Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 21. März 2017 wird in Ziffern 1) und 2) insoweit aufgehoben, als die darin ausgesprochene Antragsablehnung als „offensichtlich unbegründet“ erfolgte.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen 4/5 der Verfahrenskosten und die Beklagte 1/5. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin zu 1) reiste unter dem Namen* … nach eigenen Angaben am 28. März 2013 mit einem Direktflug mit Hilfe eines Schleusers ohne eigene Personaldokumente in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Sie erklärte, sie sei eritreische Staatsangehörige. Ihr Geburtsdatum gab sie mit dem … 1997, Geburtsort …, an.

Sie stellte am 6. Mai 2014 einen Asylantrag. In ihrer Anhörung am 23. Februar 2016 vor dem Bundesamt erklärte die Klägerin zu 1), sie sei fünf oder sechs Jahre alt gewesen, als sie zusammen mit ihrer Mutter Eritrea verlassen habe. Ihr Vater sei zu diesem Zeitpunkt schon tot gewesen, deshalb habe sie keine Papiere. Vor ihrer Ausreise habe sie in … gelebt. Sie sei bei Adoptiveltern aufgewachsen, bei welchen sie bis sechs Monate vor ihrer Ausreise gelebt habe. In den letzten sechs Monaten vor ihrer Ausreise habe sie bei einem Bruder ihres Adoptivvaters gelebt. Dieser habe sie mehrfach vergewaltigt. Sie habe davon immer noch Verletzungen und sei hier mehrfach beim Arzt gewesen. Sie sei nicht beschnitten gewesen und als dieser Mann dies bemerkt habe, habe er eine Frau und zwei Männer geholt, die sie festgehalten hätten, um sie zu beschneiden. Sie hätte sich gewehrt und davon hätte sie die Verletzungen davongetragen. Nach ihrer Ausreise aus Eritrea habe sie mit ihrer Mutter auf der Straße gelebt und da habe sie der Adoptivvater einfach mitgenommen. Ob ihre Mutter damit einverstanden gewesen sei, könne sie nicht sagen. Sie habe noch zwei Brüder, die seien bei ihrer Mutter geblieben. Ihr Aufenthaltsort sei nicht bekannt. Ihre Mutter habe Tigrinja gesprochen, es gebe äthiopisches und eritreisches Tigrinja, sie habe dies aber alles komplett vergessen, weil sie mit ihren Adoptiveltern nur Amharisch gesprochen habe. Bei der Flucht habe ihr eine Freundin ihrer Adoptivmutter geholfen. Als sie in Deutschland angekommen sei, habe sie gedacht, sie sei in Amerika. Sie habe in Äthiopien keine Verwandten, zu denen sie gehen könne. Außerdem habe sie Angst, doch noch beschnitten zu werden.

Unter dem 3. März 2015 legte die Klägerin zu 1) eine Bescheinigung der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie der … Klinik in … vor. Danach liege bei ihr eine chronische Analfissur dorsal mit subkutaner Fistel vor, die in der Klinik chirurgisch versorgt worden sei.

Ferner legte die Klägerin zu 1) eine Bescheinigung der Notfallambulanz der … Kinderklinik vom 16. Mai 2014 vor. Es habe ein Analabszess links vorgelegen. Dieser bestehe seit ca. einem Jahr. Des Weiteren legte die Klägerin zu 1) vor eine Bescheinigung der Notfallambulanz der … Kinderklinik vom 9. Januar 2014, wonach bei der Klägerin zu 1) ein Rezidiv Analabszess vorliege. Unter dem Punkt Anamnese ist vermerkt, bei Beschneidung habe sich das Mädchen stark gewehrt und sei im Analbereich verletzt worden, dort habe sich ein Abszess gebildet, dieser sei im April 2013 bei Dr. … gespalten worden.

Mit Schreiben vom 28. November 2016 teilte das Bundesamt der Klägerin zu 1) mit, dass die am 28. April 2016 in … geborene Klägerin zu 2) als Kind der Klägerin zu 1) gemäß § 14a Abs. 1 bzw. Abs. 2 AsylG zur Asylantragstellung angezeigt worden sei.

Am 12. Dezember 2016 erklärte die Klägerin zu 1) gegenüber dem Bundesamt, sie selbst sei aus ihrem Heimatland geflohen, weil man sie dort einer Beschneidung habe unterziehen wollen. Dies entspreche den so genannten Traditionen der Familie, wo sie sich bis zuletzt aufgehalten habe sowie den Traditionen ihrer eigenen Familie. Ihrer Tochter würde das gleiche Schicksal drohen und sie könne sie nur davor bewahren, wenn sie nicht mit ihr nach Äthiopien zurückkehre. Sie befürchte, dass man ihr ihre Tochter gewaltsam wegnehme und sie dagegen nichts tun könne. Es gebe keinen staatlichen Schutz zur Verhinderung einer Beschneidung. Ihr selbst habe auch niemand geholfen.

Unter dem 27. Februar 2017 informierte das Bundesamt die Stadtverwaltung …, Ausländerbehörde, über eine Berichtigung von Personaldaten zur Vermeidung von Mehrfachbeständen im System INPOL. Die bisher aufgeführten Personendaten für die Klägerin zu 1) hätten sich durch einen VIS-Treffer geändert. Sie werde nun unter dem Namen „…“ mit Geburtsdatum … 1988 in … als äthiopische Staatsangehörige geführt. Demnach habe die Französische Botschaft in Saudi-Arabien unter dem 11. März 2013 ein Kurzaufenthaltsvisum für die Schengenstaaten ausgestellt. Dabei sei ein Reisepass vorgelegt worden.

Mit Bescheid vom 21. März 2017, der gegen Postzustellungsurkunde nicht an die Klägerin zu 1) zugestellt werden konnte, da er an „…“ an die Adresse …straße … in … adressiert war und die Postzustellungsurkunde ausweislich der Akten mit dem Hinweis an das Bundesamt zurückgeleitet wurde, dass unter dieser Adresse eine Zustellung nicht möglich sei, lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für die Klägerinnen als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 2), lehnte die Anträge auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte die Klägerinnen unter Fristsetzung mit Abschiebungsandrohung zur Ausreise nach Äthiopien auf (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wird ausgeführt, es stehe zweifelsfrei fest, dass die Klägerin zu 1) nicht, wie von ihr behauptet, die eritreische Staatsangehörigkeit besitze, sondern in Wahrheit äthiopische Staatsbürgerin sei. Nach dem dem Bundesamt vorliegenden Auszug aus dem VIS-Dossier sei der Klägerin zu 1) in der Französischen Botschaft in SaudiArabien am 11. März 2013 ein Kurzvisum für Frankreich erteilt worden, das bis zum 11. Juni 2013 gültig gewesen sei. Hier habe die Klägerin zu 1) einen äthiopischen Reisepass vorgelegt. Dabei sei auch ein Lichtbild erstellt worden, dass dem Bundesamt vorliege und das nach Abgleich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Klägerin zu 1) zeige. Demnach habe die Klägerin zu 1) den Asylantrag beim Bundesamt unter Angabe eines falschen Namens gestellt und ein falsches Geburtsdatum angegeben. Aufgrund der vorgetäuschten eritreischen Staatsangehörigkeit müsse auch die geschilderte Furcht vor Verfolgung als nicht glaubhaft angesehen werden. Für die Klägerin zu 2) sei für den Fall einer Rückkehr nach Äthiopien nicht zu befürchten, dass sie dort Opfer einer Genitalverstümmelung werden könnte.

Die Ablehnung als offensichtlich unbegründet stützte das Bundesamt auf § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG.

Im Übrigen wird auf die Gründe des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2017, der beim Bundesamt am 12. Juni 2017 einging, teilte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen unter Vollmachtsvorlage mit, dass er die Klägerin zu 1) anwaltlich vertrete. Seine Mandantin habe keinen Bescheid erhalten. Er bat um Mitteilung, ob ein solcher inzwischen ergangen sei und um Kopie des Bescheides. Mit Schreiben vom 16. Juni 2017 versandte das Bundesamt eine Kopie des Bescheides vom 21. März 2017 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen.

Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2017 erhob der Prozessbevollmächtigte für die Klägerin zu 1) Klage (AN 3 K 17.34111) gegen den Bescheid des Bundesamtes mit dem Aktenzeichen … und erklärte, die Klägerin zu 1) habe keinen Bescheid erhalten. Als sie ihre Aufenthaltsgestattung bei der Ausländerbehörde habe verlängern wollen, habe die Klägerin zu 1) nur eine Duldung erhalten. Weiterhin befinde sich auf der Duldung nicht der Name der Klägerin zu 1). Es sei der Name, mit dem die Klägerin zu 1) seinerzeit nach Saudi-Arabien eingereist sei. Der richtige Name der Klägerin zu 1) sei so, wie auf der Klageschrift angegeben, nämlich … Mit Schreiben vom 26. Juni 2017 teilte der Prozessbevollmächtigte mit, dass er auch die Klägerin zu 2) anwaltlich vertrete und erhob für diese Klage gegen den Bescheid des Bundeamtes vom 21. März 2017 (AN 3 K 17.34439). Er habe am 20. Juni 2017 den angefochtenen Bescheid erhalten.

Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Name der Klägerin zu 1) einfach so während des Verfahrens abgeändert worden sei. Der Name „…“ sei nicht der Name der Klägerin zu 1). Sie habe diesen Namen nur verwendet, um in Saudi-Arabien arbeiten zu können. Auch sei der Klägerin zu 1) die Verwendung eines neuen Namens nicht mitgeteilt worden. Ihr könne deswegen kein Vorwurf gemacht werden.

Es sie nicht von offensichtlicher Unbegründetheit auszugehen. Die angekündigten Atteste seien vorgelegt worden. Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen auf die allgemeine politische Lage in Äthiopien sowie auf die unzureichende Versorgungssituation abgestellt. Im Übrigen wird auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen vom 26. Juni 2016 Bezug genommen.

Die Klägerinnen beantragen,

I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, nicht zugestellt, Az.: …, wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des Art. 16a Grundgesetz sowie des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, hilfsweise festzustellen, dass subsidiärer Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen ist, wiederum hilfsweise, dass § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

III. Die Beklagte wird verpflichtet, die Abschiebungsandrohung zurückzunehmen.

Gleichzeitig wurde vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 23. Juni 2017,

die Klagen abzuweisen.

Die Klagen seien nach Ablauf der Klagefrist erhoben.

Der gleichzeitig gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klagen (AN 3 S 17.34440 und AN 3 S 17.34441) wurde mit Beschluss vom 17. Juli 2017 abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Mit Schriftsätzen vom 22. Dezember 2017 (AN 3 S 17.36205) und vom 23. April 2018 (AN 3 S 18.30559) wurden Anträge auf Abänderung der gerichtlichen Entscheidung vom 17. Juli 2017 gestellt. Der Antrag vom 22. Dezember 2017 wurde im Wesentlichen mit einer verschärften Sicherheitslage in Äthiopien seit „Anfang 2017“ und mit der befürchteten Gefahr einer Beschneidung der Klägerin zu 2) begründet. Der Antrag vom 23. April 2018 wurde auf ein Gutachten von …, Fachberatungsstelle …, vom 23. April 2018 gestützt, wonach bei der Klägerin zu 1) eine Traumafolgenstörung nicht auszuschließen sei. Auch könne sie bei einer Rückkehr auf keinerlei stabile Netzwerke zurückgreifen. Es drohe wieder Verschleppung durch Menschenhändler. Außerdem wurde auf eine „Kongress US Resolution vom 10. April 2018“ verwiesen.

Beide Anträge wurden mit Beschlüssen vom 28. Dezember 2017 (AN 3 S 17.36205) und 26. April 2018 (AN 3 S 18.30559) abgelehnt. Im Wesentlichen wurde dies damit begründet, dass in Bezug auf den Beschluss vom 17. Juli 2017 keine veränderten Umstände seitens der Klägerinnen vorgetragen worden seien. Auf die Gründe der Beschlüsse wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 18. September 2018 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen ein anthropologisches Sachverständigengutachten des Instituts für forensisches Sachverständigenwesen vom 28. Juli 2018 vor, wonach die Klägerin zu 1) eher 20 als 30 Jahre alt sei.

Mit Beschluss vom 8. August 2018 wurde das Verfahren auf die Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klagen sind nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang erfolgreich.

I.

Die Klagen sind zulässig.

1. Die Klagen wurden fristgerecht, insbesondere unter Einhaltung der Wochenfrist der §§ 74 Abs. 1 2. Halbsatz i.V.m. 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG, erhoben. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 3 AsylG war der Bescheid an die Klägerinnen zuzustellen. Aus der in den Akten des Bundesamts befindlichen Postzustellungsurkunde ergibt sich, dass unter der Adresse …straße …, … …, eine Zustellung an die Adressatin … nicht möglich war, da diese unter der angegebenen Adresse nicht gemeldet war. Aus den Akten des Bundesamtes ergibt sich auch nicht, dass die Klägerin zu 1) über die aufgrund der Erkenntnisse aus dem VIS-Dossier vorgenommene Namensänderung informiert wurde, weshalb ihr der Zustellversuch nicht zugerechnet werden kann.

Gemäß § 8 VwZG gilt der Bescheid deshalb als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem er dem durch ordnungsgemäße Vollmacht beauftragten Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen tatsächlich zugegangen ist. Ausweislich des Eingangsstempels und der entsprechenden Erklärung des Prozessbevollmächtigten vom 13. Juli 2017 war dies der 20. Juni 2017, so dass der Klageeingang am 26. Juni 2017 innerhalb der Wochenfrist erfolgte.

2. Insbesondere besteht bezüglich der Aufhebung des Offensichtlichkeitsurteils nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Dies ergibt sich aus der Regelung in § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Danach darf die Ausländerbehörde grundsätzlich - von den in Satz 3 der Vorschrift geregelten Ausnahmen abgesehen - vor der Ausreise keinen Aufenthaltstitel erteilen, sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Aufgrund dieser gesetzlichen Sperre für die Erteilung von Aufenthaltstiteln stellt die Ablehnung des Asylantrags nach § 30 Abs. 3 AsylG eine eigenständige nachteilige Rechtsfolge dar, die nur mit der gerichtlichen Aufhebung des Offensichtlichkeitsurteils - soweit es auf § 30 Abs. 3 AsylG gestützt wird - abgewendet werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 21.112006 - 1 C 10.06, juris; VG Hamburg, U.v. 2.2.2011, juris; Fuerst, Rechtsschutz gegen offensichtlich unbegründete Asylanträge, NVwZ 2012, 213, 215).

II.

Die Klagen sind jedoch nur teilweise begründet.

Die Klägerinnen haben weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf subsidiären Schutz oder die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote (1.).

Der Bescheid vom 21.03.2017 ist dagegen rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten, soweit die Ablehnung ihrer Asylanträge und ihrer Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG erfolgt ist (2.).

1. a. Eine Anerkennung als Asylberechtigte scheidet schon deshalb aus, weil die Klägerin zu 1) im gerichtlichen Verfahren, erstmals bei …, angab, über aus Saudi Arabien kommend über Frankreich und damit über einen sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein, Art. 16a Abs. 2 GG.

Für die Klägerin zu 2), die im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geboren ist, gilt dies nicht. Da der Anwendungsbereich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG weitgehend deckungsgleich mit dem des Asylgrundrechts in Art. 16 a Abs. 1 Grundgesetz ist, bei dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat (BVerfG a.a.O.), kann aber inhaltlich auf die zu § 3 AsylG folgenden Ausführungen verwiesen werden.

b. Vorliegend ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) auch kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG für die Klägerinnen gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder we-gen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorhe-rigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Ergänzend hierzu bestimmt § 3a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3b AsylG die Verfolgungsgründe, § 3c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3e AsylG den internen Schutz.

§ 3a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen muss.

Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.

Die Klägerinnen konnten nicht glaubhaft darlegen, dass ihnen im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien Verfolgungshandlungen staatlicher Stellen im genannten Sinn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.

Zwar kann eine konkret drohende Beschneidung eine Verfolgung in diesem Sinn darstellen, da sie allein Frauen als soziale Gruppe betrifft und ihnen gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die sie ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzt und die sie landesweit in eine ausweglose Lage versetzt, sofern sie auf einen Familienverband angewiesen sind, der die Beschneidung durchsetzt (BVerfG, B.v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 - BVerfGE 80, 315ff.; zur Beschneidung als Verfolgungshandlung: VG Aachen, U.v. 16.9.2014 - 2 K 2262/13.A -, juris Rn. 30 m.w.N.; VG Würzburg, U.v. 5.12.2014 - W 3 K 14.30001-, juris Rn. 31; VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30877-, juris; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Juni 2014, § 3a AsylG Rn.35).

