Verwaltungsgericht Bayreuth Gerichtsbescheid, 15. März 2016 - B 1 K 15.132

bei uns veröffentlicht am15.03.2016

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer der Anwesen …, … und … in … Sie wenden sich gegen den Plangenehmigungsbeschluss der Regierung von Oberfranken vom 26. November 2014 zur Errichtung von zwei Brückenbauwerken im Zuge der Staatsstraße 2179 „S. - Landesgrenze“ (Ortsumgehung …*).

Mit Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberfranken vom 30. August 2002 wurde der Plan für die Verlegung der Staatsstraße 2179 nördlich von … (Ortsumgehung …*) festgestellt. Die Bahnstrecke Selb/Plößberg - Asch war zu diesem Zeitpunkt stillgelegt. Im Zuge des Neubaus der Staatsstraße St 2179 wurden die Bahngleise an zwei Stellen unterbrochen, zum einen durch die Dammschüttung des die Bahnlinie kreuzenden …wegs, zum anderen durch den Einschnitt der Staatsstraße St 2179. Die erforderlichen Brückenbauwerke für einen später eventuell wieder aufzunehmenden Bahnbetrieb (Brücke über die Bahnlinie - …weg - und Eisenbahnbrücke über die Staatsstraße St 2179 im Bereich des Einschnitts) wurden in den damaligen Plänen optional dargestellt. Im Planfeststellungsbeschluss vom 30. August 2002 ist für die Ortsumgehung … unter Punkt V Nr. 6.1 ausgeführt: „Sollte der Schienenverkehr auf der Strecke Hof - Selb/Plößberg - Asch - Cheb (Eger) wieder aufgenommen werden, sind die hierfür erforderlichen Überführungsbauwerke für die Kreuzung der Staatsstraße 2179 sowie für den öffentlichen Feld- und Waldweg „…weg“ (BV-Nr. 23) umgehend zu errichten.“

Unter Punkt VII Nr. 10.1 wird ausgeführt: „Sobald die Bahnlinie wieder in Betrieb genommen wird, hat der Straßenbaulastträger auf seine Kosten das Brückenbauwerk zu errichten. Analoges gilt für die - durch den Staatsstraßenneubau erforderlich gewordene - Verlegung eines Bauwerkes im Zuge des öffentlichen Feld- und Waldweges, des sogenannten „…weges“ über die Bahnlinie.“

Mit Schreiben vom 16. August 2012 teilte die DB Netz AG dem Staatlichen Bauamt Bayreuth mit, dass durch die Verkehrsminister der Tschechischen Republik und des Freistaats Bayern die Reaktivierung eines grenzüberschreitenden Personenverkehrs zwischen Hof - Selb/Plößberg - Asch/Eger eingeleitet werde. Die Inbetriebnahme solle zum Fahrplanwechsel im Dezember 2013 erfolgen. Aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. August 2002 habe bei Wiederinbetriebnahme der Bahnlinie der Straßenbaulastträger auf seine Kosten das damals beim Bau der Umgehungsstraße eingesparte Brückenbauwerk zu errichten. Es bestehe für die beiden Brückenbauwerke Baurecht; diese könnten daher nicht Bestandteil eines durchzuführenden eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahrens sein.

Das Staatliche Bauamt beantragte mit Schreiben vom 30. Mai 2014 gemäß Art. 38 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) i.V.m. Art. 72 ff. Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG), das Plangenehmigungsverfahren für die beiden Brückenbauwerke durchzuführen. Als Bauwerk 1 solle eine Brücke über die Staatsstraße St 2179 bei Bahn-Kilometer 33,9 + 22 und als Bauwerk 2 eine Brücke über die Bahn bei Bahn-Kilometer 34,0 + 77 erstellt werden. Die öffentlich-rechtlichen Auswirkungen sämtlicher im Rahmen des Bauvorhabens durchzuführender Maßnahmen seien umfassend behandelt worden. Bauerlaubnisvereinbarungen lägen bei. Die Einwendungen der Träger öffentlicher Belange mit den entsprechenden Stellungnahmen der Vorhabensträger seien den Planunterlagen beigefügt. Als Unterlage 17 war eine erschütterungstechnische sowie eine schalltechnische Untersuchung zur Reaktivierung der Bahnstrecke im Abschnitt AschSelb/Plößberg beigefügt. Danach sei keine wesentliche Änderung der Immissionssituation im Zusammenhang mit der Reaktivierung der Bahnstrecke gegeben. Zur Eisenbahnüberführung bei Bahnkm 33,922 wird ausgeführt, es handele sich zwar um einen erheblichen baulichen Eingriff. Da sich im Umkreis von über 100 m keine Bebauung befinde, werde sich die Immissionssituation für kein Gebäude wesentlich ändern. Schallschutzmaßnahmen seien nicht erforderlich. Mit Schreiben vom 26. Juni 2014 beteiligte die Regierung von Oberfranken die Träger öffentlicher Belange.

Die Kläger erhoben mit Schreiben vom 5. September 2014 Einwendungen gegen das Vorhaben. Für die zwei Brückenbauwerke dürfe kein gesondertes vereinfachtes Plangenehmigungsverfahren durchgeführt werden. Auf die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nach §§ 18 ff. Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) von ihren Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 3. September 2014 vorgetragenen Einwendungen werde verwiesen. In diesem Schriftsatz wird ausgeführt, dass die Grundstücke der Kläger mit … bebaut worden seien. Damals sei die Einstellung des Bahnbetriebs absehbar gewesen. Es handele sich um ein reines Wohngebiet. Die Kläger sollten für den Bau bzw. die Reaktivierung der Bahnstrecke Grundeigentum dauerhaft bzw. vorübergehend zur Verfügung stellen. Der Planfeststellungsbeschluss habe daher enteignungsrechtliche Vorwirkung. Es liege ein Verstoß gegen § 18b Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) vor. Die Abspaltung eines wesentlichen Teils der beabsichtigten Strecke Selb - Asch betreffend die zwei Brückenbauwerke sei unzulässig. Diese hätten Teil des eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahrens sein müssen. Es sei gegen den Grundsatz der Einheitlichkeit der Planung, das umfassende Planbewältigungsgebot und das Klarstellungsgebot verstoßen worden. Es sei weder eine Umweltverträglichkeitsprüfung noch eine grenzüberschreitende Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung nach §§ 8 ff. UVPG durchgeführt worden. Im Bereich der stillgelegten Strecke befänden sich eine Vielzahl seltener Tiere und Pflanzen, die Bahnstrecke grenze an das FFH2000-Gebiet Nr. 5838-371 an. Es fehle ein Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG. Die Linienführung genüge nicht dem planerischen Abwägungsgebot. Die Fahrgastpotentialabschätzung aus dem Jahr 2010 sei überholt und inhaltlich fehlerhaft. Die Finanzierung sei nicht gesichert. Durch das geplante bahninterne Mobilfunksystem bestehe eine Gesundheitsgefährdung durch Elektrosmog. Die im Erläuterungsbericht genannten Werte zu den von dem Schienenweg ausgehenden Verkehrsgeräuschen würden bestritten. Es seien bislang keine konkreten Untersuchungen zur Lärmbelastung und zu den zu befürchtenden Erschütterungen im Bereich der benachbarten Bebauung angestellt worden. Die Gefahren durch die kreuzende Hauptferngasleitung seien nicht berücksichtigt worden. Die Grundstücke der Kläger würden völlig entwertet. Die Kläger seien in wirtschaftlicher Hinsicht zwingend auf die Mieteinnahmen angewiesen. Andere Planungsvarianten seien nicht geprüft worden.

Mit Plangenehmigungsbeschluss vom 26. November 2014 der Regierung von Oberfranken wurde der Plan für die Errichtung von zwei Brückenbauwerken im Zuge der Staatsstraße 2179 „Selb-Landesgrenze“ (Ortsumgehung …*) und die teilweise Verlegung eines öffentlichen Feld- und Waldweges im Gebiet der Stadt Selb, Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge gemäß Art. 38 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG i.V.m. Art. 72 ff. BayVwVfG genehmigt. Der Sofortvollzug wurde angeordnet. Die Voraussetzungen für eine Plangenehmigung nach Art. 38 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG seien gegeben. Rechte anderer im Sinn von Art. 38 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayStrWG würden durch die Errichtung der beiden Brückenbauwerke und die Anpassung des öffentlichen Feld- und Waldweges nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigt. Für den erforderlichen Grunderwerb bzw. die vorübergehende Inanspruchnahme von Grundstücken lägen entsprechende Einverständniserklärungen der Grundstückseigentümer und notarielle Beurkundungen vor. Schützenswerte Rechtspositionen von Grundstücksnachbarn lägen nicht vor. Die im Rahmen des eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahrens nach § 18 AEG durchgeführten Untersuchungen hätten ergeben, dass die Grenzwerte für allgemeine Wohngebiete selbst im Bereich des Bahnhofs …am Tag und in der Nacht unterschritten würden. In den übrigen Streckenbereichen werde keine wesentliche Änderung im Sinne der 16. BlmSchV angenommen. Daher bestehe auch kein Anlass, im vorliegenden Verfahren gesonderte Lärmberechnungen zu veranlassen. Das im eisenbahnrechtlichen Verfahren erstellte erschütterungstechnische Gutachten komme zum gleichen Ergebnis. Durch die beiden Brückenbauwerke verändere sich die Immissionssituation insgesamt nicht. Rechte anderer würden somit nicht beeinträchtigt. Die beantragten Brückenbauwerke seien unter Berücksichtigung aller von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange erforderlich. Sie seien nicht Bestandteil des eisenbahnrechtlichen Verfahrens, da das Eisenbahnbundesamt in den Bauwerken keine Zusammenhangsmaßnahme mit der Reaktivierung der Bahnlinie Selb - Asch sehe, sondern eine Folgemaßnahme der straßenrechtlichen Planfeststellung aus dem Jahr 2002. Alternativen, die sich als vorzugswürdiger aufdrängen würden, seien nicht ersichtlich. Es folgten Ausführungen zum Sofortvollzug.

Mit einem am 4. März 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangenen Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten beantragten die Kläger:

Der Plangenehmigungsbeschluss der Regierung von Oberfranken vom 26. November 2014, Az. 32-4354.30.-2/2014, wird aufgehoben.

In der Klagebegründung vom 10. Juni 2015 wurden im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Schriftsatz vom 3. September 2014 wiederholt und ergänzend vertieft. Man wende sich erneut gegen die unzulässige Aufspaltung der Bauvorhaben „Strecke“ und „Brückenbauwerke“. Es liege ein Verstoß gegen § 78 Abs. 1 VwVfG vor. Es sei nur eine einheitliche Entscheidung möglich. Die beiden Brückenbauwerke seien unstreitig Teil der Bahnstrecke. Es werde darüber hinaus auch bezweifelt, ob der alte Bahndamm den Belastungen des geplanten Schienenverkehrs gewachsen sei.

Mit weiterem Schriftsatz vom 10. Juni 2015 beantragen die Kläger nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen (Verfahren B 1 S 15.413).

Der Beklagte legte mit Schriftsatz vom 2. Juli 2015 die Akten vor und trug im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes unter Beantragung der Antragsablehnung vor, dass das Eisenbahnbundesamt mit Beschluss vom 19. Juni 2015 das eisenbahnrechtliche Verfahren entschieden habe. Dort sei im Tenor die sofortige Vollziehung des Beschluss angeordnet worden unter Hinweis auf § 18 e Abs. 2 Satz 1 AEG. Die Kläger seien nur mittelbar Betroffene und nicht in ihren Rechten verletzt aufgrund der Entfernung von mehr als … m zum Eisenbahnbrückenbauwerk und von … m zur Brücke des …wegs. Aus der erschütterungstechnischen und schalltechnischen Untersuchung, die Bestandteil der Plangenehmigungsunterlagen sei, ergebe sich, dass sich die Immissionssituation für kein Gebäude wesentlich ändern werde. Die Kläger seien nicht durch die beiden Brückenbauwerke betroffen, sondern dadurch, dass die reaktivierte Strecke direkt an ihren Grundstücken vorbeiführe. Diese Auswirkungen seien jedoch im bahnrechtlichen Verfahren zu beurteilen. Es treffe nicht zu, dass anstelle des Plangenehmigungsverfahrens ein anderes Verfahren hätte durchgeführt werden müssen. Die Wahl der falschen Verfahrensart könne nicht selbstständig angefochten werden. Wenn die Brückenbauwerke Bestandteil der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung wären, würde die Beurteilung des Lärms nicht zu Gunsten der Kläger verlaufen. Eine Umgehungsabsicht durch Aufsplittung von Verfahren in mehrere kleine Verfahren liege nicht vor. Ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung im bahnrechtlichen Verfahren durchgeführt werden müsse, könne nicht beantwortet werden. Eine internationale Umweltprüfung sei nicht in Erwägung gezogen worden. Ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses des Eisenbahnbundesamtes vom 19. Juni 2015, Seite 97, werde das Grundstück der Kläger nicht mehr in Anspruch genommen. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass sich im Baugenehmigungsbescheid an die Kläger vom 5. Juni 1992 die bestandskräftige Auflage finde, dass Einwirkungen aus dem Eisenbahnbetrieb entschädigungslos zu dulden seien.

Mit Beschluss des Gerichts vom 4. August 2015 wurde der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde der Kläger wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. September 2015 zurückgewiesen (Verfahren 8 CS 15.2026). Das Vorbringen der Kläger sei nicht geeignet, eine Verletzung in eigenen Rechten zu begründen. Insbesondere werde durch § 78 VwVfG keine selbständig durchsetzbare Rechtsposition eingeräumt. Eine mögliche Rechtsverletzung beurteile sich ausschließlich nach dem anzuwendenden materiellen Recht (wird weiter ausgeführt).

Mit Urteil vom 9. Dezember 2015 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Verfahren 22 A 15.40025 die Klage der Kläger gegen die eisenbahnrechtliche Planfeststellung abgewiesen. Die Kläger haben gegen diese Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

Das Gericht hörte die Beteiligten mit Schreiben vom 30. Oktober 2015 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid an. Die Regierung von Oberfranken erklärte unter dem 17. November 2015 ihr Einverständnis, die Kläger ließen mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 5. Februar 2016 mitteilen, dass mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid kein Einverständnis bestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Gerichtssowie die Behördenakten, auch des Verfahrens B 1 S 15.413, verwiesen.

Gründe

1. Über den Rechtsstreit kann trotz fehlenden Einverständnisses der Klägerseite durch Gerichtsbescheid entschieden werden. Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört. Das Einverständnis aller Beteiligten ist - anders als im Falle einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO - nicht Voraussetzung für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid.

2. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Den Klägern fehlt bereits die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO.

Voraussetzung für Zulässigkeit der Klage gegen den die Plangenehmigung nach Art. 74 Abs. 6 BayVwVfG ist, dass die Kläger geltend machen können, durch die angegriffene Entscheidung in ihren subjektiven öffentlichen Rechten verletzt zu sein. Die Geltendmachung ideeller, wirtschaftlicher oder ähnlicher Interessen reicht nicht aus. Notwendig zur Annahme einer Klagebefugnis ist vielmehr, dass durch den angegriffenen Verwaltungsakt die Möglichkeit besteht, dass unmittelbar-tatsächlich in geschützte Rechtspositionen eingegriffen wird.

Die Kläger haben weder im Hinblick auf einen Eingriff in ihr Eigentumsrecht oder sonstige Rechtspositionen die Möglichkeit einer Rechtsverletzung dargetan (hierzu a) noch können sie sich auf eine Verletzung von Verfahrensvorschriften berufen (hierzu b).

a. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BVerwG U.v. 27. Oktober 2000 -4 A 18/99 -; BayVGH B.v. 2. Juni 2008 - 8 AS 08.40008 -, U.v. 24. September 2008, - 8 A 07.40048 -; alle juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., 2013, Rn. 70 ff. zu § 75 m.w.N.) ist ein unmittelbar in seinem Eigentumsrecht durch einen Planfeststellungsbeschluss Betroffener immer klagebefugt wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des angegriffenen Beschlusses. In einem solchen Fall kann ein Kläger grundsätzlich auch objektive Verstöße, die zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen, geltend machen; er ist nicht darauf beschränkt, sich auf die Verletzung drittschützender Rechte zu berufen. Er ist auch dann klagebefugt, wenn sein betroffenes Grundstück zwar nicht im Planungsgebiet liegt, jedoch aller Voraussicht nach durch die Weiterführung der Trasse betroffen wird, weil die Planfeststellung insoweit bereits „Zwangspunkte“ setzt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., 2014, Rn. 112 zu § 42 m.w.N.). Wenn jedoch eine unmittelbare Inanspruchnahme des Grundeigentums nicht erfolgt, steht kein umfassendes Rügerecht zu. Ein nicht enteignend Betroffener einer planfestgestellten Maßnahme kann nur die Verletzung gerade ihn schützender Normen des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung seiner geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen (BVerwG, U.v. 24. November 2010 - 9 A 13/09 -; U.v. 10. Oktober 2012 - 9 A 20/11, - juris).

Die Kläger tragen nicht vor, durch die vorliegende Plangenehmigung der Brückenbauwerke unmittelbar in ihren Eigentumsrechten an den Grundstücken … betroffen zu sein. Ihre Grundstücke werden weder durch die Errichtung der Brückenbauwerke in Anspruch genommen noch machen sie sonstige rechtlich relevante Beeinträchtigungen geltend. Eine mögliche Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte - soweit es die im Plangenehmigungsbeschluss der Regierung von Oberfranken festgestellten Brückenbauwerke betrifft - ist somit nicht erkennbar. Vielmehr rügen die Kläger allein die Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. bringen Abwägungsmängel vor, die das eisenbahnrechtliche Planfeststellungsverfahren betreffen.

b. Die von den Klägern monierten Verfahrensmängel des eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahrens sind nicht geeignet, eine mögliche Rechtsverletzung im hiesigen Verfahren darzulegen. Nach Ansicht der Kläger hätte die Plangenehmigung für die beiden Brückenbauwerke nicht „isoliert“ durch die Regierung von Oberfranken erteilt werden dürfen, sondern als Teil des Gesamtvorhabens der Reaktivierung der Bahnstrecke Cheb - Selb in dem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren mitbehandelt werden müssen. Insofern sind sie der Auffassung, dass wegen der ihrer Ansicht nach rechtswidrigen Aufspaltung der Verfahren alle Einwendungen, die die eisenbahnrechtliche Planfeststellung betreffen, auch im vorliegenden Verfahren geltend gemacht werden könnten und zur Rechtswidrigkeit der Plangenehmigung führten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine Verfahrensvorschrift ein eigenständiges subjektives Recht nur dann einräumen, wenn sie nicht nur die Ordnung des Verfahrensablaufs regelt, sondern dem betroffenen Dritten in spezifischer Weise und unabhängig vom materiellen Recht eine eigene, selbständig durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtsposition gewähren will (BVerwG, B.v. 4. April 2012 - 9 B 95/11, Rn. 7, m.w.N.). Das Bundesverwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung weiter ausgeführt, dass die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Planfeststellungsverfahrens (nach dem Bundesfernstraßengesetz) einem Drittbetroffenen keine in diesem Sinn durchsetzbare Verfahrensposition einräumt. Vielmehr muss sich aus seinem Vorbringen ergeben, dass sich der gerügte Verfahrensfehler möglicherweise auf seine Rechte ausgewirkt hat (so auch: BVerwG, U.v. 15. Januar 1982 - 4 C 26/78, Rn. 25; B.v. 19. Mai 1988 - 7 B 215/87, Rn. 4). In dem Fall, dass eine einheitliche Planfeststellung (z.B. nach § 78 VwVfG oder § 18b AEG) im Raume steht, kann sich ein Kläger allenfalls dann auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften berufen, wenn er geltend machen kann, mit der fehlerhaften Wahl des Verfahrens sei ihm die Möglichkeit vorenthalten worden, seine Rechte geltend zu machen (BVerwG, U.v. 18. April 1996 - 11 A 86.95; OVG Magdeburg, U.v. 10. Oktober 2013 - 2 K 98/12).

Eine solche Konstellation liegt jedoch nicht vor. Die Kläger hatten und haben die Möglichkeit, ihre Einwendungen gegen die Reaktivierung der Eisenbahnlinie im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nach §§ 18 ff. AEG und nunmehr im gerichtlichen Verfahren gelten zu machen. Sie haben im eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren ihre Einwendungen gegen die Reaktivierung der Strecke vorgebracht, im Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes finden sich Ausführungen zu den von den Klägern gerügten Punkten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat sich im Urteil vom 9. Dezember 2015 (Az. 22 A 15.40025) ausführlich mit dem klägerischen Vorbringen in jenem Verfahren auseinandergesetzt und festgestellt, dass eine Rechtsverletzung der Kläger durch den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes nicht vorliegt. Da diese Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist, besteht für die Kläger nach wie vor die Möglichkeit, ihre rechtlichen Interessen in jenem Verfahren weiterzuverfolgen. Der BayVGH hat in der vorzitierten Entscheidung auch ausgeführt, dass die Baumaßnahmen an der Ortsumfahrung … (Neubau einer Eisenbahnüberführung und Neubau einer Straßenbrücke), die gesondert straßenrechtlich plangenehmigt wurden, nicht planfeststellungsbedürftig nach § 18 Satz 1 AEG waren. Es handele sich bei den beiden Straßenbauwerken zwar um für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs notwendige Maßnahmen, allerdings nicht um Folgemaßnahmen nach § 18 Satz 1 AEG i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Die Kläger hätten die Möglichkeit, gegen die straßenrechtliche Planfeststellung Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen gehabt und hätten sie auch genutzt (vgl. BayVGH, B.v. 24. September 2015 - 8 CS 15.2026). Durch die straßenrechtlich planfestgestellten Vorhaben werde keine künftige Konfliktlösung „verbaut“ und der Rechtsschutz für die Kläger nicht erschwert. Die verfahrensmäßige Trennung verstoße weder gegen den Grundsatz umfassender Problembewältigung durch das Gesamtvorhaben, noch werde der durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Rechtsschutz unmöglich gemacht.

Daraus folgt aber zugleich, dass Einwendungen gegen das eisenbahnrechtlich planfestgestellte Vorhaben im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen sind. Einwendungen gegen die beiden Brückenbauwerke haben die Kläger weder im Plangenehmigungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren erhoben. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung im Beschwerdeverfahren 8 CS 15.2026 gegen den Beschluss der Kammer vom 4. August 2015 hierzu auch ausgeführt, dass durch die Vorschrift des § 78 Abs. 1 VwVfG einem vorhabenbetroffenen Dritten keine selbständig durchsetzbare Verfahrensposition eingeräumt wird. Die Frage, inwieweit subjektive Rechte verletzt sein könnten, ist in dem jeweiligen Verfahren zu prüfen. Folglich muss ein in seinen Rechten Betroffener in dem jeweiligen Verfahren die Rechtsverletzung durch die konkrete Maßnahme dartun. Die Kläger haben im vorliegenden Verfahren nicht ansatzweise vorgetragen, in welchen Rechtspositionen sie durch die Zulassung der Brückenbauwerke betroffen sein könnten. Die Einwendungen gegen die eisenbahnrechtliche Planfeststellung sind in dem dortigen Verfahren vorzubringen. Ein Rechtsverlust durch die getrennt zu führenden Verfahren ist nicht erkennbar. (vgl. auch BayVGH vom 24. September 2015, a.a.O., Rn. 13).

3. Die Klage wird mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO abgewiesen.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 709 ff. ZPO.

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(1) Die für Raumordnung zuständige Landesbehörde prüft nach Maßgabe der folgenden Absätze in einem besonderen Verfahren die Raumverträglichkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen im Sinne von § 1 der Raumordnungsverordnung (Raumordnungsverfahren). Hierbei sind die raumbedeutsamen Auswirkungen der Planung oder Maßnahme unter überörtlichen Gesichtspunkten zu prüfen; insbesondere werden die Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung und die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen geprüft. Gegenstand der Prüfung nach Satz 2 sollen auch ernsthaft in Betracht kommende Standort- oder Trassenalternativen sein.

(2) Der Träger der raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme legt der für Raumordnung zuständigen Landesbehörde die Verfahrensunterlagen vor, die notwendig sind, um eine Bewertung der raumbedeutsamen Auswirkungen des Vorhabens zu ermöglichen. Die Verfahrensunterlagen sollen in einem verkehrsüblichen elektronischen Format eingereicht werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen der Verteidigung entscheidet das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm bestimmte Stelle, bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen des Zivilschutzes die zuständige Stelle über Art und Umfang der Angaben für die Planung oder Maßnahme.

(3) Die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen und die Öffentlichkeit sind zu beteiligen. Die Verfahrensunterlagen sind für die Dauer von mindestens einem Monat im Internet zu veröffentlichen. Der Träger der raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme hat Anspruch darauf, dass seine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von der Behörde nicht unbefugt offenbart werden. Ort und Dauer der Veröffentlichung sind mindestens eine Woche vor Beginn der Veröffentlichung öffentlich bekannt zu machen; dabei ist unter Angabe einer angemessenen Frist, die zumindest der Veröffentlichungsfrist entspricht, darauf hinzuweisen, dass Stellungnahmen abgegeben werden können und bei der Abgabe elektronische Informationstechnologien genutzt werden sollen. In der Bekanntmachung nach Satz 4 ist darauf hinzuweisen, dass und wo die Veröffentlichung im Internet nach Satz 2 erfolgt. Als zusätzliches Informationsangebot nach Satz 2 sind zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch Versendung oder öffentlich zugängliche Lesegeräte, zur Verfügung zu stellen, soweit dies nach Feststellung der nach Absatz 2 Satz 1 zuständigen Behörde angemessen und zumutbar ist. Auf diese Zugangsmöglichkeiten ist in der Bekanntmachung nach Satz 4 hinzuweisen. § 9 Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die erhebliche Auswirkungen auf Nachbarstaaten haben können, erfolgt die Beteiligung der betroffenen Nachbarstaaten im Raumordnungsverfahren nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 3 erfolgt die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang die Öffentlichkeit einbezogen wird, im Einvernehmen mit den dort genannten Stellen.

(4) Das Raumordnungsverfahren ist nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen innerhalb einer Frist von sechs Monaten abzuschließen. Hält der Vorhabenträger nach Abschluss des Raumordnungsverfahrens an der Realisierung der raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme nach Absatz 1 Satz 1 fest, soll er zeitnah die Durchführung des hierfür erforderlichen Zulassungsverfahrens oder, sofern dies gesetzlich vorgesehen ist, des Verfahrens zur Bestimmung der Planung und Linienführung beantragen. Die nach Absatz 2 Satz 1 zuständige Behörde soll der Zulassungsbehörde die Verfahrensunterlagen, die Gegenstand des Raumordnungsverfahrens waren, unverzüglich nach der Antragstellung des Vorhabenträgers in einem verkehrsüblichen elektronischen Format übermitteln. Im Zulassungsverfahren soll die Prüfung auf Belange beschränkt werden, die nicht Gegenstand des Raumordnungsverfahrens waren. Wird das Vorhaben abschnittsweise zugelassen, können das Raumordnungsverfahren sowie das Zulassungsverfahren oder, sofern dies gesetzlich vorgesehen ist, das Verfahren zur Bestimmung der Planung und Linienführung insoweit aufeinander abgestimmt werden.

(5) Der Träger einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme kann die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens bei der für Raumordnung zuständigen Landesbehörde beantragen. Stellt der Träger der raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme keinen Antrag, zeigt er dies der für Raumordnung zuständigen Landesbehörde unter Beifügung der für die Raumverträglichkeitsprüfung erforderlichen Unterlagen vor Einleitung eines Zulassungsverfahrens oder, sofern dies gesetzlich vorgesehen ist, eines Verfahrens zur Bestimmung der Planung und Linienführung an. In diesem Fall soll die für Raumordnung zuständige Landesbehörde ein Raumordnungsverfahren einleiten, wenn sie befürchtet, dass die Planung oder Maßnahme im Hinblick auf die in Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz genannten Kriterien zu raumbedeutsamen Konflikten führen wird. Die für Raumordnung zuständige Landesbehörde teilt ihre Entscheidung dem Träger der raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme innerhalb von vier Wochen nach dessen Anzeige gemäß Satz 2 mit. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen des Bundes, von anderen öffentlichen Stellen, die im Auftrag des Bundes tätig sind, sowie von Personen des Privatrechts nach § 5 Absatz 1 trifft die für Raumordnung zuständige Landesbehörde die Entscheidung nach Satz 4 im Benehmen mit dieser Stelle oder Person.

(6) Für die Länder Berlin, Bremen und Hamburg gilt Absatz 1 Satz 1 nicht. Schaffen diese Länder allein oder gemeinsam mit anderen Ländern Rechtsgrundlagen für Raumordnungsverfahren, finden die Absätze 1 bis 5 Anwendung.

(7) Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens kann nur im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die nachfolgende Zulassungsentscheidung überprüft werden.

(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.

(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:

1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken,
2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS),
3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen,
4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung,
5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe,
6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
Für die in Satz 1 Nummer 1 bis 6 genannten Einzelmaßnahmen ist keine weitere baurechtliche Zulassung erforderlich; landesrechtliche Regelungen bleiben unberührt. Werden durch das Vorhaben private oder öffentliche Belange einschließlich der Belange der Umwelt berührt, kann der Träger des Vorhabens die Feststellung des Planes nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Ungeachtet dessen hat sich der Träger des Vorhabens vor Durchführung einer Einzelmaßnahme im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 und 2 durch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vor der Durchführung bestätigen zu lassen, dass keine militärischen Belange entgegenstehen. Kann für das Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen, hat der Träger des Vorhabens bei der Planfeststellungsbehörde den Antrag nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu stellen. Satz 1 Nummer 1 und 2 ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass Vorgaben über die Errichtung und über wesentliche Änderungen von Anlagen eingehalten sind, die in einer elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder betreffenden und auf Grund von § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 48b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 erlassenen Rechtsverordnung enthalten sind.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder öffentlich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 17 bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Vorhabenträger zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 18e Absatz 1, ist § 18e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.

(1) Treffen mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, derart zusammen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist, und ist mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich geregelt, so findet für diese Vorhaben oder für deren Teile nur ein Planfeststellungsverfahren statt.

(2) Zuständigkeiten und Verfahren richten sich nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren, das für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, so entscheidet, falls nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften mehrere Bundesbehörden in den Geschäftsbereichen mehrerer oberster Bundesbehörden zuständig sind, die Bundesregierung, sonst die zuständige oberste Bundesbehörde. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, und sind nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften eine Bundesbehörde und eine Landesbehörde zuständig, so führen, falls sich die obersten Bundes- und Landesbehörden nicht einigen, die Bundesregierung und die Landesregierung das Einvernehmen darüber herbei, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

III.

Der Streitwert wird auf 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Plangenehmigung der Regierung von Oberfranken vom 26. November 2014 zur Errichtung von zwei Brückenbauwerken im Zuge der Staatsstraße ... „S.-Landesgrenze“ (Ortsumgehung E.) und die Untersagung weiterer Baumaßnahmen in diesem Bereich.

Im Zuge des Neubaus der Ortsumgehung E. war die zum damaligen Zeitpunkt stillgelegte Bahnstrecke S./P.-... an zwei Stellen unterbrochen worden. Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberfranken vom 30. August 2002 sah insoweit für einen später eventuell wieder aufzunehmenden Bahnbetrieb die Errichtung der dann erforderlichen, in den Plänen bereits optional dargestellten Brückenbauwerke (Brücke über die Bahnlinie am B...weg und Eisenbahnbrücke über die St ... im Bereich des Einschnitts) durch den Straßenbaulastträger vor. Nachdem die Verkehrsminister der Tschechischen Republik und des Freistaats Bayern die Reaktivierung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs zwischen H.-.../P./E. beschlossen hatten, erteilte die Regierung von Oberfranken nach Durchführung eines Plangenehmigungsverfahrens am 26. November 2014 die Plangenehmigung für die Errichtung der beiden Brückenbauwerke und ordnete den Sofortvollzug an. Die Reaktivierung der Eisenbahnstrecke wurde durch das Eisenbahnbundesamt mit sofort vollziehbar erklärtem Planfeststellungsbeschluss vom 19. Juni 2015 festgestellt.

An der Bahnstrecke, auf der ab dem 13. Dezember 2015 (Fahrplanwechsel) der planmäßige Verkehr aufgenommen werden soll, sowie an den Brückenbauwerken, werden bereits Bauarbeiten durchgeführt.

Die Antragsteller haben gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamts Anfechtungsklagen zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erhoben, über die noch nicht entschieden ist (Az. 22 A 15.40023 und 22 A 15.40025). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses des Eisenbahnbundesamts vom 19. Juni 2015 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. August 2015 (Az. 22 AS 15.40024, 22 AS 15.40026) aufgehoben, im Übrigen sind die Anträge der Antragsteller in diesen Verfahren abgelehnt worden. Mit Bescheid vom 31. August 2015 hat das Eisenbahn-Bundesamt eine neue Anordnung des Sofortvollzugs erlassen.

Gegen die Plangenehmigung der Regierung von Oberfranken vom 26. November 2014 haben die Antragsteller Klage erhoben, über die das Verwaltungsgericht Bayreuth noch nicht entschieden hat. Den Antrag, die aufschiebende Wirkung dieser Klage wiederherzustellen, hilfsweise die sofortige Vollziehung des Plangenehmigungsbeschlusses aufzuheben, dem Antragsgegner aufzugeben, die Bauarbeiten zur Errichtung der beiden Brückenbauwerke einzustellen und weitere Maßnahmen zur Ausführung des plangenehmigten Vorhabens zu unterlassen, und ihm bis zur endgültigen Entscheidung über den Eilantrag die weitere Bauausführung zu untersagen, hat das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 4. August 2015 abgelehnt. Hier

gegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht dargelegten Beschwerdegründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage und Untersagung weiterer Baumaßnahmen zu Recht abgelehnt, weil es an der erforderlichen Antragsbefugnis der Antragsteller entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO fehlt.

Die nicht grundstücksbetroffenen Antragsteller rügen einen Verstoß gegen § 78 VwVfG, weil nach ihrer Rechtsauffassung für die beiden Brückenbauwerke kein isoliertes Plangenehmigungsverfahren hätte durchgeführt werden dürfen, sondern diese als notwendiger Teil der Strecke im eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren hätten mitbehandelt werden müssen. Soweit in der Beschwerdebegründung die aufgeführte Norm als „Art.“ bezeichnet ist, handelt es sich offensichtlich um ein Schreibversehen, da eine Berufung auf die landesrechtliche Vorschrift des Art. 78 BayVwVfG hier schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil sich die von den Antragstellern angenommene (im Beschluss des BayVGHvom 27. August 2015 - 22 AS 15.40024, 22 AS 15.40026 - allerdings in Zweifel gezogene) Planfeststellungspflicht der Wiederinbetriebnahme der Eisenbahnlinie nach den bundesrechtlich geregelten Bestimmungen des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (§§ 18 ff. AEG) richtet. Dessen ungeachtet ist das Vorbringen in der Beschwerdebegründung nicht geeignet, eine mögliche Rechtsverletzung der Antragsteller zu begründen.

Wie die Antragsteller selbst einräumen, kann ein Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens die Befugnis zur Anfechtung der getroffenen Verwaltungsentscheidung grundsätzlich nicht allein aus der Verletzung der ihn betreffenden Verfahrensvorschriften herleiten; etwas anderes gilt nur dann, wenn diese Vorschriften den Betroffenen in spezifischer Weise und unabhängig vom materiellen Recht eine eigene, selbstständig durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtsposition gewähren wollen. Ob die Verwaltungsvorschrift mit einer eigenen Schutzfunktion zugunsten einzelner ausgestattet ist, richtet sich nach deren Zielrichtung und Schutzzweck. Aus ihrem Regelungsgehalt muss sich ergeben, dass der Begünstigte unter Berufung allein auf einen ihn betreffenden Verfahrensmangel, also ohne Rücksicht auf das Entscheidungsergebnis in der Sache, die Aufhebung bzw. den Erlass einer verfahrensrechtlich gebotenen behördlichen Entscheidung gerichtlich durchsetzen können soll (st. Rspr., vgl. zuletzt BVerwG, B. v. 4.4.2012 - 9 B 95/11 - juris Rn. 7 m. w. N.; BayVGH, U. v. 9.8.2012 - 8 A 11.40036 - juris Rn. 25).

Danach können sich die Antragsteller nicht darauf berufen, dass für die Reaktivierung des Teilabschnitts A...-.../P.-... der Eisenbahnstrecke 5027 und für die Errichtung der beiden Brückenbauwerke, die Gegenstand der streitbefangenen Plangenehmigung vom 26. November 2014 sind, nur ein Planfeststellungsverfahren gemäß § 78 Abs. 1 VwVfG hätte durchgeführt werden dürfen. Nach dieser Vorschrift findet für mehrere selbstständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren (davon für mindestens eines bundesgesetzlich) vorgeschrieben sind, nur ein Planfeststellungsverfahren statt, wenn für diese Vorhaben nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist. Ungeachtet der Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung hier vorliegen, erweist sich die angefochtene Entscheidung als zutreffend. Denn durch § 78 Abs. 1 VwVfG wird dem vorhabenbetroffenen Dritten keine selbstständig durchsetzbare Verfahrensposition eingeräumt. Vielmehr werden hierdurch ausschließlich die Zuständigkeit und das Verfahrensrecht geregelt, wenn mehrere Vorhaben zusammentreffen. Die Frage, inwieweit subjektive Rechte Dritter berührt sind, wird dagegen ausschließlich nach dem materiellen Recht entschieden und hängt nicht davon ab, ob über die Zulassung des Vorhabens in einer gesonderten Planfeststellung oder gemeinsam mit anderen Vorhaben in einem einheitlichen Planfeststellungsverfahren entschieden wird (BVerwG, U. v. 26.4.2007 - 4 C 12/05 - BVerwGE 128, 358 Rn. 28).

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Antragsteller geltend machen, in dem Verfahren gegen den eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluss vom 19. Juni 2015 keine Einwendungen gegen die beiden Brückenbauwerke vorbringen zu können. Denn die Antragsteller haben nicht einmal ansatzweise dargetan, in welcher Rechtsposition sie durch die Zulassung der Brückenbauwerke betroffen sein könnten. Wie sie selbst einräumen, werden sie hierdurch in ihrem Grundeigentum nicht betroffen, vielmehr werden die beiden Bauwerke in einer Entfernung von etwa 400 m bzw. knapp 600 m zu den in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken errichtet. Aber auch eine mittelbare Betroffenheit der Antragsteller in sonstigen Rechtspositionen ist im Hinblick auf die Brückenbauwerke nicht ersichtlich. Die von ihnen geltend gemachten Beeinträchtigungen zielen vielmehr ausschließlich auf die Wiederaufnahme der Bahnstrecke, insbesondere auf die hierdurch hervorgerufene Lärmbelastung. Diese können sie jedoch, wie auch geschehen, im Verfahren gegen den eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluss geltend machen. Eine Beeinträchtigung durch die Brückenbauwerke wird dagegen von ihnen selbst nicht behauptet. Ein Rechtsverlust der Antragsteller durch die getrennt geführten Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahren des Eisenbahnbundesamts bzw. der Regierung von Oberfranken ist daher nicht erkennbar.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Standort der beiden Brückenbauwerke durch den Verlauf der reaktivierten Bahnstrecke vorgegeben ist. Denn ihre Errichtung ist zwar Voraussetzung für die geplante erneute Inbetriebnahme der Bahnlinie; ob die - ausschließlich - hiergegen erhobenen Einwendungen der Antragsteller durchgreifen, bleibt aber der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses in dem bereits beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren vorbehalten.

Nachdem der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bereits wegen der fehlenden Antragsbefugnis der Antragsteller unzulässig ist, sind Ausführungen zu den formellen und materiellen Voraussetzungen der Anordnung des Sofortvollzugs nicht mehr veranlasst.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO.

3. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffer 34.2.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird der Streitwert gegenüber der Hauptsache halbiert (Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Treffen mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, derart zusammen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist, und ist mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich geregelt, so findet für diese Vorhaben oder für deren Teile nur ein Planfeststellungsverfahren statt.

(2) Zuständigkeiten und Verfahren richten sich nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren, das für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, so entscheidet, falls nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften mehrere Bundesbehörden in den Geschäftsbereichen mehrerer oberster Bundesbehörden zuständig sind, die Bundesregierung, sonst die zuständige oberste Bundesbehörde. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, und sind nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften eine Bundesbehörde und eine Landesbehörde zuständig, so führen, falls sich die obersten Bundes- und Landesbehörden nicht einigen, die Bundesregierung und die Landesregierung das Einvernehmen darüber herbei, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 22 A 15.40025

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 9. Dezember 2015

22. Senat

Sachgebietsschlüssel: 480

Hauptpunkte:

Eisenbahnrechtliche Planfeststellung;

Wiederinbetriebnahme einer stillgelegten Bahnstrecke nach Tschechien;

Fehlen einer Freistellung von Bahnbetriebszwecken;

durch Planfeststellungsbeschluss zugelassene Baumaßnahmen an der Bahnstrecke;

Nachholung von Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen;

Planrechtfertigung bei Vorhaben mit Auslandsbezug;

Klage Drittbetroffener wegen betriebsbedingter Lärm- und Erschütterungsimmissionen;

rechtliche Vorbelastung der Anliegergrundstücke;

unterbliebene Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Feststellung der UVP-Pflicht des Vorhabens;

keine Beeinflussung der Sachentscheidung durch diesen Verfahrensfehler.

Rechtsquellen:

Leitsatz:

In den Verwaltungsstreitsachen

...

gegen

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch: Eisenbahn-Bundesamt, Außenstelle Nürnberg, Eilgutstr. 2, 90443 Nürnberg,

- Beklagte -

beigeladen: ...

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beteiligt: Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen eisenbahnrechtlicher Planfeststellung;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Demling, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. Dezember 2015 am 9. Dezember 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich als Grundstücksnachbarn der eingleisigen Bahnstrecke 5027 (DB-Grenze - Selb-Plößberg - Oberkotzau) gegen einen Planfeststellungsbeschluss (im Folgenden: PFB) des Eisenbahnbundesamts (im Folgenden: EBA) vom 19. Juni 2015, mit dem zugunsten der Beigeladenen der Plan für die „Reaktivierung des Teilabschnitts Asch - DB Grenze - Selb-Plößberg“ der Eisenbahnstrecke 5027 festgestellt worden ist.

Dem Planfeststellungsbeschluss ist zur Begründung des Vorhabens zu entnehmen, die Strecke sei im planfestgestellten Abschnitt seit dem 26. Juli 1996 stillgelegt gewesen und werde reaktiviert, um wieder eine direkte Verbindung im Schienenpersonennahverkehr mit Regionalzügen zwischen Hof und Eger (Cheb) zu ermöglichen (PFB S. 8 f.). Der Oberbau der Bahnstrecke (Schienen, Schwellen, Schotter) sei teils über 80 Jahre alt, in Folge der Betriebsunterbrechung von Vegetation überwuchert und im Rahmen nicht genehmigungspflichtiger Unterhaltungsmaßnahmen erneuerungsbedürftig. Vier Bahnübergänge würden mit neuen Sicherungsanlagen ertüchtigt, vier weitere aufgelassen, eine Eisenbahnüberführung erneuert und der Bahnhof in Selb-Plößberg umgestaltet (PFB S. 19 f.). Die Einwendungen der Kläger (Einwender Nr. 6) wurden zurückgewiesen (PFB S. 118 ff.).

Die Kläger sind Miteigentümer je zur Hälfte des Grundstücks FlNr. ... der Gemarkung S...-... im Ortsteil Erkersreuth. Es grenzt unmittelbar an die im Eigentum der Beigeladenen stehende Bahnstrecke an und ist im Bereich ca. von Bahnkm ...,... bis ...,... mit drei Mehrfamilienhäusern als Mietobjekten bebaut. Im hierzu ergangenen Baugenehmigungsbescheid vom 5. Juni 1992 ist u. a. die Nebenbestimmung Nr. 13 enthalten: „Evtl. Einwirkungen aus dem benachbarten Eisenbahnbetrieb sind durch den Bauherrn entschädigungslos zu dulden.“

Die Kläger haben Klage zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erhoben und machen eine Betroffenheit durch Lärm und Erschütterungen aus dem künftigen Betrieb der Bahnstrecke geltend. Sie könnten wegen der künftigen Lärmimmissionen die Wohnungen in ihren Mehrfamilienhäusern nicht mehr vermieten und verlören ihre Altersvorsorge. Sie rügen auch u. a. das Fehlen der Planrechtfertigung, die getrennte Planfeststellung der eisenbahntechnischen Anlagen einerseits und der Straßenquerung über die Staatsstraße St 2179 andererseits sowie Fehler des UVP-Verfahrens. Die Kläger beantragen:

I.

Der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamts vom 19. Juni 2015 wird aufgehoben.

II.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, nach Rechtsauffassung des Gerichts über das Begehren der Kläger auf aktiven Lärmschutz erneut zu entscheiden.

III.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, nach Rechtsauffassung des Gerichts über das Begehren der Kläger auf passiven Lärmschutz erneut zu entscheiden.

IV.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, die Kläger angemessen zu entschädigen.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen die Klageabweisung.

Sie machen im Wesentlichen geltend, es handele sich nur um die Wiederinbetriebnahme einer stillgelegten Strecke, nicht um deren Neubau, so dass nur einzelne Maßnahmen planfeststellungsbedürftig und planfestgestellt seien, nicht aber die Wiederherstellung der tatsächlichen Befahrbarkeit des Bahngleises als solche. Die durchgehende rechtliche Befahrbarkeit der Strecke sei als Vorbelastung der benachbarten Grundstücke zu werten. Unzumutbare Beeinträchtigungen durch Lärm und Erschütterungen seien nicht zu befürchten.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses beteiligt sich ohne Antragstellung am Verfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten auch der Eilverfahren (Az. 22 AS 15.40026 und 22 AS 15.40039) und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Anfechtungsklage ist im Hauptantrag unbegründet, weil der angefochtene Planfeststellungsbeschluss vom 19. Juni 2015 im Zeitpunkt seines Erlasses als maßgeblichem Zeitpunkt für die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit keine rechtserheblichen Fehler aufweist, auf die sich die Kläger berufen können (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Verfahrensschritte der Umweltverträglichkeitsprüfung (im Folgenden: UVP) wurden ohne solche Fehler durchgeführt, die zu einem Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bzw. zur Feststellung von dessen Nichtvollziehbarkeit führen könnten.

a) Das vom EBA eingeräumte (Niederschrift vom 3.12.2015 S. 5) Unterbleiben der Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Feststellung der UVP-Pflicht des Vorhabens nach § 9 Abs. 1a Nr. 2 UVPG ist nach § 46 VwVfG unbeachtlich, da dieser Verfahrensfehler nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

aa) Offen bleiben kann, ob sich hier aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 UmwRG i. d. F. des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2069) Rechtsfolgen ergeben. Jedenfalls ist die neuere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Kausalitätserfordernis bei Verfahrensfehlern im Zuge einer UVP anzuwenden (vgl. EuGH, U. v. 7.11.2013 - C-72/12 - NVwZ 2014, 49/52 f. Rn. 49 ff.; dazu BT-Drs. 18/5927 S. 9 f.; EuGH, U. v. 15.10.2015 - C-137/14 - Rn. 60, 62 f., 67). Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts ist bezogen bereits auf den hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt zu beachten. Danach darf dem Rechtsbehelfsführer die Einlegung von Rechtsbehelfen im Sinne von Art. 11 RL 2011/92/EU nicht dadurch übermäßig erschwert werden, dass ihm als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit die Beweislast für das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem von ihm geltend gemachten Verfahrensfehler und dem Ergebnis der Verwaltungsentscheidung aufgebürdet wird. Seine Rechtsverletzung kann nur verneint werden, wenn das Gericht, ohne ihm in irgendeiner Form die Beweislast aufzubürden, zur Feststellung in der Lage ist, dass die angegriffene Entscheidung ohne den vom Rechtsbehelfsführer geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre (vgl. EuGH, U. v. 15.10.2015 - C-137/14 - Rn. 55 f., 60).

Die vom EBA für erforderlich gehaltene UVP hat zwar mit einer Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 UVPG stattgefunden, denn die Planunterlagen des Vorhabens haben ausweislich der Behördenakten des EBA ausgelegen und konnten von der Öffentlichkeit eingesehen werden (§ 18 Satz 3, § 18a AEG i. V. m. § 73 Abs. 3 bis Abs. 5 VwVfG). Allerdings wurde die Öffentlichkeit in der Bekanntmachung zur Auslegung (RvOfr., Schreiben vom 11.7.2014 mit Bekanntmachungsmuster, Verfahrensakte unter 6. sowie Stadt Selb, Bekanntmachungsbestätigung vom 17.7.2014, weitere Verfahrensakte unnummeriert) nicht auch - wie entsprechend Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl EU Nr. L 26 S. 1) in § 9 Abs. 1a Nr. 2 UVPG vorgeschrieben - über die Feststellung der UVP-Pflicht des Vorhabens nach § 3a UVPG unterrichtet. Durch Einsicht in die Planunterlagen konnte sie zwar die vom Vorhabensträger beigefügten Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG und die Verneinung der UVP-Pflicht durch den Vorhabensträger erkennen, aber nicht die hiervon abweichende Feststellung durch das EBA nach § 3a Satz 1 UVPG.

Dieser Mangel ist nicht durch eine erneute Bekanntmachung und Auslegung geheilt worden. Allerdings ist er seiner Art und Schwere nach auch nicht mit den Fällen des Unterbleibens einer erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung vergleichbar. Insbesondere ist der Öffentlichkeit nicht die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen worden, denn die Bekanntmachung hatte Anstoßwirkung und die Öffentlichkeit hat die zur Einsicht auszulegenden Unterlagen einsehen können (insbesondere auch den landschaftspflegerischen Begleitplan mit den dort dargestellten Umweltbelangen) und wurde dadurch umfassend über das Planvorhaben informiert. Zudem wurden die Naturschutzverbände direkt und gesondert auf die Auslegung hingewiesen (vgl. dazu auch § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG i. d. F. des Gesetzes vom 20.11.2015, BGBl. I S. 2069).

Für den Verfahrensfehler der - nur unter dem Gesichtspunkt der UVP - nicht vollständigen Bekanntmachung gilt daher § 46 VwVfG (vgl. dazu auch § 4 Abs. 1a UmwRG i. d. F. des Gesetzes vom 20.11.2015, BGBl. I S. 2069). Danach ist ein Verfahrensfehler unbeachtlich, wenn er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Eine solche Beeinflussung wird im Einklang mit europäischen Rechtsgrundsätzen (Verbot der Beweislastverlagerung auf den Rechtsbehelfsführer) vermutet, wenn sich durch das Gericht nicht aufklären lässt, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat. Eine solche Aufklärung ist hier aber möglich.

Hier stellt der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung der gesamten behördlichen und gerichtlichen Verfahrensakten und nach Einvernahme der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung hierzu (Niederschrift vom 3.12.2015 S. 5-7) fest, dass eine Beeinflussung auszuschließen ist. Denn die Kläger hatten die Möglichkeit und nutzten sie auch, umfassend zur Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung und zu den UVP-Schutzgütern Einwendungen zu erheben (Einwendungsschriftsätze des Klägerbevollmächtigten vom 3.9.2014 für die Kläger, Verfahrensakte unnummeriert, S. 8 ff., S. 23 ff., S. 39) und diese im Erörterungstermin zur Sprache zu bringen (RvOfr., Niederschrift über den Erörterungstermin vom 16.1.2015, Verfahrensakte unter 3, S. 37 ff., S. 43: „Ich bin der Meinung, es hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen…“; S. 44: „Erst mal zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Auf tschechischem Gebiet befindet sich ein Landschaftsschutzgebiet“; S. 45: „Gerade die Einwender…[u. a. Name der Kläger] werden ja ganz massiv durch Lärm betroffen, weil sie nur fünf bis zehn Meter von der Bahnstrecke entfernt wohnen“; S. 53-59). Auf diese Einwendungen ist das EBA im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss ausführlich eingegangen (PFB S. 14 ff.: Schutzgüter Mensch, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, Kultur- und Sachgüter, Wechselwirkungen unter den Schutzgütern; S. 68 ff.: Einwendungen der Kläger als „Einwender Nr. 6“; S. 71: u. a. Rüge einer fehlenden UVP, von Erschütterungen und Lärmbelastungen für die benachbarte Wohnbebauung und damit für das Schutzgut Mensch).

Weitere Einwendungen, welche die Kläger bei vorschriftsmäßiger Bekanntmachung zu Beginn des Beteiligungsverfahrens noch hätten erheben können, haben die Kläger auch auf gerichtliche Nachfrage hin nicht mehr benennen können (Niederschrift vom 3.12.2015 S. 6 f.). Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung einwandten, im Falle eines ordnungsgemäßen Hinweises auf die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung noch näher zu Konflikten im Bereich des Ortsteils Erkersreuth hätten vortragen zu können, was ihnen durch den Verfahrensfehler abgeschnitten worden sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Angesichts des o.g. umfassenden Vortrags der Kläger im Einwendungsverfahren ist nicht ersichtlich, was sie darüber hinaus noch hätten geltend machen wollen und können. Soweit sich die Kläger auf ein auf tschechischer Seite liegendes Landschaftsschutzgebiet berufen, hatten sie dieses bereits in ihren Einwendungen geltend gemacht und ist nicht ersichtlich, dass sie darüber hinaus noch irgendetwas über jenseits der Staatsgrenze liegende ortsgebundene Schutzgüter hätten aussagen können oder wollen, geschweige denn über deren Beeinträchtigung durch das strittige Vorhaben.

Auch wenn nicht nur auf die Kläger, sondern auf die Öffentlichkeit insgesamt abzustellen wäre, würde sich kein anderes Bild ergeben, weil auch im Nachhinein kein Umweltbelang erkennbar geworden ist, der nicht ohnehin zur Sprache gekommen und umfassend gewürdigt worden ist. Auch die Umweltverbände haben insofern nichts vorgetragen. Unter diesen Umständen steht nach Überzeugung des Gerichts im Sinne von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO fest, dass eine Beeinflussung der Sachentscheidung durch den Verfahrensfehler ausgeschlossen ist.

b) Das Vorhaben bedurfte keiner grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP).

Eine grenzüberschreitende Behörden- oder Öffentlichkeitsbeteiligung ist nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 9a Abs. 1 Satz 1 UVPG nicht erforderlich gewesen. Sie wäre nur geboten, wenn das Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG genannten Schutzgüter in einem anderen Staat haben könnte, was das EBA nachvollziehbar verneint hat (PFB S. 84 ff.), da sich der Planfeststellungsbeschluss allein auf Baumaßnahmen auf deutscher Seite beschränkt, von denen erhebliche grenzüberschreitende Auswirkungen nicht zu erwarten sind. Diese Einschätzung des EBA ist nicht zu beanstanden. Auch die Kläger haben keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass derartige Auswirkungen vorliegen könnten. Dies gilt auch für das von den Klägern angesprochene „Landschaftsschutzgebiet“ auf tschechischer Seite.

Auswirkungen des streckengebundenen Vorhabens, die beim - nicht vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss erfassten und damit hier auch nicht streitgegenständlichen - Wiederinbetriebnahmevorhaben auf tschechischer Seite entstehen könnten, sind dem dortigen Projekt zuzurechnen, nicht den Baumaßnahmen auf deutscher Seite.

2. Die Planrechtfertigung des Vorhabens „Reaktivierung des Teilabschnitts Asch (DB Grenze) - Selb-Plößberg der Eisenbahnstrecke 5027“ liegt vor.

Das rechtliche Erfordernis einer Planrechtfertigung ergibt sich aus der Erwägung, dass eine hoheitliche Planung wegen der von ihr ausgehenden Auswirkungen auf die Rechte Dritter ihre Rechtfertigung nicht schon in sich trägt. Die Planrechtfertigung dient damit dem Zweck, nicht mit den Zielen des jeweiligen Fachplanungsrechts im Einklang stehende Vorhaben bereits auf einer der Abwägung vorgelagerten und der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Stufe auszuscheiden. Sie stellt eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit dar. Eine eisenbahnrechtliche Planung ist rechtfertigungsbedürftig und hat nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz nur Bestand, wenn sie gemessen an den Zielen des Fachplanungsgesetzes erforderlich, d. h. vernünftigerweise geboten ist (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 27.11.2012 - 22 A 09.40034 - Rn. 21, 25 ff. m. w. N.). Hier liegen die Voraussetzungen einer derartigen Planrechtfertigung vor, denn das EBA weist zutreffend darauf hin (PFB S. 19 f., 87 ff.), dass die Ertüchtigung der Bahnstrecke zur Wiederaufnahme des Schienenpersonennahverkehrs mit Regionalzügen zwischen Hof und Eger (Cheb) erforderlich ist. Dies dient der Gewährleistung eines attraktiven Verkehrsangebots auf der Schiene im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG (vgl. BayVGH, U. v. 27.11.2012 - 22 A 09.40034 - Rn. 27 m. w. N.).

a) Die Einwände der Kläger gegen die Prognosen des künftigen Fahrgastverkehrs, diese rechtfertigten die Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke nicht, denn sie stammten aus dem Jahr 2010, seien überholt und beruhten auf falschen oder falsch interpretierten Daten, greifen nicht durch. Dies gilt auch für den Einwand, dort sei ein Ein-Stunden-Takt mit zwölf Zugfahrten täglich angenommen worden, tatsächlich sei aber mit der tschechischen Seite nur ein Zwei-Stunden-Takt vereinbart worden, was die Zahl der beförderten Personen weit unter die für eine Finanzierungsbeteiligung des Bundes nötige Zahl von 1.000 Personen täglich absenke; zudem sei der regionale Bevölkerungsrückgang nicht berücksichtigt worden.

Diese Rügen greifen nicht durch. Erstens ist das künftige Fahrgastaufkommen zwar eine wesentliche Bezugsgröße für die Planrechtfertigung. Maßgeblich ist insofern aber angesichts des von der Beigeladenen vorgelegten und auf eine Bedienung mit zunächst neun und später zwölf umsteigefreien Zugfahrten je Richtung angelegten Betriebskonzepts (Stand: 10.8.2015) die Prognose bezogen auf das Jahr 2025. Die verdichtete Bedienung der Strecke gerade in den Hauptverkehrszeiten und ihre stündliche Bedienung in den Nachmittags- und Abendstunden ist in nachvollziehbarer Weise als wesentlicher Attraktivitätsfaktor für einen Umstieg vom Straßen- auf den Schienenverkehr für Pendler berücksichtigt worden. Eine intensivere gerichtliche Prüfung ist insofern nicht möglich, denn verkehrspolitische Leitentscheidungen liegen auf einer der individuellen Betroffenheit vorgelagerten Ebene. Bei derart übergreifenden, von vielen politischen und wirtschaftlichen Faktoren bestimmten und auf lange Frist ausgerichteten Entscheidungen mit notwendig hohem prognostischem Gehalt stößt die gerichtliche Kontrolle unabhängig von der Rechtsform der Entscheidung an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung (vgl. BVerfG, B. v. 8.6.1998 - 1 BvR 650/97 u. a.- NVwZ 1998, 1060/1061 m. w. N.). Daher kann die Prognose hier nur auf methodische Fehler hin überprüft werden. Allerdings sind vorliegend die erstellten Prognosen methodisch nicht substantiiert in Frage gestellt. Ein Gutachten ist unverwertbar, wenn es unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist, wenn es auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruht, wenn Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Sachverständigen bestehen, wenn ein anderer Sachverständiger über neuere oder überlegene Forschungsmittel verfügt oder wenn die Erkenntnisse, die in dem vorliegenden Gutachten ihren Niederschlag gefunden haben, durch substantiierte Einwände eines Beteiligten oder durch die übrige Ermittlungstätigkeit des Gerichts ernsthaft in Frage gestellt erscheinen (vgl. BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 ff., juris Rn. 33). Das ist hier nicht der Fall, insbesondere sind - wie ausgeführt - für den Prognosehorizont 2025 die bis dahin geplanten Zugtakte zugrunde gelegt und ist auch der prognostizierte Bevölkerungsrückgang berücksichtigt worden (vgl. Fahrgastpotentialabschätzung, Vorstellung der Untersuchungsergebnisse vom 27.7.2010, S. 13 f., 16).

Zweitens tragen hier auch grenzüberschreitende politische Zielvorstellungen das Vorhaben in der Planrechtfertigung wesentlich mit. Bei einem - hier gegebenen -Auslandsbezug sind die diesbezüglich im Inland eintretenden positiven Folgen des Vorhabens zu berücksichtigen, wozu auch gehört, dass das Vorhaben im benachbarten Ausland als Bekenntnis zuguter Nachbarschaft in Europa verstanden wird (vgl. BVerwG, U. v. 24.10.2002 - 4 C 7/01 - BVerwGE 117, 138/141 f.; BayVGH, B. v. 25.8.1995 - 22 CS 95.2269 - BayVBl. 1996, 146/147). Dies ist hier der Fall, denn mit der Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke werden regionalplanerische Zielvorstellungen einer engeren grenzüberschreitenden Verkehrsanbindung auch auf der Schiene verfolgt, deren erfolgreiche Verwirklichung nach den zugrunde gelegten Prognosen überwiegend wahrscheinlich und durch die Rügen der Kläger nicht erschüttert ist. Das ausländische Interesse am Betrieb der Bahnstrecke zeigen sowohl die vom Bundesministerium für Verkehr aufgestellten Forderungen vor der Betriebsstilllegung (BMV, Schreiben vom 19.6.1996, Anlage zum Bescheid vom 26.7.1996) als auch das Memorandum of Understanding vom April 2012 sowie die Ergebnisse der länderübergreifenden Arbeitsgruppe. Auf die Motive, die das Interesse des Nachbarstaats hierbei bestimmen mögen, kommt es entgegen der Auffassung der Kläger nicht an. Dass eine Bahnverbindung einer Busverbindung vorgezogen wird, lässt sich jedenfalls sachlich rechtfertigen (Kapazitäts-, Komfort- und Umweltschutzgründe).

b) Soweit die Kläger weiter rügen, das Vorhaben scheitere an fehlenden Finanzmitteln, ist nicht ersichtlich, dass dies der Fall wäre, da ein Großteil der Baumaßnahmen bereits verwirklicht worden ist und fehlende Finanzmittel dem Vorhaben offensichtlich nicht entgegenstehen (vgl. BayVGH, B. v. 27.8.2015 - 22 AS 15.40024 u. a.).

3. Dem Planfeststellungsbeschluss haften keine rechtserheblichen Abwägungsfehler bei der Bestimmung seines Gegenstands an.

a) Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses sind nur die in ihm ausdrücklich zugelassenen Baumaßnahmen, nicht aber der gesamte zu reaktivierende Teilabschnitt. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses nach Wortlaut, Geschichte, Systematik und Zweck.

Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass die Bezeichnung des Vorhabens vom Wortlaut her anzudeuten scheint, der gesamte zu reaktivierende Teilabschnitt sei Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses (u. a. „Reaktivierung des Teilabschnitts Asch (DB Grenze) - Selb-Plößberg der Eisenbahnstrecke 5027 (DB-Grenze) - Selb-Plößberg - Oberkotzau“). Weitere Anhaltspunkte wie durchgehende Streckenpläne mit einzeln eingetragenen Baumaßnahmen als Teil der Planunterlagen sowie die Abgrenzung des Baurechtsabschnitts im Erläuterungsbericht (Erläuterungsbericht S. 4) scheinen dies zu bestätigen. Gleichwohl stellte das EBA im Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich nur den Plan unter Bezugnahme auf die zum Teil des Plans erklärten Planunterlagen fest (PFB S. 3 f.), in deren Planzeichnungen die Bestandsstrecke farblich abgegrenzt wird zu allen neu zu planenden Baumaßnahmen.

Dieses nicht eindeutige Zwischenergebnis wird klarer unter Berücksichtigung des historisch begründeten Vorhabens, eine vor dem Zweiten Weltkrieg genutzte und durch die nachkriegsbedingte politische Teilung Europas sowie die erste Phase nach deren Überwindung „ins Abseits geratene“ Bahnstrecke wieder zu ertüchtigen und den grenzüberschreitenden Bahnverkehr zur Tschechischen Republik als östlichem Nachbarn Deutschlands wieder zu intensivieren (PFB S. 8 f.; 19 f.; Erläuterungsbericht S. 4 f.). Dafür wird unterschieden zwischen den Baumaßnahmen, die der Verbesserung des Schienenverkehrsangebots dienen wie z. B. der Umgestaltung des Bahnhofs und der Auflassung bzw. Erneuerung von Bahnübergängen einerseits (Erläuterungsbericht S. 5 ff.) und jenen Baumaßnahmen, die der Betriebsfähigkeit der Bahnstrecke durch Austausch von Bahngleisen, Schotter und Obermaterial dienen (PFB S. 20, Erläuterungsbericht S. 11 a.E.). An der Strecke bestand sowohl ein Herstellungsbedarf für neue Infrastruktureinrichtungen als auch ein Erneuerungsbedarf vorhandener, aber im Lauf der Zeit unbrauchbar gewordener Betriebseinrichtungen (RvOfr., Niederschrift über den Erörterungstermin vom 16.1.2015, Verfahrensakte unter 3, S. 3 a.E.). Beides sollte in einem baulichen Durchgang erfolgen, aber nur erstere Gruppe von Baumaßnahmen vom Planfeststellungsbeschluss umfasst sein (vgl. auch die Vertreter der Beigeladenen, ebenda, S. 40 ff.). Der Planfeststellungsbeschluss ist dieser Konzeption gefolgt, denn er schreibt die Erneuerung des vorbezeichneten Oberbaus (Bahngleise, Schotter und Obermaterial) den nicht genehmigungspflichtigen Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen zu (PFB S. 20). Der Planfeststellungsbeschluss zielt, wie auch die Auflistung der einzelnen Baumaßnahmen im Bauwerksverzeichnis zeigt (Planunterlagen Nr. A.2.7), das ein planfestgestelltes Vorhaben konkretisiert und festlegt (OVG NRW, U. v. 14.1.2015 - 20 A 1317/12 - ZfW 2015, 204/205), daher auf die Regelung einzelner punktueller Maßnahmen, nicht aber des gesamten zu reaktivierenden Teilabschnitts.

Streitgegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist nur der angefochtene Planfeststellungsbeschluss, durch den die Kläger Verletzungen ihrer Rechte behaupten und allein dessen Rechtmäßigkeit gerichtlich zu prüfen ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nicht Verfahrensgegenstand sind andere bauliche Maßnahmen oder eine etwa abweichende Bauausführung, so dass es auf die von den Klägern behauptete und von der Beigeladenen dezidiert bestrittene Verschiebung des Bahngleises im Bereich ihrer Anwesen nicht ankommt.

b) Allerdings ist mit dem Befund, dass der Planfeststellungsbeschluss nur die ausdrücklich von ihm erfassten Baumaßnahmen regeln soll, nicht bereits festgestellt, dass damit auch alle planfeststellungsbedürftigen Baumaßnahmen erfasst sind. Wenn dem nicht so ist, muss dies aber nicht unbedingt zu einem Rechtsfehler führen, weil die Aufspaltung eines einheitlich konzipierten Vorhabens in einzelne jeweils für sich planfeststellungsbedürftige Teile grundsätzlich zulässig ist (BayVGH, U. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - Rn. 41) und auch die Abschnittsbildung bei einer einzelnen Betriebsanlage grundsätzlich zulässig ist (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 24.1.2011 - 22 A 09.40045 u. a. - Rn. 76 m. w. N.). Insoweit rügen die Kläger zu Unrecht, der Planfeststellungsbeschluss hätte die Baumaßnahmen am Bahngleis auf freier Strecke ebenso erfassen müssen wie die gesondert plangenehmigten Baumaßnahmen an der Ortsumfahrung Erkersreuth.

aa) Die Baumaßnahmen am Bahngleis auf freier Strecke sind als Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen an der Bahnstrecke nicht planfeststellungsbedürftig nach § 18 Satz 1 AEG.

§ 18 Satz 1 AEG sieht ein Planfeststellungsbedürfnis für Änderungen von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vor. Vorliegend handelt es sich jedoch - jedenfalls im Bereich der Grundstücke der Kläger - im rechtlichen Sinne nicht um eine Änderung, sondern um Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen.

Schon sachlich können sie nicht planfeststellungsbedürftig sein, weil ein entsprechend aufwendiges Planfeststellungsverfahren ihre regelmäßige Durchführung verzögerte und dem Zweck der jederzeitigen Betriebssicherheit zuwiderliefe. Diesem übergeordneten Zweck entsprechend können noch nicht fällige Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen im Zuge anderer Maßnahmen vor- bzw. fällige, aber versäumte oder in Folge einer Betriebsstilllegung (§ 11 AEG) vorerst zurückgestellte Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen später noch nachgezogen werden, ohne dass sie deswegen planfeststellungsbedürftig wären. Sie werden erst planfeststellungsbedürftig, wenn sie eine Änderung der Bahnstrecke im Sinne von § 18 Satz 1 AEG bewirken.

Die Abgrenzung zwischen beiden Arten von Maßnahmen hat die Rechtsprechung wiederholt beschäftigt; auf deren Ergebnisse kann hier zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, U. v. 31.8.1995 - 7 A 19/94 - NVwZ 1996, 394). So bleibt eine Gleissanierung noch eine Unterhaltungsmaßnahme, auch wenn Schienen und Schwellen ausgetauscht bzw. solche eingebaut werden, die einem neueren Stand der Technik entsprechen (vgl. BVerwG, B. v. 27.1.1995 - 7 VR 16/94 - NVwZ 1995, 586). Auch wenn solche Maßnahmen mit einem Eingriff in die Substanz des Schienenwegs verbunden sind, also in die Gleisanlage mit Unter- und Oberbau bis hin zum völligen Abtrag und zur Erneuerung des alten Bahnkörpers, bleiben sie Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen. Das soll sogar für Verbreiterungen des Bahndamms um 1,30 m bzw. um 2,30 m sowie Sanierungen des Bahndamms oder der Einschnittsböschung gelten; erst Trassenverschiebungen auf längeren Bahnstreckenabschnitten um mehr als 2 m sollen darüber hinausgehen (vgl. BVerwG, U. v. 12.4.2000 - 11 A 24/98 - juris Rn. 34, 55; BVerwG, U. v. 14.11.2001 - 11 A 31/00 - BVerwGE 115, 237/240 [nicht abgedruckt] juris Rn. 23 zum Begriff des erheblichen baulichen Eingriffs in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 16. BImSchV) und zu einer Änderung im rechtlichen Sinn werden.

Der vorliegende Fall bleibt deutlich hinter Letzterem zurück. Das Konzept der Beigeladenen und des EBA sieht hier auf freier Strecke keine nennenswerten Gleisverschiebungen vor. Dies ergibt sich zum Einen aus den planfestgestellten Planunterlagen (Anlage 3.7), worin das Bahngleis im Zielzustand nach Durchführung der Bauarbeiten als schwarzes Bestandsgleis eingezeichnet ist, eine Gleisverschiebung in diesen Streckenabschnitten also nicht vorgesehen ist. Zum Anderen ergibt sich dies aus der nachvollziehbaren Darstellung der Beklagten, tatsächlich sei das neue Gleis exakt auf dem Verlauf des Bestandsgleises verlegt worden; die gegenteilige Erwähnung in der sog. Erschütterungstechnischen Untersuchung (Möhler+Partner, Erschütterungstechnische Untersuchung vom 9.12.2013, S. 35) resultiere aus einem Übertragungsfehler aus der Zeit vor Erstellung der Planunterlagen (vgl. Ergänzung zur gerichtlichen Anfrage vom 3.11.2015 unter Verweis auf ein geändertes Koordinatennetz). Diese Erschütterungstechnische Untersuchung ist zum Dritten auch kein Bestandteil der Planunterlagen, weil sie nicht in der entsprechenden Auflistung unter Nr. A.2 des Planfeststellungsbeschlusses enthalten und damit für den geplanten Zielzustand der Bahnstrecke rechtlich nicht maßgeblich ist. Somit stellen die vorgenommenen Baumaßnahmen auf freier Strecke wie der Freischnitt der Bahngleise und der Austausch von Bahngleisen, Schotter und Obermaterial keine Änderung im rechtlichen Sinn dar.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass am 26. November 1996 eine Stilllegung des Streckenbetriebs erfolgt ist. Zwar ist die Bahnstrecke seit dem 26. Juli 1996 nach § 11 AEG stillgelegt und hat tatsächlich kein Bahnbetrieb mehr darauf stattgefunden. Allerdings handelt es sich nach wie vor um einen Bahnbetriebszwecken gewidmeten Teil der Eisenbahninfrastruktur im Sinne von § 2 Abs. 3 AEG, da die Bahnstrecke nicht nach § 23 Abs. 1 und Abs. 3 AEG von Bahnbetriebszwecken freigestellt worden ist (zur „Entwidmungsfunktion“ einer Freistellung BVerwG, B. v. 21.3.2014 - 6 B 55.13 - juris Rn. 13; Hermes in: ders./Sellner, AEG, 2. Auflage 2014, § 23 Rn. 9). Eine solche erfordert einen eindeutigen Hoheitsakt (vgl. BVerwG, U. v. 12.4.2000 - 11 A 18.98 - BVerwGE 111, 108/111 f.), für den hier jegliche Anhaltspunkte fehlen. Die bloße Betriebsstillegung nach § 11 AEG hat nicht dazu geführt, dass die Bahnstrecke ihre rechtliche Eigenschaft als Teil der Eisenbahninfrastruktur verloren hätte oder sonst einer Wiederaufnahme des Betriebs rechtliche Hindernisse entgegenstünden, denn eine Betriebsstillegung beseitigt nur die Betriebspflicht (BVerwG, B. v. 21.3.2014 - 6 B 55.13 - Rn. 12 f.; NdsOVG, U. v. 24.6.2015 - 1 KN 79/14 - juris Rn. 25), lässt aber die Wiederinbetriebnahme einschließlich dazu erforderlicher nachzuholender Unterhaltungsmaßnahmen ohne erneute Planfeststellung zu (vgl. Hermes in: ders./Sellner, AEG, 2. Auflage 2014, § 23 Rn. 11 m. w. N.; Vallendar, ebenda, § 18 Rn. 77). Daran ändert eine Bezeichnung als „dauernde Einstellung des Betriebs“ rechtlich nichts (Genehmigung des EBA vom 26.7.1996), da zum damaligen Zeitpunkt eine Wiederaufnahme des Betriebs zwar zeitlich nicht absehbar war, aber auch nicht durch die Stilllegung ausgeschlossen werden sollte. In der Anlage zur Genehmigung der Betriebsstilllegung sind als Nebenbestimmungen zu beachtende Forderungen des Bundesministers für Verkehr enthalten (BMV, Schreiben vom 19.6.1996, Anlage zum Bescheid vom 26.7.1996). Dazu gehört, „nach Klärung aller damit zusammenhängenden Fragen zwischen den regionalen Behörden und Eisenbahnunternehmen die Verkehrsbedienung auf dieser Strecke und den Betrieb der Infrastruktur wieder aufzunehmen“ sowie „vor einer entsprechenden Entscheidung“ über „Rückbau der Infrastruktur und Entwidmung der Strecke… das Benehmen mit der tschechischen Seite herstellen“ zu können (ebenda).

