilfe zum Veranstalten unerlaubten öffentlichen Glücksspiels nach § 284 Abs. 1 i.V.m. § 27 StGB strafbar mache.

3

Die am 15. Oktober 2008 erhobene Anfechtungsklage hat das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 28. April 2009 abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Begehren auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag für die Zeit vom 14. Oktober 2008 bis zum 31. Oktober 2010 umgestellt und vorgetragen, sie habe die Zugriffsmöglichkeit auf ihre frühere Betriebsstätte in der B. Straße ... in W. mit Ablauf des 31. Oktober 2010 endgültig verloren. Ihr Feststellungsinteresse ergebe sich aus der Absicht, unionsrechtliche Staatshaftungsansprüche geltend zu machen, sowie aus einem schwerwiegenden Eingriff in ihre Berufsfreiheit. Außerdem bestehe eine Wiederholungsgefahr, da sie beabsichtige, Sportwetten an einen anderen im EU-Ausland zugelassenen Anbieter zu vermitteln. Schließlich könne sie sich wegen des Vorwurfs strafbarer Beihilfe zur unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels auch auf ein Rehabilitierungsinteresse berufen. Zudem sei ihr Geschäftsführer einem Ordnungswidrigkeitenverfahren vor dem Amtsgericht M. am Inn ausgesetzt gewesen.

4

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 15. Mai 2012 das erstinstanzliche Urteil geändert und festgestellt, der angegriffene Bescheid vom 14. Oktober 2008 sei vom Zeitpunkt seines Erlasses bis zum 31. Oktober 2010 rechtswidrig gewesen. Die Untersagungsverfügung habe sich mit dem Verlust der Zugriffsmöglichkeit auf die Betriebsstätte endgültig erledigt. Die deshalb auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellte Klage sei zulässig. Der Vorwurf objektiv strafbaren Verhaltens begründe ein Rehabilitierungsinteresse, das durch das Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Geschäftsführer der Klägerin noch verstärkt werde. Darüber hinaus habe die Klägerin auch wegen des tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit und die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersagung. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei auch begründet. Sowohl die Untersagungsverfügung als auch die Zwangsgeldandrohung seien vom Erlass des Bescheides bis zum 31. Oktober 2010 rechtswidrig gewesen. Die Untersagungsverfügung sei ermessensfehlerhaft, da sie sich auf das staatliche Sportwettenmonopol stütze, das seinerseits gegen unionsrechtliche Grundfreiheiten verstoße. Die Monopolregelung sei wegen konterkarierender Regelung des Sektors der gewerblichen Automatenspiele inkohärent und beschränke die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49, 56 AEUV unverhältnismäßig; sie dürfe deshalb nicht angewendet werden.

5

Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision macht der Beklagte geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin bejaht. Ein Rehabilitierungsinteresse scheide aus, da die Klägerin sich als juristische Person nicht strafbar machen könne. Die Untersagungsverfügung bewirke auch keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff, sondern erschöpfe sich in einer Berufsausübungsregelung. Materiell-rechtlich wende das Berufungsgericht das unionsrechtliche Kohärenzerfordernis unzutreffend an.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Mai 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 28. April 2009 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Recht, weil es unzutreffend annimmt, die Klägerin habe gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit für den in Rede stehenden Zeitraum. Das Urteil beruht auch auf dieser Rechtsverletzung und erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Bei zutreffender Rechtsanwendung hätte es die Fortsetzungsfeststellungsklage für unzulässig halten müssen. Dies führt zur Änderung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen - klagabweisenden - Urteils. Dem steht nicht entgegen, dass der Klagantrag im Berufungsverfahren umgestellt wurde.

10

Mit Recht hat der Verwaltungsgerichtshof die Fortsetzungsfeststellungsklage für statthaft erachtet. Nachdem die Klägerin den Zugriff auf ihre Betriebsstätte zum 31. Oktober 2010 endgültig verloren hatte, hat sich die Untersagungsverfügung des Beklagten, die sich allein auf diese Betriebsstätte bezog, endgültig erledigt. Maßnahmen zur Vollstreckung der Untersagung, die noch rückgängig gemacht werden könnten, sind nicht ersichtlich.

11

Zulässig ist die statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage allerdings nur, wenn die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts hat. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position der Klägerin in den genannten Bereichen zu verbessern (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 4. März 1976 - BVerwG 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134 <137> und vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 61.06 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 3). Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Danach kommt es hier auf den Schluss der mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz an.

12

1. Für diesen Zeitpunkt lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Dazu ist nicht nur die konkrete Gefahr erforderlich, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird. Darüber hinaus müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein (Urteil vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 4 C 12.04 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23 Rn. 8 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die für die Beurteilung einer glücksspielrechtlichen Untersagung maßgeblichen rechtlichen Umstände haben sich mit dem Inkrafttreten des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (BayGVBl 2012 S. 318) und dessen landesrechtlicher Umsetzung in Bayern zum 1. Juli 2012 gemäß §§ 1 und 4 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften vom 25. Juni 2012 (BayGVBl S. 270) grundlegend geändert. Dem steht nicht entgegen, dass der allgemeine Erlaubnisvorbehalt für die Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und die Ermächtigung zur Untersagung der unerlaubten Veranstaltung und Vermittlung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV fortgelten. Für die rechtliche Beurteilung einer Untersagung kommt es auch auf die Verhältnismäßigkeit des mit ihr durchgesetzten Erlaubnisvorbehalts sowie des Verbots selbst und damit auf Fragen der materiellen Erlaubnisfähigkeit des untersagten Verhaltens an (vgl. Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55). Insoweit ergeben sich aus den in Bayern zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen, § 4 GlüStV ergänzenden Spezialregelungen betreffend die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten erhebliche Unterschiede zur früheren, bis zum 30. Juni 2012 geltenden Rechtslage. Nach § 10a Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 4a ff. GlüStV wird das staatliche Sportwettenmonopol - zunächst für eine Experimentierphase von sieben Jahren - durch ein Konzessionssystem ersetzt. Gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV können bundesweit bis zu 20 Wettunternehmen eine Veranstalterkonzession erhalten. Für die Konzessionäre wird das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, von dem ohnehin nach Absatz 5 der Vorschrift dispensiert werden darf, nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV gelockert. Die Vermittlung konzessionierter Angebote bleibt nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erlaubnispflichtig. Die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung werden aber in § 19 i.V.m. §§ 5 bis 8 GlüStV in wesentlichen Punkten neu geregelt. So wurden die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV deutlich zurückgenommen (dazu im Einzelnen Beschluss vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 6). Andererseits enthält § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV eine weitgehende Konkretisierung der zuvor nur allgemein statuierten Aufklärungspflichten. Außerdem bindet § 8 Abs. 6 GlüStV erstmals auch die Vermittler in das übergreifende Sperrsystem nach § 23 GlüStV ein. Insgesamt schließen die erheblichen Änderungen der für die materiell-rechtliche Beurteilung der Untersagung erheblichen Vorschriften es aus, von einer im Wesentlichen gleichen Rechtslage auszugehen.

13

Aus der Befristung der experimentellen Konzessionsregelung lässt sich keine konkrete Wiederholungsgefahr herleiten. Ob der Gesetzgeber das Konzessionssystem und dessen materiell-rechtliche Ausgestaltung nach Ablauf der siebenjährigen Experimentierphase auf der Grundlage der inzwischen gewonnenen Erfahrungen fortschreiben, modifizieren oder aufgeben wird, ist ungewiss. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist jedenfalls nicht abzusehen.

14

2. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist auch nicht wegen eines Rehabilitierungsinteresses der Klägerin zu bejahen. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz beruht auf der Annahme, ein solches Interesse bestehe schon wegen des Vorwurfs objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

15

Allerdings fehlt ein Rehabilitierungsinteresse nicht etwa deshalb, weil die Klägerin sich als juristische Person nicht strafbar machen kann. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sich nach Art. 19 Abs. 3 GG insgesamt auf juristische Personen erstreckt. Sie können jedenfalls Ausprägungen dieses Rechts geltend machen, die nicht an die charakterliche Individualität und die Entfaltung der natürlichen Person anknüpfen, sondern wie das Recht am eigenen Wort oder das Recht auf Achtung des sozialen Geltungsanspruchs und auf Abwehr von Rufschädigungen auch Personengesamtheiten und juristischen Personen zustehen können (BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 805/98 - BVerfGE 106, 28 <42 ff.>; BGH, Urteil vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85 - BGHZ 98, 94 <97>). Die bloße Einschätzung eines Verhaltens als objektiv strafbar hat aber keinen den Betroffenen diskriminierenden Charakter und kann deshalb noch kein Rehabilitierungsinteresse auslösen.

16

Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (Beschlüsse vom 4. März 1976 a.a.O. S. 138 f. und vom 4. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 64.06 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 36 S. 4 f.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. In der Feststellung objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens liegt noch keine Stigmatisierung. Vielmehr erschöpft sie sich in der Aussage, die unerlaubte Veranstaltung und Vermittlung der Sportwetten erfülle den objektiven Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB und rechtfertige deshalb ein ordnungsbehördliches Einschreiten. Damit enthält sie kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1952 - 1 BvR 197/53 - BVerfGE 9, 167 <171> und Urteil vom 6. Juni 1967 - 2 BvR 375, 53/60 und 18/65 - BVerfGE 22, 49 <79 f.>).

17

Soweit die Begründung der Untersagungsverfügung davon ausgeht, die Klägerin habe strafbare Beihilfe zum unerlaubten Glücksspiel geleistet, kann offenbleiben, ob dies als stigmatisierender Vorwurf schuldhaft-kriminellen Verhaltens gegenüber ihrem Geschäftsführer zu verstehen war. Jedenfalls hat dieser Vorwurf keine Außenwirkung erlangt, deretwegen das geschäftliche Ansehen der Klägerin gegenwärtig noch beeinträchtigt wäre, oder die zu Nachteilen in aktuellen oder künftigen Verwaltungsverfahren führen könnte. Der Bescheid ist nur an die Klägerin gerichtet. Eine Weitergabe an Dritte ist weder substantiiert vorgetragen worden noch aus den Akten zu ersehen. Strafverfolgungsmaßnahmen gegen ihre Organe hat die Klägerin nicht vorgetragen.

18

Die Durchführung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen ihren Geschäftsführer begründet kein Rehabilitierungsinteresse. Mit der Auferlegung einer Geldbuße ist kein ethischer Schuldvorwurf verbunden. Darin unterscheidet sich das Ordnungswidrigkeitenverfahren gerade vom Strafverfahren (BVerfG, Urteil vom 6. Juni 1967 a.a.O.; Entscheidung vom 4. Juli 1967 - 2 BvL 10/62 - BVerfGE 22, 125 <132 f.>).

19

Nachteilige Auswirkungen der Untersagung in künftigen Verwaltungsverfahren - etwa zur Erlaubniserteilung nach aktuellem Recht - sind nach der im Termin zur mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten Erklärung des Vertreters des Freistaates Bayern vom 21. März 2013 ebenfalls nicht zu besorgen. Danach werden Monopolverstöße dort zukünftig nicht als Anhaltspunkt für eine Unzuverlässigkeit von Konzessionsbewerbern oder Bewerbern um eine Vermittlungserlaubnis gewertet.

20

3. Entgegen dem angegriffenen Urteil lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG begründen. Die Annahme des Berufungsgerichts, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse wegen der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Sinne ausgelegt werden, trifft nicht zu. Eine Ausweitung des Tatbestandsmerkmals des berechtigten Feststellungsinteresses über die einfach-rechtlich konkretisierten Fallgruppen des berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses (a) hinaus verlangt Art. 19 Abs. 4 GG nur bei Eingriffsakten, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten (b). Eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs, die ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten annimmt, ist auch aus Art. 47 GRC in Verbindung mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot nicht herzuleiten (c).

21

a) Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat (dazu oben Rn. 11). Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren.

22

b) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziert ebenfalls nicht nach diesen beiden Kriterien. Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten. Umgekehrt gebietet die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern.

23

Effektiver Rechtsschutz verlangt, dass der Betroffene ihn belastende Eingriffsmaßnahmen in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen lassen kann. Solange er durch den Verwaltungsakt beschwert ist, stehen ihm die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zur Verfügung. Erledigt sich der Verwaltungsakt durch Wegfall der Beschwer, wird nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO Rechtsschutz gewährt, wenn der Betroffene daran ein berechtigtes rechtliches, ideelles oder wirtschaftliches Interesse hat. In den übrigen Fällen, in denen sein Anliegen sich in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts erschöpft, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon ist nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (BVerfG, Beschlüsse vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99, 1337/00, 1777/00 - BVerfGE 104, 220 <232 f.> und vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <86> m.w.N).

24

Glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zählen nicht zu den Verwaltungsakten, die sich in diesem Sinne typischerweise kurzfristig erledigen. Vielmehr sind sie als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 19 m.w.N.) gerade auf langfristige Geltung angelegt. Dass sie sich regelmäßig fortlaufend für den bereits zurückliegenden Zeitraum erledigen, lässt ihre gegenwärtige, sich täglich neu aktualisierende Wirksamkeit und damit auch ihre Anfechtbarkeit und Überprüfbarkeit im Hauptsacheverfahren unberührt (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 113 Rn. 85 a.E.). Änderungen der Rechtslage führen ebenfalls nicht zur Erledigung. Vielmehr ist die Untersagung anhand der jeweils aktuellen Rechtslage zu prüfen. Dass ihre Anfechtung sich regelmäßig nur auf eine Aufhebung des Verbots mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung richten kann, stellt keine Rechtsschutzbeschränkung dar. Vielmehr trägt dies dem Umstand Rechnung, dass das Verbot in der Vergangenheit keine Regelungswirkung mehr entfaltet, die aufgehoben werden könnte. Im Ausnahmefall, etwa bei einer noch rückgängig zu machenden Vollziehung der Untersagung, bleibt diese wegen ihrer Titelfunktion als Rechtsgrund der Vollziehung rückwirkend anfechtbar (Beschluss vom 25. September 2008 - BVerwG 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1 Rn. 13; zur Vollzugsfolgenbeseitigung vgl. Urteil vom 14. März 2006 - BVerwG 1 C 11.05 - BVerwGE 125, 110 = Buchholz 402.242 § 63 AufenthG Nr. 2 Rn. 17).

25

Dass eine untypisch frühzeitige Erledigung im Einzelfall einer streitigen Hauptsacheentscheidung zuvorkommen kann, berührt Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Die Rechtsweggarantie verbietet zwar, gesetzliche Zulässigkeitsanforderungen so auszulegen, dass ein gesetzlich eröffneter Rechtsbehelf leerläuft, weil das weitere Beschreiten des Rechtswegs unzumutbar und ohne sachliche Rechtfertigung erschwert wird (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010 - 2 BvR 1023/08 - NJW 2011, 137 m.w.N.). Einen solchen Leerlauf hat die dargestellte Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses aber nicht zur Folge. Ihre sachliche Rechtfertigung und die Zumutbarkeit ihrer prozessualen Konsequenzen ergeben sich daraus, dass eine großzügigere Handhabung dem Kläger mangels berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses keinen relevanten Vorteil bringen könnte und auch nicht dazu erforderlich ist, maßnahmenspezifische Rechtsschutzlücken zu vermeiden.

26

c) Aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 GRC ergibt sich keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiter auszulegen.

27

Allerdings ist nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass der sachliche Anwendungsbereich der Grundrechtecharta nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC eröffnet ist, weil die Klägerin Rechtsschutz wegen einer Beschränkung ihrer Dienstleistungsfreiheit begehrt. Zur mitgliedstaatlichen Durchführung des Unionsrechts im Sinne der Vorschrift rechnet der Gerichtshof nicht nur Umsetzungsakte im Sinne eines unionsrechtlich - zumindest teilweise - determinierten Vollzugs, sondern auch mitgliedstaatliche Eingriffe in Grundfreiheiten nach Maßgabe der allgemeinen unionsrechtlichen Schrankenvorbehalte. An dieser Rechtsprechung, die vor Inkrafttreten der Charta zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs unionsrechtlicher Grundrechte als allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts entwickelt wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - Rs. C-260/89, ERT - Slg. 1991 I-2951 ), hält der Gerichtshof weiterhin fest. Er geht von einer mitgliedstaatlichen Bindung an die Unionsgrundrechte im gesamten Anwendungsbereich des Unionsrechts aus und verweist dazu auf die Erläuterungen zu Art. 51 GRC, die nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV, Art. 52 Abs. 7 GRC bei der Auslegung der Charta zu berücksichtigen sind (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - Rs. C-617/10, Akerberg Fransson - EuZW 2013, 302 ). Wie diese Abgrenzungsformel im Einzelnen zu verstehen ist, inwieweit bei ihrer Konkretisierung grammatische und entstehungsgeschichtliche Anhaltspunkte für eine bewusste Begrenzung des Anwendungsbereichs durch Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC maßgeblich und welche Folgerungen aus kompetenzrechtlichen Grenzen zu ziehen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 - NJW 2013, 1499 Rn. 88 und 90; zur Entstehungsgeschichte Borowsky, in: Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, S. 643 ff.), bedarf hier keiner Klärung. Geht man von der Anwendbarkeit des Art. 47 GRC aus, ist dieser jedenfalls nicht verletzt.

28

Mit der Verpflichtung, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, konkretisiert Art. 47 Abs. 1 GRC den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes (dazu vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 - Rs. C-279/09, DEB - EuZW 2011, 137 und Beschluss vom 13. Juni 2012 - Rs. C-156/12, GREP - juris ). Er hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber aber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers zu fordern und diese Anforderung im Sinne der soeben unter a) und b) (Rn. 21 und 22 ff.) dargelegten Kriterien zu konkretisieren.

29

Wie sich aus den einschlägigen unionsgerichtlichen Entscheidungen ergibt, bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Effektivitätsgebot (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 - Rs. C-87/90 u.a., Verholen u.a. ./. Sociale Verzekeringsbank - Slg. 1991 I-3783 und vom 16. Juli 2009 - Rs. C-12/08, Mono Car Styling ./. Dervis Odemis u.a. - Slg. 2009 I-6653 ; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ).

30

Das Äquivalenzprinzip verlangt eine Gleichwertigkeit der prozessrechtlichen Bedingungen für die Durchsetzung von Unionsrecht und mitgliedstaatlichem Recht (EuGH, Urteil vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet ./. Justitiekansler - Slg. 2005 I-2301 ). Es ist hier nicht betroffen, weil die dargelegte verfassungskonforme Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht danach unterscheidet, ob eine Verletzung von Unions- oder mitgliedstaatlichem Recht geltend gemacht wird.

31

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet eine Zulässigkeitsregelung, die das Recht auf Zugang zum Gericht in seinem Wesensgehalt selbst beeinträchtigt, ohne einem unionsrechtlich legitimen Zweck zu dienen und im Verhältnis dazu angemessen zu sein (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. und Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ). Hier fehlt schon eine den Wesensgehalt des Rechts selbst beeinträchtigende Rechtswegbeschränkung. Sie liegt vor, wenn dem Betroffenen der Zugang zum Gericht trotz einer Belastung durch die beanstandete Maßnahme verwehrt wird, weil die fragliche Regelung für den Zugang zum Recht ein unüberwindliches Hindernis aufrichtet (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. ; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ). Danach kommt es - nicht anders als nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 19 Abs. 4 GG - maßgeblich darauf an, dass der Betroffene eine ihn belastende Eingriffsmaßnahme gerichtlich überprüfen lassen kann. Das war hier gewährleistet, da die Untersagungsverfügung bis zu ihrer endgültigen Erledigung angefochten werden konnte und § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eine Fortsetzungsfeststellung ermöglichte, soweit diese noch zur Abwendung fortwirkender Nachteile von Nutzen sein konnte. Dass die Vorschrift keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf eine Fortsetzung des Prozesses nur zum Zweck nachträglicher Rechtsklärung vorsieht, widerspricht nicht dem Wesensgehalt der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs. Unabhängig davon wäre selbst eine Beeinträchtigung des Rechts in seinem Wesensgehalt verhältnismäßig. Sie wäre geeignet, erforderlich und angemessen, die Prozessökonomie zur Verwirklichung des unionsrechtlich legitimen Ziels zügigen, effektiven Rechtsschutzes für alle Rechtssuchenden zu wahren.

32

Das Effektivitätsgebot ist ebenfalls nicht verletzt. Es fordert eine Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Rechts, die die Ausübung unionsrechtlich gewährleisteter Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder unzumutbar erschwert (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 a.a.O. und vom 13. März 2007 a.a.O. ). Bezogen auf die mitgliedstaatliche Regelung prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen ergibt sich daraus, dass den Trägern unionsrechtlich begründeter Rechte gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss, der eine wirksame Kontrolle jeder Rechtsverletzung und damit die Durchsetzbarkeit des betroffenen Rechts gewährleistet. Diese Anforderungen gehen nicht über die aus Art. 19 Abs. 4 GG herzuleitende Gewährleistung einer gerichtlichen Überprüfbarkeit jedes Eingriffs in einem Hauptsacheverfahren hinaus. Insbesondere lässt sich aus dem Effektivitätsgebot keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, in: - Rs. C-83/91, Meilicke/ADV/ORGA AG - vom 8. April 1992, Slg. 1992 I-4897 ). Das gilt erst recht, wenn die Maßnahme bereits Gegenstand einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung war und sich erst im Rechtsmittelverfahren erledigt hat.

33

An der Richtigkeit dieser Auslegung des Art. 47 Abs. 1 GRC und des unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bestehen unter Berücksichtigung der zitierten unionsgerichtlichen Rechtsprechung keine ernsthaften Zweifel im Sinne der acte-clair-Doktrin (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T. u.a. - Slg. 1982, S. 3415 ). Die von der Klägerin angeregte Vorlage an den Gerichtshof ist deshalb nach Art. 267 Abs. 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht geboten.

34

4. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess. Auch das Berufungsgericht hat das nicht angenommen. Ein Präjudizinteresse kann nur bestehen, wenn die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage jedoch, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Urteile vom 14. Januar 1980 - BVerwG 7 C 92.79 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <92> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7). Der Verwaltungsprozess muss nicht zur Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen der Staatshaftung fortgeführt werden, wenn der Kläger daraus wegen offenkundigen Fehlens anderer Anspruchsvoraussetzungen keinen Nutzen ziehen könnte. Hier drängt sich schon ohne eine detaillierte Würdigung auf, dass der Klägerin selbst bei Rechtswidrigkeit der Untersagung keine staatshaftungsrechtlichen Ansprüche zustehen.

35

Die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (zu dessen Herleitung vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und 9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991 I-5357 ) liegen ersichtlich nicht vor, ohne dass es insoweit einer ins Einzelne gehenden Prüfung bedürfte. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.

36

Die Klägerin hat den Zugriff auf ihre Betriebsstätte Ende Oktober 2010 endgültig verloren. Denkbare Schadensersatzansprüche betreffen also im Wesentlichen den Zeitraum vor Ergehen der unionsgerichtlichen Urteile zu den deutschen Sportwettenmonopolen (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010 I-8069, - Rs. C-46/08, Carmen Media Group - Slg. 2010 I-8175 und - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010 I-8041). Für diesen Zeitraum scheidet ein Amtshaftungsanspruch aus, weil den Amtswaltern selbst bei Rechtswidrigkeit der zur Begründung der Untersagung herangezogenen Monopolregelung keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung zur Last zu legen ist. Die unionsrechtliche Staatshaftung greift für diesen Zeitraum nicht ein, da ein etwaiger Verstoß gegen das Unionsrecht nicht hinreichend qualifiziert war.

37

a) Einem Amtswalter ist auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird (Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <105 ff.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32; BGH, Urteil vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84 - BGHZ 97, 97 <107>). Das Verwaltungsgericht hat die angegriffene Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren für rechtmäßig gehalten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bejahte seinerzeit in ständiger Rechtsprechung die Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit höherrangigem Recht sowie die Rechtmäßigkeit darauf gestützter Untersagungen unerlaubter Wettvermittlung (vgl. VGH München, Urteile vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 - ZfWG 2009, 27 und - 10 BV 07.774/775 - juris). Er hat diese Auffassung erst im Hinblick auf die im Herbst 2010 veröffentlichten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 (a.a.O.) sowie die daran anknüpfenden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272, - BVerwG 8 C 15.09 - NWVBl 2011, 307 sowie - BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273) in einer Eilentscheidung im Frühjahr 2011 aufgegeben (VGH München, Beschluss vom 21. März 2011 - 10 AS 10.2499 - ZfWG 2011, 197 = juris Rn. 24 ff.). Die Orientierung an der berufungsgerichtlichen Rechtsprechung kann den Amtswaltern auch nicht etwa vorgeworfen werden, weil die kollegialgerichtlichen Entscheidungen bis Ende 2010 - für sie erkennbar - von einer schon im Ansatzpunkt völlig verfehlten rechtlichen Betrachtung ausgegangen wären (zu diesem Kriterium vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 106 f.). Hinreichend geklärt war ein etwaiger Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben jedenfalls nicht vor Ergehen der zitierten unionsgerichtlichen Entscheidungen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - III ZR 196/11 - EuZW 2013, 194 ), die durch die nachfolgenden Urteile des Senats in Bezug auf das bayerische Monopol konkretisiert wurden. Der Gerichtshof stellte seinerzeit erstmals klar, dass die Verhältnismäßigkeit im unionsrechtlichen Sinn nicht nur eine kohärente Ausgestaltung des jeweiligen Monopolbereichs selbst, sondern darüber hinaus eine Kohärenz auch zwischen den Regelungen verschiedener Glücksspielsektoren fordert. Außerdem präzisierte er die Grenzen zulässiger, nicht auf Expansion gerichteter Werbung für die besonders umstrittene Imagewerbung.

38

b) Im genannten Zeitraum fehlt es auch an einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß, wie er für die unionsrechtliche Staatshaftung erforderlich ist. Diese setzt eine erhebliche und gleichzeitig offenkundige Verletzung des Unionsrechts voraus. Maßgeblich dafür sind unter anderem das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des durch sie belassenen Ermessensspielraums und die Frage, ob Vorsatz bezüglich des Rechtsbruchs oder des Zufügens des Schadens vorlag, sowie schließlich, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar war (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - Rs. C-46 und 48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996 I-1029 ). Nach diesen Kriterien kann zumindest bis zu den zitierten Entscheidungen des Gerichtshofs von einer offenkundigen erheblichen Verletzung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit durch die Monopolregelung nicht die Rede sein. Mangels Harmonisierung des Glücksspielbereichs stand den Mitgliedstaaten ein weites Regelungsermessen zur Verfügung. Seine durch die Grundfreiheiten gezogenen Grenzen waren jedenfalls bis zur unionsgerichtlichen Konkretisierung der intersektoralen Kohärenz nicht so genau und klar bestimmt, dass ein etwaiger Rechtsirrtum unentschuldbar gewesen wäre.

39

c) Auch für den nach Ergehen der unionsgerichtlichen Urteile vom 9. September 2010 verbleibenden, noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum bis zum 31. Oktober 2010 ist die Geltendmachung von Amtshaftungs- oder unionsrechtlichen Staatshaftungsansprüchen offensichtlich aussichtslos. Insbesondere war der Beklagte nicht verpflichtet, die Untersagungsverfügung unmittelbar nach Bekanntwerden dieser Urteile aufzuheben. Der Gerichtshof hat die deutschen Sportwettenmonopole nicht für unionsrechtswidrig erklärt, sondern nur festgestellt, dass ein mitgliedstaatliches Gericht bei Vorliegen der in den Vorlageentscheidungen festgestellten Tatsachen berechtigten Anlass haben kann (nicht: hat), von einem Verstoß gegen die Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit auszugehen. Die Entscheidung, ob im konkreten Fall eine danach mögliche, aber nicht zwangsläufige Schlussfolgerung zu ziehen ist, hat er ausdrücklich den mitgliedstaatlichen Gerichten überlassen (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010 I-8069 ). Vor Ergehen der Urteile des Senats vom 24. November 2010 kann deshalb keinesfalls von einer klar erkennbaren Unionsrechtswidrigkeit des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgegangen werden.

40

Unabhängig davon ergäbe sich selbst aus einem eindeutigen Unionsrechtsverstoß der Monopolregelung nur deren Unanwendbarkeit, aber noch keine Pflicht, auf die Durchsetzung des nicht monopolabhängigen, seinerseits verfassungs- und unionsrechtskonformen Erlaubnisvorbehalts (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 ; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - a.a.O. Rn. 73, 77 ff.) zu verzichten. Insbesondere verlangt das Unionsrecht in einer solchen Situation keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle. Vielmehr steht es dem Mitgliedstaat frei, das Monopol zu reformieren oder sich für eine Liberalisierung des Marktzugangs zu entscheiden. In der Zwischenzeit ist er lediglich verpflichtet, Erlaubnisanträge privater Anbieter nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu prüfen und zu bescheiden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - juris ). Einen Anspruch auf erlaubnisfreie Tätigkeit vermittelte das Unionsrecht also auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung offenkundig nicht. Im Aufrechterhalten der Untersagungsverfügung bis zur Klärung der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen lag auch deshalb weder eine schuldhafte Rechtsverletzung noch ein hinreichend qualifizierter Unionsrechtsverstoß. Eine unionsrechtskonforme Bescheidung von Erlaubnisanträgen privater Veranstalter und Vermittler ermöglichte das für diese in Bayern nach Bekanntwerden der unionsgerichtlichen Entscheidungen eröffnete Erlaubnisverfahren. Entgegen der Auffassung der Klägerin beruhte es auf ausreichenden gesetzlichen Grundlagen. Die Zuständigkeit für die Erlaubniserteilung und das Erlaubnisverfahren für private Vermittler waren ebenso wie die Erlaubnisvoraussetzungen in Art. 2 Abs. 1 bis 3, Abs. 4 Nr. 3 AG GlüStV i.V.m. § 4 ff. GlüStV hinreichend bestimmt und transparent geregelt. Bei Unanwendbarkeit der Monopolvorschriften ermöglichten diese Vorschriften eine diskriminierungsfreie Anwendung auf private Veranstalter und die Vermittlung von Sportwetten an diese. Gegen eine fehlerhafte, insbesondere willkürliche oder diskriminierende Rechtsanwendung im Erlaubnisverfahren stand den Betroffenen effektiver Rechtsschutz zur Verfügung.

41

Außerdem fehlt jedenfalls die erforderliche haftungsbegründende Kausalität zwischen Rechtsverletzung und Schaden. Bei Ermessensentscheidungen ist sie zu verneinen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die zum Schaden führende Entscheidung auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung getroffen worden wäre (BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vinke, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 12, Stand: Sommer 2005, § 839 Rn. 176, zur Unterscheidung von der Figur rechtmäßigen Alternativverhaltens vgl. ebd. Rn. 178). Wie bereits dargelegt, war eine Untersagung im Oktober 2010 ermessensfehlerfrei möglich. Nach der Verwaltungspraxis des Beklagten ist auch nicht festzustellen, dass dieser die unerlaubte Tätigkeit in Kenntnis der Untersagungsbefugnis geduldet hätte.

42

d) Weitere Anspruchsgrundlagen für eine Staatshaftung kommen nicht in Betracht. Eine über die Amtshaftung und den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hinausgehende Haftung für eine rechtswidrige Inanspruchnahme als Störer sieht das bayerische Landesrecht nicht vor (vgl. Art. 70 ff. des Polizeiaufgabengesetzes - BayPAG).

43

5. Andere Umstände, aus denen sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin ergeben könnte, sind nicht erkennbar.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 rechtswidrig gewesen ist.

Der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums xxx vom 02.04.2009 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Beklagte erließ gegen den Kläger mit Bescheid vom 14.02.2008 anlässlich des Bundesligaspiels VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC am 23.02.2008 im Gottlieb-Daimler-Stadion für bestimmte räumliche Bereiche in Stuttgart-Mitte, Stuttgart-Bad Cannstatt und Stuttgart-Untertürkheim ein Aufenthaltsverbot für die Zeit vom 22.02.2008, 22.00 Uhr, bis 24.02.2008, 6.00 Uhr (Nr. 1 des Bescheids). Die Beklagte ordnete des Weiteren die sofortige Vollziehung des Bescheids an (Nr. 2) und drohte dem Kläger für den Fall, dass er sich entgegen der Verfügung im genannten Bereich aufhalten sollte, die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch den Polizeivollzugsdienst an (Nr. 3). Zur Begründung führte die Beklagte aus, nach polizeilichen Erkenntnissen sei bei dem Spiel mit gegenseitigen Provokationen und mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der beiden Vereine zu rechnen. Zwischen den Fangruppen, die den beiden Vereinen nahestünden, sei es bereits in der Vergangenheit häufig zu Feindseligkeiten gekommen, die von Provokationen und Beleidigungen bis hin zu Sachbeschädigungen und tätlichen Auseinandersetzungen gereicht hätten. So sei es bereits im Vorfeld des Bundesligaspiels VfB Stuttgart gegen Hertha BSC Berlin am 23.02.2008 zu der Ankündigung eines „Überfalls“ in Stuttgart von KSC-Fans gekommen. Die Ultragruppierung „Commando xxx“ aus dem Umfeld des VfB Stuttgart habe im Internet im Vorfeld des Spiels geschrieben „...der Hass zwischen Stuttgartern und Karlsruhern ist ... einer der ausgeprägtesten und intensivsten in Deutschland.“ Gegen 20.00 Uhr hätten sich vor dem Spiel in der Mercedes-Benz-Straße ca. 60 teilweise vermummte Personen der Stuttgarter Problemfanszene versammelt, welche offensichtlich den zu erwartenden Karlsruher Fanpulk angreifen wollten. Hierzu habe die Gruppe nach konspirativem Verhalten versucht, in Richtung des Gästeeingangs zu gelangen. Die Gruppe habe zwei Fan-Gästebusse angegriffen, von denen einer bereits abgestellt gewesen sei und der andere gerade verkehrsbedingt habe warten müssen. Dieser Bus sei mit ca. 50 Berliner Fans besetzt gewesen, die traditionell eine Fanfreundschaft mit den Anhängern des Karlsruher SC pflegten. Hierbei seien die Busse mit Flaschen beworfen, eingeschlagen und eingetreten worden. Am Bus sei infolge von mindestens zwei Flaschen, die den Bus getroffen hätten, ein erheblicher Sachschaden durch Eindellungen entstanden. Die Gruppe habe bei den Gewalttätigkeiten „Hurra, Hurra, die Stuttgarter sind da!“ skandiert. Die Gruppe habe zunächst mittels einer Polizeikette von weiteren Gewalttätigkeiten abgehalten werden können. In der Folgezeit hätten noch Personen aus der Gruppe versucht, weiter in Richtung Verbindungsweg (zum Gästeblock) zu gelangen. Erst als die Polizeipräsenz zu stark geworden sei, seien die Personen wieder auf die Benzstraße geflüchtet in Richtung Mercedesstraße. Dort hätten 43 Personen aus der Gruppe festgenommen werden können. Alle Festgenommenen seien dem Bereitschaftsrichter vorgeführt worden, welcher gegen 29 Personen einen längerfristigen Gewahrsam angeordnet habe. Auch in der Nachspielphase sei es zu gegenseitigen Beleidigungen, verbalen Provokationen und Bierbecherwürfen zwischen Stuttgarter und Karlsruher/Berliner Fans gekommen. Nach polizeilicher Erfahrung sei auch die Stuttgarter Problemfanszene bei Spielen gegen Karlsruhe oder auch bei Spielen, bei denen sich Fans des Karlsruher SC einfänden, stark vertreten und suchten die Auseinandersetzung. Der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“, was sich durch entsprechende Vorfälle zeigte. Insbesondere sei zu erwarten, dass der Kläger sich an entsprechenden Auseinandersetzungen aktiv beteilige oder dass er diese Auseinandersetzungen aktiv unterstütze. So habe er „sich mehrfach an Drittortschlägereien, zuletzt am 17. Februar 2006 an der Tank- und Rastanlage Baden-Baden, wobei Eisenstangen und Holzlatten als "Waffen" eingesetzt wurden.“ Das Aufenthaltsverbot erstrecke sich auf die Bereiche, in denen es nach polizeilicher Erfahrung insbesondere auch unter Berücksichtigung der Anreiseroute der Fans des Karlsruher SC zu Auseinandersetzungen kommen könne. Die Innenstadt sei deshalb erfasst, da sich Fans, die früher anreisten, erfahrungsgemäß im Bereich der Innenstadt aufhielten. Die zeitliche Beschränkung umfasse das Zeitfenster, in dem zu erwarten sei, dass sich bereits Fans des Karlsruher SC in Stuttgart aufhielten. Das Aufenthaltsverbot sei geeignet und erforderlich, um die Beteiligung des Klägers an weiteren tätlichen Auseinandersetzungen zu verhindern, vor allem auch, da durch die Auseinandersetzungen auch unbeteiligte Dritte gefährdet würden. Ein anderes, weniger beeinträchtigendes Mittel, das diesen Zweck ebenfalls erreichte, sei nicht ersichtlich. Die zeitliche und räumliche Beschränkung würde das Recht des Klägers auf Freizügigkeit nur unwesentlich einschränken. Die Androhung eines Zwangsgelds sei untunlich, da die Durchsetzung des Aufenthaltsverbots zur Vermeidung von gewalttätigen Auseinandersetzungen zum Schutz unbeteiligter friedlicher Fußballfans bzw. der Ordnungskräfte unverzüglich erfolgen müsse und nicht bis zur Beitreibung eines möglichen Zwangsgelds aufgeschoben werden könne. Insoweit könne die Verfügung nur durch die Anwendung unmittelbaren Zwangs durchgesetzt werden.
Der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 wurde dem Kläger am 22.02.2008, 16.26 Uhr, zugestellt.
Mit Schreiben vom 04.03.2008 erhob der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, die Begründung im angefochtenen Bescheid sei für ihn insofern nicht relevant, als er bei dem genannten Spiel VfB Stuttgart gegen Hertha BSC Berlin nicht anwesend gewesen sei. Überdies habe es an dem im Bescheid genannten Spieldatum - 23.02.2008 - diese Begegnung gar nicht gegeben. Im Übrigen treffe es nicht zu, dass er sich mehrfach an Drittortschlägereien beteiligt habe. Der Vorfall vom 17.02.2006 sei rechtskräftig nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Der Eintrag „Gewalttäter Sport“ beruhe auf einer angeblichen Sachbeschädigung. Auch dieses Verfahren sei eingestellt worden. Mit Schreiben vom 12.03.2008 legte die Beklagte den Widerspruch dem Regierungspräsidium xxx vor. Sie führte aus, der Widerspruch sei zulässig, jedoch nicht begründet.
Am 25.07.2008 hat der Kläger gegen die Beklagte Klage erhoben mit dem Ziel, festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 rechtswidrig gewesen ist. Zur Begründung führt er aus, die Klage sei zulässig, insbesondere bestehe unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation infolge der diskriminierenden Wirkung des Bescheids der Beklagten ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Der Bescheid sei aus mehreren Gründen rechtswidrig gewesen. Das Aufenthaltsverbot habe nicht auf die Generalklausel der §§ 1, 3 des Polizeigesetzes für Baden-Württemberg (PolG) gestützt werden dürfen, der Bescheid sei zu unbestimmt und der Kläger sei nicht Störer gewesen. Im Übrigen habe es wegen des gegen den Kläger bundesweit verhängten Stadionverbots an der Notwendigkeit des Aufenthaltsverbots gefehlt. Soweit das Aufenthaltsverbot schließlich zahlreiche private bzw. privatrechtlich organisierte Einrichtungen und Orte (z. B. die Hans-Martin-Schleyer-Halle, die Porsche-Arena, das Carl-Benz-Center, das Gottlieb-Daimler-Stadion, das Robert-Schlienz-Stadion, den Polizeisportverein) und Bahnhöfe (Stuttgart-Mitte, Stuttgart-Untertürkheim, Stuttgart-Bad Cannstatt) betroffen habe, habe die Beklagte zum einen § 2 Abs. 2 PolG außer Acht gelassen und bezüglich der Bahnhöfe die Zuständigkeit des Bundesgrenzschutzes verkannt.
Während des Klageverfahrens hat das Regierungspräsidium xxx - Landespolizeidirektion - mit Bescheid vom 02.04.2009 den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 als unzulässig zurückgewiesen und eine Widerspruchsgebühr in Höhe von 75 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat das Regierungspräsidium ausgeführt, dem Kläger fehle das Rechtsschutzbedürfnis; der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 habe sich durch Zeitablauf erledigt. Der Widerspruchsbescheid ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.04.2009 zugestellt worden.
Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.04.2009, beim Gericht eingegangen am 17.04.2009, die Klage auf den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums xxx vom 02.04.2009 erweitert. Zur Begründung der Klageerweiterung führt der Kläger aus, der Umstand, dass sich das Aufenthaltsverbot erledigt habe, ändere nichts an der Zulässigkeit seines Widerspruchs. Der Widerspruch sei - entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 - erhoben worden. Der Umstand, dass im Falle eines erledigten Verwaltungsakts nicht mehr über den Widerspruch zu entscheiden sei, könne nicht dazu führen, dem Kläger Kosten für den gleichwohl erlassenen Widerspruchsbescheid aufzuerlegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Klagebegründung in den Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 25.07.2008, 27.11.2008, 15.01.2009, 15.04.2009 und 25.08.2009 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
1. festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 rechtswidrig gewesen ist;
2. den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums xxx vom 02.04.2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Klagen abzuweisen.
11 
Zur Begründung hat sie zunächst mit Schriftsatz vom 08.09.2008 ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Fortsetzungsfeststellungsklage seien nicht gegeben. Es fehle an einer Beschwer, da eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben und das Interesse wegen veränderter Umstände objektiv erloschen sei. Mit Schriftsatz vom 04.09.2009 hat sie weiter ausgeführt, aufgrund der nunmehrigen Spezialregelung in § 27 a PolG müsse der Kläger nicht mit dem Erlass einer mit dem Bescheid vom 14.02.2008 identischen Verfügung rechnen. Im Übrigen habe eine Nachfrage beim Polizeipräsidium xxx ergeben, dass der Kläger nach wie vor aktiv in der sogenannten „Ultra-Szene“ sei. Die Erkenntnisse, dass der Kläger eine Führungspersönlichkeit der xxx Ultra-Szene sei, hätten in den letzten Jahren Beamte des Polizeipräsidiums xxx gewonnen. Der Kläger sei am 01.09.2009 durch das Amtsgericht xxx in erster Instanz wegen Körperverletzung und Hausfriedensbruchs im Rahmen der Bundesligabegegnung Karlsruher SC gegen den Hamburger SV am 07.02.2009 zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu 70 EUR verurteilt worden; das Urteil sei noch nicht rechtskräftig. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung in den Schriftsätzen der Beklagten vom 08.09.2008 und 04.09.2009 verwiesen.
12 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle der Kammer einverstanden erklärt.
13 
Die einschlägigen Akten der Beklagten sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums xxx liegen vor.

Entscheidungsgründe

 
14 
Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ist der Berichterstatter befugt, anstelle der Kammer zu entscheiden (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO).
15 
Die Klagen sind bezüglich beider Klageanträge zulässig und begründet. Es liegt eine objektive Klagenhäufung vor, die in einem Klageverfahren verfolgt werden kann (§ 44 VwGO)
16 
Das mit dem Klageantrag Nr. 1 verfolgte Begehren ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Nach dieser Vorschrift spricht das Gericht im Falle der Erledigung des angefochtenen Verwaltungsakts nach Klageerhebung auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Erledigt sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung - vorliegend trat die Erledigung durch Zeitablauf (§ 43 Abs. 2 LVwVfG) am 24.02.2008, 6.00 Uhr, ein -, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nach ganz herrschender Rechtsprechung entsprechende Anwendung (vgl. BVerwG, Urte. v. 24.02.1961 - IV C 111.60 -, BVerwGE 12, 87, v. 09.02.1967 - 1 C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 u. 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226; neuerdings vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassen unter Hinweis auf die Möglichkeit der allgemeinen Feststellungsklage: Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203, 208 f. = VBlBW 2000, 22; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 -, VBlBW 2004, 214). Diese sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999, a.a.O.). Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999, a.a.O.).
17 
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht in Fällen einer Wiederholungsgefahr (vgl. Kuntze, in: Bader/Funke-Kaiser/Kunze/v. Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 113 RdNr. 67), zur Rehabilitierung bei - vorrangig polizeilichen - Eingriffen in geschützte Grundrechtspositionen (vgl. BVerwG, Urte. v. 17.10.1990 - 1 C 12.88 -, BVerwGE 87, 23 u. 23.03.1999 - 1 C 12/97 -, NVwZ 1999, 991) und nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, NJW 2004, 2510 = DVBl. 2005, 822) im Versammlungsrecht, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt. Der Kläger beruft sich zu Recht auf ein Rehabilitationsinteresse. Der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 erging im Bereich des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts und stellte eine Störereigenschaft des Klägers fest. Die Beklagte ging davon aus, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und wollte wohl durch den nicht vollständigen Satz „sich mehrfach an Drittortschlägereien, zuletzt am 17. Februar 2006 an der Tank- und Rastanlage Baden-Baden, wobei Eisenstangen und Holzlatten als "Waffen" eingesetzt wurden“ (Seite 3, 6. Absatz des Bescheids) zum Ausdruck bringen, er habe sich an sogenannten Drittortschlägereien (vgl. dazu Beschl. der erkennenden Kammer v. 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, VBlBW 2007, 67) beteiligt (und sich womöglich auch strafbar gemacht). Der Bescheid beruht daher, auch wenn er dies nicht wörtlich zum Ausdruck bringt, aus der Sicht des maßgebenden Empfängerhorizonts auf dem Vorwurf, der Kläger habe sich bei Drittortschlägereien strafbar gemacht. Hieraus folgt eine diskriminierende Wirkung, was ein Rehabilitationsinteresse begründet (vgl. Wolff/Decker, VwGO/VwVfG, 2. Aufl., § 113 VwGO, RdNr. 112). Hinzu kommt der - nicht substantiiert dargelegte - Vorwurf der Beklagten, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“, was die diskriminierende Wirkung des Bescheids verstärkt und den grundrechtlichen Ehrschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigt (vgl. Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, 2. Aufl., RdNr. 654). Schließlich ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg anerkannt, dass bei polizeilichen Maßnahmen, die sich typischerweise schnell erledigen, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art auch unabhängig von einer gewichtigen Grundrechtsverletzung sich dann ergeben kann, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist; dabei kann ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns dem Betroffenen reflexhaft zugute kommen, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses herabgesetzt werden (vgl. Urt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431). Bei dem verfügten Aufenthaltsverbot gegenüber dem Kläger anlässlich des Bundesligaspiels VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC am 23.02.2008 handelt es sich, wie der „Antrag auf Erlass von Platzverweise/Aufenthaltsverbote“ des Polizeipräsidiums xxx vom 12.02.2008 an die Beklagte anlässlich dieses Spiels zeigt, nicht um eine Einzelmaßnahme. Dieser Antrag bezieht sich auf 11 namentlich genannte „Problemfans“ des VfB Stuttgart sowie auf 4 namentlich genannte „Problemfans“ des Karlsruher SC, darunter der Kläger. Der genannte Antrag des Polizeipräsidiums xxx erweist sich daher in der Umsetzung durch die Beklagte in Gestalt von Einzelverfügungen gegenüber mehreren „Problemfans“ als „komplexer Maßnahmenkatalog“.
18 
Das Rehabilitationsinteresse ist nicht dadurch entfallen, dass der Kläger die Rehabilitation auf andere Weise erreicht oder das betroffene Verhalten - Fan (und Vereinsmitglied) des Karlsruher SC - vollständig aufgegeben hätte. Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 04.09.2009 ausgeführt, der Kläger sei nach den Erkenntnissen des Polizeipräsidiums xxx nach wie vor in der sogenannten „Ultra-Szene“ aktiv. Dies hat der Kläger nicht bestritten.
19 
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 ist rechtswidrig gewesen. Es kann offen bleiben, ob die Rechtswidrigkeit bereits daraus folgt, dass die polizeiliche Generalklausel (§§ 1 und 3 PolG) als Ermächtigungsgrundlage ausscheidet (vgl. Beschl. der erkennenden Kammer v. 08.06.2006, a.a.O., mit Anm. Finger, S. 70). Die Rechtswidrigkeit ergibt sich jedenfalls aus dem Umstand, dass die dem Bescheid zugrundegelegte Feststellung des Sachverhalts die von der Beklagten bejahte konkrete Gefahr der Störung der öffentlichen Sicherheit durch den Kläger („weitere tätliche Auseinandersetzungen“, S. 3, 8. Absatz des Bescheids) nicht zu tragen vermag. Die auf den Kläger bezogenen Ausführungen im Bescheid erschöpfen sich in den knappen und überdies nicht vollständig ausformulierten Darlegungen im 6. Absatz auf Seite 3 des Bescheids. Die Behauptung, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“, ist nicht nachvollziehbar dargelegt, sondern lediglich damit begründet worden, dies zeige sich durch „entsprechende Vorfälle“. Die „entsprechenden Vorfälle“ sind aber weder im genannten 6. Absatz noch an anderer Stelle des Bescheids benannt. Soweit die Beklagte prognostiziert hat, es sei zu erwarten, dass sich der Kläger an „entsprechenden Auseinandersetzungen“ (Satz 2 des 6. Absatzes) aktiv beteilige oder dass er diese Auseinandersetzungen aktiv unterstütze, wird nicht hinreichend ersichtlich, um was für „entsprechende Auseinandersetzungen“ es sich handeln soll. Wenn die Beklagte mit dem sich an diesen Satz anschließenden, unvollständig formulierten Satz als Regelbeispiel einer Auseinandersetzung Drittortschlägereien, zuletzt eine solche am 17.02.2006 an der Tank- und Rastanlage Baden-Baden, hervorhebt, so lässt sich aus diesem Umstand, wie die erkennende Kammer bereits im genannten Beschluss vom 08.06.2006 (a.a.O.) ausgeführt hat, gerade nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit herleiten, dass der betreffende Fußballfan bewusst im engeren oder weiteren Umfeld von Stadien die tätliche Auseinandersetzung mit anderen Fußballfans sucht. Dass es sich im Falle des Klägers ausnahmsweise anders verhält, ist im Bescheid der Beklagten nicht ausgeführt. Aus dem Bescheid erschließt sich daher mangels unzureichender Wiedergabe eines Lebenssachverhalts nicht eine das Aufenthaltsverbot rechtfertigende erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit (vgl. insoweit auch den Beschl. der erkennenden Kammer v. 05.03.2009 - 5 K 756/09 -, Juris, zu einem ebenfalls von der Beklagten verfügten Aufenthaltsverbot wegen häuslicher Gewalt).
20 
Das mit dem Klageantrag Nr. 2 verfolgte Begehren ist als Anfechtungsklage zulässig und begründet. Das Klageziel - Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums xxx vom 02.04.2009 - erstreckt sich auch auf die Gebührenentscheidung (§ 24 Satz 2 LGebG).
21 
Die Beklagte ist passivlegitimiert. Wäre der Widerspruchsbescheid vor Erledigung des Bescheids der Beklagten vom 14.02.2008 ergangen und hätte der Kläger auch noch vor Erledigung des angegriffenen Aufenthaltsverbots Klage erhoben, wäre Gegenstand der Anfechtungsklage der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 in Gestalt des betreffenden Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums xxx gewesen (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Eine (ursprüngliche) Anfechtungsklage wäre ebenfalls gegen die Beklagte zu richten gewesen (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO); hinsichtlich der nach § 24 Satz 2 LGebG kraft Gesetzes mit angefochtenen Widerspruchsgebühr wäre die Beklagte gesetzliche Prozessstandschafterin gewesen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.12.1965 - III 625/65 -, ESVGH 16, 89; Urt. v. 10.09.2001 - 1 S 1596/00 -, NVwZ-RR 2002, 411 = VBlBW 2002, 530). Hätte sich die ursprüngliche Anfechtungsklage hinsichtlich des Ausgangsbescheids erledigt, wäre die Beklagte weiterhin Prozessstandschafterin bezüglich des Klageverfahrens gegen die Widerspruchsgebühr geblieben (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - A 14 S 2616/90 -, KStZ 1991, 110; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 29.08.1996 - 7 C 51/84 -, NVwZ 1987, 215, wonach der Rechtsträger der Ausgangsbehörde der richtige Beklagte auch dann bleibt, wenn im Laufe des Klageverfahrens die Klage auf den verschlechternden Teil - reformatio in peius - des Widerspruchsbescheids beschränkt wird). Vor dem Hintergrund dieser Sachverhalte ist es daher gerechtfertigt, im hier vorliegenden Fall des Ergehens eines Widerspruchsbescheids nach Erhebung einer sogenannten nachgezogenen Fortsetzungsfeststellungsklage die Ausgangsbehörde bezüglich des Widerspruchsbescheids als passivlegitimiert zu erachten.
22 
Der Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Widerspruchsbehörde hätte nach der Erledigung des Aufenthaltsverbots den Widerspruch des Klägers nicht als unzulässig mit der Folge der Kostentragungspflicht zurückweisen dürfen. Im Widerspruchsbescheid ist in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsprechung ausgeführt, dass es nicht Sache der Verwaltung (und damit auch der Widerspruchsbehörde) ist, verbindlich darüber zu entscheiden, ob ein erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist (vgl. BVerwG, Urte. v. 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226, 229 = NJW 1989, 2486 u. v. 12.04.2001 - 2 C 10/00 -, NVwZ 2001, 1288; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.1990 - 9 S 707/89 -, VBlBW 1991, 148, 150). Erledigt sich der Ausgangsbescheid, dann erledigt sich auch das Vorverfahren, worauf es nach der genannten Rechtsprechung formlos einzustellen ist (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v. Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 73 RdNr. 7; vgl. zur Tenorierung Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, 11. Aufl., § 42 RdNr. 33). Ein gleichwohl ergehender Widerspruchsbescheid, der wie hier den Widerspruch zurückweist (und dabei den Eindruck erweckt, der - erledigte - Verwaltungsakt sei bestandskräftig geworden), ist im Klageverfahren aufzuheben (vgl. BVerwG, Urte. v. 20.01.1989 u. v. 12.04.2001, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.1990, a.a.O.; Pietzner/Ronellenfisch, a.a.O., § 31 RdNr. 29). Die Möglichkeit des Erlasses eines Fortsetzungsfeststellungswiderspruchsbescheids (so teilweise die Literatur, vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 27 RdNr. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 73 RdNr. 9; Geis, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 73 RdNr. 39 [a. A. dagegen Wolf, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 RdNr. 318]) hat das Regierungspräsidium xxx mit den Ausführungen auf Seite 3 des Widerspruchsbescheids, wonach die Verwaltung nicht verbindlich entscheiden dürfe, ob ein erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, der Sache nach zu Recht verneint. Die Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig mangels Rechtsschutzinteresses ist zwar für sich betrachtet schlüssig, denn die Erledigung eines Verwaltungsakts führt zum Wegfall der Beschwer des Adressaten des Verwaltungsakts und folglich zur Unzulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen den erledigten Verwaltungsakt mangels Klage- oder Widerspruchsbefugnis. Die mit der Zurückweisung des Widerspruchs verknüpfte (zwingende) Rechtsfolge der Kostentragungspflicht des Widerspruchsführers (und so auch hier des Klägers) erweist sich jedoch - über den rechtswidrigen Anschein, der erledigte Ausgangsbescheid sei bestandskräftig geworden, hinaus - auch unter Berücksichtigung des § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG als rechtsfehlerhaft. Hiernach wird im Falle der Erledigung des Widerspruchs auf andere Weise über die Kosten nach billigem Ermessen entschieden, wobei der bisherige Sachstand zu berücksichtigen ist. Eine Erledigung des Widerspruchs auf „andere Weise“ liegt dann vor, wenn sich das Widerspruchsverfahren nicht durch einen Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid oder durch Rücknahme des Widerspruchs erledigt (vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 27 RdNr. 19). § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG regelt daher in Baden-Württemberg für das Vorverfahren Vergleichbares wie § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Diesen Gedanken hat der Sachbearbeiter des Widerspruchsverfahrens beim Regierungspräsidium xxx zunächst in seiner E-Mail vom 28.11.2008 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers im Ansatz zu Recht aufgegriffen, ohne allerdings § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG zu erwähnen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers hierauf in seiner E-Mail vom 28.11.2008 an das Regierungspräsidium xxx den Widerspruch weder zurückgenommen noch das Widerspruchsverfahren für erledigt erklärt hat, sondern im Hinblick auf die vorliegende Fortsetzungsfeststellungsklage um eine Zurückstellung der Widerspruchsentscheidung und damit nicht sogleich um eine Entscheidung über den Widerspruch gebeten hat, hat der Sachbearbeiter des Widerspruchsverfahrens in seiner E-Mail vom 30.03.2009 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers seine frühere Auffassung geändert und ist zu der rechtsfehlerhaften Überzeugung gelangt, in einem Widerspruchsbescheid den Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen, obwohl damals - am 30.03.2009 - über die Fortsetzungsfeststellungsklage noch nicht entschieden war. Die Vorgehensweise der Widerspruchsbehörde - den Widerspruch mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig zurückzuweisen - wäre allenfalls dann gerechtfertigt gewesen, wenn der Kläger keine nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben und auf einer Entscheidung der Widerspruchsbehörde bestanden hätte, weil seiner Auffassung nach keine Erledigung eingetreten ist oder er eine Fortsetzungsfeststellung (durch die Widerspruchsbehörde) für statthaft gehalten hätte (vgl. Funke-Kaiser, a.a.O., § 73 RdNr. 7; Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 43 RdNr. 33). Die hier jedoch erfolgte verfahrensfehlerhafte Vorgehensweise der Widerspruchsbehörde beschwert den Kläger - sie nimmt ihm die Möglichkeit, seine Aufwendungen auf der Grundlage des § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG nach billigem Ermessen erstattet zu erhalten - und verletzt ihn deshalb in seinen Rechten (Art. 2 Abs. 1 GG), weswegen der Widerspruchsbescheid einschließlich der festgesetzten Widerspruchsgebühr in Höhe von 75 EUR aufzuheben ist.
23 
Zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits zwischen den Beteiligten (oder zwischen dem Kläger und dem Land Baden-Württemberg) im Falle einer Entscheidung nach § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG durch das Regierungspräsidium xxx weist das Gericht darauf hin, dass § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG keine Rechtsgrundlage für eine Kostenentscheidung darstellt, sondern eine solche Entscheidung voraussetzt. Im Falle der Erledigung eines Widerspruchs auf andere Weise kommt auf der Grundlage des § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG nur eine Erstattung von Aufwendungen des Widerspruchsführers und/oder der Ausgangsbehörde nach billigem Ermessen in Betracht, während die Frage, ob die Widerspruchsbehörde Kosten des Widerspruchsverfahrens (durch Gebührenbescheid) geltend machen kann, sich nach den Bestimmungen des Landesgebührengesetzes beantwortet (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 09.03.2001 - 4 K 4050/00 -, VBlBW 2002, 81).
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Es besteht keine Veranlassung, die Berufung zuzulassen (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO).

