Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 24. März 2015 - 20 K 6764/13

ECLI:ECLI:DE:VGD:2015:0324.20K6764.13.00
24.03.2015

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 1. August 2013 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 22. März 2012 - 1 C 3/11

bei uns veröffentlicht am 22.03.2012

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich nur noch gegen die Androhung der Abschiebung; die gegen seine Ausweisung gerichtete Klage wurde bereits rechtskräftig abgewiesen.

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(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich nur noch gegen die Androhung der Abschiebung; die gegen seine Ausweisung gerichtete Klage wurde bereits rechtskräftig abgewiesen.

2

Der 1966 in St. Petersburg geborene Kläger ist russischer Staatsangehöriger jüdischen Glaubens. Er beantragte im Februar 1995 beim Generalkonsulat in St. Petersburg eine Aufenthaltserlaubnis zum ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet. Der Beauftragte des Freistaats Bayern erteilte im Juni 1996 gegenüber dem Bundesverwaltungsamt eine Aufnahmezusage, die der Familie des Klägers durch das Generalkonsulat bekannt gegeben wurde. Der Kläger reiste im September 1997 mit einem Visum in die Bundesrepublik Deutschland ein und erhielt am 14. Oktober 1997 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Am 23. Oktober 1997 wurde ihm eine Bescheinigung ausgestellt, wonach er Flüchtling im Sinne des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge (Kontingentflüchtlingsgesetz - HumHAG) sei.

3

Der Kläger wurde im Dezember 2003 wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt. Die Strafkammer ging wegen des Vorliegens einer undifferenzierten Schizophrenie davon aus, dass seine Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit erheblich eingeschränkt gewesen sei. In der Anhörung zur beabsichtigten Ausweisung machte der Kläger geltend, er sei herzkrank (Mitral- und Aortenklappenersatz) und erhalte in der Russischen Föderation keine angemessene medizinische Behandlung.

4

Die Beklagte wies den Kläger mit Bescheid vom 27. Februar 2006 aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 1) und drohte ihm die Abschiebung unmittelbar aus der Haft heraus in die Russische Föderation an (Nr. 2). Hilfsweise drohte sie ihm die Abschiebung binnen einer Woche nach Haftentlassung an (Nr. 3).

5

Das Verwaltungsgericht hob die Abschiebungsandrohung nach Haftentlassung binnen Wochenfrist (Nr. 3 des Bescheids) auf und wies die Klage im Übrigen ab. Mit Beschluss vom 3. September 2008 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zwar genössen jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes Ausweisungsschutz gemäß Art. 33 GFK/§ 60 Abs. 1 AufenthG. Wegen der vom Kläger ausgehenden konkreten (Wiederholungs-)Gefahr greife dieses Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG/Art. 33 Abs. 2 GFK jedoch nicht.

6

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 13. März 2009 (BVerwG 1 B 20.08) die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich der Abschiebungsandrohung aus der Haft (Nr. 2 des Bescheids) aufgehoben und den Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen; hinsichtlich der Ausweisung (Nr. 1 des Bescheids) hat er die Beschwerde zurückgewiesen.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 22. Dezember 2010 die Abschiebungsandrohung (Nr. 2 des Bescheids) und insoweit auch das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben. Er ist davon ausgegangen, dass der Kläger aufgrund des Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz vom 9. Januar 1991 die Rechtsstellung eines Kontingentflüchtlings entsprechend § 1 Abs. 1 HumHAG genieße und sich auch ohne Vorliegen eines Verfolgungsschicksals auf das Abschiebungsverbot des Art. 33 Abs. 1 GFK/§ 60 Abs. 1 AufenthG berufen könne. Zwar entstehe dieser Status ausschließlich kraft Gesetzes, so dass auch die Bescheinigung gemäß § 2 HumHAG nur deklaratorische Bedeutung besitze. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, dass jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion nicht unter den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 HumHAG fielen. Dies würde der historischen Dimension der Aufnahme jüdischer Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion nicht gerecht und widerspräche auch der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Verwaltungspraxis. Danach sei den Betroffenen ohne individuelle Prüfung auf Verfolgung oder Diskriminierung analog § 1 Abs. 3 HumHAG sofort eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt und eine Bescheinigung nach § 2 HumHAG ausgestellt worden. Angesichts der besonderen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für die Verbrechen des Nationalsozialismus könne nicht davon ausgegangen werden, dass die analoge Heranziehung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ausgerechnet vor dem Refoulement-Verbot des Art. 33 Abs. 1 GFK habe haltmachen wollen. Der besondere ausländerrechtliche Status sei auch mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 nicht entfallen. § 60 Abs. 8 AufenthG stehe dem nicht mehr entgegen, denn seit Einnahme eines Neuroleptikums bestehe beim Kläger nach dem Ergebnis des fachpsychiatrischen Gutachtens keine konkrete Wiederholungsgefahr.

8

Darüber hinaus greife auch das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Zwar stünden die vom Kläger benötigten Medikamente und Behandlungsmaßnahmen auch in der Russischen Föderation zur Verfügung. Die dort übliche kostenlose medizinische Behandlung entspreche aber nicht dem nach einer Herzklappenoperation erforderlichen Standard. Der Kläger benötige nach Auskunft der Botschaft monatlich 400 € für die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen, 110 € für die Lebenshaltung sowie 400 € für eine bescheidene Einzimmerwohnung am Stadtrand von St. Petersburg. Diese Summe könne er krankheitsbedingt nicht erarbeiten.

9

Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen rügen die Beklagte und die Landesanwaltschaft Bayern, das Kontingentflüchtlingsgesetz sei weder direkt noch analog auf den Kläger anzuwenden. Der Verwaltungsgerichtshof stütze seine Auffassung auf eine fehlerhafte Wiedergabe des Schreibens des Bundesministeriums des Inneren (BMI) vom 10. August 1993. Maßgeblich für die von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossene entsprechende Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes seien die finanzielle Beteiligung des Bundes an den Eingliederungsmaßnahmen und das Verteilungsverfahren auf die Länder gewesen. Daher könnten Regelungen dieses Gesetzes, die an eine Verfolgungssituation anknüpften, auf jüdische Emigranten nicht angewendet werden. Schließlich sei mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes für den in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes aufgenommenen Personenkreis nur der Aufenthaltstitel und kein Kontingentflüchtlingsstatus übergeleitet worden. Zudem greife § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG, denn beim Kläger bestehe eine konkrete Wiederholungsgefahr. Das Berufungsgericht habe auch das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu Unrecht bejaht. Der Verwaltungsgerichtshof habe keinerlei Feststellungen dazu getroffen, dass und wie sich der Gesundheitszustand des Klägers nach seiner Abschiebung in die Russische Föderation verschlimmern werde. Notwendig seien beim Kläger nur die regelmäßige Gabe eines blutverflüssigenden Medikaments und Blutgerinnungskontrollen; das hätte vom Berufungsgericht aufgeklärt werden müssen.

