Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 28. Jan. 2019 - 2 L 5/19.A

ECLI:ECLI:DE:VGAC:2019:0128.2L5.19A.00
bei uns veröffentlicht am28.01.2019

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 2 K 18/19.A erhobenen Klage gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 03. Dezember 2018 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 75 Aufschiebende Wirkung der Klage


(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29 Unzulässige Anträge


(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 26a Sichere Drittstaaten


(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 71 Folgeantrag


(1) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltung

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 71a Zweitantrag


(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 1 Geltungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen: 1. Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder2. internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vo

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 35 Abschiebungsandrohung bei Unzulässigkeit des Asylantrags


In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

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Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 06. Apr. 2017 - Au 7 S 17.30656

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Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: Au 7 K 17.30655) gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30. Januar 2017 (Gesch.-Z.: ...) wird angeordnet. II. Die Antragsgeg

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Tatbestand 1 Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt seine Asyl- und Flüchtlingsanerkennung.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.

(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.

(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.

(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.

(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.

(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.

(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.

(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.

(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:

1.
Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder
2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) gewährte internationale Schutz steht dem internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU gleich; § 104 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 243-1, veröffentlichten bereinigten Fassung in der jeweils geltenden Fassung.

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: Au 7 K 17.30655) gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30. Januar 2017 (Gesch.-Z.: ...) wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der nach seinen Angaben am ... 1992 geborene Antragsteller, der keine Ausweisdokumente vorlegte und angibt, nigerianischer Staatsangehöriger zu sein, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die im Bescheid vom 30. Januar 2017 verfügte Abschiebungsandrohung nach Italien.

1. Der Antragsteller reiste nach seinen Angaben am 1. Juni 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein.

Am 11. August 2015 stellte der Antragsteller in Deutschland beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamtes (EURODAC-Treffer) hat der Kläger bereits am 9. April 2015 in Italien einen Asylantrag gestellt.

Am 7. Oktober 2015 stellte das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an Italien.

Die italienischen Behörden haben am 7. Oktober 2015 dem Bundesamt mitgeteilt, das Wiederaufnahmeersuchen erhalten zu haben. Eine weitergehende Stellungnahme erfolgte seitens der italienischen Behörden zunächst nicht.

Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 21. Januar 2016 (Gesch.-Z.: ...) den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheides) und ordnete dessen Abschiebung nach Italien an (Nr. 2 des Bescheides). Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage wurde mit (mittlerweile rechtskräftigem) Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. April 2016 (Az.: Au 7 K 16.50015) abgewiesen.

2. Am 10. März 2016 teilten die italienischen Behörden (Ministero dell`Interno) der Antragsgegnerin mit, dass sie die Wiederaufnahme des Antragstellers nicht akzeptieren, da ihm in Italien internationaler Schutz und eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund subsidiären Schutzes bewilligt worden sei. Die Behörde sei daher für den Fall des Antragstellers nicht mehr zuständig, seit sein Asylverfahren in Italien abgeschlossen worden sei. Eine mögliche Überstellung des Antragstellers sei auf der Grundlage des bilateralen Rückübernahmeabkommens zwischen Italien und Deutschland („Police Agreement“) durchzuführen und die Antragsgegnerin habe ihre Anfrage an die Fax Nummer …. zu senden (s. Bl. 107 der Bundesamtsakte).

Das Bundesamt teilte der für den Antragsteller zuständigen Ausländerbehörde (Landratsamt ...) daraufhin mit Schreiben vom 16. März 2016 mit, dass die auf der Grundlage der Dublin Verordnung geplante Überstellung nicht mehr vollzogen werden könne und wies auf die bilateralen Abkommen der Grenzschutzdirektionen hin.

Mit Schreiben vom 8. August 2016 teilte das Bundespolizeipräsidium der Ausländerbehörde des Landratsamtes ... mit, dass die italienischen Behörden der Wiedereinreise des Antragstellers nicht zugestimmt hätten, da ihm der subsidiäre Schutz entzogen worden sei. Beigefügt war das Schreiben des italienischen Innenministeriums vom 19. Juli 2016, dass die Überstellung des Antragstellers nicht mehr möglich sei, da ihm der subsidiäre Schutz entzogen worden sei. Das Landratsamt ... informierte das Bundesamt über diese Gegebenheiten mit Schreiben vom 10. August 2016 (dort eingegangen am 11.8.2016).

3. Mit Bescheid vom 30. Januar 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Sollte er die Ausreisefrist nicht einhalten, werde er nach Italien abgeschoben. Er könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei. Der Antragsteller dürfe nicht nach Nigeria abgeschoben werden (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig sei, da dem Antragsteller bereits in Italien internationaler Schutz gewährt worden sei.

Der Bescheid wurde laut Aktenvermerk des Bundesamtes am 1. Februar 2017 als Einschreiben zur Post gegeben.

4. Am 10. Februar 2017 wurde hiergegen Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamtes vom 30. Januar 2017 in Ziffer 1 bis 3, Satz 1 bis 3 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Gleichzeitig wurde beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die mit dem Bescheid des Bundesamtes verbundene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung anzuordnen.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 20. Februar 2017 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragsgegnerin die Information nicht berücksichtigt habe, dass Italien der Wiedereinreise des Antragstellers nicht zugestimmt habe, da ihm der subsidiäre Schutz entzogen worden sei.

Das Bundesamt legte am 16. Februar 2017 die Behördenakte vor.

4. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Nr. 3 des angefochtenen Bescheids hat auch in der Sache Erfolg.

1. Der Antrag nach § 80 Absatz 5 VwGO ist gemäß § 36 Abs. 3 S. 1 Asylgesetz (AsylG) zulässig. Insbesondere ist die dort bestimmte Antragsfrist von einer Woche nach Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheides gewahrt. Aus dem Vermerk des Bundesamtes ergibt sich, dass der Bescheid am 1. Februar 2017 als Einschreiben zur Post gegeben wurde. Die am 10. Februar 2017 erhobene Klage und der gleichzeitig gestellte Antrag auf vorläufigen Rechtschutz sind damit fristgemäß bei Gericht eingegangen.

2. Der Antrag ist auch begründet. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht auf Antrag im Rahmen einer eigenen Ermessensentscheidung die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers an der beantragten Aussetzung der Vollziehung das bezüglich der Abschiebungsandrohung bestehende öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt.

Die danach vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich - nicht ausschließlich - an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Gunsten des Antragstellers aus, denn die Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes begegnet nach diesen Maßstäben zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn das Bundesamt hat zu Unrecht „Italien“ als denjenigen Zielstaat benannt, in den der Antragsteller abgeschoben werden soll.

a) Die Voraussetzungen für eine Abschiebungsandrohung mit dem Zielstaat Italien gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2, § 35 AsylG liegen ganz offensichtlich nicht vor.

Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedsstaat der Europäischen Union dem Antragsteller bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, gewährt hat.

Der Antragsteller hat in Italien zwar zunächst internationalen Schutz in Form des subsidiären Schutzes im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (Flüchtlingsschutz oder subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 [EU-Qualifikationsrichtlinie, ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9]) erhalten (siehe Mitteilung der italienischen Behörden vom 10.3.2016, Bl. 107 der Bundesamtsakte). Dieser Schutzstatus und das darauf beruhende Aufenthaltsrecht in Italien wurde ihm aber entsprechend der Mitteilung der italienischen Behörden an das Bundespolizeipräsidium vom 19. Juli 2016 wieder entzogen. Das Bundesamt hat von diesem Sachverhalt auch am 11. August 2016 Kenntnis erhalten.

Damit liegen die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht vor.

b) Eine andere Rechtsgrundlage, auf die eine Abschiebungsandrohung mit dem Zielstaat Italien gestützt werden könnte, ist nicht ersichtlich.

Abgesehen davon, dass die nochmalige Einleitung eines sog. „Dublin-Verfahrens“, nunmehr gestützt auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. d) der Dublin III-VO, wegen des Ablaufs der 3-Monatsfrist-Frist zur Stellung eines erneuten Wiederaufnahmeersuchens an Italien (Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO) nicht mehr in Frage kommt (Fristbeginn: Mitteilung der italienischen Behörden vom 19.7.2016, dass der subsidiäre Schutzstatus entzogen wurde), hätte das Bundesamt in einem solchen Fall eine Abschiebungsanordnung (s. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG) erlassen müssen; eine Abschiebungsandrohung wäre unzulässig.