Dies kann auch für den Fall gelten, dass diese Gefährdung nicht direkt von staatlichen Stellen ausgeht. Die Klägerin zu 1) macht hierzu geltend, sie befürchte diese Rechtsgutverletzung für sich und ihre Tochter, da der Adoptivvater aufgrund seiner großen Machtstellung ihrer in Äthiopien wieder habhaft werden könnte.

Das OVG Nordrhein-Westfalen führt hierzu in seinem Urteil vom 14. Februar 2014 - 1 A 13.1139/13.A - a.a.O. aus:

„Private“ Handlungen können jedoch dann als „politische“ Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG anzusehen sein, wenn der Staat Einzelne oder Gruppen zu Verfolgungsmaßnahmen anregt oder derartige Handlungen unterstützt, billigt oder tatenlos hinnimmt und damit dem Betroffenen den erforderlichen Schutz versagt, weil er hierzu nicht willens oder nicht in der Lage ist. Anders liegt es, wenn die Schutzgewährung die Kräfte eines konkreten Staates übersteigt; jenseits der ihm an sich zur Verfügung stehenden Mittel endet seine asylrechtliche Verantwortlichkeit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass keine staatliche Ordnungsmacht einen lückenlosen Schutz vor Unrecht und Gewalt zu garantieren vermag. Vgl. BVerfG, Urteile vom 23. Januar 1991 - 2 BvR 902/85 u.a. - BVerfG 83, 216 = NVwZ 1991, 768 = juris Rn. 44, vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - BVerfGE 80, 315 = DVBl. 1990, 102 = juris Rn. 40, 46 f., und vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147/80 u.a. - BVerfGE 54, 341 = NJW 1980, 2641 = juris Rn. 48.“

Trotz der Reformierung des Strafgesetzbuches 2005, wonach Genitalverstümmelung gemäß Art. 565 ab 500 Birr oder mit mindestens dreimonatiger, in besonders schweren Fällen mit bis zu zehn Jahren Gefängnisstrafe geahndet werden kann, ist sie mit großen regionalen Unterschieden in Äthiopien weit verbreitet. Die Zahlen schwanken hier zwischen 56 und 70 Prozent landesweit, wobei wegen Kampagnen zur Abschaffung der Genitalverstümmelung von äthiopischen und internationalen Organisationen ein Rückgang an Neuverstümmelungen erkennbar ist (Bericht des Auswärtigen Amtes zur asyl- und abschieberelevanten Lage in Äthiopien vom 22. März 2018, 1.8.1; in diesem Sinne auch die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Erkenntnisquellen: Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Äthiopien, Stand 23. August 2018, Ziffer 14; Terre des Femmes: Äthiopien, abgerufen über das Internet www.frauenrechte.de).

Jedoch hat die Einzelrichterin erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Klägerin zu 1). Dies gilt sowohl hinsichtlich der Umstände ihrer Einreise nach Deutschland, ihrer wahren Identität und auch der angeblich beim Versuch einer Beschneidung erlittenen Verletzungen.

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befin-det, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene rich-terliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung. Dies bedeutet, dass das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen darf, sondern sich in tatsächlich zwei-felhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen muss, die auch nicht völlig auszuschließende Zweifel mit umfasst (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1977, Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 11; U.v. 16.4., 1.10. und 12.11.1985, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nrn. 32, 37 und 41).

Dabei ist der Beweiswert der Aussage des Asylbewerbers im Rahmen des Möglichen wohlwol-lend zu beurteilen. Er muss jedoch andererseits von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen, widerspruchsfreien Sachverhalt schildern. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann ihm nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 20.10.1987, Buchholz 310, § 86 Abs. 3 VwGO, Nr. 37; B.v. 21.07.1989, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr. 113).

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder auf-grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbeson-dere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne ver-nünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B.v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U.v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; B.v. 21.7.1989, Buchholz a.a.O., Nr. 113).

Unter Anwendung dieser Grundsätze weist das Vorbringen der Klägerin zu 1) nicht aufklärbare Ungereimtheiten und Widersprüche auf. Auf Vorhalt in der mündlichen Verhandlung zu dem in zwei Varianten geschilderten Einreiseweg in die Bundesrepublik Deutschland gab die Klägerin zu 1) an, sie habe bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Angst gehabt, dass ihre Arbeitgeberin aus Saudi-Arabien, die sich zur Zeit ihrer Einreise ins Bundesgebiet in … aufgehalten habe, Kenntnis von dem Aufenthalt der Klägerin zu 1) erhalten und sie zu sich zurückholen könnte.

Jedoch erweisen sich die Angaben zu ihrer beschriebenen Flucht aus dem Flugzeug auf einem nicht namentlich bekannten französischen Flughafen durch Hilfe einer bis daher unbekannten mexikanischen Mitpassagierin, die sie ohne Pass an den Einreisekontrollen vorbeigelotst habe und die Behauptung, dass ihr Begleiter nicht in der Lage gewesen sei, sie beim Aussteigen aus der Passagiermaschine wieder „in seinen Besitz“ zu bringen, schlicht als lebensfremd.

In diesem Zusammenhang ist auch der während des Verfahrens erfolgte VIS-Datenabgleich zu sehen. Aufgrund des diesem Datenabgleich zugrundeliegende Passes wurde der Klägerin zu 1) ein Visum für den Schengen-Raum erteilt, das sie vom 11. März 2013 bis 11. Juni 2013 zur Einreise berechtigte. In diesem Zeitraum erfolgte die Einreise der Klägerin zu 1) nach eigenen Angaben (28. März 2013). Außerdem gab die Klägerin zu 1) gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten an, diesen Pass mit nach ihrer Einlassung falschem Namen und falschem Geburtsdatum für Arbeitszwecke in Saudi Arabien benötigt zu haben. Im Verfahren selbst erklärte die Klägerin zu 1), sie habe diesen Pass nie gesehen, er sei wohl von der Freundin der Adoptivmutter in … zu Ausreisezwecken beschafft worden. Auch die Angaben zu dieser Passbeschaffung sind nicht frei von Widersprüchen. So ist nicht erklärbar, warum die Freundin der Adoptivmutter ein Smartphone für die Aufnahme eines Porträts und das Erhalten von Fingerabdrücken unter der Tür durchgeschoben haben soll, obwohl sie die Klägerin zu 1) zwei Tage danach durch Öffnen der Türe befreien konnte, wie die Klägerin zu 1) bei … angab. In ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 23. Februar 2016 hatte die Klägerin zu 1) noch erklärt, die Freundin der Adoptivmutter habe die Ausreise erst nach der Befreiung organisiert.

Vor dem Bundesamt gab die Klägerin zu 1) an, diese Frau habe die Tür eingetreten, bei … gab sie an, diese habe die Tür mit einem Schlüssel geöffnet. Auf Vorhalt in der mündlichen Verhandlung erklärte sie auf Vorhalt, nachdem das Öffnen mit dem Schlüssel nicht gelungen sei, habe sie die Türe eingetreten.

Insgesamt stellt sich der beschriebene Sachverhalt sowohl zur Befreiung aus der Hand des Peinigers als auch zu den Umständen der Einreise als widersprüchlich und unglaubhaft dar.

Aus diesem Grund kann der Klägerin zu 1) nicht geglaubt werden, dass sie für den Fall ihrer Rückkehr erneut der Gefahr einer Beschneidung ausgesetzt wäre, die von stattlichen Stellen nicht verhindert werden könnte. Dasselbe gilt für die Klägerin zu 2). Denn es ist nicht erkennbar, warum eine FGM bei der Klägerin zu 2) gegen den Willen der Mutter durchgeführt werden sollte.

Die Klägerinnen wären - den Vortrag als wahrheitsgemäß unterstellt - außerdem nicht gezwungen, zu den Adoptiveltern der Klägerin zu 1) zurückzukehren. Soweit die Klägerin zu 1) angab, der Adoptivvater und sein Bruder seien so mächtig und reich, ist der Vortrag zu unsubstantiiert, als dass sich hieraus ein entsprechendes Interesse an der Person der Klägerinnen ergeben könnte.

c. Den Klägerinnen steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu.