10

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ergebe sich bereits aus dem in § 103 AufenthG enthaltenen Grundsatz des Bestandsschutzes. Sein Vertrauen sei schutzwürdig, da die Beklagte die Bescheinigung, dass er Kontingentflüchtling sei, nicht widerrufen habe. Die Beklagte sei an die Erlasslage und ihre Verwaltungspraxis gebunden. Daraus werde ersichtlich, dass der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz einen eigenen, sich nach dem Kontingentflüchtlingsgesetz richtenden Aufenthaltsgrund ausgestaltet habe. Zutreffend habe das Berufungsgericht das Vorliegen des Ausschlusstatbestandes des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG verneint und das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bejaht.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält die Revisionen für begründet.

Entscheidungsgründe

12

Die Revisionen der Beklagten und der Landesanwaltschaft Bayern sind zulässig und begründet. Die Berufungsentscheidung beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat die Abschiebungsandrohung, für deren gerichtliche Überprüfung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblich ist (1.), mit einer Begründung aufgehoben, die mit Bundesrecht unvereinbar ist. Denn jedenfalls seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes genießt der Kläger keine Rechtsstellung, die das Refoulement-Verbot (§ 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 1 HumHAG und Art. 33 Abs. 1 GFK) umfasst (2.). Des Weiteren hat das Berufungsgericht seiner Gefahrenprognose im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG unzutreffende Beurteilungsmaßstäbe zugrunde gelegt (3.). Da der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen über das Vorliegen dieses Abschiebungsverbots nicht selbst abschließend entscheiden kann, ist die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

13

1. Der gerichtlichen Beurteilung einer Abschiebungsandrohung ist jedenfalls dann, wenn der Ausländer aufgrund der Androhung noch nicht abgeschoben wurde oder noch nicht freiwillig ausgereist ist, grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts zugrunde zu legen. Das liegt in der Konsequenz der neueren Rechtsprechung des Senats zum veränderten Zeitpunkt der maßgeblichen Sach- und Rechtslage für die gerichtliche Prüfung einer Ausweisung (Urteil vom 15. November 2007 - BVerwG 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 Rn. 12), der Ermessensentscheidung über die Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis (Urteil vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329, Rn. 37 f.) sowie der Rücknahme oder des Widerrufs eines unbefristeten Aufenthaltstitels (Urteil vom 13. April 2010 - BVerwG 1 C 10.09 - Buchholz 402.242 § 51 AufenthG Nr. 1). Maßgeblich für die Änderung der Rechtsprechung war die Erwägung, dass die genannten Verwaltungsakte zu einer Aufenthaltsbeendigung führen können, bei der in vielen Fällen dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 EMRK und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie bei familiären Bindungen dem Grundrecht aus Art. 6 GG besondere Bedeutung zukommt. Der diesen Freiheitsrechten immanente Verhältnismäßigkeitsgrundsatz spricht dafür, dass die Gerichte bei ihrer Entscheidung über einen aufenthaltsbeendenden Verwaltungsakt auf eine möglichst aktuelle, d.h. nicht bereits überholte Tatsachengrundlage abstellen (Urteil vom 15. November 2007 a.a.O. Rn. 16 a.E.). Sie sollen realitätsnah und aus Gründen der Verfahrensökonomie möglichst abschließend entscheiden können (Urteil vom 13. Dezember 2011 - BVerwG 1 C 14.10 - juris Rn. 10 - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE bestimmt). Es liegt auf der Hand, dass diese Überlegungen erst recht für die Abschiebungsandrohung als vollstreckungsrechtliche Grundlage einer zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung zutreffen. Ob auch bei einer bereits durchgeführten Abschiebung oder einer freiwilligen Ausreise auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. Entscheidung der Tatsacheninstanz oder aber den Zeitpunkt der Abschiebung bzw. Ausreise abzustellen ist, kann hier dahinstehen.

14

Auch wenn - wie hier - für die revisionsgerichtliche Prüfung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen ist, sind Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens zu beachten, wenn sie das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - zu berücksichtigen hätte (stRspr, etwa Urteil vom 11. Januar 2011 - BVerwG 1 C 1.10 - BVerwGE 138, 371 Rn. 10 m.w.N.). Maßgeblich sind deshalb im vorliegenden Fall die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854). Damit sind auch die Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) zu beachten.

15

Nicht anzuwenden ist hingegen die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie - RFRL - (ABl EU Nr. L 348 vom 24. Dezember 2008 S. 98). Denn für die bereits 2006 verfügte und mit der Klage angegriffene Abschiebungsandrohung beansprucht die Rückführungsrichtlinie, die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie bis zum 24. Dezember 2010 umzusetzen war, noch keine Geltung (zur intertemporalen Anwendung von Richtlinien vgl. EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2007 - Rs. C-349/06, Polat - Slg. 2007, I-8167 Rn. 25 ff.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 15 Abs. 5 und 6 RFRL, der auf bereits vor der Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen Anwendung findet (vgl. EuGH, Urteil vom 30. November 2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Slg. 2009, I-11189 Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft betreffen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen worden ist.

16

An diesen Maßstäben gemessen liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer Androhung der Abschiebung unmittelbar aus der Haft (§ 59 Abs. 1 und 5 i.V.m. § 58 Abs. 1 AufenthG) vor. Insbesondere ist, da sich der Kläger in Haft befindet, die Überwachung seiner Ausreise erforderlich (§ 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG), so dass es keiner Fristsetzung zur freiwilligen Ausreise bedarf (§ 59 Abs. 5 AufenthG).

17

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht das Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 (BGBl I S. 1057) - Kontingentflüchtlingsgesetz (HumHAG) der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung nicht entgegen. Der Kläger ist kein Kontingentflüchtling (2.1). Dahinstehen kann, ob die ihm durch die Aufnahmezusage vermittelte Rechtsstellung ursprünglich auch das in Art. 33 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II S. 559) - GFK - niedergelegte Refoulement-Verbot umfasst hat (2.2). Denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts besteht diese Rechtstellung nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht mehr fort. Deshalb können sich jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion jedenfalls seit diesem Zeitpunkt allein aufgrund ihrer Aufnahme nicht auf das Refoulement-Verbot berufen (2.3).

18

2.1 Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger, der weder als Asylberechtigter noch als Flüchtling anerkannt ist, sich nicht unmittelbar auf das Refoulement-Verbot (Art. 33 Abs. 1 GFK) berufen kann. Gemäß § 1 Abs. 1 HumHAG genießt im Bundesgebiet die Rechtsstellung nach den Art. 2 bis 34 GFK, wer als Ausländer im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks oder aufgrund einer Übernahmeerklärung nach § 33 Abs. 1 AuslG 1990 im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufgenommen worden ist. Zwar stünde der Fortgeltung des Kontingentflüchtlingsstatus nicht entgegen, dass das Kontingentflüchtlingsgesetz durch Art. 15 Abs. 3 Nr. 3 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950) mit Wirkung zum 1. Januar 2005 aufgehoben worden ist. Denn aus der Übergangsvorschrift des § 103 AufenthG, nach der für Kontingentflüchtlinge die Erlöschens- und die Widerrufsregelung des Kontingentflüchtlingsgesetzes (§ 2a und 2b HumHAG) weiter Anwendung finden, ergibt sich, dass ein unmittelbar aufgrund dieses Gesetzes entstandener Kontingentflüchtlingsstatus fortbesteht. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber die Voraussetzungen für einen gesetzlichen Statuserwerb nach § 1 Abs. 1 HumHAG beim Kläger zu Recht verneint.

