Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 21. Aug. 2015 - 20 L 2023/15
Gericht
Tenor
1) Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2) Der Wert des Streitgegenstands wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2Der – sinngemäß – gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 20 K 4613/15 gegen die Ordnungsverfügung vom 07.08.2015 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, soweit die Ordnungsverfügung nicht bereits Gegenstand des Verfahrens 20 L 2026/15 war,
4hat keinen Erfolg.
5Gemäߠ § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittel ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn wie hier die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO von der Behörde angeordnet worden ist. Bei seiner Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht das öffentliche Vollziehungs- und das private Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen und dabei die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Während bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfs ein schutzwürdiges Aussetzungsinteresse nicht in Betracht kommt, besteht umgekehrt kein öffentliches Interesse am Vollzug einer offensichtlich rechtswidrigen Verfügung. Lassen sich die Erfolgsaussichten nur abschätzen, ohne eindeutig zu sein, bildet der Grad der Erfolgschance ein wichtiges Element der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung.
6Im vorliegenden Fall spricht Überwiegendes für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung.
7Was den Regelungsgehalt dieser Verfügung betrifft, geht die Kammer beim jetzigen Stand des Verfahrens davon aus, dass diese Verfügung bezüglich der Fußballspiele, für die noch kein bzw. kein fester Termin, sondern nur ein zeitlicher Rahmen genannt worden ist, lediglich eine Teilregelung der Gestalt enthält, dass bezüglich dieser Spiele grundsätzlich ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot für das gesamte Stadtgebiet Leverkusen ausgesprochen wird und in weiteren Verfügungen dann jeweils der zeitliche Rahmen des Betretungs- und Aufenthaltsverbotes geregelt wird.
8Bei summarischer Prüfung dürften die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 PolG NRW vorliegen. Danach kann einer Person für eine bestimmte Zeit verboten werden, einen bestimmten Bereich zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person in diesem örtlichen Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird. Derartige Tatsachen liegen vor.
9In Bezug auf den Vorfall vom 02.05.2015 ergibt sich aus den vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen, dass es einen Angriff von 20 bis 30 Fans von Bayer Leverkusen auf Anhänger von Bayern München gab. Dabei erlitt zumindest eine Person der Bayern München Fans Verletzungen (geschwollenes linkes Auge, Bluterguss am linken Mundwinkel, Hände mit Blut verschmiert, Schmerzen im Oberkiefer). Nach den Videoaufnahmen, die von Fans von Bayern München mit dem Handy gemacht und vom Antragsgegner ausgewertet wurden, gehörte auch der Antragsteller zu dieser Gruppe, was er laut Antragsschrift auch nicht bestreitet.
10Bezüglich der weiteren (Anknüpfungs-) Tatsachen enthält die angefochtene Verfügung keine nachvollziehbaren Angaben. Dieser Begründungsmangel ist jedoch durch den Vortrag im vorliegenden Verfahren geheilt worden.
11Ausweislich der Akte der Staatsanwalt Düsseldorf 80 Js 746/14 kam es am 30.11.2013 nach einem Spiel zwischen Leverkusen und Nürnberg zu einem Vorfall auf dem Weihnachtsmarkt in Wiesdorf. Ausweislich mehrerer Zeugenaussagen wurde zwei Fußballfans, die Fanschals von Schalke 04 trugen, von ca. 20 „Ultras“ von Bayer Leverkusen gefragt, was sie für einen Schal tragen würden. Man habe an dem Schal und an der Jacke eines Betroffenen herumgerissen. Ein anderer Betroffener sei weggelaufen, jedoch von der Gruppe der Ultras von Bayer Leverkusen durch ganz Wiesdorf verfolgt worden und habe sich in Gärten und auf niedrigen Hausdächern vor den Verfolgern verstecken müssen. Bei dieser Gruppe von Ultras von Bayer Leverkusen befand sich auch der Antragsteller. Dies ergibt sich aus der Aussage eines Geschädigten, der den Antragsteller kannte. Des Weiteren wird dies dadurch bestätigt, dass die Freundin des Geschädigten eine beteiligte Person aufgrund eines Fotos in Facebook identifizieren konnte. Die rechts auf dem entsprechenden Foto abgebildete und von der Zeugin bezeichnete Person ist – wie dort auch seitens des Antragstellers eingeräumt wurde – der Antragsteller. Das Verfahren gegen den Antragsteller wurde gemäß § 45 JGG eingestellt.
