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| Die im Wege objektiver Klagehäufung (§ 44 VwGO) erhobene Klage ist zulässig. |
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| 1. Soweit sich der Kläger gegen die Gebührenfestsetzung in den Bescheiden vom 19.09.2014 (dort unter Nr. IV.) wendet, ist die Klage als Anfechtungsklage in Form der Untätigkeitsklage gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig, nachdem die Beklagte, die insoweit selbst Widerspruchsbehörde gewesen wäre, keinen Widerspruchsbescheid erlassen hat. |
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| 2. Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass das Betretungs- und Aufenthaltsverbot und die Meldeverpflichtung (im Folgenden gemäß dem üblichen Sprachgebrauch bezeichnet als „Meldeauflage“) unter den Nummern I.1. und I.2. in den Bescheiden der Beklagten vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 rechtswidrig waren, ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. |
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| 2.1 Die hier streitgegenständlichen Regelungen (Betretens- und Aufenthaltsverbote bzw. Meldeauflagen) bezogen sich auf das Jahr 2014 und haben sich daher zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt (§ 43 Abs. 2 LVwVfG). Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher (nach Klagerhebung, aber vor gerichtlicher Entscheidung) durch Rücknahme oder auf andere Weise, etwa durch Zeitablauf, erledigt hat, wie es beim Bescheid vom 19.09.2014 der Fall ist, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. |
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| 2.2 Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklagen steht nicht der Ablauf von Rechtsmittelfristen entgegen. Denn im Hinblick auf die Bescheide der Beklagten vom 19.09.2014 und 06.10.2014 wurde der fristgerecht eingelegte Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F. vom 18.12.2014, zugestellt am 22.12.2014, zurückgewiesen. Erledigung trat am 21.12.2014, 22:00 Uhr ein, somit während der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO. Da die Klage am 22.01.2015 und damit binnen Monatsfrist erhoben wurde, bestehen keine Bedenken an der Zulässigkeit der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage. |
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| 2.3 Der Kläger kann ferner bezüglich beider mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffenen Verwaltungsakte ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für sich reklamieren. |
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| Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat. |
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| 2.3.1 Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich vorliegend ungeachtet der Frage, inwieweit ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot den grundrechtsrelevanten Bereich der Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 24.09.2014 - 5 K 659/14.F -, juris; a.A. Bayer. VGH, Beschluss vom 09.06.2006 - 24 CS 06.1521 -, juris) bzw. das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 GG (VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; Stephan/Deger, PolG BW, 7. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035) berührt und deshalb einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff begründet, bereits aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 Abs. 4 GG. Denn das polizeirechtliche, auf § 27a Abs. 2 PolG gestützte Betretungs- und Aufenthaltsverbot, das zeitlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken ist und die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten darf (vgl. § 27a Abs. 2 Sätze 2, 3 PolG) und dessen gerichtlicher Überprüfung zudem ein Widerspruchsverfahren vorgeschaltet ist, gehört zu den sich typischerweise vor der Möglichkeit der Erlangung verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren erledigenden Maßnahmen. In diesen Fällen gebietet Art. 19 Abs. 4 GG die Annahme eines von der Schwere des Grundrechtseingriffs unabhängigen Fortsetzungsfeststellungsinteresses (vgl. dazu ausführlich VG Freiburg, Urteil vom 25.09.2015 - 4 K 35/15 -, juris; so auch Sächs. OVG, Urteil vom 27.01.2015 - 4 A 533/13 -, juris; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 Rn. 145, m.w.N.; Fehling/Kastner/Störmer, VerwR, § 113 VwGO Rn. 110; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 113 Rn. 282 f.). |
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| 2.3.2 Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse daneben wegen eines Rehabilitierungsinteresses des Klägers zu bejahen ist. |
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| Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris). |
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| Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten beruhen vom maßgebenden Empfängerhorizont aus auf dem Vorwurf, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und sei gewalttätiges Mitglied der Ultra-Vereinigung „C“. Es spricht einiges dafür, dass dieser Vorwurf der Beklagten und die daraus resultierende Stigmatisierung des Klägers als einem für seine Umwelt in bestimmten Situationen gefährlichen, sich in strafwürdiger Weise gewalttätig verhaltenden Menschen, der sich aufgrund seines Verhaltens an einer relevanten Zahl von Wochenenden über Stunden hinweg nicht im Innenstadtbereich seines Wohnorts aufhalten darf, sich als gegenüber dem Kläger diskriminierend und seinen grundrechtlichen Ehrschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigend darstellt (so etwa VG Stuttgart, Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Dies kann jedoch im Ergebnis offen bleiben. |