Auch dass die Bahnstrecke in Folge tatsächlicher Funktionslosigkeit rechtlich obsolet wäre, wie klägerseitig eingewandt wird, ist hier nicht erkennbar. Zwar mag durch die Ortsumfahrung Erkersreuth, welche die Bahnstrecke bei Bahnkm 33,9 unterbrach (vgl. Erläuterungsbericht S. 34), ein durchgehender Bahnbetrieb tatsächlich nicht mehr möglich gewesen sein. Gleichwohl stand seiner Wiederaufnahme bis auf die Errichtung der nötigen Straßenquerung kein rechtliches und tatsächliches Hindernis entgegen, das die Verwirklichung des Streckenbetriebs auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen hätte. Insbesondere hat kein Rechtsträgerwechsel stattgefunden oder ist eine dauerhafte anderweitige Nutzung der Bahnstrecke zugelassen worden (vgl. zu diesen Kriterien BVerwG, U. v. 28.10.1998 - 11 A 3.98 - BVerwGE 107, 350/353; BVerwG, U. v. 12.4.2000 - 11 A 18.98 - BVerwGE 111, 108/111 ff.;) oder sind die Bahnstreckengrundstücke nach einer Veräußerung überbaut worden (vgl. NdsOVG, U. v. 24.6.2015 - 1 KN 79/14 - juris Rn. 25). Ein Rechtsträgerwechsel hat insoweit nicht stattgefunden, als die Bahnstrecke nach wie vor dem Bundeseisenbahnvermögen als nicht rechtsfähigem Sondervermögen der Bundesrepublik Deutschland gehört; eine anderweitige Nutzung der Bahnstrecke ist weder glaubhaft gemacht noch sonst ersichtlich. Die Grundstücke der Bahnstrecke befinden sich weiterhin in den Händen des Bahneigners; sie waren lediglich tatsächlich in einem Abschnitt überbaut. Die zur Beseitigung dieses Hindernisses und zur Wiederherstellung der Befahrbarkeit erforderliche Errichtung der Querungsbauwerke aber war schon im für den Bau der Ortsumfahrung Erkersreuth maßgeblichen straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss vorbehalten gewesen (PFB S. 83 f.; VG Bayreuth, B. v. 4.8.2015 - B 1 S 15.413 - S. 2 f.; BayVGH, B. v. 24.9.2015 - 8 CS 15.2026 - Rn. 2) und sicherte die Funktionsfähigkeit der Bahnstrecke in die Zukunft hinein.

Daran ändert auch der seit der Betriebsstilllegung 1996 eingetretene Instandhaltungsstau an der Bahnstrecke nichts, denn dadurch wurde zwar ein Gesamtpaket an Instandhaltungsmaßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich, die bei einer kontinuierlichen Instandhaltung sonst nicht oder zeitlich nicht so gedrängt angefallen wären. Doch allein der zeitliche Zusammenhang mit planfeststellungsbedürftigen Baumaßnahmen lässt Unterhaltungsmaßnahmen nicht selbst planfeststellungsbedürftig werden (vgl. BVerwG, B. v. 27.1.1995 - 7 VR 16/94 - NVwZ 1995, 586). Dies gilt auch im Fall eines - wie hier - länger dauernden Sanierungsstaus (vgl. BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 5/07 - NVwZ 2009, 50/51 Rn. 19, 21). Letztlich bleiben also die gesamte Strecke erfassende Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen, die zwar äußerlich den Eindruck eines Gesamtkonzepts hervorrufen (vgl. dazu BayVGH, U. v. 5.3.1996 - 20 B 92.1055 - VGHE n. F. 49, 77/84) und zeitlich und sachlich kombiniert durchgeführt werden, dennoch rechtlich strikt getrennt von planfeststellungsbedürftigen punktuellen Maßnahmen.

bb) Auch die Baumaßnahmen an der Ortsumfahrung Erkersreuth (Neubau einer Eisenbahnüberführung und Neubau einer Straßenbrücke), die gesondert straßenrechtlich plangenehmigt wurden, waren nicht planfeststellungsbedürftig nach § 18 Satz 1 AEG; zumindest wäre der angefochtene Planfeststellungsbeschluss auch dann nicht rechtswidrig, wenn dem nicht zu folgen wäre.

Es handelt sich beim Neubau der Eisenbahnüberführung bei Bahnkm 33,9 zur Schließung der durch den Bau der Ortsumfahrung Erkersreuth (Staatsstraße St 2179) entstandenen Lücke in der Bahnstrecke sowie beim Neubau einer Straßenbrücke bei Bahnkm 34,0 zur Beseitigung der Überschüttung des Bahnkörpers durch den Bockelbergweg (vgl. Erläuterungsbericht S. 34) zwar um für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs notwendige Maßnahmen, allerdings nicht um Folgemaßnahmen des hier planfestgestellten Vorhabens, im Sinne von § 18 Satz 1 AEG i. V. m. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.

Die Ursache jener Baumaßnahmen liegt vielmehr im Neubau der Ortsumfahrung Erkersreuth als Gegenstand der straßenrechtlichen Planfeststellung (PFB vom 30.8.2002). Unter den dem Freistaat Bayern als nach Art. 41 Satz 1 Nr. 1 BayStrWG für die St 2179 zuständigem Straßenbaulastträger aufgegebenen Nebenbestimmungen (Nr. V.6.1 des PFB vom 30.8.2002 S. 14) ist geregelt: „Sollte der Schienenverkehr auf der Strecke Hof-Selb/Plößberg-Asch-Cheb (Eger) wieder aufgenommen werden, sind die hierfür erforderlichen Überführungsbauwerke für die Kreuzung der Staatsstraße 2179 sowie für den öffentlichen Feld- und Waldweg „Bockelbergweg“ (BV-Nr. 23) umgehend zu errichten.“ Unter Verweis sowohl auf die Betriebsstilllegung der Bahnstrecke als auch auf die Ziele des Regionalplans, die Schienenverkehrsverbindung in der Region aufrecht zu erhalten, sowie zur Baukostenersparnis in Höhe von rund 1 Mio. Euro führte die Planfeststellungsbehörde aus, in der Planung sei wegen der Betriebsstilllegung kein Überführungsbauwerk vorgesehen, aber im Falle der Wiederinbetriebnahme im Nachhinein zu errichten (PFB vom 30.8.2002 S. 20 f., 67 f.). Dies zeigt, dass in jenem Planfeststellungsbeschluss die (grundsätzliche) Verpflichtung zur Errichtung der Querungsbauwerke als Folgemaßnahme der Umgehungsstraße geregelt war. Die genaue Planung sollte einem späteren Zeitpunkt, dem einer Wiederinbetriebnahme, vorbehalten werden. Dies gilt umso mehr, als der Planfeststellungsbeschluss vom 30. August 2002 ausdrücklich auf die mit Bescheid vom 26. Juli 1996 genehmigte dauernde Betriebseinstellung Bezug nahm (PFB vom 30.8.2002 S. 20 f., 67 f.), die ihrerseits unter der Auflage der Beachtung der vom Bundesministerium für Verkehr aufgestellten Forderungen erging (oben I.3.b) bb)).

Die straßenrechtliche Planfeststellung war bewusst unvollständig, weil sie den Nutzungskonflikt zwischen Straßen- und Schienenverkehr zwar erkannte, seine Lösung auch vorzeichnete, ihre Umsetzung aber vorläufig in die Zukunft verschob.

cc) Abgesehen davon wäre die Aufspaltung eines einheitlich konzipierten Vorhabens in einzelne jeweils für sich planfeststellungsbedürftige Teile grundsätzlich zulässig (vgl. BayVGH, U. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - Rn. 39 ff.). Die Kläger hatten die Möglichkeit, gegen die straßenrechtliche Planfeststellung Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen und haben sie auch genutzt (vgl. BayVGH, B. v. 24.9.2015 - 8 CS 15.2026).

Selbst wenn man als Gegenstand des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses eine einheitliche Bahnbetriebsanlage sehen wollte, wären dann die Grundsätze für die planerische Abschnittsbildung anzuwenden. Danach haben Dritte grundsätzlich kein Recht darauf, dass über die Zulassung eines Vorhabens insgesamt, vollständig und abschließend in einem einzigen Bescheid entschieden wird. Eine Abschnittsbildung kann aber dann Rechte Dritter verletzen, wenn die abschnittsweise Planfeststellung dem Grundsatz umfassender Problembewältigung durch das Gesamtvorhaben nicht gerecht wird oder wenn ein Streckenabschnitt der eigenen sachlichen Rechtfertigung vor dem Hintergrund der Gesamtplanung entbehrt oder den durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsschutz faktisch unmöglich macht (vgl. BVerwG, U. v. 10.4.1997 - 4 C 5.96 - BVerwGE 104, 236/243; BVerwG, U. v. 19.5.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1/14 f.; BVerwG, U. v. 18.7.2013 - 7 A 4/12 - juris Rn. 50; BayVGH, U. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - Rn. 41). Dies ist hier aber nicht der Fall.

Insbesondere verstößt die verfahrensmäßige Trennung weder gegen den Grundsatz umfassender Problembewältigung durch das Gesamtvorhaben, noch wird der durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Rechtsschutz unmöglich gemacht. Durch die straßenrechtlich planfestgestellten Vorhaben wird keine künftige Konfliktlösung „verbaut“ und der Rechtsschutz für die Kläger nicht erschwert. Die Mietshäuser der Kläger liegen zwischen Bahnkm ... und ... (vgl. Lageplan als Anlage 3.7 PFB-Akte unter 3.), mithin mindestens 500 m von der künftigen Eisenbahnüberführung und Straßenbrücke entfernt. Dass sie von Bau oder Betrieb dieser Anlagen oder dadurch beeinträchtigt würde, dass deren Auswirkungen nicht im streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss behandelt worden sind, ist nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als die Straßenbaumaßnahmen plangenehmigungsbedürftig sind und die Kläger hiergegen ihre Belange einwenden können (vgl. BayVGH, B. v. 24.9.2015 - 8 CS 15.2026 - Rn. 9 ff.).

4. Es liegen ferner keine rechtserheblichen Abwägungsfehler (§ 18 Satz 2 AEG) bei der Auswahl der technischen Bauvariante vor.

Die Kläger haben als nicht durch eine enteignungsrechtliche Vorwirkung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses nach § 22 Abs. 2 AEG betroffene Anlieger keinen Anspruch auf umfassende objektivrechtliche Planprüfung, sondern können sich nur auf eine Verletzung des Abwägungsgebots durch eine mangelnde Berücksichtigung oder Gewichtung ihrer Belange berufen (vgl. BayVGH, U. v. 7.10.2009 - 22 A 09.40002 - juris Rn. 18; BayVGH, U. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - Rn. 20).

Die fachplanerische Abwägung nach § 18 Satz 2 AEG verlangt, dass erstens eine Abwägung überhaupt stattfindet, zweitens alle abwägungserheblichen Belange in die Abwägung eingestellt werden, drittens die Bedeutung der eingestellten Belange richtig erkannt wird und viertens zwischen konkurrierenden Belangen ein sachgerechter Ausgleich gefunden wird; zur Sammlung des Abwägungsmaterials gehört auch die Ermittlung etwaiger Planungsalternativen einschließlich der „Null-Variante“ (BayVGH, U. v. 27.11.2012 - 22 A 09.40034 - Rn. 29 f. m. w. N.; BayVGH, U. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - Rn. 25). Eine Alternativenprüfung ist freilich nicht schon dann fehlerhaft, wenn die tatsächlich gefundene Lösung nicht zwingend ist; vielmehr muss sich objektiv die Erkenntnis aufdrängen, dass - als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgebots - die mit der Planung angestrebten Ziele sich unter geringeren Opfern an entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belangen verwirklichen ließen (Vallendar in: Hermes/Sellner, AEG, 2. Auflage 2014, § 18 Rn. 158 m. w. N.). Bereits in einem frühen Planungsstadium dürfen solche Planungsalternativen ausgeschieden werden, die nach einer Art Grobanalyse nicht ernsthaft in Betracht kommen (BVerwG, U. v. 4.4.2012 - 4 C 8/09 - NVwZ 2012, 1314; BayVGH, U. v. 27.11.2012 - 22 A 09.40034 - Rn. 31 m. w. N.).

Die Planfeststellungsbehörde hat insofern die vom Vorhabensträger aufgrund seiner Gestaltungsfreiheit getroffene Abwägungsentscheidung - als planerische Entscheidung - abwägend nachvollziehen; sie darf und braucht nicht selber zu planen und sie hat kein Versagungsermessen, wenn das Vorhaben den strikten Vorgaben und dem Abwägungsgebot genügt (BayVGH, U. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - Rn. 25 m. w. N.).

Gemessen an diesen Kriterien hat das Eisenbahnbundesamt (EBA) als Planfeststellungsbehörde die Interessen der Kläger im Rahmen der Abwägung nach § 18 Satz 2 AEG ohne rechtliche Fehler (die offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen wären, § 75 Abs. 1a VwVfG) berücksichtigt und gewichtet.

a) Dass sich dem EBA als Planfeststellungsbehörde andere Planungsvarianten zur Minimierung einer mittelbaren Beeinträchtigung der Kläger hätten aufdrängen müssen, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Insofern verweist das EBA zutreffend darauf, dass es sich vorliegend lediglich um die Wiederinbetriebnahme einer vorhandenen und nicht um den Bau einer erst zu errichtenden Bahnstrecke handelt, so dass eine Variantenprüfung über die Prüfung der Nullvariante (Beibehaltung des status quo ante) oder Reaktivierung hinaus sachlich und rechtlich nicht möglich war, ohne den durch die vorhandene Bahnstrecke für eine Wiederinbetriebnahme gesteckten Rahmen zu verlassen. Das EBA hat mit Blick auf die angestrebte Verbesserung des Angebots im Schienenpersonennahverkehr die Gründe für die Wiederinbetriebnahme zu Recht als so gewichtig eingeschätzt, dass sich ihm die Nullvariante nicht aufdrängen musste (PFB S. 97 f.). Dies ist nicht abwägungsfehlerhaft.

b) Das EBA hat auch nicht dadurch gegen den Trennungsgrundsatz des § 50 Satz 1 BImSchG verstoßen, dass es die Wiederinbetriebnahme der bestehenden Bahnstrecke zugelassen und die Planfeststellung von diesem Zweck dienenden Baumaßnahmen nicht abgelehnt hat.

Das Trennungsgebot des § 50 Satz 1 BImSchG ist kein zwingendes Gebot, sondern eine Abwägungsdirektive und kann im Rahmen der planerischen Abwägung bereits durch andere Belange von hohem Gewicht überwunden werden, nicht erst wenn die Planung durch entgegenstehende Belange mit hohem Gewicht „zwingend“ geboten ist (vgl. BVerwG, U. v. 19.4.2012 - 4 CN 3.11 - BVerwGE 143, 24/37 Rn. 29 m. w. N.). Auch unter diesem Blickwinkel hat das EBA ohne Abwägungsfehler dem öffentlichen Interesse an der Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke zur Verbesserung der grenzüberschreitenden ÖPNV-Anbindung und der Verwirklichung der ausdrücklich genannten Bauvorhaben größeres Gewicht beigemessen. Zum Einen stehen die für Trassenverschiebung entlang der St. 2179 benötigten Flächen im Umfeld der Bahnlinie überwiegend im Privateigentum Dritter und stehen eigentumsrechtlich nicht zur Verfügung, sind aber verfassungsrechtlich grundsätzlich ebenso schutzwürdig wie die Grundstücke der Kläger. Insofern würde eine Trassenverschiebung die Belastung nur räumlich verschieben, aber nicht in ihrer Intensität mindern. Zum Anderen würden dann unbelastete Flächen an Stelle bereits durch Eisenbahnbetrieb vorbelasteter und insofern vorrangig in Anspruch zu nehmender Flächen (vgl. BVerwG, B. v. 22.7.2010 - 7 VR 4.10 - DVBl. 2010, 1300/1303 Rn. 38 m. w. N.) betroffen.

5. Soweit das EBA eine unzumutbare Beeinträchtigung der Kläger durch Lärm oder Erschütterungen verneint und weitere Vorkehrungen zu ihrem Lärm- und Erschütterungsschutz nicht getroffen hat, ist dies nicht rechtsfehlerhaft, denn zum Einen liegt hier keine wesentliche Änderung vor; zum Anderen besteht eine rechtliche Vorbelastung, welche die zu erwartenden Betriebsgeräusche umfasst.

a) Es bestehen keine Ansprüche nach § 41 Abs. 1 BImSchG auf aktiven oder passiven Lärmschutz oder Entschädigung.

Eine wesentliche Änderung der Bahnstrecke ist zum Einen deswegen nicht gegeben, weil der Schienenweg nicht um ein oder mehrere durchgehende Gleise erweitert wird, abgesehen allenfalls vom Bahnhof Selb-Plößberg. Diese Baumaßnahme ruft aber im Bereich der Grundstücke der Kläger keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervor.

Ebenso wenig liegt eine wesentliche Änderung deswegen vor, weil durch einen erheblichen baulichen Eingriff der Beurteilungspegel des resultierenden Verkehrslärms um mindestens 3 dB(A) oder auf mindestens 70 dB(A) am Tage oder 60 dB(A) in der Nacht erhöht würde. Ausweislich der erstellten immissionsschutzfachlichen Prognose wurden auf den Prognosehorizont 2025 und die dafür erwarteten Zugzahlen von 47 Zügen bei Tag und 7 Zügen bei Nacht an den Mietshäusern der Kläger (IO-E001 bis IO-E003) im Prognose-Nullfall Beurteilungspegel von 49,5-54,1 dB(A) am Tage (je nach Stockwerk) und von 48,2-52,9 dB(A) in der Nacht prognostiziert, für das Jahr 2025 mit den planfestgestellten baulichen Veränderungen aber Beurteilungspegel von 49,6-54,3 dB(A) am Tage und von 48,4-53,0 dB(A) in der Nacht (Möhler+Partner, Schalltechnische Untersuchung vom 9.12.2013, Anlage 2 S. 4). Dies bedeutet lediglich eine geringfügige Erhöhung um bis zu +0,2 dB(A), aber keine Erhöhung um 3 dB(A).

b) Das EBA hat die für die Mietshäuser der Kläger bestehende rechtliche Vorbelastung zutreffend erkannt. Die Ablehnung von weiterem Lärmschutz im Rahmen der Abwägung nach § 18 Satz 2 AEG ist nicht zu beanstanden.

Lärmschutzbelange sind im Rahmen einer Planfeststellung ungeachtet der Höhe der Lärmbelastung nur in die Abwägung einzubeziehen, wenn die Lärmbelastung (gegenüber der plangegebenen rechtlichen Vorbelastung) durch das Vorhaben ansteigt. Für den Umfang einer Vorbelastung durch Eisenbahnverkehrsgeräusche kommt es nicht auf die frühere oder bisherige tatsächliche Ausnutzung des Schienenwegs, sondern auf dessen rechtliche Ausnutzbarkeit an (so BVerwG, U. v. 21.11.2013 - 7 A 28.12 u. a. - NVwZ 2014, 730 Rn. 23; ebenso BayVGH, U. v. 19.8.2014 - 22 B 11.2608 u. a. - Rn. 67, 78; BayVGH, U. v. 14.10.2014 - 22 A 13.40069 - Rn. 59). Abgesehen von der auch Eisenbahnunternehmen seit jeher treffenden Pflicht, auf die Belange Immissionsbetroffener insoweit Rücksicht zu nehmen, als dies ohne Beeinträchtigung der Verkehrsbedürfnisse geschehen kann, bestanden für die streitgegenständliche Eisenbahnstrecke jedoch zu keiner Zeit rechtliche Schranken, aus denen sich Begrenzungen hinsichtlich der Art, des mengenmäßigen Umfangs oder der Frage ergaben, innerhalb welcher Zeiträume dort Eisenbahnverkehr statthaft ist.

Für die streitbefangene Eisenbahnstrecke bestand und besteht keine Planfeststellung, aus der sich Einschränkungen des zulässigen Betriebsumfangs ergeben könnten. Solche ergeben sich auch nicht aus den historischen Rechtsgrundlagen für den Eisenbahnbetrieb auf der Strecke.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Urteil vom 19. August 2014 Ausführungen zum historischen rechtlichen Rahmen gemacht (BayVGH, U. v. 19.8.2014 - 22 B 11.2608 u. a. - Rn. 69 ff.): Das Institut der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung stellte bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg ein Spezifikum des preußischen Rechts dar, das in den anderen Bundesstaaten bzw. Ländern des Deutschen Reiches unbekannt war (Blümel, Die Bauplanfeststellung, Erster Teil, 1961, S. 167); es wurde dort erst durch § 37 Abs. 2 bis 4 des Gesetzes über die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft vom 30. August 1924 (RGBl II S. 272) eingeführt (Blümel, a. a. O., S. 171). In den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg wurde der Bau staatseigener Bahnen als Ausdruck der allgemeinen Hoheitsgewalt („Eisenbahnhoheit“) des Staates verstanden. Während „andere Rechtssubjekte als der Staat … Eisenbahnen nur mit Erlaubnis des Staates bauen und betreiben“ durften (Fritsch, Das Deutsche Eisenbahnrecht, 2. Aufl. 1928, S. 43), bedurfte es für den Staat „keiner besonderen rechtlichen Maßnahme, um ihn in den Besitz des Eisenbahnunternehmungsrechts zu setzen, vielmehr ist es lediglich ein Akt der Staatsverwaltung, wenn der Staat sich entschließt, die ihm allgemein innewohnende Rechtsstellung zum Bau oder Betrieb eines bestimmten Bahnunternehmens in Bewegung zu setzen“ (Fritsch, a. a. O., S. 63).

Die hier streitgegenständliche Bahnstrecke wurde nach den mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörterten und von ihnen auch unwidersprochenen historischen Darstellungen (vgl. Wikipedia, Bahnstrecke Cheb-Oberkotzau, www.wikipedia.de, Abruf vom 5.10.2015; Niederschrift vom 3.12.2015 S. 7) zunächst durch die Stadt Hof aufgrund einer staatlichen Konzession errichtet, am 1. November 1865 eröffnet und von der Bayerischen Staatsbahn zunächst pachtweise betrieben, bis die Strecke im Jahr 1919 vorzeitig in das Staatseigentum überging.

Rechtliche Beschränkungen des Betriebs sind aus diesem historischen rechtlichen Rahmen nicht ersichtlich. Sie wären mit den damaligen rechtlichen Anschauungen auch unvereinbar gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat hierzu in seinem Urteil vom 19. August 2014 allgemein Stellung genommen (BayVGH, U. v. 19.8.2014 - 22 B 11.2608 u. a. - Rn. 72). Betroffene mussten bereits damals die vom Bahnbetrieb ausgehenden Immissionen grundsätzlich dulden, da sie als unvermeidliche Folge des mit „Privilegieneigenschaft“ ausgestatten Eisenbahnunternehmungsrechts (d. h. des Rechts, eine Eisenbahn zu errichten und sie zu betreiben) verstanden wurden (Fritsch, Das Deutsche Eisenbahnrecht, 2. Aufl. 1928, S. 142). Insbesondere konnten die Nachbarn einer Eisenbahn keine Einstellung des Bahnbetriebs verlangen (Fritsch, a. a. O., S. 142). Das Reichsgericht hat in einem (Emissionen des Unternehmens „Reichsautobahnen“ betreffenden) Urteil die damalige Rechtslage dahin zusammengefasst (RG, U. v. 9.1.1939 - V 154/38 - RGZ 159, 129/131), dass Immissionsbetroffene im Klagewege nicht nur nicht die Unterlassung von Handlungen oder Maßnahmen begehren konnten, die sich als Ausübung staatshoheitlicher Aufgaben darstellten, sondern dass bei einem in Erfüllung staatshoheitlicher Aufgaben geführten Betrieb (hierzu rechneten nach damaligem Verständnis - wie dargestellt - u. a. die Eisenbahnen) auch eine auf die Vornahme von Handlungen oder das Anbringen von Einrichtungen abzielende Klage unzulässig sei, mit denen eine wesentliche, vom Betriebsinhaber nicht gewollte Änderung des Betriebs verbunden wäre. Aus der Stellung von Betrieben, die für das allgemeine Wohl unentbehrlich oder doch von besonderer Bedeutung seien, folge, dass gegenüber von ihnen ausgehenden Einwirkungen auch dann, soweit diese die Grenze des Zulässigen überschritten, keine Abwehrklage stattfinde (RG, U. v. 9.1.1939 a. a. O. S. 135). Zudem müsse sich der Straßenanlieger auch mit unerwarteten Änderungen z. B. dergestalt abfinden, dass eine bis dahin ruhige und abgeschlossene Straße durch die Entwicklung des Verkehrs stark frequentiert werde (RG, U. v. 9.1.1939 a. a. O. S. 137 unter Bezugnahme auf RG, U. v. 8.7.1931 - V 9/31 - RGZ 133, 152). Gleiches habe „die Rechtsprechung für … Eisenbahnstrecken für die Einwirkungen entwickelt, die vom allgemeinen Fahrbetrieb ausgehen“ (RG, U. v. 9.1.1939 a. a. O. S. 138).

Die Pflicht zur Duldung der von öffentlichen Verkehrsunternehmen ausgehenden Immissionen selbst dann, wenn sie die ansonsten geltende Zulässigkeitsgrenze (sie ergab sich vor dem Inkrafttreten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes im Wesentlichen aus dem in § 906 BGB enthaltenen Maßstab der Ortsüblichkeit) überschreiten oder erst nach Anlegung des Verkehrswegs wegen dessen stärkerer Inanspruchnahme entstanden sind, fand allerdings bereits in der Zeit vor der durch das Grundgesetz geschaffenen rechtsstaatlichen Ordnung eine Grenze. Diese bestand in der Verpflichtung zur Rücksichtnahme, die derartige Verkehrsunternehmen dann gegenüber den Belangen der Anwohner von öffentlichen Verkehrswegen zu üben hatten, wenn das ohne Beeinträchtigung der Bedürfnisse des öffentlichen Verkehrs möglich war. Im Urteil vom 8. Juli 1931 (V 9/31 - RGZ 133, 152/155) hat das Reichsgericht insoweit festgehalten: „Die dem öffentlichen Verkehr dienenden Betriebe haben, soweit das mit ihren Verkehrszwecken vereinbar ist, auf die Straßenanwohner Rücksicht zu nehmen und auch örtliche Besonderheiten zu beachten. … Die Leiter eines Verkehrsunternehmens müssen darauf bedacht sein, durch die Wahl und die Handhabung der Betriebsmittel diese Schädigungen möglichst herabzumindern.“ Hieraus konnte die Verpflichtung von Verkehrsunternehmen folgen, sich hinsichtlich der Schwere der eingesetzten Fahrzeuge, ihrer Bereifung oder der Schnelligkeit der Fahrt an den Zustand des Verkehrswegs oder die besondere Störungsempfindlichkeit der Umgebungsbebauung anzupassen (RG, U. v. 8.7.1931 a. a. O. S. 156). Dass öffentliche Verkehrsträger auch schon in früherer Zeit dann nicht außerhalb der Bindungen standen, die sich aus dem Nachbarrecht ergaben, soweit hieraus keine Beeinträchtigung der öffentlichen Aufgaben solcher Einrichtungen folgten, hat das Reichsgericht auch im Urteil vom 9. Januar 1939 (V 154/38 - RGZ 159, 129/132) ausdrücklich festgehalten. Es sei „in Bezug auf andere Betriebe, die Staatsaufgaben erfüllen, wie z. B. die Eisenbahn und die Post, niemals zweifelhaft gewesen“, dass sie „wie alle anderen Personen in der nachbarlichen Gemeinschaft“ stehen; nur erfordere „dabei ihre sich aus ihren Aufgaben ergebende Sonderstellung Beachtung.“

Die Kläger können aus dieser Rechtslage keine Abwägungsfehler des EBA im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss herleiten. Gesichtspunkte, die bei der Entscheidung über das Lärmschutzkonzept hätten berücksichtigt werden müssen, aber nicht berücksichtigt worden sind, lassen sich hieraus nicht ableiten. Dies betrifft zunächst Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes, aber auch Anforderungen an den Betrieb, wie z. B. die in der mündlichen Verhandlung erörterten Geschwindigkeitsbeschränkungen für Güterzüge. Es ist nicht zu widerlegen, dass derartige starre Regeln mit den zu beachtenden Verkehrszwecken unvereinbar sind.

Auch die Abstufung der Bahnstrecke zur Nebenbahn im Jahr 1976 führte zu keiner Beschränkung ihrer rechtlichen Ausnutzbarkeit, sondern hatte nur Folgen für den sicherungstechnischen Aufwand nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 EBO (vgl. § 11 Abs. 7 EBO; an der Befahrbarkeit änderte sich dadurch nichts, vgl. zur hier ausreichenden Achslast § 8 Abs. 1 und Abs. 2 EBO, jeweils linke Spalte). Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass damit die Streckenkapazität rechtlich reglementiert und verbindlich reduziert worden wäre.

Demnach war ein Personen- und Güterschienenverkehr auf der gegenständlichen Bahnstrecke ohne besondere Einschränkung zugelassen. Sie entsprach vor ihrer Betriebsstilllegung der Streckenklasse D 4 mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h, einer Radsatzlast von 22,5 t und einer Leistungsfähigkeit von 60 Zügen/24 Std. (vgl. Antrag auf Betriebsstilllegung vom 26.7.1995 mit Anlagen). Soweit die Kläger bestreiten, dass je ein Bahnverkehr im Umfang von 60 Zügen/24 Std. auf der Bahnstrecke tatsächlich stattgefunden habe, ist dies für die rechtliche Vorbelastung unerheblich. Die künftig mit der Wiederinbetriebnahme einher gehende Benutzung der Bahnstrecke durch Personen- und Güterzüge im Umfang von prognostizierten 47 Zügen bei Tag und 7 Zügen bei Nacht würde sich mit den aus diesem Eisenbahnverkehr einhergehenden Geräuschen innerhalb der Vorbelastung bewegen, der die Umgebung der Bahnstrecke aufgrund der Tatsache unterliegt, dass diese Bahnstrecke von Rechts wegen ohne weitere Beschränkung nutzbar ist.

Auf der Grundlage der im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses bestehenden tatsächlichen Verhältnisse kann auch nicht davon gesprochen werden, eine durch diese Vorbelastung nicht mehr gedeckte zusätzliche Beschwer der Kläger stehe insoweit inmitten, als der nächtliche Güterzugverkehr die sich aus dem Rücksichtnahmegebot ergebende Schranke übersteige. Denn die Bahnstrecke wurde historisch zur Versorgung der Industrie in Hof aus den westböhmischen Kohlengruben errichtet und diente schwerpunktmäßig dem Güterzugverkehr. Sogar nach dem Zweiten Weltkrieg blieb der grenzüberschreitende Güterzugverkehr trotz der Unterbrechung des grenzüberschreitenden Personenzugverkehrs aufrecht erhalten, um die Porzellanindustrie in Bayern mit Rohstoffen aus Westböhmen zu versorgen: Nach den Erläuterungen zum Antrag auf Betriebsstilllegung (Beigeladene, Schreiben vom 26.7.1995 mit Anlagen) war der Güterzugverkehr zwar so rückläufig, dass er ab 28. Mai 1995 eingestellt worden war. Die Auslastung belief sich zuletzt auf fünf bis sechs Waggons je Güterzug (einen Güterzugverkehr bis zur Betriebsstillegung bestätigen auch die Kläger, Schriftsatz vom 23.11.2015, S. 2). Eine Wiederaufnahme und erneute Zunahme des Güterzugverkehrs blieb jedoch im Bereich des Möglichen.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt hierbei nicht, dass in einem Abstand von wenigen Metern an den Mietshäusern der Kläger vorbeifahrende Züge, vor allem Güterzüge, zu einer Beeinträchtigung der Mieter der Kläger durch Lärm im Vergleich zur bisher tatsächlich nicht betriebenen Bahnstrecke führen werden. Gleichwohl liegen diese Belastungen im Rahmen der rechtlichen Vorbelastung.

Der Grundsatz, dass es zur Bestimmung der Vorbelastung, der im Einwirkungsbereich eines Schienenwegs liegende Grundstücke unter dem Blickwinkel der Emissionen des dort stattfindenden Eisenbahnverkehrs unterliegen, nicht auf die tatsächliche Frequentierung, sondern auf das Maß der rechtlich zulässigen Nutzbarkeit der Bahnstrecke ankommt, die vor der Verwirklichung eines Vorhabens bestand, beansprucht zwar nur „in der Regel“ Geltung (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 21.11.2013 - 7 A 28.12 u. a. - NVwZ 2014, 730 Rn. 23). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz, dass es auf das Maß der rechtlich zulässigen Nutzbarkeit ankommt, hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Fall anerkannt, dass eine Eisenbahnstrecke, die ehedem die kürzeste Verbindung zwischen dem mitteldeutschen Raum und den Nordseehäfen darstellte, als Folge der deutschen Teilung abschnittsweise vollständig demontiert und der Verkehr schließlich zur Gänze eingestellt worden war (vgl. BVerwG, U. v. 28.10.1998 - 11 A 3.98 - BVerwGE 107, 350; U. v. 17.11.1999 - 11 A 4.98 - BVerwGE 110, 82; U. v. 12.4.2000 - 11 A 18.98 - BVerwGE 111, 108). Das gilt jedenfalls dann, wenn die neu zu erwartenden Einwirkungen für die Betroffenen Eigentums- oder Gesundheitsbeeinträchtigungen darstellen (vgl. zu diesem weiteren Erfordernis BVerwG, U. v. 28.10.1998 a. a. O. S. 357; BVerwG, U. v. 17.11.1999 a. a. O. S. 88: BVerwG, U. v. 12.4.2000 a. a. O. S. 114). Dass im vorliegenden Fall diese verfassungsrechtliche Grenze der Gesundheitsbeeinträchtigung überschritten würde, die befürchteten Lärmschutzdefizite so gravierend wären, dass sie die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage stellten (vgl. BayVGH, B. v. 10.6.2008 - 22 AS 22 AS 08.40013 - Rn. 9 m. w. N.), ist nicht ersichtlich. Abgesehen davon fehlt es auch an der Voraussetzung, dass sich die Geräuschvorbelastung der Umgebung, die sich aus dem zulässigen Nutzungsumfang eines Schienenwegs ergibt, zu einer bloßen Fiktion verflüchtigt hat, die in der Realität keinerlei Entsprechung mehr fand (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.1999 a. a. O. S. 87). Die Wiederaufnahme der Nutzung lag - wie ausgeführt - im Bereich des Möglichen. Soweit die Kläger meinen, die Beigeladene hätte im Baugenehmigungsverfahren Einwendungen gegen seitens der Kläger heranrückende Wohnbebauung erheben müssen, habe dies aber unterlassen und müsse daher nun Betriebseinschränkungen bis hin zur Unterlassung einer Wiederaufnahme des Betriebs aus Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnnutzung hinnehmen, führt dies nicht zu einer Verflüchtigung der rechtlichen Vorbelastung zu einer bloßen Fiktion. Dagegen spricht bereits die Reihe von Nebenbestimmungen zugunsten der Beigeladenen im Baugenehmigungsbescheid vom 5. Juni 1992, u. a. Nr. 13: „Evtl. Einwirkungen aus dem benachbarten Eisenbahnbetrieb sind durch den Bauherrn entschädigungslos zu dulden“, die auf bahntechnische Einwände hindeuten, die im Baugenehmigungsverfahren thematisiert worden sein müssen, wenn dies auch im Einzelnen nicht mehr aufklärbar ist. Die Erwartung, die tatsächliche Situation einer stillgelegten Bahnstrecke bleibe erhalten und sei in Folge eines längerfristigen Sanierungsstaus oder einer nachlassenden Verkehrsnachfrage unumkehrbar, ist jedenfalls unter solchen Bedingungen nicht schützenswert (vgl. BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 5.07 - NVwZ 2009, 50/51 Rn. 19, 21).

c) Auch methodisch sind die zur Ermittlung etwaiger die verfassungsrechtliche Grenze der Gesundheitsbeeinträchtigung überschreitender Lärmimmissionen angestellten bereichsweisen Untersuchungen nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung der Kläger sind die als Mittelungspegel prognostizierten Beurteilungspegel nicht zu beanstanden. Diese Methodik ist von § 4 16. BImSchV vorgegeben und enthält besondere Zuschläge für die Lästigkeit der mit an- und abschwellendem Schienenverkehr verbundenen Geräusche. Für ein Abweichen von dieser Methodik besteht kein Anlass und ist von den Klägern auch nichts Durchgreifendes vorgetragen worden.

d) Die Kläger können auch unter sonstigen Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht mit Erfolg beanspruchen, die Lärmbelastung durch den Eisenbahnbetrieb auf dem strittigen Teilabschnitt auf einem niedrigeren Niveau gedeckelt zu erhalten. Soweit die Kläger behaupten, ihre Gebäude befänden sich in einem reinen Wohngebiet (WR) und seien deswegen besonders schutzwürdig, trifft dies schon im Ausgangspunkt nicht zu, so dass hierauf nicht weiter einzugehen ist. Ihre Grundstücke befinden sich außerhalb des nächst gelegenen Bebauungsplans und sind allenfalls als unbeplanter Innenbereich nach § 34 BauGB am Rande eines Wohngebiets zum Außenbereich einzuordnen. Eine solche, nur durch eine Bahnstrecke vom Außenbereich getrennte Lage führt zu einer Minderung des Schutzanspruchs, weshalb Betroffene keine Unterschreitung der für ihr Grundstück geltenden Immissionsrichtwerte erwarten können (NdsOVG, U. v. 24.6.2015 - 1 KN 79/14 - juris Rn. 28).

e) Das EBA hat auch zu Recht eine Verletzung der Kläger in ihrem Anspruch auf fehlerfreie Abwägung hinsichtlich betriebsbedingter Erschütterungen unter Zugrundelegung der DIN 4150 verneint, da das Vorhaben auch insoweit keine wesentliche Änderung einer Eisenbahn umfasst und keine unzumutbare Beeinträchtigung zu erwarten ist (PFB S. 91 ff., 121).

Hierzu hat die Beigeladene die o.g. Erschütterungstechnische Untersuchung vorgelegt, in der ein Referenz-Messquerschnitt bei Bahnkm 38,6 mit zwei Messorten bei Bahnkm 30,9 und 31,6 verglichen wurde, an denen die Bahnstrecke in Dammlage bzw. geländegleich verläuft. An einer Vorbeifahrt eines Zuges des künftig eingesetzten Typs „Agilis“ wurden die Messungen durchgeführt und erhebliche Änderungen der Erschütterungssituation verneint (ebenda S. 29 ff.). Soweit die Prognose nur mit dem Zugtyp Leichttriebwagen Agilis durchgeführt wurde und dessen Erschütterungssituation nicht jener von Güterzügen entspricht (vgl. Ergänzung zur gerichtlichen Anfrage vom 3.11.2015), wurde nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Erschütterungsanregung durch Güterzüge bei der Begutachtung mit einem im Mittel um 2,8 höheren Faktor angesetzt worden sei als jene des Personenschienenverkehrs (vgl. Ergänzung zur gerichtlichen Anfrage vom 3.11.2015). Daher ist auch nicht entscheidungserheblich, ob der künftige Personenverkehr mit dem Zugtyp Agilis oder einem anderen ähnlichen Triebzug durchgeführt wird, da - auch nach dem Vortrag der Kläger - keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die erschütterungsrelevanten Kennwerte der Zugtypen maßgeblich die rechtliche Vorbelastung übersteigen.

Soweit die Kläger eine mangelnde Aussagekraft der Erschütterungstechnischen Untersuchung mit der Behauptung rügen, der Untergrund unter den Grundstücken der Kläger unterscheide sich maßgeblich von einem der verwendeten Referenzmesspunkte, ist der Gutachter dem nachvollziehbar unter Vorlage einer geologischen Karte entgegengetreten, wonach im Bereich der Bahnstrecke Felsgestein liege, das in der Regel von einer etwa 2,50 m bis 3,50 m dicken tertiären Schluffschicht, einer etwa 1,00 m dicken quartären Schluffschicht und einer Humusschicht überlagert werde, ohne dass Anzeichen dafür vorlägen, dass sich die Untergrundverhältnisse zwischen dem Wohnanwesen und den Referenzmesspunkten maßgeblich unterschieden (vgl. Ergänzung zur gerichtlichen Anfrage vom 3.11.2015).

6. Soweit die Kläger eine mittelbare Eigentumsbeeinträchtigung als Existenzgefährdung durch befürchtete Schall- und Erschütterungsimmissionen aus dem künftigen Bahnbetrieb zulasten ihrer vermieteten Wohnhäuser rügen, führt dies nicht zu einem Teilerfolg ihrer Klage. Der Mietwert einer Immobilie ist nicht der Höhe nach garantiert, sondern nur im Rahmen der Gesetze geschützt und stellt daher keinen eigenständigen Abwägungsposten dar, sondern wird nur über die faktischen Auswirkungen des Vorhabens erfasst (vgl. BVerwG, U. v. 9.2.2005 - 9 A 80/03 - BayVBl 2005, 698/699). Die Häuser können rechtlich und tatsächlich nach wie vor zur Vermietung genutzt werden; künftig etwa sinkende Erträge sind von der nur den Bestand des Eigentums schützenden Eigentumsgarantie aber nicht umfasst. Insofern hat das EBA zu Recht eine entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigung verneint (PFB S. 96 f.).

II.

Die gestellten Hilfsanträge sind nach dem Vorstehenden ebenfalls unbegründet, insbesondere haben die Kläger keinen Anspruch auf aktiven oder passiven Schallschutz und sind etwaige Ansprüche auf Entschädigung auch nicht gegeben.

Kosten: § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO. Der Verwaltungsgerichtshof hat - angeregt durch die Kläger - erwogen, ob die Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorbelastung bei der Wiederinbetriebnahme teilungsbedingt stillgelegter Eisenbahnstrecken grundsätzliche Bedeutung haben könnte. Jedoch ist die maßgebliche rechtliche Situation - hier ausdrücklich stillgelegte, aber nicht von Bahnbetriebszwecken freigestellte Eisenbahnstrecke, nicht ganz unerwartete Wiederaufnahme des Betriebs nach hier nur fast zwanzigjährigem Betriebsstillstand, Schutzbegehren der Anlieger - eher weniger kontinuitätsunterbrechend, so dass die Heranziehung der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für diesen Fall nahezu zwingend erscheint.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 34.2, 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 7. April 2009 für den Teilabschnitt 2/2 der Bundesautobahn A 281 zwischen Neuenlander Ring und Kattenturmer Heerstraße in Bremen.

2

Der Neubau der A 281 soll eine Eckverbindung zwischen der nordöstlich der Stadt Bremen verlaufenden A 27 und der südwestlich der Stadt Bremen verlaufenden A 1 herstellen und insbesondere die Anbindung des südlich der Weser gelegenen Güterverkehrszentrums Bremen an das überregionale Verkehrsnetz gewährleisten. Der Bauabschnitt 1 des fünf Bauabschnitte umfassenden Gesamtprojekts steht seit 1995 unter Verkehr, die jeweils ersten Teilabschnitte der Bauabschnitte 3 und 2 sind dem Verkehr Ende Januar 2008 übergeben worden.

3

Der planfestgestellte 1,6 km lange Teilabschnitt 2/2 soll westlich des Neuenlander Rings in Hochlage an den Teilabschnitt 2/1 anschließen, zwischen dem Betriebsgelände der Firma AIRBUS (EADS) und dem Gewerbegebiet Neuenlander Straße verlaufen und am östlichen Bauende auf die Neuenlander Straße einschwenken. Dort ist die Einmündung der A 281 in ein Trogbauwerk vorgesehen, mit dem die Neuenlander Straße schon heute auf vier Fahrspuren die Kattenturmer Heerstraße unterquert, bevor sie als Autobahnzubringer in östlicher Richtung planfrei zur Anschlussstelle Arsten der A 1 verläuft. Ein 5. Bauabschnitt "Neuenlander Straße/A 281 bis Anschlussstelle Brinkum/A 1" ist als Bundesstraße B 6n für die Aufnahme des Verkehrs zwischen der A 281 und der A 1 in und aus südwestlicher Richtung geplant. Bis zu dessen Verwirklichung soll der Verkehr zur Anschlussstelle Brinkum über die Kattenturmer Heerstraße geführt werden.

4

Um bis zur Fertigstellung des 5. Bauabschnitts den vorhandenen Knotenpunkt Neuenlander Straße/Kattenturmer Heerstraße von dem Verbindungsverkehr mit der A 1 in und aus südwestlicher Richtung zu entlasten, ist im planfestgestellten Teilabschnitt ein Abzweig von der A 281 über eine so genannte Querspange zur Kattenturmer Heerstraße vorgesehen. Damit die in Ost-West-Richtung verlaufende Fahrspur der Querspange sowie die in West-Ost-Richtung verlaufende Fahrspur der Neuenlander Straße von der A 281 überquert werden können, steigt die Autobahntrasse vor dem Anschluss an die Neuenlander Straße an und wird dann wieder auf Geländeniveau gesenkt.

5

Der Kläger zu 1 ist Eigentümer des Grundstücks N. Straße ..., auf dem sich ein von ihm bewohntes historisches Hofgebäude und weitere landwirtschaftliche Gebäude befinden. Das Grundstück wird durch das Vorhaben mit seiner gesamten Fläche von 6 390 qm in Anspruch genommen.

6

Die Klägerin zu 2 ist Eigentümerin des Grundstücks N. Straße ..., das mit einem von ihr bewohnten Reihenhaus bebaut ist. Das Grundstück liegt nördlich der Autobahntrasse in einem Bereich, in dem diese nach Überquerung der Querspange noch deutlich über Geländeniveau verlaufen soll. Der Klägerin wurde durch den Planfeststellungsbeschluss Anspruch auf passiven Schallschutz dem Grunde nach zugesprochen.

7

Der Kläger zu 3 ist Eigentümer des mit einem von ihm bewohnten Reihenendhaus bebauten Grundstücks H.straße ..., das in unmittelbarer Nähe des geplanten Anschlusses der Querspange an die Kattenturmer Heerstraße liegt. Auch ihm wurde durch den Planfeststellungsbeschluss Anspruch auf passiven Schallschutz dem Grunde nach zugesprochen.

8

Die Planungen für eine Fernstraßenverbindung der Häfen links der Weser mit der A 1 reichen bis 1960 zurück. In dem am 14. Juni 1983 von der Stadtbürgerschaft der Stadtgemeinde Bremen beschlossenen Flächennutzungsplan für das Gebiet der Stadtgemeinde Bremen wird eine Eckverbindung zwischen der A 27 und der A 1 dargestellt, die im hier streitigen Bereich im Zuge der Neuenlander Straße zum Knotenpunkt Kattenturmer Heerstraße führt. Nach Süden ist etwa auf Höhe des Grundstücks Neuenlander Straße 113 A (Hornbach-Grundstück) ein Abzweig vorgesehen, der unter dem Gelände des benachbarten Flughafens hindurchführt. Auf dieser Grundlage erfolgte im Jahr 1984 die Linienbestimmung. In der im Dezember 2000 beschlossenen 40. Änderung des Flächennutzungsplans wurde der westlich gelegene Teilabschnitt 2/1 von der ursprünglichen Trassenführung auf der Neuenlander Straße südlich abgerückt. Für den streitgegenständlichen Bereich ist eine solche Änderung der Trassenführung im Flächennutzungsplan weder damals noch in der Folgezeit erfolgt. Im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen ist der Teilabschnitt 2/2 in der Kategorie des vordringlichen Bedarfs ausgewiesen und der geplante 5. Bauabschnitt als weiterer Bedarf mit Planungsrecht eingestuft.

9

Im Jahre 2000 wurde durch den Vorhabenträger eine konzeptionelle Untersuchung zur Führung der A 281 im streitgegenständlichen Bereich östlich des Knotenpunktes Neuenlander Ring/Neuenlander Straße in Auftrag gegeben. Im Rahmen der Untersuchung verglich und bewertete das beauftragte Ingenieurbüro zwei Nordvarianten, eine Mittelvariante und eine Südvariante im Hinblick auf die Zielfelder Verkehr, Städtebau und Siedlungsraum, Umfeldverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Realisierung. Im Ergebnis schnitt die Südvariante am besten ab. Die ursprüngliche Planung dieser Variante sah vor, die Trasse der A 281 durch einen Umbau des vorhandenen Trogbauwerks unterirdisch an die Neuenlander Straße anzuschließen und sie außerdem über einen Abzweig vor dem Anschluss an die Neuenlander Straße östlich um das Flughafengelände herum- und sodann nach Süden zu führen.

10

Der Bremer Senat stimmte in seiner Sitzung vom 23. September 2003 auf der Grundlage einer Entwurfsfassung des im März 2004 veröffentlichten Endberichts der konzeptionellen Untersuchung (Verkehrsuntersuchung 2003/2004) der vorgeschlagenen Südvariante zu und beauftragte die Verwaltung, über diese Variante mit dem Bund zu verhandeln. Im Laufe der Verhandlungen forderte der Bund, die Trasse im östlichen Bereich umzuplanen, um eine Kostensenkung bei dem Trassenübergang zur Trogstrecke zu erreichen und bautechnische Risiken für das Trogbauwerk zu senken. Der Umbau des Trogbauwerks wurde daraufhin von der Beklagten aufgegeben und der oberirdische Anschluss der Trasse an die Neuenlander Straße sowie die so genannte Querspange zur Kattenturmer Heerstraße geplant.

11

Im Rahmen des auf Antrag des Vorhabenträgers vom 12. Dezember 2006 eingeleiteten Planfeststellungsverfahrens lagen die Planunterlagen in der Zeit vom 7. Februar 2007 bis zum 6. März 2007 zur Einsichtnahme aus, nachdem die Planauslegung vorher ortsüblich bekannt gemacht und dabei auf die Möglichkeit, fristgebunden Einwendungen zu erheben, sowie die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden war.

12

Sämtliche Kläger erhoben fristgerecht Einwendungen gegen das Vorhaben. Der Kläger zu 1 machte geltend, seine Belange seien in existentieller Weise betroffen, denn die Trasse verlaufe komplett über sein Grundstück, so dass er buchstäblich von Haus und Hof vertrieben werde. Die Klägerin zu 2 rügte, mit der Knotenpunktvariante habe man alle Vorteile der Südvariante für den geplanten Abschnitt aufgegeben. Die Autobahn rücke in Hochlage direkt an die Wohnbebauung in Huckelriede heran. Der Kläger zu 3 wendete ein, durch den Anschluss der Querspange an die Kattenturmer Heerstraße werde es an seinem Haus zu erheblichen Lärmbelastungen und Luftverschmutzungen kommen. Die vorgesehene Lärmschutzwand werde den Lärm in den oberen Etagen noch verstärken.

13

Die erhobenen Einwendungen wurden in mehreren Terminen erörtert. Aufgrund der Ergebnisse des Anhörungsverfahrens und eines so genannten Runden Tisches wurden Änderungen in die Planfeststellungsunterlagen eingearbeitet. Im Wesentlichen waren dies die Verwendung offenporigen Asphalts auf Teilen der Fahrbahn, die Verbreiterung des Troges und Änderungen an den Lärmschutzwänden.

14

Am 7. April 2009 stellte die Beklagte den Plan für den Neubau der Bundesautobahn A 281, Bauabschnitt 2/2 zwischen Neuenlander Ring und Kattenturmer Heerstraße und die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Januar 2002 hinsichtlich des Übergangs vom Teilabschnitt 2/1 fest. Alle nicht erledigten privaten Einwendungen wurden zurückgewiesen:

15

Die planfestgestellte Südvariante habe sich eindeutig als vorzugswürdig erwiesen. In der konzeptionellen Untersuchung (Verkehrsuntersuchung 2003/2004) habe sie bereits beim ungewichteten Vergleich der Zielerreichung in fast allen Zielfeldern am besten abgeschnitten. Lediglich im Zielfeld Wirtschaftlichkeit sei die Zielerreichung bei den Nordvarianten geringfügig höher gewesen. Bei der gewichteten Sensitivitätsanalyse sei festzustellen, dass die Südtrasse in allen Gewichtungsvarianten klar die beste Bewertung erhalten habe. Die Überarbeitung des Anschlusses der Trasse habe zwar negative Auswirkungen auf das Zielfeld Städtebau, die sich aber auf einen kurzen Abschnitt der Neuenlander Straße und einen etwas größeren Grundstücksverbrauch bei Privatgrundstücken beschränkten. Dem stünden Kosteneinsparungen von 16,4 Mio. € oder 34 % der Gesamtbaukosten und die Verringerung bautechnischer Risiken gegenüber.

16

Zur Notwendigkeit der Querspange führt der Planfeststellungsbeschluss aus, der Knotenpunkt Neuenlander Straße/Kattenturmer Heerstraße könne die Überlagerung bestehender und hinzukommender Verkehrsströme durch die Anbindung der A 281 nicht aufnehmen. Es komme zu langen Rückstaus, die bis auf die Autobahn reichen würden. Über die zukünftige Lage des 5. Bauabschnitts von der Neuenlander Straße bis zur Anschlussstelle Brinkum der A 1 könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussage getroffen werden. Der Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa habe erreicht, dass die Querspange zunächst nur für eine Übergangszeit gebaut und nach Inbetriebnahme des 5. Bauabschnitts teilweise zurückgebaut werde. Mit diesem vom Bund mitgetragenen Verfahren könne der temporären Notwendigkeit der Querspange genauso Rechnung getragen werden wie den Anliegen der Anwohner. Es sei außerdem vom Bremischen Senat beschlossen worden, die Trasse des 5. Bauabschnitts in anwohnersensiblen Bereichen unterirdisch zu führen.

17

Mit ihrer Klage rügen die Kläger im Wesentlichen Folgendes: Ein eigener Verkehrsbedarf für den planfestgestellten Abschnitt ergebe sich nur, weil der ursprünglich vorgesehene östliche Anschluss des Teilabschnitts 2/1 nicht fertig gestellt worden sei. Wäre dies geschehen, hätte man den Verkehr bis zur Entscheidung über den 5. Bauabschnitt auf der Neuenlander Straße bis zum Autobahnzubringer Arsten führen können. Die Trasse hätte nicht ohne Änderung des Flächennutzungsplans aus dem Jahr 1983 festgestellt werden dürfen. Die Variantenabwägung habe den notwendigen Zusammenhang zwischen dem jetzt planfestgestellten und dem 5. Bauabschnitt ausgeblendet und lasse jede Abwägung im Hinblick darauf vermissen, dass die Querspange nur einem vorübergehenden Zweck diene. Der Kreuzungsbereich Neuenlander Straße/Kattenturmer Heerstraße könne auch ohne Enteignungen optimiert werden; die Querspange sei dann verzichtbar. Der Planfeststellungsbeschluss habe nicht berücksichtigt, dass die Kattenturmer Heerstraße voraussichtlich mit einem ganztätigen Lkw-Fahrverbot belegt werde, obwohl dies schon im Anhörungstermin vorgetragen worden sei. Angesichts der Vorbelastung durch den Fluglärm hätte für die Beurteilung der Lärmbeeinträchtigungen eine Summenpegelbetrachtung angestellt werden müssen.

18

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche Maßnahmen passiven Lärmschutzes für den Kläger zu 3 ergänzt.

19

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 7. April 2009 aufzuheben,

hilfsweise,

für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.

20

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

21

Sie tritt dem Vortrag der Kläger entgegen und verteidigt die getroffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe

22

Die Klage ist mit ihrem Hilfsantrag begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Ergänzungen leidet an Rechtsfehlern, die die Kläger in ihren Rechten verletzen und die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigen. Der Hauptantrag, mit dem die Kläger die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses begehren, bleibt dagegen ohne Erfolg.

23

A. Dem Planfeststellungsbeschluss kommt, da er Grundlage der nachfolgenden Enteignung ist (§ 19 Abs. 1 FStrG), enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Daher hat der Kläger zu 1, dessen durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Grundeigentum N. Straße ... für das Planvorhaben vollständig in Anspruch genommen werden soll, einen Anspruch darauf, von einer Entziehung seines Grundeigentums verschont zu bleiben, die nicht dem Wohl der Allgemeinheit dient, insbesondere nicht gesetzmäßig ist (Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG), und auf eine dahingehende umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses.

24

Der Anspruch des von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung Betroffenen auf gerichtliche Überprüfung des Plans auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch) unterliegt allerdings Einschränkungen. Danach führt nicht jeder objektiv-rechtliche Fehler, der einer Planung anhaftet, zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit. Diese Rechtsfolgen scheiden vielmehr aus, wenn und soweit der geltend gemachte Rechtsfehler für die Eigentumsbetroffenheit des Klägers aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist (Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 24).

25

Die nicht durch die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke und damit nur mittelbar betroffenen Kläger zu 2 und 3 können dagegen nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.

26

B. Die Planfeststellung leidet nicht an Verfahrensfehlern.

27

1. Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung eingehalten worden.

28

Die allgemein verständliche Zusammenfassung verzichtet unter Hinweis auf nicht ausgelegte Voruntersuchungen auf eine umfassende Darstellung der Raumbewertung in Kartenform und beschränkt sich auf eine mehrseitige textliche Beschreibung. Dies ist ebenso wenig zu beanstanden wie der Verweis auf den landschaftspflegerischen Begleitplan für die Darstellung des Schutzguts Tiere und Pflanzen. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG verlangt eine Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens, die nach § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UVPG Bestandteil der im Beteiligungsverfahren ausgelegten Unterlagen sein muss. Damit macht das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung zwar bestimmte inhaltliche Vorgaben, stellt dem Vorhabenträger aber frei, in welcher Form er die entsprechenden Unterlagen vorlegt. Hieran ändert auch das Merkblatt zur Umweltverträglichkeitsstudie in der Straßenplanung nichts. Zum einen verlangt es entgegen der Behauptung der Kläger nicht "für alle Schutzgüter das Vorliegen von Bestandskarten zur aktuellen Situation", zum anderen handelt es sich bei dem Merkblatt nicht um eine rechtsverbindliche Vorgabe, sondern lediglich um eine Arbeitshilfe.

29

Auch die übrigen Angriffe verfangen nicht. Der Vorwurf der Kläger, die 1994 durchgeführte Umweltverträglichkeitsstudie habe sich mit veralteten Linienführungen befasst, trifft zwar zu. Die Kläger verkennen aber, dass mit der allgemein verständlichen Zusammenfassung und dem landschaftspflegerischen Begleitplan Unterlagen zur jetzigen Vorzugstrasse erarbeitet und ausgelegt worden sind, die ihrerseits den Anforderungen der §§ 6 und 9 UVPG genügen.

30

Dass der Scoping-Termin erst nach der Erstellung der Untersuchung der Hauptvarianten durchgeführt worden ist, begegnet keinen Bedenken. Abgesehen davon, dass Rechte Dritter durch einen Verzicht oder die Art und Weise der Durchführung nicht tangiert werden (Urteil vom 9. November 2006 - BVerwG 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 26), ist die Durchführung des Scopings im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Das Scoping dient der Unterrichtung des Vorhabenträgers über den Inhalt und Umfang der voraussichtlich beizubringenden Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens. Es ist gesetzlich nicht generell vorgeschrieben, sondern findet nur statt, sofern der Vorhabenträger darum ersucht oder die zuständige Behörde es für erforderlich hält (§ 5 Satz 1 UVPG). Hieraus folgt, dass das Scoping sowohl vor als auch nach Einreichung des bereits eine Alternativenabwägung enthaltenden Plans bei der Anhörungsbehörde durchgeführt werden kann.

31

2. Keinen verfahrensrechtlichen Bedenken begegnet es, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Januar 2002 für den vorangegangenen Teilabschnitt 2/1 bezogen auf dessen östliches Endstück mit dem Anschluss an die Neuenlander Straße geändert hat. Nach § 17 Satz 4, § 17d FStrG i.V.m. § 76 Abs. 3 BremVwVfG bedarf es für Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung vor Fertigstellung des Vorhabens keines Anhörungsverfahrens und keiner öffentlichen Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses. Der Teilabschnitt 2/1 war zum Zeitpunkt der Änderung noch nicht fertig gestellt, da es an dem planfestgestellten Anschluss an die Neuenlander Straße fehlte. Die auf diesen Anschluss begrenzte Planänderung war auch von unwesentlicher Bedeutung im Sinne des § 76 Abs. 3 BremVwVfG, so dass die genannten Verfahrenserleichterungen eingreifen. Abgesehen davon genügte das Verfahren auch den strengeren Anforderungen einer wesentlichen Planänderung, da die Änderung des Teilabschnitts 2/1 von Anfang in das Verfahren zum Teilabschnitt 2/2 integriert war und dadurch alle Verfahrensschritte durchlaufen hat.

32

C. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet jedoch an materiell-rechtlichen Fehlern, die zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen.

33

1. Der Planfeststellungsbeschluss ist rechtswidrig, weil er gegen das Anpassungsgebot des § 7 Satz 1 BauGB verstößt.

34

a) Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Kläger mit ihrer Rüge, das Vorhaben widerspreche dem Flächennutzungsplan, nicht präkludiert. Zwar haben sie eine Verletzung des Flächennutzungsplans durch das Vorhaben nicht in ihren Einwendungsschreiben gerügt. Sie sind mit ihren im Klageverfahren insoweit erstmals erhobenen Rügen gleichwohl nicht ausgeschlossen. Es spricht schon vieles dafür, dass ihnen als Privateinwendern nicht entgegengehalten werden kann, sie hätten Verstöße gegen rechtliche Vorgaben für die Koordinierung verschiedener Planungsträger erkennen und rügen müssen. Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung und abschließenden Entscheidung. Denn die ausgelegten Planunterlagen, mit denen sich der von der Planung Betroffene zur Vermeidung der Präklusion auseinandersetzen muss (vgl. Urteil vom 30. Januar 2008 - BVerwG 9 A 27.06 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 195 Rn. 30 f.), entfalteten insoweit keine Anstoßwirkung.

35

Der Erläuterungsbericht gab im Rahmen der Variantenbeschreibung keinen Hinweis darauf, dass die Vorzugsvariante von der im Flächennutzungsplan 1983 festgelegten Linienführung auf der Neuenlander Straße, die im hier interessierenden Teilabschnitt bis heute keine Änderung erfahren hat (vgl. Flächennutzungsplan Bremen, Stand 1. April 2009), abweicht. Auch die Formulierung in der allgemein verständlichen Zusammenfassung nach § 6 UVPG, die Linienführung im 2. Bauabschnitt der A 281 sei planungsrechtlich "im Zuge der Aufstellung des Flächennutzungsplans Bremen 1983 behandelt" worden, lässt dies nicht erkennen. Ebenso wenig kann dem Hinweis, die Autobahneckverbindung A 281 mit dem Teilabschnitt 2/2 sei sowohl im Bundesverkehrswegeplan als auch im Flächennutzungsplan enthalten, entnommen werden, dass der Flächennutzungsplan nicht die planfestgestellte Südvariante, sondern die Nordvariante festsetzt. Der versteckte Hinweis auf Seite 18 der allgemein verständlichen Zusammenfassung, nur die Nordvariante 1 nutze, wie im Flächennutzungsplan vorgesehen, die Neuenlander Straße zwischen Neuenlander Ring und Kattenturmer Heerstraße, genügt angesichts des Schweigens des Erläuterungsberichts ebenfalls nicht, um Anstoßwirkung zu entfalten.

36

b) Nach § 7 Satz 1 BauGB haben öffentliche Planungsträger, die an der Aufstellung eines Flächennutzungsplans nach § 4 oder § 13 BauGB beteiligt worden sind, ihre Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben. Eine entsprechende Anpassungspflicht ergab sich aus dem im Zeitpunkt der Aufstellung des Flächennutzungsplans geltenden § 7 BBauG. Die Bindung der Fachplanung an den Flächennutzungsplan im Fall des unterlassenen Widerspruchs gilt - wie § 38 Satz 2 BauGB ausdrücklich klarstellt - auch für die nach § 38 Satz 1 Halbs. 1 BauGB gegenüber der Ortsplanung im Übrigen privilegierten Vorhaben. Sie bedeutet, dass der öffentliche Planungsträger sich nicht in Gegensatz zum Flächennutzungsplan setzen darf. Ihn trifft im Planfeststellungsverfahren die gleiche Bindung wie die Gemeinde nach § 8 Abs. 2 BauGB bei Aufstellung eines Bebauungsplans; ebenso wie diese ist er aber nur an die im Flächennutzungsplan dargestellte Grundkonzeption der Gemeinde gebunden (Beschluss vom 20. Juli 1990 - BVerwG 4 N 3.88 - Buchholz 406.11 § 5 BBauG/BauGB Nr. 7 S. 15).

37

Diesen Regelungsgehalt des § 7 BauGB verfehlt der Planfeststellungsbeschluss mit seiner Formulierung, eine Änderung des Flächennutzungsplans sei vor Durchführung des Planfeststellungsverfahrens nicht erforderlich gewesen, weil der Planfeststellungsbeschluss "eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Zulässigkeit des Vorhabens darstellt" (Planfeststellungsbeschluss S. 96). Die Formulierung lässt schon Zweifel daran aufkommen, ob die Planfeststellungsbehörde die unabhängig von einer etwaigen Bindungswirkung nach § 7 BauGB aus dem Abwägungsgebot erwachsende und in § 38 Satz 1 Halbs. 2 BauGB betonte Verpflichtung des Fachplanungsträgers, die Belange des Städtebaus zu berücksichtigen, d.h. entsprechend dem ihnen zukommenden Gewicht in die fachplanerische Abwägung einzustellen (stRspr; vgl. Urteil vom 11. April 1986 - BVerwG 4 C 51.83 - BVerwGE 74, 124 <132 f.>; Beschluss vom 13. Dezember 2006 - BVerwG 4 B 73.06 - Buchholz 406.11 § 38 BauGB Nr. 15 Rn. 6), hinreichend beachtet hat. § 7 Satz 1 BauGB geht über diese allgemeine Berücksichtigungspflicht noch hinaus, indem er dem Flächennutzungsplan - beschränkt auf den Fall des trotz ordnungsgemäßer Beteiligung unterbliebenen Widerspruchs des öffentlichen Planungsträgers - eine ihm sonst als Plan eigener Art ohne normative Wirkung nicht zukommende rechtliche Verbindlichkeit zuspricht. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans werden in diesem Fall zu den öffentlichen Planungsträger rechtlich bindenden Vorgaben, die es ihm untersagen, sich in Gegensatz zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans zu setzen (vgl. Gaentzsch/Philipp, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Bd. 1, Stand Oktober 2010, § 7 Rn. 5).

38

c) Die Nichtbeachtung des § 7 Satz 1 BauGB führt zur Fehlerhaftigkeit des Plans. Die planfestgestellte Trasse kann nicht als aus dem Flächennutzungsplan entwickelt angesehen werden (aa). Das erforderliche Beteiligungsverfahren ist durchgeführt und ein Widerspruch nicht eingelegt worden (bb). Die Widerspruchseinlegung war nicht deswegen verzichtbar, weil es wegen Identität des Trägers der Fachplanung und des Trägers der Flächennutzungsplanung keiner Kollisionsregelungen zur Verhinderung gegenläufiger Planungen bedurfte (cc). Die Bindung an den Flächennutzungsplan ist nicht wegen einer veränderten Sachlage entfallen. Im Übrigen wurde weder ein Einvernehmen zwischen Gemeinde und dem öffentlichen Planungsträger erreicht noch hat Letzterer dem Flächennutzungsplan nachträglich widersprochen (dd).

39

aa) Die kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung gegebene Anpassungspflicht ist nicht im Sinne einer rechtssatzmäßigen Anwendung ("Vollzug") der einzelnen Darstellungen des Flächennutzungsplans, sondern als planerische Fortentwicklung der im Flächennutzungsplan dargestellten Grundkonzeption der Gemeinde zu verstehen (vgl. Beschlüsse vom 20. Juli 1990 a.a.O. und vom 3. Oktober 1984 - BVerwG 4 N 4.84 - BVerwGE 70, 171 <177>). Der nicht widersprechende Fachplanungsträger hat seine Planung daher - aufgrund der inhaltlichen Bindung, die sich für Bebauungspläne aus § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB ergibt - so zu gestalten, dass sie als aus dem Flächennutzungsplan entwickelt gelten kann. Mit dem Begriff des Entwickelns ist eine gewisse Gestaltungsfreiheit verbunden, soweit die Planung nicht der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans widerspricht und sich die Abweichungen vom Flächennutzungsplan aus dem Übergang in eine stärker verdeutlichende Planstufe rechtfertigen. Für die Beurteilung, ob noch ein Entwickeln vorliegt, sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgeblich (so für das Verhältnis von Flächennutzungsplan und Bebauungsplan Urteile vom 28. Februar 1975 - BVerwG 4 C 74.72 - BVerwGE 48, 70 <74 f.> und vom 26. Februar 1999 - BVerwG 4 CN 6.98 - Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 14 S. 4 f.).

40

Nach diesen Maßstäben kann die planfestgestellte Linienführung der Trasse nicht mehr als planerische Fortentwicklung der im Flächennutzungsplan für den Teilabschnitt 2/2 festgelegten Grundkonzeption der Gemeinde angesehen werden. Der Flächennutzungsplan für das Gebiet der Stadtgemeinde Bremen sieht in seiner aktuellen Fassung, die in ihren zeichnerischen Darstellungen im Bereich des Teilabschnitts 2/2 seit 1983 unverändert geblieben ist, den Verlauf der Autobahn auf der Trasse der Neuenlander Straße sowie die Anbindung der A 281 an eine neu zu schaffende Süd-Verbindung zur A 1/AS Brinkum in Höhe des jetzigen Hornbach-Grundstücks (Neuenlander Straße 113 A) vor. Im Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan 1983 wird als wesentliches neues Element des damaligen Verkehrskonzepts eine "Tunnelführung im Zuge der Neuenlander Straße" erwähnt. Der Planfeststellungsbeschluss verschiebt die Trasse über nahezu die gesamte Länge des Teilabschnitts 2/2 um bis zu 200 m nach Süden in die dort im Flächennutzungsplan ausgewiesene gewerbliche Baufläche hinein. Darüber hinaus wird die Südanbindung der Trasse zur A 1 gegenüber der Darstellung im Flächennutzungsplan um mehrere hundert Meter nach Osten um das Gelände des Flughafens herum bis zum Ende des Planungsabschnitts an der Kattenturmer Heerstraße verschoben. Diese erheblichen Änderungen sind angesichts der Eindeutigkeit der Darstellung des Trassenverlaufs im Flächennutzungsplan nicht durch den Übergang in eine stärker verdeutlichende Planungsstufe erklärbar. Sie lassen zudem die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans in diesem Bereich nicht unangetastet. Diese besteht insbesondere darin, die vorhandene trennende Wirkung der Neuenlander Straße für Gebiete unterschiedlicher Nutzungsart aufzugreifen und gleichzeitig die nördlich der Straße gelegenen Kleingarten- und Wohngebiete durch die Führung der Autobahn in Tunnellage vor zusätzlichen Lärmbeeinträchtigungen zu schützen. Zum anderen sah die Konzeption des Flächennutzungsplans vor, den Verkehr in südlicher Richtung zur A 1 nicht über das städtische Straßennetz, sondern durch eine neu zu schaffende Anschlussstelle unter dem Flughafen zu führen.

41

bb) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Vorhabenträger als materieller Planungsträger (vgl. Gaentzsch/Philipp a.a.O. Rn. 9) im Rahmen der Aufstellung des Flächennutzungsplans vom 28. Juni 1983 nicht entsprechend der damals geltenden Soll-Vorschrift des § 2 Abs. 5 BBauG beteiligt worden ist oder zwar beteiligt worden ist, aber der Darstellung des Trassenverlaufs widersprochen hat. Die Beklagte selbst hat eine Nichtbeachtung der Beteiligungsvorschriften nicht gerügt und nicht behauptet, der Flächennutzungsplanung widersprochen zu haben.

42

cc) Dass der Träger der Fachplanung keinen Widerspruch erhoben hat, kann nicht mit der Erwägung als unbeachtlich angesehen werden, dass er mit dem Träger der Flächennutzungsplanung identisch sei und es deswegen keiner Kollisionsregelung zur Verhinderung gegenläufiger Planungen bedurft habe. Es fehlt schon an einer Identität der beiden Planungsträger. Nach Art. 143 der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen vom 21. Oktober 1947 (GBl S. 251 - BremVerf) bilden die Stadt Bremen und die Stadt Bremerhaven jede für sich eine Gemeinde des bremischen Staates. Die Freie Hansestadt Bremen stellt einen aus diesen beiden Gemeinden gebildeten Gemeindeverband höherer Ordnung dar. Den Gemeinden steht gemäß Art. 144 Satz 2 BremVerf das Recht der Selbstverwaltung und damit auch die kommunale Planungshoheit zu, die insbesondere das Recht der Bauleitplanung umfasst. Beschlussorgan der Stadtgemeinde Bremen ist insoweit gemäß Art. 148 Abs. 1 BremVerf die Stadtbürgerschaft der Stadtgemeinde Bremen, die aus den von den stadtbremischen Wählern bei der Wahl zur Bürgerschaft im Wahlbereich Bremen gewählten Vertretern besteht. Träger der Fachplanung beim Autobahnbau ist dagegen nicht die Gemeinde, sondern gemäß Art. 90 Abs. 2 GG i.V.m. § 5 Abs. 1 FStrG die Straßenbauverwaltung des Landes - hier der beklagten Freien Hansestadt Bremen - im Auftrag des Bundes.

43

Unabhängig hiervon ist die Anpassungspflicht des § 7 Satz 1 BauGB auch deswegen nicht gegenstandslos, weil sie nicht nur die Planungshoheit als subjektive Rechtsposition der Gemeinde schützt, sondern auch die gesamtplanerische Steuerungskraft des Flächennutzungsplans als objektiven öffentlichen Belang. Das ist für das Verhältnis von Flächennutzungsplan und aus ihm zu entwickelnden Bebauungsplänen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt. Gesetzgeberisches Ziel der grundsätzlichen Verpflichtung der Gemeinde zu einer derart zweistufigen Planung ist es, die Gemeinde anzuhalten, ihre städtebauliche Entwicklung auf der Grundlage einer in sich stimmigen Grundkonzeption für das gesamte Gemeindegebiet zu steuern. Diesem Anliegen dienen alle das Verhältnis zwischen Flächennutzungsplan und Bebauungsplan regelnden Vorschriften. Ohne Änderung des Flächennutzungsplans als der übergeordneten Gesamtplanung für das Gemeindegebiet darf die Gemeinde nicht im Wege der Bauleitplanung für Teilbereiche des Gemeindegebietes neue Planungskonzepte entwickeln. Der Umstand, dass die Gemeinde die Planungshoheit sowohl für die das gesamte Gemeindegebiet erfassende Flächennutzungsplanung als auch für die Aufstellung von Bebauungsplänen besitzt, ist auf diese Bindung ohne Einfluss. Nichts anderes kann im Verhältnis von Flächennutzungsplan und Fachplanung gelten. Auch insoweit dient die Bindung an den Flächennutzungsplan dem objektiven Belang einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und ließe die Gemeinde auch dann zur Adressatin der Anpassungspflicht werden, wenn sie selbst Trägerin der Fachplanung wäre.

44

dd) Die Bindung an die Darstellungen des Flächennutzungsplans ist nicht wegen einer eine abweichende Planung erforderlich machenden Veränderung der Sachlage und eines darüber mit der Gemeinde erzielten Einvernehmens oder eines nachträglich durch den öffentlichen Planungsträger eingelegten Widerspruchs gemäß § 7 Satz 3 und 4 BauGB entfallen.

