Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 25. Jan. 2019 - B 7 K 17.30304

bei uns veröffentlicht am25.01.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Der Bescheid des Bundesamtes für ... vom 24. Januar 2017 wird in den Ziffern 1 bis 3 insoweit aufgehoben, als die darin ausgesprochenen Antragsablehnungen als „offensichtlich unbegründet“ erfolgt sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt der Kläger zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit oromischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 17.05.2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 02.07.2014 einen Asylantrag.

Bei der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für ... (Bundesamt) am 06.09.2016 gab der Kläger im Wesentlichen an, er stamme aus Agarfa, wo er die Agarfa-Highschool bis zur 10. Klasse besucht habe. Einen Beruf habe er nicht erlernt, da er bis zuletzt Schüler gewesen sei.

Im Jahr 2013, als er Schüler der 10. Klasse gewesen sei, hätten sie als Schüler eine Gruppe gegründet, die die Tradition und Geschichte der Oromo reflektiere. Dies sei jedoch nur ein Deckmantel gewesen. In Wahrheit sei es darum gegangen, die Leute zum Protest gegen die Unterdrückung der Oromo zu bewegen. Die Gruppe habe sich … genannt und habe aus etwa 30 Mitgliedern bestanden. Der Kläger sei Vorsitzender der Gruppe gewesen.

Mittels Flugblätter habe die Gruppe zu einer Versammlung am 06.02.2013 in der Stadt Agarfa aufgerufen. Nachdem sich etwa 300 Schüler vor der Schule getroffen hätten, seien sie um 09:00 Uhr morgens in die Stadt gegangen, um zu protestieren. Dort hätten sich ihnen auch andere Leute angeschlossen. Der Protest habe bis 02:00 Uhr nachmittags angedauert. Zwar habe die Polizei schon nach zwei Stunden versucht, die Demonstration aufzulösen, allerdings sei dies nicht gelungen, so dass Soldaten herbeigerufen worden seien, die auf die Demonstranten geschossen hätten. Zwei Personen seien erschossen worden. Die Demonstration habe sich dann aufgelöst. Die Teilnehmer seien in verschiedene Richtungen davongelaufen. Der Kläger habe die Stadt verlassen und sei in ein Dorf namens Amida geflohen. Als sie von Amida nach Agarfa zurückkehren wollten, seien sie von Leuten darauf hingewiesen worden, dass ihre Bilder überall in der Stadt seien und sie als Unruhestifter gesucht werden würden. Der Kläger sei dann am 09.02.2013 von Amida aus zu Fuß nach Ali gelaufen und von dort aus mit dem Auto nach Robe gefahren. Über Addis Abeba, Bahir Dar und Metema sei er schließlich in den Sudan ausgereist. Vom Sudan aus habe er sogar zurück nach Äthiopien gewollt, man habe ihm aber gesagt, dass er gesucht werde. Daher habe er sich entschieden, weiter nach Libyen zu reisen.

In Deutschland sei er exilpolitisch für die TBOJ/UOSG tätig. Sein Beitrag beschränke sich jedoch auf Beteiligungen an Demos und Spenden. Eine besondere Funktion habe er nicht.

Bei einer Rückkehr nach Äthiopien werde er entweder mit dem Tode bestraft oder lebenslang ins Gefängnis gesteckt.

Der Kläger legte dem Bundesamt ferner seinen Mitgliedsausweis der TBOJ/UOSG sowie ein Schreiben der TBOJ/UOSG vom 03.09.2016 vor, wonach er zwischen dem 10.04.2015 und dem 02.09.2016 an insgesamt 18 exilpolitischen Veranstaltungen teilgenommen habe.

Mit Bescheid vom 24.01.2017, als Einschreiben zur Post gegeben am 25.01.2017, wurde der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Asylanerkennung und auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Ziffern 1 - 3) und festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Der Kläger wurde zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids aufgefordert, widrigenfalls werde er nach Äthiopien abgeschoben (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling i.S.d. § 3 AsylG. Er habe seine begründete Furcht vor Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden nicht glaubhaft gemacht. Das Vorbringen sei schon nicht glaubhaft, da die Einreise ohne eigene Legitimationspapiere erfolgt sein soll. Durch den angeblichen Nichtbesitz an Personalpapieren dränge sich der Verdacht auf, dass versucht werde, Angaben über die wahre Identität oder aus möglichen Passeintragungen ersichtliche Ereignisse, die den Sachvortrag widersprechen könnten, zu unterdrücken. Die Zusammenkunft der Gruppe habe erst kurz vor seiner Ausreise stattgefunden. Wenn der Kläger jedoch der festen Überzeugung gewesen sei, sich politisch gegen eine Unterdrückung der Oromo zu engagieren, hätte er sich aber schon früher politisch betätigt. Es erscheine als ein allzu großer Zufall, dass der Kläger gleich bei seiner ersten politisch motivierten Handlung derart Probleme bekommen haben soll. Auch dass er mit 18 Jahren Vorsitzender einer 30-köpfigen politisch motivieren Gruppierung gewesen sein soll, sei wenig glaubhaft, da er keinerlei Erfahrungen in diesem Bereich mitbringe. In diesem Zusammenhang sei auch die dem Schein nach gegründete Gruppierung nur wenig sinnvoll, da auch die schulischen Aktivitäten kontrolliert werden würden. Unglaubhaft sei ferner, dass die Polizei nach etwa zwei Stunden des Protestes dazugekommen sei, jedoch nicht in der Lage gewesen sein solle, die Protestbewegung zu stoppen. Es dränge sich daher der Eindruck auf, dass die Situation im Heimatland zum Anlass genommen werde, ein erfundenes eigenes persönliches Schicksal darin einzuflechten, um den Sachvortrag den Schein einer Authentizität zu geben. Soweit der Kläger eine Verfolgung allein mit der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo behaupte, führe dies nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Es lägen keine Erkenntnisse über eine zielgerichtete Verfolgung von oromischen Volkszugehörigen vor. Die vom Kläger geschilderte Betätigung für eine terroristische Gruppierung wie die OLF führe für sich genommen ebenfalls noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Unabdingbare Voraussetzung für eine Verfolgungsgefahr sei, dass der Betreffende glaubhaft mache, sich aktiv für die Ziele der OLF eingesetzt zu haben bzw. seine Sympathie auf andere Weise offenkundig geworden sei. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. Er habe nicht glaubhaft darlegen können, die OLF unterstützt zu haben.

Auch die behauptete exilpolitische Betätigung des Klägers in der TBOJ begründe keine andere Entscheidung. Der Kläger habe sich aus dem Kreis der bloßen Mitläufer nicht erkennbar hervorgehoben. Die Teilnahme an Versammlungen und Demonstrationen sei nicht ausreichend, um als ernstzunehmender Oppositioneller eingestuft zu werden.

Dem Kläger sei auch kein subsidiär Schutz nach § 4 AsylG zuzuerkennen. Ihm drohe - unter Hinweis auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - kein ernsthafter Schaden i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gem. Art. 16a Abs. 1 GG seien ebenfalls nicht gegeben, da nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen. Der Asylantrag werde zudem gem. § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG kämen nicht in Betracht. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Selbst unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Dem Kläger sei es auch vor seiner Ausreise gelungen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Es sei nicht ersichtlich, warum dies nicht auch bei einer Rückkehr wieder der Fall sein sollte. Daneben sei vom Vorhandensein gegenseitiger Hilfe durch Familie, Großfamilie oder anderen unterstützenden Netzwerken auszugehen.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG seien weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 02.02.2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt,

Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für ... vom 24.01.2017 verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;

hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen;

hilfsweise festzustellen, dass beim Kläger nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Androhung der Abschiebung sei ungeachtet vom Ausgang des Asylverfahrens wegen Verstoßes gegen Art. 1 und 2 GG sowie Art. 3 EMRK unzulässig, da diese zumindest zu Gefahren für Leib, Leben und Freiheit des Klägers führe. Bezüglich der Fluchtgründe werde auf die bisherigen Angaben des Klägers verwiesen. Die vermeintlichen Ungenauigkeiten zu den fluchtauslösenden Ereignissen werde der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung auflösen bzw. aufklären. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid seien die Angaben des Klägers daher nicht unglaubhaft. Wie sich aus den Erkenntnismaterialien ergebe, drohe Angehörigen der Oromo in Äthiopien bereits aus nichtigen Anlässen eine Verfolgung aus politischen Gründen, d.h. alleine ein vollkommen vager Verdacht reiche schon für eine Verfolgung wegen angeblicher Unterstützung der OLF. Wie sich aus dem Ad-hoc-Bericht des Auswärtigen Amtes vom 17.10.2018 ergebe, bestehe auch weiterhin eine Gefahr einer Verfolgung durch staatliche Stellen in Äthiopien, obwohl einige Reformen erfolgt seien. Der Kläger habe Äthiopien vorverfolgt verlassen. Aus diesen Gründen greife zu Gunsten des Klägers ein herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab ein. Entgegen der Annahme der Beklagten sei der Kläger entsprechend seiner festen politischen Überzeugung auch in Deutschland nachhaltig und exponiert exilpolitisch aktiv. Nach allgemeiner Erkenntnislage seien die vom Kläger gezeigten regierungskritischen exilpolitischen Tätigkeiten den äthiopischen Behörden zur Kenntnis gelangt. Die Exilszene in der Bundesrepublik Deutschland werde vom äthiopischen Geheimdienst überwacht. Dem Kläger drohe daher aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten bei einer Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgungsgefahr in Form willkürlicher Verhaftung und Inhaftierung, unfairer Gerichtsverfahren, Folter und Misshandlungen bis hin zur Todesstrafe. Aus diesen Gründen sei beim Kläger zumindest aufgrund seiner exponierten und engagierten exilpolitischen Aktivitäten eine asylrelevante Verfolgungshandlung gegeben. Nach dem Ad-hoc-Bericht des Auswärtigen Amtes vom 17.10.2018 bestehe auch weiterhin eine Gefährdung bei einer Rückkehr je nach Art der exilpolitischen Aktivitäten, so u.a. bei nachweislicher Mitgliedschaft. Der Kläger sei nachweislich Mitglied der TBOJ/UOSG, welche wiederum eng mit der OLF verbunden sei. Auch die Schweizer Flüchtlingshilfe führe in der Stellungnahme vom 26.09.2018 aus, dass für exilpolitisch aktive Rückkehrer mit höherem Risiko die Gefahr einer längeren Inhaftierung unter unmenschlichen Bedingungen sowie intensiven Befragungen bestehe. Trotz der positiven Entwicklungen in Äthiopien bestehe daher weiterhin für exilpolitisch aktive Personen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung. Zumindest sei dem Kläger der subsidiäre Schutzstatus zuzuerkennen, da ihm eine menschenrechtswidrige Behandlung in Äthiopien drohe. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.

Ferner seien die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ablehnung als offensichtlich unbegründet nicht gegeben. Offensichtlich unbegründet sei ein Asylantrag nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Dies sei nach ständiger Rechtsprechung nur dann anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestünden und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdränge. Die Beklagte mache auch keinerlei Ausführungen, aus welchen Gründen die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG beim Kläger vorliegen sollten.

Mit Schriftsatz vom 06.02.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss vom 07.02.2017 ordnete das Verwaltungsgericht Bayreuth unter dem Az. B 2 S 17.30303 die aufschiebende Wirkung gegen die im Bescheid vom 24.01.2017 enthaltene Abschiebungsandrohung an, da die Begründung der Beklagten zur qualifizierten Ablehnung des Asylbegehrens als offensichtlich unbegründet nicht haltbar sei.

Mit Beschluss der Kammer vom 06.12.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 16.01.2019 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte dieses Verfahrens und des Eilverfahrens (Az. B 2 S 17.30303) verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die Klage hat lediglich Erfolg, soweit die Antragsablehnung in Ziffern 1-3 des angefochtenen Bescheides als „offensichtlich unbegründet“ erfolgte. Im Übrigen, insbesondere hinsichtlich der begehrten Schutzgewährungen, war die Klage dagegen abzuweisen.

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere wurde die Ablehnung der Asylanerkennung, des Flüchtlingsschutzes und des subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ - nach sachgerechter Auslegung gem. § 88 VwGO (vgl. Schriftsatz vom 02.02.2017) - ebenfalls in zulässigerweise zum Gegenstand der Klage gemacht. Die „Offensichtlichkeitsentscheidung“ der Beklagten nach § 30 Abs. 3 AsylG ist nämlich mit einer eigenen materiell-rechtlichen Beschwer verbunden und kann daher auch insoweit zum Gegenstand einer isolierten Anfechtungsklage gemacht werden (BVerwG, U.v. 21.11.2006 - 1 C 10.06 - juris; VG Ansbach, U.v. 2.10.2018 - AN 3 K 17.34111 - juris; Schröder in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 30 AsylVfG Rn. 45). Dementsprechend ist auch unerheblich, dass im Klageverfahren kein weitergehender Verpflichtungsantrag auf Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten i.S.d. Art. 16a GG gestellt wurde, sondern die Verpflichtungsanträge insoweit auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzes „beschränkt“ wurden (vgl. VG Berlin, U.v. 28.11.2018 - 6 K 745.16 A - juris).

II.

Die Klage ist jedoch nur teilweise begründet. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der Bescheid vom 24.01.2017 ist dagegen rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit die Ablehnung des Asylantrags und des Antrags auf Zuerkennung des internationalen Schutzes als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG erfolgt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt Folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:

a) Dem Kläger ist es auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen, einen schlüssigen und widerspruchsfreien Sachvortrag abzuliefern, so dass das Gericht dem Vorfluchtgeschehen keinen Glauben schenkt.

Widersprüchlich sind bereits die klägerischen Angaben zu den Opfern anlässlich der Demonstration am 06.02.2013. Der Kläger erklärte im Rahmen der persönlichen Anhörung beim Bundesamt am 06.09.2016 wiederholt - und auch auf Nachfrage des Entscheiders - es seien zwei Demonstranten von den Sicherheitskräften erschossen worden. Angesprochen hierauf in der mündlichen Verhandlung, war plötzlich hiervon keine Rede mehr. Der Kläger erklärte hingegen dem Gericht, die zwei Personen (Schüler) seien lediglich angeschossen worden, ohne dass er auch nur ansatzweise darlegen konnte, wie er nunmehr zu der Erkenntnis gekommen ist, dass die Personen lediglich angeschossen worden sind bzw. warum bei beim Bundesamt die Rede vom Tod der Personen war.

Der Kläger konnte auch nicht schlüssig zur Überzeugung des Gerichts darlegen, wie er den Sicherheitskräften bei der Demonstration entkommen konnte. Nach eigenen Angaben ist der Kläger - zusammen mit den Mitorganisatoren und den anderen Gruppenmitgliedern - an der Spitze des Zuges gelaufen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden bei derartigen Demonstrationen vorrangig die Organisatoren und die Rädelsführer festgenommen. Der Kläger war jedoch nicht in der Lage, dem Gericht zu erklären, warum andere festgenommen worden seien, er jedoch nicht. Er erklärte lediglich pauschal, Schüsse in die Luft hätten den Zug auseinandergetrieben. Daher habe ihn die Polizei nicht festnehmen können. Diese Einlassung erscheint wenig glaubwürdig, da die Polizei den Demonstrationszug bereits mehrere Stunden beobachtet und zusätzlich das Militär zur Verstärkung angefordert hat. Daher ist davon auszugehen, dass die Sicherheitskräfte auf den Kläger - falls er tatsächlich den Zug (mit) angeführt hätte - ein besonderes Augenmerk gehabt hätten, sodass er nicht ohne weiteres hätte entkommen können.

Zumindest missverständlich bzw. undurchsichtig sind auch die klägerischen Angaben zum Aufenthalt nach dem Verlassen der Demonstration. Der Kläger erklärte beim Bundesamt einerseits, er habe nach dem Auflösen der Demonstration die Stadt schnell verlassen und sei in das Dorf Amida geflüchtet. Als er nach drei Tagen im Dorf wieder in die Stadt zurückkehren wollte, habe man ihn gewarnt, dass sein Bild überall in der Stadt aufgehängt worden sei, sodass er sich entschlossen habe, am 09.02.2013 von Amida zu Fuß nach Ali zu gehen. Im weiteren Verlauf der Anhörung beim Bundesamt bzw. auf Nachfrage des anhörenden Entscheiders trug der Kläger hingegen vor, als er mitbekommen habe, dass sein Foto in der Stadt ausgehängt wurde, habe er mit zwei anderen die Stadt verlassen. Von daher ist schon nicht nachvollziehbar bzw. widersprüchlich, wann der Kläger die Stadt überhaupt verlassen hat.

Ferner ist der klägerische Vortrag im Zusammenhang mit den in der Stadt aufgehängten Bildern äußerst vage und oberflächlich. Der Kläger konnte schon im Ansatz nicht plausibel darlegen, warum gerade Bilder von vier Organisatoren bzw. Demonstranten aufgehängt worden sein sollen, obwohl die Demonstration von fünf Personen organisiert worden sei. Daneben hat der Kläger auch keine weiteren Angaben zu den Bildern machen können. Vielmehr berief er sich nur auf Erzählungen „vom Hörensagen“. Insoweit hat das Gericht den Eindruck gewonnen, dass die Geschichte mit den Bildern, die immer wieder in Verfahren äthiopischer Asylbewerber zur Sprache kommen, im Fall des Klägers kaum der Wahrheit entsprechen dürfte.

Letztlich sind auch die Angaben zur Ausreise des Klägers aus Äthiopien unstimmig bzw. widersprüchlich. Er erklärte auf Frage des Gerichts zunächst, er habe bereits am 13.02.2013 Äthiopien verlassen und die Grenze zum Sudan überschritten. Auf Vorhalt des Gerichts, wonach er beim Bundesamt angegeben hat, er sei nach der Demonstration noch elf Tage im Land gewesen, korrigierte der Kläger sodann seine Aussage und trug vor, er sei am 13.02.2013 zwar schon an der Grenze zum Sudan in Metema gewesen, habe aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausreisen können. Auch dieser Versuch einer Rechtfertigung der Unstimmigkeiten überzeugt das Gericht nicht. Insoweit bestehen nämlich wiederrum massive Widersprüche zu den Angaben beim Bundesamt. Im Rahmen der Anhörung erklärte der Kläger einerseits, er sei schon am 10.02.2013 in Metema gewesen und habe eine Woche lang versucht, die Grenze zu überschreiten. Andererseits erklärte er dem Bundesamt im weiteren Verlauf der Anhörung, er sei am 09.02.2013 von Amida*zu Fuß in die Stadt Ali*gelaufen, von dort aus mit dem Auto nach Robe gefahren und von Robe aus nach Addis Abeba.*Anschließend habe er eine Nacht in Addis Abeba verbracht, bevor er weiter nach Bahir Dar gefahren sei, wo er eine weitere Nacht verbracht habe, bevor er am nächsten Tag nach Metema gefahren sei. Dementsprechend ist es - wenn der Kläger schon auf derart exakte Daten beharrt - nicht nachvollziehbar, wie der Kläger - angesichts der beschriebenen Reiseroute bzw. Reisedauer - bei einem Aufbruch am 09.02.2013 in Amida*schon am 10.02.2013 in Metema gewesen sein will.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass dem Vorfluchtgeschehen des Klägers kein Glauben geschenkt werden kann. Obwohl der Kläger auf den ersten Blick eine schlüssige und zusammenhängende Fluchtgeschichte abgeliefert hat, haben sich bei Nachfragen - offensichtlich außerhalb des auswendig Einstudierten - doch teilweise massive Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten aufgetan, die im Gesamtergebnis dazu führen, dass der Kläger seine Fluchtgeschichte nicht glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darlegen konnte.

b) Lediglich ergänzend - und ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt -weist das Gericht noch daraufhin, dass jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) - selbst wenn das geschilderte Vorfluchtgeschehen der Wahrheit entsprechen würde - die geschilderte Fluchtgeschichte nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen einer Verfolgung aus politischen Gründen führen würde. Die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG, wonach bei einem wegen politischer Oppositionstätigkeit vorverfolgten Asylbewerber die Verfolgungsfurcht weiterhin begründet ist bzw. er tatsächlich Gefahr läuft, bei einer Rückkehr ernsthaften Schaden zu erleiden, ist aufgrund der gegenwärtigen Auskunftslage und der aktuellen politischen Veränderungen, insbesondere in Jahr 2018, gegenwärtig als widerlegt anzusehen (VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 - B 7 K 17.33349 - juris; VG Bayreuth, U.v. 31.10.2018 - B 7 K 17.32826 - juris; VG Bayreuth, U.v. 7.12.2018 - B 7 K 17.31304 - juris; vgl. auch VG Regensburg, U.v. 13.11.2018 - RN 2 K 17.32132 - juris). Anlässlich der aktuellen Entwicklungen ist nämlich grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass es bei Rückkehrern, die insbesondere anlässlich der Massenproteste der letzten Jahre verhaftet bzw. verfolgt wurden und dann geflohen sind, beachtlich wahrscheinlich zu Verfolgungshandlungen kommt (so auch VG Regensburg, U.v. 13.11.2018 - RN 2 K 17.32132 - juris).

Als Folge des im Frühjahr 2018 eingeleiteten Umbruchs hat sich die Situation für Oppositionelle in Äthiopien grundlegend geändert. In Äthiopien wurden im Jahr 2018 zahlreiche Häftlinge, die anlässlich der Unruhen in Äthiopien verhaftet worden waren, wieder freigelassen (vgl. Auswärtiges Amt, Adhoc Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 17.10.2018, S. 6). Unter dem neuen Premierminister Abiy Ahmed wurde zudem die Einstufung der OLF, ONLF und Ginbot 7 als terroristische Organisationen am 5.7.2018 durch das Parlament aufgehoben (vgl. Auswärtiges Amt, Adhoc Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 17.10.2018, S. 9 und 11; Schweizer Flüchtlingshilfe vom 26.9.2018, Äthiopien: Exilpolitische Aktivitäten, staatliche Überwachung, neuere Entwicklungen, S. 5; vgl. auch https://www.aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terrorlist 180630110501697.html). Das Kabinett wurde umgebildet. Die Hälfte der Ministerposten ist zwischenzeitlich mit Frauen besetzt (http://www.africanews.com/2018/10/16/female-appointees-form-half-of-ethiopia-s-new-cabinet-reports/). Im Hinblick auf die im Jahr 2020 anstehenden Wahlen wurden bereits erste Veränderungen angestoßen (http://www.africanews.com/2018/11/23/ethiopia-pm-opposition-to-discuss-electoral-reforms). Eine frühere - oppositionelle - Richterin wurde vom Parlament zur Vorsitzenden der nationalen Wahlkommission bestellt, um Transparenz und Gleichbehandlung der Parteien zu gewährleisten (http://www.africanews.com/2018/11/22/ethiopia-parliament-approves-birtukan -mideksa-as-elections-boss/). Es ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass diese Neuerungen alsbald - durch „alte Strukturen im Hintergrund“ - wieder rückgängig gemacht werden (können).

Mit Gesetz vom 20.7.2018 wurde ferner allen Äthiopiern, die wegen Verrats, Verbrechen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder bewaffneten Widerstands verurteilt wurden oder Objekt von Ermittlungen sind, die Möglichkeit der Amnestie eingeräumt (vgl. Auswärtiges Amt, Adhoc Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 17.10.2018, S. 11; Schweizer Flüchtlingshilfe vom 26.9.2018, Äthiopien: Exilpolitische Aktivitäten, staatliche Überwachung, neuere Entwicklungen, S. 5/6). Durch die Amnestie für alle politische Vergehen soll den Oppositionellen ermöglicht werden, eine friedliche politische Karriere in Äthiopien zu verfolgen (vgl. https://www.aljazeera.com/ news/2018/07/ethiopian-grants-amnesty-political-prisoners-180720191811460.html). Daneben hat die äthiopische Regierung am 7.8.2018 in Asmara ein „Friedensabkommen“ mit der OLF geschlossen. Die OLF will ihre politischen Ziele danach künftig mit friedlichen Mitteln durchsetzen (https://www.aljazeera.com/news/africa/2018/08/ethiopia-signs-deal-oromo-rebels-hostilities-180807184317117.html und http://www.africanews.com/2018/08/07/ ethiopia-govt-agrees-peace-deal-with-ex-terror-group-based-in-eritrea).

Am 15.09.2018 wurde schließlich die OLF offiziell in Äthiopien begrüßt und willkommen geheißen (vgl. http://www.africanews.com/2018/09/16/like-pg7-ethiopia-govt-welcomes-oromo-liberation-front -back-home/).

Auch die Ginbot 7 ist zwischenzeitlich von ihrem Stützpunkt im benachbarten Eritrea nach Äthiopien zurückgekehrt, weil deren Kämpfern und Unterstützern in Äthiopien keine Verfolgung mehr droht (http://www.africanews.com/2018/09/03/ethiopia-s-ex-rebel-group-ginbot-7-returns-from-eritrea-base/).

Selbst die früheren Rebellen der ONLF sind aus Eritrea nach Jijiga, der Hauptstadt der Somali-Region, zurückgekehrt, nachdem Mitte November 2018 in Asmara ein Friedensabkommen mit der Regierung geschlossen wurde (http://www.africanews.com/ 2018/11/21/ogaden-rebels-return-to-ethiopia-from-eritrea-jijiga-celebrates/).

Auch die jüngsten Meldungen von Mitte Januar 2019, die Fronten zwischen der Regierung und der OLF hätten sich (wieder) verhärtet, insbesondere die äthiopische Armee habe Luftangriffe auf Gebiete gestartet, die von der OLF besetzt bzw. dominiert waren, haben sich als „fake news“ erwiesen (https://www.africanews.com/2019/01/16/ethiopia-army-airstrikes-on-olf-is-fake-news-oromia-govt/).

Die Zahl der Oppositionellen, die nach Äthiopien zurückkehren, steigt daher stetig und rasant (vgl. http://www.africanews.com/2018/09/03/photos-exiled-oromia-regional-president-returns-to-fanfare/). In Anbetracht dessen besteht für den Kläger, der im Jahr 2013 lediglich eine Schülerdemonstration organisiert haben will, jedenfalls gegenwärtig keinerlei beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aus politischen Gründen (mehr). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Arbeit des neuen Premierministers mit Rückschlägen und Gegenwind verbunden ist (vgl. hierzu auch VG Regensburg, U.v. 13.11.2018 - RN 2 K 17.32132 - juris) Die weiterhin vereinzelten Anschläge und Gewaltakte in Äthiopien vermögen jedoch an der Einschätzung des Gerichts zur politischen Verfolgung nichts zu ändern. Die Gewaltakte finden zum einen im Wesentlichen in der „Somali-Region“ statt. Zum anderen wird vorwiegend von andauernden bzw. schwelenden ethnischen Konflikten zwischen den Bevölkerungsgruppen berichtet (vgl. http://www.africanews.com/2018/09/16/brutal-ethnic-attacks-on-outskirts-of-ethiopia-capital-addis-ababa/; Auswärtiges Amt, Adhoc Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 17.10.2018, S. 6; Schweizer Flüchtlingshilfe vom 26.9.2018, Äthiopien: Exilpolitische Aktivitäten, staatliche Überwachung, neuere Entwicklungen, S. 6), aber nicht von konkret-individuellen Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3a AsylG wegen politischer Aktivitäten Einzelner (VG Regensburg, U.v. 13.11.2018 - RN 2 K 17.32132 - juris).

Aufgrund der jüngsten Gesetze, Maßnahmen und Vereinbarungen, verbunden mit der Rückkehr namhafter Exilpolitiker, kann daher nicht (mehr) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die (angeblichen) oppositionellen Tätigkeiten des Klägers in Äthiopien zu flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen bei einer Rückkehr führen (VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 - B 7 K 17.33349 - juris; VG Bayreuth, U.v. 31.10.2018 - B 7 K 17.32826 - juris; vgl. auch VG Regensburg, B.v. 19.6.2018 - RO 2 E 18.31617 - juris**VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris; VG Regensburg, U.v. 13.11.2018 - RN 2 K 17.32132 - juris). Es liegen insbesondere auch keinerlei Anhaltspunkte davor vor, dass die vom Parlament beschlossenen Veränderungen zugunsten der politischen Opposition in der (Vollzugs-) Praxis ignoriert würden.

c) Auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen exilpolitischer Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen in der Vergangenheit genau beobachtet hat bzw. durch die Auslandsvertretungen hat beobachten lassen. Ob diese Beobachtungen auch unter dem Regime des seit Anfang April 2018 amtierenden Premierminister Abiy Ahmed und der vorstehend dargestellten politischen Veränderungen genauso fortgeführt werden, ist gegenwärtig nicht ersichtlich. Das erkennende Gericht ist jedoch bereits vor dem politischen Umbruch in Äthiopien im Jahr 2018 davon ausgegangen, dass nicht jede, wie auch immer geartete, Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt bzw. kam es für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v.20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 22.2.2018 - 1 K 302/17.KS.A - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017- 1 K 2320/17.KS.A - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris). Bloßen „Mitläufern“ droht(e) bei einer Rückkehr grds. keine beachtliche Verfolgungsgefahr.

Der aktuellen Auskunftslage - unter Berücksichtigung der bereits vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Stellungnahmen aufgrund des Beweisbeschlusses des BayVGH vom 26.3.2018 (Az. 8 B 17.31645 u.a.) - ist ebenfalls nicht zu entnehmen, dass bloßen Mitläufern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung bei Rückkehr droht.

Dem Auswärtigen Amt (AA) lagen schon nach dem Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 22.3.2018 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich sei vielmehr der konkrete Einzelfall, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen werde oder um welche politische Tätigkeit es sich handle (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung sei auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibe - soweit bekannt - ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris). Der Lagebericht vom 22.3.2018 geht insbesondere auch auf die innenpolitischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 und auf den am 16.2.2018 ausgerufen (neuerlichen) Ausnahmezustand ein (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 6). Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen hält das Auswärtige Amt hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung bei Rückkehr von im Ausland exilpolitisch tätigen Äthiopiern an den Ausführungen im Lagebericht vom 6.3.2017 fest (vgl. AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18).

Aufgrund des Beweisbeschlusses des BayVGH vom 26.3.2018 (Az. 8 B 17.31645 u.a.) teilte das Auswärtige Amt mit Stellungnahme vom 14.6.2018 mit, es sei zwar davon auszugehen, dass äthiopische Stellen exilpolitische Organisationen in Deutschland beobachten und die Mitgliedschaft bzw. die Unterstützungshandlungen für eine solche Organisation bekannt werde. Allerdings müsse auch davon ausgegangen werden, dass das Interesse an der Beobachtung von Personen/Aktionen und die Weitergabe der Informationen vom Grad der Involvierung bzw. der konkreten Aktivität der betreffenden Person abhänge. Zudem geht auch das AA von einem Wandel der innenpolitischen Lage seit dem Amtsantritt des neuen Premierministers aus. Der im Februar 2018 für sechs Monate verhängte Ausnahmezustand sei Anfang Juni 2018 vorzeitig beendet worden. Seit Januar 2018 sei eine größere Anzahl vom politisch Gefangenen, darunter auch Mitglieder der bislang als terroristisch eingestuften Ginbot 7, entlassen worden. Ob eine Unterstützung einer Exilorganisation oder eine einfache Mitgliedschaft in einer in Deutschland exilpolitisch tätigen, von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuften oder einer ihr nahestehenden Organisation (ohne in dieser Organisation eine herausgehobene Stellung innezuhaben) bei einer Rückkehr negative Auswirkung nach sich zieht, kann vor dem innenpolitischen Hintergrund vom AA nicht beurteilt werden. Sollte es Auswirkungen geben, sei jedoch davon auszugehen, dass die Art der Auswirkung vom Grad der Involvierung bzw. der konkreten Aktivitäten der betreffenden Person abhänge. Es sind lt. AA auch keine Fälle bekannt, in denen zurückgekehrte Äthiopier, die in Deutschland exilpolitisch tätig waren, wegen der exilpolitischen Tätigkeit durch äthiopische Behörden inhaftiert oder misshandelt wurden.

Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr wegen der einfachen Mitgliedschaft und/oder einem durchschnittlichen Engagement in einer exilpolitischen Organisation, kann der neusten Auskunft des Auswärtigen Amtes damit schon im Ansatz nicht entnommen werden.

Nichts Abweichendes ergibt sich auch aus dem Adhoc Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 17.10.2018. Der Bericht greift zwar zu Beginn die aktuellen politischen Veränderungen in den wesentlichen Grundzügen auf (vgl. S. 6/7), bei der Bewertung exilpolitischer Tätigkeiten in Deutschland wiederholt das Auswärtige Amt jedoch nahezu wortgleich seine Ausführungen aus dem Lagebericht vom 22.03.2018, sodass dem neuesten Ad-hoc-Bericht ebenfalls nicht entnommen werden kann, dass auch untergeordnete exilpolitische Betätigung in Deutschland zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr bei einer Rückkehr nach Äthiopien führt.

Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 in der Sache 6 K 4787/15.GI.A) - zum Fall einer exilpolitischen Tätigkeit für die EPPFG - stellt ebenfalls nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Diese Feststellung erreicht aber schon nicht den Maßstab der notwenigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit (VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris).

Nichts anderes folgt aus der Auskunft des Leibniz-Instituts vom 19.5.2018 (GIGA an den BayVGH in der Sache 8 B 17.31645 u.a.). In der aktuellen Auskunft wird lediglich ausgeführt, dass die äthiopische Regierung über ihre Auslandsvertretungen und einem Netz von Informanten die Aktivitäten der exilpolitischen Organisationen verfolge sowie dass davon auszugehen sei, dass sowohl die Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung als auch Unterstützungshandlungen einzelner Personen der äthiopischen Regierung bekannt werden würden. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person als einer Exilorganisation zugehörig eingestuft wird, dürfte lt. der Stellungnahme vom 19.5.2018 mit der Häufigkeit der entsprechenden Aktivitäten wachsen. Auch das Leibnitz-Institut konnte keine Angaben zu Vernehmungen, Inhaftierungen und Misshandlungen zurückgekehrter Äthiopier, die keine herausgehobene Funktion in der Exilpolitik hatten, machen. Die Stellungnahme verweist auf Seite 8/9 nur auf zwei prominente und hochrangige Exilpolitiker, die nach Auffassung des Gerichts kein Beispiel und Maßstab für die Behandlung der breiten Masse von exilpolitisch tätigen Äthiopiern sind. Im Übrigen wird lediglich davon ausgegangen, dass es vor dem volatilen Hintergrund der politischen Veränderungen „keinesfalls auszuschließen ist“, dass einfachen Mitgliedern oder Unterstützern von politischen Exilorganisationen, die von der Regierung als Terrororganisation eingestuft werden, die Verfolgung und Verhaftung drohe (S. 2 und 3 der Stellungnahme).

AMNESTY INTERNATIONAL (AI) führte mit Stellungnahme vom 11.7.2018 an den BayVGH (Az. 8 B 17.31645 u.a.) aus, dass sich die politische Lage in Äthiopien seit Anfang 2018 deutlich verändert hat. Trotz begrüßenswerter Veränderungen in Äthiopien bleibe abzuwarten, wie sich die menschenrechtliche Situation vor Ort entwickeln werde. Vor dem Hintergrund der neuen und sich ständig ändernden Situation sei es AI nach eigenen Angaben nicht möglich, eine Aussage über die aktuelle Situation bzw. über zukünftige Entwicklungen zu treffen. Daher legte AI dem Gutachten die politische Situation in Äthiopien der letzten Jahrzehnte bis Anfang 2018 zugrunde. Die Ausführungen von AI zur politischen Situation in Äthiopien und zur Behandlung von exilpolitisch tätigen Personen bis Anfang 2018 sind jedoch nicht geeignet, eine verlässliche Auskunft über die gegenwärtige Situation, die nach § 77 Abs. 1 AsylG im Asylverfahren maßgeblich ist, zu liefern. Bemerkenswert ist zudem, dass die Auskunft vom 11.7.2018 nicht einmal den Beschluss des äthiopischen Parlamentes vom 5.7.2018 aufgreift, mit dem die Einstufung der OLF, ONLF und Ginbot 7 als terroristische Organisationen aufgehoben wurde. Vielmehr wird - unter Bezugnahme auf veraltete Quellen - weiterhin davon ausgegangen, dass die OLF von der Regierung als terroristische Organisation eingestuft wird (S. 3 und 4 der Stellungnahme).

Günter Schröder geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung - verbunden mit intensiver Befragung - auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie Schröder trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von Günter Schröder im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit - zumindest teilweise - gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Schröders nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora - auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass Schröder zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris).

Auch unter Einbeziehung der Stellungnahme Günter Schröders vom 18.2.2018 in der Streitsache W 3 K 16.30383 an das VG Würzburg ist das Gericht nicht von einer beachtlichen Verfolgungsgefahr für Rückkehrer alleine wegen jeder - wie auch immer gearteter - Form der exilpolitischen Betätigung überzeugt. Zwar kommt Günter Schröder zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass unter dem wiedereingeführten Ausnahmezustand exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt seien, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden (Rn. 83 der Stellungnahme vom 18.2.2018), während in der Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen noch ausgeführt wurde, angesichts der Willkürlichkeit im Handeln der Sicherheitsorgane und der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien lasse sich im Einzelnen nicht vorhersagen, was Rückkehrer zu befürchten hätten. Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch als Minimum anzunehmen (Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017; dieser Passus befindet sich im Übrigen auch noch unter Rn. 82 der Stellungnahme vom 18.2.2018). Anderseits führt Schröder in Rn. 17 der Stellungnahme vom 18.2.2018 aus, aufgrund es neuerlichen Ausnahmezustandes vom 16.2.2018 scheinen die gleichen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 zu gelten. Für das Gericht ist daher weder nachvollziehbar noch plausibel dargelegt, warum nunmehr (allein) aufgrund des Ausnahmezustand 2018 exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sein sollen, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden, wenn keine anderen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 gelten. Im Übrigen sind die Ausführungen Schröders durch die aktuellen politischen Entwicklungen in den letzten Wochen und Monaten teilweise überholt. Der im Februar 2018 für sechs Monate anberaumte Ausnahmezustand wurde - wie bereits ausgeführt - am 5.6.2018 wegen der „relativen Stabilität und Ruhe im Land“ vorzeitig wiederaufgehoben. Daneben wurden vom Parlament im Juli 2018 grundlegende Änderungen bei den „Anti-Terrorgesetzen“ sowie eine Amnestie für politische Vergehen/Verbrechen beschlossen.

Der vom Klägerbevollmächtigten wiederholt zitierte Stellungnahme der Schweizer Flüchtlingshilfe (SFH) vom 26.09.2018 (Äthiopien: Exilpolitische Aktivitäten, staatliche Überwachung, neuere Entwicklungen) vermag das erkennende Gericht ebenfalls nicht zu entnehmen, dass „exilpolitischen Mitläufern“ bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungsmaßnahmen drohen. Die SFH greift zunächst zutreffend die politischen Reformen in Äthiopien, insbesondere das zivile und militärische Amnestie-Gesetz, auf (S. 5/6) und geht auf die weiterhin anhaltenden ethnisch-religiösen Konflikte, insbesondere im Osten und Süden des Landes, ein (S. 6/7). Bezüglich der Rückkehrgefährdung für politisch oppositionelle Personen und abgelehnte Asylbewerber bezieht sich die SFH sodann auf S. 9/10 der Stellungnahme im Wesentlichen auf „eine Person mit Expertenwissen zu Äthiopien“. Diese - wiederholt zitierte und nicht näher bezeichnete Kontaktperson - stützt sich hinsichtlich der Überwachung in der Diaspora wiederum auf eine „hochrangige Quelle“ im Sicherheitsdienst, die bis 2017 im Auslandsnachrichtendienst tätig gewesen sei. Soweit der äthiopische Geheimdienst danach weiterhin im Ausland überwachen lasse, ob dort regierungsfeindliche Politik betrieben werde oder ob sich neue Gruppierungen in Opposition zur Regierung Abiy Ahmeds formieren (vgl. S. 9 der Stellungnahme), folgt daraus jedoch noch nicht, dass jegliche Art von exilpolitischer Betätigung zu einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsgefahr führt. Eine solche Verfolgungsgefahr bei bloßen Mitläufern kann auch nicht den weiteren Ausführungen zur Rückkehrgefährdung Oppositioneller entnommen werden. Die SFH greift insoweit auf Quellen zurück, wonach es „möglich sei, dass Mitglieder von als terroristisch eingestuften Gruppen verhaftet oder misshandelt werden“ (S. 9) bzw. dass „es schwierig vorauszusehen sei, was eine Person bei einer Rückkehr konkret zu befürchten habe“ (S. 10). Dementsprechend kann auch der Stellungnahme der SFH vom 26.09.2018 keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung aufgrund untergeordneter exilpolitischer Betätigung in Deutschland entnommen werden.

Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher nicht an, dass äthiopischen Asylbewerbern, die sich zu einer Exilorganisation bekennen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien generell mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 15.08.2018 - B 7 K 17.31116 - juris; VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Bei einer Rückkehr nach Äthiopien mussten schon bislang allenfalls solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland exponiert politisch betätigt haben (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017- B 2 K 16.31139 - juris; VG Gießen, U.v. 25.4.2018 - 6 K 116/17.GI.A - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.Gl.A - juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 - 21 B 15.30119 - juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 - 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017- W 3 K 17.31180 - juris). Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen musste davon ausgegangen werden, dass auch diesen nicht verborgen geblieben sein kann, dass bei einer Vielzahl von äthiopischen Asylbewerbern weniger politische Interessen maßgeblich sind als vielmehr das Bemühen, sich im Asylverfahren eine günstigere Ausgangsposition zu verschaffen. Im Hinblick darauf war es schon bislang nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden „Mitläufer“ als für das Regime gefährlich erachten und gegen diese - im Falle ihrer Rückkehr - in einer Art und Weise vorgehen, dass die für eine Schutzgewährung anzulegende Schwelle erreicht wird.

Die aktuellen Entwicklungen in Äthiopien sprechen sogar dafür, dass nunmehr selbst solchen Äthiopiern, die sich in herausgehobener Art und Weise exilpolitisch in Deutschland engagieren, nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungsgefahr droht, sondern dass dies allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen (noch) beachtlich wahrscheinlich erscheint (VG Bayreuth, U.v. 7.12.2018 - B 7 K 17.31304 - juris; VG Bayreuth, U.v. 15.08.2018 - B 7 K 17.31116 - juris; vgl. VG Regensburg, B.v. 19.6.2018 - RO 2 E 18.31617 - juris, VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris).

Gemessen hieran ist eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit wegen der exilpolitischen Betätigung des Klägers ersichtlich.