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| Die danach zulässige Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist das unter Nr. I.1. in den Bescheiden der Beklagten vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 verhängte Betretungs- und Aufenthaltsverbot rechtmäßig gewesen. Auch die unter Nr. I.2. verhängte Meldeauflage ist rechtlich nicht zu beanstanden. |
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| 1. Die Bescheide vom 19.09.2014 und 06.10.2014 sind formell rechtmäßig zustande gekommen. |
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| 1.1 Insbesondere wurde der Kläger im Vorfeld des Erlasses des Bescheids vom 19.09.2014 angehört (vgl. Schreiben vom 10.09.2014), wobei die recht kurze Frist zur Stellungnahme umso weniger Bedenken aufwirft, als es sich hierbei inhaltlich lediglich um die Verlängerung bereits bestehender Verbote bzw. Verpflichtungen handelt, gegen die der Prozessbevollmächtigte des Klägers bereits Widerspruch eingelegt und in diesem Zusammenhang Akteneinsicht erhalten hat (vgl. Schreiben der Beklagten vom 29.08.2014). Zwar wurde der Kläger vor Erlass des Bescheides vom 06.10.2014 nicht separat angehört; bereits mit Schreiben vom 10.09.2014 war der Kläger aber allgemein zum Erlass von Betretungs- und Aufenthaltsverboten sowie Meldeauflagen für den Zeitpunkt 21.09.2014 bis zum 20.12.2014 unter Verweis auf die Begründung im Bescheid vom 19.08.2014 angehört worden. Gegenstand der Anhörung waren folglich der Sache nach auch die mit Bescheid vom 06.10.2014 verhängten Maßnahmen. |
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| 1.2 Der Bescheid vom 19.09.2014 in seiner durch Bescheid vom 06.10.2014 ge-fundenen Gestalt erfüllt ferner die Anforderungen an die in § 39 Abs. 1 LVwVfG geregelte Begründungspflicht. Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG). In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (§ 39 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG). Darauf, ob die Begründung auch inhaltlich Überlegungen enthält, die die angefochtene Entscheidung tragen können, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil § 39 LVwVfG nur die formelle Begründungspflicht regelt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2014 - 9 S 1722/13 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 12.10.2012 - 2 B 1135/12 -, juris; OVG Meckl.-Vorp., Beschluss vom 25.01.2010 - 3 L 89/06 -, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 39 Rn. 2). |
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| Die Beklagte hat die angefochtene Verfügung u.a. damit begründet, dass es anläss-lich von Fußballbegegnungen der ersten beiden Mannschaften des SC F. in letzter Zeit vermehrt zu Gewaltdelikten und anderen Straftaten durch Problemfans des SC F.s und gegnerischer Problemfans gekommen sei, die nicht nur im Bereich des Stadions, sondern auch in der Innenstadt und im angrenzenden Stadtteil Y stattgefunden hätten. Der Kläger sei dem Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und dem gewaltbereiten Spektrum der F.er Fußballszene zuzuordnen; beispielhaft werden mehrere Vorfälle angeführt, die nach Auffassung der Beklagten für das gewalttätige Verhalten des Klägers sprechen. Anschließend hat die Beklagte den sich für sie ergebenden Sachverhalt unter die Tatbestandsvoraussetzungen des § 27a Abs. 2 PolG subsumiert. Dass die Beklagte sich hierbei allgemein verwendeter Textbausteine bediente, ist unschädlich, da sie immer wieder den Bezug zum konkreten Fall des Klägers herstellte. Auch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Verbote wurde auf die konkrete Situation des Klägers eingegangen. Die Begründung ist daher im Lichte von § 39 LVwVfG nicht zu beanstanden. |
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| 2. Das mit Bescheid vom 19.09.2014 unter Nr. I. gegen den Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot betreffend näher bestimmte Bereiche F.s an einzelnen Tagen im Zeitraum vom 27.09.2014 bis zum 21.12.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, entspricht zwar vollumfänglich den Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 Sätze 1, 2 PolG, ist jedoch teilweise wegen Verstoßes gegen § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG rechtswidrig. |
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| 2.1 Nach § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird (Aufenthaltsverbot). |
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| Die Beklagte ist im Herbst 2014 zurecht davon ausgegangen, es bestünden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gerade in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde. |