Gründe

 
14 
Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ist der Berichterstatter befugt, anstelle der Kammer zu entscheiden (§ 87 a Abs. 2 und 3 VwGO).
15 
Die Klagen sind bezüglich beider Klageanträge zulässig und begründet. Es liegt eine objektive Klagenhäufung vor, die in einem Klageverfahren verfolgt werden kann (§ 44 VwGO)
16 
Das mit dem Klageantrag Nr. 1 verfolgte Begehren ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Nach dieser Vorschrift spricht das Gericht im Falle der Erledigung des angefochtenen Verwaltungsakts nach Klageerhebung auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Erledigt sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung - vorliegend trat die Erledigung durch Zeitablauf (§ 43 Abs. 2 LVwVfG) am 24.02.2008, 6.00 Uhr, ein -, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nach ganz herrschender Rechtsprechung entsprechende Anwendung (vgl. BVerwG, Urte. v. 24.02.1961 - IV C 111.60 -, BVerwGE 12, 87, v. 09.02.1967 - 1 C 49.64 -, BVerwGE 26, 161 u. 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226; neuerdings vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassen unter Hinweis auf die Möglichkeit der allgemeinen Feststellungsklage: Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 -, BVerwGE 109, 203, 208 f. = VBlBW 2000, 22; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 -, VBlBW 2004, 214). Diese sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999, a.a.O.). Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999, a.a.O.).
17 
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht in Fällen einer Wiederholungsgefahr (vgl. Kuntze, in: Bader/Funke-Kaiser/Kunze/v. Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 113 RdNr. 67), zur Rehabilitierung bei - vorrangig polizeilichen - Eingriffen in geschützte Grundrechtspositionen (vgl. BVerwG, Urte. v. 17.10.1990 - 1 C 12.88 -, BVerwGE 87, 23 u. 23.03.1999 - 1 C 12/97 -, NVwZ 1999, 991) und nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, NJW 2004, 2510 = DVBl. 2005, 822) im Versammlungsrecht, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt. Der Kläger beruft sich zu Recht auf ein Rehabilitationsinteresse. Der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 erging im Bereich des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts und stellte eine Störereigenschaft des Klägers fest. Die Beklagte ging davon aus, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und wollte wohl durch den nicht vollständigen Satz „sich mehrfach an Drittortschlägereien, zuletzt am 17. Februar 2006 an der Tank- und Rastanlage Baden-Baden, wobei Eisenstangen und Holzlatten als "Waffen" eingesetzt wurden“ (Seite 3, 6. Absatz des Bescheids) zum Ausdruck bringen, er habe sich an sogenannten Drittortschlägereien (vgl. dazu Beschl. der erkennenden Kammer v. 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, VBlBW 2007, 67) beteiligt (und sich womöglich auch strafbar gemacht). Der Bescheid beruht daher, auch wenn er dies nicht wörtlich zum Ausdruck bringt, aus der Sicht des maßgebenden Empfängerhorizonts auf dem Vorwurf, der Kläger habe sich bei Drittortschlägereien strafbar gemacht. Hieraus folgt eine diskriminierende Wirkung, was ein Rehabilitationsinteresse begründet (vgl. Wolff/Decker, VwGO/VwVfG, 2. Aufl., § 113 VwGO, RdNr. 112). Hinzu kommt der - nicht substantiiert dargelegte - Vorwurf der Beklagten, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“, was die diskriminierende Wirkung des Bescheids verstärkt und den grundrechtlichen Ehrschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigt (vgl. Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, 2. Aufl., RdNr. 654). Schließlich ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg anerkannt, dass bei polizeilichen Maßnahmen, die sich typischerweise schnell erledigen, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ideeller Art auch unabhängig von einer gewichtigen Grundrechtsverletzung sich dann ergeben kann, wenn das beanstandete polizeiliche Vorgehen Teil eines komplexen Maßnahmenkatalogs ist; dabei kann ein öffentliches Interesse an einer rechtlichen Überprüfung des polizeilichen Handelns dem Betroffenen reflexhaft zugute kommen, indem vor diesem Hintergrund die Anforderungen an das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses herabgesetzt werden (vgl. Urt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, VBlBW 2005, 431). Bei dem verfügten Aufenthaltsverbot gegenüber dem Kläger anlässlich des Bundesligaspiels VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC am 23.02.2008 handelt es sich, wie der „Antrag auf Erlass von Platzverweise/Aufenthaltsverbote“ des Polizeipräsidiums xxx vom 12.02.2008 an die Beklagte anlässlich dieses Spiels zeigt, nicht um eine Einzelmaßnahme. Dieser Antrag bezieht sich auf 11 namentlich genannte „Problemfans“ des VfB Stuttgart sowie auf 4 namentlich genannte „Problemfans“ des Karlsruher SC, darunter der Kläger. Der genannte Antrag des Polizeipräsidiums xxx erweist sich daher in der Umsetzung durch die Beklagte in Gestalt von Einzelverfügungen gegenüber mehreren „Problemfans“ als „komplexer Maßnahmenkatalog“.
18 
Das Rehabilitationsinteresse ist nicht dadurch entfallen, dass der Kläger die Rehabilitation auf andere Weise erreicht oder das betroffene Verhalten - Fan (und Vereinsmitglied) des Karlsruher SC - vollständig aufgegeben hätte. Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 04.09.2009 ausgeführt, der Kläger sei nach den Erkenntnissen des Polizeipräsidiums xxx nach wie vor in der sogenannten „Ultra-Szene“ aktiv. Dies hat der Kläger nicht bestritten.
19 
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 ist rechtswidrig gewesen. Es kann offen bleiben, ob die Rechtswidrigkeit bereits daraus folgt, dass die polizeiliche Generalklausel (§§ 1 und 3 PolG) als Ermächtigungsgrundlage ausscheidet (vgl. Beschl. der erkennenden Kammer v. 08.06.2006, a.a.O., mit Anm. Finger, S. 70). Die Rechtswidrigkeit ergibt sich jedenfalls aus dem Umstand, dass die dem Bescheid zugrundegelegte Feststellung des Sachverhalts die von der Beklagten bejahte konkrete Gefahr der Störung der öffentlichen Sicherheit durch den Kläger („weitere tätliche Auseinandersetzungen“, S. 3, 8. Absatz des Bescheids) nicht zu tragen vermag. Die auf den Kläger bezogenen Ausführungen im Bescheid erschöpfen sich in den knappen und überdies nicht vollständig ausformulierten Darlegungen im 6. Absatz auf Seite 3 des Bescheids. Die Behauptung, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“, ist nicht nachvollziehbar dargelegt, sondern lediglich damit begründet worden, dies zeige sich durch „entsprechende Vorfälle“. Die „entsprechenden Vorfälle“ sind aber weder im genannten 6. Absatz noch an anderer Stelle des Bescheids benannt. Soweit die Beklagte prognostiziert hat, es sei zu erwarten, dass sich der Kläger an „entsprechenden Auseinandersetzungen“ (Satz 2 des 6. Absatzes) aktiv beteilige oder dass er diese Auseinandersetzungen aktiv unterstütze, wird nicht hinreichend ersichtlich, um was für „entsprechende Auseinandersetzungen“ es sich handeln soll. Wenn die Beklagte mit dem sich an diesen Satz anschließenden, unvollständig formulierten Satz als Regelbeispiel einer Auseinandersetzung Drittortschlägereien, zuletzt eine solche am 17.02.2006 an der Tank- und Rastanlage Baden-Baden, hervorhebt, so lässt sich aus diesem Umstand, wie die erkennende Kammer bereits im genannten Beschluss vom 08.06.2006 (a.a.O.) ausgeführt hat, gerade nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit herleiten, dass der betreffende Fußballfan bewusst im engeren oder weiteren Umfeld von Stadien die tätliche Auseinandersetzung mit anderen Fußballfans sucht. Dass es sich im Falle des Klägers ausnahmsweise anders verhält, ist im Bescheid der Beklagten nicht ausgeführt. Aus dem Bescheid erschließt sich daher mangels unzureichender Wiedergabe eines Lebenssachverhalts nicht eine das Aufenthaltsverbot rechtfertigende erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit (vgl. insoweit auch den Beschl. der erkennenden Kammer v. 05.03.2009 - 5 K 756/09 -, Juris, zu einem ebenfalls von der Beklagten verfügten Aufenthaltsverbot wegen häuslicher Gewalt).
20 
Das mit dem Klageantrag Nr. 2 verfolgte Begehren ist als Anfechtungsklage zulässig und begründet. Das Klageziel - Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums xxx vom 02.04.2009 - erstreckt sich auch auf die Gebührenentscheidung (§ 24 Satz 2 LGebG).
21 
Die Beklagte ist passivlegitimiert. Wäre der Widerspruchsbescheid vor Erledigung des Bescheids der Beklagten vom 14.02.2008 ergangen und hätte der Kläger auch noch vor Erledigung des angegriffenen Aufenthaltsverbots Klage erhoben, wäre Gegenstand der Anfechtungsklage der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2008 in Gestalt des betreffenden Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums xxx gewesen (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Eine (ursprüngliche) Anfechtungsklage wäre ebenfalls gegen die Beklagte zu richten gewesen (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO); hinsichtlich der nach § 24 Satz 2 LGebG kraft Gesetzes mit angefochtenen Widerspruchsgebühr wäre die Beklagte gesetzliche Prozessstandschafterin gewesen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.12.1965 - III 625/65 -, ESVGH 16, 89; Urt. v. 10.09.2001 - 1 S 1596/00 -, NVwZ-RR 2002, 411 = VBlBW 2002, 530). Hätte sich die ursprüngliche Anfechtungsklage hinsichtlich des Ausgangsbescheids erledigt, wäre die Beklagte weiterhin Prozessstandschafterin bezüglich des Klageverfahrens gegen die Widerspruchsgebühr geblieben (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.03.1991 - A 14 S 2616/90 -, KStZ 1991, 110; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 29.08.1996 - 7 C 51/84 -, NVwZ 1987, 215, wonach der Rechtsträger der Ausgangsbehörde der richtige Beklagte auch dann bleibt, wenn im Laufe des Klageverfahrens die Klage auf den verschlechternden Teil - reformatio in peius - des Widerspruchsbescheids beschränkt wird). Vor dem Hintergrund dieser Sachverhalte ist es daher gerechtfertigt, im hier vorliegenden Fall des Ergehens eines Widerspruchsbescheids nach Erhebung einer sogenannten nachgezogenen Fortsetzungsfeststellungsklage die Ausgangsbehörde bezüglich des Widerspruchsbescheids als passivlegitimiert zu erachten.
22 
Der Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Widerspruchsbehörde hätte nach der Erledigung des Aufenthaltsverbots den Widerspruch des Klägers nicht als unzulässig mit der Folge der Kostentragungspflicht zurückweisen dürfen. Im Widerspruchsbescheid ist in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsprechung ausgeführt, dass es nicht Sache der Verwaltung (und damit auch der Widerspruchsbehörde) ist, verbindlich darüber zu entscheiden, ob ein erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist (vgl. BVerwG, Urte. v. 20.01.1989 - 8 C 30.87 -, BVerwGE 81, 226, 229 = NJW 1989, 2486 u. v. 12.04.2001 - 2 C 10/00 -, NVwZ 2001, 1288; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.1990 - 9 S 707/89 -, VBlBW 1991, 148, 150). Erledigt sich der Ausgangsbescheid, dann erledigt sich auch das Vorverfahren, worauf es nach der genannten Rechtsprechung formlos einzustellen ist (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v. Albedyll, VwGO, 4. Aufl., § 73 RdNr. 7; vgl. zur Tenorierung Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, 11. Aufl., § 42 RdNr. 33). Ein gleichwohl ergehender Widerspruchsbescheid, der wie hier den Widerspruch zurückweist (und dabei den Eindruck erweckt, der - erledigte - Verwaltungsakt sei bestandskräftig geworden), ist im Klageverfahren aufzuheben (vgl. BVerwG, Urte. v. 20.01.1989 u. v. 12.04.2001, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.1990, a.a.O.; Pietzner/Ronellenfisch, a.a.O., § 31 RdNr. 29). Die Möglichkeit des Erlasses eines Fortsetzungsfeststellungswiderspruchsbescheids (so teilweise die Literatur, vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 27 RdNr. 26; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 73 RdNr. 9; Geis, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 73 RdNr. 39 [a. A. dagegen Wolf, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 RdNr. 318]) hat das Regierungspräsidium xxx mit den Ausführungen auf Seite 3 des Widerspruchsbescheids, wonach die Verwaltung nicht verbindlich entscheiden dürfe, ob ein erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, der Sache nach zu Recht verneint. Die Zurückweisung des Widerspruchs als unzulässig mangels Rechtsschutzinteresses ist zwar für sich betrachtet schlüssig, denn die Erledigung eines Verwaltungsakts führt zum Wegfall der Beschwer des Adressaten des Verwaltungsakts und folglich zur Unzulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen den erledigten Verwaltungsakt mangels Klage- oder Widerspruchsbefugnis. Die mit der Zurückweisung des Widerspruchs verknüpfte (zwingende) Rechtsfolge der Kostentragungspflicht des Widerspruchsführers (und so auch hier des Klägers) erweist sich jedoch - über den rechtswidrigen Anschein, der erledigte Ausgangsbescheid sei bestandskräftig geworden, hinaus - auch unter Berücksichtigung des § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG als rechtsfehlerhaft. Hiernach wird im Falle der Erledigung des Widerspruchs auf andere Weise über die Kosten nach billigem Ermessen entschieden, wobei der bisherige Sachstand zu berücksichtigen ist. Eine Erledigung des Widerspruchs auf „andere Weise“ liegt dann vor, wenn sich das Widerspruchsverfahren nicht durch einen Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid oder durch Rücknahme des Widerspruchs erledigt (vgl. Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 27 RdNr. 19). § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG regelt daher in Baden-Württemberg für das Vorverfahren Vergleichbares wie § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Diesen Gedanken hat der Sachbearbeiter des Widerspruchsverfahrens beim Regierungspräsidium xxx zunächst in seiner E-Mail vom 28.11.2008 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers im Ansatz zu Recht aufgegriffen, ohne allerdings § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG zu erwähnen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers hierauf in seiner E-Mail vom 28.11.2008 an das Regierungspräsidium xxx den Widerspruch weder zurückgenommen noch das Widerspruchsverfahren für erledigt erklärt hat, sondern im Hinblick auf die vorliegende Fortsetzungsfeststellungsklage um eine Zurückstellung der Widerspruchsentscheidung und damit nicht sogleich um eine Entscheidung über den Widerspruch gebeten hat, hat der Sachbearbeiter des Widerspruchsverfahrens in seiner E-Mail vom 30.03.2009 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers seine frühere Auffassung geändert und ist zu der rechtsfehlerhaften Überzeugung gelangt, in einem Widerspruchsbescheid den Widerspruch als unzulässig zurückzuweisen, obwohl damals - am 30.03.2009 - über die Fortsetzungsfeststellungsklage noch nicht entschieden war. Die Vorgehensweise der Widerspruchsbehörde - den Widerspruch mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig zurückzuweisen - wäre allenfalls dann gerechtfertigt gewesen, wenn der Kläger keine nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben und auf einer Entscheidung der Widerspruchsbehörde bestanden hätte, weil seiner Auffassung nach keine Erledigung eingetreten ist oder er eine Fortsetzungsfeststellung (durch die Widerspruchsbehörde) für statthaft gehalten hätte (vgl. Funke-Kaiser, a.a.O., § 73 RdNr. 7; Pietzner/Ronellenfitsch, a.a.O., § 43 RdNr. 33). Die hier jedoch erfolgte verfahrensfehlerhafte Vorgehensweise der Widerspruchsbehörde beschwert den Kläger - sie nimmt ihm die Möglichkeit, seine Aufwendungen auf der Grundlage des § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG nach billigem Ermessen erstattet zu erhalten - und verletzt ihn deshalb in seinen Rechten (Art. 2 Abs. 1 GG), weswegen der Widerspruchsbescheid einschließlich der festgesetzten Widerspruchsgebühr in Höhe von 75 EUR aufzuheben ist.
23 
Zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits zwischen den Beteiligten (oder zwischen dem Kläger und dem Land Baden-Württemberg) im Falle einer Entscheidung nach § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG durch das Regierungspräsidium xxx weist das Gericht darauf hin, dass § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG keine Rechtsgrundlage für eine Kostenentscheidung darstellt, sondern eine solche Entscheidung voraussetzt. Im Falle der Erledigung eines Widerspruchs auf andere Weise kommt auf der Grundlage des § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG nur eine Erstattung von Aufwendungen des Widerspruchsführers und/oder der Ausgangsbehörde nach billigem Ermessen in Betracht, während die Frage, ob die Widerspruchsbehörde Kosten des Widerspruchsverfahrens (durch Gebührenbescheid) geltend machen kann, sich nach den Bestimmungen des Landesgebührengesetzes beantwortet (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 09.03.2001 - 4 K 4050/00 -, VBlBW 2002, 81).
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Es besteht keine Veranlassung, die Berufung zuzulassen (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO).

