Gründe

I.

1

Die Antragsteller richten sich gegen eine Baugenehmigung der Antragsgegnerin für einen Neubau zur Erweiterung des Instituts für Augenheilkunde A-Stadt.

2

Das Institut für Augenheilkunde A-Stadt bzw. das Medizinische Versorgungszentrum der Augenheilkunde in Mitteldeutschland (MVZ) ist u.a. in einer Villa auf dem Grundstück R-Platz 12 im sog. (...viertel) von A-Stadt untergebracht. Leiter des Instituts ist der Beigeladene. Im Erdgeschoss des Gebäudes sind Praxisräume einschließlich eines Augen-Laserzentrums mit einer Fläche von 264,10 m² vorhanden. Im 1. Obergeschoss befinden sich weitere Praxisräume mit einer Fläche von 145,14 m² sowie Gewerberäume zur Linsenanpassung mit einer Fläche von 111,09 m². Im Kellergeschoss sowie im Dachgeschoss befinden sich drei Wohnungen mit einer Fläche von insgesamt 358,40 m² (102,50 m² + 128,90 m² + 127,00 m²). Im Institut für Augenheilkunde sind neben dem Beigeladenen mehrere Fachärztinnen und Fachärzte für Augenheilkunde sowie mehrere Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung tätig. Zu den Leistungen des Instituts gehören die augenärztliche Diagnose und Behandlung sowie ambulante Operationen. Die Patientenfrequenz beträgt 100 bis 150 Patienten am Tag. Es handelt sich um eine rein ambulante Praxis. Die stationäre Aufnahme von Patienten erfolgt nicht.

3

Am 16.11.2016 beantragte der Beigeladene bei der Antragsgegnerin die Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben "Umbau und Neubau Wohngebäude mit Praxis" auf den Grundstücken R-Platz 12 und L-Straße 1. Auf dem Grundstück R-Platz 12 sollen das vorhandene Gebäude und dessen Nutzung "als Bestand" bestehen bleiben. Auf dem angrenzenden Grundstück L-Straße 1 ist die Errichtung von zwei Neubauten geplant. In Haus 1 ist im Erdgeschoss eine Fläche von 372,55 m² u.a. für Operationsräume, im 1. Obergeschoss eine Fläche von 294,53 m² für Praxisräume und im 2. Obergeschoss eine Fläche von 291,86 m² (258,15 m² + 33,71 m²) für zwei Wohnungen vorgesehen. In Haus 2 sollen weitere sechs Wohnungen mit einer Fläche von insgesamt 780,05 m² (227,53 m² + 32,86 m² + 226,41 m² + 32,86 m² + 227,53 m² + 32,86 m²) entstehen. Insgesamt sind in den geplanten Neubauten Flächen für Wohnen von 1.071,91 m² und für OP und Praxis von 667,08 m² geplant.

4

Nach Eingang des Bauantrags äußerte der Fachbereich Planen der Antragsgegnerin in einer Stellungnahme vom 16.01.2017 (BA A Bl. 459 f.) unter Hinwies auf § 13 BauNVO Zweifel an der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens. Auch das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt brachte in einem Schreiben vom 15.02.2017 (BA A Bl. 307 ff.) im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen einen Vorbescheid Zweifel an der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens zum Ausdruck, u.a. weil das Baugrundstück möglicherweise in einen (faktischen) reinen bzw. allgemeinen Wohngebiet liege. Der Beigeladene ließ daraufhin durch seine Architektin eine Erfassung der Nutzungen im gesamten (...viertel) durchführen, deren Ergebnisse in einem Übersichtsplan vom 22.02.2017 (GA Bl. 117) dargestellt wurden. Nachfolgend führte auch die Antragsgegnerin eine Erfassung der Nutzungen im (...viertel) durch, deren Ergebnisse in einer Tabelle vom 02.05.2017 (BA A Bl. 393 ff.) festgehalten wurden. Auf dieser Grundlage gelangte die Antragsgegnerin zu der Einschätzung, das für die Behandlung des Bauantrags maßgebliche Gebiet sei keinem Gebiet der BauNVO zuordenbar und entspreche daher einer Gemengelage (BA A Bl. 392).

5

Mit Baugenehmigung vom 24.01.2018 (BA A Bl. 558 ff.) erteilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen die Genehmigung, die Baumaßnahme "Umbau und Neubau Wohngebäude mit Praxis" entsprechend den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen auszuführen. Genehmigt wurde ein Neubau auf dem Grundstück L-Straße 1, ein Umbau auf dem Grundstück R-Platz 12 sowie eine Praxis in zwei Gebäuden (EG im R-Platz 12 und Neubau L-Straße). Die Betriebszeiten der Praxis wurden auf 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr an Werktagen sowie einem gelegentlichen Notdienst an Sonn- und Feiertagen festgelegt. Als zulässige Nutzungen des Neubaus L-Straße wurden die sich aus den Bauvorlagen ergebenden Nutzungen festgelegt. Als zulässige Nutzungen des Bestandsgebäudes R-Platz 12 wurden die bestehenden Nutzungen angegeben.

6

Mit Schreiben vom 02.02.2018 legten die Antragsteller Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein, über den – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden ist.

7

Mit Beschluss vom 11.05.2018 – 2 B 23/18 HAL – hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 02.02.2018 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 24.01.2018 angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Baugenehmigung verstoße aller Voraussicht nach gegen den aus § 34 Abs. 2 BauGB abzuleitenden Gebietserhaltungsanspruch, denn das Baugrundstück befinde sich in einem faktischen reinen Wohngebiet. Das Bauvorhaben entspreche hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht dem von der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmen. Die nähere Umgebung des Baugrundstücks im (...viertel) sei gerichtsbekannt und stelle sich auch nach Aktenlage als faktisches reines Wohngebiet dar. Das vom Beigeladenen geplante Gebäude Haus 1 und die beabsichtigte Fortführung der Nutzung im R-Platz 12 seien weder gemäß § 3 Abs. 2 BauNVO allgemein noch gemäß § 3 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig, verstoße auch gegen § 13 BauNVO und löse deshalb einen Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller aus. Die nähere Umgebung des Baugrundstücks sei als faktisches reines Wohngebiet einzustufen, in der das Augen-Laserzentrum nicht zulässig sei. Die nähere Umgebung bestehe zunächst aus der Bebauung innerhalb des von der E-Straße und der L-Straße 1 umfassten Dreiecks. Zudem sei auch die Bebauung entlang der St-Straße, der Z-Straße und der L-Straße zu berücksichtigen. Hierbei handele es sich fast ausnahmslos um mehrgeschossige Wohnbebauung. Das Ärztehaus auf dem Grundstück E-Straße 12 sei ein Ausreißer, der nicht prägend sei. Es steche als ungepflegter Zweckbau mit Flachdachkubatur optisch unangenehm aus der homogenen Villenbebauung entlang der E-Straße heraus. Hinsichtlich der Kubatur präge es die nähere Umgebung nicht. Das Gleiche gelte für seine Nutzung. Dort würden, soweit ersichtlich, lediglich kleine Arztpraxen (Zahnarzt, Allgemeinarzt, Augenarzt) und eine Physiotherapie-Praxis betrieben, die der Versorgung der Umgebung dienten. Die Immobilienbüronutzung in der großzügigen Villa E-Straße 11 führe ebenfalls nicht dazu, dass die nähere Umgebung als allgemeines Wohngebiet einzustufen sei. Von einer diffusen Bebauung sei keinesfalls auszugehen. Die nähere Umgebung stelle sich durch die fast ausnahmslose Wohnnutzung als reines Wohngebiet dar. Dabei berücksichtige das Gericht die Wohnnutzung beidseitig der geschlossenen Bebauung entlang der Z-Straße. Im weiteren Verlauf stünden entlang der St-Straße beidseitig Einfamilienhäuser in geschlossener Bauweise mit kleinen Vorgärten. In der großzügigen Villa Ecke R-Platz/L-Straße befänden sich großzügige Wohneinheiten und im Kellergeschoss eine Apotheke. Die in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungen, die nicht Wohnnutzungen seien, seien in einem reinen Wohngebiet jedenfalls ausnahmsweise zulässig und prägten das Gebiet keinesfalls im Sinne einer diffusen Gemengelage. Die dem Beigeladenen genehmigte "Augenarztpraxis" sei in dem faktischen reinen Wohngebiet ihrer Art nach unzulässig, denn sie überschreite den in § 13 BauNVO vorgegebenen Rahmen. Bei der Erweiterung des Augen-Laserzentrums/Praxisklinik handele es sich nicht um Räumlichkeiten für freiberuflich Tätige und solche Gewerbetreibende, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausübten. Bereits der derzeitige Betrieb gehe über eine bloße Augenarztpraxis weit hinaus. Es sei vielmehr von einem kleinen Klinikum auszugehen, das "aus allen Nähten platze". Die derzeitige Nutzung des Objekts R-Platz 12 durch das Augen-Laserzentrum sei nicht als prägende Vorbelastung zu berücksichtigen, da sie nicht genehmigt sei. Genehmigt seien ein Augen-Laserzentrum mit Behandlung und Forschung im Erdgeschoss sowie eine Praxis für Allgemeinmedizin sowie eine Linsenanpassung als Gewerbeeinheit im Obergeschoss. Die Übernahme der Allgemeinarztpraxis durch das Augen-Laserzentrum, dessen Erstreckung auf zwei Geschosse und die damit verbundene Erweiterung von 264 m² um weitere 145,14 m² auf 409,14 m² seien nicht genehmigt. Aufgrund der durch die Neubauten hinzukommenden Nutzflächen könne von einer bloßen Praxis keine Rede (mehr) sein. Es gehe vielmehr um ein "Klinikum" oder Augen-Laserzentrum, das sich über mehrere Gebäude erstrecke und weder nach § 3 BauNVO noch nach § 13 BauNVO zulässig sei. Zudem handele es sich nicht um die Nutzung bloßer Räume i.S.d. § 13 BauNVO. Dies gelte sowohl für das Bestandsgebäude als auch für das geplante Haus 1. Die Nutzung als Augen-Laserzentrum/Praxisklinik überwiege im Haus 1 und sei nach § 13 BauNVO unzulässig. Auch die Bezeichnung "Versorgungszentrum für Augenheilkunde" spreche nicht für bloße Räume innerhalb eines Wohngebäudes. Die Internetseite des Beigeladenen nenne zudem die Standorte Saaleklinik, K-Straße und Z-Stadt. Von einer bloßen Augenarztpraxis könne daher keine Rede sein. Auch der bereits jetzt durch den Betrieb ausgelöste Zu- und Abgangsverkehr spreche dagegen, das Augen-Laserzentraum als bloße Arztpraxis anzusehen. Jedenfalls durch die Erweiterung sei von einem erheblichen Zu- und Abgangsverkehr auszugehen, der denjenigen einer bloßen Arztpraxis deutlich übersteige. Die hohe Anzahl der OP-Patienten, die eine An- und Abfahrt mit PKW durch Begleitpersonen erforderlich mache, übersteige den Ziel- und Quellverkehr einer Praxis i.S.d. § 13 BauNVO. Bei dem Augen-Laserzentrum handele es sich auch nicht um eine den Bedürfnissen der Bewohner des Gebietes dienende Anlage für gesundheitliche Zwecke i.S.d. § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Dagegen spreche bereits die derzeitige Patientenzahl von 100 bis 150 sowie die Spezialität der augenärztlichen Tätigkeit, die hinsichtlich Art und Umfang über eine bloße Augenarztpraxis hinausgehe. Es handele sich auch nicht um ein "Ärztehaus" mit mehreren Räumen für verschiedene Arztpraxen.

II.

8

Die zulässige Beschwerde des Beigeladenen bleibt in der Sache ohne Erfolg.

9

Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 02.02.2018 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 24.01.2018 angeordnet.

10

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Entscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind: Die, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts, oder die, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten. Das Gericht nimmt somit eine eigene Interessenbewertung vor. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), spricht dies für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind die Erfolgsaussichten offen, findet eine reine Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 23.02.2012 – 14 CS 11.2837 –, juris RdNr. 38; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl., RdNr. 964). Im Beschwerdeverfahren ist dabei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgeblich (vgl. OVG MV, Beschl. v. 31.05.1994 – 3 M 11/94 –, juris Rdnr. 2; BayVGH, Beschl. v. 23.02.2012 – 14 CS 11.2837 –, a.a.O. RdNr. 38; SächsOVG, Beschl. v. 10.03.2015 – 1 B 298/14 –, juris Rdnr. 13; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl., § 80 RdNr. 147).

11

In Anwendung dieser Grundsätze überwiegt das Interesse der Antragsteller an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs das gegenläufige Interesse insbesondere des Beigeladenen an einem sofortigen Vollzug der angefochtenen Baugenehmigung.

12

Nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung verletzt das streitige Vorhaben des Beigeladenen – bei summarischer Prüfung – den Anspruch der Antragsteller auf Wahrung des Gebietscharakters.

13

Der sog. Gebietserhaltungsanspruch gewährt dem Eigentümer eines Grundstücks hinsichtlich der durch einen Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsart einen Abwehranspruch gegen die Genehmigung eines Bauvorhabens im Plangebiet, das von der zulässigen Nutzungsart abweicht. Das gilt unabhängig davon, ob die zugelassene gebietswidrige Nutzung den Nachbarn selbst unzumutbar beeinträchtigt oder nicht, denn die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Da geplante und faktische Baugebiete hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB gleichgestellt sind, lässt sich der Grundsatz, dass sich ein Nachbar im Plangebiet auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden kann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird, auf den Nachbarschutz im faktischen Baugebiet übertragen. Der Nachbar hat deshalb auch dort einen Schutzanspruch auf die Bewahrung der Gebietsart, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 – 4 C 28.91 –, juris RdNr. 30; Beschl. v. 27.08.2013 – 4 B 39.13 –, juris RdNr. 3; OVG NW, Urt. v. 22.03.1995 – 7 A 3700/91 –, juris RdNr. 7; Beschl. d. Senats v. 05.03.2014 – 2 M 164/13 –, juris Rdnr. 54). Der Gebietserhaltungsanspruch setzt voraus, dass die Eigenart der näheren Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB einem der Baugebiete nach der BauNVO entspricht. Ist das nicht der Fall, sondern stellt sich die Struktur der näheren Umgebung des Vorhabens als Gemengelage dar, kommt ein Anspruch auf Abwehr gebietsfremder Vorhaben über § 34 Abs. 2 BauGB nicht in Betracht (vgl. ThürOVG, Urt. v. 06.07.2011 – 1 KO 1461/10 –, juris Rdnr. 42).

14

Gemessen daran spricht im Rahmen der hier nur möglichen summarischen Prüfung überwiegendes dafür, dass das Vorhaben des Beigeladenen den Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller verletzt. Die Eigenart der näheren Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB dürfte einem allgemeinen Wohngebiet i.S.d. § 4 BauNVO entsprechen (dazu 1). Die mit der angefochtenen Baugenehmigung zugelassene Nutzung dürfte daher nach Maßgabe der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 13 BauNVO unzulässig sein (dazu 2).

15

1. Die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks dürfte einem allgemeinen Wohngebiet i.S.d. § 4 BauNVO entsprechen.

16

a) Die nähere Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB dürfte im Kern aus dem auch vom Verwaltungsgericht ins Auge gefassten Bereich bestehen, der aus dem durch die E-Straße, die W-Straße, die St-Straße, die L-Straße und den R-Platz gebildeten Straßengeviert und der gegenüberliegenden Bebauung besteht. Ergänzend kommt die Einbeziehung der Z-Straße zwischen L-Straße und M-Straße, die M-Straße zwischen Z-Straße und R-Platz, der R-Platz zwischen M-Straße und Sch-Straße, die Sch-Straße zwischen R-Platz und W-Straße sowie die W-Straße zwischen Sch-Straße und E-Straße in Betracht. Ein größerer Umgriff der näheren Umgebung, insbesondere deren Ausdehnung auf das gesamte (...viertel), dürfte – entgegen der Ansicht des Beigeladenen – nicht in Betracht kommen.

17

Die für die Beurteilung der Zulässigkeit nach § 34 Abs. 2 BauGB maßgebliche nähere Umgebung wird dadurch ermittelt, dass in zwei Richtungen, nämlich in Richtung vom Vorhaben auf die Umgebung und in Richtung von der Umgebung auf das Vorhaben geprüft wird, wie weit die jeweiligen Auswirkungen reichen. Zu berücksichtigen ist die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978 – 4 C 9.77 –, juris RdNr. 33; Beschl. v. 13.05.2014 – 4 B 38.13 –, juris RdNr. 7; OVG NW, Urt. v. 06.03.2015 – 7 A 1777/13 –, juris Rdnr. 25; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 RdNr. 36). Dabei ist die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen.

18

Im Mittelpunkt dieser Umgebung liegt das Grundstück, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden soll. Die nähere Umgebung dieses Grundstücks kann jedoch nicht einfach durch konzentrische Kreise mit einem bestimmten Radius ermittelt werden. Von einer solchen Bereichsbestimmung mit Hilfe einer geometrischen Figur dürften regelmäßig aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls Abweichungen geboten sein, die das Ergebnis einer nicht schematischen, sondern einer wertenden Betrachtung sind (vgl. HessVGH, Urt. v. 19.06.2018 – 4 A 1922/17 –, juris Rdnr. 37). Die Ansätze des Beigeladenen, als nähere Umgebung einem Umkreis von 250 m (GA Bl. 118) oder 300 m (GA Bl. 292) um das Baugrundstück anzusetzen, sind daher nicht zielführend, da sie die tatsächliche bauliche Situation vor Ort nicht hinreichend berücksichtigen. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. Diese kann so beschaffen sein, dass die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung dort zu ziehen ist, wo zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinanderstoßen. Der Grenzverlauf der näheren Umgebung ist nicht davon abhängig, dass die unterschiedliche Bebauung durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie (Straße, Schienenstrang, Gewässerlauf, Geländekante etc.) entkoppelt ist. Eine solche Linie hat bei einer beidseitig andersartigen Siedlungsstruktur nicht stets eine trennende Funktion. Umgekehrt führt ihr Fehlen nicht dazu, dass benachbarte Bebauungen stets als miteinander verzahnt anzusehen sind und insgesamt die nähere Umgebung ausmachen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.08.2003 – 4 B 74.03 –, juris RdNr. 2; Beschl. d. Senats v. 04.07.2012 – 2 L 94/11 –, juris RdNr. 10). Maßgeblich ist stets eine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall.

19

Die für die Bestimmung des Bebauungszusammenhangs erforderliche wertende und bewertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann nur an äußerlich erkennbare, also mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse anknüpfen. Dies kann auf die Abgrenzung der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB übertragen werden. Zur Ermittlung können auch Lagepläne verwendet werden, die ein Bild "von oben" vermitteln. Dabei kann die für § 34 Abs. 2 BauGB kennzeichnende wechselseitige Beeinflussung auch über ein den optischen Zusammenhang unterbrechendes Hindernis noch eintreten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.05.2014 – 4 B 38.13 –, a.a.O. RdNr. 13). Auch das Bestehen von Sichtbeziehungen kann für die gegenseitige Prägung von Grundstücken als ein möglicher Aspekt der Abgrenzung von näherer und fernerer Umgebung zu berücksichtigen sein (vgl. OVG NW, Urt. v. 06.03.2015 – 7 A 1777/13 –, a.a.O. Rdnr. 37; Beschl. v. 31.07.2018 – 10 A 793/17 –, juris RdNr. 7).

