Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 06. Aug. 2015 - 1 K 2485/13

bei uns veröffentlicht am06.08.2015

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Wasserversorgungs-, Kanal- und Klärbeiträgen.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstückes Flst.-Nr. 80/3. Dieses Grundstück war ursprünglich Bestandteil des größeren im Außenbereich befindlichen Grundstücks Flst-Nr. 282, das in mehrere Einzelgrundstücke - darunter auch die Grundstückes Flst.-Nr. 80/2 und 80/3 - aufgeteilt worden ist. Auf der Fläche des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 80/2 wurde bereits während des Zweiten Weltkriegs ein Gebäude errichtet. Zeitweise befand sich auf diesem Grundstück auch ein privates Schwimmbad. Nach den unbestrittenen Angaben des Klägers ist 1960 bis 1962 eine private Erschließungsstraße zu diesem Grundstück, samt Frischwasserleitung und Mischwasserkanal, errichtet worden. In den 90er Jahren ist hiernach festgestellt worden, dass die „WC-Grube-Ableitung“ dieses Anwesens verstopft war; in der Folge sei ein Anschluss an den bestehenden Schacht KD 667 hergestellt worden. Das heutige Grundstück Flst.-Nr. 80/3 war - und ist - hingegen nicht mit Gebäuden bebaut.
Am 05.03.2013 beschloss die Beklagte den Bebauungsplan Kirchhalde 1“, der u.a. für das dem Kläger gehörende Grundstück Flst.-Nr. 80/3 ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Im zeichnerischen Teil des Bebauungsplans sind im Bereich des klägerischen Grundstücks vorhandene Frisch- und Abwasserleitungen eingezeichnet. In der Begründung des Bebauungsplans findet sich folgender Passus:
„10.0. Kosten
Für die Erschließung (Kanal, Wasser, Erschließungsstraße) entstehen keine Kosten, da diese bereits vorhanden ist.
Nicht enthalten sind Verwaltungskosten sowie Kosten für den Grunderwerb.“
Mit Bescheiden vom 28.05.2013 zog die Beklagte den Kläger für eine 85 m² große Teilfläche (Stellplätze) zu einem Wasserversorgungsbeitrag von 100,05 EUR und einem Kanalbeitrag von 127,50 EUR heran. Am 29.05.2013 folgte ein Klärbeitragsbescheid über 51 EUR. Für eine weitere Teilfläche desselben Grundstückes von insgesamt 698 m² (Bauplatz 3) setzte die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 28.05.2013 einen Wasserversorgungs- und einen Kanalbeitrag von 2.053,78 EUR und von 2.617,50 EUR fest. Am 29.05.2013 erhob sie für die gleiche Teilfläche einen Klärbeitrag von 1.047,00 EUR fest. Für eine dritte Teilfläche von 517,62 m² erhob die Beklagte mit Bescheiden vom 28.05.2013 einen Wasserversorgungsbeitrag von 1.521,27 EUR und einen Kanalbeitrag von 1.938,75 EUR sowie mit Bescheid vom 29.05.2013 einen Klärbeitrag von 775,50 EUR.
Der Kläger legte am 01.06.2013 Widerspruch gegen „sämtliche Bescheide vom 29.05.2013“ ein. Zur Begründung führte er aus, die Beklagte habe ihm zugesichert, dass keine weiteren Beiträge durch den Erlass des Bebauungsplanes „Kirchhalde 1“ entstünden. Es seien bereits Beiträge für das Grundstück entrichtet worden. Zudem sei ihm seitens des Bürgermeisters zugesichert worden, dass keine weiteren Kosten anfallen würden.
Das Landratsamt ... wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2013 zurück. In der Begründung wird ausgeführt: Bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass sich der Widerspruch nicht nur auf die Bescheide vom 29.05.2013, sondern auch gegen die Bescheide vom 28.05.2013 richte. Der Widerspruch sei unbegründet. Die Ausführungen unter 10.0 der Begründung des Bebauungsplanes bezögen sich nur eventuelle Kosten der Gemeinde. Für diese sollten keine weiteren Kosten entstehen. Eine rechtsverbindliche Zusage seitens des ehemaligen oder des derzeitigen Bürgermeisters liege schon mangels schriftlicher Form nicht vor. Mit Rechtskraft des Bebauungsplanes „Kirchhalde 1“ sei wegen der nun gegebenen Bebaubarkeit erstmals eine Beitragspflicht entstanden.
Der Kläger hat am 27.11.2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Durch den vorhandenen Mischwasserkanal sowie die ebenfalls vorhandene Wasserleitung sei sein Grundstück bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans erschlossen gewesen. Eine Beitragspflicht entstehe bereits dann, wenn ein Grundstück an die öffentliche Wasserversorgungsanlage tatsächlich angeschlossen sei, auch wenn es mangels entsprechender Festsetzungen nicht bebaut oder gewerblich genutzt werden könne. Dass die vorhandenen Leitungen auch zur Versorgung der beiden Grundstücke des Klägers gedacht gewesen seien, zeige die auf den jeweiligen Bescheiden eingezeichnete Abzweigung. Damit sei die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist am 31.12.2011 abgelaufen. Bezüglich der Abwasserbeitragsbescheide gelte ähnliches. Auch von der insoweit vorhandenen Leitung habe die Beklagte gewusst, sei in der Begründung zum Bebauungsplan „Kirchhalde 1“ unter Ziffer 4.4 doch geregelt, dass anfallendes Schmutzwasser über eine bestehende private Schmutzwasserkanalisation in den - öffentlichen - Schmutzwasserkanal eingeleitet werde. Auch diesbezüglich sei Verjährung eingetreten, die Abwassersatzung der Beklagten vom 08.11.2011 sei sicherlich nicht die erste ihrer Art gewesen. Schließlich sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden, dass die Grundstücke Flst.Nr. 80/2 und 80/3 früher das - ungeteilte - Grundstück Flst-Nr. 282 gebildet hätten. Das auf dem heutigen Grundstück Flst.Nr. 80/2 befindliche Wohnhaus samt Schwimmbad sei sowohl an die Abwasserbeseitigungs- als auch an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten angeschlossen gewesen.
Der Kläger beantragt,
10 
die Wasserversorgungs-, Kanal- und Klärbeitragsbescheide der Beklagten vom 28. und 29.05.2013 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom 24.10.2013 aufzuheben.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe nur gegen die Bescheide vom 29.05.2013 Widerspruch eingelegt, sodass die Bescheide vom 28.05.2013 bestandskräftig geworden seien. Eine Zusage des ehemaligen oder des derzeitigen Bürgermeisters sei nie gegeben worden. In einem Schreiben vom 25.03.2008 werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass durch den Bebauungsplan noch öffentlich-rechtliche Beiträge anfallen könnten. Entgegen der Auffassung des Klägers entstünden Beitragspflichten mitnichten bereits mit einem tatsächlichen Anschluss an die öffentlichen Anlagen. Vielmehr bedürfe es einer Genehmigung des Anschlusses, an der es fehle. Dass ein Anschluss für das Grundstück Flst.-Nr. 80/2 vorliege, sei für das Grundstück Flst.-Nr. 80/3 ohne Belang.
14 
Dem Gericht liegen je ein Heft Akten der Beklagten und des Landratsamts ... sowie die einschlägigen Satzungen und der Bebauungsplan „Kirchhalde 1“ vor. Auf diese Akten und die im vorliegenden Verfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen; sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
15 
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Vorsitzende als Berichterstatter (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
I.
16 
Die Klage ist in Bezug auf alle angefochtenen Bescheide insgesamt zulässig. Insbesondere fehlt es auch in Bezug auf die Bescheide vom 28.05.2013 nicht an der Durchführung eines ordnungsgemäßen Vorverfahrens (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn der Widerspruch des Klägers ist so auszulegen, dass er neben den Bescheiden vom 29.05.2013 auch die Bescheide vom 28.05.2013 umfasst.
17 
Für das Widerspruchsverfahren ist auf die allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen, die für das Klageverfahren gelten, soweit keine abweichende spezialgesetzliche Regelung existiert (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., Vorb. § 68 Rn. 14 ff.). Erklärungen im Widerspruchsverfahren sind demzufolge wie Prozesserklärungen entsprechend den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden allgemeinen Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) auszulegen. Wesentlich ist hiernach der geäußerte Wille des Beteiligten, wie er sich aus der Erklärung und den sonstigen Umständen ergibt. Neben dem Wortlaut der Erklärung ist auch die Interessenlage des Rechtsmittelführers zu berücksichtigen, soweit sie sich aus dem Parteivortrag und sonstigen für die Behörde als Empfänger der Erklärung erkennbaren Umständen ergibt. Ist der Rechtsmittelführer anwaltlich vertreten, kommt der gewählten Formulierung gesteigerte Bedeutung zu. Selbst dann darf die Auslegung jedoch vom Wortlaut abweichen, wenn sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das Gewollte von der gewählten Formulierung abweicht. Eine bloße - erkennbar - unrichtige Bezeichnung des Gemeinten schadet demzufolge nicht (BVerwG, Beschluss vom 12.03.2012 - 9 B 7.12 - DÖD 2012, 190; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.01.2013 - 2 S 2120/12 - juris; LSG Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.2011 - L 11 R 3679/11 - juris; vgl. auch allg. BVerwG, Urteil vom 27.06.2012 - 9 C 7.11 - NVwZ 2012, 1413; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.04.2010 - 2 S 2312/09 - juris).
18 
Gemessen an diesen Kriterien ist das Widerspruchsschreiben des Klägers vom 01.06.2013, das der Kläger persönlich verfasst hat, so auszulegen, dass es auch die Bescheide vom 28.05.2013 umfassen soll. Zwar erhebt der Kläger wörtlich nur Widerspruch gegen „sämtliche Bescheide vom 29.05.2013“. In der Begründung beruft er sich indes auf eine - angebliche - Zusage, dass keine Kosten anfielen. Weiter macht der Kläger in dem Widerspruchsschreiben geltend, dass die Beiträge bereits bezahlt worden seien und er keine weiteren Kosten tragen wolle. Diese Einwände betreffen aber alle Beitragsbescheide gleichermaßen. Auch der in dem Widerspruchsschreiben genannte Betreff „Beitragsbescheide Flurst. 80/3“ deutet darauf hin, dass damit alle für dieses Grundstück erlassenen Beitragsbescheide gemeint sind. Nach Würdigung des gesamten Inhalts des Widerspruchsschreibens einschließlich der Begründung ist auch nach der für die Beklagte erkennbaren Interessenlage des Klägers davon auszugehen, dass er bei der Formulierung seines Widerspruchs übersehen hat, dass die Bescheide teilweise vom 28.05.2013 und teilweise vom 29.05.2013 stammen. Aus seinen Ausführungen wird jedoch hinreichend deutlich, dass er gegen alle Beitragsbescheide vom 28.05.2013 und vom 29.05.2013 vorgehen wollte.
19 
Im Übrigen hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers ursprünglich selbst in dieser Weise ausgelegt. Sie hat dem Kläger unter dem 05.06.2013 ausdrücklich bestätigt, dass sein Widerspruch gegen die Beitragsbescheide vom 28.05.2013 bzw. vom 29.05.2013 fristgerecht eingegangen sei. Auch die Widerspruchsbehörde ist in ihrem Widerspruchsbescheid - zutreffend - zu dem Schluss gekommen, dass der Widerspruch alle Bescheide umfasse.
II.
20 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Wasserversorgungs-, Kanal- und Klärbeitragsbescheide sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
1. Ihre Grundlage finden die angegriffenen Wasserversorgungsbeitragsbescheide in § 32 Abs. 1 Satz 1 KAG, §§ 26 Abs. 1, 25 und 37 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (WVS) der Beklagten vom 26.11.2007, zuletzt geändert durch Änderungssatzung vom 03.12.2012., nach denen eine Beitragspflicht für Grundstücke, für die eine bauliche Nutzung festgesetzt ist, dann entsteht, wenn sie bebaut werden können.
22 
Für das mit den angefochtenen Wasserversorgungsbeitragsbescheiden veranlagte Grundstück des Klägers konnte die abstrakte Beitragsschuld erst mit Inkrafttreten des am 05.03.2013 beschlossenen Bebauungsplans Kirchhalde 1“ entstehen, der für dieses zuvor im Außenbereich gelegene Grundstück ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Die Festsetzungsverjährungsfrist von vier Jahren (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 lit c KAG i.V.m. §§ 169, 170 AO) konnte daher erst nach Erlass der angefochtenen Bescheide am 31.12.2013 zu laufen beginnen.
23 
Voraussetzung für die Entstehung der Beitragspflichtig ist neben dem Vorhandensein einer nutzbaren öffentlichen Einrichtung und einer rechtswirksamen Beitragssatzung grundsätzlich ein Grundstück, das in beitragsrelevanter Weise nutzbar ist und an die Einrichtung angeschlossen werden kann, so dass durch den Anschluss an die öffentliche Einrichtung ein dauerhafter Vorteil für das Grundstück gegeben ist (Gössl in Gössl/Reif, KAG BW, § 32 Anm. 1.1). Das Erfordernis eines Vorteils ergibt sich daraus, dass ein Beitrag eine Abgabe darstellt, mit der ein Ausgleich für den durch eine Leistung der Gemeinde ausgelösten Sondervorteil verlangt wird. Die bloße Anschlussmöglichkeit vermag einem Grundstück hingegen nur dann einen Vorteil zu vermitteln, wenn es baulich oder gewerblich nutzbar ist. Gleiches gilt, wenn schon Vorbereitungen zukünftiger Anschlüsse - z.B. in Form sog. „Blindanschlüsse“ - getroffen worden sind. Denn ein beitragsrechtlicher Vorteil liegt bei einem Grundstück, das in rechtlicher Hinsicht nicht baulich genutzt werden darf, erst dann vor, wenn es Leistungen der Wasserversorgung oder der Abwasserbeseitigung tatsächlich in Anspruch nimmt.
24 
Das Gericht geht davon aus, dass die tatsächliche Anschlussmöglichkeit des klägerischen Grundstücks an die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde bereits seit langem vorhanden ist. Sie ist möglicherweise bereits im Zuge der Errichtung des Wohnhauses auf dem heutigen Grundstück Flst.-Nr. 80/2 während des Zweiten Weltkriegs geschaffen worden, jedenfalls aber wohl seit 1962 vorhanden. Eine Anschlussmöglichkeit setzt nicht voraus, dass bereits Stichleitungen zu dem Grundstück verlegt sind oder ein Anschluss funktionsfähig ist. Ausreichend ist vielmehr, wenn die Leitung vor dem Grundstück betriebsfertig hergestellt ist. (Driehaus/Grünewald, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2010, Rn.566.). Zumindest seit dem 26.11.2007 besteht darüber hinaus eine rechtswirksame Beitragsatzung. Für das Entstehen der abstrakten Beitragsschuld wäre es unschädlich, wenn die tatsächliche Anschlussmöglichkeit lange vor dem Inkrafttreten einer wirksamen Wasserversorgungssatzung bestanden hat. In solchen Fällen entsteht (erst) mit Inkrafttreten einer rechtsgültigen Satzung die abstrakte Beitragsschuld mit Wirkung ex nunc (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.03.2014 - 2 S 2366/13 - DVBl. 2014, 861).
25 
Eine rechtlich gesicherte bauliche Nutzbarkeit des klägerischen Grundstückes ist indes erst mit dem Bebauungsplan „Kirchhalde 1“ geschaffen worden. Zuvor lag das Grundstück im Außenbereich, sodass es grundsätzlich nicht bebaut werden durfte.
26 
Soweit der Kläger meint, sein Grundstück sei bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans tatsächlich an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten angeschlossen gewesen, trifft dies nicht zu. Die Klärung der Frage, ob ein Anschluss oder eine bloße Anschlussmöglichkeit bestanden hat, muss von dem beitragsrechtlichen Vorteilsbegriffs ausgehen. Ein tatsächlicher Anschluss, der die Beitragserhebung gegenüber einem Außenbereichsgrundstück rechtfertigen könnte, liegt hiernach nicht schon dann vor, wenn - wie hier - Leitungen vorhanden sind, welche die Wasserversorgung eines Grundstücks bewerkstelligen können, sondern erst dann, wenn diese Leitungen zur Versorgung einer baulichen Anlage mit Frischwasser auch tatsächlich genutzt werden. Dies ist für das streitgegenständliche Grundstück Flst.-Nr. 80/3 aber nicht der Fall.
27 
Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans befand sich das klägerische Grundstück im Außenbereich. Es durfte daher nicht bebaut werden und gehörte nicht zum Bauland (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.02.1986 - 8 C 115.84 - NVwZ 1986, 568). Die bloße Möglichkeit des Anschlusses bedeutet deshalb bei einem solchen Außenbereichsgrundstück grundsätzlich keinen die Erhebung eines Anschlussbeitrags rechtfertigenden Vorteil. Dennoch können auch Grundstücke im Außenbereich nach Maßgabe der in der Beitragssatzung getroffenen Regelungen der Beitragspflicht unterliegen, sofern - und soweit - auf ihnen vorhandene Baulichkeiten an die öffentliche Einrichtung angeschlossen sind und damit die von der Einrichtung angebotenen Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 09.11.2009 - 2 S 1396/09 - KStZ 2010, 31). Der die Beitragserhebung rechtfertigende Vorteil ist in diesen Fällen nicht in der Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts des Grundstücks, sondern in der Inanspruchnahme der Leistungen der Einrichtung selbst zu sehen. Nur dann ist das Vorliegen eines Nutzens offenkundig, weil die von der Einrichtung angebotenen Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wird (ebd.). Eine tatsächliche Inanspruchnahme in diesem Sinne hat auf dem streitgegenständlichen Grundstück Flst.-Nr. 80/3 indes unstreitig nicht stattgefunden, denn auf diesem Grundstück ist schon keine Baulichkeit in einem die Beitragserhebung rechtfertigenden Sinne vorhanden.
28 
Hieran ändert sich auch dadurch nichts, dass das Grundstück Flst.-Nr. 80/3 früher einmal mit dem Grundstück Flst.-Nr. 80/2 ein einheitliches Grundstück Flst-Nr. 282 bildete. Dabei geht das Gericht zugunsten des Klägers davon aus, dass das im Bereich des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 80/2 wohl schon während des Zweiten Weltkriegs errichtete Wohnhaus bereits seit Jahrzehnten an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten angeschlossen ist und schon zu einem früheren Zeitpunkt eine rechtsgültige Beitragssatzung vorhanden war. Denn dies kann höchstens dazu führen, dass die Teilfläche des Grundstücks Flst-Nr. 282, die dem heutigen Grundstück Flst.-Nr. 80/2 entspricht, nicht (mehr) zu einem Beitrag herangezogen werden darf war, hindert jedoch nicht jedoch die Beitragsfestsetzung für die Teilfläche, die heute das streitgegenständliche Grundstück des Klägers bildet.
29 
Geht man zugunsten des Klägers davon aus, dass die Beitragspflicht für das ursprüngliche Grundstück Flst-Nr. 282 bereits vor der Aufteilung in Einzelgrundstücke entstanden war, können nach § 29 Abs. 3 Satz 1 KAG dennoch (weitere) Anschlussbeiträge erhoben werden, weil sich die bauliche Nutzbarkeit dieses ursprünglichen ungeteilten Grundstücks durch die Festsetzung eines Wohngebiets auf einer Teilfläche - dem heutigen Grundstück Flst.-Nr. 80/3 - erhöht hat. Dabei ist der mittlerweile veränderte Grundstückszuschnitt unbeachtlich (vgl. § 29 Abs. 3 Satz 2 KAG). Fallen die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach Entstehen der Beitragspflicht weg, können für die hiervon betroffenen Teilflächen gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KAG weitere Beiträge erhoben werden, wenn bisher nicht veranlagte Teile des Grundstücks nachträglich tatsächlich an die Einrichtung angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt werden. Dies ist hier für die Teilfläche der Fall, die heute das streitgegenständliche Grundstück des Klägers bildet.
30 
Ist nach einer Satzung bei der Beitragsbemessung wie hier (vgl. § 28 WVS) die Fläche des Grundstücks zu berücksichtigen, bleiben im Wege der Teilflächenabgrenzung nach § 31 Abs. 1 Satz 2 KAG außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans befindliche Teilflächen unberücksichtigt, deren grundbuchmäßige Abschreibung nach baurechtlichen Vorschriften ohne Übernahme einer Baulast zulässig wäre, sofern sie nicht tatsächlich angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt sind (vgl. auch die Regelung in § 29 WVS). An die Wasserversorgungseinrichtung tatsächlich angeschlossen war hier aber lediglich das auf der Fläche des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 80/2 gelegene Wohnhaus. Dem bebauten Bereich sind zwar auch die nach den bauordnungsrechtlichen Vorgaben maßgeblichen Flächen sowie die für die Grundstücksnutzung erforderlichen Zubehörflächen zuzuordnen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.10.2006 - 2 S 705/04 - VBlBW 2007, 311). Eine genaue Abgrenzung dieser Flächen ist für den vorliegenden Fall jedoch entbehrlich. Denn es ist offenkundig, dass auch derartige in die Beitragsbemessung einzubeziehende Flächen nur im Bereich des vorhandenen Wohnhauses - also des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 80/2 - liegen und nicht auf der Teilfläche, die heute das streitgegenständliche Grundstücks Flst.-Nr. 80/3 bildet, das dem Kläger gehört. Dies gilt selbst dann, wenn man das früher vorhandene Schwimmbad mit einbezieht, denn auch dieses liegt vollständig im Bereich des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 80/2. Deshalb kann höchstens die das heutige Grundstück Flst.-Nr. 80/2 bildende Teilfläche bereits der Beitragsbemessung unterlegen haben, nicht aber die unbebaute Teilfläche des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 80/3. Die eine (Nach-) Erhebung rechtfertigende Verbesserung der Vorteilslage (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 04.11.2013 - 2 S 1702/13 - KStZ 2014, 92) liegt in Bezug auf die betroffene Teilfläche durch die Schaffung einer erstmaligen Bebauungsmöglichkeit vor.
31 
2. Grundlage der Kanal- und Klärbeitragsbescheide ist § 32 Abs. 1 Satz 1 KAG, §§ 23 Abs. 1 Satz 1, 22, 34 Abs. 1 Nr.1 der Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung (AbwS) der Beklagten vom 08.11.2011, zuletzt geändert durch Änderungssatzung vom 03.12.2012.
32 
Auch insoweit geht das Gericht davon aus, dass die tatsächliche Anschlussmöglichkeit des klägerischen Grundstücks an die Abwasserbeseitigungsanlagen der Beklagten bereits seit langem vorhanden ist. Sie ist möglicherweise bereits im Zuge der Errichtung des Wohnhauses auf dem heutigen Grundstück Flst.-Nr. 80/2 während des Zweiten Weltkriegs geschaffen worden. Der im Bebauungsplan als Bestand eingezeichnete Abwasserkanal muss aber jedenfalls bereits in den 90er Jahren vorhanden gewesen sein, als nach den glaubhaften Angaben des Klägers dieses Wohnhaus an den damals bereits bestehenden Schacht KD 667 angeschlossen worden ist. Dies ändert jedoch nichts an seiner Beitragspflicht. Diesbezüglich wird sinngemäß auf die obigen Ausführungen unter II. 1. verwiesen.
33 
3. Entgegen der Auffassung des Klägers besteht auch keine wirksame Zusicherung des Bürgermeisters, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnte. Es fehlt schon an der erforderlichen Form. Eine rechtverbindliche Zusage bedarf gem. § 38 LVwVfG der Schriftform, welche hier unbestritten nicht eingehalten ist. Abgesehen davon wäre es im Übrigen auch inhaltlich hier durchaus denkbar, dass keine bindende Zusage, sondern höchstens Auskünfte erteilt worden sind, und diese sich allein auf die Erschließungsbeiträge im rechtlichen und nicht im umgangssprachlichen Sinne bezogen haben, also allein auf die Frage der wegemäßigen Erschließung.
34 
Die Ausführungen in der Begründung des Bebauungsplans, für die Erschließung (Kanal, Wasser, Erschließungsstraße) entstünden keine Kosten, da diese bereits vorhanden sei, bezieht sich schon inhaltlich erkennbar allein auf die der Gemeinde eventuell entstehenden Kosten. Abgesehen davon können Ausführungen in der Begründung eines Bebauungsplanes nicht zu einem rechtswirksamen Beitragsverzicht führen.
III.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zulassung der Berufung kommt nicht in Betracht, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO vorliegt (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gründe

 
15 
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Vorsitzende als Berichterstatter (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
I.
16 
Die Klage ist in Bezug auf alle angefochtenen Bescheide insgesamt zulässig. Insbesondere fehlt es auch in Bezug auf die Bescheide vom 28.05.2013 nicht an der Durchführung eines ordnungsgemäßen Vorverfahrens (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn der Widerspruch des Klägers ist so auszulegen, dass er neben den Bescheiden vom 29.05.2013 auch die Bescheide vom 28.05.2013 umfasst.
17 
Für das Widerspruchsverfahren ist auf die allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen, die für das Klageverfahren gelten, soweit keine abweichende spezialgesetzliche Regelung existiert (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., Vorb. § 68 Rn. 14 ff.). Erklärungen im Widerspruchsverfahren sind demzufolge wie Prozesserklärungen entsprechend den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden allgemeinen Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) auszulegen. Wesentlich ist hiernach der geäußerte Wille des Beteiligten, wie er sich aus der Erklärung und den sonstigen Umständen ergibt. Neben dem Wortlaut der Erklärung ist auch die Interessenlage des Rechtsmittelführers zu berücksichtigen, soweit sie sich aus dem Parteivortrag und sonstigen für die Behörde als Empfänger der Erklärung erkennbaren Umständen ergibt. Ist der Rechtsmittelführer anwaltlich vertreten, kommt der gewählten Formulierung gesteigerte Bedeutung zu. Selbst dann darf die Auslegung jedoch vom Wortlaut abweichen, wenn sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das Gewollte von der gewählten Formulierung abweicht. Eine bloße - erkennbar - unrichtige Bezeichnung des Gemeinten schadet demzufolge nicht (BVerwG, Beschluss vom 12.03.2012 - 9 B 7.12 - DÖD 2012, 190; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.01.2013 - 2 S 2120/12 - juris; LSG Bad.-Württ., Urteil vom 13.12.2011 - L 11 R 3679/11 - juris; vgl. auch allg. BVerwG, Urteil vom 27.06.2012 - 9 C 7.11 - NVwZ 2012, 1413; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.04.2010 - 2 S 2312/09 - juris).
18 
Gemessen an diesen Kriterien ist das Widerspruchsschreiben des Klägers vom 01.06.2013, das der Kläger persönlich verfasst hat, so auszulegen, dass es auch die Bescheide vom 28.05.2013 umfassen soll. Zwar erhebt der Kläger wörtlich nur Widerspruch gegen „sämtliche Bescheide vom 29.05.2013“. In der Begründung beruft er sich indes auf eine - angebliche - Zusage, dass keine Kosten anfielen. Weiter macht der Kläger in dem Widerspruchsschreiben geltend, dass die Beiträge bereits bezahlt worden seien und er keine weiteren Kosten tragen wolle. Diese Einwände betreffen aber alle Beitragsbescheide gleichermaßen. Auch der in dem Widerspruchsschreiben genannte Betreff „Beitragsbescheide Flurst. 80/3“ deutet darauf hin, dass damit alle für dieses Grundstück erlassenen Beitragsbescheide gemeint sind. Nach Würdigung des gesamten Inhalts des Widerspruchsschreibens einschließlich der Begründung ist auch nach der für die Beklagte erkennbaren Interessenlage des Klägers davon auszugehen, dass er bei der Formulierung seines Widerspruchs übersehen hat, dass die Bescheide teilweise vom 28.05.2013 und teilweise vom 29.05.2013 stammen. Aus seinen Ausführungen wird jedoch hinreichend deutlich, dass er gegen alle Beitragsbescheide vom 28.05.2013 und vom 29.05.2013 vorgehen wollte.
19 
Im Übrigen hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers ursprünglich selbst in dieser Weise ausgelegt. Sie hat dem Kläger unter dem 05.06.2013 ausdrücklich bestätigt, dass sein Widerspruch gegen die Beitragsbescheide vom 28.05.2013 bzw. vom 29.05.2013 fristgerecht eingegangen sei. Auch die Widerspruchsbehörde ist in ihrem Widerspruchsbescheid - zutreffend - zu dem Schluss gekommen, dass der Widerspruch alle Bescheide umfasse.
II.
20 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Wasserversorgungs-, Kanal- und Klärbeitragsbescheide sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
1. Ihre Grundlage finden die angegriffenen Wasserversorgungsbeitragsbescheide in § 32 Abs. 1 Satz 1 KAG, §§ 26 Abs. 1, 25 und 37 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (WVS) der Beklagten vom 26.11.2007, zuletzt geändert durch Änderungssatzung vom 03.12.2012., nach denen eine Beitragspflicht für Grundstücke, für die eine bauliche Nutzung festgesetzt ist, dann entsteht, wenn sie bebaut werden können.
22 
Für das mit den angefochtenen Wasserversorgungsbeitragsbescheiden veranlagte Grundstück des Klägers konnte die abstrakte Beitragsschuld erst mit Inkrafttreten des am 05.03.2013 beschlossenen Bebauungsplans Kirchhalde 1“ entstehen, der für dieses zuvor im Außenbereich gelegene Grundstück ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Die Festsetzungsverjährungsfrist von vier Jahren (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 lit c KAG i.V.m. §§ 169, 170 AO) konnte daher erst nach Erlass der angefochtenen Bescheide am 31.12.2013 zu laufen beginnen.
23 
Voraussetzung für die Entstehung der Beitragspflichtig ist neben dem Vorhandensein einer nutzbaren öffentlichen Einrichtung und einer rechtswirksamen Beitragssatzung grundsätzlich ein Grundstück, das in beitragsrelevanter Weise nutzbar ist und an die Einrichtung angeschlossen werden kann, so dass durch den Anschluss an die öffentliche Einrichtung ein dauerhafter Vorteil für das Grundstück gegeben ist (Gössl in Gössl/Reif, KAG BW, § 32 Anm. 1.1). Das Erfordernis eines Vorteils ergibt sich daraus, dass ein Beitrag eine Abgabe darstellt, mit der ein Ausgleich für den durch eine Leistung der Gemeinde ausgelösten Sondervorteil verlangt wird. Die bloße Anschlussmöglichkeit vermag einem Grundstück hingegen nur dann einen Vorteil zu vermitteln, wenn es baulich oder gewerblich nutzbar ist. Gleiches gilt, wenn schon Vorbereitungen zukünftiger Anschlüsse - z.B. in Form sog. „Blindanschlüsse“ - getroffen worden sind. Denn ein beitragsrechtlicher Vorteil liegt bei einem Grundstück, das in rechtlicher Hinsicht nicht baulich genutzt werden darf, erst dann vor, wenn es Leistungen der Wasserversorgung oder der Abwasserbeseitigung tatsächlich in Anspruch nimmt.
24 
Das Gericht geht davon aus, dass die tatsächliche Anschlussmöglichkeit des klägerischen Grundstücks an die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde bereits seit langem vorhanden ist. Sie ist möglicherweise bereits im Zuge der Errichtung des Wohnhauses auf dem heutigen Grundstück Flst.-Nr. 80/2 während des Zweiten Weltkriegs geschaffen worden, jedenfalls aber wohl seit 1962 vorhanden. Eine Anschlussmöglichkeit setzt nicht voraus, dass bereits Stichleitungen zu dem Grundstück verlegt sind oder ein Anschluss funktionsfähig ist. Ausreichend ist vielmehr, wenn die Leitung vor dem Grundstück betriebsfertig hergestellt ist. (Driehaus/Grünewald, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2010, Rn.566.). Zumindest seit dem 26.11.2007 besteht darüber hinaus eine rechtswirksame Beitragsatzung. Für das Entstehen der abstrakten Beitragsschuld wäre es unschädlich, wenn die tatsächliche Anschlussmöglichkeit lange vor dem Inkrafttreten einer wirksamen Wasserversorgungssatzung bestanden hat. In solchen Fällen entsteht (erst) mit Inkrafttreten einer rechtsgültigen Satzung die abstrakte Beitragsschuld mit Wirkung ex nunc (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.03.2014 - 2 S 2366/13 - DVBl. 2014, 861).
25 
Eine rechtlich gesicherte bauliche Nutzbarkeit des klägerischen Grundstückes ist indes erst mit dem Bebauungsplan „Kirchhalde 1“ geschaffen worden. Zuvor lag das Grundstück im Außenbereich, sodass es grundsätzlich nicht bebaut werden durfte.
26 
Soweit der Kläger meint, sein Grundstück sei bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans tatsächlich an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten angeschlossen gewesen, trifft dies nicht zu. Die Klärung der Frage, ob ein Anschluss oder eine bloße Anschlussmöglichkeit bestanden hat, muss von dem beitragsrechtlichen Vorteilsbegriffs ausgehen. Ein tatsächlicher Anschluss, der die Beitragserhebung gegenüber einem Außenbereichsgrundstück rechtfertigen könnte, liegt hiernach nicht schon dann vor, wenn - wie hier - Leitungen vorhanden sind, welche die Wasserversorgung eines Grundstücks bewerkstelligen können, sondern erst dann, wenn diese Leitungen zur Versorgung einer baulichen Anlage mit Frischwasser auch tatsächlich genutzt werden. Dies ist für das streitgegenständliche Grundstück Flst.-Nr. 80/3 aber nicht der Fall.
27 
Vor Inkrafttreten des Bebauungsplans befand sich das klägerische Grundstück im Außenbereich. Es durfte daher nicht bebaut werden und gehörte nicht zum Bauland (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.02.1986 - 8 C 115.84 - NVwZ 1986, 568). Die bloße Möglichkeit des Anschlusses bedeutet deshalb bei einem solchen Außenbereichsgrundstück grundsätzlich keinen die Erhebung eines Anschlussbeitrags rechtfertigenden Vorteil. Dennoch können auch Grundstücke im Außenbereich nach Maßgabe der in der Beitragssatzung getroffenen Regelungen der Beitragspflicht unterliegen, sofern - und soweit - auf ihnen vorhandene Baulichkeiten an die öffentliche Einrichtung angeschlossen sind und damit die von der Einrichtung angebotenen Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 09.11.2009 - 2 S 1396/09 - KStZ 2010, 31). Der die Beitragserhebung rechtfertigende Vorteil ist in diesen Fällen nicht in der Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts des Grundstücks, sondern in der Inanspruchnahme der Leistungen der Einrichtung selbst zu sehen. Nur dann ist das Vorliegen eines Nutzens offenkundig, weil die von der Einrichtung angebotenen Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wird (ebd.). Eine tatsächliche Inanspruchnahme in diesem Sinne hat auf dem streitgegenständlichen Grundstück Flst.-Nr. 80/3 indes unstreitig nicht stattgefunden, denn auf diesem Grundstück ist schon keine Baulichkeit in einem die Beitragserhebung rechtfertigenden Sinne vorhanden.
28 
Hieran ändert sich auch dadurch nichts, dass das Grundstück Flst.-Nr. 80/3 früher einmal mit dem Grundstück Flst.-Nr. 80/2 ein einheitliches Grundstück Flst-Nr. 282 bildete. Dabei geht das Gericht zugunsten des Klägers davon aus, dass das im Bereich des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 80/2 wohl schon während des Zweiten Weltkriegs errichtete Wohnhaus bereits seit Jahrzehnten an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten angeschlossen ist und schon zu einem früheren Zeitpunkt eine rechtsgültige Beitragssatzung vorhanden war. Denn dies kann höchstens dazu führen, dass die Teilfläche des Grundstücks Flst-Nr. 282, die dem heutigen Grundstück Flst.-Nr. 80/2 entspricht, nicht (mehr) zu einem Beitrag herangezogen werden darf war, hindert jedoch nicht jedoch die Beitragsfestsetzung für die Teilfläche, die heute das streitgegenständliche Grundstück des Klägers bildet.
29 
Geht man zugunsten des Klägers davon aus, dass die Beitragspflicht für das ursprüngliche Grundstück Flst-Nr. 282 bereits vor der Aufteilung in Einzelgrundstücke entstanden war, können nach § 29 Abs. 3 Satz 1 KAG dennoch (weitere) Anschlussbeiträge erhoben werden, weil sich die bauliche Nutzbarkeit dieses ursprünglichen ungeteilten Grundstücks durch die Festsetzung eines Wohngebiets auf einer Teilfläche - dem heutigen Grundstück Flst.-Nr. 80/3 - erhöht hat. Dabei ist der mittlerweile veränderte Grundstückszuschnitt unbeachtlich (vgl. § 29 Abs. 3 Satz 2 KAG). Fallen die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach Entstehen der Beitragspflicht weg, können für die hiervon betroffenen Teilflächen gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KAG weitere Beiträge erhoben werden, wenn bisher nicht veranlagte Teile des Grundstücks nachträglich tatsächlich an die Einrichtung angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt werden. Dies ist hier für die Teilfläche der Fall, die heute das streitgegenständliche Grundstück des Klägers bildet.
30 
Ist nach einer Satzung bei der Beitragsbemessung wie hier (vgl. § 28 WVS) die Fläche des Grundstücks zu berücksichtigen, bleiben im Wege der Teilflächenabgrenzung nach § 31 Abs. 1 Satz 2 KAG außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans befindliche Teilflächen unberücksichtigt, deren grundbuchmäßige Abschreibung nach baurechtlichen Vorschriften ohne Übernahme einer Baulast zulässig wäre, sofern sie nicht tatsächlich angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt sind (vgl. auch die Regelung in § 29 WVS). An die Wasserversorgungseinrichtung tatsächlich angeschlossen war hier aber lediglich das auf der Fläche des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 80/2 gelegene Wohnhaus. Dem bebauten Bereich sind zwar auch die nach den bauordnungsrechtlichen Vorgaben maßgeblichen Flächen sowie die für die Grundstücksnutzung erforderlichen Zubehörflächen zuzuordnen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.10.2006 - 2 S 705/04 - VBlBW 2007, 311). Eine genaue Abgrenzung dieser Flächen ist für den vorliegenden Fall jedoch entbehrlich. Denn es ist offenkundig, dass auch derartige in die Beitragsbemessung einzubeziehende Flächen nur im Bereich des vorhandenen Wohnhauses - also des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 80/2 - liegen und nicht auf der Teilfläche, die heute das streitgegenständliche Grundstücks Flst.-Nr. 80/3 bildet, das dem Kläger gehört. Dies gilt selbst dann, wenn man das früher vorhandene Schwimmbad mit einbezieht, denn auch dieses liegt vollständig im Bereich des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 80/2. Deshalb kann höchstens die das heutige Grundstück Flst.-Nr. 80/2 bildende Teilfläche bereits der Beitragsbemessung unterlegen haben, nicht aber die unbebaute Teilfläche des heutigen Grundstücks Flst.-Nr. 80/3. Die eine (Nach-) Erhebung rechtfertigende Verbesserung der Vorteilslage (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 04.11.2013 - 2 S 1702/13 - KStZ 2014, 92) liegt in Bezug auf die betroffene Teilfläche durch die Schaffung einer erstmaligen Bebauungsmöglichkeit vor.
31 
2. Grundlage der Kanal- und Klärbeitragsbescheide ist § 32 Abs. 1 Satz 1 KAG, §§ 23 Abs. 1 Satz 1, 22, 34 Abs. 1 Nr.1 der Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung (AbwS) der Beklagten vom 08.11.2011, zuletzt geändert durch Änderungssatzung vom 03.12.2012.
32 
Auch insoweit geht das Gericht davon aus, dass die tatsächliche Anschlussmöglichkeit des klägerischen Grundstücks an die Abwasserbeseitigungsanlagen der Beklagten bereits seit langem vorhanden ist. Sie ist möglicherweise bereits im Zuge der Errichtung des Wohnhauses auf dem heutigen Grundstück Flst.-Nr. 80/2 während des Zweiten Weltkriegs geschaffen worden. Der im Bebauungsplan als Bestand eingezeichnete Abwasserkanal muss aber jedenfalls bereits in den 90er Jahren vorhanden gewesen sein, als nach den glaubhaften Angaben des Klägers dieses Wohnhaus an den damals bereits bestehenden Schacht KD 667 angeschlossen worden ist. Dies ändert jedoch nichts an seiner Beitragspflicht. Diesbezüglich wird sinngemäß auf die obigen Ausführungen unter II. 1. verwiesen.
33 
3. Entgegen der Auffassung des Klägers besteht auch keine wirksame Zusicherung des Bürgermeisters, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnte. Es fehlt schon an der erforderlichen Form. Eine rechtverbindliche Zusage bedarf gem. § 38 LVwVfG der Schriftform, welche hier unbestritten nicht eingehalten ist. Abgesehen davon wäre es im Übrigen auch inhaltlich hier durchaus denkbar, dass keine bindende Zusage, sondern höchstens Auskünfte erteilt worden sind, und diese sich allein auf die Erschließungsbeiträge im rechtlichen und nicht im umgangssprachlichen Sinne bezogen haben, also allein auf die Frage der wegemäßigen Erschließung.
34 
Die Ausführungen in der Begründung des Bebauungsplans, für die Erschließung (Kanal, Wasser, Erschließungsstraße) entstünden keine Kosten, da diese bereits vorhanden sei, bezieht sich schon inhaltlich erkennbar allein auf die der Gemeinde eventuell entstehenden Kosten. Abgesehen davon können Ausführungen in der Begründung eines Bebauungsplanes nicht zu einem rechtswirksamen Beitragsverzicht führen.
III.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zulassung der Berufung kommt nicht in Betracht, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO vorliegt (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 169 Festsetzungsfrist


(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 68


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Abgabenordnung - AO 1977 | § 170 Beginn der Festsetzungsfrist


(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn1.eine Steuererklärung od

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 04. Nov. 2013 - 2 S 1702/13

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. April 2009 - 5 K 2759/07 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtsz

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 19. Okt. 2006 - 2 S 705/04

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. November 2003 - 6 K 2006/01 - wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufi

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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Berufung des Klägers wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger - neben bereits übernommener Kosten in Höhe von 642,60 EUR - weitere 642,60 EUR (mithin also insgesamt 1.285,20 EUR) als Kosten des Widerspruchsverfahrens nach § 63 SGB X zu erstatten hat.
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 13.11.2006 eine zeitlich befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.10.2007. Mit seinem Widerspruch vom 07.12.2006 wandte sich der Kläger gegen die zeitliche Befristung der Rente. Nach Vorlage eines Befundberichts der Universitäts-Augenklinik F. vom 26.07.2007 holte die Beklagte ein augenärztliches Gutachten ein und gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 21.01.2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer.
Mit Schreiben vom 28.01.2008 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Erstattung von Kosten für die Vertretung im Vorverfahren in Höhe von insgesamt 1285,20 EUR. Diesen Betrag errechnete er unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 Vergütungsverzeichnis (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Höhe von 520,00 EUR, einer Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG in Höhe von 520,00 EUR, einer Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 40,00 EUR sowie der sich hieraus ergebenden Umsatzsteuer.
Die Beklagte setzte den Betrag der von ihr zu erstattenden Kosten mit Bescheid vom 31.01.2008 auf insgesamt 642,60 EUR fest. Diesem Betrag legte sie eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 520,00 EUR, eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR sowie die sich hieraus ergebende Umsatzsteuer zugrunde. Die geltend gemachte Einigungs- oder Erledigungsgebühr könne nicht übernommen werden. Denn diese erfordere eine besondere Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung der Streitsache, wofür die bloße Vornahme von Verfahrenshandlungen nicht ausreiche. Als Auslagenpauschale könnten auch nur 20,00 EUR gefordert werden.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, es habe überdurchschnittlich hohe Bemühungen gegeben, um die Sache schnell, reibungslos und unstreitig zu erledigen, weshalb die Beklagte die geltend gemachte Erledigungsgebühr anerkennen müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.05.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Voraussetzung für die Geltendmachung der Erledigungsgebühr seien Aktivitäten des Prozessbevollmächtigten, die über die Einlegung und Begründung eines Widerspruchs hinausgingen. Eine solche Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten habe nicht vorgelegen.
Am 26.05.2008 hat der Kläger unter Fortführung seines Begehrens beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 28.06.2011, beim SG eingegangen am 01.07.2011, hat der Kläger folgenden Antrag gestellt: „Es wird beantragt, den Bescheid vom 31.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2008 abzuändern und die Beklagte dazu zu verurteilen, Kosten zu erstatten, die mit Kostennote vom 28.01.2008, dh in Differenz von 1.285,20 EUR zu 642,60 EUR erstatteten Euro.“
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30.06.2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, der Anfall einer Gebühr nach Nr. 1005 VV RVG für die Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten setze nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die aktive Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung voraus. Der Rechtsanwalt müsse eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne Entscheidung abzielende, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltenen Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgehende Tätigkeit entfaltet haben. Eine derartige Tätigkeit sei jedoch nicht ersichtlich. Die Vorlage des Befundberichts des Universitätsklinikums F. vom 26.07.2007 könne nicht als besondere, über die gebotene Begründung des Widerspruchs hinausgehende, auf die Erledigung ohne Entscheidung gerichtete Handlung gewertet werden. Erst aufgrund eines nochmaligen Gutachtens habe die Beklagte dem Widerspruch abhelfen können. Darüber hinaus betrage nach Nr. 7002 VV RVG die Unkostenpauschale nur 20,00 EUR. Das SG hat über das Rechtsmittel der Berufung belehrt, ohne die Berufung zugelassen zu haben.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 27.07.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.08.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 21.09.2011 hat er ausgeführt, dass bei „Draufsicht auf das Urteil des Sozialgerichtes auffällig“ sei, dass der Gegenstandswert bei 642,00 EUR liege. Hilfsweise werde „hiermit Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt“.
10 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
11 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.06.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 31.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2008 zu verurteilen, weitere 642,60 EUR zu erstatten.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen,
14 
Sie ist der Berufung entgegengetreten.
15 
Mit Schreiben vom 14.10.2011 hat der Berichterstatter den Kläger ua darauf hingewiesen, dass gegen das Urteil des SG Freiburg ausdrücklich Berufung eingelegt worden sei. Das SG habe die Berufung nicht zugelassen; die bloße Belehrung über das unzutreffende Rechtsmittel der Berufung stelle keine Berufungszulassung dar. Eine Umdeutung der eingelegten Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde sei nicht möglich. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Rechtsmittels sei auch eine dahingehende Auslegung nicht möglich. Auch die hilfsweise Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde sei nicht zulässig, da Rechtsmittel unbedingt zu erheben seien. Der Kläger ist aufgefordert worden, eindeutig zu erklären, ob das Berufungsverfahren fortgeführt werden solle. Sofern er Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des SG erheben wolle, werde er gebeten, dies eindeutig und unbedingt zu erklären.
16 
Der Kläger hat hierzu mit Schriftsatz vom 25.10.2011 folgendes ausgeführt:
17 
„Ihre Auffassung ist nicht zutreffend.
18 
Es gibt selbstverständlich Entscheidungen, bei denen die Nichtzulassungsbeschwerde hilfsweise eingelegt werden kann bzw. die Umdeutung des Rechtsmittels möglich ist.
19 
Wir bitten, etwas mehr Zeit als bis zum 14.11.2011 zu geben, da diese Entscheidungen erst mühselig herausgesucht werden müssen. Insbesondere der zweite Bevollmächtigte, Herr Rentenberater E., hat solche Entscheidungen vom LSG Baden-Württemberg erinnerlich.
20 
Wir können es aber auch einfacher machen, die Berufung zurücknehmen und gemäß § 66 Abs. 2 SGG erneut Nichtzulassungsbeschwerde einlegen.
21 
Dann ersparen wir uns alle das Suchen nach der anderen Entscheidung. Jedenfalls ist es auf keinen Fall so absolut, wie Sie das darstellen.
22 
Es wird um richterlichen Hinweis gemäß § 139 ZPO gebeten, wie am geschicktesten vorgegangen werden soll.
23 
Wir würden es präferieren, die Berufung zurückzunehmen und Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen.“
24 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die Berufung des Klägers ist zwar form- und fristgemäß (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegt, sie ist jedoch unzulässig, weil nicht statthaft.
26 
Nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG in der seit 01.04.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 24 Buchstabe a des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl I, S 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes, bei einer Klage die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR (Nr 1) oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden 10.000,00 EUR (Nr 2) nicht übersteigt. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Regelung der Nr 1 greift hier ein. Denn der Kläger hat im Klageverfahren eine (weitere) einmalige Geldleistung in Höhe von 642,60 EUR begehrt. Bei diesem Begehren handelt es sich auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG.
27 
Nachdem der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750,00 EUR nicht übersteigt, bedurfte die Berufung daher der Zulassung durch das SG. Eine solche Zulassung hat das SG nicht ausgesprochen. Dass die Rechtsmittelbelehrung die Berufung erwähnt, genügt allein nicht (st Rechtsprechung seit BSG, 28.03.1957, 7 RAr 103/55, BSGE 5, 92, 95; BSG, 23.07.1998, B 1 KR 24/96 R, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 144 Rdnr 40).
28 
Für die Frage, welches Rechtsmittel der Kläger eingelegt und ob er dieses unter eine Bedingung gestellt hat, kommt es gemäß § 106 Abs 1 SGG und § 133 BGB zunächst auf den wirklichen Willen und auf das erkennbare Prozessziel des Klägers an. Entscheidend ist, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat. Dabei ist der Rechtsmittelführer nicht allein am Wortlaut festzuhalten. Vor diesem Hintergrund liegt unzweifelhaft eine Berufung (§ 151 SGG) vor, wenn die Überprüfung eines Urteils oder Gerichtsbescheids des SG begehrt wird und unzweifelhaft ist, dass hierüber ohne vorherige besondere Zulassung entschieden werden darf. Hingegen ist das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) eingelegt, wenn der Rechtsmittelführer die Überprüfung der Nichtzulassung der Berufung durch das SG begehrt und eine Berufung ohne Zulassung nicht statthaft ist. Auch im Prozessrecht schadet eine bloß unrichtige Bezeichnung des Gemeinten nicht. Die Unklarheit kann der Rechtmittelführer allerdings auch dadurch ausräumen, dass er - ggf trotz eines Hinweises des Gerichts - daran festhält, ein nicht statthaftes Rechtsmittel einlegen zu wollen; denn keine Prozesserklärung kann und darf gegen den festgestellten Willen des Erklärenden „ausgelegt“ werden (BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3 mwN). Hinzu kommt, dass ein rechtskundiger Rechtsmittelführer bzw dessen Bevollmächtigter grundsätzlich am fachsprachlichen Wortlaut seiner gegenüber dem Gericht abgegebenen Erklärung festzuhalten ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn für das Gericht erkennbar ein Irrtum vorliegt oder wenn durch die Vorinstanz unzutreffend über den gegebenen Rechtsbehelf belehrt worden ist und sich der Rechtsmittelführer entsprechend der ihm erteilten Belehrung verhält (BSG aaO).
29 
Vorliegend hat der Kläger ausdrücklich Berufung eingelegt. Er hat aber auch erklärt, hilfsweise Nichtzulassungsbeschwerde einlegen zu wollen. Auf den Hinweis, die bedingte Einlegung eines Rechtsmittels sei unzulässig (zur Bedingungsfeindlichkeit von Rechtsmitteln vgl zuletzt BSG 10.03.2010, B 14 AS 71/09 R, juris unter Hinweis auf BVerwG, 17.02.1961, IV C 98.60, Buchholz 310 § 132 Nr 7; BSG, 04.02.2003, B 11 AL 5/03 R, juris; BSG, 05.06. 2001, B 2 U 10/01 R, juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 145 Rdnr 3b; Hennig, SGG, § 160a Rdnr 20 f, § 160 RdNr 28 ff mwN), hat der Kläger sinngemäß ausgeführt, zu überlegen sei, ob die Berufung zurückzunehmen und eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen sei. Aus diesem Vorbringen ergibt sich, dass der Kläger nicht nur ausdrücklich erklärt hat, Berufung einzulegen, sondern dies auch tun wollte. Eine Umdeutung des vom Kläger eindeutig und unmissverständlich als Berufung bezeichneten Rechtsmittels in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht, da der Kläger der falschen Rechtsmittelbelehrung folgend wirklich Berufung einlegen wollte (zur Umdeutung vgl BSG, 19.11.1996, 1 RK 18/95, SozR 3-1500 § 158 Nr 1 mwN; BSG, 08.11.2001, B 11 AL 19/01 R, juris; BSG, 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R, SozR 4-1500 § 158 Nr 1; BSG, 02.06.2004, B 7 AL 10/04 B, juris; BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3). Auch eine Auslegung des Rechtsmittels als Nichtzulassungsbeschwerde kommt vorliegend nicht in Betracht. Der Kläger hat mit seinem Rechtsmittel ausdrücklich und ausschließlich ein bestimmtes Rechtsmittel, nämlich eine Berufung, einlegen wollen. Er hat auch nachdem er vom Berichterstatter mit Schreiben vom 14.10.2011 darauf hingewiesen und um Stellungnahme gebeten wurde, ausdrücklich nur hilfsweise zu seinem Hauptantrag, die Zulassung der Berufung begehrt. Aus seinem Vorbringen ergibt sich für den Senat eindeutig, dass der Kläger bei Einlegung seines Rechtsmittels eben keine Nichtzulassungsbeschwerde, sondern eine Berufung erheben wollte. Da ein Irrtum des Bevollmächtigten des Klägers weder ersichtlich ist noch geltend gemacht wurde, ist der Kläger am Wortlaut seines Rechtsmittel festzuhalten. Insoweit kann sein Rechtsmittel auch nicht gegen seinen Willen und den eindeutigen Wortlaut ausgelegt werden (zur Auslegung vgl BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3; Beschlüsse des Senats, 14.10.2010, L 11 KR 1123/10, nv, sowie 24.09.2010, L 11 KR 3274/10, nv).
30 
Auch aus § 139 ZPO steht dem Kläger kein weitergehender verfahrensrechtlicher Anspruch zu. Insbesondere begründen weder § 139 ZPO noch § 106 SGG über Hinweispflichten hinausgehenden Ansprüche. Insbesondere ergibt sich hieraus kein Anspruch auf einen gerichtlichen Hinweis darauf, wie der anwaltlich vertretene Kläger „am geschicktesten“ vorzugehen habe.
31 
Hat der Kläger damit aber Berufung eingelegt, ist diese wegen Nichtüberschreitens der in § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG festgelegten Schwelle nicht statthaft und daher als unzulässig zurückzuweisen.
32 
Der Hilfsantrag, die Berufung zuzulassen, ist im vorliegenden Verfahren unzulässig. Der Zulässigkeit steht zunächst entgegen, dass dieses Rechtsmittel nur hilfsweise, also bedingt (Bernsdorff in Hennig, SGG, § 145 Rdnr 10), eingelegt worden ist (zur Bedingungsfeindlichkeit vgl die oben zitierte Rechtsprechung). Eine hilfsweise - für den Fall der Nichtstatthaftigkeit der gleichzeitig eingelegten Berufung - erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil es sich bei dieser Bedingung nicht um eine bloße unschädliche Bezeichnung eines innerprozessualen Bedingungsverhältnisses handelt (BFH, 27.11.2007, IX R 66/07, juris). Im Übrigen kann außerhalb eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nicht über die Zulassung der Berufung entschieden werden (BSG, 19.11.1996, 1 RK 18/95, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG, 22.01.1998, B 14/10 KG 17/96 R, juris; BSG, 23.07.1998, B 1 KR 24/96 R, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3). Einen eigenständigen Antrag auf Zulassung der Berufung, der als Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu führen gewesen wäre, hat der Kläger aber nicht gestellt. Dies ergibt schon sein eigener Vortrag, wonach er noch überlege, eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen (vgl sein Schriftsatz vom 25.10.2011). Eine Auslegung dahingehend, dass der rechtskundig vertretene Kläger eindeutig und unbedingt Nichtzulassungsbeschwerde erheben wollte, ist bei diesem Sachverhalt nicht möglich
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
34 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).