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Juli 2013 - 12 K 720/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin, eine Gemeinde, begehrt die Zustimmung der Schulaufsicht zur Änderung einer bestehenden Schule in eine Gemeinschaftsschule.
Die Klägerin ist Trägerin der xxxschule, einer Grund- und Werkrealschule.
Unter dem 24.09.2012 beantragte die Klägerin, nachdem zuvor bereits ein erster Antrag abgelehnt worden war, beim Regierungspräsidium Stuttgart erneut die Zustimmung zur Änderung der xxxschule in eine Gemeinschaftsschule.
Mit Bescheid vom 04.02.2013 lehnte das Regierungspräsidium Stuttgart auch diesen Antrag ab. Zur Begründung führte es aus, zwar sei das pädagogische Konzept geprüft und befürwortet worden. Die Schule könne aber mit voraussichtlich ca. 22 Schülern je Jahrgangsstufe auf Dauer nur einzügig geführt werden. Es bestehe keine Ausnahmesituation, die eine Zustimmung trotz Einzügigkeit rechtfertigen würde.
Die Klägerin hat am 28.02.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.02.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule an der xxxschule zum Schuljahr 2013/2014, hilfsweise für ein nachfolgendes Schuljahr, zu genehmigen, höchsthilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule bei ihr vorliegen.
Mit Urteil vom 18.07.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei formell rechtmäßig. Es habe mit dem Regierungspräsidium Stuttgart die zuständige Behörde gehandelt. Eine Anhörung sei vor Erlass des Bescheides im Rahmen eines Gespräches erfolgt. Im Übrigen hätte davon auch abgesehen werden können, weil das Regierungspräsidium nicht von den tatsächlichen Angaben der Klägerin in ihrem Antrag zu ihren Ungunsten abgewichen sei, sondern diese nur anders bewertet habe. Die Begründung des Bescheids entspreche gerade noch den Vorgaben des § 39 LVwVfG. Ein etwaiger Begründungsmangel wäre zudem durch die Ergänzungen im Klageverfahren geheilt.
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Einrichtung der begehrten Gemeinschaftsschule zum Schuljahr 2013/14 oder zu einem späteren Zeitpunkt. Die Rechtsgrundlagen hierfür seien die § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Schulgesetzes (SchG) in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV. Danach sei die Klägerin als Schulträgerin grundsätzlich berechtigt, eine Gemeinschaftsschule einzurichten, wenn ein „öffentliches Bedürfnis“ hierfür bestehe. Dabei müsse aufgrund der verfassungsrechtlich geschützten kommunalen Selbstverwaltungsgarantie vom beklagten Land gemeindefreundlich entschieden werden. Denn die Kommunen hätten nach § 1 Abs. 2 GemO die Pflicht, für das Wohl ihrer Einwohner zu sorgen, wozu auch die schulische Versorgung im Rahmen der Schulträgerschaft gehöre. Nach § 27 Abs. 3 SchG wirkten Land und Gemeinden im Schulwesen - konstruktiv - zusammen. Insoweit liege ein Spannungsfeld vor zwischen einerseits kommunaler Eigenverantwortung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV) und andererseits der überörtliche Belange betreffenden Verantwortung für den staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag beziehungsweise das landesweite Schulwesen, das unter der Aufsicht des Staates stehe (Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 11 LV). Eine Gemeinde könne sich deshalb auch nur bezüglich ihrer eigenen Einwohner auf die schulische Versorgung berufen. Es gehöre nicht zu ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht, schulische Angebote für Einwohner von Nachbarkommunen einzurichten und vorzuhalten. Für die hier im Streit stehende Problematik sei das Spannungsfeld „kommunale (örtliche) Selbstverwaltungsgarantie - staatliche (überörtliche) Schulaufsicht“ dahingehend aufzulösen, dass grundsätzlich die Gemeinde entscheiden dürfe, ob sie eine bestimmte öffentliche Schule (nur) für ihre Einwohner einrichten wolle, das Land hingegen grundsätzlich entscheiden dürfe, wie groß eine solche Schule zumindest sein müsse, um die nach pädagogischem Erkenntnisstand notwendigen Differenzierungen zu ermöglichen und sie organisatorisch sowie fiskalisch angemessen betreiben zu können. Das Land könne mithin aus pädagogischen, organisatorischen beziehungsweise fiskalischen Gründen auch Mindestschülerzahlen festlegen sowie Schülerprognosen der Gemeinde insbesondere hinsichtlich des zugrunde gelegten Faktenmaterials überprüfen oder sogar selbst treffen. Denn das Land trage die finanzielle Hauptlast einer einmal eingerichteten Schule. Bei Schulneugründungen müsse das Land weiter berücksichtigen, welche Auswirkungen sich auf Schulen von benachbarten Kommunen ergeben könnten. Wesentliche Grundsätze des „öffentlichen Bedürfnisses“ müssten vom Landtag im Wege der Gesetzgebung entschieden werden.
Für den vorliegenden Fall sei in § 8a Abs. 2 Satz 1 SchG geregelt worden, dass ein „öffentliches Bedürfnis“ für die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule grundsätzlich nur dann anzunehmen sei, wenn eine Gemeinschaftsschule mindestens zweizügig betrieben werden könne. Der Gesetzgeber sei dabei ausweislich der Gesetzesbegründung davon ausgegangen, dass bei zweizügigen Gemeinschaftsschulen „im Sinne eines verantwortungsvollen Ressourceneinsatzes eine dauerhafte Mindestschülerzahl von 20 Schülerinnen und Schülern pro Zug anzustreben ist“. Die anzustrebende dauerhafte Mindestschülerzahl von 40 Schüler/innen sei zwischenzeitlich auch, die Mindestschülerzahl für die Regelklasse von 16 und den Klassenteiler von 28 ergänzend, in den Organisationserlass des Kultusministeriums übernommen worden. Den schulpolitischen Hintergrund hierfür hätten vor allem Fragen der Finanzierbarkeit und der Pädagogik gebildet. Pädagogischer Auftrag der Gemeinschaftsschule sei es gemäß § 8a Abs. 1 SchG, „in einem gemeinsamen Bildungsgang Schülern der Sekundarstufe I je nach ihren individuellen Leistungsmöglichkeiten eine der Hauptschule, der Realschule oder dem Gymnasium entsprechende Bildung zu vermitteln“, was in einer nur einzügigen Schule beziehungsweise bei Kleinklassen sicher schwierig sei. Wenn gleichwohl anfänglich einzügige Gemeinschaftsschulen genehmigt würden, so liege der Entscheidung zum Beispiel die Erwartung zugrunde, dass sie künftig wachsen würden.
Der Gesetzesbegriff des „öffentlichen Bedürfnisses“ auf Tatbestandsebene in § 27 Abs. 2 SchG, der vom Gesetzgeber bezüglich der Gemeinschaftsschule nach § 8a SchG mit „mindestens zweizügig“ konkretisiert worden sei, sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der im Einzelfall von der Exekutive unter Beachtung der Vorgaben des Gesetzgebers auszufüllen sei. Das Kultusministerium müsse mithin bei der Einrichtung einer neuen Gemeinschaftsschule der hierfür erforderlichen Prognose die vom Landtag vorgegebene „anzustrebende Mindestschülerzahl von 40“ zugrunde legen und dabei abstellen auf „zum Beispiel Schülerzahl, örtliche Geburtenrate, Bildungswahlverhalten, Verkehrsanbindung, Auswirkungen auf andere Schulen“. Eine solche Prognose erhebe nicht den Anspruch auf objektive Richtigkeit und umfasse im Lichte der Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 11 LV vor allem planerische und wertende Elemente. Damit aber eröffne das Gesetz der Exekutive hier einen Beurteilungsspielraum, bei dessen Überprüfung das Verwaltungsgericht seine Kontrolldichte unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Gewaltenteilungsgrundsatzes zurücknehmen müsse. Die gerichtliche Kontrolle sei im Wesentlichen darauf beschränkt, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen beziehungsweise anzuwendendes Recht verkannt worden sei, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe missachtet worden seien oder sich die Verwaltung von sachfremden Erwägungen oder gar Willkür habe leiten lassen. Zusammengefasst könne eine schulorganisatorische Prognoseentscheidung mithin im Wesentlichen gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob die Verwaltung sie auf einer zutreffenden und hinreichenden tatsächlichen Grundlage in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet und damit dem Gebot der gerechten Abwägung entsprochen habe.
10 
Auch im konkreten Einzelfall habe das Regierungspräsidium die einschlägigen Vorschriften rechtmäßig angewandt. Es sei bei der Ablehnung der begehrten Gemeinschaftsschulneugründung von einer zutreffenden und hinreichenden tatsächlichen Grundlage beziehungsweise Prognose ausgegangen, die in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden sei und dem Gebot der gerechten Abwägung entspreche. Es habe dabei das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, das in der Handreichung des Kultusministeriums zur Beantragung einer Gemeinschaftsschule unter „Ablauf“ im Einzelnen geschildert sei. Das Regierungspräsidium sei auch von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen, habe das anzuwendende Recht nicht verkannt, habe keine allgemein gültigen Bewertungs-maßstäbe verkannt und sich nicht von sachfremden Erwägungen oder gar Willkür leiten lassen. Mehr dürfe das Verwaltungsgericht bei Beachtung des Gewaltenteilungsgrundsatzes hier nicht prüfen.
11 
Der Beklagte habe eine anzustrebende Mindestschülerzahl von 40 zugrunde gelegt und entsprechend den Vorgaben des Gesetzgebers insbesondere abgestellt auf „zum Beispiel Schülerzahl, örtliche Geburtenrate, Bildungswahlverhalten, Verkehrsanbindung, Auswirkungen auf andere Schulen“. Das Regierungspräsidium habe hierfür ein mehrstufiges Prognoseverfahren an-gewendet: Es habe zunächst mittels der Geburtenquote von 0,83 % die theoretisch möglichen Schüler im Einzugsbereich von maximal 60 ÖPNV-Minuten zahlenmäßig errechnet, sodann diese anhand der „Allgemeinen Prognosegrundlagen“ mit 10 % bis 50 % gewichtet, anschließend die errechneten Schülerströme im Sinne eines „Faktenchecks“ anhand der mitgeteilten tatsächlichen Schulsituation überprüft. Dieses Prognoseverfahren sei schlüssig und beachte das anzuwendende Recht sowie allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe hinreichend und führe zu willkürfreien Ergebnissen.
12 
Das Regierungspräsidium habe nicht den für bestehende Schulen geltenden Klassenteiler von 28 zugrunde legen dürfen. Anders als im Falle der Werkrealschule liege bezüglich der Gemeinschaftsschulen insoweit nicht lediglich eine politische Willenserklärung vor (dort damals: Eckpunktepapier der Landesregierung vom 20.09.2009), sondern vielmehr bezüglich der anzustrebenden Mindestschülerzahl 40 eine eindeutige Vorgabe des Gesetzgebers, die zudem zwischenzeitlich in dem entsprechenden Organisationserlass des Kultusministeriums - den Klassenteiler ausdrücklich ergänzend - umgesetzt worden sei und an den sich der Beklagte über seine Verwaltungspraxis gemäß Art. 3 Abs. 1 GG auch selbst gebunden habe. Selbst wenn der Beklagte im Übrigen für den Bescheid vom 04.02.2013 seiner Prognose und Bewertung damals (rechtswidrig) den Klassenteiler von 28 Schüler/innen zugrunde gelegt hätte, würde sich für den Erfolg der Verpflichtungsklage nichts anderes ergeben. Denn für den insoweit entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung hätte die Klägerin die notwendig anzustrebende Mindestschülerzahl von 40 nicht erreichen können.
13 
Das Regierungspräsidium sei bei dieser Verfahrensweise unter Berücksichtigung des Einzugsbereichs zwar auf Prognosen von über 40 Schülern (kurzfristige Prognose: 47 Schüler, langfristige Prognose: 45 Schüler, mittelfristige Prognose: 46 Schüler) gekommen. Es sei aber nicht zu beanstanden, dass im „Faktencheck“ nur noch die Schüler aus dem Gebiet der Klägerin selbst sowie aus xxx und xxx (einschließlich xxx) berücksichtigt worden seien. Denn aus den anderen Orten seien nach den vorgelegten Zahlen mit Ausnahme der Klassenstufe 6 nur vereinzelt Schüler gekommen. Weiter sei zu Recht eingeflossen, dass in xxx, xxx und xxx weiterführende Schulen bestünden, die traditionell auch bisher schon von Schülern aus dem Gebiet der Klägerin und aus den Orten des Einzugsbereichs besucht worden seien.
14 
Die Klägerin könne sich auch nicht auf einen „besonderen Ausnahmefall“ im Sinne von § 8a Abs. 2 Satz 1 SchG (der damaligen Fassung) berufen. Die Voraussetzungen für eine Abweichung vom Regelfall seien nicht erfüllt.
15 
Schließlich liege kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG beziehungsweise den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung vor. Denn der Beklagte habe nach den schlüssigen Angaben in der mündlichen Verhandlung, die sich im Übrigen mit der vorgelegten Tabelle „Anmeldezahlen für die neu genehmigten Gemeinschaftsschulen“ deckten, (bis auf den Ausnahmefall xxx) ausschließlich Gemeinschaftsschulen genehmigt, die nach seiner Prognose mindestens 29 Schüler aufgewiesen hätten und eines Tages mindestens 40 Schüler erreichen könnten. Alle anderen Anträge seien hingegen abgelehnt worden. Die Kammer sehe keine Anhaltspunkte dafür, dass dennoch zu Lasten der Klägerin ein Gleichheitsverstoß gegeben sein könnte.
16 
Die Klägerin hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung fristgerecht eingelegt und begründet. Hierzu führt sie im Wesentlichen aus:
17 
Maßgebliche Sach- und Rechtslage sei diejenige bei Erlass der letzten Behördenentscheidung. Spätere ihr nachteilige Änderungen seien nicht zu berücksichtigen. Das folge aus dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutz und gelte umso mehr, als es hier um eine Prognoseentscheidung gehe. Eine echte Rückwirkung gesetzlicher Regelungen für bereits abgeschlossene Tatbestände sei unzulässig. Der Sachverhalt sei hier abgeschlossen, weil ihr Antrag der zweiten Antragsrunde für die Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg („zweite Tranche“) angehöre. Zudem werde nur so eine Gleichbehandlung mit anderen Gemeinden erreicht, die zu gleicher Zeit ihre Anträge gestellt hätten und die noch unter der früheren Rechtslage beschieden worden seien. Wenn dies anders zu sehen sein sollte, sei jedenfalls eine Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig und begründet. Ihr komme ein Rehabilitations- und ein Amtshaftungsinteresse zu.
18 
Der Ablehnungsbescheid sei rechtswidrig, weil vor dessen Erlass eine Anhörung nicht durchgeführt worden sei, obwohl eine solche nach § 28 Abs. 1 LVwVfG erforderlich gewesen sei. Bei einem Gespräch, das am 29.01.2013 stattgefunden habe, sei ihren Vertretern im Wesentlichen lediglich die Entscheidung der Behörde mitgeteilt worden, ohne dass es sich um ein „Kooperieren auf Augenhöhe“ gehandelt habe.
19 
Das Verwaltungsgericht gehe davon aus, dass sich eine Gemeinde kraft des kommunalen Selbstverwaltungsrechts bei der Einrichtung einer Gemeinschaftsschule nur auf ihre eigenen Einwohner berufen könne. Entgegen dieser Auffassung seien Nachbarkommunen zum Einzugsbereich einer Gemeinschaftsschule hinzuzurechnen, was der Beklagte sogar selbst in seinen allgemeinen Prognosegrundlagen zum Ausdruck bringe. Der Beklagte habe sogar eine Gemeinschaftsschule (xxx) im Grenzgebiet zu Bayern gerade mit der Begründung zugelassen, dass bayerische Schüler das Angebot annehmen würden. Es sei dann unverständlich, warum in ihrem Fall Schülerinnen und Schüler aus dem Nachbarort xxx (Baden-Württemberg) nicht berücksichtigt würden. Ein Vergleich mit anderen Gemeinschaftsschulstandorten mache die Widersprüche der Argumentation des Verwaltungsgerichts noch deutlicher. Wenn nur prognostizierte Schülerzahlen der eigenen Gemeinde für das kommunale Selbstverwaltungsrecht eine Rolle spielten, habe nach der vom Regierungspräsidium vorgelegten Tabelle keine Gemeinde mit weniger als 7.500 Einwohnern ein Recht auf die Errichtung einer Gemeinschaftsschule. Da Nachbargemeinden nicht ausgeblendet werden dürften, müsse bei ihr von 45 bis 47 Schülern pro Jahrgang ausgegangen werden und nicht von nur 22 bis 23 entsprechend den „überarbeiteten Zahlen“ des Regierungspräsidiums.
20 
Sie komme mit der Einrichtung einer Gemeinschaftsschule gerade ihrer durch § 1 Abs. 2 GemO gesetzten Pflicht zur Sorge um das Wohl ihrer Einwohner nach. Ein Verzicht auf die Errichtung einer Gemeinschaftsschule würde zur langsamen „Austrocknung“ der Werkrealschule führen und sie gegen ihre Pflichten verstoßen lassen. Es müsse weiterhin sichergestellt sein, dass den Schülern und ihren Eltern ein hinreichendes Angebot von Bildungseinrichtungen offen stehe.
21 
Das angeblich durchgeführte mehrstufige Prognoseverfahren halte einer Überprüfung nicht stand. Der erste Teil der Prognose sei so durchgeführt worden, wie es in der „Handreichung zur Beantragung einer Gemeinschaftsschule“ dargestellt und in den „allgemeinen Prognosegrundlagen zur Genehmigung einer Gemeinschaftsschule nach § 8a SchG“ konkretisiert sei. Schon insoweit sei zu bezweifeln, dass es sich um ein korrektes Verfahren handele. So werde zum Beispiel eine Übergangsquote von 50 % der Schüler der eigenen Gemeinde zugrunde gelegt, unabhängig davon, wie hoch diese vor Ort wirklich sei (bei ihr für Werkrealschule und Realschule 59,6 %). Für die Nachbargemeinde xxx würden bei ihr lediglich 10 % als Übergangsquote zugrunde gelegt, da an diesem Schulstandort eigene weiterführende Schulen bestünden.
22 
Für die „zweite Stufe“, die in das Prognoseverfahren eingearbeitet worden sein solle, bestehe keine Rechtsgrundlage. Diese sei weder in der Handreichung noch in den Prognosegrundlagen erwähnt, geschweige denn beschrieben. Die Verwaltung habe sich daher im Rahmen ihrer Selbstbindung vorzuwerfen, dass zuerst ein Verfahren nach bekanntgegebenen Maßstäben durchgeführt werde, dann aber die dort erzielten Ergebnisse nach nicht nachvollziehbaren Kriterien wieder „zusammengestrichen" würden. Dies sei willkürlich und folge sachfremden Erwägungen. Das Bedürfnis einer Kommune für die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule könne auch gar nicht auf der Grundlage objektivierbarer Kriterien ermittelt werden. Der Staat dürfe die kommunale Planung (Prognose) nicht durch eine staatliche: „Ersatzplanung" („Ersatzprognose") konterkarieren, sondern nur eingreifen, wenn bei den planerischen Festlegungen der Kommune verbindliche Vorgaben des Schulgesetzes oder feststehende Prognoserichtlinien missachtet worden seien. Dies sei hier aber nicht der Fall. Sie habe sich bei der Erarbeitung der prognostizierten Schülerzahlen streng an das vom Beklagten vorgegebene Verfahren gehalten. Ein Grund für das Eingreifen des Staates in ihre Prognose bestehe deshalb nicht.
23 
Man könne die Nachbarorte nicht ganz unberücksichtigt lassen, obwohl schon heute Schüler aus diesen Nachbarorten die xxxschule besuchten. Zumindest die aktuellen Zahlen müssten angerechnet werden. Es sei anerkannt und durch die Anmeldezahlen belegt, dass eine Gemeinschaftsschule attraktiver sei als eine Werkrealschule. Bei der xxxschule handele es sich sogar um eine äußerst attraktive und auch in den benachbarten Gemeinden beliebte Schule. Nachdem zum Schuljahr 2011/2012 die Schulbezirksbindung abgeschafft worden sei, hätten sich die Anmeldezahlen der xxxschule sehr positiv entwickelt. Die Jahrgangsstufe 5 im Schuljahr 2011/2012 habe insgesamt 43 Schüler zu verzeichnen gehabt. Dieser positive Trend sei abgerissen, als die verbindliche Grundschulempfehlung zum Schuljahr 2012/2013 weggefallen sei. Die Entscheidung der Eltern falle seither markant zu Lasten der Werkreal- und Realschulen und zu Gunsten von Gymnasien aus. So seien auch bei der xxxschule die Anmeldezahlen eingebrochen. Eine Gemeinschaftsschule sei aber nicht mit einer Werkrealschule vergleichbar, was die Attraktivität für die Schulwahl betreffe. Im Ergebnis bedeute dies für eine Berücksichtigung der Schülerzahlen aus Nachbargemeinden, dass die Zeit vor dem Schuljahr 2011/2012 und die Zeit nach dem Schuljahr 2012/2013 nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden könne. Lediglich die Jahrgangsstufe 5 des Schuljahrs 2011/2012 mit insgesamt 20 auswärtigen Schülern stelle eine einigermaßen realistische Vergleichsgröße dar.
24 
Bei der Berücksichtigung von Schülern aus Nachbarorten sei auch überbewertet worden, inwieweit andere weiterführende Schulen erreichbar seien. Die Gemeinschaftsschule sei eine eigene, neue Schulart, deren Besonderheit der gemeinsame Bildungsweg sei. Mit anderen Schularten sei die Gemeinschaftsschule daher nicht vergleichbar. Die Erreichbarkeit anderer weiterführender Schulen sei zudem bereits in die Übergangsquoten in den allgemeinen Prognosegrundlagen eingeflossen und könne daher nicht nochmals zu ihren Lasten berücksichtigt werden.
25 
Es treffe ferner nicht zu, dass bei der Genehmigung der Gemeinschaftsschulen in der „Tranche 2“ alle Antragsteller gleich behandelt worden seien und nur Schulen, die bei der durchgeführten Prognose eine Schülerzahl von 29 oder größer aufgewiesen hätten, genehmigt worden seien. Es falle auf, dass der Beklagte bei einer Vielzahl von mit ihr vergleichbaren Kommunen zu deutlich anderen Prognoseergebnissen gelangt sei. Mit Blick auf diesen Vergleich zeige sich ein Verstoß gegen Art. 3 GG. Lege man die bei anderen Antragstellern angewendeten Maßstäbe auch bei ihr an, so komme man jedenfalls auf eine prognostizierte Schülerzahl von mehr als 29, was zu einem Anspruch auf Einrichtung einer Gemeinschaftsschule führe. Im Übrigen sei die zweite Prüfungsstufe - wenn überhaupt - nicht vom Regierungspräsidium, sondern vom Schulamt durchgeführt worden. Das Regierungspräsidium habe sich der Ablehnung des Schulamts lediglich angeschlossen, ohne eigene Erwägungen anzustellen. Somit habe eine unzuständige Behörde gehandelt.
26 
Nach § 8a Abs. 1 Satz 2 SchG (in der bis 31.07.2014 geltenden Fassung) könne eine Gemeinschaftsschule im „besonderen Ausnahmefall" auch einzügig genehmigt werden. Jedenfalls ein solcher Ausnahmefall sei hier anzunehmen, zumal die xxxschule bereits jetzt von den Sach- und Personalmitteln her ein idealer Standort für eine Gemeinschaftsschule sei. Es seien keine größeren Investitionen mehr nötig. Man würde öffentliche Gelder „verbrennen", wenn man der xxxschule den Status einer Gemeinschaftsschule nicht zuerkennen und so deren Bestand, der bei Beibehaltung als Werkrealschule nach dem Wegfall der Grundschulempfehlung und aufgrund des veränderten Schulwahlverhalten gefährdet sei, aufs Spiel setzen würde. Auch gebe es an der xxxschule eine „gelebte Inklusion“. Sie habe angesichts der getätigten Investitionen im Übrigen darauf vertrauen dürfen, die Genehmigung zu erhalten beziehungsweise die Schülerzahl wahren zu können. Für den Ausbau der Schule seien 1,2 Mio. EUR investiert worden; hierin enthalten seien 400.000,-- EUR Fördermittel des Beklagten. In ihrem Haushaltsplan 2013 seien erhebliche Sachkostenbeiträge eingestellt worden. Die Versagung der Zustimmung zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule verletze daher den Grundsatz des gemeindefreundlichen Verhaltens.
27 
Schließlich seien nach Abschluss der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Tatsachen bekannt geworden, die die Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht begründeten. Unter anderem sei dieser Vorsitzender des Fördervereins einer Einrichtung, die vom Kultusministerium Mittel erhalte.
28 
Die Klägerin beantragt,
29 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Juli 2013 - 12 K 720/13 - zu ändern, den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 4. Februar 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr die Zustimmung zur Änderung der xxxschule in eine Gemeinschaftsschule zu erteilen, hilfsweise festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 4. Februar 2013 rechtswidrig ist.
30 
Der Beklagte beantragt,
31 
die Berufung zurückzuweisen.
32 
Er verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts unter Vertiefung beziehungsweise Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
33 
Dem Senat lagen die Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums (zwei Bände) sowie die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 12 K 720/13 - vor. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf verwiesen und auf die im vorliegenden Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
34 
I. Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.02.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die begehrte Verpflichtung des Beklagten oder auf eine Neubescheidung ihres Antrags (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO, im Folgenden unter 1.). Auch die hilfsweise begehrte Feststellung kann nicht ausgesprochen werden (im Folgenden unter 2.).
35 
1. a) Das mit dem Hauptantrag verfolgte Rechtsschutzbegehren ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Der Klägerin kommt aufgrund einer möglichen Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zu (vgl. Senatsurteil vom 08.03.1977 - IX 1523/74 -, ESVGH 28, 175 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, abgedruckt bei Bosse/Burk, Schulrecht Baden-Württemberg, Rspr., § 31 SchG E 1; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2011 - 19 B 478/11 -, NWVBl 2011, 436; VG Sigmaringen, Urteil vom 17.12.2010 - 4 K 1549/10 -, Juris; VG Potsdam, Beschluss vom 28.07.2003 - 12 L 511/03 -, Juris Rn. 15). Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 68 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO, § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO). Auch ein Rechtsschutzinteresse kann der Klägerin nicht abgesprochen werden.
36 
b) Die Verpflichtungsklage ist jedoch nicht begründet.
37 
aa) Als Rechtsgrundlage für die begehrte Entscheidung des beklagten Landes kommt allein § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SchG in Betracht.
38 
Nach § 8a Abs. 5 Satz 1 SchG entstehen die Gemeinschaftsschulen auf Antrag der Schulträger nach Zustimmung des Kultusministeriums 1. durch die Einrichtung einer neuen Schule oder 2. mit Zustimmung der Schulkonferenz durch eine Schulartänderung bestehender weiterführender allgemein bildender Schulen. Mit der Verwendung der Begriffe Einrichtung beziehungsweise Schulartänderung wird auf § 30 SchG verwiesen. § 30 Abs. 1 Satz 1 SchG sieht vor, dass der Beschluss eines Schulträgers über die Einrichtung einer öffentlichen Schule der Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde, also gemäß § 35 Abs. 1 SchG des Kultusministeriums, bedarf. Nach § 30 Abs. 4 Satz 1 SchG gelten die Vorschriften über die Einrichtung und Aufhebung einer öffentlichen Schule entsprechend für die Änderung einer öffentlichen Schule. Als Änderung einer Schule sind dabei gemäß § 30 Abs. 4 Satz 2 SchG die Änderung der Schulart, der Schulform (Normalform oder Aufbauform) oder des Schultyps sowie die dauernde Teilung oder Zusammenlegung, die Erweiterung bestehender Schulen, die Einrichtung von Außenstellen sowie die Verteilung der Klassen auf Schulen mit Außenstellen zu behandeln.
39 
Im vorliegenden Fall geht es um die Entstehung einer Gemeinschaftsschule im Wege einer Schulartänderung (§ 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SchG) und damit im Wege der Änderung einer Schule im Sinne von § 30 Abs. 4 Satz 2 SchG. Das folgt daraus, dass die bestehende Grund- und Werkrealschule im Ergebnis in eine Gemeinschaftsschule (einschließlich Grundschule, vgl. § 8a Abs. 2 Satz 2 SchG = § 8a Abs. 2 Satz 4 SchG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung) umgewandelt werden soll und es sich nach der Aufzählung in § 4 Abs. 1 Satz 4 SchG hierbei um unterschiedliche Schularten handelt.
40 
Im Streit steht hier nicht die im ersten Satzteil von § 8a Abs. 5 Satz 1 SchG geforderte (gegebenenfalls zusätzlich erforderliche) „Zustimmung des Kultusministeriums“, sondern die in § 30 Abs. 1 Satz 1 SchG genannte, durch Verweisung in Bezug genommene „Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde“.
41 
bb) Der angegriffene Bescheid vom 04.02.2013 ist formell rechtmäßig, da weder Zuständigkeits- noch Verfahrensregeln verletzt sind.
42 
(1) Das Regierungspräsidium Stuttgart hat die Ablehnungsentscheidung als sachlich zuständige Behörde getroffen. Das folgt aus einer zulässigen und auch tatsächlich wirksam erfolgten Zuständigkeitsübertragung vom Kultusministerium auf das Regierungspräsidium. Gemäß § 35 Abs. 5 Satz 1 SchG wird das Kultusministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung Zuständigkeiten, die durch das Schulgesetz begründet sind, auf nachgeordnete Schulaufsichtsbehörden zu übertragen, soweit dies zur sachgerechten Erledigung geboten erscheint. Soweit die obere Schulaufsichtsbehörde (mithin nach § 34 Abs. 1 SchG das Regierungspräsidium) betroffen ist, bedarf die Rechtsverordnung des Einvernehmens des Innenministeriums (§ 35 Abs. 5 Satz 2 SchG). Von der Verordnungsermächtigung wurde mit der Verordnung des Kultusministeriums über die Zuständigkeit für schulorganisatorische Maßnahmen vom 18.10.2000 (GBl. S. 731 - SchulOrgZustV, zuletzt geändert durch Verordnung vom 24.09.2012, GBl. S. 550) Gebrauch gemacht. Das Einvernehmenserfordernis des § 35 Abs. 5 Satz 2 SchG wurde dabei gewahrt.
43 
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SchulOrgZustV überträgt das Kultusministerium mit Ausnahme der Maßnahmen, die die Weiterentwicklung des Schulwesens nach § 22 SchG zum Ziel haben, die Befugnis für schulorganisatorische Maßnahmen nach § 30 Abs. 1 und 3 Satz 1 SchG zur Einrichtung und Aufhebung von Grundschulen (§ 5 SchG), Hauptschulen und Werkrealschulen (§ 6 SchG) und Gemeinschaftsschulen (§ 8a SchG) auf die Regierungspräsidien.
44 
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SchulOrgZustV gilt die Zuständigkeitsübertragung auf das Regierungspräsidium auch für die Befugnisse nach § 30 Abs. 4 SchG für die Änderung bestehender Schulen aller Schularten mit Ausnahme der Änderung der Schulart oder des Schultyps. Der Wortlaut dieser Bestimmung legt es zunächst nahe, die Zuständigkeit für die Zustimmung zu einer Schulartänderung - wie sie gerade hier im Raum steht - als nicht übertragen zu betrachten. Hierbei bliebe aber unberücksichtigt, dass der zweite Satz von § 1 Abs. 1 SchulOrgZustV eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des ersten Satzes von den Schularten Grundschule, Hauptschule und Werkrealschule und Gemeinschaftsschule auf sämtliche Schularten vornimmt, soweit es um die Befugnisse nach § 30 Abs. 4 SchG geht, und hieran anknüpfend eine Rückausnahme für die Änderung der Schulart oder des Schultyps macht. Nach Sinn und Zweck der Norm wird daher, vom Wortlaut gerade noch gedeckt, die Zuständigkeit für Schulartänderungen nur insoweit nicht den Regierungspräsidien übertragen, als es um andere Schularten als Grundschule, Hauptschule und Werkrealschule sowie Gemeinschaftsschule geht. Hierfür spricht auch, dass die Schulartänderung - zumindest im Wesentlichen - der Kombination einer Schulaufhebung mit der gleichzeitigen Neueinrichtung einer anderen Schule am selben Ort gleichkommt. Mit der Entstehungsgeschichte von § 1 Abs. 1 SchulOrgZustV steht dieses Ergebnis in Einklang, wobei früher (bis zur Änderung durch die Verordnung vom 11.02.2010, GBl. S. 328) lediglich die Befugnisse nach § 30 Abs. 4 SchG für die Erweiterung bestehender Schulen (mit bestimmten Ausnahmen) ohne Differenzierung nach Schularten übertragen waren, so dass sich aus der Altfassung keine Schlüsse für die Auslegung der Neufassung ziehen lassen. Die Zuständigkeit für Schulartänderungen betreffend Grundschulen, Hauptschulen und Werkrealschulen sowie Gemeinschaftsschulen ist somit auf die Regierungspräsidien übertragen worden.
45 
Das Regierungspräsidium hat die Entscheidung über die Zustimmung auch tatsächlich selbst getroffen, obwohl aus seinen Akten hervorgeht, dass vor Erlass des Ablehnungsbescheides der Antrag dem Kultusministerium „mit allen Unterlagen zur Entscheidung vorgelegt“ werden sollte (S. 12 des im Entwurf vorliegenden Dokuments „Prüfung Schulorganisation“, datiert mit dem 27.11.2012) beziehungsweise auch vorgelegt wurde (vgl. Klageerwiderung vom 16.05.2013, S. 4: Ablehnung seitens des Regierungspräsidiums „nach Überprüfung und Entscheidung durch das Kultusministerium“). § 8a Abs. 5 Satz 1 SchG sieht die Zustimmung des Kultusministeriums als eigene Voraussetzung für das Entstehen einer Gemeinschaftsschule neben der nach § 30 SchG erforderlichen Zustimmung vor. Es lässt sich den Akten nicht entnehmen, dass sich das Regierungspräsidium auch die eigene Entscheidungskompetenz über die Zustimmung vom Kultusministerium gänzlich aus der Hand nehmen ließ.
46 
Erst recht hat das Regierungspräsidium die Entscheidung nicht dem Schulamt überantwortet, dessen Stellungnahme es im Rahmen des Verfahrens eingeholt hat. Wenngleich es in dem Dokument „Prüfung Schulorganisation“ auf Seite 12 heißt, das Regierungspräsidium schließe sich „der Auffassung des SSA (= Staatlichen Schulamts) vollinhaltlich an“, bedeutet dies nicht, dass das Regierungspräsidium keine eigene Prüfung vorgenommen oder gar die Verantwortung für seine Entscheidung an das Schulamt abgegeben hat.
47 
(2) Die Klägerin kann sich auch nicht darauf stützen, dass keine beziehungsweise nur eine unzureichende Anhörung vor Erlass des Bescheides vom 04.02.2013 stattgefunden habe.
48 
Nach § 28 Abs. 1 LVwVfG ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Ausgehend davon könnte man hier ein Anhörungsgebot schon deshalb verneinen, weil es an einem Akt der „Eingriffsverwaltung“ fehlt, wenn „nur“ der Erlass eines Verwaltungsakts abgelehnt wird, der erst eine Rechtsposition gewähren soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.10.1982 - 3 C 46.81 -, BVerwGE 66, 184, m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.06.2011 - 10 B 1.11 -, Juris; a.A. Grünewald, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 28 Rn. 18; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 28 Rn. 26a; offen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.10.1993 - 14 S 2085/93 -, NVwZ 1994, 919). Ob dem zu folgen ist, kann allerdings ebenso dahinstehen wie die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, von der Anhörung habe nach § 28 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG abgesehen werden können, weil von den tatsächlichen Angaben der Klägerin, die diese in ihrem Antrag gemacht habe, nicht zu ihren Ungunsten abgewichen worden sei. Gleichermaßen nicht entscheidungserheblich ist es, ob bereits das vor der Ablehnungsentscheidung geführte Gespräch zwischen den Vertretern des Regierungspräsidiums und denjenigen der Klägerin als hinreichende Anhörung gewertet werden kann. Insoweit könnte unter Umständen bemängelt werden, dass darüber nichts aktenkundig gemacht wurde (vgl. Grünewald, a.a.O., § 28 Rn. 26). Auf all diese Gesichtspunkte kommt es deshalb nicht an, weil jedenfalls ein etwaiger Anhörungsmangel inzwischen geheilt worden ist.
49 
Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 LVwVfG nichtig macht, ist nämlich unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG). Die Nachholung kann bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgen (§ 45 Abs. 2 LVwVfG). Dies zugrunde legend hatte die Klägerin mittlerweile ausreichend Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen. Zwar stellen schlichte Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren noch keine nachträgliche Anhörung im Sinne von § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 - 3 C 14.09 -, BVerwGE 137, 199; Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, a.a.O., § 45 Rn. 47). Anders verhält es sich jedoch dann, wenn - wie hier - auf die schriftsätzlich vorgebrachten Einwände gegen eine Behördenentscheidung eine umfassende schriftliche Replik sowie eine Aussprache im Rahmen der mündlichen Verhandlung folgen. Denn dann hat die Behörde in angemessener Weise Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt und zu erkennen gegeben, dass sie auch nach Prüfung des Vorbringens an ihrer Entscheidung festhält (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 4 AS 37/09 R -, NJW 2011, 1996; Hufen/Siegel, Fehler im Verwaltungsverfahren, 5. Aufl. 2013, Rn. 960).
50 
(3) Auch auf einen formalen Begründungsmangel des Bescheides vom 04.02.2013 kann sich die Klägerin nicht (mehr) berufen. Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG). In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 39 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG). Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (§ 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG). Die erforderliche Begründung kann jedoch auch nachträglich bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gegeben werden (§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 LVwVfG). Jedenfalls letzteres ist geschehen, indem der Beklagte seinen Bescheid schriftsätzlich umfassend verteidigt hat. Darauf, ob die Begründung auch inhaltlich Überlegungen enthält, die die Ablehnungsentscheidung tragen können, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil § 39 LVwVfG nur die formelle Begründungspflicht regelt (vgl. etwa Hufen/Siegel, a.a.O., Rn. 490; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 39 Rn. 2).
51 
(4) Schließlich leidet das vom Regierungspräsidium durchgeführte Verwaltungsverfahren auch sonst an keinen Fehlern.
52 
Zwar dürfte dieses nicht in jeder Hinsicht den seit dem 01.08.2014 geltenden Anforderungen entsprechen, die durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes Baden-Württemberg vom 03.06.2014 (GBl. S. 265) eingeführt worden sind (zum Zeitpunkt des Inkrafttretens vgl. Art. 2 des Änderungsgesetzes). Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 SchG ist nunmehr vor der Entscheidung über die Zustimmung zur Schulartänderung eine regionale Schulentwicklung nach § 30a bis § 30e SchG durchzuführen. In deren Rahmen ist ein umfassendes „Dialog- und Beteiligungsverfahren“ vorgesehen, das wohl noch über die vom Regierungspräsidium bereits im hier zu beurteilenden Verfahren gewählten Beteiligungsformen hinausgeht. Nach jetzigem Recht „sollen die anderen von der schulorganisatorischen Maßnahme berührten Gemeinden und Landkreise und weiteren Berührten, wie z.B. Gesamtelternvertretungen, die Wirtschaft, die Stadt- und Landkreise wegen der Zuständigkeit für die Belange der Schülerbeförderung und des ÖPNV sowie die Schulen in freier Trägerschaft eine Stellungnahme zu den erwarteten Auswirkungen abgeben können“ (vgl. LT-Drucks. 15/5044, S. 39). Die regionale Schulentwicklung ist auf die Herbeiführung eines Konsenses ausgerichtet und schreibt bei Uneinigkeit ein besonderes Schlichtungsverfahren vor. Diese neuen Regeln wirken sich jedoch auf den hier zu beurteilenden Fall nicht aus. Das ergibt sich aus Folgendem:
53 
In materieller Hinsicht ist für die gerichtliche Prüfung des Begehrens der Klägerin, auch soweit es um einen Beurteilungsspielraum geht, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat maßgeblich. Denn der behauptete Anspruch kann nur zugesprochen werden, wenn die Voraussetzungen hierfür aktuell noch vorliegen (vgl. dazu Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 113 Rn. 102 ff.). Gegenteiliges lässt sich weder dem Schulgesetz entnehmen noch ist etwa wegen einer „in der Verwaltungsebene abgeschlossenen Planung“ (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14.02.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56 = Juris Rn. 29; Urteil vom 21.05.1976 - IV C 80.74 -, BVerwGE 51, 15 = Juris Rn. 32) auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt abzustellen. Auch Gründe des Vertrauensschutzes stehen dem nicht entgegen, zumal das geltend gemachte Recht nicht mit einem Subventions-, Beihilfe-, Sozialhilfe- oder Kostenerstattungsanspruch vergleichbar ist (vgl. dazu Bay. VGH, Urteil vom 18.10.2007 - 21 BV 05.1690 -, BayVBl 2008, 347). Eine unzulässige „echte Rückwirkung“ schulgesetzlicher Bestimmungen (vgl. dazu aus dem Bereich des Steuerrechts BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 07.07.2010 - 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06 -, BVerfGE 127, 31) wird so schon deshalb nicht bewirkt, weil es nicht um einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Lebenssachverhalt geht. Bei der Regelung über die Zustimmung zu einer Schulartänderung handelt es sich auch nicht um ein „Zeitabschnittsgesetz“ (siehe hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 113 Rn. 221 m.w.N.). Daraus folgt, dass die Änderungen zum 01.08.2014, soweit sie inhaltliche Anforderungen betreffen, berücksichtigt werden müssen. Anders ist es aber bei den verfahrensrechtlichen Neuerungen, die das Änderungsgesetz mit sich gebracht hat.
54 
Es ist ein Grundsatz des intertemporalen Verfahrensrechts, dass bereits begonnene Verfahren im Fall einer Rechtsänderung nach dem neuen Verfahrensrecht zu Ende zu führen sind (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 11.06.2013 - 8 ZB 12.784 -, BayVBl 2013, 690; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 96 Rn. 3; siehe auch BVerwG, Urteile vom 26.03.1985 - 9 C 47.84 -, NVwZ 1986, 45, und vom 14.04.2011 - 3 C 20.10 -, BVerwGE 139, 323; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.2011 - 3 S 2439/09 -, VBlBW 2012, 145). Abgeschlossene Verwaltungsverfahren bleiben hingegen abgeschlossen und müssen nicht nach neuem Verfahrensrecht wiederholt werden (vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 96 Rn. 1; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 96 Rn. 4). Dies trifft auf das Verwaltungsverfahren, auf dem der hier in Rede stehende Verwaltungsprozess beruht, zu. Denn das auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtete Verfahren endet (spätestens und jedenfalls in Fällen, in denen wie hier kraft Gesetzes kein Widerspruchsverfahren stattfindet) mit dessen Bekanntgabe (vgl. BVerwG, Urteile vom 01.12.1989 - 8 C 14.88 -, BVerwGE 84, 178, 181 = Juris Rn. 15, und vom 16.10.2008 - 4 C 3.07 -, BVerwGE 132, 152 = Juris Rn. 37 f.; Kallerhoff, a.a.O., § 96 Rn. 2; Wittinger, in: Obermayer/Funke-Kaiser, a.a.O., § 9 Rn. 37 f.; a.A. BVerwG, Urteil vom 24.05.1995 - 1 C 7.94 -, BVerwGE 98, 313, „jedenfalls für Verpflichtungsbegehren“; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 96 Rn. 4 und § 9 Rn. 30: Ende des Verfahrens erst mit Unanfechtbarkeit). Somit sind verfahrensrechtliche Änderungen, die nach der Bekanntgabe des Bescheides vom 04.02.2013 eingetreten sind, hier ohne Bedeutung. Ohne Einfluss darauf ist die Tatsache, dass der Antrag der Klägerin beim Regierungspräsidium zunächst mit Blick auf ein früheres Schuljahr gestellt war. Er ist so zu verstehen, dass die Klägerin frühestmöglich die Zustimmung zur Schulartänderung erlangen wollte, der Antrag aber für spätere Schuljahre fortwirkt. Ungeachtet der diesbezüglichen Verwaltungspraxis besteht auch keine Bindung zwischen Schuljahr und Verfahrensrecht in dem Sinne, dass der verfahrensrechtliche Maßstab für verschiedene Schuljahre auf verschiedene Stichtage fixiert ist. Für eine solche Fixierung fehlt es an einer speziellen Rechtsgrundlage. Es wäre daher auch nicht feststellbar, auf welchen Stichtag es jeweils ankommen sollte.
55 
Eine von den allgemeinen Regeln des intertemporalen Verwaltungsrechts abweichende Würdigung ist nicht geboten, weil eine solche gesetzlich besonders angeordnet sein müsste (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 29.09.1982 - 8 C 138.81 -, BVerwGE 66, 178: Möglichkeit, die Heilung eines Zuständigkeitsfehlers durch das nachträgliche Zuwachsen der Kompetenz vorzusehen). Daran fehlt es. Der Gesetzgeber hat keine Übergangsregelung für Altverfahren getroffen. Allein die Tatsache, dass die Zustimmung zu einer Schulartänderung nach neuem Recht nicht mehr ohne eine regionale Schulentwicklung erlangt werden kann, wirkt nicht auf Altverfahren zurück. Um einen Fall, in dem eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zum Erlöschen eines Anspruchs führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 4 C 10.10 -, VBlBW 2011, 467 = Juris Rn. 7 m.w.N.), handelt es sich nicht, weil die Zustimmung zur Schulartänderung nach neuem und nach altem Recht ihrem Wesen nach das Gleiche bleibt, denn eine „Zustimmung ohne vorherige regionale Schulentwicklung“ und eine „Zustimmung nach vorheriger regionaler Schulentwicklung“ sind bei inhaltlicher Betrachtung nicht kategorial verschieden. Für die Klägerin wirkt sich die Entscheidung über die Zustimmung unabhängig von den vorherigen Verfahrensschritten gleich aus.
56 
cc) Das Regierungspräsidium Stuttgart hat auch - jedenfalls soweit es um die hier allein maßgeblichen Rechte der Klägerin geht - in der Sache rechtmäßig entschieden, indem es die beantragte Zustimmung zu der Schulartänderung in eine Gemeinschaftsschule abgelehnt hat.
57 
(1) Infolge der seit dem 01.08.2014 geltenden Änderungen durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes Baden-Württemberg können die Gemeinschaftsschulen auch im besonderen Ausnahmefall nicht mehr einzügig sein, denn § 8a Abs. 2 Satz 1 SchG sieht in seiner neuen Fassung nur noch mindestens zweizügige Gemeinschaftsschulen vor (anders noch § 8a Abs. 2 Satz 1 SchG in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung).
58 
Das Regierungspräsidium hat die für die Zustimmung zur Schulartänderung zwingende gesetzliche Voraussetzung der Zweizügigkeit bei der von der Klägerin geplanten Gemeinschaftsschule ohne zu Lasten der Klägerin gehende Rechtsfehler verneint. Dass das Regierungspräsidium hierbei von einer langfristig zu prognostizierenden Mindestschülerzahl von 40 in den Eingangsklassen ausgegangen ist, ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil nunmehr nach § 30b Abs. 1 Nr. 1 SchG genau diese Mindestschülerzahl, wenn auch nach dem Wortlaut dieser Bestimmung „im Rahmen der Feststellung des öffentlichen Bedürfnisses nach § 27 Abs. 2 SchG“ für die Erteilung einer Zustimmung erforderlich ist. Mögliche Überlegungen, der Zweizügigkeit etwa basierend auf dem im Organisationserlass geregelten Klassenteiler andere Zahlenwerte zugrunde zu legen (vgl. zuletzt Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport zur Eigenständigkeit der Schulen und Unterrichtsorganisation im Schuljahr 2014/2015 vom 12.03.2014, Az. 22-6740.3/1310), haben sich mit der neuen Gesetzesfassung erledigt (siehe im Übrigen früher schon LT-Drucks. 15/1466, S. 25 i.V.m. S. 13: Gemeinschaftsschule sollte mindestens zweizügig sein; dauerhafte Mindestschülerzahl von 20 pro Zug anzustreben).
59 
(2) Die Prognose des Regierungspräsidiums, dass eine langfristige Mindestschülerzahl von 40 in den Eingangsklassen der von der Klägerin geplanten Gemeinschaftsschule nicht zu erwarten ist, ist nicht zu beanstanden.
60 
Mit dem gesetzlich statuierten Zustimmungserfordernis der § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SchG geht ein Beurteilungsspielraum der staatlichen Schulaufsicht einher, soweit es um die Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe „Zweizügigkeit“, „öffentliches Bedürfnis“ und „langfristig zu prognostizierende Mindestschülerzahl von 40 in den Eingangsklassen“ geht, zu deren Ausfüllung es einer Prognoseentscheidung bedarf. Dem steht nicht entgegen, dass die Einrichtung von Schulen die Planungshoheit der Gemeinde und damit das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV) betrifft.
61 
Nach Art. 7 Abs. 1 GG steht das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates. Der Begriff der staatlichen Schulaufsicht umfasst die Gesamtheit der staatlichen Befugnisse zur Organisation, Planung, Leitung und Beaufsichtigung des Schulwesens (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1974 - VII C 12.74 -, BVerwGE 47, 201 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 02.06.1967 - IV 813/66 -, ESVGH 18, 23, 27, und vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, a.a.O.; Avenarius, Schulrecht, 8. Aufl. 2010, S. 182, Nr. 9.12; zum Umfang der Schulaufsicht siehe auch § 32 SchG, § 140 GemO). Zur Schulaufsicht im Sinne des Art. 7 Abs. 1 GG gehört jedenfalls die Befugnis des Staates zur zentralen Ordnung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, BVerfGE 26, 228; dem folgend Senatsurteil vom 08.03.1977 - IX 1523/74 -, a.a.O., 178; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.06.1991 - 19 A 733/90 -, NVwZ-RR 1992, 186). Damit ist dem Gesetzgeber, soweit ihm nicht gar eine entsprechende Verpflichtung auferlegt wird, die Möglichkeit eingeräumt, das Schulwesen nicht nur einer staatlichen Rechts-, sondern auch einer Fachaufsicht zu unterstellen (zum Verhältnis Schulaufsicht/Fachaufsicht vgl. etwa auch Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 7 Rn. 44). Dem Staat steht die Schulplanung und die Möglichkeit der Einwirkung auf Errichtung, Änderung und Aufhebung der einzelnen öffentlichen Schule zu (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.06.1967 - IV 813/66 -, a.a.O., 28; OVG Brandenburg, Beschluss vom 30.07.1997 - 1 B 83/97 -, LKV 1998, 277; VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, abgedruckt bei Bosse/Burk, Schulrecht Baden-Württemberg, Rspr., § 30 SchG E 13; VG Potsdam, Beschluss vom 28.07.2003 - 12 L 511/03 -, a.a.O. Rn. 23). Bei Organisationsmaßnahmen wie der Errichtung von Schulen wäre es mit Art. 7 Abs. 1 GG sogar schwerlich vereinbar, wenn die Aufsicht auf eine Rechtskontrolle beschränkt wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.1964 - VII C 49.62 -, BVerwGE 18, 38, 39). Ob man dies allgemein auch so umschreiben kann, dass die staatlichen Herrschaftsrechte auf dem Gebiet des Schulrechts Vorrang genießen, während das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde zurücktreten muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.03.1966 - VII C 141.65 -, BVerwGE 23, 351, 352), kann dahinstehen.
62 
Das Zustimmungserfordernis des § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SchG eröffnet in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen die staatliche Fachaufsicht über die Schulstandortfrage (einhellige Auffassung, vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, a.a.O.; Holfelder/Bosse, SchG Baden-Württemberg, § 27 Anm. 4; Lambert/Müller/Sutor, Schulrecht Baden-Württemberg, Stand Februar 2013, § 27 SchG Anm. 3.4; Ulbrich, in: Ebert, Schulrecht Baden-Württemberg, 2013, § 27 SchG Rn. 6; Wörz/von Alberti/Falkenbach, SchG Baden-Württemberg, Stand November 2013, § 32 Anm. 3.2). Die Fachaufsicht erstreckt sich auf die rechtmäßige und zweckmäßige Wahrnehmung der fachlichen Verwaltungsangelegenheiten der Klägerin (vgl. § 3 Abs. 2 LVG).
63 
Soweit in der Literatur die Rechtsnatur der Aufsicht in diesem Fall als „mittlerer Weg“ zwischen Rechtsaufsicht und Fachaufsicht betrachtet wird, wird ein Zurückbleiben hinter der Fachaufsicht nur für Detailfragen bei der Errichtung der Schule angenommen (vgl. Lambert/Müller/Sutor, a.a.O., § 27 SchG Anm. 3.4). Hierzu kann die im vorliegenden Fall beabsichtigte Schulartänderung nicht gezählt werden, weshalb es auf die Berechtigung der teilweise vertretenen Einschränkung der staatlichen Aufsicht hier nicht ankommt. Ebenso ohne Bedeutung ist es, dass man die hier eröffneten staatlichen Aufsichtsmöglichkeiten unter Umständen begrifflich von einer „Fachaufsicht im technischen Sinne“ unterscheiden und stattdessen von einem „Kondominium“ sprechen muss, weil § 118 Abs. 2 GemO nur die Aufsicht über die Erfüllung von Weisungsaufgaben im Sinne von § 2 Abs. 3 GemO als Fachaufsicht kennzeichnet, während es sich im vorliegenden Fall um ein staatliches Mitwirkungsrecht anderer Art im Bereich einer Pflichtaufgabe (vgl. § 48 Abs. 1 SchG, § 2 Abs. 2 Satz 1 GemO) handelt (so VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O., unter Bezug auf OVG Nordrhein-Westfalen, Entscheidung vom 08.01.1964 - III A 1151/61 -, DVBl 1964, 678; vgl. auch Ulbrich, a.a.O., § 30 SchG Rn. 1).
64 
Für dieses weite Verständnis der Aufsicht spricht neben der Tatsache, dass der Staat den Hauptteil der mit der Einrichtung einer Schule verbundenen Kosten trägt (vgl. §§ 15 ff. FAG sowie die Verordnung des Kultusministeriums, des Innenministeriums und des Finanzministeriums über die Durchführung des Schullastenausgleichs - Schullastenverordnung - SchLVO vom 21.02.2000, GBl. S. 181, zuletzt geändert durch Verordnung vom 28.01.2014, GBl. S. 80), auch eine historische Betrachtung. Zu der Vorgängerregelung des § 30 Abs. 1 SchG in § 14 Abs. 1 des Gesetzes zur Vereinheitlichung und Ordnung des Schulwesens in Baden-Württemberg (vom 05.05.1964, GBl. S. 235 - SchuVOG -) lässt sich der Entwurfsbegründung betreffend die Schulaufsicht (dort noch zu § 12 des Entwurfs) unter anderem entnehmen: „Die Entscheidung darüber, ob eine öffentliche Schule einzurichten und fortzuführen ist, ist eine Angelegenheit der staatlichen Schulaufsicht, Ausfluss des zentralen Ordnungs-, Gestaltungs- und Organisationsrechts des Staates über das Schulwesen (Art. 7 Abs. 1 GG). (…) Die Art des Zusammenwirkens wird aber nicht nur durch die Partnerschaft, sondern auch durch die Aufgabe des Staates, das gesamte Schulwesen zu leiten und für die Leistungsfähigkeit des Schulwesens und der einzelnen Schulen zu sorgen und dabei allen überörtlichen Gegebenheiten und sachlichen Forderungen Rechnung zu tragen, bestimmt. Mit anderen Worten: Es ist Sache der staatlichen Schulaufsicht, die Entscheidung zu treffen, sei es im Wege der Zustimmung zu einer vom Schulträger beschlossenen Maßnahme, sei es im Wege der Anordnung, wenn notwendige Maßnahmen nicht getroffen werden.“ (vgl. LT-Drucks. 3/2755, S. 5363 f.; abgedruckt auch bei Lambert/Müller/Sutor, a.a.O., § 27 SchG Anm. 3.6). Hieraus folgt, dass das Letztentscheidungsrecht einschließlich der Zweckmäßigkeitsbeurteilung der staatlichen Schulaufsicht vorbehalten ist, wobei dabei die rechtlich unter anderem durch das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die Pflicht zu „gemeindefreundlichem Verhalten“ gezogenen Grenzen zu wahren sind (VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O.). Der Schulaufsicht ist ein Beurteilungsspielraum eröffnet (vgl. LT-Drucks. 15/1466, S. 26; Senatsurteil vom 08.03.1977 - IX 1523/74 -, a.a.O., 181; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.1985 - 11 S 631/80 -, VBlBW 1986, 344, 346, und Beschluss vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, a.a.O.; VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O.).
65 
Der fachaufsichtlich geprägten Letztentscheidungskompetenz der staatlichen Schulaufsicht im Rahmen des Zustimmungserfordernisses korrespondiert eine eingeschränkte gerichtliche Prüfungskompetenz hinsichtlich einer Prognose, wie sie hier seitens des Regierungspräsidiums getroffen worden ist. Die Gerichte haben ihre Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Behörde die Prognose auf einer zutreffenden und hinreichenden tatsächlichen Grundlage in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet hat (vgl. allgemein etwa BVerwG, Urteile vom 07.07.1978 - IV C 79.76 -, BVerwGE 56, 110, und vom 29.01.1991 - 4 C 51.89 -, BVerwGE 87, 332 betr. Planfeststellungen; speziell zum Schulrecht VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.1985 - 11 S 631/80 -, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.03.1995 - 15 A 900/90 -, NVwZ-RR 1996, 90; Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 1481; Ulbrich, a.a.O., § 31 SchG Rn. 6).
66 
(3) Eine weitere Einschränkung für die im vorliegenden Verfahren vorzunehmende Überprüfung ergibt sich daraus, dass bei Prognosespielräumen die in ihren Rechten Betroffenen nur insoweit einen Anspruch auf sorgfältig erstellte und realistische Prognosen haben, als ihre Rechte davon abhängen beziehungsweise die Prognosen die Grundlage für ihnen auferlegte Beschränkungen ihrer Rechte bilden (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 114 Rn. 37a; ähnlich Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 40 Rn. 32). Die Reichweite des Rechtsschutzes bestimmt sich danach, inwieweit die einschlägige Regelung erlassen ist, um den Interessen des Rechtsschutzsuchenden zu dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.01.1972 - IV C 49.68 -, BVerwGE 39, 235, 237, zum Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Verwaltungsentscheidung; siehe ferner Urteil vom 23.09.1992 - 6 C 2.91 -, BVerwGE 91, 24, 39: „Anspruch auf gerichtliche Durchsetzbarkeit einer grundrechtlich geschützten Rechtsposition“).
67 
Die Klägerin kann sich nur auf die schulische Versorgung der eigenen Einwohner (§ 10 Abs. 1 GemO) berufen, denn es gehört nicht zu ihren Selbstverwaltungsaufgaben, schulische Angebote für Einwohner von Nachbarkommunen vorzuhalten (vgl. Lambert/Müller/Sutor, a.a.O., § 27 SchG Anm. 3.7; in diesem Sinne auch VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O.; VG Potsdam, Beschluss vom 28.07.2003 - 12 L 511/03 -, a.a.O. Rn. 24). Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sind nur diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.1988 - 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 -, BVerfGE 79, 127; VerfGH Brandenburg, Urteil vom 17.07.1997 - 1/97 -, LKV 1997, 449, 450).
68 
Mit Rücksicht auf die Pflicht zu „gemeindefreundlichem Verhalten“ kann allenfalls ergänzend mit in den Blick genommen werden, welchen Zuspruch eine geplante Schule voraussichtlich bei Schülerinnen und Schülern aus benachbarten Gemeinden finden wird, soweit ein Schulträger schutzwürdig auf deren Berücksichtigung vertrauen kann. Ein schützenswertes Vertrauen kann dabei allerdings nicht dadurch hervorgerufen werden, dass eine Gemeinde die staatliche Planung vor der abschließenden Entscheidung durch „vorauseilende“ Investitionen zu binden versucht. Das kommunale Selbstverwaltungsrecht gibt dem Schulträger nicht die Befugnis, durch die Beschaffung von zusätzlichem Schulraum die Schulorganisation in einer solchen Weise „mitzubestimmen“ (vgl. OVG Brandenburg, Beschluss vom 30.07.1997 - 1 B 83/97 -, a.a.O.).
69 
(4) Ausgehend davon verletzt die angegriffene Prognoseentscheidung die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach ihrer Eigenangabe unter Nr. 5 b) der mit ihrem Antrag eingereichten Tabelle beträgt in ihrem „originären Einzugsgebiet“, zu dem sie neben xxx auch xxx und xxx zählt, die relevante Schülerzahl insgesamt nur 15 bis 20 (Abschnitt: „Begründung des öffentlichen Bedürfnisses / Darstellung und Berechnung der zu erwartenden Schülerzahl bzw. der Einschätzung der Erwartung der Erreichung der Zweizügigkeit oder der 20 Schüler bei Einzügigkeit für die Eingangsklasse[n] der GMS [Herkunft/Wohnort der Schüler, von welchen Schularten/Schule diese voraussichtlich in welcher Anzahl abgezogen werden]“). Diese Zahl bleibt deutlich unter dem Wert von 40 Schülern, der nach dem Gesetz langfristig prognostizierbar sein muss. Ebenfalls deutlich unter 40 Schülern liegen die Zahlen, die sich - gleichgültig, welche Betrachtung man anstellt - aus dem Material der „Prüfung Schulorganisation“ des Regierungspräsidiums ergeben. So beträgt die Zahl der zu erwartenden Schüler, die von der eigenen Grundschule auf eine etwaige Gemeinschaftsschule übergehen würden, bei den 41 Kindern in der vierten Klasse und einer entsprechend den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ angenommenen Übergangsquote von 50 % lediglich 21. Legt man die Gesamtzahl der Grundschüler in den Klassen 1 bis 4 zugrunde, so errechnet sich bei einem Wert von 189 Schülern ein Durchschnittswert von 47,25, was bei der fünfzigprozentigen Übergangsquote einen Erwartungswert von 24 Schülern ergibt. Die langfristige Prognose des Regierungspräsidiums lässt (ausgehend von 3.976 Einwohnern bei einer Geburtenquote von 0,83 %) auf einen Wert von 33 Grundschülern und demnach auf einen Erwartungswert von 17, die mittelfristige Prognose (ausgehend von der durchschnittlichen Zahl der Geburten in den Jahren 2005 bis 2010) auf einen Wert von 39 Grundschülern und demnach auf einen Erwartungswert von 19 schließen. Im Ergebnis ist somit die Prognose des Regierungspräsidiums, dass weniger als 40 Schüler langfristig zu prognostizieren sind, jedenfalls insoweit nicht rechtswidrig, als es um die Rechte der Klägerin geht. Es ist auch weder dargelegt noch sonst ersichtlich, sondern angesichts der deutlich zu niedrigen Zahlenwerte vielmehr fernliegend, dass sich an den rechnerischen Verhältnissen in der Zeit zwischen der Erhebung des Regierungspräsidiums und der Entscheidung des Senats etwas Erhebliches geändert hat.
70 
Besondere Umstände, die geeignet wären, ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin auf die Einbeziehung externer Schülerströme zu begründen, sind nicht ersichtlich.
71 
Zu berücksichtigen ist auch, dass es der Klägerin offen steht, sich freiwillig mit anderen Gemeinden - deren Bereitschaft vorausgesetzt - zu einem leistungsfähigeren Schulträger beziehungsweise einem solchen mit größerem Schülerpotenzial zusammenzuschließen, um so die Zustimmung der Schulaufsicht zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule zu erwirken (vgl. zu diesem Gedanken bereits BVerfG, Urteil vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, a.a.O.; VerfGH Brandenburg, Urteil vom 17.07.1997 - 1/97 -, a.a.O.). Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SchG können Gemeinden, Landkreise und Regionalverbände mit Zustimmung der oberen Schulaufsichtsbehörde zur gemeinsamen Erfüllung der ihnen als Schulträger obliegenden Aufgaben Schulverbände bilden oder öffentlich-rechtliche Vereinbarungen abschließen (vgl. dazu und zu ggf. anderen Möglichkeiten des Zusammenwirkens etwa Ulbrich, a.a.O., § 31 SchG Rn. 1 ff.). Handelt eine Gemeinde hingegen ohne Abstimmung mit ihren Nachbargemeinden und ist deshalb die Prognose gerechtfertigt, dass die geplante Gemeinschaftsschule keine ausreichend breite und nachhaltige Existenzgrundlage hat, so muss sie es hinnehmen, dass dies zu ihren Lasten geht. Es war sogar gerade ein - vom Gesetzgeber dann aufgegriffener - Wunsch der kommunalen Landesverbände, im Genehmigungsverfahren der Gemeinschaftsschule nicht nur auf die Prognose „für diese (die beantragte) Schule“ abzustellen, sondern in die Entscheidung auch die Belange der benachbarten Schulträger einzubeziehen (vgl. LT-Drucks. 15/1466, S. 23). Das verdeutlicht, dass eine „Gesamtschau der Schulstruktur vor Ort“ (LT-Drucks., a.a.O.) letztlich objektiv auch kommunalen Interessen entspricht.
72 
(5) Selbst wenn man umfassend - ohne die gerichtliche Kontrolle auf die eigenen Einwohner der Klägerin zu beschränken - prüft, ob das Regierungspräsidium seinen Beurteilungsspielraum eingehalten hat, gibt es keine durchschlagenden Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Regierungspräsidiums.
73 
Das Regierungspräsidium hat in seiner Klageerwiderung sowie in seiner Berufungserwiderung nachvollziehbar erläutert, dass man ausgehend von der Gesetzesbegründung zu § 8a SchG (LT-Drucks. 15/1466, S. 13) eine dauerhafte Zweizügigkeit für erforderlich gehalten habe. Die Prognose habe sich deshalb nicht auf die Festlegung eines denkbaren Einzugsbereichs und die Berechnung möglicher Schülerzahlen (erste Stufe) beschränken können, sondern habe im Anschluss daran eine Bewertung der Schülerzahlen auf Wahrscheinlichkeit und Dauerhaftigkeit erfordert (zweite Stufe). Die erste Stufe habe den Zweck gehabt, die Daten zu erheben. Hierbei sei im Rahmen der Prüfung der Schulorganisation das Datenmaterial deshalb so ausführlich dargestellt worden, um die Zwischenschritte der Berechnung sichtbar und damit transparent zu machen. Auf der zweiten Stufe sei die Bewertung dieser Daten und damit die eigentliche Prognose erfolgt.
74 
Die Klägerin beanstandet die Bewertung auf der „zweiten Stufe“ in verschiedener Hinsicht und vertritt die Ansicht, das Regierungspräsidium hätte die auf der „ersten Stufe“ nach bestimmten (hypothetischen) Übergangsquoten ermittelten Daten in Form von errechneten Schüler-Zahlenwerten unverändert seiner Prognose zugrunde legen müssen. Ihre Einwände greifen aber im Ergebnis nicht durch.
75 
Das von der Klägerin für ihre Kritik in erster Linie in Bezug genommene Schreiben des Regierungspräsidiums ist mit „Allgemeine Prognosegrundlagen“ überschrieben und lautet:
76 
„Am Schulstandort der künftigen GMS:
77 
Übergangsquote 50 %:
Grundschule am Standort der künftigen GMS und es ist keine andere weiterführende Schule außer der künftigen GMS am Schulstandort vorhanden.
78 
Übergangsquote 40 %:
Grundschule am Standort der künftigen GMS und es sind andere weiterführende Schulen außer der künftigen GMS am Schulstandort vorhanden.
79 
Im Einzugsbereich der künftigen GMS
80 
Übergangsquote 30 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln weniger als 30 Minuten (gute Erreichbarkeit).
81 
Übergangsquote 20 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln zwischen 30 und 45 Minuten.
82 
Übergangsquote 10 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln zwischen 45 Minuten und 1 Stunde.
83 
Übergangsquote 10 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln mehr als 15 Minuten und eigene weiterführende Schule/n am Ort.“
84 
Die nach diesem Maßstab ermittelten Zahlen waren für das Regierungspräsidium nicht bindend. Das Prognoseverfahren des Regierungspräsidiums war von Anfang an zweistufig aufgebaut, so dass nicht argumentiert werden kann, die zweite Stufe sei erst nachträglich „erfunden“ worden, um ein erwünschtes, von den Daten der ersten Stufe aber nicht gedecktes Ergebnis zu rechtfertigen. Das Regierungspräsidium hat hierzu überzeugend angegeben, die errechneten Schülerzahlen hätten (zwingend) in einem zweiten Schritt auf ihre Wahrscheinlichkeit überprüft werden müssen, weil sich in vielen räumlichen Gebieten die Einzugsbereiche verschiedener Schulen überschnitten hätten, die Schüler aber nicht doppelt hätten gewertet werden können. Maßgebend sei gewesen, auf welche weiterführenden Schulen die Grundschüler der Nachbargemeinden „traditionsgemäß“ wechselten und welche weiterführenden Schulen in den einbezogenen Gemeinden und Stadtteilen bereits vorhanden seien und von den dortigen Grundschülern besucht werden könnten.
85 
Dieser Vortrag entspricht auch der Aktenlage. In dem Bogen „Prüfung Schulorganisation“ befindet sich neben den die erste Prognosestufe betreffenden Gliederungspunkten zur Datenerhebung („3. Sachverhalt/Sachstand/Relevante Daten“ sowie „4.1 kurzfristige Prognose“ und „4.2 Schülerzahlprognose/dauerhafter Bestand“, jeweils mit Untergliederungen) zwar kein eigener Gliederungspunkt, der die zweite Bewertungsstufe detailliert abbildet. Unter dem Gliederungspunkt „2. Bewertung und Entscheidungsvorschlag“ ist jedoch dargestellt, inwieweit Schüler der Nachbargemeinden in die Prognose einbezogen wurden und somit von den auf der ersten Stufe errechneten Daten (gemäß den vorgenannten Gliederungspunkten 3., 4.1 und 4.2) abgewichen wurde. Ein solcher Prüfungsschritt findet sich (stets als Nr. 2) in allen dem Gericht vorliegenden Akten jeweils in dem Dokument „Prüfung Schulorganisation“.
86 
Zutreffend weist das Regierungspräsidium auch darauf hin, dass bereits nach den allgemeinen Prognosegrundlagen des Kultusministeriums, aus denen das Regierungspräsidium seine eigenen „allgemeinen Prognosegrundlagen“ abgeleitet hat, ausdrücklich der Bezug zu Nachbargemeinden herzustellen und die Betroffenheit anderer Schulträger zu prüfen war. So heißt es dort wörtlich:
87 
„Im Rahmen der Bewertung des öffentlichen Bedürfnisses sind auch die Stellungnahmen der von der Genehmigung berührten anderen kommunalen Schulträger einzubeziehen: Bei der Frage der Berücksichtigung der Schüler. dieser Schulträger an der beantragten Gemeinschaftsschule ist ggf. in die Bewertung einzubeziehen, ob andere berührte Schulträger bereits selbst die Beantragung einer Gemeinschaftsschule beabsichtigen. Da die Schüler nicht doppelt gewertet werden können, ist bei der Prognose ggf. zu berücksichtigen, ob ein Abzug der Schüler durch eine Genehmigung einer Gemeinschaftsschule dann zur Einzügigkeit des jetzigen Antrage führen würde und z.B. der berührte Schulträger selbst genügend Potenzial für eine eigene Gemeinschaftsschule (evtl. mehrere) hat. Damit ist zu prüfen, ob die Zweizügigkeit der beantragten Gemeinschaftsschule auch ohne diese Schüler dauerhaft prognostiziert werden kann.
88 
In die Vorbereitung einer Prognose sind die Schülerzahlen der bestehenden Grundschulen, die Prognosen der künftigen Geburten sowie die Übergangsquoten auf die bisherigen weiterführenden Schulen darzustellen und ggf. in die Bewertung einzubeziehen.“
89 
Dem ist unzweideutig zu entnehmen, dass es bei einer schematischen Berechnung gemäß einheitlichen Übergangsquoten nicht sein Bewenden haben kann (ähnlich nunmehr auch die Angaben in Kapitel 4 der vom Kultusministerium herausgegebenen „Handreichung zur Beantragung einer Gemeinschaftsschule“ in der Fassung mit Gültigkeit ab 01.01.2014).
90 
Nur dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der sich in der Gesetzesbegründung zu § 8a SchG (LT-Drucks. 15/1466, S. 26) wie folgt niedergeschlagen hat:
91 
„Bei der Entscheidung über einen Einrichtungsantrag eines Schulträgers kommt es auf die Verhältnisse des jeweiligen Einzugsbereiches an: zum Beispiel Schülerzahl, örtliche Geburtenrate, Bildungswahlverhalten, Verkehrsanbindung, Auswirkungen auf andere Schulen. Das Kultusministerium hat hierbei einen Beurteilungsspielraum, dem allerdings das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die darauf abzuleitende Pflicht zu gemeindefreundlichem Verhalten Grenzen setzen.“
92 
Mit dem bewussten Rekurs auf den „jeweiligen“ Einzugsbereich und die beispielhaft erwähnten, teils sehr individuell ausgeprägten Kriterien Schülerzahl, örtliche Geburtenrate, Bildungswahlverhalten, Verkehrsanbindung sowie Auswirkungen auf andere Schulen wäre eine landesweit einheitlich pauschalierende Sichtweise schwerlich vereinbar.
93 
Schließlich geht aus der Bezeichnung „allgemeine Prognosegrundlagen“ selbst hervor, dass es sich nur um „allgemeine“, mithin einer Konkretisierung bedürftige „Grundlagen“ für eine (erst zu erstellende und nicht unmittelbar ableitbare) Prognose handelt. Dies wird auch daran deutlich, dass die Übergangsquoten in den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Kultusministeriums nur ein Element unter mehreren bilden, während die „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Regierungspräsidiums das Element „Übergangsquoten“ herausgreifen und ausdifferenzieren, ohne dabei zu erkennen zu geben, die Prognose - was auch zumindest bedenklich wäre - auf diesen Faktor verengen zu wollen.
94 
Dabei verkennt der Senat nicht, dass den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Regierungspräsidiums mit ihren Übergangsquoten selbst eine Prognose innewohnt. Dies schließt jedoch eine Offenheit der mit ihrer Hilfe gefundenen Ergebnisse für eine konkretere Bewertung unter Einbeziehung zusätzlicher Faktoren nicht aus, womit den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ der Rang einer „rechnerischen Prognose innerhalb einer umfassenderen Prognose“ zukommt.
95 
Was sonst noch das Verhältnis der ersten zu der zweiten Prognosestufe angeht, trifft es zu, dass es keine Ableitung gibt, die in ihrer Genauigkeit der Datenermittlung auf der ersten Stufe entspricht. Insbesondere gibt es keinen Algorithmus und keine allgemeingültige „Formel“ zur Korrektur der auf der ersten Stufe ermittelten Ergebnisse. Dies macht die Prognoseentscheidung des Regierungspräsidium aber nicht methodisch fehlerhaft. Zwar mag es auf den ersten Blick unstimmig erscheinen, eine „mathematisch exakte“ Ebene der Datenerhebung mit einer aus allgemeiner Sachkunde auf vielen Gebieten (traditionelle Schülerströme vor Ort, geographische Besonderheiten etc.) gespeisten Korrektur zu verknüpfen, und hat dies insoweit nachvollziehbare Kritik auf der Klägerseite ausgelöst. Indes ist dies kein unzulässiges Vorgehen. Die Anwendung eines mathematischen Modells in einem ersten Schritt legt das Regierungspräsidium nicht auch hinsichtlich seines abschließenden Bewertungsmaßstabes auf eine solche Methodik fest.
96 
Gegen einen Schematismus dieser Art sprechen gewichtige sachliche Gründe. Es drängt sich auf, dass von Ort zu Ort und von Region zu Region die Akzeptanz der verschiedenen Schularten sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Auch sonst gibt es geographische und traditionelle Eigenarten, die sich stark auf das Einzugsgebiet einer Schule auswirken können und sich mit Einwohnerzahlen, bisherigen Schülerzahlen und Entfernungsangaben nicht abschließend erfassen lassen. Insofern liegt es nahe, die im ganzen Regierungsbezirk nach einem einheitlichen Maßstab erhobenen Daten für eine Schülerzahlenprognose einer ortsbezogenen Korrektur zu unterziehen. Es wäre auch weder im Interesse der Klägerin noch anderer Betroffener, wenn die Zustimmung zu einer Schulartänderung erteilt würde, die auf Dauer keinen Bestand haben könnte.
97 
(6) Gemessen an den genannten Sachgründen hat das Regierungspräsidium seine Prognose im vorliegenden Fall hinreichend transparent und methodisch einwandfrei durchgeführt.
98 
Das Regierungspräsidium gibt hierzu an, die auf der ersten Stufe errechneten Schülerzahlen seien auf Wahrscheinlichkeit und Dauerhaftigkeit bewertet worden, wobei zum einen in den Blick genommen worden sei, wie viele Schüler aus den jeweiligen Gemeinden die derzeitige Werkrealschule besuchten und zum anderen, welche schulischen Alternativen für weiterführende Schulen in der Umgebung bestünden. Diese Bewertung habe ergeben, dass realistischer Weise lediglich Schüler aus xxx, der Nachbargemeinde xxx und des Stadtteils xxx (einschließlich xxx) der Stadt xxx eine Gemeinschaftsschule xxx besuchen würden, weshalb bei dieser mit einer voraussichtlichen Schülerzahl von ca. 22 je Jahrgangsstufe auf Dauer nur von Einzügigkeit auszugehen gewesen sei.
99 
Entsprechend heißt es in dem Dokument „Prüfung Schulorganisation“ unter Nr. 2, die xxxschule könne voraussichtlich mit ca. 22 Schülern je Jahrgangsstufe auf Dauer nur einzügig geführt werden. Dabei seien Schüler aus xxx, der Nachbargemeinde xxx und des Stadtteils xxx der Stadt xxx eingerechnet worden. Eine dauerhafte Zweizügigkeit würde nur erreicht, wenn darüber hinaus Schüler aus den Gemeinden xxx, xxx, xxx und xxx sowie aus dem xxx Stadtteil xxx wenigstens teilweise die Gemeinschaftsschule xxx besuchen würden. Da in xxx bereits eine für die Gemeinden xxx und xxx gut erreichbare Realschule (xxxschule) bestehe und insbesondere die Schüler aus xxx und xxx eine lange Anfahrtszeit nach xxx hätten (ca. 45-50 Minuten), sei ein Besuch dieser Schüler in xxx eher unwahrscheinlich.
100 
Diese Argumentation ist nachvollziehbar und einleuchtend. Die Klägerin kann somit nicht damit durchdringen, das Regierungspräsidium habe seinen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum verlassen. Dies gilt umso mehr, als mittlerweile die Zustimmung zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule in xxx erteilt wurde.
101 
Soweit die Klägerin meint, die Zahlen hätten höher angesetzt werden müssen, weil allein die Jahrgangsstufe des Schuljahres 2011/12 eine „einigermaßen realistische Vergleichsgröße“ darstelle, kann ihr nicht gefolgt werden. Zuvor wurde die Schulbezirksbindung abgeschafft, was die hohe Zahl von insgesamt 43 Schülern in der fünften Jahrgangsstufe zumindest zu einem Teil erklären mag. Hinzu kommt, dass die Klägerin mit Bescheid des Regierungspräsidiums vom 14.01.2010 ermächtigt wurde, den bisherigen Hauptschulbezirk unverändert als Schulbezirk für ihre Werkrealschule bis längstens 2016 weiterzuführen. Die xxxschule konnte daher Schüler von außerhalb aufnehmen, während die Haupt- und Werkrealschüler aus dem Gebiet der Klägerin den Schulbezirk nicht verlassen konnten, was - wie der Beklagte meint - auch zu einer „künstlichen“ Erhöhung der Anmeldezahlen geführt haben mag. Dies kann jedoch dahinstehen. Die Klägerin hat eine solch hohe Schülerzahl wie im Schuljahr 2011/12 nämlich weder zuvor noch danach (zumal nach Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung) auch nur annähernd noch einmal erreicht. Es handelt sich daher um keine repräsentative Zahl, sondern - wie das Regierungspräsidium zutreffend angenommen hat - eher um einen „Ausreißer“, der als Maßstab für eine langfristige Prognose nicht zugrunde gelegt werden musste und wohl noch nicht einmal durfte.