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| Sie stützt die gegen den Kläger verhängten Aufenthalts- und Betretungsverbote auf Erkenntnisse der Polizei. Danach sei der Kläger mindestens im Zeitraum 30.12.2009 bis 21.03.2014 Mitglied der F.er Ultragruppierung „C“ gewesen. Die Gruppierung „C“ sei als äußerst gewalttätig einzustufen. Darüber hinaus gebe es konkrete polizeiliche Erkenntnisse über den Kläger. So habe sich der Kläger am 30.12.2009, als ein Zusammentreffen zwischen F.er Ultras und B.er Fans nur durch Polizeieinsatz habe verhindert werden können, unweit des Eisstadions zusammen mit anderen Mitgliedern der Ultras angetroffen werden können. Am 04.08.2012 sei es in der Z-straße in F. zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren F.er und T.er Ultras gekommen, wobei der Kläger einen T.er Fan geschlagen und getreten habe. Am 01.12.2013 habe der Kläger einen Polizeibeamten im Rahmen des Bundesligaspiels B. gegen den SC F. mit den Worten „Halt die Fresse du Wichser“ beleidigt. Am 21.03.2014 habe der Kläger mit mehreren F.er Ultras nach dem Bundesligaspiel SC F. gegen W. im Stadion auf den Geschädigten eingeschlagen. Am 29.03.2014 sei es am Fanprojekt F. zu einer Massenschlägerei zwischen einer Vielzahl von Ultras aus N. und F. gekommen; Videoaufnahmen zeigten den Kläger, wie er mit weiteren F.ern mehrfach auf N.er Ultras eingeschlagen habe. |
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| Die Beklagte hatte keinen Grund, an der Richtigkeit der schriftlich vorgelegten Erkenntnisse der szenekundigen Polizeibeamten zu zweifeln. Durch jahrelange Beobachtung der Hooligan- und Ultraszene sowie durch die Sachbearbeitung aller Delikte rund um Fußballspiele verfügen szenekundige Beamte über eine umfassende Personenkenntnis und sind in der Lage, Problemfans differenziert zu beurteilen; dies wurde auch deutlich anhand der Zeugenaussagen des szenekundigen Beamten R., der der Kammer genaue Beobachtungen schildern konnte. Für ihre Informationsgewinnung greifen sie auf die Zentrale Informationsstelle Sportveranstaltungen zurück, bei welcher sämtliche Hinweise aus allen Bundesligastandorten zentral gebündelt und von dort wieder an die einzelnen Dienststellen und hier an die szenekundigen Beamten weitergegeben werden. Außerdem stehen sie untereinander in ständigem Kontakt und beobachten die Hooligan- und Ultraszene anlässlich von Fußballspielen. Aus der Bündelung dieser Informationen wird das Erkenntnismaterial gewonnen, das zur Beurteilung der Gefahrenprognose bei präventiven Maßnahmen zu Grunde gelegt wird (VG Minden, Urteil vom 29.06.2005 - 11 K 2952/04 -, juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris; VG München, Urteil vom 25.02.2010 - M 22 K 08.203 -, juris; VG Meiningen, Urteil vom 08.02.2011 - 2 K 453/09 Me -, juris). |
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| Diese polizeiliche Auswertung der Sachlage und Gefahreneinschätzung rechtfertigte ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot gegen den Kläger für Bereiche der Innenstadt bzw. um das Stadion herum. Denn die Kammer ist auf Grundlage der beigezogenen Strafakten sowie der in der mündlichen Verhandlung erfolgten informatorischen Anhörung des Klägers und der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass im Herbst 2014 hinreichende Tatsachen vorgelegen haben, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger im Sinne des § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG in den genannten Bereichen eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde. |
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| Die Rechtsprechung stellt im Zusammenhang mit der Frage, wann gegen ein Mitglied einer gewaltbereiten Fangruppierung bzw. einer Hooligangruppe ein Aufenthalts- und Betretungsverbot erlassen werden kann, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person in dem vom Aufenthaltsverbot erfassten Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, keine allzu strengen Anforderungen. So wird zu Recht nicht verlangt, dass dem Betroffenen im Einzelnen eine konkrete Tatbegehung nachgewiesen werden kann (VG Minden, Beschluss vom 02.10.2014 - 11 L 763/14 -, juris; VG Köln, Beschluss vom 21.08.2015 - 20 L 2023/15 -, juris; VG Arnsberg, Beschluss vom 01.07.2009 - 3 L 345/09 -, juris; VG Aachen, Beschluss vom 26.04.2013 - 6 L 170/13 -, juris; VG Hannover, Beschluss vom 21.07.2011 - 10 B 2096/11 -, juris); selbst der Nachweis der Zugehörigkeit zum Kernbereich der gewalttätigen Fan- bzw. Hooliganszene wird als nicht erforderlich erachtet (VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris). Begründet wird dies in den genannten Entscheidungen überzeugend damit, dass eine von einem Mitglied einer gewaltbereiten Gruppierung ausgehende Gefahr schon darin besteht, dass dieser durch seine zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu dieser Gruppe die Gewaltbereitschaft fördert und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwenden, eine zumindest psychologische Stütze darstellt. Die von Hooligans oder anderen gewaltbereiten Fans etwa einer Ultra-Gruppierung begangenen Straftaten haben ein typisches Erscheinungsbild und stellen sich als Deliktstyp dar, der aus der homogenen Gruppe heraus initiiert und gesteigert wird. Die gewaltbereite Szene benötigt ein unterstützendes Umfeld; schon die bloße Anwesenheit von Gleichgesinnten trägt zur Gewaltbereitschaft derjenigen bei, die ihrem Kernbereich zuzurechnen sind und aus der Anonymität der Gruppe heraus agieren. Andererseits lassen sich Maßnahmen auf Grundlage des § 27a Abs. 2 PolG nicht auf reine Vermutungen stützen; vielmehr müssen aussagekräftige, tatsächliche Hinweise dafür vorliegen, dass der Betreffende nicht nur allgemein, sondern gerade dort, wo das Aufenthaltsverbot gelten soll, eine Straftat verüben wird (VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris; Stephan/Deger, PolG BW, 7. Aufl., § 27a Rn. 11; Belz/Mußmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035). |