Gründe

 
25 
Die Berufung des Klägers ist zwar form- und fristgemäß (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegt, sie ist jedoch unzulässig, weil nicht statthaft.
26 
Nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG in der seit 01.04.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 24 Buchstabe a des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl I, S 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes, bei einer Klage die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR (Nr 1) oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden 10.000,00 EUR (Nr 2) nicht übersteigt. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Regelung der Nr 1 greift hier ein. Denn der Kläger hat im Klageverfahren eine (weitere) einmalige Geldleistung in Höhe von 642,60 EUR begehrt. Bei diesem Begehren handelt es sich auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG.
27 
Nachdem der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750,00 EUR nicht übersteigt, bedurfte die Berufung daher der Zulassung durch das SG. Eine solche Zulassung hat das SG nicht ausgesprochen. Dass die Rechtsmittelbelehrung die Berufung erwähnt, genügt allein nicht (st Rechtsprechung seit BSG, 28.03.1957, 7 RAr 103/55, BSGE 5, 92, 95; BSG, 23.07.1998, B 1 KR 24/96 R, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 144 Rdnr 40).
28 
Für die Frage, welches Rechtsmittel der Kläger eingelegt und ob er dieses unter eine Bedingung gestellt hat, kommt es gemäß § 106 Abs 1 SGG und § 133 BGB zunächst auf den wirklichen Willen und auf das erkennbare Prozessziel des Klägers an. Entscheidend ist, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat. Dabei ist der Rechtsmittelführer nicht allein am Wortlaut festzuhalten. Vor diesem Hintergrund liegt unzweifelhaft eine Berufung (§ 151 SGG) vor, wenn die Überprüfung eines Urteils oder Gerichtsbescheids des SG begehrt wird und unzweifelhaft ist, dass hierüber ohne vorherige besondere Zulassung entschieden werden darf. Hingegen ist das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) eingelegt, wenn der Rechtsmittelführer die Überprüfung der Nichtzulassung der Berufung durch das SG begehrt und eine Berufung ohne Zulassung nicht statthaft ist. Auch im Prozessrecht schadet eine bloß unrichtige Bezeichnung des Gemeinten nicht. Die Unklarheit kann der Rechtmittelführer allerdings auch dadurch ausräumen, dass er - ggf trotz eines Hinweises des Gerichts - daran festhält, ein nicht statthaftes Rechtsmittel einlegen zu wollen; denn keine Prozesserklärung kann und darf gegen den festgestellten Willen des Erklärenden „ausgelegt“ werden (BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3 mwN). Hinzu kommt, dass ein rechtskundiger Rechtsmittelführer bzw dessen Bevollmächtigter grundsätzlich am fachsprachlichen Wortlaut seiner gegenüber dem Gericht abgegebenen Erklärung festzuhalten ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn für das Gericht erkennbar ein Irrtum vorliegt oder wenn durch die Vorinstanz unzutreffend über den gegebenen Rechtsbehelf belehrt worden ist und sich der Rechtsmittelführer entsprechend der ihm erteilten Belehrung verhält (BSG aaO).
29 
Vorliegend hat der Kläger ausdrücklich Berufung eingelegt. Er hat aber auch erklärt, hilfsweise Nichtzulassungsbeschwerde einlegen zu wollen. Auf den Hinweis, die bedingte Einlegung eines Rechtsmittels sei unzulässig (zur Bedingungsfeindlichkeit von Rechtsmitteln vgl zuletzt BSG 10.03.2010, B 14 AS 71/09 R, juris unter Hinweis auf BVerwG, 17.02.1961, IV C 98.60, Buchholz 310 § 132 Nr 7; BSG, 04.02.2003, B 11 AL 5/03 R, juris; BSG, 05.06. 2001, B 2 U 10/01 R, juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 145 Rdnr 3b; Hennig, SGG, § 160a Rdnr 20 f, § 160 RdNr 28 ff mwN), hat der Kläger sinngemäß ausgeführt, zu überlegen sei, ob die Berufung zurückzunehmen und eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen sei. Aus diesem Vorbringen ergibt sich, dass der Kläger nicht nur ausdrücklich erklärt hat, Berufung einzulegen, sondern dies auch tun wollte. Eine Umdeutung des vom Kläger eindeutig und unmissverständlich als Berufung bezeichneten Rechtsmittels in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht, da der Kläger der falschen Rechtsmittelbelehrung folgend wirklich Berufung einlegen wollte (zur Umdeutung vgl BSG, 19.11.1996, 1 RK 18/95, SozR 3-1500 § 158 Nr 1 mwN; BSG, 08.11.2001, B 11 AL 19/01 R, juris; BSG, 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R, SozR 4-1500 § 158 Nr 1; BSG, 02.06.2004, B 7 AL 10/04 B, juris; BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3). Auch eine Auslegung des Rechtsmittels als Nichtzulassungsbeschwerde kommt vorliegend nicht in Betracht. Der Kläger hat mit seinem Rechtsmittel ausdrücklich und ausschließlich ein bestimmtes Rechtsmittel, nämlich eine Berufung, einlegen wollen. Er hat auch nachdem er vom Berichterstatter mit Schreiben vom 14.10.2011 darauf hingewiesen und um Stellungnahme gebeten wurde, ausdrücklich nur hilfsweise zu seinem Hauptantrag, die Zulassung der Berufung begehrt. Aus seinem Vorbringen ergibt sich für den Senat eindeutig, dass der Kläger bei Einlegung seines Rechtsmittels eben keine Nichtzulassungsbeschwerde, sondern eine Berufung erheben wollte. Da ein Irrtum des Bevollmächtigten des Klägers weder ersichtlich ist noch geltend gemacht wurde, ist der Kläger am Wortlaut seines Rechtsmittel festzuhalten. Insoweit kann sein Rechtsmittel auch nicht gegen seinen Willen und den eindeutigen Wortlaut ausgelegt werden (zur Auslegung vgl BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3; Beschlüsse des Senats, 14.10.2010, L 11 KR 1123/10, nv, sowie 24.09.2010, L 11 KR 3274/10, nv).
30 
Auch aus § 139 ZPO steht dem Kläger kein weitergehender verfahrensrechtlicher Anspruch zu. Insbesondere begründen weder § 139 ZPO noch § 106 SGG über Hinweispflichten hinausgehenden Ansprüche. Insbesondere ergibt sich hieraus kein Anspruch auf einen gerichtlichen Hinweis darauf, wie der anwaltlich vertretene Kläger „am geschicktesten“ vorzugehen habe.
31 
Hat der Kläger damit aber Berufung eingelegt, ist diese wegen Nichtüberschreitens der in § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG festgelegten Schwelle nicht statthaft und daher als unzulässig zurückzuweisen.
32 
Der Hilfsantrag, die Berufung zuzulassen, ist im vorliegenden Verfahren unzulässig. Der Zulässigkeit steht zunächst entgegen, dass dieses Rechtsmittel nur hilfsweise, also bedingt (Bernsdorff in Hennig, SGG, § 145 Rdnr 10), eingelegt worden ist (zur Bedingungsfeindlichkeit vgl die oben zitierte Rechtsprechung). Eine hilfsweise - für den Fall der Nichtstatthaftigkeit der gleichzeitig eingelegten Berufung - erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil es sich bei dieser Bedingung nicht um eine bloße unschädliche Bezeichnung eines innerprozessualen Bedingungsverhältnisses handelt (BFH, 27.11.2007, IX R 66/07, juris). Im Übrigen kann außerhalb eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nicht über die Zulassung der Berufung entschieden werden (BSG, 19.11.1996, 1 RK 18/95, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG, 22.01.1998, B 14/10 KG 17/96 R, juris; BSG, 23.07.1998, B 1 KR 24/96 R, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3). Einen eigenständigen Antrag auf Zulassung der Berufung, der als Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu führen gewesen wäre, hat der Kläger aber nicht gestellt. Dies ergibt schon sein eigener Vortrag, wonach er noch überlege, eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen (vgl sein Schriftsatz vom 25.10.2011). Eine Auslegung dahingehend, dass der rechtskundig vertretene Kläger eindeutig und unbedingt Nichtzulassungsbeschwerde erheben wollte, ist bei diesem Sachverhalt nicht möglich
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
34 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. April 2009 - 5 K 2759/07 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Abwasserbeiträgen.
Die Klägerin ist Eigentümerin von Grundstücken im Gebiet der Beklagten, auf denen sie u.a. ein Kalkwerk betreibt. Sie ist Rechtsnachfolgerin der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“, die bis zum 27.12.2001 Eigentümerin dieser Grundstücke war.
Geschäftszweck der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ war die Herstellung und der Vertrieb von Baustoffen auf Kalkbasis, von Düngeprodukten sowie der Vertrieb, die Vermietung und Verleihung von technischen Geräten, insbesondere für die Bauwirtschaft. Die Gesellschaft wurde im Jahre 1970 als „... Fertigputz GmbH“ mit Sitz in ... gegründet. Sie übernahm das bereits seit einiger Zeit betriebene Kalkwerk, das am ..., einem Teil des ..., südwestlich der Ortslage von ... liegt.
Im Jahre 1993 wurde die „... Holding Verwaltungs-GmbH“ ebenfalls mit Sitz in ... gegründet. Ihre Firma wurde im Jahre 2000 auf „Heidelberger ... GmbH“ geändert. Diese hielt die Gesellschaftsanteile an der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“. Aufgrund Verschmelzungsvertrags vom 28.08.2001 wurde die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ - gemeinsam mit weiteren Gesellschaften der ...-Gruppe - auf die „Heidelberger ... GmbH“ verschmolzen. Die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister erfolgte am 27.12.2001. Die übernehmende Gesellschaft firmierte zunächst unverändert unter „Heidelberger ... GmbH“. Im Dezember 2002 wurde die Firma in „... Deutschland GmbH“ geändert. Die „... Deutschland GmbH“ wurde während des gerichtlichen Verfahrens nach Maßgabe des Verschmelzungsvertrags vom 16.06.2009 schließlich auf die Klägerin als übernehmendem Rechtsträger verschmolzen. Die Eintragung erfolgte am 20.07.2009.
Die Beklagte leitete im Jahre 1997 ein Bebauungsplanverfahren für die Flächen des Kalkwerks ein. Der Bebauungsplan „...“ vom 13.11.2001 setzt für den Bereich des Kalkwerks ein Industriegebiet fest.
Die maßgeblichen Vorschriften der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung - Abwassersatzung - (im Folgenden: AbwS) vom 13.11.2001 lauten wie folgt:
§3
Berechtigung und Verpflichtung zum Anschluss und zur Benutzung
        
(1) Die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Abwasser anfällt, sind nach näherer Bestimmung dieser Satzung berechtigt und verpflichtet, ihre Grundstücke an die öffentlichen Abwasseranlagen anzuschließen, diese zu benutzen und das gesamte auf den Grundstücken anfallende Abwasser der Gemeinde im Rahmen des § 45 b Abs. 1 WG zu überlassen. …
§ 23
Gegenstand der Beitragspflicht
        
(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, wenn sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen.
(2) Wird ein Grundstück an die öffentlichen Abwasseranlagen tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt sind,
§ 24
Beitragsschuldner
        
(1) Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt der Zustellung des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist. …                                             
10 
§ 33
Entstehung der Beitragsschuld
        