102 
(7) Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, dass die Entscheidung des Regierungspräsidiums unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz ergangen sei.
103 
Es spricht schon manches dafür, dass eine Entscheidung, die - wie hier - am Maßstab der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nicht beanstandet werden kann, ebenso nicht unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten gerügt werden kann (vgl. insoweit zu dem Verhältnis des allgemeinen Gleichheitssatzes zu den Freiheitsgrundrechten Heun, in: Dreier, a.a.O., Art. 3 Rn. 140; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 1, 6. Aufl. 2010, Art. 3 Rn. 300 m.w.N.).
104 
Auch lässt sich ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz für den jetzigen Zeitpunkt schon deshalb nicht mehr damit begründen, dass bestimmte Gemeinden im Rahmen der Beurteilung für das Schuljahr 2013/14 („zweite Tranche“) günstiger behandelt worden seien als die Klägerin, weil mittlerweile das Schuljahr 2013/14 beendet ist beziehungsweise das Schuljahr 2014/15 begonnen hat und sich zudem zum 01.08.2014 das Schulgesetz geändert hat.
105 
Ferner kann nicht angenommen werden, es liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen über die Selbstbindung der Verwaltung vor, weil das Regierungspräsidium - nach eigenem Bekunden - seine eigenen „allgemeinen Prognosegrundlagen“, die es aus denjenigen des Kultusministeriums abgeleitet hat, nicht streng mathematisch umgesetzt, sondern mit einer zusätzlichen Bewertungsstufe versehen hat. Wie bereits dargestellt, brachten die „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Regierungspräsidiums nicht zum Ausdruck, dass man sich schematisch an aufgrund fester Übergangsquoten errechnete Schüler-Zahlenwerte zu halten beabsichtigte.
106 
Soweit die Klägerin einzelne Gemeinden benannt hat, die für ihre Gemeinschaftsschulen eine Zustimmung des Regierungspräsidiums erlangt haben, dies aber nach Auffassung der Klägerin ohne günstigere beziehungsweise mit schlechteren Ausgangsbedingungen, hat das Regierungspräsidium dem im Übrigen nachvollziehbare Gründe entgegengehalten:
107 
Hinsichtlich der xxxschule in xxx mit der prognostizierten Schülerzahl von 60 sei zunächst zu beachten, dass diese Gemeinde mit ca. 7.680 Einwohnern bereits etwa doppelt so viele Einwohner aufweise wie die Klägerin (ca. 3.890). Ferner komme xxx seine Lage in einer Zentrumsachse im Filstal zugute. Das Gebiet sei dichter besiedelt. Die Gemeinde profitiere von einer generell höheren Bevölkerung. Darüber hinaus habe berücksichtigt werden können, dass schon bisher Schüler der Grundschule im benachbarten xxx (ca. 2.400 Einwohner) und auch der xxxschule in xxx nach der vierten Klasse in größerer Zahl die Werkrealschule in xxx besucht hätten.
108 
Zu der xxx-Schule in xxx hat das Regierungspräsidium erläutert, dass es sich um eine seit Jahren stabil zweizügig geführte Werkrealschule mit einem größeren Einzugsbereich gehandelt habe.
109 
Bei der (ehemaligen) Grund- und Werkrealschule in xxx (5.200 Einwohner) hat das Regierungspräsidium ebenfalls einen größeren Einzugsbereich festgestellt, zu dem unter anderem auch die Grundschule des Ortes xxx (über 3.500 Einwohner) gehöre.
110 
Bei der (ehemaligen) Grund- und Hauptschule xxx seien neben der eigenen Einwohnerzahl (über 6.500 Einwohner) auch Nachbargemeinden zu berücksichtigen gewesen, die mehrfach Schüler in die dortige Hauptschule geschickt hätten. Es habe jeweils von einer gesicherten stabilen Zweizügigkeit ausgegangen werden können.
111 
Es handelt sich bei diesen Annahmen des Regierungspräsidiums um sachliche Erwägungen, die zwar womöglich jeweils nicht das einzig mögliche Bewertungsergebnis darstellen, im Rahmen des Beurteilungsspielraums aber jedenfalls vertretbar erscheinen.
112 
Ebenso verhält es sich bei anderen Schulen, die im Vergleich betrachtet werden könnten:
113 
Soweit es um die xxxschule (ehemalige Grund- und Werkrealschule) in xxx und die dort prognostizierte Schülerzahl von 37 geht, ist nach den Angaben des Regierungspräsidiums die hohe Einwohnerzahl von xxx (nahezu 60.000 Einwohner) zu beachten. Die Lage der Schule an der Peripherie des Stadtgebietes hindere die Prognose einer dauerhaften Zweizügigkeit aufgrund der Größe des Schulträgers nicht. Das erscheint plausibel.
114 
Bei der xxx-Schule (ehemalige Grund- und Werkrealschule) in xxx bestehe eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung der Gemeinden xxx und xxx über die Einrichtung und Unterhaltung der Gemeinschaftsschule xxx. Beide Gemeinden kämen mit 5.885 (xxx) und 3.143 (xxx) auf zusammen über 8.000 Einwohner und hätten so zusammen die Grundlage für die Prognose einer ausreichenden Schülerzahl geschaffen. Auch diese Argumentation ist nicht zu beanstanden.
115 
Die xxxschule (ehemalige Grund- und Werkrealschule) in xxx wurde nach Angaben des Regierungspräsidiums bewusst als einzige Schule in dessen Zuständigkeitsbereich mit einer prognostizierten Schülerzahl von unter 30 Schülern genehmigt. Die Prognose von 23 Schüler habe sich jedoch nur auf Schüler aus Baden-Württemberg bezogen. Nicht einbezogen worden seien Schüler aus Bayern, die aber seit Jahren diese Schule besuchten und zu einer stabilen Zweizügigkeit der dortigen Werkrealschule geführt hätten. Da darüber hinaus der Antrag der westlich von xxx liegenden Gemeinde xxx auf Einrichtung einer Gemeinschaftsschule aufgrund der Schülerzahlen habe abgelehnt werden müssen und damit habe gerechnet werden können, dass ein Teil der dort prognostizierten Schüler eine Gemeinschaftsschule in xxx besuchen werde, habe bei der xxxschule von einer stabilen Zweizügigkeit ausgegangen werden können. Hiergegen bestehen keine Einwände.
116 
Zu der (ehemaligen) Grund- und Werkrealschule xxx hat sich das Regierungspräsidium so geäußert, dass die Stadt xxx auf 7.431 Einwohner komme. Zudem würden dort regelmäßig Schüler aus Nachbargemeinden wie xxx und xxx beschult, so dass anteilig Schüler von dort hätten berücksichtigt werden können. Auch insoweit hat das Regierungspräsidium seinen Einschätzungsspielraum gewahrt.
117 
Schließlich könnte die Klägerin aus Zustimmungsbescheiden gegenüber anderen Gemeinden, soweit solche rechtswidrig erteilt worden sein sollten, keine Rechte für sich herleiten. Nach allgemeiner Ansicht kann eine sachlich nicht gerechtfertigte Verwaltungspraxis keine Ansprüche auf Gleichheit im Unrecht begründen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13.12.2013 - 2 B 37/13 -, Juris Rn. 9, und vom 04.04.2013 - 2 B 87.12 -, Juris Rn. 10, jeweils m.w.N.). Die Verwaltung ist nach Art. 20 Abs. 3 GG an die Gesetze gebunden. Sie hat die maßgebliche Rechtslage beim Vollzug zu beachten und kann diese nicht aus eigenem Recht ändern, auch nicht im Wege einer ständigen Praxis (vgl. Senatsbeschluss vom 24.01.2012 - 9 S 3310/11 -, VBlBW 2012, 273).
118 
dd) Soweit die Klägerin geltend macht, es bestünden ihr erst nachträglich bekannt gewordene Tatsachen, die die Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht begründeten, ist dies für die Beurteilung des Senats ohne Bedeutung. Selbst wenn den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht eine Pflicht zur Selbstanzeige (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 48 ZPO) getroffen und er gegen diese verstoßen haben sollte, so könnte sich daraus allenfalls ein Berufungszulassungsgrund ergeben (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 54 Rn. 22). Im vorliegenden Fall hat jedoch bereits das Verwaltungsgericht selbst die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
119 
2. Mit dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag kann die Klägerin ebenfalls keinen Erfolg haben.
120 
Versteht man den Antrag so, dass nach jetziger Sach- und Rechtslage die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 04.02.2013 überprüft werden soll, so ergibt sich dieses Ergebnis schon unmittelbar aus den oben (unter I. 2.) aufgeführten Erwägungen.
121 
Legt man den Antrag dagegen in der Weise aus, dass die Rechtswidrigkeit des Behördenhandelns nach dem früheren, vor der Änderung des Schulgesetzes zum 01.08.2014 geltenden Recht festgestellt werden soll, weil der Klägerin nach dem alten Rechtszustand die begehrte Zustimmung noch hätte erteilt werden müssen, fehlt es jedenfalls an dem für diese vergangenheitsbezogene Feststellung erforderlichen (Fortsetzungs-) Feststellungsinteresse. Insbesondere kann sich die Klägerin weder auf ein Rehabilitations- noch auf ein Präjudizinteresse für einen unter Umständen angestrebten Schadensersatzprozess stützen.
122 
Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 14.12 -, BVerwGE 146, 303 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt (vgl. auch VG Münster, Urteil vom 12.07.2013 - 1 K 1296/13 -, Juris Rn. 30).
123 
Ein mögliches Präjudizinteresse für einen späteren Schadensersatzprozess scheitert hier daran, dass die Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen von vornherein aussichtslos ist. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und sich dies ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung aufdrängt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, NVwZ-RR 2014, 465, 468 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, weil das Verwaltungsgericht im Rahmen einer Hauptsacheentscheidung und in voller Kammerbesetzung die Entscheidung des Regierungspräsidiums für rechtmäßig befunden hat. Ein für einen Amtshaftungsprozess erforderliches Verschulden entfällt grundsätzlich, wenn das Handeln von einem Kollegialgericht für rechtmäßig gehalten wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, a.a.O.). Dies gilt nur dann nicht, wenn die beanstandete Maßnahme von einem Fachgremium beschlossen wurde, von dem im Hinblick auf seine Zusammensetzung ein Höchstmaß an Sachkenntnis zu erwarten und die Fähigkeit zu besonders gründlicher Prüfung zu verlangen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, a.a.O.), wenn es sich um grundlegende Maßnahmen oberster Dienststellen handelt, die durch Auswertung allen einschlägigen Materials und erschöpfende Abwägung aller Gesichtspunkte vorbereitet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99 = Juris Rn. 28 m.w.N.) oder wenn die kollegialgerichtliche Entscheidung nicht auf einer eingehenden Prüfung beruht, sondern wesentliche rechtliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, a.a.O.). Keine dieser Ausnahmen von der „Kollegialgerichtsrichtlinie“ greift hier. Insbesondere hat mit dem Regierungspräsidium weder ein besonderes Gremium der Selbstverwaltung noch eine oberste Behörde die im Streit stehende Entscheidung getroffen.
124 
Angesichts dessen kann dahinstehen, ob die Klägerin überhaupt hinreichend konkrete Angaben zum behaupteten Schaden beziehungsweise zur Schadenshöhe gemacht hat (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.01.2003 - 13 A 4859/00 -, NVwZ-RR 2003, 696; Wolff, a.a.O., § 113 Rn. 278) und ob ein Amtshaftungsprozess vor dem Zivilgericht in genügendem Maße ernsthaft beabsichtigt ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.1997 - 5 S 3206/95 -, NVwZ-RR 1998, 549).
125 
Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin unter Geltung des Schulgesetzes in der vor dem 01.08.2014 geltenden Fassung Aussicht auf einen Erfolg ihrer Verpflichtungsklage gehabt hätte.
126 
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
127 
Beschluss
vom 12. August 2014
128 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 38.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013, VBlBW 2014, Sonderbeilage zu Heft 1, hier hälftig angesetzt).
129 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
34 
I. Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.02.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die begehrte Verpflichtung des Beklagten oder auf eine Neubescheidung ihres Antrags (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO, im Folgenden unter 1.). Auch die hilfsweise begehrte Feststellung kann nicht ausgesprochen werden (im Folgenden unter 2.).
35 
1. a) Das mit dem Hauptantrag verfolgte Rechtsschutzbegehren ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Der Klägerin kommt aufgrund einer möglichen Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zu (vgl. Senatsurteil vom 08.03.1977 - IX 1523/74 -, ESVGH 28, 175 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, abgedruckt bei Bosse/Burk, Schulrecht Baden-Württemberg, Rspr., § 31 SchG E 1; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2011 - 19 B 478/11 -, NWVBl 2011, 436; VG Sigmaringen, Urteil vom 17.12.2010 - 4 K 1549/10 -, Juris; VG Potsdam, Beschluss vom 28.07.2003 - 12 L 511/03 -, Juris Rn. 15). Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 68 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO, § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO). Auch ein Rechtsschutzinteresse kann der Klägerin nicht abgesprochen werden.
36 
b) Die Verpflichtungsklage ist jedoch nicht begründet.
37 
aa) Als Rechtsgrundlage für die begehrte Entscheidung des beklagten Landes kommt allein § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SchG in Betracht.
38 
Nach § 8a Abs. 5 Satz 1 SchG entstehen die Gemeinschaftsschulen auf Antrag der Schulträger nach Zustimmung des Kultusministeriums 1. durch die Einrichtung einer neuen Schule oder 2. mit Zustimmung der Schulkonferenz durch eine Schulartänderung bestehender weiterführender allgemein bildender Schulen. Mit der Verwendung der Begriffe Einrichtung beziehungsweise Schulartänderung wird auf § 30 SchG verwiesen. § 30 Abs. 1 Satz 1 SchG sieht vor, dass der Beschluss eines Schulträgers über die Einrichtung einer öffentlichen Schule der Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde, also gemäß § 35 Abs. 1 SchG des Kultusministeriums, bedarf. Nach § 30 Abs. 4 Satz 1 SchG gelten die Vorschriften über die Einrichtung und Aufhebung einer öffentlichen Schule entsprechend für die Änderung einer öffentlichen Schule. Als Änderung einer Schule sind dabei gemäß § 30 Abs. 4 Satz 2 SchG die Änderung der Schulart, der Schulform (Normalform oder Aufbauform) oder des Schultyps sowie die dauernde Teilung oder Zusammenlegung, die Erweiterung bestehender Schulen, die Einrichtung von Außenstellen sowie die Verteilung der Klassen auf Schulen mit Außenstellen zu behandeln.
39 
Im vorliegenden Fall geht es um die Entstehung einer Gemeinschaftsschule im Wege einer Schulartänderung (§ 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 SchG) und damit im Wege der Änderung einer Schule im Sinne von § 30 Abs. 4 Satz 2 SchG. Das folgt daraus, dass die bestehende Grund- und Werkrealschule im Ergebnis in eine Gemeinschaftsschule (einschließlich Grundschule, vgl. § 8a Abs. 2 Satz 2 SchG = § 8a Abs. 2 Satz 4 SchG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung) umgewandelt werden soll und es sich nach der Aufzählung in § 4 Abs. 1 Satz 4 SchG hierbei um unterschiedliche Schularten handelt.
40 
Im Streit steht hier nicht die im ersten Satzteil von § 8a Abs. 5 Satz 1 SchG geforderte (gegebenenfalls zusätzlich erforderliche) „Zustimmung des Kultusministeriums“, sondern die in § 30 Abs. 1 Satz 1 SchG genannte, durch Verweisung in Bezug genommene „Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde“.
41 
bb) Der angegriffene Bescheid vom 04.02.2013 ist formell rechtmäßig, da weder Zuständigkeits- noch Verfahrensregeln verletzt sind.
42 
(1) Das Regierungspräsidium Stuttgart hat die Ablehnungsentscheidung als sachlich zuständige Behörde getroffen. Das folgt aus einer zulässigen und auch tatsächlich wirksam erfolgten Zuständigkeitsübertragung vom Kultusministerium auf das Regierungspräsidium. Gemäß § 35 Abs. 5 Satz 1 SchG wird das Kultusministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung Zuständigkeiten, die durch das Schulgesetz begründet sind, auf nachgeordnete Schulaufsichtsbehörden zu übertragen, soweit dies zur sachgerechten Erledigung geboten erscheint. Soweit die obere Schulaufsichtsbehörde (mithin nach § 34 Abs. 1 SchG das Regierungspräsidium) betroffen ist, bedarf die Rechtsverordnung des Einvernehmens des Innenministeriums (§ 35 Abs. 5 Satz 2 SchG). Von der Verordnungsermächtigung wurde mit der Verordnung des Kultusministeriums über die Zuständigkeit für schulorganisatorische Maßnahmen vom 18.10.2000 (GBl. S. 731 - SchulOrgZustV, zuletzt geändert durch Verordnung vom 24.09.2012, GBl. S. 550) Gebrauch gemacht. Das Einvernehmenserfordernis des § 35 Abs. 5 Satz 2 SchG wurde dabei gewahrt.
43 
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SchulOrgZustV überträgt das Kultusministerium mit Ausnahme der Maßnahmen, die die Weiterentwicklung des Schulwesens nach § 22 SchG zum Ziel haben, die Befugnis für schulorganisatorische Maßnahmen nach § 30 Abs. 1 und 3 Satz 1 SchG zur Einrichtung und Aufhebung von Grundschulen (§ 5 SchG), Hauptschulen und Werkrealschulen (§ 6 SchG) und Gemeinschaftsschulen (§ 8a SchG) auf die Regierungspräsidien.
44 
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SchulOrgZustV gilt die Zuständigkeitsübertragung auf das Regierungspräsidium auch für die Befugnisse nach § 30 Abs. 4 SchG für die Änderung bestehender Schulen aller Schularten mit Ausnahme der Änderung der Schulart oder des Schultyps. Der Wortlaut dieser Bestimmung legt es zunächst nahe, die Zuständigkeit für die Zustimmung zu einer Schulartänderung - wie sie gerade hier im Raum steht - als nicht übertragen zu betrachten. Hierbei bliebe aber unberücksichtigt, dass der zweite Satz von § 1 Abs. 1 SchulOrgZustV eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des ersten Satzes von den Schularten Grundschule, Hauptschule und Werkrealschule und Gemeinschaftsschule auf sämtliche Schularten vornimmt, soweit es um die Befugnisse nach § 30 Abs. 4 SchG geht, und hieran anknüpfend eine Rückausnahme für die Änderung der Schulart oder des Schultyps macht. Nach Sinn und Zweck der Norm wird daher, vom Wortlaut gerade noch gedeckt, die Zuständigkeit für Schulartänderungen nur insoweit nicht den Regierungspräsidien übertragen, als es um andere Schularten als Grundschule, Hauptschule und Werkrealschule sowie Gemeinschaftsschule geht. Hierfür spricht auch, dass die Schulartänderung - zumindest im Wesentlichen - der Kombination einer Schulaufhebung mit der gleichzeitigen Neueinrichtung einer anderen Schule am selben Ort gleichkommt. Mit der Entstehungsgeschichte von § 1 Abs. 1 SchulOrgZustV steht dieses Ergebnis in Einklang, wobei früher (bis zur Änderung durch die Verordnung vom 11.02.2010, GBl. S. 328) lediglich die Befugnisse nach § 30 Abs. 4 SchG für die Erweiterung bestehender Schulen (mit bestimmten Ausnahmen) ohne Differenzierung nach Schularten übertragen waren, so dass sich aus der Altfassung keine Schlüsse für die Auslegung der Neufassung ziehen lassen. Die Zuständigkeit für Schulartänderungen betreffend Grundschulen, Hauptschulen und Werkrealschulen sowie Gemeinschaftsschulen ist somit auf die Regierungspräsidien übertragen worden.
45 
Das Regierungspräsidium hat die Entscheidung über die Zustimmung auch tatsächlich selbst getroffen, obwohl aus seinen Akten hervorgeht, dass vor Erlass des Ablehnungsbescheides der Antrag dem Kultusministerium „mit allen Unterlagen zur Entscheidung vorgelegt“ werden sollte (S. 12 des im Entwurf vorliegenden Dokuments „Prüfung Schulorganisation“, datiert mit dem 27.11.2012) beziehungsweise auch vorgelegt wurde (vgl. Klageerwiderung vom 16.05.2013, S. 4: Ablehnung seitens des Regierungspräsidiums „nach Überprüfung und Entscheidung durch das Kultusministerium“). § 8a Abs. 5 Satz 1 SchG sieht die Zustimmung des Kultusministeriums als eigene Voraussetzung für das Entstehen einer Gemeinschaftsschule neben der nach § 30 SchG erforderlichen Zustimmung vor. Es lässt sich den Akten nicht entnehmen, dass sich das Regierungspräsidium auch die eigene Entscheidungskompetenz über die Zustimmung vom Kultusministerium gänzlich aus der Hand nehmen ließ.
46 
Erst recht hat das Regierungspräsidium die Entscheidung nicht dem Schulamt überantwortet, dessen Stellungnahme es im Rahmen des Verfahrens eingeholt hat. Wenngleich es in dem Dokument „Prüfung Schulorganisation“ auf Seite 12 heißt, das Regierungspräsidium schließe sich „der Auffassung des SSA (= Staatlichen Schulamts) vollinhaltlich an“, bedeutet dies nicht, dass das Regierungspräsidium keine eigene Prüfung vorgenommen oder gar die Verantwortung für seine Entscheidung an das Schulamt abgegeben hat.
47 
(2) Die Klägerin kann sich auch nicht darauf stützen, dass keine beziehungsweise nur eine unzureichende Anhörung vor Erlass des Bescheides vom 04.02.2013 stattgefunden habe.
48 
Nach § 28 Abs. 1 LVwVfG ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Ausgehend davon könnte man hier ein Anhörungsgebot schon deshalb verneinen, weil es an einem Akt der „Eingriffsverwaltung“ fehlt, wenn „nur“ der Erlass eines Verwaltungsakts abgelehnt wird, der erst eine Rechtsposition gewähren soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.10.1982 - 3 C 46.81 -, BVerwGE 66, 184, m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.06.2011 - 10 B 1.11 -, Juris; a.A. Grünewald, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 28 Rn. 18; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 28 Rn. 26a; offen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.10.1993 - 14 S 2085/93 -, NVwZ 1994, 919). Ob dem zu folgen ist, kann allerdings ebenso dahinstehen wie die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, von der Anhörung habe nach § 28 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG abgesehen werden können, weil von den tatsächlichen Angaben der Klägerin, die diese in ihrem Antrag gemacht habe, nicht zu ihren Ungunsten abgewichen worden sei. Gleichermaßen nicht entscheidungserheblich ist es, ob bereits das vor der Ablehnungsentscheidung geführte Gespräch zwischen den Vertretern des Regierungspräsidiums und denjenigen der Klägerin als hinreichende Anhörung gewertet werden kann. Insoweit könnte unter Umständen bemängelt werden, dass darüber nichts aktenkundig gemacht wurde (vgl. Grünewald, a.a.O., § 28 Rn. 26). Auf all diese Gesichtspunkte kommt es deshalb nicht an, weil jedenfalls ein etwaiger Anhörungsmangel inzwischen geheilt worden ist.
49 
Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 LVwVfG nichtig macht, ist nämlich unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG). Die Nachholung kann bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgen (§ 45 Abs. 2 LVwVfG). Dies zugrunde legend hatte die Klägerin mittlerweile ausreichend Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen. Zwar stellen schlichte Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren noch keine nachträgliche Anhörung im Sinne von § 45 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 - 3 C 14.09 -, BVerwGE 137, 199; Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, a.a.O., § 45 Rn. 47). Anders verhält es sich jedoch dann, wenn - wie hier - auf die schriftsätzlich vorgebrachten Einwände gegen eine Behördenentscheidung eine umfassende schriftliche Replik sowie eine Aussprache im Rahmen der mündlichen Verhandlung folgen. Denn dann hat die Behörde in angemessener Weise Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt und zu erkennen gegeben, dass sie auch nach Prüfung des Vorbringens an ihrer Entscheidung festhält (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 4 AS 37/09 R -, NJW 2011, 1996; Hufen/Siegel, Fehler im Verwaltungsverfahren, 5. Aufl. 2013, Rn. 960).
50 
(3) Auch auf einen formalen Begründungsmangel des Bescheides vom 04.02.2013 kann sich die Klägerin nicht (mehr) berufen. Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG). In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 39 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG). Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (§ 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG). Die erforderliche Begründung kann jedoch auch nachträglich bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gegeben werden (§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 LVwVfG). Jedenfalls letzteres ist geschehen, indem der Beklagte seinen Bescheid schriftsätzlich umfassend verteidigt hat. Darauf, ob die Begründung auch inhaltlich Überlegungen enthält, die die Ablehnungsentscheidung tragen können, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil § 39 LVwVfG nur die formelle Begründungspflicht regelt (vgl. etwa Hufen/Siegel, a.a.O., Rn. 490; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 39 Rn. 2).
51 
(4) Schließlich leidet das vom Regierungspräsidium durchgeführte Verwaltungsverfahren auch sonst an keinen Fehlern.
52 
Zwar dürfte dieses nicht in jeder Hinsicht den seit dem 01.08.2014 geltenden Anforderungen entsprechen, die durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes Baden-Württemberg vom 03.06.2014 (GBl. S. 265) eingeführt worden sind (zum Zeitpunkt des Inkrafttretens vgl. Art. 2 des Änderungsgesetzes). Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 SchG ist nunmehr vor der Entscheidung über die Zustimmung zur Schulartänderung eine regionale Schulentwicklung nach § 30a bis § 30e SchG durchzuführen. In deren Rahmen ist ein umfassendes „Dialog- und Beteiligungsverfahren“ vorgesehen, das wohl noch über die vom Regierungspräsidium bereits im hier zu beurteilenden Verfahren gewählten Beteiligungsformen hinausgeht. Nach jetzigem Recht „sollen die anderen von der schulorganisatorischen Maßnahme berührten Gemeinden und Landkreise und weiteren Berührten, wie z.B. Gesamtelternvertretungen, die Wirtschaft, die Stadt- und Landkreise wegen der Zuständigkeit für die Belange der Schülerbeförderung und des ÖPNV sowie die Schulen in freier Trägerschaft eine Stellungnahme zu den erwarteten Auswirkungen abgeben können“ (vgl. LT-Drucks. 15/5044, S. 39). Die regionale Schulentwicklung ist auf die Herbeiführung eines Konsenses ausgerichtet und schreibt bei Uneinigkeit ein besonderes Schlichtungsverfahren vor. Diese neuen Regeln wirken sich jedoch auf den hier zu beurteilenden Fall nicht aus. Das ergibt sich aus Folgendem:
53 
In materieller Hinsicht ist für die gerichtliche Prüfung des Begehrens der Klägerin, auch soweit es um einen Beurteilungsspielraum geht, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat maßgeblich. Denn der behauptete Anspruch kann nur zugesprochen werden, wenn die Voraussetzungen hierfür aktuell noch vorliegen (vgl. dazu Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 113 Rn. 102 ff.). Gegenteiliges lässt sich weder dem Schulgesetz entnehmen noch ist etwa wegen einer „in der Verwaltungsebene abgeschlossenen Planung“ (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14.02.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56 = Juris Rn. 29; Urteil vom 21.05.1976 - IV C 80.74 -, BVerwGE 51, 15 = Juris Rn. 32) auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt abzustellen. Auch Gründe des Vertrauensschutzes stehen dem nicht entgegen, zumal das geltend gemachte Recht nicht mit einem Subventions-, Beihilfe-, Sozialhilfe- oder Kostenerstattungsanspruch vergleichbar ist (vgl. dazu Bay. VGH, Urteil vom 18.10.2007 - 21 BV 05.1690 -, BayVBl 2008, 347). Eine unzulässige „echte Rückwirkung“ schulgesetzlicher Bestimmungen (vgl. dazu aus dem Bereich des Steuerrechts BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 07.07.2010 - 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06 -, BVerfGE 127, 31) wird so schon deshalb nicht bewirkt, weil es nicht um einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Lebenssachverhalt geht. Bei der Regelung über die Zustimmung zu einer Schulartänderung handelt es sich auch nicht um ein „Zeitabschnittsgesetz“ (siehe hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 113 Rn. 221 m.w.N.). Daraus folgt, dass die Änderungen zum 01.08.2014, soweit sie inhaltliche Anforderungen betreffen, berücksichtigt werden müssen. Anders ist es aber bei den verfahrensrechtlichen Neuerungen, die das Änderungsgesetz mit sich gebracht hat.
54 
Es ist ein Grundsatz des intertemporalen Verfahrensrechts, dass bereits begonnene Verfahren im Fall einer Rechtsänderung nach dem neuen Verfahrensrecht zu Ende zu führen sind (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 11.06.2013 - 8 ZB 12.784 -, BayVBl 2013, 690; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 96 Rn. 3; siehe auch BVerwG, Urteile vom 26.03.1985 - 9 C 47.84 -, NVwZ 1986, 45, und vom 14.04.2011 - 3 C 20.10 -, BVerwGE 139, 323; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.2011 - 3 S 2439/09 -, VBlBW 2012, 145). Abgeschlossene Verwaltungsverfahren bleiben hingegen abgeschlossen und müssen nicht nach neuem Verfahrensrecht wiederholt werden (vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 96 Rn. 1; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 96 Rn. 4). Dies trifft auf das Verwaltungsverfahren, auf dem der hier in Rede stehende Verwaltungsprozess beruht, zu. Denn das auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtete Verfahren endet (spätestens und jedenfalls in Fällen, in denen wie hier kraft Gesetzes kein Widerspruchsverfahren stattfindet) mit dessen Bekanntgabe (vgl. BVerwG, Urteile vom 01.12.1989 - 8 C 14.88 -, BVerwGE 84, 178, 181 = Juris Rn. 15, und vom 16.10.2008 - 4 C 3.07 -, BVerwGE 132, 152 = Juris Rn. 37 f.; Kallerhoff, a.a.O., § 96 Rn. 2; Wittinger, in: Obermayer/Funke-Kaiser, a.a.O., § 9 Rn. 37 f.; a.A. BVerwG, Urteil vom 24.05.1995 - 1 C 7.94 -, BVerwGE 98, 313, „jedenfalls für Verpflichtungsbegehren“; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 96 Rn. 4 und § 9 Rn. 30: Ende des Verfahrens erst mit Unanfechtbarkeit). Somit sind verfahrensrechtliche Änderungen, die nach der Bekanntgabe des Bescheides vom 04.02.2013 eingetreten sind, hier ohne Bedeutung. Ohne Einfluss darauf ist die Tatsache, dass der Antrag der Klägerin beim Regierungspräsidium zunächst mit Blick auf ein früheres Schuljahr gestellt war. Er ist so zu verstehen, dass die Klägerin frühestmöglich die Zustimmung zur Schulartänderung erlangen wollte, der Antrag aber für spätere Schuljahre fortwirkt. Ungeachtet der diesbezüglichen Verwaltungspraxis besteht auch keine Bindung zwischen Schuljahr und Verfahrensrecht in dem Sinne, dass der verfahrensrechtliche Maßstab für verschiedene Schuljahre auf verschiedene Stichtage fixiert ist. Für eine solche Fixierung fehlt es an einer speziellen Rechtsgrundlage. Es wäre daher auch nicht feststellbar, auf welchen Stichtag es jeweils ankommen sollte.
55 
Eine von den allgemeinen Regeln des intertemporalen Verwaltungsrechts abweichende Würdigung ist nicht geboten, weil eine solche gesetzlich besonders angeordnet sein müsste (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 29.09.1982 - 8 C 138.81 -, BVerwGE 66, 178: Möglichkeit, die Heilung eines Zuständigkeitsfehlers durch das nachträgliche Zuwachsen der Kompetenz vorzusehen). Daran fehlt es. Der Gesetzgeber hat keine Übergangsregelung für Altverfahren getroffen. Allein die Tatsache, dass die Zustimmung zu einer Schulartänderung nach neuem Recht nicht mehr ohne eine regionale Schulentwicklung erlangt werden kann, wirkt nicht auf Altverfahren zurück. Um einen Fall, in dem eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zum Erlöschen eines Anspruchs führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 4 C 10.10 -, VBlBW 2011, 467 = Juris Rn. 7 m.w.N.), handelt es sich nicht, weil die Zustimmung zur Schulartänderung nach neuem und nach altem Recht ihrem Wesen nach das Gleiche bleibt, denn eine „Zustimmung ohne vorherige regionale Schulentwicklung“ und eine „Zustimmung nach vorheriger regionaler Schulentwicklung“ sind bei inhaltlicher Betrachtung nicht kategorial verschieden. Für die Klägerin wirkt sich die Entscheidung über die Zustimmung unabhängig von den vorherigen Verfahrensschritten gleich aus.
56 
cc) Das Regierungspräsidium Stuttgart hat auch - jedenfalls soweit es um die hier allein maßgeblichen Rechte der Klägerin geht - in der Sache rechtmäßig entschieden, indem es die beantragte Zustimmung zu der Schulartänderung in eine Gemeinschaftsschule abgelehnt hat.
57 
(1) Infolge der seit dem 01.08.2014 geltenden Änderungen durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes Baden-Württemberg können die Gemeinschaftsschulen auch im besonderen Ausnahmefall nicht mehr einzügig sein, denn § 8a Abs. 2 Satz 1 SchG sieht in seiner neuen Fassung nur noch mindestens zweizügige Gemeinschaftsschulen vor (anders noch § 8a Abs. 2 Satz 1 SchG in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung).
58 
Das Regierungspräsidium hat die für die Zustimmung zur Schulartänderung zwingende gesetzliche Voraussetzung der Zweizügigkeit bei der von der Klägerin geplanten Gemeinschaftsschule ohne zu Lasten der Klägerin gehende Rechtsfehler verneint. Dass das Regierungspräsidium hierbei von einer langfristig zu prognostizierenden Mindestschülerzahl von 40 in den Eingangsklassen ausgegangen ist, ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil nunmehr nach § 30b Abs. 1 Nr. 1 SchG genau diese Mindestschülerzahl, wenn auch nach dem Wortlaut dieser Bestimmung „im Rahmen der Feststellung des öffentlichen Bedürfnisses nach § 27 Abs. 2 SchG“ für die Erteilung einer Zustimmung erforderlich ist. Mögliche Überlegungen, der Zweizügigkeit etwa basierend auf dem im Organisationserlass geregelten Klassenteiler andere Zahlenwerte zugrunde zu legen (vgl. zuletzt Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport zur Eigenständigkeit der Schulen und Unterrichtsorganisation im Schuljahr 2014/2015 vom 12.03.2014, Az. 22-6740.3/1310), haben sich mit der neuen Gesetzesfassung erledigt (siehe im Übrigen früher schon LT-Drucks. 15/1466, S. 25 i.V.m. S. 13: Gemeinschaftsschule sollte mindestens zweizügig sein; dauerhafte Mindestschülerzahl von 20 pro Zug anzustreben).
59 
(2) Die Prognose des Regierungspräsidiums, dass eine langfristige Mindestschülerzahl von 40 in den Eingangsklassen der von der Klägerin geplanten Gemeinschaftsschule nicht zu erwarten ist, ist nicht zu beanstanden.
60 
Mit dem gesetzlich statuierten Zustimmungserfordernis der § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SchG geht ein Beurteilungsspielraum der staatlichen Schulaufsicht einher, soweit es um die Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe „Zweizügigkeit“, „öffentliches Bedürfnis“ und „langfristig zu prognostizierende Mindestschülerzahl von 40 in den Eingangsklassen“ geht, zu deren Ausfüllung es einer Prognoseentscheidung bedarf. Dem steht nicht entgegen, dass die Einrichtung von Schulen die Planungshoheit der Gemeinde und damit das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV) betrifft.
61 
Nach Art. 7 Abs. 1 GG steht das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates. Der Begriff der staatlichen Schulaufsicht umfasst die Gesamtheit der staatlichen Befugnisse zur Organisation, Planung, Leitung und Beaufsichtigung des Schulwesens (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1974 - VII C 12.74 -, BVerwGE 47, 201 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 02.06.1967 - IV 813/66 -, ESVGH 18, 23, 27, und vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, a.a.O.; Avenarius, Schulrecht, 8. Aufl. 2010, S. 182, Nr. 9.12; zum Umfang der Schulaufsicht siehe auch § 32 SchG, § 140 GemO). Zur Schulaufsicht im Sinne des Art. 7 Abs. 1 GG gehört jedenfalls die Befugnis des Staates zur zentralen Ordnung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, BVerfGE 26, 228; dem folgend Senatsurteil vom 08.03.1977 - IX 1523/74 -, a.a.O., 178; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.06.1991 - 19 A 733/90 -, NVwZ-RR 1992, 186). Damit ist dem Gesetzgeber, soweit ihm nicht gar eine entsprechende Verpflichtung auferlegt wird, die Möglichkeit eingeräumt, das Schulwesen nicht nur einer staatlichen Rechts-, sondern auch einer Fachaufsicht zu unterstellen (zum Verhältnis Schulaufsicht/Fachaufsicht vgl. etwa auch Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Band I, 3. Aufl. 2013, Art. 7 Rn. 44). Dem Staat steht die Schulplanung und die Möglichkeit der Einwirkung auf Errichtung, Änderung und Aufhebung der einzelnen öffentlichen Schule zu (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.06.1967 - IV 813/66 -, a.a.O., 28; OVG Brandenburg, Beschluss vom 30.07.1997 - 1 B 83/97 -, LKV 1998, 277; VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, abgedruckt bei Bosse/Burk, Schulrecht Baden-Württemberg, Rspr., § 30 SchG E 13; VG Potsdam, Beschluss vom 28.07.2003 - 12 L 511/03 -, a.a.O. Rn. 23). Bei Organisationsmaßnahmen wie der Errichtung von Schulen wäre es mit Art. 7 Abs. 1 GG sogar schwerlich vereinbar, wenn die Aufsicht auf eine Rechtskontrolle beschränkt wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.1964 - VII C 49.62 -, BVerwGE 18, 38, 39). Ob man dies allgemein auch so umschreiben kann, dass die staatlichen Herrschaftsrechte auf dem Gebiet des Schulrechts Vorrang genießen, während das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde zurücktreten muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.03.1966 - VII C 141.65 -, BVerwGE 23, 351, 352), kann dahinstehen.
62 
Das Zustimmungserfordernis des § 8a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 SchG eröffnet in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen die staatliche Fachaufsicht über die Schulstandortfrage (einhellige Auffassung, vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, a.a.O.; Holfelder/Bosse, SchG Baden-Württemberg, § 27 Anm. 4; Lambert/Müller/Sutor, Schulrecht Baden-Württemberg, Stand Februar 2013, § 27 SchG Anm. 3.4; Ulbrich, in: Ebert, Schulrecht Baden-Württemberg, 2013, § 27 SchG Rn. 6; Wörz/von Alberti/Falkenbach, SchG Baden-Württemberg, Stand November 2013, § 32 Anm. 3.2). Die Fachaufsicht erstreckt sich auf die rechtmäßige und zweckmäßige Wahrnehmung der fachlichen Verwaltungsangelegenheiten der Klägerin (vgl. § 3 Abs. 2 LVG).
63 
Soweit in der Literatur die Rechtsnatur der Aufsicht in diesem Fall als „mittlerer Weg“ zwischen Rechtsaufsicht und Fachaufsicht betrachtet wird, wird ein Zurückbleiben hinter der Fachaufsicht nur für Detailfragen bei der Errichtung der Schule angenommen (vgl. Lambert/Müller/Sutor, a.a.O., § 27 SchG Anm. 3.4). Hierzu kann die im vorliegenden Fall beabsichtigte Schulartänderung nicht gezählt werden, weshalb es auf die Berechtigung der teilweise vertretenen Einschränkung der staatlichen Aufsicht hier nicht ankommt. Ebenso ohne Bedeutung ist es, dass man die hier eröffneten staatlichen Aufsichtsmöglichkeiten unter Umständen begrifflich von einer „Fachaufsicht im technischen Sinne“ unterscheiden und stattdessen von einem „Kondominium“ sprechen muss, weil § 118 Abs. 2 GemO nur die Aufsicht über die Erfüllung von Weisungsaufgaben im Sinne von § 2 Abs. 3 GemO als Fachaufsicht kennzeichnet, während es sich im vorliegenden Fall um ein staatliches Mitwirkungsrecht anderer Art im Bereich einer Pflichtaufgabe (vgl. § 48 Abs. 1 SchG, § 2 Abs. 2 Satz 1 GemO) handelt (so VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O., unter Bezug auf OVG Nordrhein-Westfalen, Entscheidung vom 08.01.1964 - III A 1151/61 -, DVBl 1964, 678; vgl. auch Ulbrich, a.a.O., § 30 SchG Rn. 1).
64 
Für dieses weite Verständnis der Aufsicht spricht neben der Tatsache, dass der Staat den Hauptteil der mit der Einrichtung einer Schule verbundenen Kosten trägt (vgl. §§ 15 ff. FAG sowie die Verordnung des Kultusministeriums, des Innenministeriums und des Finanzministeriums über die Durchführung des Schullastenausgleichs - Schullastenverordnung - SchLVO vom 21.02.2000, GBl. S. 181, zuletzt geändert durch Verordnung vom 28.01.2014, GBl. S. 80), auch eine historische Betrachtung. Zu der Vorgängerregelung des § 30 Abs. 1 SchG in § 14 Abs. 1 des Gesetzes zur Vereinheitlichung und Ordnung des Schulwesens in Baden-Württemberg (vom 05.05.1964, GBl. S. 235 - SchuVOG -) lässt sich der Entwurfsbegründung betreffend die Schulaufsicht (dort noch zu § 12 des Entwurfs) unter anderem entnehmen: „Die Entscheidung darüber, ob eine öffentliche Schule einzurichten und fortzuführen ist, ist eine Angelegenheit der staatlichen Schulaufsicht, Ausfluss des zentralen Ordnungs-, Gestaltungs- und Organisationsrechts des Staates über das Schulwesen (Art. 7 Abs. 1 GG). (…) Die Art des Zusammenwirkens wird aber nicht nur durch die Partnerschaft, sondern auch durch die Aufgabe des Staates, das gesamte Schulwesen zu leiten und für die Leistungsfähigkeit des Schulwesens und der einzelnen Schulen zu sorgen und dabei allen überörtlichen Gegebenheiten und sachlichen Forderungen Rechnung zu tragen, bestimmt. Mit anderen Worten: Es ist Sache der staatlichen Schulaufsicht, die Entscheidung zu treffen, sei es im Wege der Zustimmung zu einer vom Schulträger beschlossenen Maßnahme, sei es im Wege der Anordnung, wenn notwendige Maßnahmen nicht getroffen werden.“ (vgl. LT-Drucks. 3/2755, S. 5363 f.; abgedruckt auch bei Lambert/Müller/Sutor, a.a.O., § 27 SchG Anm. 3.6). Hieraus folgt, dass das Letztentscheidungsrecht einschließlich der Zweckmäßigkeitsbeurteilung der staatlichen Schulaufsicht vorbehalten ist, wobei dabei die rechtlich unter anderem durch das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die Pflicht zu „gemeindefreundlichem Verhalten“ gezogenen Grenzen zu wahren sind (VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O.). Der Schulaufsicht ist ein Beurteilungsspielraum eröffnet (vgl. LT-Drucks. 15/1466, S. 26; Senatsurteil vom 08.03.1977 - IX 1523/74 -, a.a.O., 181; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.1985 - 11 S 631/80 -, VBlBW 1986, 344, 346, und Beschluss vom 27.10.1969 - IV 789/69 -, a.a.O.; VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O.).
65 
Der fachaufsichtlich geprägten Letztentscheidungskompetenz der staatlichen Schulaufsicht im Rahmen des Zustimmungserfordernisses korrespondiert eine eingeschränkte gerichtliche Prüfungskompetenz hinsichtlich einer Prognose, wie sie hier seitens des Regierungspräsidiums getroffen worden ist. Die Gerichte haben ihre Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Behörde die Prognose auf einer zutreffenden und hinreichenden tatsächlichen Grundlage in einer der Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet hat (vgl. allgemein etwa BVerwG, Urteile vom 07.07.1978 - IV C 79.76 -, BVerwGE 56, 110, und vom 29.01.1991 - 4 C 51.89 -, BVerwGE 87, 332 betr. Planfeststellungen; speziell zum Schulrecht VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.1985 - 11 S 631/80 -, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.03.1995 - 15 A 900/90 -, NVwZ-RR 1996, 90; Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 1481; Ulbrich, a.a.O., § 31 SchG Rn. 6).
66 
(3) Eine weitere Einschränkung für die im vorliegenden Verfahren vorzunehmende Überprüfung ergibt sich daraus, dass bei Prognosespielräumen die in ihren Rechten Betroffenen nur insoweit einen Anspruch auf sorgfältig erstellte und realistische Prognosen haben, als ihre Rechte davon abhängen beziehungsweise die Prognosen die Grundlage für ihnen auferlegte Beschränkungen ihrer Rechte bilden (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 114 Rn. 37a; ähnlich Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 40 Rn. 32). Die Reichweite des Rechtsschutzes bestimmt sich danach, inwieweit die einschlägige Regelung erlassen ist, um den Interessen des Rechtsschutzsuchenden zu dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.01.1972 - IV C 49.68 -, BVerwGE 39, 235, 237, zum Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Verwaltungsentscheidung; siehe ferner Urteil vom 23.09.1992 - 6 C 2.91 -, BVerwGE 91, 24, 39: „Anspruch auf gerichtliche Durchsetzbarkeit einer grundrechtlich geschützten Rechtsposition“).
67 
Die Klägerin kann sich nur auf die schulische Versorgung der eigenen Einwohner (§ 10 Abs. 1 GemO) berufen, denn es gehört nicht zu ihren Selbstverwaltungsaufgaben, schulische Angebote für Einwohner von Nachbarkommunen vorzuhalten (vgl. Lambert/Müller/Sutor, a.a.O., § 27 SchG Anm. 3.7; in diesem Sinne auch VG Stuttgart, Urteil vom 19.03.2004 - 10 K 3032/02 -, a.a.O.; VG Potsdam, Beschluss vom 28.07.2003 - 12 L 511/03 -, a.a.O. Rn. 24). Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sind nur diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.11.1988 - 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 -, BVerfGE 79, 127; VerfGH Brandenburg, Urteil vom 17.07.1997 - 1/97 -, LKV 1997, 449, 450).
68 
Mit Rücksicht auf die Pflicht zu „gemeindefreundlichem Verhalten“ kann allenfalls ergänzend mit in den Blick genommen werden, welchen Zuspruch eine geplante Schule voraussichtlich bei Schülerinnen und Schülern aus benachbarten Gemeinden finden wird, soweit ein Schulträger schutzwürdig auf deren Berücksichtigung vertrauen kann. Ein schützenswertes Vertrauen kann dabei allerdings nicht dadurch hervorgerufen werden, dass eine Gemeinde die staatliche Planung vor der abschließenden Entscheidung durch „vorauseilende“ Investitionen zu binden versucht. Das kommunale Selbstverwaltungsrecht gibt dem Schulträger nicht die Befugnis, durch die Beschaffung von zusätzlichem Schulraum die Schulorganisation in einer solchen Weise „mitzubestimmen“ (vgl. OVG Brandenburg, Beschluss vom 30.07.1997 - 1 B 83/97 -, a.a.O.).
69 
(4) Ausgehend davon verletzt die angegriffene Prognoseentscheidung die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach ihrer Eigenangabe unter Nr. 5 b) der mit ihrem Antrag eingereichten Tabelle beträgt in ihrem „originären Einzugsgebiet“, zu dem sie neben xxx auch xxx und xxx zählt, die relevante Schülerzahl insgesamt nur 15 bis 20 (Abschnitt: „Begründung des öffentlichen Bedürfnisses / Darstellung und Berechnung der zu erwartenden Schülerzahl bzw. der Einschätzung der Erwartung der Erreichung der Zweizügigkeit oder der 20 Schüler bei Einzügigkeit für die Eingangsklasse[n] der GMS [Herkunft/Wohnort der Schüler, von welchen Schularten/Schule diese voraussichtlich in welcher Anzahl abgezogen werden]“). Diese Zahl bleibt deutlich unter dem Wert von 40 Schülern, der nach dem Gesetz langfristig prognostizierbar sein muss. Ebenfalls deutlich unter 40 Schülern liegen die Zahlen, die sich - gleichgültig, welche Betrachtung man anstellt - aus dem Material der „Prüfung Schulorganisation“ des Regierungspräsidiums ergeben. So beträgt die Zahl der zu erwartenden Schüler, die von der eigenen Grundschule auf eine etwaige Gemeinschaftsschule übergehen würden, bei den 41 Kindern in der vierten Klasse und einer entsprechend den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ angenommenen Übergangsquote von 50 % lediglich 21. Legt man die Gesamtzahl der Grundschüler in den Klassen 1 bis 4 zugrunde, so errechnet sich bei einem Wert von 189 Schülern ein Durchschnittswert von 47,25, was bei der fünfzigprozentigen Übergangsquote einen Erwartungswert von 24 Schülern ergibt. Die langfristige Prognose des Regierungspräsidiums lässt (ausgehend von 3.976 Einwohnern bei einer Geburtenquote von 0,83 %) auf einen Wert von 33 Grundschülern und demnach auf einen Erwartungswert von 17, die mittelfristige Prognose (ausgehend von der durchschnittlichen Zahl der Geburten in den Jahren 2005 bis 2010) auf einen Wert von 39 Grundschülern und demnach auf einen Erwartungswert von 19 schließen. Im Ergebnis ist somit die Prognose des Regierungspräsidiums, dass weniger als 40 Schüler langfristig zu prognostizieren sind, jedenfalls insoweit nicht rechtswidrig, als es um die Rechte der Klägerin geht. Es ist auch weder dargelegt noch sonst ersichtlich, sondern angesichts der deutlich zu niedrigen Zahlenwerte vielmehr fernliegend, dass sich an den rechnerischen Verhältnissen in der Zeit zwischen der Erhebung des Regierungspräsidiums und der Entscheidung des Senats etwas Erhebliches geändert hat.
70 
Besondere Umstände, die geeignet wären, ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin auf die Einbeziehung externer Schülerströme zu begründen, sind nicht ersichtlich.
71 
Zu berücksichtigen ist auch, dass es der Klägerin offen steht, sich freiwillig mit anderen Gemeinden - deren Bereitschaft vorausgesetzt - zu einem leistungsfähigeren Schulträger beziehungsweise einem solchen mit größerem Schülerpotenzial zusammenzuschließen, um so die Zustimmung der Schulaufsicht zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule zu erwirken (vgl. zu diesem Gedanken bereits BVerfG, Urteil vom 24.06.1969 - 2 BvR 446/64 -, a.a.O.; VerfGH Brandenburg, Urteil vom 17.07.1997 - 1/97 -, a.a.O.). Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SchG können Gemeinden, Landkreise und Regionalverbände mit Zustimmung der oberen Schulaufsichtsbehörde zur gemeinsamen Erfüllung der ihnen als Schulträger obliegenden Aufgaben Schulverbände bilden oder öffentlich-rechtliche Vereinbarungen abschließen (vgl. dazu und zu ggf. anderen Möglichkeiten des Zusammenwirkens etwa Ulbrich, a.a.O., § 31 SchG Rn. 1 ff.). Handelt eine Gemeinde hingegen ohne Abstimmung mit ihren Nachbargemeinden und ist deshalb die Prognose gerechtfertigt, dass die geplante Gemeinschaftsschule keine ausreichend breite und nachhaltige Existenzgrundlage hat, so muss sie es hinnehmen, dass dies zu ihren Lasten geht. Es war sogar gerade ein - vom Gesetzgeber dann aufgegriffener - Wunsch der kommunalen Landesverbände, im Genehmigungsverfahren der Gemeinschaftsschule nicht nur auf die Prognose „für diese (die beantragte) Schule“ abzustellen, sondern in die Entscheidung auch die Belange der benachbarten Schulträger einzubeziehen (vgl. LT-Drucks. 15/1466, S. 23). Das verdeutlicht, dass eine „Gesamtschau der Schulstruktur vor Ort“ (LT-Drucks., a.a.O.) letztlich objektiv auch kommunalen Interessen entspricht.
72 
(5) Selbst wenn man umfassend - ohne die gerichtliche Kontrolle auf die eigenen Einwohner der Klägerin zu beschränken - prüft, ob das Regierungspräsidium seinen Beurteilungsspielraum eingehalten hat, gibt es keine durchschlagenden Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Regierungspräsidiums.
73 
Das Regierungspräsidium hat in seiner Klageerwiderung sowie in seiner Berufungserwiderung nachvollziehbar erläutert, dass man ausgehend von der Gesetzesbegründung zu § 8a SchG (LT-Drucks. 15/1466, S. 13) eine dauerhafte Zweizügigkeit für erforderlich gehalten habe. Die Prognose habe sich deshalb nicht auf die Festlegung eines denkbaren Einzugsbereichs und die Berechnung möglicher Schülerzahlen (erste Stufe) beschränken können, sondern habe im Anschluss daran eine Bewertung der Schülerzahlen auf Wahrscheinlichkeit und Dauerhaftigkeit erfordert (zweite Stufe). Die erste Stufe habe den Zweck gehabt, die Daten zu erheben. Hierbei sei im Rahmen der Prüfung der Schulorganisation das Datenmaterial deshalb so ausführlich dargestellt worden, um die Zwischenschritte der Berechnung sichtbar und damit transparent zu machen. Auf der zweiten Stufe sei die Bewertung dieser Daten und damit die eigentliche Prognose erfolgt.
74 
Die Klägerin beanstandet die Bewertung auf der „zweiten Stufe“ in verschiedener Hinsicht und vertritt die Ansicht, das Regierungspräsidium hätte die auf der „ersten Stufe“ nach bestimmten (hypothetischen) Übergangsquoten ermittelten Daten in Form von errechneten Schüler-Zahlenwerten unverändert seiner Prognose zugrunde legen müssen. Ihre Einwände greifen aber im Ergebnis nicht durch.
75 
Das von der Klägerin für ihre Kritik in erster Linie in Bezug genommene Schreiben des Regierungspräsidiums ist mit „Allgemeine Prognosegrundlagen“ überschrieben und lautet:
76 
„Am Schulstandort der künftigen GMS:
77 
Übergangsquote 50 %:
Grundschule am Standort der künftigen GMS und es ist keine andere weiterführende Schule außer der künftigen GMS am Schulstandort vorhanden.
78 
Übergangsquote 40 %:
Grundschule am Standort der künftigen GMS und es sind andere weiterführende Schulen außer der künftigen GMS am Schulstandort vorhanden.
79 
Im Einzugsbereich der künftigen GMS
80 
Übergangsquote 30 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln weniger als 30 Minuten (gute Erreichbarkeit).
81 
Übergangsquote 20 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln zwischen 30 und 45 Minuten.
82 
Übergangsquote 10 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln zwischen 45 Minuten und 1 Stunde.
83 
Übergangsquote 10 %:
Grundschule im näheren Einzugsgebiet der künftigen GMS und Schulweg, Entfernung mit öff. Verkehr(s)mitteln mehr als 15 Minuten und eigene weiterführende Schule/n am Ort.“
84 
Die nach diesem Maßstab ermittelten Zahlen waren für das Regierungspräsidium nicht bindend. Das Prognoseverfahren des Regierungspräsidiums war von Anfang an zweistufig aufgebaut, so dass nicht argumentiert werden kann, die zweite Stufe sei erst nachträglich „erfunden“ worden, um ein erwünschtes, von den Daten der ersten Stufe aber nicht gedecktes Ergebnis zu rechtfertigen. Das Regierungspräsidium hat hierzu überzeugend angegeben, die errechneten Schülerzahlen hätten (zwingend) in einem zweiten Schritt auf ihre Wahrscheinlichkeit überprüft werden müssen, weil sich in vielen räumlichen Gebieten die Einzugsbereiche verschiedener Schulen überschnitten hätten, die Schüler aber nicht doppelt hätten gewertet werden können. Maßgebend sei gewesen, auf welche weiterführenden Schulen die Grundschüler der Nachbargemeinden „traditionsgemäß“ wechselten und welche weiterführenden Schulen in den einbezogenen Gemeinden und Stadtteilen bereits vorhanden seien und von den dortigen Grundschülern besucht werden könnten.
85 
Dieser Vortrag entspricht auch der Aktenlage. In dem Bogen „Prüfung Schulorganisation“ befindet sich neben den die erste Prognosestufe betreffenden Gliederungspunkten zur Datenerhebung („3. Sachverhalt/Sachstand/Relevante Daten“ sowie „4.1 kurzfristige Prognose“ und „4.2 Schülerzahlprognose/dauerhafter Bestand“, jeweils mit Untergliederungen) zwar kein eigener Gliederungspunkt, der die zweite Bewertungsstufe detailliert abbildet. Unter dem Gliederungspunkt „2. Bewertung und Entscheidungsvorschlag“ ist jedoch dargestellt, inwieweit Schüler der Nachbargemeinden in die Prognose einbezogen wurden und somit von den auf der ersten Stufe errechneten Daten (gemäß den vorgenannten Gliederungspunkten 3., 4.1 und 4.2) abgewichen wurde. Ein solcher Prüfungsschritt findet sich (stets als Nr. 2) in allen dem Gericht vorliegenden Akten jeweils in dem Dokument „Prüfung Schulorganisation“.
86 
Zutreffend weist das Regierungspräsidium auch darauf hin, dass bereits nach den allgemeinen Prognosegrundlagen des Kultusministeriums, aus denen das Regierungspräsidium seine eigenen „allgemeinen Prognosegrundlagen“ abgeleitet hat, ausdrücklich der Bezug zu Nachbargemeinden herzustellen und die Betroffenheit anderer Schulträger zu prüfen war. So heißt es dort wörtlich:
87 
„Im Rahmen der Bewertung des öffentlichen Bedürfnisses sind auch die Stellungnahmen der von der Genehmigung berührten anderen kommunalen Schulträger einzubeziehen: Bei der Frage der Berücksichtigung der Schüler. dieser Schulträger an der beantragten Gemeinschaftsschule ist ggf. in die Bewertung einzubeziehen, ob andere berührte Schulträger bereits selbst die Beantragung einer Gemeinschaftsschule beabsichtigen. Da die Schüler nicht doppelt gewertet werden können, ist bei der Prognose ggf. zu berücksichtigen, ob ein Abzug der Schüler durch eine Genehmigung einer Gemeinschaftsschule dann zur Einzügigkeit des jetzigen Antrage führen würde und z.B. der berührte Schulträger selbst genügend Potenzial für eine eigene Gemeinschaftsschule (evtl. mehrere) hat. Damit ist zu prüfen, ob die Zweizügigkeit der beantragten Gemeinschaftsschule auch ohne diese Schüler dauerhaft prognostiziert werden kann.
88 
In die Vorbereitung einer Prognose sind die Schülerzahlen der bestehenden Grundschulen, die Prognosen der künftigen Geburten sowie die Übergangsquoten auf die bisherigen weiterführenden Schulen darzustellen und ggf. in die Bewertung einzubeziehen.“
89 
Dem ist unzweideutig zu entnehmen, dass es bei einer schematischen Berechnung gemäß einheitlichen Übergangsquoten nicht sein Bewenden haben kann (ähnlich nunmehr auch die Angaben in Kapitel 4 der vom Kultusministerium herausgegebenen „Handreichung zur Beantragung einer Gemeinschaftsschule“ in der Fassung mit Gültigkeit ab 01.01.2014).
90 
Nur dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der sich in der Gesetzesbegründung zu § 8a SchG (LT-Drucks. 15/1466, S. 26) wie folgt niedergeschlagen hat:
91 
„Bei der Entscheidung über einen Einrichtungsantrag eines Schulträgers kommt es auf die Verhältnisse des jeweiligen Einzugsbereiches an: zum Beispiel Schülerzahl, örtliche Geburtenrate, Bildungswahlverhalten, Verkehrsanbindung, Auswirkungen auf andere Schulen. Das Kultusministerium hat hierbei einen Beurteilungsspielraum, dem allerdings das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die darauf abzuleitende Pflicht zu gemeindefreundlichem Verhalten Grenzen setzen.“
92 
Mit dem bewussten Rekurs auf den „jeweiligen“ Einzugsbereich und die beispielhaft erwähnten, teils sehr individuell ausgeprägten Kriterien Schülerzahl, örtliche Geburtenrate, Bildungswahlverhalten, Verkehrsanbindung sowie Auswirkungen auf andere Schulen wäre eine landesweit einheitlich pauschalierende Sichtweise schwerlich vereinbar.
93 
Schließlich geht aus der Bezeichnung „allgemeine Prognosegrundlagen“ selbst hervor, dass es sich nur um „allgemeine“, mithin einer Konkretisierung bedürftige „Grundlagen“ für eine (erst zu erstellende und nicht unmittelbar ableitbare) Prognose handelt. Dies wird auch daran deutlich, dass die Übergangsquoten in den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Kultusministeriums nur ein Element unter mehreren bilden, während die „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Regierungspräsidiums das Element „Übergangsquoten“ herausgreifen und ausdifferenzieren, ohne dabei zu erkennen zu geben, die Prognose - was auch zumindest bedenklich wäre - auf diesen Faktor verengen zu wollen.
94 
Dabei verkennt der Senat nicht, dass den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Regierungspräsidiums mit ihren Übergangsquoten selbst eine Prognose innewohnt. Dies schließt jedoch eine Offenheit der mit ihrer Hilfe gefundenen Ergebnisse für eine konkretere Bewertung unter Einbeziehung zusätzlicher Faktoren nicht aus, womit den „allgemeinen Prognosegrundlagen“ der Rang einer „rechnerischen Prognose innerhalb einer umfassenderen Prognose“ zukommt.
95 
Was sonst noch das Verhältnis der ersten zu der zweiten Prognosestufe angeht, trifft es zu, dass es keine Ableitung gibt, die in ihrer Genauigkeit der Datenermittlung auf der ersten Stufe entspricht. Insbesondere gibt es keinen Algorithmus und keine allgemeingültige „Formel“ zur Korrektur der auf der ersten Stufe ermittelten Ergebnisse. Dies macht die Prognoseentscheidung des Regierungspräsidium aber nicht methodisch fehlerhaft. Zwar mag es auf den ersten Blick unstimmig erscheinen, eine „mathematisch exakte“ Ebene der Datenerhebung mit einer aus allgemeiner Sachkunde auf vielen Gebieten (traditionelle Schülerströme vor Ort, geographische Besonderheiten etc.) gespeisten Korrektur zu verknüpfen, und hat dies insoweit nachvollziehbare Kritik auf der Klägerseite ausgelöst. Indes ist dies kein unzulässiges Vorgehen. Die Anwendung eines mathematischen Modells in einem ersten Schritt legt das Regierungspräsidium nicht auch hinsichtlich seines abschließenden Bewertungsmaßstabes auf eine solche Methodik fest.
96 
Gegen einen Schematismus dieser Art sprechen gewichtige sachliche Gründe. Es drängt sich auf, dass von Ort zu Ort und von Region zu Region die Akzeptanz der verschiedenen Schularten sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Auch sonst gibt es geographische und traditionelle Eigenarten, die sich stark auf das Einzugsgebiet einer Schule auswirken können und sich mit Einwohnerzahlen, bisherigen Schülerzahlen und Entfernungsangaben nicht abschließend erfassen lassen. Insofern liegt es nahe, die im ganzen Regierungsbezirk nach einem einheitlichen Maßstab erhobenen Daten für eine Schülerzahlenprognose einer ortsbezogenen Korrektur zu unterziehen. Es wäre auch weder im Interesse der Klägerin noch anderer Betroffener, wenn die Zustimmung zu einer Schulartänderung erteilt würde, die auf Dauer keinen Bestand haben könnte.
97 
(6) Gemessen an den genannten Sachgründen hat das Regierungspräsidium seine Prognose im vorliegenden Fall hinreichend transparent und methodisch einwandfrei durchgeführt.
98 
Das Regierungspräsidium gibt hierzu an, die auf der ersten Stufe errechneten Schülerzahlen seien auf Wahrscheinlichkeit und Dauerhaftigkeit bewertet worden, wobei zum einen in den Blick genommen worden sei, wie viele Schüler aus den jeweiligen Gemeinden die derzeitige Werkrealschule besuchten und zum anderen, welche schulischen Alternativen für weiterführende Schulen in der Umgebung bestünden. Diese Bewertung habe ergeben, dass realistischer Weise lediglich Schüler aus xxx, der Nachbargemeinde xxx und des Stadtteils xxx (einschließlich xxx) der Stadt xxx eine Gemeinschaftsschule xxx besuchen würden, weshalb bei dieser mit einer voraussichtlichen Schülerzahl von ca. 22 je Jahrgangsstufe auf Dauer nur von Einzügigkeit auszugehen gewesen sei.
99 
Entsprechend heißt es in dem Dokument „Prüfung Schulorganisation“ unter Nr. 2, die xxxschule könne voraussichtlich mit ca. 22 Schülern je Jahrgangsstufe auf Dauer nur einzügig geführt werden. Dabei seien Schüler aus xxx, der Nachbargemeinde xxx und des Stadtteils xxx der Stadt xxx eingerechnet worden. Eine dauerhafte Zweizügigkeit würde nur erreicht, wenn darüber hinaus Schüler aus den Gemeinden xxx, xxx, xxx und xxx sowie aus dem xxx Stadtteil xxx wenigstens teilweise die Gemeinschaftsschule xxx besuchen würden. Da in xxx bereits eine für die Gemeinden xxx und xxx gut erreichbare Realschule (xxxschule) bestehe und insbesondere die Schüler aus xxx und xxx eine lange Anfahrtszeit nach xxx hätten (ca. 45-50 Minuten), sei ein Besuch dieser Schüler in xxx eher unwahrscheinlich.
100 
Diese Argumentation ist nachvollziehbar und einleuchtend. Die Klägerin kann somit nicht damit durchdringen, das Regierungspräsidium habe seinen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum verlassen. Dies gilt umso mehr, als mittlerweile die Zustimmung zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule in xxx erteilt wurde.
101 
Soweit die Klägerin meint, die Zahlen hätten höher angesetzt werden müssen, weil allein die Jahrgangsstufe des Schuljahres 2011/12 eine „einigermaßen realistische Vergleichsgröße“ darstelle, kann ihr nicht gefolgt werden. Zuvor wurde die Schulbezirksbindung abgeschafft, was die hohe Zahl von insgesamt 43 Schülern in der fünften Jahrgangsstufe zumindest zu einem Teil erklären mag. Hinzu kommt, dass die Klägerin mit Bescheid des Regierungspräsidiums vom 14.01.2010 ermächtigt wurde, den bisherigen Hauptschulbezirk unverändert als Schulbezirk für ihre Werkrealschule bis längstens 2016 weiterzuführen. Die xxxschule konnte daher Schüler von außerhalb aufnehmen, während die Haupt- und Werkrealschüler aus dem Gebiet der Klägerin den Schulbezirk nicht verlassen konnten, was - wie der Beklagte meint - auch zu einer „künstlichen“ Erhöhung der Anmeldezahlen geführt haben mag. Dies kann jedoch dahinstehen. Die Klägerin hat eine solch hohe Schülerzahl wie im Schuljahr 2011/12 nämlich weder zuvor noch danach (zumal nach Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung) auch nur annähernd noch einmal erreicht. Es handelt sich daher um keine repräsentative Zahl, sondern - wie das Regierungspräsidium zutreffend angenommen hat - eher um einen „Ausreißer“, der als Maßstab für eine langfristige Prognose nicht zugrunde gelegt werden musste und wohl noch nicht einmal durfte.
102 
(7) Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, dass die Entscheidung des Regierungspräsidiums unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz ergangen sei.
103 
Es spricht schon manches dafür, dass eine Entscheidung, die - wie hier - am Maßstab der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nicht beanstandet werden kann, ebenso nicht unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten gerügt werden kann (vgl. insoweit zu dem Verhältnis des allgemeinen Gleichheitssatzes zu den Freiheitsgrundrechten Heun, in: Dreier, a.a.O., Art. 3 Rn. 140; Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, Band 1, 6. Aufl. 2010, Art. 3 Rn. 300 m.w.N.).
104 
Auch lässt sich ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz für den jetzigen Zeitpunkt schon deshalb nicht mehr damit begründen, dass bestimmte Gemeinden im Rahmen der Beurteilung für das Schuljahr 2013/14 („zweite Tranche“) günstiger behandelt worden seien als die Klägerin, weil mittlerweile das Schuljahr 2013/14 beendet ist beziehungsweise das Schuljahr 2014/15 begonnen hat und sich zudem zum 01.08.2014 das Schulgesetz geändert hat.
105 
Ferner kann nicht angenommen werden, es liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen über die Selbstbindung der Verwaltung vor, weil das Regierungspräsidium - nach eigenem Bekunden - seine eigenen „allgemeinen Prognosegrundlagen“, die es aus denjenigen des Kultusministeriums abgeleitet hat, nicht streng mathematisch umgesetzt, sondern mit einer zusätzlichen Bewertungsstufe versehen hat. Wie bereits dargestellt, brachten die „allgemeinen Prognosegrundlagen“ des Regierungspräsidiums nicht zum Ausdruck, dass man sich schematisch an aufgrund fester Übergangsquoten errechnete Schüler-Zahlenwerte zu halten beabsichtigte.
106 
Soweit die Klägerin einzelne Gemeinden benannt hat, die für ihre Gemeinschaftsschulen eine Zustimmung des Regierungspräsidiums erlangt haben, dies aber nach Auffassung der Klägerin ohne günstigere beziehungsweise mit schlechteren Ausgangsbedingungen, hat das Regierungspräsidium dem im Übrigen nachvollziehbare Gründe entgegengehalten:
107 
Hinsichtlich der xxxschule in xxx mit der prognostizierten Schülerzahl von 60 sei zunächst zu beachten, dass diese Gemeinde mit ca. 7.680 Einwohnern bereits etwa doppelt so viele Einwohner aufweise wie die Klägerin (ca. 3.890). Ferner komme xxx seine Lage in einer Zentrumsachse im Filstal zugute. Das Gebiet sei dichter besiedelt. Die Gemeinde profitiere von einer generell höheren Bevölkerung. Darüber hinaus habe berücksichtigt werden können, dass schon bisher Schüler der Grundschule im benachbarten xxx (ca. 2.400 Einwohner) und auch der xxxschule in xxx nach der vierten Klasse in größerer Zahl die Werkrealschule in xxx besucht hätten.
108 
Zu der xxx-Schule in xxx hat das Regierungspräsidium erläutert, dass es sich um eine seit Jahren stabil zweizügig geführte Werkrealschule mit einem größeren Einzugsbereich gehandelt habe.
109 
Bei der (ehemaligen) Grund- und Werkrealschule in xxx (5.200 Einwohner) hat das Regierungspräsidium ebenfalls einen größeren Einzugsbereich festgestellt, zu dem unter anderem auch die Grundschule des Ortes xxx (über 3.500 Einwohner) gehöre.
110 
Bei der (ehemaligen) Grund- und Hauptschule xxx seien neben der eigenen Einwohnerzahl (über 6.500 Einwohner) auch Nachbargemeinden zu berücksichtigen gewesen, die mehrfach Schüler in die dortige Hauptschule geschickt hätten. Es habe jeweils von einer gesicherten stabilen Zweizügigkeit ausgegangen werden können.
111 
Es handelt sich bei diesen Annahmen des Regierungspräsidiums um sachliche Erwägungen, die zwar womöglich jeweils nicht das einzig mögliche Bewertungsergebnis darstellen, im Rahmen des Beurteilungsspielraums aber jedenfalls vertretbar erscheinen.
112 
Ebenso verhält es sich bei anderen Schulen, die im Vergleich betrachtet werden könnten:
113 
Soweit es um die xxxschule (ehemalige Grund- und Werkrealschule) in xxx und die dort prognostizierte Schülerzahl von 37 geht, ist nach den Angaben des Regierungspräsidiums die hohe Einwohnerzahl von xxx (nahezu 60.000 Einwohner) zu beachten. Die Lage der Schule an der Peripherie des Stadtgebietes hindere die Prognose einer dauerhaften Zweizügigkeit aufgrund der Größe des Schulträgers nicht. Das erscheint plausibel.
114 
Bei der xxx-Schule (ehemalige Grund- und Werkrealschule) in xxx bestehe eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung der Gemeinden xxx und xxx über die Einrichtung und Unterhaltung der Gemeinschaftsschule xxx. Beide Gemeinden kämen mit 5.885 (xxx) und 3.143 (xxx) auf zusammen über 8.000 Einwohner und hätten so zusammen die Grundlage für die Prognose einer ausreichenden Schülerzahl geschaffen. Auch diese Argumentation ist nicht zu beanstanden.
115 
Die xxxschule (ehemalige Grund- und Werkrealschule) in xxx wurde nach Angaben des Regierungspräsidiums bewusst als einzige Schule in dessen Zuständigkeitsbereich mit einer prognostizierten Schülerzahl von unter 30 Schülern genehmigt. Die Prognose von 23 Schüler habe sich jedoch nur auf Schüler aus Baden-Württemberg bezogen. Nicht einbezogen worden seien Schüler aus Bayern, die aber seit Jahren diese Schule besuchten und zu einer stabilen Zweizügigkeit der dortigen Werkrealschule geführt hätten. Da darüber hinaus der Antrag der westlich von xxx liegenden Gemeinde xxx auf Einrichtung einer Gemeinschaftsschule aufgrund der Schülerzahlen habe abgelehnt werden müssen und damit habe gerechnet werden können, dass ein Teil der dort prognostizierten Schüler eine Gemeinschaftsschule in xxx besuchen werde, habe bei der xxxschule von einer stabilen Zweizügigkeit ausgegangen werden können. Hiergegen bestehen keine Einwände.
116 
Zu der (ehemaligen) Grund- und Werkrealschule xxx hat sich das Regierungspräsidium so geäußert, dass die Stadt xxx auf 7.431 Einwohner komme. Zudem würden dort regelmäßig Schüler aus Nachbargemeinden wie xxx und xxx beschult, so dass anteilig Schüler von dort hätten berücksichtigt werden können. Auch insoweit hat das Regierungspräsidium seinen Einschätzungsspielraum gewahrt.
117 
Schließlich könnte die Klägerin aus Zustimmungsbescheiden gegenüber anderen Gemeinden, soweit solche rechtswidrig erteilt worden sein sollten, keine Rechte für sich herleiten. Nach allgemeiner Ansicht kann eine sachlich nicht gerechtfertigte Verwaltungspraxis keine Ansprüche auf Gleichheit im Unrecht begründen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13.12.2013 - 2 B 37/13 -, Juris Rn. 9, und vom 04.04.2013 - 2 B 87.12 -, Juris Rn. 10, jeweils m.w.N.). Die Verwaltung ist nach Art. 20 Abs. 3 GG an die Gesetze gebunden. Sie hat die maßgebliche Rechtslage beim Vollzug zu beachten und kann diese nicht aus eigenem Recht ändern, auch nicht im Wege einer ständigen Praxis (vgl. Senatsbeschluss vom 24.01.2012 - 9 S 3310/11 -, VBlBW 2012, 273).
118 
dd) Soweit die Klägerin geltend macht, es bestünden ihr erst nachträglich bekannt gewordene Tatsachen, die die Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht begründeten, ist dies für die Beurteilung des Senats ohne Bedeutung. Selbst wenn den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht eine Pflicht zur Selbstanzeige (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 48 ZPO) getroffen und er gegen diese verstoßen haben sollte, so könnte sich daraus allenfalls ein Berufungszulassungsgrund ergeben (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 54 Rn. 22). Im vorliegenden Fall hat jedoch bereits das Verwaltungsgericht selbst die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
119 
2. Mit dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag kann die Klägerin ebenfalls keinen Erfolg haben.
120 
Versteht man den Antrag so, dass nach jetziger Sach- und Rechtslage die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 04.02.2013 überprüft werden soll, so ergibt sich dieses Ergebnis schon unmittelbar aus den oben (unter I. 2.) aufgeführten Erwägungen.
121 
Legt man den Antrag dagegen in der Weise aus, dass die Rechtswidrigkeit des Behördenhandelns nach dem früheren, vor der Änderung des Schulgesetzes zum 01.08.2014 geltenden Recht festgestellt werden soll, weil der Klägerin nach dem alten Rechtszustand die begehrte Zustimmung noch hätte erteilt werden müssen, fehlt es jedenfalls an dem für diese vergangenheitsbezogene Feststellung erforderlichen (Fortsetzungs-) Feststellungsinteresse. Insbesondere kann sich die Klägerin weder auf ein Rehabilitations- noch auf ein Präjudizinteresse für einen unter Umständen angestrebten Schadensersatzprozess stützen.
122 
Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 14.12 -, BVerwGE 146, 303 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt (vgl. auch VG Münster, Urteil vom 12.07.2013 - 1 K 1296/13 -, Juris Rn. 30).
123 
Ein mögliches Präjudizinteresse für einen späteren Schadensersatzprozess scheitert hier daran, dass die Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen von vornherein aussichtslos ist. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und sich dies ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung aufdrängt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, NVwZ-RR 2014, 465, 468 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, weil das Verwaltungsgericht im Rahmen einer Hauptsacheentscheidung und in voller Kammerbesetzung die Entscheidung des Regierungspräsidiums für rechtmäßig befunden hat. Ein für einen Amtshaftungsprozess erforderliches Verschulden entfällt grundsätzlich, wenn das Handeln von einem Kollegialgericht für rechtmäßig gehalten wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, a.a.O.). Dies gilt nur dann nicht, wenn die beanstandete Maßnahme von einem Fachgremium beschlossen wurde, von dem im Hinblick auf seine Zusammensetzung ein Höchstmaß an Sachkenntnis zu erwarten und die Fähigkeit zu besonders gründlicher Prüfung zu verlangen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, a.a.O.), wenn es sich um grundlegende Maßnahmen oberster Dienststellen handelt, die durch Auswertung allen einschlägigen Materials und erschöpfende Abwägung aller Gesichtspunkte vorbereitet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99 = Juris Rn. 28 m.w.N.) oder wenn die kollegialgerichtliche Entscheidung nicht auf einer eingehenden Prüfung beruht, sondern wesentliche rechtliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2013 - 8 C 5.12 -, a.a.O.). Keine dieser Ausnahmen von der „Kollegialgerichtsrichtlinie“ greift hier. Insbesondere hat mit dem Regierungspräsidium weder ein besonderes Gremium der Selbstverwaltung noch eine oberste Behörde die im Streit stehende Entscheidung getroffen.
124 
Angesichts dessen kann dahinstehen, ob die Klägerin überhaupt hinreichend konkrete Angaben zum behaupteten Schaden beziehungsweise zur Schadenshöhe gemacht hat (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.01.2003 - 13 A 4859/00 -, NVwZ-RR 2003, 696; Wolff, a.a.O., § 113 Rn. 278) und ob ein Amtshaftungsprozess vor dem Zivilgericht in genügendem Maße ernsthaft beabsichtigt ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.1997 - 5 S 3206/95 -, NVwZ-RR 1998, 549).
125 
Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin unter Geltung des Schulgesetzes in der vor dem 01.08.2014 geltenden Fassung Aussicht auf einen Erfolg ihrer Verpflichtungsklage gehabt hätte.
126 
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
127 
Beschluss
vom 12. August 2014
128 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 38.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013, VBlBW 2014, Sonderbeilage zu Heft 1, hier hälftig angesetzt).
129 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13. Januar 2006 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Beklagten, die Pächter der Wohnwagenstellplätze auf dem in seinem Eigentum stehenden Flurstück 1 der Flur 2 in A zu nennen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als diese Verfügung die Pächter der Wohnwagenstellplätze Nr. 5, 6, 8, 9 und 10 "gemäß Aufstellungsplan Bl. 6 der Verwaltungsvorgänge" betrifft. Das Urteil wurde dem Kläger am 27.02.2006 zugestellt. Am 15.03.2006 hat der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung eingelegt, den er mit am 27.04.2006 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