45

(1) Es fehlt schon an der in § 7 Satz 3 und 4 BauGB geforderten Veränderung der Sachlage. Die von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung angesprochene Forderung des Bundes nach einem kostengünstigeren Anschluss der Trasse an das Trogbauwerk stellt eine solche nicht dar. Sie war nicht Ursache für die geänderte Linienführung, sondern Folge der von der Beklagten aufgrund der Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2003/2004 getroffenen und von der Beklagten dem Bund - nach ihrer eigenen Einlassung in der mündlichen Verhandlung - "abgerungenen" Entscheidung für die von der Neuenlander Straße abrückende Südvariante. In informellen Planungen zum Ausdruck gebrachte abweichende Planungsvorstellungen und -ziele der Verwaltung der Beklagten stellen ebenfalls keine Veränderung der Sachlage dar. Wie schon der Wortlaut des § 7 Satz 3 BauGB belegt, sind mit einer derartigen Veränderung von der Planung des öffentlichen Planungsträgers zu unterscheidende tatsächliche Umstände gemeint; diese können deshalb nicht in veränderten planerischen Vorstellungen gesehen werden. Es muss sich vielmehr um eine Veränderung der für die Ausgestaltung der Fachplanung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse handeln, die eine Abweichung von dem Planungskonzept des Flächennutzungsplans notwendig macht. Dass sich unabhängig von dem Verlangen des Bundes nach einem kostengünstigeren Anschluss der Trasse oder den erwähnten informellen planerischen Vorstellungen planungserhebliche tatsächliche Gegebenheiten geändert haben, wird in dem Planfeststellungsbeschluss nicht dargelegt und lässt sich den vorgelegten Planungsunterlagen nicht entnehmen.

46

(2) Selbst wenn eine Veränderung der Sachlage im Sinne des § 7 Satz 3 BauGB unterstellt wird, fehlt es an der Herstellung eines Einvernehmens zwischen der für die Flächennutzungsplanung zuständigen Stadtgemeinde Bremen und dem Träger der Fachplanung. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist hierauf auch nicht wirksam verzichtet worden.

47

Dass der Fachbereich Bau bei dem Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa im Planfeststellungsverfahren in seiner im Planfeststellungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 30. März 2007 auf die Problematik der Abweichung des Fachplanungsvorhabens von dem Flächennutzungsplan nicht eingegangen ist, rechtfertigt die Annahme eines Verzichts der Gemeinde auf die Beachtung ihres Flächennutzungsplans selbst dann nicht, wenn unterstellt wird, dass er diese Stellungnahme auch als Organ der Stadtgemeinde Bremen (vgl. Art. 148 Abs. 1 BremVerf) abgegeben hat. Der Verzicht auf eine Rechtsposition erfordert eine ausdrückliche Erklärung oder muss sich aus einem sonstigen Verhalten mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lassen. Bloßes Schweigen auf nicht gestellte Fragen genügt nicht. So lag es aber hier.

48

Eine Verzichtserklärung des Fachbereichs Bau oder einer anderen Stelle der Verwaltung der Beklagten bzw. der Stadtgemeinde Bremen hätte zudem nicht genügt, um die Bindungswirkung des Flächennutzungsplans entfallen zu lassen. Die Kompetenz, eine Entscheidung über die Aufhebung der Bindungswirkung des Flächennutzungsplans zu treffen, steht allein dem für die Aufstellung und Änderung des Flächennutzungsplans zuständigen Gemeindeorgan zu. Dieses muss das Einvernehmen über eine Abweichung vom bisherigen gemeindlichen Planungskonzept aus Gründen der Rechtsklarheit durch eine förmliche Änderung des Flächennutzungsplans nach außen erkennbar dokumentieren (vgl. Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Bd. 1, Stand September 2010, § 7 Rn. 19; Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 1, Stand September 2010, § 7 Rn. 110 und 156a). Das ergibt sich aus Folgendem:

49

Die Aufstellung von Bauleitplänen ist Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden, § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB; die Zuständigkeit der Gemeindeorgane für die Bauleitplanung oder für einzelne Verfahrensabschnitte regelt das Landesrecht (Beschluss vom 15. April 1988 - BVerwG 4 N 4.87 - BVerwGE 79, 200 <204>). Für die Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan zuständiges gesetzliches Organ in der Stadtgemeinde Bremen ist die durch die stadtbremischen Wähler unmittelbar demokratisch legitimierte Stadtbürgerschaft als Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Bremen (Art. 148 Abs. 1 BremVerf; vgl. Urteil vom 29. April 2010 - BVerwG 4 CN 3.08 - ZfBR 2010, 575).

50

In der Zuständigkeit der Gemeindevertretung für die Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan wird dessen maßgebende Leitfunktion in der städtebaulichen Entwicklung zum Ausdruck gebracht. Als vorbereitender Bauleitplan stellt der Flächennutzungsplan gemäß § 5 Abs. 1 BauGB vor allem ein gesamträumliches Entwicklungskonzept dar, das die Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen festlegt. Die in § 5 Abs. 1 BauGB selbst enthaltene Programmierungsfunktion soll durch das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB im Sinne einer Determinierung den Inhalt der Festsetzungen des rechtsverbindlichen Bebauungsplans steuern (Urteil vom 21. Oktober 1999 - BVerwG 4 C 1.99 - BVerwGE 109, 371 <376>). Welches Gewicht das Gesetz der im Flächennutzungsplan enthaltenen gesamträumlichen Entwicklungskonzeption beimisst, ergibt sich auch daraus, dass die Gemeinde nur unter den in § 8 Abs. 3 und 4 BauGB geregelten Voraussetzungen ein Parallelverfahren durchführen oder sich für einen vorgezogenen Bebauungsplan entscheiden darf, der Flächennutzungsplan demselben öffentlichen Entscheidungsverfahren unterworfen wird wie der rechtsverbindliche Bebauungsplan (§§ 2 ff. BauGB) und die nach außen gerichtete Wirksamkeit des Flächennutzungsplans die ortsübliche Bekanntmachung seiner Genehmigung voraussetzt (§ 6 Abs. 5 BauGB). Insbesondere der Funktion, jedermann über den Stand der von der Gemeinde beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung Auskunft zu geben (vgl. Urteil vom 21. Oktober 1999 a.a.O.), wird ein Flächennutzungsplan nur gerecht, wenn sich der Bürger darauf verlassen kann, dass die Gemeinde den Flächennutzungsplan einer geänderten Planungskonzeption anpasst.

51

(3) Ist danach zur Herstellung eines Einvernehmens zwischen Gemeinde und Fachplanungsträger über eine Abweichung vom bisherigen gemeindlichen Planungskonzept grundsätzlich die Änderung des Flächennutzungsplans erforderlich, ist es gleichwohl nicht gänzlich ausgeschlossen, in Fällen des unterbliebenen Widerspruchs den Planfeststellungsbeschluss vor einer solchen Änderung zu erlassen. Die förmliche Änderung muss nicht abgewartet werden, sofern z.B. der Abstimmungsprozess zwischen Fachplanungsträger und Gemeinde inhaltlich abgeschlossen ist und in dessen Umsetzung ein Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans durch einen förmlichen Beschluss des zuständigen Gemeindeorgans eingeleitet worden ist.

52

(4) Selbst wenn unterstellt wird, die Sachlage habe sich geändert, ist die Bindungswirkung des Flächennutzungsplans auch nicht durch einen nachträglichen Widerspruch nach § 7 Satz 4 BauGB entfallen. Der Vorhabenträger hat einen solchen Widerspruch schon gar nicht erklärt. Ob die weitere in Satz 5 aufgestellte Zulässigkeitsvoraussetzung für einen nachträglichen Widerspruch vorliegt, dass die für die abweichende Planung geltend gemachten Belange die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebenden städtebaulichen Belange nicht nur unerheblich überwiegen, bedarf daher keiner Prüfung.

53

d) Der Kläger zu 1 kann sich als durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffener auf den Verstoß gegen § 7 Satz 1 BauGB berufen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ihm die Berufung auf den Verstoß gegen § 7 Satz 1 BauGB nicht deswegen versagt, weil diese Norm nur die gemeindliche Planungshoheit schützen soll. Mit seiner sowohl die subjektive Rechtsposition der Gemeinde als auch die geordnete städtebauliche Entwicklung umfassenden doppelten Schutzrichtung schützt das Anpassungsgebot neben der Planungshoheit der Gemeinde das Gemeinwohl. Der Kläger zu 1 muss aber als Eigentumsbetroffener nur eine dem Gemeinwohl dienende Inanspruchnahme seines Grundstücks hinnehmen. Die Missachtung der Anpassungspflicht des § 7 Satz 1 BauGB ist dagegen für sich genommen nicht geeignet, der Klage der Kläger zu 2 und 3, deren Grundeigentum durch das Vorhaben nicht in Anspruch genommen werden soll, zum Erfolg zu verhelfen.

54

2. Der Verstoß gegen das Anpassungsgebot des § 7 Satz 1 BauGB infiziert allerdings materiell-rechtlich auch die dem Abwägungsgebot (§ 17 Satz 2 FStrG) unterliegende Variantenprüfung und führt zur Fehlerhaftigkeit der Entscheidung für die Südvariante. Hierauf können sich auch die nur mittelbar betroffenen Kläger zu 2 und 3 berufen, weil die Abwägungsmängel dazu geführt haben, dass die für das Vorhaben sprechenden öffentlichen Belange fehlerhaft bewertet und mit der daraus folgenden Fehlgewichtung den geschützten Privatbelangen der Kläger zu 2 und 3 gegenübergestellt worden sind.

55

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Planfeststellungsbehörde bei der Trassenprüfung ein gestuftes Verfahren gestattet, bei dem sich die Anforderungen an den Umfang der Sachverhaltsermittlung und -bewertung jeweils nach dem erreichten Planungsstand und den bereits im Laufe des Verfahrens gewonnenen Erkenntnissen richten.

56

Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen (Beschluss vom 20. Dezember 1988 - BVerwG 7 NB 2.88 - BVerwGE 81, 128 <136 f.>; Urteil vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 41). Die Planfeststellungsbehörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen.

57

Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <146 f.>). Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Abwägungsentscheidung als fehlerhaft.

58

Bei der Variantenauswahl hat sich die Planfeststellungsbehörde nicht an die im Flächennutzungsplan zum Ausdruck kommende städtebauliche Konzeption gebunden gefühlt. Nur deswegen konnte sie sich die in der Verkehrsuntersuchung 2003/2004 ausgesprochene Variantenempfehlung zu Eigen machen. Die Einbeziehung der Südvariante in die Trassenuntersuchung wird in der Verkehrsuntersuchung damit begründet, dass in einer 1999 im Auftrag der Beklagten erstellten Entwicklungsplanung für die Bremer Neustadt wegen der mit einer Trassenführung auf der Neuenlander Straße verbundenen Nachteile ein Abrücken der Trasse von der Neuenlander Straße und ihre Führung zwischen dem AIRBUS-Gelände und dem Gewerbegebiet Neuenlander Straße vorgeschlagen worden sei. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachbeistand der Beklagten Prof. Dr. R. hierzu ergänzt, diese "Masterplan"-Empfehlung sei ressortübergreifend abgestimmt worden.

59

Damit hat die Beklagte informellen Planungsüberlegungen, die sich in einem so genannten Masterplan verdichtet haben, den Vorrang gegenüber dem durch den Flächennutzungsplan aufgestellten gesamträumlichen Entwicklungskonzept eingeräumt. Diese Vorgehensweise übersieht, dass "Masterplan" der Gemeinde ihr Flächennutzungsplan sein muss, der nicht nur die Gemeinde bei der weiteren städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets, sondern auch den nicht widersprechenden Träger der überörtlichen Planung bindet. Hätte die Planfeststellungsbehörde die Verbindlichkeit des Flächennutzungsplans erkannt, hätte sie sowohl die Mittelvariante als auch die als Vorzugsvariante ausgewählte Südvariante bereits bei einer Grobanalyse wegen der mit diesen Varianten unvereinbaren Trassenfestlegung im Flächennutzungsplan ausscheiden müssen.

60

3. Der Planfeststellungsbeschluss weist darüber hinaus weitere Abwägungsfehler im Zusammenhang mit dem nach Erstellung der Verkehrsuntersuchung 2003/2004 veränderten Anschluss der Südvariante an das Trogbauwerk in der Neuenlander Straße und der nachträglich veränderten Anschlussoption für den 5. Bauabschnitt durch die angestrebte Untertunnelung des Flughafengeländes und den Bau der Anschlussstelle in Höhe des Hornbach-Grundstücks auf. Auch diese Abwägungsfehler können nach den oben dargelegten Maßstäben alle Kläger rügen.

61

Die bei dem Vergleich von Planungsalternativen gefundenen Ergebnisse stehen stets unter dem Vorbehalt gleichbleibender Verhältnisse. Ergeben sich im Lauf eines Planfeststellungsverfahrens in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht für die Trassenauswahl wesentliche neue Entwicklungen, muss die Planfeststellungsbehörde dem Rechnung tragen und die bisher getroffenen Entscheidungen überprüfen. Kommt eine zunächst ausgeschiedene Planungsalternative in einem späteren Verfahrensstadium erneut und ernsthaft in Betracht, so hat die Behörde sie als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihr objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einzubeziehen. Das kann im Einzelfall die Verpflichtung zur Nachermittlung abwägungserheblicher Tatsachen auslösen (vgl. Beschluss vom 26. Juni 1992 - BVerwG 4 B 1-11.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 S. 91 und Urteil vom 18. Juni 1997 - BVerwG 4 C 3.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 131 S. 202).

62

Die Pflicht zur Überprüfung des Variantenvergleichs kann so weit gehen, auch die Frage nach der "Null-Variante", also danach, ob auf das Vorhaben verzichtet werden kann, nicht auszusparen (zur Prüfung der Null-Variante vgl. Urteil vom 26. März 1998 - BVerwG 4 A 7.97 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 137 S. 240). Die Aufnahme des Vorhabens in den vordringlichen Bedarf steht einer solchen Prüfung nicht entgegen. Der Bedarfsplan ist als grobmaschiges Konzept von vornherein nicht detailgenau. Er belässt - entsprechend dieser Unbestimmtheit - den nachfolgenden Verfahren der Linienbestimmung und der Planfeststellung planerische Spielräume. Das bedeutet, dass es der Gesetzgeber sogar als möglich hinnimmt, dass sich die im Bedarfsplan vorgesehene Trasse im Planfeststellungsverfahren nicht als abwägungsgerecht durchsetzt (Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 29.94 - BVerwGE 102, 331 <344>). Auch die auf der nächsten Planungsstufe erfolgte Linienbestimmung schließt die Prüfung der Null-Variante nicht aus. Die Linienbestimmung ist weder eine formelle noch eine materielle Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der Planfeststellung, sondern hat innerhalb des Planungsverlaufs den Charakter einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung. Die Linienbestimmung entbindet die Planfeststellungsbehörde nicht von der Prüfung, ob das Vorhaben den rechtlichen Anforderungen genügt (stRspr; vgl. zuletzt Urteile vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 13.08 - NVwZ 2010, 1295 m.w.N. und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 26). Gemessen hieran hätte die Beklagte sowohl den geänderten Anschluss an das Trogbauwerk einschließlich der Querspange als auch die veränderte Anschlussoption des 5. Bauabschnitts zum Anlass nehmen müssen, erneut in die Variantenuntersuchung einzutreten.

63

a) Durch den nach Erstellung der Verkehrsuntersuchung 2003/2004 auf Wunsch des Bundes veränderten Anschluss der Südvariante an das vorhandene Trogbauwerk reicht die geplante Trasse der A 281 dichter an die nördlich der Neuenlander Straße befindliche Wohnbebauung im Ortsteil Huckelriede heran und wird in diesem Bereich nicht mehr - wie in der Verkehrsuntersuchung noch vorgesehen und als Ergebnis des Trassenvergleichs vorgeschlagen - in Tieflage geführt, sondern steigt um ca. 2,50 m über die Nullebene an, um dann kurz vor dem vorhandenen Trogbauwerk an die Neuenlander Straße angeschlossen zu werden. Dass eine derart veränderte Trassenführung zu Änderungen in den Lärmbetroffenheiten der Bewohner des Wohngebietes Huckelriede führt, hat der Fachgutachter der Beklagten Dr. H. in der mündlichen Verhandlung eingeräumt. Die Hochlage einer Lärmquelle sei im Fernbereich schalltechnisch immer schlechter als eine tiefere Lage; etwas anderes gelte nur für den unmittelbaren Nahbereich. Gleichwohl hat die Planfeststellungsbehörde auf eine vergleichende schalltechnische Untersuchung der ursprünglich geplanten und der geänderten Südvariante verzichtet.

64

Die erstmals in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte "Ergänzung zu den Konzeptionellen Untersuchungen zur Führung der A 281 BA 2/2" vom April 2007 geht zwar davon aus, dass durch den bei der modifizierten Südvariante direkt an der Neuenlander Straße vorgesehenen aktiven Lärmschutz sowohl der von der A 281 als auch der von der Neuenlander Straße ausgehende Lärm abgeschirmt wird und es dadurch zu einer Verminderung der Lärmproblematik für das nördlich gelegene Wohngebiet kommt. Eine schalltechnische Untersuchung, die diese Aussage stützt, findet sich in den planfestgestellten Unterlagen jedoch nicht. Die Annahme in der Untersuchung 2007 ist auch nicht ohne Weiteres mit den der Verkehrsuntersuchung 2003/2004 als Anlage 2 beigefügten Rasterlärmkarten vereinbar. Diese weisen für die untersuchten Nordvarianten in dem hier interessierenden Teilabschnitt trotz der an der Neuenlander Straße vorgesehenen aktiven Lärmschutzmaßnahmen durch Lärmschutzwände erkennbar höhere Lärmbelastungen auf als die Südvariante in ihrer ursprünglich vorgesehenen Form.

65

b) Die Verkehrsuntersuchung zu den Hauptvarianten aus dem Jahre 2003/2004 ging ebenso wie die ergänzende Untersuchung 2007 über die Verkehrsqualität an den Knotenpunkten bei allen geprüften Varianten von einer auf Dauer angelegten Umfahrung des Flughafengeländes und einem Anschluss des Teilabschnitts 2/2 an den 5. Bauabschnitt östlich des Flughafens aus.

66

Demgegenüber wird im Planfeststellungsbeschluss hervorgehoben, dass als Ergebnis der politischen Beratungen und beeinflusst durch die Beratungen des Runden Tisches der Bremische Senat beschlossen habe, die Trasse des 5. Bauabschnitts in anwohnersensiblen Bereichen unterirdisch zu führen (Planfeststellungsbeschluss S. 21). Der Vorhabenträger habe nachvollziehbar dargelegt, dass mit dem Bau des Teilabschnitts 2/2 keine Zwangspunkte gesetzt würden und alle in Betracht kommenden Verknüpfungen, z.B. auch eine Führung unter dem Flughafengelände hindurch, möglich blieben (Planfeststellungsbeschluss S. 99); nach Fertigstellung des 5. Bauabschnitts sei eine Verbindung des Teilabschnitts 2/2 mit der Kattenturmer Heerstraße verkehrlich nicht mehr zwingend notwendig und daher sei in Gesprächen mit dem Bund erreicht worden, dass die Querspange nur für eine Übergangszeit gebaut und nach Inbetriebnahme des 5. Bauabschnitts finanziert vom Bund teilweise zurückgebaut werden solle (Planfeststellungsbeschluss S. 21).

67

Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Beklagte mit dieser von ihr selbst im Planfeststellungsbeschluss wiedergegebenen neuen Entwicklung, insbesondere mit der Tatsache, dass die Querspange als Ergebnis des Runden Tisches nur für einen temporären Bedarf vorgesehen und ihr Rückbau beabsichtigt ist, inhaltlich auseinandergesetzt und deren Bedeutung für die Bewertung und Gewichtung der öffentlichen und privaten Belange erkannt hat. Dabei drängt sich auf, dass bei einer nur temporären Erforderlichkeit der Querspange die Eigentumsbelange des Klägers zu 1, dessen Haus- und Hofgebäude namentlich mit Rücksicht auf diesen Bestandteil der Planung zum Abriss vorgesehen sind, mit einem anderen Gewicht hätten eingestellt werden müssen als bei einem auf Dauer angelegten Bau der Querspange. Bereits aus diesem Grund, aber auch mit Blick auf die Betroffenheiten der Kläger zu 2 und 3 und der übrigen mittelbar durch die Querspange betroffenen Anwohner des Wohngebietes Huckelriede hätte für die Planfeststellungsbehörde Anlass bestanden, erneut in die Abwägung einzutreten und sich insbesondere mit der Frage eines vorübergehenden Verzichts auf den Bau der Trasse (Null-Variante) und anderen möglichen Übergangslösungen auseinanderzusetzen.

68

4. Die Abschnittsbildung für sich genommen ist dagegen nicht zu beanstanden.

69

Der Rechtsfigur der planungsrechtlichen Abschnittsbildung liegt die Erwägung zugrunde, dass angesichts vielfältiger Schwierigkeiten, die mit einer detaillierten Streckenplanung verbunden sind, die Planfeststellungsbehörde ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen kann. Die jeweils getroffene Abschnittsbildung muss sich inhaltlich rechtfertigen lassen (vgl. Beschluss vom 26. Juni 1992 - BVerwG 4 B 1-11.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 S. 89 ff.) und ihrerseits das Ergebnis planerischer Abwägung sein (vgl. dazu Urteil vom 26. Juni 1981 - BVerwG 4 C 5.78 - BVerwGE 62, 342 <351 ff.>). Darüber hinaus bedarf der planfestgestellte Streckenabschnitt der eigenen Planrechtfertigung. Diese ist allerdings vor dem Hintergrund der beabsichtigten Gesamtplanung zu sehen. Daher muss der jeweilige Teilabschnitt eine insoweit selbständige Verkehrsfunktion besitzen (Urteil vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <15>).

70

Den Klägern ist zuzugeben, dass sich eine zügige Gesamtplanung der Bauabschnitte 2/2 und 5 angesichts der bei einer getrennten Planung der Abschnitte zu bewältigenden Probleme angeboten hätte. Insbesondere die Unsicherheit über die Lage des Anschlusses des 5. Bauabschnitts erfordert einen erhöhten Ermittlungs-, Prüfungs- und Bewertungsaufwand bereits bei der Planung des Teilabschnitts 2/2 und dessen Anschlusses an das Verkehrsnetz. Gleichwohl ist die vorgenommene Abschnittsbildung vertretbar; denn sie ist vom Bundesverkehrswegeplan vorgegeben. Die beiden Bauabschnitte sind unterschiedlichen Dringlichkeitsstufen zugewiesen: Während der Teilabschnitt 2/2 unter der laufenden Nr. 5 im vordringlichen Bedarf aufgelistet ist, wird der 5. Bauabschnitt unter der Bezeichnung "B 6n Neuenlander Straße (A 281) - AS Bremen/Brinkum (A 1)" im weiteren Bedarf mit Planungsrecht aufgeführt. Danach besteht nur für den Teilabschnitt 2/2 ein uneingeschränkter, insbesondere auch finanziell abgesicherter Planungsauftrag, der die Einleitung der Bauvorbereitung umfasst. Die Planfeststellungsbehörde war schon aufgrund dieser rechtlichen Vorgaben berechtigt, die vom Vorhabenträger vorgeschlagene Abschnittsbildung zu übernehmen. Das bereits bestehende Planungsrecht für den 5. Bauabschnitt und dessen angestrebte Aufnahme in den vordringlichen Bedarf führen zu keiner anderen Beurteilung. Zwar ist nach den Ausführungen der Beklagten im Planfeststellungsbeschluss durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung eine politische Zusage für eine zügige Realisierung des 5. Bauabschnitts abgegeben und eine Aufnahme dieses Vorhabens in den vordringlichen Bedarf angekündigt worden, so dass "umgehend mit den Planungen für dieses Teilstück begonnen werden" kann (Planfeststellungsbeschluss S. 99). Diese Entwicklung hätte Anlass sein können, die Planfeststellung für den Teilabschnitt 2/2 zurückzustellen. Ein nicht überwindbares Planungshindernis für den Teilabschnitt 2/2 ergibt sich daraus jedoch nicht. Die sich durch die Ungewissheit über die Fortführung der Trasse im Folgeabschnitt ergebenden Probleme sind nicht einfach zu bewältigen. Es bedarf insoweit einer eingehenden Ermittlung und Bewertung der jeweiligen Rückwirkungen, die sich aus der Realisierung der verschiedenen denkbaren Anschlussmöglichkeiten auf die im planfestgestellten Teilabschnitt betroffenen öffentlichen und privaten Belange ergeben. Dies stellt die Abwägung aber nicht vor unlösbare Probleme.

71

5. Als abwägungsfehlerhaft erweist sich der Planfeststellungsbeschluss dagegen, soweit er die verkehrliche Notwendigkeit einer Entlastung des Knotenpunktes Neuenlander Straße/Kattenturmer Heerstraße bejaht, ohne das vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom zuständigen Verkehrssenator für die Kattenturmer Heerstraße angekündigte ganztägige Durchfahrtsverbot für Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t zu berücksichtigen. Die Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung haben nicht ergeben, dass ein solches Verbot ungeeignet ist, den Knotenpunkt Neuenlander Straße/Kattenturmer Heerstraße ausreichend zu entlasten. Selbst wenn, wie der Fachgutachter der Beklagten Dipl.-Ing. J. in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, die durch ein Durchfahrtverbot entstehenden Lkw-Lücken durch Pkw aufgefüllt werden, ist damit der Vortrag der Kläger, aufgrund des anderen Anfahrverhaltens von Lkw und Pkw sei gleichwohl mit einem deutlich verbesserten Verkehrsfluss zu rechnen, nicht widerlegt. Untersuchungen darüber fehlen ebenso wie zu der Zahl der von einem Durchfahrtverbot betroffenen Lkw. Die Kläger haben hierzu vorgetragen, dass der Anteil der Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht zwischen 7,0 und 7,5 t in Abhängigkeit von den Führerscheinklassen sehr hoch sei. Auch Dipl.-Ing. J. hat eingeräumt, dass für den "Graubereich" zwischen 7,0 und 7,5 t Zahlen fehlten.

72

6. Der Planfeststellungsbeschluss ist selbst dann nicht frei von Abwägungsfehlern, wenn die Notwendigkeit einer Entlastung des Knotenpunktes unterstellt wird. Die Entscheidung, statt einer Aufweitung des Knotenpunktes den Bau der Querspange vorzusehen, beruht auf einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung der jeweils betroffenen privaten und öffentlichen Belange. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Kläger auch insoweit nicht präkludiert. Es trifft zwar zu, dass sie erst im gerichtlichen Verfahren eigene Vorschläge zur Verbesserung des Knotenpunktes vorgebracht haben. Dabei handelt es sich aber nur um Präzisierungen der im Einwendungsschreiben erhobenen Rüge einer fehlerhaften Trassenwahl. Ebenso wenig wie generell zur Begründung dieser Rüge waren die Kläger verpflichtet, speziell zur Knotenpunktgestaltung Alternativvorschläge zu entwickeln und zu unterbreiten.

73

Die Überlegung des Planfeststellungsbeschlusses, aufgrund der Querspange müsse nur in geringem Maße in privates Grundeigentum eingegriffen werden, weshalb der Grunderwerb für eine zusätzliche Abbiegerspur nicht per Enteignung durchsetzbar sei, ist nicht nachvollziehbar begründet. Es fehlt schon an einer auch nur überschlägigen Ermittlung des Flächenverbrauchs der beiden in Betracht kommenden Lösungen und an einer Gegenüberstellung der konkreten Eigentumsbetroffenheiten. Der Planfeststellungsbeschluss lässt offen, warum die Erweiterung des Kreuzungsbereichs Neuenlander Straße/Kattenturmer Heerstraße den "Ankauf der dort stehenden Immobilien bedingen würde" (Planfeststellungsbeschluss S. 98). Es wird nicht erläutert, ob der Ankauf der Grundstücke Neuenlander Straße 143 - 167 deswegen als notwendig angesehen wird, weil eine Aufweitung des Knotens einen Abriss der Gebäude erforderlich macht, oder deswegen, weil die zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen so schwer zu Buche schlagen, dass eine weitere (Wohn-)Nutzung der Grundstücke der Beklagten unzumutbar erscheint (zur Unbewohnbarkeit durch Lärm vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 376 m.w.N.).

74

Nach der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung als Folie 31 überreichten zeichnerischen Darstellung einer Knotenaufweitung durch eine zusätzliche Rechtsabbiegerspur müssten bei einem Ausbau der Kreuzung nicht alle im Kreuzungsbereich befindlichen Gebäude in Anspruch genommen werden, sondern allenfalls die Häuser Neuenlander Straße 147, 149 und 151. Bei den übrigen Häusern würden die Fahrbahn sowie der Rad- und Gehweg lediglich dichter an die straßenseitigen Fassaden heranrücken. Für das am weitesten westlich von der Kreuzung gelegene Gebäude Neuenlander Straße 143 würde sich durch die zusätzliche Fahrspur sogar überhaupt nichts ändern, da die Verschwenkung erst östlich dieses Grundstücks begänne. Das lässt den Schluss zu, die Beklagte habe zumindest für vier der Gebäude als Grund für die Notwendigkeit des Ankaufs die zu erwartenden zusätzlichen Immissionsbelastungen angesehen. Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung weist in dieselbe Richtung.

75

Berechnungen über die bei einem Ausbau des Knotens im Planfall zu erwartenden zusätzlichen Lärmbelastungen fehlen allerdings. Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Berechnungen über die Änderungen der Lärmbelastungen durch einen Ausbau des Knotenpunktes sind ohne hinreichende Aussagekraft. Sie enthalten keine Hinweise zur verwendeten Methodik und keine Aussagen über die zu erwartende Gesamtbelastung. Selbst bei einer erheblichen Zunahme des Verkehrs auf der Neuenlander Straße und der Kattenturmer Heerstraße infolge eines - unterstellten - Verzichts auf die Querspange kann ohne zusätzliche schalltechnische Berechnungen von einer zur Unbewohnbarkeit führenden Steigerung des Lärms nicht ausgegangen werden. Dies folgt aus den für den Prognosenullfall - kein Ausbau des Teilabschnitts 2/2 und Abwicklung des gesamten Verkehrs über den Knotenpunkt - errechneten Gesamtimmissionsbelastungen für die Häuser Neuenlander Straße 143 - 163 durch Straßenverkehrslärm. Sie werden im Planfeststellungsbeschluss mit 55,5 - 59 dB(A) tags und 48 - 51,5 dB(A) nachts angegeben (Planfeststellungsbeschluss S. 59) und liegen damit deutlich unter den Grenzwerten für Mischgebiete und weit entfernt von einer den verfassungsrechtlichen Schutzanforderungen nicht mehr gerecht werdenden Lärmbelastung.

76

Abgesehen davon darf die Beantwortung der Frage, ob die Nutzung eines Grundstücks unzumutbar wird, nicht schematisch von der Erreichung bestimmter Immissionsgrenzwerte abhängig gemacht werden, sondern erfordert eine wertende Betrachtung des Einzelfalles (Urteil vom 12. April 2000 - BVerwG 11 A 18.98 - BVerwGE 111, 108 <122>). Hätte die Beklagte eine solche angestellt, hätte sie zum einen die lagebedingten Vorbelastungen, aber auch die Möglichkeit, durch passive Schutzmaßnahmen die Immissionsbelastung der Gebäude an der Neuenlander Straße wesentlich zu mindern, beachten müssen. Letzteres gilt umso mehr, als nach ihren eigenen Planungsvorstellungen die Querspange nicht auf Dauer angelegt ist, sondern im Zusammenhang mit der Realisierung des 5. Bauabschnitts jedenfalls teilweise zurückgebaut werden soll. Die Beklagte kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Dauer dieser Übergangslösung sei völlig ungewiss. Nach den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abwägungsentscheidung maßgeblichen Ausführungen der Beklagten im Planfeststellungsbeschluss kann "umgehend" mit den Planungen für den 5. Bauabschnitt begonnen werden (Planfeststellungsbeschluss S. 99). Eine nachträgliche erhebliche Änderung dieser Sachlage hat die Beklagte nicht behauptet, sondern nur in allgemeiner Form auf die Unsicherheit der Abschätzung der Dauer von Planungsverfahren hingewiesen.

77

Nicht frei von Abwägungsmängeln ist schließlich die Überlegung des Planfeststellungsbeschlusses, die Eigentümer der betroffenen Grundstücke hätten deutlich gemacht, sie seien nicht bereit, zu den bewerteten Grundstückspreisen zu verkaufen. Diese Formulierung lässt erkennen, dass sich die Beklagte an den durch die vorgenommene Grundstücksbewertung vorgegebenen Kostenrahmen strikt gebunden sah, ohne den Grunderwerbskosten die bei einem nur temporären Bau und anschließendem Rückbau der Querspange entstehenden erheblich höheren Kostenbelastungen für die öffentliche Hand gegenüberzustellen.

78

7. Der Planfeststellungsbeschluss erweist sich dagegen nicht auch deswegen als fehlerhaft, weil er die zu erwartende Lärmbeeinträchtigung der Kläger zu 2 und 3 nicht aufgrund eines auch die Vorbelastung durch den Luftverkehr berücksichtigenden Summenpegels beurteilt hat. Der Planfeststellungsbeschluss hat die Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung ohne rechtserheblichen Fehler verneint. Es ist nicht zu erkennen, dass die durch das geplante Vorhaben zusätzlich verursachte Lärmbelastung zusammen mit der bereits bestehenden Vorbelastung zu einer Gesamtbelastung führt, die den kritischen Bereich der Gesundheitsgefährdung erreicht (vgl. Urteile vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 9.95 - BVerwGE 101, 1 <9 f.>, vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 S. 51 und vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 390). Die in der mündlichen Verhandlung durch den Fachgutachter der Beklagten Dr. H. erstellten überschlägigen Lärmberechnungen für den Kläger zu 3 haben dies bestätigt. Die danach im 2. Obergeschoss seines Wohnhauses erreichten Maximalwerte von 70,5 dB(A) tags und 62,0 dB(A) nachts werden im Gebäude durch die vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen weit unter die verfassungsrechtliche Bedenklichkeitsschwelle gesenkt. Für den Außenwohnbereich wird die kritische Grenze ebenfalls (noch) nicht überschritten. Dass für die Klägerin zu 2 etwas anderes gelten könnte, ist nicht erkennbar.

79

D. Die Fehler, die der Beklagten unterlaufen sind, sind zwar erheblich im Sinne des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG, weil sie offensichtlich sind und auf das Abwägungsergebnis Einfluss genommen haben; sie nötigen aber nicht zur Aufhebung der angefochtenen Planungsentscheidung. Es kann damit sein Bewenden haben, dass der Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt wird.

80

1. Offensichtlich im Sinne des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Fehler, die auf der äußeren Seite des Abwägungsvorgangs, also auf objektiv fassbaren Umständen beruhen. Dies sind insbesondere Fehler, die die Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials, die Erkenntnis und Einstellung aller wesentlichen Belange in die Abwägung oder die Gewichtung der Belange betreffen und die sich aus Akten, Protokollerklärungen, aus der Entwurfs- oder Planbegründung oder aus sonstigen Umständen ergeben (Beschluss vom 15. Mai 1996 - BVerwG 11 VR 3.96 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 13 S. 53). Um solche Fehler handelt es sich hier. Die dargestellten Abwägungsfehler ergeben sich sowohl aus dem Planfeststellungsbeschluss selbst als auch aus den in Bezug genommenen Verkehrsuntersuchungen.

81

Die Fehler sind auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Hierzu ist erforderlich, dass ohne den Abwägungsmangel die konkrete Möglichkeit einer anderen Entscheidung bestanden hätte (Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 29.94 - juris Rn. 80, insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 102, 331). Das ist hier der Fall. Schon angesichts des im Planfeststellungsbeschluss verkannten zwingenden Charakters der Anpassungspflicht an den Flächennutzungsplan und angesichts der zahlreichen mit der Querspangenlösung verbundenen weiteren Ermittlungs- und Bewertungsdefizite besteht nicht nur abstrakt die Möglichkeit einer anderen Entscheidungsfindung.

82

Dies gilt entgegen der Auffassung der Beklagten auch für den Kläger zu 1. Die Beklagte macht insoweit geltend, eine Inanspruchnahme seines Grundstücks sei auch bei einem Verzicht auf die Querspange unvermeidbar, um die nach Osten verlaufende Richtungsfahrbahn der Neuenlander Straße anzuschließen. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die Beklagte hat zwar schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung darzulegen versucht, dass ein Anschluss der Neuenlander Straße unter Verschonung des Hofgebäudes aufgrund des geringen Abstands dieses Gebäudes vom Straßenrand nicht möglich sei. Ihre Überlegungen sind aber schon deswegen nicht frei von Abwägungsfehlern, weil sie von der Notwendigkeit der Querspange ausgehen und deswegen die Trassenführung im Einmündungsbereich der A 281 auf die Neuenlander Straße als vorgegeben ansehen. Die Möglichkeit, bei einem Verzicht auf die Querspange die Trassenführung so zu optimieren, dass eine Verschonung des Hofgebäudes des Klägers zu 1 erreicht wird, ist nicht geprüft worden. Auch hinsichtlich der Kläger zu 2 und 3 lässt sich die Kausalität der Fehler nicht von vornherein verneinen. Für den Kläger zu 3 erwiese sich der Wegfall der Querspange nur als vorteilhaft. Für die Klägerin zu 2 kann auch bei dem durch den Wegfall der Querspange erhöhten Verkehrsaufkommen im Bereich des Wohngebietes Huckelriede nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte zu einer auch die Lärmbelange der Klägerin zu 2 schonenderen Trassenführung z.B. unter Verzicht auf eine Führung der A 281 in Hochlage kommt.

83

2. Erhebliche Mängel bei der Abwägung, wie sie hier vorliegen, führen gemäß § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden können. Die Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses kommt hiernach nur dann in Betracht, wenn der Fehler, an dem der Planfeststellungsbeschluss leidet, von solcher Art und Schwere ist, dass die Planung als Ganzes von vornherein in Frage gestellt erscheint (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <372 f.>).

84

Solcher Art sind die festgestellten Fehler nicht. Es ist nicht auszuschließen, dass sie in einem ergänzenden Verfahren "geheilt" werden können. Dies gilt auch, falls die Südvariante weiter verfolgt werden soll. Die dazu erforderliche Anpassung des Flächennutzungsplans an die Planungsvorstellungen der Planfeststellungsbehörde kann zwar nicht im Planfeststellungsverfahren selbst und nicht von der Planfeststellungsbehörde vorgenommen werden, sondern setzt die Einleitung und den Abschluss eines entsprechenden Änderungsverfahrens durch die Stadtbürgerschaft voraus. Die Anwendung des § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG wird jedoch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Behebung der Planfeststellung anhaftender Mängel durch ein ergänzendes Verfahren von zusätzlichen Entscheidungen anderer Organe abhängt.

B e s c h l u s s

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 90 000 € festgesetzt.

G r ü n d e :

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Anlass, den Streitwert abweichend von der vorläufigen Festsetzung in der von dem Kläger zu 1 vorgeschlagenen Höhe festzusetzen, besteht nicht. Die Annahme von Baulandqualität scheidet für das im Außenbereich und in unmittelbarer Nachbarschaft zum Flughafen liegende Grundstück dieses Klägers aus. Der Bedeutung des Hofgebäudes wird durch den vollen Pauschalstreitwert von 60 000 € ausreichend Rechnung getragen. Für die drittbetroffenen Kläger zu 2 und 3 ist entsprechend der ständigen Praxis des Senats jeweils ein Streitwert von 15 000 € festzusetzen.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung des Landes Berlin vom 29. Dezember 2010 für den Neubau der Bundesautobahn A 100 im 16. Bauabschnitt (16. BA).

2

Der rund 3,2 km lange Abschnitt, der im Bedarfsplan des Bundes mit "vordringlichem Bedarf" ausgewiesen ist, beginnt am Autobahndreieck Neukölln und soll an der Anschlussstelle Am Treptower Park im Stadtstraßennetz enden. Er soll unter anderem den Verkehr, insbesondere im Raum Neukölln und Treptow, bündeln und so diese Stadtteile und die Innenstadt vom Durchgangsverkehr entlasten. Das Vorhaben ist Teil des nach dem Stadtentwicklungsplan Verkehr und dem Flächennutzungsplan des Beklagten vorgesehenen sog. mittleren Straßenrings, der im West- und Südteil der Stadt als Stadtautobahn (A 100) bereits vorhanden ist. Die A 100 soll im Anschluss an die planfestgestellte Neubaustrecke im 17. Bauabschnitt (17. BA) bis zur Frankfurter Allee fortgeführt werden; danach soll der mittlere Ring als Stadtstraße bis zum Straßenzug Osloer Straße/Seestraße vervollständigt werden. Der 17. BA der A 100 ist im Bedarfsplan des Bundes als Vorhaben des "weiteren Bedarfs" eingestuft; ein Planfeststellungsverfahren wurde insoweit noch nicht eingeleitet.

3

Die planfestgestellte Trasse verläuft nach dem Autobahndreieck Neukölln über eine Strecke von 385 m in einem Tunnel (Tunnel Grenzallee) und daran anschließend weitgehend in Troglage mit Unterführungen kreuzender Gleisanlagen der Fern- und der S-Bahn sowie der Straßen Sonnenallee, Dieselstraße und Kiefholzstraße. Das nachgeordnete Stadtstraßennetz wird über die Anschlussstellen Sonnenallee und Am Treptower Park an die A 100 angebunden. Die Anschlussstelle Am Treptower Park stellt das Ende des 16. BA der A 100 dar, die dort in die B 96a mündet.

4

Die Unterlagen zur Planfeststellung lagen nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung im Zeitraum vom 9. März bis 9. April 2009 zur Einsicht aus. Der Erörterungstermin wurde in der Zeit vom 12. bis 27. November 2009 durchgeführt. Die Kläger erhoben Einwendungen gegen das Vorhaben. Mit Datum vom 29. Dezember 2010 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau des 16. BA der A 100 fest.

5

Die Kläger sind Mieter oder Eigentümer bzw. im Falle der Klägerin zu 6 durch Vormerkung gesicherte Erwerber von Wohnungen im Umfeld des planfestgestellten Abschnitts der A 100. Sie wenden sich gegen Belastungen durch vorhabenbedingte Immissionen. Die für die Einschätzung der Lärm- und Schadstoffbelastungen maßgebliche Prognose der künftigen Verkehrsmengen sei ebenso fehlerhaft wie die Lufthygienische Untersuchung und die Annahme, Überschreitungen der Grenzwerte für Luftschadstoffe könnten mit Mitteln der Luftreinhalteplanung vermieden werden. Zu Unrecht sei zugunsten des Vorhabens in die Abwägung eingestellt worden, dass die Belastung mit Verkehrslärm im Stadtgebiet infolge der Bündelungswirkung der Neubaustrecke insgesamt zurückgehen werde. Zu Lasten des Vorhabens hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Knotenpunkte Am Treptower Park/Elsenstraße und Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm den Verkehr künftig nicht mehr bewältigen könnten und es daher regelmäßig zu Staus mit umfangreichen Ausweichverkehren in die umliegenden Stadtstraßen kommen werde. Es hätte näher geprüft werden müssen, ob die Variante einer Halbanschlussstelle nördlich der Spree zur Vermeidung unzumutbarer Schadstoffbelastungen in der Elsenstraße vorzugswürdig sei. Die schalltechnische Untersuchung (Lärmprognose) sowie die Summenpegelbetrachtung seien fehlerhaft erfolgt und das Lärmschutzkonzept sei nicht plausibel; es hätten weitergehende Maßnahmen aktiven Schallschutzes festgesetzt werden müssen.

6

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für das Bauvorhaben "Neubau der Bundesautobahn A 100 zwischen Autobahndreieck Neukölln und Anschlussstelle Am Treptower Park in den Bezirken Neukölln und Treptow-Köpenick von Berlin" vom 29. Dezember 2010 i.d.F. vom 27./28. September 2012 aufzuheben,

hilfsweise, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zu verpflichten, sie hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen erneut zu bescheiden.

7

Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

8

Er tritt dem Vorbringen der Kläger im Einzelnen entgegen.

Entscheidungsgründe

9

A. Die Klagen der Kläger zu 1 bis 5 und 7 bis 9 sind zulässig. Das gilt namentlich auch für die Klagen der Klägerinnen zu 2 und 3. Diese können sich entgegen der Auffassung des Beklagten als Wohnungsmieterinnen auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 2 GG gegen - hier auch nicht gänzlich fernliegende - Gefährdungen ihrer Gesundheit durch vorhabenbedingte Immissionen wenden (vgl. Urteile vom 29. Juli 1977 - BVerwG 4 C 51.75 - BVerwGE 54, 211 <222 f.> und vom 11. Mai 1989 - BVerwG 4 C 1.88 - BVerwGE 82, 61 <75>). Außerdem schützt § 41 Abs. 1 BImSchG die "Nachbarschaft" i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG vor schädlichen Verkehrsgeräuschen, wozu auch Anwohner zählen, die nicht Eigentümer sind (vgl. Beschluss vom 28. November 1995 - BVerwG 11 VR 38.95 - Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 5 S. 3). Ob die Klage der Klägerin zu 6 zulässig ist, kann dahinstehen; sie ist jedenfalls unbegründet.

10

B. Die Klagen sind mit ihrem auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptantrag unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem Rechtsfehler, der die Kläger in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Beschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.

11

Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und - wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung - der ihren Belangen gegenüber gestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (vgl. Urteile vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 71.07 - juris Rn. 47 und vom 24. November 2010 - BVerwG 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 25 und 54; stRspr).

12

I. Es bedarf keiner Klärung, in welchem Umfang die von den Klägern genannten allgemeinen, nicht auf ihre konkrete Immissionsbetroffenheit bezogenen Mängel der Planung nach diesem Maßstab von ihnen geltend gemacht werden können. Offenbleiben kann ferner, ob einzelne Kläger mit diesem Vorbringen teilweise ausgeschlossen sind; so haben etwa die Kläger zu 1 bis 5 im Verwaltungsverfahren nicht die Richtigkeit der Verkehrsprognose thematisiert (vgl. dazu Urteil vom 26. Mai 2011 - BVerwG 7 A 10.10 - juris Rn. 31 ff.). Denn jedenfalls sind solche Mängel nicht erkennbar. Im Urteil des Senats im Verfahren BVerwG 9 A 19.11 vom heutigen Tage wird dazu ausgeführt:

"1. Die Planrechtfertigung ist für das Vorhaben gegeben. Es ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. vom 20. Januar 2005 (BGBl I S. 201) - FStrAbG - als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs enthalten und damit gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG gemessen an der Zielsetzung des § 1 Abs. 1 FStrG vernünftigerweise geboten. Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs kann im gerichtlichen Verfahren nur beanstandet werden, wenn sie evident unsachlich ist (stRspr; vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 43). Bei dem Bedarf muss es sich um weiträumigen Verkehr handeln (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 FStrG). Das schließt die Bündelung mit anderen, lokal oder regional ausgerichteten Zielen nicht aus. Auch ist es für Planungsabschnitte in innerstädtischen oder stadtnahen Lagen nicht untypisch und besagt daher nichts über eine evident unsachliche Bedarfsfeststellung, dass der Anteil des weiträumigen Verkehrs auf einer geplanten Bundesautobahn stark hinter dem lokalen Verkehrsanteil zurückbleibt. Verfehlt wäre eine Bedarfsfeststellung vielmehr erst dann, wenn es für die fernstraßenrechtliche Planung im Hinblick auf den weiträumigen Verkehr keinerlei nachvollziehbaren Bedarf gäbe (vgl. Beschluss vom 16. Januar 2007 - BVerwG 9 B 14.06 - Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 11 Rn. 7). Das kann hier schon deshalb nicht angenommen werden, weil eine Netzverknüpfung innerhalb des Fernstraßennetzes geplant ist, nämlich zwischen der A 100 (A 113, A 115) und der Bundesstraße B 96a. Folglich wird die A 100 im 16. BA auch weiträumigen Verkehr in nennenswertem Umfang aufnehmen, wovon die Kläger im Übrigen in anderem Zusammenhang selbst ausgehen.

2. Entgegen der Auffassung der Kläger wird kein unzulässiger Zwangspunkt geschaffen. Die Rechtsprechung zur Zwangspunktsetzung dient der Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Danach kann sich ein Eigentümer gegen eine heranrückende Planung, die sein Grundstück noch nicht unmittelbar betrifft, zur Wehr setzen, wenn ein Zwangspunkt geschaffen wird, der im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig dazu führen muss, dass er in seinen Rechten betroffen wird (Urteil vom 25. Januar 2012 - BVerwG 9 A 6.10 - NVwZ 2012, 567 Rn. 21). Dies verkennen die Kläger, wenn sie meinen, aufgrund des Vorhabens stehe zwangsläufig fest, dass die A 100 im nachfolgenden 17. BA oberirdisch fortgeführt werde, ohne dass die insoweit berührten Belange etwa im Hinblick auf vorzugswürdige Alternativen abgewogen worden seien. Denn sie haben nicht dargelegt, dass und auf welche Weise sie selbst im Folgeabschnitt nachteilig betroffen sein könnten. Davon abgesehen gibt es auch keine Anhaltspunkte für die behauptete Zwangspunktsetzung. Das gilt auch mit Blick auf das im Rahmen der Umgestaltung des Bahnhofs Ostkreuz errichtete "Vorsorgebauwerk A 100" zur Unterquerung der Stadtbahnstrecken.

3. Die Planfeststellung weist keinen offensichtlichen, für die Betroffenheit der Kläger erheblichen Mangel der nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Abwägung auf, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist und nicht durch Planergänzung behoben werden kann (§ 17e Abs. 6 FStrG).

a) Ohne Erfolg rügen die Kläger, dass die Abschnittsbildung abwägungsfehlerhaft sei. Die Abschnittsbildung ist zulässig, wenn der jeweilige Teilabschnitt eine selbständige Verkehrsfunktion besitzt und der weiteren Verwirklichung des Vorhabens keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. Urteil vom 30. Januar 2008 - BVerwG 9 A 27.06 - NVwZ 2008, 678 Rn. 41 § 17 fstrg nr. 195>). Danach kann die Abschnittsbildung hier nicht beanstandet werden. Die planfestgestellte Trasse ist schon wegen ihrer Verknüpfung mit dem umliegenden Straßennetz kein Planungstorso, sondern dient für sich genommen dem Verkehr. Dass der Fortführung der A 100 im 17. BA unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen könnten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

b) Die der Abwägung der Immissionsschutzbelange zugrunde gelegte Prognose der künftigen Verkehrsmenge begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.

Verkehrsprognosen unterliegen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (stRspr; vgl. Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 96). Diesem Maßstab genügt die im Streitfall angegriffene Verkehrsprognose.

aa) Der methodische Ansatz der Verkehrsprognose ist vertretbar.

Ausweislich der Objektkonkreten Verkehrsprognose 2025, der Verkehrlichen Begründung 2025 sowie den nachvollziehbaren Erläuterungen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren wurde bei der Erstellung der Verkehrsprognose wie folgt vorgegangen: In Einklang mit Ziffer 1.2.2 des Anhangs der Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Querschnitte, Ausgabe 1996 - RAS-Q 96 wurde auf der Grundlage des vierstufigen Personenverkehrsmodells des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Modellprognose erstellt, wonach der künftige Verkehr auf der einzelnen Straße als abgeleitete Größe aus Strukturdaten etwa zur Einwohner- und Beschäftigtenentwicklung sowie anhand von Zähldaten zur vorhandenen Verkehrsstärke über die Stufen Verkehrserzeugung, Verkehrsverteilung, Verkehrsaufteilung und Wegewahl ermittelt wird. Grundlage war die im Auftrag der Berliner Verkehrsbetriebe erstellte Untersuchung der auf den Personenverkehr bezogenen Nachfrage durch das DIW unter Beiziehung der Matrix des Bundes zum Fernverkehr und eigener Daten zur Entwicklung des Wirtschaftsverkehrs. Außerdem wurden die Auswirkungen berücksichtigt, die sich aus den bereits abgeschlossenen und für den Prognosezeitraum 2025 geplanten Veränderungen im Straßennetz sowie den nach dem Stadtentwicklungsplan in Berlin beabsichtigten verkehrspolitischen Maßnahmen ergeben. Die Ergebnisse der Objektkonkreten Verkehrsprognose fanden Bestätigung beim Abgleich mit den Daten der Gemeinsamen Verkehrsprognose der Länder Berlin und Brandenburg 2025 und den anlässlich der Fortschreibung des Stadtentwicklungsplans Verkehr (Stand März 2011) gewonnenen aktuellen Erkenntnissen.

Die hiergegen von den Klägern vorgebrachten Rügen dringen nicht durch. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, wie die auf die Jahre 2020 bzw. 2030 bezogene Personenverkehrsprognose des DIW methodengerecht auf den hier maßgeblichen Prognosezeitraum 2025 übertragen wurde. Er hat ferner klargestellt, dass in das Prognosemodell nicht nur die Daten zum Personenverkehr aus der Untersuchung des DIW, sondern auch aus der Matrix des Bundes entnommene Daten zum Fernverkehr sowie aus der wirtschaftlichen Entwicklung abgeleitete Annahmen zum künftigen Wirtschaftsverkehr eingespeist wurden. Auch die Bewertung bedeutsamer Änderungen im Straßenverkehrsnetz - zu denen auch das Vorhaben selbst mit dem angestrebten Bündelungseffekt zählt - lässt keine Fehler erkennen. Ausweislich der Verkehrlichen Begründung für das Vorhaben und der Angaben des Beklagten ist als bereits abgeschlossene wichtige Baumaßnahme etwa die durchgängige Fertigstellung der A 113 neu in die Prognose eingeflossen. Berücksichtigt wurde ferner der Umstand, dass mit dem Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) künftig ein starker Verkehrserzeuger vorhanden sein wird. Soweit die Kläger in der der Verkehrlichen Begründung als Anhang beigefügten "Liste der im Prognoseplanfall 2025 berücksichtigten Ausbaumaßnahmen im Hauptverkehrsstraßennetz in Berlin und Brandenburg" den "Ausbau der A 114 von AD Pankow bis Landesgrenze Berlin" vermissen, hat der Beklagte unwidersprochen angegeben, dass eine solche Maßnahme nicht vorgesehen sei. Was etwa einen sechsstreifigen Ausbau der A 10 außerhalb von Berlin vom Autobahndreieck (AD) Pankow bis zum AD Havelland angeht, ist weder von den Klägern hinreichend dargetan noch sonst ersichtlich, dass eine solche Maßnahme den Verkehr auf der A 100 im 16. BA nennenswert beeinflussen könnte. Soweit die Kläger u.a. in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass es für den aus Richtung Dresden über die A 113 kommenden Durchgangsverkehr künftig attraktiv sein könnte, durch das Stadtgebiet über die A 113 neu, die A 100 und die A 114 nach Norden in Richtung Hamburg zu fahren, vermag dies nicht zu überzeugen. Eine Fortführung der Stadtautobahn im Anschluss an den bis zur Frankfurter Allee reichenden 17. BA ist weder bis zum Prognosejahr 2025 noch überhaupt vorgesehen, vielmehr soll der nördliche Außenring von da aus weiterhin nur über Stadtstraßen zu erreichen sein. Demgegenüber kann der von Süden kommende Durchgangsverkehr über die nach Nordwesten führende Stadtautobahn und die A 111 durchgängig auf Autobahnen in Richtung Norden gelangen, ohne dass diese Strecke erheblich länger wäre.

Dass sich der Beklagte nur hinsichtlich des Fernverkehrs auf die Daten der Bundesverkehrswegeplanung gestützt hat, ist nicht zu beanstanden. Zwar wäre es in methodischer Hinsicht problematisch, für ein einzelnes Projekt von den aus bundesweiten Strukturdaten und Verkehrsuntersuchungen abgeleiteten Daten der Bundesverkehrswegeplanung zur regionalen Entwicklung ohne Rücksicht auf die Konsistenz der Strukturdatenbasis abzuweichen (vgl. Urteile vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 110 und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 76 f.). Vorliegend wurden die Informationen des Bundesverkehrswegeplans jedoch nicht nur punktuell durch aktualisierte Daten ersetzt. Vielmehr hat der Beklagte aus der Erkenntnis heraus, dass die auf eine bundesweite Anwendung zielende Bundesverkehrswegeplanung für die Prognose speziell des Verkehrs auf einer Stadtautobahn keine zureichenden Daten liefern kann, von einer Anwendung der regionalisierten Informationen der Bundesverkehrswegeplanung abgesehen und stattdessen eine eigene Modellprognose vorgenommen, die auf die besonderen Verhältnisse im Stadtgebiet abstellt und bei der zudem die konkrete städtische Verkehrspolitik Berücksichtigung gefunden hat (vgl. bereits Urteile vom 23. November 2001 - BVerwG 4 A 46.99 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 19 S. 43 f. und vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 A 43.99 - BeckRS 2002, 20776). Eine solche Abweichung von der Bundesverkehrswegeplanung nach Maßgabe besserer Erkenntnisse steht in Einklang mit dem Abwägungsgebot. Dass sich die Daten aus der Fernverkehrsmatrix des Bundes nicht methodengerecht in die Modellprognose des Beklagten integrieren lassen, haben die Kläger nicht geltend gemacht.

Der Ansatz eines Faktors von 0,9 zur Umrechnung der durchschnittlichen werktäglichen Verkehrsstärke (DTVw) in die für den Lärmschutz maßgebliche durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) begegnet keinen Bedenken. Die Kläger machen zu Unrecht geltend, dieser Faktor sei zu niedrig bemessen, weil die sonntägliche Verkehrsstärke dann nur 56 % des werktäglichen Verkehrs betrage. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass der DTVw-Wert nur die Zeit von Montag bis Freitag, nicht jedoch den Samstag umfasse. Damit entspricht der Faktor von 0,9 einer sonntäglichen Verkehrsstärke von 65 % im Vergleich zum werktäglichen Verkehr, was plausibel ist.

bb) Auch der Ansatz eines Lkw-Anteils > 2,8 t am DTV (Kfz/24 h) von 7,4 % für den Tag und für die Nacht ist nicht zu beanstanden.

Nach Tabelle A der Anlage 1 zu § 3 der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) beträgt der maßgebende Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV für Bundesautobahnen tags (6 bis 22 Uhr) 25 % und nachts (22 bis 6 Uhr) 45 %. Hiervon kann nach der genannten Anlage abgewichen werden, sofern "geeignete projektbezogene Untersuchungsergebnisse" vorliegen. Solche Untersuchungsergebnisse müssen auf ausreichenden empirischen Erkenntnissen beruhen, aus denen in korrekter Weise Schlussfolgerungen für die zu beurteilende Situation gezogen werden; eine mathematisch "zwingende" Beweisführung ist nicht erforderlich (vgl. Urteil vom 11. Januar 2001 - BVerwG 4 A 13.99 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 16 S. 17 f.). Gemessen daran weist die Prognose des Lkw-Anteils auf dem planfestgestellten Autobahnabschnitt keine Mängel auf.

Zwar weisen die Kläger zu Recht darauf hin, dass allein anhand der in den vorliegenden Planfeststellungsunterlagen enthaltenen Angaben nicht nachvollzogen werden kann, wie der Beklagte zu den abweichenden Lkw-Anteilen gelangt ist. In der Objektkonkreten Verkehrsprognose 2025 wird lediglich berichtet, dass die künftigen Schwerverkehrsanteile auf der Grundlage von - den Pkw- und den Lkw-Verkehr gesondert ausweisenden - Zähldaten auf der A 100 ermittelt worden seien. Im Folgenden wird dann nur das Ergebnis der Auswertung mitgeteilt. Diese Angaben lassen keine Schlüssigkeitsprüfung zu. Indes führt allein eine unzureichende Dokumentation der projektbezogenen Ermittlung der Lkw-Anteile nicht zu einem relevanten Rechtsfehler. Den einschlägigen Normen kann keine Rechtspflicht zur umfassenden Dokumentation "projektbezogener Untersuchungen" i.S.d. Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV entnommen werden. Der Behörde ist es daher nicht verwehrt, die Plausibilität der für die Planung maßgeblichen abweichenden projektbezogenen Untersuchungsergebnisse nachträglich aufzuzeigen. Sie geht dabei allerdings das Risiko ein, dass ihr eine solche nachträgliche Darlegung gerade auch wegen der besonderen Komplexität, die den hierbei zu beurteilenden Sachverhalten regelmäßig zu eigen ist, nicht oder nicht vollständig gelingt.

Vorliegend hat der Beklagte noch schlüssig dargetan, dass die maßgeblichen Lkw-Anteile Ergebnis einer konsistenten und methodisch vertretbaren projektbezogenen Untersuchung sind (Schriftsätze vom 6. August 2012 und vom 14. September 2012 sowie Erläuterungen seitens der Fachbehörde und der Verkehrsmanagement Zentrale Berlin - VMZ - in der mündlichen Verhandlung). Danach wurden zunächst die auf DTVw von Kfz und Lkw > 3,5 t bezogenen Zähldaten der Stadtautobahn (A 100) des Jahres 2006 ausgewertet. Für die gesamte Stadtautobahn wurde daraus ein auf DTVw bezogener Lkw-Anteil > 3,5 t von 6,8 % hergeleitet. Das Ergebnis wurde anhand der DTVw-Werte der Verkehrsmengenkarte 2005 verifiziert. Für die A 100 im Bereich des AD Neukölln, also in unmittelbarer Nähe des Vorhabens, beträgt der Lkw-Anteil > 3,5 t am DTVw nach dieser Datengrundlage 5,9 %; auch in weiteren Abschnitten der A 100 liegt der Lkw-Anteil > 3,5 t danach unterhalb des projektkonkret ermittelten Anteils von 6,8 % am DTVw. Darüber hinaus überprüfte die VMZ die Richtigkeit des Lkw-Anteils im Auftrag des Vorhabenträgers anhand der Verkehrsmengenkarte 2009 mit dem Ergebnis, dass der Lkw-Anteil > 3,5 t am DTV für die Autobahnen im direkten Bereich des Vorhabens im Mittel 5,8 % und für vergleichbare Autobahnendstücke 5,2 % (A 100 zwischen Anschlussstelle - AS - Jakob-Kaiser-Platz bis AS Beusselstraße) bzw. 5,1 % (A 114 zwischen AS Bucher Straße bis AS Pasewalker Straße) beträgt ("Analyse der aktuellen Verkehrsdaten" im Schreiben der VMZ vom 15. Dezember 2010). Zur Bestimmung des Lkw-Anteils für den Tag und die Nacht wurde auf die auf einer Auswertung von Verkehrszählungen der Jahre 1997 bis 1999 beruhende Ermittlung der "maßgebenden Lkw-Anteile p im Berliner Straßennetz" zurückgegriffen und dieser Untersuchung entnommen, dass sich die Lkw-Anteile tags und nachts auf der Berliner Stadtautobahn "nicht signifikant" unterscheiden und daher einheitlich angesetzt werden können. Die Fachbehörde verifizierte diese Erkenntnis projektkonkret anhand der Zähldaten der A 100 des Jahres 2006 mit dem Ergebnis, dass sich die Tages- und Nachtanteile des Lkw-Verkehrs auch für diesen Zeitraum nur geringfügig unterscheiden. Sodann errechnete die Fachbehörde unter Anwendung eines von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) genannten Umrechnungsfaktors von 1,17 den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTVw mit aufgerundet 8 %. Diesem Wert wurde ein "Sicherheitszuschlag" von 1 % hinzugerechnet, um Prognoseunsicherheiten aufzufangen. Schließlich wurde zur Ermittlung des für den Lärmschutz maßgeblichen Lkw-Anteils > 2,8 t am DTV ein aus Zählergebnissen und Erfahrungswerten abgeleiteter Umrechnungsfaktor von 0,821 für den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTVw angesetzt, so dass der maßgebende Lkw-Anteil p nach Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV 7,4 % beträgt.

Dieses Vorgehen erscheint insgesamt plausibel. Dass für die Berliner Stadtautobahn, bei der es sich nicht um eine großräumige Autobahnverbindung außerhalb bebauter Gebiete handelt, geringere Lkw-Anteile p als die in Tabelle A der Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV genannten Anteile gelten müssen, liegt auf der Hand. Selbst auf Autobahnabschnitten am Rande des Stadtgebiets, bei denen die Funktion der Erschließung stark bebauter Gebiete mit entsprechend hohem Pkw-Verkehr erheblich weniger ausgeprägt ist als bei dem hier vorliegenden innerstädtischen Autobahnendstück, werden die in Tabelle A genannten Lkw-Anteile deutlich unterschritten (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2001 - BVerwG 4 A 43.99 - BeckRS 2002, 20776: 15 % tags und 20 % nachts auf der A 113 im Abschnitt zwischen AS Stubenrauchstraße und AS Adlershof). Die Einschätzung des Beklagten, dass der für das Vorhaben angesetzte Lkw-Anteil deshalb "auf der sicheren Seite" liegt, weil er erheblich höher ist als die Zählwerte, die für vergleichbare, in das Stadtstraßennetz mündende Autobahnabschnitte ermittelt wurden, ist gut nachvollziehbar. Die Plausibilität dieser Annahme zeigt auch die vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren eingereichte "Untersuchung zum anzusetzenden Lkw-Anteil" der Ingenieurgesellschaft H.-L. vom 12. September 2012. Danach beträgt der Lkw-Anteil p > 2,8 t am DTV bei Auswertung der Straßenverkehrszählungen der BASt aus den Jahren 2005 und 2010 für Autobahnabschnitte mit vergleichbarer Netzfunktion wie das Vorhaben im Mittel 2,6 % tags und 4,4 % nachts bzw. 2,7 % tags und 4,3 % nachts; der höchste Tagwert liegt bei 4,2 % bzw. 4,7 % (A 100, Abschnitt zwischen AS Beusselstraße und AS Jakob-Kaiser-Platz) und der höchste Nachtwert bei 6,9 % (A 102, Abschnitt zwischen AD Tempelhof und AS Gradestraße) bzw. 8 % (wiederum A 100, Abschnitt zwischen AS Beusselstraße und AS Jakob-Kaiser-Platz). Für alle Autobahnabschnitte der A 100 ermittelte der Gutachter aus den genannten Zählungen der BASt den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV mit 4,2 % tags und 7,4 % nachts bzw. 4,2 % tags und 6,5 % nachts. Vor diesem Hintergrund erscheint insbesondere der Ansatz eines Lkw-Anteils > 2,8 t am DTV von 7,4 % für den Tag als worst-case-Betrachtung.

Den hiergegen gerichteten Einwänden der Kläger kann nicht gefolgt werden. Soweit sie darauf verweisen, dass der Bundesverkehrswegeplan 2003 für den sechsstreifigen Neubau der A 100 von einem Lkw-Anteil von 14 % für das Jahr 2015 ausgeht, führt dies nicht weiter. Wie bereits dargelegt, durfte der Beklagte annehmen, dass die aus bundesweiten Daten auf die Regionen "umgelegten" Werte der Bundesverkehrswegeplanung die besonderen Verhältnisse im Stadtgebiet von Berlin nicht zureichend widerspiegeln und daher jedenfalls für eine projektbezogene Prognose des Verkehrs zum Zweck der Lärmschutzplanung nicht geeignet sind. Ohne Erfolg rügen die Kläger, der Beklagte habe den Lkw-Anteil lediglich aus den vorliegenden Zähldaten bestimmt, jedoch keine auf das maßgebliche Jahr 2025 bezogene Prognose des Lkw-Anteils vorgenommen. Die Vertreterin der zuständigen Fachbehörde hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die bedeutsamen Veränderungen im Straßennetz - hier insbesondere auch die durchgängige Fertigstellung der A 113 und die Auswirkungen des künftigen Flughafens BBI - sowie die zu erwartende wirtschaftliche und demografische Entwicklung und der Bündelungseffekt der neuen Trasse der A 100 in die Prognose des Lkw-Anteils eingeflossen sind. Dass die Fachbehörde dabei zu der Einschätzung gelangt ist, der Lkw-Anteil auf den mit dem Vorhaben vergleichbaren Autobahnabschnitten werde sich bis zum Jahr 2025 nicht wesentlich ändern, belegt entgegen der Auffassung der Kläger kein methodisch fehlerhaftes Vorgehen. Der Beklagte hat zur Bestätigung dieser Einschätzung eine retrospektive Betrachtung der Zähldaten vorgenommen, wonach der Lkw-Anteil auf den Abschnitten mit vergleichbarer Netzfunktion über einen langen Zeitraum hinweg stabil geblieben sei. Das ist nicht zu beanstanden. Die Kläger begründen ihre abweichende Bewertung des künftigen Lkw-Anteils vor allem damit, dass der Durchgangsverkehr über die Neubaustrecke der A 100 auf kurzem Wege durch das Stadtgebiet von Süden nach Norden gelangen könne; es sei zu erwarten, dass gerade Lkw während der Nachtzeit diese dann nicht belastete Strecke wählten. Wie bereits ausgeführt, ist diese Einschätzung angesichts der Möglichkeit, über den westlichen mittleren Ring und die A 111 durchgängig auf Autobahnen auf den nördlichen äußeren Ring zu gelangen, nicht überzeugend. Die der Planung zugrunde gelegten Lkw-Anteile werden auch nicht durch höhere Lkw-Anteile auf der A 113 (vgl. Kleine Anfrage vom 1. März 2011, Drucks. 16/15246 des Abgeordnetenhauses Berlin) in Frage gestellt. Denn die A 113 erfüllt als stadtauswärts bzw. auf den im Westen durchgängig vorhandenen mittleren Ring führende Autobahn eine deutlich stärkere Funktion als großräumige Straßenverbindung als das planfestgestellte innerstädtische Autobahnendstück der A 100. Im Übrigen liegt der Lkw-Anteil auf dem Abschnitt zwischen dem AD Neukölln und der AS Späthstraße, der dem Vorhaben am nächsten liegt, mit einem Wert für den Lkw-Anteil > 3,5 t am DTVw von 6,9 % bzw. für den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV von rund 6,6 % immer noch deutlich unter dem für die A 100 im 16. BA prognostizierten Lkw-Anteil.

Die Umrechnung des Lkw-Anteils > 3,5 t in den maßgeblichen Lkw-Anteil > 2,8 t mit dem Faktor 1,17 lässt entgegen der Auffassung der Kläger ebenfalls keinen Abwägungsfehler erkennen. Zwar ist bereits geraume Zeit vergangen, seit die BASt diesen Umrechnungsfaktor aus den bundesweiten Bestandsdaten des Kraftfahrtbundesamtes abgeleitet hat. Auch hat die Vertreterin der zuständigen Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass es möglich gewesen wäre, den Umrechnungsfaktor anhand der zum Planungszeitpunkt vorliegenden Bestandsdaten des Kraftfahrtbundesamtes zu aktualisieren. Sie hat jedoch weiter ausgeführt, dass kein regionalisierter Umrechnungsfaktor gebildet werden könne, weil sich den auf die formale Zulassung der Fahrzeuge bezogenen Bestandsdaten des Kraftfahrtbundesamtes nicht entnehmen lasse, wie hoch der tatsächliche Anteil des Schwerlastverkehrs in Berlin sei. Daher sei der Sicherheitszuschlag von 1 % auf den Lkw-Anteil > 2,8 t am DTVw angesetzt worden, um die mit der Verwendung des bundesweiten Umrechnungsfaktors von 1,17 verbundenen Prognoseunsicherheiten aufzufangen. Ein solches Vorgehen für den Fall nicht weiter auflösbarer Unwägbarkeiten ist sachgerecht. Der Beklagte hat diese Methodik auch nicht dadurch selbst in Frage gestellt, dass die VMZ bei der Verifizierung des prognostizierten Lkw-Anteils anhand der Verkehrsmengenkarte 2009 einen Umrechnungsfaktor von 1,28 angewandt hat. Wie in der mündlichen Verhandlung deutlich wurde, ist die Verwendung des höheren Umrechnungsfaktors nicht besseren Erkenntnissen geschuldet, sondern diente angesichts der in der Fachwelt geführten Diskussion über die Richtigkeit des von der BASt vorgegebenen Faktors der Prüfung, welchen Spielraum der Sicherheitszuschlag von 1 % insoweit eröffnet. Dies zeigt das Ergebnis der Prüfung. Denn bei Ansatz eines Umrechnungsfaktors von 1,28 ergibt die Auswertung der Zähldaten aus der Verkehrsmengenkarte 2009 den für die Planung maßgeblichen Lkw-Anteil > 2,8 t am DTV von 7,4 %, wenn von einem Sicherheitszuschlag abgesehen wird.

Nicht zu beanstanden ist schließlich der Faktor von 0,821 zur Umrechnung des Lkw-Anteils > 2,8 t am DTVw in den auf DTV bezogenen Anteil. Die Kläger stützen ihre Zweifel an der Richtigkeit dieses Faktors wohl darauf, dass er von dem Faktor von 0,9 abweicht, mit dem die auf den DTVw bezogene "allgemeine" Verkehrsstärke in den DTV-Wert umgerechnet wurde. Es liegt jedoch auf der Hand, dass der Faktor zur Ermittlung des Lkw-Anteils am DTV niedriger sein muss, weil für Lkw ein Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen gilt.

Nach allem ist es den Klägern nicht gelungen, die auf einer Einschätzung der zuständigen fachtechnischen Behörde beruhende Prognose des für den Lärmschutz maßgeblichen Lkw-Anteils zu erschüttern. Daher sieht der Senat keinen Anlass, das von den Klägern beantragte Sachverständigengutachten zum Beweis der Behauptung einzuholen, dass sich "unter Einbeziehung aller relevanten Einflussfaktoren bis zum Jahr 2025" ein höherer Lkw-Anteil > 2,8 t als 7,4 % ergebe (vgl. Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <45>; Beschluss vom 4. Januar 2007 - BVerwG 10 B 20.06 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 353 S. 5 m.w.N.; stRspr).

c) Es ist nicht erkennbar, dass die Abwägung auf einer fehlerhaften Untersuchung und Bewertung der Schadstoffbelastungen beruht.

aa) Die Kläger sind der Auffassung, es müssten geeignete Vorkehrungen getroffen werden um sicherzustellen, dass die prognostizierten Überschreitungen der Grenzwerte der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) nicht eintreten. Dem kann nicht gefolgt werden.

Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens, weil Grenzwertüberschreitungen nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG, § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden sind. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen (vgl. Urteile vom 26. Mai 2004 - BVerwG 9 A 6.03 - BVerwGE 121, 57 <60 ff.> und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 106 f.). Gemessen daran genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung.

Dass die vorhabenbedingten Immissionen nicht bereits für sich genommen höher sind als die Grenzwerte, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Kläger meinen jedoch unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Immissionsschutzbehörde des Beklagten im Anhörungsverfahren vom 5. November 2009, dass die Luftreinhalteplanung in Berlin ihre Möglichkeiten bereits ausgeschöpft habe und daher nichts mehr zu einer Vermeidung der prognostizierten Grenzwertüberschreitungen beitragen könne. Dafür lässt sich indes der genannten Stellungnahme nichts entnehmen. Dort wird ausdrücklich angemerkt, dass im Falle von Grenzwertüberschreitungen verkehrliche Maßnahmen erforderlich wären. Soweit die Immissionsschutzbehörde in ihrer Stellungnahme davon ausgeht, dass solche verkehrlichen Maßnahmen nicht im Rahmen der Luftreinhalteplanung, sondern nur durch die Verkehrsbehörden vorgenommen werden können, hat sie übersehen, dass gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 BImSchG in Luftreinhalteplänen im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden auch "Maßnahmen im Straßenverkehr" festgelegt werden können (vgl. auch § 40 BImSchG). Auch sonst sind keine "besonderen Umstände" erkennbar, die eine Bewältigung von Grenzwertüberschreitungen mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung ausnahmsweise als ausgeschlossen erscheinen lassen. Im Planfeststellungsbeschluss (S. 246) werden mehrere auf das gesamte Stadtgebiet bezogene Maßnahmen genannt, so zum Beispiel die Sperrung der Innenstadt für bestimmte Kraftfahrzeuge mit hohen Abgaswerten. Die Kläger zeigen nicht auf, dass diese Maßnahmen nicht geeignet sind, die Hintergrundbelastung im Stadtgebiet zu senken. Zudem hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eine Reihe von unmittelbar auf die Trasse bezogener verkehrlicher Maßnahmen genannt wie beispielsweise eine weitere Optimierung der Lichtsignalanlagen oder die Anbringung von "Umweltmodulen", die bei bestimmten Messwerten eine Steuerung des Verkehrs zum Zweck der Abgassenkung auslösen, ferner mit den Planzielen vereinbare temporäre Beschränkungen des Lkw-Verkehrs und der Fahrgeschwindigkeit. Schließlich werden im Planfeststellungsbeschluss (S. 171) mögliche Maßnahmen zum Schutz der Innenwohnräume aufgeführt. Auch insoweit ist weder von den Klägern dargelegt noch sonst erkennbar, dass solche Maßnahmen mit der Funktion des Vorhabens nicht vereinbar oder untauglich sind.

bb) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Beurteilung der Schadstoffbelastung kritische Bereiche ausgespart wurden.