19

Nach den vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen befand sich der Kläger als jüdischer Emigrant aus der früheren Sowjetunion im Zeitpunkt seiner Aufnahme weder in einer Verfolgungssituation noch war seine Lage durch ein Flüchtlingsschicksal gekennzeichnet. Entscheidend ist jedoch, dass die Übernahme seitens der Bundesrepublik Deutschland nicht wegen eines derartigen Gruppenschicksals erfolgte (vgl. zu den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 HumHAG: Urteile vom 17. Februar 1992 - BVerwG 9 C 77.89 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 150 S. 329<331, 332, 334> und vom 27. Februar 1996 a.a.O. Nr. 185 S. 75 <78>). Das Berufungsgericht hat den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz (Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder) vom 9. Januar 1991 und die darauf aufbauende Aufnahmepraxis jüdischer Emigranten aus der früheren Sowjetunion vielmehr dahingehend gewürdigt, dass dieser Personenkreis im Bewusstsein der historischen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für die Verbrechen des Nationalsozialismus zur Erhaltung der Lebensfähigkeit jüdischer Gemeinden in Deutschland und zur Revitalisierung des jüdischen Elements im deutschen Kultur- und Geistesleben aufgenommen wurde. Das ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

20

Durch die Liberalisierung der sowjetischen Ausreisepolitik im Zuge der Perestroika zogen, wie allgemeinkundig ist, sowjetische Juden nach dem Fall der Berliner Mauer ab 1989 verstärkt nach Ost-Berlin. Der Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik beschloss am 11. Juli 1990 im Rahmen vorläufiger Regelungen des Aufenthalts und des Asyls für Ausländer, zunächst in zu begrenzendem Umfang ausländischen jüdischen Bürgern, denen Verfolgung oder Diskriminierung drohte, aus humanitären Gründen Aufenthalt zu gewähren. Diese Regelung fand jedoch keinen Niederschlag im Einigungsvertrag. Die Bundesregierung bat vielmehr im September 1990 die Auslandsvertretungen, Zuwanderungsanträge sowjetischer Juden bis zur Klärung eines zwischen Bund und Ländern abgestimmten Aufnahmeverfahrens nur entgegenzunehmen und weiter zu bearbeiten, soweit nicht von vornherein eine Aufnahme nach den geltenden Gesetzen ausgeschlossen sei (vgl. BTDrucks 11/8439 S. 2). Im Bewusstsein der historischen Verantwortung Deutschlands für die Verbrechen des Nationalsozialismus stand sie dem Wunsch dieses Personenkreises, in Deutschland eine neue Heimat zu gründen, im Grundsatz aufgeschlossen gegenüber, da der Zuzug die jüdischen Gemeinden in Deutschland stärke und diese Stärkung mittel- und langfristig zu einer Revitalisierung des bedeutenden jüdischen Beitrags zum Kultur- und Geistesleben in Deutschland führe. Eine unbegrenzte Aufnahme sowjetischer Juden sei jedoch nicht möglich, sondern komme nur im Rahmen eines geordneten Verfahrens in Betracht. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines mit den Ländern und den jüdischen Organisationen abgestimmten Aufnahmeprogramms, das Vorsorge für den geregelten Zugang und eine angemessene Unterbringung treffe (BTDrucks 11/8439 S. 3 f.). Diese Bestrebungen, Motive und Steuerungsbedürfnisse, die auch die damalige politische Debatte prägten (vgl. Plenarprotokolle des Deutschen Bundestags, 11. Wahlperiode, 231. Sitzung vom 25. Oktober 1990, S. 18359 ff. und 234. Sitzung vom 31. Oktober 1990, S. 18740 ff.), fanden Eingang in den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 9. Januar 1991. Damit wurde zwischen den Regierungschefs von Bund und Ländern in Anwesenheit des Bundesministers des Inneren Einvernehmen darüber hergestellt, dass die Einreise von Juden aus der Sowjetunion ohne zahlenmäßige Begrenzung auch in Zukunft aufgrund von Einzelfallentscheidungen in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ermöglicht wird. Bei den großzügig zu handhabenden Einzelfallentscheidungen sollte u.a. der Gesichtspunkt der Erhaltung der Lebensfähigkeit jüdischer Gemeinden in Deutschland eine Rolle spielen; die Verteilung auf die einzelnen Länder sollte grundsätzlich nach dem "Königsteiner Schlüssel" erfolgen (vgl. auch BTDrucks 12/229 S. 1 ff.).

21

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts, die von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossene entsprechende Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes belege, dass jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion von der Bundesrepublik Deutschland nicht als verfolgte oder durch ein Flüchtlingsschicksal gekennzeichnete Gruppe aufgenommen worden sind, als überzeugend (ebenso VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2011 - 11 S 1413/10 - InfAuslR 2011, 383 <384, 385 f.>; VGH München, Beschluss vom 20. Dezember 2004 - 12 CE 04.3232 - juris ; OVG Greifswald, Urteil vom 15. September 2004 - 1 L 107/02 - LKV 2005, 510 <512>; OVG Berlin, Beschluss vom 30. Juli 2004 - 2 N 87.04 - juris). Mangels gesetzlichen Erwerbs des Kontingentflüchtlingsstatus kann sich der Kläger nicht unmittelbar auf das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 1 HumHAG und Art. 33 Abs. 1 GFK berufen.

22

2.2 Da der Kläger den Kontingentflüchtlingsstatus nicht durch Gesetz erworben hat, konnte eine das Refoulement-Verbot umfassende Rechtsstellung entgegen der Annahme, wie sie der angefochtenen Entscheidung unausgesprochen zugrunde liegt, nur durch einen Rechtsakt (Verwaltungsakt) begründet werden. Denn nichtförmliches Verwaltungshandeln, auch wenn es einer auf Schreiben oberster Bundes- und Landesbehörden zurückzuführenden Verwaltungspraxis entspricht, wonach die Betroffenen hinsichtlich bestimmter begünstigender Rechtsfolgen wie Inhaber des Kontingentflüchtlingsstatus behandelt werden sollen, vermag einem Betroffenen weder diesen Status noch die Möglichkeit der Berufung auf das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 1 AufenthG bzw. Art. 33 GFK zu vermitteln.