Eine Abschiebungsandrohung mit dem Zielstaat Italien kann auch ersichtlich nicht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 29 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 71a AsylG gestützt werden.

Zwar spricht viel dafür, dass der Schutzantrag des Antragstellers als Zweitantrag nach § 71a AsylG zu werten ist. Aber das Bundesamt hat die ihm obliegende Prüfung (s. § 71a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG), ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, also ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen, bisher noch nicht durchgeführt. Zum anderen müsste, wenn das Bundesamt zu dem Ergebnis käme, dass ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist und der Asylantrag des Antragstellers gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig abzulehnen ist, die Abschiebungsandrohung dann auf den Zielstaat Nigeria (Herkunftsland des Antragstellers) lauten (soweit das Bundesamt insoweit ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG verneinen würde).

Da somit ernstliche bzw. durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 30. Januar 2017 bestehen, überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hier das öffentliche Interesse an einer unverzüglichen Durchsetzung des Bescheids.

3. Da der Antrag somit erfolgreich ist, trägt die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 83b AsylG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tatbestand

1

Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt seine Asyl- und Flüchtlingsanerkennung.

2

Er reiste im Mai 2006 auf dem Luftweg in das Bundesgebiet ein. Zur Begründung seines Asylantrags gab er an, in der Türkei wegen Unterstützung der PKK ("Kurdische Arbeiterpartei") für 10 Jahre inhaftiert worden zu sein. Nach seiner Entlassung im Jahr 1990 sei er in Syrien und dem Libanon als PKK-Kämpfer ausgebildet worden und habe 1992/93 in der Türkei an Kampfhandlungen teilgenommen. Später sei er bei der ERNK ("Kurdische Befreiungsfront") gewesen und habe politische und logistische Aufgaben erledigt, d.h. finanzielle Dinge geregelt und versucht, Dorfbewohner für die PKK zu gewinnen. Im Nordirak sei er im Oktober 1999 als Guerilla bei einem Angriff von der türkischen Armee verletzt worden und habe sich dann bis 2004 im Lager Kandil aufgehalten. Danach sei er für den KONGRA-GEL ("Volkskongress Kurdistan") im Nordirak als Kontaktmann zu anderen Organisationen eingesetzt worden. Bis 2006 habe er auf einen Gewaltverzicht der PKK gehofft und sich auch entsprechend geäußert. Nachdem sich diese Auffassung in der PKK nicht durchgesetzt habe, habe er sich entschlossen, die Organisation zu verlassen. Aus Furcht, von der PKK als Verräter getötet zu werden, habe er Kontakt mit seiner Familie aufgenommen. Er sei dann über den Iran nach Deutschland gereist.

3

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - lehnte den Asylantrag des Klägers mit Bescheid vom 25. Juni 2008 als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen und auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bestehen, und drohte dem Kläger die Abschiebung in die Türkei an. Der Asylantrag sei gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG offensichtlich unbegründet, da beim Kläger die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG vorlägen. Durch seine Mitgliedschaft in der PKK und die langjährigen Guerillaaktivitäten für diese Organisation in der Türkei und im Nordirak sei die Annahme gerechtfertigt, dass er vor seiner Aufnahme als Flüchtling außerhalb Deutschlands eine schwere nichtpolitische Straftat begangen habe.

4

Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25. Juni 2008 verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass dieser die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG erfülle. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Kläger als nachhaltiger PKK-Aktivist und exponierter Gegner des türkischen Staates bei der Wiedereinreise mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu erleiden habe. Sein Begehren scheitere nicht an der Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes, denn als PKK-Aktivist habe er im Iran nicht Fuß fassen können. Schließlich habe er keinen Ausschlussgrund verwirklicht. Schwere Straftaten i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG seien vor allem terroristische, d.h. durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnete Handlungen. Der Kläger sei in der Südosttürkei für die PKK aber ganz überwiegend nur propagandistisch tätig gewesen und habe im Nordirak Kontakte zu anderen Organisationen gehalten. Als Guerilla habe er allenfalls 1992 und 1993 gekämpft; bei militärischen Auseinandersetzungen zwischen der PKK und türkischen Sicherheitskräften hätten jedoch Gewaltakte gegenüber der Zivilbevölkerung nicht im Vordergrund gestanden. Der von der PKK ausgeübte Druck auf die Dorfbevölkerung liege weit unterhalb der Schwelle des Terrors. Die Beseitigung von nicht genehmen oder abtrünnigen PKK-Leuten habe der Kläger weder selbst begangen noch zu verantworten. Zwar habe er von dem Mord an M.S., dessen Todesurteil auf der vom Kläger besuchten "Kerker-Konferenz" im August 1991 von den Anwesenden beschlossen worden sei, Kenntnis haben müssen. Aber ihm könnten diese Gewaltakte nicht zugerechnet werden, da er als einfacher Aktivist die Zusammenhänge und den Unrechtsgehalt der Taten nicht erkannt habe. Jedenfalls habe er sie aufgrund der Rechtfertigungen von Öcalan und seiner Führungsclique für "legitim" halten dürfen. Äußerstenfalls habe er unter einem derartigen Gruppendruck und in konkreter Gefahr für sein eigenes Leben gestanden, dass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als diese Morde zur Kenntnis zu nehmen. Anschläge auf zivile Ziele in Istanbul und touristische Zentren der Südwesttürkei seien erst erfolgt, als er sich bereits von der PKK losgesagt habe und auf der Flucht gewesen sei. Terroristische Aktivitäten mit internationaler Dimension i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG habe der Kläger nicht unterstützt. Er sei in der Südosttürkei und dem Nordirak aktiv gewesen, habe aber mit Aktivitäten der PKK in Europa, geschweige denn mit solchen terroristischer Art, auch im Vorfeld nichts zu tun gehabt.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, das Berufungsgericht habe die anderweitige Sicherheit des Klägers bzw. Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes nur unzureichend geprüft. Für § 27 AsylVfG komme es - anders als beim Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - nicht auf die Möglichkeit der Rückkehr in den sicheren Drittstaat an. Zudem dränge es sich auf, diesbezüglich auf die Lage des Klägers im Irak abzustellen. Das Berufungsurteil verletze ferner § 3 Abs. 2 AsylVfG, denn das Oberverwaltungsgericht befasse sich bei Prüfung der Nr. 2 nur mit terroristischen Handlungen, die zudem durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet sein müssten. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die persönliche Verantwortung des Klägers für das Todesurteil gegen den abtrünnigen M.S. trotz seiner Teilnahme an der "Kerker-Konferenz" ausschließe, seien nicht tragfähig.

6

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit einer Begründung zurückgewiesen, die Bundesrecht verletzt. Denn es hat zum einen bei Prüfung des Asylanspruchs die anderweitige Sicherheit vor Verfolgung gemäß § 27 AsylVfG nicht im Hinblick auf den Irak untersucht (1.). Zum anderen halten die Erwägungen, mit denen es die Verwirklichung von Ausschlussgründen gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG durch den Kläger verneint hat, einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand (2.). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts kann der Senat in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden. Der Rechtsstreit ist daher zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zurückzuverweisen (3.).

9

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. Urteil vom 11. September 2007 - BVerwG 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylVfG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen.

10

1. Das Berufungsgericht ist, nachdem es für den Kläger als exponierten PKK-Aktivisten bei der Wiedereinreise in die Türkei politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit prognostiziert hat, auf die anderweitige Sicherheit vor Verfolgung nur unter dem Stichwort "Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes" und nur hinsichtlich des Iran, nicht aber des Irak eingegangen (UA S. 21). Damit hat es bei der Verpflichtung zur Asylanerkennung des Klägers § 27 AsylVfG verletzt (1.1); mit Blick auf die Flüchtlingsanerkennung erweist sich seine Entscheidung aber im Ergebnis als zutreffend (1.2).