Die in der 39. BImSchV festgelegten Luftschadstoffgrenzwerte dienen dem Schutz der menschlichen Gesundheit. Daher ist entscheidend, ob sie in der konkreten Schadstoffsituation, der Menschen an bestimmten Stellen ausgesetzt sind, eingehalten werden, und nicht, ob dies im Gesamtgebiet flächendeckend oder im Durchschnitt der Fall ist (vgl. Urteil vom 26. Mai 2004 a.a.O. S. 60 f.). Diese Anforderung erfüllt die der Planung zugrunde gelegte Lufthygienische Untersuchung (LU).

Die Kläger sind der Auffassung, nach Anlage 3 zur 39. BImSchV sei die Schadstoffbelastung nur für solche Bereiche nicht zu beurteilen, die zum Aufenthalt für Menschen nicht geeignet seien. Daher hätte nicht nur die Belastung an den Hausfassaden, sondern auch die des Luftraums über den Gehwegen ermittelt werden müssen. Gerade die am höchsten belasteten Bereiche seien somit ausgeblendet worden. Dem kann nicht gefolgt werden. Es trifft nicht zu, dass die Schadstoffbelastung für alle zum Aufenthalt von Menschen geeignete Bereiche zu berechnen ist. Zwar werden in Abschnitt A Nr. 2 Buchst. a) und c) der Anlage 3 zur 39. BImSchV bestimmte nicht dem Aufenthalt von Menschen dienende Orte genannt, für die generell keine Beurteilung der Schadstoffbelastung vorzunehmen ist. Daraus folgt indes nicht, dass alle übrigen Bereiche zu untersuchen sind. Vielmehr ist die Luftqualität an den übrigen Orten gemäß Abschnitt A Nr. 1 der Anlage 3 zur 39. BImSchV nach den in den Abschnitten B und C für die Lage der Probenahmestellen für ortsfeste Messungen festgelegten Kriterien zu beurteilen; das gilt auch, soweit die Luftqualität - wie hier - durch Modellrechnungen beurteilt wird. Nach Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a) erster Spiegelstrich der Anlage 3 zur 39. BImSchV ist die Belastung derjenigen Bereiche zu beurteilen, "in denen die höchsten Werte auftreten, denen die Bevölkerung wahrscheinlich ... über einen Zeitraum ausgesetzt sein wird, der im Vergleich zum Mittelungszeitraum der betreffenden Immissionsgrenzwerte signifikant ist". Maßgebliches Kriterium für die Festlegung des Untersuchungsbereichs ist also das Verhältnis der Aufenthaltsdauer von Menschen zum Mittelungszeitraum des jeweils zu beurteilenden Grenzwerts; diese Aufenthaltsdauer muss einen "signifikanten" Anteil am Mittelungszeitraum ausmachen. Da die Grenzwerte dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen, kommt es auf die Belastung des einzelnen Menschen und damit auf dessen typische Aufenthaltsdauer an, und nicht auf den Zeitraum, in dem wechselndes Publikum vorhanden ist. Danach sind selbst bezogen auf Grenzwerte mit dem geringsten Mittelungszeitraum von einer Stunde (vgl. §§ 2 f. der 39. BImSchV) nur solche Bereiche zu untersuchen, in denen der Einzelne nicht nur für einen kurzen Moment, sondern "über einen längeren Zeitraum" Schadstoffen ausgesetzt ist (vgl. Urteil vom 26. Mai 2004 a.a.O. S. 60 f.). Die Luftqualität über Gehwegen ist mithin dann nicht zu beurteilen, wenn dort lediglich ständig wechselnder Fußgängerverkehr stattfindet. Anderes gilt abhängig vom Mittelungszeitraum des jeweiligen Grenzwerts für Gehwege, auf denen sich etwa "Schankvorgärten" von Gaststätten befinden, wie dies die Kläger für die Elsenstraße behaupten.

Unabhängig davon wurde die Luftqualität nach den unbestrittenen Angaben des Gutachters in der mündlichen Verhandlung vorliegend nicht nur bezogen auf die Hausfassaden, sondern im Rahmen einer zusätzlichen Untersuchung flächenhaft - und damit unter Einschluss der Gehwegbereiche - anhand eines mikroskaligen Ausbreitungsmodells (MISKAM) berechnet (vgl. LU S. 97 f. und ergänzende Stellungnahme der Immissionsschutzbehörde vom 5. November 2009).

cc) Zu Unrecht rügen die Kläger, sowohl die Vorbelastung (Hintergrundbelastung) mit Schadstoffen als auch die meteorologischen Verhältnisse hätten grundstücksbezogen beurteilt werden müssen.

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass vom Vorhabenträger nicht gefordert werden kann, eigene jahrelange Messungen vorzunehmen, um die Vorbelastung an Ort und Stelle grundstücksbezogen analysieren zu können. Soweit für die Vorbelastung im Untersuchungsgebiet Messdaten nicht zur Verfügung stehen, kann daher auf über die Jahre hin erhobene Messdaten anderer geeigneter Messstationen zurückgegriffen werden. Dabei muss die Auswahl der berücksichtigten Messstationen den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen (vgl. Urteile vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201 Rn. 126 und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 129). Nichts anderes kann gelten, soweit keine Messungen zu den für die grundstücksbezogene Beurteilung der Luftqualität relevanten lokalen Luftströmungen vorliegen. Auch insoweit kann aus vorhandenen meteorologischen Daten auf die örtlichen Verhältnisse geschlossen werden, um aufwändige Messungen vor Ort zu vermeiden.

Ausgehend davon kann die Beurteilung der Luftqualität im Untersuchungsgebiet nicht beanstandet werden. Zur Ermittlung der Vorbelastung wird in der LU (S. 15) ausgeführt, dass für das Untersuchungsgebiet selbst keine flächendeckenden Messdaten über die Luftschadstoffbelastungen vorliegen, dass die vorhandenen Hintergrundbelastungsrechnungen jedoch für Berlin räumlich differenzierte Aussagen zur Vorbelastung - auch des Untersuchungsgebiets - erlauben. Die Richtigkeit dieser vom Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung näher erläuterten Angabe wird von den Klägern nicht substantiiert in Abrede gestellt. Soweit sie eine Verifizierung der auf diese Weise errechneten Vorbelastung im Untersuchungsgebiet durch einzelne Messungen vermissen, hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass solche Messungen aufwändig wären und über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr stattfinden müssten. Dies kann vom Vorhabenträger nicht verlangt werden, zumal die Datenlage für Berlin nach den Ausführungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung "komfortabel" ist und relativ genaue Aussagen zur örtlichen Vorbelastung zulässt. Die im Trassenbereich vorherrschenden bodennahen Strömungen wurden ausweislich der LU (S. 20 ff.) aus einer Ausbreitungsklassenstatistik abgeleitet, die sich auf langjährige meteorologische Daten der Messstation Berlin-Grunewald stützt. Diese Werte wurden zudem an die aus klimatischen Modellrechnungen bekannten spezifischen Strömungsverhältnisse im Untersuchungsgebiet bei Inversionswetterlagen angepasst. Der Gutachter hat ergänzend in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass aufgrund der homogenen Topografie vor Ort die Strömungsverhältnisse auf diese Weise relativ genau erfasst werden könnten. Von größerem Einfluss im innerstädtischen Bereich seien die Gebäudeverhältnisse, die jedoch bereits im Rahmen der Berechnungsmodelle berücksichtigt würden. Eine grundstücksbezogene Ermittlung der lokalen Strömungen würde mehrjährige Messungen an Ort und Stelle voraussetzen. Die Kläger sind diesen nachvollziehbaren Darlegungen nicht substantiiert entgegengetreten.

dd) Die Kläger weisen ferner darauf hin, dass nach der LU die Schadstoffbelastung im Bereich Elsenstraße/Am Treptower Park für den Planfall 16. BA 2025 geringer sei als für den Nullfall 2025, obwohl für den Planfall eine deutlich höhere Verkehrsbelastung erwartet werde. Daran werde die fehlende Plausibilität der LU erkennbar. Dem kann aufgrund der Erläuterungen des Gutachters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht gefolgt werden. Danach wurde ursprünglich tatsächlich angenommen, dass die Schadstoffbelastung im Planfall trotz höherer Verkehrsbelastung geringer sei, weil der Verkehrsfluss infolge der im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Steuerung der Lichtsignalanlagen ("Grüne Welle") besser sei als im Nullfall. Der Planfeststellung sei jedoch dann eine höhere Schadstoffbelastung im Planfall 16. BA 2025 zugrunde gelegt worden, weil die Entlastung durch den besseren Verkehrsfluss die Belastung durch den höheren Verkehr weder überwiege noch kompensiere. Dies erscheint plausibel.

Hinsichtlich der sonstigen auf die LU bezogenen Rügen der Kläger hat entweder der Gutachter in der mündlichen Verhandlung die Vertretbarkeit der LU plausibel dargelegt (insbesondere Hintergrundbelastung Benzo(a)pyren, 98-Perzentilwert, Berücksichtigung der Bebauung bei der Ausbreitungsrechnung), oder es fehlt - auch mit Blick auf die Erläuterungen in der LU - an hinreichend substantiiertem bzw. schlüssigem Vorbringen.

d) Ohne Erfolg wenden die Kläger ein, zulasten des Vorhabens hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Knotenpunkte Am Treptower Park/Elsenstraße sowie Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm den prognostizierten Verkehr nicht bewältigen könnten, was erhebliche Ausweichverkehre in die umliegenden Stadtstraßen und höhere Belastungen mit Luftschadstoffen zur Folge haben werde.

Die Verkehrsabläufe im Bereich der genannten Knotenpunkte wurden im Auftrag des Beklagten fachlich untersucht. Wie der Verkehrsgutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläuterte, liegt der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte die im Planfeststellungsbeschluss angeordnete Koordinierung der Lichtsignalanlagen untereinander ("Grüne Welle") und der dadurch ausgelöste Verkehrsfluss zugrunde. Danach seien die Knotenpunkte leistungsfähig, was die Simulation des künftigen Verkehrs bestätigt habe. Würden die einzelnen Knotenpunkte hingegen gemäß dem vereinfachten Modell des Handbuchs für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS) isoliert betrachtet und eine durch Koordinierung der Lichtsignalanlagen unbeeinflusste Normalverteilung des Verkehrs unterstellt, fehle es tatsächlich an einer hinreichenden Leistungsfähigkeit. Eine solche Betrachtung werde jedoch dem tatsächlichen Zufluss des Verkehrs an den Knotenpunkten nicht gerecht, da sie die Effekte der Koordinierung der Lichtsignalanlagen ausblende.

Die im Auftrag des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg erstellte und von den Klägern vorgelegte fachliche Beurteilung der Leistungsfähigkeit durch das Büro D. lässt nicht erkennen, dass die der Planfeststellung zugrunde gelegte fachtechnische Einschätzung grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 81). Ausweislich der von den Klägern vorgelegten Untersuchung wurde jeder Knotenpunkt einzeln ohne Rücksicht auf die geplante Koordinierung der Lichtsignalanlagen betrachtet und auf dieser Grundlage deren fehlende Leistungsfähigkeit festgestellt. Daraus wird dann geschlossen, dass eine Koordinierung der Strecke nicht sinnvoll sei, weil die Leistungsfähigkeit bei einer Koordinierung im Allgemeinen weiter sinke. Diese Einschätzung beruht hinsichtlich der Berücksichtigung der angeordneten Koordination der Lichtsignalanlagen auf einem anderen methodischen Ansatz als die der Planfeststellung zugrunde gelegte Bewertung. Dass fachliche Einschätzungen bei unterschiedlicher Methodik zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, versteht sich von selbst und besagt für sich genommen nichts über die Plausibilität der jeweiligen Untersuchung. Soweit die Kläger geltend machen, dass auch der Knotenpunkt A 100/Am Treptower Park nicht hinreichend leistungsfähig sei, können sie sich schon nicht auf die Untersuchung des Büros D. berufen. Dort wird die Leistungsfähigkeit dieses Knotenpunktes vielmehr ausdrücklich bejaht. Nach allem besteht kein Anlass, das von den Klägern beantragte Sachverständigengutachten zum Beweis der Behauptung einzuholen, die Knotenpunkte A 100/Am Treptower Park, Am Treptower Park/Elsenstraße und Elsenstraße/Stralauer Allee/Markgrafendamm seien im Planfall verkehrlich überlastet und könnten durch Koordinierung nicht funktionsfähig gemacht werden. Im Übrigen haben die Kläger auch nicht dargelegt, weshalb die Beweisfrage nicht bereits aufgrund der von ihnen hierzu vorgelegten fachlichen Untersuchung abschließend geklärt ist (vgl. Beschluss vom 5. Dezember 2008 - BVerwG 9 B 28.08 - Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6 Rn. 5).

e) In die Abwägung durfte zugunsten des Vorhabens eingehen, dass die Belastung mit Verkehrslärm in der Umgebung der Trasse durch Verlagerungen des Verkehrs aus den vom nachgeordneten Straßennetz erschlossenen dicht bewohnten Stadtgebieten auf die Stadtautobahn insgesamt zurückgehen wird. Die gegen diese Annahme gerichteten Rügen der Kläger können nicht durchdringen.

In die Modellprognose der künftigen Verkehrsbelastung wurden die wegen der vorhabenbedingt kürzeren Reisezeit zu erwartenden Verlagerungen des Verkehrs vom öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) ebenso eingespeist und damit bei der Bilanzierung des Verkehrslärms berücksichtigt wie der Umstand, dass infolge der attraktiveren Verkehrsverhältnisse die Fahrstrecken im Durchschnitt länger werden (Anteil dieses Verkehrs insgesamt etwa zwischen 2,5 % und 5 % am prognostizierten Verkehr auf dem planfestgestellten Abschnitt). Die entsprechenden nachvollziehbaren Erläuterungen der Vertreterin der zuständigen Fachbehörde haben die Kläger nicht substantiiert angegriffen. Soweit die Kläger vorbringen, die Belastungen durch das Vorhaben selbst seien nicht in die Bilanzierung einbezogen worden, übersehen sie, dass dies nach den eingehenden Darlegungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 167 ff.) nicht zutrifft. Bei der Abwägung wurde außerdem beachtet, dass die eine Gesundheitsgefahr durch Lärm anzeigenden Schwellenwerte infolge des Vorhabens erstmals überschritten werden können oder eine bereits hohe Vorbelastung noch erhöht werden kann.

Es ist vertretbar, diesem Aspekt deshalb kein eigenständiges Gewicht beizumessen, weil es wegen des angeordneten passiven Schallschutzes tatsächlich nicht zu Gesundheitsgefährdungen kommt (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 167 und 169). Zu Unrecht machen die Kläger geltend, dass bei der Lärmbilanzierung der vorhabenbedingte Verkehrszuwachs im Stadtteil Friedrichshain ausgeblendet worden sei. Nach den vorliegenden Unterlagen (Imelmann, Schalltechnischer Bericht Nr. 293.4 Ordner "Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen" S. III 2078 ff. und S. III 2083) wurden auch die Auswirkungen des Vorhabens auf das Stadtgebiet Friedrichshain untersucht und etwa für das Boxhagener Viertel ein deutlicher Anstieg des Verkehrslärms angenommen und in die Gesamtbetrachtung der durch das Vorhaben bewirkten Be- und Entlastungen einbezogen. Die Lärmbilanzierung beruht ferner nicht auf widersprüchlichen Grundannahmen zur Wahrnehmbarkeit von Lärmänderungen, vielmehr wurde ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses (S. 165 f.) eine einheitliche Hörbarkeitsschwelle von rund 1 dB(A) zugrunde gelegt. Schließlich ist bei der Bewertung der Entlastungswirkungen nicht außer Acht gelassen worden, dass es vorhabenbedingt zu Verlagerungen vom ÖPNV auf den MIV kommen wird. Wie die Vertreterin der zuständigen Fachbehörde in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt hat, werde dadurch der Erhalt und Ausbau eines leistungsfähigen und attraktiven ÖPNV nicht vereitelt, vielmehr sei vorgesehen, das System des ÖPNV im Zuge des Vorhabens zu verbessern.

f) Abwägungsfehler bei der Trassenwahl sind nicht zutage getreten.

Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die Behörde braucht den Sachverhalt dabei nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen müssen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersucht und verglichen werden. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind nur dann überschritten, wenn der Behörde beim Auswahlverfahren infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist oder wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (vgl. Urteil vom 3. März 2011 a.a.O. Rn. 65 f.; stRspr). Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Trassenwahl nicht als fehlerhaft.

aa) Die Behörde hat die von den Klägern im gerichtlichen Verfahren im Einzelnen dargelegte Variante einer Halbanschlussstelle Am Treptower Park für den Nord-Süd-Verkehr und einer weiteren Halbanschlussstelle Stralauer Allee nördlich der Spree für den Süd-Nord-Verkehr anstelle der planfestgestellten (Voll-)Anschlussstelle Am Treptower Park im Verwaltungsverfahren keiner näheren Untersuchung unterzogen. Die Kläger sehen darin einen Abwägungsfehler. Zwar habe eine Aufspaltung des Verkehrs auf zwei Halbanschlussstellen "verkehrskonzeptionelle" Nachteile. Gleichwohl sei diese Lösung vorzugswürdig, weil so der Verkehr auf der Elsenstraße um die Hälfte verringert werde. Nur auf diese Weise sei es möglich, die dortige Stau- und Luftschadstoffproblematik zu bewältigen. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Beklagte weist darauf hin, dass die von den Klägern vorgeschlagene Variante Umwegfahrten zur Folge hätte, weil beispielsweise aus Süden von der Anschlussstelle Sonnenallee kommende Fahrer nicht unmittelbar in Richtung Kreuzberg oder Treptow fahren könnten, sondern dazu zunächst die Spree in Richtung Norden queren müssten, um sodann nach einer Wende über die Elsenbrücke zurück in den Bereich Elsenstraße zu fahren. Dies ist auch ohne fachliche Untersuchung ohne Weiteres nachvollziehbar. Sollte der Verkehr zur Vermeidung dieses Umweges die Stadtautobahn in größerem Umfang bereits an der Anschlussstelle Sonnenallee in Richtung Kreuzberg oder Treptow verlassen, wie die Kläger wohl meinen, hätte dies den Nachteil, dass insoweit das Planziel der Verkehrsbündelung nicht erreicht würde. Es ist nicht erkennbar, dass diesen Nachteilen einigermaßen gewichtige Vorteile der Halbanschluss-Variante gegenüber stehen. Wie bereits ausgeführt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bereich der Elsenstraße wegen fehlender Leistungsfähigkeit der Knoten Am Treptower Park/Elsenstraße und Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm stauträchtig ist oder dass Überschreitungen der Luftschadstoffgrenzwerte der 39. BImSchV dort nicht mit Mitteln der Luftreinhalteplanung begegnet werden kann. Soweit die Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV oder die Schwellenwerte für gesundheitsgefährdenden Lärm überschritten werden, wird passiver Schallschutz gewährt (Planfeststellungsbeschluss S. 22 f.). Bereits aus diesen Gründen musste die Behörde die Halbanschlussstelle nicht ernsthaft in Erwägung ziehen. Im Übrigen hat der Beklagte weiter darauf hingewiesen, dass die Verkehrsflächen der Straße Alt Stralau bei weitem zu klein seien, um den Verkehr von der A 100 aufzunehmen, zu stauen und in das angrenzende Straßennetz verteilen zu können. Diesem konkreten Einwand haben die Kläger auch im nachgelassenen Schriftsatz vom 7. Oktober 2012 nicht substantiiert widersprochen. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als in der von ihnen vorgelegten fachlichen Untersuchung von D. zur Leistungsfähigkeit der besagten Knotenpunkte (S. 10) angemerkt wird, dass die Straße Alt Stralau bereits heute überlastet ist. Nach allem kann dahinstehen, ob die von den Klägern vorgeschlagene Variante außerdem in das für die Schifffahrt notwendige Lichtraumprofil der Spree eingreifen würde oder den Wegfall der für die A 100 im 17. BA vorgesehenen Anschlussstelle Markgrafendamm zur Folge hätte, wie der Beklagte meint.

bb) Auch die weiteren gegen die Alternativenprüfung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses (S. 70 f.) und des Erläuterungsberichts (S. 34 ff., 38a f.) wurde die Alternativenbetrachtung der Linienbestimmung nicht ohne erneute Abwägung "übernommen", sondern nochmals eingehend mit Blick auf die aktuellen Randbedingungen überprüft. Bei der Höhe der prognostizierten Verkehrsbelastung hält sich ferner der gewählte Querschnitt der A 100 (sechsspurige Autobahn) im Rahmen der Vorgaben der einschlägigen Regelwerke. Soweit die Kläger die Vorzugswürdigkeit etwa einer Bündelung der Autobahn mit der Ringbahn bereits östlich des Unterhafens oder einer Verschwenkung der Autobahn in Richtung Ringbahn im Bereich Güterbahnhof Treptow behaupten, fehlt ihrem Vorbringen jede Substanz. Soweit sie auf die Vorzugswürdigkeit einer weiträumigen Verlegung der Trasse nach Osten oder einer Verlegung der Anschlussstelle Am Treptower Park in Richtung Puschkinallee abstellen, fehlt jede Auseinandersetzung mit den eingehenden Erwägungen, aus denen heraus diese Varianten ausgeschieden wurden (vgl. Erläuterungsbericht S. 38a f.; Planfeststellungsbeschluss S. 50, 209 und 218)."

13

II. Darüber hinaus übersehen die Kläger, dass namentlich die gegen die Richtigkeit der Verkehrsprognose und der Lufthygienischen Untersuchung gerichteten Rügen und der Einwand, die fehlende Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte Am Treptower Park/Elsenstraße sowie Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm werde erhebliche Ausweichverkehre in die umliegenden Stadtstraßen und höhere Belastungen mit Luftschadstoffen zur Folge haben, von vornherein nicht geeignet sind, den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Aufhebungsanspruch zu stützen.

14

Ein Rechtsverstoß führt gemäß § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG nur dann zu einem Anspruch auf Aufhebung oder Teilaufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bzw. auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit desselben, wenn er die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines abtrennbaren Planungsteils überhaupt in Frage stellt und daher nicht isoliert im Wege der Planergänzung durch nachträgliche Schutzauflagen behoben werden kann (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 59). Diese Voraussetzung ist bei Klagen mittelbar Betroffener hinsichtlich von Fehlern der Verkehrs- oder Luftschadstoffprognose regelmäßig nicht gegeben. Bei ihnen geht es - anders als bei Klagen von Enteignungsbetroffenen - insoweit nicht um den auf die Gesamtplanung bezogenen öffentlichen Belang des Schutzes aller Anlieger vor Verkehrslärm oder Luftschadstoffen und dessen Bewältigung, sondern um die Frage, ob gerade die konkreten Immissionsschutzbelange des einzelnen mittelbar betroffenen Klägers unzureichend berücksichtigt wurden. Soweit dies der Fall ist, wird dem in der Regel im Wege der Planergänzung durch eine isolierte Schutzauflage begegnet werden können. Dem Vorbringen der Kläger kann nicht entnommen werden, dass etwaige noch nicht bewältigte Schutzansprüche derart umfassend sind, dass sie nicht ohne Änderung des gesamten Schutzkonzepts erfüllt werden können. Die mittelbar betroffenen Kläger können auch nicht unter Hinweis auf die ihrer Ansicht nach fehlende Leistungsfähigkeit der genannten Knotenpunkte rügen, dass wesentliche, mit dem Vorhaben verfolgte Ziele nicht erreicht werden können. Vielmehr kann es insoweit nur um die Frage gehen, ob die behaupteten Ausweichverkehre Auswirkungen auf die Immissionsbetroffenheit gerade der Kläger haben und daher weitergehende Schutzvorkehrungen zu treffen sind.

15

C. Die auf erneute Bescheidung hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen gerichteten Klagen der Kläger zu 4, 5, 8 und 9 sind begründet; die Ablehnung weitergehender Maßnahmen des aktiven Schallschutzes ist insoweit rechtswidrig und verletzt diese Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Das gilt jedoch nicht für das entsprechende Bescheidungsbegehren der Kläger zu 1, 2, 3, 6 und 7.

16

I. Die Einwände der Kläger können allerdings in weitem Umfang nicht durchdringen.

17

1. Bei einigen Rügepunkten haben die Kläger im Klageverfahren im Wesentlichen nur ihre - pauschal gehaltenen - Einwendungen im Anhörungsverfahren wiederholt, ohne sich mit der Erörterung dieser Punkte im Planfeststellungsbeschluss bzw. in den vorliegenden Unterlagen auseinanderzusetzen. Danach gibt es etwa bei den von den Klägern aufgerufenen Themen "Beachtung des Trennungsgrundsatzes nach § 50 BImSchG" (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 188), "Lichtimmissionen" (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 250 und Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 2023) und "fehlende Berücksichtigung maßgeblicher Immissionsorte" (vgl. Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1996 ff. sowie S. III 2063 ff.) keine Anhaltspunkte für einen Abwägungsmangel. Soweit die Kläger geltend machen sollten, die Lärmauswirkungen des Vorhabens auf die Stadtstraßen seien im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung "weitgehend" nicht ermittelt worden, ist dieser Einwand schon deshalb unbeachtlich, weil er angesichts der eingehenden Beschreibung der Lärmauswirkungen in der Umweltverträglichkeitsprüfung (Planfeststellungsunterlagen Bd. 7 Unterlage 16.1 S. 118 ff., insb. S. 123 ff.) jeder Substanz entbehrt. Auch der Einwand eines Teils der Kläger, vom trassenparallelen Betriebsweg könne Einsicht auf ihr Grundstück genommen werden und dessen Benutzung sei mit Lärm verbunden, geht über eine pauschale Behauptung nicht hinaus. Weshalb die Benutzung des Betriebsweges durch Fußgänger und Radfahrer sowie vereinzelt durch Betriebs- und Notfallfahrzeuge mit erheblichen Geräuscheinwirkungen auf die Anlieger der Trasse verbunden sein sollte, erschließt sich nicht. Die fehlende Einsehbarkeit stellt vorbehaltlich besonderer Einzelfallumstände, die hier weder dargetan noch ersichtlich sind, lediglich eine Chance dar, deren Vereitelung hingenommen werden muss (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1993 - BVerwG 4 C 5.93 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 120 S. 114).

18

2. Hinsichtlich der bauzeitlichen Belastungen durch Lärm, Staub und Erschütterungen sind keine Abwägungsfehler erkennbar.

19

Bezogen auf den Schutz der Anlieger vor bauzeitlichem Lärm ist im Planfeststellungsbeschluss angeordnet, dass während der Bauarbeiten das Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin, das u.a. vorschreibt, schädliche Umwelteinwirkungen soweit möglich und zumutbar zu vermeiden und die Nachtruhe nicht zu stören (§ 2 Abs. 1, § 3) sowie die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVV Baulärm) in der jeweils gültigen Fassung einzuhalten sind; in der Nacht dürfen Bauarbeiten nur dann ausnahmsweise durchgeführt werden, wenn dies zwingend notwendig ist und wenn die zuständige Immissionsschutzbehörde die Arbeiten zugelassen hat (S. 21 f.). Durch den Verweis auf die Geltung der AVV Baulärm steht fest, dass deren Immissionsrichtwerte für die von den Baumaschinen und Baustellen ausgehenden Geräusche, die insoweit den unbestimmten Rechtsbegriff der "schädlichen Umwelteinwirkungen" nach § 22 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG und damit zugleich den hier nach § 17b Abs. 1 FStrG maßgeblichen unbestimmten Rechtsbegriff der "nachteiligen Wirkungen" i.S.d. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG konkretisieren (vgl. Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 7 A 11.11 - NVwZ 2012, 1393 Rn. 25 ff.), nicht überschritten werden dürfen. Außerdem ist dem Vorhabenträger aufgegeben, bei der Ausarbeitung des Verkehrskonzepts für die Bauzeit besonders auf die Freihaltung der Wohnstraßen von Umleitungs- und Baustellenverkehr in den an das Vorhaben angrenzenden Wohngebieten zu achten (S. 30).

20

Was die baubedingten Staubbelastungen angeht, ist der Vorhabenträger verpflichtet, den ausführenden Baufirmen im Rahmen der Vergabe Auflagen bezüglich der Vorsorge zur Minimierung der Ausbreitung von Staub (insbesondere bei Abrissarbeiten in der direkten Nähe von Wohngebäuden) und zur Sauberhaltung des angrenzenden öffentlichen Straßennetzes zu erteilen (S. 26). Darüber hinaus ist auch insoweit das Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin maßgeblich, das in § 9 vorschreibt, die Entstehung und Ausbreitung von Stäuben u.a. bei der Errichtung von Anlagen nach Möglichkeit durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden oder jedenfalls zu vermindern (S. 21 f.).

21

Hinsichtlich des Schutzes der Anlieger vor Erschütterungen während der Bauzeit ist im Planfeststellungsbeschluss angeordnet, dass zur Vermeidung bzw. Minderung von baubedingt unzumutbaren Erschütterungen bei der Baudurchführung moderne Verdichtungstechnik zum Einsatz kommt (S. 30) und bei entsprechender Gefährdungslage ein Beweissicherungsverfahren oder ein statischer Nachweis geführt oder Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssen (S. 24 f.). Insoweit hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss durch Protokollerklärung dahin ergänzt, dass die Vorgaben der DIN 4150 (Erschütterungen im Bauwesen) einzuhalten sind.

22

Die Kläger legen nicht substantiiert dar, weshalb trotz dieser Auflagen die Gefahr bestehen soll, dass es zu unzumutbaren bauzeitlichen Belastungen kommt bzw. weshalb diese Belastungen noch näher hätten ermittelt werden sollen. Sie haben ihr Vorbringen auch nicht mit Blick auf die vom Beklagten im Verfahren BVerwG 9 A 18.11 mit Schriftsatz vom 6. August 2012 als Anlage VT 3 vorgelegten Übersichtspläne des Baulogistikkonzepts mit Angabe von Entfernungen der Baustellen u.a. zu den Gebäuden Kiefholzstraße ... und Beermannstraße ... weiter konkretisiert.

23

3. Die der Planung zugrunde liegende Lärmprognose leidet nicht an den von den Klägern geltend gemachten Mängeln.

24

a) Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch für den Bereich der Zu- und Abfahrtsrampen zur Anschlussstelle Am Treptower Park gewährleistet, dass die Schutzvorkehrungen - wie auch sonst entlang der Trasse - zugunsten der Anlieger nach dem für den Planfall 16. BA und dem Prognosefall 17. BA jeweils höheren Beurteilungspegel bemessen werden. Zwar wurden nach Angaben des Beklagten dem Schutzkonzept für diesen Bereich abweichend vom sonstigen Vorgehen nicht die eventuell höheren Beurteilungspegel im Prognosefall 17. BA zugrunde gelegt. Dies beruht jedoch nach dessen nachvollziehbaren Ausführungen darauf, dass die Trasse hier bei einer Fortführung der A 100 im 17. BA ohnehin - nach der durch Planänderung erfolgten Verlagerung der westlichen Rampe nach Osten zur Verschonung des Gebäudes Beermannstraße ... und ... in noch weiterem Umfang - baulich umgestaltet werden müsse und das Schutzkonzept insoweit aufgrund einer aktuellen schalltechnischen Untersuchung erneut festzulegen sei. Demgegenüber hätten die Schutzvorkehrungen in den übrigen Bereichen entlang der Trasse auch bei einer Realisierung des 17. BA Bestand. Jedenfalls nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt hat, dass eine solche Untersuchung im Falle der Fortsetzung der A 100 im 17. BA u.a. bezogen auf die Kiefholzstraße ... und die Beermannstraße ... vorgenommen werde, ist gewährleistet, dass die worst-case-Betrachtung der Lärmbelastung auch im Falle der Kläger zu 4 bis 9 zum Zuge kommt.

25

b) Die Kläger rügen ferner, die lärmmindernde Wirkung des offenporigen Asphalts im Umfang von 5 dB(A) sei nicht dauerhaft gewährleistet, da im Planfeststellungsbeschluss keine Pflegemaßnahmen angeordnet worden seien. Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt, dass er die mit offenporigem Asphalt versehenen Fahrbahnen spätestens sechs Jahre ab Inbetriebnahme auf die akustische Wirksamkeit dieses Belages überprüfen und ggf. unverzüglich Maßnahmen zur Wiederherstellung derselben ergreifen wird; diese Überprüfung und etwaige Abhilfemaßnahmen werden in der Folgezeit im Abstand von jeweils einem Jahr wiederholt. Danach ist nicht zu beanstanden, dass bei der auf das Prognosejahr 2025 bezogenen Lärmprognose von einer lärmmindernden Wirkung des offenporigen Asphalts in Höhe von 5 dB(A) ausgegangen wurde.

26

Zu Unrecht meinen die Kläger, der schalltechnischen Untersuchung hätte nicht die Einhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h zugrunde gelegt werden dürfen. Die Planfeststellungsbehörde darf für den Regelfall davon ausgehen, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingehalten wird. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass verkehrsrechtliche Ge- und Verbote gerade im Bereich der Anschlussstelle Am Treptower Park ausnahmsweise generell nicht beachtet werden (vgl. Urteil vom 20. Januar 2010 - BVerwG 9 A 22.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 55 Rn. 39). Dass die Geschwindigkeit auf der Ein- und der Ausfahrrampe der Anschlussstelle Am Treptower Park mit nur 60 km/h angesetzt wurde, ist angesichts der Notwendigkeit, die Fahrzeuge vor der Ausfahrt in die Straße Am Treptower Park abzubremsen bzw. auf der Einfahrrampe zu beschleunigen, ohne Weiteres vertretbar. Besondere Zuschläge für die Geräuschentwicklung beim Abbremsen und Beschleunigen sind in den einschlägigen Normen nicht vorgesehen, was angesichts der Geräuschminderung durch die geringere Geschwindigkeit nachvollziehbar ist (vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom 9. Februar 2010 - 3 S 3064/07 - juris Rn. 99 ).

27

c) Es gibt keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Summenpegelbetrachtung.

28

Ein Anspruch auf weitergehenden Schallschutz aus der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht für Gesundheit und Eigentum besteht dann, wenn der Summenpegel sämtlicher Verkehrswege die Schwellenwerte von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts überschreitet (stRspr; vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 69). Dies hat der Beklagte erkannt. Entgegen der Annahme der Kläger hat er in die Summenpegelbetrachtung nicht nur die planfestgestellte A 100 und die bestehenden Bahnstrecken einbezogen (vgl. Planfeststellungsunterlagen Bd. 4 Unterlage 11.2 Anlage 3), sondern auch die vorhandenen Stadtstraßen. So waren für die festgestellten Überschreitungen der Schwellenwerte etwa im Bereich der Elsenstraße, zu deren Bewältigung der Planfeststellungsbeschluss einen Anspruch auf passiven Schallschutz vorsieht (S. 22 f.), gerade die hohe Verkehrsbelastung dieser Stadtstraße maßgeblich, neben der der Schienenverkehrslärm in den Hintergrund tritt (vgl. Ordner "Zusätzliche Unterlagen" S. IV 71 ff. und 78 ff.). Auch hinsichtlich der Wohngebäude in der Kiefholzstraße und in der Beermannstraße wurde zur Ermittlung des Summenpegels neben der Gesamtbelastung durch das Vorhaben und den Schienenverkehr auch der Verkehr auf diesen Straßen selbst betrachtet, ohne dass eine Überschreitung der Schwellenwerte festgestellt wurde (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 2065 f. und 2102 ff.). Dass die Summenpegel Planfall 16. BA/Schiene einerseits und Planfall 16. BA/Kiefholzstraße bzw. Beermannstraße andererseits gesondert betrachtet wurden, ist nicht zu beanstanden. Der Lärmgutachter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass die Lärmquellen Schiene und Stadtstraße nicht gleichgerichtet auf die Wohngebäude einwirken, so dass die kritischen Immissionsorte nicht einheitlich, sondern nur nach dem jeweiligen Summenpegel bestimmt werden können, den diese Lärmquellen mit dem Vorhaben bilden. Davon abgesehen ist auch die Einschätzung des Gutachters nachvollziehbar, dass der Verkehr auf diesen Stadtstraßen ohnehin neben dem Schienenverkehr keinen Einfluss auf den Summenpegel hat, weil er in der Beermannstraße einen nur geringen Umfang aufweist und in der Kiefholzstraße im Planfall 16. BA abnehmen wird. Der Gutachter hat darauf hingewiesen, dass die Summenpegelbetrachtung daher nicht auf diese Stadtstraßen hätte erstreckt werden müssen; dies sei vielmehr nur mit Blick auf ein entsprechendes Begehren der Kläger zu 4 bis 9 geschehen.

29

Dass der Beklagte der Beurteilung des Schienenlärms die Betriebsprogramme der DB Netz AG mit einem Prognosehorizont 2015 zugrunde gelegt hat, begegnet keinen Bedenken im Hinblick auf die Abweichung vom hier maßgeblichen Prognosezeitraum 2025. Denn es liegt eine Erklärung der Bahnbehörde vor, wonach die Betriebsprogramme auch bis 2025 Aussagekraft hätten, weil bis dahin keine Veränderung in der Transportnachfrage vorgesehen sei. Die Kläger haben hiergegen keine substantiierten Einwände erhoben. Auf Nachfrage hat der Beklagte erklärt, dass insbesondere die Anbindung des Ostkreuzes bereits im Betriebsprogramm berücksichtigt sei.

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4. Rechte der Kläger werden auch insoweit nicht berührt, als sie die Unvereinbarkeit des Vorhabens mit der Lärmminderungsplanung des Beklagten wegen Überschreitung der eine Gesundheitsgefährdung anzeigenden Schwellenwerte behaupten. Aus der Regelung der Lärmminderungsplanung in den §§ 47a ff. BImSchG ergeben sich zwar Pflichten der zuständigen Behörden zur Erarbeitung von Lärmkarten und zur Aufstellung von Lärmaktionsplänen, jedoch keine Schutzansprüche einzelner Immissionsbetroffener (vgl. Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 43.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 56 Rn. 46). Im Übrigen wird passiver Schallschutz gewährt, soweit eine Überschreitung der Schwellenwerte festgestellt wurde, was - wie ausgeführt - hinsichtlich der Bewohner in der Kiefholzstraße und der Beermannstraße nicht der Fall ist.

31

II. Die Versagung weitergehenden Schallschutzes ist gegenüber den Klägern zu 4, 5, 8 und 9 rechtswidrig, weil sie nicht auf einer schlüssigen Kosten-Nutzen-Analyse beruht; insoweit ist gegenüber diesen Klägern erneut über die Gewährung von Schallschutz zu entscheiden. Hinsichtlich der übrigen Kläger kann das Lärmschutzkonzept hingegen nicht beanstandet werden.

32

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht es den Vorgaben des § 41 BImSchG, die Unverhältnismäßigkeit der Kosten aktiven Lärmschutzes allein daraus herzuleiten, dass die nach § 42 Abs. 2 BImSchG zu leistenden Entschädigungen für passiven Lärmschutz - wie regelmäßig - erheblich niedriger wären. Vielmehr ist grundsätzlich zunächst zu untersuchen, welcher Betrag für eine die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte vollständig sicherstellende Schutzmaßnahme aufzuwenden wäre (sog. Vollschutz). Sollte sich dieser Aufwand als unverhältnismäßig erweisen, sind - ausgehend von diesem grundsätzlich zu erzielenden Schutzniveau - schrittweise Abschläge vorzunehmen, um so die mit gerade noch verhältnismäßigem Aufwand zu leistende maximale Verbesserung der Lärmsituation zu ermitteln. Dabei sind in Baugebieten dem durch die Maßnahme insgesamt erreichbaren Schutz der Nachbarschaft grundsätzlich die hierfür insgesamt aufzuwendenden Kosten der Maßnahme gegenüberzustellen und zu bewerten (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <390> sowie - BVerwG 11 A 46.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 34 S. 85 und vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 63).

33

Bei welcher Relation zwischen Kosten und Nutzen die Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes für aktiven Lärmschutz anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. Beschluss vom 30. August 1989 - BVerwG 4 B 97.89 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 5 S. 2; Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 64). Ziel der Bewertung der Kosten hinsichtlich des damit erzielbaren Lärmschutzeffekts muss eine Lärmschutzkonzeption sein, die auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen vertretbar erscheint (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - a.a.O. S. 382, vom 24. September 2003 - BVerwG 9 A 69.02 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 39 S. 103 und vom 3. März 2004 - BVerwG 9 A 15.03 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40 S. 113). Kriterien für die Bewertung des Schutzzwecks sind die Vorbelastung, die Schutzbedürftigkeit und Größe des Gebiets, das ohne ausreichenden aktiven Schallschutz von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche des betreffenden Verkehrsweges betroffen wäre, die Zahl der dadurch betroffenen Personen sowie das Ausmaß der für sie prognostizierten Grenzwertüberschreitungen und des zu erwartenden Wertverlustes der betroffenen Grundstücke. Innerhalb von Baugebieten sind bei der Kosten-Nutzen-Analyse insbesondere Differenzierungen nach der Zahl der Lärmbetroffenen zulässig und geboten (Betrachtung der Kosten je Schutzfall). So wird bei einer stark verdichteten Bebauung noch eher ein nennenswerter Schutzeffekt zu erzielen sein als bei einer aufgelockerten Bebauung, die auf eine entsprechend geringe Zahl von Bewohnern schließen lässt (vgl. Urteile vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - a.a.O. S. 383 und vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 64).

34

1. Ein schlüssiges Lärmschutzkonzept, das diesen Anforderungen genügt, ist bezogen auf das Gebäude Kiefholzstraße ... (Kläger zu 4, 5, 8 und 9) - ebenso wie auf das Gebäude Beermannstraße ... und ..., s. Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren BVerwG 9 A 19.11 - nicht zu erkennen. Daher ist insoweit die Annahme des Beklagten nicht nachvollziehbar, dass die Kosten für eine Schallschutzwand mit einer Höhe bzw. Abschirmwirkung (Errichtung auf der Trogoberkante) von mehr als sechs Metern außer Verhältnis zum dadurch zu erzielenden Schutz stehen.

35

a) Vor der in der mündlichen Verhandlung erklärten Planänderung im Bereich der Anschlussstelle Am Treptower Park mit dem Ziel einer Verschonung des Wohngebäudes Beermannstraße ... und ... ist der Beklagte davon ausgegangen, dass eine massive, hochabsorbierende Lärmschutzwand zum Schutz des Wohnkomplexes Kiefholzstraße ... und des Bereichs Beermannstraße auch über eine Höhe von sechs Metern hinaus städtebaulich verträglich sei. Von der Bewältigung weiterer Schutzfälle durch Errichtung massiver Lärmschutzwände in einer Höhe von sieben bzw. acht Metern wurde gleichwohl abgesehen, weil sich die Kosten pro geschützter Wohneinheit des Gebäudes Kiefholzstraße ... von 10 812 € (Antragsvariante) auf 11 687 € (Teilschutzvariante 127) bzw. 12 780 € (Teilschutzvariante 128) und im Bereich Beermannstraße von 4 292 € (Antragsvariante 1766) auf 6 446 € (Höhe sieben Meter) bzw. 7 060 € (Höhe acht Meter) erhöhen würden. Über eine Höhe von acht Metern hinaus sollten die untersuchten Lärmschutzvarianten mit aufwändigen transparenten Aufsätzen versehen sein. Dementsprechend erhöhten sich die Kosten pro Schutzfall für diese Varianten deutlich. Sie wurden wegen "sprunghaften" Anstiegs der Kosten und negativer städtebaulicher Wirkungen ausgeschlossen (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 2031 ff.).

36

Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung bezogen auf die Kiefholzstraße ... zu Protokoll erklärt, dass das bisherige Konzept infolge der Planänderung gemäß dem Lageplan "Prüfvariante-AS Am Treptower Park" (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1910) nicht mehr aufrechterhalten werden könne und es insbesondere aus städtebaulichen Gründen geboten sei, Lärmschutzwände nunmehr bereits ab einer Höhe von sechs Metern nicht mehr massiv, sondern nur noch mit einem transparenten Aufsatz auszugestalten. Dies habe wegen der erheblich höheren Kosten einer transparenten Ausbildung von Lärmschutzwänden zur Folge, dass eine sieben Meter hohe Lärmschutzwand (sechs Meter mit einem transparentem Aufsatz von einem Meter) einen "Kostensprung" von 4 500 € pro geschützter Wohneinheit gegenüber der Antragsvariante (Lärmschutzwand mit sechs Metern) auslöse, während die Kostensteigerung bei einer insgesamt massiv ausgebildeten Lärmschutzwand (Teilschutzvariante 127) von sieben Metern Höhe nur 875 € betrage. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte hierzu weiter erläutert, dass die Bauwerke vor der Einmündung der Trassen in die Straße Am Treptower Park infolge der topografischen Verhältnisse eine von der Beermannstraße aus sichtbare Höhe von insgesamt etwa zehn Metern erreicht hätten. Nachdem die Gradienten der beiden Rampen infolge der Planänderung etwa drei Meter tiefer lägen als zuvor, sei angesichts dieser veränderten Situation eine massive Lärmschutzwand nur noch bis zu einer Höhe von sechs Metern städtebaulich verträglich.

37

Bezogen auf den Bereich Beermannstraße hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eine Unterlage zur Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz vorgelegt. Die Unterlage verweist darauf, dass durch die Verlegung der westlichen Zufahrtsrampe um etwa 30 Meter nach Osten die Rampen, die auf beiden Seiten durch Bauwerke "eingefasst" seien (Lärmschutzwand im Westen und bahnseitige Stützwand im Osten), nunmehr eng beieinander verliefen. Wegen dieser besonderen Verhältnisse sei es aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten, die Lärmschutzwand über eine Höhe von sechs Metern hinaus transparent auszugestalten. Ansonsten wäre die Fahrsicherheit wegen der eng zusammenstehenden hohen Begrenzungen des Straßenraums, die ähnlich der Einfahrt in einen Tunnel bedrohlich und erdrückend wirkten, und der plötzlichen Veränderung der Situation gegenüber den vorangehenden Straßenabschnitten erheblich eingeschränkt. Die Vollschutzvariante 7011 (Höhe von maximal 15 Metern) sei auch bei Verwendung eines transparenten Aufsatzes wegen der Raumwirkung eines solchen Bauwerks als städtebaulich äußerst negativ zu bewerten. Die Kosten von 24 143 € je Schutzfall stünden erkennbar außer Verhältnis zum erzielbaren Schutzeffekt. Außerdem löse die nicht hochabsorbierende transparente Aufsatzkonstruktion Schallreflexionen aus, die insbesondere den aus dem Bahnlärm gebildeten Summenpegel erhöhten. Die weiteren Varianten einer Lärmschutzwand über sechs Meter hinaus mit transparentem Aufsatz schützten nur eine verhältnismäßig geringe Zahl von Wohneinheiten zusätzlich. Die Kosten je Schutzfall betrügen bei der Antragsvariante (massive Lärmschutzwand von sechs Metern) 8 806 €, während sie bei den höheren Varianten mit transparentem Aufsatz von 14 723 € (Lärmschutzwand von sieben Metern) bis zu 24 143 € bei der Vollschutzvariante reichten und damit unverhältnismäßig hoch seien. Ein weiterer Vorteil der ausgewählten Variante sei darin zu sehen, dass so ein städtebaulich einheitliches Gesamtbild von der Kiefholzstraße bis zur Beermannstraße gewährleistet sei.

38

b) Diesen Darlegungen kann kein schlüssiges Konzept für den Schutz der Gebäude Beermannstraße ... und ... sowie Kiefholzstraße ... entnommen werden, aufgrund dessen beurteilt werden kann, ob es vertretbar ist, weitergehende Maßnahmen des aktiven Schallschutzes als unverhältnismäßig auszuschließen.

39

aa) Allerdings sind die Erwägungen des Beklagten zur wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit der verschiedenen Varianten für sich genommen nicht zu beanstanden.

40

Bei der Ermittlung derjenigen Variante aktiven Lärmschutzes, bei der mit gerade noch verhältnismäßigem Aufwand eine maximale Verbesserung der Lärmsituation zu erzielen ist, können solche Varianten als wirtschaftlich unverhältnismäßig ausgeschieden werden, bei denen einerseits die Kosten im Vergleich zu anderen Varianten stark ansteigen, andererseits aber nur noch eine geringe Zahl von Wohneinheiten zusätzlich geschützt wird (sog. Sprungkosten; vgl. Urteil vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 33 S. 80 f. ). Danach ist die Annahme des Beklagten, es sei wirtschaftlich nicht vertretbar, im Bereich der Beermannstraße ... und ... bzw. der Kiefholzstraße ... Vollschutzvarianten von Lärmschutzwänden wie auch solche über eine Höhe von sechs Metern hinaus mit transparentem Aufsatz zu errichten, an sich nicht zu beanstanden. Nach der Unterlage zur Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz im Bereich Beermannstraße betragen die Kosten der Vollschutzvariante (Lärmschutzwand mit 15 Metern) rund 1,7 Mio. €. Das ist beinahe das Vierfache der Kosten der Antragsvariante (Lärmschutzwand mit sechs Metern) von etwa 440 000 €. Dabei können mit der Vollschutzvariante nur 28 weitere Schutzfälle bewältigt werden, was lediglich rund einem Drittel der bereits mit der Antragsvariante zu bewältigenden 86 Schutzfälle entspricht. Dementsprechend betragen die Kosten pro Schutzfall bei der Vollschutzvariante mit 24 143 € nahezu das Dreifache der bei der Antragsvariante entstehenden Kosten je Schutzfall von 8 806 €. Eine Lärmschutzwand mit einer Höhe von sieben Metern kostet wegen des aufwändigen transparenten Aufsatzes von einem Meter 736 136 € gegenüber dem Aufwand von 440 316 € für eine massive sechs Meter hohe Lärmschutzwand. Da mit der sieben Meter hohen Lärmschutzwand lediglich zwei Schutzfälle zusätzlich bewältigt werden können, steigen die Kosten je Schutzfall von 8 806 € "sprunghaft" auf 14 723 €. Dieses Missverhältnis zwischen Kostensteigerung und zusätzlich zu bewältigenden Schutzfällen besteht auch bei den jeweils um einen weiteren Meter erhöhten Lärmschutzwänden bis hin zur Vollschutzvariante. Entsprechendes gilt für den Lärmschutz der Kiefholzstraße ... (vgl. Ordner "Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen" S. III 2043). Insoweit hat der Beklagte zu Protokoll gegeben, dass die Kosten je Schutzfall bei der Antragsvariante von 10 812 € auf 15 312 € ansteigen, wenn die Lärmschutzwand mit einem transparenten Aufsatz von einem Meter auf insgesamt sieben Meter erhöht wird; demgegenüber beträgt der Anstieg der Kosten je Schutzfall bei einer vor der Planänderung als städtebaulich verträglich angesehenen massiven Lärmschutzwand mit einer Höhe von sieben Metern nur 875 €. Der Beklagte durfte daher annehmen, dass bei einer massiven sechs Meter hohen Lärmschutzwand eine maximale Verbesserung der Lärmsituation bei gerade noch vertretbaren Kosten erreicht werden kann.

41

Das Vorliegen wirtschaftlich nicht vertretbarer Sprungkosten kann nicht deshalb verneint werden, weil der Anstieg der Kosten je Schutzfall prozentual geringer ausfällt, wenn in den Vergleich nicht nur die Kosten der verschiedenen Lärmschutzwände selbst, sondern auch diejenigen der nach dem Lärmschutzkonzept vorgesehenen anderen Maßnahmen aktiven Schallschutzes wie die Verwendung von lärmminderndem offenporigen Asphalt oder einer absorbierenden Wandverkleidung (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 163) einbezogen werden. Wie ausgeführt, ist für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit aktiven Lärmschutzes unter dem Aspekt der Sprungkosten maßgeblich, ob die Mehrkosten, die bei einer Variante im Vergleich zu anderen Varianten anfallen, in einem angemessenen Verhältnis zum Umfang des dadurch zusätzlich zu erzielenden Lärmminderungseffekts stehen. Welche Kosten in diese Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einzustellen sind, hängt von der Reichweite der Variantenprüfung ab. Stehen bestimmte Maßnahmen aktiven Lärmschutzes nicht zur Auswahl, weil bereits aufgrund einer Grobprüfung feststeht, dass sie nicht ernsthaft in Betracht kommen (vgl. Urteil vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <388>) oder - wie hier die Verwendung offenporigen Asphalts und einer lärmmindernden Wandverkleidung - in jedem Fall ausgeführt werden sollen, ist der Aufwand für diese Maßnahmen für den Kosten-Nutzen-Vergleich der noch offenen Varianten ohne Bedeutung.

42

Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine solche Beschränkung des Umfangs der Variantenuntersuchung an Rechtsfehlern leidet. Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. In diesem Zusammenhang rügen die Kläger zu 4, 5, 8 und 9 für das Gebäude Kiefholzstraße ... hätte Vollschutz durch eine Deckelung der in Troglage geführten Trasse gewährt werden müssen. Diese Maßnahme durfte vorab ausgeschieden werden, weil die Kosten hierfür von rund 18 Mio. € die Kosten für Vollschutz durch eine Kombination von Lärmschutzwand (sechs bis zehn Meter Höhe mit einem 2,5 Meter hohen transparenten Aufsatz, Kosten etwa 1,1 Mio. €), absorbierender Wandverkleidung (Kosten 110 000 €) und offenporigem Asphalt (Kosten 83 370 €) von insgesamt etwa 1,3 Mio. € bei Weitem übersteigen (Ordner "Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen" S. III 1862 f.). Eine Deckelung der Trasse ist danach offenkundig unwirtschaftlich, auch wenn in der auf die Kiefholzstraße bezogenen Kosten-Nutzen-Analyse allein der Aufwand für eine zur Gewährung von Vollschutz notwendige Lärmschutzwand mit 2,5 Mio. € beziffert wird (Ordner "Abwägungsmaterial/zusätzliche Unterlagen" S. III 2043). Angesichts der in der Untersuchung genannten relativ geringen Kosten für offenporigen Asphalt und eine absorbierende Wandverkleidung ist auch ohne Weiteres nachvollziehbar, dass diese Maßnahmen aktiven Lärmschutzes, die im Falle des offenporigen Asphalts mit einer Lärmminderung um immerhin 5 dB(A) einhergehen, keiner näheren Kosten-Nutzen-Analyse im Vergleich mit anderen Maßnahmen unterzogen wurden, sondern in jedem Falle ausgeführt werden sollen. Die Kläger haben im Übrigen kein abweichendes Lärmschutzkonzept aufgezeigt, bei dem ernsthaft in Betracht kommt, dass wegen eines günstigeren Kosten-Nutzen-Verhältnisses noch weitere Schutzfälle bis hin zum Vollschutz bei angemessenem Aufwand bewältigt werden können.

43

bb) Nicht hinreichend schlüssig erscheint jedoch die Begründung dafür, weshalb die Lärmschutzwand ab einer Höhe von sechs Metern nur noch mit einem - den Kostensprung verursachenden - transparenten Aufsatz versehen werden kann.

44

Die in der mündlichen Verhandlung überreichte Unterlage zur Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz für den Bereich Beermannstraße stützt sich zur Begründung nicht auf die veränderte städtebauliche Situation infolge der Tieferlegung der Rampen, obwohl sich diese Veränderung nach den o.g. Angaben des Beklagten gerade hier auswirkt. Stattdessen wird maßgeblich auf den Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit abgestellt. Die verminderte Raumwirkung der Trasse auf den Bereich Beermannstraße durch Tieferlegung der Rampen stellt auch kein weiteres Begründungselement neben dem Aspekt der Verkehrssicherheit dar. Vielmehr wird in städtebaulicher Hinsicht auf die Gewährleistung eines einheitlichen Gesamtbildes von der Kiefholzstraße bis zur Beermannstraße abgestellt. Die angeblichen Auswirkungen der Planänderung auf die städtebauliche Situation im Einzelnen erschließen sich nicht. Was den stattdessen in der Unterlage zum Lärmschutzkonzept für die Beermannstraße entscheidungstragend eingeführten Aspekt der Verkehrssicherheit anbelangt, ist nicht hinreichend plausibel dargelegt, weshalb er gebietet, dass die Lärmschutzwand in diesem Bereich ab sechs Meter Höhe transparent auszugestalten ist. Die Unterlage stellt selbst den Vergleich mit der Einfahrt in einen Tunnel auf, in der die Fahrbahnen erfahrungsgemäß ebenfalls nicht selten eng beieinander liegen. Es ist nicht erkennbar, dass die Situation unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit im Bereich der durch eine Lärmschutzwand auf der einen und eine Stützwand auf der anderen Seite begrenzten, aber nach oben nicht "gedeckelten" Rampen der A 100 ungünstiger ist als bei Tunneln, zumal auf den Rampen ohnehin nur mit reduzierter Geschwindigkeit gefahren werden kann.

45

2. Die Kläger zu 1, 2, 3, 6 und 7 haben hingegen keinen Anspruch, hinsichtlich des Schutzes vor Immissionen erneut beschieden zu werden.

46

Das Vorhaben löst für den Kläger zu 1 keine Immissionsbetroffenheit aus. Das Wohngebäude Heckmannufer ..., in dem sich seine Eigentumswohnung befindet, liegt nach den unbestrittenen Angaben des Beklagten rund 900 m vom Trassenbereich und etwa 100 m von der Schlesischen Straße entfernt in einer Nebenstraße ohne Durchgangsverkehr. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass es infolge fehlender Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte Am Treptower Park/Elsenstraße sowie Alt Stralau/Stralauer Allee/Markgrafendamm zu erheblichen Ausweichverkehren in der Schlesischen Straße kommen wird, die sich auf den Kläger zu 1 belastend auswirken könnten. Wie ausgeführt, bestehen hierfür keine Anhaltspunkte.

47

Hinsichtlich der Wohnungen der Klägerinnen zu 2 und 3 wurden unstreitig keine vorhabenbedingten Überschreitungen der Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV ermittelt. Eine abwägungsfehlerhafte Berücksichtigung von Lärmbetroffenheiten unterhalb dieser Grenzwerte liegt nicht vor. Die Behörde hat im Planfeststellungsbeschluss (vgl. S. 223 ff.) hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass der Lärmschutz auf das rechtlich Gebotene beschränkt werden soll, was nicht zu beanstanden ist (vgl. Urteil vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 S. 50 f.).

48

Auch die Kläger zu 6 und 7 (Beermannstraße ...) sind mit dem planfestgestellten aktiven Schallschutz keinen die Lärmgrenzwerte überschreitenden Immissionen ausgesetzt. Diese Kläger können auch nicht verlangen, dass wegen der Planänderung (Verschonung des Gebäudes Beermannstraße ... und ... durch Verlegung der westlichen Zufahrtsrampe der Anschlussstelle Am Treptower Park um etwa 30 m nach Osten) eine neue schalltechnische Beurteilung vorgenommen wird. Sie weisen in der Klagebegründung vom 11. April 2011 (S. 50) selbst darauf hin, dass der Erhalt des Gebäudes Beermannstraße ... und ... ausweislich der Variantenuntersuchung zu geringeren Belastungen des Gebäudes Beermannstraße ... führt (vgl. Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1913: Abschirmwirkung des Gebäudes Beermannstraße ... und ... für die restlichen Gebäude der Beermannstraße); auch die Belastungen der Kiefholzstraße ... würden sich nach den Lärmberechnungen infolge der Verlegung der Rampe verringern. Im Übrigen liegt es auch nach den vorliegenden Plänen nahe, dass die Lärmbelastung in den genannten Bereichen durch die Planänderung verringert wird. Es ist weder nachvollziehbar dargelegt noch sonst ersichtlich, weshalb der von den Klägern kritisierte Umstand, dass die aus Anlass der Planänderung ermittelten Beurteilungspegel für das Gebäude Beermannstraße ... und ... von den im Rahmen der Variantenprüfung für dieses Gebäude ermittelten Pegel abweichen, etwas an dieser Einschätzung ändern sollte. Für die Beermannstraße ... kommt hinzu, dass sowohl die im Rahmen der Variantenprüfung für die Planänderung ermittelten Beurteilungspegel (Ordner "Abwägungsmaterial/Zusätzliche Unterlagen" S. III 1962 f.) als auch die Beurteilungspegel, die für die zunächst geplante Ausführung der Anschlussstelle Am Treptower Park festgestellt wurden (Planfeststellungsunterlagen Bd. 4 Unterlage 11.2 S. 106 f.), deutlich unterhalb der Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV liegen.

Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Grundsatzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) greifen nicht durch.

3

a) Die Beschwerde hält sinngemäß für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob die in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 40.86 - (BVerwGE 81, 95) entwickelten Grundsätze zu einer selbstständig durchsetzbaren Verfahrensposition kommunaler Selbstverwaltungskörperschaften auf luftrechtliche Vorhaben beschränkt sind oder ob diese Grundsätze in gleicher Weise auch für ein überörtliches Straßenbauvorhaben und eine angrenzende kommunale Gebietskörperschaft Geltung haben,

ob ein Abwehranspruch einer Gemeinde gegen ein überörtliches Fachplanungsvorhaben, das ohne das notwendige Genehmigungsverfahren und dessen Abschluss mit einer Sachentscheidung durchgeführt worden ist, neben einer Verletzung des kommunalen Beteiligungsrechtes auch eine Verletzung der Gemeinde in dem materiellen Recht des Art. 28 GG voraussetzt.

4

Sie meint, das Oberverwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Umwandlung des Standstreifens in eine Hauptfahrbahn weder einer Planfeststellung noch einer Plangenehmigung bedürfe. Vielmehr liege in dieser Maßnahme eine Änderung im Sinne des § 17 Satz 1 FStrG. An einem solchen Verfahren hätte die Klägerin beteiligt werden müssen. Deshalb seien subjektive Abwehrrechte der Klägerin als kommunale Gebietskörperschaft verletzt. Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1988 ergebe sich für die Klägerin eine selbstständig durchsetzbare Verfahrensposition. Schon allein aus einer Verletzung ihres Beteiligungsrechtes folge ein Anspruch der Klägerin auf nachträgliche Anordnung von aktiven Schallschutzmaßnahmen, ohne dass darüber hinaus auch eine Verletzung der kommunalen Planungshoheit oder eine Beeinträchtigung kommunaler Grundstücke oder Einrichtungen gegeben sein müsse.

5

Die aufgeworfenen Fragen rechtfertigen jedoch nicht die Zulassung der Revision. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage dann, wenn für die Entscheidung des vorinstanzlichen Gerichts eine konkrete fallübergreifende Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>, vom 23. April 1996 - BVerwG 11 B 96.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 10 S. 15, vom 30. März 2005 - BVerwG 1 B 11.05 - NVwZ 2005, 709 und vom 2. August 2006 - BVerwG 9 B 9.06 - NVwZ 2006, 1290). Daran fehlt es.

6

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Drittbetroffenen grundsätzlich kein subjektives Recht auf Einleitung und Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens (§ 17 FStrG) - Entsprechendes gilt für Plangenehmigungen (§ 74 Abs. 6 VwVfG) - zusteht, so dass ein am Verwaltungsverfahren zu Beteiligender die Befugnis zur Anfechtung der getroffenen Verwaltungsentscheidung grundsätzlich nicht allein aus der Verletzung der ihn betreffenden Verfahrensvorschriften herleiten kann. Vielmehr muss sich aus seinem Vorbringen darüber hinaus auch ergeben, dass sich der gerügte Verfahrensfehler möglicherweise auf seine Rechte selbst ausgewirkt hat.

7

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann eine Verfahrensvorschrift dem durch sie Begünstigten ein eigenständiges subjektives öffentliches Recht nur dann einräumen, wenn sie nicht nur der Ordnung des Verfahrensablaufs, insbesondere einer umfassenden Information der Verwaltungsbehörde dient, sondern dem betroffenen Dritten in spezifischer Weise und unabhängig vom materiellen Recht eine eigene, nämlich selbstständig durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtsposition gewähren will, sei es im Sinne eines Anspruchs auf die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens überhaupt, sei es im Sinne eines Anspruchs auf die ordnungsgemäße Beteiligung an einem (anderweitig) eingeleiteten Verwaltungsverfahren. Die Frage, ob eine solche verfahrensrechtliche Rechtsposition im Rahmen einer konkreten gesetzlichen Regelung anzunehmen ist, beantwortet sich dabei nicht nach der Art und Beschaffenheit desjenigen materiellen Rechts, auf das sich das vorgeschriebene Verwaltungsverfahren bezieht, sondern allein nach der Zielrichtung und dem Schutzzweck der Verfahrensvorschrift selbst. Aus ihrem Regelungsgehalt muss sich ergeben, dass die Regelung des Verwaltungsverfahrens mit einer eigenen Schutzfunktion zu Gunsten einzelner ausgestattet ist, und zwar in der Weise, dass der Begünstigte unter Berufung allein auf einen ihn betreffenden Verfahrensmangel, d.h. ohne Rücksicht auf das Entscheidungsergebnis in der Sache, die Aufhebung bzw. den Erlass einer verfahrensrechtlich gebotenen behördlichen Entscheidung gerichtlich soll durchsetzen können (Urteile vom 22. Februar 1980 - BVerwG 4 C 24.77 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 33 S. 101 f., vom 15. Januar 1982 - BVerwG 4 C 26.78 - BVerwGE 64, 325 <331 ff.>, vom 5. Oktober 1990 - BVerwG 7 C 55.89, 7 C 56.89 - BVerwGE 85, 368 <374 f.>; Beschlüsse vom 15. Oktober 1991 - BVerwG 7 B 99.91 und 7 ER 301.91 - Buchholz 445.5 § 17 WaStrG Nr. 2 und vom 5. März 1999 - BVerwG 4 VR 3.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149 S. 18; Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 73 Rn. 17, § 74 Rn. 269; Vallendar, in: Hermes/Sellner, Beck'scher AEG Kommentar, § 18 Rn. 274 f.; Hoppe/Schlarmann/Buchner/Deutsch, Rechtsschutz bei der Planung von Verkehrsanlagen und anderen Infrastrukturvorhaben, 4. Aufl. 2011, § 12 Rn. 458 ff.).

8

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ebenfalls geklärt, dass die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Planfeststellungsverfahrens im Bundesfernstraßengesetz nichts für die Annahme hergibt, das Gesetz habe dem durch eine Straßenbaumaßnahme betroffenen Dritten eine in diesem Sinne selbstständig durchsetzbare Verfahrensposition eingeräumt (Urteil vom 15. Januar 1982 - BVerwG 4 C 26.78 - a.a.O.; Beschluss vom 5. März 1999 - BVerwG 4 VR 3.98 - a.a.O.). Das von der Beschwerde herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 40.86 - (BVerwGE 81, 95 = Buchholz 442.40 § 30 LuftVG Nr. 1) rechtfertigt auch bezogen auf Gemeinden keine andere Beurteilung. In dieser Entscheidung ist das Bundesverwaltungsgericht zwar davon ausgegangen, dass das in einem luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren den Gemeinden zustehende formelle Recht auf Beteiligung ihnen in spezifischer Weise und unabhängig vom materiellen Recht eine eigene, selbstständig durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtsposition einräumt (a.a.O. S. 106; vgl. zu der besonderen Rechtsstellung der Gemeinden gerade in diesem Genehmigungsverfahren: Urteil vom 20. November 1987 - BVerwG 4 C 39.84 - Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 17 S. 3 f.). Diese Rechtsprechung beruht aber auf der Eigenart des in das Genehmigungs- und das Planfeststellungsverfahren gegliederten luftverkehrsrechtlichen Verfahrens und kann daher auf das hier in Rede stehende Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesfernstraßengesetz, dem keine gesonderte Genehmigungsentscheidung vorangeht, nicht übertragen werden (vgl. zum Wasserstraßenrecht: Beschluss vom 15. Oktober 1991 a.a.O. S. 2).

9

Demzufolge bedarf auch keiner grundsätzlichen Klärung, dass einer Gemeinde ein Abwehrrecht gegen eine fernstraßenrechtliche Maßnahme, ungeachtet des Verfahrens, das dieser Maßnahme zu Grunde liegt, nur dann zusteht, wenn die Gemeinde einen Eingriff in eine materielle Rechtsposition geltend machen kann. Eine solche Rechtsposition kann in dem nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Selbstverwaltungsrecht bestehen. Dessen Verletzung macht die Klägerin aber ebenso wenig geltend wie etwa die Beeinträchtigung kommunaler Einrichtungen.

10

b) Soweit die Beschwerde des Weiteren als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnet,

ob die - dauerhafte - Umwandlung einer Standspur, die von den Hauptfahrspuren durch entsprechende Markierungen getrennt ist, in eine Hauptfahrbahn die Voraussetzungen einer Änderung einer Straße im Sinne von § 17 Satz 1 FStrG erfüllt und planfeststellungsbedürftig ist,

ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache schon deshalb zu verneinen, weil diese Frage in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Revision gegen ein Urteil, das nebeneinander auf mehrere, je selbstständig tragende Begründungen gestützt ist, nur dann zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28. September 1990 - BVerwG 9 B 107.90 - NVwZ 1991, 376 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Denn das Oberverwaltungsgericht hat auch darauf abgestellt, dass der Klägerin keine Abwehrrechte zustünden, selbst wenn die von ihr behauptete Änderung einer Straße im Sinne von § 17 Satz 1 FStrG vorläge und diese planfeststellungsbedürftig wäre. Denn die Klägerin könne sich weder auf eine Verletzung des nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten Selbstverwaltungsrechts stützen noch auf eine Beeinträchtigung kommunaler Grundstücke oder Einrichtungen. Hiergegen hat die Beschwerde Revisionszulassungsgründe nicht vorgebracht. Auf ein Abwehrrecht, das sich allein aus der Verletzung einer Verfahrensposition ableitet, kann sich die Klägerin, wie oben dargestellt, nicht stützen.

11

2. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision wegen entscheidungserheblicher Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind nicht erfüllt. Eine Abweichung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn sich das Oberverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat; die Beschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, stRspr; vgl. z.B. Beschlüsse vom 21. Juli 1988 - BVerwG 1 B 44.88 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 32 und vom 12. Dezember 1991 - BVerwG 5 B 68.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302). Daran fehlt es hier.

12

Die Beschwerde rügt, das angefochtene Urteil weiche mit der Auffassung, eine selbstständig durchsetzbare Verfahrensposition für kommunale Gebietskörperschaften sei auf luftrechtliche Vorhaben beschränkt, vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1988 (a.a.O.) ab. Bei Heranziehung der allgemeinen Grundsätze in der genannten Entscheidung zum Verhältnis zwischen kommunaler Bauleitplanung und überörtlicher Fachplanung hätten weder das formelle Recht kommunaler Selbstverwaltungskörperschaften auf Beteiligung auch an straßenrechtlichen Genehmigungsverfahren noch der sich daraus ergebende Anspruch auf Durchführung der für die Zulassung straßenrechtlicher Vorhaben notwendigen Verwaltungsverfahren verneint werden können. Darüber hinaus weiche die angegriffene Entscheidung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1988 deshalb ab, weil das Oberverwaltungsgericht verkenne, dass sich der Abwehranspruch einer Gemeinde bei Durchführung eines überörtlichen Fachplanungsvorhabens ohne Durchführung des dafür notwendigen Genehmigungsverfahrens nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts allein aus einer Verletzung des Beteiligungsrechts ergebe und nicht zusätzlich eine Betroffenheit der Gemeinde in ihren Rechten aus Art. 28 GG voraussetze.

13

Diese Rüge genügt schon deshalb nicht den Darlegungsanforderungen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), weil die einander gegenübergestellten Rechtssätze jedenfalls nicht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt worden sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat eine selbstständige Verfahrensposition von Gemeinden auf § 6 LuftVG gestützt, während das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung § 17, § 17b Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 FStrG i.V.m. § 74 Abs. 7 VwVfG NRW zugrunde gelegt hat.

(1) Treffen mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, derart zusammen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist, und ist mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich geregelt, so findet für diese Vorhaben oder für deren Teile nur ein Planfeststellungsverfahren statt.

(2) Zuständigkeiten und Verfahren richten sich nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren, das für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, so entscheidet, falls nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften mehrere Bundesbehörden in den Geschäftsbereichen mehrerer oberster Bundesbehörden zuständig sind, die Bundesregierung, sonst die zuständige oberste Bundesbehörde. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, und sind nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften eine Bundesbehörde und eine Landesbehörde zuständig, so führen, falls sich die obersten Bundes- und Landesbehörden nicht einigen, die Bundesregierung und die Landesregierung das Einvernehmen darüber herbei, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist.

Abweichend von § 74 Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes kann für ein Vorhaben, für das nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, an Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden. § 18a Nummer 1 Satz 1 gilt entsprechend. Im Übrigen findet das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung mit Ausnahme des § 21 Absatz 3 Anwendung.

Tatbestand

1

Der Kläger, eine anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigung, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10.04.2012 für den Ausbau der Eisenbahnunterführung Ernst-Reuter-Allee im Stadtgebiet der Beklagten.

2

Die Ernst-Reuter-Allee ist eine in Ost-West-Richtung verlaufende Verkehrsachse in der Innenstadt der Beklagten. Sie erstreckt sich vom Damaschkeplatz im Westen, über den eine Anbindung an den Magdeburger Ring (B 71), den Adelheidring, den Editharing sowie den Busbahnhof erfolgt, bis zur Elbquerung im Osten. Ca. 50 m östlich des Damaschkeplatzes werden die in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bahngleise der Beigeladenen über Brücken mit einer lichten Höhe von ca. 3,40 m über die Ernst-Reuter-Allee geführt. Zwischen den beiden Hauptsträngen der Eisenbahn befindet sich südlich der Ernst-Reuter-Allee der Kölner Platz, auf dem ca. 80 Kfz-Stellplätze angelegt sind und an dem sich ein Nebeneingang des Hauptbahnhofs befindet. Nördlich des Kölner Platz befindet sich das Gelände des – derzeit offenbar ungenutzten – Bahnpostdepots; die dortige Zufahrt auf die Ernst-Reuter-Allee ist mit Pollern abgetrennt. Östlich der Eisenbahnüberführung schließen sich in südlicher Richtung an die Ernst-Reuter-Allee die Gebäude des Hauptbahnhofs, der Willy-Brandt-Platz mit Taxi-Stand und Hauptzugang zum Hauptbahnhof sowie weiter südlich die Bahnhofstraße an, von der in östlicher Richtung die Hasselbachstraße abzweigt. Weiter östlich kreuzt die Ernst-Reuter-Allee die Otto-von-Guericke-Straße, eine in Nord-Süd-Richtung verlaufende weitere Verkehrsachse im Stadtgebiet der Beklagten. Ca. 300 m südlich dieser Kreuzung mündet die Hasselbachstraße in die Otto-von-Guericke-Straße ein.