23

Als rechtsbegründender Verwaltungsakt kommt im vorliegenden Fall nur die Aufnahmezusage des Beauftragten des Freistaats Bayern vom 18. Juni 1996 in Betracht. Sie wurde - wie vom Klägerbevollmächtigten im Revisionsverfahren belegt und auch von den übrigen Beteiligten nicht in Zweifel gezogen - der Familie des Klägers vor ihrer Ausreise durch das Generalkonsulat St. Petersburg bekannt gegeben. Diese Vorgehensweise entsprach wohl auch der damaligen Verwaltungspraxis (vgl. IV. Nr. 3 des Erlasses des Auswärtigen Amtes betreffend die Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen UdSSR vom 25. März 1997, Gz.: 514-516.20/7, nach der die Aufnahmezusage den Antragstellern unverzüglich zuzustellen war).

24

Die dem Kläger bekannt gegebene Aufnahmezusage ist ein Verwaltungsakt, der zumindest die Zusicherung der Erteilung eines Visums sowie eines unbefristeten Aufenthaltstitels nach Einreise mit einem nationalen Visum enthielt (weitergehend i.S. eines Status sui generis: VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2011 a.a.O. S. 386 ff.; Hochreuter, NVwZ 2000, 1376, 1379 f.). Der Gegenauffassung, wie sie in IV. Nr. 7 des o.g. Erlasses des Auswärtigen Amtes vom 25. März 1997 zum Ausdruck kommt, wonach selbst eine zugestellte Aufnahmezusage als reines Verwaltungsinternum anzusehen sei, folgt der Senat nicht. Denn ob ein behördliches Schreiben eine verbindliche Regelung durch Verwaltungsakt enthält und welchen Inhalt dieser ggf. hat, ist durch Auslegung nach der im Öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regel des § 133 BGB zu ermitteln. Dieser allgemeine Grundsatz findet hier Anwendung, ungeachtet des Umstands, dass das Verwaltungsverfahrensgesetz selbst gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG nicht für die Tätigkeit der Vertretungen des Bundes im Ausland gilt. Maßgebend ist bei der Auslegung behördlicher Schreiben nicht der innere Wille der Behörde, sondern der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektivierter Würdigung verstehen konnte, wobei Unklarheiten zu Lasten der Verwaltung gehen (stRspr, vgl. Urteile vom 12. Januar 1973 - BVerwG 7 C 3.71 - BVerwGE 41, 305 <306>; vom 18. Juni 1980 - BVerwG 6 C 55.79 - BVerwGE 60, 223 <228 f.>; vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <279> und vom 20. April 2005 - BVerwG 9 C 4.04 - BVerwGE 123, 292 <297>;).

25

Bei Anwendung dieser Maßstäbe konnte und durfte der Kläger nach Erhalt des im Pendelbriefverfahren zwischen Generalkonsulat - Bundesverwaltungsamt - Beauftragter des Freistaats Bayern und zurück übermittelten Formulars mit der Überschrift "Aufnahme jüdischer Emigranten aus der Sowjetunion in der Bundesrepublik Deutschland" und der darin angekreuzten Variante "Die Aufnahmezusage wird erteilt." davon ausgehen, dass damit dem Grunde nach verbindlich über seinen künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet entschieden worden war. Die Notwendigkeit, sich noch um ein Visum zu bemühen, steht dem nicht entgegen. Die gegenteilige Annahme wäre vor dem Hintergrund, dass der Kläger zuvor beim Generalkonsulat ein Formular "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis - Zuwanderungsfall aus der SU" ausgefüllt hatte, lebensfremd. Dem Revisionsgericht ist die eigene Auslegung der Aufnahmezusage nicht verwehrt, da das Tatsachengericht in seiner Entscheidung aufgrund seines abweichenden rechtlichen Ansatzes dazu nichts ausgeführt hat (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 52 m.w.N.).

26

Ob die Aufnahmezusage - ggf. in Verbindung mit einem beigefügten Merkblatt, wie es der Klägerbevollmächtigte beispielhaft aus einem Parallelverfahren vorgelegt hat - dem Kläger über die oben genannten aufenthaltsrechtlichen Vergünstigungen hinaus auch das in Art. 33 Abs. 1 GFK enthaltene Refoulement-Verbot vermittelt hat, kann offenbleiben. Eine derartige Annahme könnte sich jedenfalls nicht auf die Bescheinigung stützen, die ihm nach der Einreise im Oktober 1997 im Bundesgebiet ausgestellt wurde und wonach er Flüchtling im Sinne des § 1 Abs. 1 HumHAG ist. Denn für die Auslegung eines Verwaltungsakts sind nur solche Umstände indiziell zu berücksichtigen, die dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung - hier: der Aufnahmezusage - erkennbar waren (Urteile vom 4. Dezember 2001 a.a.O. und vom 21. Juni 2006 a.a.O.). Des Weiteren kommt es bei der Auslegung der Aufnahmezusage aus dem Empfängerhorizont nicht darauf an, ob diese rechtmäßig war oder nicht. Daher hat außer Betracht zu bleiben, ob das Ausländerrecht mit Blick auf die in § 33 AuslG 1990 eröffnete Möglichkeit, Ausländer u.a. aus humanitären Gründen oder politischen Interessen zu übernehmen, überhaupt Raum für eine entsprechende Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ließ (verneinend VGH München, Urteil vom 29. Juli 2009 - 10 B 08.2447 - InfAuslR 2010, 26; Raabe, ZAR 2004, 410 <411 f.>). Das alles kann jedoch hier letztlich dahinstehen.

27

2.3 Selbst wenn die Aufnahmezusage seinerzeit das flüchtlingsrechtliche Abschiebungsverbot mit umfasst haben sollte, könnte sich der Kläger hierauf nach dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht mehr berufen. Denn aus den Übergangsregelungen des Aufenthaltsgesetzes ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 23 Abs. 2 AufenthG die zukünftige Rechtsstellung auch der vor dem 1. Januar 2005 aufgenommenen jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion abschließend neu ausgestaltet hat.

28

Nach § 23 Abs. 2 AufenthG kann das Bundesministerium des Innern zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigende Aufenthaltserlaubnis oder eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, die mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden kann; flüchtlingsrechtlichen Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG genießen sie nicht.

29

Der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung ist zu entnehmen, dass man für das Kontingentflüchtlingsgesetz keinen Anwendungsbedarf mehr sah. Dort findet sich der Hinweis, dass derzeit (Frühjahr 2003) lediglich die Aufnahme jüdischer Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes erfolge. Nunmehr werde für diesen Personenkreis bei besonders gelagerten politischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland mit § 23 Abs. 2 AufenthG die Möglichkeit geschaffen, von Anfang an eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen (BTDrucks 15/420 S. 64). In der speziellen Begründung zu § 23 Abs. 2 AufenthG wird ausgeführt (BTDrucks 15/420 S. 78):

"... Die Aufnahme jüdischer Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion seit 1991 (insgesamt bisher über 170 000 Personen) erfolgt bislang lediglich in entsprechender Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes (Ergebnis der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder vom 9. Januar 1991). Die neue Vorschrift schafft für derartige Fälle nunmehr eine sichere Rechtsgrundlage. Das Ergebnis der Besprechung vom 9. Januar 1991 dokumentiert den übereinstimmenden Willen zur Aufnahme dieses Personenkreises, es bedarf deshalb auch nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes keiner erneuten Anordnung. Die in § 1 Abs. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz vorgesehene Gewährung der Rechtsstellung nach den Artikeln 2 bis 34 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention) ist im Hinblick auf die Gewährung einer Niederlassungserlaubnis nicht erforderlich. Darüber hinaus ist eine Reihe der sich aus der Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Rechtsfolgen (z. B. Erlöschen der Rechtsstellung, wenn die Person sich freiwillig oder durch Annahme oder Erneuerung eines Nationalpasses erneut in den Schutz des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt, § 2a Abs. 1 Nr. 1 Kontingentflüchtlingsgesetz) der Stellung aufgenommener jüdischer Immigranten nicht angemessen."