12Bei einem weiteren Vorfall am 11.05.2013 (zunächst StA Köln 120 Js 146/13, später StA Düsseldorf 80 Js 873/13) traf eine Gruppe von vier Personen aus der Leverkusener Ultraszene auf Fans von Hannover 96. Einer aus der Leverkusener Gruppe – nicht der Antragsteller – sprang plötzlich einem der Hannoveraner Fans in den Rücken und riss ihm den Fanschal vom Kopf. Nach Zeugenaussagen agierte die Leverkusener Gruppe verbal aggressiv und einschüchternd und rief den Fans aus Hannover im Weggehen noch zu „verpisst Euch“. Zu der Gruppe der Leverkusener Fans gehörte auch der Antragsteller. Im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung gab der Antragsteller auch an, Mitglied der Leverkusener Ultraszene zu sein und dem Fanclub Supportive Brothers anzugehören. Das Verfahren gegen den Antragsteller wurde eingestellt.
13Was sich genau im Rahmen des Vorfalls vom 10.05.2014 abgespielt hat, ist bislang nicht bekannt, weil dazu seitens des Antragsgegners keine näheren Angaben gemacht werden konnten und es angesichts der Kürze der Zeit auch nicht möglich war, die entsprechende Strafakte beizuziehen.
14Ausgehend von diesen Umständen spricht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Antragsteller aus dieser Ultragruppe heraus Straftaten begeht oder zumindest als Mitglied der Gruppe die Begehung von Straftaten anderer fördert und unterstützt. Dabei kommt es nicht allein ausschlaggebend darauf an, ob die Gefahr besteht, dass der Antragsteller selbst später als Täter identifiziert (und ggfls. auch bestraft) werden könnte. Eine von ihm aus gehende Gefahr besteht schon darin, dass er durch seine zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu der durch Gewalttätigkeit auffallenden Szene die Gewaltbereitschaft dieser Personen fördert und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwenden, eine zumindest psychologische Stütze darstellt. Die von Hooligans begangenen Straftaten haben ein typisches Erscheinungsbild und stellen sich als Delikstyp dar, der aus der homogenen Gruppe initiiert und gesteigert wird. Schon die Gegenwart von Gleichgesinnten trägt zur Gewaltbereitschaft bei. So leistet auch der Antragsteller selbst durch bloße Anwesenheit in wesentlicher Hinsicht einen Beitrag zu ggfls. von anderen Hooligans begangenen Straftaten,
15vgl. etwa Minden, Beschluss vom 02.10.2014 – 11 L 763/14 -; VG Hannover Beschluss vom 21.07.2011 – 10 B 2096/11; VG München, Urteil vom 25.02.2010 – M 22 K 08.203-; VG Arnsberg Beschluss vom 01.07.2009 – 3 L 345/09 -; alle Entscheidungen in Juris.
16Von daher geht der Antragsgegner voraussichtlich zu Recht von einer von dem Antragsteller ausgehenden Gefährdung aus.
17Soweit es die zeitlichen Vorgaben für das Betretungs- und Aufenthaltsverbot betrifft, sind diese bei summarischer Prüfung ebenfalls nicht zu beanstanden. Es besteht auch insoweit ein Begründungsdefizit, weil die Erwägungen für die Bestimmung des zeitlichen Umfangs nicht näher dargelegt werden. Auch dieser Begründungsmangel kann allerdings gem. § 45 VwVfG NRW noch bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erster Instanz geheilt werden. Allerdings erschließt sich der Umstand, dass der fragliche Zeitraum einige Stunden vor Spielbeginn beginnt und einige Stunden nach Spielende endet, bereits daraus, dass bekanntermaßenAuseinandersetzungen zwischen gegnerischen gewaltbereiten Fans üblicherweise nicht während eines Fußballspiels, sondern davor oder danach stattfinden. Im Übrigen haben auch die o.g. Übergriffe auf gegnerische Fans seitens der Leverkusener Ultras im Zeitraum vor bzw. nach dem Fußballspiel stattgefunden.
18Auch der räumliche Geltungsbereich des Betretungs- und Aufenthaltsverbotes dürfte rechtmäßig sein. Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass die Klarstellung des Antragsgegners im vorliegenden Verfahren, dass die mit der Verfügung übersandte „Anlage Betretungs- und Aufenthaltsverbot“ sich nicht auf den Antragsteller beziehe, an den mit der Verfügung vom 07.08.2015 getroffenen Regelungen nichts ändert. Denn in dieser Verfügung gibt es keinerlei Anknüpfung und nicht den geringsten Hinweis darauf, dass diese Anlage zum Gegenstand der Verfügung gemacht werden sollte.