Der Kläger besuchte ausweislich der vorgelegten Bescheinigung der TBOJ/UOSG vom 03.09.2016 im Zeitraum vom 11.04.2015 bis zum 02.09.2016 insgesamt 18 exilpolitische Veranstaltungen. Gegenüber dem Bundesamt erklärte er am 06.09.2016 zudem, eine besondere Funktion habe er in der Exilpolitik nicht. Sein Beitrag beschränke sich auf die Beteiligung an Demonstrationen sowie auf gelegentliche Spenden. An diesem spärlichen Engagement des Klägers hat sich seit der Anhörung beim Bundesamt auch nichts geändert. Im Gegenteil, der Kläger hat inzwischen sein exilpolitisches Engagement komplett eingestellt. Er erklärte dem Gericht in der mündlichen Verhandlung, die letzte exilpolitische Veranstaltung, die er besucht habe, sei im Jahr 2016 in Berlin gewesen. Seitdem habe er keinerlei Aktivitäten für die TBOJ/UOSG oder für eine andere Exilorganisation mehr ausgeübt. Weiterhin habe er seitdem auch keine Mitgliedsbeiträge mehr bezahlt. Ferner stellte das Gericht in der mündlichen Verhandlung fest, dass der Kläger auch keinen gültigen Mitgliedsausweis der TBOJ/UOSG mehr hat. Der dem Kläger zuletzt ausgestellte Mitgliedsausweis der TBOJ/UOSG ist bereits zum 09.01.2017 abgelaufen. Den Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung ist weiterhin zu entnehmen, dass er selbst in den Jahren 2015/16 kein gesteigertes exilpolitisches Engagement an den Tag gelegt hat. Der Kläger hat selbst zugegeben, dass sich seine Rolle auf die eines bloßen Mitläufers beschränkt hat. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass er die - zunächst durchaus gehäuft wahrgenommene - exilpolitische Tätigkeit im September 2016 abrupt abgebrochen hat, ohne hierfür auch annähernd einen plausiblen Grund zu nennen. Dem Gericht erklärte er vielmehr lediglich pauschal, ihm hätten „die Termine nicht mehr gepasst“. Er habe zu diesen Zeitpunkten immer etwas anderes vorgehabt. Von daher liegt es auf der Hand, dass der Kläger zu Beginn der Einreise nach Deutschland besuchten exilpolitischen Veranstaltungen offensichtlich aus rein asyltaktischen Gründen besucht hat, wie es die überwiegende Anzahl äthiopischer Asylbewerber - meist erst auf Anraten ihrer Landsleute - tut.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass für das Gericht schon im Ansatz keine beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Kläger aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeiten in Deutschland in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise verfolgt werden wird.

2. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland - und insbesondere in Herkunftsregion - des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 7.12.2018 - B 7 K 17.31304 - juris; VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 - B 7 K 17.33349 - juris; VG Bayreuth, U.v. 7.12.2018 - B 7 K 17.31304 - juris).

3. Die in den Ziffern 1-3 des Bescheides ausgesprochene „Offensichtlichkeitsentscheidung“ nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG kann hingegen nicht aufrechterhalten werden, da die notwendigen Voraussetzungen nicht vorliegen. Auch weitere Offensichtlichkeitstatbestände nach § 30 Abs. 1 oder Abs. 2 AsylG sind nicht gegeben.

Nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird. Hiermit soll - wie mit den anderen in § 30 Abs. 3 AsylG geregelten Fällen (Nr. 2 bis 7) - ein Missbrauchstatbestand sanktioniert werden (vgl. Berlin, U.v. 28.11.2018 - 6 K 745.16 A - juris; VG Ansbach, U.v. 2.10.2018 - AN 3 K 17.34111 - juris).

Die Beklagte hat zum einen an keiner Stelle die Tatbestandsvoraussetzungen des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG geprüft oder das Vorliegen derer auch nur ansatzweise begründet. Es wird lediglich behauptet, die Voraussetzungen lägen vor. Zum anderen sind - in Anbetracht des Sachvortrags des Klägers beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht sowie der vorstehenden Ausführungen des Gerichts zum Flüchtlingsschutz - auch in der Sache die Voraussetzungen des Gesetzgebers bzw. der Rechtsprechung an eine Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ augenscheinlich nicht gegeben. Dementsprechend war der insoweit rechtswidrige Bescheid durch das Gericht aufzuheben.

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat die Schule bis zur 10. Klasse besucht. Er hat zwar keinen Beruf erlernt, dennoch ist er auf sämtliche Erwerbstätigkeiten - auch auf schlichte Hilfstätigkeiten - zu verweisen. Daneben verfügt er nach eigenen Angaben beim Bundesamt über verwandtschaftlichen Rückhalt in Äthiopien sowie über eine wohlhabende Familie im Herkunftsland, so dass der Kläger im Bedarfsfall mit familiären Hilfeleistungen zur Sicherung seines Existenzminimums rechnen kann. Die hohen Anforderungen an ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG sind daher schon im Ansatz nicht erfüllt.

b) Dem Kläger droht auch wegen seines Gesundheitszustandes keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

5. Die Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung (Ziffer 5 des Bescheides) ist ebenfalls rechtmäßig. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG). Auch die im Bescheid festgesetzte Ausreisefrist begegnet keinen rechtlichen Bedenken (mehr). Durch den Erfolg des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. B.v. 07.02.2017 i. d. S. B 2 S 17.30303) wird gemäß § 37 Abs. 2 AsylG die einwöchige Ausreisefrist (§ 36 Abs. 1 AsylG) der Regelung des § 38 Abs. 1 AsylG angepasst und auf 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens verlängert. Die Abschiebungsandrohung bleibt damit wirksam, ihr Regelungsgehalt wird lediglich kraft Gesetzes im Hinblick auf die Ausreisefrist modifiziert. Der Kläger ist daher durch die im angefochtenen Bescheid bestimmte kürzere Ausreisefrist nicht mehr beschwert. Ein Anspruch auf isolierte Aufhebung der Fristbestimmung besteht daher nicht (BVerwG U.v. 21.11.2006 - 1 C 10.06 - juris; Pietzsch in: BeckOK, AuslR, Stand 01.08.2018, § 37 AsylG Rn. 7 und 10; Müller in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 37 AsylVfG Rn. 6).

6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreck

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 08. März 2018 - RO 2 K 16.30643

bei uns veröffentlicht am 08.03.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sic

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 07. Dez. 2018 - B 7 K 17.31304

bei uns veröffentlicht am 07.12.2018

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger ist äthiopischer St

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 20. Nov. 2017 - B 2 K 16.31139

bei uns veröffentlicht am 20.11.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die Kläger sind äthiopische S

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 31. Okt. 2018 - B 7 K 17.32826

bei uns veröffentlicht am 31.10.2018

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger ist äthiopischer St

Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 19. Juni 2018 - RO 2 E 18.31617

bei uns veröffentlicht am 19.06.2018

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der am … 1984 in Äthiopien geborene Antragsteller begeh

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

Tenor

1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 21. März 2017 wird in Ziffern 1) und 2) insoweit aufgehoben, als die darin ausgesprochene Antragsablehnung als „offensichtlich unbegründet“ erfolgte.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen 4/5 der Verfahrenskosten und die Beklagte 1/5. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin zu 1) reiste unter dem Namen* … nach eigenen Angaben am 28. März 2013 mit einem Direktflug mit Hilfe eines Schleusers ohne eigene Personaldokumente in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Sie erklärte, sie sei eritreische Staatsangehörige. Ihr Geburtsdatum gab sie mit dem … 1997, Geburtsort …, an.

Sie stellte am 6. Mai 2014 einen Asylantrag. In ihrer Anhörung am 23. Februar 2016 vor dem Bundesamt erklärte die Klägerin zu 1), sie sei fünf oder sechs Jahre alt gewesen, als sie zusammen mit ihrer Mutter Eritrea verlassen habe. Ihr Vater sei zu diesem Zeitpunkt schon tot gewesen, deshalb habe sie keine Papiere. Vor ihrer Ausreise habe sie in … gelebt. Sie sei bei Adoptiveltern aufgewachsen, bei welchen sie bis sechs Monate vor ihrer Ausreise gelebt habe. In den letzten sechs Monaten vor ihrer Ausreise habe sie bei einem Bruder ihres Adoptivvaters gelebt. Dieser habe sie mehrfach vergewaltigt. Sie habe davon immer noch Verletzungen und sei hier mehrfach beim Arzt gewesen. Sie sei nicht beschnitten gewesen und als dieser Mann dies bemerkt habe, habe er eine Frau und zwei Männer geholt, die sie festgehalten hätten, um sie zu beschneiden. Sie hätte sich gewehrt und davon hätte sie die Verletzungen davongetragen. Nach ihrer Ausreise aus Eritrea habe sie mit ihrer Mutter auf der Straße gelebt und da habe sie der Adoptivvater einfach mitgenommen. Ob ihre Mutter damit einverstanden gewesen sei, könne sie nicht sagen. Sie habe noch zwei Brüder, die seien bei ihrer Mutter geblieben. Ihr Aufenthaltsort sei nicht bekannt. Ihre Mutter habe Tigrinja gesprochen, es gebe äthiopisches und eritreisches Tigrinja, sie habe dies aber alles komplett vergessen, weil sie mit ihren Adoptiveltern nur Amharisch gesprochen habe. Bei der Flucht habe ihr eine Freundin ihrer Adoptivmutter geholfen. Als sie in Deutschland angekommen sei, habe sie gedacht, sie sei in Amerika. Sie habe in Äthiopien keine Verwandten, zu denen sie gehen könne. Außerdem habe sie Angst, doch noch beschnitten zu werden.

Unter dem 3. März 2015 legte die Klägerin zu 1) eine Bescheinigung der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie der … Klinik in … vor. Danach liege bei ihr eine chronische Analfissur dorsal mit subkutaner Fistel vor, die in der Klinik chirurgisch versorgt worden sei.

Ferner legte die Klägerin zu 1) eine Bescheinigung der Notfallambulanz der … Kinderklinik vom 16. Mai 2014 vor. Es habe ein Analabszess links vorgelegen. Dieser bestehe seit ca. einem Jahr. Des Weiteren legte die Klägerin zu 1) vor eine Bescheinigung der Notfallambulanz der … Kinderklinik vom 9. Januar 2014, wonach bei der Klägerin zu 1) ein Rezidiv Analabszess vorliege. Unter dem Punkt Anamnese ist vermerkt, bei Beschneidung habe sich das Mädchen stark gewehrt und sei im Analbereich verletzt worden, dort habe sich ein Abszess gebildet, dieser sei im April 2013 bei Dr. … gespalten worden.

Mit Schreiben vom 28. November 2016 teilte das Bundesamt der Klägerin zu 1) mit, dass die am 28. April 2016 in … geborene Klägerin zu 2) als Kind der Klägerin zu 1) gemäß § 14a Abs. 1 bzw. Abs. 2 AsylG zur Asylantragstellung angezeigt worden sei.

Am 12. Dezember 2016 erklärte die Klägerin zu 1) gegenüber dem Bundesamt, sie selbst sei aus ihrem Heimatland geflohen, weil man sie dort einer Beschneidung habe unterziehen wollen. Dies entspreche den so genannten Traditionen der Familie, wo sie sich bis zuletzt aufgehalten habe sowie den Traditionen ihrer eigenen Familie. Ihrer Tochter würde das gleiche Schicksal drohen und sie könne sie nur davor bewahren, wenn sie nicht mit ihr nach Äthiopien zurückkehre. Sie befürchte, dass man ihr ihre Tochter gewaltsam wegnehme und sie dagegen nichts tun könne. Es gebe keinen staatlichen Schutz zur Verhinderung einer Beschneidung. Ihr selbst habe auch niemand geholfen.

Unter dem 27. Februar 2017 informierte das Bundesamt die Stadtverwaltung …, Ausländerbehörde, über eine Berichtigung von Personaldaten zur Vermeidung von Mehrfachbeständen im System INPOL. Die bisher aufgeführten Personendaten für die Klägerin zu 1) hätten sich durch einen VIS-Treffer geändert. Sie werde nun unter dem Namen „…“ mit Geburtsdatum … 1988 in … als äthiopische Staatsangehörige geführt. Demnach habe die Französische Botschaft in Saudi-Arabien unter dem 11. März 2013 ein Kurzaufenthaltsvisum für die Schengenstaaten ausgestellt. Dabei sei ein Reisepass vorgelegt worden.

Mit Bescheid vom 21. März 2017, der gegen Postzustellungsurkunde nicht an die Klägerin zu 1) zugestellt werden konnte, da er an „…“ an die Adresse …straße … in … adressiert war und die Postzustellungsurkunde ausweislich der Akten mit dem Hinweis an das Bundesamt zurückgeleitet wurde, dass unter dieser Adresse eine Zustellung nicht möglich sei, lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für die Klägerinnen als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 2), lehnte die Anträge auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte die Klägerinnen unter Fristsetzung mit Abschiebungsandrohung zur Ausreise nach Äthiopien auf (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wird ausgeführt, es stehe zweifelsfrei fest, dass die Klägerin zu 1) nicht, wie von ihr behauptet, die eritreische Staatsangehörigkeit besitze, sondern in Wahrheit äthiopische Staatsbürgerin sei. Nach dem dem Bundesamt vorliegenden Auszug aus dem VIS-Dossier sei der Klägerin zu 1) in der Französischen Botschaft in SaudiArabien am 11. März 2013 ein Kurzvisum für Frankreich erteilt worden, das bis zum 11. Juni 2013 gültig gewesen sei. Hier habe die Klägerin zu 1) einen äthiopischen Reisepass vorgelegt. Dabei sei auch ein Lichtbild erstellt worden, dass dem Bundesamt vorliege und das nach Abgleich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Klägerin zu 1) zeige. Demnach habe die Klägerin zu 1) den Asylantrag beim Bundesamt unter Angabe eines falschen Namens gestellt und ein falsches Geburtsdatum angegeben. Aufgrund der vorgetäuschten eritreischen Staatsangehörigkeit müsse auch die geschilderte Furcht vor Verfolgung als nicht glaubhaft angesehen werden. Für die Klägerin zu 2) sei für den Fall einer Rückkehr nach Äthiopien nicht zu befürchten, dass sie dort Opfer einer Genitalverstümmelung werden könnte.

Die Ablehnung als offensichtlich unbegründet stützte das Bundesamt auf § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG.

Im Übrigen wird auf die Gründe des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2017, der beim Bundesamt am 12. Juni 2017 einging, teilte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen unter Vollmachtsvorlage mit, dass er die Klägerin zu 1) anwaltlich vertrete. Seine Mandantin habe keinen Bescheid erhalten. Er bat um Mitteilung, ob ein solcher inzwischen ergangen sei und um Kopie des Bescheides. Mit Schreiben vom 16. Juni 2017 versandte das Bundesamt eine Kopie des Bescheides vom 21. März 2017 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen.

Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2017 erhob der Prozessbevollmächtigte für die Klägerin zu 1) Klage (AN 3 K 17.34111) gegen den Bescheid des Bundesamtes mit dem Aktenzeichen … und erklärte, die Klägerin zu 1) habe keinen Bescheid erhalten. Als sie ihre Aufenthaltsgestattung bei der Ausländerbehörde habe verlängern wollen, habe die Klägerin zu 1) nur eine Duldung erhalten. Weiterhin befinde sich auf der Duldung nicht der Name der Klägerin zu 1). Es sei der Name, mit dem die Klägerin zu 1) seinerzeit nach Saudi-Arabien eingereist sei. Der richtige Name der Klägerin zu 1) sei so, wie auf der Klageschrift angegeben, nämlich … Mit Schreiben vom 26. Juni 2017 teilte der Prozessbevollmächtigte mit, dass er auch die Klägerin zu 2) anwaltlich vertrete und erhob für diese Klage gegen den Bescheid des Bundeamtes vom 21. März 2017 (AN 3 K 17.34439). Er habe am 20. Juni 2017 den angefochtenen Bescheid erhalten.

Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Name der Klägerin zu 1) einfach so während des Verfahrens abgeändert worden sei. Der Name „…“ sei nicht der Name der Klägerin zu 1). Sie habe diesen Namen nur verwendet, um in Saudi-Arabien arbeiten zu können. Auch sei der Klägerin zu 1) die Verwendung eines neuen Namens nicht mitgeteilt worden. Ihr könne deswegen kein Vorwurf gemacht werden.

Es sie nicht von offensichtlicher Unbegründetheit auszugehen. Die angekündigten Atteste seien vorgelegt worden. Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen auf die allgemeine politische Lage in Äthiopien sowie auf die unzureichende Versorgungssituation abgestellt. Im Übrigen wird auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen vom 26. Juni 2016 Bezug genommen.

Die Klägerinnen beantragen,

I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, nicht zugestellt, Az.: …, wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des Art. 16a Grundgesetz sowie des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, hilfsweise festzustellen, dass subsidiärer Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen ist, wiederum hilfsweise, dass § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

III. Die Beklagte wird verpflichtet, die Abschiebungsandrohung zurückzunehmen.

Gleichzeitig wurde vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 23. Juni 2017,

die Klagen abzuweisen.

Die Klagen seien nach Ablauf der Klagefrist erhoben.

Der gleichzeitig gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klagen (AN 3 S 17.34440 und AN 3 S 17.34441) wurde mit Beschluss vom 17. Juli 2017 abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Mit Schriftsätzen vom 22. Dezember 2017 (AN 3 S 17.36205) und vom 23. April 2018 (AN 3 S 18.30559) wurden Anträge auf Abänderung der gerichtlichen Entscheidung vom 17. Juli 2017 gestellt. Der Antrag vom 22. Dezember 2017 wurde im Wesentlichen mit einer verschärften Sicherheitslage in Äthiopien seit „Anfang 2017“ und mit der befürchteten Gefahr einer Beschneidung der Klägerin zu 2) begründet. Der Antrag vom 23. April 2018 wurde auf ein Gutachten von …, Fachberatungsstelle …, vom 23. April 2018 gestützt, wonach bei der Klägerin zu 1) eine Traumafolgenstörung nicht auszuschließen sei. Auch könne sie bei einer Rückkehr auf keinerlei stabile Netzwerke zurückgreifen. Es drohe wieder Verschleppung durch Menschenhändler. Außerdem wurde auf eine „Kongress US Resolution vom 10. April 2018“ verwiesen.

Beide Anträge wurden mit Beschlüssen vom 28. Dezember 2017 (AN 3 S 17.36205) und 26. April 2018 (AN 3 S 18.30559) abgelehnt. Im Wesentlichen wurde dies damit begründet, dass in Bezug auf den Beschluss vom 17. Juli 2017 keine veränderten Umstände seitens der Klägerinnen vorgetragen worden seien. Auf die Gründe der Beschlüsse wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 18. September 2018 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen ein anthropologisches Sachverständigengutachten des Instituts für forensisches Sachverständigenwesen vom 28. Juli 2018 vor, wonach die Klägerin zu 1) eher 20 als 30 Jahre alt sei.

Mit Beschluss vom 8. August 2018 wurde das Verfahren auf die Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klagen sind nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang erfolgreich.

I.

Die Klagen sind zulässig.

1. Die Klagen wurden fristgerecht, insbesondere unter Einhaltung der Wochenfrist der §§ 74 Abs. 1 2. Halbsatz i.V.m. 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG, erhoben. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 3 AsylG war der Bescheid an die Klägerinnen zuzustellen. Aus der in den Akten des Bundesamts befindlichen Postzustellungsurkunde ergibt sich, dass unter der Adresse …straße …, … …, eine Zustellung an die Adressatin … nicht möglich war, da diese unter der angegebenen Adresse nicht gemeldet war. Aus den Akten des Bundesamtes ergibt sich auch nicht, dass die Klägerin zu 1) über die aufgrund der Erkenntnisse aus dem VIS-Dossier vorgenommene Namensänderung informiert wurde, weshalb ihr der Zustellversuch nicht zugerechnet werden kann.

Gemäß § 8 VwZG gilt der Bescheid deshalb als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem er dem durch ordnungsgemäße Vollmacht beauftragten Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen tatsächlich zugegangen ist. Ausweislich des Eingangsstempels und der entsprechenden Erklärung des Prozessbevollmächtigten vom 13. Juli 2017 war dies der 20. Juni 2017, so dass der Klageeingang am 26. Juni 2017 innerhalb der Wochenfrist erfolgte.

2. Insbesondere besteht bezüglich der Aufhebung des Offensichtlichkeitsurteils nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Dies ergibt sich aus der Regelung in § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Danach darf die Ausländerbehörde grundsätzlich - von den in Satz 3 der Vorschrift geregelten Ausnahmen abgesehen - vor der Ausreise keinen Aufenthaltstitel erteilen, sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Aufgrund dieser gesetzlichen Sperre für die Erteilung von Aufenthaltstiteln stellt die Ablehnung des Asylantrags nach § 30 Abs. 3 AsylG eine eigenständige nachteilige Rechtsfolge dar, die nur mit der gerichtlichen Aufhebung des Offensichtlichkeitsurteils - soweit es auf § 30 Abs. 3 AsylG gestützt wird - abgewendet werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 21.112006 - 1 C 10.06, juris; VG Hamburg, U.v. 2.2.2011, juris; Fuerst, Rechtsschutz gegen offensichtlich unbegründete Asylanträge, NVwZ 2012, 213, 215).

II.

Die Klagen sind jedoch nur teilweise begründet.

Die Klägerinnen haben weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf subsidiären Schutz oder die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote (1.).

Der Bescheid vom 21.03.2017 ist dagegen rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten, soweit die Ablehnung ihrer Asylanträge und ihrer Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG erfolgt ist (2.).

1. a. Eine Anerkennung als Asylberechtigte scheidet schon deshalb aus, weil die Klägerin zu 1) im gerichtlichen Verfahren, erstmals bei …, angab, über aus Saudi Arabien kommend über Frankreich und damit über einen sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein, Art. 16a Abs. 2 GG.

Für die Klägerin zu 2), die im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geboren ist, gilt dies nicht. Da der Anwendungsbereich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG weitgehend deckungsgleich mit dem des Asylgrundrechts in Art. 16 a Abs. 1 Grundgesetz ist, bei dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat (BVerfG a.a.O.), kann aber inhaltlich auf die zu § 3 AsylG folgenden Ausführungen verwiesen werden.

b. Vorliegend ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) auch kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG für die Klägerinnen gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder we-gen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorhe-rigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Ergänzend hierzu bestimmt § 3a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3b AsylG die Verfolgungsgründe, § 3c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3e AsylG den internen Schutz.

§ 3a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen muss.

Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.

Die Klägerinnen konnten nicht glaubhaft darlegen, dass ihnen im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien Verfolgungshandlungen staatlicher Stellen im genannten Sinn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.

Zwar kann eine konkret drohende Beschneidung eine Verfolgung in diesem Sinn darstellen, da sie allein Frauen als soziale Gruppe betrifft und ihnen gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die sie ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzt und die sie landesweit in eine ausweglose Lage versetzt, sofern sie auf einen Familienverband angewiesen sind, der die Beschneidung durchsetzt (BVerfG, B.v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 - BVerfGE 80, 315ff.; zur Beschneidung als Verfolgungshandlung: VG Aachen, U.v. 16.9.2014 - 2 K 2262/13.A -, juris Rn. 30 m.w.N.; VG Würzburg, U.v. 5.12.2014 - W 3 K 14.30001-, juris Rn. 31; VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30877-, juris; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Juni 2014, § 3a AsylG Rn.35).

Dies kann auch für den Fall gelten, dass diese Gefährdung nicht direkt von staatlichen Stellen ausgeht. Die Klägerin zu 1) macht hierzu geltend, sie befürchte diese Rechtsgutverletzung für sich und ihre Tochter, da der Adoptivvater aufgrund seiner großen Machtstellung ihrer in Äthiopien wieder habhaft werden könnte.

Das OVG Nordrhein-Westfalen führt hierzu in seinem Urteil vom 14. Februar 2014 - 1 A 13.1139/13.A - a.a.O. aus:

„Private“ Handlungen können jedoch dann als „politische“ Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG anzusehen sein, wenn der Staat Einzelne oder Gruppen zu Verfolgungsmaßnahmen anregt oder derartige Handlungen unterstützt, billigt oder tatenlos hinnimmt und damit dem Betroffenen den erforderlichen Schutz versagt, weil er hierzu nicht willens oder nicht in der Lage ist. Anders liegt es, wenn die Schutzgewährung die Kräfte eines konkreten Staates übersteigt; jenseits der ihm an sich zur Verfügung stehenden Mittel endet seine asylrechtliche Verantwortlichkeit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass keine staatliche Ordnungsmacht einen lückenlosen Schutz vor Unrecht und Gewalt zu garantieren vermag. Vgl. BVerfG, Urteile vom 23. Januar 1991 - 2 BvR 902/85 u.a. - BVerfG 83, 216 = NVwZ 1991, 768 = juris Rn. 44, vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - BVerfGE 80, 315 = DVBl. 1990, 102 = juris Rn. 40, 46 f., und vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147/80 u.a. - BVerfGE 54, 341 = NJW 1980, 2641 = juris Rn. 48.“

Trotz der Reformierung des Strafgesetzbuches 2005, wonach Genitalverstümmelung gemäß Art. 565 ab 500 Birr oder mit mindestens dreimonatiger, in besonders schweren Fällen mit bis zu zehn Jahren Gefängnisstrafe geahndet werden kann, ist sie mit großen regionalen Unterschieden in Äthiopien weit verbreitet. Die Zahlen schwanken hier zwischen 56 und 70 Prozent landesweit, wobei wegen Kampagnen zur Abschaffung der Genitalverstümmelung von äthiopischen und internationalen Organisationen ein Rückgang an Neuverstümmelungen erkennbar ist (Bericht des Auswärtigen Amtes zur asyl- und abschieberelevanten Lage in Äthiopien vom 22. März 2018, 1.8.1; in diesem Sinne auch die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Erkenntnisquellen: Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Äthiopien, Stand 23. August 2018, Ziffer 14; Terre des Femmes: Äthiopien, abgerufen über das Internet www.frauenrechte.de).

Jedoch hat die Einzelrichterin erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Klägerin zu 1). Dies gilt sowohl hinsichtlich der Umstände ihrer Einreise nach Deutschland, ihrer wahren Identität und auch der angeblich beim Versuch einer Beschneidung erlittenen Verletzungen.

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befin-det, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene rich-terliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung. Dies bedeutet, dass das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen darf, sondern sich in tatsächlich zwei-felhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen muss, die auch nicht völlig auszuschließende Zweifel mit umfasst (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1977, Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 11; U.v. 16.4., 1.10. und 12.11.1985, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nrn. 32, 37 und 41).

Dabei ist der Beweiswert der Aussage des Asylbewerbers im Rahmen des Möglichen wohlwol-lend zu beurteilen. Er muss jedoch andererseits von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen, widerspruchsfreien Sachverhalt schildern. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann ihm nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 20.10.1987, Buchholz 310, § 86 Abs. 3 VwGO, Nr. 37; B.v. 21.07.1989, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr. 113).

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder auf-grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbeson-dere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne ver-nünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B.v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U.v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; B.v. 21.7.1989, Buchholz a.a.O., Nr. 113).

Unter Anwendung dieser Grundsätze weist das Vorbringen der Klägerin zu 1) nicht aufklärbare Ungereimtheiten und Widersprüche auf. Auf Vorhalt in der mündlichen Verhandlung zu dem in zwei Varianten geschilderten Einreiseweg in die Bundesrepublik Deutschland gab die Klägerin zu 1) an, sie habe bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Angst gehabt, dass ihre Arbeitgeberin aus Saudi-Arabien, die sich zur Zeit ihrer Einreise ins Bundesgebiet in … aufgehalten habe, Kenntnis von dem Aufenthalt der Klägerin zu 1) erhalten und sie zu sich zurückholen könnte.

Jedoch erweisen sich die Angaben zu ihrer beschriebenen Flucht aus dem Flugzeug auf einem nicht namentlich bekannten französischen Flughafen durch Hilfe einer bis daher unbekannten mexikanischen Mitpassagierin, die sie ohne Pass an den Einreisekontrollen vorbeigelotst habe und die Behauptung, dass ihr Begleiter nicht in der Lage gewesen sei, sie beim Aussteigen aus der Passagiermaschine wieder „in seinen Besitz“ zu bringen, schlicht als lebensfremd.

In diesem Zusammenhang ist auch der während des Verfahrens erfolgte VIS-Datenabgleich zu sehen. Aufgrund des diesem Datenabgleich zugrundeliegende Passes wurde der Klägerin zu 1) ein Visum für den Schengen-Raum erteilt, das sie vom 11. März 2013 bis 11. Juni 2013 zur Einreise berechtigte. In diesem Zeitraum erfolgte die Einreise der Klägerin zu 1) nach eigenen Angaben (28. März 2013). Außerdem gab die Klägerin zu 1) gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten an, diesen Pass mit nach ihrer Einlassung falschem Namen und falschem Geburtsdatum für Arbeitszwecke in Saudi Arabien benötigt zu haben. Im Verfahren selbst erklärte die Klägerin zu 1), sie habe diesen Pass nie gesehen, er sei wohl von der Freundin der Adoptivmutter in … zu Ausreisezwecken beschafft worden. Auch die Angaben zu dieser Passbeschaffung sind nicht frei von Widersprüchen. So ist nicht erklärbar, warum die Freundin der Adoptivmutter ein Smartphone für die Aufnahme eines Porträts und das Erhalten von Fingerabdrücken unter der Tür durchgeschoben haben soll, obwohl sie die Klägerin zu 1) zwei Tage danach durch Öffnen der Türe befreien konnte, wie die Klägerin zu 1) bei … angab. In ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 23. Februar 2016 hatte die Klägerin zu 1) noch erklärt, die Freundin der Adoptivmutter habe die Ausreise erst nach der Befreiung organisiert.

Vor dem Bundesamt gab die Klägerin zu 1) an, diese Frau habe die Tür eingetreten, bei … gab sie an, diese habe die Tür mit einem Schlüssel geöffnet. Auf Vorhalt in der mündlichen Verhandlung erklärte sie auf Vorhalt, nachdem das Öffnen mit dem Schlüssel nicht gelungen sei, habe sie die Türe eingetreten.

Insgesamt stellt sich der beschriebene Sachverhalt sowohl zur Befreiung aus der Hand des Peinigers als auch zu den Umständen der Einreise als widersprüchlich und unglaubhaft dar.

Aus diesem Grund kann der Klägerin zu 1) nicht geglaubt werden, dass sie für den Fall ihrer Rückkehr erneut der Gefahr einer Beschneidung ausgesetzt wäre, die von stattlichen Stellen nicht verhindert werden könnte. Dasselbe gilt für die Klägerin zu 2). Denn es ist nicht erkennbar, warum eine FGM bei der Klägerin zu 2) gegen den Willen der Mutter durchgeführt werden sollte.

Die Klägerinnen wären - den Vortrag als wahrheitsgemäß unterstellt - außerdem nicht gezwungen, zu den Adoptiveltern der Klägerin zu 1) zurückzukehren. Soweit die Klägerin zu 1) angab, der Adoptivvater und sein Bruder seien so mächtig und reich, ist der Vortrag zu unsubstantiiert, als dass sich hieraus ein entsprechendes Interesse an der Person der Klägerinnen ergeben könnte.

c. Den Klägerinnen steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu.

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ( § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden.

Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass den Klägerinnen bei einer Rückkehr in ihr Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht.

d. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.

aa. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK - (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

bb. Ebenso wenig besteht im Falle der Klägerinnen ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Klägerinnen im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

Es entspricht der Erkenntnislage des Gerichts, dass die Situation für zurückkehrende alleinstehende Frauen in Äthiopien dann unzumutbar und existenzbedrohend sein kann, wenn kein Familienverband vorhanden ist. So führt die Schweizerische Flüchtlingshilfe in der SFH-Länderanalyse vom 13. Oktober 2009 aus, verschiedene Organisationen in Addis Abeba hätten im Jahr 2005 berichtet, dass die Mehrzahl der Frauen, die alleine in die Stadt kämen, in der Prostitution oder als Bedienstete in Haushalten landeten, wo sie verschiedenen Formen der Gewalt - auch sexueller Gewalt - ausgesetzt sein. Es sei schwierig für eine alleinstehende Frau, sowohl Unterkunft wie auch einen Arbeitsplatz zu finden. Für den Zugang zu einer Arbeitsstelle benötige man Geld, familiäre Kontakte oder Personen, die über Beschäftigungsmöglichkeiten bzw. offene Arbeitsstellen informiert sein. Auch die Wohnungssuche sei ohne die Unterstützung von Bekannten schwierig. Diese Einschätzungen hatten zum Zeitpunkt 2009 noch Gültigkeit und wurden in dem update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014 vom 17. Juni 2014 nicht revidiert. Dort wird unter 5.7. ergänzt, auf dem Arbeitsmarkt hätten Frauen weniger Arbeitsmöglichkeiten und verdienten auch weniger als Männer. Dem Bericht über die asyl-und abschieberelevante Lagen Äthiopien des Auswärtigen Amtes vom 22. März 2018 unter IV 1.1. ist zu entnehmen, dass für Rückkehrer keine Sozialleistungen erbracht werden.

Zwar sind die Verhältnisse für alleinstehende junge Frauen in Äthiopien besorgniserregend. Da aber die Angaben der Klägerin zu 1) insgesamt unglaubhaft sind, geht die Einzelrichterin davon aus, dass es sich nicht um eine alleinstehende junge Frau handelt, sondern dass sie in ihrer Heimat in einen Familienverband zurückkehren kann, der sie jedenfalls in der Anfangszeit unterstützen wird. Auch bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer ein Abschiebungsverbot begründenden psychiatrischen Erkrankung der Klägerin zu 1), die hier in Deutschland ihre Ausbildung zur Altenpflegerin abgeschlossen hat und durch ihre Berufsausbildung sowie ihre Sprachkenntnisse in Äthiopien sicherlich ein Auskommen finden wird.

2. Das nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG ausgesprochene Offensichtlichkeitsurteil kann hingegen nicht aufrechterhalten werden, da seine Voraussetzungen nicht vorliegen. Auch weitere Offensichtlichkeitstatbestände nach § 30 Abs. 1 oder Abs. 2 AsylG liegen nicht vor.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Klage offensichtlich unbegründet, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage dem Gericht geradezu aufdrängt (BVerwG, B.v. 1.3.1979 - 1 B 24/79 - Buchholz 402.24, § 34 AuslG Nr. 1 sowie BVerfG, B.v. 12.7.1983 - 1 BvR 1470/82 - BVerfGE 65, 76; U.v. 11.12.1985 - 2 BvR 361/83, 2 BvR 449/83 - BVerfGE 71, 276; B.v. 20.12.2006 - 2 BvR 2063/06 - NVwZ 2007, 1046).

Das Bundesamt hat das Offensichtlichkeitsurteil allein auf § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG gestützt und damit begründet, dass die Klägerin zu 1) im Asylverfahren über ihre Identität getäuscht habe, nachdem im Asylverfahren über den VIS-Datenabgleich abweichende Personalien der Klägerin zu 1) und ihre Einreise in den Schengen-Raum mit einem Visum festgestellt wurden.

Zwar bestehen - wie oben dargelegt - erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin zu 1), die diese auch in der mündlichen Verhandlung nicht ausräumen konnte. Damit bestehen auch Zweifel an ihrer Identität. Den Nachweis der Täuschung und eine entsprechende Absicht lassen sich aber weder dem klägerischen Vorbringen noch den vorliegenden Unterlagen entnehmen. Zwar konnte oder wollte die Klägerin zu 1) keine näheren Angaben zu den abweichenden Personalien machen. Sie blieb allerdings sowohl im behördlichen als auch im gerichtlichen Verfahren dabei, dass ihr Name … sei.

Auch kann nicht außer Betracht bleiben, dass die Klägerin aufgrund der Feststellungen des in einem Strafverfahren erstellten und erst am 18. September 2018 vorgelegten Altersgutachtens zum Zeitpunkt der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland wohl erheblich unter 18 Jahre alt (nach eigenen Angaben 16 Jahre alt) war und nicht - wie im Reisepass, der nicht vorliegt, angegeben - 1988 geboren ist. Auch sind die ärztlich dokumentierten Verletzungen der Klägerin zu 1) jedenfalls ein Hinweis, dass die Klägerin zu 1) körperlichen Übergriffen ausgesetzt war.

Auch auf § 30 Abs. 1 oder 2 AsylG lässt sich die getroffenen Offensichtlichkeitsentscheidung nicht stützen.

Die Unaufklärbarkeit des tatsächlichen Geschehensablaufs muss die Klägerin zu 1) - soweit ihre Angaben wie oben dargelegt widersprüchlich und unglaubhaft sind - gegen sich gelten lassen. Dies allein begründet aber noch nicht das Vorliegen eines Offensichtlichkeitstatbestandes nach § 30 AsylG.

Denn das Vorbringen der Klägerin zu 1) ist nicht auf einen Sachverhalt gestützt, der bereits aufgrund gesicherter Rechtsprechung die Voraussetzungen an eine asylbegründende politische Verfolgung oder einen subsidiären Schutz begründende ernsthafte Schadenszufügung nicht erfüllt, so dass bereits die von ihr vorgebrachten Gründe aus rechtlichen Gründen nicht ausreichen, um einen Erfolg der Klage zu rechtfertigen vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Oktober 2014, § 30 AsylG Rn. 47). Dieser scheitert allein an der Unglaubhaftigkeit des Vorbringens.

Dem Vorbringen der Klägerin zu 1) lässt sich auch nicht entnehmen, dass sie sich im Bundesgebiet nur aufhält, um einer allgemeinen Notsituation in ihrem Heimatland zu entgehen und hier ihre Lebensbedingungen zu verbessern (Hailbronner, a.a.O. Rn. 55), weshalb auch die streitgegenständliche Offensichtlichkeitsentscheidung auch nicht auf § 30 Abs. 2 AsylG gestützt werden kann.

Der Klägerin zu 2) kann eine sanktionsbewehrte Täuschungsabsicht nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG ohnehin nicht unterstellt werden. Im Hinblick auf die Voraussetzungen nach § 30 Abs. 1 und 2 kann auf die Ausführungen zur Klägerin zu 1) verwiesen werden.

4. Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreisesaufforderung unter Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor.

5. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr im Rahmen des § 11 Abs. 1und 3 AufenthG ein-geräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht und wurden von den Klägerinnen nicht vorgetragen.

Die Klagen waren demnach in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit amharischer volks- und christlicher Religionszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 15.10.2016 mit dem Flugzeug aus Addis Abeba kommend über den Flughafen F. ... in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 27.10.2016 einen Asylantrag.

Bei der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 10.11.2016 gab der Kläger im Wesentlichen an, er habe die Schule bis zur 12. Klasse besucht und danach abgeschlossen. Einen Beruf habe er nicht gelernt. Seit dem Jahr 2004 des äthiopischen Kalenders sei er beim äthiopischen Militär gewesen. Im letzten Monat vor seiner Ausreise habe er in Addis Abeba, Stadtteil Bole, bei seinem Onkel gelebt.

Befragt zu den Fluchtgründen führte der Kläger aus, er sei als Militärangehöriger im Rang eines einfachen Soldaten, der keine Waffen getragen habe, für die Überwachung von Gebäuden großer Firmen verantwortlich gewesen. Daneben habe er auch zweimal als Soldat zu Demonstrationen gegen die Regierung gehen müssen. Bei diesen Einsätzen sei er gezwungen worden, mit einem Schlagstock auf die Demonstranten einzuschlagen. Diese Brutalität habe er nicht ertragen können. Daher habe er eine schriftliche Kündigung eingereicht und das Militär verlassen. Da er die Armee verlassen habe, sei nach ihm gesucht worden.

Einen Monat nach der Kündigung beim Militär habe er als Demonstrant an einer Demonstration im Stadtteil … teilgenommen. Dabei sei er festgenommen worden. Auf dem Weg zum Gefängnis habe er aber mit Hilfe zweier Kollegen entkommen können. Den letzten Monat vor seiner Ausreise habe er dann bei seinem Onkel verbracht. Von seinem Vermieter habe er erfahren, dass in dieser Zeit seine eigene Wohnung durchsucht worden sei. In der Wohnung seines Onkels habe man hingegen nicht nach ihm gesucht.

Äthiopien habe er am 14.10.2016 mittels Direktflug nach Deutschland verlassen. Die Ausreise habe sein Onkel organisiert, insbesondere den dafür notwendigen Reisepass beschafft. Das Flugticket habe ihm ein Geschäftsmann in Deutschland, der mit seinem Onkel in Kontakt stehe, abgenommen.

Bei einer Rückkehr befürchte er entweder getötet zu werden oder im Gefängnis zu landen.

Mit Bescheid vom 11.04.2017, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 13.04.2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Ziff. 2) ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Die Beklagte stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG. Er habe seine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Die klägerischen Schilderungen zum angeblichen Ablauf der ausreiseursächlichen Ereignisse würden unausräumbaren, erheblichen Zweifeln begegnen. Der Kläger sei außer Stande gewesen, einen detaillierten und ausführlichen Sachvortrag abzuliefern. Es sei vielmehr bei bloßen Behauptungen geblieben, die der Kläger selbst auf gezieltes Nachfragen hin nicht durch weitere fundierte Schilderungen maßgeblicher Einzelheiten habe bekräftigen können. Er sei im Rahmen der Anhörung schnurstracks auf seine Kernaussage, er sei gezwungen worden, Demonstranten zu misshandeln und habe daher das Militär verlassen, hingesteuert. Befragt zum detaillierten Ablauf seiner Kündigung seien die Ausführungen ebenfalls vage und oberflächlich geblieben. Ferner habe er lediglich pauschal angegeben, er sei gezwungen worden auch nach der Kündigung dort weiterzuarbeiten. Welche Zwangsmittel angewendet worden seien, sei offen geblieben. In keiner Weise sei damit ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr getötet oder inhaftiert werde. Die Furcht um Leib und Leben sei damit gänzlich substantiiert geblieben. Ferner habe er angegeben, dass nach dem Verlassen der Armee nach ihm gefahndet worden sei. Er habe sich jedoch einen Monat lang unbehelligt bei seinem Onkel in Bole, einem Stadtteil von Addis Abeba, aufgehalten ohne dass ihm etwas passiert sei. Bei einem echten Verfolgungsinteresse sei zu erwarten, dass das Militär auch bei Verwandten des Klägers gesucht hätte. Darüber hinaus sei der Kläger nicht einmal in der Lage gewesen, die Adresse seines Onkels anzugeben. Ferner sei nahezu ausgeschlossen, dass der Kläger über den Luftweg Äthiopien hat verlassen können, wenn tatsächlich nach ihm gefahndet worden sei.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gem. Art. 16 a Abs. 1 GG seien ebenfalls nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des § 3 AsylG einschlägig sei.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Unter Bezugnahme auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz habe der Kläger seine Furcht vor Verfolgung nicht begründet, da sein Sachvortrag unglaubhaft sei. Die Gewährung von subsidiärem Schutz im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG sei damit ausgeschlossen. Subsidiärer Schutz gem. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG sei ebenso abzulehnen, da in Äthiopien derzeit kein derartiger Konflikt herrsche.

Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG komme nicht in Betracht. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Der Kläger sei jung und erwerbsfähig. Es sei ihm auch vor seiner Ausreise gelungen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Daher sei nicht ersichtlich, warum er bei einer Rückkehr nicht erneut einer Erwerbstätigkeit nachgehen könne.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG seien weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 26.04.2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am selben Tag, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt,

  • 1.Die Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Bescheids vom 11.04.2017, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen.

  • 2.Hilfsweise wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus des § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen.

  • 3.Hilfsweise wird die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung der Klage wurde zunächst auf das Vorbringen des Klägers im Verwaltungsverfahren verwiesen und dieses zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht.

Mit Schriftsatz vom 09.05.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Schriftsatz vom 06.02.2018 legte die Beklagte dem Gericht eine VIS-Auskunft vor und erklärte, der Kläger habe unter dem Namen …, geboren am … in …, bei der spanischen Botschaft in Addis Abeba ein Visum für den Schengen-Raum beantragt. Ausweislich der Visaauskunft sei dem Kläger das beantragte Visum am 18.08.2016 mit einem Gültigkeitszeitraum vom 22.08.2016 bis zum 25.09.2016 erteilt worden. Der Kläger habe demnach über seine Identität getäuscht, unwahre Angeben zu den fluchtauslösenden Ereignissen und zu seiner Ausreise gemacht. Er sei offensichtlich ganz legal im Besitz eines Schengen-Visums gewesen. Zudem sei er im Besitz eines bis zum 25.05.2021 gültigen Reisepasses gewesen.

Mit Schriftsatz vom 28.02.2018 führte der Klägerbevollmächtigte zur Begründung der Klage ergänzend aus, der Kläger sei wiederholt bei Demonstrationen, die sich gegen das Regime gerichtet hätten, eingesetzt worden. Ihm sei aufgegeben worden, Gewalt gegen Demonstranten anzuwenden. Dabei habe er bemerkt, dass er nicht mit dem Schlagstock gegen seine eigenen Landsleute vorgehen könne. Daher sei er vom Dienst desertiert. Im Anschluss daran habe er selbst an eine Demonstration teilgenommen, bevor er sich bei seinem Onkel versteckt habe. Der Kläger sei weiterhin seit dem 01.03.2017 Mitglied der Oppositionspartei EPPFG. Insoweit werde auf die Bescheinigung vom 03.05.2017 verwiesen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 06.03.2018 führte der Bevollmächtigte des Klägers aus, der Kläger habe seine oppositionelle Haltung in Deutschland fortgesetzt. Es wurde eine Teilnahmebestätigung der Äthiopischen Patriotischen Volksfront (EPPFG) vom 02.12.2017 vorgelegt, mit der die Teilnahme am dreimonatlichen Treffen der Äthiopischen Patriotischen Volksfront/EPPFG am 02.12.2017 in Nürnberg bescheinigt wird. Ferner wurde eine Bescheinigung der Ethiopian Democratic Forces Movement Support in Germany (EDFMSG) vom 09.04.2017 vorgelegt, wonach der Kläger an einer Diskussionsveranstaltung der Vereinigung am 09.04.2017 in Nürnberg teilgenommen hat. Daneben wurden mehrere Fotos vorgelegt, die den Kläger bei der Teilnahme an der Versammlung am 02.12.2017 zeigen sollen.

Mit Schriftsatz vom 12.03.2017 übersandte die Beklagte dem Gericht eine Kopie des Reisepasses des Klägers, ausgestellt am 26.05.2016 auf dem Namen …, geboren am … in … (Passnummer: …).

Mit Schriftsatz vom 20.07.2018 verwies der Bevollmächtigte des Klägers auf zwei Urteile des Verwaltungsgerichts Ansbach (U.v. 11.10.2017 - AN 9 K 16.31455 und U.v. 10.2.2015 - AN 3 K 14.30467), wonach das Verwaltungsgericht Ansbach die Beklagte verpflichtet habe, die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. In den beiden genannten Fällen handle es sich um orthodoxe Christen, die exilpolitisch tätig seien. Beim Kläger verhalte es sich vorliegend genauso. Es wurden drei Bilder, die den Kläger bei einer Demonstration der „Gesellschaft der bedrohten Völker“ am 06.04.2018 in Frankfurt zeigen sollen sowie eine Bescheinigung der „Vereinigung der Amhara in Deutschland“ vom 06.04.2018, wonach der Kläger am 06.04.2018 in Frankfurt an einer Demonstration gegen das äthiopische Regime teilgenommen habe, vorgelegt. Weiterhin wurden zwei Bilder von einem Parteitreffen am 05.05.2018 in Nürnberg sowie ein Lichtbild, auf dem der Kläger als Soldat zu sehen sei, vorgelegt. Darüber hinaus übersandte der Klägerbevollmächtigte eine Bescheinigung der EPPFG vom 10.04.2018, wonach der Kläger am 10.02.2018 in … zum „head of accountant in … and Surrounded“ gewählt worden sei.

Mit Schriftsatz vom 24.08.2018, dem Gericht übergeben in der mündlichen Verhandlung am 30.08.2018, führte der Klägerbevollmächtigte - unter Verweis auf eine Mitgliedsbescheinigung der Andenet vom 26.08.2016 - aus, der Kläger sei bereits seit September 2014 oppositionell aktiv und habe in der Andenet eine Infrastruktur aufgebaut. Er habe damit Äthiopien bereits vorverfolgt verlassen. In Deutschland engagiere sich der Kläger sich in der EPPFG, an deren Treffen er regelmäßig teilnehme und auch monatlich seinen Beitrag entrichte. Er sei Teilnehmer vieler Meetings, zu denen die Partei aufgerufen habe. Mehrheitlich habe man ihn zum Kassenführer der Partei gewählt. Er habe zudem im Restrukturierungsausschuss mitgewirkt und Mitglieder zu politischen Aktivitäten ermutigt. Der HessVGH sei in der Entscheidung 9 UE 1676/06.A dazu gelangt, dass selbst ein einfaches Mitglied einer Oppositionspartei im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung unterliege. Da der Kläger in der Oppositionspartei eine Funktion ausübe und an einer Vielzahl von Treffen teilgenommen habe, sowie Mitglieder zu politischen Aktionen motiviert habe, müsse vorliegend der herabgestufte Prognosemaßstab Anwendung finden.

Dem übergebenen Schriftsatz vom 24.08.2018 lagen neben einer Bescheinigung der Andenet vom 26.08.2016, einem Parteiausweis der Andenet und einem Dankesschreiben der Andenet vom 20.07.2016, die dem Gericht bereits vorliegenden Bescheinigungen der EPPFG über die exilpolitische Tätigkeit des Klägers bei.

Mit Beschluss vom 16.10.2017 verwies das Verwaltungsgericht Ansbach wegen örtlicher Unzuständigkeit die Streitsache an das Verwaltungsgericht Bayreuth.

Mit Beschluss der Kammer vom 21.06.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 30.08.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Behörden- und die Gerichtsakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 S. 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 30.08.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt Folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst vollumfänglich den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers im Klageverfahren besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

a) Der Kläger hat sein Herkunftsland nicht vorverfolgt verlassen. Dem Kläger ist es auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen ist, einen schlüssigen, zusammenhängenden und nachvollziehbaren Sachvortrag abzuliefern. Im Gegenteil, der Vortrag blieb vage, detailarm und widersprüchlich, so dass das Gericht dem Vorfluchtgeschehen keinen Glauben schenkt.

aa) Das Gericht teilt uneingeschränkt die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 06.02.2018, wonach der Kläger über seine Identität täuscht. Nach der vorliegenden VIS-Auskunft hat der Kläger unter dem Namen …, geb. am … in …, bei der spanischen Botschaft in Addis Abeba ein Visum für den Schengen-Raum beantragt und am 18.08.2016 mit einem Gültigkeitszeitraum vom 22.08.2016 bis zum 25.09.2016 erhalten. Gegenüber dem Bundesamt und dem Gericht gab und gibt der Kläger jedoch an, … zu heißen und in … geboren zu sein. Die Einlassung des Klägers gegenüber dem Gericht, das Schengen-Visum habe er mit einem gefälschten Reisepass über einen Schleuser erlangt, ist höchst unglaubwürdig. Bereits der Aussage des Klägers, die Unterschrift auf dem Reisepass, welcher auf den Namen … ausgestellt ist und bis zum 25.05.2021 gültig ist, sei nicht seine eigene Unterschrift, ist im Hinblick auf die anderweitig im Asylverfahren geleisteten - täuschend ähnlichen - Unterschriften wenig überzeugend. Völlig unglaubwürdig ist, dass der Kläger aufgrund der genauen Personal- und Passkontrollen auf dem Flughafen Bole in Addis Abeba am 14.10.2016 mit einem gefälschten äthiopischen Pass ausgereist sein will (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 22.03.2018, S. 26; VG Bayreuth, U.v. 15.12.2016 - B 2 K 16.30717). Auch die vorgetragene problemlose Einreise über den Flughafen Frankfurt a.M. mit einem gefälschten äthiopischen Pass kann dem Kläger in Anbetracht der Auskunftslage nicht geglaubt werden. Nach der Auskunft der Bundespolizeidirektion Frankfurt a.M. an das VG Ansbach vom 10.09.2014 in der dortigen Streitsache AN 3 K 14.30428 ist die Behauptung äthiopischer Asylsuchender, problemlos mit gefälschten Reisedokumenten über den Flughafen Frankfurt a.M. in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein, haltlos. Im Rahmen der grenzpolizeilichen Einreisekontrolle werden die vorgelegten Ausweisdokumente eingehend und unter Zuhilfenahme verschiedener technischer Geräte auf Verfälschungsmerkmale hin überprüft. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Kläger behauptet, mit dem gefälschten Reisepass und dem - über den Schleuser erlangten - Schengen-Visum nach Deutschland eingereist zu sein. Ausweislich der VIS-Auskunft war das Schengen-Visum jedoch bereits am 25.09.2016 abgelaufen, sodass es nach Auffassung des Gerichts ausgeschlossen ist, dass der Kläger am 15.10.2016 mit dem gefälschten Reisepass und dem vom 22.08.2016 bis zum 25.09.2016 gültigen Schengen-Visum über den Flughaften Frankfurt a.M. in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (vgl. auch Auskunft der Bundespolizeidirektion Flughaften Frankfurt a.M. vom 18.09.2014 a.a.O. und VG Bayreuth, U.v. 15.12.2016 - B 2 K 16.30717).

bb) Von massiven Widersprüchen sind ferner die klägerischen Einlassungen zu seinem Einsatz als Militärangehöriger bei Demonstrationen geprägt. Bei der Anhörung beim Bundesamt am 10.11.2016 hat der Kläger noch angegeben, er sei als Militärangehöriger zweimal bei Demonstrationen eingesetzt worden. Gleiches lässt sich dem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 28.02.2018 entnehmen. Seitens des Militärs habe man ihn gezwungen, mit dem Schlagstock gegen regierungskritische Demonstranten vorzugehen. Deswegen habe er die Armee verlassen und sich später den Demonstranten gegen die Regierung angeschlossen. Dem Gericht erklärt er hingegen in der mündlichen Verhandlung, er sei niemals dienstlich bei einer Demonstration gewesen, sondern immer nur als Demonstrationsteilnehmer. Auf Vorhalt des Gerichts konnte der Kläger dem Gericht für diese massiven Widersprüchlichkeiten keine plausible Erklärung liefern. Der Kläger suchte vielmehr nur Ausflüchte und erklärte letztlich, er sei als Privatperson bei den Demonstrationen gewesen, sein Chef habe ihm aber Hinweise gegeben, dass er als Privatperson gegen die Demonstranten vorgehen solle. Diese Einlassung ist aber in keiner Weise geeignet, die Unstimmigkeiten zum Vortrag beim Bundesamt plausibel aufzuklären. Der Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung hat insoweit eine ganz andere inhaltliche Qualität als die bisherigen Einlassungen.

cc) Grob unstimmig sind auch die klägerischen Einlassungen zu seiner Freilassung. Bei der Anhörung beim Bundesamt gab der Kläger noch an, er sei auf der Demonstration festgenommen und mit zwei Polizisten in einem Bus Richtung Gefängnis gefahren. Auf dem Weg zum Gefängnis habe man ihn in einem Waldstück abgesetzt. Der Bus sei dann mit den anderen festgenommenen Personen zum Gefängnis weitergefahren. Kollegen, die zugleich gute Bekannte gewesen seien, seien anschließend zu ihm in den Wald gekommen und hätten ihm zur Flucht verholfen. Dem Gericht erklärte er hingegen in der mündlichen Verhandlung, er sei nach einer Demonstration am 06.01.2009 des äthiopischen Kalenders von der Tigray-Polizei festgenommen und in ein Gefängnis verbracht worden. Im Gefängnis habe er einen ehemaligen Kollegen getroffen, den er alles erzählt habe. Daraufhin habe der Kollege zu ihm gesagt, er müsse verschwinden. Auf Vorhalt des Gerichts will der Kläger dann dem ominösen Kollegen doch nicht im Gefängnis, sondern an einem Ort vor dem Gefängnis, wo er von der Tigray-Polizei der anderen Polizei übergeben worden sei, getroffen haben. Daneben erklärte der Kläger dem Gericht, die Tigray-Polizei habe ihn den befreundeten Kollegen übergeben, während beim Bundesamt noch die Rede davon war, dass ihn die festnehmenden Polizisten alleine im Wald zurückgelassen hätten, bevor die befreundeten Kollegen gekommen seien um ihm zu helfen. Konfrontiert mit diesen Widersprüchlichkeiten vermochte der Kläger dem Gericht ebenfalls keine plausible Erklärung zu liefern. Er flüchtete sich vielmehr in gerichtsbekannte Ausflüchte und versuchte die Unstimmigkeiten mit Verständigungsproblemen beim Bundesamt zu rechtfertigen. Dies ist schon im Ansatz nicht glaubwürdig, da der Kläger beim Bundesamt bescheinigt hat, dass es keine Verständigungsprobleme gegeben hat und er zudem Gelegenheit hatte, ausführlich seine Fluchtgründe zu berichten. Daneben ist von einem anwaltlich vertretenen Kläger zu erwarten, dass evtl. Lücken oder Unstimmigkeiten in der Niederschrift zeitnah moniert werden und nicht erst fast zwei Jahre später auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung.

dd) Nicht glaubwürdig sind auch die Ausführungen des Klägers beim Bundesamt zur „Fahnenflucht“. Es widerspricht jeglicher Logik, dass ein Soldat, der - weil seine Kündigung nicht akzeptiert worden ist - von der Armee geflüchtet sein will, einen Monat später an einer (verbotenen bzw. regierungskritischen) Demonstration teilnimmt, obwohl er weiß, dass dort Soldaten und andere Sicherheitskräfte zur Niederschlagung eingesetzt werden und damit das Risiko, entdeckt bzw. verhaftet zu werden, extrem hoch ist.

ee) In Anbetracht der massiven Widersprüchlichkeiten schenkt das Gericht dem klägerischen Vortrag in der mündlichen Verhandlung, er sei seit dem Jahr 2014 Mitglied der Andenet und habe bereits in Äthiopien politische Opposition betrieben, keinen Glauben. Das Gericht stuft diesen Sachvortrag als unglaubwürdige Steigerung des Fluchtgeschehens ein, um eine bessere Anerkennungswahrscheinlichkeit zu erlangen. Weder in der mündlichen Verhandlung noch im dort übergebenen Schriftsatz vom 24.08.2018 ist dargetan, warum der Kläger eine politische Betätigung in Äthiopien beim Bundesamt oder im bisherigen Klageverfahren mit keinem Wort erwähnt hat. Dies gilt umso mehr, da der Kläger nach der Bescheinigung der Andenet vom 26.08.2016 für die Partei eine große Infrastruktur aufgebaut haben und er in diesem Zusammenhang vom Regime verfolgt worden sein soll, sodass er das Land habe verlassen müssen. Es ist höchst unglaubwürdig, wenn der Kläger in Äthiopien herausgehoben oppositionell aktiv gewesen sein will und in diesem Zusammenhang die Flucht hat ergreifen müssen, er aber beim Bundesamt über diese Tätigkeiten kein Wort verloren hat. Vielmehr stützte er dort seine Fluchtgeschichte auf eine Festnahme bei einer Demonstration und dem Fernbleiben vom Militär. Dieser Einschätzung des Gerichts stehen auch die vorgelegten Bescheinigungen der Andenet nicht entgegen. Es ist gerichtsbekannt, dass derartige Bescheinigungen in afrikanischen Ländern leicht gegen entsprechende Geldzahlungen erhältlich sind. Am Wahrheitsgehalt der vorgelegten Unterlagen hat das Gericht massive Zweifel.

ff) Im Übrigen macht das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch und weist das Vorbringen hinsichtlich einer Tätigkeit des Klägers für die Andenet gem. § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG i.V.m. § 87b Abs. 3 VwGO als präkludiert zurück.

Nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG hat der Kläger die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung anzugeben. Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der obigen Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und der Beteiligte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist. Der Kläger wurde sowohl von der Beklagten im Bescheid vom 11.04.2017 als auch vom Gericht in der Klageeingangsmitteilung darauf hingewiesen, dass die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids anzugeben sind. Die politische Tätigkeit des Klägers in Äthiopien wurde aber erstmals in der mündlichen Verhandlung am 30.08.2018, obwohl der Kläger nach eigenen Angaben und ausweislich der Bescheinigungen bereits seit dem Jahr 2014 die Partei tätig sein soll, vorgetragen. Weiterhin wurde der Kläger auch mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung - unter Hinweis auf § 87b Abs. 3 VwGO - aufgefordert, bis zum 23.07.2018 evtl. neue Unterlagen vorzulegen bzw. neue Umstände vorzutragen. Auch innerhalb dieser Frist erfolgte kein entsprechender Vortrag. Es wäre dem anwaltlich vertretenen Kläger daher ohne weiteres zuzumuten gewesen, fristgerecht die Tätigkeit des Klägers für die Andenet in Äthiopien vorzubringen. Entschuldigungsgründe sind weder dargetan noch anderweitig ersichtlich. Die Einlassung des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung, er versuche seit dem 24.08.2018 erfolglos den Schriftsatz mit Anlagen an das Gericht zu faxen, ändert hieran nichts. Zum einen lag nach Auskunft der Poststelle des Gerichts im maßgeblichen Zeitraum vor der mündlichen Verhandlung keine „Fax-Störung“ vor. Zum anderen liegt auch der 24.08.2018 weit jenseits der gesetzlichen bzw. behördlichen Präklusionsfrist. Letztlich würde die Berücksichtigung des verspäteten Vortrags nach Überzeugung des Gerichts zur Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führen, da in diesem Fall das Gericht weitere Ermittlungen zum Wahrheitsgehalt der Bescheinigungen und zum Umfang der politischen Tätigkeit des Klägers in Äthiopien anstellen müsste.

gg) Selbst wenn man die Tätigkeit des Klägers für die Andenet als wahr unterstellen würde, führt dies - im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen einer Verfolgung aus politischen Gründen. Aufgrund der geänderten politischen Lage in Äthiopien ist es nach Auffassung des Gerichts im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht (mehr) beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien erneut einer politischen Verfolgungshandlung mit flüchtlingsrechtlicher Intensität ausgesetzt sein würde. Zwar ist nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung immer noch begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, bei einer Rückkehr ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von einer solchen Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Die Vorschrift begründet damit eine Vermutung dafür, dass ein vorverfolgter Kläger erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in sein Heimatland bedroht wird.

Soweit äthiopische Kläger (glaubhaft) aus politischen Gründen vorverfolgt ihr Heimatland verlassen haben, ist aufgrund der gegenwärtigen Auskunftslage und den aktuellen politischen Ereignissen, insbesondere im Juli und August 2018, im gegenwärtigen Zeitpunkt die Vermutung nach der Richtlinie als widerlegt anzusehen sein. Als Folge des im Frühjahr 2018 eingeleiteten Umbruchs hat sich die Situation für Oppositionelle in Äthiopien grundlegend geändert. Unter dem neuen Premierminister Abiy Ahmed wurde insbesondere die Einstufung der OLF, ONLF und Ginbot 7 als terroristische Organisationen am 5.7.2018 durch das Parlament aufgehoben (vgl. https://www. aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list-180630110501697.html). Mit Gesetz vom 20.7.2018 wurde zudem allen Äthiopiern, die wegen Verrats, Verbrechen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder bewaffneten Widerstands verurteilt wurden oder Objekt von Ermittlungen sind, Straffreiheit zugesichert. Durch die Amnestie für alle politische Vergehen soll den Oppositionellen ermöglicht werden, eine friedliche politische Karriere in Äthiopien zu verfolgen (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/07/ethiopian-grants-amnesty-political-prisoners-180720191811460.html). Daneben hat die äthiopische Regierung am 7.8.2018 in Asmara ein „Friedensabkommen“ mit der OLF geschlossen. Die OLF will ihre politischen Ziele danach künftig mit friedlichen Mitteln durchsetzen (https://www.aljazeera.com/news/africa/2018/08/ethiopia-signs-deal-oromo-rebels-hostilities-180807184317117.html; http://www.africanews.com/2018/08/07/ethiopia-govt-agrees-peace-deal-with-ex-terror-group-based-in-eritrea). Auch die Ginbot 7 ist zwischenzeitlich von ihrem Stützpunkt im benachbarten Eritrea nach Äthiopien zurückgekehrt, weil deren Kämpfern und Unterstützern in Äthiopien keine Verfolgung mehr droht (http://www.africanews.com/ 2018/09/03/ethiopia-s-ex-rebel-group-ginbot-7-returns-from-eritrea-base/). Die Zahl der Oppositionellen, die nach Äthiopien zurückkehren, steigt stetig und rasant (http://www.africanews.com/2018/09/03/photos-exiled-oromia-regional-president-returns-to-fanfare/). Daher besteht für den Kläger, der ausweislich der vorgelegten Unterlagen „nur“ für die UDJ (Unity for Democracy and Justice Party - Partei für Demokratie und Gerechtigkeit - Andenet), einer legal Oppositionspartei, tätig war, erst recht keinerlei beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aus politischen Gründen (mehr).

Das Gericht verkennt nicht, dass die Arbeit des neuen Premierministers mit Rückschlägen und Gegenwind verbunden ist. Die weiterhin vereinzelten Anschläge und Gewaltakte in Äthiopien vermögen an der Einschätzung des Gerichts zur politischen Verfolgung nichts zu ändern. Die Gewaltakte finden zum einen im Wesentlichen in der „Somali-Region“ statt. Zum anderen wird vorwiegend von andauernden bzw. schwelenden ethnischen Konflikten zwischen den Bevölkerungsgruppen berichtet, aber nicht von konkret-individuellen Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3a AsylG wegen politischer Aktivitäten Einzelner (https://www.dw.com/de/%C3%A4thiopien-ethnische-konflikte-schwelen-weiter/a-45011266). Aufgrund der jüngsten Gesetze und Vereinbarungen, verbunden mit der Rückkehr namhafter Exilpolitiker, kann daher nicht (mehr) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass oppositionelle Tätigkeiten in Äthiopien zu flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen führen (vgl. auch VG Regensburg, B.v. 19.6.2018 - RO 2 E 18.31617 - juris**VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris). Es liegen insbesondere auch keinerlei Anhaltspunkte davor vor, dass die vom Parlament beschlossenen Veränderungen zugunsten der politischen Opposition in der (Vollzugs-) Praxis ignoriert würden.

b) Auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung für die EPPFG kann sich der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen exilpolitischer Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen in der Vergangenheit genau beobachtet hat bzw. durch die Auslandsvertretungen hat beobachten lassen. Ob diese Beobachtungen auch unter dem Regime des seit Anfang April 2018 amtierenden Premierminister Abiy Ahmed fortgeführt werden, ist gegenwärtig nicht ersichtlich. Als Folge des im Frühjahr 2018 eingeleiteten Umbruchs wurde jedoch am 5.7.2018 die Einstufung der OLF, ONLF und Ginbot 7 als terroristische Organisationen durch das Parlament aufgehoben (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list-180630110501697.html). Zwischenzeitlich hat sich die äthiopische Regierung mit der OLF zudem offiziell versöhnt und diese als politische Kraft anerkannt (vgl. https://www.aljazeera.com/news/africa/2018/08/ethiopia-signs-deal-oromo-rebels-hostilities-180807184317117.html). Mit Gesetz vom 20.7.2018 wurde allen Äthiopiern, die wegen Verrats, Verbrechen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder bewaffneten Widerstands verurteilt wurden oder Objekt von Ermittlungen sind, Straffreiheit zugesichert. Durch die Amnestie für alle politische Vergehen soll auch den Oppositionellen im Exil ermöglicht werden, nach Hause zurückzukehren und eine friedliche politische Karriere in Äthiopien zu verfolgen (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/07/ethiopian-grants-amnesty-political-prisoners-180720191811460.html). Auch die Ginbot 7 ist zwischenzeitlich von ihrem Stützpunkt im benachbarten Eritrea nach Äthiopien zurückgekehrt, weil deren Kämpfern und Unterstützern in Äthiopien keine Verfolgung mehr droht (http://www.africanews.com/ 2018/09/03/ethiopia-s-ex-rebel-group-ginbot-7-returns-from-eritrea-base/). Die Zahl der Exilpolitiker, die nach Äthiopien zurückkehren, steigt stetig und rasant (http://www.africanews.com/2018/09/03/photos-exiled-oromia-regional-president-returns-to-fanfare/).

Das erkennende Gericht ist bereits vor dem politischen Umbruch in Äthiopien im Frühjahr/Sommer 2018 davon ausgegangen, dass nicht jede, wie auch immer geartete, Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt es für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v.20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 22.2.2018 - 1 K 302/17.KS.A - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017- 1 K 2320/17.KS.A - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris). Bloßen „Mitläufern“ droht bei einer Rückkehr grds. keine beachtliche Verfolgungsgefahr. Der aktuellen Auskunftslage - unter Berücksichtigung der bereits vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Stellungnahmen aufgrund des Beweisbeschlusses des BayVGH vom 26.3.2018 (Az. 8 B 17.31645 u.a.) - ist nichts anderes zu entnehmen.

Dem Auswärtigen Amt (AA) lagen schon nach dem Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 22.3.2018 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich sei vielmehr der konkrete Einzelfall, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen werde oder um welche politische Tätigkeit es sich handle (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung sei auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibe - soweit bekannt - ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris). Der Lagebericht vom 22.3.2018 geht insbesondere auch auf die innenpolitischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 und auf den am 16.2.2018 ausgerufen (neuerlichen) Ausnahmezustand ein (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 6). Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen hält das Auswärtige Amt hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung bei Rückkehr von im Ausland exilpolitisch tätigen Äthiopiern an den Ausführungen im Lagebericht vom 6.3.2017 fest (vgl. AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18).

Aufgrund des Beweisbeschlusses des BayVGH vom 26.3.2018 (Az. 8 B 17.31645 u.a.) teilte das Auswärtige Amt mit Stellungnahme vom 14.6.2018 mit, es sei zwar davon auszugehen, dass äthiopische Stellen exilpolitische Organisationen in Deutschland beobachten und die Mitgliedschaft bzw. die Unterstützungshandlungen für eine solche Organisation bekannt werde. Allerdings müsse auch davon ausgegangen werden, dass das Interesse an der Beobachtung von Personen/Aktionen und die Weitergabe der Informationen vom Grad der Involvierung bzw. der konkreten Aktivität der betreffenden Person abhänge. Zudem geht auch das AA von einem Wandel der innenpolitischen Lage seit dem Amtsantritt des neuen Premierministers aus. Der im Februar 2018 für sechs Monate verhängte Ausnahmezustand sei Anfang Juni 2018 vorzeitig beendet worden. Seit Januar 2018 sei eine größere Anzahl vom politisch Gefangenen, darunter auch Mitglieder der bislang als terroristisch eingestuften Ginbot 7, entlassen worden. Ob eine Unterstützung einer Exilorganisation oder eine einfache Mitgliedschaft in einer in Deutschland exilpolitisch tätigen, von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuften oder einer ihr nahestehenden Organisation (ohne in dieser Organisation eine herausgehobene Stellung innezuhaben) bei einer Rückkehr negative Auswirkung nach sich zieht, kann vor dem innenpolitischen Hintergrund vom AA nicht beurteilt werden. Sollte es Auswirkungen geben, sei jedoch davon auszugehen, dass die Art der Auswirkung vom Grad der Involvierung bzw. der konkreten Aktivitäten der betreffenden Person abhänge. Es sind lt. AA auch keine Fälle bekannt, in denen zurückgekehrte Äthiopier, die in Deutschland exilpolitisch tätig waren, wegen der exilpolitischen Tätigkeit durch äthiopische Behörden inhaftiert oder misshandelt wurden.

Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr wegen der einfachen Mitgliedschaft und/oder einem durchschnittlichen Engagement in einer exilpolitischen Organisation, kann der neusten Auskunft des Auswärtigen Amtes damit schon im Ansatz nicht entnommen werden.

Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 in der Sache 6 K 4787/15.GI.A) - zum Fall einer exilpolitischen Tätigkeit für die EPPFG - stellt ebenfalls nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Diese Feststellung erreicht aber schon nicht den Maßstab der notwenigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit (VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris).

Nichts anderes folgt aus der Auskunft des Leibniz-Instituts vom 19.5.2018 (GIGA an den BayVGH in der Sache 8 B 17.31645 u.a.). In der aktuellen Auskunft wird lediglich ausgeführt, dass die äthiopische Regierung über ihre Auslandsvertretungen und einem Netz von Informanten die Aktivitäten der exilpolitischen Organisationen verfolge sowie dass davon auszugehen sei, dass sowohl die Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung als auch Unterstützungshandlungen einzelner Personen der äthiopischen Regierung bekannt werden würden. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person als einer Exilorganisation zugehörig eingestuft wird, dürfte lt. der Stellungnahme vom 19.5.2018 mit der Häufigkeit der entsprechenden Aktivitäten wachsen. Auch das Leibnitz-Institut konnte keine Angaben zu Vernehmungen, Inhaftierungen und Misshandlungen zurückgekehrter Äthiopier, die keine herausgehobene Funktion in der Exilpolitik hatten, machen. Die Stellungnahme verweist auf Seite 8/9 nur auf zwei prominente und hochrangige Exilpolitiker, die nach Auffassung des Gerichts kein Beispiel und Maßstab für die Behandlung der breiten Masse von exilpolitisch tätigen Äthiopiern sind. Im Übrigen wird lediglich davon ausgegangen, dass es vor dem volatilen Hintergrund der politischen Veränderungen „keinesfalls auszuschließen ist“, dass einfachen Mitgliedern oder Unterstützern von politischen Exilorganisationen, die von der Regierung als Terrororganisation eingestuft werden, die Verfolgung und Verhaftung drohe (S. 2 und 3 der Stellungnahme).

AMNESTY INTERNATIONAL (AI) führte mit Stellungnahme vom 11.7.2018 an den BayVGH (Az. 8 B 17.31645 u.a.) aus, dass sich die politische Lage in Äthiopien seit Anfang 2018 deutlich verändert hat. Trotz begrüßenswerter Veränderungen in Äthiopien bleibe abzuwarten, wie sich die menschenrechtliche Situation vor Ort entwickeln werde. Vor dem Hintergrund der neuen und sich ständig ändernden Situation sei es AI nach eigenen Angaben nicht möglich, eine Aussage über die aktuelle Situation bzw. über zukünftige Entwicklungen zu treffen. Daher legte AI dem Gutachten die politische Situation in Äthiopien der letzten Jahrzehnte bis Anfang 2018 zugrunde. Die Ausführungen von AI zur politischen Situation in Äthiopien und zur Behandlung von exilpolitisch tätigen Personen bis Anfang 2018 sind jedoch nicht geeignet, eine verlässliche Auskunft über die gegenwärtige Situation, die nach § 77 Abs. 1 AsylG im Asylverfahren maßgeblich ist, zu liefern. Bemerkenswert ist zudem, dass die Auskunft vom 11.7.2018 nicht einmal den Beschluss des äthiopischen Parlamentes vom 5.7.2018 aufgreift, mit dem die Einstufung der OLF, ONLF und Ginbot 7 als terroristische Organisationen aufgehoben wurde. Vielmehr wird - unter Bezugnahme auf veraltete Quellen - weiterhin davon ausgegangen, dass die OLF von der Regierung als terroristische Organisation eingestuft wird (S. 3 und 4 der Stellungnahme).

G. Sch. geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung - verbunden mit intensiver Befragung - auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie Sch. trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von G. Sch. im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit - zumindest teilweise - gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Sch.s nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora - auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass Sch. zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris).

Auch unter Einbeziehung der Stellungnahme G. Sch.s vom 18.2.2018 in der Streitsache W 3 K 16.30383 an das VG Würzburg ist das Gericht nicht von einer beachtlichen Verfolgungsgefahr für Rückkehrer alleine wegen jeder - wie auch immer gearteter - Form der exilpolitischen Betätigung überzeugt. Zwar kommt G. Sch. zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass unter dem wiedereingeführten Ausnahmezustand exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt seien, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden (Rn. 83 der Stellungnahme vom 18.2.2018), während in der Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen noch ausgeführt wurde, angesichts der Willkürlichkeit im Handeln der Sicherheitsorgane und der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien lasse sich im Einzelnen nicht vorhersagen, was Rückkehrer zu befürchten hätten. Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch als Minimum anzunehmen (Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017; dieser Passus befindet sich im Übrigen auch noch unter Rn. 82 der Stellungnahme vom 18.2.2018). Anderseits führt Sch. in Rn. 17 der Stellungnahme vom 18.2.2018 aus, aufgrund es neuerlichen Ausnahmezustandes vom 16.2.2018 scheinen die gleichen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 zu gelten. Für das Gericht ist daher weder nachvollziehbar noch plausibel dargelegt, warum nunmehr (allein) aufgrund des Ausnahmezustand 2018 exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sein sollen, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden, wenn keine anderen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 gelten. Im Übrigen sind die Ausführungen Sch.s durch die aktuellen politischen Entwicklungen in den letzten Wochen und Monaten teilweise überholt. Der im Februar 2018 für sechs Monate anberaumte Ausnahmezustand wurde - wie bereits ausgeführt - am 5.6.2018 wegen der „relativen Stabilität und Ruhe im Land“ vorzeitig wiederaufgehoben. Daneben wurden vom Parlament im Juli 2018 grundlegende Änderungen bei den „Anti-Terrorgesetzen“ sowie eine Amnestie für politische Vergehen/Verbrechen beschlossen.

Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher nicht an, dass äthiopischen Asylbewerbern, die sich zu einer Exilorganisation bekennen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 15.08.2018 - B 7 K 17.31116 - juris; VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Bei einer Rückkehr nach Äthiopien mussten schon bislang allenfalls solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland exponiert politisch betätigt haben, dass sie die äthiopischen Behörden als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen haben (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017- B 2 K 16.31139 - juris; VG Gießen, U.v. 25.4.2018 - 6 K 116/17.GI.A - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.Gl.A - juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 - 21 B 15.30119 - juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 - 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017- W 3 K 17.31180 - juris). Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen musste davon ausgegangen werden, dass auch diesen nicht verborgen geblieben sein kann, dass bei einer Vielzahl von äthiopischen Asylbewerbern weniger politische Interessen maßgeblich sind als vielmehr das Bemühen, sich im Asylverfahren eine günstigere Ausgangsposition zu verschaffen. Im Hinblick darauf war es schon bislang nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden „Mitläufer“ als für das Regime gefährlich erachten und gegen diese im Falle ihrer Rückkehr in einer Art und Weise vorgehen, dass die für eine Schutzgewährung anzulegende Schwelle erreicht wird.

Die aktuellen Entwicklungen in Äthiopien sprechen dafür, dass nunmehr selbst solchen Äthiopiern, die sich in herausgehobener Art und Weise exilpolitisch in Deutschland engagieren, nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungsgefahr droht, sondern dass dies allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen (noch) beachtlich wahrscheinlich erscheint (VG Bayreuth, U.v. 15.08.2018 - B 7 K 17.31116 - juris; vgl. VG Regensburg, B.v. 19.6.2018 - RO 2 E 18.31617 - juris, VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris). Dem steht auch das wiederholt vom Klägerbevollmächtigten zitierte Urteil des HessVGH vom 21.03.2007 (Az.: 9 UE 1676/06.A) nicht entgegen. Zum einen behandelt die zitierte Entscheidung den Fall der Rückkehr einer exilpolitisch tätigen Klägerin nach Eritrea und nicht wie vorliegend nach Äthiopien. Zum anderen geht der Klägerbevollmächtigte mit keinem Wort auf den „politischen Umbruch“ in Äthiopien ein.

Der Kläger als einfaches Mitglied einer exilpolitischen Vereinigung musste schon bislang - und muss erst recht im Hinblick auf die aktuellen politischen Entwicklungen - im Falle einer Abschiebung nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten, wegen exilpolitischer Tätigkeit im Ausland von den äthiopischen Behörden in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Ein besonders gelagerter Ausnahmefall ist vorliegend in keinster Weise ersichtlich. Der Kläger ist seit dem 01.03.2017 Mitglied der EPPFG. Er hat ausweislich der vorgelegten Bestätigungen bzw. nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung bislang an fünf exilpolitischen Veranstaltungen der Vereinigung in Deutschland teilgenommen und ist daher unstreitig als bloßer Mitläufer zu qualifizieren. Daran ändert auch nichts, dass der Kläger am 10.02.2018 in … zum „head of accountant in … and Surrounded“ gewählt worden ist. Von einer ernsthaften Tätigkeit als Leiter der Buchhandlung bzw. Kassenverwalter kann nämlich keine Rede sein. In der mündlichen Verhandlung stellte sich heraus, dass der Kläger keinerlei Ahnung vom Kassenstand der Gruppierung oder von der konkreten Mitgliederzahl der Gruppe hat, deren Kassenverwalter er sein will. Nach mehrmaligem Zögern stufte er die Mitgliederzahl der …gruppe auf 200 bis 300 Mitglieder ein. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung stellte sich dann noch heraus, dass der Kläger keinerlei Befugnisse über die Kasse hat. Seine Aufgabe ist es vielmehr, bei Veranstaltungen den Mitgliedsbeitrag einzusammeln und diesen an den Kassenverwalter weiterzugeben. Der Kläger ist daher allenfalls ein Helfer des Kassenverwalters und mitnichten in einer herausgehobenen Position. Lediglich ergänzend weist das Gericht noch darauf hin, dass selbst der Kassenverwalter der …gruppe schon im Ansatz nicht derart exponiert exilpolitisch tätig ist bzw. dass es sich auch insoweit nicht um einen besonders gelagerten Ausnahmefall handeln würde, der mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Verfolgungsgefahr bei einer Rückkehr nach Äthiopien führt. Es ist für das Gericht daher nicht einmal im Entferntesten ersichtlich, dass dem Kläger im Falle der Abschiebung relevante Verfolgungsmaßnahmen wegen exilpolitscher Tätigkeiten in Deutschland drohen würden.

c) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland - und insbesondere in Herkunftsregion - des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris).

3. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat nach eigenen Angaben in Äthiopien die Schule zwölf Jahre besucht und abgeschlossen. Der Kläger verfügt damit über eine überdurchschnittliche Bildung. Zwar hat er keinen Beruf erlernt und ist nach eigenen Angaben nur beim Militär gewesen. Ihm ist es aber zumutbar, sämtlichen - auch schlichten - Erwerbstätigkeiten nachzugehen.*Weiterhin verfügt der Kläger über einen Vater und eine Großfamilie in Äthiopien, so dass im Bedarfsfall gegenseitige Hilfe im Rahmen des Familienverbundes zu erwarten ist. Die hohen Voraussetzungen für die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind daher schon im Ansatz nicht erfüllt.

b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

4. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

5. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit oromischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Er reiste eigenen Angaben zufolge am 27.07.2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 22.08.2016 einen Asylantrag.

Der religiös angetrauten Ehefrau des Klägers, …, wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 10.11.2017 unter dem Az. … wegen drohender Genitalverstümmelung in Äthiopien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Den beiden Töchtern des Klägers, … und … …, wurde mit Bescheiden des Bundesamtes vom 13.11.2017 (Az. … bzw. …) im Rahmen des „Familienasyls“ nach § 26 AsylG ebenfalls die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

Bei seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt am 16.05.2017 trug der Kläger im Wesentlichen vor, er stamme aus der Region J. und habe die Schule bis zur 5. Klasse besucht. Einen Beruf habe er nicht erlernt, aber einen Gemischtwarenladen in Äthiopien betrieben.

Zu seinen Fluchtgründen erklärte der Kläger, im Dorf, in dem seine Familie gelebt habe, seien etwa im Jahr 1998 des äthiopischen Kalenders Bodenschätze gefunden worden. Viele Bewohner seien deshalb umgesiedelt worden. Am Ort der Umsiedlung habe es aber keine Krankenversorgung, keine Schule und keine Infrastruktur gegeben. Deshalb sei er in ein anderes Dorf umgezogen und habe sich dort eine Existenz aufgebaut. Im Jahr 2007 des äthiopischen Kalenders sei der Abbau der Bodenschätze erweitert worden und habe auch das Dorf erfasst, in das der Kläger umgezogen sei. Die Bewohner hätten gegen die Erweiterung des Bodenschätzeabbaus protestiert, weil sie bereits einmal umgesiedelt worden seien und das Versprechen, eine funktionierende Infrastruktur zu schaffen, nicht eingehalten worden sei.

Man habe daher seitens der Bevölkerung Straßensperren errichtet und Demonstrationen veranstaltet. An diesen Aktionen habe er sich beteiligt, in dem er geholfen habe, Straßensperren mittels Bäume und großer Steine zu errichten. Er habe auch Parolen gerufen und gegen die Vertreibung und Verhaftung demonstriert. Am 16.07.2007 des äthiopischen Kalenders sei er deswegen verhaftet worden und für zwei Tage in Haft gekommen. Weil viele Bewohner gegen die Verhaftung demonstriert hätten, sei er entlassen worden. Seitens der Regierung habe man eine Lösung zugesichert. Es habe eine Versammlung gegeben, in alle Fragen besprochen hätten werden sollen. Viele Bewohner hätten sich in dieser Versammlung beschwert, aber keine Antwort erhalten. In der Folgezeit sei er bespitzelt worden, was er jedoch erst später erfahren habe.