II.

2

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

3

1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind immer schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird. Geboten ist eine summarische Prüfung des Zulassungsvorbringens auf die schlüssige Infragestellung der Auffassung des Verwaltungsgerichts. Ernstliche Zweifel sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG 3. Kammer des Ersten Senats, B. v. 21.01.2009 - 1 BvR 2524/06). Dabei hat das Zulassungsverfahren nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfG 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163).

4

Derartige Zweifel werden in der Zulassungsschrift nicht aufgezeigt.

5

Der Kläger machte zunächst geltend, die Ordnungsverfügung in der Fassung, wie sie sie durch den Tenor des Urteils des Verwaltungsgerichts erhalten hat, genüge nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 37 VwVfG.

6

Nach § 173 VwGO i.V.m. § 322 Abs. 1 ZPO sind Urteile der Rechtskraft insoweit fähig, als über den durch die Klage erhobenen Anspruch entschieden ist. Daher ist für die Tragweite und damit auch für die Rechtskraft eines Urteils in erster Linie die Urteilsformel maßgebend. Lässt der Inhalt der Urteilsformel allein nicht mit Sicherheit erkennen, worüber das Urteil entschieden hat, können und müssen die aus dem Tatbestand des Urteils ersichtlichen Anträge und die Entscheidungsgründe, die zwar nicht selbst an der Rechtskraft teilhaben, zur Auslegung der Urteilsformel herangezogen werden (vgl. BVerwG, U. v. 17.12.1963 - II C 20.63 - BVerwGE 17, 293 unter Bezugnahme auf RG, U. v. 30.09.1941 - VI 42/41 - RG Warn. 1942 S. 188 (189)). Gegenstand der Urteilsformel ist der angefochtene Verwaltungsakt in der Modifizierung durch das Verwaltungsgericht. Die Bestimmtheit dieses Verwaltungsakts seinerseits richtet sich nach den allgemeinen Regeln. Der Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit einer Einzelfallregelung im Sinne von § 37 VwVfG M-V bedeutet zum einen, dass deren Adressat in der Lage sein muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist; zum anderen folgt daraus, dass der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, U. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338>; B. v. 27.07.1982 - 7 B 122.81 - Buchholz 316 § 37 VwVfG Nr. 1; Senat, B. v. 24.01.2006 - 3 M 73/05 - NordÖR 2006, 393 = NVwZ-RR 2007, 21).

7

Nach diesen Grundsätzen bestehen keine Zweifel an der Bestimmtheit der Verfügung. Ausgangspunkt ist zunächst, dass entgegen dem Zulassungsvorbringen das Verwaltungsgericht nicht ausschließlich auf den Aufstellungsplan Bl. 6 der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen hat. Zu berücksichtigen ist, dass das Verwaltungsgericht in den Gründen (UA S. 3) den Inhalt des Lageplans und die Nummerierung der Parzellen eindeutig beschreibt. In Bezug auf diese Beschreibung wird deutlich, welche Stellplätze mit den o. g. Nummern 5, 6, 8 und 9 sowie 10 gemeint sind. Hinzu kommt, dass es auch aus der Sicht des Klägers um die Nutzung der 10Parzellen für Wohnwagen ging. Dies wird deutlich aus dem Bauantrag, den die Rechtsvorgängerin des Klägers im Mai 1995 gestellt hat. Schließlich hat der Kläger mit Schreiben vom 05.03.2002 dem Beklagten selbst einen entsprechenden Lageplan zugesandt. Aus alledem ergibt sich, dass Zweifel an der Bestimmtheit des Bescheids in der durch das Urteil geänderten Fassung nicht bestehen.

8

Der Kläger macht weiter geltend, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestünden deswegen, weil "die baurechtliche Situation des Stellplatzes nicht unkompliziert" sei. Der Beklagte habe eine Duldung des Bestandes des Wochenendplatzes insgesamt ausgesprochen, und zwar in dem Umfang, zu dem er an einem bestimmten Zeitpunkt vorhanden gewesen sei. Die gesamte baurechtliche Verantwortung für den Wochenendplatz liege bei ihm - dem Kläger - als Eigentümer. Nur er könnte anhand des hier vorliegenden Duldungssachverhalts überhaupt feststellen, ob im Einzelfall ein baurechtswidriger Zustand gegeben sei. Ein bauaufsichtliches Verfahren sei ausschließlich ihm gegenüber als Eigentümer in Betracht zu ziehen. Auch hiermit sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht dargelegt.

9

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend die Voraussetzungen für den Erlass der Anordnung, die Pächter des Grundstücks zu nennen, benannt. Sie sind wie folgt zusammenzufassen:

10

Ermächtigungsgrundlage für die Verfügung des Bescheids vom 05.02.2001 für die von dem Antragsteller geforderten Angaben ist § 60 Abs. 1 S. 2 LBauO M-V a.F. (= § 58 Abs. 1 S. 2 LBauO nunmehr geltender Fassung). Aus dieser bauaufsichtsrechtlichen Generalermächtigung folgt die Befugnis zur Anforderung der Auskünfte und Unterlagen, die die Behörde braucht, um die notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu veranlassen (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.11.2008 - 2 S 76.08 - NVwZ-RR 2009, 319; vgl. auch OVG Münster, B. v. 14.10.1988 - 10 B 1175/88 - BRS 48 Nr. 201). Der Antragsgegner hat gem. § 60 Abs. 1 S. 1 LBauO (= § 58 Abs. 1 S. 1 LBauO nunmehr geltender Fassung) bei der Errichtung, Änderung, Nutzung, Instandhaltung und dem Abbruch von baulichen Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden. Die Bauordnungsbehörde ist daher gegebenenfalls verpflichtet, (auch schon) zur Verhinderung der Schaffung rechtswidriger Zustände tätig zu werden (OVG des Saarlandes, B. v. 13.03.2006 - 2 W 37/05 - BauR 2006, 2015 = BRS 70 Nr. 179). Zu ihren Aufgaben kann auch die Vorbereitung weitergehender Maßnahmen gehören (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.11.2008 - a.a.O.). Das Verwaltungsgericht ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass das Auskunftsverlangen -jedenfalls - dann gerechtfertigt ist, wenn Verstöße gegen das öffentliche Baurecht zu besorgen sind. Die Überwachungsaufgabe bezieht sich nicht nur auf genehmigungsbedürftige Vorhaben, sondern auch auf genehmigungsfreie Vorhaben, zu denen Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten je nach Art und Umfang zählen können. Denn auch genehmigungsfreie Vorhaben müssen die einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften einhalten (so ausdrücklich §65 Abs. 4 und 5 LBauO M-V a.F.; § 58 Abs. 2 LBauO M-V n.F.).

11

Der Umfang der Überwachungsmaßnahmen obliegt der Behörde nach Ermessen im Rahmen des §24 VwVfG M-V (Schmidt in: Jeromin, Komm. zur LBauO Rh-Pf, § 59 Rn. 13). An der Aufklärung von Sachverhalten sollen Beteiligte nach § 26 Abs. 2 VwVfG M-V mitwirken. Daher besteht ein Interesse daran zu erfahren, wer als Beteiligter im Sinne des § 13 VwVfG M-V in Betracht kommt. Dies sind die möglichen Störer, die für die Verstöße gegen das öffentliche Baurecht, die zu besorgen sind, verantwortlich sein könnten. Abhängig von den zu treffenden Maßnahmen gehört zur Aufbereitung des für die Behörde entscheidungsrelevanten Sachverhalts auch die Sicherstellung einer ermessensfehlerfreien Störerauswahl, wobei unter Berücksichtigung des zu beachtenden Gebots der Effektivität zu entscheiden ist, wer als Verhaltens- oder Zustandsverantwortlicher im Interesse einer wirksamen und schnellen Gefahrenabwehr in Anspruch zu nehmen ist. Ebenso könnte zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagung oder Beseitigungsverfügung die vorherige Ausräumung etwaiger zivilrechtlicher Hindernisse in Form von entgegenstehenden vertraglichen Nutzungsansprüchen Dritter erforderlich sein, wenn diese ein Vollzugshindernis darstellen. Dazu müssten vor der Einleitung der Vollstreckung begleitende Duldungsverfügungen erlassen werden (vgl. OVG Münster, B. v. 14.10.1988 - a.a.O.). Dies ist ohne genaue Kenntnis der Belegungssituation sowie der Namen der Nutzer und der vertraglichen Bindungen nicht möglich (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.11.2008 - a.a.O.).

12

Danach ergibt sich: Voraussetzung für ein derartiges Auskunftsverlangen ist nicht, dass bereits feststeht, dass bauordnungswidrige Zustände bestehen, die ein Einschreiten des Beklagten als Untere Bauaufsichtsbehörde rechtfertigen oder möglicherweise verlangen. Es genügt, dass Verstöße gegen öffentliches Baurecht in Betracht kommen. Insoweit hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass sich derartige Anhaltspunkte aus den Ortsbesichtigungen von Mitarbeitern des Beklagten am 08.06. und 14.10.2000 ergeben. Es hat ausgeführt, dass der Kläger im Laufe des Verfahrens dies nicht in Zweifel gezogen hat, sondern vielmehr den Standpunkt vertrete, dass die Veränderungen des baulichen Bestands rechtmäßig seien. Dies stellt der Kläger in der Zulassungsschrift ebenfalls nicht in Frage.

13

Unzutreffend ist im Übrigen der Hinweis, nur er - der Kläger - könne im Rahmen der Duldungssituation erkennen, ob gegebenenfalls ein baurechtswidriger Zustand vorliege. Da es vielmehr auf den Zeitpunkt der Errichtung von Ergänzungsbauten bzw. neuen Bauten ankommt, könnte der Beklagte durchaus im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 26 VwVfG M-V die Pächter der Parzellen befragen wollen. Dies liegt umso näher, als die Pächter - sofern Änderungen nachträglich vorgenommen worden sind - diese ins Werk gesetzt haben dürften.

14

Der Kläger macht weiter geltend, eine Inanspruchnahme der Pächter scheide von vornherein aus. Dieser Ausgangspunkt ist unzutreffend: Es kann dahinstehen, ob dem Verwaltungsgericht darin gefolgt werden kann, dass nur die Pächter als Adressaten bauaufsichtlicher Anordnungen in Betracht kommen. Maßgebend sind jedenfalls folgende Grundsätze:

15

Die behördliche Störerauswahl ist eine Ermessensfrage. Dabei hat die Behörde gemäß § 40 VwVfG ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die Grenzen des Ermessens einzuhalten. Maßgebend sind insbesondere eine schnelle und effektive Beseitigung eingetretener Störungen und die Freihaltung der öffentlichen Hand von finanziellen Lasten. Normative Richtschnur fehlerfreier Ausübung des Auswahlermessens ist somit auch beim Zusammentreffen von Handlungs- und Zustandshaftung der Gesichtspunkt einer schnellen und wirksamen Gefahrenbeseitigung. Danach kann die Inanspruchnahme des Zustandsstörers vor dem Handlungsstörer rechtens sein, wenn der Handlungsstörer nicht greifbar oder aus rechtlichen, faktischen oder finanziellen Gründen eine wirksame Gefahrenbeseitigung durch ihn nicht gewährleistet ist (VGH Kassel, U. v. 20.03.1986 - 7 TH 455/86 - DÖV 1987, 260).

16

Nach Maßgabe dieser Ermessenskriterien, namentlich des Kriteriums der Effektivität des Einschreitens, ist es ausgeschlossen, dass ein - potenzieller - Störer geltend macht, nur er könne in Anspruch genommen werden. Vielmehr hat die Ordnungsbehörde die Pflicht ermessensgerecht unter Berücksichtigung der genannten Gesichtspunkte zwischen den in Betracht kommenden Störern auszuwählen. Dies setzt voraus, dass diese bekannt sind. Hinzu kommt, dass ohnehin dann, wenn der Kläger in Anspruch genommen werden sollte, jedenfalls in dem Fall, in dem die Pächter eine Duldung des Vollzugs nicht hinnehmen, sie ihrerseits als Adressaten einer Duldungsverfügung in Betracht kommen. Auch hierfür muss der Beklagte als zuständige Behörde bereits vorher die Pächter als mögliche Adressaten von Duldungsverfügungen kennen.

17

Soweit der Kläger schließlich geltend macht, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden deswegen, weil die Ordnungsverfügung eine hinreichende Begründung der konkreten baulichen Veränderungen nicht enthalte, deretwegen gegen Pächter oder den sonstigen Verantwortlichen vorgegangen werden solle, sind sie ebenfalls nicht begründet. Die angefochtene Verfügung genügt den Anforderungen einer formellen Begründung im Sinne von §39 VwVfG M-V. Ob diese inhaltlich zutreffend ist, ist hier nicht entscheidend. Insoweit enthält auch das angefochtene Urteil die notwendigen Darlegungen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 2 LBauO a.F. bzw. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V n.F. vorliegen.

18

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen.

19

Die Darlegung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Angriffe des Rechtmittelführers begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geben, die sich nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Sache nur dann auf, wenn sie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht. Ob eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist, ergibt sich häufig schon aus dem Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils. Der Antragsteller genügt seiner Darlegungslast dann regelmäßig mit erläuternden Hinweisen auf die einschlägigen Passagen des Urteils. Soweit er die Schwierigkeiten des Falles darin erblickt, dass das Gericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen ist oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hat, ist zu fordern, dass er diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darstellt und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel macht.

20

Der Kläger macht insoweit in der Zulassungsschrift geltend, die Festlegung, welche baulichen Anlagen vorhanden seien bzw. was vorliegend einer Genehmigungspflicht unterliege, sei ganz offensichtlich schwer zu bestimmen. Wenn zehn Aufstellplätze vom Bestandsschutz gedeckt seien, wovon er - der Kläger - ausgehe, bedürfe das Aufstellen eines Wohnwagens auf einem genehmigten Abstellplatz keiner zusätzlichen oder neuen Genehmigung; dies sei ebenfalls von der "aktiven" Duldung erfasst.

21

Durch diese Darlegungen werden besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten schon deswegen nicht dargelegt, weil es auf die aufgeworfene Frage nicht ankommt. Es ist offensichtlich und bedarf keiner Durchführung des Berufungsverfahrens, dass eine "aktive" Duldung keinen Bestandsschutz im baurechtlichen Sinne gewährt. Die Erklärung der zuständigen Baubehörde, gegen einen baurechtswidrigen Zustand nicht einzuschreiten, und die damit verbundene langfristige Duldung kann zwar bei der gerichtlichen Prüfung der Ermessensausübung über ein nunmehr beschlossenes Einschreiten eine gewichtige Rolle spielen, sie vermag aber nicht eine rechtswidrig ausgeübte Nutzung zu "legalisieren" (VGH München, U. v. 28.10.2008 - 2 B 05.3342 -, zitiert nach juris). Die Bauordnungsbehörde ist grundsätzlich befugt, auch dann noch gegen bauordnungswidrige Zustände einzuschreiten, wenn sie diese längere Zeit geduldet hat (vgl. OVG Magdeburg, B. v. 07.03.2006 - 2 L 76/04 -, zitiert nach juris).

22

Die Duldungspraxis, die der Antragsgegner gegenüber bestimmten Baumaßnahmen walten lässt, berührt im übrigen die gesetzliche Überwachungsaufgabe nicht. Arbeiten an den baulichen Anlagen auf dem Grundstück des Klägers unterliegen deshalb in jedem Fall der Überwachung der Bauordnungsbehörde, auch wenn es sich bei ihnen um genehmigungsfreie Instandsetzungsarbeiten oder zwar genehmigungsbedürftige, aber von der Duldungspraxis des Antragsgegners erfasste Arbeiten handeln sollte (vgl. OVG Bremen, B. v. 25.08.1992 - 1 B 54/92 - NVwZ-RR 1993, 288).

23

Der Kläger macht in diesem Zusammenhang weiter als offenbar schwierige sachliche oder rechtliche Frage geltend, die sogenannte aktive Duldung, die sich auf den gesamten Aufstellplatz und damit auf den Rechtsbereich des Grundstückseigentümers beziehe, schreibe auch die bauordnungsrechtliche Verantwortlichkeit fest. Dies ist offensichtlich nicht der Fall. Zur Beantwortung dieser Rechtsfrage bedarf es ebenfalls keiner Durchführung des Berufungsverfahrens. Wenn schon die Duldung keinen Bestandsschutz vermitteln kann, legt sich die zuständige Behörde hiermit auch nicht auf den Störer fest, den sie gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt gleichwohl in Anspruch nehmen will. Hinzu kommen die oben dargelegten Erwägungen zur Frage der erforderlichen Störerauswahl und einer damit möglicherweise einhergehenden Duldungsverfügung gegen den Pächter der betroffenen Anlage.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

25

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 47 GKG.

26

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3

27

Satz 3 GKG).

28

Mit der Bekanntgabe dieses Beschlusses wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 2.500,- € festgesetzt.


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Tenor

1) Der Antrag wird abgelehnt.

     Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2)  Der Wert des Streitgegenstands wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.


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Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.05.2006 wird bezüglich der Nr. 1 des Bescheids wiederhergestellt und hinsichtlich der Nr. 3 angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der am 30.05.2006 gestellte Antrag, „die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.05.2006 ... wird wiederhergestellt“ (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers v. 29.05.2006), ist bei sachdienlicher Auslegung (§§ 88 und 86 Abs. 3 VwGO) darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen das Aufenthaltsverbot in Nr. 1 des Bescheids wiederherzustellen (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 5 S. 1 VwGO) und gegen die Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 250,00 EUR in Nr. 3 des Bescheids anzuordnen (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO, § 12 LVwVG). Das gegen den Antragsteller anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2006 verfügte Aufenthaltsverbot wegen dessen (aus der Sicht der Antragsgegnerin) Zugehörigkeit zur Hooligan-Szene betrifft drei, im Einzelnen näher umschriebene Bereiche im Stadtgebiet der Antragsgegnerin und erstreckt sich in zeitlicher Hinsicht vom 09.06. bis 09.07.2006, jeweils von 12.00 Uhr bis 3.00 Uhr des folgenden Tags. Der Aussetzungsantrag ist zulässig und begründet.
Nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angegriffenen Bescheids verschont zu bleiben, gegen das öffentliche Interesse an einer sofortigen Durchsetzung des Bescheids abzuwägen. Diese Abwägung führt hier zu dem Ergebnis, dass dem Antragsteller einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren ist. Ausschlaggebend hierfür ist, dass der angefochtene Bescheid bei der im vorliegenden Verfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtswidrig sein dürfte, weswegen der Widerspruch des Antragstellers erfolgreich sein wird.
Das Aufenthaltsverbot ist auf die polizeiliche Generalklausel (§§ 1 und 3 PolG) gestützt. Es erscheint fraglich, ob diese Ermächtigungsgrundlage hier anwendbar ist. Das baden-württembergische Polizeigesetz regelt bisher weder den (kurzfristigen) Platzverweis noch ein (längerfristiges) Aufenthaltsverbot als sogenannte Standardmaßnahmen. Die Kammer hat in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anlässlich einer Wohnungsverweisung mit dreiwöchigem Aufenthaltsverbot im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Wesentlichkeitstheorie (vgl. Beschl. v. 04.05.1997 - 2 BvR 509/96 u. a. -, NJW 1998, 669, 670) wegen der Grundrechtsbetroffenheit einer solchen Maßnahme (Art. 6, 11 und 13 GG) Zweifel daran geäußert, ob ein solches Aufenthaltsverbot überhaupt auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden kann (vgl. Beschl. v. 17.05.2001 - 5 K 1912/01 -, VBlBW 2002, 43). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seiner ersten Entscheidung zur Gefahrenabwehrhandlung der Polizei in Fällen häuslicher Gewalt diese Bedenken „jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ (Urt. v. 22.07.2004 - 1 S 2801/03 -, NJW 2005, 88 = VBlBW 2005, 138) nicht geteilt und zur Begründung ausgeführt, die Regelungsmaterie „Gefahrenabwehr“ erfordere einen weiten Gestaltungsspielraum der Verwaltung und eine flexible Handhabung des ordnungsbehördlichen Instrumentariums. Gerade das Recht der Gefahrenabwehr mit seinen von Rechtsprechung und Schrifttum konkretisierten Leitlinien des Opportunitäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips könne deshalb mit sprachlich offen gefassten Ermächtigungen auskommen, die gegebenenfalls verfassungskonform auszulegen und anzuwenden seien. Bei der Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot handele es sich zudem um eine relativ neuartige, als Modellversuch angelegte polizeiliche Vorgehensweise zur Bekämpfung häuslicher Gewalt, so dass jedenfalls wegen des Experimentiercharakters für eine Übergangszeit der Rückgriff auf die Generalklausel hinzunehmen sei. Allerdings handele es sich angesichts der Intensität des Zugriffs auf die Individualsphäre des Betroffenen um einen Grenzfall zulässiger Ausgestaltung, weshalb eine verbleibende Zweifelsfragen klärende Normierung als Standardmaßnahme nach einer Phase der Erprobung angezeigt wäre.
Ob diese Erwägungen auch im vorliegenden Fall tragfähig sind, bedarf einer vertieften Prüfung im Hauptsacheverfahren (gegebenenfalls im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage). Hierbei wird zu bedenken sein, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (22.07.2004) die Phase der Erprobung schon seit mehr als 2 Jahren abgeschlossen war (vgl. Proske, VBlBW 2005, 140 [Anm. zu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.07.2004, a.a.O]). Andererseits handelt es sich vorliegend um keine Verweisung aus der eigenen Wohnung, sondern um ein räumlich breiter angelegtes Aufenthaltsverbot, das „lediglich“ in Art. 11 Abs. 1 GG eingreift.
Versteht man die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs dahingehend, dass eine Regelung als Standardmaßnahme dann angezeigt ist, wenn eine bestimmte polizeiliche Eingriffssituation häufig wiederkehrt (so Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., RdNr. 305), spricht vieles für die Annahme, dass ein Aufenthaltsverbot wie hier für bestimmte weiträumige Bereiche in einem Stadtgebiet mittlerweile Standard polizeilicher Praxis im Bundesgebiet ist. Ausgangspunkt dieser Praxis war in erster Linie die Dislozierung der offenen Drogenszene in den 1990er Jahren (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluß v. 12.03.1996 - 1 S 2856/95 -, VBlBW 1996, 418 u. v. 30.09.1996 - 1 S 2531/96 -, VBlBW 1997, 66). Aufenthaltsverbote wurden aber inzwischen ebenfalls erlassen gegen Punks (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.10.2002 - 1 S 1963/02 -, NVwZ 2003, 115 = VBlBW 2003, 31), im Vorfeld von „Chaostagen“, Demonstrationen, Castortransporten sowie gegen die Hütchenspieler- und Tuning-Szene (vgl. Finger, Betretens- und Aufenthaltsverbote im Recht der Gefahrenabwehr, Die Polizei 2005, 82; vgl. zu Sportgroßveranstaltungen auch allgemein: Markert/Schmidbauer, Polizeirechtliche Probleme bei Sportgroßveranstaltungen, BayVBl. 1993, 517). Mittlerweile haben alle Bundesländer außer Baden-Württemberg den weniger eingriffsintensiven Platzverweis entsprechend § 12 des aus den Jahren 1976/77 stammenden Musterentwurfs für ein einheitliches Polizeigesetz (ME) als Standardmaßnahme geregelt (vgl. Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl., F RdNr. 453; Braun, Freizügigkeit und Platzverweis, 2000, S. 102). Etliche Bundesländer sehen mittlerweile auch für die Verhängung eines Aufenthaltsverbots, das gegenüber einem Platzverweis stärker in Grundrechte eingreift, Spezialermächtigungen vor (vgl. Merten, Platzverweise und Aufenthaltsverbote, Die Polizei 2002, 18). In den Bundesländern, in denen der Platzverweis als Standardmaßnahme geregelt ist, die aber für ein Aufenthaltsverbot noch keine Spezialermächtigung vorsehen, stellt sich in der Rechtsprechung zunehmend die Frage, ob für den Erlass eines Aufenthaltsverbots auf die polizeiliche Generalklausel zurückgegriffen werden kann (bejahend: OVG Bremen, Urt. v. 24.03.1998 - 1 BA 27/97 -, NVwZ 1999, 314; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.09.2000 - 5 B 1201/00 -, DÖV 2001, 216, zur alten Rechtslage, vgl. nunmehr § 34 Abs. 2 NRWPolG und hierzu Gusy, Polizeibefugnisse im Wandel, NWVBl. 2004, 1, 6; verneinend: HessVGH, Beschl. v. 28.01.2003 - 11 TG 2548/02 -, NVwZ 2003, 1400). Die ganz herrschende Meinung in der Literatur hält die spezialgesetzliche Regelung eines Aufenthaltsverbots unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten - Rechtsklarheit und Rechtssicherheit - für zwingend geboten (vgl. Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rdnrn. 200, 302 b, 302 c; Butzer, Flucht in die polizeiliche Generalklausel?, VerwArch 2002, 506, 536 ff.; Gusy, JZ 2005, 355, 357 [Anm. zu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.07.2004, a.a.O.]; Merten, a.a.O., S. 24). Angesichts der in Baden-Württemberg mehr als in allen anderen Bundesländern aufgeworfenen Zweifelsfragen im Zusammenhang mit Platzverweisen und Aufenthaltsverboten dürfte ein weiteres Zurückstellen einer klärenden Normierung durch den Landesgesetzgeber verfassungsrechtlich nicht mehr länger hinnehmbar sein, zumal ihm dieses Problem seit Jahren bekannt sein müsste. Eine Klärung dieser vielschichtigen Rechtsfragen im Hinblick auf das hier verfügte, den Schutzbereich des Artikels 11 Abs. 1 GG berührende einmonatige Aufenthaltsverbot mit einer täglichen Dauer von 15 Stunden (0.00 Uhr bis 3.00 Uhr, 12.00 Uhr bis 24.00 Uhr) muss jedoch letztlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Vor dem Hintergrund, dass es bei Auseinandersetzungen durch Hooligans zu Tätlichkeiten und damit auch zu einer Gefährdung oder Verletzung hochrangiger Rechtsgüter (Leib und Leben) kommen kann, geht die Kammer - unter Zurückstellung der aufgezeigten Bedenken bezüglich der Ermächtigungsgrundlage - jedoch im vorliegenden summarischen Verfahren davon aus, dass eine solche Maßnahme zum Schutz der genannten Rechtsgüter auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden kann, zumal sich eine solche Maßnahme gegenüber der - beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG möglichen - Ingewahrsamnahme des Verursachers der Tätlichkeiten als milderes Mittel erweisen dürfte.
Das verfügte Aufenthaltsverbot überschreitet jedoch aller Voraussicht nach die durch die polizeiliche Generalklausel eingeräumte Ermächtigung der Antragsgegnerin. Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, a.a.O., S. 190 ff.). Im Hinblick auf den Eingriff in das Grundrecht der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG; vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.07.2004, a.a.O.; Finger, a.a.O., S. 86 ff.) spricht viel dafür, an die Anwendung der Generalklausel insoweit strenge Anforderungen zu stellen, wie sie etwa auch bei der Gewahrsamnahme nach § 28 PolG mit dem Erfordernis einer „unmittelbaren und erheblichen Störung“ zum Ausdruck kommt.
Die Antragsgegnerin hat das Aufenthaltsverbot damit begründet, der Antragsteller sei seit Ende der 1990er Jahre im Zusammenhang mit Fußballspielen auffällig geworden. Im Jahre 2000 habe er auf dem Cannstatter Wasen eine Körperverletzung begangen, weswegen eine Strafanzeige gegen ihn ergangen sei. Am 02.10.2004 habe in Murr eine Drittortauseinandersetzung zwischen Stuttgarter und Chemnitzer Hooligans stattgefunden, bei der er als Teilnehmer identifiziert worden sei, weswegen gegen ihn strafrechtlich ermittelt werde. In den polizeilichen Dateien sei er als „Gewalttäter Sport“ erfasst. Aufgrund der Annahme, dass der Antragsteller Angehöriger einer Hooligangruppierung sei, welche sich durch Drittortauseinandersetzungen auf die Aktionen bei der Fußballweltmeisterschaft vorbereite, sowie aufgrund der Tatsache, dass er regelmäßig bei Fußballspielen in Erscheinung trete und schließlich wegen „der Erkenntnisse aus den in Stuttgart anhängigen Verfahren“, müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit für die anstehende Weltmeisterschaft damit gerechnet werden, dass er sich an gewalttätigen Auseinandersetzungen gegen ausländische und deutsche Hooligans sowie Fußballfans beteiligen werde. Der Antragsteller gelte als äußerst gewaltbereit, so dass damit zu rechnen sei, dass er sich insbesondere in Stuttgart entsprechend darstellen möchte. Die zu befürchtenden Sicherheits- und Ordnungsstörungen seien darüber hinaus noch dazu geeignet, das Ansehen Deutschlands im Ausland zu schädigen, da aufgrund der großen Medienpräsenz über entsprechende Ausschreitungen und Vorfälle dieser Art berichtet werden würde.
Soweit die Antragsgegnerin außer einer Störung der öffentlichen Sicherheit auch von einer Störung der öffentlichen Ordnung ausgeht, vermag diese Erwägung wegen des Eingriffs in die Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 GG) und des diesbezüglichen Vorbehalts (Art. 11 Abs. 2 GG) das Aufenthaltsverbot von vornherein nicht zu rechtfertigen. Nach Art. 11 Abs. 2 GG darf das Recht auf Freizügigkeit nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist. Die öffentliche Ordnung als der Inbegriff all jener ungeschriebenen Regeln, „deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird“ (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.04.2001 - 1 BvQ 17/01, 18/01 -, DVBl. 2001, 1054; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., RdNr. 408), gehört nicht zum Bestand des Gesetzesvorbehalts nach Art. 11 Abs. 2 GG. Die polizeiliche Generalklausel bedarf daher wegen dieses Gesetzesvorbehalts einer verfassungskonformen Auslegung und Anwendung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.07.2004, a.a.O.). Der qualifizierte Gesetzesvorbehalt des Art. 11 Abs. 2 GG wirkt sich in der Praxis in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Kriminalvorbehalts („um strafbaren Handlungen vorzubeugen“, Art. 11 Abs. 2 a. E. GG) aus (vgl. Finger, a.a.O., S. 82).
Die von der Antragsgegnerin bejahte konkrete Gefahr der Störung der öffentlichen Sicherheit durch Straftaten - Körperverletzungen mit schweren, möglicherweise gar tödlichen Folgen - des Antragstellers vermag die Kammer nicht zu erkennen. Der angefochtene Bescheid weist bereits gewisse Mängel bezüglich der Feststellung des Sachverhalts (S. 2 bis 5) und der rechtlichen Würdigung (S. 5 ff.) auf. Die Feststellung auf Seite 6 des Bescheids, der Antragsteller trete „regelmäßig bei Fußballspielen in Erscheinung“, deckt sich nicht mit den im Sachverhalt genannten zwei Ereignissen (Körperverletzung im Jahre 2000 auf dem Cannstatter Wasen, Beteiligung an einer Drittortauseinandersetzung am 02.10.2004 in Murr zwischen Stuttgarter und Chemnitzer Hooligans). Ausführungen dazu, welche Umstände die Regelmäßigkeit kennzeichnen und durch welche konkreten Verhaltensweisen das In-Erscheinungs-Treten bei Fußballspielen geprägt sein soll, enthält der Bescheid nicht. Dies gilt auch hinsichtlich der dem Antragsteller des Weiteren auf Seite 6 des Bescheids zugeschriebenen Eigenschaft, er sei „äußerst gewaltbereit“. Nicht näher dargelegt ist überdies die Feststellung des „wiederholten Aufenthalts im Bereich von Gewalttätigkeiten bei Sport-Großveranstaltungen“ (S. 6 des Bescheids).
10 
Der Antragsteller hat demgegenüber in der eidesstattlichen Versicherung vom 30.05.2006 im Rahmen der Begründung des vorliegenden Aussetzungsantrags geltend gemacht, es sei unzutreffend, dass er im Jahre 2000 im Zusammenhang mit Fußballspielen straffällig geworden sei. Vielmehr sei es nach seinem Besuch des Cannstatter Volksfests auf dem Weg zum Bahnhof zu einem Streit mit zwei Männern gekommen, die ihn körperlich angegriffen hätten. Er habe sich gegen diese körperliche Attacke gewehrt und sei davongelaufen. Hierauf sei er jedoch von der Polizei festgehalten und zu seiner Person und zur Sache vernommen worden. Danach habe er von dieser Angelegenheit nichts mehr gehört; insbesondere sei gegen ihn keine strafrechtliche Maßnahme ergangen. Hinsichtlich des Vorfalls vom 02.10.2004 führt der Antragsteller in der eidesstattlichen Versicherung aus, er sei an jenem Tag nicht an einer Drittortauseinandersetzung in Murr beteiligt gewesen. Er habe sich am 02.10.2004 zusammen mit Familienangehörigen ab ca. 13.00 Uhr bis abends auf dem Cannstatter Wasen beim dortigen Volksfest aufgehalten. Richtig sei lediglich, dass er am 20.05.2005 im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen gefährlicher Körperverletzung vom Polizeipräsidium ... als Zeuge vernommen worden sei. Zur Glaubhaftmachung hierfür hat der Antragsteller das an ihn adressierte Schreiben des Polizeipräsidiums ... vom 11.05.2005 vorgelegt.
11 
Die Antragsgegnerin hat hierzu im Rahmen der Antragserwiderung mit Schreiben vom 07.06.2006 vorgebracht, bei der Staatsanwaltschaft ... sei gegen den Antragsteller ein Ermittlungsverfahren anhängig (Az.: ...). Aus der dortigen Ermittlungsakte ergebe sich nach Auskunft der Polizei die Zugehörigkeit des Antragstellers zur Hooligan-Szene. Hinsichtlich des Vorfalls in Murr am 02.10.2004 werte die Polizei derzeit noch verschiedene Zeugenaussagen aus. Sobald diese abgeschlossen seien, werde dazu weiter Stellung genommen werden. Ergänzend habe das Polizeipräsidium ... mitgeteilt, dass der Antragsteller am 19.05.2001 neben anderen Personen in Frankfurt festgenommen worden sei. Es habe sich eine Drittortschlägerei mit Frankfurter Hooligans abgezeichnet, die durch die Festnahme im Vorfeld verhindert worden sei.
12 
Der entscheidungserhebliche Sachverhalt bedarf nach alledem im Hauptsacheverfahren der weiteren Aufklärung. Die dem Gericht unterbreitete Tatsachengrundlage ist jedenfalls bisher zu dürftig und bietet keine verlässliche Grundlage für die von der Antragsgegnerin getroffene Prognose, der Antragsteller werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch künftig ohne Grund Körperverletzungen in Gestalt von Schlägereien und damit Straftaten begehen. Im Rahmen des Kriminalvorbehalts des Art. 11 Abs. 2 GG ist es erforderlich, dass die handelnde Behörde der notwendigen Prognose eine gesicherte Tatsachenbasis zugrundelegt. Hierbei verbieten sich reine Vermutungen; es müssen aussagekräftige, tatsächliche Hinweise dafür vorliegen, dass eine Straftat begangen werden soll, wobei kleinste tatsächliche Anhaltspunkte nicht genügen (vgl. Merten, a.a.O., S. 23). Selbst wenn zu Lasten des Antragstellers davon ausgegangen würde, er habe sich im Jahre 2001 in Frankfurt an der Vorbereitung einer Drittortschlägerei beteiligt und sei bei einer solchen Auseinandersetzung am 02.10.2004 in Murr beteiligt gewesen, erschiene es zweifelhaft, diese Beteiligungen als Vorbereitungen auf Aktionen bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 zu erachten, worauf die Ausführungen der Antragsgegnerin im Bescheid vom 05.05.2006 (S. 6) deuten. Im Übrigen vermisst die Kammer sowohl in diesem Bescheid als auch in dem ihm zugrunde liegenden Antrag des Polizeipräsidiums ... vom 24.04.2006 nähere Ausführungen dazu, anhand welcher allgemeiner Merkmale eine Erfassung in der polizeilichen Datei „Gewalttäter Sport“ erfolgt, wann der Antragsteller in dieser Datei erstmals erfasst wurde, ob spätere Eintragungen hinzugekommen sind und welchen genauen Inhalt die Eintragung(en) etwa zur Rechtfertigung der Erfassung aufweist. Der Bescheid und der genannte Antrag des Polizeipräsidiums vermitteln schließlich auch keine weiteren Erkenntnisse zum Verhalten von Hooligans, die bisher nur im Rahmen von sogenannten Drittortauseinandersetzungen (nachvollziehbarer auch „Feld-Wald-und-Wiesenauseinandersetzungen“ genannt, vgl. Stuttgarter Zeitung v. 09.05.2006, S. 35, zu Erfahrungen eines Sozialarbeiters dieser Szene) aufgefallen sind. Aus einer solchen Beteiligung kann nach den der Kammer bisher vorliegenden Erkenntnissen bei summarischer Bewertung der Sachlage gerade nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der betreffende Hooligan bewusst im Umfeld von Stadien und im näheren und weiteren Bereich der Orte öffentlicher Fernsehübertragungen von Fußballspielen die tätliche Auseinandersetzung mit anderen Hooligans oder Fußballfans sucht. Dies belegen etwa Erfahrungen der Gewalt- und Konfliktforschung zu dieser Szene. Insbesondere Hooligans, die einen Beruf ausüben und über eine höhere Bildung verfügen (etwa 30 % in den alten Bundesländern) „brauchen Wiesen, Felder und Wälder“ und meiden „Public-Viewing-Plätze wie die Pest“ (vgl. Gunter A. Pilz, Universität Hannover, Konfliktforscher in den Bereichen Sport und Gesellschaft, Interview in der Schwäbischen Zeitung v. 03.06.2006). Diese Erkenntnisse werden aus der Sicht der Polizeipraxis bestätigt. Nach Schmidbauer, Polizeipräsident in München, liegt die Stärke der Hooligans in ihrer Anonymität; Randalierer werden meist nur dann aktiv, wenn sie sich sicher fühlen können, nicht erkannt und nicht für die Taten belangt zu werden; Hooligans wissen, dass sie sich etwa wegen einer Video-Überwachung zu keiner Zeit in Anonymität und Sicherheit wiegen können (vgl. Schmidbauer, Sportgroßveranstaltungen als Herausforderung für Polizei und Sicherheitsbehörden, KommunalPraxis spezial, 2005, 47). Unter Würdigung des Einsatzes von Polizeikräften - auch in Zivil sich unter das Fußballvolk mischenden - und zusätzlichen Ordnern sowie bei Berücksichtigung der geplanten Videoüberwachung des Stuttgarter Schlossplatzes (vgl. zu den vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen Stuttgarter Zeitung v. 27.12.2005, S. 19, v. 02.05.2006, S. 20 u. v. 20.05.2006, S. 29) dürfte für Hooligans in den drei von der Antragsgegnerin verfügten räumlichen Bereichen des Aufenthaltsverbots kaum mehr Raum für Anonymität verbleiben.
13 
Nach alledem ist die Kammer bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage davon überzeugt, dass das vom Antragsteller angegriffene Aufenthaltsverbot mangels Vorliegens einer konkreten Gefahr nicht von der polizeilichen Generalklausel gedeckt ist.
14 
Durch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen das Aufenthaltsverbot entfällt dessen sofortige Vollziehbarkeit und damit die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung nach § 2 Nr. 2 LVwVG, weswegen auch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 250,00 EUR (Nr. 3 des angefochtenen Bescheids) anzuordnen ist (§ 12 S. 2 LVwVG, § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO).
15 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
16 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 S. 1 GKG, wobei mit der Hälfte des Auffangwerts für das Hauptsacheverfahren berücksichtigt ist, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens lediglich die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes ist.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Tenor

I. Vom Verfahren 10 C 14.2245 wird das Verfahren abgetrennt, soweit es die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren (M 12 K 14.3772) betrifft, und unter dem Aktenzeichen 10 C 15.524 fortgeführt.

II. Die Verfahren 10 CS 14.2244 und 10 C 14.2245 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

III. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

IV. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.

V. Unter Abänderung der Nr. III des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. September 2014 wird der Streitwert für das Verfahren M 12 S 14.3778 und das Beschwerdeverfahren 10 CS 14.2244 auf jeweils 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller verfolgt mit seinen Beschwerden seine in erster Instanz erfolglosen Anträge auf Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin sowie auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das diesen Bescheid betreffende Eil- und Klageverfahren weiter. Der Bescheid untersagt dem Antragsteller die Ausreise für ein Jahr und verpflichtet ihn für die Dauer des Ausreiseverbots, der Ausländerbehörde alle in seinem Besitz befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie seinen elektronischen Aufenthaltstitel zu überlassen und sich dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden.

Der am … 1991 im Bundesgebiet geborene Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Er erhielt am 23. Juni 1997 eine befristete Aufenthaltserlaubnis und am 30. Juni 2008 eine Niederlassungserlaubnis.

Am 22. Oktober 2013 flog der Antragsteller mit einem Freund nach Adana in der Türkei. Auf Veranlassung seines Vaters, der befürchtete, sein Sohn könne sich nach Syrien begeben, um dort am Jihad teilzunehmen, wurde er bei der Ankunft am Flughafen in Adana festgenommen. In Begleitung seiner Schwester und seines Schwagers kehrte er am 25. Oktober 2013 in die Bundesrepublik zurück. Bei der Einreise wurden eine gefütterte Flecktarnweste und Bargeld in Höhe von 1.600,- Euro sichergestellt. Bei seiner polizeilichen Vernehmung am selben Tag gab der Antragsteller an, er und sein Freund seien auf dem Weg nach Syrien gewesen. Grund dafür seien Youtube-Videos gewesen, die das Leid der Frauen und Kinder dort gezeigt hätten. Das Geld für den Flug hätten sie von einem Bekannten erhalten, der ihr Emir sei und seinem Freund außerdem 4.000,- Euro ausgehändigt habe, von denen er und sein Freund jeweils 2.000,- Euro an sich genommen hätten. 400,- Euro davon habe er für den Rückflug nach Deutschland verwendet. In Adana hätten sie vom Flughafen abgeholt werden sollen. Die 4.000,- Euro hätten sie zu den Mujahedin nach Syrien bringen und sich ihnen anschließen wollen. Um welche Gruppierung es sich dabei hätte handeln sollen, sei nicht besprochen worden. Eine Rückkehr nach Deutschland sei nicht geplant gewesen.

Mit Bescheid vom 24. Juli 2014 untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland für die Dauer von zwölf Monaten ab Zustellung des Bescheids (Nr. 1 des Bescheids) und verpflichtete ihn, alle in seinem Besitz befindlichen Pässe und Passersatzdokumente (einschließlich der ihm während der Dauer der Ausreiseuntersagung ausgehändigten) sowie seinen elektronischen Aufenthaltstitel unverzüglich, jedoch spätestens am Tag nach der Zustellung des Bescheids an die Ausländerbehörde auszuhändigen und dieser für die Dauer der Ausreiseuntersagung vorübergehend zu überlassen (Nr. 2 des Bescheids), unverzüglich einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweisersatzes zu stellen (Nr. 3 des Bescheids) und sich ab dem auf die Zustellung des Bescheids folgenden Tag dreimal wöchentlich jeweils am Montag, Mittwoch und Freitag zwischen 8.00 Uhr und 21.00 Uhr bei der zuständigen Polizeiinspektion unter Vorlage eines amtlichen Identifikationspapiers zu melden (Nr. 4 des Bescheids). Die sofortige Vollziehung von Nr. 2 und 4 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 7 des Bescheids).

Gegen den am 26. Juli 2014 zugestellten Bescheid vom 24. Juli 2014 erhob der Antragsteller am 26. August 2014 Klage. Gleichzeitig beantragte er sinngemäß, die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf Nr. 1 des Bescheids anzuordnen und hinsichtlich Nr. 2 und 4 des Bescheids wiederherzustellen. Schließlich beantragte er, ihm für die erste Instanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen und seinen Rechtsanwalt beizuordnen.

Mit Beschluss vom 12. September 2014 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sowie den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren und das Hauptsacheverfahren ab.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Der Bescheid vom 24. Juli 2014 sei voraussichtlich formell und materiell rechtmäßig. Von einer Anhörung des Antragstellers vor Erlass des Bescheids habe nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG abgesehen werden können. Rechtsgrundlage für die Ausreiseuntersagung sei § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG. Die Ausreise des Antragstellers aus der Bundesrepublik zur Teilnahme am bewaffneten Jihad sei vor dem Hintergrund einer auf Grund der engen Bindungen an Deutschland wahrscheinlichen Rückkehr eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Gerade Personen, die in Syrien ein terroristisches Ausbildungslager absolviert oder aktiv an Kampfhandlungen teilgenommen hätten, stellten nach einer Wiedereinreise ein besonderes Sicherheitsrisiko dar. Aktivitäten kampferprobter Rückkehrer seien geeignet, die Sicherheit von Einrichtungen des Bundes und der Länder oder von lebenswichtigen Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen in einem über eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit hinausgehenden Maß zu gefährden. Darüber hinaus liege auch eine Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik vor. Die Teilnahme eines im Bundesgebiet wohnhaften Ausländers am bewaffneten Jihad sei geeignet, in erheblichem Maße die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik zu beeinträchtigen. Durch eine vom Bundesgebiet als Vorbereitungs- und Rückzugsort ausgehende Beteiligung an terroristischen Handlungen würden zentrale staatenübergreifende Sicherheitsinteressen berührt, zu deren Wahrung die Bundesrepublik völkervertragsrechtlich, gemeinschaftsrechtlich und grundgesetzlich verpflichtet sei. Die Annahme einer solchen Gefährdungslage gründe sich auch auf bestimmte Tatsachen. Der Antragsteller sei der salafistischen Szene zuzurechnen und habe bereits einen vergeblichen Versuch unternommen, nach Syrien auszureisen. Dass er seine jihadistisch-salafistische Grundhaltung weiter verinnerlicht habe, belegten die von ihm ins Internet gestellten und kommentierten Videos, die durch die Unterstützung des Kampfes gegen die Ungläubigen und die Sehnsucht nach dem Märtyrertod gekennzeichnet seien. Die Ausreiseuntersagung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Es sei insbesondere nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin angesichts der Gefährdung der inneren Sicherheit das öffentliche Interesse an der Ausreiseuntersagung über das Interesse des Antragstellers an einer ungehinderten Ausreise gestellt habe.

Die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung der im Besitz des Antragstellers befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie des elektronischen Aufenthaltstitels beruhe auf § 48 Abs. 1 AufenthG und sei zur Sicherung des rechtmäßigen Ausreiseverbots erforderlich und damit bei summarischer Prüfung rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Meldepflicht sei Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG. Die Anwendung dieser Regelung sei nicht durch die Regelungen des Passgesetzes ausgeschlossen. Ziel der Meldeauflage sei es zu verhindern, dass der Antragsteller an gewalttätigen Auseinandersetzungen in Syrien teilnehme, dabei schwerwiegende Gewaltdelikte und sonstige Straftaten begehe und nach seiner Rückkehr das friedliche Zusammenleben gefährde. Außerdem ermögliche sie die Kontrolle des Ausreiseverbots und diene der Abwehr einer Gefahr, die nicht von der Regelung des Passgesetzes erfasst werde. Es sei zu befürchten, dass der Antragsteller ohne die Meldeauflage an gewalttätigen Auseinandersetzungen in Syrien teilnehme. Die Meldeverpflichtung sei schließlich erforderlich. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe habe sowohl für das Eilverfahren als auch für das Hauptsacheverfahren keinen Erfolg.

Seine gegen den Beschluss vom 12. September 2014 erhobene Beschwerde begründet der Antragsteller im Wesentlichen damit, dass die tatsächlichen Verhältnisse nicht richtig erfasst worden seien. Das Strafverfahren wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a StGB sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Auch sei der Antragsteller bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Die Annahme, er wolle sich dem bewaffneten Jihad anschließen, sei nicht durch hinreichende Tatsachen belegt. Der Antragsteller sei im Oktober 2013 nicht auf Grund einer Zwangslage, sondern aus freien Stücken nach Deutschland zurückgekehrt, ohne in Syrien gewesen zu sein. Es gehe um die typische Verfehlung eines Heranwachsenden. Die Aussage, er habe sich den Mujahedin anschließen wollen, habe der Antragsteller aus Trotz und Verwirrung gemacht. Sein Motiv für die Ausreise sei tatsächlich das Leid der Frauen in Syrien gewesen. Er habe insoweit schlicht mit Geld helfen wollen. Hingegen habe zu keinem Zeitpunkt festgestanden, dass er sich in Syrien den Jihadisten habe anschließen wollen. Auch sei nicht klar gewesen, wie er und sein Freund über die Grenze nach Syrien hätten gelangen sollen. Auch habe der Antragsteller von November 2013 bis Juli 2014 keinen Ausreiseversuch unternommen, obwohl er, hätte er dies gewollt, längst hätte ausreisen können. Die Flecktarnweste, die der Antragsteller bei seiner Ausreise im Oktober 2013 dabei gehabt habe, könne auch als reiner Modegegenstand angesehen werden. Nehme man den Antragsteller persönlich wahr, handele es sich um einen zurückhaltenden jungen Mann, der sich offenbar selbst finden müsse. Eine Gewaltbereitschaft sei nicht erkennbar. Gegenwärtig suche der Antragsteller auch weder die Moschee auf noch beteilige er sich an Aktionen der Gruppe, die er dort kennengelernt habe, oder veröffentliche bei Facebook missverständliche Nachrichten. Es sei unzutreffend, dass er seine salafistisch-jihadistische Grundhaltung weiter verinnerlicht habe. Insbesondere sei der Märtyrertod nicht mit Jihad im Sinne einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Ungläubigen gleichzusetzen.

Da die Voraussetzungen der Ausreiseuntersagung nicht vorlägen, sei auch die Anordnung, sämtliche Ausweisdokumente einschließlich des elektronischen Aufenthaltstitels auszuhändigen, rechtswidrig. Sie sei außerdem unverhältnismäßig, weil nicht ersichtlich sei, wie der Antragsteller mit Hilfe seines elektronischen Aufenthaltstitels ausreisen solle. Es stelle zudem eine Diskriminierung dar, dass der Antragsteller einem neuen Arbeitgeber nur seinen Ausweisersatz vorlegen könne, dadurch in Erklärungsnot gerate und wegen des Anscheins, dass etwas nicht in Ordnung sei, möglicherweise eine Stelle nicht erhalte. Auch die Meldepflicht sei unverhältnismäßig. Eine wöchentliche Meldeverpflichtung sei ausreichend. Der Antragsteller sei an einen bestimmten Meldeort gebunden, so dass es ihm unmöglich sei, eine Arbeitsstelle außerhalb seines Wohnorts anzunehmen und sich frei im Bundesgebiet zu bewegen. Es sei nicht ersichtlich, warum über die Einziehung der Ausweispapiere hinaus eine Meldeverpflichtung erforderlich sein solle.

Einen ausdrücklichen Antrag hat der Antragsteller nicht gestellt. Sinngemäß beantragt er aber,

unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. September 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24. Juli 2014 hinsichtlich Nr. 1 dieses Bescheids anzuordnen und bezüglich Nr. 2 und 4 des Bescheids wiederherzustellen sowie dem Antragsteller für das Eil- und das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm den von ihm benannten Rechtsanwalt beizuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Verfahren 10 C 14.2245 nicht geäußert. Im Verfahren 10 CS 14.2244 beantragt sie,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht im Wesentlichen geltend, dass das Strafverfahren wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, ändere nichts daran, dass der Antragsteller sich intensiv mit dem Thema Jihad auseinandergesetzt habe, dass er bereits einen Ausreiseversuch unternommen habe und dass er nach einer tatsächlichen Teilnahme am Jihad bei einer Rückkehr nach Deutschland eine konkrete Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik darstelle. Die Rückkehr des Antragstellers sei nicht freiwillig erfolgt, sondern aufgrund des schnellen Eingreifens der Familie und der Ingewahrsamnahme durch die türkischen Behörden. Aufgrund der Gesamtumstände dränge es sich insbesondere im Hinblick auf gelöschte Dokumente auf dem vom Antragsteller verwendeten Laptop, die sich mit der Teilnahme am Jihad ohne Zustimmung der Eltern, einer kommenden Armee des Kalifats und der Bildung einer Islamischen Armee in Syrien befasst hätten, geradezu auf, dass der Antragsteller sich am Jihad habe beteiligen wollen. Auch nach seiner Rückkehr aus der Türkei habe sich der Antragsteller weiter mit dem Thema Jihad beschäftigt.

Die Einbeziehung des elektronischen Aufenthaltstitels in die Verpflichtung zur Überlassung von Pässen und Passersatzdokumenten sei verhältnismäßig. Sie solle einem Missbrauch des Aufenthaltstitels als faktisches Legitimationsdokument entgegenwirken. Aufenthaltsrechtlich könne der Antragsteller sich mittels des auf dem Ausweisersatz befindlichen Etiketts legitimieren. Schließlich sei auch die Meldeverpflichtung, die neben der Ausreiseuntersagung möglich sei, verhältnismäßig. Eine Abänderung des Meldeortes sei nach Absprache mit den Behörden denkbar. Erforderlich sei die Meldeverpflichtung deshalb, weil dem Antragsteller die Ausreise zumindest bis zur Grenze der Türkei auf dem Landweg ohne Ausweisdokumente gelingen könne. Bei entsprechender Motivation scheine ein Übertritt über die grüne Grenze in die Türkei und nach Syrien ebenfalls möglich. Die Meldeauflage diene auch der faktischen Überwachung der Ausreiseuntersagung. Einem Versuch des illegalen Grenzübertritts oder des Untertauchens könne durch möglichst rasch eingeleitete Fahndungsmaßnahmen begegnet werden.

Die Landesanwaltschaft beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses an den Verfahren. Sie hat sich im Übrigen aber weder zu den Beschwerden geäußert noch einen Antrag gestellt.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Die Abtrennung des Verfahrens, soweit es die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren (M 12 K 14.3772) betrifft, von dem Verfahren 10 C 14.2245 beruht auf § 93 Satz 2 VwGO.

2. Die Verbindung des nach der Abtrennung verbleibenden, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO betreffenden Verfahrens 10 C 14.2245 mit dem Verfahren 10 CS 14.2244 hat ihre Grundlage in § 93 Satz 1 VwGO.

3. Die zulässigen Beschwerden des Antragstellers gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Rechtsanwalts für seinen auf die Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 24. Juli 2014 gerichteten Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (10 C 14.2245; a) und gegen die Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (10 CS 14.2244; b) sind unbegründet.

a) Dem Antragsteller kann weder nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO Prozesskostenhilfe bewilligt (aa) noch nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet werden (bb).

aa) Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Nach dieser Regelung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Danach kann dem Antragsteller Prozesskostenhilfe jedoch nicht gewährt werden. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet zum für die Beurteilung der Erfolgsaussichten maßgeblichen Zeitpunkt (aaa) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die zulässigen Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Ausreiseuntersagung in Nr. 1 des Bescheids vom 24. Juli 2015 (bbb) und auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung von Pass, Passersatzdokumenten und elektronischem Aufenthaltstitel in Nr. 2 des Bescheids (ccc) und der Meldeverpflichtung in Nr. 4 des Bescheids (ddd) unbegründet sind.

aaa) Maßgeblich für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten ist dabei hier die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. Dies folgt daraus, dass der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, der regelmäßig für die Beurteilung der Frage maßgeblich ist, ob die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2013 – 10 C 12.1757 – juris Rn. 25; B.v. 19.3.2013 – 10 C 13.334, 10 C 1310 C 13.371 – juris Rn. 26 m.w.N.), noch nicht eingetreten ist (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2013 – 10 C 13.1235 – juris Rn. 3). Denn die vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse lässt ohne weitere Erhebungen des Verwaltungsgerichtshofs (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 2 Satz 2 und 4 ZPO), wie sie nunmehr im nach § 93 Satz 2 VwGO abgetrennten Verfahren 10 C 15.524 zu erfolgen haben, keine Beurteilung der Frage zu, ob der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.

bbb) Die Voraussetzungen von § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die auf § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG gestützte Ausreiseuntersagung, die nach § 84 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG keine aufschiebende Wirkung hat, sind nicht erfüllt. Die Ausreiseuntersagung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die in solchen Fällen offener Erfolgsaussichten erforderliche Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Ausreiseverbots das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

(1) Nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG kann einem Ausländer die Ausreise untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG vorliegen, also bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass er die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Ob diese Voraussetzungen im Falle des Antragstellers vorliegen, ist allerdings offen.