(1) Die Beitragsschuld entsteht:
1. In den Fällen des § 23 Abs. 1, sobald das Grundstück an den öffentlichen Kanal angeschlossen werden kann.                                                    
2. In den Fällen des § 23 Abs. 2 mit dem Anschluss, frühesten jedoch mit dessen Genehmigung.
3. …
11 
Unter dem 14.12.2001 erließ die Beklagte für die anzuschließenden Grundstücke im Bebauungsplangebiet „...“ einen Vorausleistungsbescheid auf den Abwasserbeitrag in Höhe von 240.000,-- EUR, der an die damalige Eigentümerin, die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“, gerichtet war. Mit Schreiben vom 28.08.2002 teilte die Beklagte der Firma „Heidelberger ... GmbH“, die zu diesem Zeitpunkt Eigentümerin der Grundstücke im Bereich des Kalkwerks war, mit, nach Abschluss der Bauarbeiten sei der Anschluss ihrer Grundstücke an den öffentlichen Schmutzwasserkanal nun technisch möglich und es bestehe deshalb die Verpflichtung, die Grundstücke anzuschließen. Im Schreiben hieß es ferner: „Über die zu entrichtenden Beiträge werden Ihnen noch gesonderte Bescheide zugehen.“
12 
Mit zwei Bescheiden vom 27.12.2006 setzte die Beklagte für im Einzelnen aufgeführte Grundstücke des Kalkwerks Abwasserbeiträge in Höhe von insgesamt 1.004.000,45 EUR fest (931.801,05 EUR für „Flurstück-Nr. 3579 u.a.“ und 72.199,40 EUR für „Flurstück-Nr. 3671 u.a.“). Adressiert waren die Beitragsbescheide an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“. Die den Bescheiden jeweils als Anlage beigefügten Aufstellungen der einzelnen Grundstücke und der dazu gehörenden Bemessungsgrundlagen sind überschrieben mit „Flächen der ... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“.
13 
Gegen die Beitragsbescheide vom 27.12.2006 erhob die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Firma „... Deutschland GmbH“, jeweils am 16.01.2007 mit der Begründung Widerspruch, die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ sei im maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr Grundstückseigentümerin gewesen und die Bescheide seien deshalb nicht an den richtigen Beitragsschuldner gerichtet. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2007 wies das Landratsamt ...-... die Widersprüche mit der Begründung zurück, die Rechtsvorgängerin der Klägerin dürfe sich nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass die Bescheide fehlerhaft adressiert seien.
14 
Auf die von der Rechtsvorgängerin der Klägerin am 19.12.2007 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Freiburg mit Urteil vom 29.04.2009 die Abwasserbeitragsbescheide der Beklagten vom 27.12.2006 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts ...-... vom 23.11.2007 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Die Bescheide seien nicht an den richtigen Beitragsschuldner - nämlich den Eigentümer - gerichtet und daher rechtswidrig. Die an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ adressierten Beitragsbescheide könnten nicht dahin ausgelegt werden, dass die Rechtsnachfolgerin - die „... Deutschland GmbH“ - als Eigentümerin der Grundstücke Adressat der Bescheide sei. Die Bescheide seien nicht auslegungsfähig. Eine Auslegung komme nur dann in Betracht, wenn eine Regelung nicht eindeutig sei. Die Bescheide seien hier aber eindeutig an die Rechtsvorgängerin der „... Deutschland GmbH“ gerichtet. Dies sei geschehen, obwohl der Beklagten habe klar sein müssen, dass die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide nicht mehr existent gewesen sei. Diese Beurteilung werde durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gestützt. Danach seien Verwaltungsakte, die an einen durch Umwandlung erloschenen Rechtsträger ergangen seien, rechtswidrig, selbst wenn sie in den Machtbereich des Rechtsnachfolgers gelangt seien, von diesem zur Kenntnis genommen und als für diesen bestimmt behandelt worden seien. Insbesondere vor dem Hintergrund der Formstrenge im Abgabenrecht könnten Fehler in der Bezeichnung des Steuerschuldners im Bescheid auch nicht durch Richtigstellung im weiteren Verfahren geheilt werden, auch nicht dadurch, dass sich der Empfänger als Adressat angesehen habe. Vielmehr sei nach Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge der Abgabenbescheid an den Rechtsnachfolger zu richten. Die Beklagte könne dem nicht entgegenhalten, die „... Deutschland GmbH“ habe durch ihr Verhalten gegen Treu und Glauben verstoßen und sei deshalb als Adressat der Bescheide anzusehen. Es verstoße insbesondere nicht gegen Treu und Glauben, dass die „... Deutschland GmbH“ das Grundbuch nicht habe berichtigen lassen; der außerhalb des Grundbuchs vollzogene Eigentumswechsel sei nämlich im Handelsregister hinreichend dokumentiert.
15 
Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 22.10.2009 zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend: Es dürfe nicht von der Nichtigkeit bzw. Rechtswidrigkeit eines Beitragsbescheids ausgegangen werden, wenn sich im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der den Betroffenen bekannten Umstände ergebe, wer Adressat des Bescheids sei. Danach sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, die angefochtenen Bescheide seien nicht auslegungsfähig. Zur Beantwortung der Frage, ob ein Bescheid auslegungsfähig sei, dürfe nicht lediglich das Adressfeld, sondern müsse der Bescheid in der Gesamtheit seines objektiven Erklärungsgehaltes betrachtet werden. Danach verwiesen aber die Bescheide gerade nicht mit Eindeutigkeit auf die Beitragsschuldnerschaft der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“, sondern auch auf die „beitragspflichtigen Grundstücke“. Die deshalb vorzunehmende Auslegung ergebe, dass die Bescheide an die „... Deutschland GmbH“ gerichtet gewesen seien. Ihr sei als Rechtsnachfolgerin positiv bekannt gewesen, dass die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ zum Zeitpunkt des Erlasses der Beitragsbescheide am 27.12.2006 nicht mehr existiert habe. Ihr sei damit positiv bekannt gewesen, dass die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ nicht habe Beitragsschuldnerin sein können. Aufgrund des an die „Heidelberger ... GmbH“ gerichteten Schreibens vom 28.08.2002, in dem auf gesonderte Bescheide betreffend die zu entrichtenden Beiträge für die Grundstücke hingewiesen worden sei, sei dieser bekannt gewesen, dass sie als Grundstückseigentümerin Beitragsschuldnerin sei. Im Bescheid werde zudem auf eine Beitragsfestsetzung für konkrete Grundstücke verwiesen. Auch unter diesem Aspekt sei ihr bekannt gewesen, dass sie als Grundstückseigentümerin Beitragsschuldnerin sei. Da eine Auslegung unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben vorzunehmen sei, sei schließlich zu berücksichtigen, dass die „... Deutschland GmbH“ auch Jahre nach der Verschmelzung das Grundbuch noch nicht habe ändern lassen.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. April 2009 - 5 K 2759/07 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend führt sie aus: Die angefochtenen Bescheide seien aufgrund ihres objektiven Erklärungsgehalts an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ gerichtet. Diese Adressierung lasse keinerlei Raum für eine Auslegung, da jede Auslegung Unklarheit voraussetze. Die Bescheide vom 27.12.2006 seien aber nicht unklar, sondern falsch gewesen. Diese inhaltliche Unrichtigkeit könne nicht durch Auslegung berichtigt werden.
21 
Eine Auslegung sei auch deshalb nicht möglich, weil die Beklagte in der früheren Korrespondenz sehr genau und stets richtig zwischen den verschiedenen Gesellschaften zu unterscheiden gewusst habe, die in ihrer Firma den Firmenbestandteil „...“ geführt hätten. So sei das Schreiben vom 28.08.2002, mit dem die Beklagte die „Heidelberger ... GmbH“ zum Anschluss ihrer Grundstücke an den öffentlichen Schmutzwasserkanal aufgefordert habe, im Unterschied zu den angefochtenen Bescheiden zutreffend an den damaligen Grundstückseigentümer adressiert gewesen. Auch der - zuvor ergangene - Vorausleistungsbescheid vom 14.12.2001 sei eindeutig und der damaligen Eigentumslage entsprechend an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ gerichtet worden. Angesichts dieser klaren Abfolge eines eindeutigen und zutreffend adressierten Vorausleistungsbescheids und eines ebenso eindeutigen und zutreffend adressierten Aufforderungsschreibens gebe es keinen Anlass, vom Wortlaut der Bescheide vom 27.12.2006 abzuweichen.
22 
Die Auslegung der angefochtenen Bescheide verbiete sich auch deshalb, weil die Beklagte die Bescheide bewusst und gewollt an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ und nicht an die „... Deutschland GmbH“ gerichtet habe. Denn sie sei der Auffassung gewesen, dass die Bescheide an den im Grundbuch als Grundstückseigentümer Eingetragenen zu richten seien. Damit entspreche auch der subjektive Erklärungswille exakt dem Erklärten. Im Übrigen habe es der Beklagten im Hinblick auf die „... Deutschland GmbH“ am Bekanntmachungswillen gefehlt. Die Beklagte habe die Bescheide gerade nicht der „... Deutschland GmbH“ bekannt geben wollen, sondern deren Rechtsvorgängerin.
23 
Dem Senat liegt die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Freiburg vor. Auf diese Unterlagen und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Anfechtungsklage abweisen müssen, denn die Abwasserbeitragsbescheide der Beklagten vom 27.12.2006 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts ...-... vom 23.11.2007 sind rechtmäßig und verletzen daher die Klägerin nicht in ihren Rechten.
25 
1. Die angegriffenen Abwasserbeitragsbescheide sind inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG). Aus den Bescheiden ergibt sich insbesondere eindeutig, gegen wen sie sich richten; danach schuldet die „... Deutschland GmbH“ die festgesetzten Abwasserbeiträge und nicht deren Rechtsvorgängerin, die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“.
26 
a) Ein inhaltlich unbestimmter Verwaltungsakt ist grundsätzlich nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i.V.m. § 125 AO nichtig. Eine inhaltliche Unbestimmtheit liegt jedoch nur dann vor, wenn sich etwaige dem Bescheid anhaftende Unklarheiten auch durch Auslegung nicht beheben lassen. Dabei kommt es nicht darauf an, was die Behörde mit ihrer Erklärung gewollt hat oder wie ein außenstehender Dritter den materiellen Gehalt des Bescheides verstehen würde. Der Bescheid ist vielmehr - wie allgemein im Rechtsverkehr bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen - bei entsprechender Anwendung des § 133 BGB nach dem objektiven Verständnishorizont des Empfängers auszulegen. Entscheidend ist damit, wie der Inhaltsadressat selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung (des Bescheids) unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (allgemeine Auffassung der Bundesgerichte, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 - 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301; Urteil vom 25.02.1994 - 8 C 2.92 - KStZ 1995, 73; BGH, Urteil vom 09.02.2006 - IX ZR 151/04 - NJW-RR 2006, 1096; BFH, Urteil vom 27.11.1996 - X R 20/95 - BFHE 183, 348). Maßgebender Zeitpunkt ist der Zugang des Bescheids.
27 
Die Vorschrift des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG konkretisiert die Anforderungen, die § 119 Abs. 1 AO an die Bestimmtheit eines Abgabenbescheids stellt. Der Bescheid muss danach u.a. erkennen lassen, wer die Abgabe schuldet, und zwar mit solcher Deutlichkeit, dass Verwechslungen hinsichtlich des Abgabenschuldners ausgeschlossen sind. Auch im Hinblick auf den Abgabenschuldner gelten aber die dargestellten allgemeinen Regeln der Auslegung von Verwaltungsakten (BVerwG, Urteil vom 25.02.1994, aaO; BGH, Urteil vom 09.02.2006, aaO; BFH, Urteil vom 25.01.2006 - I R 52/05 - BFH/NV 2006, 1243; Thür. OVG, Beschluss vom 28.01.2005 - 4 ZKO 360/04 - ZKF 2005, 281). Es genügt deshalb, wenn sich der Adressat bei nicht richtiger Eintragung im Anschriftenfeld aus dem Bescheidinhalt insgesamt oder beigefügten Anlagen entnehmen lässt. Auch vorangegangene Bescheide und Schreiben zwischen den Beteiligten sowie die sonstigen den Betroffenen bekannten oder für sie ohne weiteres erkennbaren Umstände sind bei der Auslegung heranzuziehen (BVerwG, Urteil vom 18.04.1997, aaO; Thür. OVG, Beschluss vom 28.01.2005, aaO). Für eine hinreichend bestimmte Bezeichnung des Inhaltsadressaten ist damit - auch bei fehlerhafter Eintragung im Anschriftenfeld - dessen sichere Identifizierung erforderlich und ausreichend; Formalismus ist nicht angebracht.
28 
b) Unter Anlegung dieser Maßstäbe musste sich die „... Deutschland GmbH“ (die Rechtsvorgängerin der Klägerin) als Inhaltsadressatin und damit als Schuldnerin ansehen. Die Beitragsbescheide führen zwar im Adressfeld die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ auf, die lediglich bis zum 27.12.2001 Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks war. Im Zeitpunkt des Zugangs der Bescheide konnte die „... Deutschland GmbH“ bzw. deren Organe die Bescheide entsprechend ihrem objektiven Verständnishorizont auf Grundlage der für sie ohne weiteres erkennbaren Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben aber nur so verstehen, dass nicht die schon mehrere Jahre zuvor durch gesellschaftsrechtliche Verschmelzung erloschene und damit als Rechtsträger nicht mehr existente „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“, sondern sie selbst als aktuelle Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks zum Beitrag herangezogen werden sollte.
29 
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin wusste, dass sie Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks ist und dass sie für diese nach der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung - Abwassersatzung - (im Folgen: AbwS) vom 13.11.2001 beitragspflichtig geworden war, nachdem sie ihre Grundstücke - nach Anschluss der ... Schmutzwasserentsorgung an die Kläranlage des Abwasserzweckverbandes „... ...“ - an den öffentlichen Abwasserkanal angeschlossen und ihre eigene Hauskläranlage stillgelegt hatte. Schließlich musste sie auch wissen, dass sich ihre grundsätzlich bestehende Beitragspflicht so verdichtet hatte, dass ihr gegenüber jederzeit die Beitragsbescheide erlassen werden konnten. Bereits aus dem noch an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ als damalige Eigentümerin der Grundstücke gerichteten Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 14.12.2001 ergibt sich unzweifelhaft die Beitragspflicht der anzuschließenden Grundstücke des Kalkwerks. Aufgrund des Schreiben vom 28.08.2002, das die Beklagte nach erfolgter Verschmelzung und dem Erlöschen der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ in Übereinstimmung mit der Rechtslage an die Rechtsvorgängerin der Klägerin unter ihrer damaligen Firmierung „Heidelberger ... GmbH“ gerichtet hatte, war für diese ferner offensichtlich, dass - nach der Verschmelzung der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ mit der „Heidelberger ... GmbH“ und dem daraus folgenden Erlöschen der Erstgenannten - nunmehr sie selbst für die Grundstücke des Kalkwerks beitragspflichtig geworden war und sie deshalb zukünftig zu den gesetzlichen Abwasserbeiträgen veranlagt würde; insoweit heißt es im Schreiben vom 28.08.2002 ausdrücklich, „über die zu entrichtenden Beiträge werden ihnen (d.h. der Rechtsvorgängerin der Klägerin) noch gesonderte Bescheide zugehen“.
30 
Vor dem Hintergrund dieser Vorgeschichte und insbesondere der ihr seitens der Beklagten mitgeteilten Informationen musste die Rechtsvorgängerin der Klägerin bei Erhalt der Bescheide vom 27.12.2006 „auf den ersten Blick“ von einer versehentlich fehlerhaften Adressierung der Bescheide durch die Beklagte ausgehen. Da die Rechtsvorgängerin der Klägerin nach ihrem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten die Verschmelzung der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ mitgeteilt hatte und sie auf der Grundlage des behördlichen Schreibens vom 28.08.2002 - das die Beklagte nach der Verschmelzung bereits an die neue Eigentümerin gerichtet hatte - auch von der Kenntnis der Beklagten über die neue Rechtslage und damit den richtigen Beitragsschuldner ausgehen musste, stellte sich aus ihrer Sicht die Sache als Versehen - vergleichbar einem Tipp- oder Computerfehler - dar. War es - mit anderen Worten - aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin so, dass die Beklagte schon seit Jahren Kenntnis vom Eigentum der „... Deutschland GmbH“ an den Grundstücken des Kalkwerks hatte und diese deshalb auch als beitragspflichtig ansah, so hatte die Behörde hier - zugespitzt formuliert - die richtige Person falsch, nicht aber die falsche Person richtig bezeichnet.
31 
Diese Auslegung findet ihre Bestätigung in dem Umstand, dass die im Adressfeld fehlerhaft angeführte „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ im Zeitpunkt der Beitragserhebung schon seit Jahren nicht mehr existent war und dies - wie oben dargelegt - nach objektivem Verständnishorizont auch der Beklagten bewusst gewesen sein musste. Mit Verschmelzungsvertrag vom 28.08.2001 und entsprechenden Gesellschafterversammlungsbeschlüssen vom selben Tag wurde die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ - gemeinsam mit weiteren Gesellschaften der ...-Gruppe - auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin unter ihrer damaligen Firmierung „Heidelberger ... GmbH“ verschmolzen. Eine solche Verschmelzung von Gesellschaften im Sinne der §§ 1 Nr. 1, 2 Nr. 1, 4 ff UmwG führt dazu, dass gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG mit der Eintragung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Übernehmer übergeht. Eine gesonderte Einzelübertragung bestimmter Vermögensgegenstände ist danach grundsätzlich nicht erforderlich. Daher bedarf es z.B. für eine Grundstücksübertragung keiner Auflassung, das Eigentum geht vielmehr kraft Gesetzes auf den übernehmenden Rechtsträger über. Der übertragende Rechtsträger erlischt nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG, ohne dass es einer besonderen Löschung oder einer speziellen Eintragung des Erlöschens bedarf. Der übertragende Rechtsträger ist damit als Rechtssubjekt nicht mehr existent (vgl. zum Ganzen: Simon in Dauner-Lieb/Simon, Kölner Kommentar zum Umwandlungsgesetz, § 2 Rdnrn. 30, 32, 36, 38; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl. § 20 Rdnr. 31). Aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin war demnach offensichtlich, dass im Dezember 2006 die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ nicht mehr beitragspflichtig sein konnte und deshalb ihre denkbare Inanspruchnahme ins Leere gehen würde. Aus ihrer Sicht waren diese Umstände der Behörde auch allesamt bekannt.
32 
In diesem Sinne hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 25.02.1994 (aaO) einen fehlerhaft an eine Wohnungseigentümergemeinschaft - anstatt an die einzelnen Wohnungseigentümer - adressierten Abgabenbescheid als auslegungsfähig und damit als hinreichend bestimmt angesehen. Einer Auslegung stand nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen, dass nach damaliger Rechtsauffassung die „Gemeinschaft“ der Wohnungseigentümer nicht rechtsfähig war und dementsprechend der Bescheid an eine nicht existente Rechtspersönlichkeit adressiert war (die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde erst mit Beschluss des BGH vom 02.06.2005 - V ZB 32/05 - NJW 2005, 2061 - anerkannt); die fehlende Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft sah das Bundesverwaltungsgericht vielmehr als ein Indiz dafür an, dass tatsächlich die einzelnen Wohnungseigentümer zur Abgabe herangezogen werden sollten.
33 
c) Keiner Beantwortung bedarf die Frage, ob eine Auslegung im genannten Sinne auch dann in Betracht gekommen wäre, wenn aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin die Beklagte - etwa aufgrund einer rechtlich fehlerhaften Beurteilung im Vorfeld der Beitragserhebung - bewusst und gewollt die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ als Inhaltsadressaten bezeichnet hätte. Nach den Angaben des Sachbearbeiters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat dieser zwar die Bescheide bewusst deshalb an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ gerichtet, weil diese nach Auskunft des Grundbuchamtes im Grundbuch noch als Eigentümerin der veranlagten Grundstücke eingetragen war; ein Versehen hinsichtlich des Inhaltsadressaten in Form eines Tipp- oder Computerfehlers lag damit tatsächlich nicht vor. Für die Auslegung kommt es jedoch gerade nicht darauf an, was die Behörde mit ihrer Erklärung tatsächlich gewollt hat. Entscheidend ist hier allein, dass aus der maßgeblichen Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Hinblick auf das behördliche Schreiben vom 28.08.2002, aus dem sich die Kenntnis der Beklagten über die geänderten Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken ergab, ein behördliches Versehen - vergleichbar einem Tipp- oder Computerfehler - vorliegen musste. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang weiter, dass die Beklagte bereits im Januar 2007 der Rechtsvorgängerin der Klägerin die näheren Umstände der „Falschadressierung“ offenlegte und erläuterte. Aus Umständen, die erst nach der Bekanntgabe oder Zustellung der auszulegenden Erklärung zutage treten, kann nichts für deren Verständnis hergeleitet werden.
34 
d) Auch der Einwand des Verwaltungsgerichts, die Beitragsbescheide seien nicht auslegungsfähig, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht meint, die Adressierung - ... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH - sei eindeutig, und schließt daraus, dass eine Auslegung der Bescheide nicht in Betracht komme. Diese Auffassung verstößt gegen das sich aus der entsprechenden Anwendung der §§ 133, 157 BGB ergebende Verbot einer sich ausschließlich am Wortlaut orientierenden Interpretation. Mit seiner ausschließlich auf den Wortlaut abstellenden Sichtweise verkennt das Verwaltungsgericht, dass die Feststellung, ob eine Erklärung eindeutig ist oder nicht, sich erst durch eine alle Umstände berücksichtigende Auslegung treffen lässt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19.12.2001 - XII ZR 281/99 - NJW 2002, 1260; Urteil vom 08.12.1982 - IVa ZR 94/81 - NJW 1983, 672). Danach sind die Beitragsbescheide trotz der unrichtigen Eintragung im Adressfeld - wie oben bereits dargelegt - erkennbar an die Rechtsvorgängerin der Klägerin gerichtet.
35 
e) Eine abweichende Einschätzung rechtfertigt auch nicht die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach ein Verwaltungsakt unwirksam ist, wenn er sich gegen ein nicht oder nicht mehr existierendes Steuersubjekt richtet. Hiervon ist der Bundesfinanzhof u.a. für den Fall ausgegangen, dass der Adressat des Verwaltungsakts eine Gesellschaft ist, die bei Erlass des Verwaltungsakts durch Umwandlung erloschen war und daher in diesem Zeitpunkt nicht mehr existierte (vgl. dazu BFH, Urteil vom 25.01.2006 - I R 52/05 - BFH/NV 2006, 1243; Beschluss des Großen Senats vom 21.10.1985 - GrS 4/84 - BFHE 145, 110). Daran ist richtig, dass ein Abgabenbescheid dann nichtig ist, wenn sich bei der vorzunehmenden Auslegung nach objektivem Verständnishorizont die Inanspruchnahme einer durch Umwandlung erloschenen Gesellschaft und damit eines nicht mehr existierenden Abgabensubjekts ergibt. Eine solche Feststellung kann aber erst nach erfolgter Auslegung und damit nicht allein aufgrund des Wortlauts des Adressfeldes und damit einer etwaigen fehlerhaften Bezeichnung des Adressaten getroffen werden.
36 
Gegen die vorgenommene Auslegung spricht ferner nicht der Umstand, dass die streitgegenständlichen Beitragsbescheide mit ihrer „unrichtigen“ Eintragung im Adressfeld die Grundlage für eine mögliche Zwangsvollstreckung der Beiträge gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin bilden. In Fällen, in denen - wie hier - der richtige Adressat eindeutig identifizierbar, aber falsch bezeichnet ist, besteht die Befugnis seitens der Behörde, die falsche Bezeichnung zu berichtigen (vgl. etwa BFH, Urteil vom 14.10.1992 - II R 3/89 - BFH/NV 1993, 218; Urteil vom 26.06.1974 - II R 199/72 - BFHE 113, 90). Dies bedeutet keinen Widerspruch zu der Rechtsprechung, wonach die Bezeichnung der falschen Person als Abgabenschuldner im Abgabenbescheid im weiteren Verfahren nicht geheilt werden kann (vgl. etwa Bay. VGH, Urteil vom 15.12.1989 - 23 B 87.03459 - NVwZ-RR 1990, 393). Denn diese Rechtsprechung betrifft Fälle, in denen als Abgabeschuldnern die falsche Person richtig, nicht aber Fälle, in denen - wie hier - die richtige Person falsch bezeichnet worden ist.
37 
f) Die Auslegung des Senats findet schließlich eine weitere Bestätigung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung von Schuldtiteln und Pfändungsbeschlüssen (Urteil vom 21.12.1966 - VIII ZR 195/64 - NJW 1967, 821) und zur Umdeutung der Bezeichnung der Parteien in der Klageschrift (Urteile vom 24.11.1980 - VIII ZR 208/79 - NJW 1981, 1453 und vom 16.05.1983 - VIII ZR 34/82 - NJW 1983, 2448). Danach ist trotz unrichtiger oder ungenauer Parteibezeichnung grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung getroffen werden soll. Soweit der Bundesfinanzhof in diesem Zusammenhang annimmt, diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei nicht ohne weiteres auf einen Steuerbescheid übertragbar, in dem der Steuerschuldner unrichtig bezeichnet sei, verkennt er, dass der Rechtsprechung allgemein anerkannte Auslegungsregeln zugrunde liegen, die in allen Rechtsgebieten im Rechtsverkehr bei Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen (entsprechend § 133 BGB) gelten und die auch der Bundesfinanzhof bei der Auslegung von Verwaltungsakten für sich in Anspruch nimmt (Beschluss des Großen Senats vom 21.10.1985, aaO). Auch das Argument des Bundesfinanzhofs, dass an einen Steuerbescheid, was die Bezeichnung des Steuerschuldners anbelange, strengere Anforderungen zu stellen seien als an eine Klageschrift, weil der Bescheid einen unmittelbaren Eingriff der Staatsgewalt in die rechtliche und wirtschaftliche Stellung des Steuerschuldners darstelle, überzeugt nicht. Sowohl bei der Bezeichnung des Abgabenschuldners als auch bei der Bezeichnung der Parteien im Zivilprozess hat die Auslegung unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten und Beachtung rechtsstaatlicher Bestimmtheitsanforderungen nach allgemeinen Regeln zu erfolgen, zumal Eingriffe in rechtlich geschützte Positionen im Zivilrecht gleichermaßen wie im Steuer- bzw. Abgabenrecht in Betracht kommen. Auch ein zivilgerichtliches Urteil, das verbindlich eine Rechtsfolge zugunsten der einen Partei und damit zu Lasten der anderen setzt und damit etwa einen Bürger rechtskräftig zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme verurteilt, stellt für den Betroffenen einen staatlichen Eingriff dar.
38 
2. Die Abwasserbeitragsbescheide sind der Rechtsvorgängerin der Klägerin ferner wirksam bekannt gegeben worden. § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG verweist auch hierzu auf die entsprechenden Vorschriften der Abgabenordnung. Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der vom ihm betroffen wird. Für wen der Verwaltungsakt bestimmt ist, muss gegebenenfalls durch Auslegung ermittelt werden. Es gelten dabei die gleichen Grundsätze, die auch für die Frage der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Verwaltungsakt (§ 119 Abs. 1 AO) und für die Frage, wer die Abgabe schuldet (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO) heranzuziehen sind (Brockmeyer in Klein, Abgabenordnung, 9. Aufl., § 122 Rdnr. 4). Danach ist hier die Bekanntgabe an die „... Deutschland GmbH“ erfolgt.
39 
3. Einwendungen inhaltlicher Art gegen die Beitragsbescheide sind von der Klägerin nicht erhoben worden. Gegen die inhaltliche Rechtmäßigkeit der Bescheide bestehen auch aus der Sicht des Senats keine Bedenken.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für ein Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss
43 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.004.000,45 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
24 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Anfechtungsklage abweisen müssen, denn die Abwasserbeitragsbescheide der Beklagten vom 27.12.2006 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts ...-... vom 23.11.2007 sind rechtmäßig und verletzen daher die Klägerin nicht in ihren Rechten.
25 
1. Die angegriffenen Abwasserbeitragsbescheide sind inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG). Aus den Bescheiden ergibt sich insbesondere eindeutig, gegen wen sie sich richten; danach schuldet die „... Deutschland GmbH“ die festgesetzten Abwasserbeiträge und nicht deren Rechtsvorgängerin, die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“.
26 
a) Ein inhaltlich unbestimmter Verwaltungsakt ist grundsätzlich nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i.V.m. § 125 AO nichtig. Eine inhaltliche Unbestimmtheit liegt jedoch nur dann vor, wenn sich etwaige dem Bescheid anhaftende Unklarheiten auch durch Auslegung nicht beheben lassen. Dabei kommt es nicht darauf an, was die Behörde mit ihrer Erklärung gewollt hat oder wie ein außenstehender Dritter den materiellen Gehalt des Bescheides verstehen würde. Der Bescheid ist vielmehr - wie allgemein im Rechtsverkehr bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen - bei entsprechender Anwendung des § 133 BGB nach dem objektiven Verständnishorizont des Empfängers auszulegen. Entscheidend ist damit, wie der Inhaltsadressat selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung (des Bescheids) unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (allgemeine Auffassung der Bundesgerichte, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 - 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301; Urteil vom 25.02.1994 - 8 C 2.92 - KStZ 1995, 73; BGH, Urteil vom 09.02.2006 - IX ZR 151/04 - NJW-RR 2006, 1096; BFH, Urteil vom 27.11.1996 - X R 20/95 - BFHE 183, 348). Maßgebender Zeitpunkt ist der Zugang des Bescheids.
27 
Die Vorschrift des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG konkretisiert die Anforderungen, die § 119 Abs. 1 AO an die Bestimmtheit eines Abgabenbescheids stellt. Der Bescheid muss danach u.a. erkennen lassen, wer die Abgabe schuldet, und zwar mit solcher Deutlichkeit, dass Verwechslungen hinsichtlich des Abgabenschuldners ausgeschlossen sind. Auch im Hinblick auf den Abgabenschuldner gelten aber die dargestellten allgemeinen Regeln der Auslegung von Verwaltungsakten (BVerwG, Urteil vom 25.02.1994, aaO; BGH, Urteil vom 09.02.2006, aaO; BFH, Urteil vom 25.01.2006 - I R 52/05 - BFH/NV 2006, 1243; Thür. OVG, Beschluss vom 28.01.2005 - 4 ZKO 360/04 - ZKF 2005, 281). Es genügt deshalb, wenn sich der Adressat bei nicht richtiger Eintragung im Anschriftenfeld aus dem Bescheidinhalt insgesamt oder beigefügten Anlagen entnehmen lässt. Auch vorangegangene Bescheide und Schreiben zwischen den Beteiligten sowie die sonstigen den Betroffenen bekannten oder für sie ohne weiteres erkennbaren Umstände sind bei der Auslegung heranzuziehen (BVerwG, Urteil vom 18.04.1997, aaO; Thür. OVG, Beschluss vom 28.01.2005, aaO). Für eine hinreichend bestimmte Bezeichnung des Inhaltsadressaten ist damit - auch bei fehlerhafter Eintragung im Anschriftenfeld - dessen sichere Identifizierung erforderlich und ausreichend; Formalismus ist nicht angebracht.
28 
b) Unter Anlegung dieser Maßstäbe musste sich die „... Deutschland GmbH“ (die Rechtsvorgängerin der Klägerin) als Inhaltsadressatin und damit als Schuldnerin ansehen. Die Beitragsbescheide führen zwar im Adressfeld die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ auf, die lediglich bis zum 27.12.2001 Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks war. Im Zeitpunkt des Zugangs der Bescheide konnte die „... Deutschland GmbH“ bzw. deren Organe die Bescheide entsprechend ihrem objektiven Verständnishorizont auf Grundlage der für sie ohne weiteres erkennbaren Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben aber nur so verstehen, dass nicht die schon mehrere Jahre zuvor durch gesellschaftsrechtliche Verschmelzung erloschene und damit als Rechtsträger nicht mehr existente „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“, sondern sie selbst als aktuelle Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks zum Beitrag herangezogen werden sollte.
29 
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin wusste, dass sie Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks ist und dass sie für diese nach der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung - Abwassersatzung - (im Folgen: AbwS) vom 13.11.2001 beitragspflichtig geworden war, nachdem sie ihre Grundstücke - nach Anschluss der ... Schmutzwasserentsorgung an die Kläranlage des Abwasserzweckverbandes „... ...“ - an den öffentlichen Abwasserkanal angeschlossen und ihre eigene Hauskläranlage stillgelegt hatte. Schließlich musste sie auch wissen, dass sich ihre grundsätzlich bestehende Beitragspflicht so verdichtet hatte, dass ihr gegenüber jederzeit die Beitragsbescheide erlassen werden konnten. Bereits aus dem noch an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ als damalige Eigentümerin der Grundstücke gerichteten Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 14.12.2001 ergibt sich unzweifelhaft die Beitragspflicht der anzuschließenden Grundstücke des Kalkwerks. Aufgrund des Schreiben vom 28.08.2002, das die Beklagte nach erfolgter Verschmelzung und dem Erlöschen der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ in Übereinstimmung mit der Rechtslage an die Rechtsvorgängerin der Klägerin unter ihrer damaligen Firmierung „Heidelberger ... GmbH“ gerichtet hatte, war für diese ferner offensichtlich, dass - nach der Verschmelzung der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ mit der „Heidelberger ... GmbH“ und dem daraus folgenden Erlöschen der Erstgenannten - nunmehr sie selbst für die Grundstücke des Kalkwerks beitragspflichtig geworden war und sie deshalb zukünftig zu den gesetzlichen Abwasserbeiträgen veranlagt würde; insoweit heißt es im Schreiben vom 28.08.2002 ausdrücklich, „über die zu entrichtenden Beiträge werden ihnen (d.h. der Rechtsvorgängerin der Klägerin) noch gesonderte Bescheide zugehen“.
30 
Vor dem Hintergrund dieser Vorgeschichte und insbesondere der ihr seitens der Beklagten mitgeteilten Informationen musste die Rechtsvorgängerin der Klägerin bei Erhalt der Bescheide vom 27.12.2006 „auf den ersten Blick“ von einer versehentlich fehlerhaften Adressierung der Bescheide durch die Beklagte ausgehen. Da die Rechtsvorgängerin der Klägerin nach ihrem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten die Verschmelzung der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ mitgeteilt hatte und sie auf der Grundlage des behördlichen Schreibens vom 28.08.2002 - das die Beklagte nach der Verschmelzung bereits an die neue Eigentümerin gerichtet hatte - auch von der Kenntnis der Beklagten über die neue Rechtslage und damit den richtigen Beitragsschuldner ausgehen musste, stellte sich aus ihrer Sicht die Sache als Versehen - vergleichbar einem Tipp- oder Computerfehler - dar. War es - mit anderen Worten - aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin so, dass die Beklagte schon seit Jahren Kenntnis vom Eigentum der „... Deutschland GmbH“ an den Grundstücken des Kalkwerks hatte und diese deshalb auch als beitragspflichtig ansah, so hatte die Behörde hier - zugespitzt formuliert - die richtige Person falsch, nicht aber die falsche Person richtig bezeichnet.
31 
Diese Auslegung findet ihre Bestätigung in dem Umstand, dass die im Adressfeld fehlerhaft angeführte „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ im Zeitpunkt der Beitragserhebung schon seit Jahren nicht mehr existent war und dies - wie oben dargelegt - nach objektivem Verständnishorizont auch der Beklagten bewusst gewesen sein musste. Mit Verschmelzungsvertrag vom 28.08.2001 und entsprechenden Gesellschafterversammlungsbeschlüssen vom selben Tag wurde die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ - gemeinsam mit weiteren Gesellschaften der ...-Gruppe - auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin unter ihrer damaligen Firmierung „Heidelberger ... GmbH“ verschmolzen. Eine solche Verschmelzung von Gesellschaften im Sinne der §§ 1 Nr. 1, 2 Nr. 1, 4 ff UmwG führt dazu, dass gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG mit der Eintragung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Übernehmer übergeht. Eine gesonderte Einzelübertragung bestimmter Vermögensgegenstände ist danach grundsätzlich nicht erforderlich. Daher bedarf es z.B. für eine Grundstücksübertragung keiner Auflassung, das Eigentum geht vielmehr kraft Gesetzes auf den übernehmenden Rechtsträger über. Der übertragende Rechtsträger erlischt nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG, ohne dass es einer besonderen Löschung oder einer speziellen Eintragung des Erlöschens bedarf. Der übertragende Rechtsträger ist damit als Rechtssubjekt nicht mehr existent (vgl. zum Ganzen: Simon in Dauner-Lieb/Simon, Kölner Kommentar zum Umwandlungsgesetz, § 2 Rdnrn. 30, 32, 36, 38; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl. § 20 Rdnr. 31). Aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin war demnach offensichtlich, dass im Dezember 2006 die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ nicht mehr beitragspflichtig sein konnte und deshalb ihre denkbare Inanspruchnahme ins Leere gehen würde. Aus ihrer Sicht waren diese Umstände der Behörde auch allesamt bekannt.
32 
In diesem Sinne hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 25.02.1994 (aaO) einen fehlerhaft an eine Wohnungseigentümergemeinschaft - anstatt an die einzelnen Wohnungseigentümer - adressierten Abgabenbescheid als auslegungsfähig und damit als hinreichend bestimmt angesehen. Einer Auslegung stand nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen, dass nach damaliger Rechtsauffassung die „Gemeinschaft“ der Wohnungseigentümer nicht rechtsfähig war und dementsprechend der Bescheid an eine nicht existente Rechtspersönlichkeit adressiert war (die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde erst mit Beschluss des BGH vom 02.06.2005 - V ZB 32/05 - NJW 2005, 2061 - anerkannt); die fehlende Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft sah das Bundesverwaltungsgericht vielmehr als ein Indiz dafür an, dass tatsächlich die einzelnen Wohnungseigentümer zur Abgabe herangezogen werden sollten.
33 
c) Keiner Beantwortung bedarf die Frage, ob eine Auslegung im genannten Sinne auch dann in Betracht gekommen wäre, wenn aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin die Beklagte - etwa aufgrund einer rechtlich fehlerhaften Beurteilung im Vorfeld der Beitragserhebung - bewusst und gewollt die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ als Inhaltsadressaten bezeichnet hätte. Nach den Angaben des Sachbearbeiters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat dieser zwar die Bescheide bewusst deshalb an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ gerichtet, weil diese nach Auskunft des Grundbuchamtes im Grundbuch noch als Eigentümerin der veranlagten Grundstücke eingetragen war; ein Versehen hinsichtlich des Inhaltsadressaten in Form eines Tipp- oder Computerfehlers lag damit tatsächlich nicht vor. Für die Auslegung kommt es jedoch gerade nicht darauf an, was die Behörde mit ihrer Erklärung tatsächlich gewollt hat. Entscheidend ist hier allein, dass aus der maßgeblichen Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Hinblick auf das behördliche Schreiben vom 28.08.2002, aus dem sich die Kenntnis der Beklagten über die geänderten Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken ergab, ein behördliches Versehen - vergleichbar einem Tipp- oder Computerfehler - vorliegen musste. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang weiter, dass die Beklagte bereits im Januar 2007 der Rechtsvorgängerin der Klägerin die näheren Umstände der „Falschadressierung“ offenlegte und erläuterte. Aus Umständen, die erst nach der Bekanntgabe oder Zustellung der auszulegenden Erklärung zutage treten, kann nichts für deren Verständnis hergeleitet werden.
34 
d) Auch der Einwand des Verwaltungsgerichts, die Beitragsbescheide seien nicht auslegungsfähig, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht meint, die Adressierung - ... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH - sei eindeutig, und schließt daraus, dass eine Auslegung der Bescheide nicht in Betracht komme. Diese Auffassung verstößt gegen das sich aus der entsprechenden Anwendung der §§ 133, 157 BGB ergebende Verbot einer sich ausschließlich am Wortlaut orientierenden Interpretation. Mit seiner ausschließlich auf den Wortlaut abstellenden Sichtweise verkennt das Verwaltungsgericht, dass die Feststellung, ob eine Erklärung eindeutig ist oder nicht, sich erst durch eine alle Umstände berücksichtigende Auslegung treffen lässt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19.12.2001 - XII ZR 281/99 - NJW 2002, 1260; Urteil vom 08.12.1982 - IVa ZR 94/81 - NJW 1983, 672). Danach sind die Beitragsbescheide trotz der unrichtigen Eintragung im Adressfeld - wie oben bereits dargelegt - erkennbar an die Rechtsvorgängerin der Klägerin gerichtet.
35 
e) Eine abweichende Einschätzung rechtfertigt auch nicht die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach ein Verwaltungsakt unwirksam ist, wenn er sich gegen ein nicht oder nicht mehr existierendes Steuersubjekt richtet. Hiervon ist der Bundesfinanzhof u.a. für den Fall ausgegangen, dass der Adressat des Verwaltungsakts eine Gesellschaft ist, die bei Erlass des Verwaltungsakts durch Umwandlung erloschen war und daher in diesem Zeitpunkt nicht mehr existierte (vgl. dazu BFH, Urteil vom 25.01.2006 - I R 52/05 - BFH/NV 2006, 1243; Beschluss des Großen Senats vom 21.10.1985 - GrS 4/84 - BFHE 145, 110). Daran ist richtig, dass ein Abgabenbescheid dann nichtig ist, wenn sich bei der vorzunehmenden Auslegung nach objektivem Verständnishorizont die Inanspruchnahme einer durch Umwandlung erloschenen Gesellschaft und damit eines nicht mehr existierenden Abgabensubjekts ergibt. Eine solche Feststellung kann aber erst nach erfolgter Auslegung und damit nicht allein aufgrund des Wortlauts des Adressfeldes und damit einer etwaigen fehlerhaften Bezeichnung des Adressaten getroffen werden.
36 
Gegen die vorgenommene Auslegung spricht ferner nicht der Umstand, dass die streitgegenständlichen Beitragsbescheide mit ihrer „unrichtigen“ Eintragung im Adressfeld die Grundlage für eine mögliche Zwangsvollstreckung der Beiträge gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin bilden. In Fällen, in denen - wie hier - der richtige Adressat eindeutig identifizierbar, aber falsch bezeichnet ist, besteht die Befugnis seitens der Behörde, die falsche Bezeichnung zu berichtigen (vgl. etwa BFH, Urteil vom 14.10.1992 - II R 3/89 - BFH/NV 1993, 218; Urteil vom 26.06.1974 - II R 199/72 - BFHE 113, 90). Dies bedeutet keinen Widerspruch zu der Rechtsprechung, wonach die Bezeichnung der falschen Person als Abgabenschuldner im Abgabenbescheid im weiteren Verfahren nicht geheilt werden kann (vgl. etwa Bay. VGH, Urteil vom 15.12.1989 - 23 B 87.03459 - NVwZ-RR 1990, 393). Denn diese Rechtsprechung betrifft Fälle, in denen als Abgabeschuldnern die falsche Person richtig, nicht aber Fälle, in denen - wie hier - die richtige Person falsch bezeichnet worden ist.
37 
f) Die Auslegung des Senats findet schließlich eine weitere Bestätigung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung von Schuldtiteln und Pfändungsbeschlüssen (Urteil vom 21.12.1966 - VIII ZR 195/64 - NJW 1967, 821) und zur Umdeutung der Bezeichnung der Parteien in der Klageschrift (Urteile vom 24.11.1980 - VIII ZR 208/79 - NJW 1981, 1453 und vom 16.05.1983 - VIII ZR 34/82 - NJW 1983, 2448). Danach ist trotz unrichtiger oder ungenauer Parteibezeichnung grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung getroffen werden soll. Soweit der Bundesfinanzhof in diesem Zusammenhang annimmt, diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei nicht ohne weiteres auf einen Steuerbescheid übertragbar, in dem der Steuerschuldner unrichtig bezeichnet sei, verkennt er, dass der Rechtsprechung allgemein anerkannte Auslegungsregeln zugrunde liegen, die in allen Rechtsgebieten im Rechtsverkehr bei Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen (entsprechend § 133 BGB) gelten und die auch der Bundesfinanzhof bei der Auslegung von Verwaltungsakten für sich in Anspruch nimmt (Beschluss des Großen Senats vom 21.10.1985, aaO). Auch das Argument des Bundesfinanzhofs, dass an einen Steuerbescheid, was die Bezeichnung des Steuerschuldners anbelange, strengere Anforderungen zu stellen seien als an eine Klageschrift, weil der Bescheid einen unmittelbaren Eingriff der Staatsgewalt in die rechtliche und wirtschaftliche Stellung des Steuerschuldners darstelle, überzeugt nicht. Sowohl bei der Bezeichnung des Abgabenschuldners als auch bei der Bezeichnung der Parteien im Zivilprozess hat die Auslegung unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten und Beachtung rechtsstaatlicher Bestimmtheitsanforderungen nach allgemeinen Regeln zu erfolgen, zumal Eingriffe in rechtlich geschützte Positionen im Zivilrecht gleichermaßen wie im Steuer- bzw. Abgabenrecht in Betracht kommen. Auch ein zivilgerichtliches Urteil, das verbindlich eine Rechtsfolge zugunsten der einen Partei und damit zu Lasten der anderen setzt und damit etwa einen Bürger rechtskräftig zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme verurteilt, stellt für den Betroffenen einen staatlichen Eingriff dar.
38 
2. Die Abwasserbeitragsbescheide sind der Rechtsvorgängerin der Klägerin ferner wirksam bekannt gegeben worden. § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG verweist auch hierzu auf die entsprechenden Vorschriften der Abgabenordnung. Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der vom ihm betroffen wird. Für wen der Verwaltungsakt bestimmt ist, muss gegebenenfalls durch Auslegung ermittelt werden. Es gelten dabei die gleichen Grundsätze, die auch für die Frage der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Verwaltungsakt (§ 119 Abs. 1 AO) und für die Frage, wer die Abgabe schuldet (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO) heranzuziehen sind (Brockmeyer in Klein, Abgabenordnung, 9. Aufl., § 122 Rdnr. 4). Danach ist hier die Bekanntgabe an die „... Deutschland GmbH“ erfolgt.
39 
3. Einwendungen inhaltlicher Art gegen die Beitragsbescheide sind von der Klägerin nicht erhoben worden. Gegen die inhaltliche Rechtmäßigkeit der Bescheide bestehen auch aus der Sicht des Senats keine Bedenken.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für ein Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss
43 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.004.000,45 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. September 2013 - 1 K 437/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Wasserversorgungsbeitrag.
Der Kläger ist seit 1977 Eigentümer des unbebauten, 841 m² großen Grundstücks FIst.-Nr. 3762/3 der Gemarkung der Beklagten. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „......" vom 27.08.1981, der für das Grundstück ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. 1982/83 wurde im Zuge der Erschließung des Gebietes die Wasserversorgungsleitung in der vor dem Grundstück des Klägers verlaufenden öffentlichen Straße verlegt. Dabei wurde auch ein „Blindanschluss“ für das Grundstück des Klägers hergestellt.
Die Beklagte hatte die Entgeltzahlungen für die Versorgung mit Trinkwasser seit Mitte der 70er Jahre privatrechtlich geregelt. Am 09.11.2006 beschloss der Gemeinderat der Beklagten eine Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung - WVS -). Gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 WVS trat diese Satzung am 01.01.2007 in Kraft. Nach § 1 Abs. 1 WVS betreibt die Beklagte die Wasserversorgung seither als öffentliche Einrichtung. Nach § 25 WVS erhebt sie zur teilweisen Deckung ihres Aufwands für die Anschaffung, Herstellung und den Ausbau der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen einen Wasserversorgungsbeitrag.
Mit Bescheid vom 19.12.2011 - zugestellt am 20.12.2011 - setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger für das Grundstück Flst.-Nr. 3762/3 einen Wasserversorgungsbeitrag in Höhe von 2.222,68 EUR fest. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2013 zurück.
Am 15.03.2013 hat der Kläger Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25.09.2013 abgewiesen hat. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Für das veranlagte Grundstück sei die abstrakte Beitragsschuld entstanden. Bei dem Grundstück handele es sich um Bauland, weil es im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „......" liege. Für ein solches Grundstück entstehe die abstrakte Beitragsschuld, sobald es an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen werden könne (§ 32 Abs. 1 Satz 1 KAG; §§ 36 Abs. 1 Nr. 1, 26 Abs. 2 WVS). Die Anschlussmöglichkeit bestehe hier bereits seit 1982/83. Nach dem Vortrag der Beklagten sei zu diesem Zeitpunkt die Wasserversorgungshauptleitung in der öffentlichen Straße vor dem Grundstück des Klägers verlegt und außerdem eine Anschlussleitung in das unbebaute Grundstück gelegt worden, die allerdings verschlossen worden sei (sogenannter Blindanschluss).
Die Entstehung der abstrakten Beitragsschuld setze ferner das Vorliegen einer gültigen Satzung voraus (§ 32 Abs. 1 Satz 1 KAG). Auch diese Voraussetzung sei mit Inkrafttreten der Wasserversorgungssatzung der Beklagten am 01.01.2007 erfüllt. Die Beklagte habe mit Erlass dieser Satzung die Beitragspflicht auch mit Wirkung für das Grundstück des Klägers begründen können, obwohl die Anschlussmöglichkeit zu einem Zeitpunkt geschaffen worden sei, als die Beklagte über keine Wasserversorgungssatzung verfügt habe. Das Kommunalabgabengesetz enthalte keine Vorschriften, denen entnommen werden könne, dass anschließbare Baugrundstücke, die die Vorteilslage bereits vor Inkrafttreten der Satzung erhalten hätten, von der Beitragspflicht ausgenommen seien. § 32 Abs. 2 KAG betreffe lediglich Grundstücke, die schon vor dem 01.04.1964 - dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des KAG - an die Einrichtung hätten angeschlossen werden können, jedoch noch nicht angeschlossen worden seien. Diese Fallkonstellation liege hier jedoch nicht vor, da das Grundstück des Klägers erst 1982/83 die Anschlussmöglichkeit erhalten habe.
Die Beitragsschuld sei auch nicht durch Erfüllung erloschen. Unstreitig sei gegenüber dem Kläger vor Erlass des angefochtenen Bescheides für das streitige Grundstück kein Wasserversorgungsbeitragsbescheid ergangen. Der Kläger behaupte lediglich, die Beklagte habe ihm gegenüber bereits 1982/83 ein privatrechtliches Entgelt in Form eines Baukostenzuschusses verlangt, das er auch entrichtet habe. Für die behauptete Anforderung und Zahlung eines Baukostenzuschusses für das veranlagte Grundstück habe er jedoch keine Nachweise vorgelegt. Demgegenüber habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.09.2013 die Sachkontenblätter der Jahre 1982 bis 1984 zur Haushaltsstelle „Ertragszuschüsse Wasserversorgung" vorgelegt. Dort seien alle geforderten Baukostenzuschüsse einzeln aufgeführt. Die in den Sachkontenblättern aufgeführten drei Zahlungen des Klägers über 2.000,-- DM (11.06.1982), über 626,-- DM (18.08.1982) und über 451,14 DM (31.12.1982) bezögen sich auf drei Belege, die aber nicht das veranlagte Grundstück beträfen. In den Rechnungsbelegen würden 580,-- DM für weitere angefangene 100 m² Nettogeschossfläche ausgewiesen. Daraus ziehe die Beklagte zutreffend den Schluss, dass die Zahlungen nur die beiden bebauten Grundstücke des Klägers (FIst.-Nrn. 3792/2 und 3792) betreffen könnten. Dieser Darstellung sei der Kläger nicht mehr entgegengetreten. Unabhängig davon trage er nach allgemeinen Grundsätzen für den Einwand der Erfüllung die materielle Beweislast.
Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO betrage die Festsetzungsfrist vier Jahre. Sie beginne gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden sei. Da die abstrakte Beitragsschuld hier am 01.01.2007 entstanden sei, habe die Festsetzungsfrist am 01.01.2008 begonnen zu laufen und am 31.12.2011 geendet. Diese Frist sei mit Erlass des angefochtenen Wasserversorgungsbeitragsbescheides vom 19.12.2011 eingehalten worden, den der Kläger am 20.12.2011 erhalten habe.
Die Beklagte habe ihr Recht auf Erhebung eines Wasserversorgungsbeitrags auch nicht verwirkt. Auch dass zwischen der Verschaffung der Anschlussmöglichkeit im Jahre 1982/83 und der Heranziehung zu einem Wasserversorgungsbeitrag Ende 2011 ein Zeitraum von fast 30 Jahren verstrichen sei, berühre die Rechtmäßigkeit der Beitragsveranlagung nicht. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass sich die Beklagte Ende 2006 dazu entschlossen habe, die bis dahin praktizierte privatrechtliche Entgeltregelung aufzugeben und künftig zur Finanzierung ihrer öffentlichen Trinkwasserversorgung Kommunalabgaben zu erheben. Eine solche Umstellung sei von der Organisationsgewalt der Beklagten gedeckt. Es treffe nicht zu, dass im Zeitpunkt des Erlasses der Wasserversorgungssatzung vom 09.11.2006 privatrechtliche Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger bereits verjährt gewesen seien. Denn der Kläger sei zu keinem Zeitpunkt Anschlussnehmer gewesen. Da sein Grundstück bis heute unbebaut sei, habe es an einer Verbindung des Verteilungsnetzes mit einer Anlage des Klägers gefehlt.
10 
Ob die Beklagte berechtigt gewesen sei, neben der grundsätzlich maßgeblichen AVBWasserV eigene allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser aufzustellen, könne offen bleiben. Ein zivilrechtlicher Anspruch nach den AVB-Wasser der Beklagten vom 15.07.1974 sei ebenfalls nicht entstanden. Nr. 3.6 der AVB-Wasser sehe zwar vor, dass das städtische Wasserwerk der Beklagten berechtigt sei, vom Abnehmer die Bezahlung der in Anlage 2 festgelegten „Wasserversorgungsbeiträge" für die Versorgungsanlagen und -leitungen vor Inangriffnahme der Anschlussarbeiten zu verlangen. Alle Bestimmungen in Nr. 1 der Anlage 2 zur Ermittlung des „Wasserversorgungsbeitrags" ließen jedoch eindeutig erkennen, dass für unbebaute Grundstücke, deren Bebauung auch nicht unmittelbar bevorstehe, das Entgelt nicht berechnet werden könne. Alle Bestimmungen stellten nämlich auf den Umfang der Bebauung auf einem Grundstück ab.
11 
Entgegen der Auffassung des Klägers folge auch aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) nicht, dass die Beitragserhebung im vorliegenden Fall rechtswidrig sei. Allein die Tatsache, dass zwischen der Verschaffung der Vorteilslage und der Heranziehung zu einem Wasserversorgungsbeitrag hier nahezu 30 Jahre verstrichen seien, könne die Rechtswidrigkeit nicht begründen. Der Kläger habe 1982/83 durch die Anschlussmöglichkeit einen dauerhaften Vorteil erhalten. Diese Vorteilslage dauere bis heute an. Sie ermögliche es dem Kläger, sein Grundstück baulich zu nutzen. Dass er bis zum Erlass der Wasserversorgungssatzung keinen privatrechtlichen Baukostenzuschuss zu entrichten gehabt habe, liege allein daran, dass er von der Anschlussmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe. Es sei für ihn nach den Bestimmungen der AVBWasserV ohne weiteres erkennbar gewesen, dass er einen Baukostenzuschuss zu entrichten habe, sobald er auf seinem Grundstück eine Anlage errichte und diese mit dem öffentlichen Versorgungsnetz verbinde. Dies gelte umso mehr, als er für seine beiden bebauten Grundstücke im Jahr 1982 derartige Baukostenzuschüsse entrichtet habe.
12 
Der Kläger hat am 11.11.2013 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die er wie folgt begründet: Für sein Grundstück bestehe seit dem Jahr 1982 eine Anschlussmöglichkeit. Die Wasserversorgungssatzung vom 09.11.2006 sei ohne Rückwirkung am 01.01.2007 in Kraft getreten. Deshalb falle der Tatbestand der Anschlussmöglichkeit nicht in den zeitlichen Geltungsbereich dieser Satzung. Damit sei die sachliche Beitragsschuld auf der Grundlage dieser Satzung nicht entstanden. Es liege ein bereits abgeschlossener Sachverhalt vor, denn die Vorteilslage für sein Grundstück sei bereits 1982/1983 entstanden. Damals sei die Versorgung mit Trinkwasser privatrechtlich geregelt gewesen. Nach Nr. 3.6 AVB-Wasser der Beklagten sei diese berechtigt gewesen, vom Abnehmer die Bezahlung der in Anlage 2 festgelegten Wasserversorgungsbeiträge für die Versorgungsanlagen und -leitungen vor Inangriffnahme der Anschlussarbeiten zu verlangen. Daraus folge, dass die sachliche Beitragsschuld hier 1982/1983 entstanden sei. Die Beitragshöhe habe sich nach der maximalen Nutzungsmöglichkeit gerichtet. Seiner Erinnerung nach sei die Beitragsschuld auch beglichen worden. Entsprechende Belege seien nach nunmehr 30 Jahren bei ihm jedoch nicht mehr auffindbar. Die Beweislast liege bei der Beklagten. Aus dem Gesamtzusammenhang gehe hervor, dass zwischen ihm und der Beklagten ein zivilrechtliches Vertragsverhältnis bestanden habe. Da die Beklagte einen Anschluss tatsächlich hergestellt habe, sei davon auszugehen, dass auch ein entsprechender Antrag gestellt und ein Vertragsverhältnis - jedenfalls durch konkludente Handlungen - begründet worden sei. Andernfalls hätte die Beklagte das Grundstück zur Herstellung des Grundstücksanschlusses zu Unrecht betreten.
13 
Selbst wenn man davon ausgehe, dass 1982/1983 die entstandene Beitragsschuld weder festgesetzt noch gezahlt worden sei, sei diese Schuld inzwischen veranlagungsverjährt. Er verweise auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 -. Danach sei für die Auferlegung einer Beitragspflicht zum Vorteilsausgleich in Anknüpfung an zurückliegende Tatbestände die Regelung einer Verjährung als abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden könnten, verfassungsrechtlich geboten. Hier liege der Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung, nämlich der tatsächliche Anschluss, 30 Jahre zurück. Die Auffassung der Beklagten würde es ermöglichen, den Verjährungsbeginn ohne zeitliche Obergrenze unendlich hinauszuschieben. Damit würde der Interessenkonflikt einseitig zu Lasten der Abgabenschuldner gelöst. Die Verjährung könne nämlich unter Umständen erst Jahrzehnte nach dem Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen. Die sachliche Beitragspflicht sei hier im zeitlichen Geltungsbereich der AVB-Wasser im Jahr 1982 entstanden. Eine erneute Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nach Inkrafttreten der Wasserversorgungssatzung scheide bereits im Hinblick auf den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung aus.
14 
Der Kläger beantragt,
15 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25.09.2013 - 1 K 437/13 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 19.12.2011 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 27.02.2013 aufzuheben,
und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie führt zur Begründung aus: Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Gemäß § 32 Abs. 1 KAG entstehe die Beitragsschuld, sobald das Grundstück an die öffentliche Einrichtung angeschlossen werden könne, frühestens jedoch mit Inkrafttreten der Satzung. Beide Voraussetzungen müssten gleichzeitig vorliegen. Die Wasserversorgungssatzung der Beklagten sei am 01.01.2007 in Kraft getreten. Vor Inkrafttreten der Satzung sei das Nutzungsverhältnis privatrechtlich ausgestaltet gewesen. Gemäß § 9 AVB-WasserV sei das Wasserversorgungsunternehmen berechtigt, von den Anschlussnehmern einen angemessenen Baukostenzuschuss zu verlangen. Ziffer 3.6 AVB-Wasser i.V. mit Ziffer 1 der Anlage 2 konkretisiere die Höhe des Baukostenzuschusses. Daraus ergebe sich, dass Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Beitragsschuld damals stets gewesen sei, dass das maßgebliche Grundstück tatsächlich an die Versorgungsleitungen angeschlossen gewesen sei. Dies sei beim Grundstück des Klägers nicht der Fall gewesen. Es gebe keine Unterlagen über einen Anschluss des Grundstücks oder einen bezahlten Baukostenzuschuss. Von einem tatsächlichen Anschluss könne erst ausgegangen werden, wenn das Grundstück über eine Hausanschlussleitung dauerhaft und betriebsfertig verbunden sei. Das sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, da der Anschluss verschlossen worden sei. Das Grundstück des Klägers besitze lediglich einen solchen „Blindanschluss“. Der Hinweis des Klägers auf die Regelung unter Ziffer 3.6 AVB-Wasser bleibe ohne Erfolg. Die Möglichkeit einer Heranziehung vor Inangriffnahme der Anschlussarbeiten habe damals nur bestehen können, wenn die Anschlussarbeiten zeitnah erfolgten, also konkret geplant seien. Bis zum Inkrafttreten der Versorgungssatzung habe es an den rechtlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Beteiligung des Klägers an den Kosten für die Errichtung der sein Grundstück unstreitig erschließenden Wasserversorgungsleitungen gefehlt. Der Kläger habe nicht darauf vertrauen dürfen, zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr zu einer teilweisen Kostentragung herangezogen zu werden.
19 
Auf Anfrage des Berichterstatters hat die Beklagte unter dem 17./18.02.2014 mitgeteilt: Auch nach nochmaliger Überprüfung sei weder ein Antrag noch eine entsprechende Annahmeerklärung auffindbar. Anträge auf Wasserversorgung aus dem Zeitraum 1982/83 seien größtenteils nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist entsorgt worden. Die Erschließung eines Baugebiets mit der Hauptleitung und den Grundstücksanschlüssen im öffentlichen Straßenraum („Blindanschlüsse“) erfolge im Vorfeld unabhängig von Anträgen auf Wasserversorgung. Um ein späteres Wiederaufreißen der Straßen- und Gehwegdecke zu vermeiden, würden die Grundstücksanschlüsse häufig - wie auch im vorliegenden Fall - in das Privatgrundstück hinein verlängert. Bei einer geplanten Bebauung stelle der Eigentümer einen Antrag auf Anschluss an die Wasserversorgung. Wenn ein Vertragsverhältnis bestehe, installiere die Beklagte einen Wasserzähler und eine technische Entnahmevorrichtung. Nach den von dem Kläger vorgelegten Fotografien habe sich hier auf dem Anschluss noch die Endkappe (ohne Entnahmemöglichkeit) befunden. Vergleichbare (Blind-) Anschlüsse seien in vergleichbaren Fällen routinemäßig hergestellt worden.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
22 
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen, da der angefochtene Wasserversorgungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 19.12.2011 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 27.02.2013 rechtmäßig sind und ihn nicht in seinen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
1. Der angefochtene Beitragsbescheid findet seine gesetzliche Grundlage in den Vorschriften des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes, insbesondere in den §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 1, 32 KAG. Bedenken gegen die Vereinbarkeit dieser hier einschlägigen Vorschriften gegen höherrangiges Recht bestehen nicht. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) entschieden, dass die Bestimmung in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes über den Beginn der Festsetzungsfrist bei der Heilung ungültiger Satzungen mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit unvereinbar sei. Eine wohl vergleichbare Regelung findet sich auch im baden-württembergischen Kommunalabgabengesetz in § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG. Diese Regelung ist jedoch für die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung, sodass dahinstehen kann, ob auch diese baden-württembergische Vorschrift verfassungswidrig ist.
24 
Ihre satzungsrechtliche Grundlage findet die Beitragserhebung in der Wasserversorgungssatzung (WVS) der Beklagten vom 09.11.2006, die am 01.01.2007 in Kraft getreten ist (§ 55 Abs. 2 WVS). Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit dieser Satzung hat der Kläger nicht erhoben und sind auch sonst nicht ersichtlich.
25 
2. Für das mit dem angefochtenen Bescheid veranlagte Grundstück des Klägers ist die abstrakte Beitragsschuld am 01.01.2007 entstanden.
26 
a) Das streitgegenständliche Grundstück ist bebaubar, weil es im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „......" vom 27.08.1981 liegt. Für ein solches Grundstück entsteht die abstrakte Beitragsschuld, sobald es an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen werden kann (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 1 KAG; § 36 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 26 Abs. 2 WVS). Die tatsächliche Anschlussmöglichkeit besteht hier schon seit den Jahren 1982/83. Nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten wurde zu diesem Zeitpunkt im Zuge der Erschließung des Gewerbegebietes ... die Wasserversorgungshauptleitung in der öffentlichen Straße vor dem Grundstück des Klägers verlegt und außerdem eine Anschlussleitung bis in das unbebaute Grundstück gelegt, die mit einer Endkappe verschlossen worden ist („Blindanschluss“). Diese in tatsächlicher Hinsicht vorhandene Anschlussmöglichkeit besteht nach wie vor.
27 
b) In rechtlicher Hinsicht ist die abstrakte Beitragsschuld aber erst am 01.01.2007 entstanden, weil erst an diesem Tag die hierfür erforderliche satzungsrechtliche Grundlage - die Wasserversorgungssatzung (WVS) der Beklagten vom 09.11.2006 - in Kraft getreten ist. Bis zum 31.12.2006 konnte von vornherein keine öffentlich-rechtliche Beitragsschuld entstehen, weil die Beklagte seit Mitte der 70er Jahre das Entgelt für die Benutzung ihrer Wasserversorgungseinrichtungen auf privatrechtlicher Basis erhoben hatte. Ohne (wirksame) Satzung kann aber keine Beitragspflicht entstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.1992 - 2 S 1328/90 - juris).