30

Diese - vom Berufungsgericht in Rn. 71 seiner Entscheidung fehlerhaft wiedergegebene - Begründung macht deutlich, dass mit Blick auf die bisher praktizierte entsprechende Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes ein Bedürfnis für die Schaffung einer "sicheren Rechtsgrundlage" gesehen wurde. Des Weiteren sollte die Rechtsstellung jüdischer Emigranten von den sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Rechtsfolgen, die als nicht erforderlich und zum Teil als nicht angemessen erschienen, abgekoppelt und in Zukunft rein aufenthaltsrechtlich ausgestaltet werden. Dass die Neuregelung auch die vor dem 1. Januar 2005 aufgenommenen jüdischen Emigranten erfassen und damit zukünftig eine einheitliche, nicht länger mit rechtlichen Unsicherheiten behaftete Rechtsstellung schaffen wollte, ergibt sich auch aus den Übergangsregelungen des Aufenthaltsgesetzes. Darin hat der Gesetzgeber zwischen Personen, die den Kontingentflüchtlingsstatus gesetzlich erworben haben, und solchen, auf die das Kontingentflüchtlingsgesetz nur entsprechend angewendet worden ist, differenziert und die statusrechtlichen Folgen unterschiedlich ausgestaltet.

31

Gemäß § 103 AufenthG finden für Personen, die vor dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes gemäß § 1 HumHAG die Rechtsstellung nach den Artikeln 2 bis 34 GFK genießen, die Erlöschens- und die Widerrufsregelung des Kontingentflüchtlingsgesetzes (§ 2a und 2b HumHAG) weiter Anwendung. § 101 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ordnet an, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die nach § 1 Abs. 3 HumHAG oder in entsprechender Anwendung des vorgenannten Gesetzes erteilt worden ist, und eine anschließend erteilte Aufenthaltsberechtigung als Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG fortgelten. Damit werden Kontingentflüchtlinge und Personen, auf die das Kontingentflüchtlingsgesetz von der Verwaltung nur entsprechend angewendet worden ist, aufenthaltsrechtlich gleich behandelt; ihr bestehendes Daueraufenthaltsrecht wird fortgeschrieben. Aus der Zusammenschau der Regelungen wird jedoch deutlich, dass nur ein gesetzlich erworbener Kontingentflüchtlingsstatus über den 1. Januar 2005 hinaus fortbesteht. Dieser systematische Befund wird durch die Gesetzesmaterialien zu den Übergangsvorschriften bestätigt. Denn nur in der Begründung zu § 101 Abs. 1 Satz 2 AufenthG wird die Gruppe der jüdischen Emigranten genannt; an dieser Stelle wird die Neuregelung des § 23 Abs. 2 AufenthG ausdrücklich auch auf Aufnahmefälle aus der Vergangenheit erstreckt: "Für jüdische Immigranten, die in entsprechender Anwendung des HumHAG aufgenommen wurden, gilt § 23 Abs. 2,..." (BTDrucks 15/420 S. 100). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 102 Abs. 1 AufenthG, da die Vermittlung des Kontingentflüchtlingsstatus keine Maßnahme im Sinne dieser Vorschrift ist.

32

Der Senat entnimmt diesen Regelungen den hinreichend deutlichen Willen des Gesetzgebers, mit der abschließenden aufenthaltsrechtlichen Neuregelung in § 23 Abs. 2 AufenthG auch die Fälle der vor dem 1. Januar 2005 aufgenommenen jüdischen Emigranten zu erfassen, um die bisherige, aus der entsprechenden Anwendung des Kontingentflüchtlingsgesetzes resultierende unklare Rechtslage für die Zukunft zu bereinigen (a.A. VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2011 a.a.O. <389>). Die darin liegende unechte Rückwirkung der Neuregelung ist mit Blick auf die bisherigen rechtlichen Unsicherheiten verfassungsrechtlich unbedenklich. Denn die Betroffenen behalten ihr Daueraufenthaltsrecht und haben die Möglichkeit, bei Furcht vor Verfolgung einen Asylantrag zu stellen. Schließlich ist bei dem Personenkreis der jüdischen Emigranten, die - wie dargestellt - nicht wegen eines Verfolgungsschicksals aufgenommen worden sind, auch kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand eines ihnen möglicherweise in der Vergangenheit gewährten flüchtlingsrechtlichen Abschiebungsschutzes ersichtlich. Demzufolge vermag sich der Kläger jedenfalls seit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht auf das Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 1 Abs. 1 HumHAG und Art. 33 GFK zu berufen. Unter diesen Umständen bedarf es keiner Entscheidung, ob das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht davon ausgegangen ist, dass im Fall des Klägers die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG nicht (mehr) vorliegen.

33

3. Die angefochtene Entscheidung verletzt zudem § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Das Berufungsgericht hat der Gefahrenprognose, die es bei Prüfung dieses Abschiebungsverbots gestellt hat, einen unzutreffenden Ansatz und darauf aufbauend fehlerhafte materiellrechtliche Beurteilungsmaßstäbe zugrunde gelegt.

34

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer landesweit eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine krankheitsbedingte zielstaatsbezogene Gefahr kann sich im Einzelfall auch daraus ergeben, dass der erkrankte Ausländer eine notwendige und an sich im Zielstaat verfügbare medizinische Behandlung tatsächlich z.B. aus finanziellen Gründen nicht erlangen kann (Urteil vom 29. Oktober 2002 - BVerwG 1 C 1.02 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66 zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990). Der Senat hat bereits entschieden, dass die Verschlimmerung einer Erkrankung, die der Betroffene nicht mit einer Vielzahl seiner Landsleute teilt, so dass kein Bedürfnis für eine ausländerpolitische Leitentscheidung gemäß § 60a Abs. 1 AufenthG besteht und die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht greift, als individuelle, unmittelbar am Maßstab der genannten Vorschrift zu prüfende Gefahr anzusehen ist (Urteil vom 17. Oktober 2006 - BVerwG 1 C 18.05 - BVerwGE 127, 33 Rn. 15 f. = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff., AufenthG Nr. 21). In Fällen einer Erkrankung eher singulären Charakters - wie hier - sind die Voraussetzungen des genannten Abschiebungsverbots erfüllt, wenn sich die Krankheit des Betroffenen mangels (ausreichender) Behandlung im Abschiebungszielstaat verschlimmert und sich dadurch der Gesundheitszustand wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde (Beschluss vom 24. Mai 2006 - BVerwG 1 B 118.05 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 16 m.w.N.). Konkret ist die Gefahr, wenn diese Verschlechterung alsbald nach der Abschiebung des Betroffenen einträte (Urteil vom 25. November 1997 - BVerwG 9 C 58.96 - BVerwGE 105, 383 <387> = Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 10). Diesen Prüfungsansatz und die sich daraus ergebenden Maßstäbe hat das Berufungsgericht in mehrfacher Hinsicht verfehlt.