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| Vorliegend steht für die Kammer nach erfolgter informatorischer Anhörung und der Zeugeneinvernahme fest, dass der Kläger seit mehreren Jahren in der F.er Ultra-Szene fest verankert ist; in diese Richtung äußerten sich nicht nur der szenekundige Beamte R. und der Sozialarbeiter M., vielmehr ergibt sich auch aus den Aussagen des Klägers selbst, dass er in der Fanszene sehr aktiv ist. Weitergehend hat sich die Kammer davon überzeugen können, dass er den „C“ zumindest nahesteht. Der Kläger selbst gab in der mündlichen Verhandlung an, seit dem Sommer 2009 bis zu ihrer Auflösung im Herbst 2012 Mitglied der Fangruppe „W F.“ gewesen zu sein; dies deckt sich mit den Erkenntnissen der Polizei. Nachdem sich diese Gruppierung aufgelöst hatte, gründeten sich im Frühjahr 2013 die „C“. Nach Angaben des szenekundigen Beamten R. wechselten viele der ehemaligen „W F.“ zu den „C“. Der Kläger bestritt in der mündlichen Verhandlung zwar, selbst ein Mitglied der „C“ zu sein; er sei in organisatorische Dinge nicht eingebunden und kleide sich auch nicht wie ein „C“. Gleichzeitig gab er aber an, mit einigen Mitgliedern aus dieser Fangruppierung befreundet zu sein, sich bei ihnen aufzuhalten und mit ihnen zu den Spielen zu fahren; auch während der Spiele stehe er unter den Leuten, die sich den „C“ zurechneten. Dass der Kläger sich innerhalb der F.er Fanszene durchaus den „C“ bzw. einzelnen seiner Mitglieder verbunden fühlt, zeigt beispielhaft der Vorfall am 21.03.2014. Dort kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen einigen „C“ und Mitgliedern der Ultra-Gruppierung „R“; der Kläger, der sich bei den „C“ befand, hat nach eigenen Angaben zunächst ein Mitglied von „R“ „mit der Hand genommen und aus der Gruppe weggeschoben“ und später einem anderen Mitglied von „R“ einen Faustschlag ins Gesicht versetzt, um ein Mitglied der „C“ aus dem Schwitzkasten eines „R“-Mitglieds zu befreien. Sowohl der Umstand, dass der Kläger, der selbst nicht angegriffen wurde, sich durch Wegdrängen eines „R“-Mitglieds in den Konflikt einschaltete, als auch die Schilderung des Sozialarbeiters M., wonach es dem Kläger im Anschluss an diese Eskalation des Konflikts bei der Fahrt zum nächsten Auswärtsspiel gelungen ist, deeskalierend auf die Konfliktparteien einzuwirken, zeigen, dass er in der Ultraszene verankert ist und dort Respekt genießt bzw. dort zumindest einen gewissen Einfluss hat. Die Kammer nimmt dem Kläger ab, dass er sich nicht dem inneren Kreis der „C“ zugehörig fühlt, welcher organisatorisch-planerische Aufgaben wahrnimmt und die Gruppierung nach außen vertritt, und dass er sich auch in seiner Kleidung jedenfalls in jüngerer Zeit eine gewisse Eigenständigkeit und Unabhängigkeit bewahrt. Indem der Kläger sich im Umfeld von Fußballbegegnungen aber bei seinen Freunden, die aktive „C“ sind, aufhält, mit ihnen und in ihrer Mitte die Spiele besucht und für sie - wie etwa der Vorfall vom 21.03.2014 zeigt - auch in die Bresche springt, ist er gerade Teil des von der Rechtsprechung beschriebenen unterstützenden Umfelds derjenigen, die aus der Gruppe heraus Straftaten begehen, unabhängig davon, ob er selbst seine Position als eine - wie auch immer zu dokumentierende, jedenfalls nicht durch eine förmliche Aufnahme in die Gruppierung nach außen tretende - „Mitgliedschaft“ begreift. Dass aus dem Kreis der „C“ in der Vergangenheit immer wieder im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F. Straftaten verübt worden sind, ergibt sich aus der von der Polizei erstellten „Vita Ultragruppierung ‚C‘“ vom 03.09.2014, aber auch aus den Aussagen des szenekundigen Beamten R. in der mündlichen Verhandlung etwa im Zusammenhang mit pyrotechnischen Vorfällen bei Auswärtsspielen des SC F.. |
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| Aus den polizeilichen Erkenntnissen ergibt sich darüber hinaus, dass auch der Kläger selbst wiederholt an körperlichen Auseinandersetzungen insbesondere mit gegnerischen Fans aktiv beteiligt war. Die Kammer nimmt den Vorfall vom 30.12.2009 hier ausdrücklich aus, weil hier bereits eine Anwesenheit des Klägers bei dem Vorfall, erst recht aber eine aktive Teilnahme nicht nachgewiesen werden konnte. Anders ist es jedoch nicht nur bei der bereits erwähnten Eskalation des Konflikts mit Mitgliedern von „R“ vom 21.03.2014, sondern auch bei den weiteren Vorfällen vom 04.08.2012 und 29.03.2014, bei denen der Kläger nicht nur physisch anwesend, sondern selbst aktiv beteiligt war. Auch wenn der Kläger strafrechtlich deswegen nicht belangt wurde, machen diese polizeilichen Erkenntnisse doch deutlich, dass sich der Kläger im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen wiederholt in einem gewaltbereiten Umfeld aufgehalten hat und nicht nur der gewaltsamen Auseinandersetzung nicht aus dem Weg gegangen ist, sondern sich im Gegenteil aktiv an der körperlichen Austragung von Konflikten mit gegnerischen Fans - wenn auch möglicherweise nicht an vorderster Front - beteiligt und in diesem Zusammenhang zumindest den Tatbestand einer Körperverletzung verwirklicht hat. Auch wenn am 29.03.2014, als es zu einer Massenschlägerei zwischen Anhängern des SC F. und Fans des 1. FC N. vor dem Fanprojekt des SC F. gekommen ist, die Aggression vor allem von den N.er Fans ausgegangen sein sollte, zeigt doch das in den Strafakten befindliche, in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommene Bildmaterial, dass der Kläger sich nicht rein defensiv verhalten und von der Auseinandersetzung distanziert hat; vielmehr war er einer der nach Aussagen des szenekundigem Beamten R. etwa zehn bis 15 Fans, die - von etwa 80 bis 100 anwesenden F.er Fans - auf F.er Seite aktiv an der Schlägerei teilgenommen haben. |