3

Südlich der Ernst-Reuter-Allee zwischen Willy-Brand-Platz/Bahnhofstraße und Otto-von-Guericke-Straße befindet sich das „City Carré“, ein aus mehreren Gebäuden bestehendes Büro- und Einkaufszentrum mit Tiefgarage. Die Tiefgarage besteht aus zwei Teilen. Der nördliche Teil hat eine Ein- und Ausfahrt über den nördlichen Teil des Willy-Brandt-Platzes; der südliche Teil besitzt eine Ein- und Ausfahrt über die Bahnhofstraße.

4

Der Damaschkeplatz ist zentrale Umsteigestelle für mehrere Straßenbahn- und Buslinien. In der Straßenmitte der Ernst-Reuter-Allee verlaufen zwei Straßenbahngleise. In Höhe des Willy-Brandt-Platzes zweigen nach Süden Richtung Hauptbahnhof sowohl aus westlicher als auch aus östlicher Richtung jeweils zwei Gleise ab. Auch an der Kreuzung mit der Otto-von-Guericke-Straße besteht ein solcher Abzweig Richtung Süden.

5

Für den Kraftfahrzeugverkehr werden nach bestehender Verkehrsführung in West-Ost-Richtung zwischen Damaschkeplatz und Eisenbahnunterführung die beiden Geradeausspuren der Ernst-Reuter-Allee auf eine Fahrspur verflochten. Unterhalb der Eisenbahnüberführung verläuft eine Fahrspur parallel zu den Straßenbahngleisen. Ca. 50 m östlich der Eisenbahnüberführung auf Höhe des Willy-Brandt-Platzes können Taxis nach rechts auf dem Willy-Brandt-Platz abbiegen, um ihre Stände anzufahren. Zudem besteht für den Kfz-Verkehr die Möglichkeit, nach rechts in die Einfahrt des nördlichen Teils der Tiefgarage des City Carré abzubiegen; der Willy-Brandt-Platz darf hingegen nicht von Kraftfahrzeugen befahren werden. Auf Höhe der Einmündung stehen in der Ernst-Reuter-Allee in West-Ost-Richtung (wieder) zwei Fahrspuren zur Verfügung. Am Knotenpunkt mit der Otto-von-Guericke-Straße werden diese auf drei Fahrspuren mit einer Linksabbiegespur, Geradeaus- und Geradeaus-Rechtsabbiegespur aufgeweitet. In Ost-West-Richtung steht in einer Entfernung von ca. 50 m westlich des Knotenpunktes mit der Otto-von-Guericke-Straße bis zur Einmündung des Willy-Brandt-Platzes für den Verkehr eine Fahrspur zur Verfügung. Weiter westlich ist eine Linksabbiegespur in Richtung Willy-Brandt-Platz ausschließlich für Taxis angelegt. Die aus dem nördlichen Teil der Tiefgarage ausfahrenden Fahrzeuge dürfen sowohl nach rechts als auch nach links in die Ernst-Reuter-Allee abbiegen. Die Einmündung ist allerdings nicht durch Wechsellichtzeichenanlagen gesichert. Ab dem Straßenbahngleisdreieck am Willy-Brandt-Platz kann der Verkehr auf einer zweiten Fahrspur unter Mitbenutzung der Straßenbahngleise in Richtung Westen fahren. Am Damaschkeplatz stehen drei Fahrspuren als Linksabbieger-, Geradeaus- und Rechtsabbiegerspur zur Verfügung.

6

Für Radfahrer stehen in beiden Fahrtrichtungen zwischen Damaschkeplatz und Otto-von-Guericke-Straße separate Radwege neben der Fahrbahn zu Verfügung, die im Bereich von Einmündungen markiert sind. Neben den Radwegen befinden sich beidseitig ebenfalls separate Gehwege. Am Damaschkeplatz wird der Fußgängerverkehr in Nord-Süd-Richtung über einen Fußgängertunnel planfrei unter den Fahrbahnen sowie alternativ über Querungsinseln östlich der Haltestellen geführt.

7

Mit der angefochtenen Planfeststellung soll ein ca. 582 m langer Abschnitt der Ernst-Reuter-Allee durch den Bau eines zweistöckigen Rahmenbauwerkes errichtet werden, mit dem die Verkehre entflochten werden. Der Straßenbahn-, Radfahr- und Fußgängerverkehr soll auf der Ebene 0, der Kfz-Verkehr in der Ebene -1 geführt werden; ferner soll die Eisenbahnbrücken auf der Ebene +1 erneuert werden. Dabei soll eine lichte Weite von 18,50 m sowie eine lichte Höhe von 4,30 m in der Ebene 0 und von 4,50 m in der Ebene -1 entstehen. Die Trassierung der Ernst-Reuter-Allee sowie der Zufahrten Nord und Süd zum Magdeburger Ring soll im Wesentlichen dem Bestand folgen. Die Absenkung für die Unterquerung der neuen Bahnhofsbrücken soll unmittelbar östlich des Knotenpunktes mit der Olvenstedter Straße, Adelheidring, Editharing beginnen und vor dem Knoten Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße enden. Dies hat zur Folge, dass im Bereich des Damaschkeplatzes eine Neuordnung der Nebenanlagen erfolgen muss. Die Rad- und Gehwegführung soll – entgegen dem Bestand – nun im Bereich zwischen den Stützwänden der Rampenfahrbahnen erfolgen und parallel zu den Straßenbahngleisen verlaufen. Die Planung der Ernst-Reuter-Allee im Querschnitt soll als dreistreifige Straße erfolgen. Die Fahrspurbreiten betragen in der Tunnelröhre Nord jeweils 3,25 m und die einzelne Fahrspur in der Tunnelröhre Süd 3,50 m. Im südlichen Tunnelquerschnitt soll ein Fahrstreifen als Standspur ausgebildet werden. Die Standspur soll auf Höhe der Einmündung der Tiefgarage Nord des City Carrés zu einer Ein- und Ausfahrspur werden. Der nördlich verlaufende Zweirichtungsradweg zwischen Damaschkeplatz und Brandenburger Straße soll östlich der Eisenbahnbrücken eine Querung nach Süden auf den Willy-Brandt-Platz erhalten; ab dort soll der Radweg zwischen Brandenburger Straße und Otto-von-Guericke-Straße in eine Mischverkehrsfläche entsprechend dem bestehenden Nutzungskonzept des Platzes übergehen. Im Bereich des Straßenbahngleisdreieckes Willy-Brandt-Platz sollen die Bordanlagen vollständig abgesenkt werden, um den Platzcharakter zu verdeutlichen. Die vorhandene straßenseitige Erschließung des Kölner Platzes soll mit Beginn der Bauarbeiten ersatzlos entfallen. Der Platz soll weiterhin über die Ebene 0 (unter Benutzung der Fahrbahn der Straßenbahnanlage) für die Rettungsfahrzeuge und Revisionsfahrzeuge der Städtischen Werke erreichbar sein. Von der Ebene 0 soll der Kölner Platz von der Ernst-Reuter-Allee über eine 6,50 m breite Rampe behindertengerecht und für die Befahrung mit Rettungsfahrzeugen angeschlossen werden. Im Übrigen soll der Höhenunterschied zwischen Kölner Platz und Ernst-Reuter-Allee von ca. 1,00 m über eine Treppenanlage mit 8 bis 9 Stufen überbrückt werden. Der Anschluss der Fahrbahnen an den Knotenpunkt Damaschkeplatz (Editharing, Adelheidring, Olvenstedter Straße) soll auf die vorhandenen Fahrbahnbreiten erfolgen. In der nördlichen Zufahrt stehen dann 3 Fahrspuren zur Verfügung. Die südliche Knotenpunktausfahrt des Damaschkeplatzes wird von 3 auf 2 Fahrspuren reduziert. Zur Querung der beiden Fahrbahnen von den nördlichen und südlichen Nebenanlagen in Richtung Haltestelle Damaschkeplatz werden signalisierte Fußgänger- und Radfahrerfurten errichtet. Der Taxistellplatz auf dem Willy-Brandt-Platz soll im Rahmen der Baumaßnahme nach Süden verschoben und neu ausgebildet werden. Der Taxistand wird zukünftig über die Hasselbachstraße angefahren. Die Einfahrt in den Taxistand erfolgt über die Bahnhofstraße mit Zufahrt über den vorhandenen Parkplatz von Süden. Die Einfahrten in den nördlichen Teil der Tiefgarage des City Carrés werden über die Ebene -1 ausschließlich über den südlichen Tunnel erfolgen. Die Ausfahrt aus der Tiefgarage soll nur in Richtung Otto-von-Guericke-Straße möglich sein. Im Rahmen des Ausbaus des Eisenbahnknotens Magdeburg sollen die vorhandenen Überbauten abgebrochen und von Westen nach Osten durch neue Eisenbahnüberführungen ersetzt werden. Auf der Tunneldecke in der Ebene 0 verlaufen etwa mittig die Straßenbahngleise. Planmäßiger Fahrzeugverkehr ist auf der Decke des Tunnels nicht vorhanden. Die Flächen in Ebene 0 sollen beidseits der beiden Straßenbahngleise als Fußgängerzone sowie als Radwege genutzt werden. Weiter ist die Erneuerung der Gleisanlagen zwischen dem Damaschkeplatz und dem Gleisdreieck Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße geplant.

8

Im Anhörungsverfahren erhob der Kläger am 22.01.2011 im Wesentlichen folgende Einwendungen:

9

Es bestehe eine unzulässige Identität von Vorhabenträger, Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde.

10

Die Planung sei verfehlt, weil gegen die Ziele der Luftreinhalte- und Lärmminderungsplanung und gegen die Ziele des Innenstadtverkehrskonzepts verstoßen werde, das eigentliche Verkehrsproblem an der Kreuzung Ernst-Reuter-AlIee / Otto-von-Guericke-Straße nicht gelöst werde, die Verkehrsprobleme durch Anhebung der lichten Höhe unter der Bahnstrecke verschärft würden und – damit verbunden – das LKW-Verkehrsaufkommen erheblich gesteigert werde. Der Fußgänger- und Radverkehr werde unangemessen geführt, die Barrierefreiheit und die Dimensionierung der Entwässerung seien unzureichend.

11

Es fehle bereits an einer Planrechtfertigung. Unabhängig davon seien jedenfalls die für das Vorhaben streitenden Belange nach Maßgabe des fachplanerischen Ziels, die Straße in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand zu bauen, zu erweitern oder sonst zu verbessern (§ 9 Abs.1 Satt 2 StrG LSA), abwägungsfehlerhaft gewichtet worden. Die Verkehrsuntersuchung des Vorhabenträgers gehe selbst von einer nicht ausreichenden Bedienung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) und insbesondere einem hohen Rückstau bis weit in den geplanten Tunnel und bis zum Damaschkeplatz aus, was zu einer Verschlechterung der Verkehrssituation führe.

12

Die Variantenprüfung sei fehlerbehaftet, weil sie mehrere sich aufdrängende Varianten nicht berücksichtigt habe und bei der Bewertung einzelner Varianten offenkundige Fehlbewertungen vornehme.

13

Es fehle eine sachgerechte Verkehrsprognose. In den hierzu im Planfeststellungsverfahren vorhandenen Unterlagen ließen sich lediglich die Ergebnisse, aber keine Angaben zur bearbeitenden Stelle, deren Fachkunde, zur Methodik und zur Umlegung des Verkehrs im Prognosenetz etc. finden. Zudem enthalte die vorliegende Prognose einen deutlich zu geringen LKW-Anteil in den Prognosefällen.

14

Die Lärmschutzbelange seien fehlerhaft geprüft und abgewogen worden. Die Beklagte habe das LKW-Aufkommen stark unterschätzt. Ferner sei der Ansatz der Straßenbahnverkehrszahlen fehlerhaft und liege teils unter den heutigen Verkehrszahlen. Es fehlten die ergebnisrelevanten Eingangsdaten für die Straßenbahnlärmberechnung, und die Rechenergebnisse seien unstimmig. Die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung werde überschritten. Aktive Lärmschutzmaßnahmen (Verkehrbeschränkungen, Lärm mindernde Fahrbahnbeläge) seien nicht geprüft worden.

15

Die Erschütterungs- und Luftschadstoffbelastungen seien fehlerhaft ermittelt und bewertet worden.

16

Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei defizitär und fehlerbehaftet, da jede Auseinandersetzung mit Immissionsbelastungen unterhalb der Grenzwerte und mit bauzeitlichen Belastungen fehle.

17

Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 10.04.2012 stellte die Beklagte – Fachbereich Vermessungsamt und Baurecht – den Plan für den „Ausbau des Eisenbahnknotens Magdeburg – 2. Ausbaustufe, Bauabschnitt Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee“ nach § 37 Abs. 1 StrG LSA sowie § 1 Abs. 1 Satz 1, § 5 VwVfG LSA i.V.m. §§ 72 bis 75, 78 VwVfG, § 18 AEG und § 28 Abs. 1 PBefG fest. Bezüglich Luftschadstoffimmissionen enthielt der Beschluss die Nebenbestimmung (IV 6. a), dass der Vorhabenträger vor Baubeginn der für die Luftreinhalteplanung zuständigen Behörde (Landesamt für Umweltschutz) und der Planfeststellungsbehörde einen Maßnahmenkatalog vorzulegen habe, in Folge dessen die Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten werden. Beispielhaft wurden allgemeine Verkehrsbeschränkungen, verkehrslenkende Maßnahmen, Fahrbahnreinigung, Durchsagen im Tunnel bei Stau zum Abschalten der Motoren, Geschwindigkeitsbegrenzungen und Maßnahmen bei Stau bzw. Umleitungen genannt. Zum Lärmschutz war dem Planfeststellungsbeschluss die Nebenbestimmung (IV 6. b) beigefügt, dass der Vorhabenträger als aktive Lärmschutzmaßnahme eine Schall absorbierende Verkleidung für den Bereich der Trogwände und an den östlichen Tunnelportalen bis zu einer Tiefe von 20 m auf der Ernst-Reuter-Allee / Nähe Büro- und Einkaufsgebäude City Carré vorzusehen habe. Den Eigentümern der Gebäude Ernst-Reuter-Allee 28 - 42 sowie 37 und 41 - 45 wurden zudem dem Grunde nach ein Anspruch auf  passive Schallschutzmaßnahmen bzw. auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen zugesprochen. Die Einwendungen des Klägers wies die Beklagte im Wesentlichen mit folgender Begründung zurück (vgl. S. 210 ff.):

18

Die Identität von Vorhabenträger, Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde sei – unabhängig von der Frage, ob es sich um einen Belang handele, den eine anerkannter Umwelt- und Naturschutzvereinigung wie der Kläger überhaupt geltend machen könne – nicht zu beanstanden.

19

Die vom Kläger vorgetragenen Bedenken gegen die Planrechtfertigung habe die Planfeststellungsbehörde umfassend geprüft; insoweit werde auf die Ausführungen im entsprechenden Kapitel des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen.

20

Die Ausführungen des Klägers zur Variantenauswahl seien im Rahmen der Abwägung berücksichtigt worden. Die untersuchten Varianten habe man in den Erörterungsterminen am 28.11.2011 und am 30.11.2011 ausführlich dargestellt. Nicht gefolgt werde der vom Kläger im Erörterungstermin vertretenen Auffassung, dass eine Höhe von 4,50 m für die Eisenbahnüberführung nicht gefordert werden müsse, weil eine solche Durchfahrtshöhe lediglich auf einer Richtlinie beruhe, der Vorhabenträger in diesem Bereich eine erhebliche Verkehrsabsenkung und eine Herabstufung der Straße in ihrer Bedeutung vorsehe und die Beklagte in Ausübung ihres planerischen Gestaltungsspielraums selbst festlegen könne, dass sie diese Brücke nicht für jeglichen Kfz-Verkehr, aber für jeglichen Straßenbahnverkehr freigebe. Die Funktion der Hauptverkehrsstraße mit örtlicher Bedeutung sei im verkehrlichen Leitbild der Landeshauptstadt Magdeburg festgeschrieben, so dass die Hauptverkehrsstraße auch in dieser Form im Bestand gehalten werden müsse. Damit werde es auch notwendig, eine Durchfahrtshöhe von 4,50 m zu gewährleisten. Im Planfeststellungsverfahren seien zahlreiche Rechtsgüter zu beachten, so auch die Interessen von Gewerbetreibenden und Bürgern, den Innenstadtbereich an dieser Stelle erreichen zu können. Ein Planungskonzept, das den Individualverkehr an dieser Stelle herausnehmen würde, käme mit diesen Rechtsgütern in Konflikt.

21

Zu Unrecht verweise der Kläger bezüglich der Verkehrsprognose auf einen fehlerhaften Prognosehorizont für das Jahr 2015, der den ursprünglichen Planfeststellungsunterlagen zugrunde gelegen habe. Dieser Prognosehorizont würde in den geplanten Bauzeitraum fallen und stelle damit keine geeignete Grundlage für das Planfeststellungsverfahren dar. Da die Planfeststellungsbehörde diese Auffassung geteilt habe, sei dem Vorhabenträger aufgegeben worden, die auf den Prognosehorizont 2015 abgestellte Verkehrsuntersuchung zu aktualisieren. Mit dem sodann untersuchten Prognosehorizont für das Jahr 2025 sei ein geeigneter und von der Rechtsprechung für Verkehrsuntersuchungen anerkannter Prognosehorizont gewählt worden.

22

Die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen sei nach den gesetzlichen Grundlagen (§ 41 BlmSchG i.V.m. der 16. BImSchV) vorgenommen worden. Die Berücksichtigung lärmmindernder Fahrbahnbeläge habe man im Erörterungstermin ausführlich besprochen. Im Ergebnis der Aussagen des Gutachters könnten diese Fahrbahnbeläge nicht berücksichtigt werden, weil sich diese erst bei Geschwindigkeiten über 60 km/h auswirkten, auf der Ernst-Reuter-Allee jedoch Geschwindigkeiten bis maximal 50 km/h zugelassen seien. Für die anderen im Erörterungstermin angesprochenen Beläge gebe es derzeit noch keine Langzeitversuche.

23

Den Bedenken des Klägers zur Ermittlung der zu erwartenden Erschütterungen sei nicht zu folgen. Diese sei auf der Grundlage der DIN 4150-1 sowie – für den Straßenbahnverkehr – auf der Grundlage der VDI 3837 erfolgt. Konkrete Messungen im Vorfeld der Maßnahme seien entbehrlich gewesen, weil sich nach Fertigstellung des Vorhabens die Ausbreitungssituation der Wellen aus dem Straßen- und Straßenbahnverkehr vollständig ändere. Durch die in die -1- Ebene herabgesetzte Fahrbahn mit abgegrenzten Bohrpfahlwänden und die Verlegung der Straßenbahntrasse auf die Tunnelebene änderten sich die Voraussetzungen für die zu erwartenden Erschütterungen maßgeblich. Insofern würden Messungen des derzeitigen Zustandes keine hinreichend verlässliche Grundlage für die zukünftig zu erwartenden Erschütterungen bieten. Aus diesem Grunde sei die vorgenommene Verfahrensweise, wonach vorhandene Ausbreitungsmodelle aus Messungen ermittelt und für die konkrete Bauausführung Annahmen getroffen worden seien, nicht zu beanstanden. Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, dass erschütterungstechnische Untersuchungen zu Auswirkungen in der Bauphase ohnehin erst abschließend ermittelt und bewertet werden könnten, wenn genaue Informationen über die Art und Weise der baulichen Abläufe vorliegen. Da diese Vorgänge bisher nicht bekannt seien, weil sie erst in der Ausführungsplanung festgelegt würden, habe eine entsprechende Begutachtung nicht erfolgen können. Erhebliche Belästigungen von Menschen in Wohnungen und vergleichbar genutzten Räumen könnten durch die Einhaltung der DIN 41 50-2 vermieden werden, was durch die festgelegte Nebenbestimmung in Teil A, Kapitel IV, Punkt 3 b) sichergestellt werde.

24

Eine Bezugnahme auf die AVV Baulärm sei ausreichend, um die betroffenen Belange in der Bauphase zu schützen.

25

Die Einhaltung der Luftschadstoffgrenzwerte sei im Rahmen der Zulassung des Vorhabens beachtet, entsprechende Luftschadstoffuntersuchungen erstellt und von der Planfeststellungsbehörde ausgewertet worden. Dabei habe man festgestellt, dass die Einhaltung der Grenzwerte mit Mitteln der Luftreinhalteplanung und der Vorlage eines entsprechenden Maßnahmekataloges durch den Vorhabenträger möglich sei.

26

Die Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt seien umfassend ermittelt worden. Insoweit werde auf die zusammenfassende Darstellung gemäß § 11 UVPG sowie die Bewertung gemäß § 12 UVPG unter Teil C, Kapitel IX, Punkt 5 verwiesen.

27

Der Einwand, dass § 78 VwVfG ein einheitliches Planfeststellungsverfahren gebiete und dass das eisenbahnrechtliche und das straßenbahnrechtliche Planfeststellungsverfahren einander dergestalt bedingten, dass eine nicht einheitliche Entscheidung wegen Nichtberücksichtigung der Zusammenhänge abwägungsfehlerhaft und daher rechtswidrig sei, sei nicht Gegenstand der Stellungnahme des Klägers gewesen, sondern erstmals im Rahmen des Erörterungstermins vorgebracht worden. Ungeachtet der Frage einer etwaigen Verfristung greife der Einwand, der sich auf das Planfeststellungsverfahren, welches durch das Eisenbahnbundesamt gemäß § 18 Abs. 1 AEG für den Umbau des Spurplans Mitte nahezu zeitgleich durchgeführt werde und im Januar 2011 durch die Beigeladene beantragt worden sei, nicht. Abgesehen davon, dass sich der Kläger auf eine eventuelle Unzuständigkeit der Planfeststellungsbehörde voraussichtlich nicht berufen könne und fraglich sei, ob die Verletzung des durch § 78 VwVfG für bestimmte Fälle normierten Einheitlichkeitsgebots zur Abwägungsfehlerhaftigkeit der jeweils isolierten Planteststellungsbeschlüsse führen könne, sei die Durchführung eines einheitlichen Verfahrens, das zu einer einheitlichen Planfeststellungsentscheidung führe, vorliegend nicht notwendig im Sinne des § 75 Abs. 1 VwVfG, weil planerisch erhebliche Belange des einen Verfahrens im anderen durch Verfahrensbeteiligung und durch Berücksichtigung – etwa im Rahmen planerischer Abwägung – angemessen erfasst würden.

28

Der Planfeststellungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Beklagten vom 13.04.2012 öffentlich bekannt gemacht und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19.04.2012 zugestellt.

29

Am 21.05.2012, einem Montag, hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 14.06.2012 wegen instanzieller Unzuständigkeit an das erkennende Gericht verwiesen hat. Zur Begründung ihrer Klage wiederholt der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwände und trägt ergänzend vor:

30

Er sei hinsichtlich aller geltend gemachten verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Mängel des Planfeststellungsbeschlusses klagebefugt. Als anerkanntem Umwelt- und Naturschutzverband stünden ihm einerseits Klagerechte auf der Grundlage des Umweltrechtsbehelfsgesetzes, andererseits Klagerechte auf der Grundlage des

31

Bundesnaturschutzgesetzes zu.

32

Der Planfeststellungsbeschluss sei bereits deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Beklagte für die Planfeststellung nicht zuständig sei. Mit diesem Einwand sei er nicht präkludiert, da es sich um eine Rechtsfrage handele. Unabhängig davon wäre der Einwand nicht präkludiert, weil die ausgelegten Planunterlagen insoweit keinen Anlass zur Stellungnahme geboten und insoweit ihre Anstoßfunktion verfehlt hätten. Nach § 78 Abs. 1 VwVfG finde nur ein Planfeststellungsverfahren statt, wenn mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben seien, derart zusammenträfen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich sei, und mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundes- rechtlich geregelt sei. Das Verwaltungsgericht Magdeburg sei in seinem Verweisungsbeschluss im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Erneuerung der Eisenbahnüberführung Anlass der planfestgestellten Planung sei und diese in das planfeststellungsbedürftige Großvorhaben „Eisenbahnknoten Magdeburg“ eingebunden sei. Die Beklagte habe dies etwa in ihrem Schriftsatz vom 21.06.2012 bestätigt und dort u.a. darauf abgestellt, dass der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss sich auf den Planfeststellungsabschnitt 61.12 beziehe und das Betonbauwerk der Brücke mit einbeziehe, während der Schotterunterbau und die Gleisanlage von dem Planfeststellungsabschnitt 61.11 erfasst werde. Sie treffe dort für die Eisenbahnbrücke über die Ernst-Reuter-Allee die bemerkenswerte Aussage, dass dieses Bauwerk für sich genommen eine eigenständige Funktion besitze und nicht abhängig sei von dem beim Eisenbahn-Bundesamt noch laufenden Planfeststellungsverfahren „Spurplan Mitte“. Welche gegenüber dem Fahrweg der Eisenbahn eigenständige Funktion eine Eisenbahnbrücke haben solle, sei nicht ersichtlich.

33

Das planfestgestellte Vorhaben sei wegen verkehrlicher Überlastung nicht funktionsfähig und lasse sich damit nicht rechtfertigen. Es sei abwägungsfehlerhaft und verursache unzumutbare Lärm- und Luftschadstoffbelastungen. Die fehlende Funktionsfähigkeit ergebe sich aus der Verkehrsuntersuchung in Verbindung mit fehlender sachgerechter Prognose und Fehleinschätzungen des zu erwartenden Gesamtverkehrsaufkommens, insbesondere des LKW-Aufkommens, und einer Fehleinschätzung des Verkehrs aus dem Einkaufszentrum City Carré und des am Knotenpunkt Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße wendenden Verkehrs. Eine methodengerechte Verkehrsprognose, die sich mit allen relevanten Eingangsparametern auseinandersetze und auf dieser Basis nach anerkannter Methodik eine künftige Verkehrsbelastung plausibel und nachvollziehbar prognostiziere, gebe es nicht. Es seien nur noch die verkehrlichen Wirkungen und die Umweltauswirkungen des 2025 gegenüber 2015 reduzierten Verkehrs untersucht worden. Alle Angaben insoweit gingen aber davon aus, dass es 2015 und von 2018 bis 2025 ein höheres Verkehrsaufkommen als 2025 gebe. Diese nach den Annahmen des Vorhabenträgers und seiner Gutachter in der Zukunft gegenüber der Prognosebelastung tatsächlich höhere zu erwartende Belastung hätte aber sowohl auf ihre verkehrlichen Auswirkungen wie auf ihre Umweltauswirkungen untersucht werden müssen. Da schon die niedrigere Belastung im Prognosezeitpunkt 2025 zu verkehrlichen Überlastungen und Immissions-Grenzwertüberschreitungen führe, müsse dies erst recht und noch einmal verstärkt für die zwischenzeitlich höhere Belastung gelten. Die Planfeststellungsbehörde habe mithin den größten Belastungs- und damit auch größten Konfliktfall gar nicht ermittelt und in die Abwägung eingeführt. Für die Fußgänger- und Radverkehre sei weder eine aktuelle Erfassung noch eine Prognose angestellt worden, obwohl bereits heute deutliche Behinderungen beider Verkehrsarten zu beobachten seien und wohl auch eingeräumt würden und obwohl diese Verkehrsströme zu einer „Behinderungssituation“ für den Kfz-Verkehr führten. In den Tabellen zur Verkehrsuntersuchung würden diese Verkehrsströme stets nur als „geschätzt“ geführt. Bei tendenziell steigendem Fußgänger- und Radverkehr verstärkten sich die Behinderungen. Das habe aufgrund fehlender Bestandserfassung und Prognose nicht berücksichtigt werden können. Auch ohne Berücksichtigung der zu erwartenden Entwicklungen würden für Fußgängerverkehrsströme teils schlechte Qualitätsstufen errechnet. In der Verkehrsuntersuchung werde unzweideutig beschrieben, dass das Vorhaben zu schlechten Verkehrszuständen führe, die für einzelne Verkehrsströme mit Qualitätsstufe „F“, für andere mit „E“ und „D“ beschrieben würden. Dabei werde gerade bei den Ausführungen zu den am kritischen Knotenpunkt wendenden Fahrzeugen deutlich, dass die Aussagen dann nicht mehr gehalten werden könnten, also noch schlechtere Verkehrszustände drohten, wenn mehr als 1 bis 2 wendende PKW oder auch nur ein LKW pro Ampelphase auftrete. Das damit aufgezeigte Problem hätte in der Planfeststellung gelöst werden müssen, sei aber einfach sehenden Auges als Unsicherheit hingenommen worden. Diese Unsicherheit könne aber zu schlechteren Verkehrszuständen als derzeit führen. Die Planfeststellung einer Situation, die verkehrlich schlechter sei als der Ist-Zustand, widerspreche dem proklamierten Ziel des Vorhabens und könne auch nicht abwägungsgerecht sein. Das Gebot der Konfliktbewältigung sei hier verletzt. Das werde auch durch einen Blick in die vorherige Fassung der Verkehrsuntersuchung bestätigt. Dort habe der Gutachter wegen der von ihm festgestellten schlechten Verkehrszustände dringend empfohlen, Varianten unter Einbeziehung der Umgestaltung des kritischen Knotenpunktes zu prüfen. Um die Bedeutung der vom Gutachter festgestellten Qualitätsstufen zu verdeutlichen, müsse das sog. HBS 2001 als allgemein anerkannte Grundlage für die Planung von Straßen herangezogen werden. Die darin genannte (schlechteste) Qualitätsstufe F sei nicht funktionstüchtig und dementsprechend auch nicht planfeststellungsfähig. Dies ergebe sich auch aus der von der Beklagten nunmehr vorgelegten Untersuchung der Fa. (...) vom Juni 2013. Erst durch die Inanspruchnahme einer derzeit noch vom Straßenbahnverkehr genutzten Fläche für eine zusätzliche Linksabbiegespur könnte eine akzeptable Verkehrsqualität gewährleistet werden. Dem stehe der angefochtene Planfeststellungsbeschluss aber entgegen.

34

Bereits im Anhörungsverfahren habe er darauf hingewiesen, dass in den Planfeststellungsunterlagen eine – hier offenkundig erforderliche – methodengerechte Verkehrsprognose fehle. Zwar werde in den einzelnen Belastungsgutachten jeweils eine bestimmte Verkehrsbelastung angenommen. Die diesen Belastungsannahmen zugrunde liegende Verkehrsprognose sei Gegenstand der Planfeststellungsunterlagen. Da eine Prognose zumindest auf ihre Schlüssigkeit und Methodengerechtigkeit zu überprüfen sei, müsse sie auch Gegenstand von Planfeststellungsunterlagen sein. Die ausgelegten Unterlagen wiesen insoweit erhebliche Defizite auf. Jedenfalls seien die angenommenen Verkehrszahlen bereits deswegen verfehlt, weil der zu erwartende erhebliche Anstieg des LKW-Aufkommens in den Belastungsdaten, die den Immissionsgutachten zugrunde liegen, nicht berücksichtigt worden sei. Die Unterführung der Ernst-Reuter-Allee unter den Eisenbahngleisen weise derzeit eine Höhe auf, die sie für größere LKW nicht nutzbar mache. In der Vergangenheit sei es daher verschiedentlich zu Problemen gekommen. Die Unterführung werde von größeren LKWs in der Regel nicht genutzt. Mit dem Vorhaben solle die lichte Höhe der Unterführung angehoben werden. Sie werde damit in vollem Umfang für alle LKW nutzbar mit der Folge, dass sich das LKW-Aufkommen bereits aus diesem Grunde voraussichtlich erheblich erhöhen werde. Dazu trage auch bei, dass mit Befahren dieser Straße drei Mautstellen umfahren werden könnten. Solange projektspezifische Prognosen des LKW-Anteils fehlten, sei von den LKW-Anteilen nach Tabelle A in Anlage 1 zur 16. BImSchV für die schalltechnische Berechnung auszugehen. Die Straße sei im Sinne der Tabelle A der Anlage 1 zur 16. BImSchV als Gemeindeverbindungsstraße einzustufen. Der LKW-Anteil sei damit mit 20 % tags und 10 % nachts anzunehmen. Die Erforderlichkeit einer methodengerechten Verkehrsprognose, die hier nicht vorliege, ergebe sich hier aus den Besonderheiten des Einzelfalls. Der Neubau der A 14 und andere verkehrliche Entwicklungen in naher Zukunft im näheren Umfeld führten zu wesentlichen Veränderungen der Verkehrsströme. Die neue Strecke der A 14 befinde sich in einem Abschnitt nördlich von Magdeburg bereits im Bau, andere Abschnitte befänden sich in der Planfeststellung. Auf absehbare Zeit werde der Verkehr der A 14 über die B 189 direkt nach Magdeburg hineingeführt, soweit es sich um Nord-Süd-Verkehr handele, da die autobahnähnlich ausgebaute B 189 den Verkehr aufnehmen müsse und die kürzeste Verbindung nach Süden durch Magdeburg führe. Das führe zu deutlichen Veränderungen im Verkehrsaufkommen. Wie sich das auf die Ernst-Reuter-Allee als Zubringer zur Innenstadt auswirke, hätte untersucht werden müssen.

35

Die zu erwartenden Verkehre aus der Tiefgarage des Einkaufszentrums und die Verkehre, die von dort nach Westen verliefen und nach der Planfeststellung bis zur Kreuzung Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße führen und dort wenden müssten, seien aus sachlich nicht nachvollziehbaren Erwägungen und damit willkürlich falsch eingeschätzt worden. Obgleich der Vorhabenträger selbst insoweit über keine nachvollziehbaren, plausiblen und hinreichend substantiierten Untersuchungen verfüge und der Betreiber des Einkaufzentrums im Laufe des Planfeststellungsverfahrens Zahlen vorgelegt habe, die den Annahmen des Vorhabenträgers deutlich widersprächen, habe die Planfeststellungsbehörde allein die Zahlen des Vorhabenträgers als glaubwürdig gewertet. Der Betreiber des Einkaufszentrums habe mit seiner Klagebegründung ein Verkehrsgutachten mit qualifizierten Zählergebnissen vorgelegt, die er sich zu eigen mache. Im Ergebnis führe das zu folgender Schlussfolgerung: In der Spitzenstunde sei bei Annahme konstanter Verkehrszahlen mit 116 bis 168 Ausfahrten aus der Tiefgarage auf die Ernst-Reuter-Allee zu rechnen. Von diesen hätten 65 %‚ d.h. 75 bis 109 Fahrzeuge ein Fahrtziel im Westen und müssten daher an der Kreuzung Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße wenden. Wenn nicht mehr als 2 PKW pro Ampelschaltung wenden könnten, müsste es etwa einmal pro Minute oder 50 bis 55 mal in der Stunde eine Ampelphase geben, in der diese Fahrzeuge grün hätten. Angesichts der Vielzahl der Verkehrsströme an diesem Knotenpunkt – das Phasenwechselschema der Verkehrsuntersuchung weise 10 Phasen aus – scheine das nicht möglich. Es hätte daher mit einem Szenario „auf der sicheren Seite“, zumindest aber einmal mit einem realistischen Szenario berechnet werden müssen, welche Verkehrsqualitäten sich bei den realistischerweise zu erwartenden deutlich höheren Abbiegerzahlen ergäben. Mit der unrealistisch niedrigen Annahme sei der Konflikt nicht zutreffend erfasst und habe auch gar nicht bewältigt werden können; vielmehr sei von einer noch deutlich größeren Rückstaubildung auszugehen. Der festgestellte Plan stelle daher keinen bedarfsgerechten Ausbau dar und könne nicht nach Landesstraßenrecht gerechtfertigt sein.

36

Ein nicht funktionsfähiges Verkehrsvorhaben, das sich anhand der fachplanungsrechtlichen Ziele nicht rechtfertigen lasse, könne zudem in der Abwägung kein solches Gewicht erlangen, dass es entgegenstehende Belange von Gewicht überwinden könnte. Dies seien hier öffentliche und individuelle Interessen am Schutz vor unzumutbaren Immissionen, die erheblichen Beeinträchtigungen von Anliegern und der Allgemeinheit während der gesamten Bauphase und während des späteren Betriebs. Offenkundig seien die Abwägungsfehler bereits deswegen, weil sie Gegenstand von Einwendungen und Stellungnahmen im Verfahren und der Diskussion im Erörterungstermin gewesen seien. Von Auswirkung auf das Ergebnis seien die Abwägungsfehler, weil der Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich davon ausgehe, das Vorhaben sei im fachplanungsrechtlichen Sinne gerechtfertigt und die für das Vorhaben streitenden Belange erlangten aufgrund der Funktionsfähigkeit des Vorhabens ein hohes Gewicht und könnten entgegenstehende Belange überwinden.

37

Insbesondere der Schutz vor Luftschadstoffen sei fehlerhaft geprüft und abgewogen. Die bereits gerügten Fehler der Verkehrsprognose seien zum Gegenstand der Luftschadstoffuntersuchung gemacht worden mit der Folge, dass die zu erwartende Luftschadstoffbelastung deutlich zu niedrig angesetzt worden sei. Die Tabellen aus der Luftschadstoffuntersuchung verdeutlichten, dass von annähernd gleichbleibenden Verkehrszahlen ausgegangen worden sei. Selbst diese – deutlich zu niedrig angesetzten – Verkehrszahlen führten bereits zu einer Überschreitung der Luftschadstoffgrenzwerte. Dabei sei nicht nur die Zahl der Fahrzeuge insgesamt und besonders der LKW unterschätzt worden; hinzu komme, dass in der Luftschadstoffuntersuchung offenbar nicht die oben aus dem Verkehrsgutachten zitierten Verkehrszustände, insbesondere die für die Luftschadstoffbelastung maßgebliche Staubildung angemessen berücksichtigt worden sei. Die Grenzwertüberschreitungen seien realistischerweise höher anzusetzen als berechnet. Es sei nicht dargetan, dass das Problem überhaupt lösbar sei; denn die Grenzwertüberschreitungen lägen deutlich höher als angenommen. Damit reiche aber auch das vom Vorhabenträger dargelegte Minderungspotenzial nicht aus, um die Grenzwerte einzuhalten. Schließlich sei das vom Vorhabenträger präsentierte und der Luftschadstoffuntersuchung in ihrer letzten Fassung zugrunde gelegte Konzept zur Minderung der Belastung durch Verkehrsbeschränkungen auch nicht plausibel. Es bleibe völlig unklar, wie die vom Luftschadstoffgutachter seinen Berechnungen zugrunde gelegten deutlich niedrigeren Verkehrszahlen zustande kämen. So sei wohl nicht vorgesehen, ein Monitoring-System einzuführen, das die Anzahl der Fahrzeuge und die Luftschadstoffbelastung überwache und die Ampeln so steuere, dass nur die Menge von Fahrzeugen durch die Ernst-Reuter-Allee fahren könne, bei denen die Luftschadstoffgrenzwerte noch eingehalten werden. Die Nebenbestimmung auf S. 39 des Planfeststellungsbeschlusses löse den Konflikt nicht hinreichend. Sie sei nicht hinreichend bestimmt, wenn dort von einem vorzulegenden Maßnahmenkatalog vor Baubeginn die Rede sei und Beispiele für Maßnahmen genannt würden. Denn einige der dort beispielhaft angeführten Maßnahmen könnten im konkreten Fall kaum effektiv sein. So würden etwa Verkehrsbeschränkungen wie das häufig zur Minderung der Luftschadstoffbelastung eingesetzte Tempo 30 bei der berechneten Verkehrssituation zu keiner deutlichen Besserung führen können. Hinweise im Tunnel zum Abschalten der Motoren bei Stau seien bereits beauflagt und könnten kaum zusätzlich effektiv sein. Vor allem aber sei die Nebenbestimmung rechtlich unzulänglich. Werde dem Vorhabenträger die Konfliktlösung aufgegeben, so müsse der Baubeginn davon abhängig gemacht werden. Dazu stehe traditionell die aufschiebende Bedingung zur Verfügung. Da eine solche aber nicht habe formuliert werden sollen, bleibe unklar, welche Folgen der Planfeststellungsbeschluss an die (Nicht-) Erfüllung der Nebenbestimmung knüpfe. Auch müsste die Einhaltung der Nebenbestimmung für Verbände und Betroffene gerichtlich überprüfbar sein, was hier nicht gewährleistet sei.

38

Der Kläger beantragt,

39

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10.04.2012 aufzuheben,

40

hilfsweise,

41

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10.04.2012 für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,

42

hilfsweise,

43

die Beklagte zu verpflichten, den Kläger im Hinblick auf die in den Einwendungen/Stellungnahmen im Planfeststellungsverfahren zum Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10.04.2012 erhobenen Forderungen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

44

Die Beklagte beantragt,

45

die Klage abzuweisen.

46

Sie trägt vor, es gebe kein gesetzliches Verbot der Identität von Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde sowie der Doppelzuständigkeit einer Behörde als Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde.

47

Der Einwand der fehlenden Zuständigkeit aufgrund der Regelung in § 78 VwVfG sei nicht Gegenstand des Einwendungschreibens vom 22.01.2011 gewesen, so dass der Kläger mit diesem Einwand präkludiert sei. Im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG für eine einheitliche Planfeststellung bei Zusammentreffen mehrerer Vorhaben in Bezug auf das Vorhaben der Beigeladenen „Spurplan Mitte“ nicht erfüllt. Beide Bauvorhaben seien in ihrer Bauausführung getrennt durchführbar.

48

Aus der von der Eigentümerin des City Carrés erst nach der Abwägungsentscheidung durchgeführten Verkehrszählung, die in der Spitzenstunde 125 nach links in die Ernst-Reuter-Allee abbiegende Fahrzeuge ermittelt habe, lasse sich die Unrichtigkeit ihrer Prognose nicht ableiten. Selbst wenn 125 Fahrzeugen in der Spitzenstunde anzunehmen sein sollten, lasse sich durch verkehrsorganisatorische Anpassungen am Knotenpunkt Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße und Optimierung des Signalzeitenplans eine Verkehrsqualität der Stufe „D“ erreichen. Ferner verdeutliche die gesamte Abwägung im Planfeststellungsbeschluss, dass eine veränderte Zahl der Wender zu keiner anderen Abwägung geführt hätte.

49

Die Beigeladene beantragt,

50

die Klage abzuweisen.

51

Sie schließt sich den Ausführungen der Beklagten an und trägt ergänzend vor:

52

Der Kläger könne sich auf die vermeintlich fehlende Planrechtfertigung für das streitgegenständliche Vorhaben nicht berufen. Die Feststellung, dass ein Vorhaben mit den Zielvorgaben des einschlägigen Fachrechts konform sei und sich dafür eigne, einen vorhandenen Verkehrsbedarf zu befriedigen, habe keinen unmittelbaren Bezug zur Wahrung des Umweltschutzes.

53

Unabhängig davon, dass der Kläger einen vermeintlichen Verstoß gegen § 78 VwVfG nicht gerichtlich geltend machen könne, hätten die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG hinsichtlich des Eisenbahnvorhabens nicht vorgelegen, so dass es zu Recht nicht in die streitgegenständliche Planfeststellung einbezogen worden sei. Gegenstand ihres Vorhabens sei die Erneuerung und Änderung des Überführungsbauwerks der Eisenbahnüberführung. Diese solle abgerissen und auf den bestehenden Widerlagern in geänderter Form errichtet werden. Grund hierfür sei insbesondere die Baufälligkeit des bereits aus dem Jahre 1897 stammenden Bauwerks. Bedingt sei die Erneuerung zudem durch das Vorhaben Spurplan Mitte. Zwar sei die Neugestaltung der Gleisanlage – ebenso wie die Erneuerung der Eisenbahnüberführung – Teil des Gesamtvorhabens „Ausbau Eisenbahnknoten Magdeburg – 2. Ausbaustufe“. Das Gesamtvorhaben sei jedoch, wie bei Großvorhaben üblich, in verschiedene Bau- und Planfeststellungsabschnitte unterteilt. Die Neugestaltung des Überführungsbauwerks sei als Bauabschnitt 61.12 gekennzeichnet. Die Änderung der Gleisanlagen sei dem Abschnitt 61.11 zugeordnet und zusammen mit einem weiteren Vorhaben Teil eines eigenständigen Planfeststellungsverfahrens beim Eisenbahn-Bundesamt, welches unter der Bezeichnung „Knoten Magdeburg, 2. Ausbaustufe – PFA 61.11 Umbau Spurplan Mitte und PFA 61.30 Umbau Verkehrsstation – km 140,3 + 90 - km 143,4 + 00 der Strecke Potsdam-Griebnitzsee – Eilsleben (6110)“ geführt werde. Der Planfeststellungsbeschluss vom 21.01.2013 zu diesem Verfahren liege seit kurzem vor. Hinsichtlich dieses Vorhabens lägen die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG schon deshalb nicht vor, weil diesbezüglich eine einheitliche Entscheidung nicht notwendig gewesen sei. Zwar erfordere die Änderung des Spurplans eine Neugestaltung der Eisenbahnüberführung sowohl hinsichtlich der Linienführung als auch in der Gradiente. Es bestünden jedoch, anders als zwischen den planfestgestellten Vorhaben, keine so engen baulichen Verflechtungen mit dem Spurplan Mitte, dass eine einheitliche Planfeststellung auch insofern erforderlich gewesen wäre. Vielmehr sei die Konfliktbewältigung zwischen dem Vorhaben Eisenbahnüberführung und dem Spurplan Mitte ohne Weiteres auch im Wege der gegenseitigen Rücksichtnahme und Abstimmung möglich gewesen. Auch handele es sich bei dem Neubau des Überführungsbauwerks nicht um eine bloße Folgemaßnahme der Spurplanänderung, da die Ausführung des neuen Überführungsbauwerks aufgrund der aufwändigen Ausrichtung an den straßen- und straßenbahnseitigen Planungen der Beklagten über eine bloße Anpassung an den zukünftigen Spurplan weit hinausgehe. Auch sei nicht erkennbar, inwiefern der Kläger gerade durch die Bildung der Abschnitte 61.12 (Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee) und 61.11 (Spurplan Mitte) und deren Planfeststellung im Wege verschiedener Planfeststellungsverfahren eine Verkürzung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten erfahren haben sollte. Auch die Forderung nach einer aufschiebenden Bedingung in Hinblick auf das Vorhaben Spurplan Mitte gehe daher schon im Ansatz fehl.

54

Soweit der Kläger sich auf Lärm- und Erschütterungsimmissionen des planfestgestellten Vorhabens berufe, könne sein Vortrag die mit dem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nicht rechtfertigen. Fehlende Maßnahmen des aktiven oder passiven Immissionsschutzes, die grundsätzlich durch Schutzauflagen behoben werden könnten, begründeten nur einen Anspruch auf Planergänzung, der im Wege einer Verpflichtungsklage durchzusetzen sei. Eine Planaufhebung komme nur in Betracht, wenn das Fehlen notwendiger Schutzauflagen ausnahmsweise so großes Gewicht habe, dass davon die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines wesentlichen Planungsteils betroffen sei. Daran fehle es hier; es ergebe sich kein Anhaltspunkt für die Annahme, die Planfeststellungsbehörde hätte in Kenntnis der vom Kläger gerügten Defizite eine andere konzeptionelle Planungsentscheidung getroffen. Vielmehr setze sich die Planfeststellungsbehörde mit allen Einwendungen des Klägers detailliert auseinander und erachtet sie entweder in der Sache für nicht gerechtfertigt oder für nicht maßgebend für ihre Abwägungsentscheidung. Im Übrigen seien die Rügen des Klägers mit Blick auf vermeintlich unzulässige Lärm- und Erschütterungsimmissionen des Vorhabens auch in der Sache unbegründet. Mit seinen Rügen bezüglich der Luftqualität verkenne der Kläger, dass die Einhaltung der Grenzwerte der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung des Vorhabens darstelle. Die Planfeststellungsbehörde habe die Auswirkungen des Vorhabens auf die Luftqualität berücksichtigt und dafür Sorge getragen, dass die Einhaltung der Grenzwerte durch die Mittel der Luftreinhalteplanung nicht vereitelt werde. Die Rügen des Klägers, mit denen er sich auf verkehrliche Belange berufe, ließen ebenfalls den erforderlichen natur- oder umweltschutzrechtlichen Bezug vermissen. Sie seien auch in der Sache nicht berechtigt. Soweit er indirekt eine unzureichende Variantenuntersuchung rüge, verkenne er, dass er wegen seines beschränkten Klagerechts die Variantenauswahl nur insoweit angreifen könne, als sie sich auf die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege oder des Umweltschutzes auswirken könne. In materieller Hinsicht seien die Grenzen der bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten bestehenden planerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die von der Behörde gewählte Linienführung hätte aufdrängen müssen. Das sei bei keiner der vom Kläger geforderten Varianten der Fall.

55

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

56

A. Das erkennende Gericht ist für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig.

57

  I. Die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts folgt allerdings entgegen der vom Verwaltungsgericht Magdeburg in seinem Verweisungsbeschluss vom 14.06.2012 vertretenen Auffassung nicht aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau  oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen betreffen. Im konkreten Fall wird durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss zwar auch der Bau von Betriebsanlagen für Straßenbahnen zugelassen, der gemäß § 28 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.08.1999 (BGBl I S. 1690), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.11.2011 (BGBl I S. 2272), – PBefG – der Planfeststellung bedarf. Ferner ist im Planfeststellungsbeschluss u.a. § 28 Abs. 1 PBefG als Rechtsgrundlage genannt. Die Beklagte hat indes das Planfeststellungsverfahren auf der Grundlage des § 37 des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt vom 06.07.1993 (GVBl. S. 492), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.03.2011 (GVBl. S. 492), – StrG LSA – durchgeführt. Sie ist im Rahmen einer Gesamtschau der aufein-andertreffenden Vorhaben (Änderung der Betriebsanlagen einer Eisenbahn, Änderung an den Straßenverkehrsanlagen, Änderung der Betriebsanlagen der Straßenbahn) in Anwendung des § 78 Abs. 2 Satz 1 VwVfG zu der Auffassung gelangt, dass die geplante Errichtung des Tunnels und die daraus resultierenden Änderungen insbesondere auch durch die Innenstadtlage den größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen als die Änderung der Eisenbahnbetriebsanlagen berühren wird (S. 64). Das straßenbahnrechtliche Vorhaben hat die Beklagte in diesem Zusammenhang zwar nicht erwähnt; sie hat aber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Planfeststellungsverfahren auf der Grundlage des § 37 StrG LSA durchgeführt werden soll. Für die Zuständigkeit ist entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts Magdeburg nicht entscheidend, ob die Beklagte – wie das Verwaltungsgericht ausführlich zu begründen versucht hat – das Planfeststellungsverfahren richtigerweise auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 PBefG hätte durchführen müssen, weil der Schwerpunkt des Vorhabens und damit auch der größere Kreis der öffentlich-rechtlichen Beziehungen nicht im Straßenbau, sondern im Straßenbahnbau liege. Maßgebend ist allein, nach welchen Verfahrensvorschriften das Planfeststellungsverfahren tatsächlich durchgeführt wurde. Treffen mehrere Vorhaben zusammen, für die Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, und findet für sie ein einheitliches Planfeststellungsverfahren statt (§ 6 Abs. 1 VwVfG LSA bzw. § 78 Abs. 1 VwVfG), ist zwar auch für die gerichtliche Kompetenz die Konfliktregel des § 6 Abs. 2 Satz 1 VwVfG LSA bzw. § 78 Abs. 2 VwVfG maßgeblich, nach der sich die (behördlichen) Zuständigkeiten und das Verwaltungsverfahren nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren für diejenige Anlage richten, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt (Bier/Panzer, in: Schmidt-Aßmann/Pietzner/Ronellenfitsch, VwGO, § 48 RdNr. 9). Vorliegend ist indes schon zweifelhaft, ob es sich bei der Änderung der Straße einerseits und der (Neu-)Verlegung  der Straßenbahngleise andererseits überhaupt um (jeweils selbständige) Vorhaben im Sinne von § 6 Abs. 1 VwVfG LSA handelt. Die Selbständigkeit von Vorhaben in diesem Sinne ist nur dann gegeben, wenn diese aufgrund eigenständiger Pläne mit jeweils eigenem Planungskonzept durchgeführt werden sollen und bei denen sich die Gleichzeitigkeit nur mehr oder weniger zufällig ergibt, deren Planung nicht von dritter Seite veranlasst wird und die nicht allein Folgemaßnahmen eines anderen Vorhabens sind; keines der Vorhaben darf von dem anderen jeweils dergestalt abhängig sein, dass bei Wegfall des einen die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit zur Realisierung des anderen entfällt (vgl. zu § 78 Abs. 1 VwVfG: Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 78 RdNr. 6). Aber selbst wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 VwVfG LSA bzw. § 78 Abs. 1 VwVfG gegeben sind, erfasst die Zuweisung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO das gesamte einheitliche Verfahren, wenn dieses nach den Vorschriften für das zugewiesene Verfahrenabläuft; ist das zugewiesene Verfahren jedoch nicht bestimmend, verbleibt es auch insoweit bei der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts (Bier/Panzer, a.a.O., Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl., § 48 RdNr. 5). Wird der einheitliche Planfeststellungsbeschluss angefochten, richtet sich das gerichtliche Verfahren einheitlich nach den Vorschriften, auf deren Grundlage das Vorhaben zugelassen worden ist; das gilt insbesondere auch für die Zuständigkeit nach § 48 VwGO (Bonk/Neumann, a.a.O., RdNr. 18).

58

  II. Der Senat sieht sich jedoch entsprechend § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG an die Verweisung des Verwaltungsgerichts gebunden.

59

§ 83 Satz 1 VwGO, der in Bezug auf die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit u.a. auf § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG verweist, ist als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auf die instanzielle Zuständigkeit entsprechend anwendbar (BVerwG, Beschl. v. 08.01.2004 – 4 B 113.03 –,  Buchholz 300 § 17a GVG Nr. 21). Gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG ist der Beschluss, mit dem ein Gericht den Rechtsstreit an das (nach seiner Rechtsauffassung) zuständige Gericht verweist, für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, bindend. Mit Rücksicht auf den Zweck der Vorschrift, den Kläger nicht zum Opfer eines Zuständigkeitsstreits zwischen den Gerichten zu machen, sondern den Fortgang des Verfahrens zu fördern, tritt die Bindungswirkung in aller Regel auch dann ein, wenn die Verweisung sachlich unrichtig ist (BVerwG, Urt. v. 15.03.1988 – 1 A 23.85 –, BVerwGE 79, 110). Eine Durchbrechung der gesetzlichen Bindungswirkung kommt – ausnahmsweise – nur bei schweren und offensichtlichen Rechtsverstößen in Betracht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.07.2004 – 7 VR 1.04 –, NVwZ 2004, 1046). Es muss sich um „extreme Verstöße" (BVerwG, Beschl. v. 08.11.1994 – 9 AV 1.94 –, NVwZ 1995, 372) bzw. „grob fehlerhafte Verstöße“ (BVerwG, Beschl. v. 01.12.1992 – 7 A 4.92 –, NVwZ 1993, 770) handeln. Dies ist etwa dann der Fall, wenn für den Beschluss jede gesetzliche Grundlage fehlt, er also auf Willkür beruhen würde (BVerwG, Urt. v. 15.03.1988, a.a.O.), oder wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken (gesetzlicher Richter) nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BGH, Beschl. v. 08.07.2003 – X ARZ 138/03 –, NJW 2003, 2990, m.w.N.). Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor. Der rechtliche Ansatz des Verwaltungsgerichts, es komme bei der Bestimmung der Zuständigkeit nach § 48 Abs. 1 Nr. 7 VwGO – unabhängig davon, welches Verfahren die Behörde gewählt hat – darauf an, wo materiell der Schwerpunkt des einheitlichen Vorhabens liege, ist zwar sachlich unrichtig, jedoch nach der Einschätzung des Senats nicht im oben dargestellten Sinne grob fehlerhaft.

60

  B. Die Rüge des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2013, der Senat sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil an dieser mündlichen Verhandlung ein anderer ehrenamtlicher Richter teilgenommen habe als bei der ersten mündlichen Verhandlung vom 25.04.2013, greift nicht durch.

61

Gemäß § 112 VwGO kann das Urteil nur von den Richtern und ehrenamtlichen Richtern gefällt werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben. Das Tatbestandsmerkmal „dem Urteil zugrunde liegende Verhandlung", das nach § 112 VwGO den gesetzlichen Richter bestimmt, bezieht sich nur auf die letzte mündliche Verhandlung, in der das Urteil ergangen ist, hier also die Verhandlung vom 10.10.2013 (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.08.2013 – 9 B 13.13. Juris,  RdNr. 8, m.w.N.). Daraus folgt, dass bei einer Verhandlung an mehreren Sitzungstagen ein Richterwechsel nach Vertagung einer mündlichen Verhandlung unschädlich ist; etwas anderes gilt in der Regel bei einer bloßen Unterbrechung der mündlichen Verhandlung, wenn sich ein und dieselbe mündliche Verhandlung über mehrere Verhandlungstage (Sitzungstage) hinzieht (vgl. BFH, Beschl. v. 03.12.2010 – V B 57.10 –, BFH/NV 2011, 615, RdNr. 5 in Juris, m.w.N.). Im vorliegenden Fall ist die mündliche Verhandlung nicht lediglich unterbrochen, sondern ein neuer Verhandlungstermin anberaumt worden. Unabhängig davon ist es bei einem Richterwechsel grundsätzlich ausreichend, wenn der Berichterstatter den Sachverhalt einschließlich des Prozessverlaufs vorträgt (BVerwG, Beschl. v. 14.03.2011 – 8 B 61.10 –, ZOV 2011, 123, RdNr. 24 in Juris). Dies hat hier in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2013 stattgefunden. Bei diesem neuen Termin ist die vom Präsidium des Oberverwaltungsgerichts gemäß §§ 30, 34 VwGO aufgestellte Liste über die Reihenfolge in der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter zu beachten gewesen, was hier zur Folge gehabt hat, dass nur einer der beiden ehrenamtlichen Richter, die bereits am Termin vom 25.04.2013 teilgenommen hatten, am neuen Termin hat teilnehmen dürfen.

62

  C. Die Klage hat keinen Erfolg.

63

  I. Die Klage ist allerdings zulässig; insbesondere hat der Kläger die erforderliche Klagebefugnis.

64

  1. Sie folgt aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG vom 07.12.2006 (BGBI I S. 2816) – UmwRG. Danach kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung (1.) geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht, (2.) geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und (3.) zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger.

65

  1.1. Bei dem angefochtene Planfeststellungsbeschluss handelt es sich um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Nach dieser Regelung findet dieses Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach (a) dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, (b) der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder (c) landesrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann.

66

Ein Planfeststellungsbeschluss ist als Entscheidung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG genannt. Eine UVP-Pflicht besteht, wenn das Vorhaben zwingend UVP-pflichtig ist oder diese Pflicht auf Grund einer Vorprüfung im Einzelfall zu bejahen ist (vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 2 UmwRG RdNr. 81). Aus der Formulierung „bestehen kann“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG ergibt sich allerdings, dass es für die Anwendbarkeit des UmwRG genügt, wenn die Möglichkeit einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht (vgl. Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 1 UmwRG, RdNr. 29, m.w.N.). Nur die Begründetheit des Rechtsbehelfs setzt das objektive Bestehen einer UVP-Pflicht voraus (§ 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG). Die Möglichkeit einer UVP-Pflicht ist hier zu bejahen.

67

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich allerdings eine zwingende UVP-Pflicht des Vorhabens nicht aus § 1 Abs. 1, § 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Land Sachsen-Anhalt vom 27.08.2002 (GVBl. S. 372), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.01.2011 (GVBl. S. 5) – UVPG LSA i.V.m. Nr. 3.1 oder Nr. 3.3 der Anlage. Nr. 3.1 der Anlage betrifft den Bau einer dem Kraftfahrzeugverkehr vorbehaltenen, nur über Anschlussstellen oder besonders geregelte Kreuzungen erreichbaren Straße, auf der insbesondere das Halten und Parken verboten ist. Die Ernst-Reuter-Allee wird (im streitigen Abschnitt) nicht dadurch zu einer solchen Straße, dass die Ebene -1 des Tunnels künftig dem Kraftfahrzeugverkehr vorbehalten bleiben soll. Unabhängig davon, ob diese Regelung auch den Umbau einer bestehenden Straße erfasst, ist die künftig im Tunnel verlaufende Straßenstrecke der Ernst-Reuter-Allee auch nach dem Umbau nicht über eine besondere Anschlussstelle oder eine „besondere“ Kreuzung erreichbar. Vielmehr bleibt der Straßenabschnitt auch künftig über die bereits bestehenden Kreuzungen an der Otto-von-Guericke-Straße und am Damasch-keplatz an das übrige Straßennetz angebunden. Nr. 3.3 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 UVPG LSA betrifft den Bau einer vier- oder mehrstreifigen Straße durch Verlegung oder Ausbau einer bestehenden Straße, wenn dieser geänderte Straßenabschnitt eine durchgehende Länge von 10 km oder mehr aufweist. Unabhängig davon, ob das streitige Vorhaben eine Verlegung oder Änderung in diesem Sinne darstellt, erreicht der geänderte Abschnitt jedenfalls keine Länge von 10 km.

68

Nach Nr. 3.6 der Anlage zum UVPG ist beim Bau – nicht beim Umbau – von „sonstigen“ also nicht den Nr. 3.1 bis 3.5 der Anlage unterfallenden Straßen nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG durchzuführen. Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.02.2010 (BGBl I S. 94), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.02.2012 (BGBl I S. 212), – UVPG – i.V.m. Nr. 14.11 der Anlage 1 ist zudem lediglich beim Bau einer Bahnstrecke u.a. für Straßenbahnen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen. Die Tatbestände der Nr. 3.6 der Anlage zum UVPG LSA und der Nr. 14.11. der Anlage 1 zum UVPG betreffen nach ihrem Wortlaut nicht die Änderung einer bereits bestehenden Straße oder Bahnstrecke für Straßenbahnen. Diese werden vielmehr von § 3e Abs. 1 UVPG erfasst, mit dem Anhang II Nr. 13, erster Anstrich der UVP-Änderungsrichtlinie (Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 03.03.1997) umgesetzt wurde (vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 97), der die Änderung oder Erweiterung von bereits genehmigten, durchgeführten oder in der Durchführungsphase befindlichen Projekten des Anhangs I oder II betrifft, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben können. Das UVP-Recht unterscheidet ausdrücklich zwischen dem (Neu-)Bau von Vorhaben und der Änderung bzw. Erweiterung vorhandener Vorhaben; die Vorhaben unterliegen jeweils unterschiedlichen Regelungen, die eine differenzierte Beurteilung der Umweltauswirkungen gestatten (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 21.11.2006 – 1 D 79/06 –, NordÖR 2007, 119, RdNr. 68 in Juris, m.w.N.). Eine andere Auslegung des Begriffs „Bau“ ist auch nicht deshalb geboten, weil Nr. 3.2 der Anlage zum UVPG LSA im Gegensatz zu den Nr. 3.1. und 3.3. bis 3.6 der Anlage vom Bau einer „neuen“ vier- oder mehrspurigen Straße mit einer durchgehenden Länge von 5 km oder mehr die Rede ist. Die Verwendung des Wortes „neu“ dient der Abgrenzung von der Nr. 3.3 der Anlage, die den Bau einer vier- oder mehrspurigen Straße durch Verlegung oder Ausbau einer bestehenden Straße betrifft, wenn dieser geänderte Straßenabschnitt eine durchgehende Länge von 10 km oder mehr aufweist. Bei einer anderen Auslegung würde jede nur geringfügige bauliche Änderung einer bestehenden Straße bereits zu einer UVP-Pflicht führen. Eine andere Bewertung mag dann geboten sein, wenn der Umbau einer Straße oder einer Straßenbahntrasse nach Umfang und Art einem Neubau gleichkommt. Ein Projekt zur Erneuerung einer Straße, das aufgrund seines Umfangs und seiner Art einem Bau gleichkommt, kann als Projekt betrachtet werden, das sich auf einen Bau im Sinne des Anhangs II Nr. 10 Buchstabe c) und h) der UVP-Richtlinie 85/337 und der an ihre Stelle getretenen Richtlinie 2011/92/EU bezieht (vgl. EuGH, Urt. v. 25.07.2008 – C-142/07 –, Slg. 2008, I-6097, RdNr. 36). Die hier geplante Trennung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) vom übrigen Verkehr durch Schaffung zweier getrennter Tunnelebenen bei im Wesentlichen gleich bleibender Kapazität der Flächen für den Straßen- und Straßenbahnverkehr stellt keinen solchen (Ausnahme-)Fall dar.

69

Gemäß § 2 UVPG LSA i.V.m. § 3e Abs. 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn (1.) in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder (2.) eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Eine mögliche UVP-Pflicht lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf § 2 UVPG LSA i.V.m. § 3e Abs. 1 Nr. 1 UVPG stützen, da mit der geplanten Änderung der Ernst-Reuter-Allee keine für Vorhaben der Spalte 1 der Anlage zum UVPG LSA angegebenen Größen- oder Leistungswerte selbst erreicht oder überschritten werden. Als relevanter Größenwert, bei dessen Erreichen eine UVP-Pflicht für den Bau bestimmter Arten von Straßen besteht, wird in der Anlage die Länge der Straße (5 km bzw. 10 km) genannt. Mit der geplanten Änderung werden solche Größen nicht erreicht oder überschritten. Es kommt allein eine UVP-Pflicht auf der Grundlage des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG in Betracht. Die Vorschrift erfasst auch Änderungen und Erweiterungen von „Altvorhaben", für die nach früherem Recht keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden musste (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – 4 C 9/06 –, BVerwGE 130, 83 [89], RdNr. 29, m.w.N.). Für die Frage der UVP-Pflicht des „Grundvorhabens“ kommt es darauf an, ob dieses nach derzeitiger Gesetzeslage die Voraussetzungen erfüllt, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig machen (vgl. Sagenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, UVPG § 3e RdNr. 10 f.; Dienes, in: Hoppe/Beckmann [Hrsg.], UVPG, 4. Aufl., § 3e RdNr. 8). Umstritten ist allerdings, ob, wenn für das „Grundvorhaben“ lediglich eine allgemeine oder standortbezogene Vorprüfung vorgesehen ist, das Änderungsvorhaben der UVP-Vorprüfungspflicht nach § 3e Abs. 1 UVPG unterfällt. Teilweise wird vertreten, dass nachträglich bezüglich des zu ändernden Vorhabens noch eine Vorprüfung nach § 3c UVPG durchgeführt werden müsse (vgl. zum Ganzen sowie verneinend: Sagenstedt, a.a.O. RdNr. 12). Der Umstand, dass die Anwendung des § 3e Abs. 1 UVPG auf zu ändernde Vorhaben, bei denen nach heutiger Rechtslage lediglich eine Vorprüfung durchzuführen wäre, streitig ist, genügt für die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG vorausgesetzte Möglichkeit, dass eine UVP-Pflicht bestehen kann. Ob tatsächlich eine UVP-Pflicht besteht, ist eine Frage der Begründetheit der Klage (§ 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG).

70

Die Möglichkeit einer UVP-Pflicht ergibt sich ferner daraus, dass während der Bauphase Maßnahmen durchgeführt werden, die der UVP-Pflicht unterliegen können. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 03.07.2008 – C-215/06 –, NuR 2008, 562 [566], RdNr. 96 ff.) besteht eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung nach der UVP-Richtlinie 85/8737 auch dann, wenn Anlagen, die Gegenstand eines Projekts sind, zwar weder in Anhang I noch in Anhang II der Richtlinie genannt werden, in Bauphasen aber zahlreiche Arbeiten notwendig sind, die in den Anhängen aufgeführt sind und bei ihnen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. So erfolgt nach Abschnitt IX. Nr. 5 des Planfeststellungsbeschlusses eine bauzeitliche Wasserhaltung, die der Nr. 13.3.2 der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen sei. Danach ist für das Entnehmen, Zutagefördern oder Zutageleiten von Grundwasser oder Einleiten von Oberflächenwasser zum Zwecke der Grundwasseranreicherung, jeweils mit einem jährlichen Volumen an Wasser von 100 000 m3 bis weniger als 10 Mio. m3, eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen.

71

Mit dem Einwand, dass die Belange des Lärmschutzes und des Schutzes vor Luftschadstoffen fehlerhaft abgewogen worden seien, macht der Kläger zulässigerweise geltend, dass der Planfeststellungsbeschluss Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, namentlich immissionsschutzrechtlichen Vorschriften (§ 41 BImSchG, § 48a i.V.m der 39. BImSchV) widerspricht. Zu den Rechtsvorschriften, deren Verletzung eine Vereinigung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG geltend machen kann, gehören auch alle – drittschützenden – Vorschriften, die dem Schutz von Menschen vor schädlichen Immissionen zu dienen bestimmt sind. Die Klagebefugnis setzt ferner nicht voraus, dass die Rechtsvorschrift, deren Verletzung behauptet wird, ausschließlich dem Umweltschutz dient. Es genügt, wenn sie zumindest auch dem Umweltschutz zu dienen bestimmt ist. Daher kann eine Vereinigung auch geltend machen, das – drittschützende – planungsrechtliche Abwägungsgebot sei wegen unzureichender Berücksichtigung von Belangen des Umweltschutzes verletzt (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 18.11 –, BVerwGE 144, 243 [245], RdNr. 12, m.w.N.).

72

  1.2. Der Kläger macht ferner gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG geltend, in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch den Planfeststellungsbeschluss berührt zu sein. Nach § 2 Nr. 2, 4 und 10 der Satzung des Klägers in der Fassung vom 09.09.2012 hat er u.a. die Aufgaben, einen wirksamen Schutz des Lebens durchzusetzen, die Umwelt vor schädlichen Einflüssen durch Schadstoffeintragungen in die Luft zu schützen sowie bei Planungen, die für Natur, Landschaft oder Umwelt des Menschen bedeutsam sind, mitzuwirken.

73

  1.3. Der Kläger war auch zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG berechtigt.

74

Das Recht zur Beteiligung ergibt sich nicht aus dem UmwRG selbst, sondern aus dem Fachrecht (Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2 RdNr. 39). So sehen etwa verschiedene Fachplanungsgesetze vor, dass anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigungen im Planfeststellungsverfahren zu beteiligen sind (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 LuftVG, § 18a Nr. 2 AEG, § 17a Nr. 2 FStrG, § 14a Nr. 2 WaStrG, § 43a Nr. 2 EnWG). Ein Beteiligungsrecht in Planfeststellungsverfahren ergibt sich ferner aus § 63 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 6 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29.07.2009 (BGBl I S. 2542) – BNatSchG. Die Bundesländer können zudem weitergehende Beteiligungsrechte für anerkannte Naturschutzvereinigungen vorsehen (§ 63 Abs. 2 Nr. 8 BNatSchG).

75

Zwar sehen weder das StrG LSA, nach dessen Vorschriften das Planfeststellungsverfahren hier durchgeführt wurde, noch das PBefG eine Beteiligung von anerkannten Vereinigungen im Sinne des UmwRG vor.

76

Eine Berechtigung des Klägers ergibt sich aber aus § 63 Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG. Danach ist einer nach § 3 UmwRG von einem Land anerkannten Naturschutzvereinigung, die nach ihrer Satzung landesweit tätig ist, Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben in Planfeststellungsverfahren, wenn es sich um Vorhaben im Gebiet des anerkennenden Landes handelt, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind. Diese Voraussetzung erfüllt das Vorhaben.

77

Gemäß § 14 Abs. 1 BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Derartige Veränderungen können auch durch bauliche Anlagen im Innenbereich bewirkt werden (BVerwG, Urt. v. 31.08.2000 – 4 CN 6.99 –, BVerwGE 112, 41 [42], RdNr. 13 in Juris). Mit der Gestalt von Grundflächen ist deren äußeres Erscheinungsbild angesprochen, das durch geomorphologische Erscheinungen wie Berge, Hügel, Täler, fließende oder stehende Gewässer, aber auch durch seinen charakteristischen Pflanzenbewuchs wie Wälder, Schilf- und Röhrichtbestände, Hochstaudenfluren, Heiden und Grünländereien sowie Baumreihen, Büsche, Hecken, Baumgruppen oder typische Einzelbäume geprägt wird; überdies sind künstlich geschaffene Bestandteile der Landschaft und namentlich bauliche Anlagen, vorhandene Steinbrüche oder Schütthalden einzubeziehen, zumal auch sie das Erscheinungsbild der Erdoberfläche prägen (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, BNatSchG § 14 RdNr. 5, m.w.N.). Handlungen, Vorhaben und Maßnahmen, die eine Grundfläche in ihrem äußeren Erscheinungsbild verändern, sind als relevante Veränderungen im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG zu erachten; dazu kann auch der Neu- und Ausbau von Straßen und Schienenwegen gehören (Gellermann, a.a.O., RdNr. 6).

78

Eine „Veränderung der Grundfläche“ im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG ergibt sich hier daraus, dass mit der Baumaßnahme auch der Verlust von landschafts- bzw. stadtbildprägenden Strukturen wie Bäume, Büsche, Grünanlagen verbunden ist (vgl. den landschaftspflegerischen Begleitplan, Beiakte I – Ordner 5/7, LBP, S. 81).

79

Auch lässt das streitige Vorhaben eine Veränderung des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels zu. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss enthält die vom 01.01.2014 bis 30.06.2017 befristete wasserrechtliche Erlaubnis für die Grundwasserabsenkung im Zuge der bauzeitlichen Wasserhaltung für die Eisenbahnüberführung (S. 27 des PFB).

80

  2. Eine Klagebefugnis ergibt sich hingegen nicht aus § 64 Abs. 1 BNatSchG. Danach kann eine anerkannte Naturschutzvereinigung, soweit § 1 Absatz 3 des UmwRG nicht entgegensteht, ohne in eigenen Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen gegen Entscheidungen nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 und Abs. 2 Nr. 5 bis 7, wenn die Vereinigung (1.) geltend macht, dass die Entscheidung Vorschriften dieses Gesetzes, Rechtsvorschriften, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, Naturschutzrecht der Länder oder anderen Rechtsvorschriften, die bei der Entscheidung zu beachten und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind, widerspricht, (2.) in ihrem satzungsgemäßen Aufgaben- und Tätigkeitsbereich, soweit sich die Anerkennung darauf bezieht, berührt wird und (3.) zur Mitwirkung nach § 63 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache geäußert hat oder ihr keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. Der Kläger macht indes einen Verstoß gegen naturschutzrechtliche Vorschriften, die bei der Entscheidung zu beachten und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind, nicht geltend.

81

  II. Die Klage ist aber nicht begründet. Der Kläger hat weder Anspruch auf die begehrte Aufhebung des streitigen Planfeststellungsbeschlusses noch darauf, den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären. Ebenso wenig hat er einen Anspruch auf Neubescheidung in Bezug auf die von ihm erhobenen Forderungen.

82

Soweit eine Klage auf das UmwRG gestützt wird, ist diese gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG nur begründet, soweit die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sind, und der Verstoß Belange des Umweltschutzes berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. § 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG verlangt darüber hinaus bei Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG, dass eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen muss.

83

  1. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sind.

84

  1.1. Der Kläger kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass die Beklagte für den Planfeststellungsbeschluss nicht zuständig gewesen sei, weil gemäß § 78 VwVfG ein einheitliches, das Vorhaben der Beigeladenen einbeziehendes Planfeststellungsverfahren nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz vom 27.12.1993 (BGBl I S. 2378, ber. BGBl 1994 I, S. 2439), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2011 BGBl I S. 3044), – AEG – hätte durchgeführt werden müssen.