11

1.1 Nach § 27 Abs. 1 AsylVfG wird ein Ausländer, der bereits in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war, nicht als Asylberechtigter anerkannt. Hat sich ein Ausländer in einem sonstigen Drittstaat, in dem ihm keine politische Verfolgung droht, vor der Einreise in das Bundesgebiet länger als drei Monate aufgehalten, so wird gemäß Absatz 3 Satz 1 der Vorschrift vermutet, dass er dort vor politischer Verfolgung sicher war. Das gilt gemäß Satz 2 nicht, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass eine Abschiebung in einen anderen Staat, in dem ihm politische Verfolgung droht, nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen war.

12

Das Berufungsgericht hat diese Vorschrift bei der Prüfung des Asylanspruchs nicht in den Blick genommen, obwohl es davon ausgeht, dass der Kläger mehrere Jahre im Nordirak gelebt hat. Nach den tatrichterlichen Feststellungen spricht alles dafür, dass er dort vor einer Verfolgung durch den türkischen Staat sicher war und eine Lebensgrundlage nach Maßgabe der dort bestehenden Verhältnisse gefunden hat (vgl. Urteil vom 15. Dezember 1987 - BVerwG 9 C 285.86 - BVerwGE 78, 332 <344 ff.> zu § 2 AsylVfG 1982); eine Verfolgung seitens des Irak hat der Kläger selbst nicht behauptet. Damit greift die widerlegbare gesetzliche Vermutung des § 27 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG ein.

13

Daher hätte das Berufungsgericht der Frage nachgehen müssen, ob der Kläger durch seine Abkehr von der PKK die im Nordirak bestehende Verfolgungssicherheit verloren hat. Denn § 27 AsylVfG findet keine Anwendung und die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen lebt wieder auf, wenn der in einem anderen Land gewährte Schutz vor politischer Verfolgung durch Widerruf, praktischen Entzug oder aus anderen Gründen entfällt; dies gilt auch dann, wenn sich der Asylbewerber längere Zeit in dem Drittstaat aufgehalten hat. Einem Asylanspruch steht die anderweitige Verfolgungssicherheit allerdings dann entgegen, wenn der Asylbewerber auf den Verfolgungsschutz freiwillig verzichtet, etwa durch eine nicht erzwungene Ausreise aus dem Gebiet des ihm Schutz gewährenden Staates (so bereits Urteil vom 6. April 1992 - BVerwG 9 C 143.90 - BVerwGE 90, 127 <135> m.w.N. zu § 2 AsylVfG 1982). Der Wegfall des Schutzes oder das Entstehen neuer Verfolgungsgefährdung durch die Abkehr von einer terroristischen Organisation - wie der PKK - steht einer freiwilligen Aufgabe der anderweitigen Sicherheit aber nicht gleich. Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, welche Konsequenzen der Kläger als abtrünniges PKK-Mitglied im Irak zu befürchten hatte und ob seine Verfolgungssicherheit durch ggf. erfolgende Nachstellungen der PKK entfallen ist. Da hierzu jegliche tatrichterlichen Feststellungen fehlen, ist die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Asylanerkennung des Klägers schon aus diesem Grund aufzuheben.

14

1.2 Auch bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung hat das Berufungsgericht die Regelung des § 27 AsylVfG nicht herangezogen. Das verletzt Bundesrecht nicht, denn die Vorschrift betrifft nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur die Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG, nicht aber die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG (Urteil vom 8. Februar 2005 - BVerwG 1 C 29.03 - BVerwGE 122, 376 <386> m.w.N.). Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes, für die es auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8. Februar 2005 a.a.O.) zurückgegriffen hat, erweisen sich jedoch mit den inzwischen zu beachtenden unionsrechtlichen Vorgaben als nicht mehr vereinbar. Denn nach Ablauf der Umsetzungsfristen für die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) - Qualifikationsrichtlinie - und die Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl EU Nr. L 326 vom 13. Dezember 2005 S. 13; berichtigt ABl EU Nr. L 236 vom 31. August 2006 S. 35) - Verfahrensrichtlinie - ist für ein materiellrechtliches Verständnis der Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes kein Raum mehr.

15

Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG sieht einen materiellrechtlichen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung aus Gründen der Subsidiarität nur in Fällen des Schutzes oder Beistands einer Organisation oder Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des UNHCR oder dann vor, wenn der Betroffene von den Behörden des Aufenthaltsstaates als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten eines Staatsangehörigen dieses Landes oder gleichwertige Rechte und Pflichten hat. Die Möglichkeit anderweitig bestehender Sicherheit vor Verfolgung greift die Qualifikationsrichtlinie im Übrigen nur mit Blick auf den internen Schutz (Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG) auf, nicht aber im Hinblick auf die Verfolgungssicherheit in einem anderen Staat. Das Unionsrecht verfolgt insoweit keinen materiellrechtlichen, sondern einen verfahrensrechtlichen Ansatz: Nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/85/EG kann ein Mitgliedstaat einen Asylantrag als unzulässig betrachten, wenn ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, als erster Asylstaat des Asylbewerbers gemäß Art. 26 RL 2005/85/EG betrachtet wird. Nach Art. 26 Satz 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/85/EG kann ein Staat als erster Asylstaat eines Asylbewerbers u.a. dann angesehen werden, wenn dem Asylbewerber in dem betreffenden Staat anderweitig ausreichender Schutz einschließlich der Anwendung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährt wird, vorausgesetzt, dass er von diesem Staat wieder aufgenommen wird. Nach diesem verfahrensrechtlichen Konzept des ersten Asylstaats sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, einen Asylantrag in der Sache zu prüfen, wenn ein Drittstaat dem Antragsteller - auch ohne ihn als Flüchtling anzuerkennen - anderweitig ausreichenden Schutz gewährt und die Rückübernahme des Antragstellers in diesen Staat gewährleistet ist (vgl. auch den 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/85/EG).

16

Der deutsche Gesetzgeber hat dieses verfahrensrechtliche Konzept des ersten Asylstaats in § 29 Abs. 1 AsylVfG in der Weise umgesetzt, dass ein Asylantrag - und damit auch ein Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 13 Abs. 1 und 2 AsylVfG) - unbeachtlich ist, wenn offensichtlich ist, dass der Ausländer bereits in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war und die Rückführung in diesen Staat oder in einen anderen Staat, in dem er vor politischer Verfolgung sicher ist, möglich ist. In den Fällen des § 29 Abs. 1 AsylVfG droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war (§ 35 AsylVfG). Das Asylverfahren ist gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG allerdings fortzuführen, wenn die Rückführung innerhalb von drei Monaten nicht möglich ist. Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unbeachtlichkeit des Antrags wird unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht; auch dann hat das Bundesamt das Asylverfahren fortzuführen (§ 37 Abs. 1 AsylVfG). Das Asylverfahrensgesetz knüpft somit an die Offensichtlichkeit, dass der Ausländer in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war und die Rückführung in diesen oder einen anderen sicheren Drittstaat möglich ist, ausschließlich die Unbeachtlichkeit des Asylantrags mit der verfahrensrechtlichen Folge, dass eine Abschiebungsandrohung in einen sicheren Drittstaat ohne umfassende Sachprüfung des Asylbegehrens ergehen kann. Macht das Bundesamt davon keinen Gebrauch, sondern entscheidet es - wie hier - über das Asylbegehren in der Sache, bleibt für eine materiellrechtlich verstandene Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes mit Blick auf die o.g. unionsrechtlichen Vorgaben kein Raum mehr. Die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8. Februar 2005 a.a.O.) erweist sich insoweit als überholt.

17

2. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger keinen der in § 3 Abs. 2 AsylVfG enthaltenen Ausschlussgründe verwirklicht. Die dafür angeführten Erwägungen halten einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand.

18

Ein Ausländer ist gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG nicht Flüchtling, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG), wenn er vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG), oder wenn er den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG). Dies gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG). Liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 AsylVfG vor, ist der Asylantrag gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abzulehnen, so dass sich die Ausschlussgründe auch auf die Asylanerkennung erstrecken.