28 
c) Für das Entstehen der abstrakten Beitragsschuld am 01.01.2007 ist es unschädlich, dass die tatsächliche Anschlussmöglichkeit bereits seit den Jahren 1982/83 und damit lange vor dem Inkrafttreten der Wasserversorgungssatzung der Beklagten am 01.01.2007 bestanden hat.
29 
Es ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht erforderlich, dass die tatsächliche Vorteilslage (erst) unter der zeitlichen Geltung einer Wasserversorgungssatzung geschaffen wird. Solange zwar in tatsächlicher Hinsicht eine Anschlussmöglichkeit - und damit eine potentielle Vorteilslage - besteht, aber (noch) keine satzungsrechtliche Grundlage für eine Beitragserhebung existiert, kann keine Beitragsschuld entstehen. In einem solchen Fall entsteht die Beitragschuld erst mit der Schaffung der für eine Beitragserhebung erforderlichen satzungsrechtlichen Grundlage (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.03.1996 - 2 S 1566/93 - VBIBW 1996, 307). Dies gilt entgegen der Ansicht des Klägers nicht nur dann, wenn frühere Satzungen nichtig waren, sondern auch dann, wenn wie hier früher überhaupt keine öffentlich-rechtliche Abgabensatzung existiert hat. Denn das Entstehen der abstrakten Beitragsschuld setzt neben dem Vorhandensein einer nutzbaren öffentlichen Einrichtung und einem bebaubaren Grundstück, das tatsächlich und rechtlich an diese Einrichtung angeschlossen werden kann, das Vorhandensein einer wirksamen Beitragssatzung voraus (Gössl in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz BW, § 32 Anm. 1.1). Erst wenn diese drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, entsteht die abstrakte Beitragsschuld.
30 
Die erforderliche satzungsrechtliche Grundlage hat die Beklagte hier erst mit Erlass ihrer zum 01.01.2007 in Kraft getretenen Wasserversorgungssatzung geschaffen. Dies hat zur Folge, dass (erst) mit Inkrafttreten dieser Satzung die abstrakte Beitragsschuld - mit Wirkung ex nunc - entstanden ist. Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, enthält das Kommunalabgabengesetz keine Regelung, wonach Grundstücke beitragsfrei sind, für die bereits vor Inkrafttreten einer satzungsrechtlichen Grundlage in tatsächlicher Hinsicht eine Vorteilslage entstanden ist. Ein Fall des § 32 Abs. 2 KAG liegt hier - so zu Recht das Verwaltungsgericht - nicht vor, weil das Grundstück des Klägers nicht schon vor dem 01.04.1964 - dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des KAG - an die Einrichtung hätte angeschlossen werden können.
31 
3. Der angefochtenen Festsetzung eines Wasserversorgungsbeitrags steht der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung nicht entgegen.
32 
a) Eine unmittelbare Anwendung des Grundsatzes der Einmaligkeit der Beitragserhebung scheidet hier von vornherein aus. Seit Entstehen der tatsächlichen Vorteilslage für das streitbefangene Grundstück in den Jahren 1982/83 bis zum 31.12.2006 sind für die Leistungen der Wasserversorgung der Beklagten keine öffentlich-rechtlichen Abgaben, sondern zivilrechtliche Entgelte erhoben worden. In diesem Zeitraum können demzufolge unabhängig von ihrer Bezeichnung höchstens Zahlungen auf privatrechtlicher Basis erhoben und geleistet worden sein. Dass bis zum 31.12.2006 dennoch ein öffentlich-rechtlicher Wasserversorgungsbeitrag festgesetzt und entrichtet worden sein könnte, ist daher fernliegend; dies behauptet auch der Kläger nicht.
33 
b) Unabhängig davon lässt sich aber auch nicht feststellen, dass der Kläger bis zum 31.12.2006 einen zivilrechtlichen Baukostenvorschuss oder eine sonstige Zahlung für den Anschluss des streitbefangenen Grundstücks an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten geleistet hätte. Der Kläger trägt zwar vor, seiner Erinnerung nach habe die Beklagte ihm gegenüber bereits 1982/83 ein privatrechtliches Entgelt in Form eines Baukostenzuschusses geltend gemacht, das er auch entrichtet habe. Der Senat ist jedoch der Überzeugung, dass dies in Bezug auf das streitbefangene Grundstück nicht zutrifft. Im Einzelnen:
34 
aa) Das Vorbringen des Klägers ist bereits äußerst unsubstantiiert. Nähere Einzelheiten wie auch die genauen Umstände der angeblichen Zahlung werden nicht geschildert. Für die behauptete Anforderung und Zahlung eines Baukostenzuschusses hat der Kläger zudem auch keine (z.B. schriftlichen) Nachweise vorgelegt.
35 
bb) Zudem sprechen gewichtige Indizien gegen die Behauptung des Klägers. Die Beklagte hat im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 12.09.2013 die „Sachkontenblätter“ der Jahre 1982 bis 1984 zur Haushaltsstelle „Ertragszuschüsse Wasserversorgung" vorgelegt. In diesen Sachkontenblättern sind alle im jeweiligen Haushaltsjahr geforderten Baukostenzuschüsse enthalten. In diesen Sachkontenblättern sind aber lediglich zwei Zahlungen des Klägers über 2.200,-- DM (11.06.1982) und 626,-- DM (18.08.1982) sowie eine Rückerstattung über 451,14 DM (31.12.1982) aufgeführt. Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang übersehen hat, dass sich der dritte Beleg auf eine Rückzahlung der Beklagten an den Kläger bezieht, und demzufolge zu Unrecht von drei Zahlungen ausgegangen ist, und zudem den ersten Betrag versehentlich mit 2.000,-- DM (statt richtig 2.200.-- DM) benannt hat, ist dies im Ergebnis ohne Relevanz. Denn diese Belege beziehen sich jeweils erkennbar auf ein anderes bebautes Grundstück des Klägers im selben Baugebiet. Insoweit hat die Beklagte plausibel ausgeführt, dass sie kein unbebautes Grundstück betreffen könnten, denn in den Rechnungsbelegen („Vorläufige Berechnung“ Beleg Nr. 12/Hptp.B. 105) würden 580,-- DM für weitere angefangene 100 m² Nettogeschossfläche ausgewiesen. Daraus hat das Verwaltungsgericht gefolgert, dass die in den Sachkontenblättern dargestellten Zahlungen nur ein bebautes Grundstück des Klägers und nicht das unbebaute streitbefangene Grundstück betreffen können. Dies ist insbesondere auch vor dem Hintergrund überzeugend, dass die Bestimmungen in Nr. 1 der Anlage 2 der AVB-Wasser der Beklagten vom 15.07.1974 zur Ermittlung der Höhe des zu leistenden Entgelts auf den Umfang der Bebauung auf einem Grundstück abstellen. Jedenfalls für unbebaute Grundstücke, bei denen das Maß einer zukünftigen Bebauung noch nicht - z.B. im Hinblick auf eine bereits erteilte Baugenehmigung - absehbar war, hätte das Entgelt nach diesen Bestimmungen nicht berechnet werden können.
36 
Diesbezüglich hat auch der Kläger im Berufungsverfahren keine durchgreifenden Einwendungen erhoben; er stellt insbesondere nicht in Frage, dass die von der Beklagten vorgelegten Belege ein anderes Grundstück betroffen haben. Er meint jedoch, aus der Zahlung für andere Grundstücke müsse geschlossen werden, dass auch für das streitbefangene Grundstück gezahlt worden sei. Dies überzeugt jedoch nicht. Zum einen ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die eine Zahlung detailliert vermerkt worden sein sollte, während die andere (angebliche) Zahlung, die im selben Zeitraum erfolgt sein müsste, aus unerfindlichen Gründen „unterschlagen“ worden wäre. Die vorgelegten detaillierten „Sachkontenblätter“ aus den 80er Jahren erwecken zudem den Eindruck der Vollständigkeit. Es ist kein plausibler Grund dafür vorhanden, weshalb ausgerechnet die hier umstrittene Zahlung dort nicht aufgeführt sein sollte, wenn sie tatsächlich geleistet worden wäre. Zum anderen kann ein sachlicher Grund für die Zahlung im Falle des bebauten Grundstücks ohne Weiteres darin gesehen werden, dass dieses Grundstück an die Wasserversorgung angeschlossen wurde, während dies bei dem streitbefangenen Grundstück, das immer noch unbebaut ist, nicht der Fall war.
37 
cc) Aber auch rechtliche Überlegungen sprechen dagegen, dass der Kläger bis zum 31.12.2006 einen Baukostenzuschuss oder ein vergleichbares Entgelt für den Anschluss des streitbefangene Grundstücks an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten geleistet haben könnte. Unter dem bis Ende 2006 geltenden privatrechtlichen Regime konnte die Beklagte keine einseitigen Zahlungspflichten per Hoheitsakt begründen. Zahlungsverpflichtungen der Anschlussnehmer haben vielmehr grundsätzlich den Abschluss eines zweiseitigen zivilrechtlichen Vertrags vorausgesetzt. Das Entstehen eines zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses setzt aber entsprechende übereinstimmende Willenserklärungen beider Vertragpartner voraus. Demgemäß müsste der Kläger einen Antrag (Anmeldung) auf Wasserversorgung gestellt (vgl. Nr. 3.1 der AVB-Wasser der Beklagten vom 15.07.1974) und die Beklagte diesen Antrag angenommen haben (Nr. 3.2). Davon hat auch Nr. 3.6 der AVB-Wasser nicht suspendiert. Zwar waren die Stadtwerke der Beklagten hiernach berechtigt, auch schon vor Inangriffnahme der Anschlussarbeiten die in Anlage 2 festgelegten „Wasserversorgungsbeiträge“ zu verlangen. Voraussetzung eines solchen zivilrechtlichen Anspruchs war aber ungeachtet der Bezeichnung als „Beitrag“ ein bestehendes privatrechtliches Vertragsverhältnis.
38 
Dass der hierfür erforderliche Antrag vom Kläger gestellt und von der Beklagten angenommen worden sein könnte, ist nicht ersichtlich. Entsprechende Unterlagen sind - wie die Beklagte auf Anfrage des Berichterstatters unter dem 17./18.02.2014 ausdrücklich mitgeteilt hat - nicht (mehr) vorhanden. Auch der Kläger konnte keine entsprechenden Belege vorlegen. Gegen das Bestehen eines Vertragsverhältnisses spricht zudem, dass die Beklagte keinen Wasserzähler und keine technische Entnahmevorrichtung angebracht, sondern den Anschluss als „Blindanschluss“ mit einer Endkappe ohne Entnahmemöglichkeit ausgeführt hat.
39 
Daraus, dass die Beklagte 1982/83 - wohl im Einvernehmen mit dem Kläger - einen solchen „Blindanschluss“ gelegt hat, lässt sich auch nicht folgern, dass der Kläger zumindest konkludent einen Antrag auf Wasserversorgung gestellt und die Beklagte diesen Antrag angenommen hat. Denn auf Anfrage des Berichterstatters hat die Beklagte mitgeteilt, die Herstellung solcher „Blindanschlüsse“ sei routinemäßig bereits im Vorfeld bei der Erschließung eines Baugebiets unabhängig von Anträgen auf Wasserversorgung erfolgt; (erst) wenn ein Vertragsverhältnis bestanden habe, habe die Beklagte einen Wasserzähler und eine technische Entnahmevorrichtung installiert. Dies hält der Senat für überzeugend. Es ist plausibel, dass bei der tatsächlichen Erschließung eines neuen Baugebiets regelmäßig solche „Blindanschlüsse“ hergestellt werden, um ein späteres Wiederaufreißen der Straßen- und Gehwegdecke zu vermeiden, zumal bei einem Baugrundstück nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig davon auszugehen ist, dass früher oder später eine Bebauung stattfinden wird. Vor diesem Hintergrund lässt sich aus der einvernehmlichen Herstellung eines „Blindanschlusses“ entgegen der Auffassung des Klägers nicht schließen, dass - zumindest durch schlüssiges Verhalten - ein vertraglicher Anschluss an die Wasserversorgung erfolgt ist.
40 
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang anführt, durch die 1982/83 erfolgte Herstellung des „Blindanschlusses“ sei eine beitragsrechtliche Vorteilslage geschaffen worden, liegt dies neben der Sache. Da damals privatrechtliche Entgelte verlangt worden sind und eine öffentlich-rechtliche Beitragserhebung überhaupt nicht möglich war, kommt es auf das bloße Vorhandensein einer Vorteilslage nicht an. Auch das von dem Kläger betonte Interesse der Beklagten an einer möglichst baldigen Refinanzierung ihrer Aufwendungen, berechtigt diese für sich allein genommen offenkundig nicht dazu, ein zivilrechtliches Entgelt zu erheben.
41 
dd) Alles in allem bewertet der Senat dies im Rahmen einer Gesamtwürdigung dahingehend, dass in Bezug auf das streitbefangene Grundstück kein Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger zustande gekommen und auch keine privatrechtliche Zahlung eines Entgelts (etwa in Form eines Baukostenzschusses) durch den Kläger erfolgt ist. Seine entgegengesetzte Behauptung, seiner Erinnerung nach habe er einen Baukostenzuschuss entrichtet, lässt sich in nachvollziehbarer Weise ohne Weiteres damit erklären, dass er zwar Zahlungen an die Beklagte geleistet hat, diese aber jeweils ein anderes Grundstück im selben Baugebiet betroffen haben.
42 
Selbst wenn man zu der Folgerung käme, es lasse sich nicht mehr feststellen, ob eine Zahlung erfolgt ist („non liquet“), ginge dies zu Lasten des Klägers, da er nach allgemeinen Grundsätzen die materielle Beweislast für die Behauptung trägt, er habe bereits einen Baukostenzuschuss für das fragliche Grundstück entrichtet.
43 
4. Festsetzungsverjährung ist nicht eingetreten. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Sie beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Da die abstrakte Beitragsschuld hier erst am 01.01.2007 entstanden ist, hat die Festsetzungsfrist am 31.12.2011 geendet. Diese Frist ist mit Erlass des angefochtenen Bescheides vom 19.12.2011 eingehalten worden, der dem Kläger am 20.12.2011 zugestellt worden ist.
44 
5. Die Beklagte hat das Recht auf Erhebung eines Wasserversorgungsbeitrags ferner nicht verwirkt. Ein materielles Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist, obwohl ihm ein Geltendmachen seines Rechts ohne weiteres zumutbar gewesen wäre, der Verpflichtete infolge dieses Verhaltens darauf vertrauen durfte, dass der Berechtigte das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde, der Verpflichtete hierauf tatsächlich vertraut und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen auf die tatsächlich entstandene Lage eingerichtet und deshalb Maßnahmen ergriffen hat, die er nicht ergriffen hätte oder die er nicht oder nur mit erheblichen Kosten rückgängig machen kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 04.12.2001 - 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274, vom 29.08.1996 - 2 C 23/95 - BVerwGE 102, 33 und vom 20.01.1977 - V C 18.76 - BVerwGE 52, 16; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.07.2009 - 13 S 919/09 - InfAuslR 2009, 403).
45 
Hier fehlt es jedenfalls an der letzten Voraussetzung für die Annahme einer Verwirkung. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger im Vertrauen darauf, nicht mehr zu einem Beitrag herangezogen zu werden, eine (Vermögens-) Disposition getroffen hat, die nicht oder nur unter erheblichen Kosten wieder rückgängig gemacht werden kann.
46 
6. Dass zwischen der Verschaffung der Anschlussmöglichkeit im Jahre 1982/83 und der Heranziehung zu einem Wasserversorgungsbeitrag Ende 2011 ein Zeitraum von fast 30 Jahren verstrichen ist, berührt die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung nicht. Zwar lässt sich dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) möglicherweise der allgemeine Rechtsgedanke entnehmen, dass es regelmäßig eine absolute zeitliche Obergrenze für eine Beitragserhebung geben muss. Jedenfalls unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls - die in erster Linie darin begründet liegen, dass die Beklagte die Entgelte für die Leistungen der Wasserversorgung seit Anfang 2007 nicht mehr einem privatrechtlichen, sondern einem öffentlich-rechtlichen Regime unterstellt hat - ist indes eine verfassungsrechtlich möglicherweise gebotene absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung im vorliegenden Fall nicht überschritten.
47 
a) In seinem Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes getroffene Bestimmung über den Beginn der Festsetzungsfrist bei der Heilung ungültiger Satzungen nichtig ist. Diese Vorschrift ist - wie auch ihr baden-württembergisches „Pendant“ - im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung. Darüber hinaus hat sich das Bundesverfassungsgericht aber auch grundsätzlich zu der Problematik der Erhebung von öffentlich-rechtlichen Abgaben in den Fällen geäußert, in denen der tatsächliche Anknüpfungspunkt für deren Entstehen bereits lange zurück liegt. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten hiernach im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug. Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können. Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten. Aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit ist demzufolge abzuleiten, dass Einzelne gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet es daher auch bei der Erhebung von Beiträgen, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.
48 
b) Welche Folgerungen hieraus allgemein für die Erhebung von Beiträgen zu ziehen sind (vgl. hierzu: BayVGH, Urteil vom 14.11.2013 - 6 B 12.704 -; OVG BBbg. Urteil vom 14.11.2013 - 9 B 34.12 -; SächsOVG, Beschluss vom 25.04.2013 - 5 A 478/10 - jeweils juris), kann offenbleiben. Denn der vorliegende Einzelfall weist Besonderheiten auf, die dazu führen, dass die Beitragserhebung hier in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht problematisch ist, obwohl zwischen der Schaffung der tatsächlichen Anschlussmöglichkeit in den Jahren 1982/83 und der Erhebung des Beitrags im Jahr 2011 fast dreißig Jahre verstrichen sind.
49 
Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass in dem Zeitraum zwischen der tatsächlichen Schaffung der Anschlussmöglichkeit in den Jahren 1982/83 und dem Inkrafttreten der Wasserversorgungssatzung der Beklagten am 01.01.2007 die Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsbeitrags durch die Beklagte in rechtlicher Hinsicht schon im Ansatz nicht möglich war, weil die Entgeltzahlung in dieser Zeit noch privatrechtlich ausgestaltet war (vgl. § 13 Abs. 2 KAG). Daher lassen sich in Bezug auf diesen Zeitraum, in dem die Entgelte für die Wasserversorgung noch auf privatrechtlicher Basis erhoben worden sind, die tragenden Erwägungen in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 (aaO) nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich maßgeblich darauf gestützt, dass das Rechtsstaatsprinzip den Bürger in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor schützt, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit sei demzufolge abzuleiten, dass Einzelne gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen habe.
50 
Hier fehlt es aber schon an der Erwartung des Grundstückseigentümers, nicht mehr zu einer Kostenbeteiligung für die Herstellung der Wasserversorgungseinrichtung herangezogen zu werden. Unter der Geltung des Privatrechts musste jedem Grundstückseigentümer vielmehr bewusst sein, dass er ein wie auch immer bezeichnetes entsprechendes Entgelt leisten muss, sobald er sein Grundstück bebauen und an die Wasserversorgung anschließen möchte. Anders als im öffentlich-rechtlichen Beitragsrecht hatte die Gemeinde zudem keine Befugnis, bereits bei Bestehen einer tatsächlichen Vorteilslage ein solches Entgelt zu fordern, sodass sich auch nicht sagen lässt, dass die Gemeinde eine ihr zustehende Befugnis nicht wahrgenommen hätte. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall grundlegend von den Fällen, in denen schon immer eine öffentlich-rechtliche Regelung der Beitragserhebung beabsichtigt war und eine frühzeitige Beitragserhebung ausschließlich am Fehlen einer rechtsgültigen Satzung der Gemeinde gescheitert ist.
51 
Der lange Zeitraum zwischen der Schaffung der Anschlussmöglichkeit und der Beitragserhebung beruht hier also letztlich in erster Linie darauf, dass das bis Ende 2006 geltende privatrechtliche Regime als Grundlage eines Anspruchs grundsätzlich eine vertragliche Vereinbarung verlangt hat, während das seit Anfang 2007 anwendbare öffentlich-rechtliche Beitragsrecht eine Beitragserhebung bereits bei Bestehen einer Vorteilslage zulässt. Nach der Überzeugung des Senats ginge es fehl, in einem solchen Fall bei einem Wechsel von einem privatrechtlichen zu einem öffentlich-rechtlichen System die in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 (aaO) befürwortete absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung auch auf solche Zeiträume zu erstrecken, in denen die Erhebung von Entgelten privatrechtlich geregelt war. Eine absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung kann sich nur auf die Zeiträume beziehen, in denen es überhaupt dem Grunde nach eine öffentlich-rechtliche Beitragspflicht gegeben hat, und nicht auf solche Zeiträume, in denen eine Beitragserhebung rechtlich gar nicht möglich gewesen wäre, weil die Entgeltzahlung privatrechtlich geregelt war. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auch die Erhebung eines privatrechtlichen Entgelts in der Vergangenheit mangels des Zustandekommens eines Vertragsverhältnisses nicht möglich gewesen wäre
52 
Hierfür spricht im Übrigen auch die folgende Erwägung: Es obliegt der Organisationshoheit der Gemeinde, ob sie eine privatrechtliche Entgeltregelung trifft oder zur Finanzierung der Trinkwasserversorgung Kommunalabgaben erhebt. Auch die Umstellung vom privatrechtlichen zum öffentlich-rechtlichen Regime ist wie der umgekehrte Fall von der Organisationsgewalt der Gemeinde gedeckt (vgl. Gössl in Gössl/Reif, aaO, § 13 Anm. 4.1). Würde die Umstellung von einer privatrechtlichen Entgeltregelung zu einer Finanzierung über öffentlich-rechtliche Abgaben dazu führen, dass für viele unbebaute, aber bebaubare Grundstücke keine Beiträge mehr erhoben werden dürfen, obwohl eine Vorteilslage besteht und nach der privatrechtlichen Regelung jederzeit damit gerechnet werden musste, dass im Falle einer Bebauung Baukostenzuschüsse (oder anders bezeichnete Entgelte) entrichtet werden müssen, würde dies die Organisationshoheit der Gemeinden unverhältnismäßig einschränken. Eine Rückkehr ins Öffentliche Recht wäre dann mit erheblichen finanziellen Risiken für die Gemeinden verbunden, ohne dass dies durch die überwiegenden Interessen der Betroffenen geboten wäre.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
54 
Beschluss vom 31. März 2014
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.222,68 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
22 
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen, da der angefochtene Wasserversorgungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 19.12.2011 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 27.02.2013 rechtmäßig sind und ihn nicht in seinen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
1. Der angefochtene Beitragsbescheid findet seine gesetzliche Grundlage in den Vorschriften des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes, insbesondere in den §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 1, 32 KAG. Bedenken gegen die Vereinbarkeit dieser hier einschlägigen Vorschriften gegen höherrangiges Recht bestehen nicht. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) entschieden, dass die Bestimmung in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes über den Beginn der Festsetzungsfrist bei der Heilung ungültiger Satzungen mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit unvereinbar sei. Eine wohl vergleichbare Regelung findet sich auch im baden-württembergischen Kommunalabgabengesetz in § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG. Diese Regelung ist jedoch für die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung, sodass dahinstehen kann, ob auch diese baden-württembergische Vorschrift verfassungswidrig ist.
24 
Ihre satzungsrechtliche Grundlage findet die Beitragserhebung in der Wasserversorgungssatzung (WVS) der Beklagten vom 09.11.2006, die am 01.01.2007 in Kraft getreten ist (§ 55 Abs. 2 WVS). Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit dieser Satzung hat der Kläger nicht erhoben und sind auch sonst nicht ersichtlich.
25 
2. Für das mit dem angefochtenen Bescheid veranlagte Grundstück des Klägers ist die abstrakte Beitragsschuld am 01.01.2007 entstanden.
26 
a) Das streitgegenständliche Grundstück ist bebaubar, weil es im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „......" vom 27.08.1981 liegt. Für ein solches Grundstück entsteht die abstrakte Beitragsschuld, sobald es an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen werden kann (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 1 KAG; § 36 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 26 Abs. 2 WVS). Die tatsächliche Anschlussmöglichkeit besteht hier schon seit den Jahren 1982/83. Nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten wurde zu diesem Zeitpunkt im Zuge der Erschließung des Gewerbegebietes ... die Wasserversorgungshauptleitung in der öffentlichen Straße vor dem Grundstück des Klägers verlegt und außerdem eine Anschlussleitung bis in das unbebaute Grundstück gelegt, die mit einer Endkappe verschlossen worden ist („Blindanschluss“). Diese in tatsächlicher Hinsicht vorhandene Anschlussmöglichkeit besteht nach wie vor.
27 
b) In rechtlicher Hinsicht ist die abstrakte Beitragsschuld aber erst am 01.01.2007 entstanden, weil erst an diesem Tag die hierfür erforderliche satzungsrechtliche Grundlage - die Wasserversorgungssatzung (WVS) der Beklagten vom 09.11.2006 - in Kraft getreten ist. Bis zum 31.12.2006 konnte von vornherein keine öffentlich-rechtliche Beitragsschuld entstehen, weil die Beklagte seit Mitte der 70er Jahre das Entgelt für die Benutzung ihrer Wasserversorgungseinrichtungen auf privatrechtlicher Basis erhoben hatte. Ohne (wirksame) Satzung kann aber keine Beitragspflicht entstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.1992 - 2 S 1328/90 - juris).
28 
c) Für das Entstehen der abstrakten Beitragsschuld am 01.01.2007 ist es unschädlich, dass die tatsächliche Anschlussmöglichkeit bereits seit den Jahren 1982/83 und damit lange vor dem Inkrafttreten der Wasserversorgungssatzung der Beklagten am 01.01.2007 bestanden hat.
29 
Es ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht erforderlich, dass die tatsächliche Vorteilslage (erst) unter der zeitlichen Geltung einer Wasserversorgungssatzung geschaffen wird. Solange zwar in tatsächlicher Hinsicht eine Anschlussmöglichkeit - und damit eine potentielle Vorteilslage - besteht, aber (noch) keine satzungsrechtliche Grundlage für eine Beitragserhebung existiert, kann keine Beitragsschuld entstehen. In einem solchen Fall entsteht die Beitragschuld erst mit der Schaffung der für eine Beitragserhebung erforderlichen satzungsrechtlichen Grundlage (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.03.1996 - 2 S 1566/93 - VBIBW 1996, 307). Dies gilt entgegen der Ansicht des Klägers nicht nur dann, wenn frühere Satzungen nichtig waren, sondern auch dann, wenn wie hier früher überhaupt keine öffentlich-rechtliche Abgabensatzung existiert hat. Denn das Entstehen der abstrakten Beitragsschuld setzt neben dem Vorhandensein einer nutzbaren öffentlichen Einrichtung und einem bebaubaren Grundstück, das tatsächlich und rechtlich an diese Einrichtung angeschlossen werden kann, das Vorhandensein einer wirksamen Beitragssatzung voraus (Gössl in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz BW, § 32 Anm. 1.1). Erst wenn diese drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, entsteht die abstrakte Beitragsschuld.
30 
Die erforderliche satzungsrechtliche Grundlage hat die Beklagte hier erst mit Erlass ihrer zum 01.01.2007 in Kraft getretenen Wasserversorgungssatzung geschaffen. Dies hat zur Folge, dass (erst) mit Inkrafttreten dieser Satzung die abstrakte Beitragsschuld - mit Wirkung ex nunc - entstanden ist. Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, enthält das Kommunalabgabengesetz keine Regelung, wonach Grundstücke beitragsfrei sind, für die bereits vor Inkrafttreten einer satzungsrechtlichen Grundlage in tatsächlicher Hinsicht eine Vorteilslage entstanden ist. Ein Fall des § 32 Abs. 2 KAG liegt hier - so zu Recht das Verwaltungsgericht - nicht vor, weil das Grundstück des Klägers nicht schon vor dem 01.04.1964 - dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des KAG - an die Einrichtung hätte angeschlossen werden können.
31 
3. Der angefochtenen Festsetzung eines Wasserversorgungsbeitrags steht der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung nicht entgegen.
32 
a) Eine unmittelbare Anwendung des Grundsatzes der Einmaligkeit der Beitragserhebung scheidet hier von vornherein aus. Seit Entstehen der tatsächlichen Vorteilslage für das streitbefangene Grundstück in den Jahren 1982/83 bis zum 31.12.2006 sind für die Leistungen der Wasserversorgung der Beklagten keine öffentlich-rechtlichen Abgaben, sondern zivilrechtliche Entgelte erhoben worden. In diesem Zeitraum können demzufolge unabhängig von ihrer Bezeichnung höchstens Zahlungen auf privatrechtlicher Basis erhoben und geleistet worden sein. Dass bis zum 31.12.2006 dennoch ein öffentlich-rechtlicher Wasserversorgungsbeitrag festgesetzt und entrichtet worden sein könnte, ist daher fernliegend; dies behauptet auch der Kläger nicht.
33 
b) Unabhängig davon lässt sich aber auch nicht feststellen, dass der Kläger bis zum 31.12.2006 einen zivilrechtlichen Baukostenvorschuss oder eine sonstige Zahlung für den Anschluss des streitbefangenen Grundstücks an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten geleistet hätte. Der Kläger trägt zwar vor, seiner Erinnerung nach habe die Beklagte ihm gegenüber bereits 1982/83 ein privatrechtliches Entgelt in Form eines Baukostenzuschusses geltend gemacht, das er auch entrichtet habe. Der Senat ist jedoch der Überzeugung, dass dies in Bezug auf das streitbefangene Grundstück nicht zutrifft. Im Einzelnen:
34 
aa) Das Vorbringen des Klägers ist bereits äußerst unsubstantiiert. Nähere Einzelheiten wie auch die genauen Umstände der angeblichen Zahlung werden nicht geschildert. Für die behauptete Anforderung und Zahlung eines Baukostenzuschusses hat der Kläger zudem auch keine (z.B. schriftlichen) Nachweise vorgelegt.
35 
bb) Zudem sprechen gewichtige Indizien gegen die Behauptung des Klägers. Die Beklagte hat im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 12.09.2013 die „Sachkontenblätter“ der Jahre 1982 bis 1984 zur Haushaltsstelle „Ertragszuschüsse Wasserversorgung" vorgelegt. In diesen Sachkontenblättern sind alle im jeweiligen Haushaltsjahr geforderten Baukostenzuschüsse enthalten. In diesen Sachkontenblättern sind aber lediglich zwei Zahlungen des Klägers über 2.200,-- DM (11.06.1982) und 626,-- DM (18.08.1982) sowie eine Rückerstattung über 451,14 DM (31.12.1982) aufgeführt. Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang übersehen hat, dass sich der dritte Beleg auf eine Rückzahlung der Beklagten an den Kläger bezieht, und demzufolge zu Unrecht von drei Zahlungen ausgegangen ist, und zudem den ersten Betrag versehentlich mit 2.000,-- DM (statt richtig 2.200.-- DM) benannt hat, ist dies im Ergebnis ohne Relevanz. Denn diese Belege beziehen sich jeweils erkennbar auf ein anderes bebautes Grundstück des Klägers im selben Baugebiet. Insoweit hat die Beklagte plausibel ausgeführt, dass sie kein unbebautes Grundstück betreffen könnten, denn in den Rechnungsbelegen („Vorläufige Berechnung“ Beleg Nr. 12/Hptp.B. 105) würden 580,-- DM für weitere angefangene 100 m² Nettogeschossfläche ausgewiesen. Daraus hat das Verwaltungsgericht gefolgert, dass die in den Sachkontenblättern dargestellten Zahlungen nur ein bebautes Grundstück des Klägers und nicht das unbebaute streitbefangene Grundstück betreffen können. Dies ist insbesondere auch vor dem Hintergrund überzeugend, dass die Bestimmungen in Nr. 1 der Anlage 2 der AVB-Wasser der Beklagten vom 15.07.1974 zur Ermittlung der Höhe des zu leistenden Entgelts auf den Umfang der Bebauung auf einem Grundstück abstellen. Jedenfalls für unbebaute Grundstücke, bei denen das Maß einer zukünftigen Bebauung noch nicht - z.B. im Hinblick auf eine bereits erteilte Baugenehmigung - absehbar war, hätte das Entgelt nach diesen Bestimmungen nicht berechnet werden können.
36 
Diesbezüglich hat auch der Kläger im Berufungsverfahren keine durchgreifenden Einwendungen erhoben; er stellt insbesondere nicht in Frage, dass die von der Beklagten vorgelegten Belege ein anderes Grundstück betroffen haben. Er meint jedoch, aus der Zahlung für andere Grundstücke müsse geschlossen werden, dass auch für das streitbefangene Grundstück gezahlt worden sei. Dies überzeugt jedoch nicht. Zum einen ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die eine Zahlung detailliert vermerkt worden sein sollte, während die andere (angebliche) Zahlung, die im selben Zeitraum erfolgt sein müsste, aus unerfindlichen Gründen „unterschlagen“ worden wäre. Die vorgelegten detaillierten „Sachkontenblätter“ aus den 80er Jahren erwecken zudem den Eindruck der Vollständigkeit. Es ist kein plausibler Grund dafür vorhanden, weshalb ausgerechnet die hier umstrittene Zahlung dort nicht aufgeführt sein sollte, wenn sie tatsächlich geleistet worden wäre. Zum anderen kann ein sachlicher Grund für die Zahlung im Falle des bebauten Grundstücks ohne Weiteres darin gesehen werden, dass dieses Grundstück an die Wasserversorgung angeschlossen wurde, während dies bei dem streitbefangenen Grundstück, das immer noch unbebaut ist, nicht der Fall war.
37 
cc) Aber auch rechtliche Überlegungen sprechen dagegen, dass der Kläger bis zum 31.12.2006 einen Baukostenzuschuss oder ein vergleichbares Entgelt für den Anschluss des streitbefangene Grundstücks an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten geleistet haben könnte. Unter dem bis Ende 2006 geltenden privatrechtlichen Regime konnte die Beklagte keine einseitigen Zahlungspflichten per Hoheitsakt begründen. Zahlungsverpflichtungen der Anschlussnehmer haben vielmehr grundsätzlich den Abschluss eines zweiseitigen zivilrechtlichen Vertrags vorausgesetzt. Das Entstehen eines zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses setzt aber entsprechende übereinstimmende Willenserklärungen beider Vertragpartner voraus. Demgemäß müsste der Kläger einen Antrag (Anmeldung) auf Wasserversorgung gestellt (vgl. Nr. 3.1 der AVB-Wasser der Beklagten vom 15.07.1974) und die Beklagte diesen Antrag angenommen haben (Nr. 3.2). Davon hat auch Nr. 3.6 der AVB-Wasser nicht suspendiert. Zwar waren die Stadtwerke der Beklagten hiernach berechtigt, auch schon vor Inangriffnahme der Anschlussarbeiten die in Anlage 2 festgelegten „Wasserversorgungsbeiträge“ zu verlangen. Voraussetzung eines solchen zivilrechtlichen Anspruchs war aber ungeachtet der Bezeichnung als „Beitrag“ ein bestehendes privatrechtliches Vertragsverhältnis.
38 
Dass der hierfür erforderliche Antrag vom Kläger gestellt und von der Beklagten angenommen worden sein könnte, ist nicht ersichtlich. Entsprechende Unterlagen sind - wie die Beklagte auf Anfrage des Berichterstatters unter dem 17./18.02.2014 ausdrücklich mitgeteilt hat - nicht (mehr) vorhanden. Auch der Kläger konnte keine entsprechenden Belege vorlegen. Gegen das Bestehen eines Vertragsverhältnisses spricht zudem, dass die Beklagte keinen Wasserzähler und keine technische Entnahmevorrichtung angebracht, sondern den Anschluss als „Blindanschluss“ mit einer Endkappe ohne Entnahmemöglichkeit ausgeführt hat.
39 
Daraus, dass die Beklagte 1982/83 - wohl im Einvernehmen mit dem Kläger - einen solchen „Blindanschluss“ gelegt hat, lässt sich auch nicht folgern, dass der Kläger zumindest konkludent einen Antrag auf Wasserversorgung gestellt und die Beklagte diesen Antrag angenommen hat. Denn auf Anfrage des Berichterstatters hat die Beklagte mitgeteilt, die Herstellung solcher „Blindanschlüsse“ sei routinemäßig bereits im Vorfeld bei der Erschließung eines Baugebiets unabhängig von Anträgen auf Wasserversorgung erfolgt; (erst) wenn ein Vertragsverhältnis bestanden habe, habe die Beklagte einen Wasserzähler und eine technische Entnahmevorrichtung installiert. Dies hält der Senat für überzeugend. Es ist plausibel, dass bei der tatsächlichen Erschließung eines neuen Baugebiets regelmäßig solche „Blindanschlüsse“ hergestellt werden, um ein späteres Wiederaufreißen der Straßen- und Gehwegdecke zu vermeiden, zumal bei einem Baugrundstück nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig davon auszugehen ist, dass früher oder später eine Bebauung stattfinden wird. Vor diesem Hintergrund lässt sich aus der einvernehmlichen Herstellung eines „Blindanschlusses“ entgegen der Auffassung des Klägers nicht schließen, dass - zumindest durch schlüssiges Verhalten - ein vertraglicher Anschluss an die Wasserversorgung erfolgt ist.
40 
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang anführt, durch die 1982/83 erfolgte Herstellung des „Blindanschlusses“ sei eine beitragsrechtliche Vorteilslage geschaffen worden, liegt dies neben der Sache. Da damals privatrechtliche Entgelte verlangt worden sind und eine öffentlich-rechtliche Beitragserhebung überhaupt nicht möglich war, kommt es auf das bloße Vorhandensein einer Vorteilslage nicht an. Auch das von dem Kläger betonte Interesse der Beklagten an einer möglichst baldigen Refinanzierung ihrer Aufwendungen, berechtigt diese für sich allein genommen offenkundig nicht dazu, ein zivilrechtliches Entgelt zu erheben.
41 
dd) Alles in allem bewertet der Senat dies im Rahmen einer Gesamtwürdigung dahingehend, dass in Bezug auf das streitbefangene Grundstück kein Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger zustande gekommen und auch keine privatrechtliche Zahlung eines Entgelts (etwa in Form eines Baukostenzschusses) durch den Kläger erfolgt ist. Seine entgegengesetzte Behauptung, seiner Erinnerung nach habe er einen Baukostenzuschuss entrichtet, lässt sich in nachvollziehbarer Weise ohne Weiteres damit erklären, dass er zwar Zahlungen an die Beklagte geleistet hat, diese aber jeweils ein anderes Grundstück im selben Baugebiet betroffen haben.
42 
Selbst wenn man zu der Folgerung käme, es lasse sich nicht mehr feststellen, ob eine Zahlung erfolgt ist („non liquet“), ginge dies zu Lasten des Klägers, da er nach allgemeinen Grundsätzen die materielle Beweislast für die Behauptung trägt, er habe bereits einen Baukostenzuschuss für das fragliche Grundstück entrichtet.
43 
4. Festsetzungsverjährung ist nicht eingetreten. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Sie beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Da die abstrakte Beitragsschuld hier erst am 01.01.2007 entstanden ist, hat die Festsetzungsfrist am 31.12.2011 geendet. Diese Frist ist mit Erlass des angefochtenen Bescheides vom 19.12.2011 eingehalten worden, der dem Kläger am 20.12.2011 zugestellt worden ist.
44 
5. Die Beklagte hat das Recht auf Erhebung eines Wasserversorgungsbeitrags ferner nicht verwirkt. Ein materielles Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist, obwohl ihm ein Geltendmachen seines Rechts ohne weiteres zumutbar gewesen wäre, der Verpflichtete infolge dieses Verhaltens darauf vertrauen durfte, dass der Berechtigte das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde, der Verpflichtete hierauf tatsächlich vertraut und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen auf die tatsächlich entstandene Lage eingerichtet und deshalb Maßnahmen ergriffen hat, die er nicht ergriffen hätte oder die er nicht oder nur mit erheblichen Kosten rückgängig machen kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 04.12.2001 - 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274, vom 29.08.1996 - 2 C 23/95 - BVerwGE 102, 33 und vom 20.01.1977 - V C 18.76 - BVerwGE 52, 16; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.07.2009 - 13 S 919/09 - InfAuslR 2009, 403).
45 
Hier fehlt es jedenfalls an der letzten Voraussetzung für die Annahme einer Verwirkung. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger im Vertrauen darauf, nicht mehr zu einem Beitrag herangezogen zu werden, eine (Vermögens-) Disposition getroffen hat, die nicht oder nur unter erheblichen Kosten wieder rückgängig gemacht werden kann.
46 
6. Dass zwischen der Verschaffung der Anschlussmöglichkeit im Jahre 1982/83 und der Heranziehung zu einem Wasserversorgungsbeitrag Ende 2011 ein Zeitraum von fast 30 Jahren verstrichen ist, berührt die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung nicht. Zwar lässt sich dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) möglicherweise der allgemeine Rechtsgedanke entnehmen, dass es regelmäßig eine absolute zeitliche Obergrenze für eine Beitragserhebung geben muss. Jedenfalls unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls - die in erster Linie darin begründet liegen, dass die Beklagte die Entgelte für die Leistungen der Wasserversorgung seit Anfang 2007 nicht mehr einem privatrechtlichen, sondern einem öffentlich-rechtlichen Regime unterstellt hat - ist indes eine verfassungsrechtlich möglicherweise gebotene absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung im vorliegenden Fall nicht überschritten.
47 
a) In seinem Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes getroffene Bestimmung über den Beginn der Festsetzungsfrist bei der Heilung ungültiger Satzungen nichtig ist. Diese Vorschrift ist - wie auch ihr baden-württembergisches „Pendant“ - im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung. Darüber hinaus hat sich das Bundesverfassungsgericht aber auch grundsätzlich zu der Problematik der Erhebung von öffentlich-rechtlichen Abgaben in den Fällen geäußert, in denen der tatsächliche Anknüpfungspunkt für deren Entstehen bereits lange zurück liegt. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten hiernach im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug. Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können. Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten. Aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit ist demzufolge abzuleiten, dass Einzelne gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet es daher auch bei der Erhebung von Beiträgen, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.
48 
b) Welche Folgerungen hieraus allgemein für die Erhebung von Beiträgen zu ziehen sind (vgl. hierzu: BayVGH, Urteil vom 14.11.2013 - 6 B 12.704 -; OVG BBbg. Urteil vom 14.11.2013 - 9 B 34.12 -; SächsOVG, Beschluss vom 25.04.2013 - 5 A 478/10 - jeweils juris), kann offenbleiben. Denn der vorliegende Einzelfall weist Besonderheiten auf, die dazu führen, dass die Beitragserhebung hier in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht problematisch ist, obwohl zwischen der Schaffung der tatsächlichen Anschlussmöglichkeit in den Jahren 1982/83 und der Erhebung des Beitrags im Jahr 2011 fast dreißig Jahre verstrichen sind.
49 
Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass in dem Zeitraum zwischen der tatsächlichen Schaffung der Anschlussmöglichkeit in den Jahren 1982/83 und dem Inkrafttreten der Wasserversorgungssatzung der Beklagten am 01.01.2007 die Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsbeitrags durch die Beklagte in rechtlicher Hinsicht schon im Ansatz nicht möglich war, weil die Entgeltzahlung in dieser Zeit noch privatrechtlich ausgestaltet war (vgl. § 13 Abs. 2 KAG). Daher lassen sich in Bezug auf diesen Zeitraum, in dem die Entgelte für die Wasserversorgung noch auf privatrechtlicher Basis erhoben worden sind, die tragenden Erwägungen in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 (aaO) nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich maßgeblich darauf gestützt, dass das Rechtsstaatsprinzip den Bürger in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor schützt, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit sei demzufolge abzuleiten, dass Einzelne gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen habe.
50 
Hier fehlt es aber schon an der Erwartung des Grundstückseigentümers, nicht mehr zu einer Kostenbeteiligung für die Herstellung der Wasserversorgungseinrichtung herangezogen zu werden. Unter der Geltung des Privatrechts musste jedem Grundstückseigentümer vielmehr bewusst sein, dass er ein wie auch immer bezeichnetes entsprechendes Entgelt leisten muss, sobald er sein Grundstück bebauen und an die Wasserversorgung anschließen möchte. Anders als im öffentlich-rechtlichen Beitragsrecht hatte die Gemeinde zudem keine Befugnis, bereits bei Bestehen einer tatsächlichen Vorteilslage ein solches Entgelt zu fordern, sodass sich auch nicht sagen lässt, dass die Gemeinde eine ihr zustehende Befugnis nicht wahrgenommen hätte. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall grundlegend von den Fällen, in denen schon immer eine öffentlich-rechtliche Regelung der Beitragserhebung beabsichtigt war und eine frühzeitige Beitragserhebung ausschließlich am Fehlen einer rechtsgültigen Satzung der Gemeinde gescheitert ist.
51 
Der lange Zeitraum zwischen der Schaffung der Anschlussmöglichkeit und der Beitragserhebung beruht hier also letztlich in erster Linie darauf, dass das bis Ende 2006 geltende privatrechtliche Regime als Grundlage eines Anspruchs grundsätzlich eine vertragliche Vereinbarung verlangt hat, während das seit Anfang 2007 anwendbare öffentlich-rechtliche Beitragsrecht eine Beitragserhebung bereits bei Bestehen einer Vorteilslage zulässt. Nach der Überzeugung des Senats ginge es fehl, in einem solchen Fall bei einem Wechsel von einem privatrechtlichen zu einem öffentlich-rechtlichen System die in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 (aaO) befürwortete absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung auch auf solche Zeiträume zu erstrecken, in denen die Erhebung von Entgelten privatrechtlich geregelt war. Eine absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung kann sich nur auf die Zeiträume beziehen, in denen es überhaupt dem Grunde nach eine öffentlich-rechtliche Beitragspflicht gegeben hat, und nicht auf solche Zeiträume, in denen eine Beitragserhebung rechtlich gar nicht möglich gewesen wäre, weil die Entgeltzahlung privatrechtlich geregelt war. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auch die Erhebung eines privatrechtlichen Entgelts in der Vergangenheit mangels des Zustandekommens eines Vertragsverhältnisses nicht möglich gewesen wäre
52 
Hierfür spricht im Übrigen auch die folgende Erwägung: Es obliegt der Organisationshoheit der Gemeinde, ob sie eine privatrechtliche Entgeltregelung trifft oder zur Finanzierung der Trinkwasserversorgung Kommunalabgaben erhebt. Auch die Umstellung vom privatrechtlichen zum öffentlich-rechtlichen Regime ist wie der umgekehrte Fall von der Organisationsgewalt der Gemeinde gedeckt (vgl. Gössl in Gössl/Reif, aaO, § 13 Anm. 4.1). Würde die Umstellung von einer privatrechtlichen Entgeltregelung zu einer Finanzierung über öffentlich-rechtliche Abgaben dazu führen, dass für viele unbebaute, aber bebaubare Grundstücke keine Beiträge mehr erhoben werden dürfen, obwohl eine Vorteilslage besteht und nach der privatrechtlichen Regelung jederzeit damit gerechnet werden musste, dass im Falle einer Bebauung Baukostenzuschüsse (oder anders bezeichnete Entgelte) entrichtet werden müssen, würde dies die Organisationshoheit der Gemeinden unverhältnismäßig einschränken. Eine Rückkehr ins Öffentliche Recht wäre dann mit erheblichen finanziellen Risiken für die Gemeinden verbunden, ohne dass dies durch die überwiegenden Interessen der Betroffenen geboten wäre.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
54 
Beschluss vom 31. März 2014
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.222,68 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. November 2003 - 6 K 2006/01 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zum Abwasserbeitrag.
Die Beklagte betreibt die Beseitigung des in ihrem Gebiet anfallenden Abwassers als öffentliche Einrichtung, für die Anschluss- und Benutzungszwang festgesetzt ist. Sie erhebt zur teilweisen Deckung ihres Aufwands für die Herstellung der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen Abwasserteilbeiträge nach einheitlichen Beitragssätzen für den öffentlichen Kanal sowie für den mechanischen und biologischen Teil des Klärwerks. Auf der Grundlage einer Globalberechnung beschloss der Gemeinderat die Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 15.11.1993, in der die Beitragssätze von 5,30 DM (2,71 EUR)/qm Nutzungsfläche für den öffentlichen Abwasserkanal bzw. 5,20 DM (2,66 EUR)/qm Nutzungsfläche für den mechanischen und biologischen Teil des Klärwerks festgesetzt wurden. Am 14.12.1998 wurde die Satzung - beschränkt auf den Gebührensatz - geändert.
Den Anschluss der Außenbereichsgrundstücke durch mit öffentlichen Mitteln geförderten Pumpendruckleitungen zur Ableitung des Schmutzwassers nahm die Beklagte ab 1997 vor. Auch das in einem Weiler der Beklagten gelegene Hofgrundstück des Klägers wurde so mittels Pumpendruckleitung an die Kanalisation der Beklagten angeschlossen. Von diesem Grundstück kann danach das im Wohnhaus anfallende Schmutzwasser über ein Einzelpumpwerk in die Abwasserdruckleitung eingeleitet werden. Anfallendes Niederschlagswasser wird weiterhin auf dem Grundstück des Klägers entsorgt.
Mit Bescheid vom 23.1.2001 zog die Beklagte den Kläger zu einem Abwasserbeitrag in Höhe von insgesamt 46.100,25 DM, 23.269,65 DM für den öffentlichen Abwasserkanal, 22.830,60 DM für den mechanischen und biologischen Teil des Klärwerks heran. Mit Bescheid vom 7.2.2001 stundete sie die auf die landwirtschaftlich genutzte Grundstücksteilfläche entfallende anteilige Beitragsschuld von 38.398,50 DM. Der Kläger wandte sich mit seinem Widerspruch gegen die Veranlagung nach einheitlichen Beitragssätzen sowohl für voll- als auch lediglich teilangeschlossene Grundstücke. Dem bei seinem Grundstück gegebenen „Mindervorteil“ müsse Rechnung getragen werden. Dies auch deshalb, weil das Niederschlagswasser nicht entsorgt werden könne und daher sein Hofgrundstück bei Niederschlägen stark vernässe. Mit Widerspruchsbescheid vom 6.11.2001, zugestellt am 16.11.2001, wies das Landratsamt Ravensburg den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 17.12.2001, einem Montag, beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zu deren Begründung hat er auf den lediglich eingeschränkten Vorteil der bei ihm eröffneten Teilanschlussmöglichkeit abgehoben und auf die Nachteile hingewiesen, die ihm durch die Unmöglichkeit zentraler Entsorgung starker Niederschlagsmengen entstünden. Dass der Teilanschluss sein Grundstück baulich hinreichend erschließe, könne die beitragsrechtliche Gleichbehandlung mit voll angeschlossenen Grundstücken nicht rechtfertigen. Der Kläger hat beantragt, den Abwasserteilbeitragsbescheid der Beklagten vom 23.1.2000 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Ravensburg vom 6.11.2001 aufzuheben.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Veranlagung nach Einheitssätzen mit der Gleichheit der den betroffenen Grundstücken sowohl durch Voll- als auch Teilanschlüsse vermittelten Erschließungsvorteilen gerechtfertigt. Die bauliche Nutzbarkeit von Außenbereichsgrundstücken sei in aller Regel schon bei dezentraler Niederschlagswasserbeseitigung gegeben, die in der Regel ohne große Aufwendungen durch Versickern oder Einleiten in einen Vorfluter in wasserwirtschaftlich zulässiger Weise erfolgen könne. Die geringe Anzahl nur teilweise angeschlossener Grundstücke stehe der nach der Überzahl der voll angeschlossenen Grundstücke typisierenden Festsetzung einheitlicher Beitragssätze nicht entgegen
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.11.2003 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass Außenbereichsgrundstücke, deren anfallendes Schmutzwasser durch Einleitung in die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage und deren anfallendes Niederschlagswasser durch Versickern auf dem eigenen Grundstück beseitigt werden könne, durch die Anschlussmöglichkeit keinen geringeren Vorteil als voll angeschlossene Innenbereichsgrundstücke hätten. Für die bauliche Erschließung des Grundstücks des Klägers genüge die zentrale Beseitigung des anfallenden Schmutzwassers. Die geltend gemachte unverhältnismäßig starke Vernässung des Hofgrundstücks gehe wohl auf das Fehlen einer (technisch) ordnungsgemäßen Sammlung des Niederschlagswassers zurück. Eine solche sei auch im Fall der Einleitung in die öffentliche Entwässerungsanlage unverzichtbar. Der zur Stützung seiner Rechtsauffassung vom Kläger angegebenen obergerichtlichen Rechtsprechung lägen teilweise andere Sachverhalte, teilweise aber auch ein vom hier maßgeblichen abweichender Vorteilsbegriff zugrunde. Im Übrigen unterschreite die Zahl der nur teilweise angeschlossenen Grundstücke 10 v.H. aller angeschlossenen Grundstücke und könne daher bei der zulässigerweise typisierenden Beitragsregelung unberücksichtigt bleiben. Denn von den insgesamt an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossenen Grundstücken leite nur ein Anteil von 3,24 % mittels einer Pumpendruckleitung mit privatem Einzelpumpwerk Schmutzwasser in die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage ein; weitere 2,43 % der Grundstücke seien mittels Freispiegelleitung und öffentlichem Pumpwerk an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen. Bei der Entsorgung mittels Pumpendruckleitung handle es sich nicht um einen völlig anderen Entwässerungstyp als bei der Abwasserentsorgung ohne eine derartige Leitung; denn sämtliches Abwasser werde nach Einleitung in einen gemeinsamen Freispiegelkanal einheitlich behandelt. Die Typisierungsschwelle der Beitragsregelung werde von dem Verhältnis der unterschiedlich angeschlossen Grundstücke nicht von deren Flächen bestimmt; denn die Menge des zu beseitigenden Abwassers folge in erster Linie aus der Zahl auf einem Grundstück lebender Personen. Anderes möge für Niederschlagswasser gelten, dies allerdings nur bei großen Grundstücken mit hohem Versiegelungsgrad. Insofern fehle es jedoch am substantiierten Vortrag des Klägers. Im Übrigen sei keine Überhöhung der Beiträge im Einzelfall erkennbar.
Gegen das ihm am 17.1.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.2.2004 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, zu deren Begründung er ergänzend zu seiner bisherigen Rechtsauffassung vorbringt: Zum Zeitpunkt seiner Veranlagung habe die Kalkulation des Beitragssatzes den durch Anschluss erheblicher Nutzungsflächen im Außenbereich erreichten Anschlussgrad von 99% nicht berücksichtigt. Eine Korrektur auf Grund des Flächenzuwachses und der zusätzlichen Kosten sei auch im Zuge der Satzungsänderung vom 14.12.1998 unterblieben. Ohne korrigierte Beitragskalkulation hätte der Gemeinderat der Beklagten selbst dann die Beibehaltung der festgesetzten Beitragssätze nicht ermessensfehlerfrei beschließen können, wenn eine solche Entscheidung in der Sache vertretbar gewesen wäre. Im Übrigen werde daran festgehalten, dass der Gebrauchsvorteil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage im Fall eines Teilanschlusses gegenüber einem Vollanschluss gemindert sei. Dies gelte auch dann, wenn anfallendes Niederschlagswasser vorbehaltlos und auf Dauer wasserrechtlich nicht von der Gemeinde, sondern vom Grundstückseigentümer zu beseitigen sei. Die Vernässung seines Grundstücks bei Niederschlägen stelle ein erhebliches Bewirtschaftungserschwernis und damit eine Einschränkung der Bebaubarkeit oder sonstigen Nutzbarkeit, mithin auch der Erschließung dar. Die nur teilweise angeschlossenen Außenbereichsflächen überschritten die „Typisierungsgrenze“. Es sei auf die Flächen und nicht auf die Zahl der Anschlüsse abzustellen.
Es bestünden auch Bedenken gegen die Beitragshöhe. So sei die Ermittlung der beitragspflichtigen Fläche ebenso unklar wie die Festlegung des Nutzungsfaktors 1,5; denn dreigeschossige Gebäude seien auf dem Grundstück nicht vorhanden. Eine Ermittlung der Zahl der Vollgeschosse nach § 28 Abs. 7 der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 15.11.1993 i.d.F. vom 14.12.1998 komme bei Außenbereichsgrundstücken nicht in Frage.
10 
In dem Einlegen des Rechtsmittels liege zugleich auch der Antrag auf Teilerlass aus sachlichen Billigkeitsgründen. Dieser Antrag sei mit Blick auf den „Mindervorteil“ auch begründet. Auch ohne einen derartigen Antrag sei im Übrigen der Teilerlass wegen offensichtlichen Vorliegens der Voraussetzungen hierfür geboten gewesen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27.11.2003 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 23.1.2000 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Ravensburg vom 6.11.2001 aufzuheben,
13 
und hilfsweise ferner,
14 
die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag auf Erlass der Beitragsforderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist darauf, dass die Möglichkeit des Teilanschlusses von Außenbereichsgrundstücken im Jahr 1993 noch nicht hätte berücksichtigt werden können. Weder die technische Entwicklung der Abwasserentsorgung noch die wasserrechtliche Entwicklung im Sinne des Vorrangs der dezentralen Entsorgung von Niederschlagswasser seien vorhersehbar gewesen. Durch die Pumpendruckleitungen seien wegen deren Bezuschussung bislang keine Kosten entstanden. Rechtlich habe der Kläger durchaus die Möglichkeit, das auf seinem Grundstück anfallende Niederschlagswasser mittels Pumpendruckleitung in die Kanalisation einzuleiten. Allerdings ergäben sich technische Probleme; auch wäre diese Art der Entsorgung für den Kläger wirtschaftlich nachteilig.
18 
Auf der Grundlage einer neuen Kalkulation setzte der Gemeinderat mit Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 24.10.2005 einen Teilbeitragssatz von 3,15 EUR für den öffentlichen Abwasserkanal und einen Teilbeitragssatz von 1,81 EUR für den mechanischen und biologischen Teil des Klärwerks fest. Die Absenkung des Klärbeitrags geht nach der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 24.10.2005 auf Flächenzuwächse durch neue Wohn- und Gewerbegebiete zurück, denen entsprechenden Investitionskosten nur im Kanalbereich gegenüberstünden. Auch habe das Pumpe-Schlauch-Programm kostenintensive Sammler zum Anschluss der Außenbereiche entbehrlich gemacht.
19 
Dem Senat liegen die angefallenen Akten der Beklagten und der Widerspruchsbehörde vor. Auf diese Unterlagen und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Beitragsbescheid der Beklagten vom 23.1.2000 und der Widerspruchsbescheid vom 6.11.2001 sind rechtmäßig und verletzen daher den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; unten I.). Auch das in der Berufungsinstanz hilfsweise erhobene Verpflichtungsbegehren kann keinen Erfolg haben; denn ein Anspruch auf Erlass der Beitragsforderung besteht nicht (dazu § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO; unten II.).
I.
21 
Der Abwasserteilbeitragsbescheid beruht auf den §§ 2, 10 des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung vom 18.2.1964 (GBl. S. 71) mit nachfolgenden Änderungen (vgl. Art. 5 Abs. 4 des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 12.2.1996, GBl. S. 104) - KAG a.F. - (zur Neufassung s. das Gesetz zur Neuregelung des kommunalen Abgabenrechts und zur Änderung des Naturschutzgesetzes vom 17.3.2005, GBl. S. 206 ff.) und der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 15.11.1993 i.d.F. vom 14.12.1998 - AbwS 1998 -. Diese Satzung ist entgegen der Ansicht der Berufung weder wegen einer unzutreffenden Beitragssatzkalkulation (dazu 1.) noch deswegen, weil diese Kalkulation im Nachhinein unrichtig geworden ist (dazu 2.), ungültig. Auch ist der Beitragssatz - und damit die Satzung hinsichtlich ihres „Beitragsteils“ - nicht deshalb rechtswidrig, weil mit ihm, wie der Kläger vorträgt, nicht ein hinsichtlich der Beschränkung auf die Schmutzwasserbeseitigung eintretender „Mindervorteil“ berücksichtigt worden ist (dazu 3.)
22 
(1) Nach der zum genannten Kommunalabgabengesetz a.F. ergangenen Rechtsprechung des Senats stellt die Beitragskalkulation die Grundlage des Beschlusses über den Beitragssatz dar. Die dabei erforderlichen Ermessens- und Prognoseentscheidungen stehen mit der Entscheidung über den Beitragssatz in untrennbarem Zusammenhang. Der Ortsgesetzgeber muss sich deshalb spätestens bei der Beschlussfassung über den Beitragssatz die Globalberechnung in einer, auch für das Gericht erkennbaren und nachprüfbaren Weise zu eigen und damit zur Grundlage seines Satzungsbeschlusses machen. Ist nicht erkennbar und damit auch nicht gerichtlich überprüfbar, ob und mit welcher Maßgabe im Einzelnen der Gemeinderat das ihm eingeräumte Ermessen bei der Beschlussfassung über die Beitragssätze ausgeübt hat, so führt dies zur Ungültigkeit der Festsetzung des Beitragssatzes. Liegt somit dem Gemeinderat bei der Beschlussfassung über den Beitragssatz entweder überhaupt keine oder eine materiell fehlerhafte Beitragskalkulation vor, hat dies die Nichtigkeit des beschlossenen Beitrags zur Folge (vgl. grundlegend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.10.1986 - 2 S 2272/85 -, ESVGH 37, 29 m.w.N.; NK-Urteil v. 23.3.2006 - 2 S 2842/04 -; ständ. Rspr.).
23 
Eine solche fehlerhafte Beitragskalkulation steht hier nicht in Rede. Die dem Satzungsbeschluss der Beklagten vom 15.11.1993 zu Grunde liegende Globalberechnung wird vom Kläger mit dem Hinweis in Frage gestellt, seit 1997 sei eine erhebliche Zunahme der an die Abwasserentsorgungseinrichtung der Beklagten angeschlossenen Grundstücke festzustellen. Die Globalberechnung vom September 1993 berücksichtige dies weder auf der Flächen- noch auf der Kostenseite; es sei lediglich ein Abzug für Kleinkläranlagen vorgesehen. Spätestens im Zeitpunkt der Satzungsänderung vom 14.12.1998 hätte aber eine Erhöhung des Anschlussgrades Berücksichtigung finden müssen. Damit sind indes Einwendungen gegen die Globalberechnung vom September 1993 nur dann zu verbinden, wenn damit geltend gemacht wäre, die oben dargelegten Forderungen an diese Berechnung seien nicht eingehalten. Davon kann indes nicht ausgegangen werden. Weder wird schlüssig die Flächenseite noch die Kostenseite gerügt, allenfalls ist eine fehlerhafte Prognose behauptet. Die Beklagte hat indes zutreffend darauf hingewiesen, dass 1993 die spätere technische Entwicklung der Abwasserentsorgung, die etwa ab 1997 den Einsatz von Pumpendruckleitungen ermöglicht habe, ebenso wenig vorhersehbar gewesen sei wie die spätere umweltpolitische Entwicklung, die dazu geführt habe, dass ab dem 1.1.1999 auf Außenbereichsgrundstücken anfallendes Niederschlagswasser durch Versickern auf dem eigenen Grundstück in wasserwirtschaftlich zulässiger Weise zu beseitigen ist (dazu auch § 45 b Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 WG). Von einer fehlerhaften Prognose kann daher nicht ausgegangen werden.
24 
(2) Auch ist entgegen der Annahme der Berufung die Beitragssatzung infolge der abwassertechnischen Entwicklung und deren Umsetzung durch die Beklagte nicht rechtswidrig geworden. Wie der Senat bereits entschieden hat, lassen nachträgliche Änderungen von Prognosegrundlagen die Gültigkeit des Beitragssatzes unberührt, soweit Kosten- und Flächenfaktoren der Globalberechnung auf Prognosen beruhen, die nach den Verhältnisses im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses sachgerecht waren (Urteil vom 18.8.1994 - 2 S 2581/92 -). Erst wenn die prognostische Schätzung eines Kosten- oder Flächenfaktors durch eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse eindeutig widerlegt wurde, wird im Falle einer hierdurch eingetretenen Kostenüberdeckung der Beitragssatz nachträglich ungültig und damit eine Korrektur der Globalberechnung als Grundlage für eine erneute Beschlussfassung über den Beitragssatz erforderlich (vgl. Senat, Urteile vom 26.5.2983 - 2 S 1604/82 -und vom 19.10.1989 - 2 S 1921/87-; Scholz/Sammet/Gössl, Recht und Praxis der Globalberechnung in Baden-Württemberg 1988, S. 24; ferner auch Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 2006, RdNr. 678 l).Ungeachtet der Frage, wann letztlich die Änderungen in der Anschlussmöglichkeit des Außenbereichs durch Druckleitungen absehbar gewesen sind, wäre eine Pflicht der Beklagten zur Neufestsetzung des Beitragssatzung demnach (erst) dann gegeben, wenn die Änderungen von Kosten- oder Flächenseite, wie sie durch die Anbindung von Grundstücken mittels Druckleitung eingetreten sind, zu einer eindeutigen Widerlegung der der Beschlussfassung von 1993 zu Grunde gelegten Prognosen und ferner zu einer dadurch bewirkten Kostenüberdeckung geführt hätten. Dass eine solche Kostenüberdeckung hier in Rede steht, ist nicht erkennbar und wird auch mit der Berufung nicht geltend gemacht, die sich auf die Darlegung der Änderungen beschränkt. Der Hinweis des Klägers auf die in der Satzung 2005 festgesetzten und teilweise niedrigeren Teilbeitragssätze ist nicht tragend, da mit ihm verkannt wird, dass diese Satzung auf einer neuen, den veränderten Flächen- und Kostenvorgaben Rechnung tragenden Beitragskalkulation beruht. Ob deshalb auch zu fordern ist, dass eine Kostenüberdeckung - wie der Rechtsgedanke in § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG n.F. nahe legt - auch „beachtlich“ sein muss, bedarf keiner Entscheidung (vgl. auch Birk, a.a.O., a.E.).
25 
Im Übrigen wäre - eine fehlerhafte Satzung 1993 einmal unterstellt - deren Heilung eingetreten. Denn die Beklagte hat am 24.10.2005 die Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung - AbwS 2005 - beschlossen, deren Beitragssätze auf einer mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung des Senats erörterten Globalberechnung beruhen. Durchgreifende Bedenken hat der Kläger nicht erhoben. Die von ihm als fehlerhaft beurteilten „Vorbehaltsflächen“ hat die Beklagte erläutert und dargelegt, dass es sich um über die Festsetzungen des Flächennutzungsplans hinaus beplante Flächen handele. Die Kosten hat der Kläger nur allgemein und mit Blick im Wesentlichen auf ihre Änderung gegenüber der Satzung von 1993 gerügt; dies stellt wegen der unterschiedlichen Kostenansätze indes einen schlüssigen Einwand nicht dar. Anlass zu weiteren Ermittlungen hierzu bestanden nicht ( vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 3.12.1998, BVerwGE 108,70, 71: keine Fehlersuche ohne entsprechende Rüge). Ist daher von einer zutreffend erfolgten Beitragskalkulation auszugehen, bedarf es keines Eingehens darauf, ob sich die Annahme der Wirksamkeit der Beitragsfestsetzung nicht bereits wegen der im vorliegenden Fall für die Beachtlichkeit von Mängeln bei der Beschlussfassung über den Abgabesatz maßgebliche Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 1 des o.a. KAG 2005 ergibt (dazu das o.a. NK-Urteil des Senats vom 23.3.2006).