(a) Obergerichtlich nicht geklärt und damit offen ist, soweit ersichtlich, zunächst, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts ist (vgl. in diesem Sinne auch VG Aachen, B.v. 26.8.2009 – 8 K 637.09 – juris Rn. 31), wie das Verwaltungsgericht im Hinblick darauf annimmt, dass es sich bei der Ausreiseuntersagung um einen Dauerverwaltungsakt handelt. Denn nicht bei allen Dauerverwaltungsakten ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ohne weiteres der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts (vgl. etwa für die Gewerbeuntersagung BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146.80 – juris Rn. 14; U.v. 14.7.2003 – 6 C 10.03 – juris Rn. 17: Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung). Vielmehr ergibt sich letztlich aus dem materiellen Recht, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, weil dem materiellen Recht nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts zu entnehmen sind, sondern sich aus ihm auch die Antwort auf die Frage ergibt, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl. BVerwG, U.v.15.11.2007 – 1 C 45.06 – juris Rn. 13 m.w.N.). Da bisher, soweit ersichtlich, nicht obergerichtlich entschieden ist, ob nach dem einschlägigen materiellen Recht einschließlich der gegebenenfalls einschlägigen Grund- und Menschenrechte (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 15 ff.) hier der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung oder der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts maßgeblich ist, bedarf es aber der weiteren Klärung dieser Frage im Hauptsacheverfahren.

(b) Offen ist auch, ob der Antragsteller, wie die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht annehmen, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet.

(aa) Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG ist enger zu verstehen als die öffentliche Sicherheit nach allgemeinem Polizeirecht (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1980 – 1 C 23.75 – juris Rn. 24; U.v. 31.5.1994 – 1 C 5.93 – juris Rn. 22; U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17). Mit der inneren Sicherheit, auf deren Gefährdung die Antragsgegnerin die Ausreiseuntersagung allein gestützt hat, werden Bestand und Funktionstüchtigkeit des Staates geschützt. Das schließt den Schutz vor Einwirkungen durch Gewalt oder Drohungen mit Gewalt auf die Wahrnehmung staatlicher Funktionen ein (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17). Die innere Sicherheit wird dabei durch die Fähigkeit des Staates bestimmt, sich nach innen gegen Angriffe und Störungen zur Wehr zu setzen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1980 – 1 C 23.75 – juris Rn. 24). Bereits die Anwesenheit möglicher ausländischer Helfer terroristischer Gewalttäter beeinträchtigt aber die Fähigkeit des Staates, sich gegen solche Angriffe zur Wehr zu setzen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1980 – 1 C 23.75 – juris Rn. 24; U.v. 31.5.1994 – 1 C 5.93 – juris Rn. 22; U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17).

Legt man dies zugrunde, so erscheint es vorbehaltlich einer genaueren Prüfung im Hauptsacheverfahren nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller, wie die Antragsgegnerin annimmt, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn er nach einer Ausreise nach Syrien und einer Teilnahme am bewaffneten Jihad, insbesondere wenn sie auf Seiten einer Terrororganisation wie dem Islamischen Staat (IS) erfolgt, in die Bundesrepublik zurückkehrt, obwohl die Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik in solchen Fällen unmittelbar nicht bereits durch die Ausreise, sondern erst durch die Wiedereinreise des Ausländers und seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet verursacht wird.

(bb) Geht man danach bei einer derartigen Konstellation von der Möglichkeit einer Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland aus, so ist allerdings offen, ob im hier vorliegenden Einzelfall hinreichend bestimmte Tatsachen im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller erneut nach Syrien reisen, dort am Jihad teilnehmen, nach Deutschland zurückkehren und hier durch seine Anwesenheit die innere Sicherheit der Bundesrepublik gefährden wird. Die Tatsachen, die eine solche Annahme rechtfertigen sollen, müssen nach Zeit, Ort und Inhalt so konkret gefasst sein, dass sie einer Überprüfung im gerichtlichen Verfahren zugänglich sind. Eine bloße Möglichkeit, eine reine Vermutung oder ein durch konkrete Tatsachen nicht belegbarer Verdacht genügen hingegen nicht (vgl. OVG NW, B.v. 16.4.2014 – 19 B 59.14 – juris Rn. 5; VG Aachen, B.v. 14.4.2009 – 8 L 164/09 – juris Rn. 20; U.v. 26.8.2009 – 8 K 637/09 – juris Rn. 46 f.; VG Braunschweig, B.v. 27.10.2011 – 5 B 164/11 - juris Rn. 22).

(aaa) Bestimmte Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass der Antragsteller sich nach Syrien begeben und am Jihad teilnehmen könnte, ergeben sich zunächst daraus, dass der Antragsteller gemeinsam mit einem Freund am 22. Oktober 2013 nach Adana geflogen ist, sich in seinem Gepäck eine Flecktarnweste und 1.600,- Euro befunden haben und er nach seiner durch seine Familie veranlassten Rückkehr nach Deutschland gegenüber der Polizei am 25. Oktober 2013 angegeben hat, dass er und sein Begleiter nach Syrien hätten reisen wollen, dass sie in Adana am Flughafen hätten abgeholt werden sollen, dass sie das mitgeführte Geld zu den Mujahedin nach Syrien hätten bringen wollen, dass sie sich diesen hätten anschließen wollen und dass eine Rückkehr nach Deutschland nicht geplant gewesen sei. Außerdem sprechen für die Absicht, am Jihad teilzunehmen, die Videos, die der Antragsteller über Facebook ins Internet gestellt oder kommentiert hat und die sich mit dem Jihad und entgegen den Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung nicht mit dem Märtyrertod im Allgemeinen, sondern dem Märtyrertod im Jihad befassen, sowie zwei auf dem Laptop des Antragstellers gelöschte Dokumente, von denen das eine den Titel „Fatwa zu der Frage, ob Muslime ohne Zustimmung ihrer Eltern am Kampf gegen die syrische Regierung teilnehmen dürfen“ trägt und das andere 43 Brigaden und Bataillone der kommenden Armee des Kalifats und der Islamischen Armee in Syrien aufzählt. Jedoch ist vor einer weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren offen, ob diese Tatsachen nach wie vor die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller beabsichtigt, in Syrien am Jihad teilzunehmen, wie es erforderlich wäre, wenn man den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts als für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ansieht.

Der Antragsteller stellt seine Absicht, in Syrien am Jihad teilzunehmen, in der Beschwerdebegründung in Abrede und behauptet, dass er die Aussage, er habe sich den Mujahedin anschließen wollen, lediglich aus Trotz und Verwirrung gemacht habe und dass tatsächliches Motiv für seine Reise vielmehr gewesen sei, dass ihn das Leid der Frauen und Kinder in Syrien sehr traurig gemacht habe und er schlichtweg mit Geld habe helfen wollen. Hat der Antragsteller damit aber seine Aussage, er habe sich den Mujahedin anschließen wollen, die für die Prognose der Gefahr einer Teilnahme des Antragstellers am bewaffneten Jihad in Syrien von erheblicher Bedeutung ist, relativiert, so bedarf es im Hauptsacheverfahren der weiteren Klärung, welchem Zweck die Reise des Antragstellers im Oktober 2013 tatsächlich dienen sollte.

Soweit man wie das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausreiseuntersagung der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts ist, stellt sich außerdem die nur im Hauptsacheverfahren zu klärende Frage, ob sich der Antragsteller womöglich inzwischen so weit von seiner bisherigen jihadistisch-salafistischen Haltung distanziert hat, dass eine Teilnahme am bewaffneten Jihad nicht mehr zu erwarten ist. Denn der Antragsteller führt insoweit in seiner Beschwerdebegründung ins Feld, dass er weder in der Zeit bis zum Erlass des Bescheids vom 24. Juli 2014 einen weiteren Ausreiseversuch unternommen habe noch gegenwärtig die im Bescheid genannte Moschee aufsuche, an Aktionen salafistischer Gruppierungen teilnehme oder missverständliche Nachrichten in Facebook veröffentliche. Darüber hinaus hat der Vater des Antragstellers im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung am 25. Juli 2014 angegeben, der Antragsteller stehe weniger stark mit der salafistischen Gruppe in Kontakt, weil deren Mitglieder ihm wegen durch die Familie geschickt gestreuter Gerüchte nicht mehr vertrauten. Der Antragsteller wisse gegenwärtig nicht, was er wolle. Die Situation in Syrien, wo sich Jabat und ISIS bekämpften, verwirre ihn. Der Vater habe seinem Sohn im Koran gezeigt, dass es sich dabei nicht um einen Jihad, sondern um einen Bruderkrieg handele, der vom Koran abgelehnt werde.

(bbb) Offen ist schließlich, ob darüber hinaus hinreichend bestimmte Tatsachen für die Annahme vorliegen, dass der Antragsteller im Falle einer Teilnahme am bewaffneten Jihad in Syrien nach seiner Rückkehr nach Deutschland eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik darstellen würde.

Die Antragsgegnerin geht ebenso wie das Verwaltungsgericht insoweit maßgeblich davon aus, dass nach dem Verfassungsschutzbericht 2013 des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz Personen, die ein terroristisches Ausbildungslager absolviert oder aktiv an paramilitärischen Kampfhandlungen teilgenommen haben, nach ihrer Wiedereinreise nach Deutschland ein besonderes Sicherheitsrisiko darstellen. Zwar sprechen angesichts der Verwurzelung des Antragstellers, der in Deutschland geboren wurde, hier aufgewachsen ist und die Schule besucht hat und dessen Eltern und Geschwister weiterhin in der Bundesrepublik leben, bestimmte Tatsachen dafür, dass der Antragsteller nach einer Teilnahme am Jihad ins Bundesgebiet zurückkehren wird.

Es stellt sich aber die Frage, ob das nach dem von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Verfassungsschutzbericht bestehende besondere Sicherheitsrisiko, das Personen, die im Ausland eine terroristische Ausbildung erhalten oder an Kampfhandlungen teilgenommen haben, allgemein nach ihrer Rückkehr darstellen, für die weitere Annahme ausreicht, der Antragsteller werde nach seiner Rückkehr die innere Sicherheit der Bundesrepublik gefährden, oder ob es neben der etwaigen späteren Zugehörigkeit des Antragstellers zur Gruppe der Rückkehrer für diese Annahme weiterer konkreter Tatsachen bedarf, die den Schluss rechtfertigen, dass auch der abgesehen von dem nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellten Ermittlungsverfahren wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat bisher offenbar nicht strafrechtlich in Erscheinung getretene Antragsteller persönlich nach seiner Rückkehr eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen wird (vgl. für eine Ausweisung wegen Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nach § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG und § 54 Nr. 5a AufenthG BVerwG, U.v. 15.3.2005 – 1 C 26.03 – juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 25.3.2010 – 10 BV 09.1784 – juris Rn. 38). Die Klärung dieser Frage ist aber weder im Prozesskostenhilfeverfahren noch im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO möglich und muss deshalb dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

(c) Offen ist schließlich, ob das Ausreiseverbot deshalb seine Rechtsgrundlage in § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG findet, weil der Antragsteller sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin das Ausreiseverbot nicht auf die Gefährdung sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG gestützt hat, bedürfte es insoweit weiterer Klärung im Hauptsacheverfahren.

(aa) Sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland sind solche Belange der Bundesrepublik Deutschland oder eines deutschen Landes, die in ihrer Erheblichkeit der inneren und äußeren Sicherheit wenn nicht gleichstehen, so doch nahekommen. Es muss sich um Belange handeln, die so erheblich sind, dass sie der freiheitlichen Entwicklung in der Bundesrepublik aus zwingenden staatspolitischen Gründen vorangestellt werden müssen (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.1956 – I C 41.55 – juris Rn. 17; BVerfG, U.v. 16.1.1957 – 1 BvR 253/56 – juris Rn. 38). Danach werden sonstige erhebliche Belange etwa dann als gefährdet angesehen, wenn ein Deutscher oder, was im Hauptsacheverfahren noch zu klären wäre, ein in Deutschland lebender Ausländer sich im Ausland an Gewalttätigkeiten beteiligt, die geeignet sind, die auswärtigen Beziehungen und unter besonderen Umständen auch das internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland zu schädigen (vgl. für Deutsche, die im Ausland Gewalttätigkeiten begehen OVG NW, B.v. 16.4.2014 – 19 B 49/14 – juris Rn. 3). Dementsprechend wird die Teilnahme eines im Bundesgebiet wohnhaften Ausländers am bewaffneten Jihad im Ausland für geeignet gehalten, die auswärtigen Beziehungen und damit erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, weil durch eine vom Bundesgebiet als Vorbereitungs- und Rückzugsgebiet ausgehende Beteiligung an terroristischen Handlungen, durch die allgemein anerkannte Schutzgüter wie Leib und Leben sowie die öffentliche Sicherheit bedroht sind, zentrale staatenübergreifende Sicherheitsinteressen berührt werden, zu deren Wahrung die Bundesrepublik verpflichtet ist (vgl. VG Aachen, B.v. 14.4.2009 – 8 L 164/09 – juris Rn. 19; U.v. 26.8.2009 – 8 K 637/09 – juris Rn. 45, vgl. für Deutsche, die im Ausland am Jihad teilnehmen OVG NW, B.v. 16.4.2014 – 19 B 59/14 – juris Rn. 12; VG Braunschweig, B.v. 27.10.2011 – 5 B 164/11 – juris Rn. 21; VG Hamburg, B.v. 23.11.2012 – 2 E 2951/12 – juris Rn. 14).

Auch wenn man dem folgt, ist aber ohne weitere Klärung im Hauptsacheverfahren offen, ob von einer Ausreise des Antragstellers eine Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland ausgeht. Denn es bedarf, wie dargelegt, weiterer Prüfung im Hauptsacheverfahren, ob nach wie vor bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass sich der Antragsteller nach Syrien begeben und dort am bewaffneten Jihad teilnehmen will.

(bb) Außerdem wäre gegebenenfalls zu klären, ob der Antragsteller, der türkischer Staatsangehöriger ist und in Deutschland bei seinen türkischen Eltern aufgewachsen ist, ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 ARB 1/80 besitzt und deshalb, wie in der Literatur vertreten wird (vgl. Möller in Hofmann/Hof-mann, HK-AuslR, 1. Aufl. 2008, § 46 Rn. 2), im Hinblick auf die Stillhalteklausel in Art. 13 ARB 1/80 auf ihn § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG nicht anwendbar ist, soweit danach die Ausreise wegen einer Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland untersagt werden kann. Denn nach dieser Ansicht kommt insoweit nur eine Anwendung von § 19 AuslG 1965 in Betracht, der eine Ausreiseuntersagung wegen einer Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht vorsah (vgl. Möller a.a.O.).

(d) Offensichtlich rechtswidrig mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung anzuordnen wäre, ist die Ausreiseuntersagung bei summarischer Prüfung auch nicht bereits deshalb, weil sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde.

(aa) Geht man davon aus, dass der Antragsteller die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet und deshalb die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausreiseuntersagung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 PassG und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG erfüllt sind, so wäre das Ausreiseverbot in Nr. 1 des Bescheids vielmehr ohne weiteres geeignet und erforderlich. Denn zum einen fördert es das Ziel, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten. Zum anderen ist ein gleichermaßen geeignetes Mittel, das den Antragsteller weniger stark belasten würde, nicht ersichtlich.

(bb) Schließlich wäre die Ausreiseuntersagung auch selbst dann verhältnismäßig, wenn man sie nicht lediglich als Beeinträchtigung der von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Freiheit, die Bundesrepublik zu verlassen, sondern auch als Beschränkung der Glaubens- und Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ansähe (vgl. zum Schutzbereich dieses als umfassend zu verstehenden einheitlichen Grundrechts BVerfG, U.v. 24.3.2003 – 2 BvR 1436/02 – juris Rn. 37; B.v. 27.1.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 11 BvR 1181/10 – juris Rn. 85 f.). Denn der mit dem zeitlich begrenzten Ausreiseverbot möglicherweise verbundenen Beeinträchtigung nicht nur der allgemeinen Handlungs-, sondern auch der Glaubens- und Religionsfreiheit, die als vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht, das nur Einschränkungen unterliegt, die auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage beruhen und sich aus der Verfassung selbst, insbesondere den Grundrechten Dritter oder Gemeinschaftswerten von Verfassungsrang ergeben (vgl. BVerfG, U.v. 24.3.2003 – 2 BvR 1436/02 – juris Rn. 38; B.v. 27.1.2015 – 1 BvR 471/10, 1 BvR 11 BvR 1181/10 – juris Rn. 98), käme deutlich weniger Gewicht zu als dem Ziel, eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik durch Terroranschläge zu verhindern, die Leben und Gesundheit und damit hochrangige, durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Rechtsgüter einer Vielzahl von Menschen schädigen können.

(2) Ist die Ausreiseuntersagung in Nr. 1 des Bescheids vom 24. Juli 2014 danach weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, so führt die aus diesem Grund erforderliche Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Ausreiseverbots das private Interesses des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der dagegen gerichteten Klage überwiegt und deshalb die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben muss.

Erwiese sich die Ausreiseuntersagung nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung als rechtmäßig und nähme der Antragsteller auf Grund der fehlenden Vollziehbarkeit des Ausreiseverbots in Syrien am bewaffneten Jihad teil, so könnte dies bei seiner Rückkehr die von der Antragsgegnerin befürchteten Gefahren für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in Form von terroristischen Anschlägen zur Folge haben und wäre daher mit deutlich gravierenderen Konsequenzen verbunden, als wenn der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde und der Antragsteller für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Ablauf der auf ein Jahr befristeten Ausreiseuntersagung nicht ausreisen dürfte, die Ausreiseuntersagung sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig herausstellen würde. Denn die zeitlich begrenzte Beschränkung der Freiheit des Antragstellers, das Bundesgebiet zu verlassen, und möglicherweise seiner Glaubens- und Religionsfreiheit wiegt weniger schwer als eine mögliche Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik durch Terroranschläge, die Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen schädigen können.

ccc) Unbegründet ist auch der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung aller im Besitz des Antragstellers befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie des elektronischen Aufenthaltstitels in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO wiederherzustellen. Denn auch diese Verpflichtung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die damit erforderliche Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Klage nicht wiederhergestellt werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Aushändigungs- und Überlassungsverpflichtung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

(1) Nach § 48 Abs. 1 AufenthG ist ein Ausländer verpflichtet, seinen Pass oder Passersatz (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) und seinen Aufenthaltstitel (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) auf Verlangen den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, soweit dies zur Durchführung oder Sicherung von Maßnahmen nach dem Aufenthaltsgesetz erforderlich ist. Ob danach die Voraussetzungen für die Anordnung der Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 erfüllt sind, alle im Besitz des Antragstellers befindlichen Pässe und Passersatzdokumente sowie seinen elektronischen Aufenthaltstitel der Ausländerbehörde auszuhändigen und ihr vorübergehend für die Dauer der Ausreiseuntersagung zu überlassen, ist aber offen.

(a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Frage, ob die Aushändigung und vorübergehende Überlassung der in der Anordnung genannten Dokumente zur Sicherung des Ausreiseverbots erforderlich war. Denn daran fehlte es, wenn dem Antragsteller die Ausreise nicht hätte untersagt werden dürfen. Die Rechtmäßigkeit der Ausreiseuntersagung bedarf aber, wie ausgeführt, gerade der weiteren Klärung im Hauptsacheverfahren.

(b) Offensichtlich rechtswidrig ist die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung von Pässen, Passersatzdokumenten und elektronischem Aufenthaltstitel bei summarischer Prüfung auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

(aa) Insbesondere ist entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht nur die vorübergehende Einbehaltung des Passes oder etwaiger Passersatzdokumente, sondern auch die des elektronischen Aufenthaltstitels zur Sicherung des Ausreiseverbots geeignet. Zwar ist es rechtlich ebenso wenig wie ohne Pass möglich, an Stelle des erforderlichen Passes mit einem elektronischen Aufenthaltstitel auszureisen. Jedoch ist die Verpflichtung, der Ausländerbehörde Pass, etwaige Passersatzdokumente und elektronischen Aufenthaltstitel zu überlassen, zur Sicherung des Ausreiseverbots bereits dann geeignet, wenn sie das mit ihr verfolgte Ziel, die Ausreise des Antragstellers zu verhindern, in irgendeiner Weise fördert. Dies ist aber nicht nur hinsichtlich der Einbehaltung des Passes und etwaiger Passersatzpapiere, sondern auch hinsichtlich der Einbehaltung des elektronischen Aufenthaltstitels der Fall. Denn die Überlassung des elektronischen Aufenthaltstitels an die Ausländerbehörde verhindert etwaige Versuche des Antragstellers, mit Hilfe des elektronischen Aufenthaltstitels, auf dem die Seriennummer seines Passes und dessen Gültigkeitsdauer sichtbar aufgebracht sind (§ 78 Abs. 1 Satz 3 Nr. 10 und 11 AufenthG), auch ohne den zugehörigen Pass auszureisen und sich dabei mit dem elektronischen Aufenthaltstitel zu legitimieren. Sie vermindert so wie die Einbehaltung des Passes und eventuell vorhandener Passersatzdokumente die Gefahr einer Ausreise des Antragstellers trotz der Ausreiseuntersagung.

(bb) Dementsprechend ist die Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 nicht nur hinsichtlich der Pässe und Passersatzpapiere, sondern auch insoweit erforderlich, als sie sich auf den elektronischen Aufenthaltstitel des Antragstellers erstreckt. Denn wenn auch die Einbehaltung dieses Aufenthaltstitels das Ziel der Sicherung des Ausreiseverbots fördert, ist eine Verpflichtung, lediglich den Pass und etwaige Passersatzdokumente der Ausländerbehörde auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, kein in gleichem Maße geeignetes Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels.

(cc) Schließlich ist die Verpflichtung, der Ausländerbehörde Pass, Passersatzdokumente und elektronischen Aufenthaltstitel auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, angesichts der großen Bedeutung der inneren Sicherheit, deren Schutz sie ebenso wie das Ausreiseverbot dienen soll, entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht deshalb unangemessen, weil sie ihm wegen der Einbehaltung des elektronischen Aufenthaltstitels die Suche nach einem Arbeitsplatz erschweren würde. Denn der Antragsteller hat an Stelle des elektronischen Aufenthaltstitel einen Ausweisersatz erhalten, aus dem sowohl seine Niederlassungserlaubnis als auch die Zulässigkeit einer Erwerbstätigkeit ohne weiteres hervorgeht, so dass der Antragsteller seinen Aufenthaltstitel und die Berechtigung, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, einem Arbeitgeber gegenüber jederzeit durch Vorlage des Ausweisersatzes nachweisen kann.

(2) Ist damit die Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 aber weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, so führt die aus diesem Grund erforderliche Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Verpflichtung das private Interesses des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt und deshalb die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben muss.

Erwiese sich die Verpflichtung zur Aushändigung und vorübergehenden Überlassung aller Pässe und Passersatzdokumente sowie des elektronischen Aufenthaltstitels nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung als rechtmäßig und gelänge es dem Antragsteller auf Grund der fehlenden Vollziehbarkeit dieser Verpflichtung, mit Hilfe der betreffenden Dokumente nach Syrien zu reisen und dort am bewaffneten Jihad mit der Folge teilzunehmen, dass bei seiner Rückkehr die von der Antragsgegnerin befürchteten Gefahren für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in Form von terroristischen Anschlägen eintreten könnten, so wäre dies mit deutlich gravierenderen Nachteilen verbunden, als wenn der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde und der Antragsteller sich für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Ablauf der auf ein Jahr befristeten Ausreiseuntersagung nicht im Besitz der auszuhändigenden Dokumente befände, die Verpflichtung in Nr. 2 des Bescheids vom 24. Juli 2014 sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig herausstellen würde. Denn die zeitlich begrenzte Beschränkung der Möglichkeit des Antragstellers, sich durch die betreffenden Papiere zu legitimieren, wiegt weit weniger schwer als eine mögliche Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik durch Terroranschläge, die Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen schädigen können.

ddd) Unbegründet ist auch der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verpflichtung, sich während der Dauer des Ausreiseverbots dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden, in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO wiederherzustellen. Denn auch diese Verpflichtung erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch als offensichtlich rechtmäßig. Die damit erforderliche Interessenabwägung führt aber zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Klage nicht wiederhergestellt werden kann, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Meldeverpflichtung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiegt.

(1) Nach Art. 7 Abs. 1 LStVG dürfen Anordnungen und Maßnahmen, die in Rechte anderer eingreifen, nur getroffen werden, wenn die Sicherheitsbehörden durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes dazu besonders ermächtigt sind. Soweit eine solche gesetzliche Ermächtigung nicht in den Vorschriften des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes oder in anderen Rechtsvorschriften enthalten ist, können die Sicherheitsbehörden nach Art. 7 Abs. 2 LStVG zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anordnungen für den Einzelfall unter anderem nur treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, oder verfassungsfeindliche Handlungen zu verhüten oder zu unterbinden (Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG) oder um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen (Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG).

(a) Offen ist zunächst, ob Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG, auf den die Antragsgegnerin als Sicherheitsbehörde die Meldeverpflichtung in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 gestützt hat, neben den Befugnisnormen zugunsten der Ausländerbehörde nach § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 PassG und § 48 Abs. 1 AufenthG anwendbar ist.

Zwar ist höchstrichterlich bereits entschieden, dass die Ermächtigung zur Untersagung der Ausreise eines Deutschen in § 10 Abs. 1 PassG die Heranziehung der sicherheits- und polizeirechtlichen Generalklauseln der Länder als Rechtsgrundlage für Meldeauflagen wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen dieser Regelungen nicht ausschließen (vgl. BVerwG, U.v. 25.7.2007 – 6 C 39.06 – juris Rn. 25 ff.; vgl. auch VGH BW, B.v. 14.6.2000 – 1 S 1271/00 – juris Rn. 14 für das Verhältnis der polizeilichen Generalklausel zur Passversagung und -beschränkung nach § 7 PassG). Auch spricht viel dafür, dass für das Verhältnis von § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG und § 48 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG nichts anderes gilt. Denn auch diese Regelungen verfolgen jeweils unterschiedliche Zielrichtungen. Insbesondere erfasst § 46 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG nur Gefährdungen für die Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland, während Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG mit der Ermächtigung zur Verhinderung und Unterbindung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und zur Abwehr von Gefahren für Leben, Gesundheit und Freiheit von Menschen oder für im öffentlichen Interesse zu erhaltende Sachwerte auch auf die Abwehr und Beseitigung von Gefahren für andere Schutzgüter zielt. Jedoch fehlt es, soweit ersichtlich, insoweit bisher an einer obergerichtlichen Entscheidung.

(b) Ebenso ist offen, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. in diesem Sinne zu einer auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG gestützten Anordnung zur Durchsetzung der Schulbesuchspflicht BayVGH, B.v. 12.2.2008 – 7 CS 08.187 – juris Rn. 15) oder im Hinblick darauf, dass es sich bei der für die gesamte Dauer des Ausreiseverbots geltenden Meldeverpflichtung um einen Dauerverwaltungsakt handelt, der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.1.2012 – 10 CS 11.2379 – juris Rn. 29 m.w.N., wo dies für Anordnungen zur Hundehaltung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG offen gelassen wird). Die Frage, ob nach dem, wie bereits ausgeführt, insoweit maßgeblichen materiellen Recht hier der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung oder der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts zugrunde zu legen ist, ist aber, soweit ersichtlich, bisher nicht obergerichtlich geklärt und bedarf daher der weiteren Prüfung im Hauptsacheverfahren.

(c) Offen ist vor diesem Hintergrund darüber hinaus, ob eine konkrete Gefahr besteht, dass der Antragsteller Straftaten begehen wird oder durch sein Verhalten das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen bedrohen wird, wie Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG dies voraussetzt. Zwar wäre dies der Fall, wenn der Antragsteller sich nach Syrien begeben und dort am bewaffneten Jihad teilnehmen würde. Allerdings bedarf eine entsprechende Gefahrenprognose jedenfalls, wenn man von der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Gerichts ausgeht, einer Überprüfung im Hauptsacheverfahren. Denn wie dargelegt, kann nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden, ob der Antragsteller sich im Oktober 2013 tatsächlich nach Syrien begeben wollte, um am bewaffneten Jihad teilzunehmen, und ob er dies auch heute noch beabsichtigt.

(d) Offensichtlich rechtswidrig ist die Verpflichtung des Antragstellers, sich während der Dauer des Ausreiseverbots dreimal wöchentlich bei der Polizei zu melden, auch nicht wegen einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

(aa) Die Meldeverpflichtung ist vielmehr zunächst geeignet, das Ziel zu fördern, eine Ausreise des Antragstellers zum Jihad nach Syrien zu verhindern und damit der Gefahr entgegenzuwirken, dass er dort Straftaten begeht und das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen bedroht. Denn soweit der Antragsteller diese Verpflichtung einhält, hindert sie ihn daran, nach Syrien zu reisen. Falls er hingegen gegen die Meldeverpflichtung verstößt, ermöglicht sie es, zeitnah zu reagieren und den Antragsteller etwa durch die Einleitung von Fahndungsmaßnahmen rechtzeitig an der Ausreise zu hindern.

(bb) Die Meldeverpflichtung ist dazu auch erforderlich. Denn die vom Antragsteller für ausreichend erachtete Verpflichtung, sich einmal wöchentlich bei der Polizei zu melden, ist ein weit weniger wirksames Mittel, seine Ausreise und Teilnahme am Jihad in Syrien zu vereiteln, weil ihm dadurch ein längerer Zeitraum für eine unbemerkte Ausreise zur Verfügung stünde.

(cc) Schließlich erscheint die Meldeverpflichtung angesichts der hochrangigen Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Freiheit, deren Schutz sie dient, auch nicht unangemessen. Denn die Beeinträchtigung der Lebensführung des Antragstellers, die von dieser Verpflichtung ausgeht, wird dadurch abgemildert, dass dem Antragsteller für die Vorsprache bei der Polizei jeweils ein Zeitraum von 8.00 Uhr bis 21.00 Uhr zur Verfügung steht und dass, wie sich aus den Gründen des Bescheids vom 24. Juli 2014 und der Beschwerdeerwiderung ergibt, eine Anpassung der Meldeverpflichtung vorgenommen werden kann, wenn eine Wahrnehmung des Meldetermins etwa wegen der Aufnahme einer Beschäftigung an einem anderen Ort bei der vorgesehen Polizeidienststelle nicht mehr möglich ist.

(2) Ist damit die Verpflichtung in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 aber weder offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig, so führt die aus diesem Grund erforderliche Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Verpflichtung das private Interesses des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt und deshalb die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben muss.

Erwiese sich die Verpflichtung, sich für die Dauer des Ausreiseverbots dreimal wöchentlich bei der zuständigen Polizeidienststelle zu melden, nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung als rechtmäßig und gelänge es dem Antragsteller auf Grund der fehlenden Vollziehbarkeit dieser Verpflichtung, nach Syrien zu reisen und dort am bewaffneten Jihad teilzunehmen, so hätte dies deutlich gravierendere Nachteile zur Folge, als wenn der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt würde und der Antragsteller sich für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Ablauf der auf ein Jahr befristeten Ausreiseuntersagung dreimal in der Woche jeweils zwischen 8.00 Uhr und 21.00 Uhr bei der zuständigen Polizeidienststelle melden müsste, die Verpflichtung in Nr. 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 sich aber im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig herausstellen würde. Denn die zeitlich begrenzte Beeinträchtigung seiner Lebensführung, insbesondere der Möglichkeit, seinen Wohnort für längere Zeit zu verlassen, als es der Abstand zwischen den Meldeterminen erlaubt, wiegt weit weniger schwer als die Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen, die im Falle einer Teilnahme des Antragstellers am Jihad in Syrien droht.

bb) Liegen damit die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor, weil der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, so kann dem Antragsteller auch nicht nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO der von ihm benannte und zur Vertretung bereite Rechtsanwalt beigeordnet werden.