19

2.1 Das Berufungsgericht hat zu § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG ausgeführt, der Kläger habe während seiner Zugehörigkeit zur PKK weder eine schwere nichtpolitische Straftat, insbesondere keine terroristische Handlung, begangen noch sei ihm eine solche zuzurechnen. Terroristische Handlungen seien Gewaltaktionen zur Erreichung politischer Ziele, die durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet seien (UA S. 24). Indem das Berufungsgericht der Prüfung dieses Ausschlussgrundes ausschließlich terroristische Gewaltaktionen der PKK zugrunde gelegt hat, die sich durch Gewalt gegen die Zivilbevölkerung auszeichnen, hat es - wie die Beklagte zutreffend rügt - einen zu engen Maßstab gewählt.

20

§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG dient wie Art. 1 F Buchst. b GFK dem Ausschluss "gemeiner Straftäter", denen man den Flüchtlingsschutz vorenthalten wollte, um den Status eines "bona fide refugee" aus Gründen der Akzeptanz in der internationalen Gemeinschaft nicht in Misskredit zu bringen. Daher rechtfertigt nicht jedes kriminelle Handeln des Schutzsuchenden vor seiner Einreise einen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung. Vielmehr muss der Straftat zunächst ein gewisses Gewicht zukommen, wofür internationale und nicht lokale Standards maßgeblich sind. Es muss sich also um ein Kapitalverbrechen oder eine sonstige Straftat handeln, die in den meisten Rechtsordnungen als besonders schwerwiegend qualifiziert ist und entsprechend strafrechtlich verfolgt wird (Urteil vom 24. November 2009 - BVerwG 10 C 24.08 - BVerwGE 135, 252 Rn. 41).

21

Zugleich muss die Tat nichtpolitisch sein. Dazu ist auf den Delikttypus sowie die der konkreten Tat zugrunde liegenden Motive und die mit ihr verfolgten Zwecke abzustellen. Nichtpolitisch ist eine Tat, wenn sie überwiegend aus anderen Motiven, etwa aus persönlichen Beweggründen oder Gewinnstreben begangen wird. Besteht keine eindeutige Verbindung zwischen dem Verbrechen und dem angeblichen politischen Motiv bzw. Ziel oder ist die betreffende Handlung in Bezug zum behaupteten politischen Ziel unverhältnismäßig, überwiegen nichtpolitische Beweggründe und kennzeichnen die Tat damit insgesamt als nichtpolitisch. So hat der Gesetzgeber in Umsetzung des Art. 12 Abs. 2 Buchst. b letzter Halbsatz der Richtlinie 2004/83/EG insbesondere grausame Handlungen beispielhaft als schwere nichtpolitische Straftaten eingestuft, auch wenn mit ihnen vornehmlich politische Ziele verfolgt werden. Dies ist bei Gewalttaten, die gemeinhin als "terroristisch" bezeichnet werden, regelmäßig der Fall (Urteil vom 24. November 2009 a.a.O. Rn. 42), insbesondere, wenn sie durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet sind (EuGH, Urteil vom 9. November 2010 - Rs. C-57/09 und 101/09 - NVwZ 2011, 285 Rn. 81; dem folgend Urteil vom 7. Juli 2011 - BVerwG 10 C 26.10 - BVerwGE 140, 114 Rn. 35). Letzteres ist aber - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - keine notwendige, sondern eine bereits hinreichende Voraussetzung für das Vorliegen einer nichtpolitischen Straftat. Die vorsätzliche rechtswidrige und schuldhafte Tötung oder erhebliche Verletzung eines Menschen erweist sich in Bezug auf das behauptete politische Ziel grundsätzlich als unverhältnismäßig und ist daher in aller Regel eine schwere nichtpolitische Straftat unabhängig davon, ob das Opfer ein Angehöriger der staatlichen Sicherheitskräfte, der Zivilbevölkerung oder ein abtrünniges Mitglied der eigenen Organisation ist.

22

Demzufolge hätte das Berufungsgericht bei der Prüfung des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG die Beteiligung des Klägers an Kampfhandlungen in den Jahren 1992/93 sowie Angriffe der PKK mit Opfern auf Seiten der türkischen Sicherheitskräfte nur dann aus seiner Betrachtung ausscheiden dürfen, wenn es zuvor festgestellt hätte, dass die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat die völker(straf)rechtliche Schwelle eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut überschritten haben. Dann würden die für einen solchen Konflikt vorgesehenen Regelungen des Humanitären Völkerrechts und deren völkerstrafrechtlicher Sanktionierung auch die Maßstäbe beeinflussen, nach denen sich in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Mittel beurteilt. Denn soweit Kampfhandlungen von Kämpfern in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG erfasst werden, erfüllen sie in der Regel auch nicht den Ausschlussgrund der schweren nichtpolitischen Straftat (Urteil vom 24. November 2009 a.a.O. Rn. 43). Dazu, ob die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat im Südosten der Türkei Anfang der 1990er Jahre die Merkmale eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut (vgl. dazu Urteil vom 24. November 2009 a.a.O. Rn. 33) erfüllten, hat das Berufungsgericht keine tatsächlichen Feststellungen getroffen.

23

2.2 Die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es die Ermordung des abtrünnigen PKK-Mitglieds M.S., dessen Todesurteil nach den tatsächlichen Feststellungen auf der vom Kläger besuchten "Kerker-Konferenz" im August 1991 von mehr als fünfhundert PKK-Leuten "beschlossen" worden ist, als dem Kläger nicht zurechenbar ansieht (UA S. 27), verletzen ebenfalls § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 AsylVfG. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Kläger als einfacher PKK-Aktivist die Zusammenhänge und den Unrechtsgehalt der Taten nicht erkannt hat, sie aber jedenfalls aufgrund der Rechtfertigung der PKK-Führung für "legitim" habe halten dürfen. Äußerstenfalls habe er unter einem derartigen Gruppendruck gestanden und konkrete Gefahr für sein eigenes Leben befürchten müssen, dass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als diese Morde zur Kenntnis zu nehmen. Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.

24

Bei der Prüfung des Ausschlussgrunds des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG ist zu berücksichtigen, dass die notwendige individuelle Verantwortlichkeit eine Verantwortlichkeit im strafrechtlichen Sinne erfordert, wobei allerdings mit Blick auf die zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände das im Vergleich zum Strafrecht abgesenkte Beweismaß ("wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist"; vgl. dazu Urteil vom 31. März 2011 - BVerwG 10 C 2.10 - BVerwGE 139, 272 Rn. 26) genügt. Soweit keine Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Betracht zu ziehen sind und daher nicht zugleich § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG mit dem dynamischen Verweis auf die Regelungen im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 eingreift, liegt mangels einheitlicher internationaler Kriterien sowohl für Täterschaft und Teilnahme (vgl. die Länderberichte in: Sieber/Cornils, Nationales Strafrecht in rechtsvergleichender Darstellung, Teilband 4 Tatbeteiligung, Berlin 2010) als auch für Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe (vgl. dazu die Beiträge in: Eser/Fletcher, Rechtfertigung und Entschuldigung - Rechtsvergleichende Perspektiven, Bd. I 1987 und Bd. II 1988) grundsätzlich zunächst eine Orientierung an den Regeln des nationalen Strafrechts nahe (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 38).