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ( § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden.

Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass den Klägerinnen bei einer Rückkehr in ihr Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht.

d. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.

aa. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK - (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

bb. Ebenso wenig besteht im Falle der Klägerinnen ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Klägerinnen im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

Es entspricht der Erkenntnislage des Gerichts, dass die Situation für zurückkehrende alleinstehende Frauen in Äthiopien dann unzumutbar und existenzbedrohend sein kann, wenn kein Familienverband vorhanden ist. So führt die Schweizerische Flüchtlingshilfe in der SFH-Länderanalyse vom 13. Oktober 2009 aus, verschiedene Organisationen in Addis Abeba hätten im Jahr 2005 berichtet, dass die Mehrzahl der Frauen, die alleine in die Stadt kämen, in der Prostitution oder als Bedienstete in Haushalten landeten, wo sie verschiedenen Formen der Gewalt - auch sexueller Gewalt - ausgesetzt sein. Es sei schwierig für eine alleinstehende Frau, sowohl Unterkunft wie auch einen Arbeitsplatz zu finden. Für den Zugang zu einer Arbeitsstelle benötige man Geld, familiäre Kontakte oder Personen, die über Beschäftigungsmöglichkeiten bzw. offene Arbeitsstellen informiert sein. Auch die Wohnungssuche sei ohne die Unterstützung von Bekannten schwierig. Diese Einschätzungen hatten zum Zeitpunkt 2009 noch Gültigkeit und wurden in dem update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014 vom 17. Juni 2014 nicht revidiert. Dort wird unter 5.7. ergänzt, auf dem Arbeitsmarkt hätten Frauen weniger Arbeitsmöglichkeiten und verdienten auch weniger als Männer. Dem Bericht über die asyl-und abschieberelevante Lagen Äthiopien des Auswärtigen Amtes vom 22. März 2018 unter IV 1.1. ist zu entnehmen, dass für Rückkehrer keine Sozialleistungen erbracht werden.

Zwar sind die Verhältnisse für alleinstehende junge Frauen in Äthiopien besorgniserregend. Da aber die Angaben der Klägerin zu 1) insgesamt unglaubhaft sind, geht die Einzelrichterin davon aus, dass es sich nicht um eine alleinstehende junge Frau handelt, sondern dass sie in ihrer Heimat in einen Familienverband zurückkehren kann, der sie jedenfalls in der Anfangszeit unterstützen wird. Auch bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer ein Abschiebungsverbot begründenden psychiatrischen Erkrankung der Klägerin zu 1), die hier in Deutschland ihre Ausbildung zur Altenpflegerin abgeschlossen hat und durch ihre Berufsausbildung sowie ihre Sprachkenntnisse in Äthiopien sicherlich ein Auskommen finden wird.

2. Das nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG ausgesprochene Offensichtlichkeitsurteil kann hingegen nicht aufrechterhalten werden, da seine Voraussetzungen nicht vorliegen. Auch weitere Offensichtlichkeitstatbestände nach § 30 Abs. 1 oder Abs. 2 AsylG liegen nicht vor.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Klage offensichtlich unbegründet, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage dem Gericht geradezu aufdrängt (BVerwG, B.v. 1.3.1979 - 1 B 24/79 - Buchholz 402.24, § 34 AuslG Nr. 1 sowie BVerfG, B.v. 12.7.1983 - 1 BvR 1470/82 - BVerfGE 65, 76; U.v. 11.12.1985 - 2 BvR 361/83, 2 BvR 449/83 - BVerfGE 71, 276; B.v. 20.12.2006 - 2 BvR 2063/06 - NVwZ 2007, 1046).

Das Bundesamt hat das Offensichtlichkeitsurteil allein auf § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG gestützt und damit begründet, dass die Klägerin zu 1) im Asylverfahren über ihre Identität getäuscht habe, nachdem im Asylverfahren über den VIS-Datenabgleich abweichende Personalien der Klägerin zu 1) und ihre Einreise in den Schengen-Raum mit einem Visum festgestellt wurden.

Zwar bestehen - wie oben dargelegt - erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin zu 1), die diese auch in der mündlichen Verhandlung nicht ausräumen konnte. Damit bestehen auch Zweifel an ihrer Identität. Den Nachweis der Täuschung und eine entsprechende Absicht lassen sich aber weder dem klägerischen Vorbringen noch den vorliegenden Unterlagen entnehmen. Zwar konnte oder wollte die Klägerin zu 1) keine näheren Angaben zu den abweichenden Personalien machen. Sie blieb allerdings sowohl im behördlichen als auch im gerichtlichen Verfahren dabei, dass ihr Name … sei.

Auch kann nicht außer Betracht bleiben, dass die Klägerin aufgrund der Feststellungen des in einem Strafverfahren erstellten und erst am 18. September 2018 vorgelegten Altersgutachtens zum Zeitpunkt der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland wohl erheblich unter 18 Jahre alt (nach eigenen Angaben 16 Jahre alt) war und nicht - wie im Reisepass, der nicht vorliegt, angegeben - 1988 geboren ist. Auch sind die ärztlich dokumentierten Verletzungen der Klägerin zu 1) jedenfalls ein Hinweis, dass die Klägerin zu 1) körperlichen Übergriffen ausgesetzt war.

Auch auf § 30 Abs. 1 oder 2 AsylG lässt sich die getroffenen Offensichtlichkeitsentscheidung nicht stützen.

Die Unaufklärbarkeit des tatsächlichen Geschehensablaufs muss die Klägerin zu 1) - soweit ihre Angaben wie oben dargelegt widersprüchlich und unglaubhaft sind - gegen sich gelten lassen. Dies allein begründet aber noch nicht das Vorliegen eines Offensichtlichkeitstatbestandes nach § 30 AsylG.

Denn das Vorbringen der Klägerin zu 1) ist nicht auf einen Sachverhalt gestützt, der bereits aufgrund gesicherter Rechtsprechung die Voraussetzungen an eine asylbegründende politische Verfolgung oder einen subsidiären Schutz begründende ernsthafte Schadenszufügung nicht erfüllt, so dass bereits die von ihr vorgebrachten Gründe aus rechtlichen Gründen nicht ausreichen, um einen Erfolg der Klage zu rechtfertigen vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Oktober 2014, § 30 AsylG Rn. 47). Dieser scheitert allein an der Unglaubhaftigkeit des Vorbringens.

Dem Vorbringen der Klägerin zu 1) lässt sich auch nicht entnehmen, dass sie sich im Bundesgebiet nur aufhält, um einer allgemeinen Notsituation in ihrem Heimatland zu entgehen und hier ihre Lebensbedingungen zu verbessern (Hailbronner, a.a.O. Rn. 55), weshalb auch die streitgegenständliche Offensichtlichkeitsentscheidung auch nicht auf § 30 Abs. 2 AsylG gestützt werden kann.

Der Klägerin zu 2) kann eine sanktionsbewehrte Täuschungsabsicht nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG ohnehin nicht unterstellt werden. Im Hinblick auf die Voraussetzungen nach § 30 Abs. 1 und 2 kann auf die Ausführungen zur Klägerin zu 1) verwiesen werden.

4. Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreisesaufforderung unter Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor.

5. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr im Rahmen des § 11 Abs. 1und 3 AufenthG ein-geräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht und wurden von den Klägerinnen nicht vorgetragen.

Die Klagen waren demnach in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

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(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3a Verfolgungshandlungen


(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3e Interner Schutz


(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und2. sicher und legal in diesen Landesteil r

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(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen: 1. der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;2. der Begrif

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Die Verfolgung kann ausgehen von 1. dem Staat,2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließl

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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3d Akteure, die Schutz bieten können


(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden 1. vom Staat oder2. von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,sofern sie willens und in d

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 31 Entscheidung des Bundesamtes über Asylanträge


(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 10 Aufenthaltstitel bei Asylantrag


(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann ertei

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 3 Passpflicht


(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im B

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 8 Heilung von Zustellungsmängeln


Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist

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Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.

(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.

(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.