85

 1.1.1. Mit dieser Rüge ist der Kläger allerdings nicht bereits präkludiert. Eine gesetzliche Einwendungsfrist besteht nicht. Die Präklusionsvorschrift für Betroffene (§ 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG) gilt für anerkannte Naturschutzverbände nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.02.2003 – 4 A 59.01 –, BVerwGE 118, 15 [17], RdNr. 16 f. in Juris). Aus § 63 Abs. 1 und BNatSchG folgt zwar nicht, dass für den Verband im Verwaltungsverfahren zeitlich unbegrenzt Gelegenheit zur Stellungnahme besteht. Die Vorschriften lassen Raum für verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen, die es ermöglichen, Vorbringen unberücksichtigt zu lassen, das der Verband im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht hat, obwohl er hierzu Gelegenheit hatte (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.02.2003, a.a.O., RdNr. 18). Hier setzte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 01.11.2010 zwar eine Frist zur Stellungnahme bis zum 22.01.2011. Im Schriftsatz vom 22.01.2011 rügt der Kläger eine Verletzung von § 78 VwVfG nicht. Die Rüge fehlender sachlicher Zuständigkeit unterliegt jedoch nicht der Einwendungspräklusion (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.2011 – 9 A 14.10 –, NVwZ 2012, 180 [181], RdNr. 12).

86

  1.1.2. Ein Verstoß gegen die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 78 VwVfG ist vom Rügerecht des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG indes nicht umfasst. Auf eine Verletzung des § 78 VwVfG könnte sich der Kläger allenfalls dann berufen, wenn er geltend machen könnte, mit der fehlerhaften Wahl des Verfahrens sei ihm die Möglichkeit vorenthalten worden, die Vereinbarkeit des planfestgestellten Vorhabens im Rahmen der Klage nach dem UmwRG zu unterwerfen (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 18.04.1996 – 11 A 86.95 –, BVerwGE 101, 73 [77], RdNr. 27 in Juris). Dies ist aber nicht der Fall. Wie bereits dargelegt, ist die Klage nach dem UmwRG zulässig.

87

 1.1.3. Im Übrigen ist der Beklagten und dem Beigeladenen darin zu folgen, dass das Planfeststellungsverfahren für das Vorhaben „Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee“ zu Recht auf der Grundlage der Vorschriften des § 37 StrG LSA und nicht nach den Vorschriften des AEG durchgeführt wurde und die Beklagte deshalb gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 2 StrG LSA für die Durchführung einer Planfeststellung für dieses einheitliche, von ihr selbst geplante Vorhaben zuständig war. Das Rechtsstaatsprinzip und der Grundsatz des fairen Verfahrens schließen Identität zwischen Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde nicht aus, auch wenn eine organisatorische Trennung beider Funktionen, wie sie im Fachplanungsrecht üblich ist, wesentlich dazu beitragen könnte, die Gefahr und den äußeren Anschein zu vermeiden, dass der Planfeststellungsbehörde die notwendige Distanz gegenüber dem Vorhabenträger fehlt (BVerwG, Beschl. v. 09.04.1987 – 4 B 73.87 –, NVwZ 1987, 886).

88

  a) Die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG für eine Einbeziehung des eisenbahnrechtlichen Vorhabens waren insoweit erfüllt, als es um das Überführungsbauwerk „Ernst-Reuter-Allee“ geht.

89

Gemäß § 78 Abs. 1 VwVfG findet, wenn mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, derart zusammentreffen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist, und mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich geregelt ist, für diese Vorhaben oder für deren Teile nur ein Planfeststellungsverfahren statt.

90

  aa) Eine solche Selbständigkeit des Überführungsbauwerks im Verhältnis zum übrigen Tunnelprojekt ist hier anzunehmen. Selbständig sind Vorhaben dann, wenn sie sachlich und funktionell nicht aufeinander bezogen sind, wenn insbesondere nicht ein Vorhaben das andere auslöst bzw. nach sich zieht; ist Letzteres der Fall, liegt in der Regel eine Folgemaßnahme vor, die von der Konzentrationswirkung des § 75 Abs. 1 VwVfG erfasst wird (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl., RdNr. 6). Folgemaßnahmen sind zu treffen, um die Probleme zu lösen, die durch das Vorhaben für die Funktionsfähigkeit der anderen Anlagen entstehen; Folgemaßnahmen dürfen über Anschluss und Anpassung nicht wesentlich hinausgehen (BVerwG, Beschl. v. 13.10.2007 – 9 B 103.09 –, NVwZ 2010, 1244 [1245], RdNr. 4 in Juris, m.w.N.). Hiernach handelt es sich beim Bau eines Straßentunnels mit Trennung vom Straßenbahn-, Radfahrer- und Fußgängerverkehr nicht lediglich um eine Folgemaßnahme der notwendigen Erneuerung der Eisenbahnüberführung, weil sie wesentlich über die bloße Anpassung der vorhandenen Straße an die erneuerte Brücke hinausgeht.

91

  bb) Es besteht auch die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung in Bezug auf die beiden Vorhaben.

92

  a) Abzustellen ist allerdings nur auf das Überführungsbauwerk, nicht auf den gesamten Ausbau der 2. Stufe des Eisenbahnknotens Magdeburg (Spurplan Mitte). Der Ausbau des Eisenbahnknotens Magdeburg ist in mehrere Bauabschnitte aufgeteilt. Die Neugestaltung des Überführungsbauwerks gehört zum Abschnitt 61.12, während die Änderung der Gleisanlagen dem Abschnitt 61.11 (Umbau Spurplan Mitte, Bf Magdeburg Hbf) zugeordnet ist, für den das Eisenbahnbundesamt ein eigenes Planfeststellungsverfahren durchgeführt hat (vgl. den Erläuterungsbericht zur Planfeststellung Eisenbahnknoten Magdeburg – 2. Ausbaustufe, PFA 61.11 Spurplan Mitte, PFA 61.30 Umbau Verkehrsstation, S. 3, Ziff. 1.2).

93

Diese Abschnittsbildung ist rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass im hier maßgeblichen Bereich der Eisenbahnüberführung eine vertikale Abschnittsbildung dergestalt erfolgte, dass zwischen dem Überführungsbauwerk einerseits und den darüber verlaufenden Gleisanlagen andererseits getrennt wurde (vgl. Planunterlage „Nur zur Information“ 2.2 in Ordner 1/7).

94

Die Rechtsfigur der Abschnittsbildung bei der Planung von Verkehrswegen stellt eine richterrechtlich anerkannte Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots dar. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass angesichts vielfältiger Schwierigkeiten, die mit einer detaillierten Streckenplanung verbunden sind, die Planungsträger ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen können. Dementsprechend ist die Aufspaltung eines Gesamtvorhabens in Teilabschnitte grundsätzlich zulässig. Sie stellt sich als ein Instrument der planerischen Problembewältigung dar (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 – 9 B 38.07 –, NuR 2008, 176 [178], RdNr. 20. m.w.N.). Da für die Abschnittsbildung die planerische Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers gilt, sind im Einzelfall sehr unterschiedliche Lösungen statthaft, soweit sie auf sachlich vertretbaren Erwägungen beruhen (vgl. Vallendar, in: Beck’scher Kommentar zum AEG, § 18 RdNr. 146). Im Einzelfall können auch einzelne Bauwerke, wie z.B. ein Tunnel oder eine Brücke, zulässigerweise einen Abschnitt bilden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.02.1996 – 4 A 42.95 –, NVwZ 1996, 905 [906], RdNr. 14 in Juris; Vallendar, a.a.O., m.w.N.). So lässt sich die Bildung eines eigenen Abschnitts für eine Brücke zulässigerweise damit begründen, dass eine baufällige alte Brücke entlastet und daher die neue Brücke zügig fertig gestellt werden müsse (BVerwG, Beschl. v. 02.02.1996, a.a.O.). Gebilligt hat die Rechtsprechung auch eine Plangenehmigung, die während eines noch nicht abgeschlossenen Planfeststellungsverfahrens für den mehrgleisigen Ausbau einer Eisenbahn-Bestandsstrecke zwecks deren Elektrifizierung erlassen worden war, um im Interesse einer Verkürzung der Fahrzeiten eine Zwischenlösung auf den Weg zu bringen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.08.1996 – 11 VR 10.96 –, NVwZ-RR 1997, 208).

95

Die Teilplanung darf sich allerdings nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben. Dass die Folgen für die weitere Planung in den Blick genommen werden müssen, läuft aber nicht darauf hinaus, dass bereits im Rahmen der Planfeststellung für einen Teilabschnitt mit derselben Prüfungsintensität der Frage nach den Auswirkungen auf nachfolgende Planabschnitte oder gar auf das Gesamtvorhaben nachzugehen wäre. Andernfalls würden die Vorteile, die eine Abschnittsbildung im Interesse nicht nur einer praktikablen und effektiv handhabbaren, sondern auch einer leichter überschaubaren Planung rechtfertigen, wieder zunichte gemacht. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Vorausschau auf nachfolgende Abschnitte nach der Art eines (abwägungsbegrenzenden) „vorläufigen positiven Gesamturteils". Eine Prognose für die nachfolgenden Abschnitte muss ergeben, dass der Verwirklichung des Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007, a.a.O., m.w.N.). Die Bildung eines Abschnitts für ein Brückenbauwerk kann durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.02.1996, a.a.O.).

96

Hiernach begegnet die Abschnittsbildung keinen rechtlichen Bedenken. Die Beigeladene hat hierzu vorgetragen, dass die Abschnittsbildung gerade aufgrund der Verflechtung des Neubaus der Eisenbahnüberführung mit dem streitigen Vorhaben des Straßen- und Straßenbahnbaus gerechtfertigt sei. Im o.g. Erläuterungsbericht heißt es hierzu u.a.:

97

„Die räumliche Ausdehnung des Vorhabens Ausbau Eisenbahnknoten Magdeburg reicht über das Stadtzentrum von Magdeburg sowie die Stadteile Herrenkrug, Neustadt, Stadtfeld Ost, Sudenburg, Buckau, Leipziger Straße, Hopfengarten, Salbke und Westerhüsen sowie bis zu der an das Stadtgebiet Magdeburgs angrenzenden Gemeinde Biederitz und der Stadt Schönebeck (Elbe). Der Umbaubereich hat somit eine maximale Gesamtlänge von etwa 25 km.

98

Genauso wie die große räumliche Ausdehnung sind auch komplexe technische und verkehrliche Abhängigkeiten beim Umbau zu berücksichtigen.

99

So wird z.B. im Zusammenhang mit den Ersatzneubauten von Eisenbahnüberführungen das Verlangen des Straßenbaulastträgers berücksichtigt, so dass die verkehrlichen Verhältnisse der unterführten Straße verbessert werden kann. Hierfür können alle abgestimmten planerischen Grundlagen sowie die exakte terminliche Einordnung der einzelnen Maßnahmen jedoch nicht zeitgleich vorgelegt werden...

100

Aufgrund der vielfältigen Anforderungen und Betroffenheiten in Folge der Umbaumaßnahmen und der unterschiedlichen beteiligten Behörden und Stellen wird das Vorhaben in übersichtliche Planfeststellungsabschnitte gegliedert:

101

- PFA 01 BA 1201 Südwestlicher Bahnhofskopf Mittelspannungsring Teil A

102

- PFA 21 Erneuerung EÜ Ehle

103

- PFA 31 Integration Bf Schönebeck-Salzelmen in das ESTW-A

104

- PFA 40 Maßnahmen Bf MD-Neustadt, Maßnahmen Bf Magdeburg Hbf

105

- PFA 50 Maßnahmen Bf MD-Buckau und Bft MD-Fermersleben

106

- PFA 61.11 Umbau Spurplan Mitte, Bf Magdeburg Hbf

107

  PFA 61.12 Erneuerung EÜ Ernst-Reuter-Allee (DB AG)

108

  PFA 61.20 Mittelspannungsring Teil B

109

  PFA 61.30 Umbau Verkehrsstation, Bf Magdeburg Hbf, Anlagen DB Station
  & Service

110

- PFA 70 Magdeburg Hbf Umbau Spurplan Nord, Ersatzneubau EÜ Lorenz-
  weg, Ersatzneubau EÜ Walter-Rathenau-Straße, Mittelspannungsring Teil
  C

111

- PFA 80 Magdeburg Hbf Umbau Spurplan Süd, Ersatzneubau EÜ Hallische
  Straße

112

- PFA 90 Ersatzneubau EÜ Erich-Weinert-Straße

113

Für die Erneuerung EÜ Ernst-Reuter-Allee wird eine gesonderte Planrechtsunterlage erstellt, da im Zusammenhang mit dem Abschluss von Kreuzungsmaßnahmen für die Ersatzneubauten der Eisenbahnüberführungen das Verlangen der Landeshauptstadt Magdeburg und der Magdeburger Verkehrsbetriebe zu berücksichtigen sind. Durch eine Trennung der beiden Planrechtsverfahren kann das Risiko einer terminlichen Beeinflussung der beiden Verfahren untereinander minimiert werden. Während das Planrechtsverfahren für den Spurplan Mitte durch das Eisenbahn-Bundesamt durchgeführt wird, führt die Landeshauptstadt Magdeburg das Planrechtsverfahren für die Erneuerung der EÜ Ernst-Reuter-Allee durch. Diese Maßnahmen werden in der vorliegenden Unterlage zur Information mit dargestellt...

114

Die in den einzelnen Abschnitten erzielten betrieblichen Verbesserungen werden erst mit dem Endzustand wirksam. Dennoch werden die Abschnittgrenzen so gewählt, dass die errichteten Anlagen in vollem Umfang nutzbar werden.

115

In allen Abschnitten wird auf den Endzustand Bezug genommen, so dass der jeweils zu behandelnde Abschnitt und der Zusammenhang zur Gesamtmaßnahme für die Betroffenen erkennbar bleibt.“

116

Es ist auch nicht ersichtlich, dass aufgrund der Teilplanung von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben.

117

  ß) In Bezug auf die Eisenbahnüberführung und das übrige Tunnelbauwerk kann nur eine einheitliche Entscheidung getroffen werden.

118

Die in dieser Vorschrift angeordnete Kompetenzverlagerung auf die für das eine Vorhaben an sich nicht zuständige Planfeststellungsbehörde setzt einen nicht sinnvoll trennbaren Sachzusammenhang zwischen den beiden Vorhaben voraus. Können planerisch erhebliche Belange des einen Verfahrens in dem anderen durch Verfahrensbeteiligung und durch Berücksichtigung im Rahmen planerischer Abwägung angemessen erfasst werden, entfällt dieser Zusammenhang. Eine im Sinne des § 78 Abs. 1 VwVfG notwendig einheitliche Entscheidung ist mit anderen Worten (nur) dann geboten, wenn jeder der Vorhabenträger zur sachgerechten Verwirklichung seines Planungskonzepts darauf angewiesen ist, dass über die Zulassung der zusammentreffenden Vorhaben nur in einem Verfahren entschieden werden kann. Ein nur materielles Interesse an der planerischen Koordination verschiedener Belange rechtfertigt hingegen für sich nicht, die gesetzliche Verfahrenszuständigkeit zu ändern. Danach hängt es stets ganz wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der in § 78 Abs. 1 VwVfG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Problembewältigung eine einheitliche planerische Entscheidung für mehrere räumlich und zeitlich zusammentreffende selbständige Vorhaben fordert, oder ob die gebotene Koordinierung mittels verfahrensmäßiger und inhaltlicher Abstimmung auch ohne förmliche Zusammenführung der Verfahren und damit unter Wahrung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung möglich ist. Ein gemeinsamer Kreuzungspunkt zweier Vorhaben mag hierbei im Einzelfall für die Anwendung des  § 78 Abs. 1 VwVfG ausreichen, führt aber nicht notwendig dazu. Ein erhöhter planerischer Koordinierungsbedarf, der eine Kompetenzverlagerung erzwingt, wird in der Praxis eine Ausnahme bleiben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 04.08.2004 – 9 VR 13.04 –, NVwZ 2004, 1500 [1501], RdNr. 5 in Juris, m.w.N.). Bei Verkehrsbauten ist indes eine räumliche Überschneidung der Trassen ein starkes Indiz für die Anwendbarkeit von § 78 VwVfG (BVerwG, Beschl. v. 28.11.1995 – 11 VR 38.95 –, NVwZ 1996, 389 [390], RdNr. 39 in Juris).

119

Hiernach ist eine einheitliche Entscheidung geboten. Im Bereich der Eisenbahnüberführung sind die Vorhaben in einer Weise miteinander verflochten, dass zur Koordinierung eine bloße Verfahrensbeteiligung und die wechselseitige Rücksichtnahme im Rahmen der planerischen Abwägung nicht ausgereicht hätten. Für die Ausgestaltung der Überführung kamen mehrere Varianten in Betracht, die sich vor allem in der Höhenlage der Straße unterschieden, insbesondere auch im Überschneidungsbereich. Von der Variantenwahl sind eine Reihe teils gegenläufiger Belange berührt; die Ausgestaltung erforderte mithin eine die jeweiligen Vor- und Nachteile berücksichtigende Abwägung, die nur durch eine einheitliche Entscheidung geleistet werden konnte.

120

  b) Sind – wie hier – die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG erfüllt, richten sich gemäß § 78 Abs. 2 VwVfG Zuständigkeiten und Verfahren nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren, das für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, so führen, falls nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften eine Bundesbehörde und eine Landesbehörde zuständig sind und sich die obersten Bundes- und Landesbehörden nicht einigen, die Bundesregierung und die Landesregierung das Einvernehmen darüber herbei, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist. Anhaltspunkte dafür, welches Vorhaben danach maßgeblich ist, sind die quantitativen und qualitativen Auswirkungen des Vorhabens, Bedeutung, Größe, Kapazität usw. des Vorhabens, die Art, Nachhaltigkeit und Gefährlichkeit usw. der Auswirkungen der Anlage, die Zahl der von den Auswirkungen des Vorhabens Betroffenen bzw. am Verfahren beteiligten Personen, die Größe des erfassten bzw. betroffenen Gebietes, die Bedeutung und das Gewicht der betroffenen öffentlichen und privaten Belange, insbesondere auch das öffentliche Interesse an der Durchführung des Vorhabens und der betroffenen öffentlichen Interessen und subjektiven Rechte sowie die Zuordnung dieser Interessen oder Rechte auf Grund des insoweit anzuwendenden Rechts zu einem bestimmten Verwaltungsgebiet (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 78 RdNr. 9). Der größere Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen wird hiernach durch das Straßen- und Straßenbahnvorhaben berührt, da die Ernst-Reuter-Allee bis zur Otto-von-Guericke-Straße wesentlich umgestaltet werden soll, während die Eisenbahnüberführung bereits vorhanden war und lediglich – auf bestehenden Widerlagern – erneuert werden soll.

121

  1.2. Der Kläger kann seine Klage nicht mit Erfolg darauf stützen, dass  der Planung die erforderliche Rechtfertigung fehle.

122

Fraglich ist bereits, ob sich ein anerkannter Umwelt- und Naturschutzverband im Rahmen einer Klage nach dem UmwRG überhaupt auf eine fehlende Planrechtfertigung berufen kann. Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG können solche Rügen, die keinen Bezug zu umweltrechtlichen Belangen aufweisen, der Klage von Vereinigungen nicht zum Erfolg verhelfen. Es spricht einiges dafür, dass auch Art. 11 Abs. 1 der UVP-RL bei zulässigen Klagen von Vereinigungen gegen Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind, keine umfassende gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit gebietet (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 18.11 –, a.a.O. RdNr. 18; vgl. auch zur naturschutzrechtlichen Verbandsklage: BVerwG, Beschl. v. 01.07.2003 – 4 VR 1.03. 4 A 1.03 –, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3, RdNr. 8 f. in Juris). Dies bedarf jedoch vorliegend keiner abschließenden Klärung, weil die Planrechtfertigung gegeben ist.

123

  a) Ein Planungsvorhaben ist dann gerechtfertigt, wenn sich das Vorhaben – gemessen an den Zielsetzungen des anzuwendenden Fachplanungsgesetzes – insgesamt als vernünftigerweise geboten erweist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.07.2005 – 9 VR 39.04 –, Juris, RdNr. 6). Die Frage der Planrechtfertigung unterliegt zwar der vollen gerichtlichen Überprüfung. Gleichwohl ist die Planrechtfertigung eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 – 11 C 14.00 –, BVerwGE 114, 364 [372], RdNr. 32 in Juris). Einen solchen planerischen Missgriff stellt das streitige Vorhaben nicht dar.

124

  aa) Das hier anzuwendende StrG LSA bestimmt in seinem § 9 Abs. 1 Satz 2, dass die Träger der Straßenbaulast nach ihrer Leistungsfähigkeit die Straßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern haben; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange, insbesondere des Fußgänger-, Radfahrer- und Behindertenverkehrs sowie des öffentlichen Personennahverkehrs einschließlich des Umwelt- und Naturschutzes, zu berücksichtigen.

125

Die Beklagte hat sich zur Rechtfertigung des Vorhabens im Planfeststellungsbeschluss (S. 83 ff.) unter Bezugnahme auf die o.g. Zielsetzungen des StrG LSA u.a. darauf gestützt, dass die Eisenbahnunterführung an der Ernst-Reuter-Allee einen räumlichen Engpass für alle Verkehrsarten darstelle und mit der Entflechtung und Trennung zwischen motorisiertem Individualverkehr (MIV) und den Verkehrsarten des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) stattfinde, so dass sich die Verkehrssicherheit im Bereich Damaschkeplatz / Brandenburger Straße besonders für den ÖPNV und den Radverkehr verbessere. Durch die Schaffung einer separaten Einbiegespur in die Tiefgarage des City Carrés, einer separaten Ausbiegespur aus der Tiefgarage, einer durchgängigen Fahrspur stadteinwärts sowie von zwei durchgängigen Fahrspuren stadtauswärts sollen sich die Rückstauerscheinungen stadtauswärts minimieren. Derzeit sei die Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee ab der Otto-von-Guericke-Straße   in ca. 70 m Länge stadtauswärts zweispurig. Danach verlaufe die Straße bis zum WilIy-Brandt-Platz einspurig und weite sich dann als überbreite Fahrspur unter Nutzung der Straßenbahngleise für eine Fahrspur auf. Nach Ziffer 6.1.1.3 der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen, Ausgabe 2006 (RASt 06) müssten Fahrbahnbreiten in Hauptverkehrsstraßen entsprechend der Kraftfahrzeugstärke und Nutzung der Kraftfahrzeugart in der Regel 6,50 m betragen. Da die vorhandene Breite mit 4,90 m bis 5,25 m für zwei regelrechte Fahrspurbreiten zu schmal sei, könne diese nicht zweispurig markiert werden. Eine separate Einbiege- und Ausbiegespur für die Tiefgarage des City Carrés bestehe derzeit nicht. Zurzeit würden zudem die Verkehrsräume für den MIV, den ÖPNV sowie für Radfahrer und Fußgänger auf einer Ebene genutzt, was mit der Maßnahme entsprechend geändert werden solle. Ferner führe die Veränderung der Straßenentwässerung auch zu einer Verkehrsverbesserung. Denn bei extremen Starkregenereignissen bestehe häufig das Problem der Überflutung der Ernst-Reuter-Allee im Bereich der Eisenbahnüberführung. Dieses Überflutungsrisiko werde durch die neuen Entwässerungsanlagen vermieden, da der neue Entwässerungskanal außerhalb des herzustellenden Bauwerkes auf der Nordseite errichtet werde.

126

Auf Grund der Zusammenballung der Verkehrsräume für Radfahrer, Fußgänger, Straßenverkehr und Straßenbahnverkehr bestehe zudem ein hohes Konfliktpotenzial mit entsprechendem Sicherheitsrisiko für die Verkehrsteilnehmer. Im Bereich der geplanten Baumaßnahme sei es nach der Unfallstatistik der Jahre 2009 bis 2011 zu 57 Unfällen zwischen PKWs und Radfahrern, zu 4 Unfällen mit PKWs und Fußgängern sowie zu 7 Unfällen zwischen LKWs und Radfahrern gekommen. Bei der Unfallkonstellation PKW / Radfahrer seien u. a. folgende Verstöße begangen worden:

127

6 % verbotswidrige Benutzung einer (Richtungs-)Fahrbahn bzw. anderer Straßenteile

128

60 % Nichtbeachten der die Vorfahrt regelnden Verkehrszeichen

129

4 % Missachten der Verkehrsregelung durch Polizeibeamte oder Lichtzeichen

130

28 % Fehler beim Abbiegen.

131

Hinsichtlich der Unfallschwere bei Unfällen von Radfahrern mit motorisierten Verkehrsteilnehmern seien von 2009 bis 2011 insgesamt 4 schwerverletzte und 48 leichtverletzte Verkehrsteilnehmer registriert worden. Das Vorhaben ermögliche durch eine klare Trennung des Kfz-Verkehrs von den anderen Verkehrsarten, Unfallschwerpunkte und Konfliktpunkte zu vermeiden und die Unfallzahlen zu reduzieren. Für die Ausfahrt aus der Tiefgarage des City Carrés auf die Ernst-Reuter-Allee in Richtung Damaschkeplatz (Linksabbieger) lägen folgende Unfallzahlen vor:

132

2008: 2 Unfälle

133

2009: 7 Unfälle

134

2010: 2 Unfälle, davon 1 x vorfahrtsberechtigte Straßenbahn nach links

135

2011: 5 Unfälle.

136

Dieser Kollisionspunkt werde mit der geplanten Variante reduziert, da ein Linksabbiegen dann nicht mehr möglich sei. An dieser Stelle könne nur noch ein Rechtsabbiegen erfolgen.

137

Die Beklagte hat weiter darauf abgestellt, dass die Erreichbarkeit des Hauptbahnhofs für Fußgänger, Radfahrer sowie mit den Fahrzeugen des ÖPNV erheblich verbessert werde. Die derzeitige Linienführung der Radwege auf der Südseite des Damaschkeplatzes bis zum Knoten Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße   quere drei autobelastete Kreuzungspunkte (Auf- und Abfahrt Magdeburger Ring, Kölner Platz, Willy-Brandt-Platz), die eine hohe Aufmerksamkeit des Radfahrers erforderten und damit zurzeit einen Zeitverlust und ein erhöhtes Unfallrisiko mit sich brächten. Die geplante Radwegeführung unter den Eisenbahnbrücken durch die Entflechtung der Fahrspuren (ÖPNV und MIV) trage wesentlich zur Erhöhung der Verkehrssicherheit bei. Auch am Willy-Brandt-Platz werde die Querung der Straßenbahnlinien gegenüber dem Bestand (Querung des Gleisdreiecks, der Taxi- und Parkhaus-Zufahrten) deutlich vereinfacht und dadurch für den Radfahrer und Fußgänger sicherer.

138

Diese Erwägungen halten der auf grobe Missgriffe beschränkten rechtlichen Prüfung stand. Die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Argumente führen zu keiner anderen Beurteilung.

139

Er kann insbesondere nicht mit dem Einwand durchdringen, dass die geplante Straßenführung den Anforderungen an die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht gerecht werde, weil einzelne Ströme des zukünftigen Tunnels, insbesondere der Fahrverkehr in Richtung Westen, bereits bei Errichtung des Tunnels an der Leistungsgrenze operierten und daher mit der Qualitätsstufe F einzuordnen seien. Einem Rückstau stadtauswärts soll gerade dadurch Abhilfe geschaffen werden, dass mit dem geplanten Vorhaben stadtauswärts nunmehr durchgängig zwei Fahrspuren geschaffen werden. Auch wenn sich die Rückstausituation – wovon auch die Beklagte ausgeht – in Richtung Osten stadteinwärts durch das geplante Vorhaben nach Lage der Dinge nicht verbessern dürfte, weil in dieser Richtung dem Kraftfahrzeugverkehr weiterhin nur eine durchgängige Fahrspur zur Verfügung steht, wird dadurch die Planrechtfertigung nicht in Frage gestellt. Eine Straßenplanung ist auch dann noch vernünftigerweise geboten, wenn mit dem Vorhaben eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nicht in jeder Hinsicht bzw. nur teilweise gelingt. Daher kommt es für die Frage der Planrechtfertigung nicht darauf an, ob die vom Kläger angegriffene Verkehrsprognose in Bezug auf die aus dem nördlichen Teil der Tiefgarage des City Carrés ausfahrenden und am Knotenpunkt Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße wendenden Kraftfahrzeuge tragfähig ist. Die Frage, inwieweit eine alternative Straßenplanung besser geeignet wäre, die innerstädtischen Verkehrprobleme zu lösen, ist keine Frage der Planrechtfertigung, sondern der Abwägung der verschiedenen in Betracht kommenden Varianten.

140

  b) Da das Planungsvorhaben die Änderung bestehender Straßenbahnanlagen beinhaltet, waren auch die Zielsetzungen zu beachten, wie sie in § 8 Abs. 3 PBefG in der im Zeitpunkt der Planungsentscheidung geltenden Fassung vom 27.04.2002 (BGBl I S. 1467) beschrieben sind. Danach hat die Genehmigungsbehörde im Zusammenwirken mit dem Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs (Aufgabenträger) und mit den Verkehrsunternehmen im Interesse einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sowie einer wirtschaftlichen Verkehrsgestaltung für eine Integration der Nahverkehrsbedienung, insbesondere für Verkehrskooperationen, für die Abstimmung oder den Verbund der Beförderungsentgelte und für die Abstimmung der Fahrpläne, zu sorgen. Sie hat dabei einen vom Aufgabenträger beschlossenen Nahverkehrsplan zu berücksichtigen, der vorhandene Verkehrsstrukturen beachtet, unter Mitwirkung der vorhandenen Unternehmer zustande gekommen ist und nicht zur Ungleichbehandlung von Unternehmern führt. Der Nahverkehrsplan hat die Belange behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen.

141

Hierzu hat die Beklagte angeführt (S. 86 f. des PFB), dass sich die Erforderlichkeit des Vorhabens aus Sicht des ÖPNV nicht ausschließlich daraus ergebe, dass das Vorhaben in dem Nahverkehrsplan vorgesehen sei. Die Erforderlichkeit ergebe sich aber aus der Steigerung der Leistungsfähigkeit und der Attraktivität des Nahverkehrs innerhalb von Magdeburg. Mit der Schaffung eines barrierefreien erreichbaren Umsteigepunktes am Kölner Platz könne das beschlossene Ziel aus dem Verkehrskonzept Innenstadt, mit der Verbesserung der Umsteigebeziehungen zwischen Fern-, Regional-, S-Bahn, ZOB und Straßenbahn sowie Straßenbahnlinien untereinander, mit dieser Maßnahme umgesetzt werden.

142

  c) Der Umstand, dass die Beklagte im Rahmen der Planrechtfertigung neben diesen Zielstellungen weitere Gesichtspunkte angeführt hat, die für sich gesehen die Straßenplanung nicht rechtfertigen mögen, lässt die nach den Zielsetzungen des StrG LSA und des PBefG gegebene Rechtfertigung der Planung nicht entfallen.

143

  d) Dem Vorhaben fehlt die erforderliche Rechtfertigung auch nicht deshalb, weil es mangels Finanzierung nicht realisierbar wäre.

144

Einem Vorhaben, dessen Realisierung aus finanziellen Gründen ausgeschlossen ist, fehlt zwar die Planrechtfertigung. Dies bedeutet indessen nicht, dass die Art der Finanzierung Regelungsgegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist. Das insoweit zu beachtende Haushaltsrecht bindet die mit der Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie deren Kontrolle befassten Stellen des Staates; es entfaltet aber grundsätzlich keine Außenwirksamkeit zwischen Verwaltung und Bürger, die im Rahmen der den Fachplanungsbehörden überantworteten Planungsaufgaben zu beachten wäre. Die Planfeststellungsbehörden haben lediglich vorausschauend zu beurteilen, ob dem Vorhaben unüberwindliche finanzielle Schranken entgegenstehen. Stehen die notwendigen Mittel schon bereit, so ist diesem Erfordernis Genüge getan, ohne dass fachplanungsrechtlich hinterfragt werden müsste, ob die zugrunde liegenden Finanzierungsentscheidungen haushaltsrechtlichen Vorgaben entsprechen (BVerwG, Beschl. v. 15.01.2008 – 9 B 7.07 –, NVwZ 2008, 675 [678], RdNr. 24; Urt. v. 20.05.1999 – 4 A 12.98 –, BauR 1999, 1156 [1157], RdNr. 43 in Juris). Solche  unüberwindlichen finanziellen Schranken sind nicht ersichtlich.

145

Die Planrechtfertigung hängt auch nicht davon ab, ob das Vorhaben dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs 1 LHO LSA) entspricht, der finanzielle Aufwand also in einem angemessenen Verhältnis zu der beabsichtigten Verbesserung der Straße und des ÖPNV steht. Unabhängig davon, dass – wie bereits dargelegt – das Haushaltsrecht nur die mit der Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie deren Kontrolle befassten Stellen des Staates bindet und grundsätzlich keine Außenwirksamkeit zwischen Verwaltung und Bürger entfaltet, die im Rahmen der den Fachplanungsbehörden überantworteten Planungsaufgaben zu beachten wäre, ist das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit von seinem Inhalt her nicht geeignet, der Planung die Rechtfertigung zu entziehen. Es verlangt lediglich, ein bestimmtes Ziel mit dem geringst möglichen Einsatz von Mitteln zu erreichen; das Ziel selbst kann deshalb nicht unter Berufung auf das Gebot mit dem Argument in Frage gestellt werden, die Verkehrsverhältnisse würden auch durch eine kostengünstigere Lösung verbessert (vgl. OVG Bremen, Urt. v. 18.02.2010 – 1 D 599/08 –, Juris, RdNr. 55, m.w.N.).

146

  1.3. Die angefochtene Planfeststellung lässt auch keinen offensichtlichen erheblichen Abwägungsfehler erkennen, den der Kläger im Rahmen des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG rügen kann.

147

Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 4 StrG LSA sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit abzuwägen.

148

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 19.08.2004 – 4 A 9.04 – Juris, RdNr. 15) verlangt das Abwägungsgebot, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass –  drittens – weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Abwägungsrahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr im Gegenteil ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie - auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials - die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das streitige Vorhaben nicht zu beanstanden.

149

  1.3.1. Einen Abwägungsfehler kann der Kläger nicht damit begründen, dass die konzipierte Planung den verkehrlichen Anforderungen nicht gerecht werde, insbesondere weil der aus der nördlichen Tiefgarage des City Carrés ausfahrende Verkehr zur Qualitätsstufe F an der Kreuzung Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße   führe. Dies ist kein Belang, deren Nichtbeachtung ein anerkannter Natur- und Umweltschutzverband im Rahmen des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG rügen kann.

150

  1.3.2. Die Abwägung der Immissionsschutzbelange begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.

151

  a) Der Kläger kann nicht mit dem Einwand durchdringen, das Vorhaben verursache unzumutbare Luftschadstoffbelastungen, überschreite insbesondere die maßgeblichen Grenzwerte der 39. BImSchV.

152

  aa) Eine Überschreitung dieser Grenzwerte würde die Abwägungsentscheidung der Beklagten von vornherein dann nicht in Frage stellen, wenn sich durch das streitige Vorhaben keine Verschlechterung der Belastung mit relevanten Luftschadstoffen ergäbe. Eine in der Planfeststellung zu befolgende grundrechtliche Pflicht, Schutzvorkehrungen zu treffen, setzt eine Kausalität zwischen dem Bau bzw. der Änderung des Verkehrswegs und der gesundheitsgefährdenden Verkehrsbelastung voraus; eine Pflicht, gesundheitlich bedenkliche Immissionslagen bei Gelegenheit der Planfeststellung zu sanieren, besteht hingegen nicht (BVerwG, Beschl. v. 15.01.2008, a.a.O., S 676). Führt ein Planvorhaben im Vergleich zu dem Zustand des Verkehrsweges, der ohne die Planung bestünde, zu keiner Verschlechterung der Immissionssituation für die Nachbarschaft, so braucht die Planfeststellungsbehörde die Immissionsproblematik im Rahmen der Abwägung grundsätzlich nicht aufzugreifen, und zwar unabhängig von der Höhe der Immissionsbelastung; selbst grundrechtlich bedenkliche Belastungswerte bilden nicht stets, sondern nur dann die Grundlage einer in der Planfeststellung zu berücksichtigenden Schutzpflicht, wenn sie dem planfestgestellten Vorhaben zuzurechnen sind (vgl. zu Lärmimmissionen: BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 5.07 –, NVwZ 2009, 50 [51], RdNr. 17). Trägt das planfestgestellte Vorhaben nur geringfügig zu einer Erhöhung der Luftschadstoffe bei, handelt die Planfeststellungsbehörde ohne Rechtsfehler, wenn sie den Vorhabenträger nicht zu Maßnahmen verpflichtet, die praktisch auf eine Sanierung hinauslaufen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.10.2001 – 4 VR 20.01, 4 A 42.4 A 42.01 –, NVwZ 2002, 726 [727], RdNr. 15 in Juris).

153

Es ist bereits zweifelhaft, ob das streitige Vorhaben zu einer mehr als nur geringfügigen Verschlechterung bezüglich der Belastung der Nachbarschaft mit Luftschadstoffen führt.

154

Abzustellen ist darauf, inwieweit sich die maßgeblichen Emissionen im Fall der Realisierung des Tunnelvorhabens (Prognose-Planfall) im Vergleich zum bisherigen Zustand der Straße (Prognose-Nullfall) unterscheiden. Da die in der 39. BImSchV festgelegten Luftschadstoffgrenzwerte dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen, ist entscheidend, ob sie in der konkreten Schadstoffsituation, der Menschen an bestimmten Stellen ausgesetzt sind, eingehalten werden, und nicht, ob dies im Gesamtgebiet flächendeckend oder im Durchschnitt der Fall ist (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, NVwZ 2013, 649 [654], RdNr. 41; Urt. v. 26.05.2004 – 9 A 6.03 –, BVerwGE 121, 57 [60], RdNr. 22 in Juris).

155

Die Beklagte hat sich hinsichtlich der Auswirkungen ihrer Planung durch Luftschadstoffe auf Luftschadstoffuntersuchungen der ISU Plan vom Juni 2010 und vom August 2011 sowie die ergänzende Untersuchung vom Dezember 2011 (Beiakte H, Planunterlage 11.3) gestützt (vgl. S. 147 f. des PFB), in der die Kfz-bedingte Luftschadstoffbelastung von Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10 und PM2,5) für die Analyse 2007, den Prognose-Nullfall (ohne Tunnelbau) 2015 und 2025 und den Prognose-Planfall (mit Tunnelbau) 2015 und 2025 erstellt wurden. Die Beklagte hat nach der Abwägungsentscheidung eine weitere ergänzende Untersuchung vom April 2012 (Beiakte Q, Bl. 5 ff.) erstellen lassen, die den Prognose-Planfall 2018 (Jahr der voraussichtlichen Fertigstellung) mit verkehrslenkenden Maßnahmen zum Gegenstand hat. Die Untersuchungen vom Juni 2010 und vom August 2011 gehen davon aus, dass beim Betrieb von Kraftfahrzeugen eine Vielzahl von Schadstoffen emittiert wird, die sowohl in ihrer Menge als auch Bedeutung sehr unterschiedlich sind. Im Vergleich zu den Immissionsgrenzwerten der 39. BImSchV seien die Konzentrationen der Schadstoffe Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10 und PM2,5) im Straßenverkehr am höchsten. Die Konzentrationen für Schadstoffe wie Kohlenmonoxid (CO), Schwefeldioxid (SO2), Blei usw. lägen im Vergleich zu den gesetzlichen Grenzwerten wesentlich niedriger. Für Ruß existiere nach der Aufhebung der 23. BImSchV kein Beurteilungswert mehr. Die Untersuchung beschränke sich daher auf die Betrachtung von NO2, PM10 und PM2,5. Daran ist nichts zu erinnern. Ergänzend hat die Beklagte im Planfeststellungsbeschluss darauf verwiesen (vgl. S. 150 des PFB), dass es auch aus Sicht des Landesamtes für Umweltschutz nach dessen Stellungnahme völlig ausreichend sei, sich bei der Ermittlung und Bewertung der lufthygienischen Situation auf NO2 und Feinstaub zu konzentrieren, da nur für diese Komponenten eine Grenzwertrelevanz bestehe. Auf die weiteren Ausführungen (S. 150 f. des PFB), insbesondere auch zur sicheren Einhaltung des für Benzol geltenden Grenzwerts von 5 µg/m³, kann verwiesen werden.

156

Nach den Untersuchungen vom Juni 2010 und August 2011 treten in der Analyse 2007 im Untersuchungsraum auf allen Hauptverkehrsstraßen (Magdeburger Ring, Ernst-Reuter-Allee, Otto-von-Guericke-Straße, Adelheidring) NO2-Immissionen von über 40 µg/m³ im Jahresmittel auf. Damit werde der seit 2010 geltende Grenzwert für das NO2-Jahresmittel (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV a.F.) überschritten. Lediglich auf den Nebenstraßen (Maybachstraße, Bahnhofstraße) sei die NO2-Belastung deutlich geringer. Nach der Untersuchung vom Juni 2010 sollen die NO2-Immissionen unter Berücksichtigung der geringeren verkehrlichen und regionalen Emissionen im Prognose-Nullfall 2015 sowie im Prognose-Planfall 2015 etwas abnehmen, so dass der Grenzwert von 40 µg/m³ im Jahresmittel an der Ernst-Reuter-Allee nicht mehr überschritten werde. Die NO2-Belastung nehme jedoch im Prognose-Planfall 2015 aufgrund der zusätzlichen Emissionen an der Tunnelausfahrt Südost im Bereich des City Carrés deutlich zu und erreiche dort ähnliche Werte wie in der Analyse 2007. Die PM10- und PM2,5-Immissionen lägen im Aufenthaltsbereich von Fußgängern (Gehwegbereich) entlang der Ernst-Reuter-Allee ebenso wie an allen anderen Straßen des Untersuchungsgebiets in allen drei Untersuchungsfällen unter dem Immissionsgrenzwert für das Jahresmittel von 40 µg/m³ für PM10 (§ 4 Abs. 2 der 39. BImSchV a.F.) und 20 µg/m³ für PM2,5 (§ 5 Abs. 2 der 39. BImSchV a.F.). Die PM10- und PM2,5-Konzentration seien lediglich in der Analyse 2007 und im Prognose-Nullfall 2015 unterhalb der Eisenbahnunterführung sowie im Prognose-Planfall 2015 an der Tunnelausfahrt Südost so hoch, dass es dort zu Überschreitungen kommen könnte. Der Äquivalentwert von 30 µg/m³ zur Beurteilung der Überschreitungsfähigkeit des PM10-Tagesmittelwerts werde in der Analyse 2007 und in den beiden Prognosefällen 2015 im Untersuchungsraum eingehalten. Nach der Untersuchung vom August 2011 nehmen im Prognose-Nullfall 2025 sowie im Prognose-Planfall 2025 die NO2-Immissionen unter Berücksichtigung der geringeren verkehrlichen und regionalen Emissionen deutlich ab, so dass der Grenzwert von 40 µg/m³ im Jahresmittel an der Ernst-Reuter-Allee nicht mehr überschritten werde. Auch die erhöhten Emissionen an den Tunnelausfahrten, besonders an der Tunnelausfahrt Südost im Bereich des City Carrés, führten im Prognose-Planfall 2025 nicht zu Grenzwertüberschreitungen. Die PM10- und PM2,5-Immissionen lägen im Aufenthaltsbereich von Fußgängern (Gehwegbereich) entlang der Ernst-Reuter-Allee ebenso wie an allen anderen Straßen des Untersuchungsgebiets in allen drei Untersuchungsfällen unter dem Immissionsgrenzwert für das Jahresmittel von 40 µg/m³ für PM10 und 25 µg/m³ für PM2,5. Der Äquivalentwert von 30 µg/m³ zur Beurteilung der Überschreitungsfähigkeit des PM10-Tagesmittelwerts werde in beiden Prognosefällen 2025 im Aufenthaltsbereich von Fußgängern (Gehwegbereich) eingehalten. Die ergänzende Untersuchung berücksichtigt zusätzlich den Umstand, dass im Bereich der Tunnelzufahrten und -ausfahrten Längsneigungen von +8,1 % bis -10,5 % geplant sind, in den Luftschadstoffuntersuchungen jedoch von Längsneigungen von +/- 6 % ausgegangen wurde (vgl. S. 148 des PFB). Im Ergebnis wurde in der ergänzenden Untersuchung vom Dezember 2011 festgestellt, dass der Jahresmittelwert der NO2-Emissionen im Prognose-Planfall 2025 II am Damaschkeplatz sowie an der Ernst-Reuter-Allee im Bereich des City Carrés nicht überschritten werde. Der Immissionsgrenzwert von 40 µg/m³ für PM10 liege im Bereich des City Carrés zwar höher als am Damaschkeplatz, aber auch dort werde der Grenzwert nicht überschritten. Der Grenzwert von 25 µg/m³ für PM2,5 werde unterschritten. Beim Vergleich der Prognose-Planfälle in den vorigen Untersuchungen sei für NO2 erkennbar, dass der Einfluss der höheren Emissionen durch die extrapolierten Längsneigungen zu einer um 1 bis 4 µg/m³ erhöhten Konzentration führe, auf die PM10- und PM2,5-Konzentration aber keine Auswirkungen habe. Nach der ergänzenden Untersuchung vom April 2012 werden im Prognose-Planfall 2018 mit verkehrslenkenden Maßnahmen (Durchfahrtsverbot für LKW >3,5 t durch den Tunnel, Umleitung von 4.286 Kfz vom südlichen Magdeburger Ring und der Maybachstraße über den Magdeburger Ring, die Walther-Rathenau-Straße, die Erzberger Straße und die Otto-von-Guericke-Straße in die Innenstadt) die Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten. Die Grenzwerte für NO2 werden danach im Prognose-Nullfall und im Prognose-Planfall 2018 im Bereich Damaschkeplatz und Ernst-Reuter-Allee im Bereich des City Carrés überschritten. Mit den verkehrslenkenden Maßnahmen werden die Grenzwerte sicher eingehalten. Die Grenzwerte für PM10 und PM 2,5 werden in allen drei Fällen eingehalten.

157

Nach der Tabelle 12 der Luftschadstoffuntersuchung vom Juni 2010 (S. 29) ergibt sich in Bezug auf eine mögliche Veränderung der Belastung mit den hier relevanten Luftschadstoffen durch das streitige Vorhaben im Jahresmittel folgendes Bild:

158

 Untersuchungsfall

 Luftschadstoff

 Damaschkeplatz

 Ernst-Reuter-Allee

 Analyse 2007

 Stickstoffdioxid NO2

 44 - 46 µg/m³

 47 - 49 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 27 - 28 µg/m³

 29 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 17 - 18 µg/m³

 19 - 20 µg/m³

 Prognose-Nullfall 2015

 Stickstoffdioxid NO2

 32 - 34 µg/m³

 44 - 46 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 27 - 28 µg/m³

 29 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 15 - 16 µg/m³

 15 - 16 µg/m³

 Prognose-Planfall 2015

 Stickstoffdioxid NO2

 29 - 31 µg/m³

 47 - 49 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 27 - 28 µg/m³

 29 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 15 - 16 µg/m³

 15 - 16 µg/m³

159

Nach der Tabelle 13 der Luftschadstoffuntersuchung vom August 2011 (S. 30) ergibt sich in Bezug auf eine mögliche Veränderung der Belastung mit den hier relevanten Luftschadstoffen durch das streitige Vorhaben im Jahresmittel folgendes Bild:

160

 Untersuchungsfall

 Luftschadstoff

 Damaschkeplatz

 Ernst-Reuter-Allee

 Analyse 2007

 Stickstoffdioxid NO2

 44 - 46 µg/m³

 47 - 49 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 27 - 28 µg/m³

 29 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 17 - 18 µg/m³

 19 - 20 µg/m³

 Prognose-Nullfall 2025

 Stickstoffdioxid NO2

 25 - 26 µg/m³

 29 - 33 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 24 - 25 µg/m³

 27 - 29 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 14 - 15 µg/m³

 15 µg/m³

 Prognose-Planfall 2025

 Stickstoffdioxid NO2

 24 - 25 µg/m³

 31 - 33 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 24 - 25 µg/m³

 27 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 14 - 15 µg/m³

 15 µg/m³

161

In der ergänzenden Luftschadstoffuntersuchung vom Dezember 2011, die die erhöhten Emissionen aufgrund der Längsneigungen der Tunnelausfahrten berücksichtigt, werden die zu erwartenden Luftschadstoffe wie folgt dargestellt (Tabelle 6, S. 15):

162

 Untersuchungsfall

 Luftschadstoff

 Damaschkeplatz

 Ernst-Reuter-Allee

 Prognose-Planfall 2025 II

 Stickstoffdioxid NO2

 25 - 26 µg/m³

 35 - 37 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 24 - 25 µg/m³

 27 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 14 - 15 µg/m³

 15 µg/m³

163

In der ergänzenden Luftschadstoffuntersuchung vom April 2012 (Beiakte Q), in der die Belastung für das prognostizierte Jahr der Fertigstellung 2018 unter Berücksichtigung der Verkehrszahlen 2015 ermittelt wurden, werden die zu erwartenden Luftschadstoffe wie folgt dargestellt (Tabelle 9, S. 22):

164

 Untersuchungsfall

 Luftschadstoff

 Damaschkeplatz

 Ernst-Reuter-Allee

 Prognose-Nullfall 2018

 Stickstoffdioxid NO2

 28 - 30 µg/m³

 39 - 41 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 24 - 25 µg/m³

 28 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 15 - 16 µg/m³

 16 µg/m³

 Prognose-Planfall 2018

 Stickstoffdioxid NO2

 28 - 30 µg/m³

 43 - 46 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 23 - 24 µg/m³

 29 - 30 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 15 - 16 µg/m³

 16 µg/m³

 Prognose-Planfall 2018
mit Verkehrslenkenden Maßnahmen

 Stickstoffdioxid NO2

 28 - 30 µg/m³

 34 - 37 µg/m³

        

 Feinstaub PM10

 23 - 24 µg/m³

 26 - 27 µg/m³

        

 Feinstaub PM2,5

 15 - 16 µg/m³

 16 µg/m³

165

Daraus wird ersichtlich, dass durch das Vorhaben zwar im Bereich der Messstation an der Ernst-Reuter-Allee eine Erhöhung der Immissionen im Prognose-Planfall 2025 II für Stickstoffdioxid NO2 um 5 bis 6 µg/m³ und für Feinstaub PM10 von maximal 1 µg/m³ und im Prognose-Planfall 2018 ohne verkehrslenkende Maßnahmen für Stickstoffdioxid NO2 um 4 bis 5 µg/m³ und für Feinstaub PM10 von maximal 1 µg/m³ zu erwarten ist, die Immissionsgesamtbelastung sich insgesamt aber nur geringfügig verändert. Dies erlaubt weiter den Schluss, dass unabhängig von den jeweils zugrunde gelegten Verkehrszahlen und möglichen verkehrslenkenden Maßnahmen das Vorhaben die Belastung mit Luftschadstoffen nur unwesentlich verändert.

166

  bb) Auch wenn die Verschlechterung bei der Belastung mit Luftschadstoffen (NO2) nicht mehr als geringfügig anzusehen sein sollte, würden die dargestellten Grenzwertüberschreitungen nicht zur Fehlerhaftigkeit der Abwägungsentscheidung führen.

167

Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV ist auch bei einer Verschlechterung der Situation keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung des Straßenbauvorhabens, weil Grenzwertüberschreitungen nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG, § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden sind. Zwar ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 38, m.w.N. – Neubau der Bundesautobahn A 100; vgl. auch Urt. v. 23.02.2005 – 4 A 5.04 –, BVerwGE 123, 23 [28 f.], RdNr. 28, Neubau der Bundesautobahn A 72). Derartige Umstände können sich vor allem aus ungewöhnlichen örtlichen Gegebenheiten (zentrale Verkehrsknotenpunkte, starke Schadstoffvorbelastung durch eine Vielzahl von Emittenten) ergeben, die sich der Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage des Anhörungsverfahrens, insbesondere der Beteiligung der zuständigen Fachbehörden, erschließen (BVerwG, Urt. v. 23.02.2005, a.a.O.). Gemessen daran genügt die Planung dem Gebot der Konfliktbewältigung.

168

Wie oben bereits dargelegt, ist eine Überschreitung der relevanten Grenzwerte der 39. BImSchV nur in Bezug auf Stickstoffdioxid (NO2) festzustellen. Der prognostizierte Wert liegt nach der letzten Luftschadstoffuntersuchung vom April 2012 nur im Prognose-Planfall 2018 und Prognose-Planfall 2015 mit 43 - 46 bzw. 44 - 46 µg/m³ über dem Grenzwert von 40 µg/m³. Der Gutachter hat in den jeweiligen Luftschadstoffuntersuchungen insbesondere darauf hingewiesen, dass sich die PM10- sowie PM2,5-Immissionen zum größten Teil aus der Hintergrundbelastung und bei PM10 zusätzlich aus den Emissionen aus Aufwirbelung und Abrieb, aber nicht aus den motorbedingten Emissionen (PM2,5-Anteil) zusammensetzten. Anders sehe dies bei Stickstoffdioxid (NO2) aus; in der Nähe des City Carrés resultiere die NO2-Konzentration zur Hälfte aus dem Verkehr.

169

Aus den Luftschadstoffuntersuchungen folgt, dass die von der Straße herrührenden NO2-Immissionen für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte nicht überschreiten. Die Vorbelastung mit Stickstoffdioxid (NO2) wurde für den Prognose-Planfall 2025 mit 20 µg/m³ und für den Prognose-Planfall 2018 mit 18 µg/m³ angegeben.

170

Es darf davon ausgegangen werden, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Die Konfliktbewältigung kann auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlichen Regelungen beruhenden Verfahren überlässt (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 – 9 A 64.07 –, BVerwGE 134, 308 [330], RdNr. 107). Dies bedeutet nicht, dass bereits im Planfeststellungsbeschluss konkrete Maßnahmen angeordnet werden müssen. Es genügt, wenn im Planfeststellungsbeschluss geeignete Maßnahmen genannt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – a.a.O., RdNr. 39). Die Beklagte hat im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss in der Nebenbestimmung IV 6 a (S. 39) angeordnet, dass der Vorhabenträger vor Baubeginn der für die Luftreinhalteplanung zuständigen Behörde und der Planfeststellungsbehörde einen Maßnahmekatalog vorzulegen habe, in Folge dessen die Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten werden. Dieser Maßnahmekatalog könne beispielsweise allgemeine Verkehrsbeschränkungen, verkehrslenkende Maßnahmen, Fahrbahnreinigungen, Durchsagen im Tunnel bei Stau zum Abschalten der Motoren, Geschwindigkeitsbegrenzungen und Maßnahmen bei Stau bzw. Umleitungen beinhalten. Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass solche Maßnahmen mit der Funktion des Vorhabens nicht vereinbar oder untauglich sind. Darüber hinaus hat die Beklagte im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss dargelegt, dass das Vorhaben zwar noch nicht in dem am 02.08.2011 aufgestellten Luftreinhalteplan einbezogen worden sei, bei einer erneuten Überprüfung der Situation dieser aber entsprechend ergänzt werden müsse. Im Rahmen des bereits in Umsetzung befindlichen Luftreinhalteplans würden unterschiedliche Szenarien vorgeschlagen, die als konkrete Maßnahmen u.a. die Förderung des nicht motorisierten Verkehrs, den Erhalt eines leistungsfähigen ÖPNV bei einer Steigerung seiner Attraktivität sowie die Einrichtung einer Umweltzone ab dem 01.09.2011 enthielten. Als im Rahmen des vorgeschriebenen Maßnahmekatalogs zu prüfende Minderungsmaßnahmen kämen Geschwindigkeitsbegrenzung, Förderung alternativer Verkehrsmittel, Verbesserung des Verkehrsflusses, Fahrbahnreinigung, Reduzierung des Schwerlastverkehrsanteils, allgemeine Verkehrsbeschränkungen und verkehrslenkende Maßnahmen in Betracht. Der Umstand, dass das streitige Vorhaben noch nicht in den Luftreinhalteplan aufgenommen wurde, begründet nicht die Annahme, dass sich mit diesen Maßnahmen die Grenzwerte der 39. BImSchV nicht einhalten lassen. Die Geeignetheit von Maßnahmen der Luftreinhalteplanung liegt gerade dann nahe, wenn – wie hier – Bestandstrassen oder Straßen in bereits stark mit Luftschadstoffen belasteten Gebieten ausgebaut werden, weil für die Luftreinhalteplanung ein breites Spektrum vorhabenunabhängiger Maßnahmen zur Verfügung steht (z.B. allgemeine Verkehrsbeschränkungen; Auflagen für emittierende Anlagen; Planungsvorgaben), mit deren Hilfe Schadstoffbelastungen nicht nur reduziert, sondern auch kompensiert werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.2004, a.a.O., S. 63 f., RdNr. 28 in Juris).

171

Dem entsprechend hat der Senat auch den Beweisantrag des Klägers abgelehnt, der darauf abzielt, Beweis darüber zu erheben, dass im Prognoseplanfall 2025 mit Luftschadstoffgrenzwertüberschreitungen zu rechnen ist, die nicht durch Verkehrslenkungsmaßnahmen bewältigt werden können, welche nicht wiederum zu unzumutbaren (grenzwertüberschreitenden) Luftschadstoffbelastungen auf anderen Innenstadtstraßen in Magdeburg führen. Denn verkehrslenkende Maßnahmen stellen – wie oben erörtert – lediglich ein Mittel aus dem Spektrum einer Vielzahl von Maßnahmen dar, mit denen Überschreitungen der Grenzwerte der 39. BImSchV reduziert bzw. kompensiert werden können. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Verwirklichung des Tunnelprojekts es von vorn herein ausschließt, dass die Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten werden können. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass auch bei Beibehaltung des bisherigen Ausbauzustands der Ernst-Reuter-Allee, also ohne den streitigen Tunnelbau, Anstrengungen unternommen werden müssen, damit die in der 39. BImSchV vorgegebenen Grenzwerte eingehalten werden.

172

  cc) Die Luftschadstoffuntersuchungen wären zwar dann keine geeignete Entscheidungsgrundlagen bei der Abwägung gewesen, wenn die Verkehrsprognose des Stadtplanungsamts der Beklagten, deren Ergebnisse in den Tabellen 5 bis 7 der Luftschadstoffuntersuchungen vom Juni 2010 und August 2011 sowie in den Tabellen 2 bis 4 der Untersuchung vom April 2012 dargestellt sind, keine geeignete Grundlage darstellen würden, um anhand der darin aufgeführten Verkehrszahlen den Schadstoffausstoß zu ermitteln. Dies lässt sich aber nicht feststellen.

173

Verkehrsprognosen unterliegen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle; sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 21, m.w.N.). Eine gesetzliche Vorgabe, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist, gibt es nicht; eine aktuelle Zählung ist nicht zwingend erforderlich, vielmehr kann die Verkehrsstärke auch nach den in der Straßenplanung gebräuchlichen Modell- und Trendprognosen bestimmt werden (BVerwG, Beschl. v. 15.03.2013 – 9 B 30.12 –, Juris, RdNr. 10, m.w.N.). Die angegriffene Verkehrsprognose genügt noch diesem Maßstab.

174

  (1) Die Beklagte hat dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bereits mit Datum vom 17.01.2012 Unterlagen zur Verfügung gestellt, in denen die Methodik der Erstellung der Verkehrsprognose 2025 erläutert wurde (vgl. S. 184 ff. der Beiakte O). In der Anlage (S. 186 ff. der Beiakte O) heißt es:

175

„Die bisher verwendete Prognose 2015-Matrix für den Individualverkehr besteht aus zwei Verkehrsnachfragematrizen:

176

einer PKW-Matrix und

177

einer LKW-Matrix,

178

welche im Zuge einer Verkehrsumlegung über die Software VISUM auf das Straßennetz entsprechend des Quell- und Zielverkehrsaufkommens je Verkehrszelle umgelegt werden. Mit dieser Umlegung wird der durchschnittliche Tagesverkehr (DTV) je Straßenabschnitt ermittelt. Die PKW-Matrix basiert auf einer Datengrundlage von 1996, welche 2004 durch ein an Hand der Befragung des Systems repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV) 2003 festgestelltes erhöhtes Verkehrsaufkommen im motorisierten Individualverkehr (MIV) kalibriert wurde. Die LKW-Matrix wurde im Zusammenhang mit der Einrichtung einer Umweltzone in Magdeburg 2007 für den Istfall 2007 auf Basis von Verkehrszählungen innerhalb des Stadtgebietes der Landeshauptstadt Magdeburg erstellt und daraus ableitend zum Jahreswechsel 2008/09 über die Verkehrsnachfrage-Methode für die Prognose 2015 ermittelt.

179

Eine Weiterqualifizierung dieser Prognose 2015 für den Zeithorizont 2025 wurde aufgrund der Beibehaltung einer gewissen Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Prognosehorizonten in einer entsprechenden Form vorgenommen, da die Prognose 2015 mit der Umlegung nur im DTV nicht mehr den heutigen differenzierten Anforderungen bezüglich immissionsrechtlicher, signaltechnischer und netzmodellmethodischer Belange entsprechen kann.

180

Abgeleitet aus diesen Gründen wurde für die Prognose 2025 angenommen, dass sich das Mobilitätsverhalten der Bürger nicht verändern wird und die Arbeits- sowie Einkaufsstandorte im Stadtgebiet im Wesentlichen beibehalten bleiben. Durch die differenzierte demografische Entwicklung in den einzelnen Verkehrszellen werden sich jedoch veränderte Verkehrsbeziehungen ergeben. Daher bildete die Bevölkerungsvorausschau des Amtes für Statistik für den Zeithorizont 2025 die Grundlage für die Prognose 2025, zumal die Vorausschau auf Basis der statistischen Bezirke und somit im Wesentlichen auf Basis der Verkehrszellen erstellt werden konnte. Hieraus erfolgte die Ermittlung der Quell- und Zielverkehrsaufkommen im Personenbinnenverkehr je Verkehrszelle. Das Verkehrsaufkommen des einstrahlenden Quell-Ziel-Verkehrs und des LKW-Verkehrs blieben hierbei unverändert.

181

Über VISUM werden die jeweiligen Quell- und Zielverkehrsanteile (Binnen-, Quelle-Ziel- und Außenverkehr) entsprechend auf das jeweilige Straßennetzmodell umgelegt. Es erfolgte zunächst eine Umlegung des Istfalls 2011 auf das derzeit vorhandene Straßennetz. Die Straßen im Netzmodell wurden entsprechend ihrer Verkehrsbedeutung und in Anlehnung an über Verkehrszählungen ermittelten Belegungen mit unterschiedlichen Streckenkennwerten bewertet.

182

Für den Prognose-NulIfall 2025 erfolgte eine Umlegung der Prognosematrizen 2025 auf das derzeit vorhandene Straßennetz, um somit die möglichen Entwicklungen des Kfz-Verkehrs (Zu- bzw. Abnahme des Kfz-Verkehrs) verdeutlichen zu können. Dazu sind die Streckenkennwerte nicht verändert worden. Bezogen auf das Bauvorhaben EÜ ERA sind die Verkehrseinschränkungen entlang der Ernst-Reuter-Allee zwischen Damaschkeplatz und Knoten ‚Weinarkade’ unverändert geblieben.“

183

Beigefügt waren eine Liste der Eingangsdaten im Personennahverkehr (Einwohner) 2011 und 2025 sowie eine Aufstellung des Quell- und Zielverkehrsaufkommens je Verkehrszelle im Istfall 2011 und im Prognosefall 2025, die vom Stadtplanungsamt der Beklagten unter Datum vom 04.07.2011 erstellt wurde (Unterlage 15.1, Ordner 6/6, sowie Bl. 317, 319 GA). Die Zahlen in den Tabelle 6 und 7 der Luftschadstoffuntersuchungen stimmen mit den Daten in der Aufstellung des Quell- und Zielverkehrsaufkommens (PKW-Verkehrsaufkommen [grün] und LKW-Verkehrsaufkommen [blau]) überein.

184

  (2) Die Beklagte hat die Ergebnisse der Verkehrsprognose anhand der „Methodik der Verkehrsmodellierung 2025“ vom 14.06.2013 näher erläutert.

185

Verwendet worden sei die Verkehrsplanungssoftware PTV-Visum der PTV Group, die den Standard in Deutschland darstelle. Die Software sei im Rahmen des Wartungsvertrages ständig aktualisiert worden. Das Verkehrsmodell, welches für das streitige Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegt wurde, habe auf einer Vielzahl von Eingangsdaten basiert, die sich in drei Kategorien wie folgt zusammenfassen ließen:

186

1. Kategorie: Strukturdaten

187

Einwohner (Ist 2007 und Prognose 2015)

188

unterteilt nach verhaltenshomogenen Gruppen, verkehrszellenfein, 1996 und 2003

189

Quelle: Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg

190

• Arbeitsplätze (Ist 2007 und Prognose 2015)

191

ermittelt über Nettoflächen der Betriebe und branchenorientiert sowie verkehrszellenfein 1996 und 2003

192

Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg (Flächennutzungsplan)

193

• Ausbildungsplätze (Ist 2007 und Prognose 2015)

194

unterteilt nach Kita, Schulen, Hochschule und Universität, 2003

195

Quelle: Amt für Statistik und Schulverwaltungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg

196

• Verkaufsraumflächen (Ist 2007 und Prognose 2015)

197

ermittelt über Netto-Verkaufsraumflächen und verkehrszellenfein 1996 und 2007 Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg (Märktekonzept)

198

• Besucher je Freizeiteinrichtungen (Ist 2007 und Prognose 2015)

199

ermittelt über durchschnittliche Besucherzahlen und verkehrszellenfein 2003 Quelle: Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg

200

• Kordonbefragung Stadt-Umland-Beziehungen 1994 (Ist 2007 und Prognose 2015)

201

Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg

202

• LKW-Matrix für den Istfall 2007

203

verkehrszellenfein, auf Basis von Verkehrszählungen 2004 - 2006 im Stadtgebiet von Magdeburg

204

Quelle: Büro IVV Aachen/Berlin im Auftrage des Landes Sachsen-Anhalt

205

• LKW-Matrix für die Prognose 2015

206

verkehrszellenfein, auf Basis des Istfalls 2007

207

Quelle: Büro Verkehr Bonn/ Graz/ Weimar im Auftrage des Stadtplanungsamtes

208

2. Kategorie: Netzdaten

209

• Streckenkennwerte entsprechend der verkehrlichen Bedeutung, der Kfz-Kapazität [Kfz/d], der Anzahl der Kfz-Spuren je Richtung und der zulässigen Höchstgeschwindigkeit [km/h]

210

• Knotenkennwerte (-typen), unterteilt nach LSA-Knoten und ungeregelten Knoten (Haupt- und Nebenstraßennetz, gleichrangige Knoten)

211

• Abbiegekenndaten

212

Quelle: PTV Visum und Stadtplanungsamt

213

(Verkehrliches Leitbild 1993 bzw. Beiplan des Flächennutzungsplanes 2000)

214

• Gliederung des Stadtgebietes nach Statistischen Bezirken

215

Quelle: Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg, 1996 und 2003

216

3. Kategorie: Verhaltensdaten

217

• spezifisches Verkehrsaufkommen je Person und Verkehrsart (Modal Split)

218

• Wegeketten je Person und Verkehrsart

219

Quelle: PTV Visum und Technische Universität Dresden (für SrV-Daten 1994, 2003 und 2008)

220

Das Verkehrsmodell habe im Jahr 2007 242 Verkehrszellen umfasst, davon seien 223 städtische Verkehrszellen dargestellt, und 19 hätten sich in den unmittelbaren Nahbereich des Umlandes erstreckt. Die gegebenen Verflechtungen des Gebiets der Beklagten mit dem Umland seien über die Ergebnisse der Kordonbefragung ermittelt worden. An allen Zufahrtstraßen sei nach dem Woher, dem Wohin und dem Zweck gefragt worden. Bezogen auf das Gebiet der Beklagten habe die Ortsangabe möglichst stadtteilfein, auf das nähere Umland gemeindefein und außerhalb des Umlandes kreisfein sein sollen. Der Quelle-Ziel- und der Durchgangsverkehr sei damit bezogen auf Magdeburg erfasst worden; so genannte Außenverkehre seien dagegen nicht erfasst und deshalb auch nicht Bestandteil des Netzmodells der Landeshauptstadt Magdeburg gewesen.

221

Im Stadtgebiet hätten die Verkehrszellen im Wesentlichen den statistischen Bezirken des Amtes für Statistik entsprochen. Bei der Gliederung des Stadtgebietes nach statistischen Bezirken habe die überwiegende Nutzungsart (Wohn-, Misch-, Gewerbegebiete, Großeinkaufmärkte oder großräumige Freiflächen) je statistischen Bezirkes im Vordergrund gestanden. Einige dieser statistischen Bezirke seien jedoch aufgrund der verkehrlichen Struktur für eine Verkehrszelle zu groß gewesen und seien daher in weitere Verkehrszellen unterteilt worden, wie z.B. alle statistischen Bezirke der Altstadt, von Neu Olvenstedt und Neustädter Feld. Darüber hinaus seien statistische Bezirke mit ausschließlich gewerblicher Nutzung wie z.B. Gewerbegebiet Nord, Sülzegrund und Beyendorfer Grund aus gleichem Grund in mehrere Verkehrszellen unterteilt worden. Die teilweise nochmalige Unterteilung einiger statistischer Bezirke sei notwendig geworden, um eine realitätsnahe Widerspiegelung der tatsächlich ermittelten Verkehrsbelastungen einiger Hauptnetzstraßen in diesen statistischen Bezirken zu ermöglichen. Neben den Angaben aus Statistiken des Amtes für Statistik seien Daten aus dem Flächennutzungsplan sowie aus dem Märktekonzept der Landeshauptstadt Magdeburg verkehrszellenfein abgeleitet und eingebaut worden. Das modellierte Straßennetz habe alle Hauptverkehrs- und Sammelstraßen sowie ausgewählte Anliegerstraßen erfasst. Sie seien entsprechend ihrer verkehrlichen Bedeutung (anbaufreie Strecken- bzw. planfreie Knoten, überörtliche, regionale und städtische Verbindungsfunktion u.a.) und ihres Ausbauzustandes (straßenbegleitendes Parken, Straßenbahn in Fahrbahnniveau, Häufigkeit einmündender Anliegerstraßen u.a.), ebenso auch die Knotenpunkte nach ihrer Funktion (LSA-geregelte, vorfahrtsgeregelte, gleichrangige Knoten, Bahnübergänge, Kreisverkehre) bewertet worden.

222

Dem Verkehrsmodell hätten personenbezogene Verhaltensdaten zugrunde gelegen, die mit den Erkenntnissen und Kennwerten aus repräsentativen empirischen Untersuchungen – System repräsentativer Verkehrsbefragung, TU Dresden (SrV) – entsprechend abgeglichen worden seien. Außerdem hätten diese Erhebungen Anhaltspunkte für die Überprüfung des Modells gebildet (z.B. Fahrtweitenverteilung, unterschiedlicher Modal Split [Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel] in Abhängigkeit von der Länge des zurückgelegten Weges).

223

Die Verkehrsnachfragematrix für den Kfz-Verkehr sei 1996 über VISEM ermittelt worden. Im Jahr 2003 sei im Zuge der Erarbeitung des ÖPNV-Konzeptes eine weitere Verkehrsnachfragematrix erstellt worden, wobei in der weiter vertiefenden Kalibrierung der Schwerpunkt im ÖV-Modell gelegen habe. Das ÖV-Modell sei durch die PTV AG Berlin erstellt und anhand der ÖPNV-Erhebung kalibriert worden. Eine unmittelbare Verknüpfung der beiden Verkehrsnetze (IV-Modell und ÖV-Modell) habe aufgrund unterschiedlicher Bezugskennwerte nicht erfolgreich umgesetzt werden können. Jedoch sei ein Abgleich der beiden Nachfragematrizen im Kfz-Verkehr (1996 und 2003) erfolgt. Im Rahmen der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes sei 2009 durch den Auftragnehmer ISUP GmbH eine Aktualisierung und Kalibrierung des Istfalls im ÖV-Modell anhand der Daten aus der Verkehrserhebung im Vorfeld der Gründung des marego-Verkehrsverbundes 2005 erfolgt. Die Prognose im ÖV-Modell für den Planungshorizont 2015 sei durch den Auftragnehmer unter Berücksichtigung veränderter Linienführungen von Bus und Straßenbahn gemäß dem vorgesehenen Umsetzungsstand entsprechend erarbeitet worden. Da mittelfristig von einer stabilen Bevölkerungsentwicklung bis 2015 habe ausgegangen werden können, sei die Verkehrsnachfrage des lst-Zustandes des ÖV-Modells in die Prognose 2015 eingegangen.

224

Die LKW-Matrix für den Istfall 2007 im IV-Modell sei vom Büro IVV Aachen / Berlin im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt im Zuge von Untersuchungen zur Einrichtung einer Umweltzone in Magdeburg erstellt und der Beklagten zur weiteren Nutzung bereitgestellt worden. Auf Basis dieser Daten sei Ende 2008 / Anfang 2009 eine LKW-Matrix für die Prognose 2015 abgeleitet worden. Grundlage hierfür sei die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) herausgegebene „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025 [ITB/ BVU 2007]“ gewesen.

225

In das Verkehrsmodell des Kfz-Verkehrs seien folgende Netzmodelle und Matrizen eingepflegt worden:

226

• IV-Netzmodell für den Istfall 2007

227

• IV-Netzmodell für die Prognose 2015

228

• Nachfragematrix PKW-Verkehr für den Istfall 2007

229

• Nachfragematrix PKW-Verkehr für die Prognose 2015

230

• Nachfragematrix LKW-Verkehr für den Istfall 2007

231

• Nachfragematrix LKW-Verkehr für die Prognose 2015.

232

Die Kalibrierung des IV-Netzmodells sei jährlich punktuell anhand von Verkehrszählungen erfolgt. Ebenfalls eingearbeitet worden seien Verkehrsfreigaben von Verkehrsanlagen und verkehrsorganisatorische Veränderungen (veränderte Hauptstraßenführungen, Anpassung von LSA-Programmen, Geschwindigkeiten etc.). Sei das Verkehrsmodell im Istfall in der Lage gewesen, das Verkehrsgeschehen im Ist-Zustand realitätsnah abzubilden (Abgleich mit Fahrtweitenverteilungen, entfernungsabhängigem Modal Split und Daten aus den laufenden Verkehrszählungen), so habe es als kalibriert gegolten und die Grundlage für die Verkehrsprognose 2015 dargestellt.

233

Das kalibrierte IV-Netzmodell im Istfall sei um die nach damaligem Kenntnisstand zu erwartenden bzw. gesicherten Maßnahmen laut des verkehrlichen Leitbildes und des Flächennutzungsplans ergänzt worden. Unter Beachtung dieser Ergänzungen stelle sich das für 2015 prognostizierte IV-Netz wie folgt dar:

234

• Komplettierung des Knotens Magdeburger Ring / Brenneckestraße

235

• Komplettierung des Knotens Magdeburger Ring / Lemsdorfer Weg

236

• Verlängerung / Durchbindung der Grabower Straße, der Burger Straße und der Straße „Am Hansehafen“ im Gewerbegebiet „Rothensee“ einschließlich einer gewerblichen Ansiedlung in diesem Gebiet

237

• Neubau der Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee (EÜ ERA)

238

• Ausbau der Berliner Chaussee (B 1) als vierstreifige Straße.

239

Im Rahmen des streitigen Planfeststellungsverfahrens sei Ende 2010 / Anfang 2011 ersichtlich geworden, dass der Prognosehorizont 2015 in Bezug zum absehbaren Fertigstellungstermin des Bauvorhabens nicht mehr ausgereicht habe. Daher sei vom Vorhabenträger eine Verkehrsprognose 2025 angefordert worden. Die Ergebnisse dieser Verkehrsprognose sollten Bestandteil des streitigen  Planfeststellungsverfahrens werden.