25

Gerechtfertigt werden kann die Tötung eines Menschen nur durch Notwehr, nicht aber nach dem Prinzip des überwiegenden Interesses, denn das Leben eines Menschen steht in der Werteordnung des Grundgesetzes und der Menschenrechte - ohne zulässige Relativierung - an höchster Stelle der zu schützenden Rechtsgüter (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; Art. 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948, Resolution 217 A der Generalversammlung der UN; Art. 6 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl II 1973, 1533; Art. 2 Abs. 1 EMRK; Art. 2 GRCh). Dieser allgemein anerkannte Rang des Rechts auf Leben in der Wertehierarchie der internationalen Gemeinschaft lässt die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums als Entschuldigungsgrund im Hinblick auf die Tötung eines Menschen nur schwerlich als vorstellbar erscheinen. Denn bei einem offensichtlich rechtswidrigen vorsätzlichen Tötungsdelikt kommt ein Schuldausschluss nicht in Betracht, wenn nicht im Einzelfall ganz besondere Umstände gegen eine Erkennbarkeit des Strafrechtsverstoßes sprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 1996 - 2 BvR 1851/94 u.a. - BVerfGE 95, 96 <142>). Diesem strengen Maßstab genügt die Annahme des Berufungsgerichts auf der Grundlage seiner zur "Kerker-Konferenz" getroffenen tatrichterlichen Feststellungen, der Kläger habe das "Todesurteil" für M.S. wegen der Rechtfertigung durch die PKK-Führung für legitim halten dürfen, nicht. Auch die - mit der Annahme eines Verbotsirrtums im Übrigen unvereinbare - Entschuldigung durch einen Nötigungsnotstand vermag die angefochtene Entscheidung nicht zu tragen. Gegen die vom Berufungsgericht nicht mit tatsächlichen Feststellungen unterlegte Annahme, der Kläger habe nur aus Angst um das eigene Leben nicht gegen das "Todesurteil" der PKK-Führung aufbegehrt, spricht bereits, dass er sich nicht unmittelbar nach der "Kerker-Konferenz" von der PKK gelöst hat.

26

2.3 Das Berufungsgericht hat den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG nicht durchgreifen lassen, da der Kläger keine terroristischen Aktivitäten mit internationaler Dimension unterstützt habe. Er sei in der Südosttürkei und dem Nordirak aktiv gewesen, habe aber mit terroristischen Aktivitäten der PKK in Europa auch im Vorfeld nichts zu tun gehabt. Auch diese Erwägungen verletzen Bundesrecht. Das Berufungsgericht nimmt für die internationale Dimension, die Handlungen des Terrorismus grundsätzlich haben müssen, um die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen berühren zu können (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 28 im Anschluss an EuGH, Urteil vom 9. November 2010 a.a.O. Rn. 82 ff.), nur die terroristischen Aktivitäten der PKK in Europa, nicht aber deren grenzüberschreitende Aktionen im Nordirak in den Blick. Zudem müssen Unterstützungshandlungen zugunsten einer Organisation, die - wie die PKK - Akte des internationalen Terrors begeht, sich nicht konkret auf terroristische Aktionen internationaler Qualität beziehen, um von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 AsylVfG erfasst zu werden. Denn dieser Ausschlussgrund verlangt keine Zurechnung nach strafrechtlichen Kriterien, da er kein strafbares Handeln im Sinne einer Beteiligung an bestimmten Delikten voraussetzt. Demzufolge können auch rein logistische Unterstützungshandlungen von hinreichendem Gewicht im Vorfeld den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 AsylVfG erfüllen (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 39). Soweit das Berufungsgericht schließlich ausführt, die Aktivitäten des Klägers hätten nicht das für § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG erforderliche Gewicht gehabt, beruht seine Wertung infolge zu enger Maßstäbe auf unzureichenden Tatsachenfeststellungen.

27

3. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Ausschlussgründen des § 3 Abs. 2 AsylVfG kann der Senat nicht abschließend selbst entscheiden, ob dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Asyl- und Flüchtlingsanerkennung zustehen. Deshalb ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das neue Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

28

Das Berufungsgericht wird zunächst seine Überzeugungsbildung zu der von ihm gestellten Prognose, der Kläger habe bei einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung zu befürchten, aktualisieren und jedenfalls detailliert begründen müssen. Mit Blick auf die dafür in der angefochtenen Entscheidung angeführten Quellen, u.a. den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. April 2011, ist seine Annahme jedenfalls nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen. Denn das Berufungsgericht hat sich mit der Aussage im Lagebericht auf S. 27 nicht auseinandergesetzt, dass weder dem Auswärtigen Amt noch türkischen Menschenrechtsorganisationen oder Vertretungen anderer EU-Mitgliedstaaten in den letzten Jahren Fälle bekannt geworden seien, in denen auch exponierte Mitglieder und führende Persönlichkeiten terroristischer Organisationen einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt worden seien. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verlangt jedoch, dass das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, ohne einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse auszublenden oder zu übergehen.

29

Hat der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen seiner PKK-Tätigkeit - über reine Strafverfolgungsmaßnahmen hinaus - politische Verfolgung zu befürchten, ist im Hinblick auf die Ausschlussgründe des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 2 AsylVfG in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, dass die PKK jedenfalls bis zum Ausscheiden des Klägers eine terroristische Organisation war (Urteile vom 30. März 1999 - BVerwG 9 C 23.98 - BVerwGE 109, 12 <20 ff.>; vom 15. März 2005 - BVerwG 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 <129 f.> und vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 35). Im Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass der Begriff der schweren nichtpolitischen Straftat sich nicht auf terroristische Gewaltakte gegenüber der Zivilbevölkerung beschränkt. Im Rahmen der tatsächlichen Würdigung des Verhaltens der PKK gegenüber der Landbevölkerung im Südosten der Türkei hat das Berufungsgericht das gesamte Geschehen der Auseinandersetzung in den Blick zu nehmen und dabei Feststellungen zu den tatsächlichen Übergriffen und Opfern der PKK aus jener Zeit zu treffen. Dabei wird sich das Berufungsgericht auch mit den entsprechenden Feststellungen anderer Obergerichte auseinanderzusetzen haben (vgl. z.B. VGH München, Urteil vom 21. Oktober 2008 - 11 B 06.30084 - juris Rn. 34 ff.; OVG Schleswig, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 4 LB 5/11 - juris Rn. 45 f.; OVG Bautzen, Urteil vom 22. März 2012 - A 3 A 428/11 - juris Rn. 37). Für die Berücksichtigung von Opfern bei den Sicherheitskräften und diesen nahestehenden Zivilpersonen wird gegebenenfalls auch zu prüfen sein, ob die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat Anfang der 1990er Jahre die Merkmale eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut erfüllten und - sollte dies bejaht werden - PKK-Aktionen (zumindest teilweise) als Verstöße gegen das Völkerrecht i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG zu werten sind.

30

Allerdings rechtfertigt - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - allein der Umstand, dass der Kläger der PKK angehört hat und den von dieser Organisation geführten bewaffneten Kampf aktiv unterstützt hat, nicht automatisch die Annahme eines der genannten Ausschlussgründe. Zur Ermittlung der individuellen Verantwortung des Klägers bedarf es vielmehr einer genauen Würdigung seiner gesamten Aktivitäten für die PKK sowohl als Kämpfer als auch anschließend als Funktionär bei der Wahrnehmung politischer, logistischer und finanzieller Aufgaben. Dabei ist seine jedenfalls zuletzt offenbar nicht nur untergeordnete Stellung innerhalb der Organisation zu berücksichtigen. Bei der tatsächlichen Würdigung ist dem in der Vorschrift geregelten Beweisniveau Rechnung zu tragen (EuGH, Urteil vom 9. November 2010 a.a.O. Rn. 94 ff.). Nur zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der abgesenkte Beweismaßstab des § 3 Abs. 2 AsylVfG sich nur auf die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen, nicht aber deren (straf)rechtliche Würdigung z.B. als schwere nichtpolitische Straftat bezieht.

31

Für die Beteiligung an einer schweren nichtpolitischen Straftat richtet sich die Zurechnung grundsätzlich zunächst nach nationalen strafrechtlichen Maßstäben (s.o. Rn. 24); erfasst wird mithin sowohl der Täter als auch der Anstifter. Auch der in sonstiger Weise Beteiligte ist für eine schwere nichtpolitische Straftat verantwortlich, wenn er eine strafrechtlich relevante Beihilfe i.S.d. § 27 StGB begangen hat. Allerdings muss auch im Fall der Beihilfe der Tatbeitrag nach seinem Gewicht dem einer schweren nichtpolitischen Straftat im Sinne dieser Vorschrift entsprechen (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 38 m.w.N.). Das Berufungsgericht wird insoweit u.a. der Rolle des Klägers bei der sog. "Kerker-Konferenz" nachgehen müssen. Sollte es sich bei dieser Veranstaltung - was angesichts der streng hierarchischen Struktur der PKK durchaus in Betracht kommt - um einen reinen "Schauprozess" gehandelt haben, bei dem das "Todesurteil" der Führung bereits zuvor unumstößlich feststand, läge wohl mangels objektiver Förderung oder Erleichterung der Tathandlung eine Strafbarkeit selbst in der Form einer psychischen Beihilfe nicht nahe (vgl. zur psychischen Beihilfe: BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 5 StR 242/07 - NJW 2008, 1460 <1461>).

