Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 24. Aug. 2016 - 6 K 79/16
Gericht
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Ziffer 5 der Allgemeinverfügung vom 16. Dezember 2015 rechtswidrig gewesen ist.
Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist der „Q. “ der „Hells Angels MC T. “ und wendet sich gegen das im Rahmen einer Allgemeinverfügung erlassene „Kuttentrageverbot“.
3Mit Allgemeinverfügung vom 16. Dezember 2015 untersagte die Beklagte das Tragen oder Mitführen von Bekleidungsstücken, die mit Abzeichen, Emblemen, Schriftzügen, Colours oder sonstigen Kennzeichnungen diverser, im Einzelnen benannter (Motorrad-)Gruppierungen - u.a. auch der „Hells Angels MC“ - versehen sind. Das Verbot galt auch für Kleidungsstücke, die in Text, Bild oder Zeichen den Namen, das Symbol oder sonstige Kennzeichnungen einer Zugehörigkeit oder Unterstützung der genannten Gruppen wiedergeben. Ferner war die Wiedergabe der Schriftzüge und Parolen „Respect Few, Fear None“ und „Expect no mercy“, des Signums „1%er“ oder „1%“ in einer Raute und der Bezeichnungen „Outlaw Motorcycle Gang“ oder „Outlaw Motorcycle Club“ verboten (Ziffer 1). Der räumliche Geltungsbereich wurde in Ziffer 2 der Allgemeinverfügung sowie in den in der Anlage zur Allgemeinverfügung beigefügten Karten ausgewiesen und umfasste insgesamt sechs Plätze bzw. Straßenabschnitte in der Aachener Innenstadt. Die Verbote galten zeitlich vom 19. Dezember 2015 an und waren bis zum 10. Februar 2016 (Aschermittwoch) befristet. Zudem galten sie nur während bestimmter, in Ziffer 3 der Allgemeinverfügung dargestellter Tages- und Nachtzeiten (montags bis freitags ab 17.00 Uhr, sonntags und samstags ab 14.00 Uhr und jeweils bis 3.00 Uhr des Folgetages), wobei diese für den Bereich des Aachener Weihnachtsmarktes während dessen Bestehen - also bis zum 23. Dezember 2015 - abwichen und an dessen Öffnungszeiten angepasst waren (täglich von 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr). Ab dem 24. Dezember 2015 galten dann auch für den Bereich des Aachener Weihnachtsmarktes die gleichen Tages- und Nachtzeiten wie für die anderen Bereiche. Ferner ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung der Allgemeinverfügung an (Ziffer 4) und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs (Ziffer 5) an. Die Allgemeinverfügung wurde am 18. Dezember 2015 in der Aachener Zeitung und den Aachener Nachrichten veröffentlicht. Als Tag der Bekanntgabe wurde der auf die Veröffentlichung in den Aachener Tageszeitungen folgende Tag bestimmt (Ziffer 9).
4Den Erlass der Allgemeinverfügung begründete die Beklagte im Wesentlichen mit der Abwehr von den von derartigen Kleidungsstücken ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit, die nicht zuletzt durch die in den Monaten vor dem Erlass der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung stattgefundene Zunahme von Straftaten und Aggressionen zwischen rivalisierenden (Motorrad‑)Gruppierungen im Aachener Stadtgebiet und der näheren Umgebung von Aachen entstanden seien. Mitglieder, Anwärter und Unterstützer der genannten (Motorrad-)Gruppierungen träten in der Öffentlichkeit erfahrungsgemäß regelmäßig mit Bekleidungsstücken auf, die mit Abzeichen und Emblemen der jeweiligen Gruppierung versehen seien, um damit die gemeinsame Gesinnung zum Ausdruck zu bringen sowie ein Erkennungszeichen zu etablieren. Das Tragen derartiger, in Ziffer 1 der Allgemeinverfügung benannter Bekleidungsstücke in der Öffentlichkeit - insbesondere auch anlässlich sog. „Schauläufe“ - habe bereits häufig zu Provokationen und schlussendlich auch zur Anwendung massiver Gewalt geführt. Insbesondere der Konflikt zwischen dem in Aachen ansässigen - erst im Juli 2015 gegründeten - Charter der „Hells Angels MC B. “ sowie des ebenfalls im Nahbereich angesiedelten Chapters der „Bandidos MC“ und den jeweiligen Unterstützungsgruppierungen verschärfe sich spürbar. Seien noch vor September 2015 selbstdefinierte Machtansprüche überwiegend durch „Schauläufe“ kundgetan worden, habe seitdem die Begehung von Straftaten zwischen den rivalisierenden (Motorrad-)Gruppierungen erheblich zugenommen. In zunehmendem Maße würden darüber hinaus Dritte Opfer von Sachbeschädigungen oder gar körperlichen Verletzungen. Unter den verfeindeten Rockergruppierungen in Aachen und Umgebung seien Macht- und Revierkämpfe entbrannt, bei denen nicht nur - nahezu täglich - Schauläufe in einer die Bevölkerung einschüchternden Wirkung stattfänden, sondern vielmehr Revieransprüche durch die Begehung massiver Straftaten im Rahmen organisierter Kriminalität im Vordergrund stünden. Nach der polizeilichen Erfahrung sei insbesondere zu besorgen, dass das zur Schau stellen des Namens, des Symbols oder sonstiger Kennzeichnungen einer Zugehörigkeit oder der Unterstützung einer solchen Gruppierung Angehörige anderer Gruppierungen dazu bewege, diese Person mit körperlicher Gewalt anzugreifen. Das Fehlen derartiger Kennzeichnungen erschwere eine Identifizierung als Rocker deutlich, so dass sich die Gefahr von Auseinandersetzungen verfeindeter Rockergruppierungen dadurch einschränken lasse. Die Allgemeinverfügung sei - insbesondere auch im Hinblick auf die zeitlichen und örtlichen Beschränkungen - verhältnismäßig.
5Hiergegen hat der Kläger am 16. Januar 2016 Klage erhoben.
6Zu deren Begründung trägt er folgende Einwände vor:
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Zunächst sei die Beklagte bereits unzuständig gewesen, da sie die Allgemeinverfügung nicht in eigener Verantwortung und Zuständigkeit erlassen, sondern nur als Instrument des Polizeipräsidiums gehandelt habe. Sie habe weder eigene Erkenntnisse noch eigene Bewertungen eingebracht, so dass hier voneinander getrennte sachliche Zuständigkeiten in unzulässiger Weise miteinander vermengt worden seien.
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Ferner genüge die Allgemeinverfügung nicht den Anforderungen des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW, da unklar sei, welche Bekleidungstücke, Abzeichen, Colours, Embleme oder sonstige Kennzeichen gemeint seien. Dies gelte insbesondere für Personen, die sich mit der Rockerszene nicht besonders gut auskennen würden. Hinsichtlich der Bewegung der „Hells Angels“ stelle sich die Frage, ob allein deren Vereinswappen oder auch andere auf den Jacken der Mitglieder der Bewegung anzutreffenden Schriftzüge und Symbole wie beispielsweise die Zahl „81“, die Buchstaben „HA“, die Schriftzüge „Big Red Machine“ und „Red & White“ sowie die Losungen „AFFA“ und „Angels Forever, Forever Angels“ von dem Verbot erfasst seien. Die sich aus der im Verwaltungsvorgang vorhandenen Übersicht der Colours im Aachener Bereich ergebenden Schriftzüge, wie beispielsweise „Westfront“, „Kelmis“ sowie die Bezeichnung „Nomads“, ließen sich keinem bestimmten Rockerverein zuordnen, was den Verdacht nahe lege, dass ein willkürliches Vorgehen gegen all diejenigen Personen habe ermöglicht werden sollen, die nach Auffassung der Beklagten nicht nach Aachen gehörten. Auch sei hinsichtlich des Zusatzes, wonach von dem Verbot auch Kleidungsgegenstände erfasst sein sollten, die in Text, Bild oder Zeichen den Namen, das Symbol oder sonstige Kennzeichnungen einer Zugehörigkeit oder Unterstützung der genannten Gruppen wiedergeben würden, eine Bestimmbarkeit nicht gegeben. Ferner erscheine die Untersagung der der Bewegung der „Mongols MC“ zuzurechnenden Losung „Respect Few, Fear None“ sowie der sog. 1%-er-Abzeichen willkürlich. Ebenso sei die Untersagung der Verwendung der Bezeichnungen „Outlaw Motor-cycle Gang“ und „Outlaw Motorcycle Club“ nicht nachvollziehbar, da diese Bezeichnungen in der Rockerszene nicht genutzt würden. Schließlich handele es sich bei dem Verbot von „Kennzeichen einer Zugehörigkeit oder Unterstützung der genannten Gruppen“ um eine so weitreichende und für die Adressaten der Allgemeinverfügung unklare Bestimmung, dass es der behördlichen Willkür „Tür und Tor öffne“.
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Des Weiteren könne das Vorliegen einer konkreten Gefahr ausgeschlossen werden. Dies gelte schon deswegen, weil die Beklagte das Vorliegen einer solchen nicht auf eigene Erkenntnisse gestützt, sondern die von der Polizei übermittelten Vorlagen ohne inhaltliche Prüfung übernommen habe. Zudem seien die von der Polizei angeführten Ermittlungsverfahren zum Zeitpunkt des Erlasses der Allgemeinverfügung nicht abgeschlossen gewesen. Daher habe eine Gefahrenprognose überhaupt nicht stattgefunden und man könne vorliegend allenfalls einen Gefahrenverdacht annehmen, der aber nicht zum Erlass einer Allgemeinverfügung berechtige.
Eine konkrete Gefahr könne auch nicht aus den von der Beklagten vorgelegten Berichten des Landeskriminalamts NRW zur Rockerkriminalität in NRW (Berichtszeitraum 06.2015 bis 06.2016) sowie des Polizeipräsidiums Aachen vom 2. Juni 2016 zur Bekämpfung der Rockerkriminalität hergeleitet werden. Zunächst würden sämtliche, in diesen Berichten enthaltene Behauptungen und Tatsachen mangels Nachprüfbarkeit bestritten. Zudem seien in dem Bericht des Polizeipräsidiums Aachen vom 2. Juni 2016 Taten unbekannter oder vermuteter Täter (02.7, 02.17, 02.18, 02.26, 20.19) sowie von vermummten Personen (02.10) aufgenommen worden. Der Bericht des Landeskriminalamts NRW enthalte darüber hinaus unrichtige Definitionen. Soweit dort die Rockergruppe als Zusammenschluss mehrerer Personen mit strengem hierarchischem Aufbau verstanden werde, so entspreche dies nicht der Realität, da Rockergruppen in der Regel demokratisch strukturiert seien. Die Vorsitzenden der lokalen, rechtlich selbständigen Vereine hätten kein Direktions- oder Weisungsrecht und würden das lokale Charter nur nach außen vertreten. Hierarchie sei überdies nicht per se etwas Negatives. Überdies seien die Rockerbewegungen so vielfältig, dass sich eine pauschale Zuschreibung und undifferenzierte Kategorisierung und Typisierung verbiete. Soweit der Begriff „Outlaw Motorcycle Gang“ verwendet werde und damit die kriminelle Ausrichtung der zu der Bewegung der „Hells Angels“ gehörenden selbständigen und nicht verbotenen Vereine suggeriert werden solle, sei dem entgegen zu halten, dass die Bezeichnung als „Outlaws“ auf einen Bruch der Rockervereine mit der „American Motorcyclist Association“ zurückzuführen sei und keinen Nachweis für eine kriminelle Ausrichtung darstelle.