26 
(3) Schließlich wendet der Kläger gegen die Gültigkeit dieser Satzung ohne Erfolg ein, unterschiedliche Entsorgungsmöglichkeiten im Satzungsgebiet bedeuteten unterschiedliche Vorteile im Sinne von § 10 Abs. 1 KAG a.F. mit der Folge der Notwendigkeit entsprechend abgestufter Beitragssätze. Denn die Beschränkung der Entsorgung auf das auf Außenbereichsgrundstücken anfallende Schmutzwasser führt - wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat - nicht zu einem beitragssatzmäßig zu berücksichtigenden Mindervorteil.
27 
(a) Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG a.F. (bzw. § 10 Abs. 3 Satz 1 KAG 78) sind die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen. Wie in der Rechtsprechung des Senats wiederholt dargelegt wurde, hat der Begriff u.a. eine grundstücksbezogene wirtschaftliche Komponente. Sie wird daraus deutlich, dass Beiträge nach § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F. nur von den Grundstückseigentümern erhoben werden können, denen durch die Möglichkeit des Anschlusses ihres Grundstücks an die Einrichtung nicht nur vorübergehende Vorteile geboten werden. Diese grundstücksbezogene Komponente des Vorteils hat der erkennende Gerichtshof in der Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts des Grundstücks gesehen, mit der in der Regel auch eine Erhöhung des Verkehrswerts des Grundstücks einhergeht. Der Gebrauchs- und Nutzungswert eines Grundstücks hängt wesentlich von seiner baulichen Nutzbarkeit ab. Baulich nutzbar ist ein Grundstück nach den §§ 30 ff. BauGB, wenn seine Erschließung gesichert ist, wozu u.a. die Möglichkeit des Anschlusses an die öffentlichen Ver- und Entsorgungseinrichtungen gehört (vgl. auch §§ 3 Abs. 1, 33 Abs. 3 LBO). Für bebaubare und bebaute Grundstücke besteht demnach der Vorteil, der durch die Möglichkeit des Anschlusses an eine öffentliche Entwässerungseinrichtung geboten wird, in der Gewährleistung ihrer Baulandqualität (dazu die Senatsurteile vom 12.12.1985 - 2 S 2689/83 -, VBlBW 1986, 142, 143 und vom 2.10.1986 - 2 S 2272/85 -, ESVGH 37, 29, 35; ferner Scholz/Sammet/Gössl, a.a.O., S. 12 f.; Birk a.a.O., § 8 RdNr. 646, jeweils m.w.N.).
28 
(b) Dieser Vorteil wird auch dem Kläger durch die Entsorgungseinrichtung vermittelt. Dass die Abwasserbeseitigung hier mittels Druckleitung erfolgt und diese die Entsorgung des Schmutzwassers, das auf dem Grundstück des Klägers anfällt, hinreichend sicherstellt, wird von diesem nicht in Zweifel gezogen. Er meint indes, dass die Beitragsveranlagung durch den angefochtenen Teilbeitragsbescheid deshalb rechtswidrig sei, weil mit der Anschlussmöglichkeit durch Druckleitung gegenüber einem "Vollanschluss" (Abwasserentsorgung hinsichtlich Schmutz- und Niederschlagswasser) lediglich ein "Mindervorteil" vermittelt werde. Damit wird jedoch der o.a. Begriff des Vorteils verkannt. Er ist darauf ausgerichtet, dass ein Grundstück baulich nutzbar und entsprechend ordnungsgemäß erschlossen ist, das Schmutz- und Niederschlagswasser also entsorgt und dadurch einerseits die Bebauung des Grundstücks nicht ausgeschlossen oder gegenüber dem bauplanungsrechtlich Zulässigen eingeschränkt und andererseits die baurechtlich zulässige Nutzung auf Dauer möglich ist. Dieser baurechtlich orientierte Vorteil richtet sich also nicht danach, wie die Abwasserentsorgung technisch bewerkstelligt wird. Unterschiedliche technische Entsorgungsarten können deshalb für sich genommen nichts zum Vorteil aussagen. Vorteilsrelevant werden unterschiedliche Entsorgungsarten erst und nur dann, wenn sich dadurch die Situation des Erschlossenseins und damit die Bebaubarkeit und Benutzbarkeit bestimmter Grundstücke ändern. Das bedeutet, dass bei zentraler Beseitigung des Schmutzwassers in Verbindung mit dezentraler Beseitigung des Niederschlagswasser gemäß § 45 b Abs. 3 WG eine ordnungsgemäße Entwässerung gegeben und die baurechtliche Erschließung gesichert ist. Ein Mindervorteil besteht bei einer solchen zulässigen dezentralen Abwasserbeseitigung im Verhältnis zu einer in anderen Fällen wasserwirtschaftlich gebotenen vollständigen zentralen Abwasserbeseitigung nicht. Ein einheitlicher Beitrag war demnach durch § 10 Abs.1 S. 1 KAG a.F. gedeckt (zum Ganzen Birk in: Driehaus, a.a.O., § 8 RdNr. 668 b ).
29 
Der Kläger beruft sich für seine abweichende Ansicht auf die Rechtsprechung der Obergerichte anderer Länder. Dabei wird verkannt, dass deren Bestimmung eines beitragsrechtlichen Vorteils nicht mit der hier in Rede stehenden übereinstimmen muss. Bei dem streitigen Vorteilsbegriff handelt es sich um einen „ausfüllungsbedürftigen unbestimmten Rechtsbegriff“ des Landesrechts, der sich einer einheitlichen, für alle Länder verbindlichen Definition entzieht (Driehaus in Driehaus, a.a.O., § 8 RdNr. 265).
30 
Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen zutreffend dargelegt, dass selbst bei Annahme eines "Mindervorteils" dieser beitragsrechtlich unberücksichtigt bleiben darf, wenn nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem abgerechneten "Typ" entsprechen (zur Typisierung vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.1975, KStZ 1976, 50) . Haben demnach nicht mehr als 10 % der Grundstücke des Gemeindegebiets einen "Mindervorteil", so darf dies in der Satzung unberücksichtigt bleiben. Maßgeblich sind für die Bestimmung der genannten Grenze nicht - wie mit der Berufung geltend gemacht wird - der Flächenanteil der eingeschränkt bevorteilten Grundstücke, sondern deren Anzahl, wie auch § 24 Abs. 1 S.1 AbwS 1998 verdeutlicht (vgl. auch Birk, a.a.O. RdNr. 668e m.w.N.) und auch daraus folgt, dass Gegenstand der Beitragserhebung nach § 10 Abs. 1 KAG a.F. regelmäßig das Grundstück ist (vgl. etwa Senatsurteil vom 27.9.1984 - 2 S 2437/82 -, VBlBW 1985, 460, 461).
31 
Der Annahme eines Vorteils stehen auch die vom Kläger vorgetragenen grundstücksbezogenen Einwendungen nicht entgegen, wonach sogar der Schluss auf einen durch den Teilanschluss mittels Druckleitung bewirkten "Nachteil" wegen einer "Vernässung" seines Grundstücks gerechtfertigt sein soll. Dass dies rechtlich nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein kann, folgt aus dem o.a. Begriff des Vorteils. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen zutreffend auf die in jeden Fall gebotene Notwendigkeit des Erfassens von Niederschlagswasser auf dem Grundstück selbst hingewiesen.
32 
(4) Auch die Höhe der mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Teilbeiträge ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insbesondere die beitragspflichtigen Teilflächen des Grundstücks (dazu a) und auch den Nutzungsfaktor (dazu b) zutreffend ermittelt.
33 
(a) Ist wie hier (dazu § 24 der Satzung) nach der Satzung bei der Beitragsbemessung die Fläche des Grundstücks zu berücksichtigen, bleiben insbesondere nach § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KAG a.F. (nunmehr § 31 Abs. 1 Satz 2 KAG n.F.) folgende Teilflächen unberücksichtigt, sofern sie nicht tatsächlich angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt sind: außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans oder einer Satzung nach § 34 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes oder außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile Teilflächen, deren grundbuchmäßige Abschreibung nach baurechtlichen Vorschriften ohne Übernahme einer Baulast zulässig wäre. An die Abwassereinrichtung angeschlossen ist hier - da lediglich das Schmutzwasser entsorgt wird - lediglich das Wohnhaus des Klägers. Dass auch andere Gebäude oder auch unbebaute, aber tatsächlich angeschlossene Flächen einen Anschluss an die Druckleitung haben könnten, ist nicht erkennbar. Dem bebauten Bereich sind allerdings - da die BauNVO für den hier in Rede stehenden Außenbereich keine Bestimmung zum höchstzulässigen Nutzungsmaß enthält - die nach den bauordnungsrechtlichen Vorgaben der Landesbauordnung (LBO) maßgeblichen Flächen zuzuordnen, wie etwa Abstandsflächen (§ 5 Abs. 7 LBO), Zugangsflächen (§ 4 LBO) oder Stellplätze. Schließlich sind auch die für die Grundstücksnutzung erforderlichen Zubehörflächen der in beitragsrechtlich maßgeblicher Weise nutzbaren Grundstücksfläche zuzuordnen (dazu Beschluss des Senats vom 14.10.1997 - 2 S 1572/97 -, BWGZ 1998, 519, 520, m. Anm. GT). Dies bedeutet, dass für ein landwirtschaftlich genutztes Anwesen wie das des Klägers daher die nach der Lebenserfahrung als "Hofstelle" bezeichnete Fläche der nutzbaren Grundstücksfläche zugerechnet werden darf (vgl. etwa Gössl, Wasserversorgungs- und Abwasserbeitrag, Erl. 5.4.2.1.2 m.w.N.; ders., KAG, 2004, § 10, S. 148; Kübler/Fröhner, Das Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, Stand Juli 2006, § 10 KAG RdNr. 35). Hofstelle eines landwirtschaftlichen Anwesens ("wirtschaftliche Einheit im weiteren Sinn") ist daher das Wohnhaus, Wirtschafts- und Nebengebäude (Stall, Scheune, Schuppen) und die dazugehörigen Zubehör-(Hofflächen) und Zugangsflächen (so Gössl, KAG § 10 a.a.O.). Diesen Vorgaben hat die Beklagte hinreichend Rechnung getragen. Sie hat erkennbar diese Flächen nur unvollständig berücksichtigt, so dass die Ermittlung der für die Beitragsbemessung gebildete fiktive Fläche zu Gunsten des Klägers letztlich aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Dies gilt umso mehr, als die Flächen der Wege nicht berücksichtigt wurden, die den Zugang zur Landesstraße ermöglichen.
34 
(2) Nicht zu beanstanden ist schließlich auch, dass im Falle des Klägers der Beitragsbemessung der für Grundstücke mit dreigeschossiger Bebaubarkeit festgelegte Nutzungsfaktor von 1,5 zur Anwendung gekommen ist. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dieser nach § 28 Abs. 1 Nr. 4 AbwS 93 bzw. 98 maßgebliche Nutzungsfaktor auch auf Grundstücke des Außenbereichs anzuwenden, wie Abs. 5 der Satzungsbestimmung festlegt. Schlüssige Bedenken gegen die rechnerische Richtigkeit entsprechend § 28 Abs. 7 AbwS 93 sind nicht vorgetragen.
II.
35 
Die Klage kann auch mit dem hilfsweise gestellten Antrag auf Verpflichtung der Beklagten keinen Erfolg haben, über einen Erlass der festgesetzten Beitragsforderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
36 
Der Senat kann offen lassen, ob ein Rechtsmittelantrag gegen ein die Anfechtungsklage abweisendes Urteil des Verwaltungsgerichts auch als Erhebung einer Verpflichtungsklage ausgelegt werden darf. Nicht entschieden werden muss auch, ob eine zulässige Klageerweiterung (vgl. § 91 VwGO) gegeben ist und ob ein auch für eine Verpflichtungsklage als Sachurteilsvoraussetzung gefordertes Vorverfahren durchzuführen ist (dazu BVerwG, Urteil vom 4.6.1982 - 8 C. 90.81 -, NJW 1982, 2682). Denn jedenfalls spricht der Sache nach nichts für die Annahme einer unbilligen Härte im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 5 a KAG i.V.m. § 227 AO. Eine sachliche Unbilligkeit ist bei der Heranziehung eines Beitragspflichtigen nach dem oben Gesagten nicht naheliegend. Persönliche Billigkeitsgründe, mithin wirtschaftliche Gründe (vgl. BFH, Urteil vom 26.5.1994 - IV R 15/93 -), sind nicht schlüssig dargelegt. Für eine "Erlassbedürftigkeit" des Klägers ist im Übrigen auch kein Anhalt gegeben. Damit scheidet eine Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung aus
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
39 
Beschluss
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 23.069,73 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG; zum hilfsweise geltend gemachten Erstattungsanspruch vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
20 
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Beitragsbescheid der Beklagten vom 23.1.2000 und der Widerspruchsbescheid vom 6.11.2001 sind rechtmäßig und verletzen daher den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; unten I.). Auch das in der Berufungsinstanz hilfsweise erhobene Verpflichtungsbegehren kann keinen Erfolg haben; denn ein Anspruch auf Erlass der Beitragsforderung besteht nicht (dazu § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO; unten II.).
I.
21 
Der Abwasserteilbeitragsbescheid beruht auf den §§ 2, 10 des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung vom 18.2.1964 (GBl. S. 71) mit nachfolgenden Änderungen (vgl. Art. 5 Abs. 4 des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 12.2.1996, GBl. S. 104) - KAG a.F. - (zur Neufassung s. das Gesetz zur Neuregelung des kommunalen Abgabenrechts und zur Änderung des Naturschutzgesetzes vom 17.3.2005, GBl. S. 206 ff.) und der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 15.11.1993 i.d.F. vom 14.12.1998 - AbwS 1998 -. Diese Satzung ist entgegen der Ansicht der Berufung weder wegen einer unzutreffenden Beitragssatzkalkulation (dazu 1.) noch deswegen, weil diese Kalkulation im Nachhinein unrichtig geworden ist (dazu 2.), ungültig. Auch ist der Beitragssatz - und damit die Satzung hinsichtlich ihres „Beitragsteils“ - nicht deshalb rechtswidrig, weil mit ihm, wie der Kläger vorträgt, nicht ein hinsichtlich der Beschränkung auf die Schmutzwasserbeseitigung eintretender „Mindervorteil“ berücksichtigt worden ist (dazu 3.)
22 
(1) Nach der zum genannten Kommunalabgabengesetz a.F. ergangenen Rechtsprechung des Senats stellt die Beitragskalkulation die Grundlage des Beschlusses über den Beitragssatz dar. Die dabei erforderlichen Ermessens- und Prognoseentscheidungen stehen mit der Entscheidung über den Beitragssatz in untrennbarem Zusammenhang. Der Ortsgesetzgeber muss sich deshalb spätestens bei der Beschlussfassung über den Beitragssatz die Globalberechnung in einer, auch für das Gericht erkennbaren und nachprüfbaren Weise zu eigen und damit zur Grundlage seines Satzungsbeschlusses machen. Ist nicht erkennbar und damit auch nicht gerichtlich überprüfbar, ob und mit welcher Maßgabe im Einzelnen der Gemeinderat das ihm eingeräumte Ermessen bei der Beschlussfassung über die Beitragssätze ausgeübt hat, so führt dies zur Ungültigkeit der Festsetzung des Beitragssatzes. Liegt somit dem Gemeinderat bei der Beschlussfassung über den Beitragssatz entweder überhaupt keine oder eine materiell fehlerhafte Beitragskalkulation vor, hat dies die Nichtigkeit des beschlossenen Beitrags zur Folge (vgl. grundlegend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.10.1986 - 2 S 2272/85 -, ESVGH 37, 29 m.w.N.; NK-Urteil v. 23.3.2006 - 2 S 2842/04 -; ständ. Rspr.).
23 
Eine solche fehlerhafte Beitragskalkulation steht hier nicht in Rede. Die dem Satzungsbeschluss der Beklagten vom 15.11.1993 zu Grunde liegende Globalberechnung wird vom Kläger mit dem Hinweis in Frage gestellt, seit 1997 sei eine erhebliche Zunahme der an die Abwasserentsorgungseinrichtung der Beklagten angeschlossenen Grundstücke festzustellen. Die Globalberechnung vom September 1993 berücksichtige dies weder auf der Flächen- noch auf der Kostenseite; es sei lediglich ein Abzug für Kleinkläranlagen vorgesehen. Spätestens im Zeitpunkt der Satzungsänderung vom 14.12.1998 hätte aber eine Erhöhung des Anschlussgrades Berücksichtigung finden müssen. Damit sind indes Einwendungen gegen die Globalberechnung vom September 1993 nur dann zu verbinden, wenn damit geltend gemacht wäre, die oben dargelegten Forderungen an diese Berechnung seien nicht eingehalten. Davon kann indes nicht ausgegangen werden. Weder wird schlüssig die Flächenseite noch die Kostenseite gerügt, allenfalls ist eine fehlerhafte Prognose behauptet. Die Beklagte hat indes zutreffend darauf hingewiesen, dass 1993 die spätere technische Entwicklung der Abwasserentsorgung, die etwa ab 1997 den Einsatz von Pumpendruckleitungen ermöglicht habe, ebenso wenig vorhersehbar gewesen sei wie die spätere umweltpolitische Entwicklung, die dazu geführt habe, dass ab dem 1.1.1999 auf Außenbereichsgrundstücken anfallendes Niederschlagswasser durch Versickern auf dem eigenen Grundstück in wasserwirtschaftlich zulässiger Weise zu beseitigen ist (dazu auch § 45 b Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 WG). Von einer fehlerhaften Prognose kann daher nicht ausgegangen werden.
24 
(2) Auch ist entgegen der Annahme der Berufung die Beitragssatzung infolge der abwassertechnischen Entwicklung und deren Umsetzung durch die Beklagte nicht rechtswidrig geworden. Wie der Senat bereits entschieden hat, lassen nachträgliche Änderungen von Prognosegrundlagen die Gültigkeit des Beitragssatzes unberührt, soweit Kosten- und Flächenfaktoren der Globalberechnung auf Prognosen beruhen, die nach den Verhältnisses im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses sachgerecht waren (Urteil vom 18.8.1994 - 2 S 2581/92 -). Erst wenn die prognostische Schätzung eines Kosten- oder Flächenfaktors durch eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse eindeutig widerlegt wurde, wird im Falle einer hierdurch eingetretenen Kostenüberdeckung der Beitragssatz nachträglich ungültig und damit eine Korrektur der Globalberechnung als Grundlage für eine erneute Beschlussfassung über den Beitragssatz erforderlich (vgl. Senat, Urteile vom 26.5.2983 - 2 S 1604/82 -und vom 19.10.1989 - 2 S 1921/87-; Scholz/Sammet/Gössl, Recht und Praxis der Globalberechnung in Baden-Württemberg 1988, S. 24; ferner auch Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 2006, RdNr. 678 l).Ungeachtet der Frage, wann letztlich die Änderungen in der Anschlussmöglichkeit des Außenbereichs durch Druckleitungen absehbar gewesen sind, wäre eine Pflicht der Beklagten zur Neufestsetzung des Beitragssatzung demnach (erst) dann gegeben, wenn die Änderungen von Kosten- oder Flächenseite, wie sie durch die Anbindung von Grundstücken mittels Druckleitung eingetreten sind, zu einer eindeutigen Widerlegung der der Beschlussfassung von 1993 zu Grunde gelegten Prognosen und ferner zu einer dadurch bewirkten Kostenüberdeckung geführt hätten. Dass eine solche Kostenüberdeckung hier in Rede steht, ist nicht erkennbar und wird auch mit der Berufung nicht geltend gemacht, die sich auf die Darlegung der Änderungen beschränkt. Der Hinweis des Klägers auf die in der Satzung 2005 festgesetzten und teilweise niedrigeren Teilbeitragssätze ist nicht tragend, da mit ihm verkannt wird, dass diese Satzung auf einer neuen, den veränderten Flächen- und Kostenvorgaben Rechnung tragenden Beitragskalkulation beruht. Ob deshalb auch zu fordern ist, dass eine Kostenüberdeckung - wie der Rechtsgedanke in § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG n.F. nahe legt - auch „beachtlich“ sein muss, bedarf keiner Entscheidung (vgl. auch Birk, a.a.O., a.E.).
25 
Im Übrigen wäre - eine fehlerhafte Satzung 1993 einmal unterstellt - deren Heilung eingetreten. Denn die Beklagte hat am 24.10.2005 die Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung - AbwS 2005 - beschlossen, deren Beitragssätze auf einer mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung des Senats erörterten Globalberechnung beruhen. Durchgreifende Bedenken hat der Kläger nicht erhoben. Die von ihm als fehlerhaft beurteilten „Vorbehaltsflächen“ hat die Beklagte erläutert und dargelegt, dass es sich um über die Festsetzungen des Flächennutzungsplans hinaus beplante Flächen handele. Die Kosten hat der Kläger nur allgemein und mit Blick im Wesentlichen auf ihre Änderung gegenüber der Satzung von 1993 gerügt; dies stellt wegen der unterschiedlichen Kostenansätze indes einen schlüssigen Einwand nicht dar. Anlass zu weiteren Ermittlungen hierzu bestanden nicht ( vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 3.12.1998, BVerwGE 108,70, 71: keine Fehlersuche ohne entsprechende Rüge). Ist daher von einer zutreffend erfolgten Beitragskalkulation auszugehen, bedarf es keines Eingehens darauf, ob sich die Annahme der Wirksamkeit der Beitragsfestsetzung nicht bereits wegen der im vorliegenden Fall für die Beachtlichkeit von Mängeln bei der Beschlussfassung über den Abgabesatz maßgebliche Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 1 des o.a. KAG 2005 ergibt (dazu das o.a. NK-Urteil des Senats vom 23.3.2006).
26 
(3) Schließlich wendet der Kläger gegen die Gültigkeit dieser Satzung ohne Erfolg ein, unterschiedliche Entsorgungsmöglichkeiten im Satzungsgebiet bedeuteten unterschiedliche Vorteile im Sinne von § 10 Abs. 1 KAG a.F. mit der Folge der Notwendigkeit entsprechend abgestufter Beitragssätze. Denn die Beschränkung der Entsorgung auf das auf Außenbereichsgrundstücken anfallende Schmutzwasser führt - wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat - nicht zu einem beitragssatzmäßig zu berücksichtigenden Mindervorteil.
27 
(a) Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG a.F. (bzw. § 10 Abs. 3 Satz 1 KAG 78) sind die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen. Wie in der Rechtsprechung des Senats wiederholt dargelegt wurde, hat der Begriff u.a. eine grundstücksbezogene wirtschaftliche Komponente. Sie wird daraus deutlich, dass Beiträge nach § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F. nur von den Grundstückseigentümern erhoben werden können, denen durch die Möglichkeit des Anschlusses ihres Grundstücks an die Einrichtung nicht nur vorübergehende Vorteile geboten werden. Diese grundstücksbezogene Komponente des Vorteils hat der erkennende Gerichtshof in der Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts des Grundstücks gesehen, mit der in der Regel auch eine Erhöhung des Verkehrswerts des Grundstücks einhergeht. Der Gebrauchs- und Nutzungswert eines Grundstücks hängt wesentlich von seiner baulichen Nutzbarkeit ab. Baulich nutzbar ist ein Grundstück nach den §§ 30 ff. BauGB, wenn seine Erschließung gesichert ist, wozu u.a. die Möglichkeit des Anschlusses an die öffentlichen Ver- und Entsorgungseinrichtungen gehört (vgl. auch §§ 3 Abs. 1, 33 Abs. 3 LBO). Für bebaubare und bebaute Grundstücke besteht demnach der Vorteil, der durch die Möglichkeit des Anschlusses an eine öffentliche Entwässerungseinrichtung geboten wird, in der Gewährleistung ihrer Baulandqualität (dazu die Senatsurteile vom 12.12.1985 - 2 S 2689/83 -, VBlBW 1986, 142, 143 und vom 2.10.1986 - 2 S 2272/85 -, ESVGH 37, 29, 35; ferner Scholz/Sammet/Gössl, a.a.O., S. 12 f.; Birk a.a.O., § 8 RdNr. 646, jeweils m.w.N.).
28 
(b) Dieser Vorteil wird auch dem Kläger durch die Entsorgungseinrichtung vermittelt. Dass die Abwasserbeseitigung hier mittels Druckleitung erfolgt und diese die Entsorgung des Schmutzwassers, das auf dem Grundstück des Klägers anfällt, hinreichend sicherstellt, wird von diesem nicht in Zweifel gezogen. Er meint indes, dass die Beitragsveranlagung durch den angefochtenen Teilbeitragsbescheid deshalb rechtswidrig sei, weil mit der Anschlussmöglichkeit durch Druckleitung gegenüber einem "Vollanschluss" (Abwasserentsorgung hinsichtlich Schmutz- und Niederschlagswasser) lediglich ein "Mindervorteil" vermittelt werde. Damit wird jedoch der o.a. Begriff des Vorteils verkannt. Er ist darauf ausgerichtet, dass ein Grundstück baulich nutzbar und entsprechend ordnungsgemäß erschlossen ist, das Schmutz- und Niederschlagswasser also entsorgt und dadurch einerseits die Bebauung des Grundstücks nicht ausgeschlossen oder gegenüber dem bauplanungsrechtlich Zulässigen eingeschränkt und andererseits die baurechtlich zulässige Nutzung auf Dauer möglich ist. Dieser baurechtlich orientierte Vorteil richtet sich also nicht danach, wie die Abwasserentsorgung technisch bewerkstelligt wird. Unterschiedliche technische Entsorgungsarten können deshalb für sich genommen nichts zum Vorteil aussagen. Vorteilsrelevant werden unterschiedliche Entsorgungsarten erst und nur dann, wenn sich dadurch die Situation des Erschlossenseins und damit die Bebaubarkeit und Benutzbarkeit bestimmter Grundstücke ändern. Das bedeutet, dass bei zentraler Beseitigung des Schmutzwassers in Verbindung mit dezentraler Beseitigung des Niederschlagswasser gemäß § 45 b Abs. 3 WG eine ordnungsgemäße Entwässerung gegeben und die baurechtliche Erschließung gesichert ist. Ein Mindervorteil besteht bei einer solchen zulässigen dezentralen Abwasserbeseitigung im Verhältnis zu einer in anderen Fällen wasserwirtschaftlich gebotenen vollständigen zentralen Abwasserbeseitigung nicht. Ein einheitlicher Beitrag war demnach durch § 10 Abs.1 S. 1 KAG a.F. gedeckt (zum Ganzen Birk in: Driehaus, a.a.O., § 8 RdNr. 668 b ).
29 
Der Kläger beruft sich für seine abweichende Ansicht auf die Rechtsprechung der Obergerichte anderer Länder. Dabei wird verkannt, dass deren Bestimmung eines beitragsrechtlichen Vorteils nicht mit der hier in Rede stehenden übereinstimmen muss. Bei dem streitigen Vorteilsbegriff handelt es sich um einen „ausfüllungsbedürftigen unbestimmten Rechtsbegriff“ des Landesrechts, der sich einer einheitlichen, für alle Länder verbindlichen Definition entzieht (Driehaus in Driehaus, a.a.O., § 8 RdNr. 265).
30 
Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen zutreffend dargelegt, dass selbst bei Annahme eines "Mindervorteils" dieser beitragsrechtlich unberücksichtigt bleiben darf, wenn nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem abgerechneten "Typ" entsprechen (zur Typisierung vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.1975, KStZ 1976, 50) . Haben demnach nicht mehr als 10 % der Grundstücke des Gemeindegebiets einen "Mindervorteil", so darf dies in der Satzung unberücksichtigt bleiben. Maßgeblich sind für die Bestimmung der genannten Grenze nicht - wie mit der Berufung geltend gemacht wird - der Flächenanteil der eingeschränkt bevorteilten Grundstücke, sondern deren Anzahl, wie auch § 24 Abs. 1 S.1 AbwS 1998 verdeutlicht (vgl. auch Birk, a.a.O. RdNr. 668e m.w.N.) und auch daraus folgt, dass Gegenstand der Beitragserhebung nach § 10 Abs. 1 KAG a.F. regelmäßig das Grundstück ist (vgl. etwa Senatsurteil vom 27.9.1984 - 2 S 2437/82 -, VBlBW 1985, 460, 461).
31 
Der Annahme eines Vorteils stehen auch die vom Kläger vorgetragenen grundstücksbezogenen Einwendungen nicht entgegen, wonach sogar der Schluss auf einen durch den Teilanschluss mittels Druckleitung bewirkten "Nachteil" wegen einer "Vernässung" seines Grundstücks gerechtfertigt sein soll. Dass dies rechtlich nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein kann, folgt aus dem o.a. Begriff des Vorteils. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen zutreffend auf die in jeden Fall gebotene Notwendigkeit des Erfassens von Niederschlagswasser auf dem Grundstück selbst hingewiesen.
32 
(4) Auch die Höhe der mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Teilbeiträge ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insbesondere die beitragspflichtigen Teilflächen des Grundstücks (dazu a) und auch den Nutzungsfaktor (dazu b) zutreffend ermittelt.
33 
(a) Ist wie hier (dazu § 24 der Satzung) nach der Satzung bei der Beitragsbemessung die Fläche des Grundstücks zu berücksichtigen, bleiben insbesondere nach § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KAG a.F. (nunmehr § 31 Abs. 1 Satz 2 KAG n.F.) folgende Teilflächen unberücksichtigt, sofern sie nicht tatsächlich angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt sind: außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans oder einer Satzung nach § 34 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes oder außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile Teilflächen, deren grundbuchmäßige Abschreibung nach baurechtlichen Vorschriften ohne Übernahme einer Baulast zulässig wäre. An die Abwassereinrichtung angeschlossen ist hier - da lediglich das Schmutzwasser entsorgt wird - lediglich das Wohnhaus des Klägers. Dass auch andere Gebäude oder auch unbebaute, aber tatsächlich angeschlossene Flächen einen Anschluss an die Druckleitung haben könnten, ist nicht erkennbar. Dem bebauten Bereich sind allerdings - da die BauNVO für den hier in Rede stehenden Außenbereich keine Bestimmung zum höchstzulässigen Nutzungsmaß enthält - die nach den bauordnungsrechtlichen Vorgaben der Landesbauordnung (LBO) maßgeblichen Flächen zuzuordnen, wie etwa Abstandsflächen (§ 5 Abs. 7 LBO), Zugangsflächen (§ 4 LBO) oder Stellplätze. Schließlich sind auch die für die Grundstücksnutzung erforderlichen Zubehörflächen der in beitragsrechtlich maßgeblicher Weise nutzbaren Grundstücksfläche zuzuordnen (dazu Beschluss des Senats vom 14.10.1997 - 2 S 1572/97 -, BWGZ 1998, 519, 520, m. Anm. GT). Dies bedeutet, dass für ein landwirtschaftlich genutztes Anwesen wie das des Klägers daher die nach der Lebenserfahrung als "Hofstelle" bezeichnete Fläche der nutzbaren Grundstücksfläche zugerechnet werden darf (vgl. etwa Gössl, Wasserversorgungs- und Abwasserbeitrag, Erl. 5.4.2.1.2 m.w.N.; ders., KAG, 2004, § 10, S. 148; Kübler/Fröhner, Das Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, Stand Juli 2006, § 10 KAG RdNr. 35). Hofstelle eines landwirtschaftlichen Anwesens ("wirtschaftliche Einheit im weiteren Sinn") ist daher das Wohnhaus, Wirtschafts- und Nebengebäude (Stall, Scheune, Schuppen) und die dazugehörigen Zubehör-(Hofflächen) und Zugangsflächen (so Gössl, KAG § 10 a.a.O.). Diesen Vorgaben hat die Beklagte hinreichend Rechnung getragen. Sie hat erkennbar diese Flächen nur unvollständig berücksichtigt, so dass die Ermittlung der für die Beitragsbemessung gebildete fiktive Fläche zu Gunsten des Klägers letztlich aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Dies gilt umso mehr, als die Flächen der Wege nicht berücksichtigt wurden, die den Zugang zur Landesstraße ermöglichen.
34 
(2) Nicht zu beanstanden ist schließlich auch, dass im Falle des Klägers der Beitragsbemessung der für Grundstücke mit dreigeschossiger Bebaubarkeit festgelegte Nutzungsfaktor von 1,5 zur Anwendung gekommen ist. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dieser nach § 28 Abs. 1 Nr. 4 AbwS 93 bzw. 98 maßgebliche Nutzungsfaktor auch auf Grundstücke des Außenbereichs anzuwenden, wie Abs. 5 der Satzungsbestimmung festlegt. Schlüssige Bedenken gegen die rechnerische Richtigkeit entsprechend § 28 Abs. 7 AbwS 93 sind nicht vorgetragen.
II.
35 
Die Klage kann auch mit dem hilfsweise gestellten Antrag auf Verpflichtung der Beklagten keinen Erfolg haben, über einen Erlass der festgesetzten Beitragsforderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
36 
Der Senat kann offen lassen, ob ein Rechtsmittelantrag gegen ein die Anfechtungsklage abweisendes Urteil des Verwaltungsgerichts auch als Erhebung einer Verpflichtungsklage ausgelegt werden darf. Nicht entschieden werden muss auch, ob eine zulässige Klageerweiterung (vgl. § 91 VwGO) gegeben ist und ob ein auch für eine Verpflichtungsklage als Sachurteilsvoraussetzung gefordertes Vorverfahren durchzuführen ist (dazu BVerwG, Urteil vom 4.6.1982 - 8 C. 90.81 -, NJW 1982, 2682). Denn jedenfalls spricht der Sache nach nichts für die Annahme einer unbilligen Härte im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 5 a KAG i.V.m. § 227 AO. Eine sachliche Unbilligkeit ist bei der Heranziehung eines Beitragspflichtigen nach dem oben Gesagten nicht naheliegend. Persönliche Billigkeitsgründe, mithin wirtschaftliche Gründe (vgl. BFH, Urteil vom 26.5.1994 - IV R 15/93 -), sind nicht schlüssig dargelegt. Für eine "Erlassbedürftigkeit" des Klägers ist im Übrigen auch kein Anhalt gegeben. Damit scheidet eine Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung aus
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
39 
Beschluss
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 23.069,73 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG; zum hilfsweise geltend gemachten Erstattungsanspruch vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die gegen die in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. Juli 2013 - 4 K 2806/12 - erfolgte teilweise Stattgabe des Antrags des Antragstellers gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 822,69 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers im Ergebnis zu Recht teilweise stattgegeben.
I.
Der Antragsteller erstrebt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen einen Abwasserbeitragsbescheid.
Der Antragsteller ist Eigentümer des 1.370 qm großen Grundstücks Flst.-Nr. 2445/3, ... ... ..., in ... - ...l (Ortschaft ...), welches mit dem ehemaligen Bahnhofsgebäude bebaut ist. Dieses Grundstück wurde 1998 durch Abtrennung vom früheren Bahngelände (FIst.-Nr. 2445), das eine Gesamtfläche von 49.079 qm aufwies, gebildet. In den nachfolgenden Jahren blieb es bis auf kleinere Zu- und Abmessungen im Wesentlichen unverändert. Nach den unbestrittenen Angaben der Antragsgegnerin ist bis heute keine förmliche Entwidmung des früheren Bahngrundstücks erfolgt.
Das frühere ungeteilte Bahngrundstück Flst.-Nr. 2445 war bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.06.1979 zu einem Abwasserbeitrag herangezogen worden. Der Beitragsberechnung war eine um das um das Bahnhofsgebäude gelegene Grundstücksteilfläche von 539 qm und eine Geschossfläche von 136 qm zugrundegelegt worden (Beitragshöhe: 843,75 DM).
Im Jahr 1984 trat der Bebauungsplan „Wirtsgasse“ in Kraft. Dieser setzte für die gesamte im Plangebiet befindliche Teilfläche des damals noch ungeteilten Grundstücks Flst.-Nr. 2445 von ca. 2.000 qm eine private Grünfläche fest. Das ehemalige Bahnhofsgebäude ist in die Grünflächenfestsetzung einbezogen. Ein ursprünglich beabsichtigtes Baufenster für das Bahnhofsgebäude mit einer vierseitigen Baugrenze ist in dem rechtsgültig gewordenen Bebauungsplan gestrichen worden.
Am 04.07.2009 trat der Bebauungsplan „Änderung und Erweiterung Bereich Wirtsgasse“ in Kraft. Dieser setzt nunmehr für den südwestlichen Bereich des Grundstücks Flst.-Nr. 2445/3 ein Dorfgebiet mit einem zulässigen Maß der baulichen Nutzung von 2 Vollgeschossen und einer Geschossflächenzahl von 0,5 fest. Für das Bahnhofsgebäude wird ein Baufenster mit einer 4-seitigen Baugrenze und bezüglich des außerhalb des Dorfgebiets liegenden Grundstücksteils eine private Grünfläche festgesetzt.
Mit Bescheid vom 26.06.2012 setzte die Antragsgegnerin für das Grundstück Flst.-Nr. 2445/3 einen (weiteren) Abwasserbeitrag in Höhe von 3.900,60 EUR fest. Veranlagt wurden nunmehr die restliche, bisher nicht herangezogene Grundstücksfläche von 831 qm und eine (zusätzliche) Geschossfläche von 154 qm (Beitragssatz: 3,96 EUR pro qm).
Am 26.07.2012 hat der Antragsteller hiergegen Widerspruch eingelegt und geltend gemacht, es sei bereits Festsetzungsverjährung eingetreten. Durch die Bebauungsplanänderung hätten sich die baulichen Möglichkeiten der Nutzung seines Grundstücks nicht geändert. Die private Grünflächenfestsetzung sei schon 1984 erfolgt und das Grundstück sei schon damals bebaut gewesen. Spätestens zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans „Wirtsgasse“ im Jahr 1984 sei die Abwasserbeitragspflicht für sein Grundstück somit entstanden, nachdem das Grundstück zu diesem Zeitpunkt auch tatsächlich an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen gewesen sei.
Am 05.10.2012 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Sigmaringen beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs anzuordnen.
10 
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegen getreten. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, Verjährung sei nicht eingetreten. Durch das Inkrafttreten des Bebauungsplans „Wirtsgasse“ im Jahr 1984 sei mangels Baulandfestsetzung keine Beitragspflicht entstanden. Auch die Neuvermessung des Grundstücks im Jahr 1998 habe keinen Beitragstatbestand der damaligen Abwassersatzung erfüllt. Dies habe sich erst durch die Bebauungsplanänderung 2009 geändert. Ohne Auswirkung auf die hierdurch bevorteilte Grundstücksfläche sei die fortbestehende Festsetzung „private Grünfläche" für eine Teilfläche des Buchgrundstücks. Diese könne gärtnerisch genutzt werden und sei deshalb als der Wohnnutzung akzessorische Fläche ebenfalls der Bebauung zuzuordnen. Eine weitere Beitragspflicht sei zudem durch die im Bebauungsplan 2009 enthaltene Festsetzung eines höheren Maßes der baulichen Nutzung - der nunmehr zusätzlich zulässigen Geschossfläche von 154 qm - entstanden.
11 
Mit Beschluss vom 26.07.2013 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 26.06.2012 teilweise angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Antrag sei zulässig, nachdem der vorausgehende, im Widerspruchsschriftsatz enthaltene Aussetzungsantrag des Antragsstellers von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 12.09.2012 abgelehnt worden sei (vgl. § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO). Der Antrag habe hinsichtlich der nachveranlagten Grundstücksfläche (831 qm x 3,96 EUR = 3.290,76 EUR) Erfolg; hinsichtlich der nachveranlagten Geschossfläche (154 qm x 3,96 EUR = 609,84 EUR) sei er jedoch abzulehnen.
12 
Bei teilweise bereits zum Abwasserbeitrag veranlagten Grundstücken entstehe eine weitere Beitragspflicht, wenn sie unter Einbeziehung von bereits beitragspflichtig gewordenen Teilflächen neu gebildet würden, also ein neues, nun insgesamt beitragspflichtiges Grundstück entstehe. Dieser Nachveranlagungstatbestand sei hier bereits 1998 mit der Neubildung des Grundstücks Flst.-Nr. 2445/3 eingetreten. Das neue Grundstück sei unter Einbeziehung der bereits 1979 veranlagten Teilfläche gebildet worden; es sei zu diesem Zeitpunkt weiterhin mit dem Bahnhofsgebäude und anderen Nebenanlagen bebaut und auch seit Langem an die Abwasseranlagen angeschlossen gewesen. Mithin sei 1998 für das neue Buchgrundstück Flst.-Nr. 2445/3 eine weitere Beitragspflicht entstanden, welche ab dem Jahresende 2002 nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c) KAG i. V. m. §§ 169 f. AO der 4-jährigen Festsetzungsverjährung unterliege.
13 
An der eingetretenen Festsetzungsverjährung ändere die bereits 1984 durch den Bebauungsplan „Wirtsgasse“ festgesetzte „private Grünfläche“ nichts, da diese die Baulandqualität des bereits zuvor bebauten und angeschlossenen Grundstücks im Rahmen des Bestandsschutzes der vorhandenen baulichen Anlagen unberührt gelassen habe. Dies komme im Bebauungsplan auch durch die Ausweisung eines Baufensters (vierseitige Baugrenzen) für das Bahnhofsgebäude zum Ausdruck, welche die Privatgrünfestsetzung relativiere und einschränke.
14 
Die Antragsgegnerin hat am 08.08.2013 mit folgender Begründung Beschwerde erhoben: Das Flurstück 2445/3 sei mit einem ehemaligen Bahnhofsgebäude bebaut. Es sei früher Bundeseisenbahnvermögen gewesen und habe daher der bundesbahnrechtlichen Fachplanung unterlegen. Das Bahnhofsgebäude sei nach dem Anschluss an die öffentlichen Abwasseranlagen mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.06.1979 zum Abwasserbeitrag veranlagt worden. Erstmals sei die ca. 0,20 ha große Teilfläche des Bundesbahnflurstückes 2445 im Bereich des Bahnhofgebäudes mit dem Bebauungsplan „Wirtsgasse“, rechtsverbindlich ab 19.06.1984, überplant worden. Für die gesamte Fläche sei Privatgrün (gem. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BBauG) festgesetzt worden, auch für die Fläche des bestehenden Gebäudes. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts gebe es für das Bahnhofsgebäude kein festgesetztes Baufenster. Das Regierungspräsidium habe mit Erlass vom 04.06.1984 den vom Gemeinderat am 13.05.1984 beschlossenen Bebauungsplan mit der Auflage genehmigt, die Baugrenze um den ehemaligen Bahnhof zu streichen. Diese Auflage habe die Antragsgegnerin vollzogen. Die Baulinien seien jeweils mit einem "X" durchgestrichen und dem Zusatz "Baugr. entf." versehen worden. Einem Grundstück, das nach den Festsetzungen eines Bebauungsplanes vollständig von jeglicher Bebauung freizuhalten sei, fehle es an der beitragsrechtlichen Baulandeigenschaft. Unbeachtlich sei, dass das Grundstück tatsächlich bebaut gewesen sei. Ein bebautes Grundstück, das nach geltendem Recht nicht bebaut werden dürfe, sei kein Bauland, selbst wenn das vorhandene Gebäude Bestandsschutz genieße.
15 
Die Neuvermessung im Jahr 1998 habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen (Nacherhebungs-)Beitragstatbestand der damals geltenden Abwassersatzung vom 10.06.1996 erfüllt. Das Flurstück 2445/3 sei im Jahr 1998 aufgrund der Bebauungsplanfestsetzung unbebaubar gewesen.
16 
Durch Inkrafttreten des Bebauungsplanes „Änderung und Erweiterung Bereich Wirtsgasse, ...“ am 04.07.2009 sei nach § 29 Abs. 3 KAG i. V. m. § 27 Abs. 2a AbwS die Abwasserbeitragspflicht für die bisher nicht bei der Beitragsbemessung von Buchgrundstück Flurstück 2445/3 berücksichtigte Teilfläche von 831 qm entstanden, da aufgrund der (erstmaligen) Baulandfestsetzung die Voraussetzungen für die Teilflächenabgrenzung entfallen seien. Der Beitragspflicht unterliege bei einem baulich nutzbaren Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes sowie im Innenbereich grundsätzlich das gesamte (Buch-)Grundstück. Die Festsetzung „private Grünfläche“ für eine Teilfläche eines ansonsten baulich nutzbaren Buchgrundstücks habe keine Auswirkungen auf den Umfang der bevorteilten Fläche, wenn die nicht überbaubare Grünfläche einer einheitlichen Nutzung mit der baulich nutzbaren Restfläche - zum Beispiel als Hausgarten - zugänglich sei.
II.
17 
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz teilweise stattgegeben; nur insoweit ist der verwaltungsgerichtliche Beschluss Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Er ist insoweit im Ergebnis nicht zu beanstanden.
18 
1. Allerdings hat die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung von einem unzutreffenden Verständnis der Festsetzungen des Bebauungsplans „Wirtsgasse“, rechtsverbindlich ab 19.06.1984, ausgegangen ist. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts setzt der Bebauungsplan kein Baufenster für das Bahnhofsgebäude fest. Vielmehr wird für die gesamte Fläche des heutigen Grundstücks des Antragstellers eine private Grünfläche festgesetzt. Das ehemalige Bahnhofsgebäude ist nur nachrichtlich als vorhandener Gebäudebestand eingezeichnet. Die im Entwurf des Bebauungsplans eingezeichneten Baugrenzen haben keine Gültigkeit erlangt. Das Regierungspräsidium hat mit Erlass vom 04.06.1984 den vom Gemeinderat am 13.05.1984 beschlossenen Bebauungsplan mit der Auflage genehmigt, die Baugrenze um den ehemaligen Bahnhof zu streichen. In der rechtsgültig gewordenen Fassung des Bebauungsplans sind daher die ursprünglich vorgesehenen Baugrenzen um das frühere Bahnhofsgebäude herum jeweils mit einem „X" durchgestrichen und zwar nur schwer lesbar, aber dennoch hinreichend erkennbar mit dem Zusatz „Baugr. entf." versehen worden.
19 
2. Trotz der in § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO enthaltenen Begrenzung des Prüfungsumfangs auf die dargelegten - und hier vorliegenden - Gründe ist die Entscheidung gleichwohl nicht aufzuheben, da sie im Ergebnis ersichtlich richtig ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 146 Rn. 43; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider Bier, VwGO, § 146 Rn. 13f und 14 f.; Wysk, VwGO, § 146 Rn. 30 m.w. Nachw.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384).
20 
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO hängt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in abgabenrechtlichen Verfahren davon ab, ob nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Solche Zweifel sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur dann anzunehmen, wenn ein Erfolg von Rechtsbehelf oder Klage wahrscheinlicher ist als deren Misserfolg, wobei ein lediglich als offen erscheinender Verfahrensausgang die Anordnung nicht trägt (ausführl.: Beschluss vom 18.08.1997 - 2 S 1518/97 - m.w.N.). Einem Abgabenschuldner ist es bei offenem Verfahrensausgang regelmäßig zuzumuten, die Abgabe zunächst zu begleichen und sein Begehren im Hauptsachverfahren weiterzuverfolgen, falls in seinem Fall nicht ausnahmsweise eine besondere Härte - für deren Vorliegen hier keine Anhaltspunkte bestehen - gegeben ist.
21 
Solche ernstlichen Zweifel bestehen hier ersichtlich. Es spricht Überwiegendes dafür, dass der Rechtsbehelf des Antragstellers Erfolg haben wird. Im Einzelnen:
22 
a) Es stellt sich bereits die Frage, ob die 1984 bzw. 2009 verabschiedeten Bebauungspläne überhaupt in rechtsgültiger Weise Festsetzungen für bahnfremde Nutzungen für das streitbefangene Grundstück treffen durften. Verneint man diese Frage, könnten diese Bebauungspläne weder im positiven noch im negativen Sinne eine Veränderung der Vorteilslage bewirken, die eine Nachveranlagung rechtfertigen könnte.
23 
Zwar wird das ehemalige Bahnhofsgebäude wie auch die übrige Fläche des (heutigen) Grundstücks schon seit Langem nicht mehr für Zwecke des Bahnverkehrs genutzt. Allein hierdurch konnte indes keine (konkludente) Entwidmung dieser Flächen erfolgen. Soll eine Bahnanlage künftig bahnfremden Nutzungen offenstehen, erfordert ihre Entwidmung eindeutige und bekannt gemachte Erklärungen der Bahn, sofern dafür kein Planfeststellungsverfahren erfolgt. Eine ausdrückliche formgerechte Entwidmung hat hier nach den unwidersprochenen Angaben der Antragsgegnerin bislang nicht stattgefunden. Sollte dies zutreffen, gälte für das nicht mehr zu Bahnzwecken genutzte Gelände wohl immer noch der fachplanungsrechtliche Vorbehalt des § 38 BauGB i.V.m. § 36 BBahnG (bis 1993) bzw. § 18 AEG (ab 1994), selbst wenn es sich hier um eine alte Bahnanlage handeln sollte, die nicht durch einen förmlichen Planfeststellungsbeschluss gewidmet worden war (vgl. allg. BVerwG, Urteil vom 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Runkel in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 38 Rn 98 ff.).
24 
b) Unabhängig davon spricht Überwiegendes dafür, dass bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans „Wirtsgasse“ am 19.06.1984 Festsetzungsverjährung eingetreten war (vgl. §§ 169 f. AO). Spätestens mit dem Anschluss des ehemaligen Bahnhofsgebäudes an die öffentlichen Abwasseranlagen nach Verlegung des Sammlers ... im Jahr 1974 dürfte nicht nur eine Teilfläche, sondern das gesamte Bahngelände beitragspflichtig geworden sein. Für das Erschließungs- und das Ausbaubeitragsrecht ist anerkannt, dass - mit Ausnahme des Schienengeländes - Bahngrundstücke insgesamt von der durch eine Anbaustraße geschaffenen Vorteilslage profitieren und daher nicht nur mit einer Teilfläche zu Beiträgen zu veranlagen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.1987 - 8 C 85.86 - BVerwGE 78, 321; NdsOVG, Urteil vom 27.04.2010 - 9 LC 271/08 - NdsVBl 2010, 273 juris-Rn. 37; VG Greifswald, Urteil vom 29.11.2006 - 3 A 552/03 - juris; Driehaus in ders., Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 420). Zwar wird gerade in Bezug auf das Kanalanschlussbeitragsrecht vertreten, dass ein beitragsrelevanter Vorteil für Bahngrundstücke ähnlich wie bei Grundstücken im Außenbereich erst entstehe, wenn und soweit ein tatsächlicher Anschluss erfolge, weil eine dauerhaft gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit wegen der Abhängigkeit von der fachplanerischen Zweckbindung nicht bestehe (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 29.04.2005 - 15 A 2667/02 - juris; Gössl in Gössl/Reif, § 32 Anm. 1.3.1. S. 12). Dies überzeugt jedoch nicht. Anders als Außenbereichsgrundstücke, die grundsätzlich nach § 35 BauGB nicht bebaubar sind, sind Grundstücke, die dem Fachplanungsvorbehalt des § 38 BauGB unterliegen, regelmäßig im Rahmen ihrer Zweckbestimmung insgesamt nutzbar. Im Falle der Bahn hat es diese in der Hand, ein Grundstück durch eine entsprechende Planung einer sinnvollen Nutzung zuzuführen (vgl. VG Greifswald, aaO juris-Rn.35). Dies dürfte für die Annahme eines beitragsrechtlichen Vorteils genügen. Deshalb spricht Überwiegendes dafür, Grundstücke der Bahn, die dem Fachplanungsvorbehalt des § 38 BauGB unterfallen, mit Ausnahme der Schienenflächen insgesamt als Bauland im beitragsrechtlichen Sinne anzusehen.
25 
c) „Blendet“ man dies aus, wäre weiter zu beachten, dass eine Nacherhebung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal voraussetzt, dass durch eine weitere Bebauungsmöglichkeit auf dem Grundstück eine Verbesserung der Vorteilslage eintreten muss (vgl. Senatsurteil vom 26.03.2012 - 2 S 2231/11 - juris-Rn. 31). Dies dürfte wohl zu bejahen sein, soweit der Bebauungsplan „Änderung und Erweiterung Bereich Wirtsgasse“ vom 04.07.2009 nunmehr erstmals für eine zuvor nicht veranlagte Teilfläche von 180 m² (s. Verwaltungsakten S. 15) ein Dorfgebiet (MD) festsetzt, da diese Teilfläche nunmehr zumindest mit Nebenanlagen bebaut werden kann. Fraglich ist dies jedoch hinsichtlich der überwiegenden Teilfläche von 651 m², für die wie schon zuvor eine private Grünfläche festgesetzt wird, denn für diese Teilfläche dürfte durch den Bebauungsplan „Änderung und Erweiterung Bereich Wirtsgasse“ keine verbesserte Vorteilslage eingetreten sein.
26 
Zwar verlangt der Wortlaut des 29 Abs. 3 Satz 1 KAG als Voraussetzung für eine Nacherhebung lediglich, dass sich die bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks erhöht. Diese Vorschrift ist jedoch im Zusammenhang mit der Regelung des § 31 Abs. 2 KAG zu sehen. Fallen die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach Entstehen der Beitragspflicht weg, können für die hiervon betroffenen Teilflächen gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KAG weitere Beiträge erhoben werden, wenn bisher nicht veranlagteTeile des Grundstücks nachträglich tatsächlich an die Einrichtung angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt werden. Keine dieser Voraussetzungen ist indes für die Teilfläche gegeben, die auch nach dem Bebauungsplan „Änderung und Erweiterung Bereich Wirtsgasse“ vom 04.07.2009 lediglich als private Grünfläche genutzt werden darf.
27 
Auch die Satzung der Beklagten stellt nach ihrem Wortlaut darauf ab, dass gerade für die nachzuerhebende Teilfläche - und nicht für das Grundstück insgesamt - eine weitere Bebauungsmöglichkeit geschaffen wird. Die hier in Betracht kommende Vorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 1 lit a der Satzung der Antragsgegnerin vom 10.06.1996, zuletzt geändert am 16.06.2012, lässt eine Nacherhebung zu, soweit für Grundstücksflächen erstmals eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt wird, soweit sie bisher bei der Beitragsbemessung nicht berücksichtigt waren. Dies zeigt, dass auch der Satzungsgeber davon ausgeht, dass eine Nacherhebung in Bezug auf die betroffene Teilfläche eine Verbesserung der Vorteilslage voraussetzt. Dies ist bei einer Teilfläche, die nach wie vor nicht bebaut werden darf, nicht der Fall.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 3 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./08.07.2004 (VBlBW 2004, 467).
29 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Berufung des Klägers wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger - neben bereits übernommener Kosten in Höhe von 642,60 EUR - weitere 642,60 EUR (mithin also insgesamt 1.285,20 EUR) als Kosten des Widerspruchsverfahrens nach § 63 SGB X zu erstatten hat.
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 13.11.2006 eine zeitlich befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.10.2007. Mit seinem Widerspruch vom 07.12.2006 wandte sich der Kläger gegen die zeitliche Befristung der Rente. Nach Vorlage eines Befundberichts der Universitäts-Augenklinik F. vom 26.07.2007 holte die Beklagte ein augenärztliches Gutachten ein und gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 21.01.2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer.
Mit Schreiben vom 28.01.2008 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Erstattung von Kosten für die Vertretung im Vorverfahren in Höhe von insgesamt 1285,20 EUR. Diesen Betrag errechnete er unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 Vergütungsverzeichnis (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Höhe von 520,00 EUR, einer Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG in Höhe von 520,00 EUR, einer Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 40,00 EUR sowie der sich hieraus ergebenden Umsatzsteuer.
Die Beklagte setzte den Betrag der von ihr zu erstattenden Kosten mit Bescheid vom 31.01.2008 auf insgesamt 642,60 EUR fest. Diesem Betrag legte sie eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 520,00 EUR, eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR sowie die sich hieraus ergebende Umsatzsteuer zugrunde. Die geltend gemachte Einigungs- oder Erledigungsgebühr könne nicht übernommen werden. Denn diese erfordere eine besondere Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung der Streitsache, wofür die bloße Vornahme von Verfahrenshandlungen nicht ausreiche. Als Auslagenpauschale könnten auch nur 20,00 EUR gefordert werden.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, es habe überdurchschnittlich hohe Bemühungen gegeben, um die Sache schnell, reibungslos und unstreitig zu erledigen, weshalb die Beklagte die geltend gemachte Erledigungsgebühr anerkennen müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.05.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Voraussetzung für die Geltendmachung der Erledigungsgebühr seien Aktivitäten des Prozessbevollmächtigten, die über die Einlegung und Begründung eines Widerspruchs hinausgingen. Eine solche Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten habe nicht vorgelegen.
Am 26.05.2008 hat der Kläger unter Fortführung seines Begehrens beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 28.06.2011, beim SG eingegangen am 01.07.2011, hat der Kläger folgenden Antrag gestellt: „Es wird beantragt, den Bescheid vom 31.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2008 abzuändern und die Beklagte dazu zu verurteilen, Kosten zu erstatten, die mit Kostennote vom 28.01.2008, dh in Differenz von 1.285,20 EUR zu 642,60 EUR erstatteten Euro.“
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30.06.2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, der Anfall einer Gebühr nach Nr. 1005 VV RVG für die Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten setze nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die aktive Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung voraus. Der Rechtsanwalt müsse eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne Entscheidung abzielende, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltenen Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgehende Tätigkeit entfaltet haben. Eine derartige Tätigkeit sei jedoch nicht ersichtlich. Die Vorlage des Befundberichts des Universitätsklinikums F. vom 26.07.2007 könne nicht als besondere, über die gebotene Begründung des Widerspruchs hinausgehende, auf die Erledigung ohne Entscheidung gerichtete Handlung gewertet werden. Erst aufgrund eines nochmaligen Gutachtens habe die Beklagte dem Widerspruch abhelfen können. Darüber hinaus betrage nach Nr. 7002 VV RVG die Unkostenpauschale nur 20,00 EUR. Das SG hat über das Rechtsmittel der Berufung belehrt, ohne die Berufung zugelassen zu haben.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 27.07.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.08.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 21.09.2011 hat er ausgeführt, dass bei „Draufsicht auf das Urteil des Sozialgerichtes auffällig“ sei, dass der Gegenstandswert bei 642,00 EUR liege. Hilfsweise werde „hiermit Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt“.
10 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
11 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.06.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 31.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2008 zu verurteilen, weitere 642,60 EUR zu erstatten.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen,
14 
Sie ist der Berufung entgegengetreten.
15 
Mit Schreiben vom 14.10.2011 hat der Berichterstatter den Kläger ua darauf hingewiesen, dass gegen das Urteil des SG Freiburg ausdrücklich Berufung eingelegt worden sei. Das SG habe die Berufung nicht zugelassen; die bloße Belehrung über das unzutreffende Rechtsmittel der Berufung stelle keine Berufungszulassung dar. Eine Umdeutung der eingelegten Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde sei nicht möglich. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Rechtsmittels sei auch eine dahingehende Auslegung nicht möglich. Auch die hilfsweise Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde sei nicht zulässig, da Rechtsmittel unbedingt zu erheben seien. Der Kläger ist aufgefordert worden, eindeutig zu erklären, ob das Berufungsverfahren fortgeführt werden solle. Sofern er Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des SG erheben wolle, werde er gebeten, dies eindeutig und unbedingt zu erklären.
16 
Der Kläger hat hierzu mit Schriftsatz vom 25.10.2011 folgendes ausgeführt:
17 
„Ihre Auffassung ist nicht zutreffend.
18 
Es gibt selbstverständlich Entscheidungen, bei denen die Nichtzulassungsbeschwerde hilfsweise eingelegt werden kann bzw. die Umdeutung des Rechtsmittels möglich ist.
19 
Wir bitten, etwas mehr Zeit als bis zum 14.11.2011 zu geben, da diese Entscheidungen erst mühselig herausgesucht werden müssen. Insbesondere der zweite Bevollmächtigte, Herr Rentenberater E., hat solche Entscheidungen vom LSG Baden-Württemberg erinnerlich.
20 
Wir können es aber auch einfacher machen, die Berufung zurücknehmen und gemäß § 66 Abs. 2 SGG erneut Nichtzulassungsbeschwerde einlegen.
21 
Dann ersparen wir uns alle das Suchen nach der anderen Entscheidung. Jedenfalls ist es auf keinen Fall so absolut, wie Sie das darstellen.
22 
Es wird um richterlichen Hinweis gemäß § 139 ZPO gebeten, wie am geschicktesten vorgegangen werden soll.
23 
Wir würden es präferieren, die Berufung zurückzunehmen und Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen.“
24 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die Berufung des Klägers ist zwar form- und fristgemäß (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegt, sie ist jedoch unzulässig, weil nicht statthaft.
26 
Nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG in der seit 01.04.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 24 Buchstabe a des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl I, S 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes, bei einer Klage die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR (Nr 1) oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden 10.000,00 EUR (Nr 2) nicht übersteigt. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Regelung der Nr 1 greift hier ein. Denn der Kläger hat im Klageverfahren eine (weitere) einmalige Geldleistung in Höhe von 642,60 EUR begehrt. Bei diesem Begehren handelt es sich auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG.
27 
Nachdem der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750,00 EUR nicht übersteigt, bedurfte die Berufung daher der Zulassung durch das SG. Eine solche Zulassung hat das SG nicht ausgesprochen. Dass die Rechtsmittelbelehrung die Berufung erwähnt, genügt allein nicht (st Rechtsprechung seit BSG, 28.03.1957, 7 RAr 103/55, BSGE 5, 92, 95; BSG, 23.07.1998, B 1 KR 24/96 R, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 144 Rdnr 40).
28 
Für die Frage, welches Rechtsmittel der Kläger eingelegt und ob er dieses unter eine Bedingung gestellt hat, kommt es gemäß § 106 Abs 1 SGG und § 133 BGB zunächst auf den wirklichen Willen und auf das erkennbare Prozessziel des Klägers an. Entscheidend ist, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat. Dabei ist der Rechtsmittelführer nicht allein am Wortlaut festzuhalten. Vor diesem Hintergrund liegt unzweifelhaft eine Berufung (§ 151 SGG) vor, wenn die Überprüfung eines Urteils oder Gerichtsbescheids des SG begehrt wird und unzweifelhaft ist, dass hierüber ohne vorherige besondere Zulassung entschieden werden darf. Hingegen ist das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) eingelegt, wenn der Rechtsmittelführer die Überprüfung der Nichtzulassung der Berufung durch das SG begehrt und eine Berufung ohne Zulassung nicht statthaft ist. Auch im Prozessrecht schadet eine bloß unrichtige Bezeichnung des Gemeinten nicht. Die Unklarheit kann der Rechtmittelführer allerdings auch dadurch ausräumen, dass er - ggf trotz eines Hinweises des Gerichts - daran festhält, ein nicht statthaftes Rechtsmittel einlegen zu wollen; denn keine Prozesserklärung kann und darf gegen den festgestellten Willen des Erklärenden „ausgelegt“ werden (BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3 mwN). Hinzu kommt, dass ein rechtskundiger Rechtsmittelführer bzw dessen Bevollmächtigter grundsätzlich am fachsprachlichen Wortlaut seiner gegenüber dem Gericht abgegebenen Erklärung festzuhalten ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn für das Gericht erkennbar ein Irrtum vorliegt oder wenn durch die Vorinstanz unzutreffend über den gegebenen Rechtsbehelf belehrt worden ist und sich der Rechtsmittelführer entsprechend der ihm erteilten Belehrung verhält (BSG aaO).
29 
Vorliegend hat der Kläger ausdrücklich Berufung eingelegt. Er hat aber auch erklärt, hilfsweise Nichtzulassungsbeschwerde einlegen zu wollen. Auf den Hinweis, die bedingte Einlegung eines Rechtsmittels sei unzulässig (zur Bedingungsfeindlichkeit von Rechtsmitteln vgl zuletzt BSG 10.03.2010, B 14 AS 71/09 R, juris unter Hinweis auf BVerwG, 17.02.1961, IV C 98.60, Buchholz 310 § 132 Nr 7; BSG, 04.02.2003, B 11 AL 5/03 R, juris; BSG, 05.06. 2001, B 2 U 10/01 R, juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 145 Rdnr 3b; Hennig, SGG, § 160a Rdnr 20 f, § 160 RdNr 28 ff mwN), hat der Kläger sinngemäß ausgeführt, zu überlegen sei, ob die Berufung zurückzunehmen und eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen sei. Aus diesem Vorbringen ergibt sich, dass der Kläger nicht nur ausdrücklich erklärt hat, Berufung einzulegen, sondern dies auch tun wollte. Eine Umdeutung des vom Kläger eindeutig und unmissverständlich als Berufung bezeichneten Rechtsmittels in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht, da der Kläger der falschen Rechtsmittelbelehrung folgend wirklich Berufung einlegen wollte (zur Umdeutung vgl BSG, 19.11.1996, 1 RK 18/95, SozR 3-1500 § 158 Nr 1 mwN; BSG, 08.11.2001, B 11 AL 19/01 R, juris; BSG, 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R, SozR 4-1500 § 158 Nr 1; BSG, 02.06.2004, B 7 AL 10/04 B, juris; BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3). Auch eine Auslegung des Rechtsmittels als Nichtzulassungsbeschwerde kommt vorliegend nicht in Betracht. Der Kläger hat mit seinem Rechtsmittel ausdrücklich und ausschließlich ein bestimmtes Rechtsmittel, nämlich eine Berufung, einlegen wollen. Er hat auch nachdem er vom Berichterstatter mit Schreiben vom 14.10.2011 darauf hingewiesen und um Stellungnahme gebeten wurde, ausdrücklich nur hilfsweise zu seinem Hauptantrag, die Zulassung der Berufung begehrt. Aus seinem Vorbringen ergibt sich für den Senat eindeutig, dass der Kläger bei Einlegung seines Rechtsmittels eben keine Nichtzulassungsbeschwerde, sondern eine Berufung erheben wollte. Da ein Irrtum des Bevollmächtigten des Klägers weder ersichtlich ist noch geltend gemacht wurde, ist der Kläger am Wortlaut seines Rechtsmittel festzuhalten. Insoweit kann sein Rechtsmittel auch nicht gegen seinen Willen und den eindeutigen Wortlaut ausgelegt werden (zur Auslegung vgl BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3; Beschlüsse des Senats, 14.10.2010, L 11 KR 1123/10, nv, sowie 24.09.2010, L 11 KR 3274/10, nv).
30 
Auch aus § 139 ZPO steht dem Kläger kein weitergehender verfahrensrechtlicher Anspruch zu. Insbesondere begründen weder § 139 ZPO noch § 106 SGG über Hinweispflichten hinausgehenden Ansprüche. Insbesondere ergibt sich hieraus kein Anspruch auf einen gerichtlichen Hinweis darauf, wie der anwaltlich vertretene Kläger „am geschicktesten“ vorzugehen habe.
31 
Hat der Kläger damit aber Berufung eingelegt, ist diese wegen Nichtüberschreitens der in § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG festgelegten Schwelle nicht statthaft und daher als unzulässig zurückzuweisen.
32 
Der Hilfsantrag, die Berufung zuzulassen, ist im vorliegenden Verfahren unzulässig. Der Zulässigkeit steht zunächst entgegen, dass dieses Rechtsmittel nur hilfsweise, also bedingt (Bernsdorff in Hennig, SGG, § 145 Rdnr 10), eingelegt worden ist (zur Bedingungsfeindlichkeit vgl die oben zitierte Rechtsprechung). Eine hilfsweise - für den Fall der Nichtstatthaftigkeit der gleichzeitig eingelegten Berufung - erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil es sich bei dieser Bedingung nicht um eine bloße unschädliche Bezeichnung eines innerprozessualen Bedingungsverhältnisses handelt (BFH, 27.11.2007, IX R 66/07, juris). Im Übrigen kann außerhalb eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nicht über die Zulassung der Berufung entschieden werden (BSG, 19.11.1996, 1 RK 18/95, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG, 22.01.1998, B 14/10 KG 17/96 R, juris; BSG, 23.07.1998, B 1 KR 24/96 R, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3). Einen eigenständigen Antrag auf Zulassung der Berufung, der als Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu führen gewesen wäre, hat der Kläger aber nicht gestellt. Dies ergibt schon sein eigener Vortrag, wonach er noch überlege, eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen (vgl sein Schriftsatz vom 25.10.2011). Eine Auslegung dahingehend, dass der rechtskundig vertretene Kläger eindeutig und unbedingt Nichtzulassungsbeschwerde erheben wollte, ist bei diesem Sachverhalt nicht möglich
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
34 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).