240

Für die Weiterqualifizierung des bisherigen Netzmodells für den Zeithorizont 2025 seien folgende Eingangsdaten in Anlehnung an die drei Kategorien erfasst und entsprechend eingepflegt worden:

241

1. Kategorie: Strukturdaten

242

• Einwohner (Ist 2011 und Prognose 2025)

243

unterteilt nach verhaltenshomogenen Gruppen, verkehrszellenfein

244

Quelle: Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg, 2010

245

2. Kategorie: Netzdaten

246

• Übernahme der Netzdaten (Ist 2007 und Prognose 2025) und Aktualisierung dieser Daten auf dem Stand 2011 durch Einfügen weiterer Widerstände im Netz (LSA-geregelte Straßenquerungen der Straßenbahn, Fußgänger-LSA und Bahnübergänge)

247

• Erhöhung der Anzahl städtischer Verkehrszellen von 223 auf 234 Verkehrszellen (Ist 2007 und Prognose 2025) durch Aggregieren bestimmter vorhandener Verkehrszellen, wie z.B. in den Stadtteilen Neue Neustadt, Neustädter See, Leipziger Straße, Hopfengarten, Buckau und Salbke. Die Anzahl der Verkehrszellen im Umland blieb mit 19 Verkehrszellen unverändert.

248

Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg, 2011

249

3. Kategorie: Verhaltensdaten

250

• Beibehaltung der Verhaltensdaten je Verkehrszelle (Modal Split, Wegeketten je Person und Verkehrsart)

251

Quelle: Stadtplanungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg, 2011.

252

Weitere aktuelle verkehrszellenfeine Daten zur Arbeitsplatzverteilung, zu Verkaufsraumflächen, zu Freizeiteinrichtungen bzw. zur städtebaulichen Entwicklung sowohl für den Istfall 2011 als auch für die Prognose 2025 seien wie folgt in die Verkehrsprognose 2025 eingeflossen:

253

> Keine Ausweisung neuer Wohnbaugebiete im Außenbereich. Vielmehr sieht die Überarbeitung des Flächennutzungsplanes vor, im ostelbischen Bereich vormals im Flächennutzungsplan ausgewiesene Wohngebiete herauszunehmen. Am Stadtrand sollen allenfalls Arrondierungsflächen noch für Wohngebiete zur Verfügung stehen.

254

Innerstädtische Wohnbauprojekte werden auch in Bereichen ausgewiesen, auf denen vormals ein Rückbau erfolgt ist. Beispiele hierfür sind u.a. die Bereiche Rennebogen, Düppler Grund und Bruno-Krayl-Ring. Mithin findet hier lediglich ein Austausch von Wohnformen statt. Dies führt zwar zu Veränderungen der Anzahl der dort Wohnenden, gleichwohl nicht zu grundsätzlichen neuen Ausrichtungen.

255

> Beibehaltung des gegenwärtigen Status der Flächen von Industrie- und Gewerbegebieten. Der Status des Jahres 2006 hat fortzugelten, wonach keine neuen Industrie- und Gewerbegebiete ausgewiesen werden sollen, sofern diese nicht vollständig besiedelt sind. Das folgt aus Ziff. 4.9 des Regionalen Entwicklungsplans der Region Magdeburg. Wesentliche Zuwächse im Wirtschaftsverkehr ergeben sich vor allem im Norden der Stadt aus der Entwicklung des Hansehafens und des Industrie- und Logistikzentrums. Die übrigen Industrie- und Gewerbestandorte verbleiben mit Ausnahme des Bereichs SKET / Freie Straße

256

im vorhandenen Bestand.

257

> Beibehaltung des gegenwärtigen Status der räumlichen Verteilung der Einkaufs- und Freizeitstandorte. Die räumliche Entwicklung im Einzelhandel wurde mit der Erweiterung des ECE-Standortes „Allee Center“ im Jahr 2006 abgeschlossen. Auf der Grundlage des bestehenden Märktekonzeptes ist eine Ausweitung des Einzelhandels nur in begrenztem Umfang möglich, da die Landeshauptstadt Magdeburg mit 2,5 m² Verkaufsfläche je Einwohner bereits einen sehr hohen Spitzenwert innehat. Auch die beiden peripheren Sondergebiete „Flora-Park“ und „Börde-Park“ sind in ihrer Entwicklung weitestgehend abgeschlossen, so dass hier insgesamt von einem Bestand auszugehen ist.

258

> Berücksichtigung der Entwicklung des spezifischen Verkehrsaufkommens im MIV von 1,65 Fa/P+d (2003) auf 1,45 Fa/P+d (2008).

259

In Auswertung dieser Ausgangslage sei festgehalten worden, dass die für die Prognose 2015 getroffenen Annahmen zu den Struktur- und Netzdaten mit Ausnahme der Einwohnerentwicklung auch für die Verkehrsprognose 2025 anzuwenden seien. Für die Einwohnerentwicklung sei die vom Amt für Statistik der Landeshauptstadt Magdeburg erstellte Bevölkerungsvorausschau bis 2025 herangezogen worden. Die Beibehaltung der Verkehrszellen entsprechend der überwiegenden Nutzungsart (Wohn-, Misch-, Gewerbegebiete, Großeinkaufmärkte oder großräumige Freiflächen) und der Netzstruktur (Straßennetz) habe diese Anpassung erleichtert und ermögliche eine Vergleichbarkeit zum Istfall 2007 bzw. zur Prognose 2015.

260

Grundlage für die Bevölkerungsvorausschau habe die 5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt gebildet. Aufbauend auf dieser stadtgenauen Prognose sei erstmals mittels eines Trendszenarios die Bevölkerungsentwicklung verkehrszellenfein innerhalb des Stadtgebietes erstellt worden, dessen Grundlage die Wanderungsbewegungen, die Geburten- und Sterbeentwicklungen je statistischem Bezirk der letzten fünf Jahre gewesen seien. Die in der Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen herausgearbeiteten Entwicklungen im Personen- und im Straßengüterverkehr seien berücksichtigt worden, wenn diese in einem direkten Zusammenhang zu Magdeburg gestanden hätten. Des Weiteren seien einige statistische Bezirke nochmals unterteilt worden, um somit eine realitätsnähere Widerspiegelung zu den tatsächlich ermittelten Verkehrsbelastungen einiger Haupt- netz- und wichtiger Durchgangsstraßen im Nebennetz in diesen statistischen Bezirken zu ermöglichen. Das bisher modellierte Straßennetz sei im Wesentlichen übernommen und durch Einfügen von Widerständen weiter verfeinert worden. Diese Verfeinerungen seien sowohl jeweils im Istfall als auch im Prognosenetz entsprechend berücksichtigt. Ausgehend vom gegenwärtigen Kenntnisstand zur städtebaulichen und verkehrlichen Entwicklung in der Landeshauptstadt Magdeburg bis 2025 sei das prognostizierte IV-Netz wie folgt erweitert worden:

261

• Neubau der Erschließungsstraßen im SKET-Areal „Freie Straße“ einschließlich einer gewerblichen Ansiedlung in diesem Gebiet

262

• Neubau der Elbbrücken des verlängerten Strombrückenzuges.

263

Ausgehend von den Ergebnissen der SrV 2008 zum Modal Split habe zum damaligen Zeitpunkt keine Reduzierung aller Kfz-Fahrten im Magdeburger Binnenverkehr für den Prognosehorizont 2025 abgeleitet werden können. Der Anteil des Motorisierten Individualverkehrs je Person und Tag (MIV) sei von 1991 bis 2003 stetig angestiegen und habe 2008 einen leichten Rückgang aufgewiesen. Die Summe aller Kfz-Fahrten im Magdeburger Binnenverkehr sei in diesem Zeitraum wegen des Rückganges der Einwohnerzahl dagegen konstant geblieben. Aus dem bisher einmaligen Rückgang des MIV-Anteils habe nach damaligem Kenntnisstand kein Rückschluss auf eine Trendwende im Verkehrsverhalten der Magdeburger Bürger abgeleitet werden können. Daher habe man angenommen, dass das Verkehrsverhalten der Bürger bis 2025 unverändert bleiben würde.

264

Da die Einteilung der Verkehrszellen im Stadtgebiet im Laufe der Zeit immer noch als homogen bezeichnet werden könne, seien für die Ermittlung der Quell- und Zielverkehre nur die Verkehrszellen innerhalb der Stadt herangezogen worden, die eine überwiegende Nutzungsart des Wohnens aufwiesen. Die Ermittlung dieser Verkehre im personengebundenen Binnenverkehr sei in Anlehnung an die Entwicklung der Bevölkerungsvorausschau und unter Beachtung der Homogenität in der Nutzungsart der jeweiligen Verkehrszellen erfolgt. Eine Zunahme der Bevölkerung je Verkehrszelle habe auch eine anteilige Zunahme der Quell- und Zielverkehre je Verkehrszelle innerhalb der Stadt bedeutet. Außerhalb der Stadt liegende Verkehrszellen sowie die fahrzeugbezogenen LKW-Matrizen seien unverändert geblieben.

265

Zum Zeitpunkt der Erstellung des Verkehrsmodells der Beklagten im Jahr 1996 habe es keine Bundesautobahn A 14 gegeben. Der damalige Quelle-Ziel- und der Durchgangsverkehr hätten sich auf die damals nach Magdeburg radial zufließenden Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen orientiert. Über die 1994 durchgeführte Kordonbefragung an allen Radialstraßen (woher, wohin und zu welchem Zweck) habe ein hinreichend genaues Abbild dieser Verkehre ermittelt werden können. Mit der Eröffnung der BAB A 14 im Jahr 2000 habe eine Verkehrsverlagerung aus dem Stadtgebiet auf diese neue Trasse eingesetzt. Sie habe vor allem den regionalen Quelle-Ziel- und überörtlichen Durchgangsverkehr umfasst. Durch diese Verkehrsverlagerung auf die BAB A 14 seien im Zuge des Magdeburger Ringes sehr große Kapazitäten freigesetzt worden, die wiederum durch den Binnenverkehr hätten besetzt werden können. Dies zeigten einerseits die weiterhin hohen Verkehrsbelastungen auf dem Magdeburger Ring, aber auch die flächenhafte Verkehrsentlastung des Straßenhauptnetzes im Stadtgebiet. In der Folgezeit sei bis 2007 zwar ein deutlich geringeres Maß an Verkehrsverlagerungen festzustellen. Vor allem im Zuge der BAB A 14, des Magdeburger Ringes und der B 1 hätten weitere Verkehrszunahmen und im übrigen Stadtgebiet demgegenüber flächenhafte Verkehrsentlastungen realisiert werden können. Im Rahmen der ständigen Aktualisierung der Istfälle hätten diese Entwicklungen hinreichend genau widergespiegelt werden können. Es sei auch ersichtlich geworden, dass sich die Istfälle 1996 bis 2007 bezüglich der Bündelung der Verkehrsströme auf die Hauptverkehrsstraßen und der flächenhaften Verkehrsentlastung des übrigen Netzes immer mehr der Prognose 2015 näherten. Das im Rahmen dieser Aktualisierung kalibrierte Kfz-Verkehrsmodell habe somit eine hinreichend genaue Grundlage für die Verkehrsprognose 2015 gebildet, welche somit ständig dem Baufortschritt der Verkehrsanlagen und der zwischenzeitlich realisierten Ansiedlungen von Wohn- und Gewerbegebieten sowie großflächigen Einkaufsmärkten angepasst worden sei.

266

Auch nach 2007 sei das Verkehrsmodell im Istfall und in der Prognose 2015 entsprechend den zuvor genannten Rahmenbedingungen projektbezogen weiterentwickelt worden. Das Kfz-Verkehrsmodell im Istfall habe somit hinreichend genau die erfassten Verkehrsbelastungen im Straßenhauptnetz der Stadt widergespiegelt und habe daher als Grundlage für eine Verkehrsprognose 2025 für die Landeshauptstadt Magdeburg herangezogen werden können.

267

Im Rahmen der Erstellung der Verkehrsprognose 2025 sei zunächst voranzustellen gewesen, dass ein unmittelbares Zusammenfügen des städtischen Verkehrsmodells mit dem Verkehrsmodell des Landes Sachsen-Anhalt aufgrund der verschiedenartigen Bezugskennwerte nicht möglich gewesen sei. Die im Landesverkehrswegeplan von Sachsen-Anhalt enthaltenen geplanten Verkehrsbauvorhaben im Umland von Magdeburg, wie z.B. die Nord-Verlängerung der BAB A 14, einschließlich der Neu-Anbindung der B 71n an die BAB A 14; die Südumfahrung von Schönebeck im Zuge der B 246a, seien der Beklagten der Lage nach bekannt. Auswirkungen dieser Baumaßnahmen auf den innerstädtischen Verkehr der Landeshauptstadt Magdeburg hätten nicht unmittelbar abgeleitet werden können. Mit der Nord-Verlängerung der BAB A 14 werde bspw. eine Entflechtung der Verkehre auf der B 189 zwischen Stendal und Magdeburg sowie auf der B 71 zwischen Haldensleben und Magdeburg dahingehend einhergehen, dass zukünftig zwei Trassen zwischen Magdeburg und Stendal bzw. Haldensleben zur Verfügung stehen werden. Weiträumige überörtliche Verkehre würden somit eher die A 14 und der Quelle-Ziel-Verkehr würde im Nahbereich von Magdeburg eher die B 189 bzw. B 71 nutzen.

268

Aus verkehrsplanerischer Sicht sei die Annahme getroffen worden, dass die aus der baulichen Umsetzung dieser Maßnahmen resultierenden verkehrlichen Auswirkungen in besonderem Maße die Verkehre entlang der neu angelegten Trassen außerhalb von Magdeburg betreffen. Denn die BAB A 14 führe schon heute längs am Stadtgebiet von Magdeburg im Norden bis nach Dahlenwarsleben vorbei. Die Verkehre würden einerseits über die BAB A 14 – wie schon jetzt – tangential an Magdeburg vorbeifließen und andererseits würde der Quelle-Ziel-Verkehr in Höhe der Stadtgrenze wieder über bereits bestehende Trassen nach und von Magdeburg fließen. Diese Quelle-Ziel-Verkehre seien somit in die Netzmodellierung entsprechend eingeflossen.

269

Des Weiteren hätten konkrete, auf die Landeshauptstadt Magdeburg ableitbare Informationen zum zeitlichen Bauablauf der Nord-Verlängerung der BAB A 14 sowie zu Zwischenzuständen bei abschnittsweisen Verkehrsfreigaben der BAB A 14 weder 2007 noch 2011 zur Verfügung gestanden. Zum Zeitpunkt der Modellierung habe man daher davon ausgehen können, dass die vorrangig in der Nord-Süd-Relation ausgerichteten Verkehre der BAB A 14 keinen mess- bzw. modellierbaren Einfluss auf die vorrangig städtisch orientierten Ost-West-Verkehre entlang der Ernst-Reuter-Allee ausüben würden. Ebenso sei ersichtlich geworden, dass aus den im Rahmen der „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025“ und der „Verkehrlichen Überprüfung der Straßenbauprojekte im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2004“ erstellten Szenarien keine unmittelbare Übernahme der für die Landeshauptstadt Magdeburg relevanten Daten ableitbar gewesen seien.

270

In Auswertung der Konzeptionen zur Stadtentwicklung (Flächennutzungsplan, Verkehrliches Leitbild, Märktekonzept, Stadtumbaukonzept, Nahverkehrskonzeption u.a.) könne zusammengefasst werden, dass die bisher verankerten Ziele der Stadtentwicklung auch über das Jahr 2015 im Wesentlichen weiter verfolgt werden.

271

Schwerpunkte hierfür lägen somit:

272

> in der weiteren Verdichtung innenstadtnaher Wohnbereiche wie z.B. in der Alten und Neuen Neustadt, in Brückfeld, in Cracau, in Buckau, in Sudenburg und in Stadtfeld

273

> in der weiteren Ansiedlung von Industrie und Gewerbe in den Gewerbegebieten Nord, Sülzegrund und Beyendorfer Grund sowie in derzeit brachliegenden Industriebrachen, wie z.B. „SKET-Areal“

274

> in der Beibehaltung der bisher geschaffenen großflächigen Einkaufsmärkte „Am Pfahlberg“, Florapark“ und Bördepark sowie des Einkaufsbereiches Ernst-Reuter-Allee / Breiter Weg

275

> in der Aufrechthaltung der Universitäts- und Hochschulstandorte in der Innenstadt und im Herrenkrug.

276

Neben diesen Schwerpunkten der Stadtentwicklung habe die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung in der Landeshauptstadt Magdeburg und im näheren Umland der Landeshauptstadt einen erheblichen Einfluss gehabt. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes des Landes Sachsen-Anhalt sei eine Bevölkerungsentwicklung von 2011 auf 2025 landesweit von -15,8 %‚ in den Landkreisen Börde von -16,3 %‚ Salzlandkreis von -20,1 % und Jerichower Land von -18,9 % sowie stadtfein für die Landeshauptstadt Magdeburg von -2,3 % zu erwarten. Während landesweit und in den drei Landkreisen ein stetiger Rückgang prognostiziert worden sei, habe die Bevölkerung der Landeshauptstadt bis 2015 leicht auf 232.500 Einwohner (EW) ansteigen sollen, bis 2020 leicht auf 230.700 EW zurückgehen und ab 2020 bis 2025 auf 225.600 EW etwas stärker abnehmen sollen. Auf dieser Basis habe 2011 das Amt für Statistik der Beklagten verkehrszellenfein die Bevölkerungsvorausschau erstellt. Unter Beachtung der im Trendszenario fortgeschriebenen Eckpunkte (Geburtenrate, Sterberate, Wanderungssaldo zwischen den statistischen Bezirken u.a.) könne verkehrszellenfein eine Entwicklung eintreten, bei der im innenstadtnahen Bereich der Stadt die Einwohnerzahl sich erhöhe und in einigen sich in Randlage befindlichen Stadtteilen die Einwohnerzahl sehr deutlich abnehmen werde. Die Bevölkerungsvorausschau sei auf Basis der Bevölkerung mit Hauptwohnsitz erfolgt. Somit sei bei der Ermittlung der Bevölkerungsvorausschau unterstellt worden, dass die Anteile der Personen mit Zweitwohnsitz in den jeweiligen Stadtteilen von derzeit 2,2 % aller wohnberechtigten Einwohner unverändert bleiben werden und damit die Ungenauigkeit in der Ermittlung der Quelle- und Ziel-Verkehre je Verkehrszelle nur marginal beeinflussen. Die Entwicklung entspreche damit im Wesentlichen der städtebaulichen Zielstellung – der weiteren Verdichtung der inneren Stadtteile des sogenannten 1. Rings sowie des Stadtzentrums. Durch diese deutlich differenzierten Strukturänderungen in den einzelnen Verkehrszellen könnten sich ebenso deutlich veränderte Verkehrsbeziehungen ergeben. Die Umlegung der mit diesen Annahmen erstellten IV-Nachfragematrix 2025 auf das vorhandene Straßennetz (Prognose-NuIlfall) und auf das geplante Verkehrsnetz 2025 (Prognose-Planfall) habe deutlich gemacht, dass es infolge der o.g. Entwicklung zu einem leichten Aufwuchs der Verkehrsbelastung auf einigen innenstadtnahen Hauptverkehrsstraßen kommen könne. Mit diesem Aufwuchs würde die Leistungsfähigkeit des Hauptverkehrsstraßennetzes der Stadt nicht beeinträchtigt werden. Es würde damit kein Verdrängen in das Straßennebennetz stattfinden. Die in die Prognose 2025 einbezogenen Verkehrsbaumaßnahmen dienten u.a. der weiteren Bündelung des Kfz-Verkehrs auf das Hauptverkehrsstraßennetz. In Bezug auf die beiden anstehenden Großvorhaben in der Innenstadt – Eisenbahnüberführung Ernst-Reuter-Allee und Neubau der Elbbrücken – seien keine Verlagerungen des MIV modellseitig erkennbar geworden.

277

  (3.) Der Kläger vermag nicht mit dem Einwand durchzudringen, eine schlüssige Verkehrsprognose sei nicht Gegenstand von Planfeststellungsunterlagen gewesen, vielmehr wiesen die ausgelegten Unterlagen erhebliche Defizite auf. Zwar lässt sich allein anhand der in den vorliegenden Planfeststellungsunterlagen enthaltenen Angaben nicht nachvollziehen, wie das Stadtplanungsamt der Beklagten zu den in der Verkehrsprognose dargestellten Ergebnissen gelangte. Es wird im Wesentlichen nur das Ergebnis der Auswertung mitgeteilt. Jedoch führt allein eine unzureichende Dokumentation der Ermittlung des prognostizierten Verkehrsaufkommens nicht zu einem relevanten Rechtsfehler. Den einschlägigen Normen kann keine Rechtspflicht zur umfassenden Dokumentation der zugrunde liegenden Untersuchungen entnommen werden. Der Behörde ist es daher nicht verwehrt, die Plausibilität der für die Planung maßgeblichen Untersuchungsergebnisse nachträglich aufzuzeigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 29).

278

  (4.) Auch unter Berücksichtigung der im Verfahren 2 K 99/12 von der dortigen Klägerin vorgelegten Stellungnahme des IVV vom August 2013 sind methodische Fehler oder unrealistische Annahmen bei der Erstellung der Verkehrsprognose nicht erkennbar.

279

  (4.1.) Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angenommenen Verkehrszahlen bereits deswegen verfehlt sind, weil ein erheblicher Anstieg des LKW-Aufkommens zu erwarten wäre, der in den Belastungsdaten, die insbesondere den Immissionsgutachten zugrunde liegen, nicht berücksichtigt wurde.

280

Dem Kläger ist zwar darin beizupflichten, dass zur Berechnung von LKW-Anteilen auf die Tabelle A in Anlage 1 zur 16. BImSchV zurückgegriffen werden kann, solange geeignete projektspezifische Prognosen des LKW-Anteils fehlen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 28). Allerdings ist entgegen seiner Annahme die Ernst-Reuter-Allee nicht – auch nicht nach Vergrößerung der Durchfahrtshöhe von 3,40 m auf 4,50 m – als Gemeindeverbindungsstraße einzustufen mit der Folge, dass bei Anwendung der Tabelle A der Anlage 1 zur 16. BImSchV der LKW Anteil mit 20 % tags und 10 % nachts anzusetzen wäre. Eine Gemeindeverbindungsstraße ist dadurch gekennzeichnet, dass sie überwiegend dem nachbarlichen Verkehr zwischen Gemeinden oder dem weiteren Anschluss von Gemeinden oder räumlich getrennten Ortsteilen an überörtliche Verkehrswege dienen oder zu dienen bestimmt sind (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA). Auch wenn die zulässige Gesamthöhe für Kraftfahrzeuge gemäß § 32 Abs. 2 StVZO 4,00 m beträgt, so dass nach einer Vergrößerung der Durchfahrtshöhe von 3,40 m auf 4,50 m künftig auch mehr größere LKWs die Eisenbahnunterführung nutzen können als zuvor, ist nicht ersichtlich, dass die in der Innenstadt liegende Ernst-Reuter-Allee deshalb überwiegend dem nachbarlichen Verkehr zu anderen Gemeinden dienen soll. Mit der Sanierung der Eisenbahnunterführung will die Beklagte eine Durchfahrtshöhe von 4,50 m deshalb gewährleisten, weil dies der Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen – Ausgabe 2006 (RASt 06) entspricht. Die Richtlinien für die Anlage von Straßen bringen die anerkannten Regeln für die Anlage von Straßen zum Aus

281

druck; ausgehend hiervon wird eine Straßenplanung, die sich an den Vorgaben dieser Richtlinien orientiert, nur in besonderen Ausnahmefällen gegen das fachplanerische Abwägungsgebot verstoßen (vgl. zu den Richtlinien für die Anlage von Straßen [RAS] BVerwG, Urt. v. 30.05.2012 – 9 A 35.10 –, NVwZ 2013, 147 [152], RdNr. 43, m.w.N.). Die Tabelle A der Anlage 1 zur 16. BImSchV geht davon aus, dass bei Gemeindestraßen von einem Anteil für LKWs mit über 2,8 t zulässigem Gesamtgewicht von tagsüber 10 % und nachts 3 % zu rechnen ist. Unter Anwendung eines von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) genannten Umrechnungsfaktors von 1,17 (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 –, a.a.O., RdNr. 30) läge der LKW-Anteil > 3,5 t nachts bei 2,56 % und tags bei ca. 8,55 %, durchschnittlich also bei 5,56 %.

282

Die Beklagte hat indes den LKW-Anteil projektbezogen ermittelt, so dass nicht auf die Tabelle A in Anlage 1 zur 16. BImSchV zurückgegriffen werden muss.

283

Die Möglichkeit, bestimmte Werte auf der Grundlage geeigneter projektbezogener Untersuchungsergebnisse heranzuziehen, soll – wie die verwerteten Daten, Tabellen und Korrekturwerte der Anlage 1 zu  § 3 der 16. BImSchV – Erfahrungswissen nutzbar machen. Daher ist es erforderlich, aber auch ausreichend, entsprechende Erkenntnisse empirisch (auf Erfahrung beruhend) zu ermitteln, auszuwerten und in wissenschaftlich korrekter Weise Schlussfolgerungen für die zu beurteilende Situation zu ziehen. Dagegen muss das erarbeitete Erfahrungswissen nicht zugleich mathematisch zwingende Schlussfolgerungen erlauben (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 – 4 A 13.99 –, NVwZ 2001, 1154 [1157], RdNr. 70 in Juris).

284

Die Beklagte hat für die Ermittlung der zu erwartenden LKW-Anteile als wesentliche Grundlage Erfahrungswissen aus der Nutzung der bereits bestehenden und befahrenen Straße herangezogen. Sie hat insoweit auf eine LKW-Matrix für den Istfall 2007 im IV-Modell zurückgegriffen, die vom Büro (…) im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt im Zuge von Untersuchungen zur Einrichtung einer Umweltzone in Magdeburg auf der Basis von Verkehrszählungen innerhalb des Stadtgebietes erstellt worden war. Der LKW-Anteil betrug für die Analyse 2007 im streitigen Abschnitt der Ernst-Reuter-Allee zwischen 0,8 und 1,8 % und durchschnittlich ca. 1,5 % (vgl. Tabelle 5 der Luftschadstoffuntersuchung, S. 16). Nach der „Datenzusammenstellung und Erläuterung zu den Anforderungen der ISU Plan Berlin EÜ Ernst-Reuter-Allee, Bewertung der Umweltauswirkungen gemäß § 12 UVPG“ vom 24.07.2008 beinhaltete der Istfall 2007 sowohl die Verkehrsbelastung im Kfz-Verkehr als auch anteilig den LKW-Verkehr über 24 Stunden (DTV). Die Prognosen beinhalteten dagegen die Verkehrsbelastung nur im Kfz-Verkehr. Eine Unterteilung des Kfz-Verkehrs in LKW- und übrigen Kfz-Verkehr habe nicht vorgenommen werden können, weil eine Unterscheidung zwischen Kfz- und LKW-Verkehr nach dem Netzmodell VISUM nicht vorhanden sei.

285

Für den Null- und Planfall der Prognosen wurden deshalb auf der Grundlage der vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) herausgegebenen „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025“ der vom 14.11.2007 (http://www.dlr.de/cs/Portaldata/10/Resources/dokumente/daten_berichte/FE_96_857_2005_Verflechtungsprognose_2025_Gesamtbericht_20071114.pdf) die LKW-Anteile ermittelt. Nach dieser – wissenschaftlichen Maßstäben genügenden – Untersuchung (vgl. S. 208) ist für den Prognosezeitraum 2025 mit einer Steigerung des LKW-Nahverkehrs von 3 %, des Güterfernverkehrs von 55 % und des gesamten LKW-Verkehrs von 27 % zu rechnen. Legt man die Steigerungsrate für den gesamten LKW-Verkehr (von 27 %) zugrunde, ergäbe sich für den hier vorhandenen Abschnitt ein LKW-Anteil von maximal ca. 2,3 %. Gleichwohl hat das Ingenieurbüro Dr. Brenner für die Luftschadstoffuntersuchung einen LKW-Anteil von 5 % zugrunde gelegt, um „auf der sicheren Seite“ zu sein, obwohl sich nach dessen Einschätzung der Schwerverkehrsanteil eher zwischen 2 und 4 % bewege (vgl. die Ausführungen im Erörterungstermin vom 09.01.2012 (S. 75 der Niederschrift, Bl. 142 der Beiakte P). Der Anteil von 5 % wurde der Luftschadstoffuntersuchung zugrunde gelegt.

286

Angesichts des bislang geringen LKW-Anteils auf der Ernst-Reuter-Allee von durchschnittlich 1,5 % bis 1,6 % und maximal 1,8 %, der für den Ist-Fall 2007 ermittelt wurde, erscheint es deshalb jedenfalls vertretbar, für die Prognosefälle 2018 und 2025 einen Anteil von 5 % des DTV anzusetzen. Auch in Anbetracht der Vergrößerung der Durchfahrtshöhe von 3,40 m auf 4,50 m begegnet die Bemessung des LKW-Anteils mit 5 % keinen durchgreifenden Bedenken. Die Befürchtung, dass das LKW-Aufkommen in der Ernst-Reuter-Allee nach Vergrößerung der Durchfahrtshöhe durch große LKW mit einer Höhe von mehr als 3,40 m in größerem Umfang als angenommen gesteigert werde, hat das Ingenieurbüro Dr. Brenner bereits im Erörterungstermin vom 09.01.2012 (S. 76 der Niederschrift, Bl. 143 der Beiakte P) in nachvollziehbarer Weise entkräftet. Er hat hierzu ausgeführt, dass es wesentlich attraktivere Stellen gebe, die Innenstadt zu durchfahren. Das Stadtzentrum sei dadurch gekennzeichnet, dass dort viele Lichtsignalanlagen vorhanden seien, die für den Durchgangsverkehr behindernd wirkten. Es sei zwar so etwas wie eine kleine Koordinierung mit enthalten, aber diese orientiere sich eher an der Straßenbahn und weniger am Kfz-Verkehr. Das bedeute, dass auch LKW-Fahrer, denen regelmäßig wenig Zeit zur Verfügung stehe, insbesondere im Berufsverkehr die Innenstadt nicht zügig, sondern nur unter Behinderungen durchfahren könnten. Der meiste Verkehr, der in die Innenstadt hineinfahre, sei Zielverkehr. Es gebe eine wesentlich leistungsfähigere Straßenführung im Stadtgebiet über den sogenannten City-Ring, an dem auch die Bundesstraße B 1 maßgeblich beteiligt sei. Ein LKW-Fahrer, der auf dieser Tangente aus Richtung Süden oder Norden ankomme und in Richtung Osten fahren wolle, komme viel besser voran, wenn er an der Albert-Vater-Straße (B 1) abfahre. Weitere Lkws, die sich bereits auf der Bundesstraße B 1 befänden, wären zeitlich wesentlich schlechter gestellt, wenn sie die B 1 irgendwo verließen, um das Zentrum zu kreuzen und dann irgendwo wieder auf die B 1 zu fahren.

287

  (4.2.) Die Verkehrsprognose ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie die teilweise bereits im Bau befindliche und im Übrigen geplante Nordverlängerung der Bundesautobahn A 14 sowie andere verkehrliche Entwicklungen in naher Zukunft im Umfeld der Stadt Magdeburg unberücksichtigt lässt. Für die Annahme des Klägers, auf absehbare Zeit werde der Verkehr der A 14 über die B 189 direkt nach Magdeburg hineingeführt, bestehen keine belastbaren Anhaltspunkte.

288

Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, Auswirkungen der im Landesverkehrswegeplan von Sachsen-Anhalt enthaltenen geplanten Verkehrsbauvorhaben im Umland von Magdeburg wie z.B. die Nord-Verlängerung der BAB A 14 einschließlich der Neu-Anbindung der B 71n an die BAB A 14 oder die Südumfahrung von Schönebeck im Zuge der B 246a auf den innerstädtischen Verkehr hätten nicht unmittelbar abgeleitet werden können. Mit der Nord-Verlängerung der BAB A 14 werde bspw. eine Entflechtung der Verkehre auf der B 189 zwischen Stendal und Magdeburg sowie auf der B 71 zwischen Haldensleben und Magdeburg dahingehend einhergehen, dass zukünftig zwei Trassen zwischen Magdeburg und Stendal bzw. Haldensleben zur Verfügung stehen werden. Weiträumige überörtliche Verkehre würden somit eher die A 14 und der Quelle-Ziel-Verkehr würde im Nahbereich von Magdeburg eher die B 189 bzw. B 71 nutzen. Aus verkehrsplanerischer Sicht sei die Annahme getroffen worden, dass die aus der baulichen Umsetzung dieser Maßnahmen resultierenden verkehrlichen Auswirkungen in besonderem Maße die Verkehre entlang der neu angelegten Trassen außerhalb von Magdeburg betreffen. Denn die BAB A 14 führe schon heute längs am Stadtgebiet von Magdeburg im Norden bis nach Dahlenwarsleben vorbei. Die Verkehre würden einerseits über die BAB A 14 – wie schon jetzt – tangential an Magdeburg vorbeifließen und andererseits würde der Quelle-Ziel-Verkehr in Höhe der Stadtgrenze wieder über bereits bestehende Trassen nach und von Magdeburg fließen. Diese Quelle-Ziel-Verkehre seien somit in die Netzmodellierung entsprechend eingeflossen. Des Weiteren hätten konkrete, auf die Landeshauptstadt Magdeburg ableitbare Informationen zum zeitlichen Bauablauf der Nord-Verlängerung der BAB A 14 sowie zu Zwischenzuständen bei abschnittsweisen Verkehrsfreigaben der BAB A 14 weder 2007 noch 2011 zur Verfügung gestanden. Zum Zeitpunkt der Modellierung habe man daher davon ausgehen können, dass die vorrangig in der Nord-Süd-Relation ausgerichteten Verkehre der BAB A 14 keinen mess- bzw. modellierbaren Einfluss auf die vorrangig städtisch orientierten Ost-West-Verkehre entlang der Ernst-Reuter-Allee ausüben würden. Ebenso sei ersichtlich geworden, dass aus den im Rahmen der „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025“ und der „Verkehrlichen Überprüfung der Straßenbauprojekte im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2004“ erstellten Szenarien keine unmittelbare Übernahme der für die Landeshauptstadt Magdeburg relevanten Daten ableitbar gewesen seien. Dies alles erscheint plausibel, so dass nicht zu beanstanden ist, dass ein überörtliches Verkehrsmodell, insbesondere das Verkehrsmodell des Landes Sachsen-Anhalt, keinen Eingang in das Verkehrsmodell der Beklagten gefunden hat. Hinzu kommt, dass nach den von der Beklagten zitierten Angaben des Statistischen Landesamts des Landes Sachsen-Anhalt mit einer Abnahme der Bevölkerungsentwicklung insbesondere im Umland der Beklagten zu rechnen ist. Der Rückgang soll im Landkreis Börde bei -16,3 %, im Salzlandkreis bei  -20,1 % und im Landkreis Jerichower Land bei -18,9 % liegen.

289

Der Annahme, dass die Veränderungen bei den überörtlichen Straßen keine messbaren Auswirkungen auf den innerstädtischen Verkehr haben, steht auch nicht entgegen, dass nach den Ausführungen der Beklagten mit der Eröffnung der A 14 im Jahr 2000 eine Verkehrsverlagerung aus dem Stadtgebiet auf diese neue Trasse eingesetzt habe, die vor allem den regionalen Quelle-Ziel- und überörtlichen Durchgangsverkehr umfasst habe, wodurch im Zuge des Magdeburger Ringes sehr große Kapazitäten freigesetzt worden seien, die wiederum durch den Binnenverkehr hätten besetzt werden können. Diese Verlagerung beruhte darauf, dass die A 14 in ihrer heutigen Ausdehnung längs am Stadtgebiet von Magdeburg im Norden bis nach Dahlenwarsleben vorbeiführt, so dass die Verkehre heute über die BAB A 14 tangential an Magdeburg vorbeifließen. Mit der Nordverlängerung der A 14 ist eine solche Verlagerung nicht verbunden.

290

Auch wenn LKW-Fahrer beabsichtigen sollten, die Autobahn zur Umgehung von Mautstellen zu verlassen, erschiene nicht plausibel, weshalb solche (Fern-)Verkehre als Ausweichstrecke gerade eine Route über die Ernst-Reuter-Allee und nicht über andere, zur Durchfahrt besser geeignete Straßen im Stadtgebiet der Beklagten nutzen sollten. Insoweit kann auf die oben bereits dargestellten schlüssigen Ausführungen des Ingenieurbüros Dr. Brenner im Erörterungstermin vom 09.01.2012 verwiesen werden.

291

  (4.3.) Die Verkehrsprognose ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil – wie in der Beschlussvorlage der Beklagten vom 10.04.2012 (Drucksache DS0130/12) ausgeführt – das System repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV) in Magdeburg wie auch in anderen Städten bei einer Befragung von nur 1.000 Einwohnern nicht für eine qualifizierte stadtspezifische Auswertung genüge, sodass für die Befragung 2013 mindestens 1.500 Einwohner nach dem Zufallsprinzip befragt werden sollten. Diese Einschätzung bedeutet nicht, dass die Ergebnisse einer solchen Befragung von nur 1.000 Einwohnern für die Verkehrsprognose völlig unbrauchbar waren. Da eine andere – bessere – Grundlage im Zeitpunkt der Erstellung der Prognose nicht zur Verfügung stand, kann die Verwendung der SrV 2008 nicht als methodisch fehlerhaft erachtet werden.

292

Ferner ist es vertretbar, dass die Beklagte auf der Grundlage der bisherigen Befragungen eine Reduzierung des spezifischen Verkehrsaufkommens im MIV von 1,65 Fa/P+d (2003) auf 1,45 Fa/P+d (2008)“ – also um ca. 12 % – angenommen hat, auch wenn der Rückgang der Bevölkerung geringer ist. Diese Faktoren ergeben sich aus der „Entwicklung des durchschnittlichen Verkehrsaufkommens in der Landeshauptstadt Magdeburg (ohne auswärtigen Quelle-Ziel-Verkehr – SrV 1982 - 2008)“ (Anlage 7 zur Methodik der Verkehrsmodellierung 2025) jeweils durch Division der Gesamteinwohnerzahl durch das Verkehrsaufkommen (Anzahl der Fahrten). Soweit davon die Rede ist, dass die Summe aller Kfz-Fahrten im Magdeburger Binnenverkehr in diesem Zeitraum wegen des Rückgangs der Einwohnerzahl „dagegen“ konstant geblieben sei, ist darin kein Widerspruch zu sehen. Der MIV ist nur ein Teil der „Summe aller Kfz-Fahrten“.

293

  (4.4.) Unrealistisch ist auch nicht die Annahme der Beklagten, dass das – bei der SrV 2008 ermittelte – Verkehrsverhalten der Bürger bis 2025 unverändert bleibe. Die gegenteilige Annahme, dass bei konstanter Einwohnerzahl aufgrund sinkender Haushaltsgrößen sowie Veränderungen im Freizeitverhalten und bei der Mobilität von Senioren, eher mit einer Zunahme des Verkehrsaufkommens gerechnet werden müsse, ist nicht zwingend.

294

  (4.5.) Die Verkehrsprognose wird als Grundlage für die Luftschadstoffuntersuchung auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Beklagte die zu erwartende Zahl der aus der Tiefgarage des City Carrés mit Ziel Richtung Westen ausfahrenden Fahrzeuge möglicherweise zu gering angesetzt hat. Insoweit mag sich die Frage stellen, ob der Kontenpunkt Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße auch bei einer höheren Zahl die erforderliche Leistungsfähigkeit besitzt, um diese Fahrzeuge dort wenden zu lassen. Auf die der Luftschadstoffuntersuchung zugrunde gelegten Verkehrsmengen hat dies aber nur einen marginalen Einfluss. Im Verhältnis zu dem gesamten prognostizierten Aufkommen in diesem Abschnitt von zwischen 10.000 und 15.000 Kraftfahrzeugen am Tag fällt nicht maßgeblich ins Gewicht, ob aus der nördlichen Tiefgaragenzufahrt – wie vom Verkehrsgutachter angenommen – in Spitzenstunden 55 oder – wie eine andere Verkehrszählung ergeben hat – 125 Fahrzeuge mit Ziel Richtung Westen ausfahren. Zudem hängt die verkehrliche Belastung des Knotens Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße auch davon ab, wie sich die Tiefgaragennutzer nach Wegfall der Linksabbiegemöglichkeit an der nördlichen Tiefgaragenausfahrt künftig verhalten werden, insbesondere ob sie an der Kreuzung Ernst-Reuter-Allee / Otto-von-Guericke-Straße wenden oder aufgrund der verkehrlichen Situation andere Abfahrtsmöglichkeiten nutzen werden. Dieses zukünftige Verkehrsverhalten hängt u.a. davon ab, ob die Beklagte künftig überhaupt ein Linksabbiegen an der genannten Kreuzung verkehrsrechtlich zulässt. Zudem besteht die Möglichkeit, die Ausfahrt aus der Tiefgarage durch verkehrliche Maßnahmen wie Lichtzeichenanlagen zu regeln.

295

  (4.6.) Der Verkehrsprognose kann schließlich nicht entgegengehalten werden, es fehle an einer ausreichenden Kalibrierung, insbesondere weil keine hinreichend differenzierten Daten und keine ausreichende Dokumentation verschiedener Parameter vorlägen, die die Güte des Verkehrsmodells belegten. Entsprechendes gilt für den Vorwurf, das Verkehrsmodell der Beklagten entspreche in mancherlei Hinsicht nicht den gängigen Standards in der Verkehrsplanung. Die von der Beklagten vorgelegte Netzeichnung Verkehrsmodell Magdeburg der PTV Planung Transport Verkehr AG vom 29.06.2005 belegt, dass eine Kalibrierung des Quell-Ziel-Verkehrs Straße, des Binnenverkehrs Straße sowie des Öffentlichen Verkehrs stattfand. Dass es (mittlerweile) möglich sein mag, genauere Verkehrsmodelle zu erstellen, deren Ergebnisse auf mehr Eingangsdaten beruhen, führt nicht dazu, dass die Verkehrsprognose der Beklagten als methodisch fehlerhaft anzusehen wäre. Auch der Umstand, dass die Beklagte nur den Durchgangsverkehr und den Ziel-Quell-Verkehr des nahen Umlandes sowie den Binnenverkehr, nicht aber die sonstigen Außenverkehre für die Beurteilung der Belastung der innerstädtischen Straßen einbezogen hat, stellt keinen methodischen Fehler dar. Aufgrund der geringen Bedeutung darf er vernachlässigt werden. Ebenso wenig ist methodisch zu beanstanden, dass die Beklagte bezüglich des Umlandes nur 19 Verkehrszellen zugrunde gelegt hat. Unterschiedliche methodische Ansätze sind, jedenfalls solange sich kein allgemein anerkannter fachlicher Standard durchgesetzt hat, ebenso hinzunehmen wie Unterschiede bei der Einschätzung von Ausmaß und Entstehungsgrund des induzierten Verkehrs; völlig deckungsgleiche Ansichten sind in der wissenschaftlichen Diskussion von vornherein nicht zu erwarten (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 – 9 A 20.09 –, NVwZ 2011, 177 [181], RdNr. 66).

296

  dd) Selbst wenn die Luftschadstoffuntersuchungen, insbesondere aufgrund von Mängeln der ihnen zugrunde liegenden Verkehrsprognose, keine geeignete Abwägungsgrundlage gewesen sein sollten, würde dieser Abwägungsmangel weder zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses noch zur Feststellung von dessen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen, weil sie auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen sind (§ 37 Abs. 9 Satz 1 StrG LSA).

297

Ergebnisrelevanz in diesem Sinne liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 – 9 A 23.10 –, BVerwGE 141, 171 [191], RdNr. 68, m.w.N.).

298

Ausgehend davon läge hier kein ergebnisrelevanter Abwägungsmangel vor. Bei realistischer Beurteilung der maßgeblichen Erwägungen der Beklagten ist auszuschließen, dass auch bei einem höheren Verkehrsaufkommen als prognostiziert, insbesondere höherer LKW-Anteile, und einer damit einhergehenden deutlicheren Überschreitung der Grenzwerte der 39. BImSchV, insbesondere bei Stickstoffdioxid (NO2), die Entscheidung anders ausgefallen wäre, insbesondere nicht in dem Sinne, dass die Null-Variante gewählt worden wäre, bei der die bisherige Verkehrsführung beibehalten bliebe. Die Auswahl der Tunnelvariante ließe auch bei Berücksichtigung des nicht unerheblichen Gewichts des Schutzes der Bevölkerung vor Luftschadstoffen keine Fehlgewichtung im Sinne einer Abwägungsdisproportionalität erkennen. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass auch bei einem (deutlich) höheren Verkehrsaufkommen als demjenigen, der in der Verkehrsprognose für den Planfall 2025 und in der Luftschadstoffuntersuchung vom April 2012 für den Planfall 2018 angenommen wurde, sowohl bei der Nullvariante als auch bei der Tunnelvariante mit einer ähnlichen Schadstoffbelastung zu rechnen wäre. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Varianten besteht darin, dass bei der Tunnellösung an den Tunnelportalen, insbesondere am südöstlichen Portal, mit einer höheren Belastung durch NO2 zu rechnen ist als bei der Nullvariante an diesen Stellen, während sich diese Belastung bei der Tunnellösung dort verringert, wo die Straße unterirdisch verläuft.

299

  b) Fehler bei der Ermittlung und Bewertung der vom Vorhaben zu erwartenden Lärmbelastungen sind ebenfalls nicht ersichtlich.

300

Nach der schalltechnischen Untersuchung der Fa. ISU Plan vom August 2011 (Beiakte N – Ordner 4/7, Unterlage 11.1, Abschnitt 4 S. 12 f.) liegen für insgesamt neun Gebäude im Bereich zwischen Bahnhofstraße und Otto-von-Guericke-Straße Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte nach § 2 der 16. BImSchV vor. Als aktive Lärmschutzmaßnahme sei in den Berechnungen eine Schall absorbierende Verkleidung für die Bereiche der Trogwände und an den beiden östlichen Tunnelportalen bis zu einer Tiefe von 20 m auf der Ernst-Reuter-Allee (Nähe City Carré) bereits berücksichtigt, um die Lärmbelästigungen in der Nähe des City Carrés zu begrenzen. Dies sei bei der Ausführungsplanung zu beachten. Diese Ergebnisse resultierten aus der Betrachtung der Summenpegel von Straße und Schiene (hier Straßenbahn). Für die betroffenen Gebäude werde ein Schutz durch passive Lärmschutzmaßnahmen an den Gebäuden vorgeschlagen. Aktive Lärmschutzmaßnahmen schieden aus, da der notwendige Raum zur Errichtung von aktiven Lärmschutzmaßnahmen in Form von Lärmschutzwänden bzw. -wällen im Bereich der Ernst-Reuter-Allee nicht gegeben sei.

301

Auf dieser Grundlage hat die Beklagte im Planfeststellungsbeschluss in der Nebenbestimmung in Teil A, Kapitel IV Punkt 6 b (S. 49 des PFB) geregelt, dass die Eigentümer näher bezeichneter Gebäude in der Ernst-Reuter-Allee Anspruch auf passiven Schallschutz haben. Dies ist nicht zu beanstanden.

302

Die auch der schalltechnischen Untersuchung zugrunde liegende Verkehrsprognose ist aus den oben bereits dargestellten Gründen nicht zu beanstanden. Auch diese Untersuchung geht von dem aus den bereits dargelegten Gründen nicht zu beanstandenden LKW-Anteil von 5 % aus.

303

  c) Abwägungsfehler liegen schließlich in Bezug auf die durch das Vorhaben zu erwartenden Erschütterungen nicht vor.

304

Für die Frage, ob die von einem Vorhaben ausgehenden Erschütterungen zumutbar sind, können die Anhaltswerte der DIN 4150-2 herangezogen werden. Die DIN 4150-2 ist zwar als technisches Regelwerk keine Rechtsnorm und deswegen für die gerichtliche Überprüfung der Zumutbarkeit von Erschütterungen nicht bindend; in ihr kommt aber naturwissenschaftlich-technischer Sachverstand zum Ausdruck (BVerwG, Beschl. v. 25.05.2005 – 9 B 41.04 –, Juris, RdNr. 30, m.w.N).

305

Nach dem Gutachten des Sachverständigen- und Ingenieurbüros (...) GbR vom 26.09.2008 (Beiakte H,- Ordner 4/7a, Unterlage 11.2) werden die Anhaltswerte der DIN 4150-2 in den Gebäuden außerhalb des Bereiches der Tunneldecke sicher unterschritten. Es bestehe keine Gefahr einer unzulässigen Belästigung tags und für die bewohnten Gebäude auch nachts. Für die Gebäude Ernst-Reuter-Allee 42 und 40, City Carré Bereich 5, und das Schulungszentrum der Bahn unmittelbar neben dem Tunnel ergäben sich infolge des ungünstigen Berechnungsansatzes für die Ausbreitung der Straßenbahnerschütterungen in der Tunneldecke und die größere Erschütterungswirkung durch die Weichen höhere KB-Werte, als es die DIN 4150-2 zulasse. Für das Gebäude Ernst-Reuter-Allee 40, das als einziges Wohngebäude betroffen sei, gelte diese Aussage auch für die Nacht. Die Wahrscheinlichkeit für diese Überschreitungen sei gering. Deshalb hat der Gutachter nahegelegt, trotzdem zu überlegen, ob insbesondere im Bereich der Weichen, die mit der Tunnelplatte verbunden sind, eine erschütterungsmindernde Maßnahme in Gestalt eines Masse-Feder-Systems eingeplant werden müsse. Der Einsatz eines solchen Masse-Feder-Systems ist indes im kritischen Bereich des Gleisdreiecks an der Einmündung des Willy-Brandt-Platzes vorgesehen (vgl. Beiakte L - Ordner 6/7, Unterlage 15.2.27 sowie S. 160 des PFB).

306

Das Gutachten ist nicht deshalb fehlerhaft, weil keine Messungen an benachbarten Gebäuden durchgeführt wurden. Zwar werden bei der Prüfung der Zumutbarkeit von Erschütterungen für Menschen grundsätzlich Messungen durchgeführt, womit die konkreten Parameter berücksichtigt werden können. Dies stellt auch der Gutachter im Abschnitt 4.1 „Vorbemerkungen“ voran (vgl. S. 4 des Gutachtens). Nach seiner Darstellung erfolgten im vorliegenden Fall aber deshalb keine Messungen, weil auf Grund der geometrischen Verhältnisse die Veränderungen hinsichtlich der Erschütterungswirkung nur gering seien. Eine Besonderheit stelle der Tunnel dar, der in seinem Hauptteil aber sehr weit von der Bebauung entfernt sei. Die Prognose müsse daher auf Grund von Analogieschlüssen mit ähnlichen Verhältnissen erfolgen. Der Gutachter erstellte seine Prognose im Folgenden bezüglich des Straßenbahnverkehrs auf der Grundlage von Erschütterungsmessungen, die u.a. im Bereich von Gebäudefundamenten neben einer auf einer festen Fahrbahn verlegten Straßenbahntrasse in Leipzig durchgeführt worden seien. Ergänzt würden diese Unterlagen durch Erfahrungen aus Emissions- und Immissionsmessungen bei Eisenbahnverkehr (vgl. Abschnitt 4.2.2. auf S. 7 f. des Gutachtens). Die gesamte Vorausberechnung beruhe auf Einzelergebnissen bzw. Verallgemeinerungen. Es werde deshalb ein Sicherheitswert sv (1,7) als Faktor zur Berechnung der Maximal-Terzschnelle am Immissionsort berücksichtigt.

307

Im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss hat die Beklagte die Einwendungen des Klägers in Bezug auf fehlende Erschütterungsmessungen im Vorfeld der Maßnahme mit dem Hinweis darauf zurückgewiesen, dass sich nach Fertigstellung des Vorhabens die Ausbreitungssituation der Wellen aus dem Straßen- und Straßenbahnverkehr vollständig ändere. Durch die in der -1-Ebene herabgesetzten abgegrenzten Betonpfahlwände und die Verlegung der Straßenbahntrasse auf die Tunnelebene änderten sich die Voraussetzungen für die zu erwartenden Erschütterungen maßgeblich; insofern würden Messungen des derzeitigen Zustandes keine hinreichend verlässliche Grundlage für die zukünftig zu erwartenden Erschütterungen bieten. Diese Erwägungen, die der Kläger im Klageverfahren nicht mehr in Zweifel gezogen hat, begegnen keinen durchgreifenden Bedenken.

308

  2. Selbst wenn der angefochtene Planfeststellungsbeschluss gegen dem Umweltschutz dienende und für die Entscheidung bedeutsame Rechtsvorschriften verstoßen sollte, hätte die auf das UmwRG gestützte Klage keinen Erfolg. Die in § 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG normierte Voraussetzung, dass eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen muss, ist hier nicht erfüllt.

309

  2.1. Wie oben (I.1.) bereits dargelegt, ist nach der hier allein maßgeblichen Nr. 3.6 der Anlage zum UVPG LSA beim Bau – nicht beim Umbau – von „sonstigen“ also nicht den Nr. 3.1 bis 3.5 unterfallenden Straßen nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG durchzuführen. Nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 14.11 der Anlage 1 ist zudem beim Bau einer Bahnstrecke u.a. für Straßenbahnen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen. Nur wenn – anders als hier –  der Umbau der Straße oder Straßenbahntrasse nach Umfang und Art einem Neubau gleichkommt, kann eine andere Beurteilung geboten sein. Bei der Änderung von „Altvorhaben“, für die nach früherem Recht keine UVP durchgeführt wurde, besteht gemäß § 2 UVPG LSA i.V.m. § 3e Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 UVPG die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn bereits für das Altvorhaben nach den heute geltenden Rechtsvorschriften eine UVP-Pflicht bestand, und eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.

310

Die bei der Klagebefugnis noch offen gebliebene – umstrittene – Frage, ob das Änderungsvorhaben der UVP-Vorprüfungspflicht nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG auch dann unterfällt, wenn für das „Grundvorhaben“ – wie hier – lediglich eine standortbezogene Vorprüfung vorgesehen ist, verneint der Senat. Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass nachträglich bezüglich des zu ändernden Vorhabens noch eine Vorprüfung nach § 3c UVPG durchgeführt werden müsse (vgl. zum Ganzen sowie verneinend: Sagenstedt, a.a.O. RdNr. 12). Gegen eine solche nachträgliche Prüfung spricht aber, dass eine retrospektive Vorprüfung des zu ändernden Vorhabens überaus kompliziert wäre und der Wortlaut der Norm ausdrücklich von einer „bereits bestehenden“ UVP-Pflicht spricht.

311

Eine UVP-Pflicht ergibt sich auch nicht daraus, dass während der Bauphase nach Abschnitt IX. Nr. 5 des Planfeststellungsbeschlusses eine bauzeitliche Wasserhaltung erfolgt, die die Beklagte der Nr. 13.3.2 der Anlage 1 zum UVPG zugeordnet hat. Die Beklagte ist bei der von ihr insoweit vorgenommenen allgemeinen Vorprüfung nach Anhörung der Umweltbehörden zu dem Ergebnis gelangt, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu erwarten sind, so dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die bauzeitliche Wasserhaltung entbehrlich ist. Bedenken gegen diese Einschätzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

312

Ohne Belang ist, dass die Beklagte gemäß § 37 Abs. 1 Satz 4 StrG LSA bei der Planfeststellung materiell im Rahmen der Abwägung (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.07.2003 – 9 VR 1.03 –, Juris, m.w.N.) die Umweltverträglichkeit des Vorhabens insgesamt geprüft hat. § 2 Abs. 5 Satz 2 UmwRG stellt für die Begründetheit einer Klage nach dem UmwRG allein darauf ab, ob nach dem UVPG, der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder landesrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung tatsächlich besteht.

313

  2.2. Dieses Ergebnis verstößt auch nicht gegen europarechtliche Vorgaben, insbesondere nicht gegen Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL) oder Art. 9 Abs. 2 und 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Übereinkommen).

314

  2.2.1. Nach Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92/EU stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Das durch Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU vermittelte Klagerecht beschränkt sich auf Zulassungsentscheidungen für UVP-pflichtige Vorhaben. Gegenstand dieser Richtlinie ist nach deren Art. 1 Abs. 1 die Umweltverträglichkeitsprüfung bei öffentlichen und privaten Projekten, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Dem entsprechend begegnet es auch keinen Bedenken, wenn der Gesetzgeber für die Begründetheit einer Klage nach dem UmwRG verlangt, dass eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen muss.

315

  2.2.2. Entsprechendes gilt für Art. 9 Abs. 2 des Aarhus-Übereinkommens. Danach stellt jede Vertragspartei im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Art. 6 und – sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 – sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten. Art. 6 des Aarhus-Übereinkommens betrifft nach dessen Abs. 1 Buchstabe a) zunächst Entscheidungen über die Zulassung der in Anhang I aufgeführten geplanten Tätigkeiten. Dazu gehört das hier in Rede stehende Vorhaben nicht; es gehört insbesondere nicht zu den in Absatz 8 des Anhangs I genannten Verkehrswegevorhaben. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) des Aarhus-Übereinkommens wendet jede Vertragspartei diesen Artikel in Übereinstimmung mit innerstaatlichem Recht auch bei Entscheidungen über nicht in Anhang I aufgeführte geplante Tätigkeiten an, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können; zu diesem Zweck bestimmen die Vertragsparteien, ob dieser Artikel Anwendung auf eine derartige geplante Tätigkeit findet. Ein Recht, dass die anerkannten Naturschutzverbände auch bei den nicht im Anhang I aufgeführten Verfahren die volle Überprüfung der Rechtmäßigkeit solcher Entscheidungen verlangen können, ergibt sich daraus gerade nicht. Das Aarhus-Übereinkommen eröffnet den Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren in Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 nur für Entscheidungen über die in Anhang I aufgeführten Tätigkeiten (BVerwG, Beschl. v. 07.10.2009 – 7 B 28.09 –, BImSchG-Rspr § 19 Nr. 6, RdNr. 13 in Juris). Die Umsetzung des Aarhus-Übereinkommens erfolgte durch eine Anpassung des europäischen Rechts an diese Konvention, u.a. mittels der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie (vgl. Art. 1 der Richtlinie), mit der insbesondere die UVP-Richtlinie und die Richtlinie 96/61/EG (IVU-Richtlinie) geändert wurden (vgl. Art. 3 und 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie); aufgrund dieser Änderungen kann sich gemäß Art. 10 a UVP-RL und Art. 15 a der IVU-Richtlinie ein Mitwirkungsrecht und ein Klagerecht von Naturschutzverbänden nur für solche Vorhaben ergeben, die dem Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie oder der IVU-Richtlinie unterfallen (vgl. BayVGH, Urt. v. 03.04.2009 – 22 BV 07.1709 –, NuR 2009, 434 [437], RdNr. 30). Dies ist – wie bereits dargelegt – nicht der Fall.

316

Aus Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens folgt kein anderes Ergebnis. Eine unmittelbare Anwendung dieser Norm scheitert schon daran, dass die Vorschrift keine hinreichend bestimmte Regelung enthält (vgl. EuGH, Urt. V. 08.03.2011 – C-240/09 –, NVwZ 2011, 673, RdNr. 45). Zwar ist der nationale Richter gehalten, das nationale Recht im Hinblick auf die Gewährleistung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes so auszulegen, dass es so weit wie möglich im Einklang mit den in Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus festgelegten Zielen steht (EuGH, Urt. v. 08.03.2011, a.a.O.). Unabhängig davon, ob das deutsche Recht überhaupt einer Auslegung zugänglich ist, nach der in den vom EuGH genannten Fällen eine Klage- bzw. Antragsbefugnis unabhängig etwa vom Vorliegen der Voraussetzungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes besteht (vgl. hierzu NdsOVG, Beschl. v. 30.07.2013 – 12 MN 300/12 – Juris, RdNr. 18, m.w.N.), folgt daraus nicht, dass die anerkannten Umwelt- und Naturschutzverbände die Prüfung der Vereinbarkeit eines Vorhabens mit sämtlichen nationalen umweltrechtlichen Vorschriften unabhängig von der UVP-Pflicht des Vorhabens verlangen können.

317

  III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da sie einen Sachantrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

318

  IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 709 Sätze 1 und 2, 708 Nr. 11 ZPO.

319

  V. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 22 A 15.40025

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 9. Dezember 2015

22. Senat

Sachgebietsschlüssel: 480

Hauptpunkte:

Eisenbahnrechtliche Planfeststellung;

Wiederinbetriebnahme einer stillgelegten Bahnstrecke nach Tschechien;

Fehlen einer Freistellung von Bahnbetriebszwecken;

durch Planfeststellungsbeschluss zugelassene Baumaßnahmen an der Bahnstrecke;

Nachholung von Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen;

Planrechtfertigung bei Vorhaben mit Auslandsbezug;

Klage Drittbetroffener wegen betriebsbedingter Lärm- und Erschütterungsimmissionen;

rechtliche Vorbelastung der Anliegergrundstücke;

unterbliebene Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Feststellung der UVP-Pflicht des Vorhabens;

keine Beeinflussung der Sachentscheidung durch diesen Verfahrensfehler.

Rechtsquellen:

Leitsatz:

In den Verwaltungsstreitsachen

...

gegen

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch: Eisenbahn-Bundesamt, Außenstelle Nürnberg, Eilgutstr. 2, 90443 Nürnberg,

- Beklagte -

beigeladen: ...

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beteiligt: Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen eisenbahnrechtlicher Planfeststellung;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Demling, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. Dezember 2015 am 9. Dezember 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich als Grundstücksnachbarn der eingleisigen Bahnstrecke 5027 (DB-Grenze - Selb-Plößberg - Oberkotzau) gegen einen Planfeststellungsbeschluss (im Folgenden: PFB) des Eisenbahnbundesamts (im Folgenden: EBA) vom 19. Juni 2015, mit dem zugunsten der Beigeladenen der Plan für die „Reaktivierung des Teilabschnitts Asch - DB Grenze - Selb-Plößberg“ der Eisenbahnstrecke 5027 festgestellt worden ist.

Dem Planfeststellungsbeschluss ist zur Begründung des Vorhabens zu entnehmen, die Strecke sei im planfestgestellten Abschnitt seit dem 26. Juli 1996 stillgelegt gewesen und werde reaktiviert, um wieder eine direkte Verbindung im Schienenpersonennahverkehr mit Regionalzügen zwischen Hof und Eger (Cheb) zu ermöglichen (PFB S. 8 f.). Der Oberbau der Bahnstrecke (Schienen, Schwellen, Schotter) sei teils über 80 Jahre alt, in Folge der Betriebsunterbrechung von Vegetation überwuchert und im Rahmen nicht genehmigungspflichtiger Unterhaltungsmaßnahmen erneuerungsbedürftig. Vier Bahnübergänge würden mit neuen Sicherungsanlagen ertüchtigt, vier weitere aufgelassen, eine Eisenbahnüberführung erneuert und der Bahnhof in Selb-Plößberg umgestaltet (PFB S. 19 f.). Die Einwendungen der Kläger (Einwender Nr. 6) wurden zurückgewiesen (PFB S. 118 ff.).

Die Kläger sind Miteigentümer je zur Hälfte des Grundstücks FlNr. ... der Gemarkung S...-... im Ortsteil Erkersreuth. Es grenzt unmittelbar an die im Eigentum der Beigeladenen stehende Bahnstrecke an und ist im Bereich ca. von Bahnkm ...,... bis ...,... mit drei Mehrfamilienhäusern als Mietobjekten bebaut. Im hierzu ergangenen Baugenehmigungsbescheid vom 5. Juni 1992 ist u. a. die Nebenbestimmung Nr. 13 enthalten: „Evtl. Einwirkungen aus dem benachbarten Eisenbahnbetrieb sind durch den Bauherrn entschädigungslos zu dulden.“

Die Kläger haben Klage zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erhoben und machen eine Betroffenheit durch Lärm und Erschütterungen aus dem künftigen Betrieb der Bahnstrecke geltend. Sie könnten wegen der künftigen Lärmimmissionen die Wohnungen in ihren Mehrfamilienhäusern nicht mehr vermieten und verlören ihre Altersvorsorge. Sie rügen auch u. a. das Fehlen der Planrechtfertigung, die getrennte Planfeststellung der eisenbahntechnischen Anlagen einerseits und der Straßenquerung über die Staatsstraße St 2179 andererseits sowie Fehler des UVP-Verfahrens. Die Kläger beantragen:

I.

Der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamts vom 19. Juni 2015 wird aufgehoben.

II.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, nach Rechtsauffassung des Gerichts über das Begehren der Kläger auf aktiven Lärmschutz erneut zu entscheiden.

III.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, nach Rechtsauffassung des Gerichts über das Begehren der Kläger auf passiven Lärmschutz erneut zu entscheiden.

IV.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, die Kläger angemessen zu entschädigen.

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen die Klageabweisung.

Sie machen im Wesentlichen geltend, es handele sich nur um die Wiederinbetriebnahme einer stillgelegten Strecke, nicht um deren Neubau, so dass nur einzelne Maßnahmen planfeststellungsbedürftig und planfestgestellt seien, nicht aber die Wiederherstellung der tatsächlichen Befahrbarkeit des Bahngleises als solche. Die durchgehende rechtliche Befahrbarkeit der Strecke sei als Vorbelastung der benachbarten Grundstücke zu werten. Unzumutbare Beeinträchtigungen durch Lärm und Erschütterungen seien nicht zu befürchten.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses beteiligt sich ohne Antragstellung am Verfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten auch der Eilverfahren (Az. 22 AS 15.40026 und 22 AS 15.40039) und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Anfechtungsklage ist im Hauptantrag unbegründet, weil der angefochtene Planfeststellungsbeschluss vom 19. Juni 2015 im Zeitpunkt seines Erlasses als maßgeblichem Zeitpunkt für die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit keine rechtserheblichen Fehler aufweist, auf die sich die Kläger berufen können (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Verfahrensschritte der Umweltverträglichkeitsprüfung (im Folgenden: UVP) wurden ohne solche Fehler durchgeführt, die zu einem Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bzw. zur Feststellung von dessen Nichtvollziehbarkeit führen könnten.

a) Das vom EBA eingeräumte (Niederschrift vom 3.12.2015 S. 5) Unterbleiben der Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Feststellung der UVP-Pflicht des Vorhabens nach § 9 Abs. 1a Nr. 2 UVPG ist nach § 46 VwVfG unbeachtlich, da dieser Verfahrensfehler nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

aa) Offen bleiben kann, ob sich hier aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 UmwRG i. d. F. des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2069) Rechtsfolgen ergeben. Jedenfalls ist die neuere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Kausalitätserfordernis bei Verfahrensfehlern im Zuge einer UVP anzuwenden (vgl. EuGH, U. v. 7.11.2013 - C-72/12 - NVwZ 2014, 49/52 f. Rn. 49 ff.; dazu BT-Drs. 18/5927 S. 9 f.; EuGH, U. v. 15.10.2015 - C-137/14 - Rn. 60, 62 f., 67). Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts ist bezogen bereits auf den hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt zu beachten. Danach darf dem Rechtsbehelfsführer die Einlegung von Rechtsbehelfen im Sinne von Art. 11 RL 2011/92/EU nicht dadurch übermäßig erschwert werden, dass ihm als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit die Beweislast für das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem von ihm geltend gemachten Verfahrensfehler und dem Ergebnis der Verwaltungsentscheidung aufgebürdet wird. Seine Rechtsverletzung kann nur verneint werden, wenn das Gericht, ohne ihm in irgendeiner Form die Beweislast aufzubürden, zur Feststellung in der Lage ist, dass die angegriffene Entscheidung ohne den vom Rechtsbehelfsführer geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre (vgl. EuGH, U. v. 15.10.2015 - C-137/14 - Rn. 55 f., 60).

Die vom EBA für erforderlich gehaltene UVP hat zwar mit einer Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 UVPG stattgefunden, denn die Planunterlagen des Vorhabens haben ausweislich der Behördenakten des EBA ausgelegen und konnten von der Öffentlichkeit eingesehen werden (§ 18 Satz 3, § 18a AEG i. V. m. § 73 Abs. 3 bis Abs. 5 VwVfG). Allerdings wurde die Öffentlichkeit in der Bekanntmachung zur Auslegung (RvOfr., Schreiben vom 11.7.2014 mit Bekanntmachungsmuster, Verfahrensakte unter 6. sowie Stadt Selb, Bekanntmachungsbestätigung vom 17.7.2014, weitere Verfahrensakte unnummeriert) nicht auch - wie entsprechend Art. 6 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl EU Nr. L 26 S. 1) in § 9 Abs. 1a Nr. 2 UVPG vorgeschrieben - über die Feststellung der UVP-Pflicht des Vorhabens nach § 3a UVPG unterrichtet. Durch Einsicht in die Planunterlagen konnte sie zwar die vom Vorhabensträger beigefügten Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG und die Verneinung der UVP-Pflicht durch den Vorhabensträger erkennen, aber nicht die hiervon abweichende Feststellung durch das EBA nach § 3a Satz 1 UVPG.

Dieser Mangel ist nicht durch eine erneute Bekanntmachung und Auslegung geheilt worden. Allerdings ist er seiner Art und Schwere nach auch nicht mit den Fällen des Unterbleibens einer erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung vergleichbar. Insbesondere ist der Öffentlichkeit nicht die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen worden, denn die Bekanntmachung hatte Anstoßwirkung und die Öffentlichkeit hat die zur Einsicht auszulegenden Unterlagen einsehen können (insbesondere auch den landschaftspflegerischen Begleitplan mit den dort dargestellten Umweltbelangen) und wurde dadurch umfassend über das Planvorhaben informiert. Zudem wurden die Naturschutzverbände direkt und gesondert auf die Auslegung hingewiesen (vgl. dazu auch § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG i. d. F. des Gesetzes vom 20.11.2015, BGBl. I S. 2069).

Für den Verfahrensfehler der - nur unter dem Gesichtspunkt der UVP - nicht vollständigen Bekanntmachung gilt daher § 46 VwVfG (vgl. dazu auch § 4 Abs. 1a UmwRG i. d. F. des Gesetzes vom 20.11.2015, BGBl. I S. 2069). Danach ist ein Verfahrensfehler unbeachtlich, wenn er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Eine solche Beeinflussung wird im Einklang mit europäischen Rechtsgrundsätzen (Verbot der Beweislastverlagerung auf den Rechtsbehelfsführer) vermutet, wenn sich durch das Gericht nicht aufklären lässt, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat. Eine solche Aufklärung ist hier aber möglich.

Hier stellt der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung der gesamten behördlichen und gerichtlichen Verfahrensakten und nach Einvernahme der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung hierzu (Niederschrift vom 3.12.2015 S. 5-7) fest, dass eine Beeinflussung auszuschließen ist. Denn die Kläger hatten die Möglichkeit und nutzten sie auch, umfassend zur Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung und zu den UVP-Schutzgütern Einwendungen zu erheben (Einwendungsschriftsätze des Klägerbevollmächtigten vom 3.9.2014 für die Kläger, Verfahrensakte unnummeriert, S. 8 ff., S. 23 ff., S. 39) und diese im Erörterungstermin zur Sprache zu bringen (RvOfr., Niederschrift über den Erörterungstermin vom 16.1.2015, Verfahrensakte unter 3, S. 37 ff., S. 43: „Ich bin der Meinung, es hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen…“; S. 44: „Erst mal zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Auf tschechischem Gebiet befindet sich ein Landschaftsschutzgebiet“; S. 45: „Gerade die Einwender…[u. a. Name der Kläger] werden ja ganz massiv durch Lärm betroffen, weil sie nur fünf bis zehn Meter von der Bahnstrecke entfernt wohnen“; S. 53-59). Auf diese Einwendungen ist das EBA im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss ausführlich eingegangen (PFB S. 14 ff.: Schutzgüter Mensch, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, Kultur- und Sachgüter, Wechselwirkungen unter den Schutzgütern; S. 68 ff.: Einwendungen der Kläger als „Einwender Nr. 6“; S. 71: u. a. Rüge einer fehlenden UVP, von Erschütterungen und Lärmbelastungen für die benachbarte Wohnbebauung und damit für das Schutzgut Mensch).

Weitere Einwendungen, welche die Kläger bei vorschriftsmäßiger Bekanntmachung zu Beginn des Beteiligungsverfahrens noch hätten erheben können, haben die Kläger auch auf gerichtliche Nachfrage hin nicht mehr benennen können (Niederschrift vom 3.12.2015 S. 6 f.). Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung einwandten, im Falle eines ordnungsgemäßen Hinweises auf die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung noch näher zu Konflikten im Bereich des Ortsteils Erkersreuth hätten vortragen zu können, was ihnen durch den Verfahrensfehler abgeschnitten worden sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Angesichts des o.g. umfassenden Vortrags der Kläger im Einwendungsverfahren ist nicht ersichtlich, was sie darüber hinaus noch hätten geltend machen wollen und können. Soweit sich die Kläger auf ein auf tschechischer Seite liegendes Landschaftsschutzgebiet berufen, hatten sie dieses bereits in ihren Einwendungen geltend gemacht und ist nicht ersichtlich, dass sie darüber hinaus noch irgendetwas über jenseits der Staatsgrenze liegende ortsgebundene Schutzgüter hätten aussagen können oder wollen, geschweige denn über deren Beeinträchtigung durch das strittige Vorhaben.

Auch wenn nicht nur auf die Kläger, sondern auf die Öffentlichkeit insgesamt abzustellen wäre, würde sich kein anderes Bild ergeben, weil auch im Nachhinein kein Umweltbelang erkennbar geworden ist, der nicht ohnehin zur Sprache gekommen und umfassend gewürdigt worden ist. Auch die Umweltverbände haben insofern nichts vorgetragen. Unter diesen Umständen steht nach Überzeugung des Gerichts im Sinne von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO fest, dass eine Beeinflussung der Sachentscheidung durch den Verfahrensfehler ausgeschlossen ist.

b) Das Vorhaben bedurfte keiner grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP).

Eine grenzüberschreitende Behörden- oder Öffentlichkeitsbeteiligung ist nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 9a Abs. 1 Satz 1 UVPG nicht erforderlich gewesen. Sie wäre nur geboten, wenn das Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG genannten Schutzgüter in einem anderen Staat haben könnte, was das EBA nachvollziehbar verneint hat (PFB S. 84 ff.), da sich der Planfeststellungsbeschluss allein auf Baumaßnahmen auf deutscher Seite beschränkt, von denen erhebliche grenzüberschreitende Auswirkungen nicht zu erwarten sind. Diese Einschätzung des EBA ist nicht zu beanstanden. Auch die Kläger haben keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass derartige Auswirkungen vorliegen könnten. Dies gilt auch für das von den Klägern angesprochene „Landschaftsschutzgebiet“ auf tschechischer Seite.

Auswirkungen des streckengebundenen Vorhabens, die beim - nicht vom angefochtenen Planfeststellungsbeschluss erfassten und damit hier auch nicht streitgegenständlichen - Wiederinbetriebnahmevorhaben auf tschechischer Seite entstehen könnten, sind dem dortigen Projekt zuzurechnen, nicht den Baumaßnahmen auf deutscher Seite.

2. Die Planrechtfertigung des Vorhabens „Reaktivierung des Teilabschnitts Asch (DB Grenze) - Selb-Plößberg der Eisenbahnstrecke 5027“ liegt vor.