14Auch soweit die Beklagte die auf den Seiten 2 bis 6 ihrer Klageerwiderung vom 4. Juli 2016 aufgelisteten Vorfälle zur Begründung einer konkreten Gefahr heranziehe, könne dem nicht gefolgt werden, da eine Zurechnung zum Rockermilieu bestritten werde. Bislang handele es sich insoweit um bloße Meinungskundgaben und keine Tatsachen. Es sei fraglich, aufgrund welcher Tatsachen und Schlussfolgerungen eine derartige Zuordnung vorgenommen worden sei. Außerdem müssten, wenn die „Aktivitäten“ einer konkreten Person zugeordnet werden könnten, die Ursachen erforscht werden. Eine Tat, die von einem Mitglied eines Rockervereins begangen werde, müsse nicht zwangsläufig ihren Ursprung in dessen Mitgliedschaft bzw. in Rivalitäten zwischen den Rockervereinen finden, sondern könne auch auf persönlichen Beziehungen beruhen. Überdies würden diese Vorfälle allenfalls eine Involvierung des „Hells Angels MC B. “ und des „Hells Angels MC N. “ belegen. Der Kläger könne aber nicht als Mitglied der „Hells Angels MC T. “ im Zuge einer unzulässigen verallgemeinernden Betrachtung unter Generalverdacht gestellt und als potentieller Gefährder kriminalisiert werden. Der Beklagten würden nicht die für die Annahme einer Gefahr erforderlichen abgesicherten Erkenntnisse über die Einzelheiten und die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen konkreten Gefahrenprognose vorliegen.
15Doch selbst, wenn man die von der Beklagten und der Polizei benannten Vorfälle im Rahmen der Gefahrenprognose heranziehe, könne daraus keine konkrete Gefahr hinsichtlich aller drei Regelungsgegenstände (Bekleidungsstücke, Örtlichkeiten und Zeiten) folgen. Dem Kläger sei es weder verboten, Bekleidungsstücke zu tragen, die auf die Zugehörigkeit zur Bewegung der „Hells Angels“ sowie des Vereins „Hells Angels MC T. “ hinweisen würden noch lägen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass sich Mitglieder der „Hells Angels MC“ in entsprechender Bekleidung in den streitgegenständlichen Bereichen der Aachener Innenstadt gemeinsam positionieren würden, um Macht zu demonstrieren und verfeindete Motorradclubs zu provozieren. Des Weiteren würden die von der Beklagten aufgelisteten Aktivitäten auch deshalb keine besondere Gefährdung des räumlichen Geltungsbereichs der Allgemeinverfügung belegen, da es sich bei den angeführten Vorkommnissen ganz überwiegend um rechtlich zulässigen Freiheitsgebrauch handele. So sei auch ein „Schaulaufen“ vom kommunikativen Gemeingebrauch öffentlicher Straßen und Plätze erfasst, weshalb ein rechtswidriges oder gefährliches Tun insoweit nicht festzustellen sei. Insbesondere für den Aachener Weihnachtsmarkt sei das Bestehen einer besonderen Gefährdungslage unverständlich. Es habe bundesweit noch keinen einzigen Vorfall gegeben, bei dem Mitglieder von Rockervereinen auf einem Weihnachtsmarkt aneinander geraten wären.
16Die von der Beklagten vorgelegten Presseberichte seien im Rahmen der Prüfung des Vorliegens einer konkreten Gefahr unbeachtlich, da es sich insoweit nicht um Tatsachen handele, die für eine Gefahrenprognose herangezogen werden könnten. So betreffe kein Presseartikel den Verein der „Hells Angels MC T. “ oder den Kläger, vielmehr würden sich zahlreiche Berichte mit legalen Tätigkeiten, wie beispielsweise Versammlungen und Partys, befassen. Unzutreffend seien darüber hinaus diverse in der Allgemeinverfügung aufgestellte Behauptungen.
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Die Allgemeinverfügung verstoße ferner gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie Bestandteil einer umfassenden und auf allen Ebenen der grundrechtlichen Betätigung einschneidenden Diskriminierungs- und Stigmatisierungs-strategie sei, was das Strategiepapier der Innenministerkonferenz zur Bekämpfung der Rockerkriminalität sowie der Projektarbeit des Landes Nordrhein-Westfalen zur Bekämpfung der Rockerkriminalität aufzeigen würden. Hieraus ergebe sich insbesondere, dass gegen Rocker im Rahmen der Bewegung in öffentlichen Verkehrsräumen, der Berufsausübung, der Besteuerung, des Ordnungs- und Gefahrenabwehrrechts sowie zahlreicher weiterer die freie Grundrechtsausübung betreffenden Bereiche vorgegangen werden solle. Hinsichtlich solcher additiver Grundrechtseingriffe seien nach der Rechtsprechung des Bundesver-fassungsgerichts die polizeilichen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit und nicht als Einzelmaßnahmen zu betrachten und zu bewerten. Mithin stünde nicht die Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Vordergrund, sondern ein politisches Bekenntnis, welches sich gegen die Mitglieder von Rockervereinen richte. Außerdem sei die Beklagte mangels Sachkenntnis zu einer differenzierenden Betrachtung nicht imstande, was nicht zuletzt dadurch belegt werde, dass sie mit der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung auch den Wahlspruch des „Mongols MC“ „Respect few, Fear None“ verboten habe, jedoch keine Vorfälle benannt habe, die auf eine Aktivität dieser Gruppierung hindeuteten.
Nachdem der Kläger ursprünglich beantragt hat, die angefochtene Allgemeinverfügung aufzuheben, hat er nach Ablauf des zeitlichen Geltungsbereichs der Allgemeinverfügung mit Schriftsatz vom 30. Mai 2015 seinen ursprünglichen Antrag auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt.
20Die Klagebefugnis ergebe sich vorliegend aus einer möglichen Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit. Der Kläger habe einen Besuch des Aachener Weihnachtsmarkts unter öffentlicher Verwendung der Symbole seines Vereins geplant. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich vorliegend aus der Wiederholungsgefahr sowie aus dem Gedanken des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG
21Der Kläger beantragt nunmehr,
22festzustellen, dass die Allgemeinverfügung vom 16. Dezember 2015 über ein Trage- und Mitführverbot von Bekleidungsstücken mit Abzeichen, Emblemen und Schriftzügen, Colours oder sonstigen Kennzeichen von nicht verbotenen Motorradgruppierungen rechtswidrig gewesen ist.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags führt sie aus:
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Die Tatsache, dass sie im Rahmen ihrer Zuständigkeit gehandelt habe, ergebe sich zunächst daraus, dass sie die Allgemeinverfügung erlassen habe. Ein kollusives Zusammenwirken der Behörden bei der die Beklagte nur als Instrument aufgetreten sei, liege schon deshalb nicht vor, weil weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft in der Lage seien, die Beklagte zu „steuern“. Vielmehr stelle sie eine rechtlich selbständige Behörde dar, die die streitgegenständliche Allgemeinverfügung autonom erlassen habe. Sie habe den Sachverhalt sowie die daraus resultierende Gefährdungslage intern intensiv erörtert und sich anschließend der in dem Entwurf der Polizei enthaltenen Lage- und Gefährdungsbewertung inhaltlich vollumfänglich angeschlossen. Änderungen seien im Bereich der Zwangsmittelandrohung vorgenommen worden. Zudem sei der Entwurf gekürzt worden.
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Vorlage für diese Allgemeinverfügung sei das „Kuttentrageverbot Cranger Kirmes“ gewesen, dessen Bestimmtheit in den hierzu erst- und zweitinstanzlich geführten Gerichtsverfahren detailliert geprüft und bejaht worden sei. In diesem Fall sei insbesondere auch die Formulierung „sonstige Kennzeichen der im Einzelnen aufgeführten Rocker-Motorradgruppierungen“ als hinreichend bestimmt angesehen worden. In der Allgemeinverfügung werde deutlich zum Ausdruck gebracht, welche Kleidungsstücke im räumlichen Geltungsbereich der Allgemeinverfügung nicht getragen bzw. nicht mitgeführt werden dürften. Es sei ausreichend, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt der Allgemeinverfügung, insbesondere ihrer Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lasse. Auch das OVG Bremen habe sich in seiner Entscheidung vom 21. Oktober 2011 (Az. 1 B 162/11) detailliert mit der Bestimmtheit der dem Verfahren zugrunde liegenden Allgemeinverfügung auseinander gesetzt. Danach würden Rockergruppen über unverwechsel-bare, auffällige Abzeichen, Embleme, Schriftzüge, Colours und sonstige Kennzeichen verfügen, durch die jeweils eine eindeutige Zuordnung zu den Gruppen bezweckt werde. Des Weiteren komme es auf die Frage, ob es sich bei den genannten (Motorrad‑)Gruppierungen um verbotene oder nicht verbotene Vereine handele, im Rahmen der Bestimmtheit nicht an.
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Die in Abgrenzung zu einem bloßen Gefahrenverdacht erforderliche, genügend abgesicherte Prognose eines drohenden Schadenseintrittes sei vorliegend gegeben. Die der Beklagten zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung vorliegenden Erkenntnisse rechtfertigten die Einschätzung, dass es in den streitgegenständlichen Bereichen jederzeit zu gewalttätigen Auseinandersetzungen habe kommen können, falls Angehörige der rivalisierenden (Motorrad‑)Gruppierungen aufeinander gestoßen wären. Da im Schadensfall hochrangige Schutzgüter - Leib und Leben von Menschen - betroffen gewesen wären und das Ausmaß eines möglichen Schadens besonders groß habe ausfallen können, habe schon die entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts für die Annahme einer konkreten Gefahr genügt.