32

Bei dem Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG, der jedenfalls bei Handlungen des Terrorismus mit internationaler Dimension auch von Personen verwirklicht werden kann, die keine Machtposition in einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation haben, setzt der Tatbestand nicht notwendig die Begehung einer strafbaren Handlung voraus. Von diesem Ausschlussgrund können auch Personen erfasst werden, die im Vorfeld Unterstützungshandlungen zugunsten terroristischer Aktivitäten vornehmen. Zusätzlich wird allerdings - um der Funktion dieses Ausschlussgrundes gerecht zu werden - in jedem Fall zu prüfen sein, ob der individuelle Beitrag des Betroffenen ein Gewicht erreicht, das dem der Ausschlussgründe in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG entspricht (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 28 und 39 m.w.N.).

33

Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger keinen Ausschlussgrund verwirklicht hat, wird es schließlich prüfen müssen, ob § 27 AsylVfG seiner Asylanerkennung entgegensteht, weil er auch nach Loslösung von der PKK im Irak vor politischer Verfolgung sicher war.

(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.

(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.

(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.

(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.

(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.

(1) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt. Das Gleiche gilt für den Asylantrag eines Kindes, wenn der Vertreter nach § 14a Abs. 3 auf die Durchführung eines Asylverfahrens verzichtet hatte.

(2) Der Ausländer hat den Folgeantrag persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in der er während des früheren Asylverfahrens zu wohnen verpflichtet war. Wenn der Ausländer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen hatte, gelten die §§ 47 bis 67 entsprechend. In den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder wenn der Ausländer nachweislich am persönlichen Erscheinen gehindert ist, ist der Folgeantrag schriftlich zu stellen. Der Folgeantrag ist schriftlich bei der Zentrale des Bundesamtes zu stellen, wenn

1.
die Außenstelle, die nach Satz 1 zuständig wäre, nicht mehr besteht,
2.
der Ausländer während des früheren Asylverfahrens nicht verpflichtet war, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
§ 19 Abs. 1 findet keine Anwendung.

(3) In dem Folgeantrag hat der Ausländer seine Anschrift sowie die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt. Auf Verlangen hat der Ausländer diese Angaben schriftlich zu machen. Von einer Anhörung kann abgesehen werden. § 10 gilt entsprechend.

(4) Liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vor, sind die §§ 34, 35 und 36 entsprechend anzuwenden; im Falle der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) ist § 34a entsprechend anzuwenden.

(5) Stellt der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt, so bedarf es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung. Die Abschiebung darf erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen, vollzogen werden, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden.

(6) Absatz 5 gilt auch, wenn der Ausländer zwischenzeitlich das Bundesgebiet verlassen hatte. Im Falle einer unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) kann der Ausländer nach § 57 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes dorthin zurückgeschoben werden, ohne dass es der vorherigen Mitteilung des Bundesamtes bedarf.

(7) War der Aufenthalt des Ausländers während des früheren Asylverfahrens räumlich beschränkt, gilt die letzte räumliche Beschränkung fort, solange keine andere Entscheidung ergeht. Die §§ 59a und 59b gelten entsprechend. In den Fällen der Absätze 5 und 6 ist für ausländerrechtliche Maßnahmen auch die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer aufhält.

(8) Ein Folgeantrag steht der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegen, es sei denn, es wird ein weiteres Asylverfahren durchgeführt.

(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.

(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.

(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.

(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.

(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Der Klägerin wird für die erste Instanz Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt, soweit sie im Hilfsantrag die Zuerkennung subsidiären Schutzes begehrt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Gründe

1

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat nicht die im Sinne von § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten, soweit die Klägerin im Hauptantrag die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt (dazu I.). Hinreichende Erfolgsaussicht besteht jedoch, soweit sie im Hilfsantrag die Zuerkennung subsidiären Schutzes begehrt (dazu II.).

I.

2

Die Klägerin hat voraussichtlich keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

3

Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft richtet sich nach § 3 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 AsylG. Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, grundsätzlich die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 18. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II, S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftslandes) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Als Verfolgungshandlungen gelten gem. § 3a AsylG solche Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 685, 953) – Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) – keine Abweichung zulässig ist, darunter das Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigenden Behandlung und das Verbot der Zwangsarbeit.

4

Für die Frage der Verfolgungswahrscheinlichkeit im Falle der Rückkehr in den Heimatstaat ist der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Dies setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (BVerwG, Urt. v. 20.2.2013, 10 C 23/12, juris Rn. 32). Dabei ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 1. 6.2011, 10 C 25/10, BVerwGE 140, 22, 33, juris Rn. 24; Urt. v. 5.11.1991, 9 C 118/90, BVerwGE 89, 162, 169 f.).

5

Bei einer Vorverfolgung greift insoweit die Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Folgenden: Qualifikationsrichtlinie) (so zur früheren Fassung der Qualifikationsrichtlinie BVerwG, Urt. v. 24.11.2009, 10 C 24.08, Rn. 21; Urt. v. 5.5.2009, 10 C 21/08, Rn. 25; OVG NRW, Urt. v. 14.12.2010, 19 A 2999/06.A, Rn. 50; Urt. v. 17.8.2010, 8 A 4063/06.A, Rn. 35 und 41 m. w. N.; – alle in juris). Nach dieser Bestimmung ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird.

6

Die oben genannten Maßstäbe zugrunde gelegt, besteht nach Überzeugung der Kammer eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit im Sinne des § 3 AsylG bei einer Rückkehr nach Eritrea dann, wenn der eritreische Asylsuchende im dienstpflichtigen Alter Eritrea illegal verlassen hat (vgl. Beschluss der Kammer vom 28.9.2016, 4 E 1646/16, juris; VG Schwerin, Urt. v. 8.7.2016, 15 A 190/15 As, juris; VG Frankfurt, GB v. 4.2.2015, 8 K 2300/14.F.A, juris).

7

Die Klägerin hat hingegen vorgetragen, sie habe Eritrea 1998 im Alter von zwei Jahren mit dem Ziel Sudan verlassen. Damit kann sich die Klägerin voraussichtlich weder auf die Beweiserleichterung wegen Vorverfolgung berufen, noch ist zu erwarten, dass sie bei ihrer Rückkehr nach Eritrea als Deserteurin bzw. Dienstverweigerin behandelt werden würde. Zwar geht die Kammer aufgrund der aktuellen Lage davon aus, dass in Eritrea für alle Personen, die Eritrea illegal – d.h. insbesondere ohne ein (im Regelfall nur schwer zu erhaltendes) Ausreisevisum (vgl. European Asylum Support Office (EASO), EASO-Bericht über Herkunftsländer-Informationen, Länderfokus Eritrea, Mai 2015, abrufbar unter https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/eri/ERI-ber-easo-d.pdf, S. 53) – verlassen haben, obwohl sie sich im nationaldienstpflichtigen Alter befanden, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr von Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3a AsylG aus einem in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3b AsylG genannten Verfolgungsgrund gegeben ist. Jedoch unterfällt die Klägerin dieser Gruppe nicht, da sie weit vor Beginn ihrer Dienstpflicht und ohne eigenes Zutun Eritrea verlassen hat.

8

Aus der aktuellen Berichtslage ergibt sich nämlich nur, dass gegen Deserteure bzw. Dienstverweigerer im Falle ihrer Rückkehr nach Eritrea von den eritreischen Behörden aus Gründen der politischen Überzeugung außergerichtlich und willkürlich eine Haftstrafe unter prekären Haftbedingungen vollstreckt wird, welche eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellt (dazu 1)). Dafür, dass auch Personen, die Eritrea als Minderjährige verlassen haben, als Deserteure bzw. Dienstverweigerer behandelt werden, fehlt es hingegen an Anhaltspunkten (dazu 2)).