Am 11.04.2008 des äthiopischen Kalenders sei er in der Schule verhaftet worden. Dabei habe man in einem seiner Schulhefte eine gezeichnete ABO-Fahne gefunden. Man habe ihn beschuldigt, mit der ABO zusammenzuarbeiten. Ferner sei ihm vorgeworfen worden, die Proteste und Demonstrationen gegen den Abbau der Bodenschätze angestiftet zu haben. Vom 11.04.2008 bis zum 16.07.2008 des äthiopischen Kalenders sei er deswegen inhaftiert gewesen. Sein Geschäft sei durchsucht und geschlossen worden. Aufgrund von Schmiergeldzahlungen seines Vaters und mit der Hilfe seines Cousins, einen Polizisten, sei er aus der Haft gekommen. Seine Freilassung gegen Schmiergeld habe man als Gefängnisausbruch dargestellt. Die Schmiergeldempfänger hätten von ihm verlangt, dass er das Land verlasse, damit bei einer evtl. erneuten Verhaftung nicht bekannt werde, dass diese ihn gegen Schmiergeld freigelassen hätten. Deswegen und weil er befürchtet habe, wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt zu werden und lebenslang in Haft bleiben zu müssen, habe er das Land am 22.08.2008 des äthiopischen Kalenders verlassen und sei über den Sudan, Libyen und Italien in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.

Bei einer Rückkehr befürchte er wegen terroristischer Betätigung lebenslang ins Gefängnis zu kommen oder von den Personen getötet zu werden, die seine Freilassung gegen Schmiergeld ermöglicht hätten.

Mit Bescheid vom 04.08.2017, als Einschreiben zur Post gegeben am 08.08.2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Ziff. 2) ab. Der subsidiäre Schutz wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG. Unabhängig von der Glaubhaftigkeit des Vortrages sei der Kläger jedenfalls auf internen Schutz nach § 3e AsylG zu verweisen. Staatliche Repressionen würden nicht im ganzen Land unterschiedslos praktiziert werden. Dem Kläger sei es zumutbar, sich in größeren Städten niederzulassen, wo ein wirtschaftlicher Neuanfang leichter möglich sei. Die ABO bestehe in dieser Form heute nicht mehr. Allerdings sei aus dieser die ONLF als Splittergruppe entstanden. Zu berücksichtigen sei zwar, dass der Kläger bei Wahrunterstellung vorverfolgt gewesen sei. Die zu treffende Rückkehrprognose führte jedoch dazu, dass der Kläger jedenfalls nicht derart exponiert für die ABO tätig gewesen sei, dass ihm eine landesweite Verfolgung drohe. Der Staat habe weder das Interesse, noch den Willen, den Kläger landesweit zu suchen.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gem. Art. 16a Abs. 1 GG seien ebenfalls nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des § 3 AsylG einschlägig sei.

Dem Kläger sei auch kein subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Schutz gem. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG scheide aus, da eine dem Kläger drohende Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich sei. Ebenso wenig sei Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zuzuerkennen. Die Gewährung subsidiären Schutzes setze stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos der Misshandlung voraus. Die bloße, wenn auch durch Präzedenzfälle bestätigte, Möglichkeit reiche nicht aus. Darüber hinaus sei der Kläger gem. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e AsylG auf internen Schutz zu verweisen. Ein Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG sei abzulehnen, da in Äthiopien kein innerstaatlicher Konflikt bestehe.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG kämen ebenfalls nicht in Betracht. Eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Selbst unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG seien weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 15.08.2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 16.08.2017, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt,

  • 1.Der Bescheid der Beklagten vom 04.08.2017, Gz.: …, wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen,

hilfsweise dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG,

hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutz nach § 4 AsylG zuzuerkennen,

hilfsweise festzustellen, dass die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Mit Schriftsatz vom 25.08.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Schriftsatz vom 22.11.2017 führte der Klägerbevollmächtigte zur Begründung der Klage aus, der Kläger müsse im Rahmen des Familienasyls als Flüchtling anerkannt werden. Hinsichtlich seiner Ehefrau und seiner beiden Kinder sei die Flüchtlingseigenschaft festgestellt worden. Somit sei auch der Kläger im Rahmen des Familienasyls nach § 26 AsylG als Flüchtling anzuerkennen. Weiterhin sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger aufgrund politischer Verfolgung sein Heimatland habe verlassen müssen. Nur aufgrund der Tatsache, dass er seine demokratischen Rechte wahrgenommen und gegen Entscheidungen des Staates protestiert habe, sei er festgenommen und inhaftiert worden. Die Beklagte verkenne bei ihren Äußerungen die aktuell in Äthiopien bestehende Situation. Aus dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Äthiopien vom 06.03.2017 gehe hervor, dass es eine Opposition deshalb nicht gebe, weil sie systematischen Einschränkungen, Behinderungen und Diskriminierungen ausgesetzt sei. Oppositionelle Parteimitglieder würden inhaftiert werden. Hinzu komme, dass seit Oktober 2016 in Äthiopien der Ausnahmezustand herrsche, der der Regierung, aber vor allem den agierenden Kräften, wie der Polizei und der Armee, weitgehende Befugnisse einräume. Auf zahlreiche Proteste von Studenten, Schülern und Farmer habe die Regierung mit willkürlichen Massenverhaftungen reagiert. Seitdem seien zehntausende Demonstranten inhaftiert worden. Auch anderen Personen sei eine oppositionelle Tätigkeit unterstellt worden. Eine zumutbare inländische Fluchtalternative komme für den Kläger nicht in Betracht. Die Sicherheitsbehörden verfügten über ein gut funktionierendes Netz, welches in alle Lebensbereiche greife. Sobald die Identität des Klägers geklärt und seine Vergangenheit bekannt sei, sei er einer erheblichen Verfolgungswahrscheinlichkeit ausgesetzt. Aufgrund der geschilderten Tatsachen komme eine Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe gem. § 3b Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 AsylG in Betracht. Der gemeinsame Hintergrund bestehe nicht nur in der Zugehörigkeit des Klägers zum Volke der Oromo als angeborenes Merkmal, sondern auch in der (unterstellten) politischen Betätigung. Zudem falle auf, dass sich die Beklagte an keiner Stelle mit einer Gruppenverfolgung der Oromo auseinandergesetzt habe. Aufgrund der politischen Aktivität des Klägers und der Vorverfolgung sei eine weitere Verfolgung in indiziert, insbesondere in Anbetracht der aktuell verschärften Situation für Regimegegner.

Mit Schriftsatz vom 18.01.2018 führte die Beklagte aus, dem Kläger könne kein Familienflüchtlingsschutz gewährt werden. Eine Ableitung von den Töchtern komme nicht in Frage, da eine Ableitung nur vom ursprünglich Berechtigten und nicht von einer bereits erfolgten Ableitung möglich sei. Eine Ableitung von der Lebensgefährtin komme ebenfalls nicht in Betracht. Die Lebensgefährtin/Frau des Klägers habe bei ihrer Anhörung ausgeführt, sie seien nur nach muslimischem Ritus verheiratet. Die Anerkennung einer muslimischen Heirat sei nur möglich, wenn diese im Heimatland durch staatliche Behörden offiziell bestätigt bzw. registriert worden sei. Ein solcher Nachweis liege nicht vor.

Mit Schriftsatz vom 07.02.2018 führte der Klägerbevollmächtigte ergänzend aus, der Kläger könne die Heirat nicht mehr nachweisen, da seine Papiere auf der Flucht in Libyen verloren gegangen seien.

Mit Beschluss der Kammer vom 30.08.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 31.10.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen. Die Behördenakte der Ehefrau des Klägers sowie die Behördenakten der beiden Töchter des Klägers wurden beigezogen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 31.10.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Ein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG besteht ebenfalls nicht. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt Folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Obwohl die Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Bescheid zur ABO als „Westsomalische Befreiungsfront“ bzw. zur ONLF offensichtlich neben der Sache liegen, da der Kläger lediglich mit der OLF sympathisiert hat, besteht unter der Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers im Klageverfahren und in der mündlichen Verhandlung im Ergebnis kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

a) Die klägerischen Ausführungen sind vage, detailarm und zum Teil von massiven Widersprüchen geprägt, so dass das Gericht dem Vorfluchtgeschehen keinen Glauben schenkt.

Widersprüchlich sind bereits die klägerischen Angaben zur Ausreise aus Äthiopien. Bei der Anhörung beim Bundesamt am 16.05.2017 gab der Kläger zunächst an, Äthiopien am 22.04.2008 des äthiopischen Kalenders (entspricht dem 01.01.2016 des europäischen Kalenders) verlassen zu haben. Nachdem der Kläger vom anhörenden Entscheider im Rahmen der Reisezeit auf Widersprüchlichkeiten angesprochen wurde, korrigierte er seine Angaben zum Ausreisedatum und erklärte sodann, er habe Äthiopien am 22.08.2008 (entspricht dem 30.04.2016 des europäischen Kalenders) verlassen. Die Ehefrau des Klägers erklärte dem gegenüber in ihrem Asylverfahren, sie hätten Äthiopien am 23.08.2008 des äthiopischen Kalenders, was dem 01.05.2016 des europäischen Kalenders entspricht, verlassen. Befragt zur Ausreise in der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger nunmehr, er habe am 25.04.2016 nach europäischer Zeitrechnung - zusammen mit seiner Frau und seiner großen Tochter - Äthiopien verlassen. Nach einer Umrechnung entspricht dies dem 17.08.2008 nach äthiopischer Zeitrechnung. Auf Vorhalt des Gerichts zu den widersprüchlichen Angaben im Verwaltungsverfahren bzw. zu den abweichenden Angaben seiner Ehefrau führte der Kläger lediglich aus, er habe beim Bundesamt die Daten in europäischer Zeitrechnung angegeben und dort zutreffend den 25.04.2016 genannt. Diese Einlassung ist aber ausweislich der Niederschrift über die persönliche Anhörung vom 16.05.2017 unrichtig. Der Kläger hat während der gesamten Anhörung und Befragung die maßgeblichen Daten anhand des äthiopischen Kalendersystems vorgetragen. Eine Umrechnung in das europäische Kalendersystem ist erst durch das Bundesamt erfolgt. Soweit der Kläger nach Angaben in der mündlichen Verhandlung dennoch am 25.04.2016 nach europäischer Zeitrechnung Äthiopien verlassen haben will, steht diese Einlassung wiederrum teilweise im Widerspruch zu den weiteren Ausführungen des Klägers gegenüber dem Gericht. Der Kläger erklärte dem Gericht nämlich im anderen Zusammenhang, sie hätten am 25.04.2016 J. verlassen. Danach habe es fünf Tage bis zur Grenze zum Sudan gedauert. An der Grenze zum Sudan hätten sie dann noch zwei Tage verweilt, bevor es drei Tage gedauert habe, bis sie Khartum im Sudan erreicht hätten. Dementsprechend hat der Kläger mit seiner Familie offensichtlich doch noch nicht am 25.04.2016 Äthiopien verlassen, sondern allenfalls die Stadt J.

Von zeitlichen Widersprüchen sind ferner die Angaben zum Aufenthalt der Familie im Sudan geprägt. Gegenüber dem Bundesamt und dem Gericht erklärte der Kläger, sie hätten sich vier Tage im Sudan aufgehalten. Die Ehefrau des Klägers führte hingegen bei ihrer Anhörung gegenüber dem Bundesamt aus, sie seien ungefähr zwei Wochen im Sudan gewesen, davon vier Tage in Khartum. Konfrontiert mit diesem Widerspruch lieferte der Kläger dem Gericht wiederrum keine plausible Erklärung. Der Kläger führte lediglich aus, seine Frau beziehe die 14 Tage offensichtlich auf die zehntägige Reise in den Sudan und den viertägigen Aufenthalt im Sudan. Diese Einlassung überzeugt das Gericht nicht. Die Ehefrau des Klägers sprach unmissverständlich von zwei Wochen Aufenthalt im Sudan, wovon vier Tage auf die Stadt Khartum entfallen sind. Im Gegensatz zu den klägerischen Ausführungen hinsichtlich Reise- und Aufenthaltszeiten sind zumindest die Angaben seiner Ehefrau insoweit weitgehend stimmig.

Als unglaubwürdig stuft das Gericht den Vortrag des Klägers zu Misshandlungen während der vom 11.04.2008 bis zum 16.07.2008 des äthiopischen Kalenders dauernden Haft ein. Auf Frage des Gerichts führte der Kläger aus, er und die anderen Gefangenen seiner Zelle seien ca. zweimal wöchentlich nachts mit einem Stock geschlagen worden. Von ihm habe man durch die Schläge erreichen wollen, dass er den Aufenthaltsort der unterstützten Mitglieder preisgebe. Bei der Anhörung beim Bundesamt war hingegen keine Rede von Misshandlungen im Gefängnis. Angesprochen auf diesen ergänzenden Vortrag in der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger lediglich, man habe ihn beim Bundesamt nicht danach gefragt. Zudem habe der Entscheider zu ihm gesagt, man wisse um die Zustände in den Gefängnissen, als er angefangen habe über die Haftzustände zu berichten. Diese Einlassungen des Klägers stuft das Gericht als reine Schutzbehauptung ein. Der Kläger hat gegenüber dem Bundesamt bestätigt, dass ihm ausreichend Gelegenheit gegeben worden ist, seine Fluchtgründe umfassend darzustellen. Er wollte ausweislich der Niederschrift nichts Weiteres hinzufügen. In Anbetracht des Gesamteindrucks vom Kläger stuft das Gericht die nunmehr vorgetragenen Misshandlungen als unglaubwürdig gesteigertes Sachvorbringen des Klägers ein, zumal auch in der Anhörung der Ehefrau - bei einem anderen Entscheider - mit keinem Wort eine Misshandlung des Klägers im Gefängnis erwähnt wurde. Die Ehefrau des Klägers führte lediglich aus, ihr Mann sei durch Schmiergeldzahlungen freigelassen worden. Ihr Mann habe ihr erzählt, dass er mit dem Tod bedroht worden sei, falls er noch einmal in Erscheinung trete. Wäre der Kläger tatsächlich im Gefängnis misshandelt worden, ist davon auszugehen, dass der Kläger seiner Frau darüber berichtet hätte und die Ehefrau dies auch im Rahmen der Frage nach der Haft ihres Ehemanns erwähnt hätte.

Von massiven Widersprüchen sind letztlich die Ausführungen des Klägers zu seinem Aufenthalt nach der Haftentlassung geprägt. Der Kläger erklärte dem Gericht, zwei Tage nachdem er aus der Haft entlassen worden sei, sei er zu seiner Frau und deren Tante nach J. gegangen. Dementsprechend müsste der Kläger noch im Juli 2008 des äthiopischen Kalenders zu seiner Familie, die sich seit seiner Festnahme bei der Tante seiner Ehefrau in J. aufgehalten hat, gestoßen sein. Die Ehefrau des Klägers erklärte hingegen gegenüber dem Bundesamt, der Kläger sei erst am 17.08.2008 des äthiopischen Kalenders - und damit mehr als einen Monat nach seiner Freilassung - nach J. gekommen. Für diesen eklatanten zeitlichen Widerspruch lieferte der Kläger wiederrum keine plausible Erklärung. Der Kläger berief sich lediglich auf mögliche Fehler bei der Umrechnung der Kalenderdaten. Diese Argumentation läuft schon deswegen ins Leere, da sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau beim Bundesamt Angaben nach dem äthiopischen Kalender gemacht haben und eine Umrechnung erst durch das Bundesamt erfolgt ist. Die Unglaubwürdigkeit der klägerischen Ausführungen zu seinem Aufenthalt nach der Freilassung setzen sich sodann noch fort, indem der Kläger dem Gericht erklärte, er sei dann noch einen Monat zusammen mit seiner Familie bei der Tante der Ehefrau in J. gewesen, bevor sie gemeinsam Äthiopien verlassen hätten. Die Ehefrau des Klägers gab hingegen gegenüber dem Bundesamt an, die Familie sei noch in der gleichen Nacht, als der Kläger zu ihnen nach J. gekommen sei, aus J. aufgebrochen. Konfrontiert mit diesem Widerspruch suchte der Kläger wiederrum vage und unplausible Ausflüchte. Insbesondere will er mehrmals kurz aus J. weggewesen sein. J. will er mit seiner Familie aber erst einen Monat nach seiner dortigen Ankunft verlassen haben. Auch die Vermutung, seine Frau habe wohl gemeint, dass sie erst nach einem Monat in J. Äthiopien verlassen hätten, hält das Gericht für abwegig, da die Ehefrau eindeutig davon berichtet hat, dass noch in der Nacht der Ankunft des Klägers die Familie J. verlassen hat.

b) Lediglich ergänzend ist noch auszuführen, dass die entschädigungslose Enteignung des Hauses des Klägers - selbst wenn dieser Vortrag der Wahrheit entsprechen sollte - nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führt.

Die staatliche Enteignung des klägerischen Grundeigentums zur Gewinnung von Bodenschätzen stellt nach Auffassung des Gerichts keine konkret individuelle Verfolgungshandlung mit flüchtlingsrechtlicher Relevanz i.S.d. § 3 AsylG dar. Die Enteignung ist - selbst wenn diese entschädigungslos ist - keine Handlung, die aufgrund ihrer Art so gravierend ist, dass sie eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte darstellt. Auch andere Rechtsordnungen sehen das Institut der Enteignung vor. Allein die Tatsache, dass die „Verfahrensvorschriften“ nicht eingehalten worden sind bzw. dass der Kläger für den Landentzug die versprochene Entschädigung nicht erhalten hat, erfüllt mangels Intensität schon nicht die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG in Anknüpfungen an einen Verfolgungsgrund des § 3b AsylG. Vielmehr handelt es sich - soweit dem Kläger hierfür eine Entschädigung zugestanden hätte - lediglich um staatliches Unrecht außerhalb der flüchtlingsrechtlichen Relevanz. Dies gilt vorliegend umso mehr, da es dem Kläger offensichtlich möglich war - nach der Enteignung des ersten Grundstückes - sich in Matoso eine neue Existenz aufzubauen. Die entschädigungslose Enteignung des ersten Grundstücks stellt damit keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. des § 3 Abs. 1 AsylG dar (vgl. Unabhängiger Bundesasylsenat der Republik Österreich [UBAS], Entscheidung vom 22.07.1998 - 203.929/0-VIII/22/98; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris). Hinsichtlich des Hauses in …, in dem der Kläger zuletzt mit seiner Familie gelebt hat, konnte der Kläger hingegen in der mündlichen Verhandlung keine weiteren Angaben machen. Der Kläger berief sich nur auf Besprechungen zur Erweiterung des Abbaugebietes. Zum Zeitpunkt der Flucht hat der Abbau in diesem Bereich aber noch gar nicht begonnen. Der Kläger wusste nicht einmal, ob das zweite Wohngrundstück inzwischen zum Abbaugebiet gehört bzw. ob den Eigentümern für eventuelle weitere Enteignungen nicht eine Entschädigung zugestanden wird/wurde, da der Kläger inzwischen Äthiopien verlassen und keine weiteren Informationen hinsichtlich der Situation vor Ort hat.

c) Im Übrigen - und ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt - würde die die klägerische Fluchtgeschichte jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen einer Verfolgung aus politischen Gründen führen. Die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG, wonach bei einem wegen politischer Oppositionstätigkeit vorverfolgten Asylbewerber die Verfolgungsfurcht weiterhin begründet ist bzw. er tatsächlich Gefahr läuft, bei einer Rückkehr ernsthaften Schaden zu erleiden, ist aufgrund der gegenwärtigen Auskunftslage und der aktuellen politischen Veränderungen, insbesondere im Juli, August und September 2018, gegenwärtig als widerlegt anzusehen (VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 - B 7 K 17.33349 - juris). Als Folge des im Frühjahr 2018 eingeleiteten Umbruchs hat sich die Situation für Oppositionelle in Äthiopien grundlegend geändert. Unter dem neuen Premierminister Abiy Ahmed wurde insbesondere die Einstufung der OLF, ONLF und Ginbot 7 als terroristische Organisationen am 5.7.2018 durch das Parlament aufgehoben (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list1806301105016 97.html). Das Kabinett wurde umgebildet. Die Hälfte der Ministerposten ist zwischenzeitlich mit Frauen besetzt (http://www.africanews.com/2018/10/16/female-appointees-form-half-of-ethiopia-s-new-cabinet-reports/). Es ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass diese Neuerungen alsbald - durch „alte Strukturen im Hintergrund“ - wieder rückgängig gemacht werden (können).

Mit Gesetz vom 20.7.2018 wurde zudem allen Äthiopiern, die wegen Verrats, Verbrechen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder bewaffneten Widerstands verurteilt wurden oder Objekt von Ermittlungen sind, Straffreiheit zugesichert. Durch die Amnestie für alle politische Vergehen soll den Oppositionellen ermöglicht werden, eine friedliche politische Karriere in Äthiopien zu verfolgen (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/07/ethiopian-grants-amnesty-political-prisoners-180720191811460.html). Daneben hat die äthiopische Regierung am 7.8.2018 in Asmara ein „Friedensabkommen“ mit der OLF geschlossen. Die OLF will ihre politischen Ziele danach künftig mit friedlichen Mitteln durchsetzen (https://www.aljazeera.com/ news/africa/2018/08/ethiopia-signs-deal-oromo-rebels-hostilities-180807184317117.html; http://www.africanews.com/2018/08/07/ethiopia-govt-agrees-peace-deal-with-ex-terror-group-based-in-eritrea). Am 15.09.2018 wurde die OLF offiziell in Äthiopien willkommen geheißen (http://www.africanews.com/2018/09/16/like-pg7-ethiopia-govt-welcomes-oromo-liberation-front-back-home/).

Auch die Ginbot 7 ist zwischenzeitlich von ihrem Stützpunkt im benachbarten Eritrea nach Äthiopien zurückgekehrt, weil deren Kämpfern und Unterstützern in Äthiopien keine Verfolgung mehr droht (http://www.africanews.com/2018/09/03/ethiopia-s-ex-rebel-group-ginbot-7-returns-from-eritrea-base/). Die Zahl der Oppositionellen, die nach Äthiopien zurückkehren, steigt stetig und rasant (http:// www. africanews.com/ 2018/09/03/photos-exiled-oromia-regional-president-returns-to-fanfare/).

Daher besteht für den Kläger, der die OLF nur (finanziell) unterstützt hat, keinerlei beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aus politischen Gründen (mehr). Das Gericht verkennt nicht, dass die Arbeit des neuen Premierministers mit Rückschlägen und Gegenwind verbunden ist. Die weiterhin vereinzelten Anschläge und Gewaltakte in Äthiopien vermögen an der Einschätzung des Gerichts zur politischen Verfolgung nichts zu ändern. Die Gewaltakte finden zum einen im Wesentlichen in der „Somali-Region“ statt. Zum anderen wird vorwiegend von andauernden bzw. schwelenden ethnischen Konflikten zwischen den Bevölkerungsgruppen berichtet (http://www.africanews.com/2018/09/16/brutal-ethnic-attacks-on-outskirts-of-ethiopia-capital-addis-ababa/), aber nicht von konkret-individuellen Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3a AsylG wegen politischer Aktivitäten Einzelner (https://www.dw.com/de/%C3%A4thiopien-ethnische-konflikte-schwelen-weiter/a-45011266 und https://www.sueddeutsche.de/politik/aethiopien-abiy-ahmed-superstar-1.4187205).

Aufgrund der jüngsten Gesetze, Maßnahmen und Vereinbarungen, verbunden mit der Rückkehr namhafter Exilpolitiker, kann daher nicht (mehr) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass oppositionelle Tätigkeiten in Äthiopien zu flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen führen (VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 - B 7 K 17.33349 - juris; vgl. auch VG Regensburg, B.v. 19.6.2018 - RO 2 E 18.31617 - juris... VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris). Es liegen insbesondere auch keinerlei Anhaltspunkte davor vor, dass die vom Parlament beschlossenen Veränderungen zugunsten der politischen Opposition in der (Vollzugs-) Praxis ignoriert würden. ... Dies gesteht der Kläger sogar letztlich in der mündlichen Verhandlung selbst ein, indem er dem Gericht erklärte, er habe bei einer Rückkehr nach Äthiopien keine Angst mehr vor der Regierung. Es habe in Äthiopien Veränderungen gegeben. Sogar die Oppositionellen seien inzwischen zurückgekehrt. Nach Äthiopien könne er jedoch nicht zurückkehren, weil er dort keine Bleibe und keinen Kontakt zu Verwandten mehr habe. Diese Ausführungen rechtfertigen aber im Ansatz schon, keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung in Anknüpfung an einen Verfolgungsgrund, sondern werden allenfalls im Rahmen des Bestehens von Abschiebungsverboten relevant.

d) Entgegen der Behauptung des Klägerbevollmächtigten unterliegen Volkszugehörige der Oromo - auch nach der gegenwärtigen Auskunftslage - im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keiner sogenannten Gruppenverfolgung.

Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (sog. Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Volkszugehörigkeit anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines der in § 3b AsylG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. zum Ganzen: BVerwG. U.v. 5.7.1994 - 9 C 158.94 - juris; VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris; VG Bayreuth, U.v. 7.3.2017 - B 3 K 16.31008 - juris). Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass diese mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur dann vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss (VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris, VG Bayreuth, U.v. 7.3.2017 - B 3 K 16.31008 - juris; VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 - Au 5 K 16.31853 - juris).

Ob Verfolgungshandlungen das Kriterium der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 3c Nr. 1 und 2 AsylG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 3b AsylG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann. (vgl. zu alledem BVerwG, U.v. 21.4.2009 - 10 C 11.08 - juris; VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris).

Dies zugrunde gelegt, droht dem Klägerin wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo nicht die Gefahr einer landesweiten Gruppenverfolgung. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass Volkszugehörige der Oromo verstärkt Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien ausgesetzt sind bzw. waren. Die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische landesweite Verfolgungsdichte von oromischen Volkszugehörigen war schon bislang (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 06.03.2017 - Gz. 508-516.80/3 - ETH) und ist erst Recht nach den aktuellen politischen Veränderungen zugunsten des Oromo-Volkes gegenwärtig nicht zu erkennen.

e) Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unter dem Aspekt des „Familienasyls“ zu. Er kann einen Schutzanspruch weder von seiner Ehefrau noch von seinen Kindern ableiten.

aa) Der Ehefrau des Klägers wurde - nach Auffassung des Gerichts mehr als fragwürdig - mit Bescheid vom 10.11.2017 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach § 26 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 AsylG setzt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Rahmen des „Familienasyls“ u. a. voraus, dass die Ehe- oder Lebenspartnerschaft mit dem international Schutzberechtigten schon im Herkunftsland bestanden hat (§ 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Zwar geben der Kläger und seine Ehefrau übereinstimmend an, bereits am 01.06.2014 - und damit vor der Ausreise aus Äthiopien - in Äthiopien nach religiösem Ritus geheiratet zu haben. Eine Ehe im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist jedoch nur eine bereits im Verfolgerstaat eingegangene und von diesem als Ehe anerkannte und registrierte Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau. Eine nur nach religiösem Ritus mit Eheschließungswillen eingegangene Verbindung, die im Heimatstaat nicht anerkannt worden ist, ist dagegen keine Ehe in diesem Sinne. So liegen die Dinge auch bei der vorliegenden Eheschließung zwischen dem Kläger und seiner Frau. Die ausschließlich nach islamischen Ritus geschlossene Ehe führt - ungeachtet ihrer langen Tradition, ihrer Verbreitung, ihrer staatlichen Tolerierung und ihres Ansehens - mit Blick auf die fehlende Rechtsgültigkeit einer solchen Eheschließung nicht zur Anwendbarkeit der Vorschriften über das Familienasyl (BVerwG, U. v. 22.02.2005 - 1 C 17/03 - juris; VG München, B. v. 21.08.2018 - M 9 E 18.52559 - juris; Marx, AsylG, 9. Auflage 2018, § 26 Rz. 27). Im Übrigen - und ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt - ist nicht einmal glaubhaft gemacht, dass der Kläger in Äthiopien eine traditionelle Ehe geschlossen hat. Die Belege für eine Eheschließung in Äthiopien sind angeblich auf der Flucht in Libyen verloren gegangen.

bb) Der Kläger kann einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch nicht von seinen Kindern, die in Deutschland als Flüchtlinge anerkannt sind, ableiten. Voraussetzung für einen Schutzanspruch aufgrund „Elternasyls“ ist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 AsylG eine originäre Statusberechtigung bei den Kindern. Ausweislich der Bundesamtsakten der Kinder (vgl. insbesondere die jeweiligen Bescheide vom 13.11.2017) verfügen diese jedoch über keinen originären Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG, sondern - eindeutig und unmissverständlich - nur über einen von ihrer Mutter abgeleiteten Schutzstatus. Von einem Kind, dass die Flüchtlingseigenschaft lediglich von seiner Mutter ableitet, kann der mit der Mutter nicht im staatlichen Sinne verheiratete Vater jedoch keinen Flüchtlingsschutz ableiten, da es ansonsten zu einer unüberschaubaren Folge von Kettenableitungen kommen würde (BVerwG U. v. 07.03.1995 - 9 C 389/94 - juris; BVerwG, U. v. 16.08.1993 - 9 C 7/93 - juris; vgl. Marx a. a. O., § 26 Rz. 34).

f) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Der Kläger hat auch keinen (originären oder abgeleiteten) Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG, da insbesondere nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG (i.V.m. § 26 AsylG) vorliegen.

3. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland - und insbesondere in Herkunftsregion - des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris; VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 - B 7 K 17.33349 - juris).

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat in Äthiopien die Schule bis zur 5. Klasse besucht. Er hat zwar keinen Beruf erlernt; ihm war es aber ohne weiteres möglich, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie durch den Betrieb eines Gemischtwarenladens zu bestreiten. ... Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien an diese Verhältnisse nicht anknüpfen könnte. Selbst wenn der Kläger einer derartigen Tätigkeit nicht mehr nachgehen kann, ist es ihm zur Sicherung seines Existenzminimums zumutbar, sämtliche Tätigkeiten - auch schlichte Hilfstätigkeiten - auszuüben. Weiterhin kann der Kläger nach Auffassung des Gerichts im Bedarfsfall auf Unterstützung im Rahmen des Familienverbundes zählen. Der Kläger gab gegenüber dem Bundesamt an, noch über einen Vater und eine Mutter sowie einen Bruder, eine Schwester und eine Großfamilie in Äthiopien zu verfügen. Zudem verfügt der Kläger über einen Bruder in Jemen. Auch in der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger, dass er noch Verwandte in Äthiopien habe. Der (ergänzenden) Unterstützung durch Verwandte steht auch nicht entgegen, dass der Kläger seit Verlassen des Landes keinen Kontakt mehr zu seinen Verwandten in Äthiopien gehabt hat. Solche Kontakte lassen sich ohne weiteres wiederherstellen. Im Übrigen ist das Gericht der Auffassung, dass der Kläger als junger erwerbsfähiger Mann auch ohne familiäre Unterstützung sich existenzsichernd in Äthiopien niederlassen kann.

b) Dem Kläger droht bei einer Abschiebung nach Äthiopien auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz führen würde. Derartige Umstände sind weder vorgetragen noch anderweitig für das Gericht ersichtlich.

c) Lediglich ergänzend sei in diesem Zusammenhang noch angemerkt, dass innerstaatliche Vollstreckungshindernisse, insbesondere aus Art. 6 GG, kein Gegenstand dieses Verfahrens sind.

5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit oromischer volks- und christlicher Religionszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 16.09.2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 27.09.2013 einen Asylantrag.

Bei der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 18.10.2016 gab der Kläger im Wesentlichen an, er stamme aus A. A1 und habe in Äthiopien die Schule bis zur 12. Klasse besucht. Gearbeitet habe er zunächst als LKW-Fahrer und später als Busfahrer. Ab dem Jahr 2011 sei er Fahrer eines größeren Busses gewesen, der auch in die Provinzen gefahren sei.

Befragt zu den Fluchtgründen erklärte der Kläger, er sei seit dem Jahr 2008 des europäischen Kalenders Unterstützer der G. 7. Im Jahr 2011 habe er angefangen Flugblätter der G 7 in den Provinzen des Landes zu verteilen. Bekommen habe er diese von einer Kontaktperson in A. A1. Die Flugblätter habe er anschließend heimlich an Kontaktpersonen, beispielsweise in B.-D. oder J., weitergegeben. Als im Januar 2013 ein Streit mit seinem Hilfsfahrer ausgebrochen sei und sein Hilfsfahrer die Flugblätter im Koffer des Klägers, der im Bus aufbewahrt gewesen sei, gefunden habe, habe der Hilfsfahrer die Flugblätter bei der Polizei abgegeben. Auf der Rückfahrt nach A. A1 habe die Polizei auf ihn in … gewartet und ihn auf das Polizeirevier mitgenommen. Dort habe man ihm vorgeworfen, Flugblätter verteilt zu haben. Dies habe er abgestritten und erklärt, dass die Blätter ihm nicht gehören würden. Daraufhin sei er für fünf Tage ins Zentralgefängnis gekommen. Dort habe man ihn drei Tage lang hintereinander gefoltert und dabei verhört. Anschließend sei er in das Gefängnis nach … verlegt worden. Nach zweimonatigem Gefängnisaufenthalt sei er gegen eine Bürgschaft in Höhe von 30.000 Birr freigelassen worden. Danach habe er sich bei Verwandten in einer anderen Provinz versteckt. Im Juni 2013 habe er ein Visum beantragt. Aufgrund der langen Ausreisevorbereitungen habe er erst im Juli 2013 von A. A1 mit einem Reisepass, der seine eigenen Personalien enthalten habe, nach Italien fliegen können.

Die Angaben, die er bei der ersten Befragung im September 2013 gemacht habe, insbesondere zum Reiseweg, seien unwahr gewesen. In Deutschland sei er Mitglied bei G. 7, er habe aber keinen Ausweis. Er habe einmal in Frankfurt an einer exilpolitischen Veranstaltung teilgenommen. Wann dies gewesen sei, wisse er.aber nicht. Er zahle monatliche Beiträge, mehr mache er nicht.

Bei einer Rückkehr erwarte ihn eine fünfzehnjährige oder gar lebenslange Haftstrafe. Es könne ihn auch der Tod erwarten.

Mit Bescheid vom 31.03.2017, als Einschreiben zur Post gegeben am selben Tag, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Ziff.2) ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Ziff. 3). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG. Er habe seine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Die vom Kläger behauptete Zugehörigkeit zur Organisation G 7 führe für sich genommen noch nicht zu flüchtlingsschutzrelevanten Verfolgungsmaßnahmen. Richtig sei zwar, dass Mitglieder und Sympathisanten von G 7 mit Strafverfolgung rechnen müssten. Voraussetzung für eine solche Verfolgungsgefahr sei jedoch, dass der Betreffende glaubhaft mache, sich aktiv für die Ziele der G 7 eingesetzt zu haben bzw. seine Sympathie auf andere Weise offenkundig geworden sei. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. Er habe nicht substantiiert darlegen können, in Äthiopien die Organisation G 7 unterstützt zu haben. Die Angaben hierzu seien meist unsubstantiiert und vage geblieben. Der Kläger habe lediglich angegeben, Flugblätter verteilt zu haben. Nähere Angaben habe der Kläger - unter dem Hinweis, dass es ihm nicht erlaubt sei, über die Organisation zu sprechen - nicht gemacht. Auch dass der Kläger die Flugblätter in seinem Koffer im Aufbewahrungsbereich des Busses neben den Werkzeugen gelagert habe, sei lebensfremd und unschlüssig. Dies werde dadurch verstärkt, dass der Hilfsfahrer jederzeit Zugang zu diesem Fach gehabt habe und somit die Flugblätter jederzeit hätte entdecken können. Weiterhin seien die Angaben des Klägers zu seiner letzten Wohnanschrift, zum Reiseweg, zum Besitz von Personalpapieren und letztlich zu den Ausreisegründen selbst widersprüchlich. Der Kläger habe zwar eingeräumt, dass die Angaben bei seiner ersten Befragung nicht der Wahrheit entsprochen hätten, dies zeige jedoch, dass er es mit der Wahrheit offensichtlich nicht allzu genau nehme. Daneben seien die Angaben zu den Örtlichkeiten des Gefängnisses nur abstrakt und ohne jegliche Details geblieben. Nicht nachvollziehbar sei ferner, dass die Polizei den Kläger nach zwei Monaten aus der Haft gegen eine Bürgschaft entlassen habe. In einem solchen Fall sei es voraussehbar, dass die aus der Haft entlassene Person die Flucht ergreife. Da der Kläger im Zeitraum vom März bis Juli 2013 bei seinen Verwandten nicht gesucht worden sei, habe offensichtlich kein ernsthaftes Verfolgungsinteresse der Sicherheitskräfte bestanden. Im Übrigen deute auch die Ausreise über den Flughafen in A. A1 darauf hin, dass die Behörden des Heimatlandes kein Verfolgungsinteresse am Kläger haben. Abgesehen davon sei es nicht nachvollziehbar, warum der Kläger bei einer Verfolgungsfurcht den risikoreichsten Ausreiseweg über den Flughafen A. A1 gewählt habe und keinen weniger risikobehafteten Reiseweg.

Auch die behauptete exilpolitische Betätigung des Klägers begründe keine andere Entscheidung. Allein die Teilnahme an Veranstaltungen und Demonstrationen der G 7 reiche für eine exponierte Stellung nicht aus.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gem. Art. 16a Abs. 1 GG seien nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des § 3 AsylG einschlägig sei.

Dem Kläger sei kein subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Ausreichende Hinweise darauf, dass dem Kläger in Äthiopien ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AsylG drohe, lägen nicht vor. Eine Gefahr im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG bestehe derzeit in Äthiopien nicht.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG kämen ebenfalls nicht in Betracht. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse stelle nur in außergewöhnlichen Einzelfällen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK dar. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Selbst unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG seien weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 11.04.2017 erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt,

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 31.03.2017 verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;

hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen;

hilfsweise festzustellen, dass beim Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Androhung einer Abschiebung sei ungeachtet vom Ausgang des Asylverfahrens wegen Verstoßes gegen Art. 1 und 2 GG sowie Art. 3 EMRK unzulässig, da diese zumindest zu Gefahren für Leib, Leben und Freiheit des Klägers führe.

Mit Schriftsatz vom 26.04.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Schriftsatz vom 12.11.2018 führte der Klägerbevollmächtigte zur Begründung der Klage im Wesentlichen aus, hinsichtlich der Fluchtgründe werde auf die bisherigen Angaben des Klägers Bezug genommen. Die vermeintlichen Widersprüche bzw. Ungenauigkeiten zu den fluchtauslösenden Ereignissen werde der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung aufklären bzw. auflösen. Der Kläger sei aus politischen Gründen, d.h. wegen seiner Aktivitäten für die G. 7, aus Äthiopien vorverfolgt ausgereist. Wie sich aus der einhelligen Auskunftslage ergebe, sei es nicht notwendig, exponiert für die G 7 in Äthiopien aktiv zu sein, um eine Verfolgung durch staatliche Stellen zu erleiden. Es reiche vielmehr alleine der Verdacht einer Unterstützung für G. 7 aus. Da der Kläger jedenfalls vorverfolgt ausgereist sei, sei die Beweislastumkehr gemäß Art. 4 Qualifikationsrichtlinie einschlägig. Wie sich u.a. aus dem aktuellen Adhoc Bericht des Auswärtigen Amtes vom 17.10.2018 ergebe, seien zwar einige Reformen erfolgt, es finde aber immer noch politische Verfolgung statt. Daneben sei dem Kläger zumindest aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise der subsidiäre Schutzstatus zuzuerkennen. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass es sich beim Kläger um eine exilpolitisch aktive Person handle. Wie das Verwaltungsgericht Würzburg u.a. im Urteil vom 24.07.2017 (Az. W 3 K 16.30710) überzeugend darlege, drohe einem äthiopischen Staatsangehörigen, der sich für eine als terroristische Vereinigung eingestufte Organisation nahestehende Exilorganisation betätige und ein Mindestmaß an exilpolitischen Tätigkeiten aufweise, eine asylrelevante Verfolgung. Wie sich aus dem Adhoc Bericht des Auswärtigen Amtes ergebe, bestehe eine solche Verfolgungsgefahr wegen exilpolitischer Tätigkeit auch weiterhin.