Der „Rockerkrieg“ und die damit verbundene Gefahrenlage habe vor Erlass der Allgemeinverfügung nicht nur die Beklagte, sondern auch die Polizei und Staatsanwaltschaft beschäftigt, da dieser ein bedeutendes Thema in der Aachener Öffentlichkeit gewesen sei. Zwischen der Beklagten, der Polizei und der Staatsanwaltschaft habe daher ein intensiver Informationsaustausch stattgefunden, im Rahmen dessen die Beklagte die zur Beurteilung der Gefahrenlage notwendigen Informationen eingeholt habe. Die Beklagte sei auch vor dem Hintergrund, dass die Polizei nicht wie die Beklagte ausschließlich zur Gefahrenabwehr, sondern darüber hinaus insbesondere auch für die Strafverfolgung und damit für die Rockerkriminalität zuständig sei, auf deren Informationen und Expertise angewiesen. Der erste Entwurf der Allgemeinverfügung sei sodann von der Aachener Polizei gefertigt und der Beklagten am 3. Dezember 2015 übersandt worden. In diesem Entwurf habe die Polizei ihre zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnisse sowie ihre Gefährdungsbewertung, die sie noch einmal explizit in dem Bericht zur Bekämpfung der Rockerkriminalität vom 2. Juni 2016 dargelegt habe (BA II) aufgezeigt. Hinsichtlich der konkreten Vorfälle, die der Polizei zur Kenntnis gelangt und von ihr dem Rockermilieu zugerechnet worden seien, sowie derer, die unmittelbar vor Erlass der Allgemeinverfügung in der Stadt B. und Umgebung aufgetreten und an denen Rocker beteiligt gewesen seien, wird auf die Klageerwiderung der Beklagten vom 4. Juli 2015 (Bl. 95 bis 99 d. GA) Bezug genommen. In diesem Zusammenhang sei auch unerheblich, ob die der Allgemeinverfügung zugrunde liegenden Ermittlungsverfahren abgeschlossen seien oder nicht, da ansonsten eine wirksame Gefahrenabwehr nicht möglich sei. Überdies ergebe sich aus dem Vermerk der Polizei vom 11. März 2016, dass aufgrund der genannten Vorfälle eine Vielzahl von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren eingeleitet worden seien, was dokumentiere, dass seitens der Staatsanwaltschaft in diesen Fällen jedenfalls ein Anfangsverdacht für strafrechtlich relevantes Verhalten der Mitglieder der Rockergruppierungen bejaht worden sei.
33Bei der Prüfung des Vorliegens einer konkreten Gefahr sei auch die Lage- und Gefährdungsbewertung des Landeskriminalamtes NRW (BA III) als Entscheidungsgrundlage herangezogen worden. Danach sei die Rockerszene in Nordrhein-Westfalen nach wie vor von Expansionsbestrebungen geprägt, in deren Zusammenhang Gewaltdelikte bis hin zu schwersten Körperverletzungs- und Tötungsdelikte stünden. Nach polizeilichen Erkenntnissen sei dies auf Konfliktlagen um selbst erhobene Gebietsansprüche und Einflussbereiche zurückzuführen.
34Eine besondere Gefährdungslage habe auch hinsichtlich der in der Allgemeinverfügung benannten räumlichen Bereiche bestanden. Dies ergebe sich aus dem intensiven Austausch mit der Polizei und der Staatsanwaltschaft sowie unter Berücksichtigung der Orte, wo die Rockergruppierungen ausweislich der der Allgemeinverfügung zugrunde liegenden Vorfälle besonders aktiv gewesen seien. In Bezug auf den Bereich des Aachener Weihnachtsmarkts sei einerseits der große Besucherandrang berücksichtigt worden, der die Gefahr, dass im Zuge gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Rockergruppierungen unbeteiligte Dritte zu Schaden kommen könnten, erhöhen würde. Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund, dass es in der Vergangenheit bei solchen Auseinandersetzungen zu einem Einsatz von Waffen gekommen sei. Andererseits hätten vor Erlass der Allgemeinverfügung sowohl Rockergruppierungen vermehrt im Umfeld des vorweihnachtlichen Budendorfs beobachtet werden können als auch Aktivitäten der Rockergruppierungen u.a. auch auf bzw. in unmittelbarer Nähe zu den Flächen des Aachener Weihnachtsmarkts stattgefunden.
35Hinsichtlich der Gründe, warum von den in der Allgemeinverfügung genannten Bekleidungsstücken eine Gefahr ausgehe, wiederholt die Beklagte ihr Vorbringen aus der Begründung der Allgemeinverfügung. Überdies sei es für die Beurteilung der vorliegenden Maßnahme der Gefahrenabwehr irrelevant, ob das Tragen der streitgegenständlichen Bekleidungsstücke oder das Bestehen der streitgegenständlichen Vereine verboten sei oder nicht, da auch strafloses Verhalten eine konkrete Gefahr i.S.d. § 14 OBG darstellen könne.
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Die Verhältnismäßigkeit der Allgemeinverfügung ergebe sich zunächst daraus, dass diese aufgrund der zeitlichen und räumlichen Beschränkungen nur geringfügig in die Freiheitsrechte des Klägers eingreife. Zudem könne der Kläger die in der Allgemeinverfügung genannten Bereiche jederzeit ohne die dort genannten Bekleidungsstücke betreten. Eine behördenübergreifende Zusammenarbeit könne nicht dazu führen, dass die aus Gründen der Gefahrenabwehr dringend erforderliche Allgemeinverfügung aufgrund eines „additiven Grundrechtseingriffs“ rechtswidrig werde. Zunächst sei bereits unklar, durch welche staatlichen Maßnahmen der Kläger konkret „additiv“ in seinen Grundrechten verletzt worden sei. Darüber hinaus betreffe das vom Kläger zitierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09, juris Rn. 130) einen nicht vergleichbaren Sachverhalt. In diesem Verfahren sei es um die Verfassungsmäßigkeit von Vorschriften des Bundeskriminalamtsgesetzes gegangen, welche tief in die Grundrechte der Betroffenen eingreifen und den Kernbereich privater Lebensführung betreffen würden. Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung greife aber weder tief in die Grundrechte der Betroffenen ein noch betreffe sie den Kernbereich der privaten Lebensführung. Der klägerische Vortrag, wonach es sich bei der in der Allgemeinverfügung genannten Parole „Respect Few, Fear None“ um einen Wahlspruch des „Mongols MC“ handeln solle, sei rechtlich unerheblich, da der Kläger mangels Zugehörigkeit zu dieser Gruppierung eine Rechtsverletzung nicht geltend machen könne. Ferner sei auch eine Einschränkung der Allgemeinverfügung auf bestimmte Charter des „Hells Angels Motorcycle Clubs“ kein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr gewesen, da zum einen der „Hells Angels Motorcycle Club“ bei den Auseinandersetzungen überregionale Unterstützung erhalten habe und zum anderen es auch für den Kläger als Nichtmitglied des B. betreffenden Charters - wie er selbst ausgeführt habe - von besonderer Bedeutung gewesen sei, sich im Aachener Stadtgebiet in seiner Kutte und mit den Symbolen des „Hells Angels Motorrad Clubs“ zu präsentieren.
Hinsichtlich der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge wird auf die Anlage des Sitzungsprotokolls Bezug genommen.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgang (BA I) und die von den Beteiligten eingereichten Anlagen (BA II bis V) Bezug genommen.
40E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
41Die Kammer war trotz des in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich gestellten und von ihr zurückgewiesenen Vertagungsantrages des Klägers nicht gehindert, die mündliche Verhandlung abzuschließen und über die Klage zu entscheiden. Nach § 227 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO), der gemäß § 173 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gilt, kann eine mündliche Verhandlung nur aus erheblichen Gründen verlegt oder vertagt werden. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „erheblichen Gründe“ ist einerseits dem im Verwaltungsprozess geltenden Gebot der Beschleunigung des Verfahrens und der Intention des Gesetzes, die gerichtliche Entscheidung möglichst auf Grund einer einzigen mündlichen Verhandlung herbeizuführen, andererseits dem verfassungsrechtlichen Erfordernis des rechtlichen Gehörs Rechnung zu tragen. Wird einem Beteiligten infolge unterbliebener Vertagung die Möglichkeit abgeschnitten, sich sachgemäß und erschöpfend zu äußern, so wird hierdurch das gebotene rechtliche Gehör unzulässig verkürzt. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn ein Verfahrensbeteiligter im Termin mit Tatsachen- oder Rechtsfragen konfrontiert wird, mit denen er sich ohne weitere Vorbereitung nicht kompetent auseinandersetzen kann.
42Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Mai 2008 – 4 B 42/07 -, juris Rn. 19, vom 28. April 2008 4 B 47.07 -, juris Rn. 22 m.w.N. und vom 6. März 1992 - 4 CB 2.91 -, juris Rn. 10 ff..
43Gemessen daran durfte die Kammer den Vertagungsantrag zurückweisen, weil eine weitere Vorbereitung des Klägers zur Wahrung seines rechtlichen Gehörs nicht geboten war. Der Vertagungsantrag war mit der Begründung gestellt worden, der Prozessbevollmächtigte des Klägers benötige aufgrund der Ablehnung der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge weitere Zeit, um sich auf die geänderte Sachlage einzustellen und weitere Beweisanträge vorzubereiten. Vorliegend wäre es dem Prozessbevollmächtigten aber zumutbar gewesen, sich bereits vor Beginn der mündlichen Verhandlung auf eine eventuelle Ablehnung der angekündigten und im Vorfeld der mündlichen Verhandlung vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vorbereiteten Beweisanträge einzustellen. Da das Gericht auf die im Vorfeld vom Kläger angekündigten Beweisanträge nicht reagiert hat und eine Beiziehung von Akten bzw. eine Ladung von Zeugen von Amts wegen nicht erfolgt ist, war die Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge für den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht völlig überraschend.
44Vgl. in einem ähnlich gelagerten Fall: BVerwG, Beschluss vom 25. September 2013 - 1 B 8/13 -, juris Rn. 13 f.
45Im Übrigen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine ihm angebotene etwa zweistündige Unterbrechung der mündlichen Verhandlung als unzureichend abgelehnt. Aus diesen Gründen war hier dem Beschleunigungs- und Konzentrationsgebot entsprechend der Vertagungsantrag abzulehnen.
46Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet.
47Für das Feststellungsbegehren des Klägers ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO die Fortsetzungsfeststellungsklage die statthafte Klageart. Der Kläger wehrt sich mit seinem Klagebegehren gegen eine Allgemeinverfügung und damit gegen einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Diesen hat er zunächst mit einer Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO angegriffen. Infolge der Befristung der Allgemeinverfügung auf den 10. Februar 2016 ist eine Erledigung noch vor einer Entscheidung über die Klage eingetreten.
48Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Feststellung einer Rechtswidrigkeit des im Rahmen der Allgemeinverfügung vom 16. Dezember 2015 angeordneten „Kuttentrageverbots“. Ein solches ergibt sich vorliegend aus der Wiederholungsgefahr.
49Eine Wiederholungsgefahr setzt die konkrete Gefahr voraus, dass in absehbarer Zeit unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird. Es müssen konkrete Anhaltspunkte für die Eintritt einer vergleichbaren Belastung bei einem abzusehenden vergleichbaren Sachverhalt vorgetragen werden.
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris Rn. 21 und vom 12. Oktober 2006 - 4 C 12.04 -, juris Rn. 8.
51Wegen der Vielzahl von verschiedenen Motorradclubs sowie der damit nicht vorherzusagenden Gefahren, etwa im Rahmen von Großveranstaltungen, liegt es nahe, dass die Beklagte auch zukünftig zu einer ähnlichen Gefahreneinschätzung gelangt und eine erneute Allgemeinverfügung erlässt, die mit der streitgegenständlichen vergleichbar ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie im Rahmen der Aachener Kirmes „Frühjahrsbend“ eine vergleichbare, für die Zeit vom 26. März 2016 bis zum 11. April 2016 befristete Allgemeinverfügung hinsichtlich eines „Kuttentrageverbots“ erlassen hat.
52Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
53Die Allgemeinverfügung der Beklagten vom 16. Dezember 2016 betreffend das „Kuttentrageverbot“ ist hinsichtlich der Ziffern 1 bis 3 rechtmäßig (vgl. hierzu unter 1.) und hinsichtlich der Ziffer 5 - Androhung des Zwangsmittels - rechtswidrig gewesen (vgl. hierzu unter 2.). Soweit sie rechtswidrig gewesen ist, hat sie den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Sätze 1 und 4 VwGO).
541. Die Ziffern 1 bis 3 der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung sind sowohl formell als auch materiell rechtmäßig.
55a) Zunächst begegnet die formelle Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung keinen Bedenken.
56aa) Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Beklagte hier im Rahmen ihrer Zuständigkeit gehandelt.
57Gemäß §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 5 Abs. 1 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden (Ordnungsbehördengesetz - OBG) sind die örtlichen Ordnungsbehörden für die Aufgaben der Gefahrenabwehr zuständig - vorliegend also die Beklagte. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die streitgegenständliche Allgemeinverfügung nicht in eigener Verantwortung erlassen und nur als Instrument des Polizeipräsidiums gehandelt hat, sind angesichts der Ausführungen der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich. Auch kann allein aus dem Umstand, dass der erste Entwurf der Allgemeinverfügung von der Polizei gefertigt worden ist, nicht abgeleitet werden, dass die Beklagte diese nicht in eigener Verantwortung erlassen hat. Ausweislich der E-Mail vom 3. Dezember 2015 hat es nämlich Vorabsprachen unter Beteiligung des Oberbürgermeisters der Stadt B. - wie die Beklagtenvertreterin noch einmal in der mündlichen Verhandlung ausführlicher dargestellt hat - gegeben. Ferner ist ein Rückgriff auf die Erkenntnisse und Gefährdungseinschätzung der Polizei, die hinsichtlich des Themas „Rockerkriminalität“ aufgrund ihres gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs über speziellere und bessere Kenntnisse verfügt, unter Effektivitäts-, Wirtschaftlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zweckmäßig.
58bb) Die Allgemeinverfügung ist durch die Veröffentlichung in den Aachener Nachrichten und der Aachener Zeitung am 18. Dezember 2015 auch ordnungsgemäß i.S.d. § 41 Abs. 3 und 4 VwVfG NRW i.V.m. § 27 Abs. 1 und 2 der Hauptsatzung der Stadt B. vom 15. Dezember 1995 in der Fassung des 13. Nachtrags zur Hauptsatzung der Stadt B. vom 19. November 2014 öffentlich bekannt gegeben worden. Vorliegend erfolgte die öffentliche Bekanntgabe am 19. Dezember 2015. Zwar gilt der Verwaltungsakt bei einer öffentlichen Bekanntgabe gem. § 41 Abs. 4 Satz 3 VwVfG NRW grundsätzlich erst zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekanntgegeben, jedoch kann nach § 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG NRW in einer Allgemeinverfügung ein hiervon abweichender Tag - so wie hier in Ziffer 9 der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung - bestimmt werden, frühestens jedoch der auf die Bekanntmachung folgende Tag.
59b) Auch in materieller Hinsicht begegnen die Ziffern 1 bis 3 der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung keinen Bedenken.
60aa) Unter dem Gesichtspunkt der hinreichenden Bestimmtheit hat die Kammer keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung vom 16. Dezember 2015. Nach dem im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG -) und einfachgesetzlich in § 37 Abs. 1 VwVfG NRW verankerten Bestimmtheitsgebot muss ein Verwaltungsakt inhaltlich so bestimmt sein, dass für die am Verwaltungsverfahren Beteiligten, insbesondere für die Adressaten des Verwaltungsakts, der Gegenstand der getroffenen Regelung so vollständig und eindeutig erkennbar ist, dass sie ihr Verhalten danach einrichten können. Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt.
61Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 6 C 20.02 -, juris Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 30. September 1998 - 18 B 1958/97 -, juris Rn. 4; OVG Bremen, Beschluss vom 21. Oktober 2011 - 1 B 162/11 -, juris Rn. 16 ff.; VG Köln, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 A 2375/10 -, juris Rn. 34 ff.
62Die vorliegende Allgemeinverfügung regelt ganz genau, wann und wo, welche Bekleidungsstücke nicht getragen werden dürfen und welche Motorradgruppierungen davon betroffen sind. Dass die betreffenden Rockergruppen über unverwechselbare, auffällige Abzeichen und Embleme verfügen, durch die jeweils eine eindeutige Zuordnung zu den Gruppen bezweckt wird, ist allgemein bekannt. In der Behördenakte finden sich Ablichtungen von Lederjacken und Westen, die mit entsprechenden Zeichen versehen sind. Soweit der Kläger einwendet, es sei unklar, welche Bekleidungsstücke, Abzeichen, Colours, Embleme oder sonstige Kennzeichnungen gemeint seien sowie dass sich hinsichtlich der Bewegung des „Hells Angels MC“ die Frage stelle, ob allein deren Vereinswappen oder auch andere auf den Jacken der Mitglieder der Bewegung anzutreffenden Schriftzüge und Symbole von dem Verbot erfasst seien, dringt er hiermit nicht durch. Aus der Formulierung „Bekleidungsstücke[n], die mit Abzeichen, Emblemen, Schriftzügen, Colours oder sonstigen Kennzeichnungen der […] Hells Angels MC […] versehen sind“ ergibt sich eindeutig, dass sämtliche Abzeichen, Embleme, Schriftzüge, Colours oder sonstige Kennzeichnungen, die die Zugehörigkeit zu der Gruppierung „Hells Angels MC“ ausdrücken, von dem Verbot erfasst sind. Ob diese umfassende Aufnahme willkürlich ist, ist dagegen nicht eine Frage der Bestimmtheit, sondern der Verhältnismäßigkeit. Dem klägerischen Einwand, dass Personen, die sich mit der Rockerszene nicht besonders gut auskennen würden, keine Kenntnis darüber hätten, welche Kennzeichnungen eine Zugehörigkeit zu den in der Allgemeinverfügung genannten Gruppierungen ausdrücken, ist entgegenzuhalten, dass diese Personen wohl auch derartige Kleidungsstücke nicht tragen.
63Der Tenor der Allgemeinverfügung ist zwar weit formuliert, aber dennoch jedenfalls mit Hilfe ihres Inhalts, insbesondere aufgrund ihrer Begründung sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten bzw. ohne Weiteres erkennbaren Umständen bestimmbar. Eine vergleichbare Formulierung betreffend die Allgemeinverfügung zu einem „Kuttentrageverbot auf der Cranger Kirmes“, die laut Aussage der Beklagten Grundlage für die Abfassung der vorliegenden, streitgegenständlichen Allgemeinverfügung gewesen ist, hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen als hinreichend bestimmt angesehen.
64Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 31. Juli 2015 - 16 L 1495/15 -, juris Rn. 10 ff.
65Das hiergegen diese Entscheidung beim Oberverwaltungsgericht NRW geführte Beschwerdeverfahren blieb erfolglos.
66Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. August 2015 - 5 B 908/15 -, juris.
67Der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag, durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis darüber zu erheben, dass die mit der streitgegenständlichen Verbotsverfügung untersagten Schriftzüge und Parolen „Respect Few, Fear None“, „Outlaw Motorcycle Gang“, „Outlaw Motorcycle Club“ sowie das Signum „1%-er“ oder „1%“ keinem Verein zugeordnet werden können, der der Bewegung der Hells Angels, der Bandidos, der Inmortales Germany, der Army 81, der Outlaws MC I. oder dem Gremium MC I. angehört, war mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen. Soweit ein derartiges Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis käme, dass diese Schriftzüge und Parolen nicht der Bewegung der „Hells Angels“ zugeordnet werden können, würde dem Kläger insoweit die Klagebefugnis fehlen, weil keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass er diese dann verwenden würde. Soweit es dagegen zu dem Ergebnis käme, dass eine entsprechende Zuordnung ebenfalls betreffend die anderen in der Allgemeinverfügung genannten Gruppierungen nicht vorgenommen werden könne, könnte sich der Kläger hierauf mangels entsprechender Zugehörigkeit zu diesen Gruppierung und damit ebenfalls wegen insoweit fehlender Klagebefugnis nicht berufen.
68bb) Rechtsgrundlage der Ziffern 1 bis 3 der Allgemeinverfügung ist § 14 Abs. 1 OBG. Danach können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden. Das hier in Rede stehende Schutzgut der öffentlichen Sicherheit umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, die subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates.
69(1) Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn bei ungehindertem Geschehensablauf in überschaubarer Zukunft mit einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. In tatsächlicher Hinsicht bedarf es in Abgrenzung zu einem bloßen Gefahrenverdacht einer genügend abgesicherten Prognose auf den drohenden Eintritt von Schäden.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2004 - 6 C 21.03 -, juris Rn. 25; OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 A 2375710 -, juris Rn. 31.
71Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dabei ist hinsichtlich des Grades der Wahrscheinlichkeit danach zu differenzieren, welches Schutzgut auf dem Spiel steht. Je gewichtiger das bedrohte Schutzgut und je größer das Ausmaß des möglichen Schadens ist, umso geringere Anforderungen werden an die Schadensnähe gestellt. Für polizeiliche und ordnungsrechtliche Maßnahmen zum Schutz von Leben und Gesundheit genügt bereits die entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts, nicht jedoch die nur rein theoretische, praktisch aber auszuschließende Möglichkeit.
72Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 6. August 2015 - 5 B 908/15 -, juris Rn. 7 und vom 30. Januar 2009 - 5 A 2239/08 -, juris Rn. 19 f. m.w.N.
73Ist dagegen die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu einer hinreichend abgesicherten Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern - allenfalls - eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor. Zwar kann auch in derartigen Situationen ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitsbeschränkungen anzuordnen. Doch beruht ein solches Einschreiten nicht auf der Feststellung einer Gefahr; vielmehr werden dann Risiken bekämpft, die jenseits des Bereichs feststellbarer Gefahren verbleiben. Das setzt eine Risikobewertung voraus, die - im Gegensatz zur Feststellung einer Gefahr - über einen Rechtsanwendungsvorgang weit hinausgeht. Ein derart weit reichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht den Polizei- und Ordnungsbehörden aber nicht zu.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2004 - 6 C 21.03 -, juris Rn. 25; OVG Schleswig, Urteil vom 18. Januar 2012 - 4 KN 1/11 -, juris Rn. 36; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 31. Juli 2015 - 16 L 1495/15 -, juris Rn. 17; VG Köln, Beschluss vom 3. Februar 2010 - 20 L 88/10 -, juris Rn. 13 m.w.N.
75Auf Grundlage des vorstehend dargelegten Gefahrenbegriffs ist die Kammer davon überzeugt, dass die Beklagte zu Recht das Vorliegen einer konkreten Gefahr dahingehend angenommen hat, dass es beim Auftreten der einzelnen Rockergruppierungen, „Outlaw-Motorcycle-Gangs“ und Street-Gangs - und somit auch der „Hells Angels MC“, denen der Kläger angehört - mit den für sie jeweils charakteristischen Kleidungs- und Ausrüstungsgegenständen an den streitgegenständlichen Örtlichkeiten in der Aachener Innenstadt und im streitgegenständlichen Zeitraum mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden am Schutzgut der öffentlichen Sicherheit gekommen wäre. Insbesondere dürfte die Einschätzung gerechtfertigt gewesen sein, dass es jederzeit zu gewalttätigen Auseinandersetzungen hätte kommen können, wenn Angehörige rivalisierender Gruppierungen aufeinandergestoßen wären, die angesichts ihrer „Uniformiertheit“ als solche erkennbar in Erscheinung treten und die sich durch das entsprechende uniformierte Auftreten der jeweils rivalisierenden Gruppe provoziert gefühlt hätten. Die Schwelle von einem bloßen Gefahrenverdacht zu dem Vorliegen einer konkreten Gefahr war vorliegend überschritten.
76Konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer konkreten Gefahr ergaben sich zunächst aus dem Bericht des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen zur Rockerkriminalität in NRW - Lagedarstellung und -entwicklung sowie Gefährdungsbewert-ung betreffend den Zeitraum Juni 2015 bis Juni 2016, auf den die Beklagte den Erlass ihrer Allgemeinverfügung u.a. stützt. Dort wird u.a. ausgeführt, dass die „Rockerlage“ in Nordrhein-Westfalen nach wie vor von Expansionsbestrebungen der Gruppierungen geprägt sei. In diesem Zusammenhang komme es zur Verwirklichung von Gewaltdelikten bis hin zu schwersten Körperverletzungs- und Tötungsdelikten. Die Aufhebung des „Kuttenverbots“ durch den Bundesgerichtshof mit Urteil vom 9. Juli 2015 (Az. 3 StR 33/15) habe zu öffentlichkeitswirksamen Auftritten der „Outlaw-Motorcycle-Gangs“ im Zusammenhang mit den jeweiligen Clubveranstaltungen, aber auch zur Machtdemonstration in Form von „Schauläufen“ geführt. Es sei zu beobachten, dass unter den Mitgliedern der „Outlaw-Motorcycle-Gangs“ eine latent hohe Gewaltbereitschaft bestehe und sie ihre selbstdefinierten Macht- und Gebietsansprüche mit aller Konsequenz durchzusetzen versuchten. Konfliktlagen und konkrete, gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den „Outlaw-Motorcycle-Gangs“ würden insbesondere dann drohen, wenn selbsterhobene Gebietsansprüche „verletzt“ würden, weil sich beispielsweise Angehörige einer verfeindeten „Outlaw-Motorcycle-Gang“ „in Kutte“ in einem Bereich aufhalten, für den eine andere „Outlaw-Motorcycle-Gang“ einen Alleinvertretungsanspruch erhebe. Die Funde und Sicherstellungen von Schuss- und Kriegswaffen sowie der mehrfache Einsatz von Schusswaffen würden das Gefährdungspotential, das von den „Outlaw-Motorcycle-Gangs“ ausgehe, aufzeigen. Sie hätten Zugang zu Waffen unterschiedlichster Art und könnten scheinbar jederzeit schnell und unmittelbar darauf zugreifen. Sowohl bei vorbereitet erfolgenden Auseinandersetzungen als auch bei spontanen Gewalttätigkeiten sei mit dem Einsatz von Waffen und sonstigen gefährlichen Gegenständen - insbesondere auch von Schusswaffen - zu rechnen. Bezogen auf das angespannte Verhältnis zwischen den „Bandidos MC“ und den „Hells Angels MC“ sei für den Aachener Raum und das angrenzende Ausland zu prognostizieren, dass es bei einer Provokation zwischen den Angehörigen und Unterstützern dieser beiden Gruppierungen auch weiterhin zu Auseinandersetzungen - ggf. unter Einsatz von Waffen - kommen werde. Zusammenfassend sei zu konstatieren, dass jederzeit mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den „Outlaw-Motorcycle-Gangs“ zu rechnen sei, was insbesondere bei sog. Gebietsverletzungen sowie zufälligem Aufeinandertreffen verfeindeter Gruppierungen gelte. Dabei entstünden auch Gefahren für Dritte.
77Anhaltspunkte, die die Plausibilität dieser polizeilichen Einschätzung in Frage stellen, sind nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen. Soweit er diese Einschätzung pauschal bestreitet und einwendet, dass aufgrund dessen, dass für das gerichtliche Verfahren gesondert Aktenteile gefertigt worden seien, eine Manipulation nicht ausgeschlossen werden könne, ist dem entgegen zu halten, dass dies nach Angaben der Beklagten darauf zurückzuführen sei, dass Teile dieses Berichts nicht frei gegeben seien und der Geheimhaltung unterliegen würden. Aus diesem Grund sei der Bericht zusammengestellt worden, welcher die freigegebenen Teile des ursprünglichen Berichts sowie eine Fortschreibung der nach Erlass der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung erfolgten Vorfälle enthalte. Dass dies nicht der Wahrheit entspricht, ist weder ersichtlich noch ist der Kläger dem - auch unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge - substantiiert entgegen getreten.
78Vielmehr wird die sich aus dem Bericht des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen ergebende Prognose durch eine Vielzahl an Vorfällen im Zusammenhang mit „Rockern“ in den Monaten vor Erlass der Allgemeinverfügung, welche das Polizeipräsidium B. ausweislich seines mit E-Mail vom 3. Dezember 2015 übersandten Entwurfs der Allgemeinverfügung, seines Vermerks vom 11. März 2016 sowie seines Berichts vom 2. Juni 2016 für seinen Zuständigkeitsbereich festgehalten hat und auf die pauschal in der Allgemeinverfügung Bezug genommen wird, untermauert. Insbesondere der Bericht vom 2. Juni 2016, der eine Auflistung von 24 Vorfällen enthält, mit denen die „Hells Angels MC“ (teilweise mutmaßlich) in Zusammenhang stehen, festigt die vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen vorgenommene Gefährdungsbewertung gerade in Bezug auf die Gruppierung, der der Kläger angehört. Hervorzuheben sind hier die Vorfälle am 6. September 2015 auf dem Tankstellengelände U. T. . in B. (vgl. Nr. 02.4 der BA II) sowie am 9. Dezember 2015 im Bereich des „L. H. “ in der F.----- in B. (vgl. Nr. 02.23 der BA II), die deutlich machen, dass die Mitglieder der hier in Rede stehenden Gruppierungen auch nicht vor der Begehung von Straftaten und Austragung ihrer Auseinandersetzungen zurückschrecken, wenn unbeteiligte Dritte zugegen sind. Nach den vorliegenden Informationen kam es bei dem Vorfall am 6. September 2015 zu einer körperlichen Auseinandersetzung unter Einsatz von Messern zwischen Mitgliedern der „Hells Angels MC“ und der „Bandidos MC“. Bei dem Vorfall am 9. Dezember 2015 versammelten sich mehrere „Bandidos MC“- und „Inmortales MC“-Mitglieder im Bereich des Imbisses „L. H. “, der bereits mehrfach Örtlichkeit von Rockersachverhalten war. Sodann attackierten diese die zufällig zum Tatzeitpunkt ankommende Inhaberin des Imbisses in ihrem Fahrzeug. Anschließend kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den dort versammelten „Bandidos MC“- und „Inmortales MC“-Mitgliedern sowie mehreren Mitgliedern der „Hells Angels MC“, in deren Verlauf offensichtlich von einem Täter auf flüchtende „Bandidos MC“-Mitglieder geschossen wurde. Es konnten am Tatort aufgefundene Patronenhülsen gesichert werden. Anschließend wurden in dem in unmittelbarer Nähe zum Tatort befindlichen „Hells Angel“-Treffpunkt 32 Mitglieder der „Hells Angels MC“ kontrolliert. Das Auffinden einer Schusswaffe führte zur Festnahme eines „Hells Angels MC“-Sympathisanten. Dass darüber hinausgehend sogar Straftaten gegen unbeteiligte Dritte ausgeübt werden, zeigt der Vorfall am 3. November 2015, bei dem ein Inhaber eines Cafés in der Aachener Innenstadt von Mitgliedern der „Hells Angels MC B. “ bedroht wurde. Der Inhaber des Cafés, der keine Bezüge zur „Rockerszene“ hatte, wurde zum Verkauf von Drogen in seinem Café oder zur „Abgabe“ des Cafés genötigt.