20

Gemessen daran ist im vorliegenden Fall der eingangs näher abgegrenzte Bereich als nähere Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB anzusehen. Das Vorhaben, insbesondere der hierdurch hervorgerufene Zu- und Abgangsverkehr, wird sich im Wesentlichen in diesem Bereich auswirken. Umgekehrt dürfte sich die Umgebung, die den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt, auf diesen Bereich beschränken. Zwar stoßen innerhalb des (...viertel)s – soweit ersichtlich – keine grundsätzlich verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinander. Auch ist die weiter entfernt liegende Umgebung von dem hier maßgeblichen Bereich nicht durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie deutlich entkoppelt. Gleichwohl dürfte der eingangs beschriebene Bereich als nähere Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB maßgeblich sein und nicht, wie der Beigeladene meint, das gesamte (...viertel), dessen genaue Abgrenzung im Übrigen unklar ist. Die bodenrechtliche Prägung eines Baugrundstücks durch die Umgebung nimmt mit zunehmender Entfernung ab. Die Bau- und Nutzungsstrukturen im Bereich des (...viertel)s, die vom Standort des Vorhabens aus nicht sichtbar und außerdem durch mehrere Straßenzüge getrennt sind, vermögen das Vorhabengrundstück in bodenrechtlicher Hinsicht nicht mehr zu prägen. Eine Prägung – auch im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung – wird vielmehr allein von dem oben näher beschriebenen Straßengeviert und der gegenüberliegenden Bebauung ausgehen. Allenfalls wird sich die nähere Umgebung auf die im Nordwesten sowie im Süden angrenzenden Straßengevierte erstrecken. Die noch weiter entfernt liegenden Bereiche gehören hingegen nicht mehr zur "näheren" Umgebung des Vorhabengrundstücks. Die dort vorhandenen Bau- und Nutzungsstrukturen sind durch die relativ große Entfernung von der hier maßgeblichen Umgebung getrennt.

21

b) Bei summarischer Prüfung entspricht die Eigenart der so abgegrenzten näheren Umgebung entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts einem allgemeinen Wohngebiet i.S.d. § 4 BauNVO.

22

Die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 2 BauGB setzt voraus, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete entspricht, die in der BauNVO bezeichnet sind. Das ist grundsätzlich nur dann der Fall, wenn die nähere Umgebung ausschließlich bauliche Elemente enthält, die nur einem der in der BauNVO geregelten Baugebiete zuzuordnen sind (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 34 RdNr. 79). § 34 Abs. 2 ist dabei nicht nur anwendbar, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der BauNVO mit seinen darin vorgesehenen allgemein zulässigen Nutzungen entspricht. Der zu bestimmende Gebietscharakter wird nicht durch bauliche Nutzungen in Frage gestellt, die nach der Baugebietsvorschrift nur ausnahmsweise genehmigt werden können. Denn auch die Nutzungen, die in einem Baugebiet nur als Ausnahmen zugelassen werden können, prägen in begrenzter Weise den Gebietscharakter mit (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 34 RdNr. 79b).

23

Bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes ist grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung bestimmt jedoch ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind daher zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Ihre Aussonderung hat mit dem Begriff "Fremdkörper" nichts zu tun, sondern ist Ergebnis einer Beschränkung auf das Wesentliche. Darüber hinaus sind solche baulichen Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Derartige Anlagen dürfen bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung aber nur dann als "Fremdkörper" ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 – 4 C 23.86 –, juris RdNr. 12 ff.; Beschl. v. 16.06.2009 – 4 B 50.08 –, juris Rdnr. 6; Beschl. d. Senats v. 07.08.2017 – 2 M 64/17 –, juris RdNr. 5; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 34 RdNr. 37).

24

Allgemeine Wohngebiete dienen gemäß § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen. Der Baugebietstyp ist durch das Vorherrschen der Wohnnutzung gekennzeichnet. Wohngebäude und Wohnungen müssen im Vergleich zu anderen Nutzungsarten zahlenmäßig überwiegen. Der Wohngebietscharakter muss eindeutig als vorherrschend erkennbar sein. Dies setzt voraus, dass Gebäude mit Wohnungen, wenn auch gemischt genutzt, im allgemeinen Wohngebiet zahlenmäßig überwiegen. Für den Gebietscharakter sind darüber hinaus aber auch die Auswirkungen, die von den anderen Nutzungsarten ausgehen, ihre Häufung und ihre Größe von Bedeutung. Wohngebäude bilden in allgemeinen Wohngebieten die Hauptnutzungsart. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass die Wohnnutzung einerseits und andere Nutzungen andererseits in getrennten baulichen Anlagen stattfinden. Häufig werden die Gebäude gemischt genutzt. Der Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets verlangt auch nicht, dass in den gemischt genutzten Gebäuden die Wohnnutzung i.S.d. § 4 Abs. 1 BauNVO überwiegt (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 4 BauNVO RdNr. 19).

25

Nach diesen Grundsätzen stellt sich der Charakter der näheren Umgebung des Baugrundstücks als allgemeines Wohngebiet dar. Die nähere Umgebung ist deutlich vom Vorherrschen der Wohnnutzung geprägt. Das ergibt sich zum einen aus dem vom Beigeladenen vorgelegten Nutzungsplan (...viertel) vom 22.02.2017 (GA Bl. 118), in welchem die weit überwiegende Zahl der baulichen Nutzungen in der näheren Umgebung des Baugrundstücks mit der Farbe Grau für "Wohnen" gekennzeichnet ist. Dieser Befund wird bestätigt durch die von der Antragsgegnerin durchgeführte Überprüfung der Nutzungsarten, deren Ergebnisse in der Tabelle vom 02.05.2017 (BA A Bl. 393 f.) festgehalten wurden. Die deutlich vorherrschende Nutzungsart in dem maßgeblichen Bereich ist danach die Wohnnutzung.

26

Soweit der Beigeladene auf die in der näheren Umgebung des Baugrundstücks vorhandenen gewerblichen, freiberuflichen und sonstigen Nutzungen, die nicht Wohnnutzung sind, verweist, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Mit dieser Auflistung kann der Beigeladene den Befund, dass in der näheren Umgebung die Wohnnutzung vorherrschend ist, nicht in Zweifel ziehen. Er benennt auch keine Nutzungen, die in einem allgemeinen Wohngebiet weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sind und zugleich das Baugebiet wesentlich prägen.

27

Im Einzelnen:

28

Bei der Nutzung des Objekts R-Platz 9 durch die (...) Planungsgesellschaft dürfte es sich entweder um einen gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb oder um eine gemäß § 13 BauNVO zulässige Nutzung für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Weise ausüben, handeln.

29

Gleiches gilt für die Nutzung des Objekts R-Platz 11 durch die Finanzberatung (U. P.) und die Praxis für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. P..

30

Die Nutzung des Objekts R-Platz 12 durch das vom Beigeladenen geleitete Institut für Augenheilkunde A-Stadt dürfte zwar – gemessen am Maßstab des § 13 BauNVO – in einem allgemeinen Wohngebiet unzulässig sein. Sie dürfte jedoch gleichwohl die ansonsten durch ein Vorherrschen der Wohnnutzung gekennzeichnete nähere Umgebung nicht wesentlich prägen. Auf die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage, ob die derzeitige Nutzung des Objekts R-Platz 12 der Baugenehmigung vom 24.03.2006 (GA Bl. 154 ff.) entspricht, dürfte es nicht entscheidend ankommen. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, nur genehmigte oder genehmigungsfähige Bauten und Nutzungen könnten die Eigenart der näheren Umgebung prägen, ist zweifelhaft, denn zu einer solchen Prägung kann auch eine Bebauung beitragen, die in einer Weise geduldet wird, die erkennen lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.11.2016 – 4 CN 2.16 –, juris RdNr. 26). Die Prägung der näheren Umgebung ist im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB vorrangig nach dem tatsächlich Vorhandenen zu beurteilen. Entscheidend ist insoweit, dass die Nutzung des Gebäudes R-Platz 12 durch eine Arztpraxis gemessen am Umfang der in der näheren Umgebung vorherrschenden Wohnnutzung nur einen relativ geringen Raum einnimmt.

31

Die Nutzung des Objekts R-Platz 13 durch die Apotheke am R-Platz dürfte gemäß § 13 BauNVO zulässig sein (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 13 BauNVO RdNr. 18).

32

Das vormals im Objekt E-Straße 4 befindliche Bildungszentrum Zahntechnik der Handwerkskammer wurde zum 30.06.2017 geschlossen (https://www.zm-online.de/news/nachrichten/aus-fuer-zahntechnik-in-halle-saale/). Da nichts dafür ersichtlich ist, dass eine vergleichbare Nachnutzung in Zukunft zu erwarten ist, dürfte diese Nutzung vorliegend außer Betracht bleiben (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 34 RdNr. 79c). Im Übrigen wäre das Bildungszentrum als Anlage für kulturelle Zwecke gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zulässig (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 4 BauNVO RdNr. 86).

33

Bei der Nutzung des Objekts E-Straße 9 durch die unter dem Künstlernamen "Kunst + Konzept" tätige Künstlerin (W.) dürfte es sich, sollte die entsprechende künstlerische Tätigkeit nicht mehr als wohnakzessorische Berufstätigkeit unter den Begriff des Wohnens gefasst werden können (vgl. hierzu VG München, Urt. v. 05.10.2016 – M 1 K 16.1301 –, juris RdNr. 23), um eine gemäß § 13 BauNVO zulässige Nutzung für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Weise ausüben, handeln.

34

Die Nutzung des im Eigentum der Antragsteller im vorliegenden Verfahren 2 B 23/18 HAL (2 M 53/18) stehenden Objekts A-Straße durch das Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung (ISW) war bereits im Jahr 2011 beendet und spielt im vorliegenden Verfahren keine Rolle.

35

Bei der Nutzung des Objekts E-Straße 11 durch den Antragsteller im Verfahren 2 B 24/18 HAL (2 M 54/18) als "Mietzentrale K." dürfte es sich entweder um einen gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb oder um eine gemäß § 13 BauNVO zulässige Nutzung für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Weise ausüben, handeln.

36

Die Nutzung des Objekts E-Straße 12 durch das Ärztehaus dürfte zwar, gemessen am Maßstab des § 13 BauNVO, ebenfalls in einem allgemeinen Wohngebiet unzulässig sein, jedoch – wie das Institut für Augenheilkunde – gleichwohl die ansonsten durch ein Vorherrschen der Wohnnutzung gekennzeichnete nähere Umgebung nicht wesentlich prägen. Entscheidend ist auch hier, dass die Nutzung des Gebäudes durch mehrere Arztpraxen gemessen am Umfang der in der näheren Umgebung vorherrschenden Wohnnutzung quantitativ von eher untergeordneter Bedeutung ist. Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner im Ergebnis durchaus plausiblen Einschätzung ausgegangen. Auf die Kubatur des Gebäudes kommt es insoweit allerdings nicht an, so dass die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts eher irreführend sind. Soweit der Beigeladene meint, eine "klare Prägung" des Gebiets durch eine in einem (reinen) Wohngebiet unzulässige "medizinische intensive Nutzung" daraus herleiten zu können, dass die Nutzung der Objekte E-Straße 12 und R-Platz 12 durch Arztpraxen aus der bewussten Entscheidung der Behörden (zu DDR-Zeiten) zur Errichtung der Poliklinik Saalekreis in den genannten Gebäuden herrührt, vermag dies nicht zu überzeugen. Da es – wie ausgeführt – für die Prägung der näheren Umgebung vorrangig auf das tatsächlich Vorhandene ankommt und insoweit die Wohnnutzung deutlich vorherrschend ist, kommt dem Umstand, dass das Vorhandensein von Arztpraxen in den Objekten E-Straße 12 und R-Platz 12 womöglich auf eine bewusste behördliche Entscheidung zur Einrichtung einer Poliklinik zurückzuführen ist, keine maßgebliche Bedeutung zu.

37

Die G-Straße liegt außerhalb des Bereichs der näheren Umgebung des Baugrundstücks, so dass die dort vorzufindenden Nutzungen für die Bestimmung von deren Eigenart ohne Belang sind. Unabhängig davon dürften die vom Beigeladenen aufgelisteten Nutzungen, die in der G-Straße anzutreffen sein sollen, in einem allgemeinen Wohngebiet entweder allgemein oder zumindest ausnahmsweise zulässig sein. Insbesondere die Nutzungen durch das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt sowie den Landessportbund Sachsen-Anhalt e.V. dürften als Anlagen für Verwaltungen gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO in einem allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig sein (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O. § 4 BauNVO RdNr. 128).

38

Entsprechendes gilt für die vom Beigeladenen aufgelisteten Nutzungen am T-Platz.

39

Auch im Hinblick auf die vom Beigeladenen aufgelisteten Nutzungen in der Sch-Straße, der W-Straße, der M-Straße und der St-Straße ist nicht ersichtlich, dass diese – soweit sie sich in der näheren Umgebung des Baugrundstücks befinden – in einem allgemeinen Wohngebiet weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sind. Selbst das in der St-Straße 18a und damit außerhalb des Bereichs der näheren Umgebung gelegene Tierheim dürfte als Anlage für gesundheitliche Zwecke in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig sein (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 4 BauNVO RdNr. 99).

40

Die weiterhin aufgelisteten Nutzungen in der N-Straße, der R-Straße, der I-Straße, der F-Straße, der U-Straße, der O-Straße, der H-Straße, der J-Straße, der S-Straße, der Goethestraße und der V-Straße dürften im vorliegenden Verfahren bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung keine Rolle spielen, da die genannten Straßen außerhalb des Bereich liegen dürften, der als nähere Umgebung des Baugrundstücks anzusehen ist.

41

2. Die mit der angefochtenen Baugenehmigung zugelassene Nutzung ist bei summarischer Prüfung nach Maßgabe des § 13 BauNVO unzulässig. Nach dieser Vorschrift sind für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

42

a) Die mit der angefochtenen Baugenehmigung zugelassene Nutzung in dem Bestandsgebäude auf dem Grundstück R-Platz 12 und in dem Neubau auf dem Grundstück L-Straße 1 ist am Maßstab des § 13 BauNVO zu messen, denn hierbei handelt es sich – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – um den Betrieb einer Augenarztpraxis.

43

Die vom Beigeladenen im Baugenehmigungsverfahren vorgelegte Betriebsbeschreibung (BA A Bl. 31) bezeichnet den auf den Grundstücken R-Platz 12 und L-Straße 1 geplanten Betrieb als "Augenarztpraxis mit ambulanten OP" mit 2 Kassenarztsitzen und durchschnittlich 150 Patienten pro Tag. Die erbrachten Leistungen werden als "augenärztliche Diagnose und Behandlung mit ambulanten OP" beschrieben. Da es sich hierbei um eine rein ambulante Praxis handelt und eine stationäre Aufnahme von Patienten nicht erfolgt, kann das Vorhaben sachgerecht nur als Betrieb einer Augenarztpraxis beschrieben werden, die von § 13 BauNVO erfasst wird.

44

Arztpraxen fallen nicht unter den Begriff der "Anlagen für gesundheitliche Zwecke" i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO; ihre Zulässigkeit richtet sich vielmehr nach § 13 BauNVO (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 17.95 –, juris RdNr. 23 ff.; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 13 BauNVO RdNr. 82). Die Baunutzungsverordnung konkretisiert mit ihrer Baugebietstypologie u.a. die an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu stellenden Anforderungen sowie das Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung. Von maßgeblicher Bedeutung für die Bestimmung des jeweiligen Gebietscharakters sind die Anforderungen des Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet und die Erfüllung eines spezifischen Gebietsbedarfs (verbrauchernahe Versorgung). Durch die Zuordnung von Nutzungen zu Baugebieten will der Verordnungsgeber diese oft gegenläufigen Ziele zu einem schonenden Ausgleich bringen. Dies ist für die Auslegung der Nutzungsbegriffe im Einzelfall von Bedeutung. Würde man Arztpraxen als Anlagen für gesundheitliche Zwecke i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO ansehen, hätte dies zur Folge, dass diese in allgemeinen Wohngebieten unbeschränkt allgemein zulässig wären. Dies würde zu einer höheren Verkehrsbelastung dieser Gebiete durch vermehrten Zielverkehr führen und hätte erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die mit § 4 BauNVO erstrebte Wohnruhe. Zugleich ginge eine derartige Auslegung über das hinaus, was zur Erfüllung des Gebietsbedarfs erforderlich ist. Zum Ausgleich der genannten unterschiedlichen Ziele trifft § 13 BauNVO eine sachgerechte Regelung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 17.95 –, a.a.O. RdNr. 27).

45

Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass, wenn schon ein Krankenhaus als Anlage für gesundheitliche Zwecke in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig sei, dies erst recht für Arztpraxen gelten müsse. Im Gegensatz zu einer Praxis mit ambulanter Versorgung ist der durch stationären Aufenthalt der Patienten geprägte Betrieb eines Krankenhauses auf Ruhe im Gebiet angewiesen, stellt also Anforderungen an das Gebiet. Krankenhäuser sind zudem Vorhaben singulären Charakters, während Arztpraxen im Vergleich damit häufig vorkommen. § 15 BauNVO ermöglicht bei solch singulären Vorhaben eine Vermeidung gebietsunverträglicher Auswirkungen im Einzelfall. Bei in größerem Umfang in ein Wohngebiet drängenden Nutzungen ist diese Norm als Steuerungsinstrument für den Einzelfall weniger geeignet. Im Übrigen würde die Erstreckung des Begriffs der Anlagen für gesundheitliche Zwecke i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO auf Arztpraxen dazu führen, dass die Ärzte – und eventuell auch die Apotheker – gegenüber sonstigen freiberuflich oder gewerblich Tätigen eine Privilegierung erfahren, für die ein städtebaulicher rechtfertigender Grund nicht ersichtlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 17.95 –, a.a.O. RdNr. 28).

46

b) Die auf den Grundstücken R-Platz 12 und L-Straße 1 geplante Augenarztpraxis ist gemäß § 13 BauNVO ihrer Art nach unzulässig. Sie wahrt nicht den durch § 13 BauNVO für freiberufliche Nutzungen in (faktischen) allgemeinen Wohngebieten gestatteten Rahmen.

47

In allgemeinen Wohngebieten ist die Berufsausübung freiberuflich Tätiger auf "Räume" beschränkt. Der Begriff der "Räume" kennzeichnet Raumeinheiten, die nur Teile des Gebäudes sind. Der Zweck der Beschränkung der freiberuflichen Nutzung auf "Räume" liegt darin, die Prägung der Wohngebäude in den Wohngebieten durch ihre Wohnnutzung zu erhalten. Diesem Ziel dient der Grundsatz, dass die Büronutzung – faustregelartig – nicht mehr als die Hälfte der Wohnungen und auch nicht mehr als 50 % der Wohnfläche pro Gebäude umfassen darf. Die Beschränkung der Büronutzung des freiberuflich Tätigen auf eine einzige Wohnung dient demselben Ziel. In einem Wohngebäude in einem Wohngebiet erwartet man keine Büroeinheiten, die größer sind als die in dem Hause und in dem Gebiet vorhandenen Wohnungen. Büros, die größer als eine Wohnung sind, drängen die Wohnnutzung übermäßig zurück und lassen das Gebäude als ein gewerblich genutztes Gebäude erscheinen. Zwar lässt § 13 BauNVO in Wohngebieten nicht nur "kleine" Praxen zu, sondern spricht von "Räumen". Der Charakter eines Wohngebäudes geht aber verloren, wenn in ihm Büros vorhanden sind, die größer sind als die für Wohnhäuser typische Nutzungseinheit, die Wohnung (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.2001 – 4 C 8.00 –, juris Rdnr. 17; OVG NW, Urt. v. 22.03.1995 – 7 A 3700/91 –, a.a.O. RdNr.21; BremOVG, Beschl. v. 25.02.2005 – 1 B 41/05 –, juris RdNr. 16; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 13 BauNVO RdNr. 43).

48

Gemessen daran ist die mit der angefochtenen Baugenehmigung vom 24.01.2018 genehmigte Nutzung in dem Bestandsgebäude R-Platz 12 nach § 13 BauNVO unzulässig, da die freiberufliche Nutzung mehr als 50 % der Wohnfläche in Anspruch nimmt. Die Flächen für Praxis und Gewerbe umfassen 520,33 m² und übersteigen damit die Wohnfläche von 358,40 m² erheblich. Selbst wenn die Fläche für die Gewerbeeinheit von 111,09 m² außer Betracht gelassen wird, beträgt die Fläche für Praxisräume noch immer 409,24 m², womit sie die Wohnfläche von 358,40 m² immer noch signifikant übersteigt und damit die Nutzung dieses Gebäudes prägt.