Gründe

 
25 
Die Berufung des Klägers ist zwar form- und fristgemäß (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegt, sie ist jedoch unzulässig, weil nicht statthaft.
26 
Nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG in der seit 01.04.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 24 Buchstabe a des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl I, S 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes, bei einer Klage die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR (Nr 1) oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden 10.000,00 EUR (Nr 2) nicht übersteigt. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Regelung der Nr 1 greift hier ein. Denn der Kläger hat im Klageverfahren eine (weitere) einmalige Geldleistung in Höhe von 642,60 EUR begehrt. Bei diesem Begehren handelt es sich auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG.
27 
Nachdem der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750,00 EUR nicht übersteigt, bedurfte die Berufung daher der Zulassung durch das SG. Eine solche Zulassung hat das SG nicht ausgesprochen. Dass die Rechtsmittelbelehrung die Berufung erwähnt, genügt allein nicht (st Rechtsprechung seit BSG, 28.03.1957, 7 RAr 103/55, BSGE 5, 92, 95; BSG, 23.07.1998, B 1 KR 24/96 R, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 144 Rdnr 40).
28 
Für die Frage, welches Rechtsmittel der Kläger eingelegt und ob er dieses unter eine Bedingung gestellt hat, kommt es gemäß § 106 Abs 1 SGG und § 133 BGB zunächst auf den wirklichen Willen und auf das erkennbare Prozessziel des Klägers an. Entscheidend ist, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat. Dabei ist der Rechtsmittelführer nicht allein am Wortlaut festzuhalten. Vor diesem Hintergrund liegt unzweifelhaft eine Berufung (§ 151 SGG) vor, wenn die Überprüfung eines Urteils oder Gerichtsbescheids des SG begehrt wird und unzweifelhaft ist, dass hierüber ohne vorherige besondere Zulassung entschieden werden darf. Hingegen ist das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) eingelegt, wenn der Rechtsmittelführer die Überprüfung der Nichtzulassung der Berufung durch das SG begehrt und eine Berufung ohne Zulassung nicht statthaft ist. Auch im Prozessrecht schadet eine bloß unrichtige Bezeichnung des Gemeinten nicht. Die Unklarheit kann der Rechtmittelführer allerdings auch dadurch ausräumen, dass er - ggf trotz eines Hinweises des Gerichts - daran festhält, ein nicht statthaftes Rechtsmittel einlegen zu wollen; denn keine Prozesserklärung kann und darf gegen den festgestellten Willen des Erklärenden „ausgelegt“ werden (BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3 mwN). Hinzu kommt, dass ein rechtskundiger Rechtsmittelführer bzw dessen Bevollmächtigter grundsätzlich am fachsprachlichen Wortlaut seiner gegenüber dem Gericht abgegebenen Erklärung festzuhalten ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn für das Gericht erkennbar ein Irrtum vorliegt oder wenn durch die Vorinstanz unzutreffend über den gegebenen Rechtsbehelf belehrt worden ist und sich der Rechtsmittelführer entsprechend der ihm erteilten Belehrung verhält (BSG aaO).
29 
Vorliegend hat der Kläger ausdrücklich Berufung eingelegt. Er hat aber auch erklärt, hilfsweise Nichtzulassungsbeschwerde einlegen zu wollen. Auf den Hinweis, die bedingte Einlegung eines Rechtsmittels sei unzulässig (zur Bedingungsfeindlichkeit von Rechtsmitteln vgl zuletzt BSG 10.03.2010, B 14 AS 71/09 R, juris unter Hinweis auf BVerwG, 17.02.1961, IV C 98.60, Buchholz 310 § 132 Nr 7; BSG, 04.02.2003, B 11 AL 5/03 R, juris; BSG, 05.06. 2001, B 2 U 10/01 R, juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 145 Rdnr 3b; Hennig, SGG, § 160a Rdnr 20 f, § 160 RdNr 28 ff mwN), hat der Kläger sinngemäß ausgeführt, zu überlegen sei, ob die Berufung zurückzunehmen und eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen sei. Aus diesem Vorbringen ergibt sich, dass der Kläger nicht nur ausdrücklich erklärt hat, Berufung einzulegen, sondern dies auch tun wollte. Eine Umdeutung des vom Kläger eindeutig und unmissverständlich als Berufung bezeichneten Rechtsmittels in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht, da der Kläger der falschen Rechtsmittelbelehrung folgend wirklich Berufung einlegen wollte (zur Umdeutung vgl BSG, 19.11.1996, 1 RK 18/95, SozR 3-1500 § 158 Nr 1 mwN; BSG, 08.11.2001, B 11 AL 19/01 R, juris; BSG, 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R, SozR 4-1500 § 158 Nr 1; BSG, 02.06.2004, B 7 AL 10/04 B, juris; BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3). Auch eine Auslegung des Rechtsmittels als Nichtzulassungsbeschwerde kommt vorliegend nicht in Betracht. Der Kläger hat mit seinem Rechtsmittel ausdrücklich und ausschließlich ein bestimmtes Rechtsmittel, nämlich eine Berufung, einlegen wollen. Er hat auch nachdem er vom Berichterstatter mit Schreiben vom 14.10.2011 darauf hingewiesen und um Stellungnahme gebeten wurde, ausdrücklich nur hilfsweise zu seinem Hauptantrag, die Zulassung der Berufung begehrt. Aus seinem Vorbringen ergibt sich für den Senat eindeutig, dass der Kläger bei Einlegung seines Rechtsmittels eben keine Nichtzulassungsbeschwerde, sondern eine Berufung erheben wollte. Da ein Irrtum des Bevollmächtigten des Klägers weder ersichtlich ist noch geltend gemacht wurde, ist der Kläger am Wortlaut seines Rechtsmittel festzuhalten. Insoweit kann sein Rechtsmittel auch nicht gegen seinen Willen und den eindeutigen Wortlaut ausgelegt werden (zur Auslegung vgl BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3; Beschlüsse des Senats, 14.10.2010, L 11 KR 1123/10, nv, sowie 24.09.2010, L 11 KR 3274/10, nv).
30 
Auch aus § 139 ZPO steht dem Kläger kein weitergehender verfahrensrechtlicher Anspruch zu. Insbesondere begründen weder § 139 ZPO noch § 106 SGG über Hinweispflichten hinausgehenden Ansprüche. Insbesondere ergibt sich hieraus kein Anspruch auf einen gerichtlichen Hinweis darauf, wie der anwaltlich vertretene Kläger „am geschicktesten“ vorzugehen habe.
31 
Hat der Kläger damit aber Berufung eingelegt, ist diese wegen Nichtüberschreitens der in § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG festgelegten Schwelle nicht statthaft und daher als unzulässig zurückzuweisen.
32 
Der Hilfsantrag, die Berufung zuzulassen, ist im vorliegenden Verfahren unzulässig. Der Zulässigkeit steht zunächst entgegen, dass dieses Rechtsmittel nur hilfsweise, also bedingt (Bernsdorff in Hennig, SGG, § 145 Rdnr 10), eingelegt worden ist (zur Bedingungsfeindlichkeit vgl die oben zitierte Rechtsprechung). Eine hilfsweise - für den Fall der Nichtstatthaftigkeit der gleichzeitig eingelegten Berufung - erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil es sich bei dieser Bedingung nicht um eine bloße unschädliche Bezeichnung eines innerprozessualen Bedingungsverhältnisses handelt (BFH, 27.11.2007, IX R 66/07, juris). Im Übrigen kann außerhalb eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nicht über die Zulassung der Berufung entschieden werden (BSG, 19.11.1996, 1 RK 18/95, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG, 22.01.1998, B 14/10 KG 17/96 R, juris; BSG, 23.07.1998, B 1 KR 24/96 R, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3). Einen eigenständigen Antrag auf Zulassung der Berufung, der als Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu führen gewesen wäre, hat der Kläger aber nicht gestellt. Dies ergibt schon sein eigener Vortrag, wonach er noch überlege, eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen (vgl sein Schriftsatz vom 25.10.2011). Eine Auslegung dahingehend, dass der rechtskundig vertretene Kläger eindeutig und unbedingt Nichtzulassungsbeschwerde erheben wollte, ist bei diesem Sachverhalt nicht möglich
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
34 
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. April 2009 - 5 K 2759/07 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Abwasserbeiträgen.
Die Klägerin ist Eigentümerin von Grundstücken im Gebiet der Beklagten, auf denen sie u.a. ein Kalkwerk betreibt. Sie ist Rechtsnachfolgerin der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“, die bis zum 27.12.2001 Eigentümerin dieser Grundstücke war.
Geschäftszweck der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ war die Herstellung und der Vertrieb von Baustoffen auf Kalkbasis, von Düngeprodukten sowie der Vertrieb, die Vermietung und Verleihung von technischen Geräten, insbesondere für die Bauwirtschaft. Die Gesellschaft wurde im Jahre 1970 als „... Fertigputz GmbH“ mit Sitz in ... gegründet. Sie übernahm das bereits seit einiger Zeit betriebene Kalkwerk, das am ..., einem Teil des ..., südwestlich der Ortslage von ... liegt.
Im Jahre 1993 wurde die „... Holding Verwaltungs-GmbH“ ebenfalls mit Sitz in ... gegründet. Ihre Firma wurde im Jahre 2000 auf „Heidelberger ... GmbH“ geändert. Diese hielt die Gesellschaftsanteile an der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“. Aufgrund Verschmelzungsvertrags vom 28.08.2001 wurde die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ - gemeinsam mit weiteren Gesellschaften der ...-Gruppe - auf die „Heidelberger ... GmbH“ verschmolzen. Die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister erfolgte am 27.12.2001. Die übernehmende Gesellschaft firmierte zunächst unverändert unter „Heidelberger ... GmbH“. Im Dezember 2002 wurde die Firma in „... Deutschland GmbH“ geändert. Die „... Deutschland GmbH“ wurde während des gerichtlichen Verfahrens nach Maßgabe des Verschmelzungsvertrags vom 16.06.2009 schließlich auf die Klägerin als übernehmendem Rechtsträger verschmolzen. Die Eintragung erfolgte am 20.07.2009.
Die Beklagte leitete im Jahre 1997 ein Bebauungsplanverfahren für die Flächen des Kalkwerks ein. Der Bebauungsplan „...“ vom 13.11.2001 setzt für den Bereich des Kalkwerks ein Industriegebiet fest.
Die maßgeblichen Vorschriften der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung - Abwassersatzung - (im Folgenden: AbwS) vom 13.11.2001 lauten wie folgt:
§3
Berechtigung und Verpflichtung zum Anschluss und zur Benutzung
        
(1) Die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Abwasser anfällt, sind nach näherer Bestimmung dieser Satzung berechtigt und verpflichtet, ihre Grundstücke an die öffentlichen Abwasseranlagen anzuschließen, diese zu benutzen und das gesamte auf den Grundstücken anfallende Abwasser der Gemeinde im Rahmen des § 45 b Abs. 1 WG zu überlassen. …
§ 23
Gegenstand der Beitragspflicht
        
(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, wenn sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen.
(2) Wird ein Grundstück an die öffentlichen Abwasseranlagen tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt sind,
§ 24
Beitragsschuldner
        
(1) Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt der Zustellung des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist. …                                             
10 
§ 33
Entstehung der Beitragsschuld
        