79Ausgehend hiervon sowie angesichts der weiteren zahlreichen sich in den oben genannten Schriftstücken dokumentierten Vorfälle lagen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass in den in der Allgemeinverfügung genannten Bereichen mit der Begehung von Gewaltdelikten konkret zu rechnen war, wenn dort rivalisierende, sich durch das Tragen ihrer „Kutten“ etc. gegenseitig provozierende „Rockergruppierungen“ aufeinanderstoßen. Dabei wird zugrunde gelegt, dass vorliegend schon die entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts für die Annahme einer konkreten Gefahr genügt, da im Schadensfall hochrangige Schutzgüter - Leib und Leben von Menschen - betroffen sind und das Ausmaß eines möglichen Schadens - im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden „Rockergruppierungen“ werden schwerste Körperverletzungs- bis hin zu Tötungsdelikte begangen - besonders groß sein kann. Für den Bereich des Aachener Weihnachtsmarkts ist hier auch insbesondere der Umstand, dass dort mit einer jährlichen Besucherzahl von 1,5 Millionen Besuchern zu rechnen ist (vgl. Wikipedia-Eintrag zum „Aachener Weihnachtsmarkt“ vom 25. Januar 2016), zu berücksichtigen. Aufgrund dessen können im Zuge von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden „Rockergruppierungen“ immer auch unbeteiligte Dritte zu Schaden kommen, zumal nach polizeilichen Erkenntnissen hierbei mit dem Einsatz von Waffen - bis hin zu Schusswaffen - zu rechnen ist.
80Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. August 2015 - 5 B 908/15 -, juris Rn. 10 f.
81Entgegen der Ansicht des Klägers besteht eine konkrete Gefahr auch hinsichtlich der Bekleidungsstücke, der Örtlichkeiten sowie der Tages- und Nachtzeiten.
82Die Provokationen, die das Tragen einer „Kutte“ auslösen können, zeigt insbesondere der am 11. Oktober 2015 stattgefundene Vorfall (vgl. Nr. 02.13 d. BA II). Hierbei schoss der Q1. des „Hells Angels MC B. “ in I. -H. mehrfach auf das flüchtende Fahrzeug eines „Bandidos MC“-Mitglieds, welches zuvor in seiner „Kutte“ die Gaststätte der Eltern des Schießenden besucht hat. Der Q1. des „Hells Angels MC B. “, der in unmittelbarer Nähe der Gaststätte wohnt, soll vom dort anwesenden Personal über den Besuch des „Bandidos MC“-Mitglieds informiert worden sein und anschließend die Gaststätte aufgesucht haben. Nachdem das „Bandidos MC“-Mitglied die Gaststätte verlassen hatte, folgte der Q1. des „Hells Angels MC B. “ diesem mit einer Schusswaffe und schoss auf den in unmittelbarer Nähe der Gaststätte geparkten Wagen des „Bandidos MC“-Mitglieds. Der Q1. des „Hells Angels MC B. “ wurde als Schütze von mehreren Zeugen zweifelsfrei identifiziert.
83Zudem haben am 21. Juli 2015, 26. Juli 2015, 21. Oktober 2015 und im Zeitraum vom 7. bis zum 9. September 2015 sog „Schauläufe“ von Mitgliedern der „Hells Angels MC“ stattgefunden (vgl. Nr. 02.1, 02.2, 02.5, 02.16 der BA II), die die Bereiche Heinrichsallee, Elsassplatz, Elisenbrunnen, Großkölnstraße und Kleinkölnstraße betrafen. Weiterhin fanden u.a. sog. „Schauläufe“ der „Bandidos MC“ am 14. September 2015 im Bereich Holzgraben, am 30. September 2015 auf dem Aachener Markt und am 25. Oktober 2015 im Bereich der Pontstraße statt.
84Darauf, ob die sog. „Schauläufe“ - wie der Kläger vorträgt - vom kommunikativen Gemeingebrauch öffentlicher Straßen und Plätze erfasst und daher nicht rechtswidrig seien sowie ob das Tragen von „Kutten“ strafrechtlich verboten sei oder nicht, kommt es vorliegend im Rahmen der Gefahrenabwehr nicht an. Denn auch ein strafloses Verhalten kann eine konkrete Gefahr i.S.d. § 14 Abs. 1 OBG darstellen und zu Zwecken der Gefahrenabwehr untersagt werden.
85Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. August 2015 - 5 B 908/15 -, juris Rn. 17; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 31. Juli 2015 - 16 L 1495/15 -, juris Rn. 24.
86Auch der Bundesgerichtshof hat darauf hingewiesen, dass gleichwohl das Tragen einer „Kutte“ mit den entsprechenden Kennzeichen unter bestimmten Voraussetzungen polizeirechtlich verboten sein kann.
87Vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 - 3 StR 33/13 -, juris Rn. 30 ff., Pressemitteilung Nr. 113 /2015 des BGH.
88Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge, die im Wesentlichen die Thematik des Ausschlusses einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit betreffen, waren abzulehnen. Soweit der Kläger im Einzelnen beantragt hat:
89 durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber den Beweis zu erheben, dass das mit der streitgegenständlichen Verbotsverfügung untersagte Wiedergeben der Schriftzüge und Parolen „Respect Few, Fear None“, „Outlaw Motorcycle Gang“, „Outlaw Motorcycle Club“ sowie des Signums „1%-er“ oder „1%“ in einer Raute für den Einzelnen selbst dann völlig ungefährlich ist, wenn man der Unterstellung der Beklagten folgt, wonach ein Rockerkrieg ausgebrochen sein soll;
90stellt das Sachverständigengutachten schon ein untaugliches Beweismittel dar. Die Feststellung, ob aufgrund des der Allgemeinverfügung zugrunde liegenden Sachverhalts und damit auch von den in der Allgemeinverfügung benannten Schriftzügen, Parolen und Signa eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, ist eine Frage der rechtlichen Würdigung des dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts, die die Verwaltungsgerichte in eigener Verantwortung vorzunehmen haben. Es ist nicht Aufgabe des Sachverständigen, sich zu Rechtsfragen zu äußern, sondern dem Gericht die Kenntnis von abstrakten Erfahrungssätzen zu vermitteln, über die dieses keine eigene Sachkunde aufweist.
91Vgl. hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 2016 - 2 B 40/16 -, juris Rn. 9 und vom 24. März 2000 - 9 B 530/99 -, juris Rn. 13; Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 403 Rn. 1.
92 durch die Vernehmung des Zeugen S. K. (Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen) den Beweis zu erheben, dass polizeilichen Lagebildern, wie sie mit der Beiakte II und der Beiakte III seitens der Beklagten in das Verfahren eingebracht wurden, aus polizeilicher Sicht kein Erkenntnisgewinn beizumessen ist sowie dass solche Lagebilder ausschließlich stigmatisierende und diskriminierende Wirkung entfalten;
93liegt bereits kein beachtlicher Beweisantrag i.S.d. § 86 Abs. 2 VwGO vor, da es vorliegend an der Behauptung einer bestimmten Beweistatsache mangelt. Der Beweisantrag ist auf das Bekunden von Meinungen, subjektiven Einschätzungen und Bewertungen gerichtet und gerade nicht auf das Vorliegen von konkreten, dem Beweis zugänglichen Tatsachen. Soweit der Beweisantrag zudem darauf gerichtet ist, dass den polizeilichen Lagebildern aus polizeilicher Sicht kein Erkenntnisgewinn beizumessen ist, könnte es sich allenfalls um sog. Negativtatsachen handeln, die aber lediglich auf einen unzulässigen Beweisermittlungsantrag zielen.
94Vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - 5 StR 279/93 -, juris Rn. 10 ff.; Vierhaus, Beweisrecht im Verwaltungsprozess, 1. Aufl. 2011, Rn. 59.
95 durch Vernehmung der Zeugen N. Q2. (Oberbürgermeister der Stadt B. ), B1. H1. (Stadtdirektorin der Stadt B. ), E. X. (Polizeipräsident des Polizeipräsidiums B. ) sowie I1. I2. (Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft B. ) den Beweis zu erheben, dass die streitgegenständliche Allgemeinverfügung nicht der Gefahrenabwehr dient, sondern vielmehr den Bürgern von B. ein Sicherheitsgefühl vortäuschen soll, das so in der Realität nicht besteht;
96liegt ebenfalls kein beachtlicher Beweisantrag i.S.d. § 86 Abs. 2 VwGO vor, da es vorliegend wiederum an der Behauptung einer bestimmten Beweistatsache mangelt. Die genannten Umstände betreffen die Frage der inneren Motivation für den Erlass der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung und zudem bloße Vermutungen, so dass hier ein unzulässiger Beweisermittlungsantrag „ins Blaue hinein“ vorliegt.
97Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts braucht die Tatsacheninstanz unsubstantiierten Beweisanträgen nicht nachzugehen. Unsubstantiiert sind nicht nur Beweisanträge, die das Beweisthema nicht hinreichend konkretisieren, sondern auch Beweisanträge, die dazu dienen sollen, unsubstantiierte Behauptungen zu stützen, etwa solche, die erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage erhoben worden sind. Einem Prozessbeteiligten ist es nicht erlaubt, unter formalem Beweisantritt Behauptungen aufzustellen, deren Wahrheitsgehalt nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben könnte. Zwar darf eine Behauptung nicht schon dann als unerheblich behandelt werden, wenn sie nicht auf dem Wissen des Behauptenden, sondern auf einer Vermutung beruht. Denn ein Prozessbeteiligter wird häufig von einer entscheidungserheblichen Tatsache, die sich ihm als möglich oder wahrscheinlich darstellt, keine genaue Kenntnis haben. Einer erkennbar "aus der Luft gegriffenen" und ohne Auseinandersetzung mit Gegenargumenten "ins Blaue hinein" aufrechterhaltenen Behauptung braucht das Gericht jedoch nicht nachzugehen. Beweisermittlungs- oder - ausforschungsanträgen, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweisaufnahme selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken könnte, brauchen dem Gericht eine Beweisaufnahme nicht nahezulegen
98Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2007 - 9 C 1/07, 9 C 1/07 (10 C 11/05) -, juris Rn. 22 und Beschluss vom 29. März 1995 - 11 B 21/95 -, juris Rn. 4 m.w.N.
99 durch die Vernehmung des Zeugen Q3. Q4. aus I3. (Mitglied der Hells Angels MC I1. ) den Beweis darüber zu erheben, dass die Bewegung der Hells Angels nicht hierarchisch gegliedert ist sowie dass es sich bei sämtlichen regionalen Ablegen der Bewegung um in rechtlicher und auch in sonstiger Hinsicht selbständige Vereine handelt;
100war dieser Beweisantrag mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen. Diese Umstände stehen nicht mit der Bewertung der konkreten Gefahrenlage im Zusammenhang.