35

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beweisaufnahme, wie die Beweisbeschlüsse vom 26. November 2009 zeigen, nur auf die Diagnose der Krankheiten des Klägers sowie deren Behandelbarkeit in der Russischen Föderation (einschließlich verfügbarer Medikation) fokussiert. Dem auf diesen tatsächlichen Feststellungen aufbauenden, für das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zentralen Beweisthema, nämlich dem Krankheitsverlauf bei Rückkehr bzw. Abschiebung in das Herkunftsland ohne medizinische Betreuung bzw. bei vom Kläger nur teilweise finanzierbarer Behandlung und Medikation, ist er nicht nachgegangen. Des Weiteren hat das Berufungsgericht, wie aus seinem Beweisbeschluss vom 11. Mai 2010 ersichtlich wird, die Beurteilung, ob die in den medizinischen Fachgutachten genannten Behandlungen und Medikamente erforderlich sind, den medizinischen Gutachtern überlassen. Diese haben ihrer Wertung jedoch den in Deutschland üblichen medizinischen Standard zugrunde gelegt und sich - mangels entsprechender Vorgaben des Berufungsgerichts - nicht am Maßstab einer wesentlichen Gesundheitsverschlechterung orientiert. Schließlich hat das Berufungsgericht in seiner finanziellen Bedarfsberechnung für den Kläger monatliche Wohnkosten "für eine bescheidene 1-Zimmer-Wohnung am Stadtrand von Sankt Petersburg" in Höhe von 400 € angesetzt (BA Rn. 82). Dieses Unterbringungsniveau, das der Verwaltungsgerichtshof selbst dem Auswärtigen Amt in seiner Anfrage vom 24. August 2010 vorgegeben hatte, verfehlt den strengen Maßstab des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

36

Diese Verstöße gegen § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen vermag der Senat über das Vorliegen des genannten Abschiebungsverbots selbst weder positiv noch negativ abschließend zu entscheiden. Damit war die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO), ohne dass es eines Eingehens auf die von den Revisionsführern erhobenen Aufklärungsrügen bedarf.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.

(1) Sektorentätigkeiten im Bereich Wasser sind

1.
die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Gewinnung, der Fortleitung und der Abgabe von Trinkwasser,
2.
die Einspeisung von Trinkwasser in diese Netze.
Als Sektorentätigkeiten gelten auch Tätigkeiten nach Satz 1, die im Zusammenhang mit Wasserbau-, Bewässerungs- oder Entwässerungsvorhaben stehen, sofern die zur Trinkwasserversorgung bestimmte Wassermenge mehr als 20 Prozent der Gesamtwassermenge ausmacht, die mit den entsprechenden Vorhaben oder Bewässerungs- oder Entwässerungsanlagen zur Verfügung gestellt wird oder die im Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung oder -behandlung steht. Die Einspeisung von Trinkwasser in feste Netze zur Versorgung der Allgemeinheit durch einen Sektorenauftraggeber nach § 100 Absatz 1 Nummer 2 gilt nicht als Sektorentätigkeit, sofern die Erzeugung von Trinkwasser durch den betreffenden Auftraggeber erfolgt, weil dessen Verbrauch für die Ausübung einer Tätigkeit erforderlich ist, die keine Sektorentätigkeit nach den Absätzen 1 bis 4 ist, und die Einspeisung in das öffentliche Netz nur von dem Eigenverbrauch des betreffenden Auftraggebers abhängt und bei Zugrundelegung des Durchschnitts der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 30 Prozent der gesamten Trinkwassererzeugung des betreffenden Auftraggebers ausmacht.

(2) Sektorentätigkeiten im Bereich Elektrizität sind

1.
die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, der Fortleitung und der Abgabe von Elektrizität,
2.
die Einspeisung von Elektrizität in diese Netze, es sei denn,
a)
die Elektrizität wird durch den Sektorenauftraggeber nach § 100 Absatz 1 Nummer 2 erzeugt, weil ihr Verbrauch für die Ausübung einer Tätigkeit erforderlich ist, die keine Sektorentätigkeit nach den Absätzen 1 bis 4 ist, und
b)
die Einspeisung hängt nur von dem Eigenverbrauch des Sektorenauftraggebers ab und macht bei Zugrundelegung des Durchschnitts der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 30 Prozent der gesamten Energieerzeugung des Sektorenauftraggebers aus.

(3) Sektorentätigkeiten im Bereich von Gas und Wärme sind

1.
die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, der Fortleitung und der Abgabe von Gas und Wärme,
2.
die Einspeisung von Gas und Wärme in diese Netze, es sei denn,
a)
die Erzeugung von Gas oder Wärme durch den Sektorenauftraggeber nach § 100 Absatz 1 Nummer 2 ergibt sich zwangsläufig aus der Ausübung einer Tätigkeit, die keine Sektorentätigkeit nach den Absätzen 1 bis 4 ist, und
b)
die Einspeisung zielt nur darauf ab, diese Erzeugung wirtschaftlich zu nutzen und macht bei Zugrundelegung des Durchschnitts der letzten drei Jahre einschließlich des laufenden Jahres nicht mehr als 20 Prozent des Umsatzes des Sektorenauftraggebers aus.

(4) Sektorentätigkeiten im Bereich Verkehrsleistungen sind die Bereitstellung oder das Betreiben von Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per Eisenbahn, automatischen Systemen, Straßenbahn, Trolleybus, Bus oder Seilbahn; ein Netz gilt als vorhanden, wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde festgelegten Bedingungen erbracht wird; dazu gehören die Festlegung der Strecken, die Transportkapazitäten und die Fahrpläne.

(5) Sektorentätigkeiten im Bereich Häfen und Flughäfen sind Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Nutzung eines geografisch abgegrenzten Gebiets mit dem Zweck, für Luft-, See- oder Binnenschifffahrtsverkehrsunternehmen Flughäfen, See- oder Binnenhäfen oder andere Terminaleinrichtungen bereitzustellen.

(6) Sektorentätigkeiten im Bereich fossiler Brennstoffe sind Tätigkeiten zur Nutzung eines geografisch abgegrenzten Gebiets zum Zweck

1.
der Förderung von Öl oder Gas oder
2.
der Exploration oder Förderung von Kohle oder anderen festen Brennstoffen.