(1) Die Beitragsschuld entsteht:
1. In den Fällen des § 23 Abs. 1, sobald das Grundstück an den öffentlichen Kanal angeschlossen werden kann.                                                    
2. In den Fällen des § 23 Abs. 2 mit dem Anschluss, frühesten jedoch mit dessen Genehmigung.
3. …
11 
Unter dem 14.12.2001 erließ die Beklagte für die anzuschließenden Grundstücke im Bebauungsplangebiet „...“ einen Vorausleistungsbescheid auf den Abwasserbeitrag in Höhe von 240.000,-- EUR, der an die damalige Eigentümerin, die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“, gerichtet war. Mit Schreiben vom 28.08.2002 teilte die Beklagte der Firma „Heidelberger ... GmbH“, die zu diesem Zeitpunkt Eigentümerin der Grundstücke im Bereich des Kalkwerks war, mit, nach Abschluss der Bauarbeiten sei der Anschluss ihrer Grundstücke an den öffentlichen Schmutzwasserkanal nun technisch möglich und es bestehe deshalb die Verpflichtung, die Grundstücke anzuschließen. Im Schreiben hieß es ferner: „Über die zu entrichtenden Beiträge werden Ihnen noch gesonderte Bescheide zugehen.“
12 
Mit zwei Bescheiden vom 27.12.2006 setzte die Beklagte für im Einzelnen aufgeführte Grundstücke des Kalkwerks Abwasserbeiträge in Höhe von insgesamt 1.004.000,45 EUR fest (931.801,05 EUR für „Flurstück-Nr. 3579 u.a.“ und 72.199,40 EUR für „Flurstück-Nr. 3671 u.a.“). Adressiert waren die Beitragsbescheide an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“. Die den Bescheiden jeweils als Anlage beigefügten Aufstellungen der einzelnen Grundstücke und der dazu gehörenden Bemessungsgrundlagen sind überschrieben mit „Flächen der ... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“.
13 
Gegen die Beitragsbescheide vom 27.12.2006 erhob die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Firma „... Deutschland GmbH“, jeweils am 16.01.2007 mit der Begründung Widerspruch, die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ sei im maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr Grundstückseigentümerin gewesen und die Bescheide seien deshalb nicht an den richtigen Beitragsschuldner gerichtet. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2007 wies das Landratsamt ...-... die Widersprüche mit der Begründung zurück, die Rechtsvorgängerin der Klägerin dürfe sich nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass die Bescheide fehlerhaft adressiert seien.
14 
Auf die von der Rechtsvorgängerin der Klägerin am 19.12.2007 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Freiburg mit Urteil vom 29.04.2009 die Abwasserbeitragsbescheide der Beklagten vom 27.12.2006 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts ...-... vom 23.11.2007 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Die Bescheide seien nicht an den richtigen Beitragsschuldner - nämlich den Eigentümer - gerichtet und daher rechtswidrig. Die an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ adressierten Beitragsbescheide könnten nicht dahin ausgelegt werden, dass die Rechtsnachfolgerin - die „... Deutschland GmbH“ - als Eigentümerin der Grundstücke Adressat der Bescheide sei. Die Bescheide seien nicht auslegungsfähig. Eine Auslegung komme nur dann in Betracht, wenn eine Regelung nicht eindeutig sei. Die Bescheide seien hier aber eindeutig an die Rechtsvorgängerin der „... Deutschland GmbH“ gerichtet. Dies sei geschehen, obwohl der Beklagten habe klar sein müssen, dass die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide nicht mehr existent gewesen sei. Diese Beurteilung werde durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gestützt. Danach seien Verwaltungsakte, die an einen durch Umwandlung erloschenen Rechtsträger ergangen seien, rechtswidrig, selbst wenn sie in den Machtbereich des Rechtsnachfolgers gelangt seien, von diesem zur Kenntnis genommen und als für diesen bestimmt behandelt worden seien. Insbesondere vor dem Hintergrund der Formstrenge im Abgabenrecht könnten Fehler in der Bezeichnung des Steuerschuldners im Bescheid auch nicht durch Richtigstellung im weiteren Verfahren geheilt werden, auch nicht dadurch, dass sich der Empfänger als Adressat angesehen habe. Vielmehr sei nach Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge der Abgabenbescheid an den Rechtsnachfolger zu richten. Die Beklagte könne dem nicht entgegenhalten, die „... Deutschland GmbH“ habe durch ihr Verhalten gegen Treu und Glauben verstoßen und sei deshalb als Adressat der Bescheide anzusehen. Es verstoße insbesondere nicht gegen Treu und Glauben, dass die „... Deutschland GmbH“ das Grundbuch nicht habe berichtigen lassen; der außerhalb des Grundbuchs vollzogene Eigentumswechsel sei nämlich im Handelsregister hinreichend dokumentiert.
15 
Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 22.10.2009 zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend: Es dürfe nicht von der Nichtigkeit bzw. Rechtswidrigkeit eines Beitragsbescheids ausgegangen werden, wenn sich im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der den Betroffenen bekannten Umstände ergebe, wer Adressat des Bescheids sei. Danach sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, die angefochtenen Bescheide seien nicht auslegungsfähig. Zur Beantwortung der Frage, ob ein Bescheid auslegungsfähig sei, dürfe nicht lediglich das Adressfeld, sondern müsse der Bescheid in der Gesamtheit seines objektiven Erklärungsgehaltes betrachtet werden. Danach verwiesen aber die Bescheide gerade nicht mit Eindeutigkeit auf die Beitragsschuldnerschaft der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“, sondern auch auf die „beitragspflichtigen Grundstücke“. Die deshalb vorzunehmende Auslegung ergebe, dass die Bescheide an die „... Deutschland GmbH“ gerichtet gewesen seien. Ihr sei als Rechtsnachfolgerin positiv bekannt gewesen, dass die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ zum Zeitpunkt des Erlasses der Beitragsbescheide am 27.12.2006 nicht mehr existiert habe. Ihr sei damit positiv bekannt gewesen, dass die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ nicht habe Beitragsschuldnerin sein können. Aufgrund des an die „Heidelberger ... GmbH“ gerichteten Schreibens vom 28.08.2002, in dem auf gesonderte Bescheide betreffend die zu entrichtenden Beiträge für die Grundstücke hingewiesen worden sei, sei dieser bekannt gewesen, dass sie als Grundstückseigentümerin Beitragsschuldnerin sei. Im Bescheid werde zudem auf eine Beitragsfestsetzung für konkrete Grundstücke verwiesen. Auch unter diesem Aspekt sei ihr bekannt gewesen, dass sie als Grundstückseigentümerin Beitragsschuldnerin sei. Da eine Auslegung unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben vorzunehmen sei, sei schließlich zu berücksichtigen, dass die „... Deutschland GmbH“ auch Jahre nach der Verschmelzung das Grundbuch noch nicht habe ändern lassen.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. April 2009 - 5 K 2759/07 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend führt sie aus: Die angefochtenen Bescheide seien aufgrund ihres objektiven Erklärungsgehalts an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ gerichtet. Diese Adressierung lasse keinerlei Raum für eine Auslegung, da jede Auslegung Unklarheit voraussetze. Die Bescheide vom 27.12.2006 seien aber nicht unklar, sondern falsch gewesen. Diese inhaltliche Unrichtigkeit könne nicht durch Auslegung berichtigt werden.
21 
Eine Auslegung sei auch deshalb nicht möglich, weil die Beklagte in der früheren Korrespondenz sehr genau und stets richtig zwischen den verschiedenen Gesellschaften zu unterscheiden gewusst habe, die in ihrer Firma den Firmenbestandteil „...“ geführt hätten. So sei das Schreiben vom 28.08.2002, mit dem die Beklagte die „Heidelberger ... GmbH“ zum Anschluss ihrer Grundstücke an den öffentlichen Schmutzwasserkanal aufgefordert habe, im Unterschied zu den angefochtenen Bescheiden zutreffend an den damaligen Grundstückseigentümer adressiert gewesen. Auch der - zuvor ergangene - Vorausleistungsbescheid vom 14.12.2001 sei eindeutig und der damaligen Eigentumslage entsprechend an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ gerichtet worden. Angesichts dieser klaren Abfolge eines eindeutigen und zutreffend adressierten Vorausleistungsbescheids und eines ebenso eindeutigen und zutreffend adressierten Aufforderungsschreibens gebe es keinen Anlass, vom Wortlaut der Bescheide vom 27.12.2006 abzuweichen.
22 
Die Auslegung der angefochtenen Bescheide verbiete sich auch deshalb, weil die Beklagte die Bescheide bewusst und gewollt an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ und nicht an die „... Deutschland GmbH“ gerichtet habe. Denn sie sei der Auffassung gewesen, dass die Bescheide an den im Grundbuch als Grundstückseigentümer Eingetragenen zu richten seien. Damit entspreche auch der subjektive Erklärungswille exakt dem Erklärten. Im Übrigen habe es der Beklagten im Hinblick auf die „... Deutschland GmbH“ am Bekanntmachungswillen gefehlt. Die Beklagte habe die Bescheide gerade nicht der „... Deutschland GmbH“ bekannt geben wollen, sondern deren Rechtsvorgängerin.
23 
Dem Senat liegt die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Freiburg vor. Auf diese Unterlagen und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Anfechtungsklage abweisen müssen, denn die Abwasserbeitragsbescheide der Beklagten vom 27.12.2006 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts ...-... vom 23.11.2007 sind rechtmäßig und verletzen daher die Klägerin nicht in ihren Rechten.
25 
1. Die angegriffenen Abwasserbeitragsbescheide sind inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG). Aus den Bescheiden ergibt sich insbesondere eindeutig, gegen wen sie sich richten; danach schuldet die „... Deutschland GmbH“ die festgesetzten Abwasserbeiträge und nicht deren Rechtsvorgängerin, die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“.
26 
a) Ein inhaltlich unbestimmter Verwaltungsakt ist grundsätzlich nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i.V.m. § 125 AO nichtig. Eine inhaltliche Unbestimmtheit liegt jedoch nur dann vor, wenn sich etwaige dem Bescheid anhaftende Unklarheiten auch durch Auslegung nicht beheben lassen. Dabei kommt es nicht darauf an, was die Behörde mit ihrer Erklärung gewollt hat oder wie ein außenstehender Dritter den materiellen Gehalt des Bescheides verstehen würde. Der Bescheid ist vielmehr - wie allgemein im Rechtsverkehr bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen - bei entsprechender Anwendung des § 133 BGB nach dem objektiven Verständnishorizont des Empfängers auszulegen. Entscheidend ist damit, wie der Inhaltsadressat selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung (des Bescheids) unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (allgemeine Auffassung der Bundesgerichte, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 - 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301; Urteil vom 25.02.1994 - 8 C 2.92 - KStZ 1995, 73; BGH, Urteil vom 09.02.2006 - IX ZR 151/04 - NJW-RR 2006, 1096; BFH, Urteil vom 27.11.1996 - X R 20/95 - BFHE 183, 348). Maßgebender Zeitpunkt ist der Zugang des Bescheids.
27 
Die Vorschrift des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG konkretisiert die Anforderungen, die § 119 Abs. 1 AO an die Bestimmtheit eines Abgabenbescheids stellt. Der Bescheid muss danach u.a. erkennen lassen, wer die Abgabe schuldet, und zwar mit solcher Deutlichkeit, dass Verwechslungen hinsichtlich des Abgabenschuldners ausgeschlossen sind. Auch im Hinblick auf den Abgabenschuldner gelten aber die dargestellten allgemeinen Regeln der Auslegung von Verwaltungsakten (BVerwG, Urteil vom 25.02.1994, aaO; BGH, Urteil vom 09.02.2006, aaO; BFH, Urteil vom 25.01.2006 - I R 52/05 - BFH/NV 2006, 1243; Thür. OVG, Beschluss vom 28.01.2005 - 4 ZKO 360/04 - ZKF 2005, 281). Es genügt deshalb, wenn sich der Adressat bei nicht richtiger Eintragung im Anschriftenfeld aus dem Bescheidinhalt insgesamt oder beigefügten Anlagen entnehmen lässt. Auch vorangegangene Bescheide und Schreiben zwischen den Beteiligten sowie die sonstigen den Betroffenen bekannten oder für sie ohne weiteres erkennbaren Umstände sind bei der Auslegung heranzuziehen (BVerwG, Urteil vom 18.04.1997, aaO; Thür. OVG, Beschluss vom 28.01.2005, aaO). Für eine hinreichend bestimmte Bezeichnung des Inhaltsadressaten ist damit - auch bei fehlerhafter Eintragung im Anschriftenfeld - dessen sichere Identifizierung erforderlich und ausreichend; Formalismus ist nicht angebracht.
28 
b) Unter Anlegung dieser Maßstäbe musste sich die „... Deutschland GmbH“ (die Rechtsvorgängerin der Klägerin) als Inhaltsadressatin und damit als Schuldnerin ansehen. Die Beitragsbescheide führen zwar im Adressfeld die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ auf, die lediglich bis zum 27.12.2001 Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks war. Im Zeitpunkt des Zugangs der Bescheide konnte die „... Deutschland GmbH“ bzw. deren Organe die Bescheide entsprechend ihrem objektiven Verständnishorizont auf Grundlage der für sie ohne weiteres erkennbaren Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben aber nur so verstehen, dass nicht die schon mehrere Jahre zuvor durch gesellschaftsrechtliche Verschmelzung erloschene und damit als Rechtsträger nicht mehr existente „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“, sondern sie selbst als aktuelle Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks zum Beitrag herangezogen werden sollte.
29 
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin wusste, dass sie Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks ist und dass sie für diese nach der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung - Abwassersatzung - (im Folgen: AbwS) vom 13.11.2001 beitragspflichtig geworden war, nachdem sie ihre Grundstücke - nach Anschluss der ... Schmutzwasserentsorgung an die Kläranlage des Abwasserzweckverbandes „... ...“ - an den öffentlichen Abwasserkanal angeschlossen und ihre eigene Hauskläranlage stillgelegt hatte. Schließlich musste sie auch wissen, dass sich ihre grundsätzlich bestehende Beitragspflicht so verdichtet hatte, dass ihr gegenüber jederzeit die Beitragsbescheide erlassen werden konnten. Bereits aus dem noch an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ als damalige Eigentümerin der Grundstücke gerichteten Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 14.12.2001 ergibt sich unzweifelhaft die Beitragspflicht der anzuschließenden Grundstücke des Kalkwerks. Aufgrund des Schreiben vom 28.08.2002, das die Beklagte nach erfolgter Verschmelzung und dem Erlöschen der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ in Übereinstimmung mit der Rechtslage an die Rechtsvorgängerin der Klägerin unter ihrer damaligen Firmierung „Heidelberger ... GmbH“ gerichtet hatte, war für diese ferner offensichtlich, dass - nach der Verschmelzung der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ mit der „Heidelberger ... GmbH“ und dem daraus folgenden Erlöschen der Erstgenannten - nunmehr sie selbst für die Grundstücke des Kalkwerks beitragspflichtig geworden war und sie deshalb zukünftig zu den gesetzlichen Abwasserbeiträgen veranlagt würde; insoweit heißt es im Schreiben vom 28.08.2002 ausdrücklich, „über die zu entrichtenden Beiträge werden ihnen (d.h. der Rechtsvorgängerin der Klägerin) noch gesonderte Bescheide zugehen“.
30 
Vor dem Hintergrund dieser Vorgeschichte und insbesondere der ihr seitens der Beklagten mitgeteilten Informationen musste die Rechtsvorgängerin der Klägerin bei Erhalt der Bescheide vom 27.12.2006 „auf den ersten Blick“ von einer versehentlich fehlerhaften Adressierung der Bescheide durch die Beklagte ausgehen. Da die Rechtsvorgängerin der Klägerin nach ihrem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten die Verschmelzung der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ mitgeteilt hatte und sie auf der Grundlage des behördlichen Schreibens vom 28.08.2002 - das die Beklagte nach der Verschmelzung bereits an die neue Eigentümerin gerichtet hatte - auch von der Kenntnis der Beklagten über die neue Rechtslage und damit den richtigen Beitragsschuldner ausgehen musste, stellte sich aus ihrer Sicht die Sache als Versehen - vergleichbar einem Tipp- oder Computerfehler - dar. War es - mit anderen Worten - aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin so, dass die Beklagte schon seit Jahren Kenntnis vom Eigentum der „... Deutschland GmbH“ an den Grundstücken des Kalkwerks hatte und diese deshalb auch als beitragspflichtig ansah, so hatte die Behörde hier - zugespitzt formuliert - die richtige Person falsch, nicht aber die falsche Person richtig bezeichnet.
31 
Diese Auslegung findet ihre Bestätigung in dem Umstand, dass die im Adressfeld fehlerhaft angeführte „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ im Zeitpunkt der Beitragserhebung schon seit Jahren nicht mehr existent war und dies - wie oben dargelegt - nach objektivem Verständnishorizont auch der Beklagten bewusst gewesen sein musste. Mit Verschmelzungsvertrag vom 28.08.2001 und entsprechenden Gesellschafterversammlungsbeschlüssen vom selben Tag wurde die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ - gemeinsam mit weiteren Gesellschaften der ...-Gruppe - auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin unter ihrer damaligen Firmierung „Heidelberger ... GmbH“ verschmolzen. Eine solche Verschmelzung von Gesellschaften im Sinne der §§ 1 Nr. 1, 2 Nr. 1, 4 ff UmwG führt dazu, dass gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG mit der Eintragung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Übernehmer übergeht. Eine gesonderte Einzelübertragung bestimmter Vermögensgegenstände ist danach grundsätzlich nicht erforderlich. Daher bedarf es z.B. für eine Grundstücksübertragung keiner Auflassung, das Eigentum geht vielmehr kraft Gesetzes auf den übernehmenden Rechtsträger über. Der übertragende Rechtsträger erlischt nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG, ohne dass es einer besonderen Löschung oder einer speziellen Eintragung des Erlöschens bedarf. Der übertragende Rechtsträger ist damit als Rechtssubjekt nicht mehr existent (vgl. zum Ganzen: Simon in Dauner-Lieb/Simon, Kölner Kommentar zum Umwandlungsgesetz, § 2 Rdnrn. 30, 32, 36, 38; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl. § 20 Rdnr. 31). Aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin war demnach offensichtlich, dass im Dezember 2006 die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ nicht mehr beitragspflichtig sein konnte und deshalb ihre denkbare Inanspruchnahme ins Leere gehen würde. Aus ihrer Sicht waren diese Umstände der Behörde auch allesamt bekannt.
32 
In diesem Sinne hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 25.02.1994 (aaO) einen fehlerhaft an eine Wohnungseigentümergemeinschaft - anstatt an die einzelnen Wohnungseigentümer - adressierten Abgabenbescheid als auslegungsfähig und damit als hinreichend bestimmt angesehen. Einer Auslegung stand nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen, dass nach damaliger Rechtsauffassung die „Gemeinschaft“ der Wohnungseigentümer nicht rechtsfähig war und dementsprechend der Bescheid an eine nicht existente Rechtspersönlichkeit adressiert war (die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde erst mit Beschluss des BGH vom 02.06.2005 - V ZB 32/05 - NJW 2005, 2061 - anerkannt); die fehlende Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft sah das Bundesverwaltungsgericht vielmehr als ein Indiz dafür an, dass tatsächlich die einzelnen Wohnungseigentümer zur Abgabe herangezogen werden sollten.
33 
c) Keiner Beantwortung bedarf die Frage, ob eine Auslegung im genannten Sinne auch dann in Betracht gekommen wäre, wenn aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin die Beklagte - etwa aufgrund einer rechtlich fehlerhaften Beurteilung im Vorfeld der Beitragserhebung - bewusst und gewollt die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ als Inhaltsadressaten bezeichnet hätte. Nach den Angaben des Sachbearbeiters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat dieser zwar die Bescheide bewusst deshalb an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ gerichtet, weil diese nach Auskunft des Grundbuchamtes im Grundbuch noch als Eigentümerin der veranlagten Grundstücke eingetragen war; ein Versehen hinsichtlich des Inhaltsadressaten in Form eines Tipp- oder Computerfehlers lag damit tatsächlich nicht vor. Für die Auslegung kommt es jedoch gerade nicht darauf an, was die Behörde mit ihrer Erklärung tatsächlich gewollt hat. Entscheidend ist hier allein, dass aus der maßgeblichen Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Hinblick auf das behördliche Schreiben vom 28.08.2002, aus dem sich die Kenntnis der Beklagten über die geänderten Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken ergab, ein behördliches Versehen - vergleichbar einem Tipp- oder Computerfehler - vorliegen musste. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang weiter, dass die Beklagte bereits im Januar 2007 der Rechtsvorgängerin der Klägerin die näheren Umstände der „Falschadressierung“ offenlegte und erläuterte. Aus Umständen, die erst nach der Bekanntgabe oder Zustellung der auszulegenden Erklärung zutage treten, kann nichts für deren Verständnis hergeleitet werden.
34 
d) Auch der Einwand des Verwaltungsgerichts, die Beitragsbescheide seien nicht auslegungsfähig, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht meint, die Adressierung - ... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH - sei eindeutig, und schließt daraus, dass eine Auslegung der Bescheide nicht in Betracht komme. Diese Auffassung verstößt gegen das sich aus der entsprechenden Anwendung der §§ 133, 157 BGB ergebende Verbot einer sich ausschließlich am Wortlaut orientierenden Interpretation. Mit seiner ausschließlich auf den Wortlaut abstellenden Sichtweise verkennt das Verwaltungsgericht, dass die Feststellung, ob eine Erklärung eindeutig ist oder nicht, sich erst durch eine alle Umstände berücksichtigende Auslegung treffen lässt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19.12.2001 - XII ZR 281/99 - NJW 2002, 1260; Urteil vom 08.12.1982 - IVa ZR 94/81 - NJW 1983, 672). Danach sind die Beitragsbescheide trotz der unrichtigen Eintragung im Adressfeld - wie oben bereits dargelegt - erkennbar an die Rechtsvorgängerin der Klägerin gerichtet.
35 
e) Eine abweichende Einschätzung rechtfertigt auch nicht die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach ein Verwaltungsakt unwirksam ist, wenn er sich gegen ein nicht oder nicht mehr existierendes Steuersubjekt richtet. Hiervon ist der Bundesfinanzhof u.a. für den Fall ausgegangen, dass der Adressat des Verwaltungsakts eine Gesellschaft ist, die bei Erlass des Verwaltungsakts durch Umwandlung erloschen war und daher in diesem Zeitpunkt nicht mehr existierte (vgl. dazu BFH, Urteil vom 25.01.2006 - I R 52/05 - BFH/NV 2006, 1243; Beschluss des Großen Senats vom 21.10.1985 - GrS 4/84 - BFHE 145, 110). Daran ist richtig, dass ein Abgabenbescheid dann nichtig ist, wenn sich bei der vorzunehmenden Auslegung nach objektivem Verständnishorizont die Inanspruchnahme einer durch Umwandlung erloschenen Gesellschaft und damit eines nicht mehr existierenden Abgabensubjekts ergibt. Eine solche Feststellung kann aber erst nach erfolgter Auslegung und damit nicht allein aufgrund des Wortlauts des Adressfeldes und damit einer etwaigen fehlerhaften Bezeichnung des Adressaten getroffen werden.
36 
Gegen die vorgenommene Auslegung spricht ferner nicht der Umstand, dass die streitgegenständlichen Beitragsbescheide mit ihrer „unrichtigen“ Eintragung im Adressfeld die Grundlage für eine mögliche Zwangsvollstreckung der Beiträge gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin bilden. In Fällen, in denen - wie hier - der richtige Adressat eindeutig identifizierbar, aber falsch bezeichnet ist, besteht die Befugnis seitens der Behörde, die falsche Bezeichnung zu berichtigen (vgl. etwa BFH, Urteil vom 14.10.1992 - II R 3/89 - BFH/NV 1993, 218; Urteil vom 26.06.1974 - II R 199/72 - BFHE 113, 90). Dies bedeutet keinen Widerspruch zu der Rechtsprechung, wonach die Bezeichnung der falschen Person als Abgabenschuldner im Abgabenbescheid im weiteren Verfahren nicht geheilt werden kann (vgl. etwa Bay. VGH, Urteil vom 15.12.1989 - 23 B 87.03459 - NVwZ-RR 1990, 393). Denn diese Rechtsprechung betrifft Fälle, in denen als Abgabeschuldnern die falsche Person richtig, nicht aber Fälle, in denen - wie hier - die richtige Person falsch bezeichnet worden ist.
37 
f) Die Auslegung des Senats findet schließlich eine weitere Bestätigung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung von Schuldtiteln und Pfändungsbeschlüssen (Urteil vom 21.12.1966 - VIII ZR 195/64 - NJW 1967, 821) und zur Umdeutung der Bezeichnung der Parteien in der Klageschrift (Urteile vom 24.11.1980 - VIII ZR 208/79 - NJW 1981, 1453 und vom 16.05.1983 - VIII ZR 34/82 - NJW 1983, 2448). Danach ist trotz unrichtiger oder ungenauer Parteibezeichnung grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung getroffen werden soll. Soweit der Bundesfinanzhof in diesem Zusammenhang annimmt, diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei nicht ohne weiteres auf einen Steuerbescheid übertragbar, in dem der Steuerschuldner unrichtig bezeichnet sei, verkennt er, dass der Rechtsprechung allgemein anerkannte Auslegungsregeln zugrunde liegen, die in allen Rechtsgebieten im Rechtsverkehr bei Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen (entsprechend § 133 BGB) gelten und die auch der Bundesfinanzhof bei der Auslegung von Verwaltungsakten für sich in Anspruch nimmt (Beschluss des Großen Senats vom 21.10.1985, aaO). Auch das Argument des Bundesfinanzhofs, dass an einen Steuerbescheid, was die Bezeichnung des Steuerschuldners anbelange, strengere Anforderungen zu stellen seien als an eine Klageschrift, weil der Bescheid einen unmittelbaren Eingriff der Staatsgewalt in die rechtliche und wirtschaftliche Stellung des Steuerschuldners darstelle, überzeugt nicht. Sowohl bei der Bezeichnung des Abgabenschuldners als auch bei der Bezeichnung der Parteien im Zivilprozess hat die Auslegung unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten und Beachtung rechtsstaatlicher Bestimmtheitsanforderungen nach allgemeinen Regeln zu erfolgen, zumal Eingriffe in rechtlich geschützte Positionen im Zivilrecht gleichermaßen wie im Steuer- bzw. Abgabenrecht in Betracht kommen. Auch ein zivilgerichtliches Urteil, das verbindlich eine Rechtsfolge zugunsten der einen Partei und damit zu Lasten der anderen setzt und damit etwa einen Bürger rechtskräftig zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme verurteilt, stellt für den Betroffenen einen staatlichen Eingriff dar.
38 
2. Die Abwasserbeitragsbescheide sind der Rechtsvorgängerin der Klägerin ferner wirksam bekannt gegeben worden. § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG verweist auch hierzu auf die entsprechenden Vorschriften der Abgabenordnung. Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der vom ihm betroffen wird. Für wen der Verwaltungsakt bestimmt ist, muss gegebenenfalls durch Auslegung ermittelt werden. Es gelten dabei die gleichen Grundsätze, die auch für die Frage der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Verwaltungsakt (§ 119 Abs. 1 AO) und für die Frage, wer die Abgabe schuldet (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO) heranzuziehen sind (Brockmeyer in Klein, Abgabenordnung, 9. Aufl., § 122 Rdnr. 4). Danach ist hier die Bekanntgabe an die „... Deutschland GmbH“ erfolgt.
39 
3. Einwendungen inhaltlicher Art gegen die Beitragsbescheide sind von der Klägerin nicht erhoben worden. Gegen die inhaltliche Rechtmäßigkeit der Bescheide bestehen auch aus der Sicht des Senats keine Bedenken.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für ein Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss
43 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.004.000,45 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
24 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die zulässige Anfechtungsklage abweisen müssen, denn die Abwasserbeitragsbescheide der Beklagten vom 27.12.2006 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts ...-... vom 23.11.2007 sind rechtmäßig und verletzen daher die Klägerin nicht in ihren Rechten.
25 
1. Die angegriffenen Abwasserbeitragsbescheide sind inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG). Aus den Bescheiden ergibt sich insbesondere eindeutig, gegen wen sie sich richten; danach schuldet die „... Deutschland GmbH“ die festgesetzten Abwasserbeiträge und nicht deren Rechtsvorgängerin, die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“.
26 
a) Ein inhaltlich unbestimmter Verwaltungsakt ist grundsätzlich nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i.V.m. § 125 AO nichtig. Eine inhaltliche Unbestimmtheit liegt jedoch nur dann vor, wenn sich etwaige dem Bescheid anhaftende Unklarheiten auch durch Auslegung nicht beheben lassen. Dabei kommt es nicht darauf an, was die Behörde mit ihrer Erklärung gewollt hat oder wie ein außenstehender Dritter den materiellen Gehalt des Bescheides verstehen würde. Der Bescheid ist vielmehr - wie allgemein im Rechtsverkehr bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen - bei entsprechender Anwendung des § 133 BGB nach dem objektiven Verständnishorizont des Empfängers auszulegen. Entscheidend ist damit, wie der Inhaltsadressat selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung (des Bescheids) unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (allgemeine Auffassung der Bundesgerichte, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 - 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301; Urteil vom 25.02.1994 - 8 C 2.92 - KStZ 1995, 73; BGH, Urteil vom 09.02.2006 - IX ZR 151/04 - NJW-RR 2006, 1096; BFH, Urteil vom 27.11.1996 - X R 20/95 - BFHE 183, 348). Maßgebender Zeitpunkt ist der Zugang des Bescheids.
27 
Die Vorschrift des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG konkretisiert die Anforderungen, die § 119 Abs. 1 AO an die Bestimmtheit eines Abgabenbescheids stellt. Der Bescheid muss danach u.a. erkennen lassen, wer die Abgabe schuldet, und zwar mit solcher Deutlichkeit, dass Verwechslungen hinsichtlich des Abgabenschuldners ausgeschlossen sind. Auch im Hinblick auf den Abgabenschuldner gelten aber die dargestellten allgemeinen Regeln der Auslegung von Verwaltungsakten (BVerwG, Urteil vom 25.02.1994, aaO; BGH, Urteil vom 09.02.2006, aaO; BFH, Urteil vom 25.01.2006 - I R 52/05 - BFH/NV 2006, 1243; Thür. OVG, Beschluss vom 28.01.2005 - 4 ZKO 360/04 - ZKF 2005, 281). Es genügt deshalb, wenn sich der Adressat bei nicht richtiger Eintragung im Anschriftenfeld aus dem Bescheidinhalt insgesamt oder beigefügten Anlagen entnehmen lässt. Auch vorangegangene Bescheide und Schreiben zwischen den Beteiligten sowie die sonstigen den Betroffenen bekannten oder für sie ohne weiteres erkennbaren Umstände sind bei der Auslegung heranzuziehen (BVerwG, Urteil vom 18.04.1997, aaO; Thür. OVG, Beschluss vom 28.01.2005, aaO). Für eine hinreichend bestimmte Bezeichnung des Inhaltsadressaten ist damit - auch bei fehlerhafter Eintragung im Anschriftenfeld - dessen sichere Identifizierung erforderlich und ausreichend; Formalismus ist nicht angebracht.
28 
b) Unter Anlegung dieser Maßstäbe musste sich die „... Deutschland GmbH“ (die Rechtsvorgängerin der Klägerin) als Inhaltsadressatin und damit als Schuldnerin ansehen. Die Beitragsbescheide führen zwar im Adressfeld die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ auf, die lediglich bis zum 27.12.2001 Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks war. Im Zeitpunkt des Zugangs der Bescheide konnte die „... Deutschland GmbH“ bzw. deren Organe die Bescheide entsprechend ihrem objektiven Verständnishorizont auf Grundlage der für sie ohne weiteres erkennbaren Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben aber nur so verstehen, dass nicht die schon mehrere Jahre zuvor durch gesellschaftsrechtliche Verschmelzung erloschene und damit als Rechtsträger nicht mehr existente „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“, sondern sie selbst als aktuelle Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks zum Beitrag herangezogen werden sollte.
29 
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin wusste, dass sie Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks ist und dass sie für diese nach der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung - Abwassersatzung - (im Folgen: AbwS) vom 13.11.2001 beitragspflichtig geworden war, nachdem sie ihre Grundstücke - nach Anschluss der ... Schmutzwasserentsorgung an die Kläranlage des Abwasserzweckverbandes „... ...“ - an den öffentlichen Abwasserkanal angeschlossen und ihre eigene Hauskläranlage stillgelegt hatte. Schließlich musste sie auch wissen, dass sich ihre grundsätzlich bestehende Beitragspflicht so verdichtet hatte, dass ihr gegenüber jederzeit die Beitragsbescheide erlassen werden konnten. Bereits aus dem noch an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ als damalige Eigentümerin der Grundstücke gerichteten Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 14.12.2001 ergibt sich unzweifelhaft die Beitragspflicht der anzuschließenden Grundstücke des Kalkwerks. Aufgrund des Schreiben vom 28.08.2002, das die Beklagte nach erfolgter Verschmelzung und dem Erlöschen der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ in Übereinstimmung mit der Rechtslage an die Rechtsvorgängerin der Klägerin unter ihrer damaligen Firmierung „Heidelberger ... GmbH“ gerichtet hatte, war für diese ferner offensichtlich, dass - nach der Verschmelzung der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ mit der „Heidelberger ... GmbH“ und dem daraus folgenden Erlöschen der Erstgenannten - nunmehr sie selbst für die Grundstücke des Kalkwerks beitragspflichtig geworden war und sie deshalb zukünftig zu den gesetzlichen Abwasserbeiträgen veranlagt würde; insoweit heißt es im Schreiben vom 28.08.2002 ausdrücklich, „über die zu entrichtenden Beiträge werden ihnen (d.h. der Rechtsvorgängerin der Klägerin) noch gesonderte Bescheide zugehen“.
30 
Vor dem Hintergrund dieser Vorgeschichte und insbesondere der ihr seitens der Beklagten mitgeteilten Informationen musste die Rechtsvorgängerin der Klägerin bei Erhalt der Bescheide vom 27.12.2006 „auf den ersten Blick“ von einer versehentlich fehlerhaften Adressierung der Bescheide durch die Beklagte ausgehen. Da die Rechtsvorgängerin der Klägerin nach ihrem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten die Verschmelzung der „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ mitgeteilt hatte und sie auf der Grundlage des behördlichen Schreibens vom 28.08.2002 - das die Beklagte nach der Verschmelzung bereits an die neue Eigentümerin gerichtet hatte - auch von der Kenntnis der Beklagten über die neue Rechtslage und damit den richtigen Beitragsschuldner ausgehen musste, stellte sich aus ihrer Sicht die Sache als Versehen - vergleichbar einem Tipp- oder Computerfehler - dar. War es - mit anderen Worten - aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin so, dass die Beklagte schon seit Jahren Kenntnis vom Eigentum der „... Deutschland GmbH“ an den Grundstücken des Kalkwerks hatte und diese deshalb auch als beitragspflichtig ansah, so hatte die Behörde hier - zugespitzt formuliert - die richtige Person falsch, nicht aber die falsche Person richtig bezeichnet.
31 
Diese Auslegung findet ihre Bestätigung in dem Umstand, dass die im Adressfeld fehlerhaft angeführte „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ im Zeitpunkt der Beitragserhebung schon seit Jahren nicht mehr existent war und dies - wie oben dargelegt - nach objektivem Verständnishorizont auch der Beklagten bewusst gewesen sein musste. Mit Verschmelzungsvertrag vom 28.08.2001 und entsprechenden Gesellschafterversammlungsbeschlüssen vom selben Tag wurde die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ - gemeinsam mit weiteren Gesellschaften der ...-Gruppe - auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin unter ihrer damaligen Firmierung „Heidelberger ... GmbH“ verschmolzen. Eine solche Verschmelzung von Gesellschaften im Sinne der §§ 1 Nr. 1, 2 Nr. 1, 4 ff UmwG führt dazu, dass gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG mit der Eintragung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Übernehmer übergeht. Eine gesonderte Einzelübertragung bestimmter Vermögensgegenstände ist danach grundsätzlich nicht erforderlich. Daher bedarf es z.B. für eine Grundstücksübertragung keiner Auflassung, das Eigentum geht vielmehr kraft Gesetzes auf den übernehmenden Rechtsträger über. Der übertragende Rechtsträger erlischt nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG, ohne dass es einer besonderen Löschung oder einer speziellen Eintragung des Erlöschens bedarf. Der übertragende Rechtsträger ist damit als Rechtssubjekt nicht mehr existent (vgl. zum Ganzen: Simon in Dauner-Lieb/Simon, Kölner Kommentar zum Umwandlungsgesetz, § 2 Rdnrn. 30, 32, 36, 38; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl. § 20 Rdnr. 31). Aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin war demnach offensichtlich, dass im Dezember 2006 die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ nicht mehr beitragspflichtig sein konnte und deshalb ihre denkbare Inanspruchnahme ins Leere gehen würde. Aus ihrer Sicht waren diese Umstände der Behörde auch allesamt bekannt.
32 
In diesem Sinne hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 25.02.1994 (aaO) einen fehlerhaft an eine Wohnungseigentümergemeinschaft - anstatt an die einzelnen Wohnungseigentümer - adressierten Abgabenbescheid als auslegungsfähig und damit als hinreichend bestimmt angesehen. Einer Auslegung stand nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen, dass nach damaliger Rechtsauffassung die „Gemeinschaft“ der Wohnungseigentümer nicht rechtsfähig war und dementsprechend der Bescheid an eine nicht existente Rechtspersönlichkeit adressiert war (die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde erst mit Beschluss des BGH vom 02.06.2005 - V ZB 32/05 - NJW 2005, 2061 - anerkannt); die fehlende Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft sah das Bundesverwaltungsgericht vielmehr als ein Indiz dafür an, dass tatsächlich die einzelnen Wohnungseigentümer zur Abgabe herangezogen werden sollten.
33 
c) Keiner Beantwortung bedarf die Frage, ob eine Auslegung im genannten Sinne auch dann in Betracht gekommen wäre, wenn aus der Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin die Beklagte - etwa aufgrund einer rechtlich fehlerhaften Beurteilung im Vorfeld der Beitragserhebung - bewusst und gewollt die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ als Inhaltsadressaten bezeichnet hätte. Nach den Angaben des Sachbearbeiters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat dieser zwar die Bescheide bewusst deshalb an die „... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH“ gerichtet, weil diese nach Auskunft des Grundbuchamtes im Grundbuch noch als Eigentümerin der veranlagten Grundstücke eingetragen war; ein Versehen hinsichtlich des Inhaltsadressaten in Form eines Tipp- oder Computerfehlers lag damit tatsächlich nicht vor. Für die Auslegung kommt es jedoch gerade nicht darauf an, was die Behörde mit ihrer Erklärung tatsächlich gewollt hat. Entscheidend ist hier allein, dass aus der maßgeblichen Sicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Hinblick auf das behördliche Schreiben vom 28.08.2002, aus dem sich die Kenntnis der Beklagten über die geänderten Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken ergab, ein behördliches Versehen - vergleichbar einem Tipp- oder Computerfehler - vorliegen musste. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang weiter, dass die Beklagte bereits im Januar 2007 der Rechtsvorgängerin der Klägerin die näheren Umstände der „Falschadressierung“ offenlegte und erläuterte. Aus Umständen, die erst nach der Bekanntgabe oder Zustellung der auszulegenden Erklärung zutage treten, kann nichts für deren Verständnis hergeleitet werden.
34 
d) Auch der Einwand des Verwaltungsgerichts, die Beitragsbescheide seien nicht auslegungsfähig, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht meint, die Adressierung - ... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH - sei eindeutig, und schließt daraus, dass eine Auslegung der Bescheide nicht in Betracht komme. Diese Auffassung verstößt gegen das sich aus der entsprechenden Anwendung der §§ 133, 157 BGB ergebende Verbot einer sich ausschließlich am Wortlaut orientierenden Interpretation. Mit seiner ausschließlich auf den Wortlaut abstellenden Sichtweise verkennt das Verwaltungsgericht, dass die Feststellung, ob eine Erklärung eindeutig ist oder nicht, sich erst durch eine alle Umstände berücksichtigende Auslegung treffen lässt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19.12.2001 - XII ZR 281/99 - NJW 2002, 1260; Urteil vom 08.12.1982 - IVa ZR 94/81 - NJW 1983, 672). Danach sind die Beitragsbescheide trotz der unrichtigen Eintragung im Adressfeld - wie oben bereits dargelegt - erkennbar an die Rechtsvorgängerin der Klägerin gerichtet.
35 
e) Eine abweichende Einschätzung rechtfertigt auch nicht die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach ein Verwaltungsakt unwirksam ist, wenn er sich gegen ein nicht oder nicht mehr existierendes Steuersubjekt richtet. Hiervon ist der Bundesfinanzhof u.a. für den Fall ausgegangen, dass der Adressat des Verwaltungsakts eine Gesellschaft ist, die bei Erlass des Verwaltungsakts durch Umwandlung erloschen war und daher in diesem Zeitpunkt nicht mehr existierte (vgl. dazu BFH, Urteil vom 25.01.2006 - I R 52/05 - BFH/NV 2006, 1243; Beschluss des Großen Senats vom 21.10.1985 - GrS 4/84 - BFHE 145, 110). Daran ist richtig, dass ein Abgabenbescheid dann nichtig ist, wenn sich bei der vorzunehmenden Auslegung nach objektivem Verständnishorizont die Inanspruchnahme einer durch Umwandlung erloschenen Gesellschaft und damit eines nicht mehr existierenden Abgabensubjekts ergibt. Eine solche Feststellung kann aber erst nach erfolgter Auslegung und damit nicht allein aufgrund des Wortlauts des Adressfeldes und damit einer etwaigen fehlerhaften Bezeichnung des Adressaten getroffen werden.
36 
Gegen die vorgenommene Auslegung spricht ferner nicht der Umstand, dass die streitgegenständlichen Beitragsbescheide mit ihrer „unrichtigen“ Eintragung im Adressfeld die Grundlage für eine mögliche Zwangsvollstreckung der Beiträge gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin bilden. In Fällen, in denen - wie hier - der richtige Adressat eindeutig identifizierbar, aber falsch bezeichnet ist, besteht die Befugnis seitens der Behörde, die falsche Bezeichnung zu berichtigen (vgl. etwa BFH, Urteil vom 14.10.1992 - II R 3/89 - BFH/NV 1993, 218; Urteil vom 26.06.1974 - II R 199/72 - BFHE 113, 90). Dies bedeutet keinen Widerspruch zu der Rechtsprechung, wonach die Bezeichnung der falschen Person als Abgabenschuldner im Abgabenbescheid im weiteren Verfahren nicht geheilt werden kann (vgl. etwa Bay. VGH, Urteil vom 15.12.1989 - 23 B 87.03459 - NVwZ-RR 1990, 393). Denn diese Rechtsprechung betrifft Fälle, in denen als Abgabeschuldnern die falsche Person richtig, nicht aber Fälle, in denen - wie hier - die richtige Person falsch bezeichnet worden ist.
37 
f) Die Auslegung des Senats findet schließlich eine weitere Bestätigung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung von Schuldtiteln und Pfändungsbeschlüssen (Urteil vom 21.12.1966 - VIII ZR 195/64 - NJW 1967, 821) und zur Umdeutung der Bezeichnung der Parteien in der Klageschrift (Urteile vom 24.11.1980 - VIII ZR 208/79 - NJW 1981, 1453 und vom 16.05.1983 - VIII ZR 34/82 - NJW 1983, 2448). Danach ist trotz unrichtiger oder ungenauer Parteibezeichnung grundsätzlich die Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung getroffen werden soll. Soweit der Bundesfinanzhof in diesem Zusammenhang annimmt, diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei nicht ohne weiteres auf einen Steuerbescheid übertragbar, in dem der Steuerschuldner unrichtig bezeichnet sei, verkennt er, dass der Rechtsprechung allgemein anerkannte Auslegungsregeln zugrunde liegen, die in allen Rechtsgebieten im Rechtsverkehr bei Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen (entsprechend § 133 BGB) gelten und die auch der Bundesfinanzhof bei der Auslegung von Verwaltungsakten für sich in Anspruch nimmt (Beschluss des Großen Senats vom 21.10.1985, aaO). Auch das Argument des Bundesfinanzhofs, dass an einen Steuerbescheid, was die Bezeichnung des Steuerschuldners anbelange, strengere Anforderungen zu stellen seien als an eine Klageschrift, weil der Bescheid einen unmittelbaren Eingriff der Staatsgewalt in die rechtliche und wirtschaftliche Stellung des Steuerschuldners darstelle, überzeugt nicht. Sowohl bei der Bezeichnung des Abgabenschuldners als auch bei der Bezeichnung der Parteien im Zivilprozess hat die Auslegung unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten und Beachtung rechtsstaatlicher Bestimmtheitsanforderungen nach allgemeinen Regeln zu erfolgen, zumal Eingriffe in rechtlich geschützte Positionen im Zivilrecht gleichermaßen wie im Steuer- bzw. Abgabenrecht in Betracht kommen. Auch ein zivilgerichtliches Urteil, das verbindlich eine Rechtsfolge zugunsten der einen Partei und damit zu Lasten der anderen setzt und damit etwa einen Bürger rechtskräftig zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme verurteilt, stellt für den Betroffenen einen staatlichen Eingriff dar.
38 
2. Die Abwasserbeitragsbescheide sind der Rechtsvorgängerin der Klägerin ferner wirksam bekannt gegeben worden. § 3 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG verweist auch hierzu auf die entsprechenden Vorschriften der Abgabenordnung. Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der vom ihm betroffen wird. Für wen der Verwaltungsakt bestimmt ist, muss gegebenenfalls durch Auslegung ermittelt werden. Es gelten dabei die gleichen Grundsätze, die auch für die Frage der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Verwaltungsakt (§ 119 Abs. 1 AO) und für die Frage, wer die Abgabe schuldet (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO) heranzuziehen sind (Brockmeyer in Klein, Abgabenordnung, 9. Aufl., § 122 Rdnr. 4). Danach ist hier die Bekanntgabe an die „... Deutschland GmbH“ erfolgt.
39 
3. Einwendungen inhaltlicher Art gegen die Beitragsbescheide sind von der Klägerin nicht erhoben worden. Gegen die inhaltliche Rechtmäßigkeit der Bescheide bestehen auch aus der Sicht des Senats keine Bedenken.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für ein Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss
43 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.004.000,45 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
44 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. September 2013 - 1 K 437/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Wasserversorgungsbeitrag.
Der Kläger ist seit 1977 Eigentümer des unbebauten, 841 m² großen Grundstücks FIst.-Nr. 3762/3 der Gemarkung der Beklagten. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „......" vom 27.08.1981, der für das Grundstück ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. 1982/83 wurde im Zuge der Erschließung des Gebietes die Wasserversorgungsleitung in der vor dem Grundstück des Klägers verlaufenden öffentlichen Straße verlegt. Dabei wurde auch ein „Blindanschluss“ für das Grundstück des Klägers hergestellt.
Die Beklagte hatte die Entgeltzahlungen für die Versorgung mit Trinkwasser seit Mitte der 70er Jahre privatrechtlich geregelt. Am 09.11.2006 beschloss der Gemeinderat der Beklagten eine Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung - WVS -). Gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 WVS trat diese Satzung am 01.01.2007 in Kraft. Nach § 1 Abs. 1 WVS betreibt die Beklagte die Wasserversorgung seither als öffentliche Einrichtung. Nach § 25 WVS erhebt sie zur teilweisen Deckung ihres Aufwands für die Anschaffung, Herstellung und den Ausbau der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen einen Wasserversorgungsbeitrag.
Mit Bescheid vom 19.12.2011 - zugestellt am 20.12.2011 - setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger für das Grundstück Flst.-Nr. 3762/3 einen Wasserversorgungsbeitrag in Höhe von 2.222,68 EUR fest. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2013 zurück.
Am 15.03.2013 hat der Kläger Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25.09.2013 abgewiesen hat. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Für das veranlagte Grundstück sei die abstrakte Beitragsschuld entstanden. Bei dem Grundstück handele es sich um Bauland, weil es im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „......" liege. Für ein solches Grundstück entstehe die abstrakte Beitragsschuld, sobald es an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen werden könne (§ 32 Abs. 1 Satz 1 KAG; §§ 36 Abs. 1 Nr. 1, 26 Abs. 2 WVS). Die Anschlussmöglichkeit bestehe hier bereits seit 1982/83. Nach dem Vortrag der Beklagten sei zu diesem Zeitpunkt die Wasserversorgungshauptleitung in der öffentlichen Straße vor dem Grundstück des Klägers verlegt und außerdem eine Anschlussleitung in das unbebaute Grundstück gelegt worden, die allerdings verschlossen worden sei (sogenannter Blindanschluss).
Die Entstehung der abstrakten Beitragsschuld setze ferner das Vorliegen einer gültigen Satzung voraus (§ 32 Abs. 1 Satz 1 KAG). Auch diese Voraussetzung sei mit Inkrafttreten der Wasserversorgungssatzung der Beklagten am 01.01.2007 erfüllt. Die Beklagte habe mit Erlass dieser Satzung die Beitragspflicht auch mit Wirkung für das Grundstück des Klägers begründen können, obwohl die Anschlussmöglichkeit zu einem Zeitpunkt geschaffen worden sei, als die Beklagte über keine Wasserversorgungssatzung verfügt habe. Das Kommunalabgabengesetz enthalte keine Vorschriften, denen entnommen werden könne, dass anschließbare Baugrundstücke, die die Vorteilslage bereits vor Inkrafttreten der Satzung erhalten hätten, von der Beitragspflicht ausgenommen seien. § 32 Abs. 2 KAG betreffe lediglich Grundstücke, die schon vor dem 01.04.1964 - dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des KAG - an die Einrichtung hätten angeschlossen werden können, jedoch noch nicht angeschlossen worden seien. Diese Fallkonstellation liege hier jedoch nicht vor, da das Grundstück des Klägers erst 1982/83 die Anschlussmöglichkeit erhalten habe.
Die Beitragsschuld sei auch nicht durch Erfüllung erloschen. Unstreitig sei gegenüber dem Kläger vor Erlass des angefochtenen Bescheides für das streitige Grundstück kein Wasserversorgungsbeitragsbescheid ergangen. Der Kläger behaupte lediglich, die Beklagte habe ihm gegenüber bereits 1982/83 ein privatrechtliches Entgelt in Form eines Baukostenzuschusses verlangt, das er auch entrichtet habe. Für die behauptete Anforderung und Zahlung eines Baukostenzuschusses für das veranlagte Grundstück habe er jedoch keine Nachweise vorgelegt. Demgegenüber habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.09.2013 die Sachkontenblätter der Jahre 1982 bis 1984 zur Haushaltsstelle „Ertragszuschüsse Wasserversorgung" vorgelegt. Dort seien alle geforderten Baukostenzuschüsse einzeln aufgeführt. Die in den Sachkontenblättern aufgeführten drei Zahlungen des Klägers über 2.000,-- DM (11.06.1982), über 626,-- DM (18.08.1982) und über 451,14 DM (31.12.1982) bezögen sich auf drei Belege, die aber nicht das veranlagte Grundstück beträfen. In den Rechnungsbelegen würden 580,-- DM für weitere angefangene 100 m² Nettogeschossfläche ausgewiesen. Daraus ziehe die Beklagte zutreffend den Schluss, dass die Zahlungen nur die beiden bebauten Grundstücke des Klägers (FIst.-Nrn. 3792/2 und 3792) betreffen könnten. Dieser Darstellung sei der Kläger nicht mehr entgegengetreten. Unabhängig davon trage er nach allgemeinen Grundsätzen für den Einwand der Erfüllung die materielle Beweislast.
Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO betrage die Festsetzungsfrist vier Jahre. Sie beginne gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden sei. Da die abstrakte Beitragsschuld hier am 01.01.2007 entstanden sei, habe die Festsetzungsfrist am 01.01.2008 begonnen zu laufen und am 31.12.2011 geendet. Diese Frist sei mit Erlass des angefochtenen Wasserversorgungsbeitragsbescheides vom 19.12.2011 eingehalten worden, den der Kläger am 20.12.2011 erhalten habe.
Die Beklagte habe ihr Recht auf Erhebung eines Wasserversorgungsbeitrags auch nicht verwirkt. Auch dass zwischen der Verschaffung der Anschlussmöglichkeit im Jahre 1982/83 und der Heranziehung zu einem Wasserversorgungsbeitrag Ende 2011 ein Zeitraum von fast 30 Jahren verstrichen sei, berühre die Rechtmäßigkeit der Beitragsveranlagung nicht. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass sich die Beklagte Ende 2006 dazu entschlossen habe, die bis dahin praktizierte privatrechtliche Entgeltregelung aufzugeben und künftig zur Finanzierung ihrer öffentlichen Trinkwasserversorgung Kommunalabgaben zu erheben. Eine solche Umstellung sei von der Organisationsgewalt der Beklagten gedeckt. Es treffe nicht zu, dass im Zeitpunkt des Erlasses der Wasserversorgungssatzung vom 09.11.2006 privatrechtliche Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger bereits verjährt gewesen seien. Denn der Kläger sei zu keinem Zeitpunkt Anschlussnehmer gewesen. Da sein Grundstück bis heute unbebaut sei, habe es an einer Verbindung des Verteilungsnetzes mit einer Anlage des Klägers gefehlt.
10 
Ob die Beklagte berechtigt gewesen sei, neben der grundsätzlich maßgeblichen AVBWasserV eigene allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser aufzustellen, könne offen bleiben. Ein zivilrechtlicher Anspruch nach den AVB-Wasser der Beklagten vom 15.07.1974 sei ebenfalls nicht entstanden. Nr. 3.6 der AVB-Wasser sehe zwar vor, dass das städtische Wasserwerk der Beklagten berechtigt sei, vom Abnehmer die Bezahlung der in Anlage 2 festgelegten „Wasserversorgungsbeiträge" für die Versorgungsanlagen und -leitungen vor Inangriffnahme der Anschlussarbeiten zu verlangen. Alle Bestimmungen in Nr. 1 der Anlage 2 zur Ermittlung des „Wasserversorgungsbeitrags" ließen jedoch eindeutig erkennen, dass für unbebaute Grundstücke, deren Bebauung auch nicht unmittelbar bevorstehe, das Entgelt nicht berechnet werden könne. Alle Bestimmungen stellten nämlich auf den Umfang der Bebauung auf einem Grundstück ab.
11 
Entgegen der Auffassung des Klägers folge auch aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) nicht, dass die Beitragserhebung im vorliegenden Fall rechtswidrig sei. Allein die Tatsache, dass zwischen der Verschaffung der Vorteilslage und der Heranziehung zu einem Wasserversorgungsbeitrag hier nahezu 30 Jahre verstrichen seien, könne die Rechtswidrigkeit nicht begründen. Der Kläger habe 1982/83 durch die Anschlussmöglichkeit einen dauerhaften Vorteil erhalten. Diese Vorteilslage dauere bis heute an. Sie ermögliche es dem Kläger, sein Grundstück baulich zu nutzen. Dass er bis zum Erlass der Wasserversorgungssatzung keinen privatrechtlichen Baukostenzuschuss zu entrichten gehabt habe, liege allein daran, dass er von der Anschlussmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe. Es sei für ihn nach den Bestimmungen der AVBWasserV ohne weiteres erkennbar gewesen, dass er einen Baukostenzuschuss zu entrichten habe, sobald er auf seinem Grundstück eine Anlage errichte und diese mit dem öffentlichen Versorgungsnetz verbinde. Dies gelte umso mehr, als er für seine beiden bebauten Grundstücke im Jahr 1982 derartige Baukostenzuschüsse entrichtet habe.
12 
Der Kläger hat am 11.11.2013 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die er wie folgt begründet: Für sein Grundstück bestehe seit dem Jahr 1982 eine Anschlussmöglichkeit. Die Wasserversorgungssatzung vom 09.11.2006 sei ohne Rückwirkung am 01.01.2007 in Kraft getreten. Deshalb falle der Tatbestand der Anschlussmöglichkeit nicht in den zeitlichen Geltungsbereich dieser Satzung. Damit sei die sachliche Beitragsschuld auf der Grundlage dieser Satzung nicht entstanden. Es liege ein bereits abgeschlossener Sachverhalt vor, denn die Vorteilslage für sein Grundstück sei bereits 1982/1983 entstanden. Damals sei die Versorgung mit Trinkwasser privatrechtlich geregelt gewesen. Nach Nr. 3.6 AVB-Wasser der Beklagten sei diese berechtigt gewesen, vom Abnehmer die Bezahlung der in Anlage 2 festgelegten Wasserversorgungsbeiträge für die Versorgungsanlagen und -leitungen vor Inangriffnahme der Anschlussarbeiten zu verlangen. Daraus folge, dass die sachliche Beitragsschuld hier 1982/1983 entstanden sei. Die Beitragshöhe habe sich nach der maximalen Nutzungsmöglichkeit gerichtet. Seiner Erinnerung nach sei die Beitragsschuld auch beglichen worden. Entsprechende Belege seien nach nunmehr 30 Jahren bei ihm jedoch nicht mehr auffindbar. Die Beweislast liege bei der Beklagten. Aus dem Gesamtzusammenhang gehe hervor, dass zwischen ihm und der Beklagten ein zivilrechtliches Vertragsverhältnis bestanden habe. Da die Beklagte einen Anschluss tatsächlich hergestellt habe, sei davon auszugehen, dass auch ein entsprechender Antrag gestellt und ein Vertragsverhältnis - jedenfalls durch konkludente Handlungen - begründet worden sei. Andernfalls hätte die Beklagte das Grundstück zur Herstellung des Grundstücksanschlusses zu Unrecht betreten.
13 
Selbst wenn man davon ausgehe, dass 1982/1983 die entstandene Beitragsschuld weder festgesetzt noch gezahlt worden sei, sei diese Schuld inzwischen veranlagungsverjährt. Er verweise auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 -. Danach sei für die Auferlegung einer Beitragspflicht zum Vorteilsausgleich in Anknüpfung an zurückliegende Tatbestände die Regelung einer Verjährung als abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden könnten, verfassungsrechtlich geboten. Hier liege der Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung, nämlich der tatsächliche Anschluss, 30 Jahre zurück. Die Auffassung der Beklagten würde es ermöglichen, den Verjährungsbeginn ohne zeitliche Obergrenze unendlich hinauszuschieben. Damit würde der Interessenkonflikt einseitig zu Lasten der Abgabenschuldner gelöst. Die Verjährung könne nämlich unter Umständen erst Jahrzehnte nach dem Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen. Die sachliche Beitragspflicht sei hier im zeitlichen Geltungsbereich der AVB-Wasser im Jahr 1982 entstanden. Eine erneute Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nach Inkrafttreten der Wasserversorgungssatzung scheide bereits im Hinblick auf den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung aus.
14 
Der Kläger beantragt,
15 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25.09.2013 - 1 K 437/13 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 19.12.2011 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 27.02.2013 aufzuheben,
und die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie führt zur Begründung aus: Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Gemäß § 32 Abs. 1 KAG entstehe die Beitragsschuld, sobald das Grundstück an die öffentliche Einrichtung angeschlossen werden könne, frühestens jedoch mit Inkrafttreten der Satzung. Beide Voraussetzungen müssten gleichzeitig vorliegen. Die Wasserversorgungssatzung der Beklagten sei am 01.01.2007 in Kraft getreten. Vor Inkrafttreten der Satzung sei das Nutzungsverhältnis privatrechtlich ausgestaltet gewesen. Gemäß § 9 AVB-WasserV sei das Wasserversorgungsunternehmen berechtigt, von den Anschlussnehmern einen angemessenen Baukostenzuschuss zu verlangen. Ziffer 3.6 AVB-Wasser i.V. mit Ziffer 1 der Anlage 2 konkretisiere die Höhe des Baukostenzuschusses. Daraus ergebe sich, dass Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Beitragsschuld damals stets gewesen sei, dass das maßgebliche Grundstück tatsächlich an die Versorgungsleitungen angeschlossen gewesen sei. Dies sei beim Grundstück des Klägers nicht der Fall gewesen. Es gebe keine Unterlagen über einen Anschluss des Grundstücks oder einen bezahlten Baukostenzuschuss. Von einem tatsächlichen Anschluss könne erst ausgegangen werden, wenn das Grundstück über eine Hausanschlussleitung dauerhaft und betriebsfertig verbunden sei. Das sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, da der Anschluss verschlossen worden sei. Das Grundstück des Klägers besitze lediglich einen solchen „Blindanschluss“. Der Hinweis des Klägers auf die Regelung unter Ziffer 3.6 AVB-Wasser bleibe ohne Erfolg. Die Möglichkeit einer Heranziehung vor Inangriffnahme der Anschlussarbeiten habe damals nur bestehen können, wenn die Anschlussarbeiten zeitnah erfolgten, also konkret geplant seien. Bis zum Inkrafttreten der Versorgungssatzung habe es an den rechtlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Beteiligung des Klägers an den Kosten für die Errichtung der sein Grundstück unstreitig erschließenden Wasserversorgungsleitungen gefehlt. Der Kläger habe nicht darauf vertrauen dürfen, zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr zu einer teilweisen Kostentragung herangezogen zu werden.
19 
Auf Anfrage des Berichterstatters hat die Beklagte unter dem 17./18.02.2014 mitgeteilt: Auch nach nochmaliger Überprüfung sei weder ein Antrag noch eine entsprechende Annahmeerklärung auffindbar. Anträge auf Wasserversorgung aus dem Zeitraum 1982/83 seien größtenteils nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist entsorgt worden. Die Erschließung eines Baugebiets mit der Hauptleitung und den Grundstücksanschlüssen im öffentlichen Straßenraum („Blindanschlüsse“) erfolge im Vorfeld unabhängig von Anträgen auf Wasserversorgung. Um ein späteres Wiederaufreißen der Straßen- und Gehwegdecke zu vermeiden, würden die Grundstücksanschlüsse häufig - wie auch im vorliegenden Fall - in das Privatgrundstück hinein verlängert. Bei einer geplanten Bebauung stelle der Eigentümer einen Antrag auf Anschluss an die Wasserversorgung. Wenn ein Vertragsverhältnis bestehe, installiere die Beklagte einen Wasserzähler und eine technische Entnahmevorrichtung. Nach den von dem Kläger vorgelegten Fotografien habe sich hier auf dem Anschluss noch die Endkappe (ohne Entnahmemöglichkeit) befunden. Vergleichbare (Blind-) Anschlüsse seien in vergleichbaren Fällen routinemäßig hergestellt worden.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
22 
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen, da der angefochtene Wasserversorgungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 19.12.2011 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 27.02.2013 rechtmäßig sind und ihn nicht in seinen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
1. Der angefochtene Beitragsbescheid findet seine gesetzliche Grundlage in den Vorschriften des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes, insbesondere in den §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 1, 32 KAG. Bedenken gegen die Vereinbarkeit dieser hier einschlägigen Vorschriften gegen höherrangiges Recht bestehen nicht. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) entschieden, dass die Bestimmung in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes über den Beginn der Festsetzungsfrist bei der Heilung ungültiger Satzungen mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit unvereinbar sei. Eine wohl vergleichbare Regelung findet sich auch im baden-württembergischen Kommunalabgabengesetz in § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG. Diese Regelung ist jedoch für die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung, sodass dahinstehen kann, ob auch diese baden-württembergische Vorschrift verfassungswidrig ist.
24 
Ihre satzungsrechtliche Grundlage findet die Beitragserhebung in der Wasserversorgungssatzung (WVS) der Beklagten vom 09.11.2006, die am 01.01.2007 in Kraft getreten ist (§ 55 Abs. 2 WVS). Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit dieser Satzung hat der Kläger nicht erhoben und sind auch sonst nicht ersichtlich.
25 
2. Für das mit dem angefochtenen Bescheid veranlagte Grundstück des Klägers ist die abstrakte Beitragsschuld am 01.01.2007 entstanden.
26 
a) Das streitgegenständliche Grundstück ist bebaubar, weil es im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „......" vom 27.08.1981 liegt. Für ein solches Grundstück entsteht die abstrakte Beitragsschuld, sobald es an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen werden kann (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 1 KAG; § 36 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 26 Abs. 2 WVS). Die tatsächliche Anschlussmöglichkeit besteht hier schon seit den Jahren 1982/83. Nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten wurde zu diesem Zeitpunkt im Zuge der Erschließung des Gewerbegebietes ... die Wasserversorgungshauptleitung in der öffentlichen Straße vor dem Grundstück des Klägers verlegt und außerdem eine Anschlussleitung bis in das unbebaute Grundstück gelegt, die mit einer Endkappe verschlossen worden ist („Blindanschluss“). Diese in tatsächlicher Hinsicht vorhandene Anschlussmöglichkeit besteht nach wie vor.
27 
b) In rechtlicher Hinsicht ist die abstrakte Beitragsschuld aber erst am 01.01.2007 entstanden, weil erst an diesem Tag die hierfür erforderliche satzungsrechtliche Grundlage - die Wasserversorgungssatzung (WVS) der Beklagten vom 09.11.2006 - in Kraft getreten ist. Bis zum 31.12.2006 konnte von vornherein keine öffentlich-rechtliche Beitragsschuld entstehen, weil die Beklagte seit Mitte der 70er Jahre das Entgelt für die Benutzung ihrer Wasserversorgungseinrichtungen auf privatrechtlicher Basis erhoben hatte. Ohne (wirksame) Satzung kann aber keine Beitragspflicht entstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.1992 - 2 S 1328/90 - juris).
28 
c) Für das Entstehen der abstrakten Beitragsschuld am 01.01.2007 ist es unschädlich, dass die tatsächliche Anschlussmöglichkeit bereits seit den Jahren 1982/83 und damit lange vor dem Inkrafttreten der Wasserversorgungssatzung der Beklagten am 01.01.2007 bestanden hat.
29 
Es ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht erforderlich, dass die tatsächliche Vorteilslage (erst) unter der zeitlichen Geltung einer Wasserversorgungssatzung geschaffen wird. Solange zwar in tatsächlicher Hinsicht eine Anschlussmöglichkeit - und damit eine potentielle Vorteilslage - besteht, aber (noch) keine satzungsrechtliche Grundlage für eine Beitragserhebung existiert, kann keine Beitragsschuld entstehen. In einem solchen Fall entsteht die Beitragschuld erst mit der Schaffung der für eine Beitragserhebung erforderlichen satzungsrechtlichen Grundlage (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.03.1996 - 2 S 1566/93 - VBIBW 1996, 307). Dies gilt entgegen der Ansicht des Klägers nicht nur dann, wenn frühere Satzungen nichtig waren, sondern auch dann, wenn wie hier früher überhaupt keine öffentlich-rechtliche Abgabensatzung existiert hat. Denn das Entstehen der abstrakten Beitragsschuld setzt neben dem Vorhandensein einer nutzbaren öffentlichen Einrichtung und einem bebaubaren Grundstück, das tatsächlich und rechtlich an diese Einrichtung angeschlossen werden kann, das Vorhandensein einer wirksamen Beitragssatzung voraus (Gössl in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz BW, § 32 Anm. 1.1). Erst wenn diese drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, entsteht die abstrakte Beitragsschuld.
30 
Die erforderliche satzungsrechtliche Grundlage hat die Beklagte hier erst mit Erlass ihrer zum 01.01.2007 in Kraft getretenen Wasserversorgungssatzung geschaffen. Dies hat zur Folge, dass (erst) mit Inkrafttreten dieser Satzung die abstrakte Beitragsschuld - mit Wirkung ex nunc - entstanden ist. Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, enthält das Kommunalabgabengesetz keine Regelung, wonach Grundstücke beitragsfrei sind, für die bereits vor Inkrafttreten einer satzungsrechtlichen Grundlage in tatsächlicher Hinsicht eine Vorteilslage entstanden ist. Ein Fall des § 32 Abs. 2 KAG liegt hier - so zu Recht das Verwaltungsgericht - nicht vor, weil das Grundstück des Klägers nicht schon vor dem 01.04.1964 - dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des KAG - an die Einrichtung hätte angeschlossen werden können.
31 
3. Der angefochtenen Festsetzung eines Wasserversorgungsbeitrags steht der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung nicht entgegen.
32 
a) Eine unmittelbare Anwendung des Grundsatzes der Einmaligkeit der Beitragserhebung scheidet hier von vornherein aus. Seit Entstehen der tatsächlichen Vorteilslage für das streitbefangene Grundstück in den Jahren 1982/83 bis zum 31.12.2006 sind für die Leistungen der Wasserversorgung der Beklagten keine öffentlich-rechtlichen Abgaben, sondern zivilrechtliche Entgelte erhoben worden. In diesem Zeitraum können demzufolge unabhängig von ihrer Bezeichnung höchstens Zahlungen auf privatrechtlicher Basis erhoben und geleistet worden sein. Dass bis zum 31.12.2006 dennoch ein öffentlich-rechtlicher Wasserversorgungsbeitrag festgesetzt und entrichtet worden sein könnte, ist daher fernliegend; dies behauptet auch der Kläger nicht.
33 
b) Unabhängig davon lässt sich aber auch nicht feststellen, dass der Kläger bis zum 31.12.2006 einen zivilrechtlichen Baukostenvorschuss oder eine sonstige Zahlung für den Anschluss des streitbefangenen Grundstücks an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten geleistet hätte. Der Kläger trägt zwar vor, seiner Erinnerung nach habe die Beklagte ihm gegenüber bereits 1982/83 ein privatrechtliches Entgelt in Form eines Baukostenzuschusses geltend gemacht, das er auch entrichtet habe. Der Senat ist jedoch der Überzeugung, dass dies in Bezug auf das streitbefangene Grundstück nicht zutrifft. Im Einzelnen:
34 
aa) Das Vorbringen des Klägers ist bereits äußerst unsubstantiiert. Nähere Einzelheiten wie auch die genauen Umstände der angeblichen Zahlung werden nicht geschildert. Für die behauptete Anforderung und Zahlung eines Baukostenzuschusses hat der Kläger zudem auch keine (z.B. schriftlichen) Nachweise vorgelegt.
35 
bb) Zudem sprechen gewichtige Indizien gegen die Behauptung des Klägers. Die Beklagte hat im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 12.09.2013 die „Sachkontenblätter“ der Jahre 1982 bis 1984 zur Haushaltsstelle „Ertragszuschüsse Wasserversorgung" vorgelegt. In diesen Sachkontenblättern sind alle im jeweiligen Haushaltsjahr geforderten Baukostenzuschüsse enthalten. In diesen Sachkontenblättern sind aber lediglich zwei Zahlungen des Klägers über 2.200,-- DM (11.06.1982) und 626,-- DM (18.08.1982) sowie eine Rückerstattung über 451,14 DM (31.12.1982) aufgeführt. Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang übersehen hat, dass sich der dritte Beleg auf eine Rückzahlung der Beklagten an den Kläger bezieht, und demzufolge zu Unrecht von drei Zahlungen ausgegangen ist, und zudem den ersten Betrag versehentlich mit 2.000,-- DM (statt richtig 2.200.-- DM) benannt hat, ist dies im Ergebnis ohne Relevanz. Denn diese Belege beziehen sich jeweils erkennbar auf ein anderes bebautes Grundstück des Klägers im selben Baugebiet. Insoweit hat die Beklagte plausibel ausgeführt, dass sie kein unbebautes Grundstück betreffen könnten, denn in den Rechnungsbelegen („Vorläufige Berechnung“ Beleg Nr. 12/Hptp.B. 105) würden 580,-- DM für weitere angefangene 100 m² Nettogeschossfläche ausgewiesen. Daraus hat das Verwaltungsgericht gefolgert, dass die in den Sachkontenblättern dargestellten Zahlungen nur ein bebautes Grundstück des Klägers und nicht das unbebaute streitbefangene Grundstück betreffen können. Dies ist insbesondere auch vor dem Hintergrund überzeugend, dass die Bestimmungen in Nr. 1 der Anlage 2 der AVB-Wasser der Beklagten vom 15.07.1974 zur Ermittlung der Höhe des zu leistenden Entgelts auf den Umfang der Bebauung auf einem Grundstück abstellen. Jedenfalls für unbebaute Grundstücke, bei denen das Maß einer zukünftigen Bebauung noch nicht - z.B. im Hinblick auf eine bereits erteilte Baugenehmigung - absehbar war, hätte das Entgelt nach diesen Bestimmungen nicht berechnet werden können.
36 
Diesbezüglich hat auch der Kläger im Berufungsverfahren keine durchgreifenden Einwendungen erhoben; er stellt insbesondere nicht in Frage, dass die von der Beklagten vorgelegten Belege ein anderes Grundstück betroffen haben. Er meint jedoch, aus der Zahlung für andere Grundstücke müsse geschlossen werden, dass auch für das streitbefangene Grundstück gezahlt worden sei. Dies überzeugt jedoch nicht. Zum einen ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die eine Zahlung detailliert vermerkt worden sein sollte, während die andere (angebliche) Zahlung, die im selben Zeitraum erfolgt sein müsste, aus unerfindlichen Gründen „unterschlagen“ worden wäre. Die vorgelegten detaillierten „Sachkontenblätter“ aus den 80er Jahren erwecken zudem den Eindruck der Vollständigkeit. Es ist kein plausibler Grund dafür vorhanden, weshalb ausgerechnet die hier umstrittene Zahlung dort nicht aufgeführt sein sollte, wenn sie tatsächlich geleistet worden wäre. Zum anderen kann ein sachlicher Grund für die Zahlung im Falle des bebauten Grundstücks ohne Weiteres darin gesehen werden, dass dieses Grundstück an die Wasserversorgung angeschlossen wurde, während dies bei dem streitbefangenen Grundstück, das immer noch unbebaut ist, nicht der Fall war.
37 
cc) Aber auch rechtliche Überlegungen sprechen dagegen, dass der Kläger bis zum 31.12.2006 einen Baukostenzuschuss oder ein vergleichbares Entgelt für den Anschluss des streitbefangene Grundstücks an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten geleistet haben könnte. Unter dem bis Ende 2006 geltenden privatrechtlichen Regime konnte die Beklagte keine einseitigen Zahlungspflichten per Hoheitsakt begründen. Zahlungsverpflichtungen der Anschlussnehmer haben vielmehr grundsätzlich den Abschluss eines zweiseitigen zivilrechtlichen Vertrags vorausgesetzt. Das Entstehen eines zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses setzt aber entsprechende übereinstimmende Willenserklärungen beider Vertragpartner voraus. Demgemäß müsste der Kläger einen Antrag (Anmeldung) auf Wasserversorgung gestellt (vgl. Nr. 3.1 der AVB-Wasser der Beklagten vom 15.07.1974) und die Beklagte diesen Antrag angenommen haben (Nr. 3.2). Davon hat auch Nr. 3.6 der AVB-Wasser nicht suspendiert. Zwar waren die Stadtwerke der Beklagten hiernach berechtigt, auch schon vor Inangriffnahme der Anschlussarbeiten die in Anlage 2 festgelegten „Wasserversorgungsbeiträge“ zu verlangen. Voraussetzung eines solchen zivilrechtlichen Anspruchs war aber ungeachtet der Bezeichnung als „Beitrag“ ein bestehendes privatrechtliches Vertragsverhältnis.
38 
Dass der hierfür erforderliche Antrag vom Kläger gestellt und von der Beklagten angenommen worden sein könnte, ist nicht ersichtlich. Entsprechende Unterlagen sind - wie die Beklagte auf Anfrage des Berichterstatters unter dem 17./18.02.2014 ausdrücklich mitgeteilt hat - nicht (mehr) vorhanden. Auch der Kläger konnte keine entsprechenden Belege vorlegen. Gegen das Bestehen eines Vertragsverhältnisses spricht zudem, dass die Beklagte keinen Wasserzähler und keine technische Entnahmevorrichtung angebracht, sondern den Anschluss als „Blindanschluss“ mit einer Endkappe ohne Entnahmemöglichkeit ausgeführt hat.
39 
Daraus, dass die Beklagte 1982/83 - wohl im Einvernehmen mit dem Kläger - einen solchen „Blindanschluss“ gelegt hat, lässt sich auch nicht folgern, dass der Kläger zumindest konkludent einen Antrag auf Wasserversorgung gestellt und die Beklagte diesen Antrag angenommen hat. Denn auf Anfrage des Berichterstatters hat die Beklagte mitgeteilt, die Herstellung solcher „Blindanschlüsse“ sei routinemäßig bereits im Vorfeld bei der Erschließung eines Baugebiets unabhängig von Anträgen auf Wasserversorgung erfolgt; (erst) wenn ein Vertragsverhältnis bestanden habe, habe die Beklagte einen Wasserzähler und eine technische Entnahmevorrichtung installiert. Dies hält der Senat für überzeugend. Es ist plausibel, dass bei der tatsächlichen Erschließung eines neuen Baugebiets regelmäßig solche „Blindanschlüsse“ hergestellt werden, um ein späteres Wiederaufreißen der Straßen- und Gehwegdecke zu vermeiden, zumal bei einem Baugrundstück nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig davon auszugehen ist, dass früher oder später eine Bebauung stattfinden wird. Vor diesem Hintergrund lässt sich aus der einvernehmlichen Herstellung eines „Blindanschlusses“ entgegen der Auffassung des Klägers nicht schließen, dass - zumindest durch schlüssiges Verhalten - ein vertraglicher Anschluss an die Wasserversorgung erfolgt ist.
40 
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang anführt, durch die 1982/83 erfolgte Herstellung des „Blindanschlusses“ sei eine beitragsrechtliche Vorteilslage geschaffen worden, liegt dies neben der Sache. Da damals privatrechtliche Entgelte verlangt worden sind und eine öffentlich-rechtliche Beitragserhebung überhaupt nicht möglich war, kommt es auf das bloße Vorhandensein einer Vorteilslage nicht an. Auch das von dem Kläger betonte Interesse der Beklagten an einer möglichst baldigen Refinanzierung ihrer Aufwendungen, berechtigt diese für sich allein genommen offenkundig nicht dazu, ein zivilrechtliches Entgelt zu erheben.
41 
dd) Alles in allem bewertet der Senat dies im Rahmen einer Gesamtwürdigung dahingehend, dass in Bezug auf das streitbefangene Grundstück kein Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger zustande gekommen und auch keine privatrechtliche Zahlung eines Entgelts (etwa in Form eines Baukostenzschusses) durch den Kläger erfolgt ist. Seine entgegengesetzte Behauptung, seiner Erinnerung nach habe er einen Baukostenzuschuss entrichtet, lässt sich in nachvollziehbarer Weise ohne Weiteres damit erklären, dass er zwar Zahlungen an die Beklagte geleistet hat, diese aber jeweils ein anderes Grundstück im selben Baugebiet betroffen haben.
42 
Selbst wenn man zu der Folgerung käme, es lasse sich nicht mehr feststellen, ob eine Zahlung erfolgt ist („non liquet“), ginge dies zu Lasten des Klägers, da er nach allgemeinen Grundsätzen die materielle Beweislast für die Behauptung trägt, er habe bereits einen Baukostenzuschuss für das fragliche Grundstück entrichtet.
43 
4. Festsetzungsverjährung ist nicht eingetreten. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Sie beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Da die abstrakte Beitragsschuld hier erst am 01.01.2007 entstanden ist, hat die Festsetzungsfrist am 31.12.2011 geendet. Diese Frist ist mit Erlass des angefochtenen Bescheides vom 19.12.2011 eingehalten worden, der dem Kläger am 20.12.2011 zugestellt worden ist.
44 
5. Die Beklagte hat das Recht auf Erhebung eines Wasserversorgungsbeitrags ferner nicht verwirkt. Ein materielles Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist, obwohl ihm ein Geltendmachen seines Rechts ohne weiteres zumutbar gewesen wäre, der Verpflichtete infolge dieses Verhaltens darauf vertrauen durfte, dass der Berechtigte das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde, der Verpflichtete hierauf tatsächlich vertraut und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen auf die tatsächlich entstandene Lage eingerichtet und deshalb Maßnahmen ergriffen hat, die er nicht ergriffen hätte oder die er nicht oder nur mit erheblichen Kosten rückgängig machen kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 04.12.2001 - 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274, vom 29.08.1996 - 2 C 23/95 - BVerwGE 102, 33 und vom 20.01.1977 - V C 18.76 - BVerwGE 52, 16; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.07.2009 - 13 S 919/09 - InfAuslR 2009, 403).
45 
Hier fehlt es jedenfalls an der letzten Voraussetzung für die Annahme einer Verwirkung. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger im Vertrauen darauf, nicht mehr zu einem Beitrag herangezogen zu werden, eine (Vermögens-) Disposition getroffen hat, die nicht oder nur unter erheblichen Kosten wieder rückgängig gemacht werden kann.
46 
6. Dass zwischen der Verschaffung der Anschlussmöglichkeit im Jahre 1982/83 und der Heranziehung zu einem Wasserversorgungsbeitrag Ende 2011 ein Zeitraum von fast 30 Jahren verstrichen ist, berührt die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung nicht. Zwar lässt sich dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) möglicherweise der allgemeine Rechtsgedanke entnehmen, dass es regelmäßig eine absolute zeitliche Obergrenze für eine Beitragserhebung geben muss. Jedenfalls unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls - die in erster Linie darin begründet liegen, dass die Beklagte die Entgelte für die Leistungen der Wasserversorgung seit Anfang 2007 nicht mehr einem privatrechtlichen, sondern einem öffentlich-rechtlichen Regime unterstellt hat - ist indes eine verfassungsrechtlich möglicherweise gebotene absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung im vorliegenden Fall nicht überschritten.
47 
a) In seinem Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes getroffene Bestimmung über den Beginn der Festsetzungsfrist bei der Heilung ungültiger Satzungen nichtig ist. Diese Vorschrift ist - wie auch ihr baden-württembergisches „Pendant“ - im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung. Darüber hinaus hat sich das Bundesverfassungsgericht aber auch grundsätzlich zu der Problematik der Erhebung von öffentlich-rechtlichen Abgaben in den Fällen geäußert, in denen der tatsächliche Anknüpfungspunkt für deren Entstehen bereits lange zurück liegt. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten hiernach im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug. Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können. Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten. Aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit ist demzufolge abzuleiten, dass Einzelne gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet es daher auch bei der Erhebung von Beiträgen, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.
48 
b) Welche Folgerungen hieraus allgemein für die Erhebung von Beiträgen zu ziehen sind (vgl. hierzu: BayVGH, Urteil vom 14.11.2013 - 6 B 12.704 -; OVG BBbg. Urteil vom 14.11.2013 - 9 B 34.12 -; SächsOVG, Beschluss vom 25.04.2013 - 5 A 478/10 - jeweils juris), kann offenbleiben. Denn der vorliegende Einzelfall weist Besonderheiten auf, die dazu führen, dass die Beitragserhebung hier in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht problematisch ist, obwohl zwischen der Schaffung der tatsächlichen Anschlussmöglichkeit in den Jahren 1982/83 und der Erhebung des Beitrags im Jahr 2011 fast dreißig Jahre verstrichen sind.
49 
Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass in dem Zeitraum zwischen der tatsächlichen Schaffung der Anschlussmöglichkeit in den Jahren 1982/83 und dem Inkrafttreten der Wasserversorgungssatzung der Beklagten am 01.01.2007 die Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsbeitrags durch die Beklagte in rechtlicher Hinsicht schon im Ansatz nicht möglich war, weil die Entgeltzahlung in dieser Zeit noch privatrechtlich ausgestaltet war (vgl. § 13 Abs. 2 KAG). Daher lassen sich in Bezug auf diesen Zeitraum, in dem die Entgelte für die Wasserversorgung noch auf privatrechtlicher Basis erhoben worden sind, die tragenden Erwägungen in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 (aaO) nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich maßgeblich darauf gestützt, dass das Rechtsstaatsprinzip den Bürger in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor schützt, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit sei demzufolge abzuleiten, dass Einzelne gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen habe.
50 
Hier fehlt es aber schon an der Erwartung des Grundstückseigentümers, nicht mehr zu einer Kostenbeteiligung für die Herstellung der Wasserversorgungseinrichtung herangezogen zu werden. Unter der Geltung des Privatrechts musste jedem Grundstückseigentümer vielmehr bewusst sein, dass er ein wie auch immer bezeichnetes entsprechendes Entgelt leisten muss, sobald er sein Grundstück bebauen und an die Wasserversorgung anschließen möchte. Anders als im öffentlich-rechtlichen Beitragsrecht hatte die Gemeinde zudem keine Befugnis, bereits bei Bestehen einer tatsächlichen Vorteilslage ein solches Entgelt zu fordern, sodass sich auch nicht sagen lässt, dass die Gemeinde eine ihr zustehende Befugnis nicht wahrgenommen hätte. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall grundlegend von den Fällen, in denen schon immer eine öffentlich-rechtliche Regelung der Beitragserhebung beabsichtigt war und eine frühzeitige Beitragserhebung ausschließlich am Fehlen einer rechtsgültigen Satzung der Gemeinde gescheitert ist.
51 
Der lange Zeitraum zwischen der Schaffung der Anschlussmöglichkeit und der Beitragserhebung beruht hier also letztlich in erster Linie darauf, dass das bis Ende 2006 geltende privatrechtliche Regime als Grundlage eines Anspruchs grundsätzlich eine vertragliche Vereinbarung verlangt hat, während das seit Anfang 2007 anwendbare öffentlich-rechtliche Beitragsrecht eine Beitragserhebung bereits bei Bestehen einer Vorteilslage zulässt. Nach der Überzeugung des Senats ginge es fehl, in einem solchen Fall bei einem Wechsel von einem privatrechtlichen zu einem öffentlich-rechtlichen System die in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 (aaO) befürwortete absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung auch auf solche Zeiträume zu erstrecken, in denen die Erhebung von Entgelten privatrechtlich geregelt war. Eine absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung kann sich nur auf die Zeiträume beziehen, in denen es überhaupt dem Grunde nach eine öffentlich-rechtliche Beitragspflicht gegeben hat, und nicht auf solche Zeiträume, in denen eine Beitragserhebung rechtlich gar nicht möglich gewesen wäre, weil die Entgeltzahlung privatrechtlich geregelt war. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auch die Erhebung eines privatrechtlichen Entgelts in der Vergangenheit mangels des Zustandekommens eines Vertragsverhältnisses nicht möglich gewesen wäre
52 
Hierfür spricht im Übrigen auch die folgende Erwägung: Es obliegt der Organisationshoheit der Gemeinde, ob sie eine privatrechtliche Entgeltregelung trifft oder zur Finanzierung der Trinkwasserversorgung Kommunalabgaben erhebt. Auch die Umstellung vom privatrechtlichen zum öffentlich-rechtlichen Regime ist wie der umgekehrte Fall von der Organisationsgewalt der Gemeinde gedeckt (vgl. Gössl in Gössl/Reif, aaO, § 13 Anm. 4.1). Würde die Umstellung von einer privatrechtlichen Entgeltregelung zu einer Finanzierung über öffentlich-rechtliche Abgaben dazu führen, dass für viele unbebaute, aber bebaubare Grundstücke keine Beiträge mehr erhoben werden dürfen, obwohl eine Vorteilslage besteht und nach der privatrechtlichen Regelung jederzeit damit gerechnet werden musste, dass im Falle einer Bebauung Baukostenzuschüsse (oder anders bezeichnete Entgelte) entrichtet werden müssen, würde dies die Organisationshoheit der Gemeinden unverhältnismäßig einschränken. Eine Rückkehr ins Öffentliche Recht wäre dann mit erheblichen finanziellen Risiken für die Gemeinden verbunden, ohne dass dies durch die überwiegenden Interessen der Betroffenen geboten wäre.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
54 
Beschluss vom 31. März 2014
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.222,68 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
22 
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen, da der angefochtene Wasserversorgungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 19.12.2011 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 27.02.2013 rechtmäßig sind und ihn nicht in seinen Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
1. Der angefochtene Beitragsbescheid findet seine gesetzliche Grundlage in den Vorschriften des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes, insbesondere in den §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 1, 32 KAG. Bedenken gegen die Vereinbarkeit dieser hier einschlägigen Vorschriften gegen höherrangiges Recht bestehen nicht. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) entschieden, dass die Bestimmung in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes über den Beginn der Festsetzungsfrist bei der Heilung ungültiger Satzungen mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit unvereinbar sei. Eine wohl vergleichbare Regelung findet sich auch im baden-württembergischen Kommunalabgabengesetz in § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG. Diese Regelung ist jedoch für die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung, sodass dahinstehen kann, ob auch diese baden-württembergische Vorschrift verfassungswidrig ist.
24 
Ihre satzungsrechtliche Grundlage findet die Beitragserhebung in der Wasserversorgungssatzung (WVS) der Beklagten vom 09.11.2006, die am 01.01.2007 in Kraft getreten ist (§ 55 Abs. 2 WVS). Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit dieser Satzung hat der Kläger nicht erhoben und sind auch sonst nicht ersichtlich.
25 
2. Für das mit dem angefochtenen Bescheid veranlagte Grundstück des Klägers ist die abstrakte Beitragsschuld am 01.01.2007 entstanden.
26 
a) Das streitgegenständliche Grundstück ist bebaubar, weil es im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „......" vom 27.08.1981 liegt. Für ein solches Grundstück entsteht die abstrakte Beitragsschuld, sobald es an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen werden kann (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 1 KAG; § 36 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 26 Abs. 2 WVS). Die tatsächliche Anschlussmöglichkeit besteht hier schon seit den Jahren 1982/83. Nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten wurde zu diesem Zeitpunkt im Zuge der Erschließung des Gewerbegebietes ... die Wasserversorgungshauptleitung in der öffentlichen Straße vor dem Grundstück des Klägers verlegt und außerdem eine Anschlussleitung bis in das unbebaute Grundstück gelegt, die mit einer Endkappe verschlossen worden ist („Blindanschluss“). Diese in tatsächlicher Hinsicht vorhandene Anschlussmöglichkeit besteht nach wie vor.
27 
b) In rechtlicher Hinsicht ist die abstrakte Beitragsschuld aber erst am 01.01.2007 entstanden, weil erst an diesem Tag die hierfür erforderliche satzungsrechtliche Grundlage - die Wasserversorgungssatzung (WVS) der Beklagten vom 09.11.2006 - in Kraft getreten ist. Bis zum 31.12.2006 konnte von vornherein keine öffentlich-rechtliche Beitragsschuld entstehen, weil die Beklagte seit Mitte der 70er Jahre das Entgelt für die Benutzung ihrer Wasserversorgungseinrichtungen auf privatrechtlicher Basis erhoben hatte. Ohne (wirksame) Satzung kann aber keine Beitragspflicht entstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.1992 - 2 S 1328/90 - juris).