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| Die Beklagte hatte entgegen der Ansicht des Klägers auch keine Veranlassung, Vorfälle, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Betretungs- und Aufenthaltsverbots im Herbst 2014 bereits länger als ein Jahr zurücklagen, von vornherein aus ihrer Prognoseentscheidung auszublenden. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem vom Klägervertreter zitierten Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 07.12.2014 (1 S 2218/03, juris). Denn der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem, § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG betreffenden Verfahren ausgeführt, dass diese Regelung - obwohl dort, anders als vorliegend, die Gesetzesbegründung eine Beschränkung auf Vorfälle der letzten zwölf Monate nahe legen könnte - nicht etwa dahingehend auszulegen sei, dass in die Gefährdungsprognose im Sinne einer zeitlich starren Grenze nur Vorfälle innerhalb der letzten zwölf Monate einfließen dürften; allerdings bedürfe es einer hinreichend aktuellen Gefährdungslage und damit im Regelfall der Feststellung von Vorfällen (auch) aus jüngerer Zeit, um die Gefährdungsprognose zu begründen. Selbst wenn man diese zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG ergangene, schon allein mit Blick auf die dortige Gesetzesbegründung nicht uneingeschränkt auf § 27a Abs. 2 PolG übertragbare Rechtsprechung hier anwenden wollte, wäre die Beklagte daher nicht daran gehindert, auch auf ältere Vorfälle zu rekurrieren, wenn sie für die Begründung einer aktuell bestehenden Gefährdungslage daneben, was hier der Fall ist, auch Vorfälle aus jüngerer Zeit heranziehen konnte. |
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| Das aktive Auftreten des Klägers in der F.er Ultra-Szene in Zusammenschau mit den drei strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen in den Jahren 2012 und 2014 waren im Herbst 2014 hinreichend konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, der Kläger werde auch künftig im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen in den vom Aufenthaltsverbot erfassten Bereichen Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen. |
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| 2.2 Die Beklagte hat ferner ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hat die angefochtene Verfügung damit begründet, es sei zu verhindern, dass der Kläger weiterhin das Leben und die Gesundheit anderer gefährde, indem er weitere Körperverletzungsdelikte und andere Straftaten begehe. Der vom Aufenthaltsverbot betroffene Bereich beschränke sich auf das Gebiet des üblichen Aufenthalts von Gästefans einschließlich der üblicherweise aufgesuchten Gaststätten sowie auf die erfahrungsgemäß durch diese benutzten Haltestellen; es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger während der Geltungszeiten des Verbotes eine Einrichtung dort besuchen müsse. |
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| Hiergegen ist nichts zu einzuwenden. Insbesondere hat die Beklagte das Aufenthaltsverbot auf die Spieltage und auch insoweit lediglich auf einen überschaubaren, aus Sicht der Polizei bei Fanausschreitungen aber regelmäßig relevanten Zeitraum und auch örtlich auf den relevanten Bereich beschränkt. Das Verbot stellt zwar einen nicht unerheblichen Eingriff in Rechte des Klägers dar; mildere Handlungsalternativen standen mit Blick auf den bezweckten Erfolg der effektiven Unterbindung von Fanausschreitungen im Zusammenhang mit den Heimspielen der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F. aber nicht zur Verfügung. Damit erwies sich das Aufenthaltsverbot insbesondere als verhältnismäßig. |
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| 2.3 Die Kammer sieht ferner keine Unbestimmtheit des Bescheides vom 19.09.2014 in Bezug auf, wie der Kläger meint, Spiele der zweiten Mannschaft, weil, so die Begründung, der insoweit angekündigte Änderungsbescheid nicht ergangen sei. Der angefochtene Bescheid ist vielmehr hinreichend bestimmt, weil er klar und eindeutig wie auch in sich schlüssig regelt, an welchen Tagen zu welchen Uhrzeiten während welcher Fußballbegegnungen unter Beteiligung der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F. der Kläger sich in welchem Bereich F.s nicht aufhalten darf. Dass die Beklagte (nur) für den Fall, dass „die Termine der Mannschaft SC F. II ... je nach Feinterminierung der ersten drei Fußball-Ligen noch geändert werden“ sollten, den Erlass eines Änderungsbescheides angekündigt hat, solche die Änderung des Bescheides erfordernde Terminsänderungen aber offensichtlich nicht erfolgt sind - jedenfalls behauptet dies auch der Kläger nicht - mit der Folge, dass ein Änderungsbescheid insoweit nicht ergangen ist, kann schwerlich Einfluss auf die Bestimmtheit des angefochtenen Bescheides vom 19.09.2014 in der Fassung des Bescheides vom 06.10.2014 haben. |