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Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Dezember 2013 wird in Ziffern 1, 3, 4 und 5 aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist am ... 2011 in Deutschland als Tochter ihrer äthiopischen Mutter geboren. Ihre Mutter betreibt derzeit unter dem Aktenzeichen W 3 K 13.30186 vor dem Verwaltungsgericht Würzburg eine Klage gegen ein ihr Asylbegehren ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 24. Juni 2013.

Am 16. November 2011 zeigte die Regierung von Mittelfranken dem Bundesamt die Geburt der Klägerin an.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 12. Dezember 2012 ließ die Klägerin vortragen, ihr drohe im Fall der Rückkehr nach Äthiopien geschlechtsspezifische Verfolgung, da sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgrund der in Äthiopien herrschenden sozialen Normen beschnitten werden würde.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2013 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte ab und erkannte weder die Flüchtlingseigenschaft noch den subsidiären Schutzstatus zu. Zudem stellte sie fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Klägerin wurde unter Abschiebungsandrohung nach Äthiopien zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung aufgefordert. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Vater der Klägerin sei nicht bekannt. Für die Klägerin gelte gemäß § 14a Abs. 2 2. Alternative AsylVfG der Asylantrag als am 16. November 2011 gestellt. Auf die Durchführung eines Asylverfahrens für das Kind sei nicht verzichtet worden. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigte lägen nicht vor, weil der abstrakte Hinweis auf die in Äthiopien herrschenden sozialen Normen, mit dem der Antrag begründet werde, nicht den Anforderungen genüge, die an eine substantiierte Sachverhaltsdarstellung zu stellen seien. Konkrete Sachverhalte bzw. Anhaltspunkte, aus denen erkennbar wäre, dass gerade der Klägerin die Gefahr der Genitalverstümmelung drohe, sei nicht geltend gemacht worden. Auch sei nicht geltend gemacht worden, dass die Mutter der Klägerin beabsichtigte, ihre Tochter bei einer Rückkehr nach Äthiopien einer Genitalverstümmelung unterziehen zu lassen. Die in Äthiopien herrschenden sozialen Normen hätten sich dahingehend stark verändert, dass die Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung zunehmend rückläufig sei. Es sei nicht anzunehmen, dass die Mutter der Klägerin einem etwa von ihrer Verwandtschaft ausgehenden Druck, die Klägerin beschneiden zu lassen, nicht widerstehen könne.

II.

Gegen den am 18. Dezember 2013 als Einschreiben zur Post gegebene Bescheid ließ die Klägerin am 2. Januar 2014 Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und in der mündlichen Verhandlung insoweit zurücknehmen, als sie auf die Anerkennung der Klägerin als Asylsuchende gerichtet war. Zuletzt ließ die Klägerin beantragen:

Der Bescheid des Bundesamtes vom 16. Dezember 2013 wird in Ziffern 1, 3, 4 und 5 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen,

hilfsweise der Klägerin subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen,

weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, die Mutter der Klägerin sei beschnitten. Kehrte die Klägerin alleine zurück, würde sie bestenfalls in die Ursprungsgegend der Familie der oromischen Mutter nach B. R. weitergereicht und dort von einer Familie aufgenommen werden. Sie würde dann zwangsläufig der Beschneidung unterzogen. Auch die Mutter wäre im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien gemeinsam mit der Klägerin nicht dazu in der Lage, diese dauerhaft vor ihrer Beschneidung zu schützen. Verhalte man sich in der äthiopischen Gesellschaft nicht normgemäß, erfolge ein Ausschluss aus der Gesellschaft. Die Beschneidung sei eine soziale Norm, die von der Gruppe gefordert und durchgesetzt werde. Ohne den familiären Rückhalt könne die Mutter der Klägerin allein stehend mit einem Kind nicht überleben.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 22. September 2014 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Verschiedene im Einzelnen benannte Auskünfte und Gutachten wurden zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2014, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakte und die dazugehörigen Verwaltungsakten im Verfahren W 3 K 13.30186 Bezug genommen.

Gründe

Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Klage hat zurücknehmen lassen, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist somit lediglich noch das Begehren der Klägerin, den Bescheid des Bundesamtes vom 16. Dezember 2013 in Ziffern 1, 3, 4 und 5 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen, hilfsweise der Klägerin subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die zulässige Klage, über die auch in Abwesenheit von Beteiligten verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Die Klägerin hat unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 16. Dezember 2013 im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 16. Dezember 2013 ist, soweit er angegriffen ist und dem entgegensteht, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Rechtsgrundlage für die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG i. d. F. d. Bek. vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Oktober 2014 (BGBl I S. 1649). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, gemäß § 3 Abs. 4 AsylVfG die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK -), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Nach § 3a Abs. 1 AsylVfG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylVfG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen sowie Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist. § 3a Abs. 2 AsylVfG nennt Handlungen, die als Verfolgung in diesem Sinne gelten können, so z. B. die Anwendung physischer oder psychischer einschließlich sexueller Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden oder Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. In § 3b Abs. 1 AsylVfG werden die in § 3 Abs. 1 AsylVfG verwendeten Begriffe Rasse, Religion, Nationalität, Gruppe und politische Überzeugung näher definiert. Gemäß § 3c AsylVfG kann eine solche Verfolgung ausgehen vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen oder unter bestimmten Voraussetzungen von nichtstaatlichen Akteuren. Dem gegenüber kann gemäß § 3d AsylVfG Schutz vor Verfolgung vom Staat oder von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geboten werden, sofern sie willens und in der Lage sind, wirksamen Schutz vor Verfolgung nicht nur vorübergehender Art zu bieten. Auf dieser Grundlage wird gemäß § 3e AsylVfG dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

Wird einem Ausländer auf dieser Grundlage die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, darf er gemäß § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - i. d. F. d. Bek. vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert mit Gesetz vom 6. September 2013 (BGBl I S. 3556) nicht in den Staat abgeschoben werden, in dem er in der beschriebenen Art und Weise bedroht ist.

Bei der Anwendung dieser Vorschriften können die von der Rechtsprechung und Literatur zu § 60 Abs. 1 AufenthG a. F. und zu § 51 Abs. 1 AuslG entwickelten Rechtsgrundsätze im Wesentlichen herangezogen werden, da inhaltlich an dieser Vorschriften angeknüpft wird. Demzufolge decken sich die Voraussetzungen von § 3 Abs. 1 AsylVfG mit denen nach Art. 16a Abs. 1 GG hinsichtlich der geschützten Rechtsgüter und des politischen Charakters der Verfolgung, wobei § 3 Abs. 1 AsylVfG insofern einen weitergehenden Schutz bietet, als auch selbstgeschaffene subjektive Nachfluchtgründe die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründen können. Ein Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung, Flucht und Asylantrag wird dabei nicht vorausgesetzt (vgl. BVerwG, B.v. 13.8.1990 - 9 B 100/90 - NVwZ-RR 1991, 215; BVerfG, B.v. 26.5.1993 - 2 BVR 20/93 - BayVBl 1993, 623).

Schutz nach § 3 Abs. 1 AsylVfG wird gewährt, wenn dem Schutzsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG genannten Merkmale Rechtsverletzungen aufgrund von Handlungen im Sinne von § 3a AsylVfG durch einen Akteur im Sinne von § 3c AsylVfG in seinem Herkunftsland drohen, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzen, so dass ihm nicht zuzumuten ist, in sein Herkunftsland zurückzukehren (BVerfG, B.v. 10.7.1989 - 2 BVR 502, 1000, 961/86 - NVwZ 1990, 151 f.; BVerwG, U.v. 29.11.1987 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82, 83 m. w. N.).

Für den Erfolg des Antrags muss das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals und hinsichtlich der zu treffenden Prognose, dass diese die Gefahr politischer Verfolgung begründet, erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu. Demgemäß setzt ein Anspruch auf der Grundlage von § 3 AsylVfG voraus, dass der Asylsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei ist es seine Sache, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumung von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asylbegehren lückenlos zu tragen (BVerwG, U.v. 8.5.1984 - 9 C 141.83 - Buchholz § 108 VwGO Nr. 147).

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnisse entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B.v. 29.11.1990 - 2 BvR 1095/90 -InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U.v. 30.10.1990 - 9 C 72.89 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135).

Dies zugrunde gelegt sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylVfG zur Überzeugung des Gerichts im Fall der Klägerin erfüllt. Sie muss bei einem Aufenthalt in Äthiopien mit nichtstaatlichen Verfolgungsmaßnahmen in Form der Genitalverstümmelung rechnen, vor denen sie zu schützen staatliche Institutionen nicht in der Lage sind. Zudem ist keine inländische Fluchtalternative erkennbar.