49

Die genehmigte Nutzung in Haus 1 auf dem Grundstück L-Straße 1 ist ebenfalls nach § 13 BauNVO unzulässig. Der in Haus 1 vorgesehenen Nutzungsfläche für Praxis- und Operationsräume von insgesamt 667,08 m² (372,55 m² + 294,53 m²) steht eine Wohnfläche von nur 291,86 m² (258,15 m² + 33,71 m²) gegenüber. Hierdurch wird auch das Haus 1 deutlich durch die gegenüber der Wohnnutzung weit überwiegende freiberufliche Nutzung geprägt.

50

Aus dem Umstand, dass in den geplanten Neubauten auf dem Grundstück L-Straße 1 insgesamt Flächen für Wohnen von 1.071,91 m² und Flächen für OP und Praxis von 667,08 m² geplant sind, ergibt sich nichts anderes. Auch der Umstand, dass das Gesamtvorhaben auf den Grundstücken R-Platz 12 und L-Straße 1 nach den Planungen über Wohnflächen von 1.430,31 m² und Praxis- und Gewerbeflächen von 1.187,41 m² verfügt, rechtfertigt keine andere Bewertung. Der Begriff "Räume" als maßgeblicher Bezugspunkt der Zulässigkeitsprüfung nach § 13 BauNVO bezieht sich auf ein Gebäude und nicht auf ein Baugrundstück (VGH BW, Urt. v. 06.07.2005 – 3 S 141/05 –, juris Rdnr. 24). Damit hat eine Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens am Maßstab des § 13 BauNVO getrennt für jedes Gebäude, also gesondert für das Bestandsgebäude R-Platz 12 und für die beiden Neubauten auf dem Grundstück L-Straße 1, zu erfolgen, da es sich hierbei um jeweils eigenständige Gebäude handelt.

51

Aus der Tatsache, dass für die Nutzung des Gebäudes R-Platz 12 bereits die Baugenehmigung vom 24.03.2006 vorliegt, folgt nichts anderes. Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung vom 24.01.2018 ist auch die (erneute) Regelung der Nutzung des Gebäudes R-Platz 12, womit insoweit auch die Möglichkeit eines Nachbarrechtsbehelfs (erneut) eröffnet wurde.

52

Soweit der Beigeladene geltend macht, ein nachbarlicher Gebietserhaltungsanspruch scheide aus, wenn ein Bauvorhaben von so geringem bodenrechtlichen Gewicht sei, dass ein "Umkippen" des Gebietscharakters nicht drohe (vgl. HessVGH, Urt. v. 09.08.2007 – 3 UE 684/07 –, juris RdNr. 39), greift dies vorliegend nicht durch. Ein derartiger Fall, in dem das maßgebliche Baugebiet bereits weitgehend baulich ausgenutzt ist, so dass ein "Umkippen" des Gebietscharakters ausgeschlossen erscheint, liegt hier ersichtlich nicht vor.

53

§ 13 BauNVO ist – auch im Rahmen der entsprechenden Anwendung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB – drittschützend. Die Vorschrift nimmt an der nachbarschützenden Wirkung der Gebietsfestsetzung bzw. des Gebietscharakters bei einer entsprechenden Anwendung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB teil, da sie ebenfalls die Art der baulichen Nutzung betrifft. Sie gewährt dem Nachbarn innerhalb des Baugebietes ein subjektives Abwehrrecht gegen unzulässige freiberufliche und vergleichbare gewerbliche Nutzungen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.12.1995 – 4 B 245.95 –, juris RdNr. 5; Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 17.95 –, a.a.O. RdNr. 34; OVG NW, Urt. v. 25.08.2011 – 2 A 38/10 –, juris Rdnr. 61; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 13 BauNVO RdNr. 88). Soweit der Beigeladene geltend macht, die Vergrößerung der Fläche einer Arztpraxis in einem Gebäude betreffe nur das Maß der baulichen Nutzung und könne daher nicht am Gebietserhaltungsanspruch scheitern, der sich nur auf die Art der Nutzung beziehe (vgl. OVG SH, Beschl. v. 08.01.2018 – 1 MB 23/17 –, juris Rdnr. 6), kann dies aus den vorstehend genannten Gründen nicht überzeugen.

54

3. Die Antragsteller sind – entgegen der Ansicht des Beigeladenen – auch nicht deswegen gehindert, sich auf den Gebietserhaltungsanspruch zu berufen, weil sie selbst ihr Grundstück illegal nutzen. Zwar wird in der Rechtsprechung vertreten, dass das Rücksichtnahmegebot nicht zugunsten eines Nachbarn eingreift, der sein eigenes Grundstück formell und materiell illegal nutzt (vgl. OVG MV, Beschl. v. 04.04.2013 – 3 M 183/12 –, juris RdNr. 6; BremOVG, Urt. v. 08.05.2018 – 1 B 18/18 –, juris RdNr. 31). Es kann offenbleiben, ob dies nicht nur im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme, sondern auch gegenüber dem – hier einschlägigen – Gebietserhaltungsanspruch Geltung beansprucht. Jedenfalls nutzen die Antragsteller ihr Grundstück nicht formell und materiell illegal. Es liegen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Nutzung formell illegal ist. Aus der Antwort der Antragsgegnerin vom 18.09.2018 auf die Anfrage des Beigeladenen lässt sich dies nicht herleiten. Die Antragsgegnerin hat mitgeteilt, dass für die Grundstücke A-Straße und E-Straße 11 in den vergangenen 25 Jahren keine Baugenehmigungen erteilt worden seien. Das lässt nicht auf die formelle Illegalität der Grundstücksnutzung schließen, da das Gebäude offenbar älter als 25 Jahre ist und nichts dafür spricht, dass zu keinem Zeitpunkt eine Baugenehmigung erteilt wurde. Soweit der Beigeladene auf die Nutzung des Grundstücks A-Straße durch das Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung (ISW) abstellt, spielt dies – wie bereits ausgeführt – im vorliegenden Verfahren keine Rolle, da diese Nutzung bereits im Jahr 2011 beendet wurde. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die derzeitige freiberufliche Tätigkeit des Antragstellers zu 2 als freischaffender Filmmusikkomponist baurechtlich genehmigungsbedürftig sein könnte, bestehen nicht.

55

4. Die Beschränkung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller auf einen Teil der angefochtenen Baugenehmigung vom 24.01.2018 kommt nicht in Betracht. Zwar verletzt die Baugenehmigung den Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller nur durch die Genehmigung der Nutzung auf dem Grundstück R-Platz 12 und von Haus 1 auf dem Grundstück L-Straße 1, während die genehmigte Wohnnutzung in Haus 2 unter dem Blickwinkel des § 13 BauNVO unproblematisch ist. Einer solchen Beschränkung steht jedoch die Unteilbarkeit der Baugenehmigung entgegen.

56

Eine auf einen Teil einer im Baunachbarstreit angefochtenen Baugenehmigung beschränkte Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt nur dann in Betracht, wenn die Baugenehmigung rechtlich und tatsächlich teilbar ist (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 13.08.2012 – 1 B 242/12 –, juris RdNr. 6). Die Teilbarkeit einer Baugenehmigung ist gegeben, wenn der abtrennbare Teil räumlich-gegenständlich klar abgrenzbar ist und für den verbleibenden Teil der (nachbarrechtskonformen) Baugenehmigung ein sinnvoll nutzbares Vorhaben zurückbleibt, das keine größeren Umplanungen notwendig macht, und der Bauherr das Vorhaben notfalls selbst als teilbar ansieht (vgl. HambOVG, Urt. v. 14.07.2008 – 2 Bf 277/03 –, juris RdNr. 35; Beschl. v. 17.11.2011 – 2 Bs 177/11 –, juris RdNr. 46). Diese Voraussetzungen sind bei der Baugenehmigung vom 24.01.2018 nicht gegeben. Zwar würde eine Beschränkung der Baugenehmigung auf Haus 2 ein selbständig nutzbares Vorhaben bestehen lassen, jedoch sieht der Beigeladene das Bauvorhaben ersichtlich als untrennbare Einheit an.

57

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO.

58

Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes folgt der Senat der Festsetzung des Verwaltungsgerichts.

59

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

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b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte in  Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Gründe

1

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

2

1. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

3

Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ-RR 2011, 546, m.w.N.). Ist das angegriffene Urteil auf voneinander unabhängige und damit den Urteilsausspruch selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, so setzt der Erfolg des Zulassungsantrags voraus, dass sämtliche Begründungsteile je für sich die Zulassung rechtfertigen; liegt für den anderen Begründungsteil kein Zulassungsgrund vor, muss die Zulassung daran scheitern, dass die angegriffene Begründung hinweggedacht werden kann, ohne dass sich am Ausgang des Rechtsmittelverfahrens etwas ändert (vgl. zur Zulassung der Revision: BVerwG, Beschl. v. 07.06.2000 – 9 B 262/00 –, Juris).

4

Allerdings müssen Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente schlagen nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt. Das Oberverwaltungsgericht kann im Zulassungsverfahren dann auf andere Gründe abstellen, aus denen das angefochtene Urteil im Ergebnis richtig ist, wenn diese Gründe ohne weiteres auf der Hand liegen, ihre Heranziehung also nicht über den Aufwand hinausgeht, der in einem Zulassungsverfahren mit Blick auf dessen Zweck vernünftigerweise zu leisten ist. Der Rechtsmittelführer ist in diesem Fall rechtliches Gehör zu gewähren (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 – 7 AV 4.03 –, DVBl 2004, 838).

5

Hiernach kommt eine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht in Betracht, da sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts jedenfalls im Ergebnis als offensichtlich richtig erweist. Der Kläger ist hierzu gehört worden.

6

1.1. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dem nachträglich zur Genehmigung gestellten Anbau eines Windfangs an das bestehende Wohngebäude des Klägers stünden öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen. Das Vorhaben dürfte zwar – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht deshalb planungsrechtlich unzulässig sein, weil es sich hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksflächen nicht in die nähere Umgebung einfüge. Denn nach den vorgelegten Plänen und des bei der Ortsbesichtigung gewonnenen Eindrucks fehle es in der P-Straße zwischen G-Straße und H-Straße und damit in der maßgeblichen näheren Umgebung an einer einheitlichen, zu beachtenden Baulinie. Der Anbau verstoße aber gegen Vorschriften über Abstandsflächen. Es halte den in § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 BauO LSA vorgegebenen Mindestabstand von 3 m zur südlichen Grundstücksgrenze nicht ein. § 6 Abs. 1 Salz 3 BauO LSA sei nicht anwendbar, weil sich der Anbau außerhalb der Flächen befinde, in denen nach Planungsrecht an die Grenze gebaut werden dürfe. Die nähere Umgebung werde hier durch die Bebauung der P-Straße zwischen G-Straße und H-Straße gebildet. Hier fänden sich überwiegend aus Reihenhäusern bestehende Häusergruppen. Der Anbau des Klägers überschreite aber den Rahmen, den die Umgebungsbebauung vorgebe, und würde dazu führen, dass auch eine vergleichbare Bebauung der umliegenden Grundstücke nach § 34 BauGB zu genehmigen wäre. Damit wäre eine die bisherige Situation verändernde Verdichtung der straßenseitigen Grundstücksflächen nicht zu verhindern. Die Bemessung der Abstandsflächen könne auch nicht nach § 6 Abs. 6 Nr. 1 oder 2 BauO LSA außer Betracht bleiben.

7

Dem hält der Kläger entgegen, die P-Straße sei zwischen G-Straße und H-Straße durch keine einheitliche Bauflucht geprägt. In dieser näheren Umgebung stünden die Reihenhäuser vielmehr in sehr unterschiedlichen Abständen zur Straße. Auch hätten in südlicher Richtung die „Nachbarn Nr. 1 und Nr. 2“ keinen Vorgarten sondern Stellplätze; Der „Nachbar Nr. 3“ habe eine Einfahrt im Vorgartenbereich angelegt. Ab dem „Nachbarn Nr. 4“ seien keine Vorgarten mehr vorhanden, vielmehr reiche dort die Bebauung bis an die Straße heran. Obwohl auch das Verwaltungsgericht eine einheitliche Baulinie nicht habe feststellen können, sei es zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der streitige Anbau nicht in die nähere Umgebung einfüge, ohne dies allerdings näher zu begründen und auf die konkrete Bebauung in der näheren Umgebung, insbesondere auf den Grundstücken der „Nachbarn Nr. 1 bis 4“ einzugehen. Weitere Häuser in der P-Straße seien mit Eingangsüberdachungen versehen. In der Straße „Frohe Zukunft“ befänden sich gleichartige Reihenhäuser mit ähnlichen Windfängen. Mit diesen Einwänden vermag der Kläger im Ergebnis nicht durchzudringen.

8

Nach der vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 12.11.2010 – 2 M 142/10 –, BauR 2011, 667, m.w.N.) dürfen im unbeplanten Innenbereich nach Planungsrecht Gebäude ohne Grenzabstand errichtet werden, wenn sich die Grenzbebauung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB insbesondere hinsichtlich der Bauweise in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Ist die Eigenart der näheren Umgebung – wie hier – durch eine Bebauung mit aus mehreren Reihenhäusern bestehenden Häusergruppen geprägt, ist zwar innerhalb der jeweiligen Hausgruppe in der geschlossenen Bauweise zu bauen; die Geschlossenheit strahlt allerdings nicht auf die (gesamten) unbebauten Flächen vor und hinter den Gebäudefronten aus. Dort steuern auch die Kriterien über das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubaren Grundstücksflächen den Bereich, der einer grenzständigen Bebauung offensteht; dies gilt auch für Hausgruppen. Für die Zulässigkeit eines Anbaus an ein grenzständig errichtetes Wohngebäude, der nicht die „Privilegierung“ des § 6 Abs. 6 BauO LSA genießt, kommt es daher maßgeblich darauf an, ob der Anbau in Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche den Rahmen nicht überschreitet, den die Umgebungsbebauung vorgibt.

9

Der streitige Anbau fügt sich indes nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, da er den von ihr vorgegebenen Rahmen überschreitet.

10

Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und andererseits sich diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978 – IV C 9.77 –, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 03.04.1981 – 4 C 61.78 –, BVerwGE 62, 151). Die nähere Umgebung ist für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (BVerwG, Beschl. v. 06.11.1997 – 4 B 172.97 –, ZfBR 1998, 164). Bei der überbaubaren Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel (deutlich) enger zu begrenzen als bei der Art der baulichen Nutzung, weil die Prägung, die von der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksflächen maßgeblichen Stellung der Gebäude auf den Grundstücken ausgeht, im Allgemeinen (deutlich) weniger weit reicht als die Wirkungen der Art der baulichen Nutzung (BayVGH, Urt. v. 07.03.2011 – 1 B 10.3042 –, Juris; SächsOVG, Beschl. v. 29.12.2010 – 1 A 710/09 –, Juris; OVG NW, Urt. v. 09.09.2010 – 2 A 508/09 –, Juris; VGH BW, Beschl. v. 15.12.2005 – 5 S 1847/05 –, VBlBW 2006, 191). Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass nur wenige, unter Umständen sogar nur zwei Grundstücke den maßgeblichen Rahmen bilden (vgl. BayVGH Urt. v. 07.03.2011, a.a.O.). Gerade auch die Einheitlichkeit bzw. Unterschiedlichkeit der Bebauung kann ein Kriterium für die Abgrenzung der näheren Umgebung sein; insoweit kann die Umgebung nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation so beschaffen sein, dass die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung dort zu ziehen ist, wo zwei jeweils in sich einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinander grenzen (OVG NW, Urt. v. 18.11.2004 – 7 A 2726/03 –, ÖffBauR 2005, 64). Der Grenzverlauf der näheren Umgebung ist nicht davon abhängig, dass die unterschiedliche Bebauung durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie (Straße, Schienenstrang, Gewässerlauf, Geländekante etc.) entkoppelt ist. Eine solche Linie hat bei einer beidseitig andersartigen Siedlungsstruktur nicht stets eine trennende Funktion; umgekehrt führt ihr Fehlen nicht dazu, dass benachbarte Bebauungen stets als miteinander verzahnt anzusehen sind und insgesamt die nähere Umgebung ausmachen (BVerwG, Beschl. v. 28.08.2003 – 4 B 74.03 –, Juris). Weist die Bebauung in einem Straßenabschnitt, der lang genug ist, um hinsichtlich der Überbaubarkeit von Vorgartenflächen einen eigenen als Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgeblichen Bereich zu bilden, eine einheitliche Struktur auf, zählt nur dieser Abschnitt zur „näheren Umgebung“ der in diesem Straßenabschnitt gelegenen Grundstücke (BayVGH, Beschl. v. 25.04.2005 – 1 CS 04.3461 – Juris, RdNr. 20; OVG NW, Urt. v. 19.06.2008 – 7 A 2053/07 –, BauR 2008, 1853, RdNr. 23 in Juris).

11

Gemessen daran gehört nicht die gesamte Bebauung in der P-Straße in Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche zur „näheren Umgebung“ des Baugrundstücks, sondern nur die Bebauung an der westlichen Straßenseite in dem Abschnitt, in welchen die vier Reihenhausgruppen in einem Abstand von ca. 6 m zur Straße errichtet sind. Die Bebauung in diesem Abschnitt weist in Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche eine einheitliche Struktur dergestalt auf, dass Vorgärten vorhanden sind, die vor der Errichtung des streitigen Windfangs durch den Kläger von einer Bebauung mit Hauptgebäuden oder Anbauten frei gehalten wurden. Dieser Abschnitt der P-Straße hat mit einer Länge von ca. 140 m auch in Anbetracht der geringen Grundstücksbreiten das erforderliche Gewicht, um hinsichtlich der Überbaubarkeit von Vorgartenflächen einen eigenen als Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgeblichen Bereich zu bilden.

12

Der hiergegen vorgebrachte Einwand des Klägers, diese Betrachtungsweise würde dazu führen, dass die baulichen Vorgaben durch die zu entscheidende Behörde enger gezogen werden könnten als bei Vorliegen eines Bebauungsplans, greift nicht. Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine Gemeinde in einem Bebauungsplan Baugrenzen oder Baulinien nicht beschränkt auf einige Reihenhausgruppen festsetzen könnte. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 16 Abs. 5 BauNVO können im Bebauungsplan auch Baulinien und Baugrenzen für Teile des Baugebiets, für einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile und für Teile baulicher Anlagen unterschiedlich festgesetzt werden.

13

Der streitige Anbau überschreitet den Rahmen, der die in diesem Abschnitt vorhandene Bebauung bildet, da die übrigen Wohngebäude in diesem Bereich die vorgegebene faktische Baulinie einhalten. Die benachbarten Stellplätze sind insoweit ohne Belang. Den nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen Rahmen bilden in Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche nur die in der näheren Umgebung vorhandenen Hauptgebäude (vgl. BVerwG, Beschl. v. 06.11.1997, a.a.O.). Stellplätze sind hingegen Anlagen, die nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO auch außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche zugelassen werden können, soweit sie nach Landesrecht (wie etwa nach § 6 BauO LSA) in den Abstandsflächen zulässig sind (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, § 23 RdNr. 21), und die dem entsprechend auch im nicht beplanten Innenbereich nach § 34 BauGB außerhalb der durch faktische Baugrenzen markierten überbaubaren Grundstücksfläche nicht generell unzulässig sind (vgl. OVG NW, Urt. v. 19.06.2008, a.a.O.). Die § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zugrunde liegende städtebauliche Bewertung zeigt, dass bei der Frage, ob sich ein Vorhaben hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einfügt, zwischen Hauptgebäuden und untergeordneten Nebenanlagen sowie den in Abstandsflächen zulässigen bzw. zulassungsfähigen Anlagen unterschieden werden muss (vgl. BayVGH, Beschl. v. 25.04.2005 – 1 CS 04.3461 –, Juris). Auch die gemäß § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO bauplanerisch zugelassenen baulichen Anlagen, die nach landesrechtlichem Bauordnungsrecht in den Abstandsflächen zugelassen werden können, sind regelhaft von untergeordneter Bedeutung (BVerwG, Urt. v. 07.06.2001 – 4 C 1.01 –, NVwZ 2002, 90).