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| Auch im Übrigen ist der angegriffene Bescheid im Hinblick auf das unter Nr. I.1. ausgesprochene Aufenthalts- und Betretungsverbot hinreichend bestimmt, insbesondere kann der Kläger den exakten Geltungsbereich des Aufenthaltsverbots den beigefügten Plankarten und der textlichen Beschreibung entnehmen. |
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| 2.4 Das Betretungs- und Aufenthaltsverbot erweist sich jedoch aufgrund Verstoßes gegen § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG als rechtswidrig, soweit es auch Spieltage nach dem 01.11.2014 erfasst. |
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| Gemäß § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG darf ein Aufenthaltsverbot die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten. |
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| Dieser zeitlichen Begrenzung genügt das von der Beklagten ausgesprochene Aufenthalts- und Betretungsverbot nicht. Zwar hält das durch den angegriffenen Bescheid vom 19.09.2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 06.10.2014 festgesetzte Aufenthalts- und Betretungsverbot mit seinem Geltungszeitraum vom 27.09.2014 bis zum 21.12.2014 für sich genommen den Dreimonatszeitraum ein. Der angefochtene Bescheid steht jedoch nicht isoliert, sondern knüpft zeitlich unmittelbar an den Bescheid vom 30.07.2014 in der Fassung des Abänderungsbescheids vom 19.08.2014 an, mit welchem gegenüber dem Kläger ein aufgrund der gleichen Gefahrenprognose erstelltes Aufenthalts- und Betretungsverbot, gültig für den Zeitraum vom 02.08.2014 bis zum 20.09.2014, erlassen worden war. Bei der Beschränkung des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG handelt es sich um eine maximale Zeitobergrenze, die auch dann nicht durch den Erlass einer auf dieselben Tatsachen gestützten Folgeverfügung überschritten werden darf, wenn die Gründe für das Aufenthaltsverbot nach Fristablauf erkennbar im Wesentlichen unverändert fortbestehen (vgl. Ruder, Polizeirecht Bad.-Württ., 8. Aufl., Rn. 656; Belz/Mußmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 27a Rn. 9; a.A. Stephan/Deger, PolG BW, 7. Aufl., § 27a Rn. 12). |
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| Die Dreimonatsfrist für das gegen den Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot, das erstmals am 02.08.2014 galt, endete damit am 01.11.2014. Soweit der Bescheid Tage nach dem 01.11.2014 erfasst, ist das Aufenthalts- und Betretungsverbot damit wegen Überschreitens der Dreimonatsfrist des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG rechtswidrig gewesen. |
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| Etwas anderes ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht daraus, dass das gegenüber dem Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot nicht durchgängig, sondern nur sehr punktuell - im genannten Dreimonatszeitraum an (nur) zehn Tagen für jeweils zwölf Stunden - galt. Richtig ist zwar, dass die Höchstfrist von drei Monaten die Verhältnismäßigkeit des Aufenthaltsverbots sicherstellen soll (vgl. LT-Drs. 14/3165 S. 67). Auch wenn das Verhältnismäßigkeitsprinzip eine derartige Höchstfrist von drei Monaten nicht gebietet - in der obergerichtlichen Rechtsprechung anderer Bundesländer wurden vereinzelt wesentlich längere Aufenthaltsverbote als vom Verhältnismäßigkeitsprinzip gedeckt angesehen (vgl. etwa Bayer. VGH, Beschluss vom 18.02.1999 - 24 CS 98.3198 -, juris [12 Monate]; OVG Nieders., Beschluss vom 12.05.2009 - 11 ME 190/09 -, juris [6 Monate]; OVG Bremen, Urteil vom 24.03.1999 - 1 BA 27/97 -, juris [6 Monate]) -, steht es dem Gesetzgeber frei, aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten eine entsprechende rein formale Obergrenze von drei Monaten einzuführen. Richtig ist auch, dass es unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einen gewichtigen Unterschied macht, ob ein Aufenthaltsverbot ununterbrochen für drei Monate oder jeweils nur für einzelne Tage oder gar Stunden innerhalb dieses Zeitraums ausgesprochen wird. Dass es neben Aufenthaltsverboten, die typischerweise ununterbrochen für einen längeren Zeitraum ausgesprochen werden - etwa zur Bekämpfung einer offenen Drogenszene - auch solche gibt, die nur einen kürzeren Zeitraum betreffen, war dem Gesetzgeber jedoch offensichtlich bewusst; denn als ein Beispiel für den Erlass eines Aufenthaltsverbots nennt er den „Schutz von Veranstaltungen vor gewaltbereiten Personen“ (LT-Drs. 14/3165 S. 66). Trotzdem hat er bei Formulierung der Frist die Worte „Es darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten“ gewählt. Dies legt eine kalendermäßig bestimmte Frist nahe. Hätte er stattdessen auf die Zeitspanne abstellen wollen, während derer das Aufenthaltsverbot gegenüber dem Betroffenen Geltung entfaltet, und so eine Addition der Zeiträume verschiedener, jeweils zeitlich eng befristeter Aufenthaltsverbote ermöglichen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass er etwa eine Dauer von „insgesamt 90 Tagen“ zur Obergrenze macht; dies umso mehr, als die Wortwahl „drei Monate“ zwar auf Grundlage von § 188 Abs. 2 BGB mühelos ein kalendermäßig bestimmtes Ende, nicht aber eine exakte Bestimmung der Anzahl der hierunter zu fassenden Tage ermöglicht. Dies steht einer Auslegung von § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG entgegen, nach der eine Zerlegung der Dreimonatsfrist in die entsprechende Zahl von Tagen oder gar Stunden und deren Verteilung auf einen weit über drei Monate hinausgehenden Zeitraum zulässig wäre. Nach Auffassung der Kammer ist daher die formale Frist des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG als kalendermäßig zu bestimmende Frist auszulegen, ohne dass es darauf ankäme, innerhalb welchen Zeitraums innerhalb dieser Frist das Aufenthaltsverbot Geltung entfaltet. |