Genitalverstümmelung ist als Verfolgungshandlung i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3a Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG einzustufen. Denn diese Handlung bezieht sich auf die Geschlechtszugehörigkeit, da sie allein an Frauen und Mädchen vorgenommen wird und werden kann. Sie ist gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG so gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, unabhängig davon, in welcher Form sie durchgeführt wird. Denn es geht hierbei um die Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit, also um eine gravierende Misshandlung; eine solche Maßnahme stellt generell Verfolgung dar (Marx, AsylVfG, Kommentar, 8. Aufl. 2014 § 3a Rn. 10 m. w. N.).

Demgegenüber kann nicht darauf abgestellt werden, dass eine Genitalverstümmelung den Zweck der Integration bzw. Inklusion der betroffenen Mädchen und Frauen in die jeweilige Gesellschaft als vollwertiges Mitglied verfolge und die Ächtung bzw. der Ausschluss der nicht verstümmelten Frauen mit seinen gegebenenfalls existenzbedrohenden Folgen keine Verfolgung sei. Die Genitalverstümmelung ist gerade darauf gerichtet, die sich weigernden Betroffenen den Traditionen zu unterwerfen und unter Missachtung des Selbstbestimmungsrechtes zu verstümmelten Objekten zu machen (VG Aachen, U.v. 10.5.2010 - 2 K 562/07.A - juris; VG Ansbach, U.v. 14.10.2010 - AN 18 K 10.30254 - juris).

Diese Verfolgung erfolgt wegen der Zugehörigkeit der betroffenen Frau zu einer bestimmten sozialen Gruppe i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3b Abs. 1 Nr. 4, 4. Halbsatz AsylVfG; hiernach gilt eine Gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtlichen Identität anknüpft. Dies ist bei der weiblichen Genitalverstümmelung der Fall, da sie allein an das Geschlecht anknüpft.

Bei einem Aufenthalt in Äthiopien muss die Klägerin konkret mit einer derartigen Verfolgung rechnen, so dass sie zu Recht eine begründete Furcht vor Verfolgung in diesem Sinne hat.

Weibliche Genitalverstümmelung wird in Äthiopien vorgenommen.

Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Äthiopien (Stand Februar 2014) ist die Genitalverstümmelung seit der Reformierung des Strafgesetzbuches im Jahr 2005 gemäß Art. 565 mit Geldstrafe ab 500 Birr (ca. 20,00 EUR) oder mindestens dreimonatiger, in besonders schweren Fällen mit bis zu zehn Jahren Gefängnisstrafe bedroht. Trotz sinkender Zahlen - nach unterschiedlichen Quellen hat sich die Zahl der Neuverstümmelungen inzwischen auf zwischen 25% und 40% der Mädchen verringert - ist Genitalverstümmelung nach wie vor mit großen regionalen Unterschieden weitverbreitet (Zahlen schwanken auch hier zwischen 56% und über 70% landesweit). Am häufigsten ist sie in ländlichen Gebieten der an Dschibuti und Somalia grenzenden Regionen Somali und Afar sowie in der gesamten Region Oromia anzutreffen. In den Grenzregionen Tigray (Grenze zu Eritrea) und Gambela (Grenze zu Südsudan) ist sie am wenigsten verbreitet. Die Regierung sowie äthiopische und internationale Organisationen führen Kampagnen gegen Genitalverstümmelung durch.

Nach der Informationsschrift des Bundesamtes „Geschlechtsspezifische Verfolgung in ausgewählten Herkunftsländern“, April 2010, ist Genitalverstümmelung von Frauen und Mädchen in Äthiopien noch weitverbreitet. Laut einer Studie aus dem Jahr 2005 sind 74% der weiblichen Bevölkerung in Äthiopien von Genitalverstümmelung betroffen. In den Regionen Somali, Afar und Dire Dawa sind nahezu alle Frauen von Genitalverstümmelung betroffen, in Oromia und Harari noch mehr als 80%. Die geringsten Raten gibt es in den Regionen Tigray und Gambela mit 29% bzw. 27%. Im Süden des Landes wird weibliche Genitalverstümmelung bei manchen ethnischen Gruppen gar nicht praktiziert. Die Genitalverstümmelung wird meist von traditionellen Hebammen durchgeführt, die oft zuhause und unter sehr unhygienischen Bedingungen arbeiten. Es werden verschiedene Formen der Genitalverstümmelung vorgenommen. Das Alter, in dem der Eingriff vorgenommen wird, ist regional unterschiedlich: In Amhara und Tigray werden Mädchen im 1. Lebensjahr verstümmelt, während sie bei den Somali, Afar und Oromo zwischen sieben und neun Jahre alt sind. Im Jahr 2004 erließ die äthiopische Regierung ein Gesetz gegen die weibliche Genitalverstümmelung, die Strafandrohung liegt zwischen drei Monaten und zehn Jahren Freiheitsstrafe. Außerdem versucht die Regierung durch Presseartikel und Regierungszeitungen dieser Praxis entgegenzuwirken. Darüber hinaus fördert und unterstützt sie NGOs, die Frauen, Lehrer und Dorfvorsteher über die Gefahren der Genitalverstümmelung aufklären. Erste positive Ergebnisse zeigen eine UNICEF-Studie von 2005, in der festgestellt wurde, dass die Unterstützung von weiblicher Genitalverstümmelung bezogen auf ganz Äthiopien abgenommen hat. 2005 ließen 38% der Mütter mindestens eine Tochter genital verstümmeln gegenüber 52% im Jahr 2000. Frauen mit höherem Bildungsgrad und aus einer städtischen Umgebung sind dabei eher bereit, die Genitalverstümmelung aufzugeben. Ein effektiver Schutz gegen die zwangsweise Durchsetzung der Genitalverstümmelung durch staatliche Stellen oder NGOs ist allerdings noch nicht zu erwarten.

Gemäß einer Anfragebeantwortung von ACCORD vom 27. Oktober 2014 „Informationen zur Lage von Frauen mit und ohne familiäre Anknüpfungspunkte bei einer Rückkehr; Lage von Angehörigen der Oromo“ wird ein Bericht von UN-Frauen vom September 2013 zitiert. Hiernach betreffen schädliche traditionelle Praktiken, darunter weibliche Genitalverstümmelungen und Kinderheirat am Land lebende Frauen und Mädchen unverhältnismäßig oft. Obwohl ein genereller politischer Wille besteht, sich mit dem Thema Geschlechterungleichheit zu befassen, sind nur eingeschränkt Kapazitäten zur Finanzierung und Umsetzung von Eingriffen auf Gemeindeebene hinsichtlich gefährdeter Frauen verfügbar.

Nach einer Auskunft des Instituts für Afrikakunde (GIGA) vom 6. September 2006 an das Verwaltungsgericht Ansbach ist die Genitalverstümmelung in Äthiopien auch nach dem Regierungswechsel von 1991 weitverbreitet. Nach einer Erhebung des Ethiopian Demographic and Health Survey aus dem Jahr 2000 sind 80% der Mädchen und Frauen von dieser Praxis betroffen, nach einem Unicef-Bericht aus dem Jahr 2004 sind es in Oromia sogar 99%. Die Verstümmelung wird bei den Oromos meist im Alter zwischen vier Jahren und dem Beginn der Pupertät durchgeführt. Es gibt in Äthiopien zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, die sich gegen die Verstümmelung von Mädchen engagieren und auch im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit tätig sind. Allerdings handelt es sich bei der Praxis um einen Brauch, der bereits seit vorchristlichen und vorislamischen Zeiten in der Region existiert, somit tief in der Kultur verwurzelt ist und daher nur sehr langsam abzuschaffen sein wird, zumal auch viele Frauen selbst hinter der Praxis stehen, die durch hygienische, ästhetische, religiöse und kulturelle Faktoren gerechtfertigt wird. Daher vermögen auch die existierenden Organisationen, die gegen die Genitalverstümmelung eintreten und auch potentiellen Opfern Schutz zu bieten versuchen, keineswegs flächendeckend, sondern allenfalls punktuell Hilfe zu leisten. Es lässt sich am ehesten ein Erfolg bei den Reduzierungen der Genitalverstümmelung im städtischen Umfeld bei Personen mit höherem Bildungsgrad feststellen, nicht jedoch in ländlichen Gebieten. Die Genitalverstümmelungen finden im privaten Raum statt und werden von traditionellen „Beschneiderinnen“ durchgeführt, so dass diese Tradition allein durch die Gesetzgebung nicht unterbunden werden kann. Die Zuverlässigkeit der erhobenen Zahlen hinsichtlich der verstümmelten Frauen und Mädchen und der Neuverstümmelungen ist allerdings nicht gewährleistet, da davon auszugehen ist, dass bei Umfragen teilweise falsche Angaben gemacht werden, um etwaige behördliche Sanktionen zu vermeiden.