14

1.2. Damit kann offen bleiben, ob das Vorhaben des Klägers – wie das Verwaltungsgericht weiter angenommen hat – auch gegen das im Begriff des Einfügens im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt.

15

2. Auch liegen die von der Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht vor.

16

2.1. Das Verwaltungsgericht hat insbesondere den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt.

17

Der Kläger beanstandet, die Vorinstanz habe Sachvortrag nicht berücksichtigt. Er habe mehrfach vorgetragen, dass die Bebauung in der P-Straße uneinheitlich sei und für jedes Nachbargrundstück im Umkreis seines Grundstücks konkret dargestellt, wo und wie sich eine Bebauung unter Berücksichtigung der Abstandsflächen befinde. Weiterhin sei in der mündlichen Verhandlung am 11.03.2011 vor Ort sowie im Schriftsatz vom 24.03.2011 vorgetragen worden, dass die Nachbarn das Gebot der Rücksichtnahme durch Anbauten auf der Westseite im Garten verletzt hätten. Dennoch befinde sich dieser konkrete Sachverhalt im angefochtenen Urteil nicht wieder. Insbesondere die Entfernungen würden bei dem angeblichen Verstoß gegen Abstandsflächen und der angeblichen Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme argumentativ nicht herangezogen. Damit ist eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht dargetan.

18

Der Senat hat wiederholt entschieden (vgl. z. B. Beschl. v. 09.08.2011 – 2 L 11/10 –, Juris), schon einfaches Verfahrensrecht (§§ 108 Abs. 1 Satz 2; 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) verlange nicht, dass sich die Entscheidungsgründe mit jeder Einzelheit des Vorbringens befassten; es genüge die Angabe der Gründe, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Der Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) gebietet dem Gericht gleichfalls nicht, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen ausdrücklich zu bescheiden (BVerfG, Beschl. v. 17.11.1992 – 1 BvR 168,1509/89, 638,639/90 –, BVerfGE 87, 363 [392 f]). Art. 103 Abs. 1 GG fordert allein, dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (BVerfG, Beschl. v. 19.05.1992 – 1 BvR 986/91 –, BVerfGE 86, 133 [145]), und ist erst verletzt, wenn das Gericht gegen diesen Grundsatz erkennbar verstoßen hat. Das Bundesverfassungsgericht geht grundsätzlich davon aus, dass ein Gericht dem Verfassungsgebot entsprochen hat (BVerfG, Beschl v. 19.05.1992 u. v. 17.11.1992, a.a.O.). Als Indiz für die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG ist erst anzusehen, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Parteivortrags zu einer Frage von zentraler Bedeutung nicht eingegangen ist, sofern das Vorbringen vom Gericht nicht für unerheblich oder offensichtlich unsubstanziiert gehalten wird (BVerfG, Beschl. v. 19.05.1992, a.a.O.). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs schützt auch nicht davor, dass das Gericht dem Vortrag der Beteiligten nicht die aus deren Sicht richtige Bedeutung beimisst (vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.08.2004 – 1 BvR 1557/01 –, NVwZ 2005, 81, m. w. Nachw.).

19

Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht feststellen. Das Verwaltungsgericht hat zunächst im Tatbestand des angefochtenen Urteils das Vorbringen des Klägers zur Uneinheitlichkeit der Bebauung in der P-Straße dargestellt (S. 3 f. des Urteilsabdrucks). In den Entscheidungsgründen (vgl. Seite 6 des Urteilsabdrucks) hat es weiter ausgeführt, sowohl nach den vorgelegten Plänen als auch nach dem bei der Ortsbesichtigung gewonnenen Eindruck fehle es in der P-Straße zwischen G-Straße und H-Straße an einer einheitlichen, zu beachtenden Baulinie mit der Folge, dass sich der streitige Anbau hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen dürfte. Es hat damit das diesbezügliche Vorbringen des Klägers zur Kenntnis genommen und bei der Frage des Einfügens im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in Erwägung gezogen. Weshalb das Verwaltungsgericht bei der Frage, ob nach planungsrechtlichen Grundsätzen an die Grenze gebaut werden darf, zu der (gegenteiligen) Einschätzung gelangt ist, dass der Anbau den vorgegebenen Rahmen überschreite, lässt sich dem angefochtenen Urteil zwar nicht entnehmen, sodass die insoweit vorgenommene Würdigung Zweifeln unterliegt. Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme, das Verwaltungsgericht habe den diesbezüglichen Sachvortrag des Klägers außer Betracht gelassen.

20

Auf den Vortrag des Klägers u. a. im Schriftsatz vom 24.03.2011, es sei „eine Sichtung des Grundstücks zum Garten in Richtung Westen und der Grenzbebauung des Nachbarn in Richtung Süden vorgenommen und ein Anbau mit der entsprechenden Schatten bildenden größeren Beeinträchtigung in Augenschein genommen worden“, ist das Verwaltungsgericht am Ende der Entscheidungsgründe (beginnend auf S. 10 unten des Urteilsabdrucks) eingegangen. Es hat insoweit ausgeführt, ob etwa der im rückwärtigen Grundstücksbereich vorhandene Anbau (Wintergärten) auf dem südlich angrenzenden Grundstück oder andere Anbauten rechtmäßig seien oder – wie der Kläger geltend mache – sogar größere Beeinträchtigungen durch Schattenbildung hervorriefen, könne offen bleiben; auch wenn die Beklagte diese – zu Unrecht – genehmigt hätte, könne der Kläger daraus für sich keinen Anspruch herleiten, weil er sich insoweit nicht mit Erfolg auf eine sog. Gleichbehandlung im Unrecht berufen könne. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Vorhandensein von Anbauten auf den südlichen Nachbargrundstücken nicht die aus Sicht des Klägers richtige Bedeutung beigemessen hat, kann – wie bereits dargelegt – nicht zu einer Verletzung rechtlichen Gehörs führen.

21

2.2. Der Kläger rügt weiter, im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2011, das als Gedächtnisprotokoll erstellt worden sei, seien nicht sämtliche zu Protokoll gegebenen Erklärungen berücksichtigt worden. In seiner Protokollrüge vom 24.03.2011 habe er um die Aufnahme verschiedener Feststellungen und Erklärungen gebeten, die die örtlichen Gegebenheiten des Baugrundstücks und der näheren Umgebung zum Gegenstand haben. Hätte das Verwaltungsgericht diese Erklärungen aufgenommen, hätte es diese im Urteil verwerten müssen und wäre ebenfalls zu einer anderen Bewertung des Gebots der Einhaltung der Abstandsflächen, der einheitlichen Bebauung und des Gebots der Rücksichtnahme gekommen. Dieses Vorbringen, mit dem der Kläger einen Verstoß gegen das Gebot der richtigen und vollständigen Protokollierung des Ergebnisses eines Augenscheins (§ 160 Abs. 3 Nr. 4, 164 ZPO) rügt, rechtfertigt ebenfalls keine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO.

22

2.2.1. Soweit der Kläger vorträgt, im Ortstermin habe das Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass „zum Sachverhalt“ nur der Sichtbereich der P-Straße von G.- bis H-Straße, nicht jedoch die Siedlung und die angrenzenden Straßen mit ähnlicher Bebauung berücksichtigt würden, handelt es sich schon um keinen Vorgang, der gemäß § 105 VwGO i.V.m. § 160 ZPO im Protokoll festzuhalten war. Soweit die Einzelrichterin in der mündlichen Verhandlung eine solche Aussage getroffen haben sollte, hätte sie damit zum Ausdruck gebracht, welche Bereiche nach ihrer (vorläufigen) Einschätzung zur „näheren Umgebung“ des Baugrundstücks im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB gehören. Eine solche Bewertung gehört indes nicht mehr zum „Ergebnis des Augenscheins“ im Sinne des § 160 Abs. 3 Nr. 5 ZPO). „Ergebnis des Augenscheins“ in diesem Sinne sind die unmittelbaren Wahrnehmungen des Richters, nicht ihre zusammenfassende Bewertung (vgl. OVG NW, Beschl. v. 24.06.1998 – 10 E 413/98 –, Juris, RdNr. 60).

23

2.2.2. Der Kläger vermisst ferner Feststellungen des Gerichts darüber, dass sich auf den beiden benachbarten Grundstücken in südlicher Richtung keine Vorgärten (mehr), sondern Stellplätze befinden, dass über den Vorgarten des weiter südlich liegenden Grundstücks eine Einfahrt verläuft und auf dem sich daran anschließende Grundstück das Wohngebäude bis an die Straße (bzw. den Gehweg) herangebaut ist. Er beanstandet weiter, es sei festgestellt worden, dass weder in südlicher noch in nördlicher Richtung eine Baulinie noch ein gleiches Erscheinungsbild vor Ort erkennbar sei. Damit ist kein Verfahrensmangel dargetan, auch wenn das Verwaltungsgericht durch die unterlassene Aufnahme entsprechender Feststellungen in das Protokoll gegen § 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 5 ZPO verstoßen haben sollte.

24

Verstöße gegen die Protokollierungsvorschriften gemäß § 105 VwGO i.V.m. §§ 159 ff. ZPO begründen nur dann einen Verfahrensmangel, wenn das angefochtene Urteil auf der Unrichtigkeit des Protokolls beruht. Dies ist der Fall, wenn bei der Einhaltung der nicht beachteten Vorschrift Umstände hervorgetreten wären, die zu anderen tatsächlichen Feststellungen oder zu einer anderen Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Gerichts hätten führen können. Macht der Rechtsmittelführer geltend, das Protokoll sei unrichtig oder unvollständig, so muss er darlegen, aus welchen Gründen sich dieser Fehler auf das Urteil ausgewirkt haben kann. Er muss aufzeigen, welche konkrete Tatsachenfeststellung oder Beweiswürdigung des Gerichts von der unrichtigen oder unvollständigen Protokollierung beeinflusst ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 06.08.2009 – 2 B 45.09 –, NVwZ 2010, 257, m.w.N.).

25

Im konkreten Fall ist indessen nicht ersichtlich, dass die der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen oder die Beweiswürdigung von der geltend gemachten Unvollständigkeit des Protokolls beeinflusst sind. Wie oben bereits ausgeführt, ist das Verwaltungsgericht bei der Frage des „Einfügens“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (S. 6 des Urteilsabdrucks) davon ausgegangen, dass sowohl nach den vorgelegten Plänen als auch nach dem bei der Ortsbesichtigung gewonnenen Eindruck es in der P-Straße zwischen G-Straße und H-Straße an einer einheitlichen zu beachtenden Baulinie fehle mit der Folge, dass sich der streitige Anbau hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen dürfte. Es hat damit die vom Kläger im Protokoll vermissten Feststellungen zu Uneinheitlichkeit der Bebauung in der P-Straße zusammenfassend wiedergegeben und diese tatsächlichen Feststellungen bei der Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Anbaus nach § 34 Abs. 1 BauGB zugunsten des Klägers gewürdigt. Zwar ist das Verwaltungsgericht bei der Frage, ob gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA nach planungsrechtlichen Grundsätzen an die Grenze gebaut werden darf, zu der (gegenteiligen) Einschätzung gelangt, nämlich dass der Anbau den von der Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen überschreite. Es ist aber nicht erkennbar, dass bei der vom Kläger gewünschten Protokollierung der örtlichen Gegebenheiten Umstände hätten hervortreten können, die die unterschiedliche Würdigung der baulichen Verhältnisse bei Anwendung der planungsrechtlichen Bestimmung des § 34 Abs. 1 BauGB einerseits und der bauordnungsrechtlichen Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 3 BauGB andererseits vermieden hätten.

26

2.2.3. Ein in der mündlichen Verhandlung gegebener Hinweis des Klägers darauf, dass „entgegen der Behauptung der Beklagten“ ein Vorgarten vorhanden sei und nicht das, was lediglich „erhalten geblieben sei“, ist keine Erklärung, die nach § 160 ZPO protokolliert werden muss.

27

2.2.4. Der Vortrag des Klägers, es sei eine Sichtung des Grundstücks zum Garten in Richtung Westen und der Grenzbebauung des Nachbarn in Richtung Süden vorgenommen und (dabei) ein Anbau mit der entsprechenden Schatten bildenden größeren Beeinträchtigung in Augenschein genommen worden, betrifft die Frage, ob der streitige Anbau das Gebot der Rücksichtnahme verletzt. Da das Verwaltungsgericht angenommen hat, es komme nicht darauf an, ob solche Anbauten in den rückwärtigen Grundstücksteilen rechtmäßig errichtet seien und sogar größere Beeinträchtigungen durch Schattenbildung hervorriefen, ist nicht ersichtlich, inwieweit eine Protokollierung der „Sichtung“ der baulichen Verhältnisse in den rückwärtigen Grundstücksteilen zu einer für den Kläger günstigeren Würdigung hätte führen können. Im Übrigen kann das angefochtene Urteil auf einer fehlenden Protokollierung dieser „Sichtung“ auch deshalb nicht beruhen, weil das Verwaltungsgericht das Urteil nicht allein auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme, sondern – selbständig tragend – auch auf eine Verletzung der Vorschriften über Abstandsflächen gestützt hat.

28

3. Die Rechtssache weist schließlich keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

29

Besondere Schwierigkeiten liegen nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 27.12.2006 – 2 L 66/05 –, Juris) vor bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Komplexität der Rechtssache, im Tatsächlichen besonders bei wirtschaftlichen, technischen und wissenschaftlichen Zusammenhängen, wenn der Sachverhalt schwierig zu überschauen oder zu ermitteln ist, im Rechtlichen bei neuartigen oder ausgefallenen Rechtsfragen.

30

Der Senat vermag nicht zu erkennen, woraus sich die vom Kläger angeführte „Kompliziertheit der baurechtlichen Materie“ ergeben soll. Dies lässt sich nicht mit dem bloßen Hinweis darauf begründen, dass das Verwaltungsgericht andere Gründe für die baurechtliche Unzulässigkeit des Windfangs angeführt hat als die Beklagte. Auch mit dem Vortrag, das Verwaltungsgericht sei auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen und habe entscheidungserhebliche Rechtsfragen unzutreffend beantwortet, sind keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache dargetan. Damit ließen sich allenfalls ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) oder ggf. ein Verfahrensmangel in Gestalt einer Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) begründen, die allerdings aus den oben dargestellten Gründen nicht vorliegen.

31

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte in  Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines viergeschossigen Neubaus eines Wohngebäudes auf dem Grundstück der Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 101, das sich in Hanglage befindet. Im Kellergeschoss, das sich auf dem Niveau der Straße "(V.)" befindet und zur Straße einen Abstand von 1,10 m bis ca. 2 m einhält, sollen eine Garage mit acht PKW-Stellplätzen und Zufahrt zur Straße sowie Abstell- und weitere Nebenräume eingerichtet werden. In den oberen drei, gegenüber dem Kellergeschoss zurückspringenden Geschossen, die einen Abstand zur Straße von ca. 8,50 m bis 9,50 m einhalten, sollen sechs Wohneinheiten entstehen.

2

Der Antragsteller, der Eigentümer eines auf der gegenüberliegenden Straßenseite gelegenen Grundstücks ist, erhob gegen die der Beigeladenen am 02.03.2017 erteilte Baugenehmigung am 07.04.2017 Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist. Seinen Antrag, die aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt und zur Begründung u.a. ausgeführt: Das Vorhaben füge sich im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein und verstoße nicht gegen das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot. Das Straßengeviert sei gekennzeichnet durch unregelmäßige Bebauung in Bezug auf die Bautiefe. Die dort zu betrachtenden Grundstücke wiesen eine teils höhere, teils geringere Bautiefe auf. Das westlich an das Grundstück des Antragstellers angrenzende Grundstück (Flurstück 89) sei mit direkt an die Straße angrenzenden Garagen bebaut. Auch das mehrgeschossige Wohngebäude auf dem Flurstück 64 habe lediglich einen Abstand von ca. 5 m zur Straße. Im östlichen Verlauf der Straße befänden sich mehrere Gebäude ((V.) 35 – 37), die ebenfalls einen geringen Abstand der Wohnbebauung zur Straße aufwiesen. Allein aufgrund der abstrakten Bautiefe lasse sich daher noch keine Missachtung des Rücksichtnahmegebots herleiten. Mit einer Höhe von 12,74 m und einer Breite von 22,2 m habe das Gebäude auch nicht die vom Antragsteller geltend gemachte erdrückende Wirkung.

II.

3

A. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

4

1. Der Antragsteller rügt, das Verwaltungsgericht sei in tatsächlicher Hinsicht zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Straßengeviert durch unregelmäßige Bebauung in Bezug auf die Bautiefe gekennzeichnet sei. Dies treffe allenfalls auf die Bebauung nördlich der Straße (V.) zu, nicht jedoch auf die südlich der Straße vorhandene Bebauung, zu dem sein Wohnhaus gehöre. Da die westlich an sein Grundstück angrenzenden Garagen nicht zum Wohnen geeignet seien und im Übrigen auch optisch einen baufälligen Charakter aufwiesen, hätten diese als bloße Nebengelasse bei der Betrachtung unberücksichtigt zu bleiben. Unabhängig davon dürfte auch das auf dem Flurstück 64 befindliche mehrgeschossige Wohngebäude keine prägende Wirkung haben, weil es Bestandsschutz genieße und quasi als "Ausreißer" aus der näheren Umgebung deutlich herausrage. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass sich dieses Mehrfamilienhaus und die Garagen auf ein und demselben Grundstück befänden, so dass ein Nachbarschaftsverhältnis nicht gegeben sei. Selbst wenn der in Aufstellung befindliche vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 12 der Stadt A. keine bindende Wirkung entfalten könne, seien dessen Vorgaben doch in irgendeiner Form in die Betrachtung einzubeziehen. Damit vermag der Antragsteller nicht durchzudringen.

5

Ein Vorhaben, das sich innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, fügt sich ihm in der Regel auch gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein, sofern es nicht ausnahmsweise die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen lässt (BVerwG, Urt. v. 15.12.1994 – BVerwG 4 C 13.93 –, BRS 56 Nr. 61, RdNr. 17 in juris, m.w.N.). Die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss, sind jeweils unabhängig voneinander zu prüfen (BVerwG, Beschl. v. 06.11.1997 – BVerwG 4 B 172.97 –, BRS 59 Nr. 79, RdNr. 5 in juris). Bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes ist grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung bestimmt jedoch ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind hiernach auch solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt (BVerwG, Beschl. v. 16.06.2009 – BVerwG 4 B 50.08 –, BRS 74 Nr. 95, RdNr. 6 in juris).

6

1.1. Hiernach ist für die Beurteilung der Frage, ob sich das Vorhaben der Beigeladenen nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, letztlich unerheblich, ob sich die "Bebauungstiefe" auch südlich der Straße "(V.)" als "uneinheitlich" darstellt. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das Vorhaben in Bezug auf die zu überbauende Grundstücksfläche im Rahmen der vorhandenen Bebauung der gesamten näheren Umgebung hält.

7

1.2. Der auf der Südseite der Straße (V.) errichteten ca. 6 m breiten und 17,5 m tiefen Garagenanlage kann in Bezug auf das Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche eine prägende Kraft nicht schon deshalb abgesprochen werden, weil sie nicht der Wohnnutzung dient. Auch wenn Baulichkeiten, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, sowie Nebengebäude keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden können, weil es ihnen insoweit an einer prägenden und damit maßstabsbildenden Kraft fehlt, rechtfertigt dies allein noch nicht den Schluss, dass sie auch nicht in der Lage sind, in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil die Eigenart der näheren Umgebung zu prägen (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.12.2016 – BVerwG 4 C 7.15 –, NVwZ 2017, 717 [718], RdNr. 13).

8

1.3. Nicht stichhaltig ist der Einwand des Antragstellers, das Wohngebäude auf dem Flurstück 64 (gemeint ist das Wohngebäude mit der Hausnummer 64) habe keine prägende Wirkung, weil es Bestandsschutz genieße. Wie oben bereits dargelegt, kommt es für die Frage des Einfügens im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gerade auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an.

9

1.4. Seine Auffassung, bei diesem Gebäude handele es um einen nicht zu berücksichtigenden "Ausreißer", hat der Antragsteller nicht schlüssig begründet.