(7) Für die Zwecke der Absätze 1 bis 3 umfasst der Begriff „Einspeisung“ die Erzeugung und Produktion sowie den Groß- und Einzelhandel. Die Erzeugung von Gas fällt unter Absatz 6.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Sektorenauftraggeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben,
2.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 ausüben, wenn
a)
diese Tätigkeit auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt wird, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder
b)
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3 auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.

(2) Besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sind Rechte, die dazu führen, dass die Ausübung dieser Tätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. Keine besonderen oder ausschließlichen Rechte in diesem Sinne sind Rechte, die aufgrund eines Verfahrens nach den Vorschriften dieses Teils oder aufgrund eines sonstigen Verfahrens gewährt wurden, das angemessen bekannt gemacht wurde und auf objektiven Kriterien beruht.

(3) Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3

1.
unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt,
2.
über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder
3.
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.

Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2) anzuwenden.

(1) Verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge sind öffentliche Aufträge, deren Auftragsgegenstand mindestens eine der folgenden Leistungen umfasst:

1.
die Lieferung von Militärausrüstung, einschließlich dazugehöriger Teile, Bauteile oder Bausätze,
2.
die Lieferung von Ausrüstung, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben wird, einschließlich der dazugehörigen Teile, Bauteile oder Bausätze,
3.
Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der in den Nummern 1 und 2 genannten Ausrüstung in allen Phasen des Lebenszyklus der Ausrüstung oder
4.
Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke oder Bau- und Dienstleistungen, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben werden.

(2) Militärausrüstung ist jede Ausrüstung, die eigens zu militärischen Zwecken konzipiert oder für militärische Zwecke angepasst wird und zum Einsatz als Waffe, Munition oder Kriegsmaterial bestimmt ist.

(3) Ein Verschlusssachenauftrag im Sinne dieser Vorschrift ist ein Auftrag im speziellen Bereich der nicht-militärischen Sicherheit, der ähnliche Merkmale aufweist und ebenso schutzbedürftig ist wie ein Auftrag über die Lieferung von Militärausrüstung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder wie Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4, und

1.
bei dessen Erfüllung oder Erbringung Verschlusssachen nach § 4 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes oder nach den entsprechenden Bestimmungen der Länder verwendet werden oder
2.
der Verschlusssachen im Sinne der Nummer 1 erfordert oder beinhaltet.

Dieser Abschnitt ist anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und die Ausrichtung von Wettbewerben durch öffentliche Auftraggeber.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Beim Bundesgerichtshof wird ein Kartellsenat gebildet; er entscheidet im ersten und letzten Rechtszug über die in § 73 Absatz 5 genannten Verfügungen des Bundeskartellamts und über folgende Rechtsmittel:

1.
in Verwaltungssachen über die Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte (§§ 77, 79, 80) und über die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 78);
2.
in Bußgeldverfahren über die Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte (§ 84);
3.
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 87
a)
über die Revision einschließlich der Nichtzulassungsbeschwerde gegen Endurteile der Oberlandesgerichte,
b)
über die Sprungrevision gegen Endurteile der Landgerichte,
c)
über die Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Oberlandesgerichte in den Fällen des § 574 Absatz 1 der Zivilprozessordnung.

(2) Der Kartellsenat gilt im Sinne des § 132 des Gerichtsverfassungsgesetzes in Bußgeldsachen als Strafsenat, in allen übrigen Sachen als Zivilsenat.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterläßt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen.

(2) Betrieb oder Unternehmen im Sinne des Absatzes 1 ist auch das öffentliche Unternehmen.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann, wenn die Pflichtverletzung mit Strafe bedroht ist, mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro geahndet werden. § 30 Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Ist die Pflichtverletzung mit Geldbuße bedroht, so bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße wegen der Aufsichtspflichtverletzung nach dem für die Pflichtverletzung angedrohten Höchstmaß der Geldbuße. Satz 3 gilt auch im Falle einer Pflichtverletzung, die gleichzeitig mit Strafe und Geldbuße bedroht ist, wenn das für die Pflichtverletzung angedrohte Höchstmaß der Geldbuße das Höchstmaß nach Satz 1 übersteigt.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

(1) Wer bei einer Ausschreibung über Waren oder Dienstleistungen ein Angebot abgibt, das auf einer rechtswidrigen Absprache beruht, die darauf abzielt, den Veranstalter zur Annahme eines bestimmten Angebots zu veranlassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Ausschreibung im Sinne des Absatzes 1 steht die freihändige Vergabe eines Auftrages nach vorausgegangenem Teilnahmewettbewerb gleich.

(3) Nach Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 2, wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß der Veranstalter das Angebot annimmt oder dieser seine Leistung erbringt. Wird ohne Zutun des Täters das Angebot nicht angenommen oder die Leistung des Veranstalters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Annahme des Angebots oder das Erbringen der Leistung zu verhindern.

(1) Von der Teilnahme an einem Wettbewerb um einen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrag der in den §§ 99 und 100 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Auftraggeber sollen Bewerber bis zu einer Dauer von drei Jahren ausgeschlossen werden, die oder deren nach Satzung oder Gesetz Vertretungsberechtigte nach

1.
§ 8 Abs. 1 Nr. 2, §§ 10 bis 11,
2.
§ 404 Abs. 1 oder 2 Nr. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch,
3.
§§ 15, 15a, 16 Abs. 1 Nr. 1, 1c, 1d, 1f oder 2 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes oder
4.
§ 266a Abs. 1 bis 4 des Strafgesetzbuches
zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder einer Geldstrafe von mehr als neunzig Tagessätzen verurteilt oder mit einer Geldbuße von wenigstens zweitausendfünfhundert Euro belegt worden sind. Das Gleiche gilt auch schon vor Durchführung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens, wenn im Einzelfall angesichts der Beweislage kein vernünftiger Zweifel an einer schwerwiegenden Verfehlung nach Satz 1 besteht. Die für die Verfolgung oder Ahndung zuständigen Behörden nach Satz 1 Nr. 1 bis 4 dürfen den öffentlichen Auftraggebern nach § 99 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und solchen Stellen, die von öffentlichen Auftraggebern zugelassene Präqualifikationsverzeichnisse oder Unternehmer- und Lieferantenverzeichnisse führen, auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte geben. Öffentliche Auftraggeber nach Satz 3 fordern im Rahmen ihrer Tätigkeit Auskünfte aus dem Wettbewerbsregister an oder verlangen vom Bewerber eine Erklärung, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach Satz 1 oder 2 nicht vorliegen; auch im Falle einer Erklärung des Bewerbers können öffentliche Auftraggeber Auskünfte aus dem Wettbewerbsregister jederzeit anfordern. Für den Bewerber, der den Zuschlag erhalten soll, fordert der öffentliche Auftraggeber nach Satz 3 bei Aufträgen ab einer Höhe von 30 000 Euro vor Zuschlagserteilung eine Auskunft aus dem Wettbewerbsregister an. Der Bewerber ist vor der Entscheidung über den Ausschluss zu hören.