Nach dem Bericht von Forward Germany e.V. vom 10. Oktober 2010 (vgl. hierzu VG Ansbach, U.v. 14.10.2010 - AN 18 K 10.30254 - juris Rn. 29) sind die Mütter für die Jungfräulichkeit des Mädchens verantwortlich. Mit allen Mitteln wachen sie darüber und haben somit die absolute Kontrolle über die Mädchen und deren Sexualität. Die Prüfung der Jungfräulichkeit und des Grades der Genitalverstümmelung kann auch von der zukünftigen Schwiegermutter vorgenommen werden. Die Mädchen können keine Anzeige gegen ihre Familie erstatten, da sie mit Sicherheit schlimmste Folgen von Bestrafung erleben werden, wie die Tötung durch die eigenen Familien, wegen Ungehorsamkeit, egal ob die Familie dabei auf dem Land oder in der Großstadt lebt. Das Verlassen der Region, in der sich ein Mädchen oder eine junge Frau befindet, ist für eine Familie kein Hindernis, um das ungehorsame Mädchen seiner Strafe zuzuführen. Wenn ein Mädchen oder eine junge Frau den direkten Einzugsbereich der Familie verlässt, ist sie so noch lange nicht in Sicherheit und kann auch nicht unbehelligt ihr Leben führen. Das Mädchen verkörpert direkt die Ehre der Familie, die sie verletzt, wenn sie sich nicht dem Willen der Familie unterordnet und sogar noch flieht.

Nach einem Gutachten von amnesty international für das VG München vom 5. Oktober 2004 sind in Oromia 99% der Mädchen verstümmelt. Die Praxis der Genitalverstümmelung ist bei allen Religionsgemeinschaften verbreitet.

Aus diesen Berichten und Auskünften ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass die Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen in Äthiopien auch derzeit vielfach vorgenommen wird, insbesondere in ländlichen Gebieten. Sie wird innerhalb der (Groß-)Familie gefördert und gefordert, es wird diesbezüglich ein extrem starker sozialer Druck ausgeübt. Allerdings betrifft die weibliche Genitalverstümmelung nicht unterschiedslos (fast) alle Frauen in Äthiopien, da die Anzahl der Neuverstümmelungen inzwischen deutlich unter 50% liegen und es sich somit lediglich um eine deutliche Anzahl individueller Übergriffe handelt.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin deutlich machen können, dass auch sie persönlich bei einem Aufenthalt in Äthiopien in die konkrete Gefahr kommen würde, einer Genitalverstümmelung unterzogen zu werden. Die Familie der Klägerin stammt aus einem ländlichen Gebiet, nämlich aus dem Ort B. R. bzw. dessen Umgebung im Bundesstaat Oromia. Sie gehört zur Ethnie der Oromos, bei der - wie oben dargelegt - die Genitalverstümmelung besonders weit verbreitet ist. Die Klägerin hat mittels einer fachärztlichen Bescheinigung der Ärztin B. K. vom 28. November 2014 (vgl. Verfahren W 3 K 13.30186) dargelegt, dass ihre Mutter einer Genitalverstümmelung unterzogen worden ist. Dies hat die Mutter der Klägerin, die Klägerin im Verfahren W 3 K 13.30186, durch eigene Schilderungen des Vorgangs untermauert und zudem glaubhaft erläutert, dass die Genitalverstümmelung in ihrer Familie traditionell vorgenommen wurde und wird, so auch an ihren weiblichen Geschwistern und bei weiteren Kindern. Weiterhin hat die Mutter der Klägerin glaubhaft dargestellt, dass ihr Onkel, der nach dem Tod ihres Vaters für die Familie verantwortlich ist, ebenfalls die Genitalverstümmelung unterstützt. Auch für die Großmutter der Klägerin sei die Genitalverstümmelung der Mutter der Klägerin nicht schlimm gewesen.

Damit hat die Klägerin glaubhaft dargelegt, dass sie bei einem Aufenthalt im Rahmen ihrer (Groß-)Familie sich einer Genitalverstümmelung nicht wird entziehen können, obwohl ihre Mutter die Genitalverstümmelung ablehnt. Denn zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Mutter der Klägerin als alleinstehende Frau in der patriarchalisch dominierten und von Traditionen stark geprägten Gesellschaft ihres Dorfes und ihrer Großfamilie gegenüber den maßgeblichen - insbesondere älteren und männlichen - Leitfiguren keine greifbare Möglichkeit hätte, die Genitalverstümmelung der Klägerin zu verhindern.

Aus den oben genannten Quellen ergibt sich zudem, dass staatliche äthiopische Stellen oder internationale Organisationen nicht effektiv in der Lage sind, der Klägerin gemäß § 3c Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG vor nichtstaatlichen Akteuren, hier vor den Mitgliedern der Familie und der Gesellschaft der Oromos, Schutz vor Verfolgung zu bieten (vgl. hierzu auch VG Wiesbaden, U.v. 22.10.2013 - 5 K 1230/12.WI.A-n.v.). Demgegenüber kann das Gericht der Haltung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in seinem Beschluss vom 3. Februar 2006 (9 ZB 05.31075 - juris Rn. 18) nicht folgen; hier stellt der Bayer. Verwaltungsgerichtshof auf eine Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG München vom 24. Januar 2005 ab, wonach Nichtregierungsorganisationen mit sozialem Aufgabengebiet von Genitalverstümmelung bedrohten Mädchen Zuflucht, zum Teil sogar langfristige Zuflucht bieten. Die Auskunft, auf die sich der Bayer. Verwaltungsgerichtshof bezieht, ist zu allgemein gehalten, als dass ihr konkrete Schutzmöglichkeiten entnommen werden könnten. Zudem steht diese Auskunft im Widerspruch zu den oben genannten Unterlagen, die detailliert darlegen, warum kein flächendeckender Schutz durch Nichtregierungsorganisationen und Regierungsorganisationen vor Genitalverstümmelung vorhanden ist. Die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 24. Januar 2005 ist zu oberflächlich und zu unkonkret, als dass sie die detaillierten oben genannten Informationen in Frage stellen könnte.

Eine theoretisch denkbare Rückkehr der Klägerin allein ohne ihre Mutter würde dazu führen, dass sie zwangsläufig als Kind von ihrer Großfamilie aufgenommen werden würde und sich somit ebenfalls nicht der für die Großfamilie zwingenden Genitalverstümmelung entziehen könnte.

Eine inländische Fluchtalternative, beispielsweise in Addis Abeba, ist für die Klägerin und ihre Mutter nicht erkennbar.

Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand Februar 2014, besteht grundsätzlich die Möglichkeit für Opfer staatlicher Repressionen, ihren Wohnsitz in andere Landesteile zu verlegen und somit einer lokalen Bedrohungssituation zu entgehen. Allerdings ist die Gründung einer neuen wirtschaftlichen und sozialen Existenz in anderen Landesteilen angesichts des niedrigen Existenzniveaus, der Schwierigkeit, Land zu erwerben sowie aufgrund ethnischer und sprachlicher Abgrenzungen schwierig. In den größeren Städten ist ein wirtschaftlicher Neuanfang und Vergleich leichter möglich.