9

1) In Eritrea haben Personen, die Eritrea im dienstpflichtigen Alter verlassen, mit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK zu rechnen, da sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit als Deserteur bzw. Nationaldienstverweigerer behandelt werden. Die Pflicht zur Ableistung des Nationaldienstes betrifft Personen zwischen ca. 17 und 50 Jahren (dazu a)). Desertion und Dienstverweigerung werden mit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung geahndet (dazu b)). Dies erfolgt nach den Erkenntnissen der Kammer aus Gründen der politischen Überzeugung (dazu c)).

10

a) Nach der eritreischen Proclamation on National Service von 1995 sind alle eritreischen Staatsangehörigen gleich welchen Geschlechts im Alter zwischen 18 und 50 Jahren verpflichtet, einen 18-monatigen Nationaldienst zu absolvieren. Dieser beinhaltet eine sechsmonatige militärische Ausbildung und einen sich an diese anschließenden zwölfmonatigen aktiven Dienst im Militär oder in (zivilen) Entwicklungsarbeiten. Die Dienstdauer kann im Fall eines Krieges oder einer allgemeinen Mobilmachung über diese Zeitdauer hinaus verlängert werden (Schweizer Staatssekretariat für Migration (SEM), Focus Eritrea. Update Nationaldienst und illegale Ausreise, 22. Juni 2016, abrufbar unter https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/eri/ERI-ber-easo-update-nationaldienst-d.pdf, S. 45 m.w.Nachw.). In der Praxis und wegen der von der eritreischen Regierung proklamierten „no war no peace“-Situation im Verhältnis zu Äthiopien ist der Nationaldienst zeitlich unbefristet und dauert meist mehrere Jahre (durchschnittlich fünf bis zehn, häufig auch länger), wobei einerseits Frauen deutlich früher als Männer entlassen werden, andererseits eine Entlassung aus dem militärischen Teil des Nationaldienstes kaum vorkommt (SEM, a.a.O., S. 50 und 49 m.w.Nachw.; EASO, a.a.O., S. 40 m.w.Nachw.; s.a. Human Rights Council (HRC), Report of the Commission of Inquiry on Human Rights in Eritrea, 9. Mai 2016, A/HRC/32/47, abrufbar unter http://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/CoIEritrea/Pages/2016ReportCoIEritrea.asp, S. 7). In der Praxis werden Eritreer im Alter von ca. 17 bis ca. 50 Jahren als dienstpflichtig behandelt, allerdings werden teilweise auch jüngere Eritreer rekrutiert (EASO, a.a.O., S. 37 und 40 m.w.Nachw.).

11

Die Behörden teilen die Rekruten entweder für eine zivile oder für eine militärische Verwendung ein, ohne dass letztere darauf Einfluss hätten. Ein legales Verlassen des Nationaldienstes ist nur in Ausnahmefällen möglich (SEM, a.a.O., S. 50 m.w.Nachw.). Nationaldienstleistende verdienen monatlich 500 Nakfa (entspricht ca. 22 USD), was zum Lebensunterhalt zu gering ist. Nach einer jüngst von der Regierung angekündigten Lohnreform sollen die Löhne der zivilen Komponente erheblich steigen; an Anhaltspunkten, dass dies bereits umgesetzt wurde, fehlt es aber (SEM, a.a.O., S. 52f m.w.Nachw.).

12

b) Illegal ausgereisten Deserteuren bzw. Dienstverweigerern drohen Haftstrafen, welche außergerichtlich – häufig von den Militärvorgesetzten – verhängt werden und deren Dauer willkürlich festgesetzt wird. Die Haftdauer beträgt in der Regel zwischen sechs Monaten und zwei Jahren (vgl. SEM, a.a.O., S. 28 m.w.Nachw.; Amnesty International, Eritrea: Just Deserters: Why Indefinite National Service in Eritrea Has Created a Generation of Refugees, 2.12.2015, abrufbar unter https://www.amnesty.org/download/Documents/AFR6429302015ENGLISH.PDF, S. 9, 44). In den Haftanstalten kommt es zu Folter, die Haft erfolgt teilweise incommunicado (EASO, a.a.O., S. 42 u. 47 m.w.Nachw.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, Stand: August 2015, verfügbar über die Asyldokumentation des Gerichts). Bei der Haft handelt es sich um unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (mit diesem Ergebnis auch HRC, a.a.O., 2016, S. 7). Die Haftbedingungen sind prekär, im Bericht des European Asylum Support Office (EASO, a.a.O., S. 46f) heißt es dazu unter sorgfältiger Analyse des Quellenmaterials:

13

- „Einige Haftanstalten sind unterirdisch oder befinden sich in Schiffscontainern. In diesen kann es aufgrund des Klimas in Eritrea extrem heiß werden.
- Die Zellen sind oft derart überfüllt, dass sich die Häftlinge nur abwechselnd oder gar nicht hinlegen können.
- Die hygienischen Bedingungen sind schlecht. In manchen Gefängnissen gibt es anstelle einer Toilette nur ein Loch im Boden oder einen Kübel. Hofgang wird oft nicht erlaubt. Es gibt kaum medizinische Versorgung.
- Die Essensrationen sind klein und wenig nahrhaft, der Zugang zu Trinkwasser eingeschränkt.
- Teils werden die Häftlinge misshandelt oder gefoltert (…) und zu Zwangsarbeit eingesetzt.
- Angehörige haben häufig keinen Zugang zu den Häftlingen.
- Frauen werden üblicherweise getrennt von Männern untergebracht. Dennoch gibt es Berichte über sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung z.B. durch Wächter.
- Aufgrund dieser schwierigen Umstände kommt es Berichten zufolge immer wieder zu Todesfällen in Haft.“

14

c) Die Inhaftierung erfolgt aus Gründen der politischen Überzeugung. Dabei ist es gem. § 3b Abs. 2 AsylG unerheblich, ob der Asylsuchende tatsächlich die politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

15

Personen, die Eritrea im dienstpflichtigen Alter illegal verlassen haben, droht Verfolgung nominell deswegen, weil sie mit der Dienstverweigerung eine Straftat begangen haben. Dass es sich dabei um eine Verfolgung aufgrund der politischen Überzeugung handelt, ergibt sich für die Kammer aber aus dem ideologischen Stellenwert, den der Nationaldienst als „Schule der Nation“ (vgl. EASO, a.a.O., S. 32) im eritreischen Staat einnimmt. Zweck das Nationaldienstes ist gemäß der Nationaldienst-Proklamation von 1995 u.a. „den Mut, die Entschlossenheit und das Heldentum, das unser Volk in den letzten dreißig Jahren gezeigt hat, zu erhalten und den künftigen Generationen weiterzugeben; eine Generation zu schaffen, die Arbeit und Disziplin liebt und am Wiederaufbau der Nation teilnehmen und dienen will; … das Gefühl der nationalen Einheit in unserem Volk zu stärken um sub-nationale Gefühle zu eliminieren“ (vgl. den Text der Proklamation bei EASO, a.a.O., S. 32). Wer sich dem Nationaldienst entzieht, wird folglich als politischer Gegner des Regimes betrachtet (HRC, a.a.O., S. 13 („Verrat“); VG Darmstadt, Urt. v. 6.10.2015, juris, Rn. 28; VG Minden, Urt. v. 13.11.2014, juris-Rn. 43-45; in diese Richtung auch VG Frankfurt, GB v. 4.2.2015, 8 K 2300/14.F.A, juris, UA S. 4; a.A. VG Braunschweig, Urt. v. 7.7.2015, 7 A 368/14, juris). Dafür spricht die Härte, mit der der eritreische Staat – ggf. auch noch Jahre nach den Vergehen – gegen Deserteure und Dienstverweigerer vorgeht, sowie die Tatsache, dass für Desertion regelmäßig auch Verwandte der Betroffenen zur Rechenschaft gezogen werden (vgl. EASO, a.a.O., S. 43 und den von VG Darmstadt, a.a.O., juris, Rn. 28, entschiedenen Sachverhalt).

16

2) Die Verfolgung als Deserteur bzw. Dienstverweigerer betrifft jedoch grundsätzlich nur Personen, die im dienstpflichtigen Alter Eritrea illegal verlassen (dazu a)), nicht aber Personen, die Eritrea bereits als Minderjährige verlassen haben (dazu b)).