19Die Erwägung, die streitige Maßnahme auf das gesamte Stadtgebiet zu erstrecken, da sich die Ereignisorte in Bezug auf die fraglichen Straftaten und die gefahrenabwehrenden Maßnahmen auf unterschiedliche Örtlichkeiten im Stadtgebiet erstreckten und der Antragsteller grundsätzlich seinen Lebensmittelpunkt in Monheim am Rhein hat, erschient nachvollziehbar und plausibel. Da der Antragsteller seinerzeit im Rahmen der ihm eröffneten Anhörungsmöglichkeit nichts vorgetragen hatte, konnten die erstmals im gerichtlichen Verfahren geltend gemachten persönlichen Interessen nicht berücksichtigt werden.
20Soweit der Antragsteller in seiner Antragsschrift geltend macht, ihm werde durch die Verfügung der Besuch von Bundesligaheimspielen unmöglich gemacht („polizeiliches Stadionverbot“), kann diese Argumentation nur Unverständnis hervorrufen angesichts der dann vom Antragsgegner angeführten Tatsache, dass gegen den Antragsteller ein bundesweites Stadionverbot besteht.
21Soweit der Antragsteller geltend macht, dass seine Freundin in Leverkusen wohne und insoweit erstmals mit Schriftsatz vom 19.08.2015 auch deren Namen und Adresse mitgeteilt hat, hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 21.08.2015 seine Bereitschaft erklärt, nach Mitteilung dort genannter weiterer Einzelheiten diesem Anliegen Rechnung zu tragen. Die Kammer hat keine Zweifel, dass der Antragsgegner bei entsprechender Mitwirkung des Antragstellers auch entsprechend verfahren wird.
22Soweit der Antragsteller geltend macht, dass er Mitglied des Vereins O. 00 e.V. sei, welcher das sog. T. in der L. -N. -Str. 00 betreibe, er dieses an Heimspieltagen immer besuche, dort in der Vergangenheit Thekendienst geleistet habe und dies auch in Zukunft tun wolle, wird damit die Anordnung eines Aufenthalts- und Betretungsverbotes für das gesamte Stadtgebiet nicht in Frage gestellt. Denn die genannte Örtlichkeit befindet sich in unmittelbarer Nähe des Fußballstadions. Dass gerade dieser Bereich von einem Aufenthalts- und Betretungsverbot umfasst sein muss, liegt auf der Hand.
23Im Übrigen hat der Antragsteller nichts vorgetragen, was auf ein berechtigtes Interesse schließen lassen könnte, weitere Bereiche von Leverkusen während der fraglichen Tage und Zeiten betreten zu können.
24Auch eine reine Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, da das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung sein privates Interesse an der Aussetzung der Vollziehung überwiegt. Denn einerseits besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse daran, Straftaten durch gewalttägige Fußballfans zu verhindern. Andererseits ist ein zumindest gleichgewichtiges privates Interesse des Antragstellers nicht erkennbar. Denn aufgrund des bundesweiten Stadionverbotes darf er Fußballspiele in Leverkusen ohnehin nicht besuchen. Dem Interesse, während der fraglichen Zeiten seine Freundin besuchen zu dürfen, wird noch Rechnung getragen werden. Allein seinem Anliegen, während der fraglichen Zeiten das sog. T. besuchen zu können, kommt ersichtlich kein besonderes Gewicht zu.
25Von daher muss jedenfalls hier das private Interesse des Antragstellers zurücktreten.
26Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
27Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG und entspricht im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Verfahrens der Hälfte des in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren anzusetzenden Betrages. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass eine Vielzahl von Heimspielen von Bayer Leverkusen betroffen ist.
moreResultsText
Annotations
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters von der Verfolgung absehen, wenn die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen.
(2) Der Staatsanwalt sieht von der Verfolgung ab, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits durchgeführt oder eingeleitet ist und er weder eine Beteiligung des Richters nach Absatz 3 noch die Erhebung der Anklage für erforderlich hält. Einer erzieherischen Maßnahme steht das Bemühen des Jugendlichen gleich, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Der Staatsanwalt regt die Erteilung einer Ermahnung, von Weisungen nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, 7 und 9 oder von Auflagen durch den Jugendrichter an, wenn der Beschuldigte geständig ist und der Staatsanwalt die Anordnung einer solchen richterlichen Maßnahme für erforderlich, die Erhebung der Anklage aber nicht für geboten hält. Entspricht der Jugendrichter der Anregung, so sieht der Staatsanwalt von der Verfolgung ab, bei Erteilung von Weisungen oder Auflagen jedoch nur, nachdem der Jugendliche ihnen nachgekommen ist. § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwenden. § 47 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.