Mit Beschluss der Kammer vom 16.10.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 28.11.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 28.11.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt Folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst vollumfänglich den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:

a) Der Kläger hat sein Herkunftsland nicht vorverfolgt verlassen. Ihm ist es auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen ist, einen schlüssigen, zusammenhängenden und nachvollziehbaren Sachvortrag abzuliefern. Im Gegenteil, der Vortrag blieb vage, detailarm und widersprüchlich, so dass das Gericht dem Vorfluchtgeschehen keinen Glauben schenkt.

aa) Bereits unglaubwürdig ist, dass der Kläger nunmehr - im Gegensatz zu seinen Angaben bei der ersten Anhörung im Jahr 2013 - sein Herkunftsland über den Flughafen A. A1 verlassen haben will. Aufgrund der genauen Personal- und Passkontrollen auf dem Flughafen in A. A1 (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 22.03.2018, S. 26; VG Bayreuth, U. v. 05.09.2018 - B 7 K 17.33349 - juris) erscheint es dem Gericht nahezu ausgeschlossen, dass der Kläger mit Reisedokumenten, die auf seinen eigenen Namen ausgestellt gewesen sind, Äthiopien problemlos verlassen konnte, obwohl er weiterhin wegen der Tätigkeit für die G 7 im Visier der Sicherheitsbehörden gewesen sein soll. Daran ändern auch nichts die vom Kläger geschilderten Schmiergeldzahlungen. Der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung an, zu Beginn seiner Ausreisevorbereitungen ca. 250.000,00 äthiopische Birr an eine Kontaktperson bezahlt zu haben. Damit seien alle Bestechungsgelder im Zusammenhang mit der Ausreise beglichen gewesen. Bei der knapp drei Monate später stattgefundenen Ausreise habe er hingegen am Flughafen in A. A1 keine Bestechungsgelder mehr bezahlt. Für das Gericht ist daher schon im Ansatz nicht nachvollziehbar und glaubhaft, dass mit einer Schmiergeldzahlung unmittelbar nach der Haftentlassung auch die mehrere Monate später erfolgte Ausreise des gesuchten bzw. verfolgten Klägers derart abgedeckt gewesen sein soll, dass er problemlos hat ausreisen können. Weiterhin konnte der Kläger dem Gericht in der mündlichen Verhandlung nicht einmal ungefähr darlegen, wann die Ausreise über den Flughafen A. A1 überhaupt stattgefunden hat. Er erklärte dem Gericht lediglich, das richtige Datum habe er bei der Anhörung im Jahr 2016 angegeben. Heute könne er dazu nichts mehr sagen. Erst auf Vorhalt des Gerichts erklärte der Kläger, es könne stimmen, dass die Ausreise im Juli 2013 erfolgt sei. Auch insoweit wären von dem überdurchschnittlich gebildeten Kläger - trotz der langen Zeitspanne - zumindest noch ungefähre Zeitangaben zu erwarten gewesen.

bb) Unglaubwürdig ist zudem, dass der Kläger nicht einmal weiß, ob der Reisepass, den er von einer Kontaktperson mit seinen eigenen Daten erlangt hat, eine Fälschung gewesen ist oder ob die Kontaktperson den Pass offiziell für ihn bei der Behörde beantragt hat.

cc) Höchst unglaubwürdig sind auch die klägerischen Ausführungen zur Einreise mittels Flugzeug nach Italien. Der Kläger erklärte dem Gericht, er sei mit einem Reisepass, der auf seinen eigenen Namen ausgestellt gewesen sei, und einem Visum für Italien - nach einem Zwischenstopp in Rom - in Mailand gelandet. Am Flughafen in Mailand habe es keinerlei Probleme mit dem Reisepass und dem Visum gegeben. Diese Einlassung kann dem Kläger schon deswegen nicht geglaubt werden, da ausweislich der VIS-Antragsauskunft das von Italien ausgestellte Schengen-Visum lediglich vom 16.06.2013 bis zum 30.06.2013 gültig gewesen ist, der Kläger aber sowohl bei der Anhörung im Jahr 2016 als auch in der mündlichen Verhandlung - nach entsprechenden Vorhalten des Gerichts - wiederholt angegeben hat, dass er erst im Juli 2013 per Flugzeug nach Italien eingereist sei. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass bei den Sicherheitskontrollen an einem europäischen Flughafen das abgelaufene Visum aufgefallen und es zu weiteren Nachforschungen gekommen wäre. Konfrontiert mit den Unstimmigkeiten erklärte der Kläger dem Gericht, wiederrum lediglich pauschal, es könne sein, dass er die Daten durcheinandergebracht habe. Diese Schutzbehauptung nimmt das Gericht dem Kläger nicht ab, zumal in anderem Zusammenhang von einer Ein- bzw. Ausreise im Juli 2013 die Rede gewesen ist und der Kläger bereits zu Beginn des Asylverfahrens über seine Ein- und Ausreise getäuscht hat.

dd) Die Unstimmigkeiten im klägerischen Vortrag zur Aus- und Einreise setzen sich sodann bei der gerichtlichen Befragung zum zeitlichen Kontext fort. Der Kläger erklärte dem Gericht, er habe unmittelbar nach seiner Freilassung mit den Ausreisevorbereitungen begonnen. Diese Vorbereitungen, insbesondere das Visumsverfahren, hätten insgesamt zwei Monate gedauert. Eine Woche nachdem er den Pass samt Visum erhalten habe, sei er dann über den Flughafen A. A1 ausgereist. Diese zeitlichen Angaben sind im Hinblick auf die klägerischen Angaben zu seiner Festnahme und Haftdauer grob unstimmig. Der Kläger erklärte gegenüber dem Bundesamt am 18.10.2016, er sei im Januar 2013 ins Gefängnis gekommen und zwei Monate inhaftiert worden. Dementsprechend müsste der Kläger spätestens Ende März 2013 freigekommen sein. Wenn der Kläger andererseits mit den Ausreisevorbereitungen unmittelbar nach der Freilassung begonnen haben will und diese etwas mehr als zwei Monate gedauert haben sollen, bevor er ausgereist ist, müsste der Kläger Ende Mai/Anfang Juni 2013 Äthiopien verlassen haben und nicht erst im Juli 2013.

ee) Unstimmig sind ferner die Angaben zum Engagement des Klägers bei G. 7. Befragt hierzu erklärte der Kläger dem Gericht, er sei seit dem Jahr 2008 des europäischen Kalenders Unterstützer der G. 7 gewesen. Bis zum Jahr 2011 habe er nur die Ziele der G. 7 unterstützt, aber sonst nichts für die Organisation gemacht. Ab dem Jahr 2011 habe er sich dann aktiv engagiert und die besagten Flugblätter in Umlauf gebracht. Im Rahmen weiterer Nachfragen des Gerichts trug der Kläger sodann vor, die Weitergabe von Flugblättern habe er über einen Zeitraum von fast einem Jahr gemacht. Auch diese Ausführungen sind von eklatanten zeitlichen Widersprüchen geprägt. Es blieb in der mündlichen Verhandlung völlig offen, wie beim Kläger im Januar 2013 noch Flugblätter gefunden werden konnten, wenn er von Anfang 2011 an nur für einen Zeitraum von einem Jahr die Flugblätter in Umlauf gebracht hat. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts antwortete der Kläger wiederrum pauschal und nichtssagend, er habe im Januar 2013 noch Flugblätter im Fahrzeug gehabt, die er bei entsprechender Gelegenheit noch verteilt habe. Vage und detailarm erklärte der Kläger sodann dem Gericht, es könne durchaus sein, dass er nicht nur ein Jahr lang Flugblätter weitergegeben habe, sondern doch drei Jahre lang. Daneben konnte der Kläger dem Gericht nahezu keine weiteren Details zu den ominösen Flugblättern liefern. Er wusste nicht einmal wie oft er Flugblätter zur Verteilung entgegengenommen hat. Ihm war es nicht einmal möglich eine ungefähre Schätzung abzugeben. Auch zur Anzahl der aufbewahrten und verteilten Flugblätter konnte der Kläger keinerlei detaillierten Angaben machen.

ff) Letztlich sind auch die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Haftentlassung unschlüssig und unglaubhaft. Zum einen konnte er nicht einmal den ungefähren Zeitpunkt der Entlassung einschätzen. Dies soll „irgendwann im Jahr 2013“ gewesen sein. Zum anderen erklärte er gegenüber dem Bundesamt im Jahr 2016 noch, er sei nach der Zahlung einer Bürgschaft in Höhe von 30.000,00 Birr freigelassen worden. In der mündlichen Verhandlung wurde dagegen erstmals ausgeführt, dass neben der Kaution in Höhe von 30.000,00 Birr noch ein Schmiergeld von 50.000,00 Birr an den zuständigen Staatsanwalt gezahlt worden sei. In Anbetracht des Gesamteindrucks vom Kläger hält das Gericht dies für eine unglaubwürdige Steigerung des Sachvortrags. Hätte der Kläger tatsächlich neben einer Kaution von 30.000,00 Birr noch ein Schmiergeld von 50.000,00 Birr gezahlt, hätte dies auch bei der Anhörung beim Bundesamt seinen Niederschlag gefunden, zumal sich der Kläger während der mündlichen Verhandlung wiederholt auf Erinnerungslücken berufen hat und auf seine Angaben beim Bundesamt verwies. Von daher ist es kaum nachvollziehbar, dass der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung - noch dazu ungefragt - eine Schmiergeldzahlung ins Feld führt.

gg) Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Kläger aufgrund der massiven Unstimmigkeiten und Widersprüche schon im Ansatz nicht glaubhaft gemacht hat, sein Herkunftsland vorverfolgt verlassen zu haben.

b) Im Übrigen - und ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt - führt die angebliche Vorverfolgung aus politischen Gründen im Jahr 2013 jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen einer Verfolgung aus politischen Gründen. Die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG, wonach bei einem wegen politischer Oppositionstätigkeit vorverfolgten Asylbewerber die Verfolgungsfurcht weiterhin begründet ist bzw. er tatsächlich Gefahr läuft, bei einer Rückkehr ernsthaften Schaden zu erleiden, ist aufgrund der gegenwärtigen Auskunftslage und der aktuellen politischen Veränderungen, insbesondere im Sommer und Herbst 2018, gegenwärtig als widerlegt anzusehen (VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 - B 7 K 17.33349 - juris; VG Bayreuth, U.v. 31.10.2018 - B 7 K 17.32826 - juris). Als Folge des im Frühjahr 2018 eingeleiteten Umbruchs hat sich die Situation für Oppositionelle in Äthiopien grundlegend geändert. Unter dem neuen Premierminister Ab. Ah. wurde insbesondere die Einstufung der OLF, ONLF und G 7 als terroristische Organisationen durch das Parlament am 5.7.2018 aufgehoben (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list1806301105016 97.html). Das Kabinett wurde umgebildet. Die Hälfte der Ministerposten ist zwischenzeitlich mit Frauen besetzt (http://www.africanews.com/2018/10/16/female-appointees-form-half-of-ethiopia-s-new-cabinet-reports/). Im Hinblick auf die im Jahr 2020 anstehenden Wahlen wurden bereits erste Veränderungen angestoßen (http://www.africanews.com/2018/11/23/ ethiopia-pm-opposition-to-discuss-electoral-reforms). Eine frühere - oppositionelle - Richterin wurde vom Parlament zur Vorsitzenden der nationalen Wahlkommission bestellt, um Transparenz und Gleichbehandlung der Parteien zu gewährleisten (http://www.africanews.com/2018/11/22/ethiopia-parliament-approves-birtukan-mideksa-as-elections-boss/). Es ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass diese Neuerungen alsbald - durch „alte Strukturen im Hintergrund“ - wieder rückgängig gemacht werden (können).

Mit Gesetz vom 20.7.2018 wurde zudem allen Äthiopiern, die wegen Verrats, Verbrechen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder bewaffneten Widerstands verurteilt wurden oder Objekt von Ermittlungen sind, Straffreiheit zugesichert. Durch die Amnestie für alle politische Vergehen soll den Oppositionellen ermöglicht werden, eine friedliche politische Karriere in Äthiopien zu verfolgen (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/07/ethiopian-grants-amnesty-political-prisoners-180720191811460.html). Daneben hat die äthiopische Regierung am 7.8.2018 in Asmara ein „Friedensabkommen“ mit der OLF geschlossen. Die OLF will ihre politischen Ziele danach künftig mit friedlichen Mitteln durchsetzen (https://www.aljazeera.com/ news/africa/2018/08/ethiopia-signs-deal-oromo-rebels-hostilities-180807184317117.html; http://www.africanews.com/2018/08/07/ethiopia-govt-agrees-peace-deal-with-ex-terror-group-based-in-eritrea). Am 15.09.2018 wurde die OLF offiziell in Äthiopien willkommen geheißen (http://www.africanews.com/2018/09/16/like-pg7-ethiopia-govt-welcomes-oromo-liberation-front-back-home/).

Auch die G 7 ist zwischenzeitlich von ihrem Stützpunkt im benachbarten Eritrea nach Äthiopien zurückgekehrt, weil deren Kämpfern und Unterstützern in Äthiopien keine Verfolgung mehr droht (http://www.africanews.com/2018/09/03/ethiopia-s-ex-rebel-group-ginbot-7-returns-from-eritrea-base/).

Selbst die früheren Rebellen der ONLF sind aus Eritrea nach J., der Hauptstadt der S.-Region, zurückgekehrt, nachdem Mitte November 2018 in A2 ein Friedensabkommen mit der Regierung Äthiopiens geschlossen wurde (http://www.africanews.com/2018/11/21/ogaden-rebels-return-to-ethiopia-from-eritrea-jijiga-celebrates/).

Zahl der Oppositionellen, die nach Äthiopien zurückkehren, steigt daher stetig und rasant (http:// www.africanews.com/ 2018/09/03/photos-exiled-oromia-regional-president-returns-to-fanfare/). In Anbetracht dessen besteht für den Kläger, dem im Jahr 2013 angeblich Unterstützung der G 7 vorgeworfen wurde, jedenfalls keinerlei beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aus politischen Gründen (mehr). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Arbeit des neuen Premierministers mit Rückschlägen und Gegenwind verbunden ist. Die weiterhin vereinzelten Anschläge und Gewaltakte in Äthiopien vermögen an der Einschätzung des Gerichts zur politischen Verfolgung nichts zu ändern. Die Gewaltakte finden zum einen im Wesentlichen in der „Somali-Region“ statt. Zum anderen wird vorwiegend von andauernden bzw. schwelenden ethnischen Konflikten zwischen den Bevölkerungsgruppen berichtet (http://www.africanews.com/2018/09/16/brutal-ethnic-attacks-on-outskirts-of-ethiopia-capital-addis-ababa/), aber nicht von konkret-individuellen Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3a AsylG wegen politischer Aktivitäten Einzelner (https://www.dw.com/de/%C3%A4thiopien-ethnische-konflikte-schwelen-weiter/a-45011266 und https://www.sueddeutsche.de/politik/aethiopien-abiy-ahmed-superstar-1.4187205).

Aufgrund der jüngsten Gesetze, Maßnahmen und Vereinbarungen, verbunden mit der Rückkehr namhafter Exilpolitiker, kann daher nicht (mehr) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass oppositionelle Tätigkeiten in Äthiopien zu flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen führen (VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 - B 7 K 17.33349 - juris; VG Bayreuth, U.v. 31.10.2018 - B 7 K 17.32826 - juris; vgl. auch VG Regensburg, B.v. 19.6.2018 - RO 2 E 18.31617 - juris**VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris). Es liegen insbesondere auch keinerlei Anhaltspunkte davor vor, dass die vom Parlament beschlossenen Veränderungen zugunsten der politischen Opposition in der (Vollzugs-) Praxis ignoriert würden.

c) Auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung für die G 7 kann sich der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen exilpolitischer Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen in der Vergangenheit genau beobachtet hat bzw. durch die Auslandsvertretungen hat beobachten lassen. Ob diese Beobachtungen auch unter dem Regime des seit Anfang April 2018 amtierenden Premierminister Abiy Ahmed und der vorstehend dargestellten politischen Veränderungen fortgeführt werden, ist gegenwärtig nicht ersichtlich. Das erkennende Gericht ist jedoch bereits vor dem politischen Umbruch in Äthiopien im Jahr 2018 davon ausgegangen, dass nicht jede, wie auch immer geartete, Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt bzw. kam es für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v.20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 22.2.2018 - 1 K 302/17.KS.A - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017- 1 K 2320/17.KS.A - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris). Bloßen „Mitläufern“ droht(e) bei einer Rückkehr grds. keine beachtliche Verfolgungsgefahr.

Der aktuellen Auskunftslage - unter Berücksichtigung der bereits vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Stellungnahmen aufgrund des Beweisbeschlusses des BayVGH vom 26.3.2018 (Az. 8 B 17.31645 u.a.) - ist nicht zu entnehmen, dass bloßen Mitläufern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung bei Rückkehr droht.

Dem Auswärtigen Amt (AA) lagen schon nach dem Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 22.3.2018 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich sei vielmehr der konkrete Einzelfall, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen werde oder um welche politische Tätigkeit es sich handle (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung sei auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibe - soweit bekannt - ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris). Der Lagebericht vom 22.3.2018 geht insbesondere auch auf die innenpolitischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 und auf den am 16.2.2018 ausgerufen (neuerlichen) Ausnahmezustand ein (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 6). Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen hält das Auswärtige Amt hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung bei Rückkehr von im Ausland exilpolitisch tätigen Äthiopiern an den Ausführungen im Lagebericht vom 6.3.2017 fest (vgl. AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18).

Aufgrund des Beweisbeschlusses des BayVGH vom 26.3.2018 (Az. 8 B 17.31645 u.a.) teilte das Auswärtige Amt mit Stellungnahme vom 14.6.2018 mit, es sei zwar davon auszugehen, dass äthiopische Stellen exilpolitische Organisationen in Deutschland beobachten und die Mitgliedschaft bzw. die Unterstützungshandlungen für eine solche Organisation bekannt werde. Allerdings müsse auch davon ausgegangen werden, dass das Interesse an der Beobachtung von Personen/Aktionen und die Weitergabe der Informationen vom Grad der Involvierung bzw. der konkreten Aktivität der betreffenden Person abhänge. Zudem geht auch das AA von einem Wandel der innenpolitischen Lage seit dem Amtsantritt des neuen Premierministers aus. Der im Februar 2018 für sechs Monate verhängte Ausnahmezustand sei Anfang Juni 2018 vorzeitig beendet worden. Seit Januar 2018 sei eine größere Anzahl vom politisch Gefangenen, darunter auch Mitglieder der bislang als terroristisch eingestuften G. 7, entlassen worden. Ob eine Unterstützung einer Exilorganisation oder eine einfache Mitgliedschaft in einer in Deutschland exilpolitisch tätigen, von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuften oder einer ihr nahestehenden Organisation (ohne in dieser Organisation eine herausgehobene Stellung innezuhaben) bei einer Rückkehr negative Auswirkung nach sich zieht, kann vor dem innenpolitischen Hintergrund vom AA nicht beurteilt werden. Sollte es Auswirkungen geben, sei jedoch davon auszugehen, dass die Art der Auswirkung vom Grad der Involvierung bzw. der konkreten Aktivitäten der betreffenden Person abhänge. Es sind lt. AA auch keine Fälle bekannt, in denen zurückgekehrte Äthiopier, die in Deutschland exilpolitisch tätig waren, wegen der exilpolitischen Tätigkeit durch äthiopische Behörden inhaftiert oder misshandelt wurden.

Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr wegen der einfachen Mitgliedschaft und/oder einem durchschnittlichen Engagement in einer exilpolitischen Organisation, kann der neusten Auskunft des Auswärtigen Amtes damit schon im Ansatz nicht entnommen werden.

Nichts anderes ergibt sich auch aus dem Adhoc Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 17.10.2018. Der Bericht greift zwar zu Beginn die aktuellen politischen Veränderungen in den wesentlichen Grundzügen auf (vgl. S. 6/7), bei der Bewertung exilpolitischer Tätigkeiten in Deutschland wiederholt das Auswärtige Amt jedoch nahezu wortgleich seine Ausführungen aus dem Lagebericht vom 22.03.2018, sodass dem neuesten Ad-hoc-Bericht ebenfalls nicht entnommen werden kann, dass auch untergeordnete exilpolitische Betätigung in Deutschland zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr bei einer Rückkehr nach Äthiopien führt.

Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 in der Sache 6 K 4787/15.GI.A) - zum Fall einer exilpolitischen Tätigkeit für die EPPFG - stellt ebenfalls nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Diese Feststellung erreicht aber schon nicht den Maßstab der notwenigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit (VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris).

Nichts anderes folgt aus der Auskunft des Leibniz-Instituts vom 19.5.2018 (GIGA an den BayVGH in der Sache 8 B 17.31645 u.a.). In der aktuellen Auskunft wird lediglich ausgeführt, dass die äthiopische Regierung über ihre Auslandsvertretungen und einem Netz von Informanten die Aktivitäten der exilpolitischen Organisationen verfolge sowie dass davon auszugehen sei, dass sowohl die Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung als auch Unterstützungshandlungen einzelner Personen der äthiopischen Regierung bekannt werden würden. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person als einer Exilorganisation zugehörig eingestuft wird, dürfte lt. der Stellungnahme vom 19.5.2018 mit der Häufigkeit der entsprechenden Aktivitäten wachsen. Auch das Leibnitz-Institut konnte keine Angaben zu Vernehmungen, Inhaftierungen und Misshandlungen zurückgekehrter Äthiopier, die keine herausgehobene Funktion in der Exilpolitik hatten, machen. Die Stellungnahme verweist auf Seite 8/9 nur auf zwei prominente und hochrangige Exilpolitiker, die nach Auffassung des Gerichts kein Beispiel und Maßstab für die Behandlung der breiten Masse von exilpolitisch tätigen Äthiopiern sind. Im Übrigen wird lediglich davon ausgegangen, dass es vor dem volatilen Hintergrund der politischen Veränderungen „keinesfalls auszuschließen ist“, dass einfachen Mitgliedern oder Unterstützern von politischen Exilorganisationen, die von der Regierung als Terrororganisation eingestuft werden, die Verfolgung und Verhaftung drohe (S. 2 und 3 der Stellungnahme).

AMNESTY INTERNATIONAL (AI) führte mit Stellungnahme vom 11.7.2018 an den BayVGH (Az. 8 B 17.31645 u.a.) aus, dass sich die politische Lage in Äthiopien seit Anfang 2018 deutlich verändert hat. Trotz begrüßenswerter Veränderungen in Äthiopien bleibe abzuwarten, wie sich die menschenrechtliche Situation vor Ort entwickeln werde. Vor dem Hintergrund der neuen und sich ständig ändernden Situation sei es AI nach eigenen Angaben nicht möglich, eine Aussage über die aktuelle Situation bzw. über zukünftige Entwicklungen zu treffen. Daher legte AI dem Gutachten die politische Situation in Äthiopien der letzten Jahrzehnte bis Anfang 2018 zugrunde. Die Ausführungen von AI zur politischen Situation in Äthiopien und zur Behandlung von exilpolitisch tätigen Personen bis Anfang 2018 sind jedoch nicht geeignet, eine verlässliche Auskunft über die gegenwärtige Situation, die nach § 77 Abs. 1 AsylG im Asylverfahren maßgeblich ist, zu liefern. Bemerkenswert ist zudem, dass die Auskunft vom 11.7.2018 nicht einmal den Beschluss des äthiopischen Parlamentes vom 5.7.2018 aufgreift, mit dem die Einstufung der OLF, ONLF und G 7 als terroristische Organisationen aufgehoben wurde. Vielmehr wird - unter Bezugnahme auf veraltete Quellen - weiterhin davon ausgegangen, dass die OLF von der Regierung als terroristische Organisation eingestuft wird (S. 3 und 4 der Stellungnahme).

G. Sch. geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung - verbunden mit intensiver Befragung - auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie Schröder trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von G. Sch. im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit - zumindest teilweise - gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Schröders nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora - auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass Schröder zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris).

Auch unter Einbeziehung der Stellungnahme G. Sch. vom 18.2.2018 in der Streitsache W 3 K 16.30383 an das VG Würzburg ist das Gericht nicht von einer beachtlichen Verfolgungsgefahr für Rückkehrer alleine wegen jeder - wie auch immer gearteter - Form der exilpolitischen Betätigung überzeugt. Zwar kommt G. Sch. zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass unter dem wiedereingeführten Ausnahmezustand exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt seien, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden (Rn. 83 der Stellungnahme vom 18.2.2018), während in der Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen noch ausgeführt wurde, angesichts der Willkürlichkeit im Handeln der Sicherheitsorgane und der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien lasse sich im Einzelnen nicht vorhersagen, was Rückkehrer zu befürchten hätten. Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch als Minimum anzunehmen (Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017; dieser Passus befindet sich im Übrigen auch noch unter Rn. 82 der Stellungnahme vom 18.2.2018). Anderseits führt Schröder in Rn. 17 der Stellungnahme vom 18.2.2018 aus, aufgrund es neuerlichen Ausnahmezustandes vom 16.2.2018 scheinen die gleichen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 zu gelten. Für das Gericht ist daher weder nachvollziehbar noch plausibel dargelegt, warum nunmehr (allein) aufgrund des Ausnahmezustand 2018 exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sein sollen, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden, wenn keine anderen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 gelten. Im Übrigen sind die Ausführungen Schröders durch die aktuellen politischen Entwicklungen in den letzten Wochen und Monaten teilweise überholt. Der im Februar 2018 für sechs Monate anberaumte Ausnahmezustand wurde - wie bereits ausgeführt - am 5.6.2018 wegen der „relativen Stabilität und Ruhe im Land“ vorzeitig wiederaufgehoben. Daneben wurden vom Parlament im Juli 2018 grundlegende Änderungen bei den „Anti-Terrorgesetzen“ sowie eine Amnestie für politische Vergehen/Verbrechen beschlossen.

Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher nicht an, dass äthiopischen Asylbewerbern, die sich zu einer Exilorganisation bekennen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 15.08.2018 - B 7 K 17.31116 - juris; VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Bei einer Rückkehr nach Äthiopien mussten schon bislang allenfalls solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland exponiert politisch betätigt haben, dass sie die äthiopischen Behörden als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen haben (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017- B 2 K 16.31139 - juris; VG Gießen, U.v. 25.4.2018 - 6 K 116/17.GI.A - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.Gl.A - juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 - 21 B 15.30119 - juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 - 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017- W 3 K 17.31180 - juris). Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen musste davon ausgegangen werden, dass auch diesen nicht verborgen geblieben sein kann, dass bei einer Vielzahl von äthiopischen Asylbewerbern weniger politische Interessen maßgeblich sind als vielmehr das Bemühen, sich im Asylverfahren eine günstigere Ausgangsposition zu verschaffen. Im Hinblick darauf war es schon bislang nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden „Mitläufer“ als für das Regime gefährlich erachten und gegen diese im Falle ihrer Rückkehr in einer Art und Weise vorgehen, dass die für eine Schutzgewährung anzulegende Schwelle erreicht wird.

Die aktuellen Entwicklungen in Äthiopien sprechen sogar dafür, dass nunmehr selbst solchen Äthiopiern, die sich in herausgehobener Art und Weise exilpolitisch in Deutschland engagieren, nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungsgefahr droht, sondern dass dies allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen (noch) beachtlich wahrscheinlich erscheint (VG Bayreuth, U.v. 15.08.2018 - B 7 K 17.31116 - juris; vgl. VG Regensburg, B.v. 19.6.2018 - RO 2 E 18.31617 - juris, VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris).

Der Kläger dagegen hat eine exilpolitische Tätigkeit für die G 7 in Deutschland schon nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Bei der Anhörung beim Bundesamt im Jahr 2016 erklärte er, er sei Mitglied bei G. 7, habe jedoch keinen Ausweis. Er nehme jedoch an Aktivitäten teil und habe einmal, als Dr. N. in F gewesen sei, eine Veranstaltung besucht. Wann dies gewesen sei, wisse er nicht. Befragt zur Exilpolitik in der mündlichen Verhandlung äußerte sich der Kläger ähnlich vage und unsubstantiiert. Er erklärte dem Gericht, er habe in Deutschland für eine bestimmte Zeit an Demonstrationen teilgenommen und dabei drei bis vier Veranstaltungen besucht. Auch dem Gericht konnte er keine weiteren Details zu den Veranstaltungen nennen, nicht einmal, wann er die letzte Veranstaltung besucht haben will. Seine Ausführungen beschränkten sich dahingehend, dass die Veranstaltungen in Berlin und Frankfurt gewesen sein soll. Daneben will er laut Angaben in der mündlichen Verhandlung in Deutschland nur Unterstützer, aber kein Mitglied der G. 7 sein. Wenn er in den sozialen Medien von Veranstaltungen der G 7 erfahren habe, sei er einfach dort hingegangen. In Anbetracht der sonstigen Unwahrheiten und Widersprüchlichkeiten im klägerischen Vortrag, schenkt das Gericht der geschilderten - spärlichen - Exilpolitik für die G 7 keinen Glauben. Dies gilt umso mehr, da der Kläger keinerlei Bescheinigungen für die angeblich besuchten Veranstaltungen vorweisen konnte. Er erklärte auf Frage des Gerichts pauschal, die G 7 stelle keine Bescheinigungen aus. Diese Aussage entspricht offensichtlich nicht der Wahrheit, da dem Gericht aus einer Mehrzahl anderer Fälle bekannt ist, dass seitens der G 7 durchaus Mitglieds- und Teilnahmebescheinigungen für besuchte exilpolitische Veranstaltungen ausgestellt werden. Nahezu jeder Asylbewerber ist in der Lage, irgendwelche Bescheinigungen zur Untermauerung der behaupteten exilpolitischen Tätigkeit vorzulegen. Dem Kläger kann mit der abgegebenen Begründung nicht geglaubt werden, dass er keine diesbezügliche Bescheinigung erhalten kann.

Selbst wenn man eine exilpolitische Betätigung des Klägers für die G 7 im Rahmen von drei bis vier Veranstaltungen als wahr unterstellt, führt dies schon im Ansatz nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Kläger hat keine tragende Rolle innerhalb der Exilbewegung. Er erklärte selbst, er zahle nur Mitgliedsbeiträge und mache sonst nichts. Exilpolitisch ist der Kläger daher unstreitig als bloßer Mitläufer zu qualifizieren. Ein besonders gelagerter exilpolitischer Ausnahmefall ist nicht einmal annähernd gegeben. Es ist für das Gericht daher nicht einmal im Entferntesten ersichtlich, dass dem Kläger im Falle der Abschiebung relevante Verfolgungsmaßnahmen wegen exilpolitscher Tätigkeiten in Deutschland drohen würden.

d) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland - und insbesondere in Herkunftsregion - des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris; VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 - B 7 K 17.33349 - juris).

3. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Der Kläger verfügt über eine überdurchschnittliche Schulbildung. Er hat in Äthiopien seinen Lebensunterhalt mit einer geregelten Arbeit verdient. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr an diese Verhältnisse nicht anknüpfen könnte. Selbst wenn er nicht mehr als LKW- oder Busfahrer tätig sein kann, ist der Kläger auf die Ausübung schlichter Hilfstätigkeiten zur Sicherung seines Existenzminimums zu verweisen. Daneben verfügt der Kläger noch über verwandtschaftlichen Rückhalt in Äthiopien. Er kann im Bedarfsfall daher auf die Unterstützung der Großfamilie zurückgreifen. Die hohen Voraussetzungen für die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind daher schon im Ansatz nicht erfüllt.

b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

4. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

5. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit amharischer volks- und christlicher Religionszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 15.10.2016 mit dem Flugzeug aus Addis Abeba kommend über den Flughafen F. ... in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 27.10.2016 einen Asylantrag.

Bei der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 10.11.2016 gab der Kläger im Wesentlichen an, er habe die Schule bis zur 12. Klasse besucht und danach abgeschlossen. Einen Beruf habe er nicht gelernt. Seit dem Jahr 2004 des äthiopischen Kalenders sei er beim äthiopischen Militär gewesen. Im letzten Monat vor seiner Ausreise habe er in Addis Abeba, Stadtteil Bole, bei seinem Onkel gelebt.

Befragt zu den Fluchtgründen führte der Kläger aus, er sei als Militärangehöriger im Rang eines einfachen Soldaten, der keine Waffen getragen habe, für die Überwachung von Gebäuden großer Firmen verantwortlich gewesen. Daneben habe er auch zweimal als Soldat zu Demonstrationen gegen die Regierung gehen müssen. Bei diesen Einsätzen sei er gezwungen worden, mit einem Schlagstock auf die Demonstranten einzuschlagen. Diese Brutalität habe er nicht ertragen können. Daher habe er eine schriftliche Kündigung eingereicht und das Militär verlassen. Da er die Armee verlassen habe, sei nach ihm gesucht worden.

Einen Monat nach der Kündigung beim Militär habe er als Demonstrant an einer Demonstration im Stadtteil … teilgenommen. Dabei sei er festgenommen worden. Auf dem Weg zum Gefängnis habe er aber mit Hilfe zweier Kollegen entkommen können. Den letzten Monat vor seiner Ausreise habe er dann bei seinem Onkel verbracht. Von seinem Vermieter habe er erfahren, dass in dieser Zeit seine eigene Wohnung durchsucht worden sei. In der Wohnung seines Onkels habe man hingegen nicht nach ihm gesucht.

Äthiopien habe er am 14.10.2016 mittels Direktflug nach Deutschland verlassen. Die Ausreise habe sein Onkel organisiert, insbesondere den dafür notwendigen Reisepass beschafft. Das Flugticket habe ihm ein Geschäftsmann in Deutschland, der mit seinem Onkel in Kontakt stehe, abgenommen.

Bei einer Rückkehr befürchte er entweder getötet zu werden oder im Gefängnis zu landen.

Mit Bescheid vom 11.04.2017, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 13.04.2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Ziff. 2) ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Die Beklagte stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG. Er habe seine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Die klägerischen Schilderungen zum angeblichen Ablauf der ausreiseursächlichen Ereignisse würden unausräumbaren, erheblichen Zweifeln begegnen. Der Kläger sei außer Stande gewesen, einen detaillierten und ausführlichen Sachvortrag abzuliefern. Es sei vielmehr bei bloßen Behauptungen geblieben, die der Kläger selbst auf gezieltes Nachfragen hin nicht durch weitere fundierte Schilderungen maßgeblicher Einzelheiten habe bekräftigen können. Er sei im Rahmen der Anhörung schnurstracks auf seine Kernaussage, er sei gezwungen worden, Demonstranten zu misshandeln und habe daher das Militär verlassen, hingesteuert. Befragt zum detaillierten Ablauf seiner Kündigung seien die Ausführungen ebenfalls vage und oberflächlich geblieben. Ferner habe er lediglich pauschal angegeben, er sei gezwungen worden auch nach der Kündigung dort weiterzuarbeiten. Welche Zwangsmittel angewendet worden seien, sei offen geblieben. In keiner Weise sei damit ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr getötet oder inhaftiert werde. Die Furcht um Leib und Leben sei damit gänzlich substantiiert geblieben. Ferner habe er angegeben, dass nach dem Verlassen der Armee nach ihm gefahndet worden sei. Er habe sich jedoch einen Monat lang unbehelligt bei seinem Onkel in Bole, einem Stadtteil von Addis Abeba, aufgehalten ohne dass ihm etwas passiert sei. Bei einem echten Verfolgungsinteresse sei zu erwarten, dass das Militär auch bei Verwandten des Klägers gesucht hätte. Darüber hinaus sei der Kläger nicht einmal in der Lage gewesen, die Adresse seines Onkels anzugeben. Ferner sei nahezu ausgeschlossen, dass der Kläger über den Luftweg Äthiopien hat verlassen können, wenn tatsächlich nach ihm gefahndet worden sei.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gem. Art. 16 a Abs. 1 GG seien ebenfalls nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des § 3 AsylG einschlägig sei.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Unter Bezugnahme auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz habe der Kläger seine Furcht vor Verfolgung nicht begründet, da sein Sachvortrag unglaubhaft sei. Die Gewährung von subsidiärem Schutz im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG sei damit ausgeschlossen. Subsidiärer Schutz gem. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG sei ebenso abzulehnen, da in Äthiopien derzeit kein derartiger Konflikt herrsche.

Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG komme nicht in Betracht. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Der Kläger sei jung und erwerbsfähig. Es sei ihm auch vor seiner Ausreise gelungen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Daher sei nicht ersichtlich, warum er bei einer Rückkehr nicht erneut einer Erwerbstätigkeit nachgehen könne.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG seien weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 26.04.2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am selben Tag, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt,

  • 1.Die Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Bescheids vom 11.04.2017, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen.

  • 2.Hilfsweise wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus des § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen.

  • 3.Hilfsweise wird die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung der Klage wurde zunächst auf das Vorbringen des Klägers im Verwaltungsverfahren verwiesen und dieses zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht.

Mit Schriftsatz vom 09.05.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Schriftsatz vom 06.02.2018 legte die Beklagte dem Gericht eine VIS-Auskunft vor und erklärte, der Kläger habe unter dem Namen …, geboren am … in …, bei der spanischen Botschaft in Addis Abeba ein Visum für den Schengen-Raum beantragt. Ausweislich der Visaauskunft sei dem Kläger das beantragte Visum am 18.08.2016 mit einem Gültigkeitszeitraum vom 22.08.2016 bis zum 25.09.2016 erteilt worden. Der Kläger habe demnach über seine Identität getäuscht, unwahre Angeben zu den fluchtauslösenden Ereignissen und zu seiner Ausreise gemacht. Er sei offensichtlich ganz legal im Besitz eines Schengen-Visums gewesen. Zudem sei er im Besitz eines bis zum 25.05.2021 gültigen Reisepasses gewesen.

Mit Schriftsatz vom 28.02.2018 führte der Klägerbevollmächtigte zur Begründung der Klage ergänzend aus, der Kläger sei wiederholt bei Demonstrationen, die sich gegen das Regime gerichtet hätten, eingesetzt worden. Ihm sei aufgegeben worden, Gewalt gegen Demonstranten anzuwenden. Dabei habe er bemerkt, dass er nicht mit dem Schlagstock gegen seine eigenen Landsleute vorgehen könne. Daher sei er vom Dienst desertiert. Im Anschluss daran habe er selbst an eine Demonstration teilgenommen, bevor er sich bei seinem Onkel versteckt habe. Der Kläger sei weiterhin seit dem 01.03.2017 Mitglied der Oppositionspartei EPPFG. Insoweit werde auf die Bescheinigung vom 03.05.2017 verwiesen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 06.03.2018 führte der Bevollmächtigte des Klägers aus, der Kläger habe seine oppositionelle Haltung in Deutschland fortgesetzt. Es wurde eine Teilnahmebestätigung der Äthiopischen Patriotischen Volksfront (EPPFG) vom 02.12.2017 vorgelegt, mit der die Teilnahme am dreimonatlichen Treffen der Äthiopischen Patriotischen Volksfront/EPPFG am 02.12.2017 in Nürnberg bescheinigt wird. Ferner wurde eine Bescheinigung der Ethiopian Democratic Forces Movement Support in Germany (EDFMSG) vom 09.04.2017 vorgelegt, wonach der Kläger an einer Diskussionsveranstaltung der Vereinigung am 09.04.2017 in Nürnberg teilgenommen hat. Daneben wurden mehrere Fotos vorgelegt, die den Kläger bei der Teilnahme an der Versammlung am 02.12.2017 zeigen sollen.

Mit Schriftsatz vom 12.03.2017 übersandte die Beklagte dem Gericht eine Kopie des Reisepasses des Klägers, ausgestellt am 26.05.2016 auf dem Namen …, geboren am … in … (Passnummer: …).

Mit Schriftsatz vom 20.07.2018 verwies der Bevollmächtigte des Klägers auf zwei Urteile des Verwaltungsgerichts Ansbach (U.v. 11.10.2017 - AN 9 K 16.31455 und U.v. 10.2.2015 - AN 3 K 14.30467), wonach das Verwaltungsgericht Ansbach die Beklagte verpflichtet habe, die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. In den beiden genannten Fällen handle es sich um orthodoxe Christen, die exilpolitisch tätig seien. Beim Kläger verhalte es sich vorliegend genauso. Es wurden drei Bilder, die den Kläger bei einer Demonstration der „Gesellschaft der bedrohten Völker“ am 06.04.2018 in Frankfurt zeigen sollen sowie eine Bescheinigung der „Vereinigung der Amhara in Deutschland“ vom 06.04.2018, wonach der Kläger am 06.04.2018 in Frankfurt an einer Demonstration gegen das äthiopische Regime teilgenommen habe, vorgelegt. Weiterhin wurden zwei Bilder von einem Parteitreffen am 05.05.2018 in Nürnberg sowie ein Lichtbild, auf dem der Kläger als Soldat zu sehen sei, vorgelegt. Darüber hinaus übersandte der Klägerbevollmächtigte eine Bescheinigung der EPPFG vom 10.04.2018, wonach der Kläger am 10.02.2018 in … zum „head of accountant in … and Surrounded“ gewählt worden sei.

Mit Schriftsatz vom 24.08.2018, dem Gericht übergeben in der mündlichen Verhandlung am 30.08.2018, führte der Klägerbevollmächtigte - unter Verweis auf eine Mitgliedsbescheinigung der Andenet vom 26.08.2016 - aus, der Kläger sei bereits seit September 2014 oppositionell aktiv und habe in der Andenet eine Infrastruktur aufgebaut. Er habe damit Äthiopien bereits vorverfolgt verlassen. In Deutschland engagiere sich der Kläger sich in der EPPFG, an deren Treffen er regelmäßig teilnehme und auch monatlich seinen Beitrag entrichte. Er sei Teilnehmer vieler Meetings, zu denen die Partei aufgerufen habe. Mehrheitlich habe man ihn zum Kassenführer der Partei gewählt. Er habe zudem im Restrukturierungsausschuss mitgewirkt und Mitglieder zu politischen Aktivitäten ermutigt. Der HessVGH sei in der Entscheidung 9 UE 1676/06.A dazu gelangt, dass selbst ein einfaches Mitglied einer Oppositionspartei im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung unterliege. Da der Kläger in der Oppositionspartei eine Funktion ausübe und an einer Vielzahl von Treffen teilgenommen habe, sowie Mitglieder zu politischen Aktionen motiviert habe, müsse vorliegend der herabgestufte Prognosemaßstab Anwendung finden.

Dem übergebenen Schriftsatz vom 24.08.2018 lagen neben einer Bescheinigung der Andenet vom 26.08.2016, einem Parteiausweis der Andenet und einem Dankesschreiben der Andenet vom 20.07.2016, die dem Gericht bereits vorliegenden Bescheinigungen der EPPFG über die exilpolitische Tätigkeit des Klägers bei.

Mit Beschluss vom 16.10.2017 verwies das Verwaltungsgericht Ansbach wegen örtlicher Unzuständigkeit die Streitsache an das Verwaltungsgericht Bayreuth.