b) Schließlich ist auch die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 24. Juli 2014 in Bezug auf Nr. 1 des Bescheids anzuordnen und bezüglich Nr. 2 und 4 des Bescheids wiederherzustellen, unbegründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses vom 12. September 2014. Denn wie oben unter Berücksichtigung der in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe ausgeführt, hat die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Abwägungsentscheidung zum Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung von Nr. 1, 2 und 4 des Bescheids vom 24. Juli 2014 das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen diese Maßnahmen gerichteten Klage überwiegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Der Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren 10 C 14.2245, das die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren M 12 S 14.3778 betrifft, bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, die seit dem 10. September 2010 durchgeführte Observation des Klägers weiterhin durchzuführen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Fortdauer seiner Observation.
Der am ...1959 geborene Kläger wurde durch Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken - Jugendschöffengericht - vom 05.07.1976 (20 Js/Ls 361/76) wegen eines Verbrechens der versuchten Vergewaltigung sowie in zwei Fällen eines Vergehens der Beleidigung zu einer Jugendstrafe von acht Monaten verurteilt. Der Verurteilung wegen Beleidigung lag zugrunde, dass der Kläger an zwei aufeinander folgenden Tagen im April 1976 Frauen an die Brust gefasst hatte. Am 20.04.1976 folgte er einer 39-jährigen Frau in ein Waldstück, fiel über sie her, riss ihr die Hose herunter, bis die sich wehrende und schreiende Frau zu Boden fiel. Von der beabsichtigten Vergewaltigung ließ er - bereits mit entblößtem Geschlechtsteil - erst ab, als ein Fußgänger auftauchte. Durch weiteres Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken - Jugendschöffengericht - vom 21.09.1979 (28-108/79) wurde der Kläger wegen Vergewaltigung, begangen im Zustand verminderter Schuldfähigkeit, in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Kläger in der Silvesternacht 1978/1979 eine auf ein Taxi wartende Frau in seinem Auto mitgenommen und sie - nachdem er eine abgelegene Stelle aufgesucht hatte - unter Gewalt zum Geschlechtsverkehr mit ihm gezwungen hatte. Wegen positiven Verlaufs seiner Behandlung im Psychiatrischen Landeskrankenhaus ... wurde der Kläger im Mai 1981 bedingt entlassen. (Auch) Im Hinblick auf eine zwischenzeitlich geschlossene (zweite) Ehe wurde ihm die Maßregel und die Führungsaufsicht am 06.06.1984 erlassen.
Mit am 16.08.1985 rechtskräftig gewordenem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 06.03.1985 (15 KLs 273/84) wurde der Kläger wegen zweier Verbrechen der Vergewaltigung, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem Vergehen der Entführung gegen den Willen der Entführten, sowie wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Seine anschließende Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wurde angeordnet. Der Verurteilung lagen folgende Taten zugrunde: Der Kläger hatte am 22.03.1984 eine 19-jährige Schülerin als Anhalterin mitgenommen und sie unter Androhung von Gewalt mithilfe eines mitgeführten Messers in einem abgelegenen Waldstück vergewaltigt. Noch im selben Monat, spätestens aber im April 1984, nahm er eine 18-jährige an einer Bushaltestelle wartende Schülerin in seinem Auto mit. Die von ihm - wiederum unter Zuhilfenahme eines Messers - beabsichtigte Vergewaltigung scheiterte, weil der Schülerin die Flucht aus seinem Auto gelang. Am 17.05.1985 kam es zu einer Vergewaltigung einer damals 18 Jahre alten Schülerin, die sich auf dem Weg zu einer Bushaltestelle befand, sich aber vom Kläger in dessen Auto mitnehmen ließ.
Zum Vollzug der Sicherungsverwahrung wurde der Kläger am 28.06.1989 in die Justizvollzugsanstalt Freiburg verlegt. Im Jahr 1991 bestand er die Probezeit der Realschule mit einem Notendurchschnitt von 1,1. Vorschläge des im Jahr 1991 mit einer Begutachtung des Klägers betrauten Sachverständigen Dr. ... hinsichtlich der Lockerung des Vollzugs fanden nicht die Billigung des Justizministeriums. Wegen des Verdachts der Beteiligung an einer geplanten gemeinschaftlichen Geiselnahme - der Kläger wurde wegen dieses Vorwurfs später freigesprochen - wurde der Kläger im Jahr 1993 in die Justizvollzugsanstalt Bruchsal verlegt. Die im Rahmen eines gestuften Lockerungs- und Entlassungsprogramms beabsichtigte Verlegung in das Bodelschwingh-Haus in Karlsruhe kam nicht zustande. Seit 1997 befand sich der Kläger zum Vollzug der Sicherungsverwahrung wieder in der Justizvollzugsanstalt Freiburg.
Der Kläger wurde in der Zeit von 1999 bis 2010 wiederholt fachärztlich und psychologisch begutachtet. Das letzte psychiatrische Gutachten datiert vom 05.03.2010. Darin heißt es zusammenfassend (S. 82 des Gutachtens):
„Zusammenfassend wird somit die im Gutachtenauftrag gestellte Frage dahingehend beantwortet, dass bei einer unmittelbar beschlossenen Entlassung aus der Sicherungsverwahrung ohne Vorbereitung und ohne Erprobung und ohne einigermaßen gesicherten sozialen Empfangsraum die Voraussetzungen für die Anwendung des § 67d Abs. 3 StGB nicht vorliegen, dass demgegenüber bei der Vorbereitung, Erprobung und Sicherung des sozialen Empfangsraums und bei gleichzeitiger Kooperation der Verantwortlichen und des Klägers die Voraussetzungen für die Anwendung des § 67d Abs. 3 StGB aus forensisch-psychiatrischer Sicht anzunehmen sind.“
Mit Beschluss vom 10.09.2010 erklärte das Oberlandesgericht Karlsruhe (2 Ws 290/10) die Sicherungsverwahrung für erledigt, setzte die Dauer der Führungsaufsicht auf fünf Jahre fest und unterstellte den Kläger der Bewährungshilfe. In den Gründen der Entscheidung heißt es, die Überprüfung der Vollstreckungshindernisse ergebe, dass die Sicherungsverwahrung erledigt sei. Denn nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 17.12.2009 - 19359/04 - (NJW 2010, 2495) sei die mit Gesetz vom 26. Januar 1998 zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vorgenommene Änderung des § 67d StGB, mit der die Befristung der ersten angeordneten Sicherungsverwahrung nach § 67d Abs. 1 StGB auf zehn Jahre entfallen sei und die in Verbindung mit § 2 Abs. 6 StGB auch diejenigen Sicherungsverwahrten erfasse, für die die Befristung im Zeitpunkt ihrer Verurteilung noch bestand, mit dem Freiheitsrecht des Art. 5 EMRK und dem Rückwirkungsverbot des Art. 7 EMRK nicht vereinbar. Mit am 13.04.2011 rechtskräftig gewordenem Urteil vom 13.01.2011 - 27360/04 und 42225/07 - stellte der EGMR fest, dass der Kläger vom 26.06.1999 bis zu seiner Entlassung am 10.09.2010 unter Verletzung von Art. 5 Abs. 1 EMRK und Art. 7 Abs. 1 EMRK in Sicherungsverwahrung untergebracht gewesen sei. Die Bundesrepublik Deutschland wurde zur Zahlung einer Entschädigung für den immateriellen Schaden in Höhe von 70.000,-- EUR verurteilt.
Der Kläger verließ die Justizvollzugsanstalt Freiburg noch am 10.09.2010. Bereits im August 2010 erstellte das Landeskriminalamt Baden-Württemberg auf der Grundlage der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums, des Justizministeriums und des Ministeriums für Arbeit und Soziales zu einer ressortübergreifenden Konzeption zum Umgang mit besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (VwV KURS) vom 9. März 2010 eine Risikobewertung des Klägers. Er wurde in die Gefahrenkategorie 1 (Risikoprobanden mit herausragendem Gefährdungspotential) eingestuft. In der Gesamtschau bestehe - so die Annahme des Landeskriminalamts am 12.08.2010 - mehr als die bloße Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für hochrangige Rechtsgüter wie körperliche Unversehrtheit sowie Recht auf sexuelle Selbstbestimmung von potentiellen Opfern. Ein Schadenseintritt könne aufgrund der Vorgeschichte und der nicht behobenen psychischen Probleme des Klägers aus präventivpolizeilicher Sicht als hinreichend wahrscheinlich und konkret angenommen werden (vgl. Risikobewertung vom 12.08.2010, S. 17). Im Hinblick auf die Gefährdungseinschätzung ordnete der Leiter der Polizeidirektion Freiburg am 31.08.2010 die längerfristige Observation des Klägers im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG an, die zunächst auf vier Wochen befristet war. Diese Anordnung ist seither - ohne Unterbrechung - 17 Mal verlängert worden. Die letzte, auf acht Wochen befristete Anordnung datiert vom 22.01.2013 und sieht die längerfristige Observation des Klägers bis zum 22.03.2013 vor.
Der Kläger lebt seit seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt Freiburg in einem Übergangswohnheim in Freiburg und bezieht Leistungen nach dem SGB II. Er, dessen erste - im Jahr 1979 geschlossene - Ehe nach wenigen Tagen gescheitert war, hat weder zu seinem aus zweiter Ehe stammenden Sohn S. noch zu der Kindsmutter Kontakt. Sein Vater ist verstorben; seine Mutter lebt betagt und körperlich beeinträchtigt in seiner Heimat. Mit ihr hält der Kläger von Zeit zu Zeit telefonisch und schriftlich Kontakt. Zu seinen fünf Geschwistern und Halbgeschwistern besteht keine Verbindung. In dem dem Kläger in dem Übergangswohnheim zugewiesenen Zimmer von etwa 11 qm Größe findet keine Überwachung durch die Polizei statt. Bei Verlassen des Wohnheims folgen dem Kläger hingegen stets bis zu vier - anfänglich auch fünf - Polizisten. Im Rahmen der Führungsaufsicht sind seitens des Landgerichts Freiburg (Strafvollstreckungskammer) folgende Weisungen ergangen:
10 
- Wohnsitznahme in Freiburg, ... Den Wohnort darf der Kläger nur mit Einwilligung der Führungsaufsichtsstelle verlassen. Ein Wohnortwechsel ist sofort der Führungsaufsichtsstelle mitzuteilen;
- Wöchentliche Meldung beim Bewährungshelfer;
- Zwei Mal wöchentliche Meldung bei den KURS-Koordinatoren der PD Freiburg;
- Vorstellungsweisung vier Mal monatlich, mindestens drei Mal monatlich, bei der Forensischen Ambulanz Freiburg;
- Untersagung, gefährliche Gegenstände, die dazu geeignet oder bestimmt sind, Verletzungen hervorzurufen, bei sich zu führen. Messer mit Klingenlänge über 5 cm, Schusswaffen, auch Schreckschusswaffen, Gasdruckwaffen, Schlagstöcke und Ninjawurfsterne darf er weder besitzen noch bei sich führen oder für sich verwahren lassen;
- Kein Aufenthalt allein mit Frauen in einem KfZ.
11 
Zwischenzeitlich sind die Weisungen zum Teil geändert worden: Der Kläger darf sich auch im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald aufhalten. Handelsübliche Küchenmesser darf er in gewöhnlichem Umfang in seiner Wohnung besitzen und verwenden. Einbestellungen des Bewährungshelfers hat er Folge zu leisten, wöchentliche Meldungen sind nicht mehr erforderlich. Die Weisungen, sich ein Mal wöchentlich bei der Forensischen Ambulanz Freiburg und zwei Mal wöchentlich bei den KURS-Koordinatoren der Polizeidirektion Freiburg vorzustellen, sind entfallen (Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 27.03.2012 - 12 StVK 284/08 -). Seit Dezember 2010 ist der Kläger - der Empfehlung seines Bewährungshelfers folgend - ein Mal wöchentlich in psychotherapeutischer Behandlung bei Dipl.-Psychologen ... ... Außerdem bemüht er sich - bislang erfolglos - um Arbeit im Rahmen eines so genannten Ein-Euro-Jobs. Eine Arbeitsaufnahme im „Freiburger ...“ scheiterte.
12 
Am 13.06.2012 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben. Zur Begründung seines auf Unterlassen der seit dem 10.09.2010 durchgeführten Observation gerichteten Begehrens macht er geltend: Er leide zunehmend unter der ihm aufgezwungenen Situation, die ihm keinen unbeobachteten Moment zulasse und die ihn zunehmend in Einsamkeit und Verzweiflung treibe. Dem beklagten Land sei es nicht möglich darzulegen, warum von ihm eine konkrete und gegenwärtige Gefahr für die Sicherheit der Allgemeinheit ausgehe. Die Gutachten von Dres. ... (2006) und ... (2009) dürften nicht mehr herangezogen werden. Das Gutachten von Prof. Dr. ... (2010) enthalte wiederum auch positive Aussagen, insbesondere bei gegebenem sozialen Empfangsraum. Er lebe seit nunmehr über zwei Jahren in einem gesicherten Umfeld, habe sich im Dezember 2010 freiwillig in Psychotherapie begeben und suche seinen Therapeuten einmal wöchentlich auf. Obwohl er diesen von seiner Schweigepflicht entbunden habe, habe der Beklagte keine Stellungnahme von diesem eingeholt. Er - der Kläger - sei einsichtig und therapiebereit. Trotzdem werde jede seiner Verhaltensweisen registriert und bewertet. So habe er ein Küchenmesser bei sich geführt, um Löwenzahn für das Kaninchen eines Freundes zu schneiden. Dies habe ihm der Beklagte als Verstoß gegen die Weisungen der Führungsaufsicht ausgelegt. Obwohl der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg insoweit angemahnt habe, dieser Umstand dürfe nicht überbewertet werden, sei der Kauf eines weiteren Küchenmessers im Januar 2012 wiederum als Verstoß gegen die Weisungen der Führungsaufsicht ausgelegt, das Messer sei beschlagnahmt worden. Die Führungsaufsicht habe jedoch von der Stellung eines Strafantrages abgesehen. Zum Recht, sich zu ernähren, gehöre es auch, über Essbesteck und sonstige, für die Zubereitung von Speisen notwendige Gerätschaften zu verfügen. Er sehe sich durch die offene und dauernde Überwachung in schlimmer Weise stigmatisiert. Eine erneute Begutachtung werde nicht für notwendig erachtet; er werde an einer erneuten Begutachtung nicht mitwirken.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die seit dem 10. September 2010 unvermindert durchgeführte Observation weiterhin durchzuführen.
15 
Das beklagte Land beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Zur Begründung wird ausgeführt, die Observation des Klägers finde ihre Rechtsgrundlage nach wie vor in § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG. Die Heranziehung dieser Norm sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Anordnungen beruhten auf Fallkonferenzen unter Beteiligung der Vertreter der Führungsaufsichtsstelle, der Bewährungshilfe und der Forensischen Ambulanz Baden mit der Polizei. Das Gutachten von Prof. Dr. ... weise eine Gefährdung durch den Kläger als hinreichend konkret und wahrscheinlich aus. Zudem habe die Observation Erkenntnisse erbracht, die zumindest Zweifel an der Ungefährlichkeit des Klägers nährten. Hierzu gehöre vor allem, dass das Verhalten des Klägers als so wenig kooperativ wie noch nie und aggressiv beschrieben werden müsse. Gesprächen mit den Observierungskräften stehe er ablehnend gegenüber, Aktivitäten kündige er nicht mehr vorher an. Bei einem Besuch bei seinem Bewährungshelfer habe er das Gebäude durch einen anderen Ausgang verlassen und sei mit dem Fahrrad davon gefahren. Das kommentarlose Verlassen der Wohnung und sein Davonfahren mit dem Fahrrad habe sich auch in der Folgezeit wiederholt. Daher sei nicht absehbar, wie der Kläger reagiere, wenn das „Feindbild Polizei“ nicht mehr vorhanden sei. Die Risikobewertung werde ständig aktualisiert. Dies zeige auch der Umstand, dass von anfänglich acht aus der Sicherungsverwahrung entlassenen Straftätern nunmehr nur noch wenige überwacht würden. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. Insbesondere weigere sich der Kläger, eine elektronische Fußfessel zu tragen.
18 
Bereits mit Beschluss vom 02.09.2010 hat die erkennende Kammer einen Antrag des seinerzeit noch in Sicherungsverwahrung befindlichen Klägers auf vorläufiges Unterlassen der Observation abgelehnt (4 K 1570/10). Die hiergegen vom Kläger eingelegte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 23.09.2010 verworfen (1 S 2149/10). Einen am 18.05.2011 erneut gestellten Eilantrag hat das erkennende Gericht mit Beschluss vom 16.08.2011 wiederum abgelehnt (4 K 917/11). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg wies die hiergegen eingelegte Beschwerde mit Beschluss vom 08.11.2011 zurück (1 S 2538/11). Auf die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde lehnte das Bundesverfassungsgericht einen Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 27.02.2012 ab. Mit Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 1 BvR 22/12 - (DVBl. 2013, 169) stellte das Bundesverfassungsgericht fest, die Beschlüsse des Verwaltungsgerichthofs Baden-Württemberg vom 08.11.2011 - 1 S 2538/11 - und des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16.08.2011 - 4 K 917/11 - verletzten den Kläger in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Die genannten Beschlüsse wurden aufgehoben und die Sache wurde an das Verwaltungsgericht Freiburg zurückgewiesen. Im Übrigen wurde die Verfassungsbeschwerde des Klägers zurückverwiesen. Das an das Verwaltungsgericht Freiburg zurückverwiesene Verfahren wird dort unter dem Aktenzeichen 4 K 2433/12 geführt; auch in diesem Eilverfahren hat das Gericht am 14.02.2013 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
19 
Bereits mit Beschluss vom 12.11.2012 hat das Verwaltungsgericht Freiburg dem Kläger Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bewilligt und ihm seinen Prozessbevollmächtigten zur Wahrnehmung seiner Rechte beigeordnet.
20 
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung von Dipl.-Psychologen ... als sachverständigen Zeugen, Polizeihauptkommissar ... und Polizeioberkommissar ... sowie Bewährungshelfer ... als Zeugen. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
21 
Ferner hat das Gericht Polizeioberrat ... (Landeskriminalamt Baden-Württemberg) zur Vorgehensweise von GZS-KURS bei der Risikobewertung generell und im konkreten Fall als amtliche Auskunftsperson befragt. Polizeioberrat ... hat hierbei ausgeführt, die Risikobewertung erfolge grundsätzlich aufgrund einer Einschätzung der Persönlichkeit des Probanden sowie seines Aggressionspotentials, das insbesondere anhand Art, Schwere und Häufigkeit der begangenen Taten ermittelt werde. Ferner seien das Verhalten während der Führungsaufsicht und das aktuelle Umfeld des Probanden von Bedeutung. Die Einzelheiten ergäben sich aus der Verwaltungsvorschrift zu KURS. Bei der Risikobewertung sei man von dem Gutachten ... und der dortigen Aussage ausgegangen, wenn beim Kläger kein sozialer Empfangsraum vorhanden sei, sei die Prognose eher ungünstig. Da ein sozialer Empfangsraum weiterhin nicht bestehe, insbesondere keine beschützende Unterbringung erfolgt sei, sei der Kläger in die höchste Gefahrenkategorie eingestuft worden. Im Mai 2011 habe man die Tendenz zu einer niedrigen Gefahrenkategorie festgehalten. Seinerzeit sei man davon ausgegangen, der Kläger entwickele sich. Im Fortgang habe sich der Kläger jedoch zunehmend distanziert und kaum noch kooperiert. Der Kontakt zur Forensischen Ambulanz bestehe nicht mehr. Nach außen sei eine positive Entwicklung beim Kläger nicht wahrnehmbar geworden. Von den übrigen aus der Sicherungsverwahrung entlassenen Sexualstraftätern sei der Kläger nunmehr der letzte, der noch observiert werde. Die übrigen hätten sich kooperativer verhalten und sich beispielsweise auch bereit erklärt, einen Sender bei sich zu führen. Es hätten auch Absprachen hinsichtlich der Reiseziele getroffen werden können. Dadurch habe der Überwachungsdruck gelockert werden können. Hinsichtlich des Klägers sei ihm zwar bekannt geworden, dass dieser anfänglich zur Kooperation bereit gewesen sei. Er könne nicht ausschließen, dass ein kooperatives Verhalten seinerzeit auch durch das Zutun der Polizei nicht habe aufrecht erhalten werden können. Da insgesamt aber keine positive Entwicklung sichtbar geworden sei, habe man auch weiterhin den Auftrag zu erfüllen, Gefahren für die Allgemeinheit durch die Observation abzuwehren.
22 
Der ebenfalls als amtliche Auskunftsperson vom Gericht befragte Polizeibeamte ... (Polizeidirektion Freiburg) hat zu Art und Weise der Observation Folgendes ausgeführt: Als im Jahr 2010 sehr plötzlich der Auftrag auf die Polizeidirektion Freiburg zugekommen sei, aus der Sicherungsverwahrung entlassene, rückfallgefährdete Sexualstraftäter zu überwachen, habe man eine generelle Führungs- und Einsatzanweisung erlassen. Diese trage dem Anliegen der Probanden, sich soweit wie möglich frei bewegen zu können, insoweit Rechnung, als es das Grundanliegen des Schutzes der Allgemeinheit verantwortbar erscheinen lasse. Es seien Verhaltensvorgaben für die observierenden Kräfte entwickelt worden, die sich später auch in der Praxis bewährt hätten. Die Dichte der Observation werde situationsabhängig gehandhabt. So seien die Beamten, die stets Zivilkleidung trügen, beispielsweise samstags in der Innenstadt näher bei den Probanden als in der freien Natur. Ziel sei es, neben der Sicherheit der Allgemeinheit auch die Grundrechte der Probanden zu gewährleisten. Der Kläger werde derzeit von drei Beamten rund um die Uhr bewacht.
23 
Schließlich hat das Gericht die Polizeibeamtin ... (KURS-Koordinatorin) als amtliche Auskunftsperson befragt. Sie hat ausgeführt, sie sei mit einer weiteren Person als Koordinatorin und Ansprechpartnerin für etwa 20 Personen zuständig. Ihr Ziel sei es, ein Vertrauensverhältnis mit den Probanden herzustellen und diese in gewissem Umfang auch zu begleiten. Zu diesem Zwecke besuche sie die Probanden und spreche mit ihnen über die Situation. Ihre Tätigkeit diene vornehmlich dem Ziel, die Weisungen der Führungsaufsicht zum Zwecke der Gefahrenabwehr zu überwachen. Der Kläger habe ihr gegenüber aber keine Bereitschaft zur Kooperation erkennen lassen und lehne den Kontakt ab.
24 
In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht auch den Kläger informatorisch befragt. Dieser hat ausgeführt, anfangs der Observation habe er sich bemüht, mit den Polizeibeamten zu kooperieren, habe beispielsweise angeboten, per Handy immer erreichbar zu sein. Ihm sei dann jedoch entgegnet worden, er solle den Beamten nicht vorschreiben, wie sie ihre Arbeit zu tun hätten. Die Forensische Ambulanz sei ihm aufgezwungen worden. Die Berichte des Herrn ... seien direkt an die Polizei gegangen. Es sei jedoch nicht seine Schuld, dass er dort nicht mehr hingehe. Vielmehr sei die Finanzierung durch das Land in Frage gestellt worden. Er könne bei seiner Situation nicht auch noch Verständnis für die Polizeibeamten entwickeln. (Befragt zu seinen Straftaten:) Nachdem die Sicherungsverwahrung unbegrenzt verlängert worden sei, habe man ihn einschließen können. Auf ein 08/15-Gutachten sei das nächste gefolgt. Es sei ihm nicht möglich, seine Nicht-Gefährlichkeit zu beweisen. Er habe im Vollzug so viele enttäuschende Erlebnisse gehabt. (Auf Nachfrage:) Mit seinen Taten habe er sich auseinander gesetzt. Er sei lange Zeit in der psychiatrischen Abteilung im Gefängniskrankenhaus Hohenasperg gewesen. Bei seinen Opfern habe er sich brieflich entschuldigt. Er wisse, dass seine Taten falsch gewesen seien, sie seien ein Tiefpunkt seines Lebens. Natürlich bereue man das. Die Sicherungsverwahrung sei das Druckmittel gewesen, eine Therapie zu machen. Er habe eine solche Therapie gemacht und sei trotzdem nicht freigekommen. (Auf nochmalige Nachfrage:) Die Umstände, dass sein Sohn damals klein gewesen sei und dies möglicherweise die Ehe belastet habe und dass er seine Arbeit verloren habe, könnten keine Ausrede für die Straftaten sein. (Befragt zur Gefährlichkeit:) Er glaube nicht, dass er heute so etwas noch einmal tun könne. Dagegen sprächen sein Alter, seine Weiterbildung und die Schulbildung während des Vollzugs sowie seine sonst gewonnenen Erkenntnisse. Auch seine Triebhaftigkeit habe nachgelassen. Mit Machtausübung hätten die Taten - entgegen der Einschätzung einiger Gutachter - allerdings nichts zu tun gehabt. Er habe viele Enttäuschungen und Niederlagen erlitten und gelernt, sich durch Schreiben zu wehren, nicht durch Rache an Schwächeren. Zu seinem Sohn und seiner früheren Ehefrau, die zwischenzeitlich wiederverheiratet sei und weitere Kinder bekommen habe, habe er keinen Kontakt. Zu seiner Mutter bestehe telefonischer Kontakt; sie habe nicht gewollt, dass er sie in Begleitung von Polizei besuche. Sie sei körperlich stark beeinträchtigt und benötige Pflege. Er könne sich aber momentan nicht vorstellen, in ihre Nähe zu ziehen und sie zu pflegen. Die Suche nach Freunden und Bekannten habe er aufgegeben. Nach dem Vorfall in dem Tafelladen habe er es auch aufgegeben, soziale Beziehungen knüpfen zu wollen, denn durch die Observation werde sowieso alles zunichte gemacht. Er habe es deshalb auch weitgehend aufgegeben, von Zeit zu Zeit in eine Kneipe zu gehen. (Befragt zu seinen Plänen:) Er brauche auf jeden Fall Beschäftigung. Zur Zeit habe er einen Rentenanspruch von 150,-- EUR pro Monat. Außerdem würde er sich gerne eine Wohnung suchen - und er wünsche sich eine Beziehung mit gegenseitigem Verständnis. (Befragt zu den Vorfällen im Jahr 2011:) Der Brief mit pornografischem Inhalt sei an ihn gerichtet worden - bekommen habe er ihn ja nicht, da er abgefangen worden sei - von einem Dritten, den er nicht persönlich kenne. Der „Kontakt“ sei wohl über einen früheren Mitgefangenen aus Bruchsal zustande gekommen, da sich der Autor des Briefes nicht mit „rechtlichen Dingen“ ausgekannt habe. Jener sei zwischenzeitlich aus der Justizvollzugsanstalt Straubing entlassen worden. Insofern frage er sich, warum er ihm, der er den Brief gar nicht kenne, weiterhin zum Vorwurf gemacht werde. Er wisse nicht, wie dieser Mann dazu gekommen sei, ihm einen solchen Brief zu schreiben. (Auf weitere Frage:) In der Veranstaltung an der katholischen Fachhochschule habe er seine Taten nicht verharmlost. Er habe lediglich aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart zitiert, das bei ihm wegen des vergleichsweise schonenden Umgangs mit den Opfern Strafmilderungsgründe gesehen habe.
25 
Dem Gericht liegen neben den Gerichtsakten, auch aus den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, drei Band Akten des Beklagten und Auszüge aus der Akte der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg vor. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage in Gestalt der (vorbeugenden) Unterlassungsklage statthaft. Der vom Kläger geltend gemachte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch ist gerichtet auf die Abwehr der von dem Beklagten gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG am 31.08.2010 erstmals angeordneten und zuletzt am 22.01.2013 verlängerten längerfristigen Observation. Hierbei handelt es sich - entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers - nicht um einen Verwaltungsakt (vgl. hierzu näher Beschluss der Kammer vom 29.12.2010 - 4 K 2629/10 -, VBlBW 2011, 239). Namentlich ändert sich die Rechtsqualität von Verwaltungshandeln nicht gleichsam automatisch dadurch, dass die Eingriffsintensität des Handelns hoch ist und mit fortdauernder Zeit weiter zunimmt. Zwar kann dieser Umstand prozedurale Sicherungen erforderlich machen, die Zulässigkeit schlichten Verwaltungshandelns ist aber grundsätzlich nicht auf Eingriffe geringen oder mittleren Umfangs in Freiheitsrechte beschränkt (vgl. zum Ganzen auch Hermes, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band 2, 2. Aufl. [2012], § 39 RdNrn. 56 ff.), was etwa durch die Rechtsqualität des so genannten finalen Rettungsschusses besonders anschaulich wird. Dem Kläger steht auch die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO notwendige Klagebefugnis zur Seite, denn er kann geltend machen, durch die längerfristige Observation möglicherweise in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verletzt zu sein (vgl. hierzu näher Beschluss der Kammer vom 29.12.2010, a.a.O., VBlBW 2011, 239 [241]; Guckelberger, VBlBW 2011, 209 [211]; Greve/Lucius, DÖV 2012, 97 [102 f.]).
27 
Die somit zulässige Klage ist auch begründet, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der längerfristigen Observation zu. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung besteht in Baden-Württemberg keine Rechtsgrundlage mehr für die hier im Streit stehende präventiv-polizeiliche Überwachung rund um die Uhr von aus der Sicherungsverwahrung entlassenen, (vermeintlich) rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (dazu nachfolgend I.). Selbst wenn man als Rechtsgrundlage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (noch) die polizeiliche Generalklausel in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen heranziehen wollte, lägen deren Voraussetzungen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim Kläger nicht vor (II.).
I.
28 
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung durch das erkennende Gericht besteht in Baden-Württemberg keine Rechtsgrundlage mehr für die längerfristige präventiv-polizeiliche Überwachung von aus der Sicherungsverwahrung entlassenen, (vermeintlich) rückfallgefährdeten Sexualstraftätern zum Zwecke der Abwehr weiterer Sexualstraftaten. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 163f StPO sind eindeutig nicht gegeben und werden von dem Beklagten auch nicht in Anspruch genommen. Der Eingriff kann aber auch weder auf § 22 PolG (1.), noch auf die polizeiliche Generalklausel nach §§ 1, 3 PolG gestützt werden (2.). Die polizeiliche Generalklausel steht auch übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - nicht mehr zur Verfügung (3.). Daher bedarf es letztlich keiner Entscheidung, ob die Anwendbarkeit des Polizeirechts im vorliegenden Fall auch deshalb gesperrt ist, weil der Bund für den hier interessierenden Sachbereich von seiner Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht hat (4.).
29 
1. Die am 22.01.2013 vom Leiter der Polizeidirektion Freiburg angeordnete längerfristige Überwachung des Klägers ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht von § 22 PolG gedeckt. Als besonderes Mittel der Datenerhebung benennt § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG die voraussichtlich innerhalb einer Woche länger als 24 Stunden dauernde oder über den Zeitraum einer Woche hinaus stattfindende Observation (längerfristige Observation). Nach § 22 Abs. 3 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten durch besondere Mittel der Datenerhebung zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- und Vermögenswerte über die in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen (Nr. 1) oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung über die in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen (Nr. 2) erheben, wenn andernfalls die Wahrnehmung seiner Aufgaben gefährdet oder erheblich erschwert würde. Die durch § 22 Abs. 3 PolG in Bezug genommene Vorschrift des § 20 Abs. 2 PolG bestimmt, dass die Polizei Daten der in den §§ 6 oder 7 PolG genannten Personen sowie anderer Personen erheben kann, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist und die Befugnisse der Polizei nicht anderweitig geregelt sind. Straftaten mit erheblicher Bedeutung im Sinne des § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG sind - soweit hier erheblich - Verbrechen (§ 22 Abs. 5 Nr. 1 PolG) sowie Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten (§ 22 Abs. 5 Nr. 2a PolG). Der Einsatz von Mitteln nach § 22 Abs. 1 PolG, ausgenommen der verdeckte Einsatz technischer Mittel nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 PolG, bedarf der Anordnung eines Regierungspräsidenten oder des Leiters des Landeskriminalamtes, eines Polizeipräsidiums oder einer Polizeidirektion. Diese können die Anordnungsbefugnis auf besonders beauftragte Beamte des höheren Dienstes übertragen (§ 22 Abs. 6 PolG). Der Betroffene ist von einer Maßnahme nach § 22 Abs. 3 PolG zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme geschehen kann (§ 22 Abs. 8 PolG).
30 
Die Vorschrift hat ihren systematischen Standort im mit „Datenerhebung“ überschriebenen Dritten Unterabschnitt des Zweiten Abschnitts („Maßnahmen der Polizei“) gefunden. Die Stellung der Vorschrift des § 22 PolG in diesem Unterabschnitt und der spezifische Bezug zur Datenerhebung spiegeln sich im Wortlaut der Norm wider. § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG nennt die längerfristige Observation als ein „besonderes Mittel der Datenerhebung“, § 22 Abs. 3 PolG lässt „die Erhebung personenbezogener Daten“ durch die längerfristige Observation zu. Auch die Historie der Vorschrift und des gesamten Dritten Unterabschnitts, die in Umsetzung des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 -, BVerfGE 65, 1) durch Änderungsgesetz vom 22. Oktober 1991 in das Polizeigesetz aufgenommen worden sind (vgl. dazu näher Heckmann, VBlBW 1992, 164 [165]), sprechen dafür, dass der Landesgesetzgeber in § 22 PolG nur verschiedene besondere Mittel der Datenerhebung geregelt hat und keine umfassende gefahrenabwehrrechtliche Regelung über die offene (begleitende) Observation von potenziellen Straftätern treffen wollte (in diese Richtung auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 2 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169 [171]; Greve/Lucius, a.a.O., S. 100).
31 
Die Datenerhebung ist im vorliegenden Fall nicht Zweck der Observation des Klägers. Unter den in § 22 Abs. 3 PolG in Bezug genommenen „personenbezogenen Daten“ werden gemäß § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener) verstanden. „Erheben“ ist das Beschaffen von personenbezogenen Daten über den Betroffenen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 LDSG). Die Polizei bezweckt in vorliegendem Fall keineswegs das Beschaffen von Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse des Klägers oder Dritter. Die Observation dient vielmehr gleichsam als eine Art „gefahrenabwehrrechtlicher Ersatz“ für den aus Rechtsgründen nicht mehr zulässigen Maßregelvollzug betreffend latent gefährliche Menschen mit psychopathologischer Neigung (so auch Greve/Lucius, a.a.O., S. 100). Von dem § 22 PolG zugrunde liegenden gefahrenabwehrrechtlichen Leitbild der Gewinnung weiterer Erkenntnisse über das vermutliche weitere Vorgehen eines Überwachten und der Erstellung von „Bewegungsprofilen“ unterscheidet sich die Observation des Klägers mithin deutlich (so auch VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010 - 6 L 746/10 -, juris RdNr. 18; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.12.2010 - 3 B 284/10 -, juris RdNr. 23).
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Allerdings hat die erkennende Kammer in der Vergangenheit auch erwogen, ob § 22 PolG als eine ursprünglich auf eine bestimmte polizeirechtliche Gefahrenlage bezogene Bestimmung bei Entstehen neuartiger, bislang zwar in dieser Form nicht vorhergesehener, aber im Wesenskern vergleichbarer Gefahrenlagen - zumindest übergangsweise - dann als Rechtsgrundlage herangezogen werden kann, wenn die normierten Tatbestandsvoraussetzungen dies prinzipiell erlauben und dies nicht zu einer unzulässigen Ausweitung der - in erster Linie an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu orientierenden - polizeilichen Eingriffsbefugnisse führt (ebenso OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.12.2010, a.a.O., juris RdNr. 24; skeptisch Greve/Lucius, a.a.O., S. 100), zumal der von § 22 PolG erfasste Gesetzeszweck der Informationsbeschaffung über den Kläger und sein Verhalten zumindest als Randerscheinung der Observation „mitverwirklicht“ wird. Ungeachtet etwaiger Einwände im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitserfordernis (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, NJW 2005, 2603 - vorbeugende Telekommunikationsüberwachung) spricht dagegen allerdings, dass die längerfristige Observation im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG nicht als jahrelange Dauer-Maßnahme konzipiert ist. Denn den Regelungen liegt das Leitbild zugrunde, dass sich nach einer überschaubaren Zeit - § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG spricht von einem Zeitraum innerhalb einer Woche und länger als eine Woche, nicht aber von Monaten und Jahren - wird entscheiden lassen, ob Strafverfolgungsmaßnahmen (ggf. wegen einer Versuchsstraftat) erfolgen können oder ob die Maßnahme voraussichtlich ergebnislos bleiben wird (vgl. zur „Schwestervorschrift“ in § 28 PolG des Saarlandes: VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010, a.a.O., RdNr. 16; Rachor, in: Lisken/Den-ninger, a.a.O., RdNrn. 283 ff.). Die Frage, ob die Heranziehung des § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG für die Observation des Klägers jedenfalls übergangsweise zulässig gewesen ist (vgl. in diese Richtung insbesondere Beschluss der Kammer vom 29.12.2010, a.a.O., VBlBW 2011, 239; zustimmend: Guckelberger, VBlBW 2011, 209 [211]; Rachor, a.a.O., RdNr. 279; ebenso zu § 16a PolG NW: VG Aachen, Urteil vom 24.01.2011 - 6 K 140/10 -, juris RdNrn. 51 ff.), bedarf aus Anlass des vorliegenden Verfahrens allerdings keiner Entscheidung. Denn diese Übergangsfrist hätte spätestens mit Zustellung der Beschwerdeentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an den Beklagten im November 2011 zu laufen begonnen, nachdem sich dort - wie auch schon früher (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 17.02.2011 - 1 S 184/11 u.a. -; zweifelnd auch Greve/Lucius, a.a.O., S. 100) - verschiedene Hinweise darauf finden, dass § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG als Ermächtigungsgrundlage für eine jahrelange Dauerobservation möglicherweise nicht zur Verfügung steht. Da der Landesgesetzgeber die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg - das für die Auslegung von Landesrecht letztinstanzliche Verwaltungsgericht des Landes - nicht zum Anlass für eine Neuregelung genommen hat, findet die hier im Streit stehende 17. Verlängerung der Anordnung der längerfristigen Observation vom 22.01.2013, die sich weiterhin ausdrücklich nur auf § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG stützt, in § 22 PolG keine gesetzliche Grundlage mehr.
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2. Da sich mithin § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als Ermächtigungsgrundlage nicht (mehr) als tragfähig erweist und eine sonstige spezielle Ermächtigungsgrundlage schon thematisch nicht ersichtlich ist, stellt sich die Frage, ob die Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Klägers ihre Rechtsgrundlage in der polizeilichen Generalklausel gemäß §§ 1, 3 PolG findet. Dies ist nicht der Fall.
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aa) Die erkennende Kammer kann in diesem Zusammenhang offen lassen, ob der Rückgriff auf die Generalklausel schon deshalb ausgeschlossen ist, weil es sich um einen Fall einer „gewollten Nichtregelung einer Befugnis“ handelt. Regelt ein Gesetzgeber eine Materie ausdrücklich und eine andere - typologisch eng verwandte - nicht, kann davon auszugehen sein, dass die eingriffsintensivere Maßnahme wegen des insoweit beredten Schweigens des Gesetzgebers nicht zugelassen ist. Im vorliegenden Fall wäre damit die Frage aufgeworfen, ob aus der expliziten Regelung der längerfristigen Observation zum Zwecke der Aufhellung eines „Dunkelfeldes“ geschlossen werden kann, dass sie zu anderen Zwecken als zur Informationsbeschaffung, insbesondere bei - wie hier - höherer Grundrechtsintensität, ausgeschlossen sein soll (vgl. so z.B. im Zusammenhang mit Durchsuchung und körperlicher Untersuchung: Rachor, a.a.O., RdNr. 718).
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bb) Diese Frage mag indes für das vorliegende Verfahren auf sich beruhen. Denn nach dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes verpflichten das Rechtstaatsprinzip und das Demokratieprinzip sowie das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot den Gesetzgeber, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen und sie nicht der Verwaltung zu überlassen (sog. Wesentlichkeitstheorie). Der demokratisch legitimierte Parlamentsgesetzgeber muss die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite selbst treffen und dadurch sicherstellen, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können. Ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Der Gesetzgeber hat daher Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs hinreichend bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 27.07.2005, a.a.O.; Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 u.a. -, NJW 2008, 822 - „Online-Durchsuchung“; Urteil vom 11.03.2008 - 1 BvR 2074/05 u.a. -, NJW 2008, 1505 - automatisierte Kfz-Kennzeichenerfassung; Greve/Lucius, a.a.O., S. 103 f.; Guckelberger, a.a.O., S. 212 f.). Dies gilt umso eher, je stärker eine Maßnahme in Grundrechte eingreift. Zwar verstößt die polizeiliche Generalklausel als solche nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Dem Sinn des Gesetzesvorbehalts widerstreitet es aber, eine so weit gespannte Generalklausel wie die polizeiliche stets als ausreichende Grundlage für Grundrechtseingriffe zu verwenden. Intensive und nicht nur kurzzeitig wirkende Grundrechtseingriffe muss der Gesetzgeber deshalb als solche ausdrücklich regeln (vgl. statt vieler: Rachor, a.a.O., RdNr. 723; einschränkend: Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl. 2007, RdNr. 49). Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen haben die Landesgesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass sie einzelne Befugnisse - die sog. Standardmaßnahmen - aus dem Anwendungsbereich der Generalklausel herausgelöst und hinsichtlich Voraussetzung, Mittel und Zweck genauer umschrieben haben.
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Gemessen an diesen Grundsätzen lässt sich die längerfristige offene Observation von rückfallgefährdeten Sexualstraftätern jedenfalls dann nicht auf die polizeiliche Generalklausel stützen, wenn die Maßnahme - wie hier - über sehr lange Zeit durchgeführt wird. Die erkennende Kammer und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg haben bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf die besonders hohe Grundrechtsrelevanz der Observation hingewiesen. Denn das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Menschenwürde sichern jedem Einzelnen - auch dem Kläger als Mehrfach-Sexualstraftäter - einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann, wobei die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Privatsphäre nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.12.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 [384]; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 2 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169 [171]). Ungeachtet der Frage, ob der Kläger die Beschränkung dieses Grundrechts derzeit (noch) hinnehmen muss, überrascht daher die Auffassung des Leiters der Polizeidirektion Freiburg in dessen schriftlicher Anordnung vom 22.01.2013, wonach „mit der Maßnahme keine schwerwiegenden Grundrechtseingriffe verbunden sind“ (ebenda, S. 5). Denn zweifellos stellt die 17. Verlängerung der vor etwa zweieinhalb Jahren begonnenen und seither ohne Unterlass durchgeführten längerfristigen Observation des Klägers einen besonders weitreichenden und schweren Grundrechtseingriff dar. Durch die fast lückenlose Präsenz der ihn außerhalb des von ihm bewohnten Zimmers überwachenden Polizisten wird die Möglichkeit, ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben zu führen, sehr weitgehend beeinträchtigt. Dies ist in der mündlichen Verhandlung erneut deutlich geworden. Der Kläger hat dort nachvollziehbar und eindrücklich geschildert, dass er es wegen dieser Situation aufgegeben habe, Kontakte zu knüpfen oder auch nur abends „auf ein Bier“ in eine Kneipe zu gehen. Dass die Observation auch sonst, beispielsweise bei der Arbeits- und Wohnungssuche, erheblich negative Folgen hat, kann daher schwerlich bezweifelt werden. Nicht zuletzt wegen der Intensität der Beeinträchtigung hat der Landesgesetzgeber einen anderen - regelhaft weniger grundrechtsintensiven - Sachverhalt bewusst einer ausdrücklichen Regelung in § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG zugeführt. Auch daraus ist zu schließen, dass der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts und das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot einer dauerhaften Anwendung der Generalklausel auf Fälle der vorliegenden Art entgegenstehen (ebenso Greve/Lucius, a.a.O., S. 101; Söllner, DVBl. 2013, 171 [173]).
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3. Die polizeiliche Generalklausel steht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung schließlich auch übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - nicht mehr als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Das Bundesverfassungsgericht hat es insoweit - offensichtlich anknüpfend an eine weit verbreitete Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. nur BVerwG, Vorlagebeschluss vom 24.10.2001 - 6 C 3.01 -, BVerwGE 115, 189 [194 ff.] - Laserdrome) und Literatur (statt vieler: Greve/Lucius, a.a.O., S. 105) - für möglich gehalten, die Observation rückfallgefährdeter Sexualstraftäter als eine neue Form polizeilicher Maßnahmen anzusehen, die bisher vom Landesgesetzgeber nicht eigens erfasst worden ist, die aber aufgrund ihrer weitreichenden Folgen einer dem Bestimmtheitsgebot entsprechenden normativen Typisierung in Gestalt einer eigenständigen Ermächtigungsgrundlage bedarf (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 2 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169 [171]). Bei dieser Sachlage - so die 1. Kammer des Ersten Senats (a.a.O.) - begegne es keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn die Gerichte angesichts des Gewichts der in Frage stehenden Rechtsgüter die polizeiliche Generalklausel im vorläufigen Rechtsschutzverfahren als noch tragfähig ansähen und die Frage der Rechtsgrundlage erst im Hauptsacheverfahren einer abschließenden Klärung zuführten. Der Sache nach werde damit die polizeiliche Generalklausel dahingehend verstanden, dass sie es den Behörden ermögliche, auf unvorhergesehene Gefahrensituationen auch mit im Grunde genommen näher regelungsbedürftigen Maßnahmen vorläufig zu reagieren. So ermöglichten es die Gerichte dem Gesetzgeber, eventuelle Regelungslücken zu schließen. Dies sei - bei Beachtung strenger Verhältnismäßigkeitsanforderungen - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es liege dann in der Verantwortung des Gesetzgebers, hierauf zu reagieren oder in Kauf zu nehmen, dass solche Maßnahmen von den Gerichten auf Dauer als von der geltenden Rechtslage nicht als gedeckt angesehen würden (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012, a.a.O.).
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Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung steht die polizeiliche Generalklausel mit den oben genannten Prämissen dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg, der sich in seinen Anordnungen im Übrigen auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.11.2012 weiterhin allein auf § 22 PolG stützt, nicht (mehr) als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Nach der zu Beschränkungen der Berufsfreiheit ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Vorlagebeschluss vom 24.10.2001, a.a.O.) ist dem Gesetzgeber zuzubilligen, dass er vor der Verabschiedung einer gesetzlichen Regelung die Entwicklung des potentiell regelungsbedürftigen Sachverhalts erst eine Zeit lang beobachtet. Für diesen Zeitraum kann die polizeiliche Generalklausel, die insoweit einer verfassungskonformen Interpretation bedarf, übergangsweise als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung stehen. Übertragen auf den vorliegenden Fall wird man - gerade im Hinblick auf die außerordentliche Grundrechtsrelevanz des Eingriffs der Dauerüberwachung - die Be-obachtungs- und Regelungsfrist für den Gesetzgeber nicht allzu großzügig bemessen können, zumal auch die regelungsbedürftige Sachmaterie überschaubar ist, namentlich für den Beklagten feststeht, welche Personengruppe mit welchem vermutetem Gefährdungspotential dauerhaft überwacht werden soll.
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Das beklagte Land geht spätestens seit Inkrafttreten der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums, des Justizministeriums und des Ministeriums für Arbeit und Soziales zu einer ressortübergreifenden Konzeption zum Umgang mit besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (VwV KURS) vom 9. März 2010 am 01.04.2010 davon aus, dass bei besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern auch eine Observation in Betracht zu ziehen sein wird (vgl. Nr. 4.7.2 VwV KURS 2010; heute Nr. 5.8.2 VwV KURS 2012). Wenngleich die Gruppe der im Hinblick auf das Urteil des EGMR vom 17.12.2009 (a.a.O.) aus der Sicherungsverwahrung zu entlassenden Straftäter nicht unmittelbar Anlass der VwV KURS war (vgl. hierzu etwa LT-Drs. 14/4965 vom 05.08.2009), ist das Phänomen im Hinblick auf Personenkreis (Täterprofil) und Maßnahmenkatalog unter Einschluss der Observation dem beklagten Land seit spätestens 01.04.2010 hinreichend bekannt. Zweifel an der dauerhaften Tragfähigkeit der von den die Observation anordnenden Behördenleitern in Anspruch genommenen Rechtsgrundlage des § 22 PolG sind in Rechtsprechung und Literatur sehr früh laut geworden (vgl. etwa Beschluss der Kammer vom 29.10.2010 - 4 K 2629/10 -, VBlBW 2011, 239 [240 f.]: verfassungskonforme Auslegung notwendig, § 22 Abs. 3 PolG keine Handhabe zur Dauerüberwachung ohne ständige Überprüfung, Problem fehlender verfahrensmäßiger Sicherungen; nachfolgend: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.02.2011 - 1 S 184/11 u.a. -: hilfsweise Generalklausel in Betracht zu ziehen; zweifelnd auch Guckelberger, VBlBW 2011, 209 [210 ff.]; zur saarländischen Regelung zweifelnd: VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010 - 6 L 746/10 -, juris RdNr. 18; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.12.2010 - 3 B 284/10 -, juris RdNr. 23). Das Land hat die zweifelnden Hinweise in Rechtsprechung und Literatur nicht zum Anlass für eine Gesetzesinitiative genommen und ist auch danach noch untätig geblieben, als der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - das für die Auslegung von Landesrecht letztinstanzliche Verwaltungsgericht des Landes - in der Entscheidung über das Eilverfahren des Klägers (Beschluss vom 08.11.2011, a.a.O., BA S. 6 und 7) seine Zweifel an der Tragfähigkeit der vom beklagten Land in Anspruch genommenen Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG noch einmal betont hat. In dieser Entscheidung weist der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zudem - in unzweifelhafter Deutlichkeit - darauf hin, dass eine Dauer-Observation des Klägers selbst bei fortbestehender Gefährlichkeit mangels Rechtsgrundlage allenfalls für eine „gewisse Übergangszeit“ noch hingenommen werden kann (ebenda S. 12). Diese Einschätzung wird auch in der seither bekannt gewordenen Literatur geteilt (vgl. nur Greve/Lucius, a.a.O., S. 99 ff.). Selbst die Ablehnung des vom Kläger gestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht am 27.02.2012 hat nicht zu einem Tätigwerden des Landesgesetzgebers geführt, obwohl es in der Beschlussbegründung heißt, dass die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen, namentlich ob die herangezogenen Vorschriften des Polizeigesetzes „grundsätzlich oder möglicherweise nur vorübergehend und befristet bis zur Schaffung einer eigenen Rechtsgrundlage tragen können“ (BA S. 4), in einem Hauptsacheverfahren zu klären seien.
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Bei dieser Sachlage geht die erkennende Kammer davon aus, dass die polizeiliche Generalklausel im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - nicht mehr als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung steht. Für eine bereichsspezifische Regelung des hinreichend klar umrissenen und letztlich auch überschaubaren Sachverhalts der Dauerüberwachung rückfallgefährdeter (Sexual-)Straftäter zum Zwecke der Verhinderung erneuter Tatbegehung stand dem Gesetzgeber bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ausreichend Zeit zur Verfügung, ohne dass er bislang - soweit für das Gericht ersichtlich - ein Gesetzgebungsvorhaben initiiert hätte. Es ist dem Kläger auch angesichts der erheblichen Beschränkung seiner Freiheitsrechte nach rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zumutbar, wegen Untätigkeit des Gesetzgebers auch weiterhin signifikante Einbußen seiner Freiheitsrechte hinnehmen zu müssen. Das mag nicht ausschließen, dass die Überwachungsbedürftigkeit des Klägers nach Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung erneut zu prüfen sein mag. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht jedoch mangels zur Verfügung stehender Rechtsgrundlage keine Handhabe zur dauerhaften Observation dieses Personenkreises mehr.
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4. Keiner abschließenden Entscheidung bedarf nach dem Vorstehenden die Frage, ob der Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel auch deshalb gesperrt sein könnte, weil der Sachbereich „Gefahr durch rückfallgefährdete (Sexual-)Straftäter“ abschließend im Sechsten Titel des Dritten Abschnitts des Strafgesetzbuchs („Maßregeln der Besserung und Sicherung“) - namentlich in den Vorschriften über die Führungsaufsicht (§§ 68 ff. StGB) - geregelt ist. Dann wäre dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg der Rückgriff auf das Polizeirecht des Landes schon kompetenziell nicht möglich. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist insoweit geklärt, dass der Kompetenztitel „Strafrecht“ im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG weit zu verstehen ist und beispielsweise keine ergänzende Länderkompetenz im Bereich der Sicherungsverwahrung besteht (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 10.02.2004 - 2 BvR 834/02 u.a. -, BVerfGE 109, 190 - nachträgliche Sicherungsverwahrung). Gemäß Art. 72 Abs. 1 GG dürfen die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung eigene Gesetze nur erlassen, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Demnach sind landesrechtliche Regelungen grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die bundesgesetzliche Regelung dieses Sachbereichs abschließenden Charakter hat. Ob eine bundesrechtliche Regelung abschließend ist oder nicht, kann nur einer Gesamtwürdigung des betreffenden Normenkomplexes entnommen werden (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 29.03.2000 - 2 BvL 3/96 -, BVerfGE 102, 99 [114] - Landesabfallgesetz Nordrhein-Westfalen). Allerdings rechtfertigt der Erlass eines Bundesgesetzes über einen bestimmten Gegenstand für sich allein noch nicht die Annahme, dass damit die Länder von einer Gesetzgebung ausgeschlossen sind; es können noch Bereiche übrig bleiben, deren Regelung für die Gesetzgebung der Länder offen ist (vgl. wiederum BVerfG, Beschluss vom 29.03.2000, a.a.O.). Maßgeblich ist, ob ein bestimmter Sachbereich umfassend und lückenlos geregelt ist oder jedenfalls nach dem aus Gesetzgebungsgeschichte und Materialien ablesbaren objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte. Für die Frage, ob und inwieweit der Bund von seiner Zuständigkeit Gebrauch gemacht hat, ist in erster Linie auf das Bundesgesetz selbst, sodann auf den hinter dem Gesetz stehenden Regelungszweck, ferner auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien abzustellen (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.10.1998 - 1 BvR 2306/06 u.a. -, BVerfGE 98, 265 [300 f.] - Bayerisches Schwangerenhilfeergänzungsgesetz).
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Hat der Bund einen Sachbereich in Wahrnehmung einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz in diesem Sinne abschließend geregelt, so tritt die Sperrwirkung des Art. 72 Abs. 1 GG für eine Regelung der Länder in diesem Sachbereich unabhängig davon ein, ob die landesrechtlichen Regelungen den bundesrechtlichen Bestimmungen widerstreiten oder sie nur ergänzen, ohne ihnen zu widersprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.03.2000, a.a.O., S. 115). Die Länder sind nicht berechtigt, eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz dort in Anspruch zu nehmen, wo sie eine - abschließende - Bundesregelung für unzulänglich und deshalb reformbedürftig halten; das Grundgesetz weist ihnen insbesondere nicht die Aufgabe zu, kompetenzgemäß getroffene Entscheidungen des Bundesgesetzgebers „nachzubessern“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.10.1998, a.a.O., S. 300).
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Im vorliegenden Fall könnte sich daher auch die Frage stellen, ob nicht die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten (so ausdrücklich § 68 Abs. 1 StGB) jedenfalls bei demjenigen Personenkreis, bei dem Führungsaufsicht angeordnet ist oder kraft Gesetzes besteht, abschließend im Strafgesetzbuch (§§ 68 ff. StGB) geregelt ist, sodass den Ländern ein Zugriff auf diese Materie im Wege des allgemeinen oder besonderen Polizeirechts verwehrt wäre. Der vorrangige Zweck der Führungsaufsicht besteht - nach Einschätzung des Bundesgesetzgebers (vgl. hierzu und zum Folgenden wörtlich BT-Drs. 17/3403 S. 13 f.) - darin, durch Maßnahmen der Betreuung und Überwachung eine erneute Straffälligkeit der verurteilten Person nach Entlassung zu vermeiden. Dem staatlichen Auftrag, die Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern zu schützen, kommt dabei bei solchen Verurteilten besondere Bedeutung zu, bei denen die Gefahr besteht, dass sie erneut schwere Straftaten, insbesondere schwere Gewalt- oder Sexualdelikte, begehen werden. Dies kann nach Einschätzung des Bundesgesetzgebers (a.a.O., S. 13 und 14)
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„vor allem bei solchen Personen angenommen werden, die aufgrund der endgültigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 17. Dezember 2009 (Nr. 19359/04) aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, obwohl bei ihnen weiterhin die Gefahr besteht, dass sie erhebliche Straftaten begehen werden, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. (…) Aufgrund dieser Entscheidung muss damit gerechnet werden, dass (…) als gefährlich eingestufte Täter aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, bei denen die Sach- und Rechtslage gleichgelagert ist; solche Entlassungen sind auch schon erfolgt. Aber auch davon unabhängig hat die Führungsaufsicht mit verurteilten Personen zu tun, bei denen die Gefahr erneuter schwerer Straftaten, insbesondere schwerer Gewalt- und Sexualstraftaten, hoch ist, aber zum Beispiel die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nach vollständiger Verbüßung der Haft aus Rechtsgründen ausscheidet. (…) Vor diesem Hintergrund und zur weiteren Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor schweren Wiederholungstaten verfolgt der Entwurf das Ziel, das zuletzt durch das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung vom 13. April 2007 (BGBl. I S. 513) erweiterte Instrumentarium der Führungsaufsicht weiter auszubauen. Daneben soll die Möglichkeit der unbefristeten Verlängerung der Führungsaufsicht ausgedehnt werden.“
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Die im Zusammenhang mit der längerfristigen Observation durch Polizeibeamte interessierende Frage der Gesetzgebungs- und Regelungskompetenz der Länder stellt sich nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300 [2301 f.]) auch besonders deshalb, weil der Gesetzgeber die Weisung, die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, in § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB überführt hat und damit jedenfalls einen wichtigen Teilbereich der Überwachung rückfallgefährdeter Straftäter im Zusammenhang mit der Führungsaufsicht geregelt hat. In diesem Zusammenhang hat er auch besondere Anforderungen an die Zulässigkeit dieser Weisung statuiert (§ 68b Abs. 1 Satz 3 StGB). Die Regelung eines gewichtigen Teils der Überwachung könnte dafür sprechen, dass der Personenkreis der der Führungsaufsicht unterstehenden rückfallgefährdeten (Sexual-)Straftäter, zu dem der Beklagte auch den Kläger rechnet, jedenfalls in Bezug auf die Dauermaßnahmen - für einmalige, situationsabhängige Maßnahmen, wie etwa die Gefährdetenansprache, wird ein Rückgriff auf das Polizeirecht möglich bleiben - (nur) den entsprechenden Regelungen des Strafgesetzbuchs unterworfen sein soll. Hierfür könnte - neben den prozeduralen Sicherungen (richterliche Entscheidung, regelmäßige Überprüfung, Befristung) - auch sprechen, dass als Zweck der so genannten elektronischen Fußfessel ausdrücklich genannt wird, den Täter im Sinne einer positiven und negativen Spezialprävention von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten (BT-Drs. 17/3403 S. 17). Der Gesetzgeber erhofft sich von der Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB demzufolge auch, dass
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„die elektronische Überwachung auch eine enge polizeiliche Überwachung in Form einer fortwährenden unmittelbaren Begleitung des Betroffenen durch Polizeibeamte entbehrlich machen kann, wie sie derzeit zum Teil bei als gefährlich eingestuften Entlassenen praktiziert wird. Die mit dieser Begleitung zwangsläufig verbundene Stigmatisierung der verurteilten Person und ihr negativer Effekt auf deren Reintegration würden durch eine unauffällige, nach außen nicht erkennbare elektronische Überwachung vermieden“ (BT-Drs. 17/3403 S. 19).
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Diese Formulierung lässt Fragen offen. Sie könnte für eine Rest-Kompetenz der Länder ebenso sprechen wie für eine „Voll-Regelung“ im Bereich der Führungsaufsicht. Für die Personengruppe der „wegen rückwirkender Verschärfung des Rechts der Sicherungsverwahrung nicht länger in der Sicherungsverwahrung unterzubringender verurteilter Personen“ hat der Bundesgesetzgeber überdies - was als Abrundung der Frage der Gesetzgebungs- und damit auch Anordnungskompetenz nicht außer Betracht bleiben darf -, wiederum gestützt auf seine Annexkompetenz zum Kompetenztitel „Strafrecht“ in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (BT-Drs. 17/3403 S. 20) - das Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz - ThUG) vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300 [2305]) erlassen. Nach alledem könnten einige Gründe dafür sprechen, dass dem Land Baden-Württemberg für eine Observation des hier in Rede stehenden Personenkreises zu den hier maßgeblichen Zwecken eine Gesetzgebungskompetenz überhaupt nicht (mehr) zusteht. Dann wäre dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg - selbstverständlich - auch der Rückgriff auf das Polizeirecht, gleich welcher Rechtsgrundlage, nicht eröffnet. Einer abschließenden Entscheidung bedarf dies freilich nicht. Denn selbst wenn eine „Reservekompetenz“ für eine präventiv-polizeiliche Regelung durch die Länder gegeben wäre, könnte die Observation des Klägers aus den oben genannten Gründen hierauf nicht mehr gestützt werden.
II.
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Selbst wenn die polizeiliche Generalklausel im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - noch als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung stehen sollte, wenn also die Beobachtungs- und Regelungsfrist für den Gesetzgeber großzügiger zu bemessen wäre, als dies nach Auffassung der Kammer der Fall ist, stünde dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Denn eine hinreichende Gefahrenprognose des Beklagten liegt nicht vor (1.) und es sind auch im Rahmen der Beweiserhebung durch die erkennende Kammer keine Tatsachen bekannt geworden, die für eine konkrete Gefahr für die körperliche Unversehrtheit Dritter durch den Kläger sprechen könnten (2.).
49 
1. Eine auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Handlungsbefugnis setzt stets voraus, dass für das betroffene Schutzgut eine konkrete Gefahr besteht. Die insoweit zu treffende Prognoseentscheidung ist Sache der Polizei. Gefahr ist eine Sachlage, in der bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für ein Schutzgut eintreten wird. Die Gefahrbeurteilung erfolgt aus der Perspektive ex-ante, wobei - insoweit ist die Generalklausel durch § 22 Abs. 6 PolG anzureichern - auf den Wissenshorizont eines sorgfältigen Behördenleiters der Polizeidirektion abzustellen ist. Maßgeblich für die Prognoseentscheidung ist also dessen Beurteilung zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung über die Observation getroffen worden ist, hier der Zeitpunkt der 17. Verlängerung der Anordnung am 22.01.2013. Nicht jede Gefahr reicht als Voraussetzung für ein polizeiliches Tätigwerden aus. Die von der Generalklausel vorausgesetzte hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts liegt zwischen der Sicherheit und der nahezu, aber nicht völlig auszuschließenden Möglichkeit. Je größer der zu erwartende Schaden ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit. Die Schadenswahrscheinlichkeit kann dabei vor allem auf der Ebene des Verhältnismäßigkeitsprinzips eine Rolle spielen. Für den vorliegenden Fall folgt hieraus dreierlei: Die von dem Beklagten behauptete und vom Kläger in Abrede gestellte konkrete Gefahr kann die Observation nur rechtfertigen, wenn sie in der Begehung von Straftaten gegen das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung besteht. Davon geht auch der Beklagte aus. In anderer Hinsicht nicht gegebenes Wohlverhalten des Klägers (z.B. Straftaten gegen das Eigentum, Ordnungswidrigkeiten, etc.) hat insoweit außer Betracht zu bleiben. Im Hinblick auf die anzustellende Gefahrenprognose dürfen hingegen auch solche Umstände Berücksichtigung finden, wenn sie einen Bezug zu der „einschlägigen Gefahr“ haben, wenn etwa die emotionale Steuerungs- und Kontrollfähigkeit des Klägers nicht gegeben wäre und dies in seinem Verhalten (z.B. Körperverletzung gegenüber Polizeibeamten) sichtbar würde. Da es sich bei der sexuellen Selbstbestimmung etwaiger Opfer (bislang durchweg junge, aber volljährige Frauen) um höchste Rechtsgüter handelt, sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts geringere Anforderungen zu stellen. In zeitlicher Hinsicht kann die Gefahrenprognose nur unbeanstandet bleiben, wenn sie zugrunde legt, dass die Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten durch den Kläger gerade (auch) innerhalb des geregelten Zeitraums (hier vom 22.01.2013 bis zum 22.03.2013) besteht. Der Prognosehorizont von in der Sicherungsverwahrung - mit Blick auf § 67d Abs. 3 StGB - erstellten Gutachten (vgl. zu diesem Prognosemaßstab: Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 67d RdNr. 7; § 56 RdNrn. 15a ff.) ist dagegen ein anderer.
50 
Die vom Leiter der Polizeidirektion Freiburg am 22.01.2013 getroffene Prognoseentscheidung rechtfertigt die Annahme einer vom Kläger ausgehenden konkreten Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten nicht. Sie ist bereits in ihrem rechtlichen Ansatz - da weiterhin ausschließlich auf § 22 PolG gestützt - fraglich, legt aber - vor allem - der Prognoseentscheidung Umstände zugrunde, die nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr berücksichtigungsfähig sind. In seinem Beschluss vom 08.11.2012 (a.a.O.) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt:
51 
„Die Gerichte durften angesichts des mit einer solchen Observation verbundenen schweren Eingriffs, zumal wenn er zur Zeit nach der Auffassung der Verwaltungsgerichte wohl allein auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden kann, dem Beschwerdeführer nicht unter Berufung auf zum Zeitpunkt ihrer Entscheidungen im Wesentlichen nicht mehr aktuelle Erkenntnisse den einstweiligen Rechtsschutz versagen. Die Gerichte haben ihre Entscheidung, den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, vor allem darauf gestützt, dass sich aus einem psychiatrischen Gutachten vom 5. März 2010 ergebe, dass bei einem Verzicht auf eine Beobachtung des Beschwerdeführers nach der Entlassung aus der Sicherungsverwahrung von einer gewissen Rückfallgefahr auszugehen sei. Bei der maßgeblichen Berücksichtigung dieses Gutachtens haben die Gerichte zum einen nicht ausreichend beachtet, dass die Begutachtung zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidungen bereits länger zurück lag. (…) Zum anderen stand der Verwendung des Gutachtens vom 5. März 2010 spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs der Umstand entgegen, dass die Begutachtung erfolgte, als der Beschwerdeführer sich noch in Sicherungsverwahrung befand. Der Gutachter konnte allenfalls vermuten, wie der Beschwerdeführer sich nach Jahrzehnten der Haft und der Sicherungsverwahrung in Freiheit verhalten würde. Nunmehr lebt der Beschwerdeführer aber seit geraumer Zeit unter vollständig veränderten Umständen, die es nicht angezeigt erscheinen lassen, eine so weitreichende Entscheidung wie die über die Fortsetzung einer fast durchgehenden polizeilichen Beobachtung auf veraltete Vermutungen zu stützen. In Anbetracht der Schwere des Eingriffs in Grundrechte des Beschwerdeführers hätten die Gerichte ihre Entscheidungen - auch im Rahmen eines Eilverfahrens - nicht maßgeblich auf dieses weit zurückliegende Gutachten stützen dürfen.“
52 
Die Beteiligten sind an diesen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick sowohl auf dessen Rechtskraft als auch auf die Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG gebunden (vgl. nur Schemmer, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. [2005], § 93c RdNrn. 13 ff.), können also - trotz mancher durch den Beschluss aufgeworfenen (und nicht beantworteten) Fragen - nicht geltend machen, die Entscheidung sei in ihren tragenden Erwägungen unrichtig und daher nicht zu beachten. Obwohl in dem genannten Beschluss die Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnungen der Polizeidirektion Freiburg vom 05.09.2011, 11.07.2011, 18.05.2011, 21.03.2011, 28.01.2011, 02.12.2010, 03.11.2010, 07.10.2010 und vom 31.08.2010 - wenn auch ohne Begründung - zurückgewiesen wurde, steht mit dem genannten Beschluss doch fest, dass der Beklagte seine Prognoseentscheidung jedenfalls seither nicht mehr auf das Gutachten ... vom 05.03.2010 stützen darf. Denn wenn die Gerichte bei ihrer die Verwaltung kontrollierenden Tätigkeit das Gutachten „nicht maßgeblich“ zugrunde legen dürfen, kann für das beklagte Land nichts anderes gelten. Gleichwohl geht die Anordnung des Leiters der Polizeidirektion Freiburg weiterhin maßgeblich von dem Gutachten ... aus und begründet die ungünstige Rückfallprognose zudem mit einem weiteren (noch älteren) Gutachten (Anordnung vom 22.01.2013, S. 2). Die aufgrund dieser Gutachten angenommene Einschätzung als „Risikoproband mit herausragendem Gefährdungspotential“ (ebenda) wird in der 17. Verlängerung der Observationsanordnung gleichsam fortgeschrieben, indem davon ausgegangen wird, „Hinweise auf eine positive Änderung der Persönlichkeitsstruktur“ lägen nicht vor, was im Folgenden näher dargelegt wird. Damit wird der gebotene Prognosemaßstab verkannt: Nicht der Kläger muss das Gutachten ... und frühere Vorgutachten entkräften, mit anderen Worten seine Ungefährlichkeit dartun, sondern der Beklagte muss dessen Gefährlichkeit - unter Außerachtlassung der nicht mehr „maßgeblich“ verwertbaren Gutachten - begründen. Diesen rechtlichen Anforderungen genügt die Anordnung des Leiters der Polizeidirektion Freiburg vom 22.01.2013 - ungeachtet des Umstands, dass sie auch im Hinblick auf die einschneidende Wirkung der Observation für den Kläger auf ein Fehlverständnis hindeutet (S. 5) - nicht.
53 
Die in einem anderen Zusammenhang auf der Basis der VwV KURS erstellte Risikobewertung betreffend den Kläger vom 07.02.2013 ist ebenfalls ungeeignet, den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die zu treffende Prognose-entscheidung Rechnung zu tragen. Darin wird zwar immerhin dargestellt, dass die noch in der Sicherungsverwahrung erstellten Gutachten keine Verwendung mehr finden dürfen (Risikobewertung vom 07.02.2013, S. 2). Hieraus wird aber nicht die gebotene rechtliche Schlussfolgerung gezogen, dass sich die Gefährlichkeit des Klägers nunmehr nur mit neuen Anknüpfungstatsachen begründen lässt. Insofern werden zwar einige Umstände genannt, namentlich, dass sich der Kläger unkooperativ gegenüber den Polizeibeamten und der KURS-Koordinatorin verhält (ebenda, S. 6 und 7) und dass er gegenüber den Polizeibeamten seit einiger Zeit aggressiver und ablehnender auftritt (S. 8). Diese Umstände sind aber nicht geeignet, die konkrete Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten durch den Kläger zu begründen. Der Kläger ist seit der Erledigung der Sicherungsverwahrung ein „freier Mann“, der die Weisungen der Führungsaufsicht einzuhalten hat und dessen Aufenthalt deshalb auf den Stadtkreis Freiburg und den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald beschränkt ist, der sich aber im Übrigen von Rechts wegen ebenso verhalten kann wie jeder andere freie Mensch. Der Kläger ist namentlich rechtlich nicht dazu verpflichtet, Kontakt zu der für ihn zuständigen KURS-Koordinatorin zu halten, nachdem diese Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht ausdrücklich aufgehoben worden ist. Auch seine Aktivitäten, insbesondere Fahrradtouren, muss er den observierenden Kräften nicht vorher ankündigen. Für das Gelingen der Observation muss er nicht Sorge tragen. Es mag sein, dass die Regeln des Anstands und der gegenseitigen Rücksichtnahme ein solches Verhalten wünschenswert erscheinen lassen. Eine Rechtspflicht des Klägers besteht aber nicht; sein Verhalten kann deshalb insoweit auch nicht zur Begründung einer konkreten Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten herhalten. Verstöße gegen die Weisungen der Führungsaufsicht hat der Beklagte selbst nicht behauptet; hierfür ist auch nichts ersichtlich. Soweit der Kläger im März 2011 ein Messer zum Löwenzahnschneiden mit sich geführt hat und ein Jahr später ein Küchenmesser im Laden erworben hat, das er dem begleitenden Beamten sofort übergeben hat, mag darin zwar ein Verstoß gegen die gegenteilige Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht zu sehen sein. Allerdings hat schon der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 08.11.2011 (a.a.O., S. 10) mit näherer Begründung darauf hingewiesen, dass der Verstoß vom März 2011 nicht überbewertet werden darf. Insoweit ist zudem zu berücksichtigen, dass der zweite (formale) Verstoß zu einer Änderung der entsprechenden Weisung geführt hat, indem klargestellt wurde, dass der Kläger in seinem Wohnraum Küchenmesser besitzen darf. In beiden Fällen ist bezeichnenderweise seitens der Führungsaufsicht auch kein Strafantrag gestellt worden. Auch der Beklagte zieht diese Vorfälle nicht mehr zur Begründung der Gefährlichkeit des Klägers heran. Da somit weder die 17. Verlängerung der Anordnung der Observation vom 22.01.2013 noch die Risikobewertung des Landeskriminalamts vom 07.02.2013 hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr der Begehung einschlägiger (Sexual-)Straf-taten durch den Kläger beinhalten, können die dort getroffenen prognostischen Einschätzungen die Observation des Klägers im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht rechtfertigen (vgl. auch zur Gewichtigkeit von Anknüpfungstatsachen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2013 - 1 S 1817/12 -, BA S. 7 ff.).
54 
2. Auch im Rahmen der Beweiserhebung durch die erkennende Kammer sind keine Tatsachen bekannt geworden, die für eine konkrete Gefahr der Begehung einschlägiger (Sexual-)Straftaten durch den Kläger sprechen könnten. Die beiden von der Kammer vernommenen, für die Koordination der Observierung verantwortlichen Polizeibeamten ... und ... haben übereinstimmend berichtet, die observierenden Beamten hätten über die Gefährlichkeit des Klägers keine Erkenntnisse gewonnen. Die Zeugen ... und ... sind für die Koordination der Observation seit dem 18.11.2011 verantwortlich. Der vom Zeugen ... berichtete Vorfall, dass der Kläger ohne Ankündigung auf sein Fahrrad gestiegen und davon geradelt sei, mag für die mit der Observation betrauten Beamten misslich sein. Allerdings ist auch insoweit festzuhalten, dass der Kläger von Rechts wegen nicht gehalten ist, die Einsatzbereitschaft der Polizeibeamten abzuwarten oder sein Tempo gar an deren Fitnesszustand oder dem zur Verfügung stehenden Fahrradmaterial zu orientieren. Verbale Entgleisungen und aggressive Sprachmuster wären für sich genommen ebenfalls nicht geeignet, die Gefährlichkeit des Klägers zu begründen. Der Zeuge ... hat insofern aber auch ausgesagt, er habe keinerlei Rückmeldungen über verbale Entgleisungen des Klägers erhalten. Es habe auch keine Erkenntnisse über ein Interesse des Klägers an jüngeren Frauen oder sonstiges Tatverhalten gegeben, wie dieser es in der Vergangenheit gezeigt habe. Der Zeuge ... hat diese Aussage auch für die jüngere Zeit (ab September 2012) bestätigt und - in der Sache selbstverständlich zutreffend - hinzugefügt, dass bei der Observation so gearbeitet werde, dass gefährliche Situationen gerade vermieden würden. Der Umstand, dass dem Kläger zurechenbare gefährliche Situationen für Dritte durch die Observation bislang vermieden wurden, kann aber - wiederum selbstverständlich - nicht als Argument dafür dienen, die Gefährlichkeit des Klägers zu begründen.
55 
Die erkennende Kammer ist aufgrund der Beweiserhebung auch zu der Auffassung gelangt, dass die gegen eine Gefährlichkeit des - insoweit freilich nicht materiell beweisbelasteten - Klägers sprechenden Umstände durchaus erheblich sind. Der Kläger hat - auf Anregung von Hausarzt und Bewährungshelfer - im Dezember 2010 freiwillig eine psychotherapeutische Behandlung begonnen und nimmt die in der Regel im Wochenabstand stattfindenden Termine regelmäßig und pünktlich wahr. Sein in der mündlichen Verhandlung als sachverständiger Zeuge vernommener Psychotherapeut, Dipl.-Psych. ..., hat - für die erkennende Kammer gut nachvollziehbar - Fortschritte in der Behandlung und Entwicklung geschildert und die Observation auch und gerade für den Erfolg der Psychotherapie als eher ungünstig wirkenden Umstand beschrieben. Für die erkennende Kammer insbesondere schlüssig und nachvollziehbar war die vom sachverständigen Zeugen herausgearbeitete Differenzierung zwischen sozialer Kompetenz und Gefährlichkeit des Klägers. In der Tat mag - so auch der Eindruck der Kammer in der mündlichen Verhandlung - der Kläger manchmal schroff und unwirsch wirken; auch mag es sein, dass er gegenüber labilen Persönlichkeiten aufgrund seiner zweifellos gut ausgeprägten Intelligenz eine gewisse Dominanz entfalten kann. Diese Haltung mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass der Kläger zwar einerseits schwere Straftaten begangen hat, er aber andererseits auch zehn Jahre zu Unrecht in Sicherungsverwahrung verbracht hat. Insoweit ist nicht auszuschließen, dass beim Kläger sich (auch) eine gewisse Opferhaltung entwickelt hat, die ihn zuweilen - auch im Umgang mit den Polizeibeamten - strikt, verletzend, schroff und ablehnend erscheinen lässt und die im Hinblick auf die (Re-) Integration des Klägers in die Zivilgesellschaft Probleme mit sich bringen könnte. Auch am Frauenbild des Klägers sei - so sein Psychotherapeut - noch zu arbeiten. Das Nähe-/Distanzverhältnis sei entwicklungsbedürftig, und es sei auch noch Entwicklungspotenzial hinsichtlich des Umstands notwendig, dass die Grenzen auch die Frau mitbestimme. Dies hat der sachverständige Zeuge ..., der gerade diese Themen mit dem Kläger im Rahmen der Psychotherapie bearbeitet, für die Kammer nachvollziehbar dargelegt. Er hat aber auch - und vor allem - ausgesagt, er habe im Laufe der Behandlung nie den Eindruck gehabt, der Kläger könne wieder gefährlich werden. Die Gefahr von Grenzverletzungen gegenüber Frauen sah der sachverständige Zeuge nicht als besonders ausgeprägt an, er sehe eher Tapsigkeiten und Ungeschicklichkeiten gegenüber Frauen im Vordergrund. Diese - für einen behandelnden Psychotherapeuten keineswegs selbstverständliche - differenzierte Beurteilung des Klägers lässt den Schluss auf eine konkrete Gefahr der Begehung erneuter einschlägiger Straftaten durch den Kläger nicht zu, spricht im Gegenteil eher dafür, dass der Kläger bei - derzeit u.a. auch observationsbedingt nicht gegebenen - günstigeren Rahmenbedingungen (eigene Wohnung, Arbeitsplatz) auf einem guten Weg ist, einerseits ein angemessenes Verhältnis zu seinen Straftaten zu finden und andererseits möglicherweise bestehende Schwächen in seiner Persönlichkeitsstruktur zu verringern. Sowohl der Zeuge ... wie der sachverständige Zeuge ... haben im Übrigen nachvollziehbar dargelegt, dass durch die Observation des Klägers dessen derzeitige Lebenssituation sehr in den Vordergrund rücke. Dieser Umstand mache es tendenziell eher schwieriger, die Straftaten und deren Einschätzung durch den Kläger angemessen aufzuarbeiten.
56 
Der Zeuge ... hat die Einschätzung des sachverständigen Zeugen ... zur - seiner Meinung nach nicht gegebenen - Gefährlichkeit des Klägers bestätigt und sehr klar dargelegt, dass er das Risiko der Begehung von weiteren Sexualstraftaten durch den Kläger als nicht hoch einschätzen würde, er sogar bei einer Besprechung gesagt habe, er würde die Verantwortung für die Beendigung der Observation des Klägers übernehmen. Dazu stehe er immer noch. Der Kläger könne heute einen angemessenen Umgang mit Frauen entwickeln, und auch die Fähigkeit, Mitgefühl zu entwickeln, sei beim Kläger ausgeprägt vorhanden. Wichtig sei vor allem, Arbeit und eine Wohnung für ihn zu finden. Der Zeuge ... und der sachverständige Zeuge ... sind von allen von der erkennenden Kammer gehörten Vernehmungspersonen diejenigen, die den engsten Kontakt zum Kläger haben und - nicht zuletzt aufgrund ihres professionellen Hintergrunds - auch hinreichend kritisch gegenüber bloßen Besserungs- und Wohlverhaltensversprechen sind. Da auch diese beiden Vernehmungspersonen keinerlei Anhaltspunkte für die konkrete Gefahr der Begehung erneuter einschlägiger Straftaten durch den Kläger zu benennen vermochten, kann von einer solchen nicht ausgegangen werden.
57 
Die Kammer fühlt sich in dieser Annahme bestärkt durch einige Aussagen des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Zunächst ist der Kläger einer Frage des Vorsitzenden zu seinen Straftaten ausgewichen. Erst auf Nachfrage hat er sich um eine Antwort bemüht. Diese fiel keineswegs glatt und bestimmt aus. Im Gegenteil hat der Kläger - zuvor noch etwas aufgebracht argumentierend, auf einmal eher ruhig und nachdenklich - ausgesagt, er habe sich mit seinen Taten auseinander gesetzt. Er habe im Vollzug selbst um eine Therapie gebeten und sei „auf dem Hohenasperg“ jahrelang behandelt worden. Er wisse, dass seine Taten falsch gewesen seien, sie seien - insoweit wiederholte er die Fragestellung des Gerichts - ein Tiefpunkt seines Lebens. Die Umstände, dass sein Sohn damals klein gewesen sei und dies möglicherweise die Ehe belastet habe und dass er seine Arbeit verloren habe, könnten keine Ausrede für die Straftaten sein. Er bereue seine Taten und habe auch versucht, sich bei den Opfern zu entschuldigen. Wenngleich sich in seiner Aussage auch distanzierende Formulierungen fanden - wie etwa das Wort „man“ („natürlich bereut man das“) -, hat das Gericht doch den Eindruck gewonnen, dass der Kläger ein akzeptables Verhältnis zu seinen Straftaten entwickelt hat. Überzeugend wirkte auf die Kammer auch, dass der Kläger seine Rückfallgefahr keineswegs absolut verneint, sondern - wiederum eher nachdenklich und reflektiert - ausgeführt hat, er glaube nicht, dass er heute so etwas noch einmal tun könne. Dagegen spreche sein Alter, seine Weiterbildung und die Schule während des Vollzugs und seine sonst gewonnenen Erkenntnisse. Auch seine Triebhaftigkeit habe nachgelassen. Er habe viele Enttäuschungen und Niederlagen erlitten und gelernt, sich durch Schreiben zu wehren, nicht durch Rache an Schwächeren. Seine völlige Ungefährlichkeit hat der Kläger, der im Übrigen auch den „Vorfall“ an der katholischen Fachhochschule nachvollziehbar erklären konnte, damit zwar weder behauptet noch bewiesen; er muss diesen - im Grunde nicht möglichen - Nachweis aber von Rechts wegen auch nicht führen.
58 
Bei dieser Sachlage, in der sich einerseits aus der Gefährlichkeitsprognose des Beklagten keinerlei Anknüpfungstatsachen für eine Gefährlichkeit des Klägers ergeben haben und andererseits die mündliche Verhandlung nicht ansatzweise einen Hinweis auf die konkrete Gefahr der Begehung erneuter einschlägiger Straftaten durch den Kläger erbracht hat, kommt die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens durch das erkennende Gericht - ungeachtet der hiermit verbundenen (erheblichen) rechtlichen Unklarheiten (vgl. in diesem Zusammenhang etwa BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20.05.2003 - 1 BvR 2222/01 -, BVerfG(K) 1, 167; BGH, Beschluss vom 17.02.2010 - XII ZB 68/09 -, BGHZ 184, 269) - nicht in Betracht. Obwohl das beklagte Land insoweit für sich die rechtliche Kompetenz in Anspruch nimmt, den Kläger auch zwangsweise - auf Grundlage der polizeilichen Generalklausel - zu einer psychiatrischen Begutachtung verpflichten zu können (dies erwägend auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2013 - 1 S 1817/12 -, BA S. 11; dagegen Greve/Lucius, a.a.O., S. 105), hat es selbst bislang offenbar keinen Anlass gesehen, von dieser - rechtlich zweifelhaften - Möglichkeit Gebrauch zu machen.
59 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht keinen Anlass, diese für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Auch für eine vorläufige Vollstreckbarkeit des Ausspruchs in der Hauptsache ist kein Raum (vgl. statt vieler: Heckmann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 167 RdNr. 21 m.w.N.).
60 
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache). Die Kammer hält die Klärung der mit dem prinzipiellen Bestehen einer Ermächtigungsgrundlage für die dauerhafte Observation rückfallgefährdeter Sexualstraftäter verbundenen Rechtsfragen für rechtlich grundsätzlich bedeutsam.