101 durch die Vorlage von diversen, in der Anlage zum Protokoll im Einzelnen aufgelisteten Urkunden bzw. Unterlagen den Beweis darüber zu erheben, dass
102- 103
1. sich die Beklagte hinsichtlich ihrer der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung zugrundeliegenden Gefahrenprognose auf Meinungen und Mutmaßungen und nicht auf Tatsachen stützt;
- 104
2. in B. und Umgebung keine Macht- und Revierkämpfe zwischen verfeindeten Rockergruppierungen entbrannt sind, an denen sich der Kläger oder der Verein Hells Angels MC T. beteiligen würde;
- 105
3. die Aussage falsch ist, wonach nahezu täglich Schauläufe als „Stärkedemonstration“ von Angehörigen verfeindeter Rockergruppierungen in den durch die Allgemeinverfügung adressierten Bereichen stattgefunden haben;
- 106
4. unter den Mitgliedern nicht verbotener Rockervereine Straftaten begangen werden, die ausschließlich auf persönliche bzw. private Motive zurückzuführen sind;
- 107
5. es keinen nachweislichen Konflikt zwischen dem in B. ansässigen nicht verbotenen Verein Hells Angels MC B. und einem nicht verbotenen Verein der Bandidos bzw. Unterstützungsgruppierungen gibt;
waren diese Beweisanträge ebenfalls abzulehnen. Auch hierbei handelt es sich nicht um Beweisanträge im Sinne von § 86 Abs. 2 VwGO, sondern um unzulässige Beweisermittlungsanträge. Hier werden keine konkreten Tatsachen unter Beweis gestellt, sondern hier soll vielmehr mittels Vorlage der entsprechenden Urkunden erst festgestellt werden, ob überhaupt eine entscheidungserhebliche Tatsache vorliegt oder geeignete Beweismittel vorhanden sind. Die Beweisanträge werden auf unsubstantiierte Behauptungen gestützt. Einer erkennbar „aus der Luft gegriffenen“ und ohne Auseinandersetzung mit Gegenargumenten „ins Blaue hinein“ aufrechterhaltenen Behauptung braucht das Gericht jedoch - wie zuvor dargestellt - nicht nachzugehen. Hinsichtlich der Nummer 1 ist der Beweisantrag zudem auf das Vorliegen einer sog. Negativtatsache gerichtet, die - wie zuvor dargestellt - ebenfalls zur Ablehnung des Beweisantrags führt.
109(2) Die Beklagte hat ferner das ihr nach §§ 14 Abs. 1, 16 OBG zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Sie ist dabei zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die streitgegenständliche Allgemeinverfügung i.S.d. § 15 OBG verhältnismäßig ist. Die Allgemeinverfügung ist ein geeignetes Mittel, um der Gefahr, dass es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen kann, wenn Angehörige rivalisierender Gruppierungen aufeinanderstoßen, entgegen zu wirken. Zwar war mit dem Verbot des Tragens der streitgegenständlichen Bekleidungsstücke eine weitere Eskalation des „Rockerkrieges“ nicht ausgeschlossen. Den Mitgliedern der Rockergruppen wurde damit im räumlichen Geltungsbereich der Allgemeinverfügung aber immerhin die Möglichkeit genommen, durch die auffälligen Zeichen ihrer jeweiligen Gruppe Gruppenzugehörigkeit zu demonstrieren. Damit entfiel ein Anknüpfungspunkt für gegenseitige Provokationen und Übergriffe. Die erlassene Allgemeinverfügung war auch erforderlich, weil andere, den Adressaten der Allgemeinverfügung weniger beeinträchtigende, gleichermaßen effektive und vor allem auch mildere Mittel zur Gefahrenabwehr nicht zur Verfügung stehen. Schließlich war das „Kuttentrageverbot“ auch hinsichtlich der Einbeziehung sämtlicher Zugehörigkeits-Kennzeichnungen angemessen. Es hat keine Nachteile zur Folge, die zu dem angestrebten Erfolg außer Verhältnis stehen. Dies gilt insbesondere angesichts dessen, dass das „Kuttentrageverbot“ sowohl zeitlich als auch räumlich stark eingegrenzt war. Dem Kläger und auch allen anderen, von der Allgemeinverfügung betroffenen Mitgliedern der dort genannten Gruppierungen blieb unbenommen, die mit der Allgemeinverfügung verbotenen Bekleidungsstücke außerhalb ihres zeitlichen und räumlichen Geltungsbereichs zu tragen oder die betroffenen Bereiche ohne die verbotenen Bekleidungsstücke zu betreten. Dem erheblichen öffentlichen Interesse daran, Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen abzuwenden, steht lediglich das nachrangige Interesse des Klägers an dem Tragen von Bekleidungsstücken, die eine Zugehörigkeit zu seiner Gruppierung demonstrieren, gegenüber. Abgesehen davon, dass den Besuchern des Aachener Weihnachtsmarkts sowie der Aachener Innenstadt ein angstfreies Besuchen möglich sein soll, dürfte es auf der Hand liegen, dass es dort, wo viele Menschen auf engem Raum zusammentreffen, zu erheblichen Schäden an Leib und Leben der Besucher kommen kann, wenn infolge einer - hier eben nicht auszuschließenden - Auseinandersetzung zwischen verfeindeten Motoradgruppierungen etwa eine Massenpanik ausbricht oder unbeteiligte Dritte verletzt werden.
110Soweit der Kläger sich hier auf seine Freiheitsrechte, insbesondere auf seine Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG sowie seine allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG beruft, sind auch unter diesem Gesichtspunkt Ermessensfehler nicht erkennbar. In Freiheitsrechte darf keinesfalls mit diskriminierender Absicht eingegriffen werden, etwa weil die (legale) Organisation, der der Betreffende angehört, aus bestimmten Gründen missliebig erscheint. Andererseits sind Einschränkungen der Freiheitsrechte aus Gründen der Gefahrenabwehr vom Grundsatz her zulässig. Die Einschränkungen, denen der Kläger durch die Allgemeinverfügung unterliegt, sind im vorliegenden Fall als geringfügig einzustufen. Dem Kläger ist es nicht verwehrt, den Aachener Weihnachtsmarkt oder seine Kontakte in B. aufzusuchen, nur - jedenfalls betreffend den räumlichen Geltungsbereich der Allgemeinverfügung - eben nicht in seiner „Kutte“. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Besuch des Aachener Weihnachtsmarkts oder der anderen von der Allgemeinverfügung erfassten Bereiche der Aachener Innenstadt zum Kernbereich der Vereinsaktivität der „Hells Angels MC“ gehört. Vielmehr dürfte dieser das Motorradfahren sein.
111Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 31. Juli 2015 - 16 L 1495/15 -, juris Rn. 38.
112Auch die von der Beklagten in Ziffer 1 der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung aufgenommene weite Formulierung hinsichtlich der vom Trage- und Mitführverbot erfassten Abzeichen, Embleme, Schriftzüge, Colours oder sonstigen Kennzeichnungen entspricht angesichts des hohen Gefahrenpotentials sowie der geringfügigen Eingriffe in die Freiheitsrechte der Betroffenen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Im Übrigen unterliegt das Ergreifen von konkreten Zwangsmaßnahmen auch einer Einzelfall- und damit einer weiteren Verhältnismäßigkeitsprüfung, sofern im Rahmen der Durchsetzung der Allgemeinverfügung beispielsweise das Tragen von Bekleidungsstücken moniert wird, von denen eine konkrete Gefahr, wie sie sich aus der Allgemeinverfügung ergibt, nicht ausgeht. Die Rechtmäßigkeit (Verhältnismäßigkeit) einer eventuellen Umsetzung der Allgemeinverfügung ist daher strikt von der Rechtmäßigkeit (Verhältnismäßigkeit) des in dem vorliegenden Verfahren zu beurteilenden Erlasses der Allgemeinverfügung zu trennen.
113Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird auch nicht deswegen verletzt, weil von der Allgemeinverfügung auch Mitglieder des Vereins „Hells Angels MC T. “ betroffen waren. Zunächst war die Wahrscheinlichkeit, dass sich Mitglieder des Vereins der „Hells Angels MC T. “ in dem zeitlichen sowie räumlichen Geltungsbereich der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung aufhalten, angesichts der großen Entfernung zwischen B. und T. recht gering. Des Weiteren waren aber - sofern tatsächlich ein Mitglied der „Hells Angels MC T. “ von den in der Allgemeinverfügung getroffenen Regelungen betroffen war - die damit verbundenen Nachteile hinzunehmen, da sie zu dem angestrebten Erfolg nicht außer Verhältnis standen. Dies gilt umso mehr, als dass sich aus dem Bericht der Polizei zur Bekämpfung der Rockerkriminalität - Lagedarstellung Hells Angels MC B. seit 2015 vom 2. Juni 2016 ergibt, dass beispielsweise bei dem Schaulauf am 21. Oktober 2015 die Mitglieder der „Hells Angels MC B. “, durch Hells Angels-Mitglieder auswärtiger Charter unterstützt wurden.
114Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragt hat,
115durch die Vernehmung der Zeugen X1. Q5. (Erster Kriminalhauptkommissar im Ruhestand, ehemals Polizeipräsidium T. ) und L. -Q3. B2. , (Erster Kriminalhauptkommissar, Polizeipräsidium T. ) darüber Beweis zu erheben, dass
116 der Kläger Mitglied des „Hells Angels MC T. “ ist;
117 der „Hells Angels MC T. “ weisungsfrei aufgrund eigenständiger Entscheidungen handelt und nicht von der Entscheidung anderer Organisationen oder sog. Dachorganisationen abhängig ist;
118 der „Hells Angels MC T. “ in der Vergangenheit zahlreiche Konflikte gewaltfrei gelöst hat;
119 sich der Kläger und sein Verein „Hells Angels MC T. “ nicht in typischen Geschäftsfeldern der sog. Organisierten Kriminalität betätigen;
120waren diese Beweisanträge mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen. Selbst wenn man diese Umstände als wahr unterstellt, ändern sie nichts an dem in diesem Urteil getroffenen Ergebnis.
121Der Einwand des Klägers, die Allgemeinverfügung verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie Bestandteil einer umfassenden und auf allen Ebenen der grundrechtlichen Betätigung einschneidenden Diskriminierungs- und Stigmatisierungsstrategie sei, so dass hinsichtlich solcher additiver Grundrechtseingriffe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die polizeilichen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit und nicht als Einzelmaßnahmen zu betrachten und bewerten seien, geht ins Leere. Zunächst unterscheiden sich die Fallgestaltungen, in denen das Bundesverfassungsgericht einen „additiven Grundrechtseingriff“ geprüft hat, wesentlich von der vorliegenden. So hatte das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit von gesetzlichen - und damit abstrakten-generellen - Regelungen zu entscheiden.