Mit Beschluss der Kammer vom 21.06.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 30.08.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Behörden- und die Gerichtsakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 S. 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 30.08.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt Folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst vollumfänglich den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers im Klageverfahren besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

a) Der Kläger hat sein Herkunftsland nicht vorverfolgt verlassen. Dem Kläger ist es auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen ist, einen schlüssigen, zusammenhängenden und nachvollziehbaren Sachvortrag abzuliefern. Im Gegenteil, der Vortrag blieb vage, detailarm und widersprüchlich, so dass das Gericht dem Vorfluchtgeschehen keinen Glauben schenkt.

aa) Das Gericht teilt uneingeschränkt die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 06.02.2018, wonach der Kläger über seine Identität täuscht. Nach der vorliegenden VIS-Auskunft hat der Kläger unter dem Namen …, geb. am … in …, bei der spanischen Botschaft in Addis Abeba ein Visum für den Schengen-Raum beantragt und am 18.08.2016 mit einem Gültigkeitszeitraum vom 22.08.2016 bis zum 25.09.2016 erhalten. Gegenüber dem Bundesamt und dem Gericht gab und gibt der Kläger jedoch an, … zu heißen und in … geboren zu sein. Die Einlassung des Klägers gegenüber dem Gericht, das Schengen-Visum habe er mit einem gefälschten Reisepass über einen Schleuser erlangt, ist höchst unglaubwürdig. Bereits der Aussage des Klägers, die Unterschrift auf dem Reisepass, welcher auf den Namen … ausgestellt ist und bis zum 25.05.2021 gültig ist, sei nicht seine eigene Unterschrift, ist im Hinblick auf die anderweitig im Asylverfahren geleisteten - täuschend ähnlichen - Unterschriften wenig überzeugend. Völlig unglaubwürdig ist, dass der Kläger aufgrund der genauen Personal- und Passkontrollen auf dem Flughafen Bole in Addis Abeba am 14.10.2016 mit einem gefälschten äthiopischen Pass ausgereist sein will (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 22.03.2018, S. 26; VG Bayreuth, U.v. 15.12.2016 - B 2 K 16.30717). Auch die vorgetragene problemlose Einreise über den Flughafen Frankfurt a.M. mit einem gefälschten äthiopischen Pass kann dem Kläger in Anbetracht der Auskunftslage nicht geglaubt werden. Nach der Auskunft der Bundespolizeidirektion Frankfurt a.M. an das VG Ansbach vom 10.09.2014 in der dortigen Streitsache AN 3 K 14.30428 ist die Behauptung äthiopischer Asylsuchender, problemlos mit gefälschten Reisedokumenten über den Flughafen Frankfurt a.M. in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein, haltlos. Im Rahmen der grenzpolizeilichen Einreisekontrolle werden die vorgelegten Ausweisdokumente eingehend und unter Zuhilfenahme verschiedener technischer Geräte auf Verfälschungsmerkmale hin überprüft. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Kläger behauptet, mit dem gefälschten Reisepass und dem - über den Schleuser erlangten - Schengen-Visum nach Deutschland eingereist zu sein. Ausweislich der VIS-Auskunft war das Schengen-Visum jedoch bereits am 25.09.2016 abgelaufen, sodass es nach Auffassung des Gerichts ausgeschlossen ist, dass der Kläger am 15.10.2016 mit dem gefälschten Reisepass und dem vom 22.08.2016 bis zum 25.09.2016 gültigen Schengen-Visum über den Flughaften Frankfurt a.M. in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (vgl. auch Auskunft der Bundespolizeidirektion Flughaften Frankfurt a.M. vom 18.09.2014 a.a.O. und VG Bayreuth, U.v. 15.12.2016 - B 2 K 16.30717).

bb) Von massiven Widersprüchen sind ferner die klägerischen Einlassungen zu seinem Einsatz als Militärangehöriger bei Demonstrationen geprägt. Bei der Anhörung beim Bundesamt am 10.11.2016 hat der Kläger noch angegeben, er sei als Militärangehöriger zweimal bei Demonstrationen eingesetzt worden. Gleiches lässt sich dem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 28.02.2018 entnehmen. Seitens des Militärs habe man ihn gezwungen, mit dem Schlagstock gegen regierungskritische Demonstranten vorzugehen. Deswegen habe er die Armee verlassen und sich später den Demonstranten gegen die Regierung angeschlossen. Dem Gericht erklärt er hingegen in der mündlichen Verhandlung, er sei niemals dienstlich bei einer Demonstration gewesen, sondern immer nur als Demonstrationsteilnehmer. Auf Vorhalt des Gerichts konnte der Kläger dem Gericht für diese massiven Widersprüchlichkeiten keine plausible Erklärung liefern. Der Kläger suchte vielmehr nur Ausflüchte und erklärte letztlich, er sei als Privatperson bei den Demonstrationen gewesen, sein Chef habe ihm aber Hinweise gegeben, dass er als Privatperson gegen die Demonstranten vorgehen solle. Diese Einlassung ist aber in keiner Weise geeignet, die Unstimmigkeiten zum Vortrag beim Bundesamt plausibel aufzuklären. Der Sachvortrag in der mündlichen Verhandlung hat insoweit eine ganz andere inhaltliche Qualität als die bisherigen Einlassungen.

cc) Grob unstimmig sind auch die klägerischen Einlassungen zu seiner Freilassung. Bei der Anhörung beim Bundesamt gab der Kläger noch an, er sei auf der Demonstration festgenommen und mit zwei Polizisten in einem Bus Richtung Gefängnis gefahren. Auf dem Weg zum Gefängnis habe man ihn in einem Waldstück abgesetzt. Der Bus sei dann mit den anderen festgenommenen Personen zum Gefängnis weitergefahren. Kollegen, die zugleich gute Bekannte gewesen seien, seien anschließend zu ihm in den Wald gekommen und hätten ihm zur Flucht verholfen. Dem Gericht erklärte er hingegen in der mündlichen Verhandlung, er sei nach einer Demonstration am 06.01.2009 des äthiopischen Kalenders von der Tigray-Polizei festgenommen und in ein Gefängnis verbracht worden. Im Gefängnis habe er einen ehemaligen Kollegen getroffen, den er alles erzählt habe. Daraufhin habe der Kollege zu ihm gesagt, er müsse verschwinden. Auf Vorhalt des Gerichts will der Kläger dann dem ominösen Kollegen doch nicht im Gefängnis, sondern an einem Ort vor dem Gefängnis, wo er von der Tigray-Polizei der anderen Polizei übergeben worden sei, getroffen haben. Daneben erklärte der Kläger dem Gericht, die Tigray-Polizei habe ihn den befreundeten Kollegen übergeben, während beim Bundesamt noch die Rede davon war, dass ihn die festnehmenden Polizisten alleine im Wald zurückgelassen hätten, bevor die befreundeten Kollegen gekommen seien um ihm zu helfen. Konfrontiert mit diesen Widersprüchlichkeiten vermochte der Kläger dem Gericht ebenfalls keine plausible Erklärung zu liefern. Er flüchtete sich vielmehr in gerichtsbekannte Ausflüchte und versuchte die Unstimmigkeiten mit Verständigungsproblemen beim Bundesamt zu rechtfertigen. Dies ist schon im Ansatz nicht glaubwürdig, da der Kläger beim Bundesamt bescheinigt hat, dass es keine Verständigungsprobleme gegeben hat und er zudem Gelegenheit hatte, ausführlich seine Fluchtgründe zu berichten. Daneben ist von einem anwaltlich vertretenen Kläger zu erwarten, dass evtl. Lücken oder Unstimmigkeiten in der Niederschrift zeitnah moniert werden und nicht erst fast zwei Jahre später auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung.

dd) Nicht glaubwürdig sind auch die Ausführungen des Klägers beim Bundesamt zur „Fahnenflucht“. Es widerspricht jeglicher Logik, dass ein Soldat, der - weil seine Kündigung nicht akzeptiert worden ist - von der Armee geflüchtet sein will, einen Monat später an einer (verbotenen bzw. regierungskritischen) Demonstration teilnimmt, obwohl er weiß, dass dort Soldaten und andere Sicherheitskräfte zur Niederschlagung eingesetzt werden und damit das Risiko, entdeckt bzw. verhaftet zu werden, extrem hoch ist.

ee) In Anbetracht der massiven Widersprüchlichkeiten schenkt das Gericht dem klägerischen Vortrag in der mündlichen Verhandlung, er sei seit dem Jahr 2014 Mitglied der Andenet und habe bereits in Äthiopien politische Opposition betrieben, keinen Glauben. Das Gericht stuft diesen Sachvortrag als unglaubwürdige Steigerung des Fluchtgeschehens ein, um eine bessere Anerkennungswahrscheinlichkeit zu erlangen. Weder in der mündlichen Verhandlung noch im dort übergebenen Schriftsatz vom 24.08.2018 ist dargetan, warum der Kläger eine politische Betätigung in Äthiopien beim Bundesamt oder im bisherigen Klageverfahren mit keinem Wort erwähnt hat. Dies gilt umso mehr, da der Kläger nach der Bescheinigung der Andenet vom 26.08.2016 für die Partei eine große Infrastruktur aufgebaut haben und er in diesem Zusammenhang vom Regime verfolgt worden sein soll, sodass er das Land habe verlassen müssen. Es ist höchst unglaubwürdig, wenn der Kläger in Äthiopien herausgehoben oppositionell aktiv gewesen sein will und in diesem Zusammenhang die Flucht hat ergreifen müssen, er aber beim Bundesamt über diese Tätigkeiten kein Wort verloren hat. Vielmehr stützte er dort seine Fluchtgeschichte auf eine Festnahme bei einer Demonstration und dem Fernbleiben vom Militär. Dieser Einschätzung des Gerichts stehen auch die vorgelegten Bescheinigungen der Andenet nicht entgegen. Es ist gerichtsbekannt, dass derartige Bescheinigungen in afrikanischen Ländern leicht gegen entsprechende Geldzahlungen erhältlich sind. Am Wahrheitsgehalt der vorgelegten Unterlagen hat das Gericht massive Zweifel.

ff) Im Übrigen macht das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch und weist das Vorbringen hinsichtlich einer Tätigkeit des Klägers für die Andenet gem. § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG i.V.m. § 87b Abs. 3 VwGO als präkludiert zurück.

Nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG hat der Kläger die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung anzugeben. Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der obigen Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und der Beteiligte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist. Der Kläger wurde sowohl von der Beklagten im Bescheid vom 11.04.2017 als auch vom Gericht in der Klageeingangsmitteilung darauf hingewiesen, dass die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids anzugeben sind. Die politische Tätigkeit des Klägers in Äthiopien wurde aber erstmals in der mündlichen Verhandlung am 30.08.2018, obwohl der Kläger nach eigenen Angaben und ausweislich der Bescheinigungen bereits seit dem Jahr 2014 die Partei tätig sein soll, vorgetragen. Weiterhin wurde der Kläger auch mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung - unter Hinweis auf § 87b Abs. 3 VwGO - aufgefordert, bis zum 23.07.2018 evtl. neue Unterlagen vorzulegen bzw. neue Umstände vorzutragen. Auch innerhalb dieser Frist erfolgte kein entsprechender Vortrag. Es wäre dem anwaltlich vertretenen Kläger daher ohne weiteres zuzumuten gewesen, fristgerecht die Tätigkeit des Klägers für die Andenet in Äthiopien vorzubringen. Entschuldigungsgründe sind weder dargetan noch anderweitig ersichtlich. Die Einlassung des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung, er versuche seit dem 24.08.2018 erfolglos den Schriftsatz mit Anlagen an das Gericht zu faxen, ändert hieran nichts. Zum einen lag nach Auskunft der Poststelle des Gerichts im maßgeblichen Zeitraum vor der mündlichen Verhandlung keine „Fax-Störung“ vor. Zum anderen liegt auch der 24.08.2018 weit jenseits der gesetzlichen bzw. behördlichen Präklusionsfrist. Letztlich würde die Berücksichtigung des verspäteten Vortrags nach Überzeugung des Gerichts zur Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führen, da in diesem Fall das Gericht weitere Ermittlungen zum Wahrheitsgehalt der Bescheinigungen und zum Umfang der politischen Tätigkeit des Klägers in Äthiopien anstellen müsste.

gg) Selbst wenn man die Tätigkeit des Klägers für die Andenet als wahr unterstellen würde, führt dies - im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen einer Verfolgung aus politischen Gründen. Aufgrund der geänderten politischen Lage in Äthiopien ist es nach Auffassung des Gerichts im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht (mehr) beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien erneut einer politischen Verfolgungshandlung mit flüchtlingsrechtlicher Intensität ausgesetzt sein würde. Zwar ist nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung immer noch begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, bei einer Rückkehr ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von einer solchen Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Die Vorschrift begründet damit eine Vermutung dafür, dass ein vorverfolgter Kläger erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in sein Heimatland bedroht wird.

Soweit äthiopische Kläger (glaubhaft) aus politischen Gründen vorverfolgt ihr Heimatland verlassen haben, ist aufgrund der gegenwärtigen Auskunftslage und den aktuellen politischen Ereignissen, insbesondere im Juli und August 2018, im gegenwärtigen Zeitpunkt die Vermutung nach der Richtlinie als widerlegt anzusehen sein. Als Folge des im Frühjahr 2018 eingeleiteten Umbruchs hat sich die Situation für Oppositionelle in Äthiopien grundlegend geändert. Unter dem neuen Premierminister Abiy Ahmed wurde insbesondere die Einstufung der OLF, ONLF und Ginbot 7 als terroristische Organisationen am 5.7.2018 durch das Parlament aufgehoben (vgl. https://www. aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list-180630110501697.html). Mit Gesetz vom 20.7.2018 wurde zudem allen Äthiopiern, die wegen Verrats, Verbrechen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder bewaffneten Widerstands verurteilt wurden oder Objekt von Ermittlungen sind, Straffreiheit zugesichert. Durch die Amnestie für alle politische Vergehen soll den Oppositionellen ermöglicht werden, eine friedliche politische Karriere in Äthiopien zu verfolgen (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/07/ethiopian-grants-amnesty-political-prisoners-180720191811460.html). Daneben hat die äthiopische Regierung am 7.8.2018 in Asmara ein „Friedensabkommen“ mit der OLF geschlossen. Die OLF will ihre politischen Ziele danach künftig mit friedlichen Mitteln durchsetzen (https://www.aljazeera.com/news/africa/2018/08/ethiopia-signs-deal-oromo-rebels-hostilities-180807184317117.html; http://www.africanews.com/2018/08/07/ethiopia-govt-agrees-peace-deal-with-ex-terror-group-based-in-eritrea). Auch die Ginbot 7 ist zwischenzeitlich von ihrem Stützpunkt im benachbarten Eritrea nach Äthiopien zurückgekehrt, weil deren Kämpfern und Unterstützern in Äthiopien keine Verfolgung mehr droht (http://www.africanews.com/ 2018/09/03/ethiopia-s-ex-rebel-group-ginbot-7-returns-from-eritrea-base/). Die Zahl der Oppositionellen, die nach Äthiopien zurückkehren, steigt stetig und rasant (http://www.africanews.com/2018/09/03/photos-exiled-oromia-regional-president-returns-to-fanfare/). Daher besteht für den Kläger, der ausweislich der vorgelegten Unterlagen „nur“ für die UDJ (Unity for Democracy and Justice Party - Partei für Demokratie und Gerechtigkeit - Andenet), einer legal Oppositionspartei, tätig war, erst recht keinerlei beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aus politischen Gründen (mehr).

Das Gericht verkennt nicht, dass die Arbeit des neuen Premierministers mit Rückschlägen und Gegenwind verbunden ist. Die weiterhin vereinzelten Anschläge und Gewaltakte in Äthiopien vermögen an der Einschätzung des Gerichts zur politischen Verfolgung nichts zu ändern. Die Gewaltakte finden zum einen im Wesentlichen in der „Somali-Region“ statt. Zum anderen wird vorwiegend von andauernden bzw. schwelenden ethnischen Konflikten zwischen den Bevölkerungsgruppen berichtet, aber nicht von konkret-individuellen Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3a AsylG wegen politischer Aktivitäten Einzelner (https://www.dw.com/de/%C3%A4thiopien-ethnische-konflikte-schwelen-weiter/a-45011266). Aufgrund der jüngsten Gesetze und Vereinbarungen, verbunden mit der Rückkehr namhafter Exilpolitiker, kann daher nicht (mehr) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass oppositionelle Tätigkeiten in Äthiopien zu flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen führen (vgl. auch VG Regensburg, B.v. 19.6.2018 - RO 2 E 18.31617 - juris**VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris). Es liegen insbesondere auch keinerlei Anhaltspunkte davor vor, dass die vom Parlament beschlossenen Veränderungen zugunsten der politischen Opposition in der (Vollzugs-) Praxis ignoriert würden.

b) Auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung für die EPPFG kann sich der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen exilpolitischer Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen in der Vergangenheit genau beobachtet hat bzw. durch die Auslandsvertretungen hat beobachten lassen. Ob diese Beobachtungen auch unter dem Regime des seit Anfang April 2018 amtierenden Premierminister Abiy Ahmed fortgeführt werden, ist gegenwärtig nicht ersichtlich. Als Folge des im Frühjahr 2018 eingeleiteten Umbruchs wurde jedoch am 5.7.2018 die Einstufung der OLF, ONLF und Ginbot 7 als terroristische Organisationen durch das Parlament aufgehoben (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list-180630110501697.html). Zwischenzeitlich hat sich die äthiopische Regierung mit der OLF zudem offiziell versöhnt und diese als politische Kraft anerkannt (vgl. https://www.aljazeera.com/news/africa/2018/08/ethiopia-signs-deal-oromo-rebels-hostilities-180807184317117.html). Mit Gesetz vom 20.7.2018 wurde allen Äthiopiern, die wegen Verrats, Verbrechen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder bewaffneten Widerstands verurteilt wurden oder Objekt von Ermittlungen sind, Straffreiheit zugesichert. Durch die Amnestie für alle politische Vergehen soll auch den Oppositionellen im Exil ermöglicht werden, nach Hause zurückzukehren und eine friedliche politische Karriere in Äthiopien zu verfolgen (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/07/ethiopian-grants-amnesty-political-prisoners-180720191811460.html). Auch die Ginbot 7 ist zwischenzeitlich von ihrem Stützpunkt im benachbarten Eritrea nach Äthiopien zurückgekehrt, weil deren Kämpfern und Unterstützern in Äthiopien keine Verfolgung mehr droht (http://www.africanews.com/ 2018/09/03/ethiopia-s-ex-rebel-group-ginbot-7-returns-from-eritrea-base/). Die Zahl der Exilpolitiker, die nach Äthiopien zurückkehren, steigt stetig und rasant (http://www.africanews.com/2018/09/03/photos-exiled-oromia-regional-president-returns-to-fanfare/).

Das erkennende Gericht ist bereits vor dem politischen Umbruch in Äthiopien im Frühjahr/Sommer 2018 davon ausgegangen, dass nicht jede, wie auch immer geartete, Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt es für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v.20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 22.2.2018 - 1 K 302/17.KS.A - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017- 1 K 2320/17.KS.A - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris). Bloßen „Mitläufern“ droht bei einer Rückkehr grds. keine beachtliche Verfolgungsgefahr. Der aktuellen Auskunftslage - unter Berücksichtigung der bereits vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Stellungnahmen aufgrund des Beweisbeschlusses des BayVGH vom 26.3.2018 (Az. 8 B 17.31645 u.a.) - ist nichts anderes zu entnehmen.

Dem Auswärtigen Amt (AA) lagen schon nach dem Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 22.3.2018 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich sei vielmehr der konkrete Einzelfall, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen werde oder um welche politische Tätigkeit es sich handle (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung sei auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibe - soweit bekannt - ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris). Der Lagebericht vom 22.3.2018 geht insbesondere auch auf die innenpolitischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 und auf den am 16.2.2018 ausgerufen (neuerlichen) Ausnahmezustand ein (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 6). Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen hält das Auswärtige Amt hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung bei Rückkehr von im Ausland exilpolitisch tätigen Äthiopiern an den Ausführungen im Lagebericht vom 6.3.2017 fest (vgl. AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18).

Aufgrund des Beweisbeschlusses des BayVGH vom 26.3.2018 (Az. 8 B 17.31645 u.a.) teilte das Auswärtige Amt mit Stellungnahme vom 14.6.2018 mit, es sei zwar davon auszugehen, dass äthiopische Stellen exilpolitische Organisationen in Deutschland beobachten und die Mitgliedschaft bzw. die Unterstützungshandlungen für eine solche Organisation bekannt werde. Allerdings müsse auch davon ausgegangen werden, dass das Interesse an der Beobachtung von Personen/Aktionen und die Weitergabe der Informationen vom Grad der Involvierung bzw. der konkreten Aktivität der betreffenden Person abhänge. Zudem geht auch das AA von einem Wandel der innenpolitischen Lage seit dem Amtsantritt des neuen Premierministers aus. Der im Februar 2018 für sechs Monate verhängte Ausnahmezustand sei Anfang Juni 2018 vorzeitig beendet worden. Seit Januar 2018 sei eine größere Anzahl vom politisch Gefangenen, darunter auch Mitglieder der bislang als terroristisch eingestuften Ginbot 7, entlassen worden. Ob eine Unterstützung einer Exilorganisation oder eine einfache Mitgliedschaft in einer in Deutschland exilpolitisch tätigen, von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuften oder einer ihr nahestehenden Organisation (ohne in dieser Organisation eine herausgehobene Stellung innezuhaben) bei einer Rückkehr negative Auswirkung nach sich zieht, kann vor dem innenpolitischen Hintergrund vom AA nicht beurteilt werden. Sollte es Auswirkungen geben, sei jedoch davon auszugehen, dass die Art der Auswirkung vom Grad der Involvierung bzw. der konkreten Aktivitäten der betreffenden Person abhänge. Es sind lt. AA auch keine Fälle bekannt, in denen zurückgekehrte Äthiopier, die in Deutschland exilpolitisch tätig waren, wegen der exilpolitischen Tätigkeit durch äthiopische Behörden inhaftiert oder misshandelt wurden.

Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr wegen der einfachen Mitgliedschaft und/oder einem durchschnittlichen Engagement in einer exilpolitischen Organisation, kann der neusten Auskunft des Auswärtigen Amtes damit schon im Ansatz nicht entnommen werden.

Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 in der Sache 6 K 4787/15.GI.A) - zum Fall einer exilpolitischen Tätigkeit für die EPPFG - stellt ebenfalls nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Diese Feststellung erreicht aber schon nicht den Maßstab der notwenigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit (VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris).

Nichts anderes folgt aus der Auskunft des Leibniz-Instituts vom 19.5.2018 (GIGA an den BayVGH in der Sache 8 B 17.31645 u.a.). In der aktuellen Auskunft wird lediglich ausgeführt, dass die äthiopische Regierung über ihre Auslandsvertretungen und einem Netz von Informanten die Aktivitäten der exilpolitischen Organisationen verfolge sowie dass davon auszugehen sei, dass sowohl die Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung als auch Unterstützungshandlungen einzelner Personen der äthiopischen Regierung bekannt werden würden. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person als einer Exilorganisation zugehörig eingestuft wird, dürfte lt. der Stellungnahme vom 19.5.2018 mit der Häufigkeit der entsprechenden Aktivitäten wachsen. Auch das Leibnitz-Institut konnte keine Angaben zu Vernehmungen, Inhaftierungen und Misshandlungen zurückgekehrter Äthiopier, die keine herausgehobene Funktion in der Exilpolitik hatten, machen. Die Stellungnahme verweist auf Seite 8/9 nur auf zwei prominente und hochrangige Exilpolitiker, die nach Auffassung des Gerichts kein Beispiel und Maßstab für die Behandlung der breiten Masse von exilpolitisch tätigen Äthiopiern sind. Im Übrigen wird lediglich davon ausgegangen, dass es vor dem volatilen Hintergrund der politischen Veränderungen „keinesfalls auszuschließen ist“, dass einfachen Mitgliedern oder Unterstützern von politischen Exilorganisationen, die von der Regierung als Terrororganisation eingestuft werden, die Verfolgung und Verhaftung drohe (S. 2 und 3 der Stellungnahme).

AMNESTY INTERNATIONAL (AI) führte mit Stellungnahme vom 11.7.2018 an den BayVGH (Az. 8 B 17.31645 u.a.) aus, dass sich die politische Lage in Äthiopien seit Anfang 2018 deutlich verändert hat. Trotz begrüßenswerter Veränderungen in Äthiopien bleibe abzuwarten, wie sich die menschenrechtliche Situation vor Ort entwickeln werde. Vor dem Hintergrund der neuen und sich ständig ändernden Situation sei es AI nach eigenen Angaben nicht möglich, eine Aussage über die aktuelle Situation bzw. über zukünftige Entwicklungen zu treffen. Daher legte AI dem Gutachten die politische Situation in Äthiopien der letzten Jahrzehnte bis Anfang 2018 zugrunde. Die Ausführungen von AI zur politischen Situation in Äthiopien und zur Behandlung von exilpolitisch tätigen Personen bis Anfang 2018 sind jedoch nicht geeignet, eine verlässliche Auskunft über die gegenwärtige Situation, die nach § 77 Abs. 1 AsylG im Asylverfahren maßgeblich ist, zu liefern. Bemerkenswert ist zudem, dass die Auskunft vom 11.7.2018 nicht einmal den Beschluss des äthiopischen Parlamentes vom 5.7.2018 aufgreift, mit dem die Einstufung der OLF, ONLF und Ginbot 7 als terroristische Organisationen aufgehoben wurde. Vielmehr wird - unter Bezugnahme auf veraltete Quellen - weiterhin davon ausgegangen, dass die OLF von der Regierung als terroristische Organisation eingestuft wird (S. 3 und 4 der Stellungnahme).

G. Sch. geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung - verbunden mit intensiver Befragung - auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie Sch. trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von G. Sch. im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit - zumindest teilweise - gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Sch.s nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora - auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass Sch. zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris).

Auch unter Einbeziehung der Stellungnahme G. Sch.s vom 18.2.2018 in der Streitsache W 3 K 16.30383 an das VG Würzburg ist das Gericht nicht von einer beachtlichen Verfolgungsgefahr für Rückkehrer alleine wegen jeder - wie auch immer gearteter - Form der exilpolitischen Betätigung überzeugt. Zwar kommt G. Sch. zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass unter dem wiedereingeführten Ausnahmezustand exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt seien, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden (Rn. 83 der Stellungnahme vom 18.2.2018), während in der Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen noch ausgeführt wurde, angesichts der Willkürlichkeit im Handeln der Sicherheitsorgane und der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien lasse sich im Einzelnen nicht vorhersagen, was Rückkehrer zu befürchten hätten. Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch als Minimum anzunehmen (Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017; dieser Passus befindet sich im Übrigen auch noch unter Rn. 82 der Stellungnahme vom 18.2.2018). Anderseits führt Sch. in Rn. 17 der Stellungnahme vom 18.2.2018 aus, aufgrund es neuerlichen Ausnahmezustandes vom 16.2.2018 scheinen die gleichen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 zu gelten. Für das Gericht ist daher weder nachvollziehbar noch plausibel dargelegt, warum nunmehr (allein) aufgrund des Ausnahmezustand 2018 exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sein sollen, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden, wenn keine anderen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 gelten. Im Übrigen sind die Ausführungen Sch.s durch die aktuellen politischen Entwicklungen in den letzten Wochen und Monaten teilweise überholt. Der im Februar 2018 für sechs Monate anberaumte Ausnahmezustand wurde - wie bereits ausgeführt - am 5.6.2018 wegen der „relativen Stabilität und Ruhe im Land“ vorzeitig wiederaufgehoben. Daneben wurden vom Parlament im Juli 2018 grundlegende Änderungen bei den „Anti-Terrorgesetzen“ sowie eine Amnestie für politische Vergehen/Verbrechen beschlossen.

Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher nicht an, dass äthiopischen Asylbewerbern, die sich zu einer Exilorganisation bekennen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 15.08.2018 - B 7 K 17.31116 - juris; VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Bei einer Rückkehr nach Äthiopien mussten schon bislang allenfalls solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland exponiert politisch betätigt haben, dass sie die äthiopischen Behörden als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen haben (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017- B 2 K 16.31139 - juris; VG Gießen, U.v. 25.4.2018 - 6 K 116/17.GI.A - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.Gl.A - juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 - 21 B 15.30119 - juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 - 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017- W 3 K 17.31180 - juris). Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen musste davon ausgegangen werden, dass auch diesen nicht verborgen geblieben sein kann, dass bei einer Vielzahl von äthiopischen Asylbewerbern weniger politische Interessen maßgeblich sind als vielmehr das Bemühen, sich im Asylverfahren eine günstigere Ausgangsposition zu verschaffen. Im Hinblick darauf war es schon bislang nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden „Mitläufer“ als für das Regime gefährlich erachten und gegen diese im Falle ihrer Rückkehr in einer Art und Weise vorgehen, dass die für eine Schutzgewährung anzulegende Schwelle erreicht wird.

Die aktuellen Entwicklungen in Äthiopien sprechen dafür, dass nunmehr selbst solchen Äthiopiern, die sich in herausgehobener Art und Weise exilpolitisch in Deutschland engagieren, nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungsgefahr droht, sondern dass dies allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen (noch) beachtlich wahrscheinlich erscheint (VG Bayreuth, U.v. 15.08.2018 - B 7 K 17.31116 - juris; vgl. VG Regensburg, B.v. 19.6.2018 - RO 2 E 18.31617 - juris, VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris). Dem steht auch das wiederholt vom Klägerbevollmächtigten zitierte Urteil des HessVGH vom 21.03.2007 (Az.: 9 UE 1676/06.A) nicht entgegen. Zum einen behandelt die zitierte Entscheidung den Fall der Rückkehr einer exilpolitisch tätigen Klägerin nach Eritrea und nicht wie vorliegend nach Äthiopien. Zum anderen geht der Klägerbevollmächtigte mit keinem Wort auf den „politischen Umbruch“ in Äthiopien ein.

Der Kläger als einfaches Mitglied einer exilpolitischen Vereinigung musste schon bislang - und muss erst recht im Hinblick auf die aktuellen politischen Entwicklungen - im Falle einer Abschiebung nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten, wegen exilpolitischer Tätigkeit im Ausland von den äthiopischen Behörden in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Ein besonders gelagerter Ausnahmefall ist vorliegend in keinster Weise ersichtlich. Der Kläger ist seit dem 01.03.2017 Mitglied der EPPFG. Er hat ausweislich der vorgelegten Bestätigungen bzw. nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung bislang an fünf exilpolitischen Veranstaltungen der Vereinigung in Deutschland teilgenommen und ist daher unstreitig als bloßer Mitläufer zu qualifizieren. Daran ändert auch nichts, dass der Kläger am 10.02.2018 in … zum „head of accountant in … and Surrounded“ gewählt worden ist. Von einer ernsthaften Tätigkeit als Leiter der Buchhandlung bzw. Kassenverwalter kann nämlich keine Rede sein. In der mündlichen Verhandlung stellte sich heraus, dass der Kläger keinerlei Ahnung vom Kassenstand der Gruppierung oder von der konkreten Mitgliederzahl der Gruppe hat, deren Kassenverwalter er sein will. Nach mehrmaligem Zögern stufte er die Mitgliederzahl der …gruppe auf 200 bis 300 Mitglieder ein. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung stellte sich dann noch heraus, dass der Kläger keinerlei Befugnisse über die Kasse hat. Seine Aufgabe ist es vielmehr, bei Veranstaltungen den Mitgliedsbeitrag einzusammeln und diesen an den Kassenverwalter weiterzugeben. Der Kläger ist daher allenfalls ein Helfer des Kassenverwalters und mitnichten in einer herausgehobenen Position. Lediglich ergänzend weist das Gericht noch darauf hin, dass selbst der Kassenverwalter der …gruppe schon im Ansatz nicht derart exponiert exilpolitisch tätig ist bzw. dass es sich auch insoweit nicht um einen besonders gelagerten Ausnahmefall handeln würde, der mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Verfolgungsgefahr bei einer Rückkehr nach Äthiopien führt. Es ist für das Gericht daher nicht einmal im Entferntesten ersichtlich, dass dem Kläger im Falle der Abschiebung relevante Verfolgungsmaßnahmen wegen exilpolitscher Tätigkeiten in Deutschland drohen würden.

c) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland - und insbesondere in Herkunftsregion - des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris).

3. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat nach eigenen Angaben in Äthiopien die Schule zwölf Jahre besucht und abgeschlossen. Der Kläger verfügt damit über eine überdurchschnittliche Bildung. Zwar hat er keinen Beruf erlernt und ist nach eigenen Angaben nur beim Militär gewesen. Ihm ist es aber zumutbar, sämtlichen - auch schlichten - Erwerbstätigkeiten nachzugehen.*Weiterhin verfügt der Kläger über einen Vater und eine Großfamilie in Äthiopien, so dass im Bedarfsfall gegenseitige Hilfe im Rahmen des Familienverbundes zu erwarten ist. Die hohen Voraussetzungen für die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind daher schon im Ansatz nicht erfüllt.

b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

4. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

5. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit oromischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Er reiste eigenen Angaben zufolge am 27.07.2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 22.08.2016 einen Asylantrag.

Der religiös angetrauten Ehefrau des Klägers, …, wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 10.11.2017 unter dem Az. … wegen drohender Genitalverstümmelung in Äthiopien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Den beiden Töchtern des Klägers, … und … …, wurde mit Bescheiden des Bundesamtes vom 13.11.2017 (Az. … bzw. …) im Rahmen des „Familienasyls“ nach § 26 AsylG ebenfalls die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

Bei seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt am 16.05.2017 trug der Kläger im Wesentlichen vor, er stamme aus der Region J. und habe die Schule bis zur 5. Klasse besucht. Einen Beruf habe er nicht erlernt, aber einen Gemischtwarenladen in Äthiopien betrieben.

Zu seinen Fluchtgründen erklärte der Kläger, im Dorf, in dem seine Familie gelebt habe, seien etwa im Jahr 1998 des äthiopischen Kalenders Bodenschätze gefunden worden. Viele Bewohner seien deshalb umgesiedelt worden. Am Ort der Umsiedlung habe es aber keine Krankenversorgung, keine Schule und keine Infrastruktur gegeben. Deshalb sei er in ein anderes Dorf umgezogen und habe sich dort eine Existenz aufgebaut. Im Jahr 2007 des äthiopischen Kalenders sei der Abbau der Bodenschätze erweitert worden und habe auch das Dorf erfasst, in das der Kläger umgezogen sei. Die Bewohner hätten gegen die Erweiterung des Bodenschätzeabbaus protestiert, weil sie bereits einmal umgesiedelt worden seien und das Versprechen, eine funktionierende Infrastruktur zu schaffen, nicht eingehalten worden sei.

Man habe daher seitens der Bevölkerung Straßensperren errichtet und Demonstrationen veranstaltet. An diesen Aktionen habe er sich beteiligt, in dem er geholfen habe, Straßensperren mittels Bäume und großer Steine zu errichten. Er habe auch Parolen gerufen und gegen die Vertreibung und Verhaftung demonstriert. Am 16.07.2007 des äthiopischen Kalenders sei er deswegen verhaftet worden und für zwei Tage in Haft gekommen. Weil viele Bewohner gegen die Verhaftung demonstriert hätten, sei er entlassen worden. Seitens der Regierung habe man eine Lösung zugesichert. Es habe eine Versammlung gegeben, in alle Fragen besprochen hätten werden sollen. Viele Bewohner hätten sich in dieser Versammlung beschwert, aber keine Antwort erhalten. In der Folgezeit sei er bespitzelt worden, was er jedoch erst später erfahren habe.

Am 11.04.2008 des äthiopischen Kalenders sei er in der Schule verhaftet worden. Dabei habe man in einem seiner Schulhefte eine gezeichnete ABO-Fahne gefunden. Man habe ihn beschuldigt, mit der ABO zusammenzuarbeiten. Ferner sei ihm vorgeworfen worden, die Proteste und Demonstrationen gegen den Abbau der Bodenschätze angestiftet zu haben. Vom 11.04.2008 bis zum 16.07.2008 des äthiopischen Kalenders sei er deswegen inhaftiert gewesen. Sein Geschäft sei durchsucht und geschlossen worden. Aufgrund von Schmiergeldzahlungen seines Vaters und mit der Hilfe seines Cousins, einen Polizisten, sei er aus der Haft gekommen. Seine Freilassung gegen Schmiergeld habe man als Gefängnisausbruch dargestellt. Die Schmiergeldempfänger hätten von ihm verlangt, dass er das Land verlasse, damit bei einer evtl. erneuten Verhaftung nicht bekannt werde, dass diese ihn gegen Schmiergeld freigelassen hätten. Deswegen und weil er befürchtet habe, wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt zu werden und lebenslang in Haft bleiben zu müssen, habe er das Land am 22.08.2008 des äthiopischen Kalenders verlassen und sei über den Sudan, Libyen und Italien in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.

Bei einer Rückkehr befürchte er wegen terroristischer Betätigung lebenslang ins Gefängnis zu kommen oder von den Personen getötet zu werden, die seine Freilassung gegen Schmiergeld ermöglicht hätten.

Mit Bescheid vom 04.08.2017, als Einschreiben zur Post gegeben am 08.08.2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Ziff. 2) ab. Der subsidiäre Schutz wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG. Unabhängig von der Glaubhaftigkeit des Vortrages sei der Kläger jedenfalls auf internen Schutz nach § 3e AsylG zu verweisen. Staatliche Repressionen würden nicht im ganzen Land unterschiedslos praktiziert werden. Dem Kläger sei es zumutbar, sich in größeren Städten niederzulassen, wo ein wirtschaftlicher Neuanfang leichter möglich sei. Die ABO bestehe in dieser Form heute nicht mehr. Allerdings sei aus dieser die ONLF als Splittergruppe entstanden. Zu berücksichtigen sei zwar, dass der Kläger bei Wahrunterstellung vorverfolgt gewesen sei. Die zu treffende Rückkehrprognose führte jedoch dazu, dass der Kläger jedenfalls nicht derart exponiert für die ABO tätig gewesen sei, dass ihm eine landesweite Verfolgung drohe. Der Staat habe weder das Interesse, noch den Willen, den Kläger landesweit zu suchen.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gem. Art. 16a Abs. 1 GG seien ebenfalls nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des § 3 AsylG einschlägig sei.

Dem Kläger sei auch kein subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Schutz gem. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG scheide aus, da eine dem Kläger drohende Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich sei. Ebenso wenig sei Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zuzuerkennen. Die Gewährung subsidiären Schutzes setze stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos der Misshandlung voraus. Die bloße, wenn auch durch Präzedenzfälle bestätigte, Möglichkeit reiche nicht aus. Darüber hinaus sei der Kläger gem. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e AsylG auf internen Schutz zu verweisen. Ein Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG sei abzulehnen, da in Äthiopien kein innerstaatlicher Konflikt bestehe.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG kämen ebenfalls nicht in Betracht. Eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Selbst unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG seien weder vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 15.08.2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 16.08.2017, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt,

  • 1.Der Bescheid der Beklagten vom 04.08.2017, Gz.: …, wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen,

hilfsweise dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG,

hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutz nach § 4 AsylG zuzuerkennen,

hilfsweise festzustellen, dass die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Mit Schriftsatz vom 25.08.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Schriftsatz vom 22.11.2017 führte der Klägerbevollmächtigte zur Begründung der Klage aus, der Kläger müsse im Rahmen des Familienasyls als Flüchtling anerkannt werden. Hinsichtlich seiner Ehefrau und seiner beiden Kinder sei die Flüchtlingseigenschaft festgestellt worden. Somit sei auch der Kläger im Rahmen des Familienasyls nach § 26 AsylG als Flüchtling anzuerkennen. Weiterhin sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger aufgrund politischer Verfolgung sein Heimatland habe verlassen müssen. Nur aufgrund der Tatsache, dass er seine demokratischen Rechte wahrgenommen und gegen Entscheidungen des Staates protestiert habe, sei er festgenommen und inhaftiert worden. Die Beklagte verkenne bei ihren Äußerungen die aktuell in Äthiopien bestehende Situation. Aus dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Äthiopien vom 06.03.2017 gehe hervor, dass es eine Opposition deshalb nicht gebe, weil sie systematischen Einschränkungen, Behinderungen und Diskriminierungen ausgesetzt sei. Oppositionelle Parteimitglieder würden inhaftiert werden. Hinzu komme, dass seit Oktober 2016 in Äthiopien der Ausnahmezustand herrsche, der der Regierung, aber vor allem den agierenden Kräften, wie der Polizei und der Armee, weitgehende Befugnisse einräume. Auf zahlreiche Proteste von Studenten, Schülern und Farmer habe die Regierung mit willkürlichen Massenverhaftungen reagiert. Seitdem seien zehntausende Demonstranten inhaftiert worden. Auch anderen Personen sei eine oppositionelle Tätigkeit unterstellt worden. Eine zumutbare inländische Fluchtalternative komme für den Kläger nicht in Betracht. Die Sicherheitsbehörden verfügten über ein gut funktionierendes Netz, welches in alle Lebensbereiche greife. Sobald die Identität des Klägers geklärt und seine Vergangenheit bekannt sei, sei er einer erheblichen Verfolgungswahrscheinlichkeit ausgesetzt. Aufgrund der geschilderten Tatsachen komme eine Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe gem. § 3b Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 AsylG in Betracht. Der gemeinsame Hintergrund bestehe nicht nur in der Zugehörigkeit des Klägers zum Volke der Oromo als angeborenes Merkmal, sondern auch in der (unterstellten) politischen Betätigung. Zudem falle auf, dass sich die Beklagte an keiner Stelle mit einer Gruppenverfolgung der Oromo auseinandergesetzt habe. Aufgrund der politischen Aktivität des Klägers und der Vorverfolgung sei eine weitere Verfolgung in indiziert, insbesondere in Anbetracht der aktuell verschärften Situation für Regimegegner.

Mit Schriftsatz vom 18.01.2018 führte die Beklagte aus, dem Kläger könne kein Familienflüchtlingsschutz gewährt werden. Eine Ableitung von den Töchtern komme nicht in Frage, da eine Ableitung nur vom ursprünglich Berechtigten und nicht von einer bereits erfolgten Ableitung möglich sei. Eine Ableitung von der Lebensgefährtin komme ebenfalls nicht in Betracht. Die Lebensgefährtin/Frau des Klägers habe bei ihrer Anhörung ausgeführt, sie seien nur nach muslimischem Ritus verheiratet. Die Anerkennung einer muslimischen Heirat sei nur möglich, wenn diese im Heimatland durch staatliche Behörden offiziell bestätigt bzw. registriert worden sei. Ein solcher Nachweis liege nicht vor.

Mit Schriftsatz vom 07.02.2018 führte der Klägerbevollmächtigte ergänzend aus, der Kläger könne die Heirat nicht mehr nachweisen, da seine Papiere auf der Flucht in Libyen verloren gegangen seien.

Mit Beschluss der Kammer vom 30.08.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 31.10.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen. Die Behördenakte der Ehefrau des Klägers sowie die Behördenakten der beiden Töchter des Klägers wurden beigezogen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 31.10.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Ein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG besteht ebenfalls nicht. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt Folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Obwohl die Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Bescheid zur ABO als „Westsomalische Befreiungsfront“ bzw. zur ONLF offensichtlich neben der Sache liegen, da der Kläger lediglich mit der OLF sympathisiert hat, besteht unter der Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers im Klageverfahren und in der mündlichen Verhandlung im Ergebnis kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

a) Die klägerischen Ausführungen sind vage, detailarm und zum Teil von massiven Widersprüchen geprägt, so dass das Gericht dem Vorfluchtgeschehen keinen Glauben schenkt.