17

a) Die Kammer geht aufgrund der Berichtslage davon aus, dass die dargestellte Verfolgung als Deserteur bzw. Dienstverweigerer sowohl Personen betrifft, die sich aus dem aktiven Dienst entfernt haben oder zu einer erfolgten Einberufung nicht erschienen sind, als auch solche Personen, die Eritrea im dienstpflichtigen Alter illegal verlassen haben.

18

Zwar sind Fälle, in denen tatsächlich eine Rückführung von Eritreern stattgefunden hat, selten, und gestatten die eritreischen Behörden Menschenrechtsbeobachtern keinen Zugang, sodass die Quellenlage eingeschränkt ist (vgl. SEM, a.a.O., S. 5f). Die vorliegenden Berichte belegen aber, dass mit Personen, die das Land illegal trotz ihrer grundsätzlich bestehenden Dienstpflicht verlassen haben, wie mit Deserteuren umgegangen wird (so im Ergebnis auch SEM, a.a.O., S. 5f).

19

So berichtet die Commission of Inquiry on Human Rights in Eritrea (HRC, a.a.O., S. 25) von 313 Eritreern, die 2016 zwangsweise aus dem Sudan rückgeführt wurden. Alle Betroffenen wurden inhaftiert, auch jene, die vor ihrer Ausreise noch nicht zum Nationaldienst herangezogen worden waren. Auch das European Asylum Support Office geht davon aus, dass alle Personen im dienstpflichtigen Alter, welche Eritrea illegal verlassen haben, bei ihrer Rückkehr als Wehrdienstverweigerer angesehen werden (EASO, a.a.O., S. 43 mit Verweis auf einen Bericht des UNHCR von 2011). Das Staatssekretariat für Migration der Schweiz (SEM, a.a.O., S. 44), kommt vor diesem Hintergrund zu folgendem Schluss: „Personen im dienstpflichtigen Alter, welche den Dienst noch nicht angetreten haben oder dem Aufgebot keine Folge geleistet haben, sehen die Behörden als Dienstverweigerer an. Sie werden wohl für einige Monate inhaftiert und anschließend militärisch ausgebildet.“

20

Ebenso heißt es im Lagebericht des Auswärtigen Amtes, (a.a.O., S. 15), dass, wenn einem Rückkehrer die (bloße) illegale Ausreise vorgeworfen wird, davon auszugehen ist, dass der Rückkehrer sich deswegen zu verantworten hat, was von einer bloßen Belehrung bis zur Haftstrafe führen könne. Dabei werden zwei Fälle von Rückkehrern angeführt, welche nach ihrer illegalen Ausreise in Haft genommen wurden, wobei in einem Fall der aktive Militärdienst bereits abgeleistet worden war.

21

Die Feststellungen decken sich auch mit der Einschätzung des Immigration and Refugee Board of Canada, welches in einem Bericht von 2015 mit Verweis auf Expertenmeinungen ausführt, dass (allgemein) dienstpflichtige Eritreer, die Eritrea nach der Einführung des Nationaldienstes 2002 verlassen haben, mit ihrer Inhaftierung zu rechnen haben (Refugee Board of Canada, Eritrea: Situation of People Returning to the Country After They Either Spent Time Abroad, Claimed Refugee Status, or Were Seeking Asylum (September 2014-June 2015), 18. November 2015, abrufbar unter http://www.refworld.org/publisher,IRBC,,ERI,577b6d024,0.html).

22

b) Es fehlt jedoch an Anhaltspunkten dafür, dass solche Personen, die Eritrea als Minderjährige – und insbesondere, wie die Klägerin, lange vor Beginn ihrer Dienstpflicht – verlassen haben, grundsätzlich ebenfalls als Deserteure bzw. Dienstverweigerer angesehen werden. Die zitierten Berichte von Inhaftierungen betreffen Personen, die Eritrea im dienstpflichtigen Alter verlassen hatten, enthalten aber keine Hinweise auf den Umgang mit der hier relevanten Personengruppe. Vielmehr heißt es im Bericht des Schweizer Staatssekretariats für Migration (SEM, a.a.O., S. 44): „Unklar ist, wie mit Personen verfahren wird, die als Minderjährige ausgereist oder im Ausland aufgewachsen sind und erst im dienstpflichtigen Alter nach Eritrea (zurück)reisen.“ Mangels weiterer Anhaltspunkte ist damit eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, bei der die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen, nicht festzustellen.

II.

23

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat hinreichende Erfolgsaussichten jedoch im Hinblick auf die im Hilfsantrag begehrte Zuerkennung subsidiären Schutzes.

24

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Bei der Prüfung, ob einem Ausländer der subsidiäre Schutzstatus zuzuerkennen ist, ist für die Verfolgungsprognose der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (vgl. oben, I.).

25

Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Klägerin stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihr in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden i.S.d. § 4 Abs. 1 droht (so auch die ganz überwiegende Praxis der Beklagten; anders – ohne weitergehende Würdigung der Natur des Nationaldienstes – VG München, Urt. v. 13.7.2016, M 12 K 16.31184, juris; VG Potsdam, Urt. v. 17.2.2016, VG 6 K 1995/15.A, Rn. 16, juris; VG Osnabrück, Urt. v. 18.8.2015, 5 A 465/16, juris). Wie oben, I.1)a), ausgeführt, hat die mittlerweile 20-jährige Klägerin im Fall ihrer Rückkehr nach Eritrea damit zu rechnen, dass sie zum Nationaldienst eingezogen wird. Bei dem eritreischen Nationaldienst handelt es sich um einen zeitlich unbefristeten Arbeitsdienst unter menschenrechtswidrigen Bedingungen (s.a. oben, a)), welcher als Zwangsarbeit und unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu qualifizieren ist, im Gegensatz zu der Verfolgung wegen Desertion bzw. Dienstverweigerung jedoch alle dienstpflichtigen Eritreer unterschiedslos und ohne Anknüpfung an einen der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründe trifft. Die Commission of Inquiry on Human Rights in Eritrea führt dazu zutreffend aus, dass obligatorischer Militär- bzw. Nationaldienst zwar nicht zwangsläufig eine Menschenrechtsverletzung sei, sich der eritreische Nationaldienst jedoch von dem Militärdienst anderer Staaten unterscheide durch die unbegrenzte und willkürliche Dauer, die die gesetzlich vorgesehene Dauer von 18 Monaten regelmäßig um mehr als ein Jahrzehnt überschreite, durch die Heranziehung der Dienstpflichtigen in Form von Zwangsarbeit für ein weites Spektrum an wirtschaftlichen Tätigkeiten und durch die Begehung von Vergewaltigung und Folter in den Militärlagern sowie das Vorhandensein weiterer häufig unmenschlicher Bedingungen (HRC, a.a.O., S. 7). In ihrem ausführlichen Bericht weist die Commission of Inquiry auf die äußerst schwierigen sanitären und gesundheitlichen Bedingungen sowie mangelnde Ausstattung mit Lebensmitteln und Wasser während des militärischen Teils des Nationaldienstes hin, auf harte und willkürliche körperliche Strafen und die Heranziehung zum Dienst bzw. Bestrafung wegen Dienstverweigerung trotz nachgewiesener Erkrankungen (HRC, Detailed Findings of the Commission of Inquiry on Human Rights in Eritrea, 8. Juni 2016, A/HRC/32/CRP.1 abrufbar unter http://www.ohchr.org/Documents/HRBodies/HRCouncil/CoIEritrea/A_HRC_32_CRP.1_read-only.pdf, S. 20ff). Das Auswärtige Amt verweist in seinem Lagebericht auf Berichte über sexuelle Nötigung bis hin zu Vergewaltigung weiblicher Rekruten; Beischlaf werde durch Androhung der Verschärfung der Dienstbedingungen oder die Verweigerung von Heimreisen erzwungen, die Weigerung führe zu Internierung, Misshandlungen und Folter, z.B. Nahrungsentzug oder dem Aussetzen extremer Hitze (Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 12).

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.