28 
c) Für das Entstehen der abstrakten Beitragsschuld am 01.01.2007 ist es unschädlich, dass die tatsächliche Anschlussmöglichkeit bereits seit den Jahren 1982/83 und damit lange vor dem Inkrafttreten der Wasserversorgungssatzung der Beklagten am 01.01.2007 bestanden hat.
29 
Es ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht erforderlich, dass die tatsächliche Vorteilslage (erst) unter der zeitlichen Geltung einer Wasserversorgungssatzung geschaffen wird. Solange zwar in tatsächlicher Hinsicht eine Anschlussmöglichkeit - und damit eine potentielle Vorteilslage - besteht, aber (noch) keine satzungsrechtliche Grundlage für eine Beitragserhebung existiert, kann keine Beitragsschuld entstehen. In einem solchen Fall entsteht die Beitragschuld erst mit der Schaffung der für eine Beitragserhebung erforderlichen satzungsrechtlichen Grundlage (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.03.1996 - 2 S 1566/93 - VBIBW 1996, 307). Dies gilt entgegen der Ansicht des Klägers nicht nur dann, wenn frühere Satzungen nichtig waren, sondern auch dann, wenn wie hier früher überhaupt keine öffentlich-rechtliche Abgabensatzung existiert hat. Denn das Entstehen der abstrakten Beitragsschuld setzt neben dem Vorhandensein einer nutzbaren öffentlichen Einrichtung und einem bebaubaren Grundstück, das tatsächlich und rechtlich an diese Einrichtung angeschlossen werden kann, das Vorhandensein einer wirksamen Beitragssatzung voraus (Gössl in Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz BW, § 32 Anm. 1.1). Erst wenn diese drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, entsteht die abstrakte Beitragsschuld.
30 
Die erforderliche satzungsrechtliche Grundlage hat die Beklagte hier erst mit Erlass ihrer zum 01.01.2007 in Kraft getretenen Wasserversorgungssatzung geschaffen. Dies hat zur Folge, dass (erst) mit Inkrafttreten dieser Satzung die abstrakte Beitragsschuld - mit Wirkung ex nunc - entstanden ist. Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, enthält das Kommunalabgabengesetz keine Regelung, wonach Grundstücke beitragsfrei sind, für die bereits vor Inkrafttreten einer satzungsrechtlichen Grundlage in tatsächlicher Hinsicht eine Vorteilslage entstanden ist. Ein Fall des § 32 Abs. 2 KAG liegt hier - so zu Recht das Verwaltungsgericht - nicht vor, weil das Grundstück des Klägers nicht schon vor dem 01.04.1964 - dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des KAG - an die Einrichtung hätte angeschlossen werden können.
31 
3. Der angefochtenen Festsetzung eines Wasserversorgungsbeitrags steht der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung nicht entgegen.
32 
a) Eine unmittelbare Anwendung des Grundsatzes der Einmaligkeit der Beitragserhebung scheidet hier von vornherein aus. Seit Entstehen der tatsächlichen Vorteilslage für das streitbefangene Grundstück in den Jahren 1982/83 bis zum 31.12.2006 sind für die Leistungen der Wasserversorgung der Beklagten keine öffentlich-rechtlichen Abgaben, sondern zivilrechtliche Entgelte erhoben worden. In diesem Zeitraum können demzufolge unabhängig von ihrer Bezeichnung höchstens Zahlungen auf privatrechtlicher Basis erhoben und geleistet worden sein. Dass bis zum 31.12.2006 dennoch ein öffentlich-rechtlicher Wasserversorgungsbeitrag festgesetzt und entrichtet worden sein könnte, ist daher fernliegend; dies behauptet auch der Kläger nicht.
33 
b) Unabhängig davon lässt sich aber auch nicht feststellen, dass der Kläger bis zum 31.12.2006 einen zivilrechtlichen Baukostenvorschuss oder eine sonstige Zahlung für den Anschluss des streitbefangenen Grundstücks an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten geleistet hätte. Der Kläger trägt zwar vor, seiner Erinnerung nach habe die Beklagte ihm gegenüber bereits 1982/83 ein privatrechtliches Entgelt in Form eines Baukostenzuschusses geltend gemacht, das er auch entrichtet habe. Der Senat ist jedoch der Überzeugung, dass dies in Bezug auf das streitbefangene Grundstück nicht zutrifft. Im Einzelnen:
34 
aa) Das Vorbringen des Klägers ist bereits äußerst unsubstantiiert. Nähere Einzelheiten wie auch die genauen Umstände der angeblichen Zahlung werden nicht geschildert. Für die behauptete Anforderung und Zahlung eines Baukostenzuschusses hat der Kläger zudem auch keine (z.B. schriftlichen) Nachweise vorgelegt.
35 
bb) Zudem sprechen gewichtige Indizien gegen die Behauptung des Klägers. Die Beklagte hat im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 12.09.2013 die „Sachkontenblätter“ der Jahre 1982 bis 1984 zur Haushaltsstelle „Ertragszuschüsse Wasserversorgung" vorgelegt. In diesen Sachkontenblättern sind alle im jeweiligen Haushaltsjahr geforderten Baukostenzuschüsse enthalten. In diesen Sachkontenblättern sind aber lediglich zwei Zahlungen des Klägers über 2.200,-- DM (11.06.1982) und 626,-- DM (18.08.1982) sowie eine Rückerstattung über 451,14 DM (31.12.1982) aufgeführt. Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang übersehen hat, dass sich der dritte Beleg auf eine Rückzahlung der Beklagten an den Kläger bezieht, und demzufolge zu Unrecht von drei Zahlungen ausgegangen ist, und zudem den ersten Betrag versehentlich mit 2.000,-- DM (statt richtig 2.200.-- DM) benannt hat, ist dies im Ergebnis ohne Relevanz. Denn diese Belege beziehen sich jeweils erkennbar auf ein anderes bebautes Grundstück des Klägers im selben Baugebiet. Insoweit hat die Beklagte plausibel ausgeführt, dass sie kein unbebautes Grundstück betreffen könnten, denn in den Rechnungsbelegen („Vorläufige Berechnung“ Beleg Nr. 12/Hptp.B. 105) würden 580,-- DM für weitere angefangene 100 m² Nettogeschossfläche ausgewiesen. Daraus hat das Verwaltungsgericht gefolgert, dass die in den Sachkontenblättern dargestellten Zahlungen nur ein bebautes Grundstück des Klägers und nicht das unbebaute streitbefangene Grundstück betreffen können. Dies ist insbesondere auch vor dem Hintergrund überzeugend, dass die Bestimmungen in Nr. 1 der Anlage 2 der AVB-Wasser der Beklagten vom 15.07.1974 zur Ermittlung der Höhe des zu leistenden Entgelts auf den Umfang der Bebauung auf einem Grundstück abstellen. Jedenfalls für unbebaute Grundstücke, bei denen das Maß einer zukünftigen Bebauung noch nicht - z.B. im Hinblick auf eine bereits erteilte Baugenehmigung - absehbar war, hätte das Entgelt nach diesen Bestimmungen nicht berechnet werden können.
36 
Diesbezüglich hat auch der Kläger im Berufungsverfahren keine durchgreifenden Einwendungen erhoben; er stellt insbesondere nicht in Frage, dass die von der Beklagten vorgelegten Belege ein anderes Grundstück betroffen haben. Er meint jedoch, aus der Zahlung für andere Grundstücke müsse geschlossen werden, dass auch für das streitbefangene Grundstück gezahlt worden sei. Dies überzeugt jedoch nicht. Zum einen ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die eine Zahlung detailliert vermerkt worden sein sollte, während die andere (angebliche) Zahlung, die im selben Zeitraum erfolgt sein müsste, aus unerfindlichen Gründen „unterschlagen“ worden wäre. Die vorgelegten detaillierten „Sachkontenblätter“ aus den 80er Jahren erwecken zudem den Eindruck der Vollständigkeit. Es ist kein plausibler Grund dafür vorhanden, weshalb ausgerechnet die hier umstrittene Zahlung dort nicht aufgeführt sein sollte, wenn sie tatsächlich geleistet worden wäre. Zum anderen kann ein sachlicher Grund für die Zahlung im Falle des bebauten Grundstücks ohne Weiteres darin gesehen werden, dass dieses Grundstück an die Wasserversorgung angeschlossen wurde, während dies bei dem streitbefangenen Grundstück, das immer noch unbebaut ist, nicht der Fall war.
37 
cc) Aber auch rechtliche Überlegungen sprechen dagegen, dass der Kläger bis zum 31.12.2006 einen Baukostenzuschuss oder ein vergleichbares Entgelt für den Anschluss des streitbefangene Grundstücks an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten geleistet haben könnte. Unter dem bis Ende 2006 geltenden privatrechtlichen Regime konnte die Beklagte keine einseitigen Zahlungspflichten per Hoheitsakt begründen. Zahlungsverpflichtungen der Anschlussnehmer haben vielmehr grundsätzlich den Abschluss eines zweiseitigen zivilrechtlichen Vertrags vorausgesetzt. Das Entstehen eines zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses setzt aber entsprechende übereinstimmende Willenserklärungen beider Vertragpartner voraus. Demgemäß müsste der Kläger einen Antrag (Anmeldung) auf Wasserversorgung gestellt (vgl. Nr. 3.1 der AVB-Wasser der Beklagten vom 15.07.1974) und die Beklagte diesen Antrag angenommen haben (Nr. 3.2). Davon hat auch Nr. 3.6 der AVB-Wasser nicht suspendiert. Zwar waren die Stadtwerke der Beklagten hiernach berechtigt, auch schon vor Inangriffnahme der Anschlussarbeiten die in Anlage 2 festgelegten „Wasserversorgungsbeiträge“ zu verlangen. Voraussetzung eines solchen zivilrechtlichen Anspruchs war aber ungeachtet der Bezeichnung als „Beitrag“ ein bestehendes privatrechtliches Vertragsverhältnis.
38 
Dass der hierfür erforderliche Antrag vom Kläger gestellt und von der Beklagten angenommen worden sein könnte, ist nicht ersichtlich. Entsprechende Unterlagen sind - wie die Beklagte auf Anfrage des Berichterstatters unter dem 17./18.02.2014 ausdrücklich mitgeteilt hat - nicht (mehr) vorhanden. Auch der Kläger konnte keine entsprechenden Belege vorlegen. Gegen das Bestehen eines Vertragsverhältnisses spricht zudem, dass die Beklagte keinen Wasserzähler und keine technische Entnahmevorrichtung angebracht, sondern den Anschluss als „Blindanschluss“ mit einer Endkappe ohne Entnahmemöglichkeit ausgeführt hat.
39 
Daraus, dass die Beklagte 1982/83 - wohl im Einvernehmen mit dem Kläger - einen solchen „Blindanschluss“ gelegt hat, lässt sich auch nicht folgern, dass der Kläger zumindest konkludent einen Antrag auf Wasserversorgung gestellt und die Beklagte diesen Antrag angenommen hat. Denn auf Anfrage des Berichterstatters hat die Beklagte mitgeteilt, die Herstellung solcher „Blindanschlüsse“ sei routinemäßig bereits im Vorfeld bei der Erschließung eines Baugebiets unabhängig von Anträgen auf Wasserversorgung erfolgt; (erst) wenn ein Vertragsverhältnis bestanden habe, habe die Beklagte einen Wasserzähler und eine technische Entnahmevorrichtung installiert. Dies hält der Senat für überzeugend. Es ist plausibel, dass bei der tatsächlichen Erschließung eines neuen Baugebiets regelmäßig solche „Blindanschlüsse“ hergestellt werden, um ein späteres Wiederaufreißen der Straßen- und Gehwegdecke zu vermeiden, zumal bei einem Baugrundstück nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig davon auszugehen ist, dass früher oder später eine Bebauung stattfinden wird. Vor diesem Hintergrund lässt sich aus der einvernehmlichen Herstellung eines „Blindanschlusses“ entgegen der Auffassung des Klägers nicht schließen, dass - zumindest durch schlüssiges Verhalten - ein vertraglicher Anschluss an die Wasserversorgung erfolgt ist.
40 
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang anführt, durch die 1982/83 erfolgte Herstellung des „Blindanschlusses“ sei eine beitragsrechtliche Vorteilslage geschaffen worden, liegt dies neben der Sache. Da damals privatrechtliche Entgelte verlangt worden sind und eine öffentlich-rechtliche Beitragserhebung überhaupt nicht möglich war, kommt es auf das bloße Vorhandensein einer Vorteilslage nicht an. Auch das von dem Kläger betonte Interesse der Beklagten an einer möglichst baldigen Refinanzierung ihrer Aufwendungen, berechtigt diese für sich allein genommen offenkundig nicht dazu, ein zivilrechtliches Entgelt zu erheben.
41 
dd) Alles in allem bewertet der Senat dies im Rahmen einer Gesamtwürdigung dahingehend, dass in Bezug auf das streitbefangene Grundstück kein Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger zustande gekommen und auch keine privatrechtliche Zahlung eines Entgelts (etwa in Form eines Baukostenzschusses) durch den Kläger erfolgt ist. Seine entgegengesetzte Behauptung, seiner Erinnerung nach habe er einen Baukostenzuschuss entrichtet, lässt sich in nachvollziehbarer Weise ohne Weiteres damit erklären, dass er zwar Zahlungen an die Beklagte geleistet hat, diese aber jeweils ein anderes Grundstück im selben Baugebiet betroffen haben.
42 
Selbst wenn man zu der Folgerung käme, es lasse sich nicht mehr feststellen, ob eine Zahlung erfolgt ist („non liquet“), ginge dies zu Lasten des Klägers, da er nach allgemeinen Grundsätzen die materielle Beweislast für die Behauptung trägt, er habe bereits einen Baukostenzuschuss für das fragliche Grundstück entrichtet.
43 
4. Festsetzungsverjährung ist nicht eingetreten. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Sie beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Da die abstrakte Beitragsschuld hier erst am 01.01.2007 entstanden ist, hat die Festsetzungsfrist am 31.12.2011 geendet. Diese Frist ist mit Erlass des angefochtenen Bescheides vom 19.12.2011 eingehalten worden, der dem Kläger am 20.12.2011 zugestellt worden ist.
44 
5. Die Beklagte hat das Recht auf Erhebung eines Wasserversorgungsbeitrags ferner nicht verwirkt. Ein materielles Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist, obwohl ihm ein Geltendmachen seines Rechts ohne weiteres zumutbar gewesen wäre, der Verpflichtete infolge dieses Verhaltens darauf vertrauen durfte, dass der Berechtigte das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde, der Verpflichtete hierauf tatsächlich vertraut und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen auf die tatsächlich entstandene Lage eingerichtet und deshalb Maßnahmen ergriffen hat, die er nicht ergriffen hätte oder die er nicht oder nur mit erheblichen Kosten rückgängig machen kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 04.12.2001 - 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274, vom 29.08.1996 - 2 C 23/95 - BVerwGE 102, 33 und vom 20.01.1977 - V C 18.76 - BVerwGE 52, 16; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.07.2009 - 13 S 919/09 - InfAuslR 2009, 403).
45 
Hier fehlt es jedenfalls an der letzten Voraussetzung für die Annahme einer Verwirkung. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger im Vertrauen darauf, nicht mehr zu einem Beitrag herangezogen zu werden, eine (Vermögens-) Disposition getroffen hat, die nicht oder nur unter erheblichen Kosten wieder rückgängig gemacht werden kann.
46 
6. Dass zwischen der Verschaffung der Anschlussmöglichkeit im Jahre 1982/83 und der Heranziehung zu einem Wasserversorgungsbeitrag Ende 2011 ein Zeitraum von fast 30 Jahren verstrichen ist, berührt die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung nicht. Zwar lässt sich dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) möglicherweise der allgemeine Rechtsgedanke entnehmen, dass es regelmäßig eine absolute zeitliche Obergrenze für eine Beitragserhebung geben muss. Jedenfalls unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls - die in erster Linie darin begründet liegen, dass die Beklagte die Entgelte für die Leistungen der Wasserversorgung seit Anfang 2007 nicht mehr einem privatrechtlichen, sondern einem öffentlich-rechtlichen Regime unterstellt hat - ist indes eine verfassungsrechtlich möglicherweise gebotene absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung im vorliegenden Fall nicht überschritten.
47 
a) In seinem Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes getroffene Bestimmung über den Beginn der Festsetzungsfrist bei der Heilung ungültiger Satzungen nichtig ist. Diese Vorschrift ist - wie auch ihr baden-württembergisches „Pendant“ - im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung. Darüber hinaus hat sich das Bundesverfassungsgericht aber auch grundsätzlich zu der Problematik der Erhebung von öffentlich-rechtlichen Abgaben in den Fällen geäußert, in denen der tatsächliche Anknüpfungspunkt für deren Entstehen bereits lange zurück liegt. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten hiernach im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug. Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können. Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten. Aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit ist demzufolge abzuleiten, dass Einzelne gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet es daher auch bei der Erhebung von Beiträgen, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.
48 
b) Welche Folgerungen hieraus allgemein für die Erhebung von Beiträgen zu ziehen sind (vgl. hierzu: BayVGH, Urteil vom 14.11.2013 - 6 B 12.704 -; OVG BBbg. Urteil vom 14.11.2013 - 9 B 34.12 -; SächsOVG, Beschluss vom 25.04.2013 - 5 A 478/10 - jeweils juris), kann offenbleiben. Denn der vorliegende Einzelfall weist Besonderheiten auf, die dazu führen, dass die Beitragserhebung hier in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht problematisch ist, obwohl zwischen der Schaffung der tatsächlichen Anschlussmöglichkeit in den Jahren 1982/83 und der Erhebung des Beitrags im Jahr 2011 fast dreißig Jahre verstrichen sind.
49 
Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass in dem Zeitraum zwischen der tatsächlichen Schaffung der Anschlussmöglichkeit in den Jahren 1982/83 und dem Inkrafttreten der Wasserversorgungssatzung der Beklagten am 01.01.2007 die Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsbeitrags durch die Beklagte in rechtlicher Hinsicht schon im Ansatz nicht möglich war, weil die Entgeltzahlung in dieser Zeit noch privatrechtlich ausgestaltet war (vgl. § 13 Abs. 2 KAG). Daher lassen sich in Bezug auf diesen Zeitraum, in dem die Entgelte für die Wasserversorgung noch auf privatrechtlicher Basis erhoben worden sind, die tragenden Erwägungen in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 (aaO) nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich maßgeblich darauf gestützt, dass das Rechtsstaatsprinzip den Bürger in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor schützt, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit sei demzufolge abzuleiten, dass Einzelne gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen habe.
50 
Hier fehlt es aber schon an der Erwartung des Grundstückseigentümers, nicht mehr zu einer Kostenbeteiligung für die Herstellung der Wasserversorgungseinrichtung herangezogen zu werden. Unter der Geltung des Privatrechts musste jedem Grundstückseigentümer vielmehr bewusst sein, dass er ein wie auch immer bezeichnetes entsprechendes Entgelt leisten muss, sobald er sein Grundstück bebauen und an die Wasserversorgung anschließen möchte. Anders als im öffentlich-rechtlichen Beitragsrecht hatte die Gemeinde zudem keine Befugnis, bereits bei Bestehen einer tatsächlichen Vorteilslage ein solches Entgelt zu fordern, sodass sich auch nicht sagen lässt, dass die Gemeinde eine ihr zustehende Befugnis nicht wahrgenommen hätte. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall grundlegend von den Fällen, in denen schon immer eine öffentlich-rechtliche Regelung der Beitragserhebung beabsichtigt war und eine frühzeitige Beitragserhebung ausschließlich am Fehlen einer rechtsgültigen Satzung der Gemeinde gescheitert ist.
51 
Der lange Zeitraum zwischen der Schaffung der Anschlussmöglichkeit und der Beitragserhebung beruht hier also letztlich in erster Linie darauf, dass das bis Ende 2006 geltende privatrechtliche Regime als Grundlage eines Anspruchs grundsätzlich eine vertragliche Vereinbarung verlangt hat, während das seit Anfang 2007 anwendbare öffentlich-rechtliche Beitragsrecht eine Beitragserhebung bereits bei Bestehen einer Vorteilslage zulässt. Nach der Überzeugung des Senats ginge es fehl, in einem solchen Fall bei einem Wechsel von einem privatrechtlichen zu einem öffentlich-rechtlichen System die in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 (aaO) befürwortete absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung auch auf solche Zeiträume zu erstrecken, in denen die Erhebung von Entgelten privatrechtlich geregelt war. Eine absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung kann sich nur auf die Zeiträume beziehen, in denen es überhaupt dem Grunde nach eine öffentlich-rechtliche Beitragspflicht gegeben hat, und nicht auf solche Zeiträume, in denen eine Beitragserhebung rechtlich gar nicht möglich gewesen wäre, weil die Entgeltzahlung privatrechtlich geregelt war. Dies gilt jedenfalls dann, wenn auch die Erhebung eines privatrechtlichen Entgelts in der Vergangenheit mangels des Zustandekommens eines Vertragsverhältnisses nicht möglich gewesen wäre
52 
Hierfür spricht im Übrigen auch die folgende Erwägung: Es obliegt der Organisationshoheit der Gemeinde, ob sie eine privatrechtliche Entgeltregelung trifft oder zur Finanzierung der Trinkwasserversorgung Kommunalabgaben erhebt. Auch die Umstellung vom privatrechtlichen zum öffentlich-rechtlichen Regime ist wie der umgekehrte Fall von der Organisationsgewalt der Gemeinde gedeckt (vgl. Gössl in Gössl/Reif, aaO, § 13 Anm. 4.1). Würde die Umstellung von einer privatrechtlichen Entgeltregelung zu einer Finanzierung über öffentlich-rechtliche Abgaben dazu führen, dass für viele unbebaute, aber bebaubare Grundstücke keine Beiträge mehr erhoben werden dürfen, obwohl eine Vorteilslage besteht und nach der privatrechtlichen Regelung jederzeit damit gerechnet werden musste, dass im Falle einer Bebauung Baukostenzuschüsse (oder anders bezeichnete Entgelte) entrichtet werden müssen, würde dies die Organisationshoheit der Gemeinden unverhältnismäßig einschränken. Eine Rückkehr ins Öffentliche Recht wäre dann mit erheblichen finanziellen Risiken für die Gemeinden verbunden, ohne dass dies durch die überwiegenden Interessen der Betroffenen geboten wäre.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
54 
Beschluss vom 31. März 2014
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.222,68 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. November 2003 - 6 K 2006/01 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zum Abwasserbeitrag.
Die Beklagte betreibt die Beseitigung des in ihrem Gebiet anfallenden Abwassers als öffentliche Einrichtung, für die Anschluss- und Benutzungszwang festgesetzt ist. Sie erhebt zur teilweisen Deckung ihres Aufwands für die Herstellung der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen Abwasserteilbeiträge nach einheitlichen Beitragssätzen für den öffentlichen Kanal sowie für den mechanischen und biologischen Teil des Klärwerks. Auf der Grundlage einer Globalberechnung beschloss der Gemeinderat die Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 15.11.1993, in der die Beitragssätze von 5,30 DM (2,71 EUR)/qm Nutzungsfläche für den öffentlichen Abwasserkanal bzw. 5,20 DM (2,66 EUR)/qm Nutzungsfläche für den mechanischen und biologischen Teil des Klärwerks festgesetzt wurden. Am 14.12.1998 wurde die Satzung - beschränkt auf den Gebührensatz - geändert.
Den Anschluss der Außenbereichsgrundstücke durch mit öffentlichen Mitteln geförderten Pumpendruckleitungen zur Ableitung des Schmutzwassers nahm die Beklagte ab 1997 vor. Auch das in einem Weiler der Beklagten gelegene Hofgrundstück des Klägers wurde so mittels Pumpendruckleitung an die Kanalisation der Beklagten angeschlossen. Von diesem Grundstück kann danach das im Wohnhaus anfallende Schmutzwasser über ein Einzelpumpwerk in die Abwasserdruckleitung eingeleitet werden. Anfallendes Niederschlagswasser wird weiterhin auf dem Grundstück des Klägers entsorgt.
Mit Bescheid vom 23.1.2001 zog die Beklagte den Kläger zu einem Abwasserbeitrag in Höhe von insgesamt 46.100,25 DM, 23.269,65 DM für den öffentlichen Abwasserkanal, 22.830,60 DM für den mechanischen und biologischen Teil des Klärwerks heran. Mit Bescheid vom 7.2.2001 stundete sie die auf die landwirtschaftlich genutzte Grundstücksteilfläche entfallende anteilige Beitragsschuld von 38.398,50 DM. Der Kläger wandte sich mit seinem Widerspruch gegen die Veranlagung nach einheitlichen Beitragssätzen sowohl für voll- als auch lediglich teilangeschlossene Grundstücke. Dem bei seinem Grundstück gegebenen „Mindervorteil“ müsse Rechnung getragen werden. Dies auch deshalb, weil das Niederschlagswasser nicht entsorgt werden könne und daher sein Hofgrundstück bei Niederschlägen stark vernässe. Mit Widerspruchsbescheid vom 6.11.2001, zugestellt am 16.11.2001, wies das Landratsamt Ravensburg den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 17.12.2001, einem Montag, beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Zu deren Begründung hat er auf den lediglich eingeschränkten Vorteil der bei ihm eröffneten Teilanschlussmöglichkeit abgehoben und auf die Nachteile hingewiesen, die ihm durch die Unmöglichkeit zentraler Entsorgung starker Niederschlagsmengen entstünden. Dass der Teilanschluss sein Grundstück baulich hinreichend erschließe, könne die beitragsrechtliche Gleichbehandlung mit voll angeschlossenen Grundstücken nicht rechtfertigen. Der Kläger hat beantragt, den Abwasserteilbeitragsbescheid der Beklagten vom 23.1.2000 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Ravensburg vom 6.11.2001 aufzuheben.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Veranlagung nach Einheitssätzen mit der Gleichheit der den betroffenen Grundstücken sowohl durch Voll- als auch Teilanschlüsse vermittelten Erschließungsvorteilen gerechtfertigt. Die bauliche Nutzbarkeit von Außenbereichsgrundstücken sei in aller Regel schon bei dezentraler Niederschlagswasserbeseitigung gegeben, die in der Regel ohne große Aufwendungen durch Versickern oder Einleiten in einen Vorfluter in wasserwirtschaftlich zulässiger Weise erfolgen könne. Die geringe Anzahl nur teilweise angeschlossener Grundstücke stehe der nach der Überzahl der voll angeschlossenen Grundstücke typisierenden Festsetzung einheitlicher Beitragssätze nicht entgegen
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.11.2003 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass Außenbereichsgrundstücke, deren anfallendes Schmutzwasser durch Einleitung in die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage und deren anfallendes Niederschlagswasser durch Versickern auf dem eigenen Grundstück beseitigt werden könne, durch die Anschlussmöglichkeit keinen geringeren Vorteil als voll angeschlossene Innenbereichsgrundstücke hätten. Für die bauliche Erschließung des Grundstücks des Klägers genüge die zentrale Beseitigung des anfallenden Schmutzwassers. Die geltend gemachte unverhältnismäßig starke Vernässung des Hofgrundstücks gehe wohl auf das Fehlen einer (technisch) ordnungsgemäßen Sammlung des Niederschlagswassers zurück. Eine solche sei auch im Fall der Einleitung in die öffentliche Entwässerungsanlage unverzichtbar. Der zur Stützung seiner Rechtsauffassung vom Kläger angegebenen obergerichtlichen Rechtsprechung lägen teilweise andere Sachverhalte, teilweise aber auch ein vom hier maßgeblichen abweichender Vorteilsbegriff zugrunde. Im Übrigen unterschreite die Zahl der nur teilweise angeschlossenen Grundstücke 10 v.H. aller angeschlossenen Grundstücke und könne daher bei der zulässigerweise typisierenden Beitragsregelung unberücksichtigt bleiben. Denn von den insgesamt an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossenen Grundstücken leite nur ein Anteil von 3,24 % mittels einer Pumpendruckleitung mit privatem Einzelpumpwerk Schmutzwasser in die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage ein; weitere 2,43 % der Grundstücke seien mittels Freispiegelleitung und öffentlichem Pumpwerk an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen. Bei der Entsorgung mittels Pumpendruckleitung handle es sich nicht um einen völlig anderen Entwässerungstyp als bei der Abwasserentsorgung ohne eine derartige Leitung; denn sämtliches Abwasser werde nach Einleitung in einen gemeinsamen Freispiegelkanal einheitlich behandelt. Die Typisierungsschwelle der Beitragsregelung werde von dem Verhältnis der unterschiedlich angeschlossen Grundstücke nicht von deren Flächen bestimmt; denn die Menge des zu beseitigenden Abwassers folge in erster Linie aus der Zahl auf einem Grundstück lebender Personen. Anderes möge für Niederschlagswasser gelten, dies allerdings nur bei großen Grundstücken mit hohem Versiegelungsgrad. Insofern fehle es jedoch am substantiierten Vortrag des Klägers. Im Übrigen sei keine Überhöhung der Beiträge im Einzelfall erkennbar.
Gegen das ihm am 17.1.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.2.2004 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, zu deren Begründung er ergänzend zu seiner bisherigen Rechtsauffassung vorbringt: Zum Zeitpunkt seiner Veranlagung habe die Kalkulation des Beitragssatzes den durch Anschluss erheblicher Nutzungsflächen im Außenbereich erreichten Anschlussgrad von 99% nicht berücksichtigt. Eine Korrektur auf Grund des Flächenzuwachses und der zusätzlichen Kosten sei auch im Zuge der Satzungsänderung vom 14.12.1998 unterblieben. Ohne korrigierte Beitragskalkulation hätte der Gemeinderat der Beklagten selbst dann die Beibehaltung der festgesetzten Beitragssätze nicht ermessensfehlerfrei beschließen können, wenn eine solche Entscheidung in der Sache vertretbar gewesen wäre. Im Übrigen werde daran festgehalten, dass der Gebrauchsvorteil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage im Fall eines Teilanschlusses gegenüber einem Vollanschluss gemindert sei. Dies gelte auch dann, wenn anfallendes Niederschlagswasser vorbehaltlos und auf Dauer wasserrechtlich nicht von der Gemeinde, sondern vom Grundstückseigentümer zu beseitigen sei. Die Vernässung seines Grundstücks bei Niederschlägen stelle ein erhebliches Bewirtschaftungserschwernis und damit eine Einschränkung der Bebaubarkeit oder sonstigen Nutzbarkeit, mithin auch der Erschließung dar. Die nur teilweise angeschlossenen Außenbereichsflächen überschritten die „Typisierungsgrenze“. Es sei auf die Flächen und nicht auf die Zahl der Anschlüsse abzustellen.
Es bestünden auch Bedenken gegen die Beitragshöhe. So sei die Ermittlung der beitragspflichtigen Fläche ebenso unklar wie die Festlegung des Nutzungsfaktors 1,5; denn dreigeschossige Gebäude seien auf dem Grundstück nicht vorhanden. Eine Ermittlung der Zahl der Vollgeschosse nach § 28 Abs. 7 der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 15.11.1993 i.d.F. vom 14.12.1998 komme bei Außenbereichsgrundstücken nicht in Frage.
10 
In dem Einlegen des Rechtsmittels liege zugleich auch der Antrag auf Teilerlass aus sachlichen Billigkeitsgründen. Dieser Antrag sei mit Blick auf den „Mindervorteil“ auch begründet. Auch ohne einen derartigen Antrag sei im Übrigen der Teilerlass wegen offensichtlichen Vorliegens der Voraussetzungen hierfür geboten gewesen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27.11.2003 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 23.1.2000 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Ravensburg vom 6.11.2001 aufzuheben,
13 
und hilfsweise ferner,
14 
die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag auf Erlass der Beitragsforderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist darauf, dass die Möglichkeit des Teilanschlusses von Außenbereichsgrundstücken im Jahr 1993 noch nicht hätte berücksichtigt werden können. Weder die technische Entwicklung der Abwasserentsorgung noch die wasserrechtliche Entwicklung im Sinne des Vorrangs der dezentralen Entsorgung von Niederschlagswasser seien vorhersehbar gewesen. Durch die Pumpendruckleitungen seien wegen deren Bezuschussung bislang keine Kosten entstanden. Rechtlich habe der Kläger durchaus die Möglichkeit, das auf seinem Grundstück anfallende Niederschlagswasser mittels Pumpendruckleitung in die Kanalisation einzuleiten. Allerdings ergäben sich technische Probleme; auch wäre diese Art der Entsorgung für den Kläger wirtschaftlich nachteilig.
18 
Auf der Grundlage einer neuen Kalkulation setzte der Gemeinderat mit Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 24.10.2005 einen Teilbeitragssatz von 3,15 EUR für den öffentlichen Abwasserkanal und einen Teilbeitragssatz von 1,81 EUR für den mechanischen und biologischen Teil des Klärwerks fest. Die Absenkung des Klärbeitrags geht nach der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 24.10.2005 auf Flächenzuwächse durch neue Wohn- und Gewerbegebiete zurück, denen entsprechenden Investitionskosten nur im Kanalbereich gegenüberstünden. Auch habe das Pumpe-Schlauch-Programm kostenintensive Sammler zum Anschluss der Außenbereiche entbehrlich gemacht.
19 
Dem Senat liegen die angefallenen Akten der Beklagten und der Widerspruchsbehörde vor. Auf diese Unterlagen und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Beitragsbescheid der Beklagten vom 23.1.2000 und der Widerspruchsbescheid vom 6.11.2001 sind rechtmäßig und verletzen daher den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; unten I.). Auch das in der Berufungsinstanz hilfsweise erhobene Verpflichtungsbegehren kann keinen Erfolg haben; denn ein Anspruch auf Erlass der Beitragsforderung besteht nicht (dazu § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO; unten II.).
I.
21 
Der Abwasserteilbeitragsbescheid beruht auf den §§ 2, 10 des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung vom 18.2.1964 (GBl. S. 71) mit nachfolgenden Änderungen (vgl. Art. 5 Abs. 4 des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 12.2.1996, GBl. S. 104) - KAG a.F. - (zur Neufassung s. das Gesetz zur Neuregelung des kommunalen Abgabenrechts und zur Änderung des Naturschutzgesetzes vom 17.3.2005, GBl. S. 206 ff.) und der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 15.11.1993 i.d.F. vom 14.12.1998 - AbwS 1998 -. Diese Satzung ist entgegen der Ansicht der Berufung weder wegen einer unzutreffenden Beitragssatzkalkulation (dazu 1.) noch deswegen, weil diese Kalkulation im Nachhinein unrichtig geworden ist (dazu 2.), ungültig. Auch ist der Beitragssatz - und damit die Satzung hinsichtlich ihres „Beitragsteils“ - nicht deshalb rechtswidrig, weil mit ihm, wie der Kläger vorträgt, nicht ein hinsichtlich der Beschränkung auf die Schmutzwasserbeseitigung eintretender „Mindervorteil“ berücksichtigt worden ist (dazu 3.)
22 
(1) Nach der zum genannten Kommunalabgabengesetz a.F. ergangenen Rechtsprechung des Senats stellt die Beitragskalkulation die Grundlage des Beschlusses über den Beitragssatz dar. Die dabei erforderlichen Ermessens- und Prognoseentscheidungen stehen mit der Entscheidung über den Beitragssatz in untrennbarem Zusammenhang. Der Ortsgesetzgeber muss sich deshalb spätestens bei der Beschlussfassung über den Beitragssatz die Globalberechnung in einer, auch für das Gericht erkennbaren und nachprüfbaren Weise zu eigen und damit zur Grundlage seines Satzungsbeschlusses machen. Ist nicht erkennbar und damit auch nicht gerichtlich überprüfbar, ob und mit welcher Maßgabe im Einzelnen der Gemeinderat das ihm eingeräumte Ermessen bei der Beschlussfassung über die Beitragssätze ausgeübt hat, so führt dies zur Ungültigkeit der Festsetzung des Beitragssatzes. Liegt somit dem Gemeinderat bei der Beschlussfassung über den Beitragssatz entweder überhaupt keine oder eine materiell fehlerhafte Beitragskalkulation vor, hat dies die Nichtigkeit des beschlossenen Beitrags zur Folge (vgl. grundlegend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.10.1986 - 2 S 2272/85 -, ESVGH 37, 29 m.w.N.; NK-Urteil v. 23.3.2006 - 2 S 2842/04 -; ständ. Rspr.).
23 
Eine solche fehlerhafte Beitragskalkulation steht hier nicht in Rede. Die dem Satzungsbeschluss der Beklagten vom 15.11.1993 zu Grunde liegende Globalberechnung wird vom Kläger mit dem Hinweis in Frage gestellt, seit 1997 sei eine erhebliche Zunahme der an die Abwasserentsorgungseinrichtung der Beklagten angeschlossenen Grundstücke festzustellen. Die Globalberechnung vom September 1993 berücksichtige dies weder auf der Flächen- noch auf der Kostenseite; es sei lediglich ein Abzug für Kleinkläranlagen vorgesehen. Spätestens im Zeitpunkt der Satzungsänderung vom 14.12.1998 hätte aber eine Erhöhung des Anschlussgrades Berücksichtigung finden müssen. Damit sind indes Einwendungen gegen die Globalberechnung vom September 1993 nur dann zu verbinden, wenn damit geltend gemacht wäre, die oben dargelegten Forderungen an diese Berechnung seien nicht eingehalten. Davon kann indes nicht ausgegangen werden. Weder wird schlüssig die Flächenseite noch die Kostenseite gerügt, allenfalls ist eine fehlerhafte Prognose behauptet. Die Beklagte hat indes zutreffend darauf hingewiesen, dass 1993 die spätere technische Entwicklung der Abwasserentsorgung, die etwa ab 1997 den Einsatz von Pumpendruckleitungen ermöglicht habe, ebenso wenig vorhersehbar gewesen sei wie die spätere umweltpolitische Entwicklung, die dazu geführt habe, dass ab dem 1.1.1999 auf Außenbereichsgrundstücken anfallendes Niederschlagswasser durch Versickern auf dem eigenen Grundstück in wasserwirtschaftlich zulässiger Weise zu beseitigen ist (dazu auch § 45 b Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 WG). Von einer fehlerhaften Prognose kann daher nicht ausgegangen werden.
24 
(2) Auch ist entgegen der Annahme der Berufung die Beitragssatzung infolge der abwassertechnischen Entwicklung und deren Umsetzung durch die Beklagte nicht rechtswidrig geworden. Wie der Senat bereits entschieden hat, lassen nachträgliche Änderungen von Prognosegrundlagen die Gültigkeit des Beitragssatzes unberührt, soweit Kosten- und Flächenfaktoren der Globalberechnung auf Prognosen beruhen, die nach den Verhältnisses im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses sachgerecht waren (Urteil vom 18.8.1994 - 2 S 2581/92 -). Erst wenn die prognostische Schätzung eines Kosten- oder Flächenfaktors durch eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse eindeutig widerlegt wurde, wird im Falle einer hierdurch eingetretenen Kostenüberdeckung der Beitragssatz nachträglich ungültig und damit eine Korrektur der Globalberechnung als Grundlage für eine erneute Beschlussfassung über den Beitragssatz erforderlich (vgl. Senat, Urteile vom 26.5.2983 - 2 S 1604/82 -und vom 19.10.1989 - 2 S 1921/87-; Scholz/Sammet/Gössl, Recht und Praxis der Globalberechnung in Baden-Württemberg 1988, S. 24; ferner auch Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 2006, RdNr. 678 l).Ungeachtet der Frage, wann letztlich die Änderungen in der Anschlussmöglichkeit des Außenbereichs durch Druckleitungen absehbar gewesen sind, wäre eine Pflicht der Beklagten zur Neufestsetzung des Beitragssatzung demnach (erst) dann gegeben, wenn die Änderungen von Kosten- oder Flächenseite, wie sie durch die Anbindung von Grundstücken mittels Druckleitung eingetreten sind, zu einer eindeutigen Widerlegung der der Beschlussfassung von 1993 zu Grunde gelegten Prognosen und ferner zu einer dadurch bewirkten Kostenüberdeckung geführt hätten. Dass eine solche Kostenüberdeckung hier in Rede steht, ist nicht erkennbar und wird auch mit der Berufung nicht geltend gemacht, die sich auf die Darlegung der Änderungen beschränkt. Der Hinweis des Klägers auf die in der Satzung 2005 festgesetzten und teilweise niedrigeren Teilbeitragssätze ist nicht tragend, da mit ihm verkannt wird, dass diese Satzung auf einer neuen, den veränderten Flächen- und Kostenvorgaben Rechnung tragenden Beitragskalkulation beruht. Ob deshalb auch zu fordern ist, dass eine Kostenüberdeckung - wie der Rechtsgedanke in § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG n.F. nahe legt - auch „beachtlich“ sein muss, bedarf keiner Entscheidung (vgl. auch Birk, a.a.O., a.E.).
25 
Im Übrigen wäre - eine fehlerhafte Satzung 1993 einmal unterstellt - deren Heilung eingetreten. Denn die Beklagte hat am 24.10.2005 die Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung - AbwS 2005 - beschlossen, deren Beitragssätze auf einer mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung des Senats erörterten Globalberechnung beruhen. Durchgreifende Bedenken hat der Kläger nicht erhoben. Die von ihm als fehlerhaft beurteilten „Vorbehaltsflächen“ hat die Beklagte erläutert und dargelegt, dass es sich um über die Festsetzungen des Flächennutzungsplans hinaus beplante Flächen handele. Die Kosten hat der Kläger nur allgemein und mit Blick im Wesentlichen auf ihre Änderung gegenüber der Satzung von 1993 gerügt; dies stellt wegen der unterschiedlichen Kostenansätze indes einen schlüssigen Einwand nicht dar. Anlass zu weiteren Ermittlungen hierzu bestanden nicht ( vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 3.12.1998, BVerwGE 108,70, 71: keine Fehlersuche ohne entsprechende Rüge). Ist daher von einer zutreffend erfolgten Beitragskalkulation auszugehen, bedarf es keines Eingehens darauf, ob sich die Annahme der Wirksamkeit der Beitragsfestsetzung nicht bereits wegen der im vorliegenden Fall für die Beachtlichkeit von Mängeln bei der Beschlussfassung über den Abgabesatz maßgebliche Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 1 des o.a. KAG 2005 ergibt (dazu das o.a. NK-Urteil des Senats vom 23.3.2006).
26 
(3) Schließlich wendet der Kläger gegen die Gültigkeit dieser Satzung ohne Erfolg ein, unterschiedliche Entsorgungsmöglichkeiten im Satzungsgebiet bedeuteten unterschiedliche Vorteile im Sinne von § 10 Abs. 1 KAG a.F. mit der Folge der Notwendigkeit entsprechend abgestufter Beitragssätze. Denn die Beschränkung der Entsorgung auf das auf Außenbereichsgrundstücken anfallende Schmutzwasser führt - wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat - nicht zu einem beitragssatzmäßig zu berücksichtigenden Mindervorteil.
27 
(a) Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG a.F. (bzw. § 10 Abs. 3 Satz 1 KAG 78) sind die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen. Wie in der Rechtsprechung des Senats wiederholt dargelegt wurde, hat der Begriff u.a. eine grundstücksbezogene wirtschaftliche Komponente. Sie wird daraus deutlich, dass Beiträge nach § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F. nur von den Grundstückseigentümern erhoben werden können, denen durch die Möglichkeit des Anschlusses ihres Grundstücks an die Einrichtung nicht nur vorübergehende Vorteile geboten werden. Diese grundstücksbezogene Komponente des Vorteils hat der erkennende Gerichtshof in der Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts des Grundstücks gesehen, mit der in der Regel auch eine Erhöhung des Verkehrswerts des Grundstücks einhergeht. Der Gebrauchs- und Nutzungswert eines Grundstücks hängt wesentlich von seiner baulichen Nutzbarkeit ab. Baulich nutzbar ist ein Grundstück nach den §§ 30 ff. BauGB, wenn seine Erschließung gesichert ist, wozu u.a. die Möglichkeit des Anschlusses an die öffentlichen Ver- und Entsorgungseinrichtungen gehört (vgl. auch §§ 3 Abs. 1, 33 Abs. 3 LBO). Für bebaubare und bebaute Grundstücke besteht demnach der Vorteil, der durch die Möglichkeit des Anschlusses an eine öffentliche Entwässerungseinrichtung geboten wird, in der Gewährleistung ihrer Baulandqualität (dazu die Senatsurteile vom 12.12.1985 - 2 S 2689/83 -, VBlBW 1986, 142, 143 und vom 2.10.1986 - 2 S 2272/85 -, ESVGH 37, 29, 35; ferner Scholz/Sammet/Gössl, a.a.O., S. 12 f.; Birk a.a.O., § 8 RdNr. 646, jeweils m.w.N.).
28 
(b) Dieser Vorteil wird auch dem Kläger durch die Entsorgungseinrichtung vermittelt. Dass die Abwasserbeseitigung hier mittels Druckleitung erfolgt und diese die Entsorgung des Schmutzwassers, das auf dem Grundstück des Klägers anfällt, hinreichend sicherstellt, wird von diesem nicht in Zweifel gezogen. Er meint indes, dass die Beitragsveranlagung durch den angefochtenen Teilbeitragsbescheid deshalb rechtswidrig sei, weil mit der Anschlussmöglichkeit durch Druckleitung gegenüber einem "Vollanschluss" (Abwasserentsorgung hinsichtlich Schmutz- und Niederschlagswasser) lediglich ein "Mindervorteil" vermittelt werde. Damit wird jedoch der o.a. Begriff des Vorteils verkannt. Er ist darauf ausgerichtet, dass ein Grundstück baulich nutzbar und entsprechend ordnungsgemäß erschlossen ist, das Schmutz- und Niederschlagswasser also entsorgt und dadurch einerseits die Bebauung des Grundstücks nicht ausgeschlossen oder gegenüber dem bauplanungsrechtlich Zulässigen eingeschränkt und andererseits die baurechtlich zulässige Nutzung auf Dauer möglich ist. Dieser baurechtlich orientierte Vorteil richtet sich also nicht danach, wie die Abwasserentsorgung technisch bewerkstelligt wird. Unterschiedliche technische Entsorgungsarten können deshalb für sich genommen nichts zum Vorteil aussagen. Vorteilsrelevant werden unterschiedliche Entsorgungsarten erst und nur dann, wenn sich dadurch die Situation des Erschlossenseins und damit die Bebaubarkeit und Benutzbarkeit bestimmter Grundstücke ändern. Das bedeutet, dass bei zentraler Beseitigung des Schmutzwassers in Verbindung mit dezentraler Beseitigung des Niederschlagswasser gemäß § 45 b Abs. 3 WG eine ordnungsgemäße Entwässerung gegeben und die baurechtliche Erschließung gesichert ist. Ein Mindervorteil besteht bei einer solchen zulässigen dezentralen Abwasserbeseitigung im Verhältnis zu einer in anderen Fällen wasserwirtschaftlich gebotenen vollständigen zentralen Abwasserbeseitigung nicht. Ein einheitlicher Beitrag war demnach durch § 10 Abs.1 S. 1 KAG a.F. gedeckt (zum Ganzen Birk in: Driehaus, a.a.O., § 8 RdNr. 668 b ).
29 
Der Kläger beruft sich für seine abweichende Ansicht auf die Rechtsprechung der Obergerichte anderer Länder. Dabei wird verkannt, dass deren Bestimmung eines beitragsrechtlichen Vorteils nicht mit der hier in Rede stehenden übereinstimmen muss. Bei dem streitigen Vorteilsbegriff handelt es sich um einen „ausfüllungsbedürftigen unbestimmten Rechtsbegriff“ des Landesrechts, der sich einer einheitlichen, für alle Länder verbindlichen Definition entzieht (Driehaus in Driehaus, a.a.O., § 8 RdNr. 265).
30 
Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen zutreffend dargelegt, dass selbst bei Annahme eines "Mindervorteils" dieser beitragsrechtlich unberücksichtigt bleiben darf, wenn nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem abgerechneten "Typ" entsprechen (zur Typisierung vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.1975, KStZ 1976, 50) . Haben demnach nicht mehr als 10 % der Grundstücke des Gemeindegebiets einen "Mindervorteil", so darf dies in der Satzung unberücksichtigt bleiben. Maßgeblich sind für die Bestimmung der genannten Grenze nicht - wie mit der Berufung geltend gemacht wird - der Flächenanteil der eingeschränkt bevorteilten Grundstücke, sondern deren Anzahl, wie auch § 24 Abs. 1 S.1 AbwS 1998 verdeutlicht (vgl. auch Birk, a.a.O. RdNr. 668e m.w.N.) und auch daraus folgt, dass Gegenstand der Beitragserhebung nach § 10 Abs. 1 KAG a.F. regelmäßig das Grundstück ist (vgl. etwa Senatsurteil vom 27.9.1984 - 2 S 2437/82 -, VBlBW 1985, 460, 461).
31 
Der Annahme eines Vorteils stehen auch die vom Kläger vorgetragenen grundstücksbezogenen Einwendungen nicht entgegen, wonach sogar der Schluss auf einen durch den Teilanschluss mittels Druckleitung bewirkten "Nachteil" wegen einer "Vernässung" seines Grundstücks gerechtfertigt sein soll. Dass dies rechtlich nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein kann, folgt aus dem o.a. Begriff des Vorteils. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen zutreffend auf die in jeden Fall gebotene Notwendigkeit des Erfassens von Niederschlagswasser auf dem Grundstück selbst hingewiesen.
32 
(4) Auch die Höhe der mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Teilbeiträge ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insbesondere die beitragspflichtigen Teilflächen des Grundstücks (dazu a) und auch den Nutzungsfaktor (dazu b) zutreffend ermittelt.
33 
(a) Ist wie hier (dazu § 24 der Satzung) nach der Satzung bei der Beitragsbemessung die Fläche des Grundstücks zu berücksichtigen, bleiben insbesondere nach § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KAG a.F. (nunmehr § 31 Abs. 1 Satz 2 KAG n.F.) folgende Teilflächen unberücksichtigt, sofern sie nicht tatsächlich angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt sind: außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans oder einer Satzung nach § 34 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes oder außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile Teilflächen, deren grundbuchmäßige Abschreibung nach baurechtlichen Vorschriften ohne Übernahme einer Baulast zulässig wäre. An die Abwassereinrichtung angeschlossen ist hier - da lediglich das Schmutzwasser entsorgt wird - lediglich das Wohnhaus des Klägers. Dass auch andere Gebäude oder auch unbebaute, aber tatsächlich angeschlossene Flächen einen Anschluss an die Druckleitung haben könnten, ist nicht erkennbar. Dem bebauten Bereich sind allerdings - da die BauNVO für den hier in Rede stehenden Außenbereich keine Bestimmung zum höchstzulässigen Nutzungsmaß enthält - die nach den bauordnungsrechtlichen Vorgaben der Landesbauordnung (LBO) maßgeblichen Flächen zuzuordnen, wie etwa Abstandsflächen (§ 5 Abs. 7 LBO), Zugangsflächen (§ 4 LBO) oder Stellplätze. Schließlich sind auch die für die Grundstücksnutzung erforderlichen Zubehörflächen der in beitragsrechtlich maßgeblicher Weise nutzbaren Grundstücksfläche zuzuordnen (dazu Beschluss des Senats vom 14.10.1997 - 2 S 1572/97 -, BWGZ 1998, 519, 520, m. Anm. GT). Dies bedeutet, dass für ein landwirtschaftlich genutztes Anwesen wie das des Klägers daher die nach der Lebenserfahrung als "Hofstelle" bezeichnete Fläche der nutzbaren Grundstücksfläche zugerechnet werden darf (vgl. etwa Gössl, Wasserversorgungs- und Abwasserbeitrag, Erl. 5.4.2.1.2 m.w.N.; ders., KAG, 2004, § 10, S. 148; Kübler/Fröhner, Das Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, Stand Juli 2006, § 10 KAG RdNr. 35). Hofstelle eines landwirtschaftlichen Anwesens ("wirtschaftliche Einheit im weiteren Sinn") ist daher das Wohnhaus, Wirtschafts- und Nebengebäude (Stall, Scheune, Schuppen) und die dazugehörigen Zubehör-(Hofflächen) und Zugangsflächen (so Gössl, KAG § 10 a.a.O.). Diesen Vorgaben hat die Beklagte hinreichend Rechnung getragen. Sie hat erkennbar diese Flächen nur unvollständig berücksichtigt, so dass die Ermittlung der für die Beitragsbemessung gebildete fiktive Fläche zu Gunsten des Klägers letztlich aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Dies gilt umso mehr, als die Flächen der Wege nicht berücksichtigt wurden, die den Zugang zur Landesstraße ermöglichen.
34 
(2) Nicht zu beanstanden ist schließlich auch, dass im Falle des Klägers der Beitragsbemessung der für Grundstücke mit dreigeschossiger Bebaubarkeit festgelegte Nutzungsfaktor von 1,5 zur Anwendung gekommen ist. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dieser nach § 28 Abs. 1 Nr. 4 AbwS 93 bzw. 98 maßgebliche Nutzungsfaktor auch auf Grundstücke des Außenbereichs anzuwenden, wie Abs. 5 der Satzungsbestimmung festlegt. Schlüssige Bedenken gegen die rechnerische Richtigkeit entsprechend § 28 Abs. 7 AbwS 93 sind nicht vorgetragen.
II.
35 
Die Klage kann auch mit dem hilfsweise gestellten Antrag auf Verpflichtung der Beklagten keinen Erfolg haben, über einen Erlass der festgesetzten Beitragsforderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
36 
Der Senat kann offen lassen, ob ein Rechtsmittelantrag gegen ein die Anfechtungsklage abweisendes Urteil des Verwaltungsgerichts auch als Erhebung einer Verpflichtungsklage ausgelegt werden darf. Nicht entschieden werden muss auch, ob eine zulässige Klageerweiterung (vgl. § 91 VwGO) gegeben ist und ob ein auch für eine Verpflichtungsklage als Sachurteilsvoraussetzung gefordertes Vorverfahren durchzuführen ist (dazu BVerwG, Urteil vom 4.6.1982 - 8 C. 90.81 -, NJW 1982, 2682). Denn jedenfalls spricht der Sache nach nichts für die Annahme einer unbilligen Härte im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 5 a KAG i.V.m. § 227 AO. Eine sachliche Unbilligkeit ist bei der Heranziehung eines Beitragspflichtigen nach dem oben Gesagten nicht naheliegend. Persönliche Billigkeitsgründe, mithin wirtschaftliche Gründe (vgl. BFH, Urteil vom 26.5.1994 - IV R 15/93 -), sind nicht schlüssig dargelegt. Für eine "Erlassbedürftigkeit" des Klägers ist im Übrigen auch kein Anhalt gegeben. Damit scheidet eine Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung aus
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
39 
Beschluss
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 23.069,73 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG; zum hilfsweise geltend gemachten Erstattungsanspruch vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
20 
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Beitragsbescheid der Beklagten vom 23.1.2000 und der Widerspruchsbescheid vom 6.11.2001 sind rechtmäßig und verletzen daher den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; unten I.). Auch das in der Berufungsinstanz hilfsweise erhobene Verpflichtungsbegehren kann keinen Erfolg haben; denn ein Anspruch auf Erlass der Beitragsforderung besteht nicht (dazu § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO; unten II.).
I.
21 
Der Abwasserteilbeitragsbescheid beruht auf den §§ 2, 10 des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung vom 18.2.1964 (GBl. S. 71) mit nachfolgenden Änderungen (vgl. Art. 5 Abs. 4 des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 12.2.1996, GBl. S. 104) - KAG a.F. - (zur Neufassung s. das Gesetz zur Neuregelung des kommunalen Abgabenrechts und zur Änderung des Naturschutzgesetzes vom 17.3.2005, GBl. S. 206 ff.) und der Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 15.11.1993 i.d.F. vom 14.12.1998 - AbwS 1998 -. Diese Satzung ist entgegen der Ansicht der Berufung weder wegen einer unzutreffenden Beitragssatzkalkulation (dazu 1.) noch deswegen, weil diese Kalkulation im Nachhinein unrichtig geworden ist (dazu 2.), ungültig. Auch ist der Beitragssatz - und damit die Satzung hinsichtlich ihres „Beitragsteils“ - nicht deshalb rechtswidrig, weil mit ihm, wie der Kläger vorträgt, nicht ein hinsichtlich der Beschränkung auf die Schmutzwasserbeseitigung eintretender „Mindervorteil“ berücksichtigt worden ist (dazu 3.)
22 
(1) Nach der zum genannten Kommunalabgabengesetz a.F. ergangenen Rechtsprechung des Senats stellt die Beitragskalkulation die Grundlage des Beschlusses über den Beitragssatz dar. Die dabei erforderlichen Ermessens- und Prognoseentscheidungen stehen mit der Entscheidung über den Beitragssatz in untrennbarem Zusammenhang. Der Ortsgesetzgeber muss sich deshalb spätestens bei der Beschlussfassung über den Beitragssatz die Globalberechnung in einer, auch für das Gericht erkennbaren und nachprüfbaren Weise zu eigen und damit zur Grundlage seines Satzungsbeschlusses machen. Ist nicht erkennbar und damit auch nicht gerichtlich überprüfbar, ob und mit welcher Maßgabe im Einzelnen der Gemeinderat das ihm eingeräumte Ermessen bei der Beschlussfassung über die Beitragssätze ausgeübt hat, so führt dies zur Ungültigkeit der Festsetzung des Beitragssatzes. Liegt somit dem Gemeinderat bei der Beschlussfassung über den Beitragssatz entweder überhaupt keine oder eine materiell fehlerhafte Beitragskalkulation vor, hat dies die Nichtigkeit des beschlossenen Beitrags zur Folge (vgl. grundlegend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.10.1986 - 2 S 2272/85 -, ESVGH 37, 29 m.w.N.; NK-Urteil v. 23.3.2006 - 2 S 2842/04 -; ständ. Rspr.).
23 
Eine solche fehlerhafte Beitragskalkulation steht hier nicht in Rede. Die dem Satzungsbeschluss der Beklagten vom 15.11.1993 zu Grunde liegende Globalberechnung wird vom Kläger mit dem Hinweis in Frage gestellt, seit 1997 sei eine erhebliche Zunahme der an die Abwasserentsorgungseinrichtung der Beklagten angeschlossenen Grundstücke festzustellen. Die Globalberechnung vom September 1993 berücksichtige dies weder auf der Flächen- noch auf der Kostenseite; es sei lediglich ein Abzug für Kleinkläranlagen vorgesehen. Spätestens im Zeitpunkt der Satzungsänderung vom 14.12.1998 hätte aber eine Erhöhung des Anschlussgrades Berücksichtigung finden müssen. Damit sind indes Einwendungen gegen die Globalberechnung vom September 1993 nur dann zu verbinden, wenn damit geltend gemacht wäre, die oben dargelegten Forderungen an diese Berechnung seien nicht eingehalten. Davon kann indes nicht ausgegangen werden. Weder wird schlüssig die Flächenseite noch die Kostenseite gerügt, allenfalls ist eine fehlerhafte Prognose behauptet. Die Beklagte hat indes zutreffend darauf hingewiesen, dass 1993 die spätere technische Entwicklung der Abwasserentsorgung, die etwa ab 1997 den Einsatz von Pumpendruckleitungen ermöglicht habe, ebenso wenig vorhersehbar gewesen sei wie die spätere umweltpolitische Entwicklung, die dazu geführt habe, dass ab dem 1.1.1999 auf Außenbereichsgrundstücken anfallendes Niederschlagswasser durch Versickern auf dem eigenen Grundstück in wasserwirtschaftlich zulässiger Weise zu beseitigen ist (dazu auch § 45 b Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 WG). Von einer fehlerhaften Prognose kann daher nicht ausgegangen werden.
24 
(2) Auch ist entgegen der Annahme der Berufung die Beitragssatzung infolge der abwassertechnischen Entwicklung und deren Umsetzung durch die Beklagte nicht rechtswidrig geworden. Wie der Senat bereits entschieden hat, lassen nachträgliche Änderungen von Prognosegrundlagen die Gültigkeit des Beitragssatzes unberührt, soweit Kosten- und Flächenfaktoren der Globalberechnung auf Prognosen beruhen, die nach den Verhältnisses im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses sachgerecht waren (Urteil vom 18.8.1994 - 2 S 2581/92 -). Erst wenn die prognostische Schätzung eines Kosten- oder Flächenfaktors durch eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse eindeutig widerlegt wurde, wird im Falle einer hierdurch eingetretenen Kostenüberdeckung der Beitragssatz nachträglich ungültig und damit eine Korrektur der Globalberechnung als Grundlage für eine erneute Beschlussfassung über den Beitragssatz erforderlich (vgl. Senat, Urteile vom 26.5.2983 - 2 S 1604/82 -und vom 19.10.1989 - 2 S 1921/87-; Scholz/Sammet/Gössl, Recht und Praxis der Globalberechnung in Baden-Württemberg 1988, S. 24; ferner auch Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 2006, RdNr. 678 l).Ungeachtet der Frage, wann letztlich die Änderungen in der Anschlussmöglichkeit des Außenbereichs durch Druckleitungen absehbar gewesen sind, wäre eine Pflicht der Beklagten zur Neufestsetzung des Beitragssatzung demnach (erst) dann gegeben, wenn die Änderungen von Kosten- oder Flächenseite, wie sie durch die Anbindung von Grundstücken mittels Druckleitung eingetreten sind, zu einer eindeutigen Widerlegung der der Beschlussfassung von 1993 zu Grunde gelegten Prognosen und ferner zu einer dadurch bewirkten Kostenüberdeckung geführt hätten. Dass eine solche Kostenüberdeckung hier in Rede steht, ist nicht erkennbar und wird auch mit der Berufung nicht geltend gemacht, die sich auf die Darlegung der Änderungen beschränkt. Der Hinweis des Klägers auf die in der Satzung 2005 festgesetzten und teilweise niedrigeren Teilbeitragssätze ist nicht tragend, da mit ihm verkannt wird, dass diese Satzung auf einer neuen, den veränderten Flächen- und Kostenvorgaben Rechnung tragenden Beitragskalkulation beruht. Ob deshalb auch zu fordern ist, dass eine Kostenüberdeckung - wie der Rechtsgedanke in § 2 Abs. 2 Satz 1 KAG n.F. nahe legt - auch „beachtlich“ sein muss, bedarf keiner Entscheidung (vgl. auch Birk, a.a.O., a.E.).
25 
Im Übrigen wäre - eine fehlerhafte Satzung 1993 einmal unterstellt - deren Heilung eingetreten. Denn die Beklagte hat am 24.10.2005 die Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung - AbwS 2005 - beschlossen, deren Beitragssätze auf einer mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung des Senats erörterten Globalberechnung beruhen. Durchgreifende Bedenken hat der Kläger nicht erhoben. Die von ihm als fehlerhaft beurteilten „Vorbehaltsflächen“ hat die Beklagte erläutert und dargelegt, dass es sich um über die Festsetzungen des Flächennutzungsplans hinaus beplante Flächen handele. Die Kosten hat der Kläger nur allgemein und mit Blick im Wesentlichen auf ihre Änderung gegenüber der Satzung von 1993 gerügt; dies stellt wegen der unterschiedlichen Kostenansätze indes einen schlüssigen Einwand nicht dar. Anlass zu weiteren Ermittlungen hierzu bestanden nicht ( vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 3.12.1998, BVerwGE 108,70, 71: keine Fehlersuche ohne entsprechende Rüge). Ist daher von einer zutreffend erfolgten Beitragskalkulation auszugehen, bedarf es keines Eingehens darauf, ob sich die Annahme der Wirksamkeit der Beitragsfestsetzung nicht bereits wegen der im vorliegenden Fall für die Beachtlichkeit von Mängeln bei der Beschlussfassung über den Abgabesatz maßgebliche Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 1 des o.a. KAG 2005 ergibt (dazu das o.a. NK-Urteil des Senats vom 23.3.2006).
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(3) Schließlich wendet der Kläger gegen die Gültigkeit dieser Satzung ohne Erfolg ein, unterschiedliche Entsorgungsmöglichkeiten im Satzungsgebiet bedeuteten unterschiedliche Vorteile im Sinne von § 10 Abs. 1 KAG a.F. mit der Folge der Notwendigkeit entsprechend abgestufter Beitragssätze. Denn die Beschränkung der Entsorgung auf das auf Außenbereichsgrundstücken anfallende Schmutzwasser führt - wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat - nicht zu einem beitragssatzmäßig zu berücksichtigenden Mindervorteil.
27 
(a) Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG a.F. (bzw. § 10 Abs. 3 Satz 1 KAG 78) sind die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen. Wie in der Rechtsprechung des Senats wiederholt dargelegt wurde, hat der Begriff u.a. eine grundstücksbezogene wirtschaftliche Komponente. Sie wird daraus deutlich, dass Beiträge nach § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F. nur von den Grundstückseigentümern erhoben werden können, denen durch die Möglichkeit des Anschlusses ihres Grundstücks an die Einrichtung nicht nur vorübergehende Vorteile geboten werden. Diese grundstücksbezogene Komponente des Vorteils hat der erkennende Gerichtshof in der Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts des Grundstücks gesehen, mit der in der Regel auch eine Erhöhung des Verkehrswerts des Grundstücks einhergeht. Der Gebrauchs- und Nutzungswert eines Grundstücks hängt wesentlich von seiner baulichen Nutzbarkeit ab. Baulich nutzbar ist ein Grundstück nach den §§ 30 ff. BauGB, wenn seine Erschließung gesichert ist, wozu u.a. die Möglichkeit des Anschlusses an die öffentlichen Ver- und Entsorgungseinrichtungen gehört (vgl. auch §§ 3 Abs. 1, 33 Abs. 3 LBO). Für bebaubare und bebaute Grundstücke besteht demnach der Vorteil, der durch die Möglichkeit des Anschlusses an eine öffentliche Entwässerungseinrichtung geboten wird, in der Gewährleistung ihrer Baulandqualität (dazu die Senatsurteile vom 12.12.1985 - 2 S 2689/83 -, VBlBW 1986, 142, 143 und vom 2.10.1986 - 2 S 2272/85 -, ESVGH 37, 29, 35; ferner Scholz/Sammet/Gössl, a.a.O., S. 12 f.; Birk a.a.O., § 8 RdNr. 646, jeweils m.w.N.).
28 
(b) Dieser Vorteil wird auch dem Kläger durch die Entsorgungseinrichtung vermittelt. Dass die Abwasserbeseitigung hier mittels Druckleitung erfolgt und diese die Entsorgung des Schmutzwassers, das auf dem Grundstück des Klägers anfällt, hinreichend sicherstellt, wird von diesem nicht in Zweifel gezogen. Er meint indes, dass die Beitragsveranlagung durch den angefochtenen Teilbeitragsbescheid deshalb rechtswidrig sei, weil mit der Anschlussmöglichkeit durch Druckleitung gegenüber einem "Vollanschluss" (Abwasserentsorgung hinsichtlich Schmutz- und Niederschlagswasser) lediglich ein "Mindervorteil" vermittelt werde. Damit wird jedoch der o.a. Begriff des Vorteils verkannt. Er ist darauf ausgerichtet, dass ein Grundstück baulich nutzbar und entsprechend ordnungsgemäß erschlossen ist, das Schmutz- und Niederschlagswasser also entsorgt und dadurch einerseits die Bebauung des Grundstücks nicht ausgeschlossen oder gegenüber dem bauplanungsrechtlich Zulässigen eingeschränkt und andererseits die baurechtlich zulässige Nutzung auf Dauer möglich ist. Dieser baurechtlich orientierte Vorteil richtet sich also nicht danach, wie die Abwasserentsorgung technisch bewerkstelligt wird. Unterschiedliche technische Entsorgungsarten können deshalb für sich genommen nichts zum Vorteil aussagen. Vorteilsrelevant werden unterschiedliche Entsorgungsarten erst und nur dann, wenn sich dadurch die Situation des Erschlossenseins und damit die Bebaubarkeit und Benutzbarkeit bestimmter Grundstücke ändern. Das bedeutet, dass bei zentraler Beseitigung des Schmutzwassers in Verbindung mit dezentraler Beseitigung des Niederschlagswasser gemäß § 45 b Abs. 3 WG eine ordnungsgemäße Entwässerung gegeben und die baurechtliche Erschließung gesichert ist. Ein Mindervorteil besteht bei einer solchen zulässigen dezentralen Abwasserbeseitigung im Verhältnis zu einer in anderen Fällen wasserwirtschaftlich gebotenen vollständigen zentralen Abwasserbeseitigung nicht. Ein einheitlicher Beitrag war demnach durch § 10 Abs.1 S. 1 KAG a.F. gedeckt (zum Ganzen Birk in: Driehaus, a.a.O., § 8 RdNr. 668 b ).
29 
Der Kläger beruft sich für seine abweichende Ansicht auf die Rechtsprechung der Obergerichte anderer Länder. Dabei wird verkannt, dass deren Bestimmung eines beitragsrechtlichen Vorteils nicht mit der hier in Rede stehenden übereinstimmen muss. Bei dem streitigen Vorteilsbegriff handelt es sich um einen „ausfüllungsbedürftigen unbestimmten Rechtsbegriff“ des Landesrechts, der sich einer einheitlichen, für alle Länder verbindlichen Definition entzieht (Driehaus in Driehaus, a.a.O., § 8 RdNr. 265).
30 
Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen zutreffend dargelegt, dass selbst bei Annahme eines "Mindervorteils" dieser beitragsrechtlich unberücksichtigt bleiben darf, wenn nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem abgerechneten "Typ" entsprechen (zur Typisierung vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.1975, KStZ 1976, 50) . Haben demnach nicht mehr als 10 % der Grundstücke des Gemeindegebiets einen "Mindervorteil", so darf dies in der Satzung unberücksichtigt bleiben. Maßgeblich sind für die Bestimmung der genannten Grenze nicht - wie mit der Berufung geltend gemacht wird - der Flächenanteil der eingeschränkt bevorteilten Grundstücke, sondern deren Anzahl, wie auch § 24 Abs. 1 S.1 AbwS 1998 verdeutlicht (vgl. auch Birk, a.a.O. RdNr. 668e m.w.N.) und auch daraus folgt, dass Gegenstand der Beitragserhebung nach § 10 Abs. 1 KAG a.F. regelmäßig das Grundstück ist (vgl. etwa Senatsurteil vom 27.9.1984 - 2 S 2437/82 -, VBlBW 1985, 460, 461).
31 
Der Annahme eines Vorteils stehen auch die vom Kläger vorgetragenen grundstücksbezogenen Einwendungen nicht entgegen, wonach sogar der Schluss auf einen durch den Teilanschluss mittels Druckleitung bewirkten "Nachteil" wegen einer "Vernässung" seines Grundstücks gerechtfertigt sein soll. Dass dies rechtlich nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein kann, folgt aus dem o.a. Begriff des Vorteils. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen zutreffend auf die in jeden Fall gebotene Notwendigkeit des Erfassens von Niederschlagswasser auf dem Grundstück selbst hingewiesen.
32 
(4) Auch die Höhe der mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Teilbeiträge ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insbesondere die beitragspflichtigen Teilflächen des Grundstücks (dazu a) und auch den Nutzungsfaktor (dazu b) zutreffend ermittelt.
33 
(a) Ist wie hier (dazu § 24 der Satzung) nach der Satzung bei der Beitragsbemessung die Fläche des Grundstücks zu berücksichtigen, bleiben insbesondere nach § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KAG a.F. (nunmehr § 31 Abs. 1 Satz 2 KAG n.F.) folgende Teilflächen unberücksichtigt, sofern sie nicht tatsächlich angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt sind: außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans oder einer Satzung nach § 34 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes oder außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile Teilflächen, deren grundbuchmäßige Abschreibung nach baurechtlichen Vorschriften ohne Übernahme einer Baulast zulässig wäre. An die Abwassereinrichtung angeschlossen ist hier - da lediglich das Schmutzwasser entsorgt wird - lediglich das Wohnhaus des Klägers. Dass auch andere Gebäude oder auch unbebaute, aber tatsächlich angeschlossene Flächen einen Anschluss an die Druckleitung haben könnten, ist nicht erkennbar. Dem bebauten Bereich sind allerdings - da die BauNVO für den hier in Rede stehenden Außenbereich keine Bestimmung zum höchstzulässigen Nutzungsmaß enthält - die nach den bauordnungsrechtlichen Vorgaben der Landesbauordnung (LBO) maßgeblichen Flächen zuzuordnen, wie etwa Abstandsflächen (§ 5 Abs. 7 LBO), Zugangsflächen (§ 4 LBO) oder Stellplätze. Schließlich sind auch die für die Grundstücksnutzung erforderlichen Zubehörflächen der in beitragsrechtlich maßgeblicher Weise nutzbaren Grundstücksfläche zuzuordnen (dazu Beschluss des Senats vom 14.10.1997 - 2 S 1572/97 -, BWGZ 1998, 519, 520, m. Anm. GT). Dies bedeutet, dass für ein landwirtschaftlich genutztes Anwesen wie das des Klägers daher die nach der Lebenserfahrung als "Hofstelle" bezeichnete Fläche der nutzbaren Grundstücksfläche zugerechnet werden darf (vgl. etwa Gössl, Wasserversorgungs- und Abwasserbeitrag, Erl. 5.4.2.1.2 m.w.N.; ders., KAG, 2004, § 10, S. 148; Kübler/Fröhner, Das Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, Stand Juli 2006, § 10 KAG RdNr. 35). Hofstelle eines landwirtschaftlichen Anwesens ("wirtschaftliche Einheit im weiteren Sinn") ist daher das Wohnhaus, Wirtschafts- und Nebengebäude (Stall, Scheune, Schuppen) und die dazugehörigen Zubehör-(Hofflächen) und Zugangsflächen (so Gössl, KAG § 10 a.a.O.). Diesen Vorgaben hat die Beklagte hinreichend Rechnung getragen. Sie hat erkennbar diese Flächen nur unvollständig berücksichtigt, so dass die Ermittlung der für die Beitragsbemessung gebildete fiktive Fläche zu Gunsten des Klägers letztlich aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Dies gilt umso mehr, als die Flächen der Wege nicht berücksichtigt wurden, die den Zugang zur Landesstraße ermöglichen.
34 
(2) Nicht zu beanstanden ist schließlich auch, dass im Falle des Klägers der Beitragsbemessung der für Grundstücke mit dreigeschossiger Bebaubarkeit festgelegte Nutzungsfaktor von 1,5 zur Anwendung gekommen ist. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dieser nach § 28 Abs. 1 Nr. 4 AbwS 93 bzw. 98 maßgebliche Nutzungsfaktor auch auf Grundstücke des Außenbereichs anzuwenden, wie Abs. 5 der Satzungsbestimmung festlegt. Schlüssige Bedenken gegen die rechnerische Richtigkeit entsprechend § 28 Abs. 7 AbwS 93 sind nicht vorgetragen.
II.
35 
Die Klage kann auch mit dem hilfsweise gestellten Antrag auf Verpflichtung der Beklagten keinen Erfolg haben, über einen Erlass der festgesetzten Beitragsforderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
36 
Der Senat kann offen lassen, ob ein Rechtsmittelantrag gegen ein die Anfechtungsklage abweisendes Urteil des Verwaltungsgerichts auch als Erhebung einer Verpflichtungsklage ausgelegt werden darf. Nicht entschieden werden muss auch, ob eine zulässige Klageerweiterung (vgl. § 91 VwGO) gegeben ist und ob ein auch für eine Verpflichtungsklage als Sachurteilsvoraussetzung gefordertes Vorverfahren durchzuführen ist (dazu BVerwG, Urteil vom 4.6.1982 - 8 C. 90.81 -, NJW 1982, 2682). Denn jedenfalls spricht der Sache nach nichts für die Annahme einer unbilligen Härte im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 5 a KAG i.V.m. § 227 AO. Eine sachliche Unbilligkeit ist bei der Heranziehung eines Beitragspflichtigen nach dem oben Gesagten nicht naheliegend. Persönliche Billigkeitsgründe, mithin wirtschaftliche Gründe (vgl. BFH, Urteil vom 26.5.1994 - IV R 15/93 -), sind nicht schlüssig dargelegt. Für eine "Erlassbedürftigkeit" des Klägers ist im Übrigen auch kein Anhalt gegeben. Damit scheidet eine Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung aus
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
39 
Beschluss
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 23.069,73 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG; zum hilfsweise geltend gemachten Erstattungsanspruch vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG).
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die gegen die in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 26. Juli 2013 - 4 K 2806/12 - erfolgte teilweise Stattgabe des Antrags des Antragstellers gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 822,69 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers im Ergebnis zu Recht teilweise stattgegeben.
I.
Der Antragsteller erstrebt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen einen Abwasserbeitragsbescheid.
Der Antragsteller ist Eigentümer des 1.370 qm großen Grundstücks Flst.-Nr. 2445/3, ... ... ..., in ... - ...l (Ortschaft ...), welches mit dem ehemaligen Bahnhofsgebäude bebaut ist. Dieses Grundstück wurde 1998 durch Abtrennung vom früheren Bahngelände (FIst.-Nr. 2445), das eine Gesamtfläche von 49.079 qm aufwies, gebildet. In den nachfolgenden Jahren blieb es bis auf kleinere Zu- und Abmessungen im Wesentlichen unverändert. Nach den unbestrittenen Angaben der Antragsgegnerin ist bis heute keine förmliche Entwidmung des früheren Bahngrundstücks erfolgt.
Das frühere ungeteilte Bahngrundstück Flst.-Nr. 2445 war bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.06.1979 zu einem Abwasserbeitrag herangezogen worden. Der Beitragsberechnung war eine um das um das Bahnhofsgebäude gelegene Grundstücksteilfläche von 539 qm und eine Geschossfläche von 136 qm zugrundegelegt worden (Beitragshöhe: 843,75 DM).
Im Jahr 1984 trat der Bebauungsplan „Wirtsgasse“ in Kraft. Dieser setzte für die gesamte im Plangebiet befindliche Teilfläche des damals noch ungeteilten Grundstücks Flst.-Nr. 2445 von ca. 2.000 qm eine private Grünfläche fest. Das ehemalige Bahnhofsgebäude ist in die Grünflächenfestsetzung einbezogen. Ein ursprünglich beabsichtigtes Baufenster für das Bahnhofsgebäude mit einer vierseitigen Baugrenze ist in dem rechtsgültig gewordenen Bebauungsplan gestrichen worden.
Am 04.07.2009 trat der Bebauungsplan „Änderung und Erweiterung Bereich Wirtsgasse“ in Kraft. Dieser setzt nunmehr für den südwestlichen Bereich des Grundstücks Flst.-Nr. 2445/3 ein Dorfgebiet mit einem zulässigen Maß der baulichen Nutzung von 2 Vollgeschossen und einer Geschossflächenzahl von 0,5 fest. Für das Bahnhofsgebäude wird ein Baufenster mit einer 4-seitigen Baugrenze und bezüglich des außerhalb des Dorfgebiets liegenden Grundstücksteils eine private Grünfläche festgesetzt.
Mit Bescheid vom 26.06.2012 setzte die Antragsgegnerin für das Grundstück Flst.-Nr. 2445/3 einen (weiteren) Abwasserbeitrag in Höhe von 3.900,60 EUR fest. Veranlagt wurden nunmehr die restliche, bisher nicht herangezogene Grundstücksfläche von 831 qm und eine (zusätzliche) Geschossfläche von 154 qm (Beitragssatz: 3,96 EUR pro qm).
Am 26.07.2012 hat der Antragsteller hiergegen Widerspruch eingelegt und geltend gemacht, es sei bereits Festsetzungsverjährung eingetreten. Durch die Bebauungsplanänderung hätten sich die baulichen Möglichkeiten der Nutzung seines Grundstücks nicht geändert. Die private Grünflächenfestsetzung sei schon 1984 erfolgt und das Grundstück sei schon damals bebaut gewesen. Spätestens zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans „Wirtsgasse“ im Jahr 1984 sei die Abwasserbeitragspflicht für sein Grundstück somit entstanden, nachdem das Grundstück zu diesem Zeitpunkt auch tatsächlich an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen gewesen sei.
Am 05.10.2012 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Sigmaringen beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs anzuordnen.
10 
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegen getreten. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, Verjährung sei nicht eingetreten. Durch das Inkrafttreten des Bebauungsplans „Wirtsgasse“ im Jahr 1984 sei mangels Baulandfestsetzung keine Beitragspflicht entstanden. Auch die Neuvermessung des Grundstücks im Jahr 1998 habe keinen Beitragstatbestand der damaligen Abwassersatzung erfüllt. Dies habe sich erst durch die Bebauungsplanänderung 2009 geändert. Ohne Auswirkung auf die hierdurch bevorteilte Grundstücksfläche sei die fortbestehende Festsetzung „private Grünfläche" für eine Teilfläche des Buchgrundstücks. Diese könne gärtnerisch genutzt werden und sei deshalb als der Wohnnutzung akzessorische Fläche ebenfalls der Bebauung zuzuordnen. Eine weitere Beitragspflicht sei zudem durch die im Bebauungsplan 2009 enthaltene Festsetzung eines höheren Maßes der baulichen Nutzung - der nunmehr zusätzlich zulässigen Geschossfläche von 154 qm - entstanden.
11 
Mit Beschluss vom 26.07.2013 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 26.06.2012 teilweise angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Antrag sei zulässig, nachdem der vorausgehende, im Widerspruchsschriftsatz enthaltene Aussetzungsantrag des Antragsstellers von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 12.09.2012 abgelehnt worden sei (vgl. § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO). Der Antrag habe hinsichtlich der nachveranlagten Grundstücksfläche (831 qm x 3,96 EUR = 3.290,76 EUR) Erfolg; hinsichtlich der nachveranlagten Geschossfläche (154 qm x 3,96 EUR = 609,84 EUR) sei er jedoch abzulehnen.
12 
Bei teilweise bereits zum Abwasserbeitrag veranlagten Grundstücken entstehe eine weitere Beitragspflicht, wenn sie unter Einbeziehung von bereits beitragspflichtig gewordenen Teilflächen neu gebildet würden, also ein neues, nun insgesamt beitragspflichtiges Grundstück entstehe. Dieser Nachveranlagungstatbestand sei hier bereits 1998 mit der Neubildung des Grundstücks Flst.-Nr. 2445/3 eingetreten. Das neue Grundstück sei unter Einbeziehung der bereits 1979 veranlagten Teilfläche gebildet worden; es sei zu diesem Zeitpunkt weiterhin mit dem Bahnhofsgebäude und anderen Nebenanlagen bebaut und auch seit Langem an die Abwasseranlagen angeschlossen gewesen. Mithin sei 1998 für das neue Buchgrundstück Flst.-Nr. 2445/3 eine weitere Beitragspflicht entstanden, welche ab dem Jahresende 2002 nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c) KAG i. V. m. §§ 169 f. AO der 4-jährigen Festsetzungsverjährung unterliege.
13 
An der eingetretenen Festsetzungsverjährung ändere die bereits 1984 durch den Bebauungsplan „Wirtsgasse“ festgesetzte „private Grünfläche“ nichts, da diese die Baulandqualität des bereits zuvor bebauten und angeschlossenen Grundstücks im Rahmen des Bestandsschutzes der vorhandenen baulichen Anlagen unberührt gelassen habe. Dies komme im Bebauungsplan auch durch die Ausweisung eines Baufensters (vierseitige Baugrenzen) für das Bahnhofsgebäude zum Ausdruck, welche die Privatgrünfestsetzung relativiere und einschränke.
14 
Die Antragsgegnerin hat am 08.08.2013 mit folgender Begründung Beschwerde erhoben: Das Flurstück 2445/3 sei mit einem ehemaligen Bahnhofsgebäude bebaut. Es sei früher Bundeseisenbahnvermögen gewesen und habe daher der bundesbahnrechtlichen Fachplanung unterlegen. Das Bahnhofsgebäude sei nach dem Anschluss an die öffentlichen Abwasseranlagen mit bestandskräftigem Bescheid vom 28.06.1979 zum Abwasserbeitrag veranlagt worden. Erstmals sei die ca. 0,20 ha große Teilfläche des Bundesbahnflurstückes 2445 im Bereich des Bahnhofgebäudes mit dem Bebauungsplan „Wirtsgasse“, rechtsverbindlich ab 19.06.1984, überplant worden. Für die gesamte Fläche sei Privatgrün (gem. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BBauG) festgesetzt worden, auch für die Fläche des bestehenden Gebäudes. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts gebe es für das Bahnhofsgebäude kein festgesetztes Baufenster. Das Regierungspräsidium habe mit Erlass vom 04.06.1984 den vom Gemeinderat am 13.05.1984 beschlossenen Bebauungsplan mit der Auflage genehmigt, die Baugrenze um den ehemaligen Bahnhof zu streichen. Diese Auflage habe die Antragsgegnerin vollzogen. Die Baulinien seien jeweils mit einem "X" durchgestrichen und dem Zusatz "Baugr. entf." versehen worden. Einem Grundstück, das nach den Festsetzungen eines Bebauungsplanes vollständig von jeglicher Bebauung freizuhalten sei, fehle es an der beitragsrechtlichen Baulandeigenschaft. Unbeachtlich sei, dass das Grundstück tatsächlich bebaut gewesen sei. Ein bebautes Grundstück, das nach geltendem Recht nicht bebaut werden dürfe, sei kein Bauland, selbst wenn das vorhandene Gebäude Bestandsschutz genieße.
15 
Die Neuvermessung im Jahr 1998 habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen (Nacherhebungs-)Beitragstatbestand der damals geltenden Abwassersatzung vom 10.06.1996 erfüllt. Das Flurstück 2445/3 sei im Jahr 1998 aufgrund der Bebauungsplanfestsetzung unbebaubar gewesen.
16 
Durch Inkrafttreten des Bebauungsplanes „Änderung und Erweiterung Bereich Wirtsgasse, ...“ am 04.07.2009 sei nach § 29 Abs. 3 KAG i. V. m. § 27 Abs. 2a AbwS die Abwasserbeitragspflicht für die bisher nicht bei der Beitragsbemessung von Buchgrundstück Flurstück 2445/3 berücksichtigte Teilfläche von 831 qm entstanden, da aufgrund der (erstmaligen) Baulandfestsetzung die Voraussetzungen für die Teilflächenabgrenzung entfallen seien. Der Beitragspflicht unterliege bei einem baulich nutzbaren Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes sowie im Innenbereich grundsätzlich das gesamte (Buch-)Grundstück. Die Festsetzung „private Grünfläche“ für eine Teilfläche eines ansonsten baulich nutzbaren Buchgrundstücks habe keine Auswirkungen auf den Umfang der bevorteilten Fläche, wenn die nicht überbaubare Grünfläche einer einheitlichen Nutzung mit der baulich nutzbaren Restfläche - zum Beispiel als Hausgarten - zugänglich sei.
II.
17 
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz teilweise stattgegeben; nur insoweit ist der verwaltungsgerichtliche Beschluss Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Er ist insoweit im Ergebnis nicht zu beanstanden.
18 
1. Allerdings hat die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung von einem unzutreffenden Verständnis der Festsetzungen des Bebauungsplans „Wirtsgasse“, rechtsverbindlich ab 19.06.1984, ausgegangen ist. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts setzt der Bebauungsplan kein Baufenster für das Bahnhofsgebäude fest. Vielmehr wird für die gesamte Fläche des heutigen Grundstücks des Antragstellers eine private Grünfläche festgesetzt. Das ehemalige Bahnhofsgebäude ist nur nachrichtlich als vorhandener Gebäudebestand eingezeichnet. Die im Entwurf des Bebauungsplans eingezeichneten Baugrenzen haben keine Gültigkeit erlangt. Das Regierungspräsidium hat mit Erlass vom 04.06.1984 den vom Gemeinderat am 13.05.1984 beschlossenen Bebauungsplan mit der Auflage genehmigt, die Baugrenze um den ehemaligen Bahnhof zu streichen. In der rechtsgültig gewordenen Fassung des Bebauungsplans sind daher die ursprünglich vorgesehenen Baugrenzen um das frühere Bahnhofsgebäude herum jeweils mit einem „X" durchgestrichen und zwar nur schwer lesbar, aber dennoch hinreichend erkennbar mit dem Zusatz „Baugr. entf." versehen worden.
19 
2. Trotz der in § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO enthaltenen Begrenzung des Prüfungsumfangs auf die dargelegten - und hier vorliegenden - Gründe ist die Entscheidung gleichwohl nicht aufzuheben, da sie im Ergebnis ersichtlich richtig ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 146 Rn. 43; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider Bier, VwGO, § 146 Rn. 13f und 14 f.; Wysk, VwGO, § 146 Rn. 30 m.w. Nachw.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384).
20 
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO hängt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in abgabenrechtlichen Verfahren davon ab, ob nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Solche Zweifel sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur dann anzunehmen, wenn ein Erfolg von Rechtsbehelf oder Klage wahrscheinlicher ist als deren Misserfolg, wobei ein lediglich als offen erscheinender Verfahrensausgang die Anordnung nicht trägt (ausführl.: Beschluss vom 18.08.1997 - 2 S 1518/97 - m.w.N.). Einem Abgabenschuldner ist es bei offenem Verfahrensausgang regelmäßig zuzumuten, die Abgabe zunächst zu begleichen und sein Begehren im Hauptsachverfahren weiterzuverfolgen, falls in seinem Fall nicht ausnahmsweise eine besondere Härte - für deren Vorliegen hier keine Anhaltspunkte bestehen - gegeben ist.
21 
Solche ernstlichen Zweifel bestehen hier ersichtlich. Es spricht Überwiegendes dafür, dass der Rechtsbehelf des Antragstellers Erfolg haben wird. Im Einzelnen:
22 
a) Es stellt sich bereits die Frage, ob die 1984 bzw. 2009 verabschiedeten Bebauungspläne überhaupt in rechtsgültiger Weise Festsetzungen für bahnfremde Nutzungen für das streitbefangene Grundstück treffen durften. Verneint man diese Frage, könnten diese Bebauungspläne weder im positiven noch im negativen Sinne eine Veränderung der Vorteilslage bewirken, die eine Nachveranlagung rechtfertigen könnte.
23 
Zwar wird das ehemalige Bahnhofsgebäude wie auch die übrige Fläche des (heutigen) Grundstücks schon seit Langem nicht mehr für Zwecke des Bahnverkehrs genutzt. Allein hierdurch konnte indes keine (konkludente) Entwidmung dieser Flächen erfolgen. Soll eine Bahnanlage künftig bahnfremden Nutzungen offenstehen, erfordert ihre Entwidmung eindeutige und bekannt gemachte Erklärungen der Bahn, sofern dafür kein Planfeststellungsverfahren erfolgt. Eine ausdrückliche formgerechte Entwidmung hat hier nach den unwidersprochenen Angaben der Antragsgegnerin bislang nicht stattgefunden. Sollte dies zutreffen, gälte für das nicht mehr zu Bahnzwecken genutzte Gelände wohl immer noch der fachplanungsrechtliche Vorbehalt des § 38 BauGB i.V.m. § 36 BBahnG (bis 1993) bzw. § 18 AEG (ab 1994), selbst wenn es sich hier um eine alte Bahnanlage handeln sollte, die nicht durch einen förmlichen Planfeststellungsbeschluss gewidmet worden war (vgl. allg. BVerwG, Urteil vom 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Runkel in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 38 Rn 98 ff.).
24 
b) Unabhängig davon spricht Überwiegendes dafür, dass bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans „Wirtsgasse“ am 19.06.1984 Festsetzungsverjährung eingetreten war (vgl. §§ 169 f. AO). Spätestens mit dem Anschluss des ehemaligen Bahnhofsgebäudes an die öffentlichen Abwasseranlagen nach Verlegung des Sammlers ... im Jahr 1974 dürfte nicht nur eine Teilfläche, sondern das gesamte Bahngelände beitragspflichtig geworden sein. Für das Erschließungs- und das Ausbaubeitragsrecht ist anerkannt, dass - mit Ausnahme des Schienengeländes - Bahngrundstücke insgesamt von der durch eine Anbaustraße geschaffenen Vorteilslage profitieren und daher nicht nur mit einer Teilfläche zu Beiträgen zu veranlagen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.1987 - 8 C 85.86 - BVerwGE 78, 321; NdsOVG, Urteil vom 27.04.2010 - 9 LC 271/08 - NdsVBl 2010, 273 juris-Rn. 37; VG Greifswald, Urteil vom 29.11.2006 - 3 A 552/03 - juris; Driehaus in ders., Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 420). Zwar wird gerade in Bezug auf das Kanalanschlussbeitragsrecht vertreten, dass ein beitragsrelevanter Vorteil für Bahngrundstücke ähnlich wie bei Grundstücken im Außenbereich erst entstehe, wenn und soweit ein tatsächlicher Anschluss erfolge, weil eine dauerhaft gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit wegen der Abhängigkeit von der fachplanerischen Zweckbindung nicht bestehe (OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 29.04.2005 - 15 A 2667/02 - juris; Gössl in Gössl/Reif, § 32 Anm. 1.3.1. S. 12). Dies überzeugt jedoch nicht. Anders als Außenbereichsgrundstücke, die grundsätzlich nach § 35 BauGB nicht bebaubar sind, sind Grundstücke, die dem Fachplanungsvorbehalt des § 38 BauGB unterliegen, regelmäßig im Rahmen ihrer Zweckbestimmung insgesamt nutzbar. Im Falle der Bahn hat es diese in der Hand, ein Grundstück durch eine entsprechende Planung einer sinnvollen Nutzung zuzuführen (vgl. VG Greifswald, aaO juris-Rn.35). Dies dürfte für die Annahme eines beitragsrechtlichen Vorteils genügen. Deshalb spricht Überwiegendes dafür, Grundstücke der Bahn, die dem Fachplanungsvorbehalt des § 38 BauGB unterfallen, mit Ausnahme der Schienenflächen insgesamt als Bauland im beitragsrechtlichen Sinne anzusehen.
25 
c) „Blendet“ man dies aus, wäre weiter zu beachten, dass eine Nacherhebung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal voraussetzt, dass durch eine weitere Bebauungsmöglichkeit auf dem Grundstück eine Verbesserung der Vorteilslage eintreten muss (vgl. Senatsurteil vom 26.03.2012 - 2 S 2231/11 - juris-Rn. 31). Dies dürfte wohl zu bejahen sein, soweit der Bebauungsplan „Änderung und Erweiterung Bereich Wirtsgasse“ vom 04.07.2009 nunmehr erstmals für eine zuvor nicht veranlagte Teilfläche von 180 m² (s. Verwaltungsakten S. 15) ein Dorfgebiet (MD) festsetzt, da diese Teilfläche nunmehr zumindest mit Nebenanlagen bebaut werden kann. Fraglich ist dies jedoch hinsichtlich der überwiegenden Teilfläche von 651 m², für die wie schon zuvor eine private Grünfläche festgesetzt wird, denn für diese Teilfläche dürfte durch den Bebauungsplan „Änderung und Erweiterung Bereich Wirtsgasse“ keine verbesserte Vorteilslage eingetreten sein.
26 
Zwar verlangt der Wortlaut des 29 Abs. 3 Satz 1 KAG als Voraussetzung für eine Nacherhebung lediglich, dass sich die bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks erhöht. Diese Vorschrift ist jedoch im Zusammenhang mit der Regelung des § 31 Abs. 2 KAG zu sehen. Fallen die Voraussetzungen für eine Teilflächenabgrenzung nach Entstehen der Beitragspflicht weg, können für die hiervon betroffenen Teilflächen gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KAG weitere Beiträge erhoben werden, wenn bisher nicht veranlagteTeile des Grundstücks nachträglich tatsächlich an die Einrichtung angeschlossen, bebaut oder gewerblich genutzt werden. Keine dieser Voraussetzungen ist indes für die Teilfläche gegeben, die auch nach dem Bebauungsplan „Änderung und Erweiterung Bereich Wirtsgasse“ vom 04.07.2009 lediglich als private Grünfläche genutzt werden darf.
27 
Auch die Satzung der Beklagten stellt nach ihrem Wortlaut darauf ab, dass gerade für die nachzuerhebende Teilfläche - und nicht für das Grundstück insgesamt - eine weitere Bebauungsmöglichkeit geschaffen wird. Die hier in Betracht kommende Vorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 1 lit a der Satzung der Antragsgegnerin vom 10.06.1996, zuletzt geändert am 16.06.2012, lässt eine Nacherhebung zu, soweit für Grundstücksflächen erstmals eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt wird, soweit sie bisher bei der Beitragsbemessung nicht berücksichtigt waren. Dies zeigt, dass auch der Satzungsgeber davon ausgeht, dass eine Nacherhebung in Bezug auf die betroffene Teilfläche eine Verbesserung der Vorteilslage voraussetzt. Dies ist bei einer Teilfläche, die nach wie vor nicht bebaut werden darf, nicht der Fall.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 3 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./08.07.2004 (VBlBW 2004, 467).
29 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.