Das rechtliche Erfordernis einer Planrechtfertigung ergibt sich aus der Erwägung, dass eine hoheitliche Planung wegen der von ihr ausgehenden Auswirkungen auf die Rechte Dritter ihre Rechtfertigung nicht schon in sich trägt. Die Planrechtfertigung dient damit dem Zweck, nicht mit den Zielen des jeweiligen Fachplanungsrechts im Einklang stehende Vorhaben bereits auf einer der Abwägung vorgelagerten und der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Stufe auszuscheiden. Sie stellt eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit dar. Eine eisenbahnrechtliche Planung ist rechtfertigungsbedürftig und hat nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz nur Bestand, wenn sie gemessen an den Zielen des Fachplanungsgesetzes erforderlich, d. h. vernünftigerweise geboten ist (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 27.11.2012 - 22 A 09.40034 - Rn. 21, 25 ff. m. w. N.). Hier liegen die Voraussetzungen einer derartigen Planrechtfertigung vor, denn das EBA weist zutreffend darauf hin (PFB S. 19 f., 87 ff.), dass die Ertüchtigung der Bahnstrecke zur Wiederaufnahme des Schienenpersonennahverkehrs mit Regionalzügen zwischen Hof und Eger (Cheb) erforderlich ist. Dies dient der Gewährleistung eines attraktiven Verkehrsangebots auf der Schiene im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG (vgl. BayVGH, U. v. 27.11.2012 - 22 A 09.40034 - Rn. 27 m. w. N.).

a) Die Einwände der Kläger gegen die Prognosen des künftigen Fahrgastverkehrs, diese rechtfertigten die Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke nicht, denn sie stammten aus dem Jahr 2010, seien überholt und beruhten auf falschen oder falsch interpretierten Daten, greifen nicht durch. Dies gilt auch für den Einwand, dort sei ein Ein-Stunden-Takt mit zwölf Zugfahrten täglich angenommen worden, tatsächlich sei aber mit der tschechischen Seite nur ein Zwei-Stunden-Takt vereinbart worden, was die Zahl der beförderten Personen weit unter die für eine Finanzierungsbeteiligung des Bundes nötige Zahl von 1.000 Personen täglich absenke; zudem sei der regionale Bevölkerungsrückgang nicht berücksichtigt worden.

Diese Rügen greifen nicht durch. Erstens ist das künftige Fahrgastaufkommen zwar eine wesentliche Bezugsgröße für die Planrechtfertigung. Maßgeblich ist insofern aber angesichts des von der Beigeladenen vorgelegten und auf eine Bedienung mit zunächst neun und später zwölf umsteigefreien Zugfahrten je Richtung angelegten Betriebskonzepts (Stand: 10.8.2015) die Prognose bezogen auf das Jahr 2025. Die verdichtete Bedienung der Strecke gerade in den Hauptverkehrszeiten und ihre stündliche Bedienung in den Nachmittags- und Abendstunden ist in nachvollziehbarer Weise als wesentlicher Attraktivitätsfaktor für einen Umstieg vom Straßen- auf den Schienenverkehr für Pendler berücksichtigt worden. Eine intensivere gerichtliche Prüfung ist insofern nicht möglich, denn verkehrspolitische Leitentscheidungen liegen auf einer der individuellen Betroffenheit vorgelagerten Ebene. Bei derart übergreifenden, von vielen politischen und wirtschaftlichen Faktoren bestimmten und auf lange Frist ausgerichteten Entscheidungen mit notwendig hohem prognostischem Gehalt stößt die gerichtliche Kontrolle unabhängig von der Rechtsform der Entscheidung an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung (vgl. BVerfG, B. v. 8.6.1998 - 1 BvR 650/97 u. a.- NVwZ 1998, 1060/1061 m. w. N.). Daher kann die Prognose hier nur auf methodische Fehler hin überprüft werden. Allerdings sind vorliegend die erstellten Prognosen methodisch nicht substantiiert in Frage gestellt. Ein Gutachten ist unverwertbar, wenn es unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist, wenn es auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruht, wenn Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Sachverständigen bestehen, wenn ein anderer Sachverständiger über neuere oder überlegene Forschungsmittel verfügt oder wenn die Erkenntnisse, die in dem vorliegenden Gutachten ihren Niederschlag gefunden haben, durch substantiierte Einwände eines Beteiligten oder durch die übrige Ermittlungstätigkeit des Gerichts ernsthaft in Frage gestellt erscheinen (vgl. BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 ff., juris Rn. 33). Das ist hier nicht der Fall, insbesondere sind - wie ausgeführt - für den Prognosehorizont 2025 die bis dahin geplanten Zugtakte zugrunde gelegt und ist auch der prognostizierte Bevölkerungsrückgang berücksichtigt worden (vgl. Fahrgastpotentialabschätzung, Vorstellung der Untersuchungsergebnisse vom 27.7.2010, S. 13 f., 16).

Zweitens tragen hier auch grenzüberschreitende politische Zielvorstellungen das Vorhaben in der Planrechtfertigung wesentlich mit. Bei einem - hier gegebenen -Auslandsbezug sind die diesbezüglich im Inland eintretenden positiven Folgen des Vorhabens zu berücksichtigen, wozu auch gehört, dass das Vorhaben im benachbarten Ausland als Bekenntnis zuguter Nachbarschaft in Europa verstanden wird (vgl. BVerwG, U. v. 24.10.2002 - 4 C 7/01 - BVerwGE 117, 138/141 f.; BayVGH, B. v. 25.8.1995 - 22 CS 95.2269 - BayVBl. 1996, 146/147). Dies ist hier der Fall, denn mit der Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke werden regionalplanerische Zielvorstellungen einer engeren grenzüberschreitenden Verkehrsanbindung auch auf der Schiene verfolgt, deren erfolgreiche Verwirklichung nach den zugrunde gelegten Prognosen überwiegend wahrscheinlich und durch die Rügen der Kläger nicht erschüttert ist. Das ausländische Interesse am Betrieb der Bahnstrecke zeigen sowohl die vom Bundesministerium für Verkehr aufgestellten Forderungen vor der Betriebsstilllegung (BMV, Schreiben vom 19.6.1996, Anlage zum Bescheid vom 26.7.1996) als auch das Memorandum of Understanding vom April 2012 sowie die Ergebnisse der länderübergreifenden Arbeitsgruppe. Auf die Motive, die das Interesse des Nachbarstaats hierbei bestimmen mögen, kommt es entgegen der Auffassung der Kläger nicht an. Dass eine Bahnverbindung einer Busverbindung vorgezogen wird, lässt sich jedenfalls sachlich rechtfertigen (Kapazitäts-, Komfort- und Umweltschutzgründe).

b) Soweit die Kläger weiter rügen, das Vorhaben scheitere an fehlenden Finanzmitteln, ist nicht ersichtlich, dass dies der Fall wäre, da ein Großteil der Baumaßnahmen bereits verwirklicht worden ist und fehlende Finanzmittel dem Vorhaben offensichtlich nicht entgegenstehen (vgl. BayVGH, B. v. 27.8.2015 - 22 AS 15.40024 u. a.).

3. Dem Planfeststellungsbeschluss haften keine rechtserheblichen Abwägungsfehler bei der Bestimmung seines Gegenstands an.

a) Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses sind nur die in ihm ausdrücklich zugelassenen Baumaßnahmen, nicht aber der gesamte zu reaktivierende Teilabschnitt. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses nach Wortlaut, Geschichte, Systematik und Zweck.

Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass die Bezeichnung des Vorhabens vom Wortlaut her anzudeuten scheint, der gesamte zu reaktivierende Teilabschnitt sei Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses (u. a. „Reaktivierung des Teilabschnitts Asch (DB Grenze) - Selb-Plößberg der Eisenbahnstrecke 5027 (DB-Grenze) - Selb-Plößberg - Oberkotzau“). Weitere Anhaltspunkte wie durchgehende Streckenpläne mit einzeln eingetragenen Baumaßnahmen als Teil der Planunterlagen sowie die Abgrenzung des Baurechtsabschnitts im Erläuterungsbericht (Erläuterungsbericht S. 4) scheinen dies zu bestätigen. Gleichwohl stellte das EBA im Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich nur den Plan unter Bezugnahme auf die zum Teil des Plans erklärten Planunterlagen fest (PFB S. 3 f.), in deren Planzeichnungen die Bestandsstrecke farblich abgegrenzt wird zu allen neu zu planenden Baumaßnahmen.

Dieses nicht eindeutige Zwischenergebnis wird klarer unter Berücksichtigung des historisch begründeten Vorhabens, eine vor dem Zweiten Weltkrieg genutzte und durch die nachkriegsbedingte politische Teilung Europas sowie die erste Phase nach deren Überwindung „ins Abseits geratene“ Bahnstrecke wieder zu ertüchtigen und den grenzüberschreitenden Bahnverkehr zur Tschechischen Republik als östlichem Nachbarn Deutschlands wieder zu intensivieren (PFB S. 8 f.; 19 f.; Erläuterungsbericht S. 4 f.). Dafür wird unterschieden zwischen den Baumaßnahmen, die der Verbesserung des Schienenverkehrsangebots dienen wie z. B. der Umgestaltung des Bahnhofs und der Auflassung bzw. Erneuerung von Bahnübergängen einerseits (Erläuterungsbericht S. 5 ff.) und jenen Baumaßnahmen, die der Betriebsfähigkeit der Bahnstrecke durch Austausch von Bahngleisen, Schotter und Obermaterial dienen (PFB S. 20, Erläuterungsbericht S. 11 a.E.). An der Strecke bestand sowohl ein Herstellungsbedarf für neue Infrastruktureinrichtungen als auch ein Erneuerungsbedarf vorhandener, aber im Lauf der Zeit unbrauchbar gewordener Betriebseinrichtungen (RvOfr., Niederschrift über den Erörterungstermin vom 16.1.2015, Verfahrensakte unter 3, S. 3 a.E.). Beides sollte in einem baulichen Durchgang erfolgen, aber nur erstere Gruppe von Baumaßnahmen vom Planfeststellungsbeschluss umfasst sein (vgl. auch die Vertreter der Beigeladenen, ebenda, S. 40 ff.). Der Planfeststellungsbeschluss ist dieser Konzeption gefolgt, denn er schreibt die Erneuerung des vorbezeichneten Oberbaus (Bahngleise, Schotter und Obermaterial) den nicht genehmigungspflichtigen Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen zu (PFB S. 20). Der Planfeststellungsbeschluss zielt, wie auch die Auflistung der einzelnen Baumaßnahmen im Bauwerksverzeichnis zeigt (Planunterlagen Nr. A.2.7), das ein planfestgestelltes Vorhaben konkretisiert und festlegt (OVG NRW, U. v. 14.1.2015 - 20 A 1317/12 - ZfW 2015, 204/205), daher auf die Regelung einzelner punktueller Maßnahmen, nicht aber des gesamten zu reaktivierenden Teilabschnitts.

Streitgegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist nur der angefochtene Planfeststellungsbeschluss, durch den die Kläger Verletzungen ihrer Rechte behaupten und allein dessen Rechtmäßigkeit gerichtlich zu prüfen ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nicht Verfahrensgegenstand sind andere bauliche Maßnahmen oder eine etwa abweichende Bauausführung, so dass es auf die von den Klägern behauptete und von der Beigeladenen dezidiert bestrittene Verschiebung des Bahngleises im Bereich ihrer Anwesen nicht ankommt.

b) Allerdings ist mit dem Befund, dass der Planfeststellungsbeschluss nur die ausdrücklich von ihm erfassten Baumaßnahmen regeln soll, nicht bereits festgestellt, dass damit auch alle planfeststellungsbedürftigen Baumaßnahmen erfasst sind. Wenn dem nicht so ist, muss dies aber nicht unbedingt zu einem Rechtsfehler führen, weil die Aufspaltung eines einheitlich konzipierten Vorhabens in einzelne jeweils für sich planfeststellungsbedürftige Teile grundsätzlich zulässig ist (BayVGH, U. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - Rn. 41) und auch die Abschnittsbildung bei einer einzelnen Betriebsanlage grundsätzlich zulässig ist (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 24.1.2011 - 22 A 09.40045 u. a. - Rn. 76 m. w. N.). Insoweit rügen die Kläger zu Unrecht, der Planfeststellungsbeschluss hätte die Baumaßnahmen am Bahngleis auf freier Strecke ebenso erfassen müssen wie die gesondert plangenehmigten Baumaßnahmen an der Ortsumfahrung Erkersreuth.

aa) Die Baumaßnahmen am Bahngleis auf freier Strecke sind als Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen an der Bahnstrecke nicht planfeststellungsbedürftig nach § 18 Satz 1 AEG.

§ 18 Satz 1 AEG sieht ein Planfeststellungsbedürfnis für Änderungen von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vor. Vorliegend handelt es sich jedoch - jedenfalls im Bereich der Grundstücke der Kläger - im rechtlichen Sinne nicht um eine Änderung, sondern um Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen.

Schon sachlich können sie nicht planfeststellungsbedürftig sein, weil ein entsprechend aufwendiges Planfeststellungsverfahren ihre regelmäßige Durchführung verzögerte und dem Zweck der jederzeitigen Betriebssicherheit zuwiderliefe. Diesem übergeordneten Zweck entsprechend können noch nicht fällige Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen im Zuge anderer Maßnahmen vor- bzw. fällige, aber versäumte oder in Folge einer Betriebsstilllegung (§ 11 AEG) vorerst zurückgestellte Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen später noch nachgezogen werden, ohne dass sie deswegen planfeststellungsbedürftig wären. Sie werden erst planfeststellungsbedürftig, wenn sie eine Änderung der Bahnstrecke im Sinne von § 18 Satz 1 AEG bewirken.

Die Abgrenzung zwischen beiden Arten von Maßnahmen hat die Rechtsprechung wiederholt beschäftigt; auf deren Ergebnisse kann hier zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, U. v. 31.8.1995 - 7 A 19/94 - NVwZ 1996, 394). So bleibt eine Gleissanierung noch eine Unterhaltungsmaßnahme, auch wenn Schienen und Schwellen ausgetauscht bzw. solche eingebaut werden, die einem neueren Stand der Technik entsprechen (vgl. BVerwG, B. v. 27.1.1995 - 7 VR 16/94 - NVwZ 1995, 586). Auch wenn solche Maßnahmen mit einem Eingriff in die Substanz des Schienenwegs verbunden sind, also in die Gleisanlage mit Unter- und Oberbau bis hin zum völligen Abtrag und zur Erneuerung des alten Bahnkörpers, bleiben sie Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen. Das soll sogar für Verbreiterungen des Bahndamms um 1,30 m bzw. um 2,30 m sowie Sanierungen des Bahndamms oder der Einschnittsböschung gelten; erst Trassenverschiebungen auf längeren Bahnstreckenabschnitten um mehr als 2 m sollen darüber hinausgehen (vgl. BVerwG, U. v. 12.4.2000 - 11 A 24/98 - juris Rn. 34, 55; BVerwG, U. v. 14.11.2001 - 11 A 31/00 - BVerwGE 115, 237/240 [nicht abgedruckt] juris Rn. 23 zum Begriff des erheblichen baulichen Eingriffs in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 16. BImSchV) und zu einer Änderung im rechtlichen Sinn werden.

Der vorliegende Fall bleibt deutlich hinter Letzterem zurück. Das Konzept der Beigeladenen und des EBA sieht hier auf freier Strecke keine nennenswerten Gleisverschiebungen vor. Dies ergibt sich zum Einen aus den planfestgestellten Planunterlagen (Anlage 3.7), worin das Bahngleis im Zielzustand nach Durchführung der Bauarbeiten als schwarzes Bestandsgleis eingezeichnet ist, eine Gleisverschiebung in diesen Streckenabschnitten also nicht vorgesehen ist. Zum Anderen ergibt sich dies aus der nachvollziehbaren Darstellung der Beklagten, tatsächlich sei das neue Gleis exakt auf dem Verlauf des Bestandsgleises verlegt worden; die gegenteilige Erwähnung in der sog. Erschütterungstechnischen Untersuchung (Möhler+Partner, Erschütterungstechnische Untersuchung vom 9.12.2013, S. 35) resultiere aus einem Übertragungsfehler aus der Zeit vor Erstellung der Planunterlagen (vgl. Ergänzung zur gerichtlichen Anfrage vom 3.11.2015 unter Verweis auf ein geändertes Koordinatennetz). Diese Erschütterungstechnische Untersuchung ist zum Dritten auch kein Bestandteil der Planunterlagen, weil sie nicht in der entsprechenden Auflistung unter Nr. A.2 des Planfeststellungsbeschlusses enthalten und damit für den geplanten Zielzustand der Bahnstrecke rechtlich nicht maßgeblich ist. Somit stellen die vorgenommenen Baumaßnahmen auf freier Strecke wie der Freischnitt der Bahngleise und der Austausch von Bahngleisen, Schotter und Obermaterial keine Änderung im rechtlichen Sinn dar.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass am 26. November 1996 eine Stilllegung des Streckenbetriebs erfolgt ist. Zwar ist die Bahnstrecke seit dem 26. Juli 1996 nach § 11 AEG stillgelegt und hat tatsächlich kein Bahnbetrieb mehr darauf stattgefunden. Allerdings handelt es sich nach wie vor um einen Bahnbetriebszwecken gewidmeten Teil der Eisenbahninfrastruktur im Sinne von § 2 Abs. 3 AEG, da die Bahnstrecke nicht nach § 23 Abs. 1 und Abs. 3 AEG von Bahnbetriebszwecken freigestellt worden ist (zur „Entwidmungsfunktion“ einer Freistellung BVerwG, B. v. 21.3.2014 - 6 B 55.13 - juris Rn. 13; Hermes in: ders./Sellner, AEG, 2. Auflage 2014, § 23 Rn. 9). Eine solche erfordert einen eindeutigen Hoheitsakt (vgl. BVerwG, U. v. 12.4.2000 - 11 A 18.98 - BVerwGE 111, 108/111 f.), für den hier jegliche Anhaltspunkte fehlen. Die bloße Betriebsstillegung nach § 11 AEG hat nicht dazu geführt, dass die Bahnstrecke ihre rechtliche Eigenschaft als Teil der Eisenbahninfrastruktur verloren hätte oder sonst einer Wiederaufnahme des Betriebs rechtliche Hindernisse entgegenstünden, denn eine Betriebsstillegung beseitigt nur die Betriebspflicht (BVerwG, B. v. 21.3.2014 - 6 B 55.13 - Rn. 12 f.; NdsOVG, U. v. 24.6.2015 - 1 KN 79/14 - juris Rn. 25), lässt aber die Wiederinbetriebnahme einschließlich dazu erforderlicher nachzuholender Unterhaltungsmaßnahmen ohne erneute Planfeststellung zu (vgl. Hermes in: ders./Sellner, AEG, 2. Auflage 2014, § 23 Rn. 11 m. w. N.; Vallendar, ebenda, § 18 Rn. 77). Daran ändert eine Bezeichnung als „dauernde Einstellung des Betriebs“ rechtlich nichts (Genehmigung des EBA vom 26.7.1996), da zum damaligen Zeitpunkt eine Wiederaufnahme des Betriebs zwar zeitlich nicht absehbar war, aber auch nicht durch die Stilllegung ausgeschlossen werden sollte. In der Anlage zur Genehmigung der Betriebsstilllegung sind als Nebenbestimmungen zu beachtende Forderungen des Bundesministers für Verkehr enthalten (BMV, Schreiben vom 19.6.1996, Anlage zum Bescheid vom 26.7.1996). Dazu gehört, „nach Klärung aller damit zusammenhängenden Fragen zwischen den regionalen Behörden und Eisenbahnunternehmen die Verkehrsbedienung auf dieser Strecke und den Betrieb der Infrastruktur wieder aufzunehmen“ sowie „vor einer entsprechenden Entscheidung“ über „Rückbau der Infrastruktur und Entwidmung der Strecke… das Benehmen mit der tschechischen Seite herstellen“ zu können (ebenda).

Auch dass die Bahnstrecke in Folge tatsächlicher Funktionslosigkeit rechtlich obsolet wäre, wie klägerseitig eingewandt wird, ist hier nicht erkennbar. Zwar mag durch die Ortsumfahrung Erkersreuth, welche die Bahnstrecke bei Bahnkm 33,9 unterbrach (vgl. Erläuterungsbericht S. 34), ein durchgehender Bahnbetrieb tatsächlich nicht mehr möglich gewesen sein. Gleichwohl stand seiner Wiederaufnahme bis auf die Errichtung der nötigen Straßenquerung kein rechtliches und tatsächliches Hindernis entgegen, das die Verwirklichung des Streckenbetriebs auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen hätte. Insbesondere hat kein Rechtsträgerwechsel stattgefunden oder ist eine dauerhafte anderweitige Nutzung der Bahnstrecke zugelassen worden (vgl. zu diesen Kriterien BVerwG, U. v. 28.10.1998 - 11 A 3.98 - BVerwGE 107, 350/353; BVerwG, U. v. 12.4.2000 - 11 A 18.98 - BVerwGE 111, 108/111 ff.;) oder sind die Bahnstreckengrundstücke nach einer Veräußerung überbaut worden (vgl. NdsOVG, U. v. 24.6.2015 - 1 KN 79/14 - juris Rn. 25). Ein Rechtsträgerwechsel hat insoweit nicht stattgefunden, als die Bahnstrecke nach wie vor dem Bundeseisenbahnvermögen als nicht rechtsfähigem Sondervermögen der Bundesrepublik Deutschland gehört; eine anderweitige Nutzung der Bahnstrecke ist weder glaubhaft gemacht noch sonst ersichtlich. Die Grundstücke der Bahnstrecke befinden sich weiterhin in den Händen des Bahneigners; sie waren lediglich tatsächlich in einem Abschnitt überbaut. Die zur Beseitigung dieses Hindernisses und zur Wiederherstellung der Befahrbarkeit erforderliche Errichtung der Querungsbauwerke aber war schon im für den Bau der Ortsumfahrung Erkersreuth maßgeblichen straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss vorbehalten gewesen (PFB S. 83 f.; VG Bayreuth, B. v. 4.8.2015 - B 1 S 15.413 - S. 2 f.; BayVGH, B. v. 24.9.2015 - 8 CS 15.2026 - Rn. 2) und sicherte die Funktionsfähigkeit der Bahnstrecke in die Zukunft hinein.

Daran ändert auch der seit der Betriebsstilllegung 1996 eingetretene Instandhaltungsstau an der Bahnstrecke nichts, denn dadurch wurde zwar ein Gesamtpaket an Instandhaltungsmaßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich, die bei einer kontinuierlichen Instandhaltung sonst nicht oder zeitlich nicht so gedrängt angefallen wären. Doch allein der zeitliche Zusammenhang mit planfeststellungsbedürftigen Baumaßnahmen lässt Unterhaltungsmaßnahmen nicht selbst planfeststellungsbedürftig werden (vgl. BVerwG, B. v. 27.1.1995 - 7 VR 16/94 - NVwZ 1995, 586). Dies gilt auch im Fall eines - wie hier - länger dauernden Sanierungsstaus (vgl. BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 5/07 - NVwZ 2009, 50/51 Rn. 19, 21). Letztlich bleiben also die gesamte Strecke erfassende Instandhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen, die zwar äußerlich den Eindruck eines Gesamtkonzepts hervorrufen (vgl. dazu BayVGH, U. v. 5.3.1996 - 20 B 92.1055 - VGHE n. F. 49, 77/84) und zeitlich und sachlich kombiniert durchgeführt werden, dennoch rechtlich strikt getrennt von planfeststellungsbedürftigen punktuellen Maßnahmen.

bb) Auch die Baumaßnahmen an der Ortsumfahrung Erkersreuth (Neubau einer Eisenbahnüberführung und Neubau einer Straßenbrücke), die gesondert straßenrechtlich plangenehmigt wurden, waren nicht planfeststellungsbedürftig nach § 18 Satz 1 AEG; zumindest wäre der angefochtene Planfeststellungsbeschluss auch dann nicht rechtswidrig, wenn dem nicht zu folgen wäre.

Es handelt sich beim Neubau der Eisenbahnüberführung bei Bahnkm 33,9 zur Schließung der durch den Bau der Ortsumfahrung Erkersreuth (Staatsstraße St 2179) entstandenen Lücke in der Bahnstrecke sowie beim Neubau einer Straßenbrücke bei Bahnkm 34,0 zur Beseitigung der Überschüttung des Bahnkörpers durch den Bockelbergweg (vgl. Erläuterungsbericht S. 34) zwar um für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs notwendige Maßnahmen, allerdings nicht um Folgemaßnahmen des hier planfestgestellten Vorhabens, im Sinne von § 18 Satz 1 AEG i. V. m. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.

Die Ursache jener Baumaßnahmen liegt vielmehr im Neubau der Ortsumfahrung Erkersreuth als Gegenstand der straßenrechtlichen Planfeststellung (PFB vom 30.8.2002). Unter den dem Freistaat Bayern als nach Art. 41 Satz 1 Nr. 1 BayStrWG für die St 2179 zuständigem Straßenbaulastträger aufgegebenen Nebenbestimmungen (Nr. V.6.1 des PFB vom 30.8.2002 S. 14) ist geregelt: „Sollte der Schienenverkehr auf der Strecke Hof-Selb/Plößberg-Asch-Cheb (Eger) wieder aufgenommen werden, sind die hierfür erforderlichen Überführungsbauwerke für die Kreuzung der Staatsstraße 2179 sowie für den öffentlichen Feld- und Waldweg „Bockelbergweg“ (BV-Nr. 23) umgehend zu errichten.“ Unter Verweis sowohl auf die Betriebsstilllegung der Bahnstrecke als auch auf die Ziele des Regionalplans, die Schienenverkehrsverbindung in der Region aufrecht zu erhalten, sowie zur Baukostenersparnis in Höhe von rund 1 Mio. Euro führte die Planfeststellungsbehörde aus, in der Planung sei wegen der Betriebsstilllegung kein Überführungsbauwerk vorgesehen, aber im Falle der Wiederinbetriebnahme im Nachhinein zu errichten (PFB vom 30.8.2002 S. 20 f., 67 f.). Dies zeigt, dass in jenem Planfeststellungsbeschluss die (grundsätzliche) Verpflichtung zur Errichtung der Querungsbauwerke als Folgemaßnahme der Umgehungsstraße geregelt war. Die genaue Planung sollte einem späteren Zeitpunkt, dem einer Wiederinbetriebnahme, vorbehalten werden. Dies gilt umso mehr, als der Planfeststellungsbeschluss vom 30. August 2002 ausdrücklich auf die mit Bescheid vom 26. Juli 1996 genehmigte dauernde Betriebseinstellung Bezug nahm (PFB vom 30.8.2002 S. 20 f., 67 f.), die ihrerseits unter der Auflage der Beachtung der vom Bundesministerium für Verkehr aufgestellten Forderungen erging (oben I.3.b) bb)).

Die straßenrechtliche Planfeststellung war bewusst unvollständig, weil sie den Nutzungskonflikt zwischen Straßen- und Schienenverkehr zwar erkannte, seine Lösung auch vorzeichnete, ihre Umsetzung aber vorläufig in die Zukunft verschob.

cc) Abgesehen davon wäre die Aufspaltung eines einheitlich konzipierten Vorhabens in einzelne jeweils für sich planfeststellungsbedürftige Teile grundsätzlich zulässig (vgl. BayVGH, U. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - Rn. 39 ff.). Die Kläger hatten die Möglichkeit, gegen die straßenrechtliche Planfeststellung Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen und haben sie auch genutzt (vgl. BayVGH, B. v. 24.9.2015 - 8 CS 15.2026).

Selbst wenn man als Gegenstand des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses eine einheitliche Bahnbetriebsanlage sehen wollte, wären dann die Grundsätze für die planerische Abschnittsbildung anzuwenden. Danach haben Dritte grundsätzlich kein Recht darauf, dass über die Zulassung eines Vorhabens insgesamt, vollständig und abschließend in einem einzigen Bescheid entschieden wird. Eine Abschnittsbildung kann aber dann Rechte Dritter verletzen, wenn die abschnittsweise Planfeststellung dem Grundsatz umfassender Problembewältigung durch das Gesamtvorhaben nicht gerecht wird oder wenn ein Streckenabschnitt der eigenen sachlichen Rechtfertigung vor dem Hintergrund der Gesamtplanung entbehrt oder den durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsschutz faktisch unmöglich macht (vgl. BVerwG, U. v. 10.4.1997 - 4 C 5.96 - BVerwGE 104, 236/243; BVerwG, U. v. 19.5.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1/14 f.; BVerwG, U. v. 18.7.2013 - 7 A 4/12 - juris Rn. 50; BayVGH, U. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - Rn. 41). Dies ist hier aber nicht der Fall.

Insbesondere verstößt die verfahrensmäßige Trennung weder gegen den Grundsatz umfassender Problembewältigung durch das Gesamtvorhaben, noch wird der durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Rechtsschutz unmöglich gemacht. Durch die straßenrechtlich planfestgestellten Vorhaben wird keine künftige Konfliktlösung „verbaut“ und der Rechtsschutz für die Kläger nicht erschwert. Die Mietshäuser der Kläger liegen zwischen Bahnkm ... und ... (vgl. Lageplan als Anlage 3.7 PFB-Akte unter 3.), mithin mindestens 500 m von der künftigen Eisenbahnüberführung und Straßenbrücke entfernt. Dass sie von Bau oder Betrieb dieser Anlagen oder dadurch beeinträchtigt würde, dass deren Auswirkungen nicht im streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss behandelt worden sind, ist nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als die Straßenbaumaßnahmen plangenehmigungsbedürftig sind und die Kläger hiergegen ihre Belange einwenden können (vgl. BayVGH, B. v. 24.9.2015 - 8 CS 15.2026 - Rn. 9 ff.).

4. Es liegen ferner keine rechtserheblichen Abwägungsfehler (§ 18 Satz 2 AEG) bei der Auswahl der technischen Bauvariante vor.

Die Kläger haben als nicht durch eine enteignungsrechtliche Vorwirkung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses nach § 22 Abs. 2 AEG betroffene Anlieger keinen Anspruch auf umfassende objektivrechtliche Planprüfung, sondern können sich nur auf eine Verletzung des Abwägungsgebots durch eine mangelnde Berücksichtigung oder Gewichtung ihrer Belange berufen (vgl. BayVGH, U. v. 7.10.2009 - 22 A 09.40002 - juris Rn. 18; BayVGH, U. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - Rn. 20).

Die fachplanerische Abwägung nach § 18 Satz 2 AEG verlangt, dass erstens eine Abwägung überhaupt stattfindet, zweitens alle abwägungserheblichen Belange in die Abwägung eingestellt werden, drittens die Bedeutung der eingestellten Belange richtig erkannt wird und viertens zwischen konkurrierenden Belangen ein sachgerechter Ausgleich gefunden wird; zur Sammlung des Abwägungsmaterials gehört auch die Ermittlung etwaiger Planungsalternativen einschließlich der „Null-Variante“ (BayVGH, U. v. 27.11.2012 - 22 A 09.40034 - Rn. 29 f. m. w. N.; BayVGH, U. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - Rn. 25). Eine Alternativenprüfung ist freilich nicht schon dann fehlerhaft, wenn die tatsächlich gefundene Lösung nicht zwingend ist; vielmehr muss sich objektiv die Erkenntnis aufdrängen, dass - als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgebots - die mit der Planung angestrebten Ziele sich unter geringeren Opfern an entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belangen verwirklichen ließen (Vallendar in: Hermes/Sellner, AEG, 2. Auflage 2014, § 18 Rn. 158 m. w. N.). Bereits in einem frühen Planungsstadium dürfen solche Planungsalternativen ausgeschieden werden, die nach einer Art Grobanalyse nicht ernsthaft in Betracht kommen (BVerwG, U. v. 4.4.2012 - 4 C 8/09 - NVwZ 2012, 1314; BayVGH, U. v. 27.11.2012 - 22 A 09.40034 - Rn. 31 m. w. N.).

Die Planfeststellungsbehörde hat insofern die vom Vorhabensträger aufgrund seiner Gestaltungsfreiheit getroffene Abwägungsentscheidung - als planerische Entscheidung - abwägend nachvollziehen; sie darf und braucht nicht selber zu planen und sie hat kein Versagungsermessen, wenn das Vorhaben den strikten Vorgaben und dem Abwägungsgebot genügt (BayVGH, U. v. 13.10.2015 - 22 A 14.40037 - Rn. 25 m. w. N.).

Gemessen an diesen Kriterien hat das Eisenbahnbundesamt (EBA) als Planfeststellungsbehörde die Interessen der Kläger im Rahmen der Abwägung nach § 18 Satz 2 AEG ohne rechtliche Fehler (die offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen wären, § 75 Abs. 1a VwVfG) berücksichtigt und gewichtet.

a) Dass sich dem EBA als Planfeststellungsbehörde andere Planungsvarianten zur Minimierung einer mittelbaren Beeinträchtigung der Kläger hätten aufdrängen müssen, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Insofern verweist das EBA zutreffend darauf, dass es sich vorliegend lediglich um die Wiederinbetriebnahme einer vorhandenen und nicht um den Bau einer erst zu errichtenden Bahnstrecke handelt, so dass eine Variantenprüfung über die Prüfung der Nullvariante (Beibehaltung des status quo ante) oder Reaktivierung hinaus sachlich und rechtlich nicht möglich war, ohne den durch die vorhandene Bahnstrecke für eine Wiederinbetriebnahme gesteckten Rahmen zu verlassen. Das EBA hat mit Blick auf die angestrebte Verbesserung des Angebots im Schienenpersonennahverkehr die Gründe für die Wiederinbetriebnahme zu Recht als so gewichtig eingeschätzt, dass sich ihm die Nullvariante nicht aufdrängen musste (PFB S. 97 f.). Dies ist nicht abwägungsfehlerhaft.

b) Das EBA hat auch nicht dadurch gegen den Trennungsgrundsatz des § 50 Satz 1 BImSchG verstoßen, dass es die Wiederinbetriebnahme der bestehenden Bahnstrecke zugelassen und die Planfeststellung von diesem Zweck dienenden Baumaßnahmen nicht abgelehnt hat.

Das Trennungsgebot des § 50 Satz 1 BImSchG ist kein zwingendes Gebot, sondern eine Abwägungsdirektive und kann im Rahmen der planerischen Abwägung bereits durch andere Belange von hohem Gewicht überwunden werden, nicht erst wenn die Planung durch entgegenstehende Belange mit hohem Gewicht „zwingend“ geboten ist (vgl. BVerwG, U. v. 19.4.2012 - 4 CN 3.11 - BVerwGE 143, 24/37 Rn. 29 m. w. N.). Auch unter diesem Blickwinkel hat das EBA ohne Abwägungsfehler dem öffentlichen Interesse an der Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke zur Verbesserung der grenzüberschreitenden ÖPNV-Anbindung und der Verwirklichung der ausdrücklich genannten Bauvorhaben größeres Gewicht beigemessen. Zum Einen stehen die für Trassenverschiebung entlang der St. 2179 benötigten Flächen im Umfeld der Bahnlinie überwiegend im Privateigentum Dritter und stehen eigentumsrechtlich nicht zur Verfügung, sind aber verfassungsrechtlich grundsätzlich ebenso schutzwürdig wie die Grundstücke der Kläger. Insofern würde eine Trassenverschiebung die Belastung nur räumlich verschieben, aber nicht in ihrer Intensität mindern. Zum Anderen würden dann unbelastete Flächen an Stelle bereits durch Eisenbahnbetrieb vorbelasteter und insofern vorrangig in Anspruch zu nehmender Flächen (vgl. BVerwG, B. v. 22.7.2010 - 7 VR 4.10 - DVBl. 2010, 1300/1303 Rn. 38 m. w. N.) betroffen.

5. Soweit das EBA eine unzumutbare Beeinträchtigung der Kläger durch Lärm oder Erschütterungen verneint und weitere Vorkehrungen zu ihrem Lärm- und Erschütterungsschutz nicht getroffen hat, ist dies nicht rechtsfehlerhaft, denn zum Einen liegt hier keine wesentliche Änderung vor; zum Anderen besteht eine rechtliche Vorbelastung, welche die zu erwartenden Betriebsgeräusche umfasst.

a) Es bestehen keine Ansprüche nach § 41 Abs. 1 BImSchG auf aktiven oder passiven Lärmschutz oder Entschädigung.

Eine wesentliche Änderung der Bahnstrecke ist zum Einen deswegen nicht gegeben, weil der Schienenweg nicht um ein oder mehrere durchgehende Gleise erweitert wird, abgesehen allenfalls vom Bahnhof Selb-Plößberg. Diese Baumaßnahme ruft aber im Bereich der Grundstücke der Kläger keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervor.

Ebenso wenig liegt eine wesentliche Änderung deswegen vor, weil durch einen erheblichen baulichen Eingriff der Beurteilungspegel des resultierenden Verkehrslärms um mindestens 3 dB(A) oder auf mindestens 70 dB(A) am Tage oder 60 dB(A) in der Nacht erhöht würde. Ausweislich der erstellten immissionsschutzfachlichen Prognose wurden auf den Prognosehorizont 2025 und die dafür erwarteten Zugzahlen von 47 Zügen bei Tag und 7 Zügen bei Nacht an den Mietshäusern der Kläger (IO-E001 bis IO-E003) im Prognose-Nullfall Beurteilungspegel von 49,5-54,1 dB(A) am Tage (je nach Stockwerk) und von 48,2-52,9 dB(A) in der Nacht prognostiziert, für das Jahr 2025 mit den planfestgestellten baulichen Veränderungen aber Beurteilungspegel von 49,6-54,3 dB(A) am Tage und von 48,4-53,0 dB(A) in der Nacht (Möhler+Partner, Schalltechnische Untersuchung vom 9.12.2013, Anlage 2 S. 4). Dies bedeutet lediglich eine geringfügige Erhöhung um bis zu +0,2 dB(A), aber keine Erhöhung um 3 dB(A).

b) Das EBA hat die für die Mietshäuser der Kläger bestehende rechtliche Vorbelastung zutreffend erkannt. Die Ablehnung von weiterem Lärmschutz im Rahmen der Abwägung nach § 18 Satz 2 AEG ist nicht zu beanstanden.

Lärmschutzbelange sind im Rahmen einer Planfeststellung ungeachtet der Höhe der Lärmbelastung nur in die Abwägung einzubeziehen, wenn die Lärmbelastung (gegenüber der plangegebenen rechtlichen Vorbelastung) durch das Vorhaben ansteigt. Für den Umfang einer Vorbelastung durch Eisenbahnverkehrsgeräusche kommt es nicht auf die frühere oder bisherige tatsächliche Ausnutzung des Schienenwegs, sondern auf dessen rechtliche Ausnutzbarkeit an (so BVerwG, U. v. 21.11.2013 - 7 A 28.12 u. a. - NVwZ 2014, 730 Rn. 23; ebenso BayVGH, U. v. 19.8.2014 - 22 B 11.2608 u. a. - Rn. 67, 78; BayVGH, U. v. 14.10.2014 - 22 A 13.40069 - Rn. 59). Abgesehen von der auch Eisenbahnunternehmen seit jeher treffenden Pflicht, auf die Belange Immissionsbetroffener insoweit Rücksicht zu nehmen, als dies ohne Beeinträchtigung der Verkehrsbedürfnisse geschehen kann, bestanden für die streitgegenständliche Eisenbahnstrecke jedoch zu keiner Zeit rechtliche Schranken, aus denen sich Begrenzungen hinsichtlich der Art, des mengenmäßigen Umfangs oder der Frage ergaben, innerhalb welcher Zeiträume dort Eisenbahnverkehr statthaft ist.

Für die streitbefangene Eisenbahnstrecke bestand und besteht keine Planfeststellung, aus der sich Einschränkungen des zulässigen Betriebsumfangs ergeben könnten. Solche ergeben sich auch nicht aus den historischen Rechtsgrundlagen für den Eisenbahnbetrieb auf der Strecke.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Urteil vom 19. August 2014 Ausführungen zum historischen rechtlichen Rahmen gemacht (BayVGH, U. v. 19.8.2014 - 22 B 11.2608 u. a. - Rn. 69 ff.): Das Institut der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung stellte bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg ein Spezifikum des preußischen Rechts dar, das in den anderen Bundesstaaten bzw. Ländern des Deutschen Reiches unbekannt war (Blümel, Die Bauplanfeststellung, Erster Teil, 1961, S. 167); es wurde dort erst durch § 37 Abs. 2 bis 4 des Gesetzes über die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft vom 30. August 1924 (RGBl II S. 272) eingeführt (Blümel, a. a. O., S. 171). In den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg wurde der Bau staatseigener Bahnen als Ausdruck der allgemeinen Hoheitsgewalt („Eisenbahnhoheit“) des Staates verstanden. Während „andere Rechtssubjekte als der Staat … Eisenbahnen nur mit Erlaubnis des Staates bauen und betreiben“ durften (Fritsch, Das Deutsche Eisenbahnrecht, 2. Aufl. 1928, S. 43), bedurfte es für den Staat „keiner besonderen rechtlichen Maßnahme, um ihn in den Besitz des Eisenbahnunternehmungsrechts zu setzen, vielmehr ist es lediglich ein Akt der Staatsverwaltung, wenn der Staat sich entschließt, die ihm allgemein innewohnende Rechtsstellung zum Bau oder Betrieb eines bestimmten Bahnunternehmens in Bewegung zu setzen“ (Fritsch, a. a. O., S. 63).

Die hier streitgegenständliche Bahnstrecke wurde nach den mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörterten und von ihnen auch unwidersprochenen historischen Darstellungen (vgl. Wikipedia, Bahnstrecke Cheb-Oberkotzau, www.wikipedia.de, Abruf vom 5.10.2015; Niederschrift vom 3.12.2015 S. 7) zunächst durch die Stadt Hof aufgrund einer staatlichen Konzession errichtet, am 1. November 1865 eröffnet und von der Bayerischen Staatsbahn zunächst pachtweise betrieben, bis die Strecke im Jahr 1919 vorzeitig in das Staatseigentum überging.

Rechtliche Beschränkungen des Betriebs sind aus diesem historischen rechtlichen Rahmen nicht ersichtlich. Sie wären mit den damaligen rechtlichen Anschauungen auch unvereinbar gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat hierzu in seinem Urteil vom 19. August 2014 allgemein Stellung genommen (BayVGH, U. v. 19.8.2014 - 22 B 11.2608 u. a. - Rn. 72). Betroffene mussten bereits damals die vom Bahnbetrieb ausgehenden Immissionen grundsätzlich dulden, da sie als unvermeidliche Folge des mit „Privilegieneigenschaft“ ausgestatten Eisenbahnunternehmungsrechts (d. h. des Rechts, eine Eisenbahn zu errichten und sie zu betreiben) verstanden wurden (Fritsch, Das Deutsche Eisenbahnrecht, 2. Aufl. 1928, S. 142). Insbesondere konnten die Nachbarn einer Eisenbahn keine Einstellung des Bahnbetriebs verlangen (Fritsch, a. a. O., S. 142). Das Reichsgericht hat in einem (Emissionen des Unternehmens „Reichsautobahnen“ betreffenden) Urteil die damalige Rechtslage dahin zusammengefasst (RG, U. v. 9.1.1939 - V 154/38 - RGZ 159, 129/131), dass Immissionsbetroffene im Klagewege nicht nur nicht die Unterlassung von Handlungen oder Maßnahmen begehren konnten, die sich als Ausübung staatshoheitlicher Aufgaben darstellten, sondern dass bei einem in Erfüllung staatshoheitlicher Aufgaben geführten Betrieb (hierzu rechneten nach damaligem Verständnis - wie dargestellt - u. a. die Eisenbahnen) auch eine auf die Vornahme von Handlungen oder das Anbringen von Einrichtungen abzielende Klage unzulässig sei, mit denen eine wesentliche, vom Betriebsinhaber nicht gewollte Änderung des Betriebs verbunden wäre. Aus der Stellung von Betrieben, die für das allgemeine Wohl unentbehrlich oder doch von besonderer Bedeutung seien, folge, dass gegenüber von ihnen ausgehenden Einwirkungen auch dann, soweit diese die Grenze des Zulässigen überschritten, keine Abwehrklage stattfinde (RG, U. v. 9.1.1939 a. a. O. S. 135). Zudem müsse sich der Straßenanlieger auch mit unerwarteten Änderungen z. B. dergestalt abfinden, dass eine bis dahin ruhige und abgeschlossene Straße durch die Entwicklung des Verkehrs stark frequentiert werde (RG, U. v. 9.1.1939 a. a. O. S. 137 unter Bezugnahme auf RG, U. v. 8.7.1931 - V 9/31 - RGZ 133, 152). Gleiches habe „die Rechtsprechung für … Eisenbahnstrecken für die Einwirkungen entwickelt, die vom allgemeinen Fahrbetrieb ausgehen“ (RG, U. v. 9.1.1939 a. a. O. S. 138).

Die Pflicht zur Duldung der von öffentlichen Verkehrsunternehmen ausgehenden Immissionen selbst dann, wenn sie die ansonsten geltende Zulässigkeitsgrenze (sie ergab sich vor dem Inkrafttreten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes im Wesentlichen aus dem in § 906 BGB enthaltenen Maßstab der Ortsüblichkeit) überschreiten oder erst nach Anlegung des Verkehrswegs wegen dessen stärkerer Inanspruchnahme entstanden sind, fand allerdings bereits in der Zeit vor der durch das Grundgesetz geschaffenen rechtsstaatlichen Ordnung eine Grenze. Diese bestand in der Verpflichtung zur Rücksichtnahme, die derartige Verkehrsunternehmen dann gegenüber den Belangen der Anwohner von öffentlichen Verkehrswegen zu üben hatten, wenn das ohne Beeinträchtigung der Bedürfnisse des öffentlichen Verkehrs möglich war. Im Urteil vom 8. Juli 1931 (V 9/31 - RGZ 133, 152/155) hat das Reichsgericht insoweit festgehalten: „Die dem öffentlichen Verkehr dienenden Betriebe haben, soweit das mit ihren Verkehrszwecken vereinbar ist, auf die Straßenanwohner Rücksicht zu nehmen und auch örtliche Besonderheiten zu beachten. … Die Leiter eines Verkehrsunternehmens müssen darauf bedacht sein, durch die Wahl und die Handhabung der Betriebsmittel diese Schädigungen möglichst herabzumindern.“ Hieraus konnte die Verpflichtung von Verkehrsunternehmen folgen, sich hinsichtlich der Schwere der eingesetzten Fahrzeuge, ihrer Bereifung oder der Schnelligkeit der Fahrt an den Zustand des Verkehrswegs oder die besondere Störungsempfindlichkeit der Umgebungsbebauung anzupassen (RG, U. v. 8.7.1931 a. a. O. S. 156). Dass öffentliche Verkehrsträger auch schon in früherer Zeit dann nicht außerhalb der Bindungen standen, die sich aus dem Nachbarrecht ergaben, soweit hieraus keine Beeinträchtigung der öffentlichen Aufgaben solcher Einrichtungen folgten, hat das Reichsgericht auch im Urteil vom 9. Januar 1939 (V 154/38 - RGZ 159, 129/132) ausdrücklich festgehalten. Es sei „in Bezug auf andere Betriebe, die Staatsaufgaben erfüllen, wie z. B. die Eisenbahn und die Post, niemals zweifelhaft gewesen“, dass sie „wie alle anderen Personen in der nachbarlichen Gemeinschaft“ stehen; nur erfordere „dabei ihre sich aus ihren Aufgaben ergebende Sonderstellung Beachtung.“

Die Kläger können aus dieser Rechtslage keine Abwägungsfehler des EBA im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss herleiten. Gesichtspunkte, die bei der Entscheidung über das Lärmschutzkonzept hätten berücksichtigt werden müssen, aber nicht berücksichtigt worden sind, lassen sich hieraus nicht ableiten. Dies betrifft zunächst Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes, aber auch Anforderungen an den Betrieb, wie z. B. die in der mündlichen Verhandlung erörterten Geschwindigkeitsbeschränkungen für Güterzüge. Es ist nicht zu widerlegen, dass derartige starre Regeln mit den zu beachtenden Verkehrszwecken unvereinbar sind.

Auch die Abstufung der Bahnstrecke zur Nebenbahn im Jahr 1976 führte zu keiner Beschränkung ihrer rechtlichen Ausnutzbarkeit, sondern hatte nur Folgen für den sicherungstechnischen Aufwand nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 EBO (vgl. § 11 Abs. 7 EBO; an der Befahrbarkeit änderte sich dadurch nichts, vgl. zur hier ausreichenden Achslast § 8 Abs. 1 und Abs. 2 EBO, jeweils linke Spalte). Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass damit die Streckenkapazität rechtlich reglementiert und verbindlich reduziert worden wäre.

Demnach war ein Personen- und Güterschienenverkehr auf der gegenständlichen Bahnstrecke ohne besondere Einschränkung zugelassen. Sie entsprach vor ihrer Betriebsstilllegung der Streckenklasse D 4 mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h, einer Radsatzlast von 22,5 t und einer Leistungsfähigkeit von 60 Zügen/24 Std. (vgl. Antrag auf Betriebsstilllegung vom 26.7.1995 mit Anlagen). Soweit die Kläger bestreiten, dass je ein Bahnverkehr im Umfang von 60 Zügen/24 Std. auf der Bahnstrecke tatsächlich stattgefunden habe, ist dies für die rechtliche Vorbelastung unerheblich. Die künftig mit der Wiederinbetriebnahme einher gehende Benutzung der Bahnstrecke durch Personen- und Güterzüge im Umfang von prognostizierten 47 Zügen bei Tag und 7 Zügen bei Nacht würde sich mit den aus diesem Eisenbahnverkehr einhergehenden Geräuschen innerhalb der Vorbelastung bewegen, der die Umgebung der Bahnstrecke aufgrund der Tatsache unterliegt, dass diese Bahnstrecke von Rechts wegen ohne weitere Beschränkung nutzbar ist.

Auf der Grundlage der im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses bestehenden tatsächlichen Verhältnisse kann auch nicht davon gesprochen werden, eine durch diese Vorbelastung nicht mehr gedeckte zusätzliche Beschwer der Kläger stehe insoweit inmitten, als der nächtliche Güterzugverkehr die sich aus dem Rücksichtnahmegebot ergebende Schranke übersteige. Denn die Bahnstrecke wurde historisch zur Versorgung der Industrie in Hof aus den westböhmischen Kohlengruben errichtet und diente schwerpunktmäßig dem Güterzugverkehr. Sogar nach dem Zweiten Weltkrieg blieb der grenzüberschreitende Güterzugverkehr trotz der Unterbrechung des grenzüberschreitenden Personenzugverkehrs aufrecht erhalten, um die Porzellanindustrie in Bayern mit Rohstoffen aus Westböhmen zu versorgen: Nach den Erläuterungen zum Antrag auf Betriebsstilllegung (Beigeladene, Schreiben vom 26.7.1995 mit Anlagen) war der Güterzugverkehr zwar so rückläufig, dass er ab 28. Mai 1995 eingestellt worden war. Die Auslastung belief sich zuletzt auf fünf bis sechs Waggons je Güterzug (einen Güterzugverkehr bis zur Betriebsstillegung bestätigen auch die Kläger, Schriftsatz vom 23.11.2015, S. 2). Eine Wiederaufnahme und erneute Zunahme des Güterzugverkehrs blieb jedoch im Bereich des Möglichen.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt hierbei nicht, dass in einem Abstand von wenigen Metern an den Mietshäusern der Kläger vorbeifahrende Züge, vor allem Güterzüge, zu einer Beeinträchtigung der Mieter der Kläger durch Lärm im Vergleich zur bisher tatsächlich nicht betriebenen Bahnstrecke führen werden. Gleichwohl liegen diese Belastungen im Rahmen der rechtlichen Vorbelastung.

Der Grundsatz, dass es zur Bestimmung der Vorbelastung, der im Einwirkungsbereich eines Schienenwegs liegende Grundstücke unter dem Blickwinkel der Emissionen des dort stattfindenden Eisenbahnverkehrs unterliegen, nicht auf die tatsächliche Frequentierung, sondern auf das Maß der rechtlich zulässigen Nutzbarkeit der Bahnstrecke ankommt, die vor der Verwirklichung eines Vorhabens bestand, beansprucht zwar nur „in der Regel“ Geltung (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 21.11.2013 - 7 A 28.12 u. a. - NVwZ 2014, 730 Rn. 23). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz, dass es auf das Maß der rechtlich zulässigen Nutzbarkeit ankommt, hat das Bundesverwaltungsgericht in dem Fall anerkannt, dass eine Eisenbahnstrecke, die ehedem die kürzeste Verbindung zwischen dem mitteldeutschen Raum und den Nordseehäfen darstellte, als Folge der deutschen Teilung abschnittsweise vollständig demontiert und der Verkehr schließlich zur Gänze eingestellt worden war (vgl. BVerwG, U. v. 28.10.1998 - 11 A 3.98 - BVerwGE 107, 350; U. v. 17.11.1999 - 11 A 4.98 - BVerwGE 110, 82; U. v. 12.4.2000 - 11 A 18.98 - BVerwGE 111, 108). Das gilt jedenfalls dann, wenn die neu zu erwartenden Einwirkungen für die Betroffenen Eigentums- oder Gesundheitsbeeinträchtigungen darstellen (vgl. zu diesem weiteren Erfordernis BVerwG, U. v. 28.10.1998 a. a. O. S. 357; BVerwG, U. v. 17.11.1999 a. a. O. S. 88: BVerwG, U. v. 12.4.2000 a. a. O. S. 114). Dass im vorliegenden Fall diese verfassungsrechtliche Grenze der Gesundheitsbeeinträchtigung überschritten würde, die befürchteten Lärmschutzdefizite so gravierend wären, dass sie die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage stellten (vgl. BayVGH, B. v. 10.6.2008 - 22 AS 22 AS 08.40013 - Rn. 9 m. w. N.), ist nicht ersichtlich. Abgesehen davon fehlt es auch an der Voraussetzung, dass sich die Geräuschvorbelastung der Umgebung, die sich aus dem zulässigen Nutzungsumfang eines Schienenwegs ergibt, zu einer bloßen Fiktion verflüchtigt hat, die in der Realität keinerlei Entsprechung mehr fand (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.1999 a. a. O. S. 87). Die Wiederaufnahme der Nutzung lag - wie ausgeführt - im Bereich des Möglichen. Soweit die Kläger meinen, die Beigeladene hätte im Baugenehmigungsverfahren Einwendungen gegen seitens der Kläger heranrückende Wohnbebauung erheben müssen, habe dies aber unterlassen und müsse daher nun Betriebseinschränkungen bis hin zur Unterlassung einer Wiederaufnahme des Betriebs aus Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnnutzung hinnehmen, führt dies nicht zu einer Verflüchtigung der rechtlichen Vorbelastung zu einer bloßen Fiktion. Dagegen spricht bereits die Reihe von Nebenbestimmungen zugunsten der Beigeladenen im Baugenehmigungsbescheid vom 5. Juni 1992, u. a. Nr. 13: „Evtl. Einwirkungen aus dem benachbarten Eisenbahnbetrieb sind durch den Bauherrn entschädigungslos zu dulden“, die auf bahntechnische Einwände hindeuten, die im Baugenehmigungsverfahren thematisiert worden sein müssen, wenn dies auch im Einzelnen nicht mehr aufklärbar ist. Die Erwartung, die tatsächliche Situation einer stillgelegten Bahnstrecke bleibe erhalten und sei in Folge eines längerfristigen Sanierungsstaus oder einer nachlassenden Verkehrsnachfrage unumkehrbar, ist jedenfalls unter solchen Bedingungen nicht schützenswert (vgl. BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 5.07 - NVwZ 2009, 50/51 Rn. 19, 21).

c) Auch methodisch sind die zur Ermittlung etwaiger die verfassungsrechtliche Grenze der Gesundheitsbeeinträchtigung überschreitender Lärmimmissionen angestellten bereichsweisen Untersuchungen nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung der Kläger sind die als Mittelungspegel prognostizierten Beurteilungspegel nicht zu beanstanden. Diese Methodik ist von § 4 16. BImSchV vorgegeben und enthält besondere Zuschläge für die Lästigkeit der mit an- und abschwellendem Schienenverkehr verbundenen Geräusche. Für ein Abweichen von dieser Methodik besteht kein Anlass und ist von den Klägern auch nichts Durchgreifendes vorgetragen worden.

d) Die Kläger können auch unter sonstigen Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht mit Erfolg beanspruchen, die Lärmbelastung durch den Eisenbahnbetrieb auf dem strittigen Teilabschnitt auf einem niedrigeren Niveau gedeckelt zu erhalten. Soweit die Kläger behaupten, ihre Gebäude befänden sich in einem reinen Wohngebiet (WR) und seien deswegen besonders schutzwürdig, trifft dies schon im Ausgangspunkt nicht zu, so dass hierauf nicht weiter einzugehen ist. Ihre Grundstücke befinden sich außerhalb des nächst gelegenen Bebauungsplans und sind allenfalls als unbeplanter Innenbereich nach § 34 BauGB am Rande eines Wohngebiets zum Außenbereich einzuordnen. Eine solche, nur durch eine Bahnstrecke vom Außenbereich getrennte Lage führt zu einer Minderung des Schutzanspruchs, weshalb Betroffene keine Unterschreitung der für ihr Grundstück geltenden Immissionsrichtwerte erwarten können (NdsOVG, U. v. 24.6.2015 - 1 KN 79/14 - juris Rn. 28).

e) Das EBA hat auch zu Recht eine Verletzung der Kläger in ihrem Anspruch auf fehlerfreie Abwägung hinsichtlich betriebsbedingter Erschütterungen unter Zugrundelegung der DIN 4150 verneint, da das Vorhaben auch insoweit keine wesentliche Änderung einer Eisenbahn umfasst und keine unzumutbare Beeinträchtigung zu erwarten ist (PFB S. 91 ff., 121).

Hierzu hat die Beigeladene die o.g. Erschütterungstechnische Untersuchung vorgelegt, in der ein Referenz-Messquerschnitt bei Bahnkm 38,6 mit zwei Messorten bei Bahnkm 30,9 und 31,6 verglichen wurde, an denen die Bahnstrecke in Dammlage bzw. geländegleich verläuft. An einer Vorbeifahrt eines Zuges des künftig eingesetzten Typs „Agilis“ wurden die Messungen durchgeführt und erhebliche Änderungen der Erschütterungssituation verneint (ebenda S. 29 ff.). Soweit die Prognose nur mit dem Zugtyp Leichttriebwagen Agilis durchgeführt wurde und dessen Erschütterungssituation nicht jener von Güterzügen entspricht (vgl. Ergänzung zur gerichtlichen Anfrage vom 3.11.2015), wurde nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Erschütterungsanregung durch Güterzüge bei der Begutachtung mit einem im Mittel um 2,8 höheren Faktor angesetzt worden sei als jene des Personenschienenverkehrs (vgl. Ergänzung zur gerichtlichen Anfrage vom 3.11.2015). Daher ist auch nicht entscheidungserheblich, ob der künftige Personenverkehr mit dem Zugtyp Agilis oder einem anderen ähnlichen Triebzug durchgeführt wird, da - auch nach dem Vortrag der Kläger - keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die erschütterungsrelevanten Kennwerte der Zugtypen maßgeblich die rechtliche Vorbelastung übersteigen.

Soweit die Kläger eine mangelnde Aussagekraft der Erschütterungstechnischen Untersuchung mit der Behauptung rügen, der Untergrund unter den Grundstücken der Kläger unterscheide sich maßgeblich von einem der verwendeten Referenzmesspunkte, ist der Gutachter dem nachvollziehbar unter Vorlage einer geologischen Karte entgegengetreten, wonach im Bereich der Bahnstrecke Felsgestein liege, das in der Regel von einer etwa 2,50 m bis 3,50 m dicken tertiären Schluffschicht, einer etwa 1,00 m dicken quartären Schluffschicht und einer Humusschicht überlagert werde, ohne dass Anzeichen dafür vorlägen, dass sich die Untergrundverhältnisse zwischen dem Wohnanwesen und den Referenzmesspunkten maßgeblich unterschieden (vgl. Ergänzung zur gerichtlichen Anfrage vom 3.11.2015).

6. Soweit die Kläger eine mittelbare Eigentumsbeeinträchtigung als Existenzgefährdung durch befürchtete Schall- und Erschütterungsimmissionen aus dem künftigen Bahnbetrieb zulasten ihrer vermieteten Wohnhäuser rügen, führt dies nicht zu einem Teilerfolg ihrer Klage. Der Mietwert einer Immobilie ist nicht der Höhe nach garantiert, sondern nur im Rahmen der Gesetze geschützt und stellt daher keinen eigenständigen Abwägungsposten dar, sondern wird nur über die faktischen Auswirkungen des Vorhabens erfasst (vgl. BVerwG, U. v. 9.2.2005 - 9 A 80/03 - BayVBl 2005, 698/699). Die Häuser können rechtlich und tatsächlich nach wie vor zur Vermietung genutzt werden; künftig etwa sinkende Erträge sind von der nur den Bestand des Eigentums schützenden Eigentumsgarantie aber nicht umfasst. Insofern hat das EBA zu Recht eine entschädigungspflichtige Eigentumsbeeinträchtigung verneint (PFB S. 96 f.).

II.

Die gestellten Hilfsanträge sind nach dem Vorstehenden ebenfalls unbegründet, insbesondere haben die Kläger keinen Anspruch auf aktiven oder passiven Schallschutz und sind etwaige Ansprüche auf Entschädigung auch nicht gegeben.

Kosten: § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO. Der Verwaltungsgerichtshof hat - angeregt durch die Kläger - erwogen, ob die Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorbelastung bei der Wiederinbetriebnahme teilungsbedingt stillgelegter Eisenbahnstrecken grundsätzliche Bedeutung haben könnte. Jedoch ist die maßgebliche rechtliche Situation - hier ausdrücklich stillgelegte, aber nicht von Bahnbetriebszwecken freigestellte Eisenbahnstrecke, nicht ganz unerwartete Wiederaufnahme des Betriebs nach hier nur fast zwanzigjährigem Betriebsstillstand, Schutzbegehren der Anlieger - eher weniger kontinuitätsunterbrechend, so dass die Heranziehung der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für diesen Fall nahezu zwingend erscheint.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 34.2, 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).

(1) Betriebsanlagen einer Eisenbahn einschließlich der Bahnfernstromleitungen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Wird eine bestehende Betriebsanlage einer Eisenbahn erneuert, liegt nur dann eine Änderung im Sinne von Satz 1 vor, wenn der Grundriss oder der Aufriss der Betriebsanlage oder beides wesentlich geändert wird. Eine wesentliche Änderung des Grundrisses oder Aufrisses einer Betriebsanlage im Sinne von Satz 4 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um diese vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt.

(1a) Für folgende Einzelmaßnahmen, die den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn vorsehen, bedarf es keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht:

1.
die Ausstattung einer bestehenden Bahnstrecke mit einer Oberleitung einschließlich dafür notwendiger räumlich begrenzter baulicher Anpassungen, insbesondere von Tunneln mit geringer Länge oder von Kreuzungsbauwerken,
2.
die im Rahmen der Digitalisierung einer Bahnstrecke erforderlichen Baumaßnahmen, insbesondere die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Signal- und Sicherungstechnik des Standards European Rail Traffic Management System (ERTMS),
3.
der barrierefreie Umbau, die Erhöhung oder die Verlängerung von Bahnsteigen,
4.
die Errichtung von Lärmschutzwänden zur Lärmsanierung,
5.
die Herstellung von Überleitstellen für Gleiswechselbetriebe,
6.
die Herstellung von Gleisanschlüssen bis 2 000 Meter und von Zuführungs- und Industriestammgleisen bis 3 000 Meter.
Für die in Satz 1 Nummer 1 bis 6 genannten Einzelmaßnahmen ist keine weitere baurechtliche Zulassung erforderlich; landesrechtliche Regelungen bleiben unberührt. Werden durch das Vorhaben private oder öffentliche Belange einschließlich der Belange der Umwelt berührt, kann der Träger des Vorhabens die Feststellung des Planes nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Ungeachtet dessen hat sich der Träger des Vorhabens vor Durchführung einer Einzelmaßnahme im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 und 2 durch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr vor der Durchführung bestätigen zu lassen, dass keine militärischen Belange entgegenstehen. Kann für das Vorhaben die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen, hat der Träger des Vorhabens bei der Planfeststellungsbehörde den Antrag nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu stellen. Satz 1 Nummer 1 und 2 ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass Vorgaben über die Errichtung und über wesentliche Änderungen von Anlagen eingehalten sind, die in einer elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder betreffenden und auf Grund von § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 48b des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 erlassenen Rechtsverordnung enthalten sind.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder öffentlich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 17 bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Vorhabenträger zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 18e Absatz 1, ist § 18e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

(3) Unterhaltungsmaßnahmen bedürfen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung.

(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.

(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.

(2) Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auf, so kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Sie sind dem Träger des Vorhabens durch Beschluss der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so richtet sich der Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Werden Vorkehrungen oder Anlagen im Sinne des Satzes 2 notwendig, weil nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens auf einem benachbarten Grundstück Veränderungen eingetreten sind, so hat die hierdurch entstehenden Kosten der Eigentümer des benachbarten Grundstücks zu tragen, es sei denn, dass die Veränderungen durch natürliche Ereignisse oder höhere Gewalt verursacht worden sind; Satz 4 ist nicht anzuwenden.

(3) Anträge, mit denen Ansprüche auf Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach Absatz 2 Satz 2 und 4 geltend gemacht werden, sind schriftlich an die Planfeststellungsbehörde zu richten. Sie sind nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen des dem unanfechtbar festgestellten Plan entsprechenden Vorhabens oder der Anlage Kenntnis erhalten hat; sie sind ausgeschlossen, wenn nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands 30 Jahre verstrichen sind.

(4) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

III.

Der Streitwert wird auf 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Plangenehmigung der Regierung von Oberfranken vom 26. November 2014 zur Errichtung von zwei Brückenbauwerken im Zuge der Staatsstraße ... „S.-Landesgrenze“ (Ortsumgehung E.) und die Untersagung weiterer Baumaßnahmen in diesem Bereich.

Im Zuge des Neubaus der Ortsumgehung E. war die zum damaligen Zeitpunkt stillgelegte Bahnstrecke S./P.-... an zwei Stellen unterbrochen worden. Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberfranken vom 30. August 2002 sah insoweit für einen später eventuell wieder aufzunehmenden Bahnbetrieb die Errichtung der dann erforderlichen, in den Plänen bereits optional dargestellten Brückenbauwerke (Brücke über die Bahnlinie am B...weg und Eisenbahnbrücke über die St ... im Bereich des Einschnitts) durch den Straßenbaulastträger vor. Nachdem die Verkehrsminister der Tschechischen Republik und des Freistaats Bayern die Reaktivierung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs zwischen H.-.../P./E. beschlossen hatten, erteilte die Regierung von Oberfranken nach Durchführung eines Plangenehmigungsverfahrens am 26. November 2014 die Plangenehmigung für die Errichtung der beiden Brückenbauwerke und ordnete den Sofortvollzug an. Die Reaktivierung der Eisenbahnstrecke wurde durch das Eisenbahnbundesamt mit sofort vollziehbar erklärtem Planfeststellungsbeschluss vom 19. Juni 2015 festgestellt.

An der Bahnstrecke, auf der ab dem 13. Dezember 2015 (Fahrplanwechsel) der planmäßige Verkehr aufgenommen werden soll, sowie an den Brückenbauwerken, werden bereits Bauarbeiten durchgeführt.

Die Antragsteller haben gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamts Anfechtungsklagen zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erhoben, über die noch nicht entschieden ist (Az. 22 A 15.40023 und 22 A 15.40025). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses des Eisenbahnbundesamts vom 19. Juni 2015 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. August 2015 (Az. 22 AS 15.40024, 22 AS 15.40026) aufgehoben, im Übrigen sind die Anträge der Antragsteller in diesen Verfahren abgelehnt worden. Mit Bescheid vom 31. August 2015 hat das Eisenbahn-Bundesamt eine neue Anordnung des Sofortvollzugs erlassen.

Gegen die Plangenehmigung der Regierung von Oberfranken vom 26. November 2014 haben die Antragsteller Klage erhoben, über die das Verwaltungsgericht Bayreuth noch nicht entschieden hat. Den Antrag, die aufschiebende Wirkung dieser Klage wiederherzustellen, hilfsweise die sofortige Vollziehung des Plangenehmigungsbeschlusses aufzuheben, dem Antragsgegner aufzugeben, die Bauarbeiten zur Errichtung der beiden Brückenbauwerke einzustellen und weitere Maßnahmen zur Ausführung des plangenehmigten Vorhabens zu unterlassen, und ihm bis zur endgültigen Entscheidung über den Eilantrag die weitere Bauausführung zu untersagen, hat das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 4. August 2015 abgelehnt. Hier

gegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht dargelegten Beschwerdegründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage und Untersagung weiterer Baumaßnahmen zu Recht abgelehnt, weil es an der erforderlichen Antragsbefugnis der Antragsteller entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO fehlt.

Die nicht grundstücksbetroffenen Antragsteller rügen einen Verstoß gegen § 78 VwVfG, weil nach ihrer Rechtsauffassung für die beiden Brückenbauwerke kein isoliertes Plangenehmigungsverfahren hätte durchgeführt werden dürfen, sondern diese als notwendiger Teil der Strecke im eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren hätten mitbehandelt werden müssen. Soweit in der Beschwerdebegründung die aufgeführte Norm als „Art.“ bezeichnet ist, handelt es sich offensichtlich um ein Schreibversehen, da eine Berufung auf die landesrechtliche Vorschrift des Art. 78 BayVwVfG hier schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil sich die von den Antragstellern angenommene (im Beschluss des BayVGHvom 27. August 2015 - 22 AS 15.40024, 22 AS 15.40026 - allerdings in Zweifel gezogene) Planfeststellungspflicht der Wiederinbetriebnahme der Eisenbahnlinie nach den bundesrechtlich geregelten Bestimmungen des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (§§ 18 ff. AEG) richtet. Dessen ungeachtet ist das Vorbringen in der Beschwerdebegründung nicht geeignet, eine mögliche Rechtsverletzung der Antragsteller zu begründen.

Wie die Antragsteller selbst einräumen, kann ein Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens die Befugnis zur Anfechtung der getroffenen Verwaltungsentscheidung grundsätzlich nicht allein aus der Verletzung der ihn betreffenden Verfahrensvorschriften herleiten; etwas anderes gilt nur dann, wenn diese Vorschriften den Betroffenen in spezifischer Weise und unabhängig vom materiellen Recht eine eigene, selbstständig durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtsposition gewähren wollen. Ob die Verwaltungsvorschrift mit einer eigenen Schutzfunktion zugunsten einzelner ausgestattet ist, richtet sich nach deren Zielrichtung und Schutzzweck. Aus ihrem Regelungsgehalt muss sich ergeben, dass der Begünstigte unter Berufung allein auf einen ihn betreffenden Verfahrensmangel, also ohne Rücksicht auf das Entscheidungsergebnis in der Sache, die Aufhebung bzw. den Erlass einer verfahrensrechtlich gebotenen behördlichen Entscheidung gerichtlich durchsetzen können soll (st. Rspr., vgl. zuletzt BVerwG, B. v. 4.4.2012 - 9 B 95/11 - juris Rn. 7 m. w. N.; BayVGH, U. v. 9.8.2012 - 8 A 11.40036 - juris Rn. 25).

Danach können sich die Antragsteller nicht darauf berufen, dass für die Reaktivierung des Teilabschnitts A...-.../P.-... der Eisenbahnstrecke 5027 und für die Errichtung der beiden Brückenbauwerke, die Gegenstand der streitbefangenen Plangenehmigung vom 26. November 2014 sind, nur ein Planfeststellungsverfahren gemäß § 78 Abs. 1 VwVfG hätte durchgeführt werden dürfen. Nach dieser Vorschrift findet für mehrere selbstständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren (davon für mindestens eines bundesgesetzlich) vorgeschrieben sind, nur ein Planfeststellungsverfahren statt, wenn für diese Vorhaben nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist. Ungeachtet der Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung hier vorliegen, erweist sich die angefochtene Entscheidung als zutreffend. Denn durch § 78 Abs. 1 VwVfG wird dem vorhabenbetroffenen Dritten keine selbstständig durchsetzbare Verfahrensposition eingeräumt. Vielmehr werden hierdurch ausschließlich die Zuständigkeit und das Verfahrensrecht geregelt, wenn mehrere Vorhaben zusammentreffen. Die Frage, inwieweit subjektive Rechte Dritter berührt sind, wird dagegen ausschließlich nach dem materiellen Recht entschieden und hängt nicht davon ab, ob über die Zulassung des Vorhabens in einer gesonderten Planfeststellung oder gemeinsam mit anderen Vorhaben in einem einheitlichen Planfeststellungsverfahren entschieden wird (BVerwG, U. v. 26.4.2007 - 4 C 12/05 - BVerwGE 128, 358 Rn. 28).

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Antragsteller geltend machen, in dem Verfahren gegen den eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluss vom 19. Juni 2015 keine Einwendungen gegen die beiden Brückenbauwerke vorbringen zu können. Denn die Antragsteller haben nicht einmal ansatzweise dargetan, in welcher Rechtsposition sie durch die Zulassung der Brückenbauwerke betroffen sein könnten. Wie sie selbst einräumen, werden sie hierdurch in ihrem Grundeigentum nicht betroffen, vielmehr werden die beiden Bauwerke in einer Entfernung von etwa 400 m bzw. knapp 600 m zu den in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken errichtet. Aber auch eine mittelbare Betroffenheit der Antragsteller in sonstigen Rechtspositionen ist im Hinblick auf die Brückenbauwerke nicht ersichtlich. Die von ihnen geltend gemachten Beeinträchtigungen zielen vielmehr ausschließlich auf die Wiederaufnahme der Bahnstrecke, insbesondere auf die hierdurch hervorgerufene Lärmbelastung. Diese können sie jedoch, wie auch geschehen, im Verfahren gegen den eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluss geltend machen. Eine Beeinträchtigung durch die Brückenbauwerke wird dagegen von ihnen selbst nicht behauptet. Ein Rechtsverlust der Antragsteller durch die getrennt geführten Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahren des Eisenbahnbundesamts bzw. der Regierung von Oberfranken ist daher nicht erkennbar.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Standort der beiden Brückenbauwerke durch den Verlauf der reaktivierten Bahnstrecke vorgegeben ist. Denn ihre Errichtung ist zwar Voraussetzung für die geplante erneute Inbetriebnahme der Bahnlinie; ob die - ausschließlich - hiergegen erhobenen Einwendungen der Antragsteller durchgreifen, bleibt aber der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses in dem bereits beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren vorbehalten.

Nachdem der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bereits wegen der fehlenden Antragsbefugnis der Antragsteller unzulässig ist, sind Ausführungen zu den formellen und materiellen Voraussetzungen der Anordnung des Sofortvollzugs nicht mehr veranlasst.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO.

3. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffer 34.2.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird der Streitwert gegenüber der Hauptsache halbiert (Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Treffen mehrere selbständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, derart zusammen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist, und ist mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich geregelt, so findet für diese Vorhaben oder für deren Teile nur ein Planfeststellungsverfahren statt.

(2) Zuständigkeiten und Verfahren richten sich nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren, das für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, so entscheidet, falls nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften mehrere Bundesbehörden in den Geschäftsbereichen mehrerer oberster Bundesbehörden zuständig sind, die Bundesregierung, sonst die zuständige oberste Bundesbehörde. Bestehen Zweifel, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist, und sind nach den in Betracht kommenden Rechtsvorschriften eine Bundesbehörde und eine Landesbehörde zuständig, so führen, falls sich die obersten Bundes- und Landesbehörden nicht einigen, die Bundesregierung und die Landesregierung das Einvernehmen darüber herbei, welche Rechtsvorschrift anzuwenden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.