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| 3. Die in Nr. I.2. des angefochtenen Bescheids verhängte Meldeauflage war rechtlich nicht zu beanstanden. |
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| Gemäß §§ 1, 3 PolG hat die Polizei u.a. die Aufgabe, von dem einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit bedroht wird, zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. |
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| 3.1 Eine Meldeauflage zielt darauf, dass die betreffende Person sich bei einer bestimmten polizeilichen Dienststelle zu einem bestimmten Zeitpunkt „melden“ muss. Im Gegensatz zu einem Aufenthalts- und Betretungsverbot regelt sie unmittelbar nicht das „Wegbleiben“ vom einem bestimmten Ort, sondern das „Hinkommen“ zu einer Polizeidienststelle (Siegel, NJW 2013, 1035). Sofern es, wie im baden-württembergischen Recht, an einer spezialgesetzlichen Grundlage für den Erlass einer Meldeauflage fehlt, wird in der Rechtsprechung die Anwendung der polizeilichen Generalklausel als Grundlage für eine Meldeauflage ausdrücklich für zulässig erachtet (BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 6 C 39/06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris; Bayer. VGH, Beschluss vom 05.03.2015 - 10 CS 14.2244 u.a. -, juris; OVG Bremen, Urteil vom 02.09.2008 - 1 A 161/06 -, juris; OVG Nieders., Beschluss vom 14.06.2006 - 11 ME 172/06 -, juris; OVG Berl.-Brandenbg., Urteil vom 21.03.2006 - 1 B 7.04 -, juris; vgl. dazu sowie zu den mitunter kritischeren Stimmen in der Literatur Schlucht, NVwZ 2011, 709). Dem schließt sich die Kammer für den hier vorliegenden Fall an, auch wenn aus ihrer Sicht eine spezialgesetzliche Regelung etwa mit Blick auf die Frage der materiellen Voraussetzungen für ihren Erlass, der Bestimmung einer möglichen zeitlichen Höchstfrist derartiger Maßnahmen (wie etwa in § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG erfolgt) oder der ausdrücklichen Festlegung der örtlichen Zuständigkeit für den Erlass der Meldeauflage durchaus wünschenswert wäre oder bei einer weiteren Verfestigung der Meldeauflage als polizeiliche Standardmaßnahme gar geboten sein könnte (vgl. zu dem früher ebenfalls auf §§ 1, 3 PolG gestützten Platzverweis etwa VG Stuttgart, Beschluss vom 17.05.2001 - 5 K 1912/01 -, juris, oder zu der so gen. offenen Observation u.a. Urteil der Kammer vom 14.02.2013 - 4 K 1115/12 -, juris). |
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| 3.2 Die Meldeauflage ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen. |
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| 3.2.1 Die Beklagte war für den Erlass der Meldeauflage örtlich zuständig. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 ist diejenige Polizeibehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die polizeiliche Aufgabe wahrzunehmen ist (§ 68 Abs. 1 PolG), wo also die Notwendigkeit für ein polizeiliches Einschreiten besteht. Dies ist der Ort, an dem der Eintritt des Schadens für ein polizeiliches Schutzgut droht oder an dem sich die Gefahrenquelle befindet (Belz/Mußmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 68 Rn. 4). Die Zuständigkeit der Wohnortbehörde für den Erlass von Meldeauflagen ist für die Rechtsprechung offenbar so selbstverständlich, dass sie mit keinem Wort erwähnt, geschweige denn erörtert, sondern stillschweigend voraussetzt wird (so etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris; Sächs. OVG, Beschluss vom 26.05.2010 - 3 A 244/09 -, juris; OVG Bremen, Urteil vom 02.09.2008 - A 161/06 -, juris; OVG Berl.-Brandenbg., Urteil vom 21.03.2006 - 1 B 7.04 -, juris). Gerade vor dem Hintergrund, dass die Regeln über die örtliche Zuständigkeit speziell im Gefahrenabwehrrecht stark vom Effizienzgedanken geprägt sind (vgl. Denninger/Rachor, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., C Rn. 32, m.w.N.), geht auch die Kammer davon aus, dass die örtliche Zuständigkeit der Beklagten für die Meldeauflage auf Grundlage des § 68 Abs. 1 Satz 1 PolG hier nicht verneint werden kann. Dies gilt bereits deshalb, weil sich die Gefahr der Begehung von bzw. der Beteiligung an Straftaten durch Ultras im Falle von Auswärtsspielen nicht erst am Ort des Auswärtsspiels, sondern bereits auf dem Weg dorthin - etwa bei gemeinsamer Anreise in der Bahn - verwirklichen kann. Ungeachtet dessen ist F. als der Ort, an dem der Kläger wohnt, derjenige, an dem die Gefahr, dass der Kläger sich zu Auswärtsspielen begibt und in diesem Zusammenhang strafbare Handlungen begeht, am effektivsten bekämpft werden kann (in diesem Sinne VG Frankfurt, Urteil vom 07.03.2002 - 5 E 3789/00 -, juris). |