10

Die Unbeachtlichkeit von sog. Fremdkörpern, auch als "Ausreißer" bezeichnet, bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabs muss als Ausnahme auf die diejenigen Fälle beschränkt bleiben, in denen ein bestimmtes Vorhaben in besonders krassem Widerspruch zu der sonstigen, im wesentlichen homogenen Bebauung steht und außerdem dieses Vorhaben keine größeren städtebaulichen Auswirkungen auf seine Umgebung hat; soweit das nicht der Fall ist, müssen auch Vorhaben berücksichtigt werden, die städtebaulich unerwünscht sind, weil sie von der sonstigen Bebauung abweichen und städtebauliche Spannungen hervorrufen (vgl. Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 34 RdNr. 32, m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (grundlegend: Urt. v. 15.02.1990 – BVerwG 4 C 23.86 –, BVerwGE 84, 322 [326], RdNr. 15 f. in juris) können Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht. In Betracht kommen insbesondere solche baulichen Anlagen, die nach ihrer – auch äußerlich erkennbaren – Zweckbestimmung in der näheren Umgebung einzigartig sind. Sie erlangen die Stellung eines "Unikats" umso eher, je einheitlicher die nähere Umgebung im Übrigen baulich genutzt ist. Trotz ihrer deutlich in Erscheinung tretenden Größe und ihres nicht zu übersehenden Gewichts in der näheren Umgebung bestimmen sie nicht deren Eigenart, weil sie wegen ihrer mehr oder weniger ausgeprägt vom übrigen Charakter der Umgebung abweichenden Struktur gleichsam isoliert dastehen. Derartige Anlagen dürfen bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung aber nur dann als "Fremdkörper" ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können. Ausschlaggebend kann insoweit erneut die Größe der andersartigen Anlage sein. Einzelne bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter können nach Ausdehnung, Zahl und anderen Quantitätsmerkmalen ein solches Gewicht enthalten, dass sie trotz ihrer herausstechenden Andersartigkeit in einer abweichend und verhältnismäßig einheitlich strukturierten Umgebung ihrerseits tonangebend wirken.

11

Die Einstufung einer baulichen Anlage als Fremdkörper bzw. „Ausreißer“, die sich besonders deutlich von der übrigen Bebauung in der näheren Umgebung unterscheidet, kommt in Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche etwa dann in Betracht, wenn der zu beurteilende Baukörper nach seiner Lage zur Erschließungsstraße ganz erheblich anders angeordnet ist als alle übrigen Baukörper (vgl. OVG SH, Urt. v. 23.09.2010 – 1 LB 3/10 –, juris, RdNr. 20. m.w.N.). Eine solche Fallkonstellation liegt hier aber nach den vorliegenden Lageplänen nicht vor. Soweit der Antragsteller geltend macht, das Wohngebäude auf dem Grundstück (V.) 64 sprenge auch wegen der vier Vollgeschosse, der Dachaufbauten und der Gesamthöhe den Rahmen der übrigen Bebauung, kann er damit eine Fremdköpereigenschaft in Bezug auf das Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche nicht begründen.

12

Genügende Anhaltspunkte dafür, dass das Gebäude auf dem Grundstück (V.) 64 in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfällt und es deshalb hinsichtlich dieses Merkmals die Umgebungsbebauung nicht prägen kann, lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Der Antragsteller trägt in diesem Zusammenhang lediglich vor, dass die an der Straße (V.) liegenden Grundstücke Nr. 51, 57 bis 60 und 64 bis 66 in die Betrachtung einzubeziehen seien und das Gebäude auf dem Grundstück (V.) 64 nach seinen Abmessungen den (von der dort vorhandenen Bebauung vorgegebenen) Rahmen sprenge. Angesichts der in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung wenig homogenen Bebauung in der näheren Umgebung des Baugrundstücks dürfte dies nicht genügen, um das Gebäude auf dem Grundstück (V.) 64 als aus der Betrachtung auszuscheidenden Fremdkörper ansehen zu können.

13

1.5. Soweit sich der Antragsteller auf Vorgaben eines sich in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans beruft, den die Stadt A. nach den Angaben des Antragsgegners nicht mehr weiterverfolgt, verfängt dies schon deshalb nicht, weil es – wie dargelegt – nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 08.12.2016, a.a.O., RdNr. 10) maßgeblich auf die tatsächlich vorhandene Bebauung ankommt. Für die Frage, ob sich ein Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, sind zwar auch solche baulichen Anlagen zu berücksichtigen, die nach den Vorgaben eines (noch) nicht in Kraft getretenen Bebauungsplans errichtet wurden. Dies bedeutet andererseits aber nicht, dass andere (bereits zuvor errichtete) bauliche Anlagen, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, unberücksichtigt zu bleiben hätten.

14

1.6. Im Übrigen hat § 34 Abs. 1 BauGB nicht stets und generell drittschützende Wirkung (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 RdNr. 141). Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn eine angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme kann vorliegen, wenn ein Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann auch vorliegen, wenn sich ein Vorhaben objektiv-rechtlich nach seinem Maß der baulichen Nutzung, seiner Bauweise oder seiner überbauten Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 05.12.2013 – BVerwG 4 C 5.12 –, juris, RdNr. 21, m.w.N.). Für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots reicht es nicht aus, dass ein Vorhaben sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, der durch die Bebauung der Umgebung gebildet wird; hinzu kommen muss objektivrechtlich, dass es im Verhältnis zu seiner Umgebung bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugt, die potentiell ein Planungsbedürfnis nach sich ziehen, und subjektivrechtlich, dass es die gebotene Rücksichtnahme speziell auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung vermissen lässt (BVerwG, Beschl. v. 13.11.1997 – BVerwG 4 B 195.97 –, BRS 59 Nr. 177, RdNr. 6 in juris; Beschl. v. 06.12.1996 – BVerwG 4 B 215.96 –, BRS 58 Nr. 164, RdNr. 8 in juris).

15

2. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Antragstellers, das Vorhaben der Beigeladenen verletzte ihm gegenüber das Gebot der Rücksichtnahme, weil es eine erdrückende bzw. optisch bedrängende Wirkung auf sein Grundstück habe.

16

Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden Wirkung sind unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Voraussetzung einer erdrückenden Wirkung ist, dass das genehmigte Gebäude nach Höhe, Länge und Volumen erheblich größer ist als das Nachbargebäude (Beschl. d. Senats v. 24.11.2016 – 2 M 105/16 –, juris, RdNr. 11, m.w.N.). Eine erdrückende Wirkung durch Höhe und Volumen hat das Bundesverwaltungsgericht beispielsweise angenommen bei Errichtung eines 12-geschossigen Hochhauses in einem Abstand von 15 m an der engsten Stelle zu einem 2 ½-geschossigen Gebäude (BVerwG, Urt. v. 13.03.1981 – BVerwG 4 C 1.78 –, juris RdNr. 38). Der VGH Baden-Württemberg hat eine erdrückende Wirkung angenommen bei einem 3- bis 4-geschossigen Gebäude mit einer Traufhöhe von 13 bis 14 m und einer Giebelhöhe von 16 bis 17 m gegenüber einem eingeschossigen Wohnhaus, bei dem sämtliche Fenster zum Vorhaben hin ausgerichtet waren und das nur wenig mehr als 1 m von der Grundstücksgrenze und einer daran unmittelbar anschließenden Tiefgaragenzufahrt entfernt lag (VGH BW, Beschl. v. 08.11.2007 – 3 S 1923/07 –, juris).

17

Die hier gegebenen baulichen Verhältnisse sind mit diesen Fallkonstellationen nicht vergleichbar. Das geplante Gebäude mit einer Höhe von 12,74 m überragt das 7,98 m hohe Wohnhaus des Klägers um lediglich 4,76 m, also etwa um eine Geschosshöhe. In den oberen drei Geschossen hält es zum Grundstück des Antragstellers einen Abstand von ca. 16 m und zum Wohngebäude des Antragstellers einen Abstand von 22 m ein. Zu berücksichtigen ist auch, dass das Vorhaben dem Wohngebäude nicht direkt gegenüberliegt, sondern etwas versetzt errichtet wird. Zwar beträgt der Abstand zwischen dem untersten Geschoss und dem Grundstück des Klägers nur etwa 9 m und zum Wohngebäude ca. 15 m. Aber auch dies begründet noch keine erdrückende Wirkung des Vorhabens. Eine optisch bedrängende oder gar einmauernde Wirkung durch die ca. 22 m breite Vorderfront des Kellergeschosses vermag der Senat bei diesen Gegebenheiten ebenfalls nicht festzustellen. Die Angabe des Antragstellers, der Abstand zwischen der Garagenmauer und seinem Grundstück betrage nur 5,57 m, vermag der Senat nach den vorliegenden Plänen nicht nachzuvollziehen.

18

3. Soweit der Antragsteller auf sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren verweist, genügt dies nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO, der verlangt, dass sich die Begründung mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen muss (vgl. Beschl. d. Senats v. 12.09.2007 – 2 M 165/07 –, juris, RdNr. 10, m.w.N.).

19

B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, da sie keinen Sachantrag gestellt hat und sich so auch nicht dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

20

C. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen.


(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Unter dem ... Juni 2015 stellte die Klägerin bei der Gemeinde ... den Antrag auf Nutzungsänderung zum „Einbau eines Darstellungs- und Schaustellereizimmers“ in das Obergeschoss des Wohnhauses auf dem Grundstück Fl. Nr. 998/5 Gemarkung ..., Gemeinde ... (...). Unter dem ... Juli 2015 beantragte sie zudem die Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung Nr. 0.1.1. des Bebauungsplans „Nr. 34 „… Straße I“ über die Art der baulichen Nutzung. Der Bebauungsplan sieht ein allgemeines Wohngebiet nach § 4 Baunutzungsverordnung (BauNVO) ohne Ausnahmen nach dessen Absatz 3 vor. Der Bebauungsplan wurde am 7. Dezember 1999 von der Gemeinde als Satzung beschlossen und mit Bekanntmachung vom 30. Juli 2015 wegen eines Formfehlers rückwirkend zum 29. März 2000 in Kraft gesetzt. Derzeit gilt er in der Fassung der 4. Änderung vom 14. April 2010. Die Gemeinde ... hat mit Beschluss ihres Gemeinderats vom 14. Juli 2015 das gemeindliche Einvernehmen versagt.

Aufgrund einer Nachfrage des Landratsamts ... (Landratsamt) vom 4. August 2015 legte die Klägerin die Betriebsbeschreibung vom ... August 2015, ergänzt mit Schreiben vom ... September 2015 vor, und führte dazu aus, es handele sich um eine wohnartige Nutzung, die gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig sei. Durchgeführt würden Erotikchats, die über ein externes Portal im Internet angeboten würden. Es komme zu keinen Lärmentwicklungen und Lichteffekten; auch finde kein Kunden-/Publikumsverkehr statt. Zum Inbegriff des Wohnens gehörten nach heutiger Anschauung auch ein Telearbeitsplatz oder ein herkömmliches Arbeitszimmer in der Wohnung. Diese Nutzung trete städtebaulich neben dem Wohnen nicht in Erscheinung und stelle die Eigenschaft als Wohnraum nicht infrage. Anders sei die Rechtslage, wenn das Arbeitszimmer als betrieblicher Mittelpunkt mit städtebaulich relevanten Außenwirkungen wie Kunden- und Lieferantenverkehr genutzt werde, was nicht der Fall sei.

Auf Anfrage des Landratsamts teilte die Regierung von Oberbayern am 8. Oktober 2015 mit, dass es sich aufgrund der Außenwirkung der Chats der Klägerin mit den Kunden im Internet um eine selbstständige gewerbliche Betriebsstätte handele, die, sofern keine Emissionen verursacht würden und kein Kundenverkehr stattfinde, einen nicht störenden Gewerbebetrieb darstelle. Eine freiberufliche künstlerische oder freiberufsähnliche Tätigkeit sei zu verneinen. Da der Bebauungsplan Ausnahmen ausschließe, bedürfe es gegebenenfalls einer Befreiung.

Mit Schreiben vom 27. November 2015 hörte das Landratsamt die Klägerin an und empfahl dabei, den Antrag zurückzunehmen.

Zwischenzeitlich wurden beim Landratsamt immer wieder Nachbarn der Klägerin vorstellig, die u. a. darauf hinwiesen, dass pornographische Filme gedreht würden und Fotoshootings und entsprechender Pkw-Verkehr stattfänden, was zu Störungen führe.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15. Februar 2016, der Klägerin zugestellt am 19. Februar 2016 lehnte das Landratsamt den Antrag auf Einbau eines Darstellungs- und Schaustellereizimmers vom 25. Juni 2015 ab (Nr. 1), sprach die Verpflichtung aus, die gewerbliche Nutzung innerhalb einer Woche nach Bestandskraft zum Zweck für Erotikchats und zur Produktion erotischen Bild- und Fotomaterials einzustellen (Nr. 2) und drohte das weiteren für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Nummer 2 des Bescheids ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro an (Nr. 3).

Mit Schriftsatz vom ... März 2016, der bei Gericht am 18. März 2016 eingegangen ist, erhob die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragt zuletzt,

den Bescheid vom 15. Februar 2016 aufzuheben,

hilfsweise das Landratsamt zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren, wonach es sich um eine nicht genehmigungspflichtige Nutzung innerhalb der Variationsbreite des Wohnbegriffs handele. Es käme zu keinen Schall- und Lichtimmissionen. Auch finde kein Publikums- oder sonstiger Kundenverkehr statt. Insbesondere würden keine Filmproduktionen mehr vor Ort erfolgen, sondern ausschließlich ein Erotikchat in Zimmerlautstärke und ohne Beteiligung Dritter. Zulässig sei somit die isolierte Anfechtung der Versagung der Baugenehmigung, da die Chattätigkeit als Wohnen zu qualifizieren sei. Es handele sich um einen Telearbeitsplatz. Sofern die Chattätigkeit der Klägerin nicht mehr als zulässige Wohnnutzung anzusehen sei, bestehe jedenfalls ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB). Die Gemeinde ... habe das gemeindliche Einvernehmen mit Blick auf die nachbarlichen Interessen in rechtswidriger Weise versagt, weil der Ausübung der Chattätigkeit durch die Klägerin keine nachbarlichen Belange entgegenstünden. Auch ergebe sich ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Befreiung aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 34 „... Straße I“ würden in unzulässiger Weise mehrere Gewerbebetriebe unterhalten. Soweit die Tätigkeit der Klägerin als bauplanungsrechtlich unzulässig angesehen werde, müsse konsequenterweise auch gegen weitere gewerbliche Nutzungen im Baugebiet bauordnungsrechtlich eingeschritten werden. Ein willkürliches Herausgreifen von Einzelfällen sei unzulässig. Aus diesem Grunde sei auch die Nutzungsuntersagung rechtswidrig. Die offensichtliche Genehmigungsfähigkeit des nicht störenden Gewerbes der Klägerin im Wege der Erteilung einer Befreiung führe im Rahmen der Ermessensbetätigung dazu, dass eine Nutzungsuntersagung nicht hätte verfügt werden dürfen. Schließlich werde im Rahmen der Nutzungsuntersagung nicht zwischen den Erotikchats und der Produktion erotischen Bild- und Fotomaterials unterschieden. Allein darin liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Daraus resultiere auch eine Unbestimmtheit der Zwangsgeldandrohung, da nicht erkennbar sei, für welchen Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Nummer 2 des Bescheids in Aussicht gestellten Nutzungsuntersagungen ein Zwangsgeld fällig werde.

Das Landratsamt hat die Prozessvertretung der Regierung von Oberbayern übertragen. Diese äußerte sich mit Schreiben vom 15. September 2016 unter Vorlage von zwei Stellungnahmen des Landratsamts vom 9. August und 8. September 2016 und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags den streitbefangenen Bescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakten sowie der Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat weder im Haupt- noch im Hilfsantrag Erfolg.

I.

Die Klage ist zulässig.

Hinsichtlich des Aufhebungsbegehrens zu den Nummern 2 (Nutzungsuntersagung) und 3 (Zwangsgeldandrohung) des streitbefangenen Bescheids vom 15. Februar 2016 ergibt sich die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage ohne weiteres aus § 42 Abs. 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Soweit mit der Klage im Hauptantrag zudem isoliert auch die Aufhebung der Ablehnung des Bauantrags vom ... Juni 2015 (Nr. 1 des Bescheids vom 15.2.2016) begehrt wird, ist dies ausnahmsweise in Gestalt einer sogenannten isolierten Anfechtungsklage zulässig. Die Klägerin besitzt das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

Zwar ist im Hinblick auf die Spezialität der Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) eine allein auf die Aufhebung einer behördlichen Ablehnung gerichtete Anfechtungsklage in der Regel ausgeschlossen (vgl. Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 42 Rn. 82 ff.). Allerdings ist vorliegend ein Ausnahmefall gegeben. Die Klägerin hatte zunächst unter dem ... Juni 2015 die Erteilung einer Baugenehmigung für den Einbau eines Darstellungs- und Schaustellereizimmers in das Obergeschoss des Wohnhauses auf dem Grundstück Fl. Nr. 998/5 beantragt und zudem unter dem ... Juli 2015 auch einen Antrag auf Befreiung von der Festsetzung Nr. 0.1.1 über die Art der baulichen Nutzung gestellt. Daraufhin erfolgte die Ablehnung dieses Antrags in Nummer 1 des streitbefangenen Bescheids vom 15. Februar 2016. Auf der Grundlage ihrer zwischenzeitlich, d. h. nach Stellung des Antrags auf Baugenehmigung, geänderten materiellen Rechtsansicht, wonach es sich bei der beantragten Nutzungsänderung um eine solche handele, die sich innerhalb der Bandbreite des Wohnbegriffs bewege und daher nicht genehmigungspflichtig sei, besitzt die Klägerin vorliegend ein Rechtsschutzbedürfnis für ihr isoliertes Kassationsbegehren. Denn damit vertritt die Klägerin nunmehr die Auffassung, es liege kein Fall der baurechtlichen Genehmigungspflicht nach Art. 55 Abs. 1 Hs. 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) vor. Liegen die Voraussetzungen dieser Vorschrift allerdings nicht vor, dann bedarf es für die inmitten stehende Maßnahme auch keiner Baugenehmigung. Der Bauherr kann für ein solches Bauvorhaben auch nicht die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens beantragen. Tut er es trotzdem und entscheidet die Bauaufsichtsbehörde, etwa weil sie die Verfahrensfreiheit übersieht, gleichwohl (positiv wie negativ) über den Antrag, dann ist diese Entscheidung rechtswidrig und kann vom Bauherrn im Wege der Anfechtungsklage angegriffen werden (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2016, Art. 55 Rn. 74). Die Klägerin hat mithin primär kein rechtliches Interesse mehr an dem Erlass der begehrten Genehmigung. Vielmehr ist es ihr im Hauptantrag konsequenter Maßen allein darum zu tun, den negativen Rechtsschein der behördlichen Ablehnungsentscheidung hinsichtlich ihres Bauantrags zu beseitigen. Es ist anerkannt, dass in einer Fallkonstellation wie hier, in der die Behörde aus materiell-rechtlichen Gründen einen Antrag auf Erteilung einer Gestattung abgelehnt hat, die für die begehrte Tätigkeit oder Maßnahme nicht erforderlich ist, ausnahmsweise das Rechtsschutzbedürfnis für die isolierte Anfechtung besteht (vgl. Wysk, a. a. O. Rn. 85).

II.

Die Klage ist im Haupt- und im Hilfsantrag unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts vom 15. Februar 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zudem hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung bzw. auf entsprechende Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Das Landratsamt hat den Bauantrag auf Einbau eines Darstellungs- und Schaustellereizimmers auf dem Grundstück Fl. Nr. 998/5 zu Recht abgelehnt.

1.1 Das Vorhaben der Klägerin ist baugenehmigungspflichtig. Nach Art. 55 Abs. 1 Hs.1 BayBO bedarf die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen der Baugenehmigung. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin hält sich nicht mehr im Rahmen der baurechtlich zulässigen Wohnnutzung, sondern überschreitet diesen, weshalb eine genehmigungspflichtige, aber nicht genehmigungsfähige Nutzungsänderung gegeben ist.