122Vgl. BVerfG Urteile vom 20.04.2016 - 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09 - zum „Bundeskriminalamtsgesetz“, vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09 - zu den „Maßregelvollzugszeiten“, vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08 - zur „Vorratsdatenspeicherung“, vom 10. Juni 2009 - 1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08 - zum „PKV-Basistarif“ und zur „Gesundheitsreform 2007“, vom 13. September 2005 - 2 BvR 2/03 - zum „Beitragssatzsicherungsgesetz“ und vom 12. April 2005 - 2 BvR 581/01 - zur „GPS-Observation“, alle veröffentlicht in juris.
123In dem vorliegenden Rechtsstreit geht es dagegen um die Rechtmäßigkeit einer Allgemeinverfügung, also einer konkret-generellen Regelung, für deren Erlass - wie zuvor im Rahmen des Vorliegens einer konkreten Gefahr dargelegt - konkrete Tatsachen und Anknüpfungspunkte sowohl erforderlich, als auch ursächlich waren. Darüber hinaus ist weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen, von welchen „additiven“ Maßnahmen er vorliegend persönlich betroffen war. Bislang hat er konkrete Grundrechtseingriffe lediglich aufgrund des Erlasses der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung und nicht aufgrund von weiteren staatlichen Maßnahmen angeführt.
124Vor diesem Hintergrund waren auch die dieses Thema betreffenden Beweisanträge abzulehnen. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen beantragt hat,
125 durch die Vernehmung der Zeugen N. Q2. (Oberbürgermeister, Stadt B. ), B1. H1. (Stadtdirektorin, Stadt B. ), E. X. (Polizeipräsident, Polizeipräsidium B. ) sowie I1. I2. (Leitender Oberstaatsanwalt, Staatsanwaltschaft B. ) den Beweis zu erheben, dass die streitgegenständliche Allgemeinverfügung Bestandteil der sich gegen Mitglieder von nicht verbotenen Rockervereinen richtenden staatlichen Bekämpfungsstrategien ist, die Mitglieder von nicht verbotenen Rockervereinen in sämtlichen Lebensbereichen treffen und aus dem gesellschaftlichen Leben verdrängen sollen;
126 durch die Vernehmung des Zeugen S. K. (Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen) den Beweis zu erheben, dass die als Anlage 2 zum Schriftsatz des Klägers vom 7. August 2016 vorgelegte Projektarbeit bzw. „Bekämpfungsstrategie“ seitens sämtlicher öffentlicher Stellen in Nordrhein-Westfalen gegenüber Mitgliedern nicht verbotener Rockervereine zur Anwendung gebracht wird, sei es durch unmittelbare Kenntnis des Strategiepapiers, sei es mittels Steuerung durch die das Papier anwendenden Polizeibehörden;
127waren diese Beweisanträge mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen. Darauf, ob die Allgemeinverfügung im Rahmen einer staatlichen Bekämpfungsstrategie erfolgt ist bzw. ob die vom Kläger mit Schriftsatz vom 7. August 2016 vorgelegte „Bekämpfungsstrategie“ staatlicher Stellen in NRW vorliegend zur Anwendung gebracht worden ist, kommt es nicht an. Anknüpfungspunkt für die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung war hier das Vorliegen einer konkreten, an Tatsachen betreffend den sachlichen, räumlichen und zeitlichen Geltungsbereich der Allgemeinverfügung anknüpfenden Gefahr.
1282. Dagegen ist Ziffer 5 der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung rechtswidrig gewesen.
129Die Rechtswidrigkeit der Zwangsmittelandrohung folgt daraus, dass sie entgegen § 63 Abs. 6 Satz 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes NRW (VwVG NRW) dem Kläger nicht zugestellt worden ist. Nach dieser Vorschrift ist die Androhung eines Zwangsmittels, wozu auch der unmittelbare Zwang zählt (vgl. §§ 57 Abs. 1 Nr. 3, 62 VwVG NRW), zuzustellen oder im Wege des sog. Sofortvollzugs nach § 50 Abs. 2 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) bzw. § 55 Abs. 2 VwVG NRW vorzugehen. Dies gilt auch dann, wenn sie - wie hier - mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgesehen ist (§ 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW). § 63 Abs. 6 Satz 1 VwVG NRW enthält eine zwingende Regelung über die Form der Bekanntgabe (§ 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW), deren Nichtbeachtung - vorbehaltlich von Heilungsmöglichkeiten - grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Androhung führt.
130Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 1993 - 20 B 3082/92 -, juris Rn. 11 ff. m.w.N.
131Eine demnach erforderliche Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) - auch eine solche nach § 10 LZG NRW - ist hier aber nicht erfolgt. Eine Zustellung kann insbesondere nicht durch eine öffentliche Bekanntmachung i.S.d. § 41 Abs. 3 und 4 VwVfG NRW ersetzt werden.
132Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Februar 2010 - 5 B 119/10 -, juris Rn. 11 und vom 24. Juli 2007 - 13 B 950/07 -, juris Rn. 3 ff; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 31. Juli 2015 - 16 L 1495/15 -, juris Rn. 39.
133Die Zustellung war auch nicht ausnahmsweise - in entsprechender Anwendung des § 63 Abs. 1 Satz 5 VwVG NRW - entbehrlich. Es lag weder ein Eilfall im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 5, 2. Alt. VwVG NRW i.V.m. § 55 Abs. 2 VwVG NRW vor - der Verwaltungszwang war aufgrund der gleichzeitig ergangenen Untersagungsverfügung angewandt worden - noch war ein Eilfall im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 5 Alt. 1 VwVG NRW gegeben. Eine danach erforderliche besondere Eilbedürftigkeit bestand nicht. Lediglich die Umstände, die eine Zustellung erschwerten, waren die gleichen, die auch zu einer öffentlichen Bekanntgabe der Allgemeinverfügung führten (vgl. §§ 41 Abs. 3 Satz 2, 41 Abs. 4 VwVfG NRW). Eine öffentliche Zustellung aufgrund solcher Umstände sieht das Landeszustellungsgesetz NRW aber nicht vor. Vielmehr wäre es unter diesen Umständen, gerade auch mit Blick auf die Handlungsform der Allgemeinverfügung angezeigt gewesen, die Grundverfügung ohne die Androhung als Allgemeinverfügung zu erlassen und dann - nach Feststellung einzelner Verstößen - die Androhung den Betroffenen zuzustellen. Einer solchen Vorgehensweise stand insbesondere auch nicht die "Sollverpflichtung" des § 63 Abs. 2 Satz 2 VwVG NRW entgegen - soweit diese überhaupt technisch im Sinne einer "Sollvorschrift" und nicht nur als bloße Empfehlung zu verstehen ist. Denn hier lagen besondere Umstände vor, die die Annahme einer Ausnahme von der in der Regel vorgesehenen Verbindung von Grundverwaltungsakt und Androhung in dem Fall, dass ein Rechtbehelf keine aufschiebende Wirkung hat, geboten haben.
134Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Juli 2007 - 13 B 950/07 -, juris Rn. 55 ff.
135Auch eine Heilung der fehlenden Zustellung nach Maßgabe von § 8 LZG NRW scheidet aus. Die Vorschrift ist nämlich nur anwendbar, wenn überhaupt eine Zustellung vorliegt ist. Eine Zustellung ist hier aber nicht erfolgt, da es insoweit schon an dem nach § 1 Abs. 2 LZG NRW erforderlichen Zustellungswillen fehlte. Die Beklagte hat sich nämlich ersichtlich auf eine öffentliche Bekanntgabe der Allgemeinverfügung im Sinne des § 41 Abs. 3 und 4 VwVfG NRW beschränkt und von einer Zustellung nach dem Landeszustellungsgesetz NRW bewusst abgesehen.
136Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 1963 - V C 198.62 -, juris Rn. 14 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 24. Juli 2007 - 13 B 950/07 -, juris Rn. 22; Sadler, VwVG/VwZG, 6. Aufl. 2006, § 8 VwZG Rdnr. 19 f.
137Auch ist die Berücksichtigung der - von Amts wegen zu beachtenden - fehlenden Zustellung nicht ausgeschlossen. Zwar ist anerkannt, dass eine mangelhafte Zustellung durch Einlegung der vorgesehenen Rechtsbehelfe, ohne den Mangel zu rügen, geheilt werden kann bzw. dass sich derjenige nicht mehr auf Zustellungsmängel berufen kann, der die gegen den Verwaltungsakt vorgesehenen Rechtsbehelfe eingelegt hat, ohne die Mängel zu rügen.
138Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Mai 1988 - 8 C 11.85 -, juris Rn. 28; OVG NRW, Beschluss vom 24. Juli 2007 - 13 B 950/07 -, juris Rn. 16 f. m.w.N.
139Insoweit geht es aber allein um Fälle, in denen die Behörde auf die Wirksamkeit der Zustellung vertraut hat bzw. in denen für den Empfänger die Funktion der Zustellung darin bestand, ihm eine Ausfertigung des zuzustellenden Schriftstücks zu überlassen, um zu klären, ob gegen die Verfügung ein Rechtsbehelf eingelegt werden soll. Hat der Adressat des Bescheides einen Rechtsbehelf eingelegt, haben sich Mängel nicht zu seinen Lasten ausgewirkt. Hier konnte und durfte die Beklagte aber nicht auf die Wirksamkeit einer Zustellung vertrauen, da sie von einer solchen bewusst abgesehen hat. Auch dient die Zustellung nach § 63 Abs. 6 Satz 1 VwVG NRW der Androhung eines Zwangsmittels, der eine Warn- und Erzwingungsfunktion zukommt. Die Einlegung der Rechtsbehelfe durch den Kläger zeigt aber gerade nicht, dass sich Mängel im Rahmen der Warn- bzw. Erzwingungsfunktion nicht zu seinen Lasten ausgewirkt haben. Insbesondere kann daraus nicht gefolgert werden, dass er positiv weiß, dass ihm - ungeachtet der Einlegung der Rechtsbehelfe - bei Zuwiderhandlung gegen die Verfügung eine Zwangsgeldfestsetzung droht.
140Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Juli 2007 - 13 B 950/07 -, juris Rn. 18 ff.
141Die fehlende Zustellung der Zwangsgeldandrohung, die nach alledem zur Unwirksamkeit der Androhung führt, hat allerdings nicht zur Folge, dass die Allgemeinverfügung insgesamt und damit auch das „Kuttentrageverbot“ in Ziffer 1 bis 3 unwirksam wäre.
142Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Rechtswidrigkeit der Zwangsmittelandrohung - die der Kläger im Übrigen nicht explizit angegriffen hat - führt nur zu einem geringfügigen Unterliegen der Beklagten. Die Entscheidung bzgl. der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
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(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht
- 1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist; - 2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt; - 3.
das Einvernehmen der Parteien allein.
(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.
(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für
- 1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen, - 2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 3.
(weggefallen) - 4.
Wechsel- oder Scheckprozesse, - 5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird, - 6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist, - 7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder - 8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.