(2) Eine Verfehlung nach Absatz 1 steht einer Verletzung von Pflichten nach § 241 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich.

(1) Von der Teilnahme an einem Wettbewerb um einen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrag der in §§ 99 und 100 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Auftraggeber sollen Bewerber oder Bewerberinnen für eine angemessene Zeit bis zur nachgewiesenen Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden, die wegen eines Verstoßes nach § 23 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 und 11 oder Absatz 2 mit einer Geldbuße von wenigstens zweitausendfünfhundert Euro belegt worden sind. Das Gleiche gilt auch schon vor Durchführung eines Bußgeldverfahrens, wenn im Einzelfall angesichts der Beweislage kein vernünftiger Zweifel an einer schwerwiegenden Verfehlung im Sinne des Satzes 1 besteht.

(2) Die für die Verfolgung oder Ahndung der Ordnungswidrigkeiten nach § 23 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 und 11 oder Absatz 2 zuständigen Behörden dürfen öffentlichen Auftraggebern nach § 99 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und solchen Stellen, die von öffentlichen Auftraggebern zugelassene Präqualifikationsverzeichnisse oder Unternehmer- und Lieferantenverzeichnisse führen, auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte geben.

(3) Öffentliche Auftraggeber nach Absatz 2 fordern im Rahmen ihrer Tätigkeit beim Wettbewerbsregisters Auskünfte über rechtskräftige Bußgeldentscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 23 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 und 11 oder Absatz 2 an oder verlangen von Bewerbern oder Bewerberinnen eine Erklärung, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach Absatz 1 nicht vorliegen. Im Falle einer Erklärung des Bewerbers oder der Bewerberin können öffentliche Auftraggeber nach Absatz 2 jederzeit zusätzlich Auskünfte des Wettbewerbsregisters anfordern.

(4) Bei Aufträgen ab einer Höhe von 30 000 Euro fordert der öffentliche Auftraggeber nach Absatz 2 für den Bewerber oder die Bewerberin, der oder die den Zuschlag erhalten soll, vor der Zuschlagserteilung eine Auskunft aus dem Wettbewerbsregisters an.

(5) Vor der Entscheidung über den Ausschluss ist der Bewerber oder die Bewerberin zu hören.

Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und
4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Von der Teilnahme an einem Wettbewerb um einen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrag der in §§ 99 und 100 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Auftraggeber sollen Bewerber oder Bewerberinnen für eine angemessene Zeit bis zur nachgewiesenen Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden, die wegen eines Verstoßes nach § 23 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 und 11 oder Absatz 2 mit einer Geldbuße von wenigstens zweitausendfünfhundert Euro belegt worden sind. Das Gleiche gilt auch schon vor Durchführung eines Bußgeldverfahrens, wenn im Einzelfall angesichts der Beweislage kein vernünftiger Zweifel an einer schwerwiegenden Verfehlung im Sinne des Satzes 1 besteht.

(2) Die für die Verfolgung oder Ahndung der Ordnungswidrigkeiten nach § 23 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 und 11 oder Absatz 2 zuständigen Behörden dürfen öffentlichen Auftraggebern nach § 99 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und solchen Stellen, die von öffentlichen Auftraggebern zugelassene Präqualifikationsverzeichnisse oder Unternehmer- und Lieferantenverzeichnisse führen, auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte geben.

(3) Öffentliche Auftraggeber nach Absatz 2 fordern im Rahmen ihrer Tätigkeit beim Wettbewerbsregisters Auskünfte über rechtskräftige Bußgeldentscheidungen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 23 Absatz 1 Nummer 1 bis 9 und 11 oder Absatz 2 an oder verlangen von Bewerbern oder Bewerberinnen eine Erklärung, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach Absatz 1 nicht vorliegen. Im Falle einer Erklärung des Bewerbers oder der Bewerberin können öffentliche Auftraggeber nach Absatz 2 jederzeit zusätzlich Auskünfte des Wettbewerbsregisters anfordern.

(4) Bei Aufträgen ab einer Höhe von 30 000 Euro fordert der öffentliche Auftraggeber nach Absatz 2 für den Bewerber oder die Bewerberin, der oder die den Zuschlag erhalten soll, vor der Zuschlagserteilung eine Auskunft aus dem Wettbewerbsregisters an.

(5) Vor der Entscheidung über den Ausschluss ist der Bewerber oder die Bewerberin zu hören.

Für die Prüfung der Einhaltung der Pflichten eines Arbeitgebers nach § 8, soweit sie sich auf die Gewährung von Arbeitsbedingungen nach § 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4 beziehen, sind die Behörden der Zollverwaltung zuständig.

(1) Von der Teilnahme an einem Wettbewerb um einen Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsauftrag der in den §§ 99 und 100 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Auftraggeber sollen Bewerber bis zu einer Dauer von drei Jahren ausgeschlossen werden, die oder deren nach Satzung oder Gesetz Vertretungsberechtigte nach

1.
§ 8 Abs. 1 Nr. 2, §§ 10 bis 11,
2.
§ 404 Abs. 1 oder 2 Nr. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch,
3.
§§ 15, 15a, 16 Abs. 1 Nr. 1, 1c, 1d, 1f oder 2 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes oder
4.
§ 266a Abs. 1 bis 4 des Strafgesetzbuches
zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder einer Geldstrafe von mehr als neunzig Tagessätzen verurteilt oder mit einer Geldbuße von wenigstens zweitausendfünfhundert Euro belegt worden sind. Das Gleiche gilt auch schon vor Durchführung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens, wenn im Einzelfall angesichts der Beweislage kein vernünftiger Zweifel an einer schwerwiegenden Verfehlung nach Satz 1 besteht. Die für die Verfolgung oder Ahndung zuständigen Behörden nach Satz 1 Nr. 1 bis 4 dürfen den öffentlichen Auftraggebern nach § 99 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und solchen Stellen, die von öffentlichen Auftraggebern zugelassene Präqualifikationsverzeichnisse oder Unternehmer- und Lieferantenverzeichnisse führen, auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte geben. Öffentliche Auftraggeber nach Satz 3 fordern im Rahmen ihrer Tätigkeit Auskünfte aus dem Wettbewerbsregister an oder verlangen vom Bewerber eine Erklärung, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach Satz 1 oder 2 nicht vorliegen; auch im Falle einer Erklärung des Bewerbers können öffentliche Auftraggeber Auskünfte aus dem Wettbewerbsregister jederzeit anfordern. Für den Bewerber, der den Zuschlag erhalten soll, fordert der öffentliche Auftraggeber nach Satz 3 bei Aufträgen ab einer Höhe von 30 000 Euro vor Zuschlagserteilung eine Auskunft aus dem Wettbewerbsregister an. Der Bewerber ist vor der Entscheidung über den Ausschluss zu hören.

(2) Eine Verfehlung nach Absatz 1 steht einer Verletzung von Pflichten nach § 241 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich.

Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.