Die zulässige Art der baulichen Nutzung bestimmt sich vorliegend nach § 30 Abs. 1 BauGB. Das Grundstück Fl. Nr. 998/5 liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 34 „... Straße I“ der Gemeinde ... Der Bebauungsplan wurde am 7. Dezember 1999 von der Gemeinde ... als Satzung beschlossen und wegen eines Ausfertigungsmangels mit Bekanntmachung vom 30. Juli 2015 rückwirkend zum Zeitpunkt des erstmaligen Inkrafttretens am 29. März 2000 in Kraft gesetzt. Rechtliche Bedenken hiergegen bestehen mit Blick auf § 214 Abs. 4 i. V. m. § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB nicht (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 30.7.2012 - 1 ZB 11.1737 - juris Rn. 13 f.); sonstige Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans sind im Übrigen weder vorgetragen noch ersichtlich. Er gilt derzeit in der Fassung der 4. Änderung vom 13. April 2010, die am 14. April 2010 in Kraft getreten ist, und sieht für die Art der baulichen Nutzung auf dem Grundstück der Klägerin ein allgemeines Wohngebiet vor. Nach der textlichen Festsetzung Nummer 0.1.1 bestimmt sich die Art der baulichen Nutzung nach § 4 BauNVO, wobei Ausnahmen gemäß § 4 Abs. 3 BauNVO nicht zulässig sind. Somit ist vorliegend allein § 4 Abs. 2 BauNVO Zulässigkeitsmaßstab für die Art der baulichen Nutzung.

1.2 Nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO sind im allgemeinen Wohngebiet Wohngebäude zulässig. Die Bandbreite des Wohnbegriffs ermöglicht es dabei auch, hierunter einen Telearbeitsplatz oder ein herkömmliches Arbeitszimmer zu fassen. Dies deshalb, weil eine solche Nutzung städtebaulich neben dem Wohnen nicht in Erscheinung tritt und daher die Eigenschaft als Wohnraum nicht infrage stellt. Anders ist die Rechtslage dann, wenn das Arbeitszimmer als betrieblicher Mittelpunkt mit städtebaulich relevanter Außenwirkung, wie Kunden- und Lieferverkehr, genutzt wird. Eine solche Nutzung hat städtebaulich ein eigenständiges Gewicht und überschreitet die Bandbreite des Wohnbegriffs. Wesentlich ist also, ob die Ausübung der beruflichen Tätigkeit dient und dabei auch nach außen in Erscheinung tritt (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB/BauNVO, Stand Mai 2016, § 3 BauNVO Rn. 40 m. w. N.).

Dies zugrunde gelegt, hält sich die mit der beantragten Baugenehmigung verfolgte gewerbliche Tätigkeit der Klägerin (vgl. Betriebsbeschreibungen vom 28.8. und 29.9.2015) nach Auffassung des Gerichts nicht mehr im Rahmen der baurechtlich zulässigen Wohnnutzung, sondern stellt eine im allgemeinen Wohngebiet unzulässige gewerbliche Nutzung dar. Jedenfalls dann, wenn es sich - wie hier - nicht nur um eine gelegentliche, sondern um eine dauerhafte und regelmäßige, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit handelt und die Wohnung gerade auch zum Zweck der Erbringung erotischer bzw. pornographischer Dienstleistungen genutzt wird, und diese Tätigkeit nicht nur geringfügig nach außen hin in Erscheinung tritt, ist die Bandbreite des Wohnbegriffs überschritten. Eine solche Tätigkeit besitzt ein eigenständiges siedlungsstrukturelles Gewicht, was es nicht zulässt, sie bauplanungsrechtlich unter die Nutzungsart des Wohnens fassen.

Bei der insoweit gebotenen, den Regelungen der Baunutzungsverordnung generell zugrunde liegenden typisierenden Betrachtungsweise (vgl. dazu rechtsgrundsätzlich BVerwG, U. v. 7.5.1971 - IV C 76.68 - juris) gehen von der von der Klägerin angestrebten gewerblichen Nutzung Beeinträchtigungen der Wohnruhe und des Wohnfriedens aus, die sich negativ auf das Wohnumfeld auswirken können und mit dem Charakter eines vorwiegend dem Wohnen dienenden Gebietes nicht vereinbar sind. Ob und inwieweit das hier in Rede stehende Vorhaben bereits konkrete Störungen der Wohnruhe und des Wohnfriedens verursacht hat oder zukünftig erwarten lässt, ist angesichts dieser „typisierenden“ Betrachtung unerheblich (vgl. z. B. OVG Rheinland-Pfalz, B. v. 5.1.2004 - 8 B 11983/03.OVG - juris).

Vorliegend ist zunächst in den Blick zu nehmen, dass die Klägerin für die mit dem streitbefangenen Bauantrag (auch) verfolgte Tätigkeit bei der Gemeinde ... am ... April 2015 die Hauptniederlassung des Gewerbes „Schauspielerin und Darstellerin“ auf dem Grundstück Fl. Nr. 998/5 angemeldet hat. Bereits dieser Gewerbeanmeldung nach § 14 Gewerbeordnung (GewO) kommt auch für das Bauplanungsrecht nicht unerhebliche Indizwirkung zu (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 15.11.2012 - 1 ZB 11.1632 - juris Rn. 12). Nach ihren Bekundungen in der mündlichen Verhandlung beabsichtigt die Klägerin Liveaufnahmen im Internet im Rahmen eines Erotikchats aus dem antragsgegenständlichen Zimmer zu übertragen. Sie arbeitet dazu an bis zu fünf Tagen pro Woche jeweils bis zu acht Stunden, auch wenn sie daneben zahlreichen weiteren beruflichen Aktivitäten (Fotoshootings, Filmdrehs, Aufenthalte auf Erotikmessen) im Rahmen ihres Gewerbebetriebs nachgeht. Die Einnahmen aus Provisionen für die Verbreitung des Erotikchats machen etwa 20 bis 25 v. H. der Gesamteinnahmen der Klägerin aus.

Bereits daraus ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass auf dem Grundstück der Klägerin eine mehr als nur gelegentliche, sondern dauerhafte und regelmäßige, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit in bauplanungsrechtlich erheblichem Umfang stattfindet. Dies umso mehr deshalb, weil auf dem Grundstück der Klägerin auch von ihrer Kollegin, Frau V. S., zum ... Mai 2016 ein Gewerbe als „Schauspielerin und Darstellerin“ angemeldet worden ist. Damit verlässt die Nutzung der Wohnräume auf dem Grundstück Fl. Nr. 998/5 den Rahmen dessen, was städtebaulich unter einem Telearbeitsplatz oder einem herkömmlichen Arbeitszimmer verstanden werden kann. Vielmehr handelt es sich um eine gewerbliche Hauptniederlassung, die städtebaulich neben dem Wohnen nicht nur untergeordnete Bedeutung hat.

Bei der maßgeblich anzustellenden typisierenden Betrachtung tritt diese gewerbliche Tätigkeit auch nach außen hin in städtebaulich relevanter Weise in Erscheinung.

Aus den bei den Behördenakten befindlichen Ausdrucken aus dem Internet ergibt sich, dass sowohl die Klägerin unter ihrem Künstlernamen N. H. als auch Frau V. S. unter ihrem Künstlernamen M. E. zu sogenannten Userdrehs einladen, bei denen sich Kunden vor Ort zur Anfertigung von pornographischem Bild- und Filmmaterial einfinden. So wirbt die Klägerin unter dem Portal „...“ mit ihrem Künstlernamen N. H. damit, dass sie als Pornodarstellerin immer neue männliche Amateurdarsteller suche. Als Treffpunkt gibt sie dabei „bei mir“ an. Dazu kommt, dass die Klägerin unter ihrem Künstlernamen N. H. nach Aktenlage am ... April 2016 die sogenannte „...“ veranstaltet hat, für die mit mehrfarbigen, professionell gestalteten Flugzetteln geworben wurde. Bereits damit zeigt sich, dass, jedenfalls bei typisierender Betrachtung, der Gewerbebetrieb der Klägerin auch vor Ort auf Außenwirkung und entsprechende Wahrnehmung in der Nachbarschaft angelegt ist. Dies bestätigt sich zudem in dem Umstand, dass, ebenfalls ausweislich der bei den Akten befindlichen Fotografien, vor dem Gebäude der Klägerin sowie in der näheren Umgebung regelmäßig mit auffälligen Werbeaufdrucken für Internetportale mit pornographischem Inhalt versehene Kraftfahrzeuge parken. Insbesondere die Klägerin selbst wirbt unter ihrem Künstlernamen N. H. unter Verweis auf ihre Homepage mit einem entsprechenden und großen Aufkleber auf ihrem Pkw. Schließlich gibt die Klägerin auch dadurch, dass sie nach eigenem Bekunden das zur Nutzungsänderung nachgesuchte Zimmer durch Milchglasfolie gegen jegliche Einblicke von außen schützt, zu erkennen, dass sie selbst eine entsprechende Abschirmung ihres Gewerbebetriebs nach außen hin für notwendig erachtet. Zudem liegt es nahe, dass die Klägerin, die - wie ausgeführt - vor Ort die Hauptniederlassung ihres Gewerbebetriebs unterhält, die Räumlichkeit auch für persönliche Kontakte mit Geschäftspartnern, insbesondere zu Besprechungen, aber auch gegebenenfalls zu sonstigen gewerblichen Zwecken nutzt.

Aus alledem ergibt sich bei typisierender Betrachtung eine Beeinträchtigung der Wohnruhe und des Wohnfriedens. Bei einer Gesamtbetrachtung der vorstehenden Erkenntnisse überschreitet die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin den Rahmen dessen, was auch nach heutiger Anschauung unter einem Telearbeitsplatz oder einem herkömmlichen Arbeitszimmer in einer Wohnung zu verstehen ist, deutlich. Die zur Genehmigung nachgesuchte gewerbliche Nutzung ist jedenfalls geeignet, eine gewerbliche Betriebsamkeit in das - hier aufgrund der Unzulässigkeit von Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 BauNVO beschränkte - allgemeine Wohngebiet hinein zu tragen, die diesem Gebietstyp gerade fremd ist. Somit kann offen bleiben, ob es in der Vergangenheit aufgrund von Tätigkeiten, die nach den eigenen Bekundungen der Klägerin über das hinausgegangen sind, was Gegenstand der Betriebsbeschreibungen vom 28. August und 29. September 2015 ist, insbesondere im Rahmen des Drehens von pornographischen Filmen zu konkreten Störungen der Wohnruhe und des Wohnfriedens gekommen ist. Ebenso kann offenbleiben, ob solche Störungen zukünftig - aufgrund des mit dieser Beschreibung nunmehr bauantragsgegenständlich zum Ausdruck gebrachten, vor Ort nur eingeschränkten Tätigkeitsumfangs - noch zu erwarten steht.

1.3 Die begehrte Nutzung ist auch nicht auf der Grundlage von § 13 BauNVO genehmigungsfähig. Danach sind Räume für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, in den meisten Baugebieten - namentlich auch in allgemeinen Wohngebieten - zulässig. Die Klägerin geht keinem Beruf im Sinne des § 13 BauNVO nach.

Die Berufsausübung freiberuflich Tätiger ist dadurch gekennzeichnet, dass in unabhängiger Stellung einem unbegrenzten Kreis an Interessenten Dienstleistungen angeboten werden, die vorwiegend auf individuellen geistigen Leistungen oder sonstigen persönlichen Fertigkeiten beruhen (vgl. BVerwG, U. v. 20.1.1984 - 4 C 56.80 - juris). Da der Begriff des „Freiberuflers“ bauplanungsrechtlich nicht gesondert definiert ist, kann insoweit zu seiner Ausfüllung auf die in § 18 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) und § 1 Abs. 2 Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) enthaltenen „Berufekataloge“ zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, a. a. O.; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O. § 13 BauNVO, Rn. 17). Dort wird die freiberufliche Tätigkeit als „selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit“ bzw. als „persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung“ umschrieben und sodann eine Reihe von Berufen, die diese Merkmale erfüllen - und zu denen die Tätigkeiten als Porno-/Erotikdarstellerin bzw. Webcamgirl nicht gehören - im Einzelnen bezeichnet. Diese gewerbliche Tätigkeit stellt auch keine der Freiberuflichkeit gleichgestellte Tätigkeit von Gewerbetreibenden dar. Hinsichtlich der qualitativen Anforderungen setzt eine solche gleichgestellte Tätigkeit zwar nicht zwingend voraus, dass diese auf Grundlage einer besonders qualifizierten Ausbildung betrieben wird (vgl. VGH BW, B. v. 1.8.2005 - 5 S 1117/05 - juris). Gleichwohl bedarf es, auch vor dem Hintergrund des hergebrachten Verständnisses der wesensprägenden Merkmale freier Berufe, eines gewissen, nicht allgemeingültig definierbaren Standards an individueller - namentlich geistiger oder schöpferischer - Qualifikation der Tätigkeit, um den Anwendungsbereich des § 13 BauNVO zu eröffnen; diesem Standard genügt die vorbeschriebene darstellerische Tätigkeit der Klägerin nicht. Sie ist vielmehr als sonstige, „schlichte“ gewerbliche Tätigkeit bzw. Dienstleistung zu qualifizieren, die der Verordnungsgeber durch § 13 BauNVO gerade nicht allgemein zulassen wollte (vgl. BVerwG, U. v. 20.1.1984 - 4 C 56/80 - juris; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O. § 13 BauNVO, Rn. 26).

1.4 Auch die Voraussetzungen einer Befreiung von der Festsetzung des Gebietstyps „Allgemeines Wohngebiet“ in Nummer 0.1.1 des Bebauungsplans Nr. 34 „... Straße I“ liegen nicht vor. Von den Festsetzungen eines Bebauungsplans kann nach § 31 Abs. 2 BauGB nur befreit werden, wenn namentlich die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Die Befreiung zum Zweck der Genehmigung der streitigen Nutzung berührt jedoch die Grundzüge der Planung.

Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 29.7.2008 - 4 B 11.08 - juris). Was dabei zum planerischen Grundkonzept zählt, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-)Planung erforderlich macht (vgl. BVerwG, B. v. 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; B. v. 19.5.2004 - 4 B 35.04 - BRS 67 Nr. 83; U. v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - juris Rn. 37; U. v. 2.2.2012 - 4 C 14.10 - juris Rn. 22). Was den Bebauungsplan in seinen „Grundzügen“, was seine „Planungskonzeption“ verändert, lässt sich nur durch (Um-) Planung ermöglichen und darf nicht durch einen einzelfallbezogenen Verwaltungsakt der Baugenehmigungsbehörde zugelassen werden. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde; hierfür ist ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter engen Voraussetzungen abgesehen werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 9.6.1978 - BVerwG 4 C 54.75 - juris Rn. 27; U. v. 2.2.2012 - 4 C 14/10 - juris Rn. 22 m. w. N.). Von Bedeutung für die Beurteilung, ob die Zulassung eines Vorhabens im Wege der Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, können auch Auswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf mögliche Vorbild- und Folgewirkungen für die Umgebung sein. Eine Befreiung von einer Festsetzung, die für die Planung tragend ist, darf nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. aktuell BayVGH, B. v. 1.4.2016 - 15 CS 15.2451 - juris Rn. 21).

Die Gemeinde ... hat ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt, in dem nur die Nutzungen gemäß § 4 Abs. 2 BauNVO zulässig sind. Zwar ist davon auszugehen, dass auch im Rahmen von § 31 Abs. 2 BauGB Abweichungen von der festgesetzten Art der Nutzung nicht ausnahmslos die Grundzüge der Planung berühren und mithin auf die Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen ist. Allerdings spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass bei einer Abweichung von den für einen qualifizierten Bebauungsplan im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB erforderlichen Mindestvoraussetzungen, also insbesondere den Festsetzungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, die Grundzüge eher berührt sind, als bei der Befreiung von anderen Festsetzungen (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, 7. Aufl. 2013, § 31 Rn. 14). Maßgeblich ist also im Einzelfall darauf abzustellen, ob die Festsetzung, von der eine Befreiung begehrt wird, Bestandteil eines Planungskonzepts ist, dass das gesamte Plangebiet oder doch maßgebliche Teile davon gleichsam wie ein „roter Faden“ durchzieht, so dass eine Abweichung zu weiterreichenden Folgen führt.

Dies zugrunde gelegt, berührt das Vorhaben der Klägerin die Grundzüge der Planung. Die Zulassung der Befreiung würde das Planungskonzept der Gemeinde ..., das im Plangebiet sämtliche Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 BauNVO ausgeschlossen hat und dort eine gewerbliche Betätigung - mit Ausnahme des nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BauNVO insbesondere zur Gebietsversorgung noch zulässigen - möglichst umfänglich vermeiden will, erheblich beeinträchtigen und den entsprechenden planerischen „roten Faden“ im Plangefüge an der zentralen Stelle der Art der baulichen Nutzung gefährden.

Die Klägerin beabsichtigt sich auf dem Grundstück Fl. Nr. 998/5 - auch zusammen mit einer weiteren Erotikdarstellerin - als Webcamgirl im Rahmen von Erotikchats mit Bildübertragung im Internet gewerblich zu betätigen. Zudem unterhält sie vor Ort die Hauptniederlassung ihres Gewerbebetriebs als „Schauspielerin und Darstellerin“. Diese Nutzung ist, wie bereits ausgeführt, geeignet, gewerbliche Tätigkeiten in einem ganz überwiegend dem Wohnen dienenden Gebietstyp zuzulassen, die diesem typischerweise fremd sind. Wie vorstehend ausgeführt, weist die beantragte Nutzung ihrer Art und ihrem Umfang nach Störungspotential auf, das den Wohnfrieden und die Wohnruhe bei typisierender Betrachtung zu beeinträchtigen geeignet ist. Es kommt dabei nicht entscheidend darauf an, dass, wie die Betriebsbeschreibung ausführt, weder Lärm- noch Lichtemissionen, die vom Vorhaben herrühren, in der Nachbarschaft zu erwarten stehen. In Anbetracht der konkreten Ausgestaltung des Betriebs der Klägerin liegt es nahe, dass auch zukünftig im Zusammenhang mit dem gewerblichen Erotikchat und den sonstigen von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen im (pornographischen) Erotikgewerbe Tätigkeiten erfolgen werden, die aufgrund ihrer Außenwirkung einem Wohngebiet fremd sind. Es ist sonach nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt, insbesondere unter Bezugnahme auf die Verweigerung des Einvernehmens durch die Gemeinde … im Beschluss ihres Gemeinderats vom 14. Juli 2015, die beantragte Befreiung nicht erteilt hat. Zwar haben Landratsamt und Gemeinde maßgeblich auf die Würdigung der nachbarlichen Interessen und dabei wesentlich auf die Störung der Nachbarschaft im Rahmen der früheren (uneingeschränkten) Tätigkeit der Klägerin, insbesondere auf das Drehen von pornographischen Filmen und den dabei entstandenen Wohnunfrieden in der Nachbarschaft, abgestellt. Dies ist aber unerheblich, da die Befreiung nach Auffassung der Kammer, wie ausgeführt, tatbestandlich bereits daran scheitert, dass das Vorhaben Grundzüge der Planung berührt.