Gründe

 
26 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage in Gestalt der (vorbeugenden) Unterlassungsklage statthaft. Der vom Kläger geltend gemachte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch ist gerichtet auf die Abwehr der von dem Beklagten gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG am 31.08.2010 erstmals angeordneten und zuletzt am 22.01.2013 verlängerten längerfristigen Observation. Hierbei handelt es sich - entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers - nicht um einen Verwaltungsakt (vgl. hierzu näher Beschluss der Kammer vom 29.12.2010 - 4 K 2629/10 -, VBlBW 2011, 239). Namentlich ändert sich die Rechtsqualität von Verwaltungshandeln nicht gleichsam automatisch dadurch, dass die Eingriffsintensität des Handelns hoch ist und mit fortdauernder Zeit weiter zunimmt. Zwar kann dieser Umstand prozedurale Sicherungen erforderlich machen, die Zulässigkeit schlichten Verwaltungshandelns ist aber grundsätzlich nicht auf Eingriffe geringen oder mittleren Umfangs in Freiheitsrechte beschränkt (vgl. zum Ganzen auch Hermes, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band 2, 2. Aufl. [2012], § 39 RdNrn. 56 ff.), was etwa durch die Rechtsqualität des so genannten finalen Rettungsschusses besonders anschaulich wird. Dem Kläger steht auch die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO notwendige Klagebefugnis zur Seite, denn er kann geltend machen, durch die längerfristige Observation möglicherweise in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verletzt zu sein (vgl. hierzu näher Beschluss der Kammer vom 29.12.2010, a.a.O., VBlBW 2011, 239 [241]; Guckelberger, VBlBW 2011, 209 [211]; Greve/Lucius, DÖV 2012, 97 [102 f.]).
27 
Die somit zulässige Klage ist auch begründet, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der längerfristigen Observation zu. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung besteht in Baden-Württemberg keine Rechtsgrundlage mehr für die hier im Streit stehende präventiv-polizeiliche Überwachung rund um die Uhr von aus der Sicherungsverwahrung entlassenen, (vermeintlich) rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (dazu nachfolgend I.). Selbst wenn man als Rechtsgrundlage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (noch) die polizeiliche Generalklausel in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen heranziehen wollte, lägen deren Voraussetzungen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim Kläger nicht vor (II.).
I.
28 
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung durch das erkennende Gericht besteht in Baden-Württemberg keine Rechtsgrundlage mehr für die längerfristige präventiv-polizeiliche Überwachung von aus der Sicherungsverwahrung entlassenen, (vermeintlich) rückfallgefährdeten Sexualstraftätern zum Zwecke der Abwehr weiterer Sexualstraftaten. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 163f StPO sind eindeutig nicht gegeben und werden von dem Beklagten auch nicht in Anspruch genommen. Der Eingriff kann aber auch weder auf § 22 PolG (1.), noch auf die polizeiliche Generalklausel nach §§ 1, 3 PolG gestützt werden (2.). Die polizeiliche Generalklausel steht auch übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - nicht mehr zur Verfügung (3.). Daher bedarf es letztlich keiner Entscheidung, ob die Anwendbarkeit des Polizeirechts im vorliegenden Fall auch deshalb gesperrt ist, weil der Bund für den hier interessierenden Sachbereich von seiner Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht hat (4.).
29 
1. Die am 22.01.2013 vom Leiter der Polizeidirektion Freiburg angeordnete längerfristige Überwachung des Klägers ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht von § 22 PolG gedeckt. Als besonderes Mittel der Datenerhebung benennt § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG die voraussichtlich innerhalb einer Woche länger als 24 Stunden dauernde oder über den Zeitraum einer Woche hinaus stattfindende Observation (längerfristige Observation). Nach § 22 Abs. 3 PolG kann der Polizeivollzugsdienst personenbezogene Daten durch besondere Mittel der Datenerhebung zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit und Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- und Vermögenswerte über die in § 20 Abs. 2 PolG genannten Personen (Nr. 1) oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung über die in § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG genannten Personen (Nr. 2) erheben, wenn andernfalls die Wahrnehmung seiner Aufgaben gefährdet oder erheblich erschwert würde. Die durch § 22 Abs. 3 PolG in Bezug genommene Vorschrift des § 20 Abs. 2 PolG bestimmt, dass die Polizei Daten der in den §§ 6 oder 7 PolG genannten Personen sowie anderer Personen erheben kann, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist und die Befugnisse der Polizei nicht anderweitig geregelt sind. Straftaten mit erheblicher Bedeutung im Sinne des § 22 Abs. 3 Nr. 2 PolG sind - soweit hier erheblich - Verbrechen (§ 22 Abs. 5 Nr. 1 PolG) sowie Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören, soweit sie sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richten (§ 22 Abs. 5 Nr. 2a PolG). Der Einsatz von Mitteln nach § 22 Abs. 1 PolG, ausgenommen der verdeckte Einsatz technischer Mittel nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 PolG, bedarf der Anordnung eines Regierungspräsidenten oder des Leiters des Landeskriminalamtes, eines Polizeipräsidiums oder einer Polizeidirektion. Diese können die Anordnungsbefugnis auf besonders beauftragte Beamte des höheren Dienstes übertragen (§ 22 Abs. 6 PolG). Der Betroffene ist von einer Maßnahme nach § 22 Abs. 3 PolG zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme geschehen kann (§ 22 Abs. 8 PolG).
30 
Die Vorschrift hat ihren systematischen Standort im mit „Datenerhebung“ überschriebenen Dritten Unterabschnitt des Zweiten Abschnitts („Maßnahmen der Polizei“) gefunden. Die Stellung der Vorschrift des § 22 PolG in diesem Unterabschnitt und der spezifische Bezug zur Datenerhebung spiegeln sich im Wortlaut der Norm wider. § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG nennt die längerfristige Observation als ein „besonderes Mittel der Datenerhebung“, § 22 Abs. 3 PolG lässt „die Erhebung personenbezogener Daten“ durch die längerfristige Observation zu. Auch die Historie der Vorschrift und des gesamten Dritten Unterabschnitts, die in Umsetzung des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 -, BVerfGE 65, 1) durch Änderungsgesetz vom 22. Oktober 1991 in das Polizeigesetz aufgenommen worden sind (vgl. dazu näher Heckmann, VBlBW 1992, 164 [165]), sprechen dafür, dass der Landesgesetzgeber in § 22 PolG nur verschiedene besondere Mittel der Datenerhebung geregelt hat und keine umfassende gefahrenabwehrrechtliche Regelung über die offene (begleitende) Observation von potenziellen Straftätern treffen wollte (in diese Richtung auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 2 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169 [171]; Greve/Lucius, a.a.O., S. 100).
31 
Die Datenerhebung ist im vorliegenden Fall nicht Zweck der Observation des Klägers. Unter den in § 22 Abs. 3 PolG in Bezug genommenen „personenbezogenen Daten“ werden gemäß § 3 Abs. 1 LDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener) verstanden. „Erheben“ ist das Beschaffen von personenbezogenen Daten über den Betroffenen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 LDSG). Die Polizei bezweckt in vorliegendem Fall keineswegs das Beschaffen von Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse des Klägers oder Dritter. Die Observation dient vielmehr gleichsam als eine Art „gefahrenabwehrrechtlicher Ersatz“ für den aus Rechtsgründen nicht mehr zulässigen Maßregelvollzug betreffend latent gefährliche Menschen mit psychopathologischer Neigung (so auch Greve/Lucius, a.a.O., S. 100). Von dem § 22 PolG zugrunde liegenden gefahrenabwehrrechtlichen Leitbild der Gewinnung weiterer Erkenntnisse über das vermutliche weitere Vorgehen eines Überwachten und der Erstellung von „Bewegungsprofilen“ unterscheidet sich die Observation des Klägers mithin deutlich (so auch VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010 - 6 L 746/10 -, juris RdNr. 18; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.12.2010 - 3 B 284/10 -, juris RdNr. 23).
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Allerdings hat die erkennende Kammer in der Vergangenheit auch erwogen, ob § 22 PolG als eine ursprünglich auf eine bestimmte polizeirechtliche Gefahrenlage bezogene Bestimmung bei Entstehen neuartiger, bislang zwar in dieser Form nicht vorhergesehener, aber im Wesenskern vergleichbarer Gefahrenlagen - zumindest übergangsweise - dann als Rechtsgrundlage herangezogen werden kann, wenn die normierten Tatbestandsvoraussetzungen dies prinzipiell erlauben und dies nicht zu einer unzulässigen Ausweitung der - in erster Linie an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu orientierenden - polizeilichen Eingriffsbefugnisse führt (ebenso OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.12.2010, a.a.O., juris RdNr. 24; skeptisch Greve/Lucius, a.a.O., S. 100), zumal der von § 22 PolG erfasste Gesetzeszweck der Informationsbeschaffung über den Kläger und sein Verhalten zumindest als Randerscheinung der Observation „mitverwirklicht“ wird. Ungeachtet etwaiger Einwände im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Bestimmtheitserfordernis (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 27.07.2005 - 1 BvR 668/04 -, NJW 2005, 2603 - vorbeugende Telekommunikationsüberwachung) spricht dagegen allerdings, dass die längerfristige Observation im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG nicht als jahrelange Dauer-Maßnahme konzipiert ist. Denn den Regelungen liegt das Leitbild zugrunde, dass sich nach einer überschaubaren Zeit - § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG spricht von einem Zeitraum innerhalb einer Woche und länger als eine Woche, nicht aber von Monaten und Jahren - wird entscheiden lassen, ob Strafverfolgungsmaßnahmen (ggf. wegen einer Versuchsstraftat) erfolgen können oder ob die Maßnahme voraussichtlich ergebnislos bleiben wird (vgl. zur „Schwestervorschrift“ in § 28 PolG des Saarlandes: VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010, a.a.O., RdNr. 16; Rachor, in: Lisken/Den-ninger, a.a.O., RdNrn. 283 ff.). Die Frage, ob die Heranziehung des § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG für die Observation des Klägers jedenfalls übergangsweise zulässig gewesen ist (vgl. in diese Richtung insbesondere Beschluss der Kammer vom 29.12.2010, a.a.O., VBlBW 2011, 239; zustimmend: Guckelberger, VBlBW 2011, 209 [211]; Rachor, a.a.O., RdNr. 279; ebenso zu § 16a PolG NW: VG Aachen, Urteil vom 24.01.2011 - 6 K 140/10 -, juris RdNrn. 51 ff.), bedarf aus Anlass des vorliegenden Verfahrens allerdings keiner Entscheidung. Denn diese Übergangsfrist hätte spätestens mit Zustellung der Beschwerdeentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an den Beklagten im November 2011 zu laufen begonnen, nachdem sich dort - wie auch schon früher (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 17.02.2011 - 1 S 184/11 u.a. -; zweifelnd auch Greve/Lucius, a.a.O., S. 100) - verschiedene Hinweise darauf finden, dass § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG als Ermächtigungsgrundlage für eine jahrelange Dauerobservation möglicherweise nicht zur Verfügung steht. Da der Landesgesetzgeber die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg - das für die Auslegung von Landesrecht letztinstanzliche Verwaltungsgericht des Landes - nicht zum Anlass für eine Neuregelung genommen hat, findet die hier im Streit stehende 17. Verlängerung der Anordnung der längerfristigen Observation vom 22.01.2013, die sich weiterhin ausdrücklich nur auf § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG stützt, in § 22 PolG keine gesetzliche Grundlage mehr.
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2. Da sich mithin § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als Ermächtigungsgrundlage nicht (mehr) als tragfähig erweist und eine sonstige spezielle Ermächtigungsgrundlage schon thematisch nicht ersichtlich ist, stellt sich die Frage, ob die Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Klägers ihre Rechtsgrundlage in der polizeilichen Generalklausel gemäß §§ 1, 3 PolG findet. Dies ist nicht der Fall.
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aa) Die erkennende Kammer kann in diesem Zusammenhang offen lassen, ob der Rückgriff auf die Generalklausel schon deshalb ausgeschlossen ist, weil es sich um einen Fall einer „gewollten Nichtregelung einer Befugnis“ handelt. Regelt ein Gesetzgeber eine Materie ausdrücklich und eine andere - typologisch eng verwandte - nicht, kann davon auszugehen sein, dass die eingriffsintensivere Maßnahme wegen des insoweit beredten Schweigens des Gesetzgebers nicht zugelassen ist. Im vorliegenden Fall wäre damit die Frage aufgeworfen, ob aus der expliziten Regelung der längerfristigen Observation zum Zwecke der Aufhellung eines „Dunkelfeldes“ geschlossen werden kann, dass sie zu anderen Zwecken als zur Informationsbeschaffung, insbesondere bei - wie hier - höherer Grundrechtsintensität, ausgeschlossen sein soll (vgl. so z.B. im Zusammenhang mit Durchsuchung und körperlicher Untersuchung: Rachor, a.a.O., RdNr. 718).
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bb) Diese Frage mag indes für das vorliegende Verfahren auf sich beruhen. Denn nach dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes verpflichten das Rechtstaatsprinzip und das Demokratieprinzip sowie das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot den Gesetzgeber, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen und sie nicht der Verwaltung zu überlassen (sog. Wesentlichkeitstheorie). Der demokratisch legitimierte Parlamentsgesetzgeber muss die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe und deren Reichweite selbst treffen und dadurch sicherstellen, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können. Ferner erlauben die Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass der betroffene Bürger sich auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen kann. Der Gesetzgeber hat daher Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs hinreichend bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 27.07.2005, a.a.O.; Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 u.a. -, NJW 2008, 822 - „Online-Durchsuchung“; Urteil vom 11.03.2008 - 1 BvR 2074/05 u.a. -, NJW 2008, 1505 - automatisierte Kfz-Kennzeichenerfassung; Greve/Lucius, a.a.O., S. 103 f.; Guckelberger, a.a.O., S. 212 f.). Dies gilt umso eher, je stärker eine Maßnahme in Grundrechte eingreift. Zwar verstößt die polizeiliche Generalklausel als solche nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Dem Sinn des Gesetzesvorbehalts widerstreitet es aber, eine so weit gespannte Generalklausel wie die polizeiliche stets als ausreichende Grundlage für Grundrechtseingriffe zu verwenden. Intensive und nicht nur kurzzeitig wirkende Grundrechtseingriffe muss der Gesetzgeber deshalb als solche ausdrücklich regeln (vgl. statt vieler: Rachor, a.a.O., RdNr. 723; einschränkend: Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Aufl. 2007, RdNr. 49). Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen haben die Landesgesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass sie einzelne Befugnisse - die sog. Standardmaßnahmen - aus dem Anwendungsbereich der Generalklausel herausgelöst und hinsichtlich Voraussetzung, Mittel und Zweck genauer umschrieben haben.
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Gemessen an diesen Grundsätzen lässt sich die längerfristige offene Observation von rückfallgefährdeten Sexualstraftätern jedenfalls dann nicht auf die polizeiliche Generalklausel stützen, wenn die Maßnahme - wie hier - über sehr lange Zeit durchgeführt wird. Die erkennende Kammer und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg haben bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf die besonders hohe Grundrechtsrelevanz der Observation hingewiesen. Denn das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Menschenwürde sichern jedem Einzelnen - auch dem Kläger als Mehrfach-Sexualstraftäter - einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann, wobei die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Privatsphäre nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.12.1999 - 1 BvR 653/96 -, BVerfGE 101, 361 [384]; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 2 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169 [171]). Ungeachtet der Frage, ob der Kläger die Beschränkung dieses Grundrechts derzeit (noch) hinnehmen muss, überrascht daher die Auffassung des Leiters der Polizeidirektion Freiburg in dessen schriftlicher Anordnung vom 22.01.2013, wonach „mit der Maßnahme keine schwerwiegenden Grundrechtseingriffe verbunden sind“ (ebenda, S. 5). Denn zweifellos stellt die 17. Verlängerung der vor etwa zweieinhalb Jahren begonnenen und seither ohne Unterlass durchgeführten längerfristigen Observation des Klägers einen besonders weitreichenden und schweren Grundrechtseingriff dar. Durch die fast lückenlose Präsenz der ihn außerhalb des von ihm bewohnten Zimmers überwachenden Polizisten wird die Möglichkeit, ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben zu führen, sehr weitgehend beeinträchtigt. Dies ist in der mündlichen Verhandlung erneut deutlich geworden. Der Kläger hat dort nachvollziehbar und eindrücklich geschildert, dass er es wegen dieser Situation aufgegeben habe, Kontakte zu knüpfen oder auch nur abends „auf ein Bier“ in eine Kneipe zu gehen. Dass die Observation auch sonst, beispielsweise bei der Arbeits- und Wohnungssuche, erheblich negative Folgen hat, kann daher schwerlich bezweifelt werden. Nicht zuletzt wegen der Intensität der Beeinträchtigung hat der Landesgesetzgeber einen anderen - regelhaft weniger grundrechtsintensiven - Sachverhalt bewusst einer ausdrücklichen Regelung in § 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 PolG zugeführt. Auch daraus ist zu schließen, dass der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts und das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot einer dauerhaften Anwendung der Generalklausel auf Fälle der vorliegenden Art entgegenstehen (ebenso Greve/Lucius, a.a.O., S. 101; Söllner, DVBl. 2013, 171 [173]).
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3. Die polizeiliche Generalklausel steht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung schließlich auch übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - nicht mehr als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Das Bundesverfassungsgericht hat es insoweit - offensichtlich anknüpfend an eine weit verbreitete Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. nur BVerwG, Vorlagebeschluss vom 24.10.2001 - 6 C 3.01 -, BVerwGE 115, 189 [194 ff.] - Laserdrome) und Literatur (statt vieler: Greve/Lucius, a.a.O., S. 105) - für möglich gehalten, die Observation rückfallgefährdeter Sexualstraftäter als eine neue Form polizeilicher Maßnahmen anzusehen, die bisher vom Landesgesetzgeber nicht eigens erfasst worden ist, die aber aufgrund ihrer weitreichenden Folgen einer dem Bestimmtheitsgebot entsprechenden normativen Typisierung in Gestalt einer eigenständigen Ermächtigungsgrundlage bedarf (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012 - 2 BvR 22/12 -, DVBl. 2013, 169 [171]). Bei dieser Sachlage - so die 1. Kammer des Ersten Senats (a.a.O.) - begegne es keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn die Gerichte angesichts des Gewichts der in Frage stehenden Rechtsgüter die polizeiliche Generalklausel im vorläufigen Rechtsschutzverfahren als noch tragfähig ansähen und die Frage der Rechtsgrundlage erst im Hauptsacheverfahren einer abschließenden Klärung zuführten. Der Sache nach werde damit die polizeiliche Generalklausel dahingehend verstanden, dass sie es den Behörden ermögliche, auf unvorhergesehene Gefahrensituationen auch mit im Grunde genommen näher regelungsbedürftigen Maßnahmen vorläufig zu reagieren. So ermöglichten es die Gerichte dem Gesetzgeber, eventuelle Regelungslücken zu schließen. Dies sei - bei Beachtung strenger Verhältnismäßigkeitsanforderungen - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es liege dann in der Verantwortung des Gesetzgebers, hierauf zu reagieren oder in Kauf zu nehmen, dass solche Maßnahmen von den Gerichten auf Dauer als von der geltenden Rechtslage nicht als gedeckt angesehen würden (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 08.11.2012, a.a.O.).
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Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung steht die polizeiliche Generalklausel mit den oben genannten Prämissen dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg, der sich in seinen Anordnungen im Übrigen auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.11.2012 weiterhin allein auf § 22 PolG stützt, nicht (mehr) als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung. Nach der zu Beschränkungen der Berufsfreiheit ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Vorlagebeschluss vom 24.10.2001, a.a.O.) ist dem Gesetzgeber zuzubilligen, dass er vor der Verabschiedung einer gesetzlichen Regelung die Entwicklung des potentiell regelungsbedürftigen Sachverhalts erst eine Zeit lang beobachtet. Für diesen Zeitraum kann die polizeiliche Generalklausel, die insoweit einer verfassungskonformen Interpretation bedarf, übergangsweise als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung stehen. Übertragen auf den vorliegenden Fall wird man - gerade im Hinblick auf die außerordentliche Grundrechtsrelevanz des Eingriffs der Dauerüberwachung - die Be-obachtungs- und Regelungsfrist für den Gesetzgeber nicht allzu großzügig bemessen können, zumal auch die regelungsbedürftige Sachmaterie überschaubar ist, namentlich für den Beklagten feststeht, welche Personengruppe mit welchem vermutetem Gefährdungspotential dauerhaft überwacht werden soll.
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Das beklagte Land geht spätestens seit Inkrafttreten der Gemeinsamen Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums, des Justizministeriums und des Ministeriums für Arbeit und Soziales zu einer ressortübergreifenden Konzeption zum Umgang mit besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (VwV KURS) vom 9. März 2010 am 01.04.2010 davon aus, dass bei besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern auch eine Observation in Betracht zu ziehen sein wird (vgl. Nr. 4.7.2 VwV KURS 2010; heute Nr. 5.8.2 VwV KURS 2012). Wenngleich die Gruppe der im Hinblick auf das Urteil des EGMR vom 17.12.2009 (a.a.O.) aus der Sicherungsverwahrung zu entlassenden Straftäter nicht unmittelbar Anlass der VwV KURS war (vgl. hierzu etwa LT-Drs. 14/4965 vom 05.08.2009), ist das Phänomen im Hinblick auf Personenkreis (Täterprofil) und Maßnahmenkatalog unter Einschluss der Observation dem beklagten Land seit spätestens 01.04.2010 hinreichend bekannt. Zweifel an der dauerhaften Tragfähigkeit der von den die Observation anordnenden Behördenleitern in Anspruch genommenen Rechtsgrundlage des § 22 PolG sind in Rechtsprechung und Literatur sehr früh laut geworden (vgl. etwa Beschluss der Kammer vom 29.10.2010 - 4 K 2629/10 -, VBlBW 2011, 239 [240 f.]: verfassungskonforme Auslegung notwendig, § 22 Abs. 3 PolG keine Handhabe zur Dauerüberwachung ohne ständige Überprüfung, Problem fehlender verfahrensmäßiger Sicherungen; nachfolgend: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.02.2011 - 1 S 184/11 u.a. -: hilfsweise Generalklausel in Betracht zu ziehen; zweifelnd auch Guckelberger, VBlBW 2011, 209 [210 ff.]; zur saarländischen Regelung zweifelnd: VG des Saarlandes, Beschluss vom 15.09.2010 - 6 L 746/10 -, juris RdNr. 18; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.12.2010 - 3 B 284/10 -, juris RdNr. 23). Das Land hat die zweifelnden Hinweise in Rechtsprechung und Literatur nicht zum Anlass für eine Gesetzesinitiative genommen und ist auch danach noch untätig geblieben, als der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - das für die Auslegung von Landesrecht letztinstanzliche Verwaltungsgericht des Landes - in der Entscheidung über das Eilverfahren des Klägers (Beschluss vom 08.11.2011, a.a.O., BA S. 6 und 7) seine Zweifel an der Tragfähigkeit der vom beklagten Land in Anspruch genommenen Ermächtigungsgrundlage des § 22 PolG noch einmal betont hat. In dieser Entscheidung weist der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zudem - in unzweifelhafter Deutlichkeit - darauf hin, dass eine Dauer-Observation des Klägers selbst bei fortbestehender Gefährlichkeit mangels Rechtsgrundlage allenfalls für eine „gewisse Übergangszeit“ noch hingenommen werden kann (ebenda S. 12). Diese Einschätzung wird auch in der seither bekannt gewordenen Literatur geteilt (vgl. nur Greve/Lucius, a.a.O., S. 99 ff.). Selbst die Ablehnung des vom Kläger gestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht am 27.02.2012 hat nicht zu einem Tätigwerden des Landesgesetzgebers geführt, obwohl es in der Beschlussbegründung heißt, dass die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen, namentlich ob die herangezogenen Vorschriften des Polizeigesetzes „grundsätzlich oder möglicherweise nur vorübergehend und befristet bis zur Schaffung einer eigenen Rechtsgrundlage tragen können“ (BA S. 4), in einem Hauptsacheverfahren zu klären seien.
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Bei dieser Sachlage geht die erkennende Kammer davon aus, dass die polizeiliche Generalklausel im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - nicht mehr als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung steht. Für eine bereichsspezifische Regelung des hinreichend klar umrissenen und letztlich auch überschaubaren Sachverhalts der Dauerüberwachung rückfallgefährdeter (Sexual-)Straftäter zum Zwecke der Verhinderung erneuter Tatbegehung stand dem Gesetzgeber bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ausreichend Zeit zur Verfügung, ohne dass er bislang - soweit für das Gericht ersichtlich - ein Gesetzgebungsvorhaben initiiert hätte. Es ist dem Kläger auch angesichts der erheblichen Beschränkung seiner Freiheitsrechte nach rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zumutbar, wegen Untätigkeit des Gesetzgebers auch weiterhin signifikante Einbußen seiner Freiheitsrechte hinnehmen zu müssen. Das mag nicht ausschließen, dass die Überwachungsbedürftigkeit des Klägers nach Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung erneut zu prüfen sein mag. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht jedoch mangels zur Verfügung stehender Rechtsgrundlage keine Handhabe zur dauerhaften Observation dieses Personenkreises mehr.
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4. Keiner abschließenden Entscheidung bedarf nach dem Vorstehenden die Frage, ob der Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel auch deshalb gesperrt sein könnte, weil der Sachbereich „Gefahr durch rückfallgefährdete (Sexual-)Straftäter“ abschließend im Sechsten Titel des Dritten Abschnitts des Strafgesetzbuchs („Maßregeln der Besserung und Sicherung“) - namentlich in den Vorschriften über die Führungsaufsicht (§§ 68 ff. StGB) - geregelt ist. Dann wäre dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg der Rückgriff auf das Polizeirecht des Landes schon kompetenziell nicht möglich. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist insoweit geklärt, dass der Kompetenztitel „Strafrecht“ im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG weit zu verstehen ist und beispielsweise keine ergänzende Länderkompetenz im Bereich der Sicherungsverwahrung besteht (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 10.02.2004 - 2 BvR 834/02 u.a. -, BVerfGE 109, 190 - nachträgliche Sicherungsverwahrung). Gemäß Art. 72 Abs. 1 GG dürfen die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung eigene Gesetze nur erlassen, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Demnach sind landesrechtliche Regelungen grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die bundesgesetzliche Regelung dieses Sachbereichs abschließenden Charakter hat. Ob eine bundesrechtliche Regelung abschließend ist oder nicht, kann nur einer Gesamtwürdigung des betreffenden Normenkomplexes entnommen werden (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 29.03.2000 - 2 BvL 3/96 -, BVerfGE 102, 99 [114] - Landesabfallgesetz Nordrhein-Westfalen). Allerdings rechtfertigt der Erlass eines Bundesgesetzes über einen bestimmten Gegenstand für sich allein noch nicht die Annahme, dass damit die Länder von einer Gesetzgebung ausgeschlossen sind; es können noch Bereiche übrig bleiben, deren Regelung für die Gesetzgebung der Länder offen ist (vgl. wiederum BVerfG, Beschluss vom 29.03.2000, a.a.O.). Maßgeblich ist, ob ein bestimmter Sachbereich umfassend und lückenlos geregelt ist oder jedenfalls nach dem aus Gesetzgebungsgeschichte und Materialien ablesbaren objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte. Für die Frage, ob und inwieweit der Bund von seiner Zuständigkeit Gebrauch gemacht hat, ist in erster Linie auf das Bundesgesetz selbst, sodann auf den hinter dem Gesetz stehenden Regelungszweck, ferner auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien abzustellen (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.10.1998 - 1 BvR 2306/06 u.a. -, BVerfGE 98, 265 [300 f.] - Bayerisches Schwangerenhilfeergänzungsgesetz).
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Hat der Bund einen Sachbereich in Wahrnehmung einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz in diesem Sinne abschließend geregelt, so tritt die Sperrwirkung des Art. 72 Abs. 1 GG für eine Regelung der Länder in diesem Sachbereich unabhängig davon ein, ob die landesrechtlichen Regelungen den bundesrechtlichen Bestimmungen widerstreiten oder sie nur ergänzen, ohne ihnen zu widersprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.03.2000, a.a.O., S. 115). Die Länder sind nicht berechtigt, eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz dort in Anspruch zu nehmen, wo sie eine - abschließende - Bundesregelung für unzulänglich und deshalb reformbedürftig halten; das Grundgesetz weist ihnen insbesondere nicht die Aufgabe zu, kompetenzgemäß getroffene Entscheidungen des Bundesgesetzgebers „nachzubessern“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 27.10.1998, a.a.O., S. 300).
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Im vorliegenden Fall könnte sich daher auch die Frage stellen, ob nicht die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten (so ausdrücklich § 68 Abs. 1 StGB) jedenfalls bei demjenigen Personenkreis, bei dem Führungsaufsicht angeordnet ist oder kraft Gesetzes besteht, abschließend im Strafgesetzbuch (§§ 68 ff. StGB) geregelt ist, sodass den Ländern ein Zugriff auf diese Materie im Wege des allgemeinen oder besonderen Polizeirechts verwehrt wäre. Der vorrangige Zweck der Führungsaufsicht besteht - nach Einschätzung des Bundesgesetzgebers (vgl. hierzu und zum Folgenden wörtlich BT-Drs. 17/3403 S. 13 f.) - darin, durch Maßnahmen der Betreuung und Überwachung eine erneute Straffälligkeit der verurteilten Person nach Entlassung zu vermeiden. Dem staatlichen Auftrag, die Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern zu schützen, kommt dabei bei solchen Verurteilten besondere Bedeutung zu, bei denen die Gefahr besteht, dass sie erneut schwere Straftaten, insbesondere schwere Gewalt- oder Sexualdelikte, begehen werden. Dies kann nach Einschätzung des Bundesgesetzgebers (a.a.O., S. 13 und 14)
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„vor allem bei solchen Personen angenommen werden, die aufgrund der endgültigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 17. Dezember 2009 (Nr. 19359/04) aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, obwohl bei ihnen weiterhin die Gefahr besteht, dass sie erhebliche Straftaten begehen werden, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. (…) Aufgrund dieser Entscheidung muss damit gerechnet werden, dass (…) als gefährlich eingestufte Täter aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, bei denen die Sach- und Rechtslage gleichgelagert ist; solche Entlassungen sind auch schon erfolgt. Aber auch davon unabhängig hat die Führungsaufsicht mit verurteilten Personen zu tun, bei denen die Gefahr erneuter schwerer Straftaten, insbesondere schwerer Gewalt- und Sexualstraftaten, hoch ist, aber zum Beispiel die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nach vollständiger Verbüßung der Haft aus Rechtsgründen ausscheidet. (…) Vor diesem Hintergrund und zur weiteren Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor schweren Wiederholungstaten verfolgt der Entwurf das Ziel, das zuletzt durch das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung vom 13. April 2007 (BGBl. I S. 513) erweiterte Instrumentarium der Führungsaufsicht weiter auszubauen. Daneben soll die Möglichkeit der unbefristeten Verlängerung der Führungsaufsicht ausgedehnt werden.“
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Die im Zusammenhang mit der längerfristigen Observation durch Polizeibeamte interessierende Frage der Gesetzgebungs- und Regelungskompetenz der Länder stellt sich nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300 [2301 f.]) auch besonders deshalb, weil der Gesetzgeber die Weisung, die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, in § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB überführt hat und damit jedenfalls einen wichtigen Teilbereich der Überwachung rückfallgefährdeter Straftäter im Zusammenhang mit der Führungsaufsicht geregelt hat. In diesem Zusammenhang hat er auch besondere Anforderungen an die Zulässigkeit dieser Weisung statuiert (§ 68b Abs. 1 Satz 3 StGB). Die Regelung eines gewichtigen Teils der Überwachung könnte dafür sprechen, dass der Personenkreis der der Führungsaufsicht unterstehenden rückfallgefährdeten (Sexual-)Straftäter, zu dem der Beklagte auch den Kläger rechnet, jedenfalls in Bezug auf die Dauermaßnahmen - für einmalige, situationsabhängige Maßnahmen, wie etwa die Gefährdetenansprache, wird ein Rückgriff auf das Polizeirecht möglich bleiben - (nur) den entsprechenden Regelungen des Strafgesetzbuchs unterworfen sein soll. Hierfür könnte - neben den prozeduralen Sicherungen (richterliche Entscheidung, regelmäßige Überprüfung, Befristung) - auch sprechen, dass als Zweck der so genannten elektronischen Fußfessel ausdrücklich genannt wird, den Täter im Sinne einer positiven und negativen Spezialprävention von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten (BT-Drs. 17/3403 S. 17). Der Gesetzgeber erhofft sich von der Weisung nach § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB demzufolge auch, dass
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„die elektronische Überwachung auch eine enge polizeiliche Überwachung in Form einer fortwährenden unmittelbaren Begleitung des Betroffenen durch Polizeibeamte entbehrlich machen kann, wie sie derzeit zum Teil bei als gefährlich eingestuften Entlassenen praktiziert wird. Die mit dieser Begleitung zwangsläufig verbundene Stigmatisierung der verurteilten Person und ihr negativer Effekt auf deren Reintegration würden durch eine unauffällige, nach außen nicht erkennbare elektronische Überwachung vermieden“ (BT-Drs. 17/3403 S. 19).
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Diese Formulierung lässt Fragen offen. Sie könnte für eine Rest-Kompetenz der Länder ebenso sprechen wie für eine „Voll-Regelung“ im Bereich der Führungsaufsicht. Für die Personengruppe der „wegen rückwirkender Verschärfung des Rechts der Sicherungsverwahrung nicht länger in der Sicherungsverwahrung unterzubringender verurteilter Personen“ hat der Bundesgesetzgeber überdies - was als Abrundung der Frage der Gesetzgebungs- und damit auch Anordnungskompetenz nicht außer Betracht bleiben darf -, wiederum gestützt auf seine Annexkompetenz zum Kompetenztitel „Strafrecht“ in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (BT-Drs. 17/3403 S. 20) - das Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz - ThUG) vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300 [2305]) erlassen. Nach alledem könnten einige Gründe dafür sprechen, dass dem Land Baden-Württemberg für eine Observation des hier in Rede stehenden Personenkreises zu den hier maßgeblichen Zwecken eine Gesetzgebungskompetenz überhaupt nicht (mehr) zusteht. Dann wäre dem Leiter der Polizeidirektion Freiburg - selbstverständlich - auch der Rückgriff auf das Polizeirecht, gleich welcher Rechtsgrundlage, nicht eröffnet. Einer abschließenden Entscheidung bedarf dies freilich nicht. Denn selbst wenn eine „Reservekompetenz“ für eine präventiv-polizeiliche Regelung durch die Länder gegeben wäre, könnte die Observation des Klägers aus den oben genannten Gründen hierauf nicht mehr gestützt werden.
II.
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Selbst wenn die polizeiliche Generalklausel im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung übergangsweise - in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung der unter § 22 PolG genannten qualifizierten Tatbestandsvoraussetzungen sowie der in § 22 Abs. 6 und 8 PolG geregelten verfahrensrechtlichen Sicherungen - noch als Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung stehen sollte, wenn also die Beobachtungs- und Regelungsfrist für den Gesetzgeber großzügiger zu bemessen wäre, als dies nach Auffassung der Kammer der Fall ist, stünde dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Denn eine hinreichende Gefahrenprognose des Beklagten liegt nicht vor (1.) und es sind auch im Rahmen der Beweiserhebung durch die erkennende Kammer keine Tatsachen bekannt geworden, die für eine konkrete Gefahr für die körperliche Unversehrtheit Dritter durch den Kläger sprechen könnten (2.).
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1. Eine auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Handlungsbefugnis setzt stets voraus, dass für das betroffene Schutzgut eine konkrete Gefahr besteht. Die insoweit zu treffende Prognoseentscheidung ist Sache der Polizei. Gefahr ist eine Sachlage, in der bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für ein Schutzgut eintreten wird. Die Gefahrbeurteilung erfolgt aus der Perspektive ex-ante, wobei - insoweit ist die Generalklausel durch § 22 Abs. 6 PolG anzureichern - auf den Wissenshorizont eines sorgfältigen Behördenleiters der Polizeidirektion abzustellen ist. Maßgeblich für die Prognoseentscheidung ist also dessen Beurteilung zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung über die Observation getroffen worden ist, hier der Zeitpunkt der 17. Verlängerung der Anordnung am 22.01.2013. Nicht jede Gefahr reicht als Voraussetzung für ein polizeiliches Tätigwerden aus. Die von der Generalklausel vorausgesetzte hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts liegt zwischen der Sicherheit und der nahezu, aber nicht völlig auszuschließenden Möglichkeit. Je größer der zu erwartende Schaden ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit. Die Schadenswahrscheinlichkeit kann dabei vor allem auf der Ebene des Verhältnismäßigkeitsprinzips eine Rolle spielen. Für den vorliegenden Fall folgt hieraus dreierlei: Die von dem Beklagten behauptete und vom Kläger in Abrede gestellte konkrete Gefahr kann die Observation nur rechtfertigen, wenn sie in der Begehung von Straftaten gegen das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung besteht. Davon geht auch der Beklagte aus. In anderer Hinsicht nicht gegebenes Wohlverhalten des Klägers (z.B. Straftaten gegen das Eigentum, Ordnungswidrigkeiten, etc.) hat insoweit außer Betracht zu bleiben. Im Hinblick auf die anzustellende Gefahrenprognose dürfen hingegen auch solche Umstände Berücksichtigung finden, wenn sie einen Bezug zu der „einschlägigen Gefahr“ haben, wenn etwa die emotionale Steuerungs- und Kontrollfähigkeit des Klägers nicht gegeben wäre und dies in seinem Verhalten (z.B. Körperverletzung gegenüber Polizeibeamten) sichtbar würde. Da es sich bei der sexuellen Selbstbestimmung etwaiger Opfer (bislang durchweg junge, aber volljährige Frauen) um höchste Rechtsgüter handelt, sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts geringere Anforderungen zu stellen. In zeitlicher Hinsicht kann die Gefahrenprognose nur unbeanstandet bleiben, wenn sie zugrunde legt, dass die Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten durch den Kläger gerade (auch) innerhalb des geregelten Zeitraums (hier vom 22.01.2013 bis zum 22.03.2013) besteht. Der Prognosehorizont von in der Sicherungsverwahrung - mit Blick auf § 67d Abs. 3 StGB - erstellten Gutachten (vgl. zu diesem Prognosemaßstab: Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 67d RdNr. 7; § 56 RdNrn. 15a ff.) ist dagegen ein anderer.
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Die vom Leiter der Polizeidirektion Freiburg am 22.01.2013 getroffene Prognoseentscheidung rechtfertigt die Annahme einer vom Kläger ausgehenden konkreten Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten nicht. Sie ist bereits in ihrem rechtlichen Ansatz - da weiterhin ausschließlich auf § 22 PolG gestützt - fraglich, legt aber - vor allem - der Prognoseentscheidung Umstände zugrunde, die nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr berücksichtigungsfähig sind. In seinem Beschluss vom 08.11.2012 (a.a.O.) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt:
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„Die Gerichte durften angesichts des mit einer solchen Observation verbundenen schweren Eingriffs, zumal wenn er zur Zeit nach der Auffassung der Verwaltungsgerichte wohl allein auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden kann, dem Beschwerdeführer nicht unter Berufung auf zum Zeitpunkt ihrer Entscheidungen im Wesentlichen nicht mehr aktuelle Erkenntnisse den einstweiligen Rechtsschutz versagen. Die Gerichte haben ihre Entscheidung, den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, vor allem darauf gestützt, dass sich aus einem psychiatrischen Gutachten vom 5. März 2010 ergebe, dass bei einem Verzicht auf eine Beobachtung des Beschwerdeführers nach der Entlassung aus der Sicherungsverwahrung von einer gewissen Rückfallgefahr auszugehen sei. Bei der maßgeblichen Berücksichtigung dieses Gutachtens haben die Gerichte zum einen nicht ausreichend beachtet, dass die Begutachtung zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidungen bereits länger zurück lag. (…) Zum anderen stand der Verwendung des Gutachtens vom 5. März 2010 spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs der Umstand entgegen, dass die Begutachtung erfolgte, als der Beschwerdeführer sich noch in Sicherungsverwahrung befand. Der Gutachter konnte allenfalls vermuten, wie der Beschwerdeführer sich nach Jahrzehnten der Haft und der Sicherungsverwahrung in Freiheit verhalten würde. Nunmehr lebt der Beschwerdeführer aber seit geraumer Zeit unter vollständig veränderten Umständen, die es nicht angezeigt erscheinen lassen, eine so weitreichende Entscheidung wie die über die Fortsetzung einer fast durchgehenden polizeilichen Beobachtung auf veraltete Vermutungen zu stützen. In Anbetracht der Schwere des Eingriffs in Grundrechte des Beschwerdeführers hätten die Gerichte ihre Entscheidungen - auch im Rahmen eines Eilverfahrens - nicht maßgeblich auf dieses weit zurückliegende Gutachten stützen dürfen.“
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Die Beteiligten sind an diesen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick sowohl auf dessen Rechtskraft als auch auf die Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG gebunden (vgl. nur Schemmer, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. [2005], § 93c RdNrn. 13 ff.), können also - trotz mancher durch den Beschluss aufgeworfenen (und nicht beantworteten) Fragen - nicht geltend machen, die Entscheidung sei in ihren tragenden Erwägungen unrichtig und daher nicht zu beachten. Obwohl in dem genannten Beschluss die Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnungen der Polizeidirektion Freiburg vom 05.09.2011, 11.07.2011, 18.05.2011, 21.03.2011, 28.01.2011, 02.12.2010, 03.11.2010, 07.10.2010 und vom 31.08.2010 - wenn auch ohne Begründung - zurückgewiesen wurde, steht mit dem genannten Beschluss doch fest, dass der Beklagte seine Prognoseentscheidung jedenfalls seither nicht mehr auf das Gutachten ... vom 05.03.2010 stützen darf. Denn wenn die Gerichte bei ihrer die Verwaltung kontrollierenden Tätigkeit das Gutachten „nicht maßgeblich“ zugrunde legen dürfen, kann für das beklagte Land nichts anderes gelten. Gleichwohl geht die Anordnung des Leiters der Polizeidirektion Freiburg weiterhin maßgeblich von dem Gutachten ... aus und begründet die ungünstige Rückfallprognose zudem mit einem weiteren (noch älteren) Gutachten (Anordnung vom 22.01.2013, S. 2). Die aufgrund dieser Gutachten angenommene Einschätzung als „Risikoproband mit herausragendem Gefährdungspotential“ (ebenda) wird in der 17. Verlängerung der Observationsanordnung gleichsam fortgeschrieben, indem davon ausgegangen wird, „Hinweise auf eine positive Änderung der Persönlichkeitsstruktur“ lägen nicht vor, was im Folgenden näher dargelegt wird. Damit wird der gebotene Prognosemaßstab verkannt: Nicht der Kläger muss das Gutachten ... und frühere Vorgutachten entkräften, mit anderen Worten seine Ungefährlichkeit dartun, sondern der Beklagte muss dessen Gefährlichkeit - unter Außerachtlassung der nicht mehr „maßgeblich“ verwertbaren Gutachten - begründen. Diesen rechtlichen Anforderungen genügt die Anordnung des Leiters der Polizeidirektion Freiburg vom 22.01.2013 - ungeachtet des Umstands, dass sie auch im Hinblick auf die einschneidende Wirkung der Observation für den Kläger auf ein Fehlverständnis hindeutet (S. 5) - nicht.
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Die in einem anderen Zusammenhang auf der Basis der VwV KURS erstellte Risikobewertung betreffend den Kläger vom 07.02.2013 ist ebenfalls ungeeignet, den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die zu treffende Prognose-entscheidung Rechnung zu tragen. Darin wird zwar immerhin dargestellt, dass die noch in der Sicherungsverwahrung erstellten Gutachten keine Verwendung mehr finden dürfen (Risikobewertung vom 07.02.2013, S. 2). Hieraus wird aber nicht die gebotene rechtliche Schlussfolgerung gezogen, dass sich die Gefährlichkeit des Klägers nunmehr nur mit neuen Anknüpfungstatsachen begründen lässt. Insofern werden zwar einige Umstände genannt, namentlich, dass sich der Kläger unkooperativ gegenüber den Polizeibeamten und der KURS-Koordinatorin verhält (ebenda, S. 6 und 7) und dass er gegenüber den Polizeibeamten seit einiger Zeit aggressiver und ablehnender auftritt (S. 8). Diese Umstände sind aber nicht geeignet, die konkrete Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten durch den Kläger zu begründen. Der Kläger ist seit der Erledigung der Sicherungsverwahrung ein „freier Mann“, der die Weisungen der Führungsaufsicht einzuhalten hat und dessen Aufenthalt deshalb auf den Stadtkreis Freiburg und den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald beschränkt ist, der sich aber im Übrigen von Rechts wegen ebenso verhalten kann wie jeder andere freie Mensch. Der Kläger ist namentlich rechtlich nicht dazu verpflichtet, Kontakt zu der für ihn zuständigen KURS-Koordinatorin zu halten, nachdem diese Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht ausdrücklich aufgehoben worden ist. Auch seine Aktivitäten, insbesondere Fahrradtouren, muss er den observierenden Kräften nicht vorher ankündigen. Für das Gelingen der Observation muss er nicht Sorge tragen. Es mag sein, dass die Regeln des Anstands und der gegenseitigen Rücksichtnahme ein solches Verhalten wünschenswert erscheinen lassen. Eine Rechtspflicht des Klägers besteht aber nicht; sein Verhalten kann deshalb insoweit auch nicht zur Begründung einer konkreten Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten herhalten. Verstöße gegen die Weisungen der Führungsaufsicht hat der Beklagte selbst nicht behauptet; hierfür ist auch nichts ersichtlich. Soweit der Kläger im März 2011 ein Messer zum Löwenzahnschneiden mit sich geführt hat und ein Jahr später ein Küchenmesser im Laden erworben hat, das er dem begleitenden Beamten sofort übergeben hat, mag darin zwar ein Verstoß gegen die gegenteilige Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht zu sehen sein. Allerdings hat schon der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 08.11.2011 (a.a.O., S. 10) mit näherer Begründung darauf hingewiesen, dass der Verstoß vom März 2011 nicht überbewertet werden darf. Insoweit ist zudem zu berücksichtigen, dass der zweite (formale) Verstoß zu einer Änderung der entsprechenden Weisung geführt hat, indem klargestellt wurde, dass der Kläger in seinem Wohnraum Küchenmesser besitzen darf. In beiden Fällen ist bezeichnenderweise seitens der Führungsaufsicht auch kein Strafantrag gestellt worden. Auch der Beklagte zieht diese Vorfälle nicht mehr zur Begründung der Gefährlichkeit des Klägers heran. Da somit weder die 17. Verlängerung der Anordnung der Observation vom 22.01.2013 noch die Risikobewertung des Landeskriminalamts vom 07.02.2013 hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr der Begehung einschlägiger (Sexual-)Straf-taten durch den Kläger beinhalten, können die dort getroffenen prognostischen Einschätzungen die Observation des Klägers im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht rechtfertigen (vgl. auch zur Gewichtigkeit von Anknüpfungstatsachen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2013 - 1 S 1817/12 -, BA S. 7 ff.).
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2. Auch im Rahmen der Beweiserhebung durch die erkennende Kammer sind keine Tatsachen bekannt geworden, die für eine konkrete Gefahr der Begehung einschlägiger (Sexual-)Straftaten durch den Kläger sprechen könnten. Die beiden von der Kammer vernommenen, für die Koordination der Observierung verantwortlichen Polizeibeamten ... und ... haben übereinstimmend berichtet, die observierenden Beamten hätten über die Gefährlichkeit des Klägers keine Erkenntnisse gewonnen. Die Zeugen ... und ... sind für die Koordination der Observation seit dem 18.11.2011 verantwortlich. Der vom Zeugen ... berichtete Vorfall, dass der Kläger ohne Ankündigung auf sein Fahrrad gestiegen und davon geradelt sei, mag für die mit der Observation betrauten Beamten misslich sein. Allerdings ist auch insoweit festzuhalten, dass der Kläger von Rechts wegen nicht gehalten ist, die Einsatzbereitschaft der Polizeibeamten abzuwarten oder sein Tempo gar an deren Fitnesszustand oder dem zur Verfügung stehenden Fahrradmaterial zu orientieren. Verbale Entgleisungen und aggressive Sprachmuster wären für sich genommen ebenfalls nicht geeignet, die Gefährlichkeit des Klägers zu begründen. Der Zeuge ... hat insofern aber auch ausgesagt, er habe keinerlei Rückmeldungen über verbale Entgleisungen des Klägers erhalten. Es habe auch keine Erkenntnisse über ein Interesse des Klägers an jüngeren Frauen oder sonstiges Tatverhalten gegeben, wie dieser es in der Vergangenheit gezeigt habe. Der Zeuge ... hat diese Aussage auch für die jüngere Zeit (ab September 2012) bestätigt und - in der Sache selbstverständlich zutreffend - hinzugefügt, dass bei der Observation so gearbeitet werde, dass gefährliche Situationen gerade vermieden würden. Der Umstand, dass dem Kläger zurechenbare gefährliche Situationen für Dritte durch die Observation bislang vermieden wurden, kann aber - wiederum selbstverständlich - nicht als Argument dafür dienen, die Gefährlichkeit des Klägers zu begründen.
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Die erkennende Kammer ist aufgrund der Beweiserhebung auch zu der Auffassung gelangt, dass die gegen eine Gefährlichkeit des - insoweit freilich nicht materiell beweisbelasteten - Klägers sprechenden Umstände durchaus erheblich sind. Der Kläger hat - auf Anregung von Hausarzt und Bewährungshelfer - im Dezember 2010 freiwillig eine psychotherapeutische Behandlung begonnen und nimmt die in der Regel im Wochenabstand stattfindenden Termine regelmäßig und pünktlich wahr. Sein in der mündlichen Verhandlung als sachverständiger Zeuge vernommener Psychotherapeut, Dipl.-Psych. ..., hat - für die erkennende Kammer gut nachvollziehbar - Fortschritte in der Behandlung und Entwicklung geschildert und die Observation auch und gerade für den Erfolg der Psychotherapie als eher ungünstig wirkenden Umstand beschrieben. Für die erkennende Kammer insbesondere schlüssig und nachvollziehbar war die vom sachverständigen Zeugen herausgearbeitete Differenzierung zwischen sozialer Kompetenz und Gefährlichkeit des Klägers. In der Tat mag - so auch der Eindruck der Kammer in der mündlichen Verhandlung - der Kläger manchmal schroff und unwirsch wirken; auch mag es sein, dass er gegenüber labilen Persönlichkeiten aufgrund seiner zweifellos gut ausgeprägten Intelligenz eine gewisse Dominanz entfalten kann. Diese Haltung mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass der Kläger zwar einerseits schwere Straftaten begangen hat, er aber andererseits auch zehn Jahre zu Unrecht in Sicherungsverwahrung verbracht hat. Insoweit ist nicht auszuschließen, dass beim Kläger sich (auch) eine gewisse Opferhaltung entwickelt hat, die ihn zuweilen - auch im Umgang mit den Polizeibeamten - strikt, verletzend, schroff und ablehnend erscheinen lässt und die im Hinblick auf die (Re-) Integration des Klägers in die Zivilgesellschaft Probleme mit sich bringen könnte. Auch am Frauenbild des Klägers sei - so sein Psychotherapeut - noch zu arbeiten. Das Nähe-/Distanzverhältnis sei entwicklungsbedürftig, und es sei auch noch Entwicklungspotenzial hinsichtlich des Umstands notwendig, dass die Grenzen auch die Frau mitbestimme. Dies hat der sachverständige Zeuge ..., der gerade diese Themen mit dem Kläger im Rahmen der Psychotherapie bearbeitet, für die Kammer nachvollziehbar dargelegt. Er hat aber auch - und vor allem - ausgesagt, er habe im Laufe der Behandlung nie den Eindruck gehabt, der Kläger könne wieder gefährlich werden. Die Gefahr von Grenzverletzungen gegenüber Frauen sah der sachverständige Zeuge nicht als besonders ausgeprägt an, er sehe eher Tapsigkeiten und Ungeschicklichkeiten gegenüber Frauen im Vordergrund. Diese - für einen behandelnden Psychotherapeuten keineswegs selbstverständliche - differenzierte Beurteilung des Klägers lässt den Schluss auf eine konkrete Gefahr der Begehung erneuter einschlägiger Straftaten durch den Kläger nicht zu, spricht im Gegenteil eher dafür, dass der Kläger bei - derzeit u.a. auch observationsbedingt nicht gegebenen - günstigeren Rahmenbedingungen (eigene Wohnung, Arbeitsplatz) auf einem guten Weg ist, einerseits ein angemessenes Verhältnis zu seinen Straftaten zu finden und andererseits möglicherweise bestehende Schwächen in seiner Persönlichkeitsstruktur zu verringern. Sowohl der Zeuge ... wie der sachverständige Zeuge ... haben im Übrigen nachvollziehbar dargelegt, dass durch die Observation des Klägers dessen derzeitige Lebenssituation sehr in den Vordergrund rücke. Dieser Umstand mache es tendenziell eher schwieriger, die Straftaten und deren Einschätzung durch den Kläger angemessen aufzuarbeiten.
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Der Zeuge ... hat die Einschätzung des sachverständigen Zeugen ... zur - seiner Meinung nach nicht gegebenen - Gefährlichkeit des Klägers bestätigt und sehr klar dargelegt, dass er das Risiko der Begehung von weiteren Sexualstraftaten durch den Kläger als nicht hoch einschätzen würde, er sogar bei einer Besprechung gesagt habe, er würde die Verantwortung für die Beendigung der Observation des Klägers übernehmen. Dazu stehe er immer noch. Der Kläger könne heute einen angemessenen Umgang mit Frauen entwickeln, und auch die Fähigkeit, Mitgefühl zu entwickeln, sei beim Kläger ausgeprägt vorhanden. Wichtig sei vor allem, Arbeit und eine Wohnung für ihn zu finden. Der Zeuge ... und der sachverständige Zeuge ... sind von allen von der erkennenden Kammer gehörten Vernehmungspersonen diejenigen, die den engsten Kontakt zum Kläger haben und - nicht zuletzt aufgrund ihres professionellen Hintergrunds - auch hinreichend kritisch gegenüber bloßen Besserungs- und Wohlverhaltensversprechen sind. Da auch diese beiden Vernehmungspersonen keinerlei Anhaltspunkte für die konkrete Gefahr der Begehung erneuter einschlägiger Straftaten durch den Kläger zu benennen vermochten, kann von einer solchen nicht ausgegangen werden.
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Die Kammer fühlt sich in dieser Annahme bestärkt durch einige Aussagen des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Zunächst ist der Kläger einer Frage des Vorsitzenden zu seinen Straftaten ausgewichen. Erst auf Nachfrage hat er sich um eine Antwort bemüht. Diese fiel keineswegs glatt und bestimmt aus. Im Gegenteil hat der Kläger - zuvor noch etwas aufgebracht argumentierend, auf einmal eher ruhig und nachdenklich - ausgesagt, er habe sich mit seinen Taten auseinander gesetzt. Er habe im Vollzug selbst um eine Therapie gebeten und sei „auf dem Hohenasperg“ jahrelang behandelt worden. Er wisse, dass seine Taten falsch gewesen seien, sie seien - insoweit wiederholte er die Fragestellung des Gerichts - ein Tiefpunkt seines Lebens. Die Umstände, dass sein Sohn damals klein gewesen sei und dies möglicherweise die Ehe belastet habe und dass er seine Arbeit verloren habe, könnten keine Ausrede für die Straftaten sein. Er bereue seine Taten und habe auch versucht, sich bei den Opfern zu entschuldigen. Wenngleich sich in seiner Aussage auch distanzierende Formulierungen fanden - wie etwa das Wort „man“ („natürlich bereut man das“) -, hat das Gericht doch den Eindruck gewonnen, dass der Kläger ein akzeptables Verhältnis zu seinen Straftaten entwickelt hat. Überzeugend wirkte auf die Kammer auch, dass der Kläger seine Rückfallgefahr keineswegs absolut verneint, sondern - wiederum eher nachdenklich und reflektiert - ausgeführt hat, er glaube nicht, dass er heute so etwas noch einmal tun könne. Dagegen spreche sein Alter, seine Weiterbildung und die Schule während des Vollzugs und seine sonst gewonnenen Erkenntnisse. Auch seine Triebhaftigkeit habe nachgelassen. Er habe viele Enttäuschungen und Niederlagen erlitten und gelernt, sich durch Schreiben zu wehren, nicht durch Rache an Schwächeren. Seine völlige Ungefährlichkeit hat der Kläger, der im Übrigen auch den „Vorfall“ an der katholischen Fachhochschule nachvollziehbar erklären konnte, damit zwar weder behauptet noch bewiesen; er muss diesen - im Grunde nicht möglichen - Nachweis aber von Rechts wegen auch nicht führen.
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Bei dieser Sachlage, in der sich einerseits aus der Gefährlichkeitsprognose des Beklagten keinerlei Anknüpfungstatsachen für eine Gefährlichkeit des Klägers ergeben haben und andererseits die mündliche Verhandlung nicht ansatzweise einen Hinweis auf die konkrete Gefahr der Begehung erneuter einschlägiger Straftaten durch den Kläger erbracht hat, kommt die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens durch das erkennende Gericht - ungeachtet der hiermit verbundenen (erheblichen) rechtlichen Unklarheiten (vgl. in diesem Zusammenhang etwa BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20.05.2003 - 1 BvR 2222/01 -, BVerfG(K) 1, 167; BGH, Beschluss vom 17.02.2010 - XII ZB 68/09 -, BGHZ 184, 269) - nicht in Betracht. Obwohl das beklagte Land insoweit für sich die rechtliche Kompetenz in Anspruch nimmt, den Kläger auch zwangsweise - auf Grundlage der polizeilichen Generalklausel - zu einer psychiatrischen Begutachtung verpflichten zu können (dies erwägend auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2013 - 1 S 1817/12 -, BA S. 11; dagegen Greve/Lucius, a.a.O., S. 105), hat es selbst bislang offenbar keinen Anlass gesehen, von dieser - rechtlich zweifelhaften - Möglichkeit Gebrauch zu machen.
59 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht keinen Anlass, diese für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Auch für eine vorläufige Vollstreckbarkeit des Ausspruchs in der Hauptsache ist kein Raum (vgl. statt vieler: Heckmann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 167 RdNr. 21 m.w.N.).
60 
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache). Die Kammer hält die Klärung der mit dem prinzipiellen Bestehen einer Ermächtigungsgrundlage für die dauerhafte Observation rückfallgefährdeter Sexualstraftäter verbundenen Rechtsfragen für rechtlich grundsätzlich bedeutsam.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.