Widersprüchlich sind bereits die klägerischen Angaben zur Ausreise aus Äthiopien. Bei der Anhörung beim Bundesamt am 16.05.2017 gab der Kläger zunächst an, Äthiopien am 22.04.2008 des äthiopischen Kalenders (entspricht dem 01.01.2016 des europäischen Kalenders) verlassen zu haben. Nachdem der Kläger vom anhörenden Entscheider im Rahmen der Reisezeit auf Widersprüchlichkeiten angesprochen wurde, korrigierte er seine Angaben zum Ausreisedatum und erklärte sodann, er habe Äthiopien am 22.08.2008 (entspricht dem 30.04.2016 des europäischen Kalenders) verlassen. Die Ehefrau des Klägers erklärte dem gegenüber in ihrem Asylverfahren, sie hätten Äthiopien am 23.08.2008 des äthiopischen Kalenders, was dem 01.05.2016 des europäischen Kalenders entspricht, verlassen. Befragt zur Ausreise in der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger nunmehr, er habe am 25.04.2016 nach europäischer Zeitrechnung - zusammen mit seiner Frau und seiner großen Tochter - Äthiopien verlassen. Nach einer Umrechnung entspricht dies dem 17.08.2008 nach äthiopischer Zeitrechnung. Auf Vorhalt des Gerichts zu den widersprüchlichen Angaben im Verwaltungsverfahren bzw. zu den abweichenden Angaben seiner Ehefrau führte der Kläger lediglich aus, er habe beim Bundesamt die Daten in europäischer Zeitrechnung angegeben und dort zutreffend den 25.04.2016 genannt. Diese Einlassung ist aber ausweislich der Niederschrift über die persönliche Anhörung vom 16.05.2017 unrichtig. Der Kläger hat während der gesamten Anhörung und Befragung die maßgeblichen Daten anhand des äthiopischen Kalendersystems vorgetragen. Eine Umrechnung in das europäische Kalendersystem ist erst durch das Bundesamt erfolgt. Soweit der Kläger nach Angaben in der mündlichen Verhandlung dennoch am 25.04.2016 nach europäischer Zeitrechnung Äthiopien verlassen haben will, steht diese Einlassung wiederrum teilweise im Widerspruch zu den weiteren Ausführungen des Klägers gegenüber dem Gericht. Der Kläger erklärte dem Gericht nämlich im anderen Zusammenhang, sie hätten am 25.04.2016 J. verlassen. Danach habe es fünf Tage bis zur Grenze zum Sudan gedauert. An der Grenze zum Sudan hätten sie dann noch zwei Tage verweilt, bevor es drei Tage gedauert habe, bis sie Khartum im Sudan erreicht hätten. Dementsprechend hat der Kläger mit seiner Familie offensichtlich doch noch nicht am 25.04.2016 Äthiopien verlassen, sondern allenfalls die Stadt J.

Von zeitlichen Widersprüchen sind ferner die Angaben zum Aufenthalt der Familie im Sudan geprägt. Gegenüber dem Bundesamt und dem Gericht erklärte der Kläger, sie hätten sich vier Tage im Sudan aufgehalten. Die Ehefrau des Klägers führte hingegen bei ihrer Anhörung gegenüber dem Bundesamt aus, sie seien ungefähr zwei Wochen im Sudan gewesen, davon vier Tage in Khartum. Konfrontiert mit diesem Widerspruch lieferte der Kläger dem Gericht wiederrum keine plausible Erklärung. Der Kläger führte lediglich aus, seine Frau beziehe die 14 Tage offensichtlich auf die zehntägige Reise in den Sudan und den viertägigen Aufenthalt im Sudan. Diese Einlassung überzeugt das Gericht nicht. Die Ehefrau des Klägers sprach unmissverständlich von zwei Wochen Aufenthalt im Sudan, wovon vier Tage auf die Stadt Khartum entfallen sind. Im Gegensatz zu den klägerischen Ausführungen hinsichtlich Reise- und Aufenthaltszeiten sind zumindest die Angaben seiner Ehefrau insoweit weitgehend stimmig.

Als unglaubwürdig stuft das Gericht den Vortrag des Klägers zu Misshandlungen während der vom 11.04.2008 bis zum 16.07.2008 des äthiopischen Kalenders dauernden Haft ein. Auf Frage des Gerichts führte der Kläger aus, er und die anderen Gefangenen seiner Zelle seien ca. zweimal wöchentlich nachts mit einem Stock geschlagen worden. Von ihm habe man durch die Schläge erreichen wollen, dass er den Aufenthaltsort der unterstützten Mitglieder preisgebe. Bei der Anhörung beim Bundesamt war hingegen keine Rede von Misshandlungen im Gefängnis. Angesprochen auf diesen ergänzenden Vortrag in der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger lediglich, man habe ihn beim Bundesamt nicht danach gefragt. Zudem habe der Entscheider zu ihm gesagt, man wisse um die Zustände in den Gefängnissen, als er angefangen habe über die Haftzustände zu berichten. Diese Einlassungen des Klägers stuft das Gericht als reine Schutzbehauptung ein. Der Kläger hat gegenüber dem Bundesamt bestätigt, dass ihm ausreichend Gelegenheit gegeben worden ist, seine Fluchtgründe umfassend darzustellen. Er wollte ausweislich der Niederschrift nichts Weiteres hinzufügen. In Anbetracht des Gesamteindrucks vom Kläger stuft das Gericht die nunmehr vorgetragenen Misshandlungen als unglaubwürdig gesteigertes Sachvorbringen des Klägers ein, zumal auch in der Anhörung der Ehefrau - bei einem anderen Entscheider - mit keinem Wort eine Misshandlung des Klägers im Gefängnis erwähnt wurde. Die Ehefrau des Klägers führte lediglich aus, ihr Mann sei durch Schmiergeldzahlungen freigelassen worden. Ihr Mann habe ihr erzählt, dass er mit dem Tod bedroht worden sei, falls er noch einmal in Erscheinung trete. Wäre der Kläger tatsächlich im Gefängnis misshandelt worden, ist davon auszugehen, dass der Kläger seiner Frau darüber berichtet hätte und die Ehefrau dies auch im Rahmen der Frage nach der Haft ihres Ehemanns erwähnt hätte.

Von massiven Widersprüchen sind letztlich die Ausführungen des Klägers zu seinem Aufenthalt nach der Haftentlassung geprägt. Der Kläger erklärte dem Gericht, zwei Tage nachdem er aus der Haft entlassen worden sei, sei er zu seiner Frau und deren Tante nach J. gegangen. Dementsprechend müsste der Kläger noch im Juli 2008 des äthiopischen Kalenders zu seiner Familie, die sich seit seiner Festnahme bei der Tante seiner Ehefrau in J. aufgehalten hat, gestoßen sein. Die Ehefrau des Klägers erklärte hingegen gegenüber dem Bundesamt, der Kläger sei erst am 17.08.2008 des äthiopischen Kalenders - und damit mehr als einen Monat nach seiner Freilassung - nach J. gekommen. Für diesen eklatanten zeitlichen Widerspruch lieferte der Kläger wiederrum keine plausible Erklärung. Der Kläger berief sich lediglich auf mögliche Fehler bei der Umrechnung der Kalenderdaten. Diese Argumentation läuft schon deswegen ins Leere, da sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau beim Bundesamt Angaben nach dem äthiopischen Kalender gemacht haben und eine Umrechnung erst durch das Bundesamt erfolgt ist. Die Unglaubwürdigkeit der klägerischen Ausführungen zu seinem Aufenthalt nach der Freilassung setzen sich sodann noch fort, indem der Kläger dem Gericht erklärte, er sei dann noch einen Monat zusammen mit seiner Familie bei der Tante der Ehefrau in J. gewesen, bevor sie gemeinsam Äthiopien verlassen hätten. Die Ehefrau des Klägers gab hingegen gegenüber dem Bundesamt an, die Familie sei noch in der gleichen Nacht, als der Kläger zu ihnen nach J. gekommen sei, aus J. aufgebrochen. Konfrontiert mit diesem Widerspruch suchte der Kläger wiederrum vage und unplausible Ausflüchte. Insbesondere will er mehrmals kurz aus J. weggewesen sein. J. will er mit seiner Familie aber erst einen Monat nach seiner dortigen Ankunft verlassen haben. Auch die Vermutung, seine Frau habe wohl gemeint, dass sie erst nach einem Monat in J. Äthiopien verlassen hätten, hält das Gericht für abwegig, da die Ehefrau eindeutig davon berichtet hat, dass noch in der Nacht der Ankunft des Klägers die Familie J. verlassen hat.

b) Lediglich ergänzend ist noch auszuführen, dass die entschädigungslose Enteignung des Hauses des Klägers - selbst wenn dieser Vortrag der Wahrheit entsprechen sollte - nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führt.

Die staatliche Enteignung des klägerischen Grundeigentums zur Gewinnung von Bodenschätzen stellt nach Auffassung des Gerichts keine konkret individuelle Verfolgungshandlung mit flüchtlingsrechtlicher Relevanz i.S.d. § 3 AsylG dar. Die Enteignung ist - selbst wenn diese entschädigungslos ist - keine Handlung, die aufgrund ihrer Art so gravierend ist, dass sie eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte darstellt. Auch andere Rechtsordnungen sehen das Institut der Enteignung vor. Allein die Tatsache, dass die „Verfahrensvorschriften“ nicht eingehalten worden sind bzw. dass der Kläger für den Landentzug die versprochene Entschädigung nicht erhalten hat, erfüllt mangels Intensität schon nicht die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG in Anknüpfungen an einen Verfolgungsgrund des § 3b AsylG. Vielmehr handelt es sich - soweit dem Kläger hierfür eine Entschädigung zugestanden hätte - lediglich um staatliches Unrecht außerhalb der flüchtlingsrechtlichen Relevanz. Dies gilt vorliegend umso mehr, da es dem Kläger offensichtlich möglich war - nach der Enteignung des ersten Grundstückes - sich in Matoso eine neue Existenz aufzubauen. Die entschädigungslose Enteignung des ersten Grundstücks stellt damit keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. des § 3 Abs. 1 AsylG dar (vgl. Unabhängiger Bundesasylsenat der Republik Österreich [UBAS], Entscheidung vom 22.07.1998 - 203.929/0-VIII/22/98; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris). Hinsichtlich des Hauses in …, in dem der Kläger zuletzt mit seiner Familie gelebt hat, konnte der Kläger hingegen in der mündlichen Verhandlung keine weiteren Angaben machen. Der Kläger berief sich nur auf Besprechungen zur Erweiterung des Abbaugebietes. Zum Zeitpunkt der Flucht hat der Abbau in diesem Bereich aber noch gar nicht begonnen. Der Kläger wusste nicht einmal, ob das zweite Wohngrundstück inzwischen zum Abbaugebiet gehört bzw. ob den Eigentümern für eventuelle weitere Enteignungen nicht eine Entschädigung zugestanden wird/wurde, da der Kläger inzwischen Äthiopien verlassen und keine weiteren Informationen hinsichtlich der Situation vor Ort hat.

c) Im Übrigen - und ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt - würde die die klägerische Fluchtgeschichte jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen einer Verfolgung aus politischen Gründen führen. Die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG, wonach bei einem wegen politischer Oppositionstätigkeit vorverfolgten Asylbewerber die Verfolgungsfurcht weiterhin begründet ist bzw. er tatsächlich Gefahr läuft, bei einer Rückkehr ernsthaften Schaden zu erleiden, ist aufgrund der gegenwärtigen Auskunftslage und der aktuellen politischen Veränderungen, insbesondere im Juli, August und September 2018, gegenwärtig als widerlegt anzusehen (VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 - B 7 K 17.33349 - juris). Als Folge des im Frühjahr 2018 eingeleiteten Umbruchs hat sich die Situation für Oppositionelle in Äthiopien grundlegend geändert. Unter dem neuen Premierminister Abiy Ahmed wurde insbesondere die Einstufung der OLF, ONLF und Ginbot 7 als terroristische Organisationen am 5.7.2018 durch das Parlament aufgehoben (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list1806301105016 97.html). Das Kabinett wurde umgebildet. Die Hälfte der Ministerposten ist zwischenzeitlich mit Frauen besetzt (http://www.africanews.com/2018/10/16/female-appointees-form-half-of-ethiopia-s-new-cabinet-reports/). Es ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass diese Neuerungen alsbald - durch „alte Strukturen im Hintergrund“ - wieder rückgängig gemacht werden (können).

Mit Gesetz vom 20.7.2018 wurde zudem allen Äthiopiern, die wegen Verrats, Verbrechen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder bewaffneten Widerstands verurteilt wurden oder Objekt von Ermittlungen sind, Straffreiheit zugesichert. Durch die Amnestie für alle politische Vergehen soll den Oppositionellen ermöglicht werden, eine friedliche politische Karriere in Äthiopien zu verfolgen (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/07/ethiopian-grants-amnesty-political-prisoners-180720191811460.html). Daneben hat die äthiopische Regierung am 7.8.2018 in Asmara ein „Friedensabkommen“ mit der OLF geschlossen. Die OLF will ihre politischen Ziele danach künftig mit friedlichen Mitteln durchsetzen (https://www.aljazeera.com/ news/africa/2018/08/ethiopia-signs-deal-oromo-rebels-hostilities-180807184317117.html; http://www.africanews.com/2018/08/07/ethiopia-govt-agrees-peace-deal-with-ex-terror-group-based-in-eritrea). Am 15.09.2018 wurde die OLF offiziell in Äthiopien willkommen geheißen (http://www.africanews.com/2018/09/16/like-pg7-ethiopia-govt-welcomes-oromo-liberation-front-back-home/).

Auch die Ginbot 7 ist zwischenzeitlich von ihrem Stützpunkt im benachbarten Eritrea nach Äthiopien zurückgekehrt, weil deren Kämpfern und Unterstützern in Äthiopien keine Verfolgung mehr droht (http://www.africanews.com/2018/09/03/ethiopia-s-ex-rebel-group-ginbot-7-returns-from-eritrea-base/). Die Zahl der Oppositionellen, die nach Äthiopien zurückkehren, steigt stetig und rasant (http:// www. africanews.com/ 2018/09/03/photos-exiled-oromia-regional-president-returns-to-fanfare/).

Daher besteht für den Kläger, der die OLF nur (finanziell) unterstützt hat, keinerlei beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aus politischen Gründen (mehr). Das Gericht verkennt nicht, dass die Arbeit des neuen Premierministers mit Rückschlägen und Gegenwind verbunden ist. Die weiterhin vereinzelten Anschläge und Gewaltakte in Äthiopien vermögen an der Einschätzung des Gerichts zur politischen Verfolgung nichts zu ändern. Die Gewaltakte finden zum einen im Wesentlichen in der „Somali-Region“ statt. Zum anderen wird vorwiegend von andauernden bzw. schwelenden ethnischen Konflikten zwischen den Bevölkerungsgruppen berichtet (http://www.africanews.com/2018/09/16/brutal-ethnic-attacks-on-outskirts-of-ethiopia-capital-addis-ababa/), aber nicht von konkret-individuellen Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3a AsylG wegen politischer Aktivitäten Einzelner (https://www.dw.com/de/%C3%A4thiopien-ethnische-konflikte-schwelen-weiter/a-45011266 und https://www.sueddeutsche.de/politik/aethiopien-abiy-ahmed-superstar-1.4187205).

Aufgrund der jüngsten Gesetze, Maßnahmen und Vereinbarungen, verbunden mit der Rückkehr namhafter Exilpolitiker, kann daher nicht (mehr) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass oppositionelle Tätigkeiten in Äthiopien zu flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen führen (VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 - B 7 K 17.33349 - juris; vgl. auch VG Regensburg, B.v. 19.6.2018 - RO 2 E 18.31617 - juris... VG Regensburg, B.v. 31.7.2018 - RO 2 K 17.33894 - juris). Es liegen insbesondere auch keinerlei Anhaltspunkte davor vor, dass die vom Parlament beschlossenen Veränderungen zugunsten der politischen Opposition in der (Vollzugs-) Praxis ignoriert würden. ... Dies gesteht der Kläger sogar letztlich in der mündlichen Verhandlung selbst ein, indem er dem Gericht erklärte, er habe bei einer Rückkehr nach Äthiopien keine Angst mehr vor der Regierung. Es habe in Äthiopien Veränderungen gegeben. Sogar die Oppositionellen seien inzwischen zurückgekehrt. Nach Äthiopien könne er jedoch nicht zurückkehren, weil er dort keine Bleibe und keinen Kontakt zu Verwandten mehr habe. Diese Ausführungen rechtfertigen aber im Ansatz schon, keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung in Anknüpfung an einen Verfolgungsgrund, sondern werden allenfalls im Rahmen des Bestehens von Abschiebungsverboten relevant.

d) Entgegen der Behauptung des Klägerbevollmächtigten unterliegen Volkszugehörige der Oromo - auch nach der gegenwärtigen Auskunftslage - im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keiner sogenannten Gruppenverfolgung.

Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (sog. Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Volkszugehörigkeit anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines der in § 3b AsylG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. zum Ganzen: BVerwG. U.v. 5.7.1994 - 9 C 158.94 - juris; VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris; VG Bayreuth, U.v. 7.3.2017 - B 3 K 16.31008 - juris). Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass diese mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur dann vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss (VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris, VG Bayreuth, U.v. 7.3.2017 - B 3 K 16.31008 - juris; VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 - Au 5 K 16.31853 - juris).

Ob Verfolgungshandlungen das Kriterium der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 3c Nr. 1 und 2 AsylG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 3b AsylG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann. (vgl. zu alledem BVerwG, U.v. 21.4.2009 - 10 C 11.08 - juris; VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris).

Dies zugrunde gelegt, droht dem Klägerin wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo nicht die Gefahr einer landesweiten Gruppenverfolgung. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass Volkszugehörige der Oromo verstärkt Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien ausgesetzt sind bzw. waren. Die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische landesweite Verfolgungsdichte von oromischen Volkszugehörigen war schon bislang (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 06.03.2017 - Gz. 508-516.80/3 - ETH) und ist erst Recht nach den aktuellen politischen Veränderungen zugunsten des Oromo-Volkes gegenwärtig nicht zu erkennen.

e) Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unter dem Aspekt des „Familienasyls“ zu. Er kann einen Schutzanspruch weder von seiner Ehefrau noch von seinen Kindern ableiten.

aa) Der Ehefrau des Klägers wurde - nach Auffassung des Gerichts mehr als fragwürdig - mit Bescheid vom 10.11.2017 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach § 26 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 AsylG setzt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Rahmen des „Familienasyls“ u. a. voraus, dass die Ehe- oder Lebenspartnerschaft mit dem international Schutzberechtigten schon im Herkunftsland bestanden hat (§ 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Zwar geben der Kläger und seine Ehefrau übereinstimmend an, bereits am 01.06.2014 - und damit vor der Ausreise aus Äthiopien - in Äthiopien nach religiösem Ritus geheiratet zu haben. Eine Ehe im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist jedoch nur eine bereits im Verfolgerstaat eingegangene und von diesem als Ehe anerkannte und registrierte Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau. Eine nur nach religiösem Ritus mit Eheschließungswillen eingegangene Verbindung, die im Heimatstaat nicht anerkannt worden ist, ist dagegen keine Ehe in diesem Sinne. So liegen die Dinge auch bei der vorliegenden Eheschließung zwischen dem Kläger und seiner Frau. Die ausschließlich nach islamischen Ritus geschlossene Ehe führt - ungeachtet ihrer langen Tradition, ihrer Verbreitung, ihrer staatlichen Tolerierung und ihres Ansehens - mit Blick auf die fehlende Rechtsgültigkeit einer solchen Eheschließung nicht zur Anwendbarkeit der Vorschriften über das Familienasyl (BVerwG, U. v. 22.02.2005 - 1 C 17/03 - juris; VG München, B. v. 21.08.2018 - M 9 E 18.52559 - juris; Marx, AsylG, 9. Auflage 2018, § 26 Rz. 27). Im Übrigen - und ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt - ist nicht einmal glaubhaft gemacht, dass der Kläger in Äthiopien eine traditionelle Ehe geschlossen hat. Die Belege für eine Eheschließung in Äthiopien sind angeblich auf der Flucht in Libyen verloren gegangen.

bb) Der Kläger kann einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch nicht von seinen Kindern, die in Deutschland als Flüchtlinge anerkannt sind, ableiten. Voraussetzung für einen Schutzanspruch aufgrund „Elternasyls“ ist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 AsylG eine originäre Statusberechtigung bei den Kindern. Ausweislich der Bundesamtsakten der Kinder (vgl. insbesondere die jeweiligen Bescheide vom 13.11.2017) verfügen diese jedoch über keinen originären Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG, sondern - eindeutig und unmissverständlich - nur über einen von ihrer Mutter abgeleiteten Schutzstatus. Von einem Kind, dass die Flüchtlingseigenschaft lediglich von seiner Mutter ableitet, kann der mit der Mutter nicht im staatlichen Sinne verheiratete Vater jedoch keinen Flüchtlingsschutz ableiten, da es ansonsten zu einer unüberschaubaren Folge von Kettenableitungen kommen würde (BVerwG U. v. 07.03.1995 - 9 C 389/94 - juris; BVerwG, U. v. 16.08.1993 - 9 C 7/93 - juris; vgl. Marx a. a. O., § 26 Rz. 34).

f) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Der Kläger hat auch keinen (originären oder abgeleiteten) Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG, da insbesondere nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG (i.V.m. § 26 AsylG) vorliegen.

3. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland - und insbesondere in Herkunftsregion - des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris; VG Bayreuth, U.v. 5.9.2018 - B 7 K 17.33349 - juris).

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat in Äthiopien die Schule bis zur 5. Klasse besucht. Er hat zwar keinen Beruf erlernt; ihm war es aber ohne weiteres möglich, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie durch den Betrieb eines Gemischtwarenladens zu bestreiten. ... Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien an diese Verhältnisse nicht anknüpfen könnte. Selbst wenn der Kläger einer derartigen Tätigkeit nicht mehr nachgehen kann, ist es ihm zur Sicherung seines Existenzminimums zumutbar, sämtliche Tätigkeiten - auch schlichte Hilfstätigkeiten - auszuüben. Weiterhin kann der Kläger nach Auffassung des Gerichts im Bedarfsfall auf Unterstützung im Rahmen des Familienverbundes zählen. Der Kläger gab gegenüber dem Bundesamt an, noch über einen Vater und eine Mutter sowie einen Bruder, eine Schwester und eine Großfamilie in Äthiopien zu verfügen. Zudem verfügt der Kläger über einen Bruder in Jemen. Auch in der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger, dass er noch Verwandte in Äthiopien habe. Der (ergänzenden) Unterstützung durch Verwandte steht auch nicht entgegen, dass der Kläger seit Verlassen des Landes keinen Kontakt mehr zu seinen Verwandten in Äthiopien gehabt hat. Solche Kontakte lassen sich ohne weiteres wiederherstellen. Im Übrigen ist das Gericht der Auffassung, dass der Kläger als junger erwerbsfähiger Mann auch ohne familiäre Unterstützung sich existenzsichernd in Äthiopien niederlassen kann.

b) Dem Kläger droht bei einer Abschiebung nach Äthiopien auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz führen würde. Derartige Umstände sind weder vorgetragen noch anderweitig für das Gericht ersichtlich.

c) Lediglich ergänzend sei in diesem Zusammenhang noch angemerkt, dass innerstaatliche Vollstreckungshindernisse, insbesondere aus Art. 6 GG, kein Gegenstand dieses Verfahrens sind.

5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der am … 1984 in Äthiopien geborene Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die Ablehnung seines Asylfolgeantrags als unzulässig.

Er reiste am 10. März 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 4. Mai 2015 Asyl. Hierzu wurde er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 19. September 2016 persönlich angehört. Hierbei gab er an, sein Heimatland am 7. Januar 2015 aufgrund politischer Verfolgung verlassen zu haben. Er sei Sympathisant der Oppositionspartei EPPRDF gewesen und habe diese unterstützt. Eines Tages sei er verhaftet und ins Gefängnis gebracht worden. Aus diesem sei ihm die Flucht gelungen, daraufhin habe er Äthiopien verlassen. Des Weiteren gab er damals an, in Deutschland exilpolitisch tätig zu sein. Er habe sich mit Landsleuten zusammengetan, man treffe sich und diskutiere die aktuelle Lage im Land. Dies geschehe auch nicht mehr heimlich. Man mache hier alles öffentlich. Man versammle sich und mache friedliche Demonstrationen.

Mit Bescheid vom 30. Mai 2017 lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag des Antragstellers ab. Sie stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen und drohte die Abschiebung nach Äthiopien an. Eine Klage gegen diesen Bescheid wurde nicht erhoben.

Am 25. April 2018 beantragte der Antragsteller erneut Asyl. Aus einem Eurodac-Treffer ergibt sich, dass der Antragsteller am 1. März 2018 in Chiasso in der Schweiz ebenfalls einen Asylantrag gestellt hatte.

In seiner schriftlichen Folgeantragsbegründung gab er an, dass er bei einer Rückkehr nach Äthiopien ins Gefängnis müsse und dort gefoltert würde. Derzeit sei er auch weiter über soziale Medien (facebook) tätig und poste Propaganda. Was er in seinem Leben durchmachen müsse, gehe über seine Kräfte hinaus. Er leide an psychischen Krankheiten und sei depressiv.

Mit Bescheid vom 30. Mai 2018 lehnte die Antragsgegnerin den Folgeantrag als unzulässig ab. Auch der Antrag auf Abänderung des Bescheids vom 30. Mai 2017 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz wurde abgelehnt.

Hiergegen erhob der Antragsteller am 7. Juni 2018 Klage und beantragte zugleich Eilrechtsschutz.

Der Antragsteller trägt vor, der Folgeantrag sei unzulässigerweise abgelehnt worden. Der Antragsteller habe neue Gründe vorzuweisen. So sei er exilpolitisch in Deutschland für die Partei Ginbot 7 aktiv. Zwar habe der Kläger auch schon im Rahmen seines Erstverfahrens von seinen exilpolitischen Tätigkeiten berichtet, dort habe er jedoch nur Demonstrationen und Diskussionen als Betätigung genannt. Mittlerweile sei er aber auch über facebook regierungskritisch aktiv. Durch diese Betätigung nach außen gelte er für die äthiopische Regierung als Gegner. Da dies bei seiner ersten Anhörung nicht erwähnt worden sei, sei er insoweit nicht präkludiert und die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen lägen vor.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO aufzugeben, gegenüber der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde zu erklären, dass die Abschiebung des Antragstellers bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthaltG im Hauptsacheverfahren vorläufig nicht vollzogen werden darf.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf den angegriffenen Bescheid.

II.

Der Berichterstatter entscheidet im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 76 Abs. 4 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) als Einzelrichter.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

In der Rechtsprechung ist es umstritten, ob Eilrechtschutz in einem Asylfolgeverfahren bei Nichtergehen einer erneuten Abschiebungsandrohung nach § 123 oder § 80 Abs. 5 VwGO zu suchen ist. Mangels einer neuen, anfechtbaren Abschiebungsandrohung und dem bloßen Verweis auf die bestandskräftig gewordene Abschiebungsandrohung aus dem ersten Asylverfahren sprechen die besseren Argumente für einen Antrag nach § 123 VwGO auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig keine Abschiebung aufgrund der Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG erfolgen dürfe. Denn für einen statthaften Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bedürfte es zunächst einer statthaften Klage gegen einen Bescheid, deren aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt werden soll.

Zwar ist richtigerweise mit einer Anfechtungsklage gegen die Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig vorzugehen (siehe nur BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 - BVerwGE 157, 18), da das Gericht nicht in der Sache durchentscheiden muss, um so der stärkeren Betonung des behördlichen Asylverfahrens Rechnung zu tragen und dem Asylbewerber nicht eine Sachentscheidungsebene zu nehmen. Jedoch hat eine aufschiebende Wirkung dieser Anfechtungsklage keine Auswirkung auf die bestandskräftige und vollziehbare Abschiebungsandrohung aus dem ersten ablehnenden Bescheid. Diese stünde weiterhin im Raum und böte zusammen mit der erfolgten Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG eine taugliche Rechtsgrundlage zur Durchführung der Abschiebung. Es muss jedoch aufgrund der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz eine Eilrechtsschutzmöglichkeit geben, die es dem Asylbewerber erlaubt, bei hinreichenden Erfolgsaussichten seiner Anfechtungsklage gegen die Ablehnung der Durchführung eines Folgeverfahrens, die angedrohte Abschiebung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache über die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zu verhindern.

Hierfür bietet sich an, mittels einer Regelung nach § 123 Abs. 1 VwGO, das Bundesamt vorläufig zu verpflichten, der Ausländerbehörde mitzuteilen, die Abschiebung vorläufig nicht zu vollziehen (so auch VG Augsburg, B.v. 14.03.2017 - Au 5 E 17.31264 - juris und VG Bayreuth, B.v. 11.07.2017 - B 6 E 17.32344 - juris). Dieser Lösungs Weg ist auch im Gesetz angedeutet, da dieses in § 71 Abs. 5 AsylG davon ausgeht, dass wenn keine erneute Abschiebungsandrohung ergeht, die Abschiebung nicht vollzogen werden darf, bis das Bundesamt der Ausländerbehörde mitteilt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) nicht vorliegen. Damit kann auch im Eilverfahren bei hinreichenden Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens verlangt werden, mitzuteilen, von dieser ersten Mitteilung vorläufig keinen Gebrauch zu machen, um die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands erlassen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um etwa wesentliche Nachteile abzuwenden. Eine derartige Regelungsanordnung setzt das Glaubhaftmachen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraus. Zudem ergibt sich aus § 71 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 4 AsylG, dass einstweiliger Rechtsschutz hier nur gewährt werden kann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Dies verschärft den sonst üblichen Maßstab für einen erfolgreichen Eilantrag. Es müssen daher erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung nicht standhält (vgl. Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht 12. Auflage 2018, § 36 AsylG Rn. 21).

Solche Gründe liegen nicht vor, damit bestehen schon keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesamts, den Antrag als unzulässig abzulehnen. Es fehlt schon am Anordnungsanspruch. Ein solcher könnte sich allenfalls als Anspruch auf Wiederaufgreifen seines Asylverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG ergeben.

Hier käme angesichts der Schilderung des Antragstellers in der schriftlichen Folgeantragsbegründung allenfalls eine Sachlagenänderung im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG in Betracht. Eine solche liegt jedoch nicht vor.

Bereits bei seinem Erstantrag machte der Antragsteller exilpolitische Tätigkeiten geltend. Nunmehr behauptet er - ohne dies näher glaubhaft zu machen - in sozialen Medien regierungskritisch tätig zu sein. Selbst bei einer Wahrunterstellung dieser Aussage, die der Antragsteller weder näher glaubhaft gemacht, noch näher substantiiert hat, führt dies aber nicht zu einer Änderung der Sachlage, da sie an der Qualität seines exilpolitischen Engagements nichts ändert. Die Teilnahme an Demonstrationen, das Posten regierungskritischer Artikel auf facebook und die Mitgliedschaft in Exilorganisationen stellen den niedrigsten Grad an exilpolitischem Engagement dar und vermögen den Antragsteller nicht aus der Masse der äthiopischen Asylbewerber herauszuheben.

Das Posten oder Verlinken kritischer Artikel auf facebook führt daher nicht zu einer herausgehobenen Stellung im Kreise der äthiopischen Asylbewerber. Eine solche ist jedoch nach der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts mindestens erforderlich, um eine beachtlich wahrscheinliche Gefahr einer politischen Verfolgung begründen zu können. Auch der Beweisbeschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26.3.2018 (8 B 17.31645 und andere) führt nicht zur Annahme ernstlicher Zweifel. Denn er kann die neuesten, positiven Entwicklungen in Äthiopien (Aufhebung des Ausnahmezustands, Freilassung eines zum Tode verurteilten, politischen Gefangenen) nicht berücksichtigt haben, da sie ihm zeitlich nachgefolgt sind.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Äthiopien deutet derzeit vieles darauf hin, dass die Frage der beachtlich wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr rein exilpolitisch tätiger Asylbewerber künftig noch strenger zu sehen sein dürfte und die äthiopischen Behörden die exilpolitischen Tätigkeiten der hiesigen Asylbewerber im Heimatland nicht verfolgen würden. Für diese Sichtweise spricht unter anderem die Freilassung des zum Tode verurteilten Andargachew Tsege im Juni 2018. Diesen entführte die damalige äthiopische Regierung sogar aus dem Jemen. Weshalb sie nun ein Verfolgungsinteresse an nur geringfügig exilpolitisch engagierten Asylbewerbern haben soll, bleibt schleierhaft. Hinzu kommt die Aufhebung des Ausnahmezustands im Juni 2018 (vgl. http://www.dw.com/de/äthiopien-hebt-ausnahmezustand-auf/a-44078868; https://www.bbc.com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia, aufgerufen jeweils am 19.6.2018) oder der Wechsel des äthiopischen Premierministers Anfang 2018.

Auch die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens des Verfahrens hinsichtlich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (Aufenthaltsgesetz) gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG liegen mangels veränderter Sachlage nicht vor. Nähere Ausführungen und Glaubhaftmachungen zu seinen ohnehin nur vage angedeuteten Krankheiten blieb der Antragsteller schuldig, so dass nicht davon auszugehen ist, dass er tatsächlich erkrankt ist. Das Bundesamt lehnte es auch ermessensfehlerfrei (§ 114 VwGO) ab, die bestandskräftige frühere Entscheidung über das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten zu widerrufen (vgl. § 51 Abs. 5 i.V.m. § 49 VwVfG).

Gründe, die unabhängig von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine Abänderung der bisherigen Entscheidung zu § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG erfordern würden, wurden weder geltend, noch glaubhaft gemacht, noch sind sie sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert beträgt nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) 2500 €.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Der eigenen Angaben zufolge am … … 1997 geborene Kläger, äthiopischer Staatsangehörigkeit, wendet sich gegen einen ablehnenden Bescheid des Bundesamts und begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter, hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wiederum hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes und wiederum hilfsweise die Feststellung des Vorliegens von Abschiebeverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Der Kläger reiste am 5. Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 11. Januar 2016 Asyl. Hierzu wurde er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 26. April 2017 persönlich angehört.

Hierbei gab er an, oromischer Volkszugehörigkeit zu sein, in Äthiopien einen Führerschein und einen Ausweis besessen zu haben. Den Ausweis habe er zu Hause gelassen, als er geflohen sei. Den Führerschein habe man ihm in Äthiopien weggenommen und zerrissen. Äthiopien habe er an einem Mittwoch im Juni 2015 verlassen. Er sei über den Sudan, Libyen und Italien nach Deutschland gereist. In Äthiopien habe er noch eine Schwester, einen Bruder, der seit 16 Jahren im Gefängnis sei, eine Großmutter und den Rest der Großfamilie. Bis zur sechsten Klasse sei er in die Schule gegangen. Er habe den Führerschein gemacht und auf der Farm eines Engländers als Bulldogfahrer gearbeitet. Später sei er LKW-Fahrer auf einem kleineren Lkw gewesen. Wirtschaftlich sei es ihm relativ gut gegangen, der Traktor habe ihm gehört. In seinem Ort habe es nur zwei Traktoren gegeben, der Traktor habe seinem Vater gehört. Auch der andere Traktor in seinem Dorf habe seinem Vater gehört. Sein Vater habe auch eine relativ große Farm. Die Flucht habe 140.000 Birr gekostet und sei von den Ersparnissen seines Vaters bezahlt worden.

Er habe mit dem Isuzu gearbeitet. In dieser Zeit sei er Mitglied der OFC geworden. Im Januar 2014 sei er in der Stadt am Mojo festgenommen worden, als er mit seinem Lkw unterwegs gewesen sei. Er sei für fünf Tage festgehalten und danach wieder freigelassen worden. Nachdem er dann mit seinem Fahrzeug in seinen Heimatort gekommen sei, sei er dort erneut verhaftet worden. Man habe ihm vorgeworfen, dass er mit seinem Fahrzeug Informationen der OFC transportieren würde. Hierfür sei er fünf Monate ins Gefängnis gekommen. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis sei er mit dem Lkw in Beltu Kurkuru gewesen. Auf dem Rückweg habe er Passagiere dabei gehabt und Bundespolizisten hätten auf die Reifen seines Fahrzeugs geschossen, weil diese geglaubt hätten, dass er gegnerische Soldaten transportiere. Die Polizisten seien zu ihnen gekommen, hätten die Fahrgäste geschlagen und verhaftet und er sei in die Stadt Ginir gebracht und eingesperrt worden. Nach sechs Monaten habe er fliehen können. Er habe einen Wachmann bestochen, der am Wochenende Wache hielt und so habe er beim Toilettengang fliehen können. Innerhalb von drei Tagen habe er Äthiopien dann verlassen. Vom Ort des Gefängnisses bis Salu sei er mit dem Motorrad gefahren, anschließend mit dem Auto nach Robe und mit dem Kleinbus nach Addis Abeba.

In dem letzten Gefängnis sei er auch gefesselt und mit verbundenen Augen zwei Tage in einen Raum gebracht worden. Er sei dort mit Elektroden und brennenden Plastikteilen misshandelt worden. Man habe auf Knien zur Toilette laufen müssen. Reden sei verboten gewesen und wenn man gehustet habe, sei einer reingekommen und habe sie geschlagen. Beim morgendlichen Toilettengang sei man mit dem Stock geschlagen worden. Nach dem Toilettengang sei man immer mit kaltem Wasser bespritzt worden und habe einige Zeit draußen bleiben müssen. Sein Bruder sei schon länger Mitglied der OFC und seit 17 Jahren im Gefängnis. Er sei zum Tode verurteilt, was üblicherweise lebenslange Haft bedeute. Bei der Verhaftung habe man seinen Führerschein zerrissen und 75.000 Birr, die er bei sich gehabt habe, beschlagnahmt. Sein Bruder habe in Russland eine Militärausbildung gemacht und die Soldaten der ABO trainiert. Dann habe er für die OFC den Wahlkampf organisiert. Er habe seinen Bruder erst kennengelernt, als er ihn im Gefängnis besucht habe. Bereits sein Vater und sein Großvater hätten für die Rechte der Oromo gekämpft.

Er habe bereits mit 16 Jahren einen Führerschein gehabt, da man in Äthiopien alles kaufen könne. Er sei zur Führerscheinstelle gegangen und habe 7.000 Birr bezahlt. Er habe für die OFC Informationen transportiert. Kämpfer habe er nicht befördert, nur normale Fahrgäste.

Es sei ihnen in Äthiopien gut gegangen. Sie hätten auch das Land gehabt, dass die Regierung ihnen wegnehmen wolle. Auch deshalb sei er nach Europa geflohen. Das Motorrad mit dem er geflohen sei, habe er gemietet. Die Bestechung des Wachmanns habe er mit diesem ausgehandelt. Der Wachmann sei dann von einem Onkel bezahlt worden. Der Onkel habe am Freitag bezahlt, am Samstag sei er freigekommen. Er habe noch 500 Birr in der Tasche gehabt, damit habe er das Motorrad gemietet. In Saldo habe er seine Schwester getroffen, die in 20.000 Birr gegeben habe.

Bei einer Rückkehr befürchte er, dass man ihn lange einsperren oder sofort töten werde, sogar der Vorsitzende der OFC, Dr. M. G., sei nach seiner Rückkehr aus Europa festgenommen worden und säße im selben Gefängnis wie sein Bruder. Er – der Kläger - werde eher getötet, als die bekannten Persönlichkeiten, wie der Parteivorsitzende, weil man ihn als einen Unbekannten leichter verschwinden lassen könne. Zudem sei bekannt, was er in den sozialen Medien getan habe. Er sei dabei, die Oromo in Bayern zu organisieren, um Demonstrationen in München und Nürnberg zu machen. Man habe sich beispielsweise in R. getroffen, da man in Regensburg keinen Raum gefunden habe. All dies sei auch auf YouTube und Facebook zu finden.

Mit Bescheid vom 15. Juni 2017 lehnte die Beklagte die Begehren des Klägers ab. Hiergegen erhob er am 29. Juni 2017 Klage.

Die Beklagte begründete ihre Entscheidung damit, dass weder die vorgebrachte Vorverfolgung zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl führe, noch die exilpolitische Tätigkeit des Klägers eine beachtliche Verfolgungsgefahr auslöse.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2017, Aktenzeichen 6 451 370 - 225 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten gemäß Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz anzuerkennen,

hilfsweise, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wiederum hilfsweise, ihm subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) zu gewähren,

weiter hilfsweise, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf den Bescheid.

Die vollständigen Unterlagen zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers (Kontobelege) sind am 23. Juli 2018 bei Gericht eingegangen.

II.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung war mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, am 23. Juli 2018, abzulehnen.

Der Antrag war erst anderen 23. Juli 2018 entscheidungsreif, da erst zu diesem Zeitpunkt die vollständigen Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Gericht vorgelegen haben.

Nach den §§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, so wird der Partei gemäß §§ 166 VwGO, 121 Abs. 2 ZPO auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

Die nach § 114 Satz 1 ZPO vorzunehmende Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung steht im engen Zusammenhang mit der Feststellung und Würdigung des Sachverhaltes und der Auslegung und Anwendung des jeweils einschlägigen materiellen und prozessualen Rechts. Die auf die hinreichende Erfolgsaussicht gerichtete rechtliche Prüfung ist eine nur summarische; denn die Prüfung der Erfolgsaussicht dient nicht dazu, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Prozesskostenhilfeverfahren vorzuverlagern. Bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmales der hinreichenden Erfolgsaussicht darf kein Auslegungsmaßstab verwendet werden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung überspannt würden, weil dadurch der Zweck der Prozesskostenhilfe deutlich verfehlt werden würde (BVerfG vom 13.3.1990, NJW 1991, 413; BayVGH vom 8.1.2003, Az. 23 CS 02.2995 ; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 166 RdNr. 8). Gemessen an diesen Anforderungen muss ein Prozesskostenhilfeantrag bereits dann Erfolg haben, wenn die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage bei einer summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage offen sind (BVerwG vom 8.3.1999, NVwZ-RR 1999, 587; Kopp/Schenke a.a.O.).

Zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife sind die Erfolgsaussichten der Klage nach Aktenlage nicht offen. Nach Aktenlage ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die Beklagte die Asylbegehren des Klägers rechtswidrigerweise abgelehnt hätte. Der Kläger hat nach vorläufiger Einschätzung keinen Anspruch auf einen der geltend gemachten Schutzstatus.

1. Soweit der Kläger auf eine Vorverfolgung verweist, ist diese Geschichte nach Aktenlage unglaubhaft. Zweifelhaft bleibt trotz der Nachfrage des Anhörers des Bundesamts, die Frage der Bestechung des Gefängniswärters. Es bleibt offen, weshalb der Kläger im Gefängnis einen Restbetrag an Bargeld bei sich gehabt haben will, nachdem ihm sein Geld bei der Verhaftung abgenommen worden sein soll. Damit ist die Geschichte der Inhaftierung und der Vorverfolgung insgesamt unglaubhaft. Im Gegenteil ist angesichts der Aussagen des Klägers bei seiner persönlichen Anhörung, wonach es seiner Familie wirtschaftlich gut gegangen habe und sein Vater die Flucht von den Ersparnissen habe bestreiten können, nicht davon auszugehen, dass die Familie politisch verfolgt worden wäre. Die Aussage, dass sein Vater die einzigen zwei Traktoren des Dorfes besessen habe, lässt eher darauf schließen, dass der Kläger einer angesehenen, nicht aber einer verfolgten, Familie entstammt. Ohne dass es hierauf ankommt, sei darauf hingewiesen, dass der vom Kläger vorgebrachte Vorsitzende der OFC, der der Kläger zugehörig sein will, Dr. M. G., im Januar 2018 freigelassen worden ist (vgl. https://www.bbc.com/news/world-africa-42716864, alle Webseiten aufgerufen am 31. Juli 2018). Weshalb nun die einfachen Mitglieder dieser Vereinigung weiterhin – sofern man überhaupt von einer bisherigen Verfolgung ausgehen will - verfolgt sein sollten, ist nicht ersichtlich.