Nach der Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Äthiopien: Rückkehr einer jungen, alleinstehenden Frau vom 13. Oktober 2009) ist ein Leben für besonders verletzliche Personen, die über kein soziales Netzwerk verfügen und sich das Existenzminimum nicht sichern können, in Äthiopien unzumutbar. Zu diesen Personen gehören u. a. Kinder und alleinstehende Frauen, die weder über eigenes Vermögen noch über familiären Rückhalt verfügen. Die Mehrzahl der Frauen, die alleine in die Stadt kommen, landen in der Prostitution oder als Bedienstete in Haushalten, wo sie verschiedenen Formen der Gewalt ausgesetzt sind. Es ist für alleinstehende Frauen schwierig, sowohl Unterkunft wie auch Arbeitsplatz zu finden. Auch die Wohnungssuche ist ohne Unterstützung von Bekannten schwierig. Nach der Auskunft von ACCORD vom 27. Oktober 2014 (Anfragebeantwortung zu Äthiopien: Informationen zur Lage von Frauen mit und ohne familiäre Anknüpfungspunkte bei einer Rückkehr) sind außereheliche Kinder in Äthiopien ein Tabu. Dies ist nicht akzeptabel, der Großteil dieser Frauen werden als Sexarbeiterin angesehen. Arbeitsmöglichkeiten für alleinstehende Frauen sind nicht vorhanden. Gemäß einer Auskunft von amnesty international vom 5. Oktober 2004 an das Verwaltungsgericht Würzburg dürfte es ohne die Unterstützung der Großfamilie einem Paar mit zwei Kindern kaum möglich sein, sich in Addis Abeba eine Existenz aufzubauen.

Dies macht deutlich, dass es für die Klägerin und ihre Mutter nicht denkbar ist, unabhängig von der (Groß-)Familie andernorts in Äthiopien eine Existenz aufzubauen, zumal es sich um eine alleinstehende Frau mit zwei Kleinkindern handelt. Damit ist die Möglichkeit eines internen Schutzes nach § 3e Abs. 1 AsylVfG nicht erkennbar.

Aus alledem ergibt sich, dass die Klägerin bei einem Aufenthalt in Äthiopien in die konkrete Gefahr einer Genitalverstümmelung geraten würde. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 4 AsylVfG sind somit gegeben. Deshalb war die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 16. Dezember 2013 in Ziffern 1, 3, 4 und 5 zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen. Über die Hilfsanträge musste deshalb nicht mehr entschieden werden. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 83b AsylVfG, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die Klägerin ist äthiopische Staatsangehörige, Amharin und Christin. Sie wurde am ... in ... geboren.

Die Verfahren der Eltern der Klägerin sind unter den Aktenzeichen AN 3 K 16.30652 und AN 3 K 16.30433 beim Verwaltungsgericht Ansbach anhängig. Auf diese Verfahren wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 teilte die Ausländerbehörde dem Bundesamt mit, dass die Klägerin geboren wurde. Daraufhin ging das Bundesamt aufgrund der Antragsfiktion des § 14 a Abs. 2 AsylG mit dem 31. Juli 2015 von einem Asylantrag der Klägerin aus. Mit Schreiben vom 18. September 2015 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber dem Bundesamt mit, der Klägerin drohe bei einer Rückkehr in das Heimatland ihrer Eltern die konkrete Gefahr einer Beschneidung bzw. einer FGM. Dies entspreche den so genannten Traditionen der Familie bzw. des Volkes der Eltern. Die Mutter der Klägerin, die eine Beschneidung ihrer Tochter ablehne, sei selbst einer genitalen Verstümmelung unterzogen worden. Die Familien der Eltern der Klägerin seien aus traditionellen Gründen für eine Beschneidung und dementsprechend bestehe für die Eltern der Klägerin keine Möglichkeit, sich insoweit durchzusetzen und dauerhaft zu verhindern, dass die Klägerin einer FGM unterzogen werde. Hierzu sei - trotz gegenteiliger gesetzlicher Regelungen in Äthiopien - keine Möglichkeit vorhanden, staatlichen Schutz zur Verhinderung einer FGM zu erlangen. Hierzu verwies der Prozessbevollmächtigte auf die Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 20. Oktober 2010 mit dem Titel: „Äthiopien: Gewalt gegen Frauen“. Aus diesen Gründen sei der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Mit Schreiben vom 2. November 2015 legte der Prozessbevollmächtigte ein ärztliches Attest des ... aus ... vom 13. Oktober 2015 vor, nachdem bei der Mutter der Klägerin eine Genitalverstümmelung durchgeführt worden sei.

Mit Schreiben vom 18. Mai 2016 hörte das Bundesamt die Klägerin zur Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes an.

Mit Bescheid vom 29. Juni 2016, der als Einschreiben am 6. Juli 2016 zur Post gegeben wurde, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte die Klägerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen und drohte anderenfalls die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Rückübernahme bereiten oder verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wird ausgeführt, die Mutter der Klägerin lehne eine Beschneidung ab. Deswegen könne die Klägerin ohne Probleme gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Vater nach Äthiopien zurückkehren. Es sei zu erwarten, dass die Familie in der Lage sei, gemeinsam den Lebensunterhalt zu sichern. Sie müssten sich bei einer Rückkehr nicht in den Einflussbereich ihrer Familien begeben, die eine Beschneidung wünschen. Es sei auch entgegen der Ausführungen des Prozessbevollmächtigten sehr wohl möglich, aktiv staatlichen Schutz in Anspruch zu nehmen. Da beide Elternteile gegen eine Beschneidung seien, sei nicht erkennbar, wieso die Klägerin davon bedroht sein sollte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten, der am 15. Juli 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließ die Klägerin Klage gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes erheben.

Sie beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Juni 2016 zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, der Klägerin den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und weiterhin hilfsweise festzustellen, dass bei der Klägerin Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 16. August 2016 wurde die Verwaltungsstreitsache auf die Einzelrichterin übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach

§ 3 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG (Hauptantrag), noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge), weshalb der Bescheid rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, §§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Klägerin, die in Deutschland geboren ist, muss für den Fall ihrer Einreise nach Äthiopien nicht mit der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG befürchten.

Zwar ist eine konkret drohende Beschneidung geeignet, Flüchtlingsschutz zu begründen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 14.2.2014 - 1 A 1139/13.A -, juris Rn. 80; VG Aachen, U. v. 16.9.2014 - 2 K 2262/13.A -, juris Rn. 30 m. w. N.; VG Würzburg, U. v. 5.12.2014 - W 3 K 14.30001 -, juris Rn. 31 ff.; VG Ansbach, U. v. 24.9.2015 - AN 3 K 14.30480 - ; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Juni 2014, § 3a AsylG Rn. 35).

Die Eltern der Klägerin erklärten in der mündlichen Verhandlung jedoch übereinstimmend, sie seien gegen die FGM bei ihrer Tochter. Sie befürchteten aber für den Fall ihrer Weigerung soziale Ausgrenzung.

Auch sei eine gewaltsame Wegnahme ihrer Tochter zur Durchführung der Beschneidung denkbar.

Allerdings stellten sie nicht genauer dar, welche Personen eine solche Wegnahme durchführen sollten. Die Bedenken hierzu wurden nur sehr vage und allgemein geäußert. Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Erkenntnisquellen ist die Durchführung einer FGM hauptsächlich von der Haltung der Mutter abhängig. Diese wird bei niedrigem Bildungsstand eine FGM eher durchführen lassen, eine höhere Bildung führt eher dazu, dass FGM ausbleibt (Terre des Femmes - Menschenrechte für die Frau e.V. - Äthiopien, 16.9.2015).

Aufgrund der übereinstimmend klar geäußerten Ablehnung der Eltern besteht nicht die erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der der Klägerin in Äthiopien eine Beschneidung droht, zumal sich langsam insgesamt ein Rückgang der Beschneidungen verzeichnen lässt (Bericht des Auswärtigen Amtes zur asyl- und abschieberelevanten Lage in Äthiopien vom 24. Mai 2016 II. 1. 1.8.1. S. 15; Terre des Femmes, a. a. O.). Warum eine FGM bei der Klägerin gegen den klar geäußerten Willen der Eltern durchgeführt werden sollte bzw. es ihnen nicht möglich wäre, sich gegen entsprechende Erwartungen seitens der Familien durchzusetzen, wurde aus dem Vortrag der Eltern nicht deutlich.

Gründe für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG oder für das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurden nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich, nachdem die Klägerin gemeinsam mit ihren Eltern, die ihren Lebensunterhalt werden sichern können, da sie jung und gesund sind, nach Äthiopien einreisen wird.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Demnach war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

zu beantragen.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Gegenstandswert beträgt 5.000,00 EUR, § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

Beschluss:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung war abzulehnen.

Die Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO. Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.