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| 3.2.2 Der Kläger wurde vor Erlass der Meldeauflage ordnungsgemäß angehört (vgl. dazu oben 1.1); auch im Hinblick auf das Begründungserfordernis bestehen keine rechtlichen Bedenken (vgl. dazu oben1.2). |
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| 3.3 Die Meldeauflage war schließlich materiell rechtmäßig. |
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| Voraussetzung für den Erlass einer Meldeauflage ist danach das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wobei eine objektive ex-ante-Sicht maßgeblich ist. Für die Gefahrenprognose ist eine wertende Abwägung vorzunehmen. Je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden wäre, je größer die Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter ist, umso geringer sind die Anforderungen, die an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gestellt werden können; so kann in Fällen, in denen besonders hochwertige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen gefährdet sind, bereits eine relativ entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts sicherheitsrechtliche Maßnahmen rechtfertigen. |
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| Die Beklagte hat zu Recht eine hinreichend konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit angenommen, der sie durch den Erlass der angefochtenen Meldeauflage begegnete. Auf der Grundlage der ihr von Seiten der Polizei zur Verfügung gestellten konkreten und nachvollziehbaren Erkenntnisse durfte die Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass der Kläger als Mitglied der F.er Ultra-Szene mit einer Nähe zu den „C“ auch an Auswärtsbegegnungen der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F. teilnimmt und dass es dort, wie bereits mehrfach im Bereich um das SC-Stadion herum, zu körperlichen Auseinandersetzungen mit gegnerischen Fans kommt. Damit lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids hinreichende Erkenntnisse vor, die aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht die konkrete Gefahr der (erneuten) Teilnahme des Klägers an Auswärtsspielen einer F.er Mannschaft und damit die Gefahr der Begehung strafbewehrter Rechtsverstöße und damit verbundener Gesundheitsgefahren Dritter durch den Kläger begründeten (vgl. dazu OVG Nieders., Beschluss vom 14.06.2006 - 11 ME 172/06 -, juris; BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 6 C 39/06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris, und Urteil vom 16.11.1999 - 1 S 1315/98 -, juris). |
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| Die Beklagte war sich auch ihres Ermessensspielraums im Klaren und hat entsprechende - wenn auch kurze - Ausführungen dazu gemacht. |
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| Eine Meldeauflage war ferner dazu geeignet, dem Kläger die Anreise zu derartigen Auswärtsspielen unmöglich zu machen. Es waren auch keine milderen Mittel ersichtlich. Schließlich erscheint die Meldeauflage im Hinblick darauf, dass im angefochtenen Bescheid Ausnahmen von den Meldepflichten aus wichtigem Grund vorgesehen waren, auch nicht als im engeren Sinne unverhältnismäßig. Auch der Kläger hat weder im Rahmen der Anhörung noch im gerichtlichen Verfahren gewichtige Belange vorgetragen, die einer Auferlegung der Meldeauflage entgegenstünden oder die Beklagte dazu hätten veranlassen müsse, diese Auflage anderweitig zu gestalten. |
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| Die Meldeauflage war schließlich auch über den 01.11.2014 hinaus rechtmäßig, da §§ 1, 3 PolG eine zeitliche Befristung nicht vorsehen und eine solche aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch nicht erforderlich ist. |
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| 4. Erweist sich damit der Bescheid vom 19.09.2014 im Hinblick auf das Betretungs- und Aufenthaltsverbot als teilweise rechtswidrig, so hat dies Auswirkungen auch auf die Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung. Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid unter IV. die Gebühr nach §§ 1, 2, 4 der Satzung der Stadt F. über die Erhebung von Verwaltungsgebühren auf 150,-- EUR festgesetzt. Die Festsetzung der konkreten Höhe der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Gebührenrahmens stand im Ermessen der Beklagten (vgl. dazu VG Karlsruhe, Urteil vom 26.07.2011 - 6 K 2797/10 -, juris, m.w.N.). Die Beklagte ging bei Festsetzung der Gebühr davon aus, neben der Meldeauflage ein weiteres Aufenthaltsverbot von drei Monaten erlassen zu dürfen. Erweist sich diese Annahme als falsch, fehlt es damit auch ein einer tragfähigen Grundlage für die Ermessensentscheidung betreffend die Höhe der Gebührenfestsetzung. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Gericht sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. |
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| Die Berufung wird gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung folgt hier daraus, dass die Frage, ob die Dreimonatsfrist des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG kalendermäßig zu bestimmen ist oder ob insoweit die Zeiträume verschiedener, jeweils zeitlich eng befristeter Aufenthaltsverbote bis zu einer Gesamtdauer von drei Monaten zu addieren sind, für eine Vielzahl von Aufenthaltsverboten von Bedeutung ist; zu dieser Frage fehlt es bislang weitgehend an einschlägiger obergerichtlicher Rechtsprechung. |
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