2. Soweit der Kläger befürchtet, aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeiten in Äthiopien verfolgt zu werden, ist dies nach Aktenlage zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags ebenfalls unbegründet.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Äthiopien seit Jahresbeginn 2018, ist zur Überzeugung des Richters - ungeachtet dessen, dass die Kammer auch bisher regelmäßig nicht von einer Verfolgung rein exilpolitisch tätiger Asylbewerber ausging (vgl. VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris) – erst recht nicht mehr von einer Verfolgung exilpolitisch tätiger äthiopischer Asylbewerber durch die äthiopischen Behörden auszugehen.

Dies ergibt sich aus mehreren Entwicklungen dieses Jahres. Diese aktuellen Ereignisse führen auch dazu, dass der Beweisbeschluss des BayVGH vom 26. März 2018 und die hierzu bisher vorliegenden Auskünfte insoweit als überholt anzusehen sind, da der Beweisbeschluss den Ereignissen zeitlich vorgelagert war und diese damit nicht hat berücksichtigen können und einige der vorgelegten Auskünfte die jüngsten Ereignisse auch nicht berücksichtigen.

So wurde der Ausnahmezustand aufgehoben (Meldung der BBC vom 2. Juni 2018, 20:53 Uhr und vom 5. Juni 11:23 Uhr, https://www.bbc.com/news/world-africa-44344025?intlink_from_url=https://www.bbc.com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia& link_location=live-reporting-story).

Der neue Premierminister, Abiy Ahmed, ist oromischer Volkszugehörigkeit (vgl. Meldung der BBC vom 28. März 2018 10:29 Uhr, https://www.bbc.com/news/world-africa-42716864). Dieser hat bei seiner Vereidigung ausdrücklich betont, dass politischer Pluralismus ein Muss sei, denn das sei ein Grundstein dafür, dass Demokratie funktioniere. Ferner führte ihn seine erste Amtsreise in einen der Unruheherde des Landes, die Grenzregion zwischen den Siedlungsgebieten der Oromo und der Somali und er hat in Addis Abeba Oppositionspolitiker, Vertreter der Zivilgesellschaft und religiöse Führer empfangen. Dass er die Politik der Regierungskoalition nicht einfach fortsetzen will, hat er vor allem auch dadurch gezeigt, dass unter seiner Führung Hunderte von Oppositionsanhängern freigelassen worden sind, die nach einer Amnestie im Januar 2018 zwar aus der Haft entlassen, anschließend jedoch teils gleich wieder festgenommen worden waren. Außerdem wurde inzwischen das berüchtigte Makelawi-Gefängnis in Addis Abeba geschlossen (vgl. zum Vorstehenden die Presseartikel „Halber Machtwechsel“, taz vom 3.4.2018; „Man nennt ihn Äthiopiens Barack Obama“, FR vom 10.4.2018 und „Äthiopiens neuer Premier wirbt für Zusammenarbeit und Versöhnung“, DW vom 13.4.2018).

Der neue Premierminister bezeichnete Folter als Akt des Terrors durch den Staat, warf den eigenen Sicherheitsbehörden Folter und illegale Inhaftierungen vor und entließ Chefs der Nachrichtendienste und des Militärs (vgl. Meldung der BBC vom 18. Juni 2018, 18:05 Uhr, https://www.bbc.com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia). Die oppositionelle Organisation Ginbot 7 stellte ihren bewaffneten Widerstand gegen die Regierung ein und bezeichnete die vom neuen Premierminister angestoßenen Reformen als wirkliche Hoffnung auf Demokratie (Meldung der BBC vom 22. Juni 2018, https://www.bbc.com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia).

So wurde auch der zum Tode verurteilte Generalsekretär der Organisation Ginbot 7, Andargachew Tsege, der 2009 in Abwesenheit zum Tode verurteilt und 2014 auf einem jemenitischen Flughafen auf seinem Weg nach Eritrea festgenommen und den äthiopischen Behörden ausgehändigt worden war, freigelassen (vgl. Meldung der BBC vom 1. Juni 2018 17:05 Uhr, https://www.bbc.com/news/world-africa-42716864).

Es finden Gespräche zwischen Äthiopien und Eritrea statt. Äthiopien kündigte an, die Soldaten an der Grenze zu Eritrea abzuziehen. Telefonleitungen und Flugverbindungen zwischen beiden Ländern wurden wiedereröffnet (vgl. Meldung der Süddeutschen Zeitung vom 20. Juli 2018, 11:00 Uhr, https://www.sueddeutsche.de/politik/aethiopien-und-eritrea-zwei-laender-erwachen-aus-dem-tiefschlaf-1.4062868; Meldung der BBC vom 10. Juli 2018, 13:01 Uhr, https://www.bbc.com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia).

Der Premierminister ließ bisher gesperrte Internetseiten oppositioneller Organisationen freigeben. Das oromische Medienportal Oromo Media Network (OMN), dem bis vor kurzem noch Terrorvorwürfe gemacht worden sind, eröffnete in Addis Abeba eine Redaktion (vgl. Meldung der BBC vom 26. Juni 2018, 16:16 Uhr, https://www.bbc.com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia).

Aus alledem ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass äthiopische Asylbewerber in Äthiopien aufgrund ihres exilpolitischen Engagements in Europa eine flüchtlingsrelevante Verfolgung befürchten müssten. Hier sei auch auf die ältere Auskunftslage von Beginn dieses Jahres verwiesen, aus der sich nach der Rechtsprechung der Kammer regelmäßig ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine drohende Verfolgung ergaben (vgl. hierzu ausführlich VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris, VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris). Da die in diesem Jahr eingeleiteten Maßnahmen der äthiopischen Regierung die Lage vor Ort nach der Aktenlage nicht verschlechtert haben dürften, ist nichts erkennbar, was für eine beachtlich wahrscheinliche Gefahr der politischen Verfolgung aus Gründen des exilpolitischen Engagements spräche.

Von einer weiteren Darstellung der Gründe wird abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG entsprechend).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Satz 1 findet insbesondere keine Anwendung, wenn der Ausländer sich auf Grund seines Alters und Entwicklungsstandes im Herkunftsland noch keine feste Überzeugung bilden konnte.

(1a) Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 zu erleiden, kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist.

(2) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Asylantrags erneut einen Asylantrag und stützt diesen auf Umstände, die er nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrags selbst geschaffen hat, kann in einem Folgeverfahren in der Regel die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, äthiopischer Staatsangehöriger vom Volke der Oromo, geb. nach eigenen Angaben am ...1989 bzw. ...1989, begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Der Kläger reiste nach eigenen Angaben über Italien auf dem Landweg am 18.5.2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dort stellte er am 1.7.2014 einen Asylantrag.

Am 26.5.2014 wurde der Kläger von der Hessischen Aufnahmeeinrichtung in Gießen befragt und gab hierbei an, am 20.5.2014 mit „dem Auto von Italien nach Unbekannt“ gereist zu sein. Einen Pass habe er nie besessen.

Am 16.6.2014 erfolgte die Befragung zur Identitätsklärung an der Außenstelle der Regierung von Mittelfranken Zirndorf. Hierbei gab der Kläger an, dass er vor ca. 3 Jahren einen Personalausweis von der Stadt W... D... ausgestellt bekommen habe. Am 10.4.2014 sei ihr Haus abgebrannt und der Personalausweis habe sich im Haus befunden. Er besitze keine Dokumente mehr. Er sei in W... D... in der K... Wa... in der Zone S... aufgewachsen und habe bis zuletzt dort gewohnt. Sein Vater sei verstorben, seine Mutter lebe noch. Er habe im Heimatland zwei Brüder, eine Schwester, eine Tante und einen Onkel. Er sei von der 1. bis zu 6. Klasse in Wa... in die Schule gegangen, von der 7. bis 8. Klasse in der „G...“ Schule in M... und in der 9. Klasse in der „O...“ in M... Seine Schulzeugnisse habe er nicht von der Schule abgeholt. Er sei Bauer gewesen.

Am 6.9.2016 erfolgte die Anhörung gem. § 25 AsylG vor dem Bundesamt. Bei dieser gab der Kläger im Wesentlichen an, dass er keine Personaldokumente habe. Er habe einen K...-Ausweis besessen. Den habe er in Äthiopien verbrannt. Er habe sich zuletzt im Dorf Wa... aufgehalten. Eine K... oder Hausnummer gäbe es nicht. Es sei ein kleines Dorf zwischen B...Z... und M... Er habe seine Heimat am 10.8.2006 (EC) verlassen und sei am 18.5.2014 in Deutschland eingereist. Er habe die Schule bis zur 10. Klasse besucht und sei Bauer gewesen. Man müsse nach der 10. Klasse eine Prüfung machen. Er habe nicht Mitglied der TPLF werden wollen und habe daher die Prüfung nicht machen dürfen. Er habe dann 4 Jahre als Bauer gearbeitet. Die Regierung habe dann alle Bauern versammelt und gesagt, dass sie das Land an Investoren aus Israel verkaufe. Sie sollten ihr Land verlassen. Alle Leute, die dagegen waren, seien festgenommen worden. Auch er sei 2003 (EC) von der Polizei in das Gefängnis in Z... gekommen und dort 3 Jahre gewesen. 2006 (EC) sei er aus dem Gefängnis geflohen und nach Mo... gefahren. An das genaue Datum der Verhaftung könne er sich nicht erinnern. Ca. ein Monat nach seiner Flucht aus dem Gefängnis sei er wieder an seinen Geburtsort zurückgekehrt und nach fünf Tagen wieder verhaftet worden. Er sei zehn Tage im Gefängnis gewesen. Das Gefängnis habe eine Farm gehabt, auf der ein Bekannter von ihm gearbeitet habe. Er habe seine Uniform angezogen und fast acht Stunden auf der Farm gearbeitet. Auf dem LKW, der die Tomaten abgeholt habe, sei er geflüchtet. Er habe dann von seinem Onkel Geld abgeholt und von seinem Onkel erfahren, dass sein Vater tot sei. Er sei dann zusammen mit seinem Onkel nach Addis Abeba gereist. Er sei dann über Mekele, Shere und Humera in den Sudan. Sein Vater sei Unterstützer der OLF gewesen und gegen den Verkauf des Landes an die Investoren. Darum habe die Polizei ihn umgebracht. Der Kläger sei Unterstützer der OLF gewesen. Er sei ein Oromo. Auch in Deutschland sei er als Mitglied der TBOJ exilpolitisch tätig. Kontakt in die Heimat habe er nicht mehr. Dem Bundesamt wurde eine Bestätigung der TBOJ / UOSG übergeben, wonach der Kläger seit 22.11.2014 Mitglied sei und an 17 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe.

Mit Bescheid vom 12.9.2016 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen und drohte andernfalls dem Kläger die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen rücknahmebereiten oder zur Rücknahme verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6). Die vom Kläger geltend gemachten Vorfluchtgründe seien nicht glaubhaft. Das Vorbringen des Klägers sei zu pauschal und oberflächlich. Auch bei unterstellter Wahrheit würden die geschilderten Umstände keinen Flüchtlingsschutz begründen. Die vom Antragsteller behauptete Zugehörigkeit zur OLF führe für sich noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Der Kläger habe kein aktives Tätigwerden für die OLF glaubhaft gemacht. Auch die behauptete exilpolitische Betätigung in der TBOJ führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger hebe sich nicht erkennbar aus dem Kreis der Mitläufer hervor. Im Übrigen wird auf den Bescheid vom 12.9.2016 verwiesen.

Am 26.9.2016 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben.

Der Kläger verweist hierbei im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Rahmen der Vorprüfung. Der Kläger habe sein Heimatland aus Furcht vor Verfolgung verlassen. Die Androhung der Abschiebung sei ungeachtet vom Ausgang des Asylverfahrens wegen Verstoßes gegen Art. 1 und 2 GG sowie Art. 3 EMRK unzulässig. Mit Schriftsatz vom 12.1.2018 brachte die Klägerseite ergänzend vor, der Kläger sei in Äthiopien bereits auf Grund der Weigerung, Land aufzugeben, verhaftet worden. Nach Auffassung des äthiopischen Regimes seien oromische Volkszugehörige, die sich gegen die Durchführung des „Masterplanes“ aussprächen etc., verdächtig, die OLF zu unterstützen. Verhaftungen wie im vorliegenden Fall knüpften daher zumindest an eine unterstellte politische Überzeugung an. Die im Bescheid gerügte angeblich nicht detailliert genug beschriebene Haftzeit etc. werde der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals darlegen. Der Kläger sei vorverfolgt ausgereist. Jedenfalls drohe dem Kläger auf Grund seiner exilpolitischen Aktivitäten eine Verfolgung in seinem Heimatland. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wurde eine Bescheinigung der TBOJ/UOSG vom 10.1.2018 vorgelegt. In dieser wird bestätigt, dass der Kläger seit 2.9.2016 an weiteren 7 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe. Ferner wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23.11.2017 vorgelegt und die dort benannten Erkenntnismaterialien und Auskünfte zum Bestandteil des Vorbringens gemacht. Wie im Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg ausgeführt, habe sich durch die Aufhebung des Ausnahmezustandes zum 4.8.2017 keine Änderung an der Verfolgungssituation ergeben.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.9.2016 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen;

weiter hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 12.12.2017 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seines Rechtsanwalts bewilligt.

Mit der Ladung vom 14.12.2017 wurde die Auskunftsliste „Äthiopien“ vom Stand 12.12.2017 übersandt.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.1.2018 hat das Gericht den Kläger nochmals zu den Ereignissen in Äthiopien und seiner exilpolitischen Betätigung befragt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Der Klägervertreter stellt den im Schriftsatz vom 12.1.2018 angekündigten bedingten Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 es unverändert dabei verbleibt, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung droht, die Einholung einer Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt einzuholen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten und auf die Sitzungsniederschrift vom 24.1.2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Entscheidung des Bundesamts, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zuzuerkennen sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu verneinen und dem Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Äthiopien zur Ausreise aufzufordern, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die vom Bundesamt gemäß den §§ 31 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AsylG, 75 Nr. 12, 11 Abs. 2 AufenthG getroffene Entscheidung ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids, den Antrag des Klägers im Hinblick auf die Anerkennung als Asylberechtigter abzulehnen, ist bestandskräftig geworden. Der Kläger hat diese Entscheidung mit seiner Klage nicht angegriffen (vgl. VGH BW U.v. 26.10.2016 – A 9 S 908/13 – juris). Ohnehin könnte er sich nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen, da er nach eigenen Angaben auf dem Landweg über Italien nach Deutschland eingereist ist.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.

Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – Flüchtling, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es aber regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U.v. 28.3.2014 – 13 A 1305/13.A – juris). Eine Verfolgung i.S. d. § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (vgl. auch VG Augsburg, U.v. 11.8.2016 - Au 1 K 16.30744 – juris). Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es nach § 3b Abs. 2 AsylG auch unerheblich, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist, weil er tatsächlich die Merkmale besitzt, die zu seiner Verfolgung führen, sofern der Verfolger dem Betroffenen diese Merkmale tatsächlich zuschreibt.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011, ABl. L 337 vom 20.12.2011 S. 9 ff.). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A – juris).

Der Kläger macht geltend, dass er in Äthiopien bereits inhaftiert gewesen sei, da er sein Land nicht an Investoren verkaufen habe wollen. Er habe gegen den Landverkauf demonstriert und er und seine Familie hätten die OLF allgemein unterstützt.

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der Tatrichter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 – juris; BVerwG, U.v. 11.11.1986 - 9 C 316.85 - juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.10.2016 – AN 3 K 16.30452 – juris mit weiteren Nachweisen).

Die Angaben, die der Kläger im Verlauf seines Asylverfahrens zu den Geschehnissen in Äthiopien gemacht hat, sind nicht glaubhaft. Zwar ergänzte der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung seine Angaben und berichtete insbesondere konkreter von der Verhaftung und Haft. Es ist jedoch bereits nicht nachvollziehbar, dass der Kläger im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt, in der er aufgefordert wurde, alle Ereignisse zu schildern, die nach seiner Auffassung die Vorflucht begründen, weder Details zur Verhaftung und Haftzeit schilderte, noch die Demonstrationen und seine Unterstützungstätigkeiten für die OLF vortrug. Es wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger insbesondere die einschneidenden Erlebnisse, wie zum Beispiel die Verhaftung und die Gräueltaten und die Angst im Gefängnis vor diesen von sich aus vor dem Bundesamt berichtet. Bereits dies erweckt den Anschein, dass es sich nicht um selbst Erlebtes handelt, sondern der Vortrag im gerichtlichen Verfahren entsprechend zu den Ablehnungsgründen im Bescheid vom 12.9.2016 asyltaktisch ergänzt wurde. Zudem steigerte der Kläger hiermit sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens, was ebenfalls gegen die Glaubhaftigkeit spricht. Gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht ferner, dass der Kläger auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf konkrete Fragen des Gerichts zunächst mit allgemeinen Ausführungen antwortete. So antwortete der Kläger im Rahmen mehrfacher Nachfragen zu den konkreten Unterstützungstätigkeiten auf die Frage nach dem konkreten Text auf den Plakaten, die der Kläger an Strommasten plakatiert haben will, dass er die meisten Schriftstücke selbst verfasst habe und er anfangs klargestellt habe, dass „wir Oromo keine Demokratie in unseren Gebieten haben und keine gleichwertige Schulbildung“. Einen konkreten Text benannte er nicht, obwohl gerade bei Plakaten, die sich gewöhnlich durch kurze plakative Aussagen auszeichnen, dies gut möglich sein müsste. Ebenfalls gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht, dass der Kläger vor dem Bundesamt im Hinblick auf die Verhaftung und die Flucht nur jeweils das Jahr angab. Erst in der mündlichen Verhandlung ergänzte er auf entsprechenden Vorhalt die Monate. Hierbei mutet bereits seltsam an, dass der Kläger z.B. im Rahmen der Befragung in Zirndorf am 16.6.2014 im Rahmen seiner Fluchtgeschichte tagesgenau Daten zu verschiedenen Stationen auf der Flucht und auch bezüglich des Brandes des Heimathauses angab, so einschneidende Ereignisse wie seine Verhaftung und seine Flucht aus dem Gefängnis zunächst aber nur im Hinblick auf das Jahr eingrenzen konnte und erst vor Gericht noch den Monat benennen konnte. Soweit der Kläger vor Gericht angab, dass er beim Bundesamt genauere Angaben gemacht habe, diese aber nicht aufgenommen worden seien, hält das Gericht dies für eine Schutzbehauptung. Hiergegen spricht zum einen, dass der Kläger ausweislich der Niederschrift über die Anhörung bestätigte, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Hinzu kommt, dass der Kläger auch noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angab, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Hätte der Kläger damals wirklich versucht, nach der Rückübersetzung eine Ergänzung der Daten zu erreichen, stünde seine Einlassung am Beginn der informatorischen Befragung dazu im völligen Widerspruch.

Gegen die Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags zu den Geschehnissen in seinem Heimatland sprechen insbesondere jedoch zahlreiche Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten, die sich im Laufe des Vortrags im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergaben und die nicht zur Überzeugung des Gerichts aufgelöst werden konnten. So gab der Kläger vor dem Bundesamt an, dass die Regierung alle Bauern versammelt hätte und erklärt habe, dass sie das Land an Investoren in Israel verkaufe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung betonte der Kläger aber, dass er mit der Haft gezwungen werden sollte, sein Land an die Investoren zu verkaufen. Vor allem aber widerspricht sich der Kläger im Hinblick auf die Anzahl der Verhaftungen und Fluchten aus dem Gefängnis. Vor dem Bundesamt gab der Kläger an, zweimal in Haft gewesen zu sein; zunächst einmal für 3 Jahre und dann nach seiner Flucht und Heimkehr in sein Heimatdorf noch einmal für ca. 10 Tage. Dann habe er von der Farm des Gefängnisses mit der Uniform eines Bekannten auf einem Tomaten-Transporter fliehen können. Vor Gericht gab er jedoch an, dass er nur einmal in Haft gewesen sei. Soweit der Kläger, als er hierauf hingewiesen wurde, dass er vor dem Bundesamt von einer zweiten Verhaftung und einem zweiten Gefängnisaufenthalt berichtet habe, äußerte, dies nicht gesagt zu haben, überzeugt dies nicht. Es erscheint völlig lebensfremd, dass der Dolmetscher vor dem Bundesamt einen ganzen zusätzlichen Ereigniskomplex mit Zeitangaben zur Haftdauer und eigener Fluchtgeschichte ohne die entsprechende Aussage des Klägers in das Protokoll einfügt und dies auch noch bei der Rückübersetzung unerkannt bleibt. Auch soweit die Klägerseite diesen Widerspruch damit zu entkräften versucht, dass der damalige Dolmetscher wegen Qualitätsmängeln nicht mehr beim Bundesamt eingesetzt werde, überzeugt dies nicht. Zum einen hat der Kläger vor dem Bundesamt auf dem Kontrollbogen bestätigt, dass das rückübersetzte Protokoll den heute gemachten Angaben des Klägers entsprochen habe. Zum anderen hat der Kläger auch im Rahmen der Anhörung ausweislich der Niederschrift erklärt, dass er sich gut mit dem Sprachmittler verständigen könne. Überdies hat der Kläger noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angegeben, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Im Übrigen fällt auf, dass eine angebliche Falschübersetzung oder die schlechte Qualität der Übersetzung mittlerweile zum Standardvorbringen bei Widersprüchlichkeiten gehört. Ebenfalls widersprüchlich ist, dass der Kläger vor dem Bundesamt angab, bei seiner Rückkehr in sein Heimatdorf nach der Flucht aus dem Gefängnis sei die Wohnung noch da gewesen. Vor Gericht erklärte er aber, dass das Haus bei seiner Rückkehr bereits abgebrannt gewesen sei. Bereits die massiven Widersprüchlichkeiten führen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vortags.

Hinzu kommt, dass das Vorbringen des Klägers in wesentlichen Punkten zudem lebensfremd ist. So ist es nicht vorstellbar, dass der Kläger während einer dreijährigen Haft im Gefängnis immer seinen Ausweis bei sich haben durfte und er ihn daher auch bei seiner Flucht griffbereit hatte. Dies widerspricht im Übrigen auch den Angaben des Klägers bei seiner Befragung in Zirndorf am 16.6.2014, wonach sein Personalausweis am 10.4.2014 beim Brand des Hauses verbrannt sei. Des Weiteren mutet die Fluchtgeschichte des Klägers aus dem Gefängnis, die er vor Gericht erzählte, ebenfalls lebensfremd an. Es ist nicht nachvollziehbar, dass im Rahmen des Dienstes auf der Farm beim Tomatenverkauf zwischen dem Kläger und einem Händler so enge Bande geknüpft werden konnten, dass der Händler sein Leben riskierte, um dem Kläger zur Flucht zu verhelfen. Dem Händler musste klar sein, dass er in der Situation, in der nur ein Lkw Tomaten abholte und ausgerechnet der Gefangene, der die Tomaten verkauft, anschließend fehlt, er ein extrem hohes Entdeckungsrisiko einging. Ihm musste klar sein, dass sein Handeln für ihn ernsthafte Konsequenzen bis hin zum eigenen Tod haben könnte. Das Eingehen dieses Risikos erscheint nicht realistisch. Im Übrigen fällt auf, dass diese Fluchtgeschichte gewisse Ähnlichkeiten zur Fluchtgeschichte aufweist, die der Kläger vor dem Bundesamt im Zusammenhang mit seiner zweiten Verhaftung erzählte. Sie ist jedoch nicht so identisch, dass man von einer missverständlichen Zuordnung zur ausgehen könnte.

Im Übrigen kommen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vorbringens noch erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers. Diese Zweifel werden dadurch begründet, dass der Kläger keinerlei Personaldokumente vorlegen kann und er sich auch im Hinblick auf die Personaldokumente in Widersprüchlichkeiten verwickelt. So gab er zunächst an, dass sie verbrannt seien, als das Haus am 10.4.2014 brannte. Später gab er an, dass er sie selber in Äthiopien verbrannt habe. Auf Vorhalt im Rahmen der mündlichen Verhandlung versuchte er dies damit zu erklären, dass er bei seiner Befragung in Zirndorf nicht nach dem K...-Ausweis gefragt worden sei, sondern nach Identitätspapieren. Unter diesen habe er seine Besitzkarte für die Grundstücke und seine Zeugnisse bis zu 4. Klasse gemeint, nicht aber den K...-Ausweis. Hiergegen spricht jedoch, dass der Kläger auf die Frage nach den Personalpapieren ausweislich der Niederschrift ausdrücklich antwortete, dass er einen Personalausweis besessen habe, den er vor ca. 3 Jahren in der Stadt M..., K... Wa..., W... D... ausgestellt bekommen habe. Auf die Frage nach weiteren Dokumenten gab er damals an, keine mehr zu besitzen und im Hinblick auf die Schulzeugnisse erklärte er damals, dass er diese nicht von der Schule abgeholt habe. Diese Widersprüchlichkeiten sprechen dafür, dass der Kläger durch Verschleierung seiner wahren Identität die Überprüfbarkeit seiner Angaben erschweren bzw. unmöglich machen will. Soweit die Klägerseite vorbringt, dass die Anhörung in Zirndorf nicht in Oromo, sondern in Amharisch erfolgt sei, erklärt bzw. beseitigt dies die Widersprüchlichkeiten nicht. Denn die genauen Angaben des Klägers in der Niederschrift erwecken nicht den Eindruck, dass sich der Kläger in Amharisch nicht habe ausdrücken können. Auch lässt sich das Missverständnis im Hinblick auf die Papiere nicht nachvollziehbar mit einem Übersetzungsfehler erklären. Zudem erklärte der Kläger ausweislich der Niederschrift ausdrücklich, dass er zusätzlich zu seiner Muttersprache auch Amharisch spreche.

Insgesamt geht das Gericht daher davon aus, dass das Vorgetragene so nicht geschehen ist und der Kläger Äthiopien nicht vorverfolgt verlassen hat.

Auch wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo droht dem Kläger keine landesweite Verfolgung in Form der Gruppenverfolgung. Das Gericht teilt die Einschätzung des Bundesamtes insoweit. Auf die Ausführungen im Bescheid vom 12.9.2016 wird verwiesen.

Nachdem der Kläger nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereist ist, steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht nur auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem ein Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat (sog. Nachfluchttatbestände). Im Gegensatz zu Vorfluchtgründen, die lediglich glaubhaft zu machen sind, bedürfen Nachfluchtgründe, die auf Ereignissen innerhalb des Gastlandes beruhen, des vollen Nachweises, wobei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Insofern ist den Versuchen einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylrechtsschutzes im Bereich der Sachverhaltsermittlung zu begegnen (BVerwG, U.v.21.10.1986 - 9 C 28.85 - BVerwGE 75, 99; BVerwG, U.v. 8.11.1983 - 9 C 93.83 - BVerwGE 68, 171).

Nach Ansicht des Gerichts ist es auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr ins Heimatland eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

Dass ein Ausländer in seinem Heimatstaat politisch verfolgt wird, weil er in der Bundesrepublik Deutschland gegen seinen Staat politische Aktivitäten entfaltet hat, kann nur angenommen werden, wenn sowohl für das Bekanntwerden der Tätigkeit im Heimatstaat als auch für dessen im Sinne des Asylrechts politisch motivierte Reaktion hinreichend gewichtige Anhaltspunkte bestehen (BVerwG, U.v. 29.11.1977 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82). In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Das Gericht nimmt auch unter Zugrundelegung der gegenwärtig dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016 und des mittlerweile wieder aufgehobenen Ausnahmezustandes berücksichtigen, weiterhin nicht an, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Das Gericht geht nach wie vor davon aus, dass es für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf ankommt, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KSA mit weiteren Nachweisen; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6.3.2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, II. 1.9., S. 16). Soweit hiergegen angeführt wird, dass das Auswärtige Amt in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Gießen vom 9.12.2016 zur Betätigung für die EPPFG geäußert habe, dass eine Verfolgung im Falle einer Rückkehr wahrscheinlich sei, so wurden diese Aussage im aktuelleren Lagebericht vom 6.3.2017 nicht mehr wiederholt. In diesem kehrte das Auswärtige Amt wieder zu seiner Formulierung zurück, die sich bereits in seinen Lageberichten vom 24.5.2016; 4.3.2015 und 8.4.2014 findet. Soweit im Hinblick auf die Formulierung „Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, d.h. z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche Art exilpolitischer Aktivität es sich handelt (.z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position Organisation gewaltsamer Aktionen)“ angenommen wird, dass das „oder“ zum zwingenden Schluss führen würde, dass bereits die Beteiligung an einer exilpolitischen Organisation, die von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuft würde, alleine ausreichend für eine beachtliche Verfolgungsgefahr sei, lässt dies nach Einschätzung des Gericht die übergeordnete Betonung des Einzelfalls außer Betracht. Vielmehr deutet die Formulierung darauf hin, dass zwar im Einzelfall die Beteiligung bei einer Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit auslösen kann, aber nicht bereits jede Beteiligung bei jeder Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, zwingend die Gefahr einer beachtlichen Verfolgung auslöst. Hierfür spricht auch, dass von Bedeutung auch sei, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige.

Das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) führt in seiner Stellungnahme vom 30.1.2017 aus, dass es aufgrund der Verhängung des Ausnahmezustandes zu einer weiteren Einschränkung der Bürgerrechte seit dem Erlass der Anti-Terror-Gesetze im Jahr 2009 gekommen sei. In diesem Zusammenhang verweist das Institut auf die Verhaftung des Vorsitzenden der legalen Oppositionspartei Oromo Federalist Congress im Dezember 2016, der sich mit dem Vorsitzenden von Ginbot 7 getroffen habe, einer Gruppierung, die die Regierung eindeutig als „terroristisch“ ansehe. Die Stellungnahme des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) spricht im Zuge einer Auskunft für das Verwaltungsgericht Gießen im Zusammenhang mit einer Betätigung für die EPPFG davon, dass eine Verfolgung „keinesfalls ausgeschlossen werden könne“. Aus dieser Formulierung kann jedoch nicht eine beachtliche Verfolgungsgefahr abgeleitet werden.

Der Gutachter Günter Schröder geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie er trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Günter Schröder, Stellungnahme vom 15.2.2017, Rn 214). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen kam. So sollen nach dem Gutachten von Günter Schröder im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit zumindest teilweise gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Schröders nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien auch die äthiopische Diaspora – auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass der Gutachter zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet (Rn 232); häufige Verhaftungen (Rn. 214); längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen (Rn. 237), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen.

Bei Würdigung der vorgenannten Auskunftslage in einer Gesamtschau, insbesondere aufgrund der aktuellen Auskunft des Auswärtigen Amtes und des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) nimmt das Gericht nicht an, dass äthiopische Asylbewerber sofern sie sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GlA – juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180). Das Gericht geht weiterhin davon aus, dass bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (vgl. BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 B 15.30119 –juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann – wie bereits ausgeführt – auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Das Gericht geht daher weiterhin davon aus, dass sich Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens abzielend einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Mit dem Verwaltungsgericht Bayreuth geht das Gericht davon aus, dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt (VG Bayreuth, B.v. 26.8.2013 - B 3 K 12.30096 – juris; so im Ergebnis auch VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 - AN 3 K 16.30481 - juris, VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30562 – juris; VG Ansbach, U.v. 27.08.2012 - AN 12.30258 - juris; VG München, U.v.31.5.2016 - M 12 K 16.30593 - juris; VG Kassel, U.v. 21.7.2016 - 1 K 1953/15.KS.A - juris).

Nach diesen Maßstäben gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger ist ausweislich der Bescheinigungen des TBOJ/UOSG seit dem 22.11.2014 aktives Mitglied und hat seither an 24 Veranstaltungen der TBOJ/UOSG teilgenommen. Mit der bloßen Teilnahme an Veranstaltungen der TBOJ/UOSG – auch wenn diese kontinuierlich erfolgten - hebt sich der Kläger jedoch in keiner Weise aus der Masse der exilpolitisch Tätigen ab. Auch erweckte der Kläger weder durch seine Aussagen zu seiner exilpolitischen Betätigung vor dem Bundesamt noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck einer politisch engagierten Person. Die Tätigkeiten des Klägers führen nach Überzeugung des Gerichts nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen habe.

Der bedingt gestellte Beweisantrag musste das Gericht nicht veranlassen, entsprechenden Beweis zu erheben. Er ist darauf gerichtet, die Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt zum Beweis dafür einzuholen, dass es auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 unverändert dabei verblieben sei, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung drohe. Das Gericht ging in ständiger Rechtsprechung auch im Hinblick auf die Auskunftslage während des Ausnahmezustandes entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 - juris) davon aus, dass nicht jede exilpolitische Betätigung im Falle der Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit führt. Die von Klägerseite angeregte Einholung einer Auskunft, um darzulegen, dass auch nach Aufhebung des Ausnahmezustandes eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung weiter drohe, führt daher mangels Entscheidungserheblichkeit (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht zum Ziel. Denn der Antrag geht von einer Einschätzung der vorhandenen Auskunftslage aus, die das Gericht so nicht teilt und nicht geteilt hat. Soweit es um eine andere Würdigung der Auskunftslage geht, ist dies jedoch eine Frage der richterlichen Würdigung der Auskunftslage und einer Klärung durch Beweiserhebung nicht zugänglich. Der bedingt gestellte Beweisantrag war daher abzulehnen. Das Gericht hatte auf Grund des gestellten Antrags auch keinen Anlass, von Amts wegen Gutachten zur aktuellen Lage nach Aufhebung des Ausnahmezustandes einzuholen, da offensichtlich ist, dass sich die Lage in Äthiopien jedenfalls mit Aufhebung des Ausnahmezustandes für Rückkehrer nicht verschärft hat. Entsprechendes wird auch nicht von Klägerseite vorgetragen, die lediglich vorträgt, dass die Lage trotz Aufhebung des Ausnahmezustandes unverändert sei.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Ein derartiger Schaden droht dem Kläger nach den obigen Ausführungen nicht.

Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

Ebenso wenig besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung aber jedenfalls dann, wenn die oberste Landebehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage keinen generellen Abschiebestopp erlassen bzw. diesen nicht verlängert hat und ein vergleichbarer wirksamen Schutz den betroffenen Ausländern nicht vermittelt wird. Die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG gebieten danach die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit entgegen gewirkt werden muss, was dann der Fall ist, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert oder erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt sein würde (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - BVerwGE 99, 324; BVerwG, U.v. 19.11.1996 - BVerwGE 102, 249, BVerwG, U.v. 12.7.2001 - BVerwGE 115, 1). Eine derartige Gefahrensituation kann sich auch aus den harten Existenzbedingungen und der Versorgungslage in Äthiopien ergeben.

Ob die Annahme einer extremen Gefahrenlage im Wege der verfassungskonformen Auslegung nunmehr ausscheidet, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.1.2013 (Az. 10 C 15/12 – juris) davon ausgeht, dass in begründeten Ausnahmefällen schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat (auch) ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen können, kann letztlich dahinstehen, da die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe weitgehend übereinstimmen.

Nach den dem Gericht vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Versorgungssituation für den Kläger in Äthiopien jedoch nicht so schlecht, dass von einer Gefahr im beschriebenen Sinn auszugehen wäre. Obwohl Äthiopien zwischen den Jahren 2004 und 2014 ein konstantes wirtschaftliches Wachstum aufwies, zählt das Land immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Auf dem Human Development Index des UNO-Entwicklungsprogramms belegt Äthiopien Platz 173 von 186. 77,6% der Bevölkerung lebt von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 170 US-Dollar. 82% Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft (SFH, Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, Rahel Zürrer, Bern 2014). Andererseits ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft (IOM, Länderinformationsblatt Äthiopien, Juni 2014, VII. 8.2.1, S. 19). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert, weshalb große Teile der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf solche Hilfen angewiesen, wobei sich die Hilfen neben der reinen Nahrungsmittelhilfe auch auf Non Food Items (Hygiene und Gesundheit) bezogen. Zusätzlich wurden 7,8 Millionen Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigt hätten (AA, Lagebericht vom 24.5.2016, Stand: März 2016, IV. 1. 1.1. S. 20). Im jüngsten Lagebericht spricht das Auswärtige Amt davon, dass 7,9 Millionen Menschen auf das staatliche Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen sind (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, IV 1.1, S. 20). Hier zeigt es sich, dass die Situation für große Teile der Bevölkerung schwierig ist. Gleichwohl bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Für Rückkehrer bieten sich im Übrigen schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung. Vor allem für Rückkehrer, die über Qualifikationen und Sprachkenntnisse verfügen, besteht die Möglichkeit, Arbeit zu finden (AA, Lagebericht Äthiopien vom 18.12.2012, Stand: Oktober 2012. IV.1.1, S. 23 f.).

Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Kläger sich bei einer Rückkehr, seine Existenz nicht mehr sichern können würde. Der Kläger ist ein junger erwachsener Mann. Es sind keine Gründe ersichtlich, dass er in Äthiopien keine existenzsichernden Tätigkeiten ausüben kann. Auch befindet sich noch Familie des Klägers in Äthiopien. Der Kläger selbst hat im Übrigen nicht substantiiert vorgetragen, befürchten zu müssen, dass es ihm in Äthiopien nicht möglich sein würde, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen.

Nach alledem ist es dem Kläger zuzumuten, in sein Heimatland zurückzukehren.

Die in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf den §§ 34 Abs. 1 Asyl, 59 AufenthG. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse – wie etwa Reiseunfähigkeit – sind vom Bundesamt im Asylverfahren nicht zu prüfen. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse sind auf Grund des Vorbringens des Klägers nicht ersichtlich.

Die in Ziffer 6 des angegriffenen Bescheids ausgesprochene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate ist bestandskräftig. Der Kläger hat die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Status, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG beantragt. Die entsprechenden Ablehnungen sind in den Ziffern 1 – 3 des streitgegenständlichen Bescheides geregelt. Ein Verpflichtungsantrag auf eine kürzere Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG mit entsprechendem Aufhebungsbegehren wurde nicht gestellt. Im Übrigen wäre die getroffene Regelung auch nicht zu beanstanden. Die Beklagte musste nach den §§ 11 Abs. 2 Sätze 1 und 4, 75 Nr. 12 AufenthG eine Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG treffen. Über die Länge der Frist wird gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden. Ermessensfehler sind hier nicht ersichtlich. Grundsätzlich darf die Frist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nicht überschreiten. Hier hat das Bundesamt diese maximale Frist zur Hälfte ausgeschöpft, was nicht zu beanstanden ist. Das Vorliegen besonderer Umstände, die eine kürzere Frist gebieten würden, ist vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 12.9.2016 wird im Übrigen Bezug genommen, § 77 AsylG.

Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO in den Haupt- und Hilfsanträgen abzuweisen. Gerichtskosten werden nach § 83b Asyl nicht erhoben.

Der Gegenstandswert folgt aus § 30 RVG.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am … 1990 geborene Kläger, äthiopischer Staatsangehörigkeit, wendet sich gegen einen ablehnenden Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) und begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter, hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wiederum hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes und wiederum hilfsweise die Feststellung des Vorliegens von Abschiebeverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Der amharische Kläger reiste eigenen Angaben zufolge am 6. September 2013 auf dem Landweg in Begleitung seiner Frau (Klägerin im Verfahren mit dem Aktenzeichen RO 2 K 16.30644) in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 16. September 2013 einen Asylantrag. Am 16. September 2013 erfolgte eine erste Befragung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Am 23. September 2013 führte die Regierung von Mittelfranken eine Befragung durch. Die Anhörung gemäß § 25 Asylgesetz (AsylG) fand am 22. Juli 2014 statt.

Der Kläger gab in den ersten beiden Befragungen an, der amharischen Volksgruppe anzugehören und außer amharisch keine Sprache zu beherrschen. Er habe seine Dokumente Mitte 2011 in K. im Sudan verloren. Vor seiner Ausreise aus Äthiopien habe er im Dorf G. B. in der Nähe von A. gelebt. Zusammen mit seiner Ehefrau habe er am 25. April 2008 sein Heimatland in Richtung Sudan verlassen. Bis April oder Mai 2013 habe sich das Paar in K. aufgehalten. Am 6. August 2013 seien sie nach Libyen aufgebrochen. Von dort aus hätten sie per Schiff nach Italien übergesetzt und seien dort am 14. August 2013 angekommen. Anschließend seien sie mit dem Zug nach München gefahren. In K. lebe noch eine Tochter des Paares. Diese sei am 4. August 2009 geboren worden und befinde sich in der Obhut der Schwiegermutter des Klägers. Am 16. September 2013 gab er an, sein Vater sei verstorben und seine Mutter sei ca. 45 Jahre alt und lebe in A. Be. In Äthiopien lebten noch zwei jüngere Geschwister bei seiner Mutter. Bis zur achten Klasse sei er zur Schule gegangen. Am 23. September 2013 teilte er mit, dass seine Mutter 2003 verstorben und in der Stadt D. begraben sei. Dort lebten auch seine Stiefgeschwister. Die Grundschule habe er vier Jahre lang besucht.

In der Anhörung am 22. Juli 2014 gab er zu Beginn an, dass es bei seiner Erstbefragung ein paar Missverständnisse gegeben habe, welche er ausräumen möchte. Er habe unter der Flucht noch gelitten und deswegen falsche Daten genannt. Sein richtiger Name sei Ki. H. T. Er sei Sohn eines Imam und von Geburt an Moslem gewesen. Er sei zusammen mit seiner Frau fünf Jahre im Sudan gewesen, diese habe dort gearbeitet, er nicht. Er habe dort für die äthiopische Opposition Zeitschriften, Flugblätter und solche Sachen gemacht. Er sei dort Chefredakteur gewesen. Seine Frau habe ein kleines Café gehabt und traditionelles Essen gekocht. Seine Tochter habe er im Sudan gelassen, da er von einem Imam in Äthiopien verfolgt worden sei. Seine Familie habe ihn verfolgt. Sein Leben sei in Gefahr gewesen, die Tochter müsse weiterleben, sie solle nicht wegen seiner Schuld sterben. Die Mutter seiner Frau