2. Auch die unter Nummer 2 des streitbefangenen Bescheids des Landratsamts verfügte Nutzungsuntersagung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Wie vorstehend ausgeführt erweist sich das antragsgegenständliche Bauvorhaben als nach Art. 55 Abs. 1 Hs. 1 BayBO genehmigungspflichtig und als nach §§ 30,31 BauGB i. V. m. § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO bauplanungsrechtlich nicht zulassungsfähig. Vor diesem Hintergrund konnte das Landratsamt nach Art. 76 Satz 2 BayBO nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. Art. 40 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz - BayVwVfG) eine entsprechende Nutzungsuntersagung gegen die Klägerin aussprechen. Das Landratsamt hat seine Ermessenserwägungen im streitbefangenen Bescheid in ausreichender Weise begründet (Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG). Insbesondere hat es dabei auch erkannt, dass Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ein Verbot der nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung bei der Anordnung von Nutzungsuntersagungen zu entnehmen ist. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Landratsamt den sachlichen Grund zur Differenzierung insbesondere darin gesehen hat, dass die von der Klägerin beantragte Nutzung sowohl von der Gemeinde … als auch von dem benachbarten Grundstückseigentümern als Störung empfunden wurde, während dies bei den weiteren im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 34 „… Straße I“ befindlichen Büros und Betriebsstätten nicht der Fall war. Zudem hat das Landratsamt sämtliche ihm bekannten und benannten Büros- und Betriebsstätten im Geltungsbereich des o.g. Bebauungsplans geprüft und dies zum Gegenstand seiner weiteren entsprechenden Erwägungen gemacht (vgl. im Einzelnen Schriftsatz vom 9.8.2016, Seite 6 ff.). Die Überprüfungen des Landratsamts haben ergeben, dass diese Fälle mit dem der Klägerin nicht vergleichbar sind und derzeit kein Einschreiten gebieten. Die Klägerin wird mithin nicht in rechtswidriger Weise ungleich behandelt. Das Landratsamt konnte hinsichtlich der übrigen Büros und Betriebsstätten in dem Wohngebiet zutreffend von einem Einschreiten absehen.

3. Die in Nummer 3 des Bescheides erlassene Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 und 2, Art. 36 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrens- und Zustellungsgesetz (VwZVG). Die Anfechtungsklage bleibt auch insoweit ohne Erfolg, da von Rechts wegen nicht gegen diese Androhung zu erinnern ist (vgl. Art. 38 Abs. 1 Satz 2 VwZVG).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Zwangsgeldandrohung hinreichend bestimmt. Sie ist so formuliert, dass für die Klägerin ausreichend klar wird, unter welchen Voraussetzungen ein Zwangsgeld fällig wird. Das Zwangsgeld wurde für den Fall angedroht, dass die gewerbliche Nutzung auf dem Grundstück Fl. Nr. 998/5 nicht innerhalb einer Woche nach Eintreten der Bestandskraft zum Zwecke für Erotikchats und zur Produktion erotischen Bild- und Fotomaterials eingestellt wird. Damit ist noch hinreichend klar formuliert, dass das Zwangsgeld auch für den Fall fällig wird, dass zumindest eine Form der genannten erotischen bzw. pornographischen gewerblichen Nutzung nach Fristablauf (noch oder wieder) ausgeübt wird.

Die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes im Hinblick auf eine Mehrzahl unterschiedlicher Verpflichtungen ist dann nicht hinreichend bestimmt, wenn nicht erkennbar ist, für den Verstoß gegen welche Handlungspflicht ein Zwangsgeld in welcher Höhe angedroht ist (vgl. Art. 36 Abs. 3 Satz 1 VwZVG). Eine Androhung zur Durchsetzung mehrerer Verpflichtungen muss erkennen lassen, ob sie sich auf Verstöße gegen jede einzelne Verpflichtung bezieht oder nur auf Verstöße gegen alle Verpflichtungen zugleich. Sie muss also mit anderen Worten „pflichtenscharf“ ausgestaltet sein. Erfolgt die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes für den Fall der Nichterfüllung an sich selbstständiger Pflichten, unterliegt dies jedoch unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit keinen Bedenken, wenn zwischen den Pflichten ein enger Sachzusammenhang besteht und sich die einzelnen Pflichten solchermaßen als eine Einheit darstellen. Hiervon kann vorliegend auch unter Berücksichtigung der Formulierung der Nummer 3 des Bescheides ausgegangen werden (vgl. z. B. VG Augsburg, B. v. 10.7.2013 - Au 5 S 13.670 - juris Rn. 54).

4. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf Euro 7.500.- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG -).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Juni 2004 - 2 K 3893/03 - werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten der Berufungsverfahren einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen einen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart, der auf den Widerspruch der Beigeladenen eine den Klägern von der Stadt Gerlingen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Bürogebäudes mit Garagen und Stellplätzen auf dem Grundstück ... ..., Flst.-Nr. 6385 der Gemarkung Gerlingen, aufgehoben hat.
Die Kläger sind Eigentümer des derzeit im mittleren Bereich mit einem Wohngebäude und im vorderen Bereich mit Garagen bebauten Grundstücks ... .... Das Baugrundstück befindet sich im nicht überplanten Innenbereich. Westlich schließt sich der Bebauungsplan „Hägnach“ der Stadt Gerlingen vom 9.12.1966 an, der für die auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegenden Grundstücke sowie das sich in nördlicher Richtung hieran anschließende Baugebiet ein reines Wohngebiet (WR) festsetzt. In nordöstlicher Richtung schließt an das Baugrundstück der Bebauungsplan „Teuremertal“ der Stadt Gerlingen vom 1.4.1987 an, der ein allgemeines Wohngebiet (WA) festsetzt. Bei dem T-weg handelt es sich um eine schmale Sackgasse ohne Wendemöglichkeit, die in den angrenzenden Wald der Stadt Gerlingen (Distrikt II Hägnach) führt. Auf beiden Seiten des T-wegs steigt das Gelände im Bereich des Bauvorhabens steil an.
Am 27.12.2000 beantragten die Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für den Abbruch der bestehenden Garagen im vorderen Bereich ihres Flurstückes sowie den Neubau eines Bürogebäudes mit Garage und 5 Stellplätzen. Das Bürogebäude soll für die Kanzlei der als Rechtsanwältin tätigen Klägerin zu 1 sowie für die überregional tätige Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkanzlei des Klägers zu 2 mit insgesamt 7 Beschäftigten genutzt werden. Es soll zweigeschossig mit einer Nutzfläche von 194,14 m² errichtet werden, wobei das obere Geschoss zurückversetzt geplant ist; die Dachflächen sollen begrünt werden. In der Anlage gemäß § 7 Abs. 2 LBOVVO wurde u.a. angegeben: „Es wird keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt (Freiberufler)“.
Im Baugenehmigungsverfahren erhoben 27 Anwohner des T-wegs Einwendungen. Sie trugen im Wesentlichen vor, das Vorhaben sei in dem faktisch reinen Wohngebiet als Bürogebäude unzulässig, es sei zudem in der Vorgartenfläche geplant und führe auf Grund des zu geringen Abstands zu einer Wertminderung des benachbarten Grundstücks. Auch entstehe eine verkehrsrechtlich kritische Situation, weil die Sackgasse ohne Wendemöglichkeit sei. Insgesamt stelle das Vorhaben einen Fremdkörper in der Umgebung dar und füge sich hier nicht ein. Die Kläger stellten daraufhin mit Schriftsatz vom 25.8.2001 die spezifische Situation ihrer Kanzleien dar. Sinngemäß führten sie aus, dass das geplante Bürogebäude auf Grund der Spezialisierung der Klägerin zu 1 auf die Beratung von über ganz Deutschland verstreuten Leasinggesellschaften sowie der Tätigkeit des Klägers zu 2 bei der Beratung und Prüfung von Industrieunternehmen überwiegend an deren Unternehmenssitzen keine Unruhe in das Wohngebiet bringen werde. Eine Stellplatzproblematik für Pkw sei nicht vorstellbar. Das geplante Gebäude füge sich im Übrigen aufgrund der spezifischen Hangbaulage ohne weiteres in die Umgebungsbebauung ein.
Am 5.11.2002 unterzeichneten die Kläger gegenüber der Stadt Gerlingen folgende „Baulast-Übernahmeerklärung nach § 71 LBO“: „Im Gegenzug zu der Genehmigung des Neubaus eines Bürogebäudes<…> gehen wir gegenüber der Baurechtsbehörde folgende öffentlich-rechtliche Verpflichtung ein: Wir verpflichten uns, die Nutzung des neu zu erstellenden Bürogebäudes auf die Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu beschränken und diese Nutzung lediglich in Zusammenhang mit der Wohnnutzung im bestehenden Gebäude Nr. ... auf demselben Grundstück auszuüben. <…> Es ist bekannt, dass die Baulast auch gegenüber Rechtsnachfolgern wirksam ist“.
Mit Bescheid vom 11.11.2002 erteilte die Stadt Gerlingen den Klägern die begehrte Baugenehmigung. Hiergegen legte die Beigeladene als Eigentümerin des südlich angrenzenden Grundstücks ... ..., Flst.-Nr. 6386, Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.8.2003 hob das Regierungspräsidium Stuttgart hierauf die Baugenehmigung auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Baugenehmigung sei objektiv rechtswidrig und verletze die Beigeladene in ihren subjektiven Rechten. Im zu Gunsten der Kläger nur als allgemeines Wohngebiet eingestuften Baugebiet sei für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 4 und 13 BauNVO allein die Genehmigung von „Räumen“ zulässig; keine Genehmigungsfähigkeit bestehe dagegen hinsichtlich ganzer Gebäude. Als Spezialgesetz verdränge § 13 BauNVO die ausnahmsweise zulässige Nutzung gemäß § 4 Abs. 3 BauNVO. Auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB scheide aus; weder sei hier die Genehmigung eines reinen Bürogebäudes noch dazu „in zweiter Baureihe“ städtebaulich vertretbar noch führe die Ablehnung dieses Bauvorhabens zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte.
Dem traten die Kläger mit ihren am 25.9.2003 erhobenen Klagen entgegen. Das Regierungspräsidium habe nicht hinreichend bewertet, dass ein ursprünglich beabsichtigter unmittelbarer Anbau der für die Büronutzung notwendigen Räume an das Wohngebäude an der extremen Hanglage scheitere, die speziell auf dem klägerischen Grundstück gegeben, d.h. letztlich in der unmittelbaren Umgebung nirgendwo so ausgeprägt sei. Die geplante Büronutzung liege nach dem Bauantrag deutlich unter 50 % der Gesamtnutzungsfläche des Grundstückes. In Verbindung mit der übernommenen Baulast sei das Bauvorhaben deshalb rechtmäßig von der Stadt Gerlingen genehmigt worden. Durch die Baulast sei sichergestellt, dass eine vom Wohnen unabhängige Nutzung des Bürogebäudes auf Dauer unmöglich sei. Dem Sinngehalt des § 13 BauNVO sei damit ausreichend Rechnung getragen. Jedenfalls aber sei das Vorhaben ausnahmsweise zulässig entsprechend der Regelung des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO hinsichtlich sonstiger nicht störender Gewerbebetriebe. Schließlich müsse zumindest gemäß § 31 BauGB eine Befreiung erteilt werden, weil in dem Gebiet bereits Gebäude in zweiter Reihe vorhanden seien. Nachbarliche Belange, wie etwa die Störung der Wohnruhe, seien in keinem Fall beeinträchtigt.
Nach Einnahme eines Augenscheins wies das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klagen mit Urteil vom 9.6.2004 - 2 K 3893/03 - ab. Entsprechend § 115 VwGO seien die gegen den erstmalig belastenden Widerspruchsbescheid erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen zulässig, jedoch nicht begründet. Da die Beigeladene durch die Baugenehmigung in nachbarschützenden Rechten verletzt werde, habe das Regierungspräsidium die von der Stadt Gerlingen erteilte Baugenehmigung rechtmäßig durch Widerspruchsbescheid aufgehoben. Die Baugenehmigung verstoße gegen den über § 34 Abs. 2 BauGB anwendbaren § 13 BauNVO. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche zumindest einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO. Gemäß § 13 BauNVO seien hier für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger nur „Räume“ zulässig, woran es hier fehle. Denn das vorhandene Wohngebäude der Kläger könne mit dem geplanten Bürogebäude nicht als Einheit bewertet werden. Die §§ 13, 4 BauNVO wollten - generell - verhindern, dass in einem allgemeinen Wohngebiet durch eine zu starke freiberufliche Nutzung die planerisch unerwünschte Wirkung einer Zurückdrängung der Wohnnutzung und damit eine zumindest teilweise Umwidmung des Plangebiets eintrete. Auch die auf Veranlassung der Stadt Gerlingen ins Baulastenbauch eingetragene Baulast führe nicht zur Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens. Bei der gebotenen abstrakten Betrachtungsweise bleibe der Gebietscharakter für das einzelne Gebäude hier dennoch nicht gewahrt. Hinzu komme, dass erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der bestellten Baulast bestünden. Das Bauvorhaben könne auch nicht als sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb gemäß § 4 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise genehmigt werden. Insoweit scheitere die Genehmigungsfähigkeit jedenfalls an § 15 BauNVO. Auch könnten die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen eine Befreiung zustehe. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung könnten Befreiungen nur unter strengen Voraussetzungen erteilt werden, die hier nicht gegeben seien. Wegen der Unzulässigkeit des Bauvorhabens nach § 13 BauNVO könne im Übrigen offen bleiben, ob auch der Standort des Bauvorhabens „in zweiter Reihe“ auf dem Grundstück bzw. eine Überschreitung des Maßes der baulichen Nutzung geeignet gewesen wären, dem Widerspruch der Beigeladenen zum Erfolg zu verhelfen.
10 
Auf Antrag der Kläger hat der Senat mit Beschluss vom 13.1.2005 die Berufungen wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen.
11 
Die Kläger beantragen,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9.6.2004 - 2 K 3893/03 - zu ändern, den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.8.2003 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, mittels eines neuen Widerspruchsbescheids den Widerspruch der Beigeladenen gegen die Baugenehmigung der Stadt Gerlingen vom 11.11.2002 zurückzuweisen.
13 
Zur Begründung machen sie geltend, ihnen stehe ein Anspruch auf die erteilte Baugenehmigung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauGB zu. § 13 BauNVO könne dem nicht entgegengehalten werden, weil auf dem Baugrundstück zwei Gebäude zulässig seien und hier eine freiberufliche Nutzung bis zu einer Grenze von etwa 50 % der Fläche erlaubt werden müsse. Zwar stelle der Wortlaut des § 13 BauNVO für allgemeine Wohngebiete auf „Räume“ ab; von der städtebaulichen Zielsetzung her könne dies aber nur so verstanden werden, dass es darum gehe, eine freiberufliche Nutzung auf einem Grundstück nicht überwiegen zu lassen. Dies werde hier durch die übernommene Baulast gesichert. Im Übrigen werde die abstrakte Betrachtungsweise des Verwaltungsgerichts der konkreten Grundstückssituation nicht gerecht. Für Sinn und Zweck des § 13 BauNVO könne nicht entscheidend sein, ob die nicht mehr als hälftige Nutzung für freiberufliche Zwecke in einem zusammengebauten Gebäude stattfinde oder aber in zwei unmittelbar aneinander grenzenden Gebäuden eines Grundstücks, deren gemeinsame Nutzung gesichert sei. Die Zweifel des Verwaltungsgerichts, der bezweckte Schutz könne möglicherweise durch eine genehmigungsfreie Teilung des Grundstücks umgangen werden, sei nicht gerechtfertigt. Die Baulast solle nicht die grundsätzliche Beschränkung der freiberuflichen Nutzung auf dem Grundstück umgehen. Vielmehr gehe es ausschließlich darum, die grundsätzlich zulässige freiberufliche Nutzung auf dem Grundstück sinnvoll zu verteilen. Die Baulast sei rechtmäßig, weil hierfür ein Bedürfnis für die Sicherung der Übernahme öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen genüge. Das Vorhaben könne im Übrigen gemäß § 4 Abs. 3 BauNVO als sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb auch in Bereichen genehmigt werden, die nicht bereits nach § 13 BauNVO privilegiert seien, also beispielsweise als eigenständiges Gebäude. Ohnehin finde die Unterscheidung zwischen Gewerbe und Freiberuflichkeit in der Rechtsordnung immer weniger Anhaltspunkte, zumal sich diese Unterschiede etwa auf Grund von steuer- und europarechtlichen Einflüssen aufweichen würden. Auch § 15 BauNVO könne hier nicht entgegen gehalten werden. Ansonsten könnte im Wohngebiet letztlich nie ein sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb ausnahmsweise zugelassen werden. § 13 BauNVO habe hinsichtlich der §§ 2 bis 4 BauNVO ausschließlich Bedeutung als Zulässigkeitserweiterung. Da der geplante Betrieb weder erheblichen Zu- und Abfahrtsverkehr noch sonstige Störungen auslöse, seien auch die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Zulassung im Einzelfall gegeben. Vorsorglich sei zudem ein Antrag auf Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB gestellt worden, dem in jedem Falle entsprochen werden müsse. Nur deshalb, weil der An- oder Ausbau aus technischen und geländebedingten Gründen hier nicht möglich sei, verändere sich weder der Störungsgrad noch die grundsätzliche planungsrechtliche Einordnung. Von einem Eingriff in die Grundzüge der Planung könne mithin nicht ausgegangen werden. Jedenfalls seien die Voraussetzungen einer unbeabsichtigten Härte, die aus der Grundstückssituation resultierten, gegeben. Das erstinstanzliche Urteil könne keinen Bestand haben.
14 
Das beklagte Land und die Beigeladene beantragen,
15 
die Berufungen zurückzuweisen.
16 
Zur Begründung machen sie geltend, dass die Berufsausübung freiberuflich Tätiger nach dem klaren Wortlaut des § 13 BauNVO nur in Räumen und nicht in eigenständigen Gebäuden zulässig sei. Hieran ändere auch die Baulast nichts, die kein Rechtsinstitut sei, mit dem planungsrechtlich verbindliche Festsetzungen verdrängt werden könnten. Eine Ausnahme nach § 4 Abs. 3 BauNVO scheitere jedenfalls daran, dass hier ein Eingriff in die Grundzüge der Planung erfolgen würde. Aus diesem Grund sei auch eine Befreiung nicht möglich. Die Errichtung des geplanten Bürogebäudes führe zu einer Bebauung „in zweiter Reihe“, die im Widerspruch zur Eigenart der näheren Umgebung stünde. Entsprechende Bebauungen gebe es bislang nicht und zwar weder hinsichtlich des Anbaus bei dem Gebäude ... ... noch bei den Reihenhäusern der Gebäude ... X bis X. Hinsichtlich der Baulast sei noch auszuführen, dass diese die bundesrechtlichen Voraussetzungen der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens nur sichern, nicht aber verändern könne. Der bundesrechtliche Begriff der „Räume“ in § 13 BauNVO könne mithin durch die von den Klägern unterzeichnete Baulast nicht modifiziert werden. Das Vorliegen einer Baulast reiche auch nicht alleine aus, um die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB bejahen zu können. Diese lägen gerade nicht vor, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sei nicht einschlägig, weil es sich bei der freiberuflichen Tätigkeit der Kläger nicht um einen sonstigen nicht störenden „Gewerbebetrieb“ handele. Auch liege keine grundstücksbezogene Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor; nach wie vor werde bestritten, dass auf Grund der topographischen Verhältnisse weder eine teilweise Umnutzung des sich auf dem Grundstück befindlichen Wohngebäudes noch ein Anbau bzw. eine Erweiterung möglich seien. Das Vorbringen der Gegenseite sei diesbezüglich unsubstantiiert.
17 
Unter dem 2.11.2004 haben die Kläger einen weiteren Bauantrag zum Neubau eines „Wohnhauses mit Büroanteil“ eingereicht. Hiernach soll im bisherigen Wohngebäude das obere Geschoss als Rechtsanwaltsbüro umgenutzt werden; der Wohnbereich der Kinder soll dafür in das neue - äußerlich mit dem streitbefangenen Gebäude weitgehend identische - Gebäude verlegt werden, das im Übrigen für den Bürobereich Steuerberatung/Wirtschaftsprüfung vorgesehen ist. Auch hiergegen hat die Beigeladene am 17.12.2004 Einwendungen erhoben. Bei der vorgenommenen Änderung der Nutzungsbezeichnung handele es sich um eine offensichtliche Kaschierung der tatsächlich beabsichtigten Nutzung als reines Bürogebäude. Das Vorhaben sei zudem als Vorhaben „in zweiter Reihe“ außerhalb der Baulinie unzulässig; dies gebe die Umgebungsbebauung nicht her. Der Technische Ausschuss der Stadt Gerlingen stimmte dem Bauvorhaben in seiner Sitzung am 30.5.2005 gemäß §§ 34, 36 BauGB zu, weil sich das Gebäude in die nähere Umgebung einfüge. Mit Schreiben vom 8.6.2005 wurde hiervon das Regierungspräsidium Stuttgart informiert mit der Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen, die bislang (nach Aktenlage) nicht abgegeben wurde.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die dem Senat vorliegenden Akten der Stadt Gerlingen, des Regierungspräsidiums Stuttgart und des Verwaltungsgerichts Stuttgart sowie die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufungen sind nach ihrer Zulassung im Beschluss des Senats vom 13.1.2005 - 3 S 2353/04 - statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere sind die Anforderungen des § 124 a Abs. 3 VwGO erfüllt.
20 
Die Berufungen sind jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für den Neubau des von ihnen geplanten Bürogebäudes. Das Regierungspräsidium hat auf den Widerspruch der Beigeladenen zu Recht die den Klägern von der Stadt Gerlingen erteilte Baugenehmigung aufgehoben, denn die Beigeladene wird durch diese Baugenehmigung in nachbarschützenden Rechten verletzt:
21 
1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die den Klägern erteilte Baugenehmigung gegen die über § 34 Abs. 2 BauGB anwendbaren §§ 4 und 13 BauNVO verstößt. Die baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Kläger beurteilt sich nach § 34 BauGB, weil das Baugrundstück nicht vom Geltungsbereich eines Bebauungsplans erfasst wird. Gemäß § 34 Abs. 2 BauGB beurteilt sich damit die Zulässigkeit eines Vorhabens hinsichtlich seiner Art allein danach, ob es nach der BauNVO in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre, dem die Eigenart der näheren Umgebung entspricht. Auf Grundlage der verschiedenen in den Akten enthaltenen Pläne sowie Fotografien geht auch der Senat zu Gunsten der Kläger davon aus, dass die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks zumindest einem allgemeinen Wohngebiet entspricht. Gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 2 BauNVO sind dort demnach allgemein zulässig nur: Wohngebäude (Nr. 1), der Versorgung des Gebiets dienende Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe (Nr. 2) und Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Nr. 3). Nach Absatz 3 der Norm können dort ausnahmsweise zugelassen werden: Betriebe des Beherbergungsgewerbes (Nr. 1), sonstige nicht störende Gewerbebetriebe (Nr. 2), Anlagen für Verwaltungen (Nr. 3), Gartenbaubetriebe (Nr. 4) und Tankstellen (Nr. 5).
22 
Das streitbefangene Vorhaben entspricht hinsichtlich seiner Art keinem dieser im allgemeinen Wohngebiet zulässigen Anlagen. Laut ihrem Baugesuch planen die Kläger den Neubau eines „Bürogebäudes mit Garage und Stellplätzen“. Ein reines Bürogebäude ist insbesondere kein „Wohngebäude“ im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO. In diesem Sinne sind Wohngebäude, einmal abgesehen von den nach § 13 BauNVO zulässigen (Teil-)Nutzungen, nur ausschließlich dem Wohnen dienende Gebäude.
23 
2. Das Bauvorhaben kann aber auch nicht unter Berufung auf § 13 BauNVO genehmigt werden. Hiernach sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 BauNVO, also sowohl im reinen als auch im allgemeinen Wohngebiet, für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlich Art ausüben, nur „Räume“, hingegen in den Baugebieten gemäß §§ 4 a bis 9 BauNVO auch „Gebäude“ zulässig. § 13 BauNVO enthält damit für die typisierten Baugebiete eine baugebietsübergreifende Regelung über die Zulässigkeit der Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben. Hinsichtlich der Baugebiete nach den §§ 2 bis 4 BauNVO wird ergänzend, aber nicht ersetzend, angeordnet, inwieweit u.a. freiberufliche Nutzungen (nur) in den dort allgemein bzw. ausnahmsweise zulässig errichteten Gebäuden möglich sind. Bezogen auf die Geschossfläche des jeweiligen Gebäudes soll die freiberufliche Nutzung - faustregelartig - einen Anteil von 50 % und den nur einer Wohnung grundsätzlich nicht übersteigen, damit das Gesamterscheinungsbild des Gebäudes von der im Übrigen ausgeübten Wohnnutzung geprägt bleibt (vgl. Jäde u.a., BauGB/BauNVO, 2005, § 13 BauNVO, Rn. 14, m.w.N.). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, soll hierdurch verhindert werden, dass insbesondere im Wohngebiet durch eine zu starke freiberufliche Nutzungsweise - generell - die planerisch unerwünschte Wirkung einer Zurückdrängung der Wohnnutzung eintreten kann und damit die zumindest teilweise Umwidmung des Plangebiets. § 13 BauNVO schützt vor der städtebaulich unerwünschten Verdrängung der primären Wohnnutzung und stellt insoweit auf eine abstrakte Betrachtungsweise ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.1.1985 - 4 C 34.81 -, VBlBW 1985, 382).
24 
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 13 BauNVO steht auch diese Norm dem selbständigen Bürogebäude der Kläger zur freiberuflichen Berufsausübung entgegen. Die Sperrwirkung des § 13 BauNVO kann nicht dadurch relativiert werden, dass als Bezugsgröße das jeweilige Baugrundstück gewählt wird. Nach dem auch insoweit hinreichend eindeutigen Wortlaut des § 13 BauNVO wird vielmehr zwischen Räumen und Gebäuden unterschieden. In den Baugebieten nach den §§ 4 a bis 9 BauNVO sind Gebäude, in denen nach §§ 2 bis 4 BauNVO dagegen nur Räume in Gebäuden und nicht „auf Grundstücken“ für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger nutzbar. Die von den Klägern vorgenommene entgegen gesetzte Auslegung würde zudem den von der Norm bezweckten Gebietscharakterschutz leer laufen lassen und damit auch gegen ihren Sinn und Zweck verstoßen.
25 
3. Auch die von den Klägern erklärte Baulast macht aus dem streitgegenständlichen reinen Bürogebäude kein im allgemeinen Wohngebiet zulässiges „Wohngebäude“. Eine in diesem Sinne eintretende baurechtliche Verklammerung des Gebäudes mit dem auf dem Grundstück schon bestehenden Wohnhaus kann nicht angenommen werden, denn durch die Baulast verliert das Bürogebäude nicht seinen Charakter als eigenständiges Gebäude. Dem in § 2 bis § 9 BauNVO jeweils enthaltenen Zulässigkeitskatalog lässt sich entnehmen, dass der Gebäudebegriff als Unterfall von dem allgemeinen Begriff der (baulichen) Anlage mit umfasst wird, auf den insbesondere auch § 29 BauGB abstellt. Hieraus folgt einerseits, dass unselbständige Teile einer baulichen Anlage nicht als Gebäude qualifiziert werden können. Andererseits folgt hieraus, dass als Abgrenzungsmerkmal auf das Kriterium der selbständigen Benutzbarkeit abzustellen ist. Für den Gebäudebegriff im bauplanungsrechtlichen Sinne ist somit erforderlich und genügend, dass eine jedenfalls tatsächlich unabhängig von sonstigen baulichen Anlagen mögliche Nutzung gegeben ist. Diese funktionale Selbständigkeit wird dabei auch durch eine etwaige bauliche Verbindung mit anderen Gebäuden oder Anlagen nicht in Frage gestellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.12.1995 - 4 B 245.95 -, BauR 1996, 219).
26 
Nach diesen Grundsätzen würde das geplante Bürogebäude seine selbständige Benutzbarkeit und Gebäudeeigenschaft nicht dadurch verlieren, dass es, etwa durch einen Gang, mit dem Wohnhaus der Kläger baulich verbunden würde. Noch viel weniger kann es seine selbständige tatsächliche Benutzbarkeit dadurch verlieren, dass seine Nutzung mittels einer Baulast rechtlich mit der Wohnnutzung im bestehenden Gebäude Nr. ... verknüpft wird. Auf die Frage der Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der bestellten Baulast kommt es damit nicht entscheidungserheblich an. Das Verwaltungsgericht hat insoweit allerdings zutreffend dargelegt, dass es hier wohl schon an einem öffentlichen Interesse im Sinne des § 71 Abs. 3 Satz 2 LBO fehlt, so dass von der Baurechtsbehörde zwingend der Verzicht zu erklären wäre. Zu Recht wurde weiter ausgeführt, dass die Baulast kein Rechtsinstitut ist, mit dem planungsrechtlich verbindliche Festsetzungen verdrängt, aufgehoben oder verändert werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.4.2002 - 2 S 2239/00 -, BWGZ 2002, 486). Nicht ersichtlich ist zudem, warum die in der Baulast erklärten Verpflichtungen hier nicht später im Wege einer genehmigungsfreien Teilung des Grundstücks umgangen werden könnten.
27 
4. Das Bürogebäude kann auch nicht ausnahmsweise gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als „sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb“ zugelassen werden, denn die Kläger betreiben keinen Gewerbebetrieb. Auch wenn ihr Vortrag als wahr unterstellt wird, auf Grund steuer- und europarechtlicher Einflüsse verwische sich zunehmend die Unterscheidung zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden, zwingt dies in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nicht zur Aufgabe der entsprechenden Differenzierung. Wie gerade die §§ 4 und 13 BauNVO zeigen, unterscheidet der Verordnungsgeber bauplanungsrechtlich nach wie vor zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit. Die Frage, ob diese Unterscheidung etwa im Hinblick auf ein heute möglicherweise generell nicht mehr wesentlich unterschiedliches Störungspotential der Tätigkeiten noch gerechtfertigt ist, fällt nicht in den Entscheidungsbereich des Senats.
28 
Das Vorhaben der Kläger könnte im Übrigen im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO selbst dann nicht als „Gewerbebetrieb“ eingestuft werden, wenn die Kanzleien etwa in der Rechtsform einer GmbH oder AG betrieben würden. Die Einstufung als freiberufliche Tätigkeit im Sinne der BauNVO hängt nicht von der jeweils gewählten Rechtsform ab (so auch OVG Hamburg, Urteil vom 19.12.1996 - Bf II 46/94 -, ). Denn die Wahl einer bestimmten Rechtsform hebt die Charakteristika der freiberuflichen Tätigkeit, bei der Dienstleistungen persönlich und eigenständig erbracht werden und die Betreffenden ihre individuellen Eigenleistungen in der Regel in unabhängiger Stellung erbringen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.1.1984, E 68, 324), nicht auf.
29 
Das geplante Bürogebäude der Kläger ist auch nicht als „Anlage für Verwaltungen“ gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig. Zwar beschränken sich Anlagen für Verwaltungen in diesem Sinne nicht auf öffentliche Verwaltungen, sondern umfassen auch private Einrichtungen solchen Charakters (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 28.5.2001 - 9 N 1626/96 -, BauR 2002, 1134). Auch insoweit sind aber die durch den Gebietscharakter gezogenen Grenzen zu beachten; im allgemeinen Wohngebiet gebietsunverträglich und so auch nicht ausnahmsweise zulässig ist daher ein Gebäude, das nach seiner Ausgestaltung und Funktionalität einem Büro- oder Verwaltungsgebäude nahe kommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.2.2000 - 4 B 1.00 -, BRS 63, Nr. 102 <2000>).
30 
Ist das von den Klägern geplante streitbefangene Bürogebäude gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 2 und 3 BauNVO weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig, kommt es auf die aufgeworfene Frage, ob auch § 15 Abs. 1 BauNVO dem Vorhaben entgegenstünde, nicht an. Es kann offen bleiben, ob das Bürogebäude als Bebauung hier „in erster Reihe“ der Eigenart des Baugebietes widersprechen würde bzw. ob von ihm Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Gebietes im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Der Senat hatte auch insoweit keinen hinreichenden Anlass, den von den Klägern angeregten Augenschein einnehmen. Das unter dem 2.11.2004 von den Klägern weiter gestellte Baugesuch für den Neubau eines „Wohnhauses mit Büroanteil“, dem nach den vorgelegten Unterlagen insbesondere der prozentuale Anteil der Büronutzung nicht eindeutig entnommen werden kann und das - nach Aktenlage - hinsichtlich der Bebauung „in erster Reihe“ problematisch sein könnte, ist nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens.
31 
5. Schließlich scheidet eine Befreiung entsprechend § 31 Abs. 2 BauGB aus. Hiernach kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern (Nr. 1) oder wenn die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Wie das Verwaltungsgericht auch insoweit zutreffend dargelegt hat, läge bei der Genehmigung eines reinen Bürogebäudes im allgemeinen Wohngebiet ein Eingriff in die Grundzüge der Planung im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB vor. Wie dargelegt, widersprechen reine Bürogebäude freiberuflich Tätiger dem Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets. Auch über § 31 Abs. 2 BauGB kann die städtebaulich unerwünschte Verdrängung der primären Wohnnutzung nicht legitimiert werden. Damit kommt es nicht darauf an, ob eine Abweichung hier im Sinne von Nr. 2 der Norm städtebaulich vertretbar wäre oder ob im Sinne von Nr. 3 der Norm auf Grund der ungünstigen Topografie des Grundstückes eine offenbar nicht beabsichtigte Härte herbeigeführt würde.
32 
6. Die Genehmigung des streitbefangenen reinen Bürogebäudes würde mithin gegen § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 4 und 13 BauNVO verstoßen. Wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann ein Verstoß gegen § 13 BauNVO von einem Nachbarn grundsätzlich unabhängig davon abgewehrt werden, ob er durch die freiberufliche Nutzung unzumutbar beeinträchtigt wird. Der Nachbarschutz beruht hier auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer im gleichen Plangebiet im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden sind. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundeigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Ein Rückgriff auf § 15 Abs. 1 BauNVO erübrigt sich damit auch insoweit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.12.1995 - 4 B 245.95 -, BauR 1996, 219).
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Fall des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
19 
Die Berufungen sind nach ihrer Zulassung im Beschluss des Senats vom 13.1.2005 - 3 S 2353/04 - statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere sind die Anforderungen des § 124 a Abs. 3 VwGO erfüllt.
20 
Die Berufungen sind jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für den Neubau des von ihnen geplanten Bürogebäudes. Das Regierungspräsidium hat auf den Widerspruch der Beigeladenen zu Recht die den Klägern von der Stadt Gerlingen erteilte Baugenehmigung aufgehoben, denn die Beigeladene wird durch diese Baugenehmigung in nachbarschützenden Rechten verletzt:
21 
1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die den Klägern erteilte Baugenehmigung gegen die über § 34 Abs. 2 BauGB anwendbaren §§ 4 und 13 BauNVO verstößt. Die baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Kläger beurteilt sich nach § 34 BauGB, weil das Baugrundstück nicht vom Geltungsbereich eines Bebauungsplans erfasst wird. Gemäß § 34 Abs. 2 BauGB beurteilt sich damit die Zulässigkeit eines Vorhabens hinsichtlich seiner Art allein danach, ob es nach der BauNVO in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre, dem die Eigenart der näheren Umgebung entspricht. Auf Grundlage der verschiedenen in den Akten enthaltenen Pläne sowie Fotografien geht auch der Senat zu Gunsten der Kläger davon aus, dass die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks zumindest einem allgemeinen Wohngebiet entspricht. Gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 2 BauNVO sind dort demnach allgemein zulässig nur: Wohngebäude (Nr. 1), der Versorgung des Gebiets dienende Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe (Nr. 2) und Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Nr. 3). Nach Absatz 3 der Norm können dort ausnahmsweise zugelassen werden: Betriebe des Beherbergungsgewerbes (Nr. 1), sonstige nicht störende Gewerbebetriebe (Nr. 2), Anlagen für Verwaltungen (Nr. 3), Gartenbaubetriebe (Nr. 4) und Tankstellen (Nr. 5).
22 
Das streitbefangene Vorhaben entspricht hinsichtlich seiner Art keinem dieser im allgemeinen Wohngebiet zulässigen Anlagen. Laut ihrem Baugesuch planen die Kläger den Neubau eines „Bürogebäudes mit Garage und Stellplätzen“. Ein reines Bürogebäude ist insbesondere kein „Wohngebäude“ im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO. In diesem Sinne sind Wohngebäude, einmal abgesehen von den nach § 13 BauNVO zulässigen (Teil-)Nutzungen, nur ausschließlich dem Wohnen dienende Gebäude.
23 
2. Das Bauvorhaben kann aber auch nicht unter Berufung auf § 13 BauNVO genehmigt werden. Hiernach sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 BauNVO, also sowohl im reinen als auch im allgemeinen Wohngebiet, für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlich Art ausüben, nur „Räume“, hingegen in den Baugebieten gemäß §§ 4 a bis 9 BauNVO auch „Gebäude“ zulässig. § 13 BauNVO enthält damit für die typisierten Baugebiete eine baugebietsübergreifende Regelung über die Zulässigkeit der Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben. Hinsichtlich der Baugebiete nach den §§ 2 bis 4 BauNVO wird ergänzend, aber nicht ersetzend, angeordnet, inwieweit u.a. freiberufliche Nutzungen (nur) in den dort allgemein bzw. ausnahmsweise zulässig errichteten Gebäuden möglich sind. Bezogen auf die Geschossfläche des jeweiligen Gebäudes soll die freiberufliche Nutzung - faustregelartig - einen Anteil von 50 % und den nur einer Wohnung grundsätzlich nicht übersteigen, damit das Gesamterscheinungsbild des Gebäudes von der im Übrigen ausgeübten Wohnnutzung geprägt bleibt (vgl. Jäde u.a., BauGB/BauNVO, 2005, § 13 BauNVO, Rn. 14, m.w.N.). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, soll hierdurch verhindert werden, dass insbesondere im Wohngebiet durch eine zu starke freiberufliche Nutzungsweise - generell - die planerisch unerwünschte Wirkung einer Zurückdrängung der Wohnnutzung eintreten kann und damit die zumindest teilweise Umwidmung des Plangebiets. § 13 BauNVO schützt vor der städtebaulich unerwünschten Verdrängung der primären Wohnnutzung und stellt insoweit auf eine abstrakte Betrachtungsweise ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.1.1985 - 4 C 34.81 -, VBlBW 1985, 382).
24 
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 13 BauNVO steht auch diese Norm dem selbständigen Bürogebäude der Kläger zur freiberuflichen Berufsausübung entgegen. Die Sperrwirkung des § 13 BauNVO kann nicht dadurch relativiert werden, dass als Bezugsgröße das jeweilige Baugrundstück gewählt wird. Nach dem auch insoweit hinreichend eindeutigen Wortlaut des § 13 BauNVO wird vielmehr zwischen Räumen und Gebäuden unterschieden. In den Baugebieten nach den §§ 4 a bis 9 BauNVO sind Gebäude, in denen nach §§ 2 bis 4 BauNVO dagegen nur Räume in Gebäuden und nicht „auf Grundstücken“ für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger nutzbar. Die von den Klägern vorgenommene entgegen gesetzte Auslegung würde zudem den von der Norm bezweckten Gebietscharakterschutz leer laufen lassen und damit auch gegen ihren Sinn und Zweck verstoßen.
25 
3. Auch die von den Klägern erklärte Baulast macht aus dem streitgegenständlichen reinen Bürogebäude kein im allgemeinen Wohngebiet zulässiges „Wohngebäude“. Eine in diesem Sinne eintretende baurechtliche Verklammerung des Gebäudes mit dem auf dem Grundstück schon bestehenden Wohnhaus kann nicht angenommen werden, denn durch die Baulast verliert das Bürogebäude nicht seinen Charakter als eigenständiges Gebäude. Dem in § 2 bis § 9 BauNVO jeweils enthaltenen Zulässigkeitskatalog lässt sich entnehmen, dass der Gebäudebegriff als Unterfall von dem allgemeinen Begriff der (baulichen) Anlage mit umfasst wird, auf den insbesondere auch § 29 BauGB abstellt. Hieraus folgt einerseits, dass unselbständige Teile einer baulichen Anlage nicht als Gebäude qualifiziert werden können. Andererseits folgt hieraus, dass als Abgrenzungsmerkmal auf das Kriterium der selbständigen Benutzbarkeit abzustellen ist. Für den Gebäudebegriff im bauplanungsrechtlichen Sinne ist somit erforderlich und genügend, dass eine jedenfalls tatsächlich unabhängig von sonstigen baulichen Anlagen mögliche Nutzung gegeben ist. Diese funktionale Selbständigkeit wird dabei auch durch eine etwaige bauliche Verbindung mit anderen Gebäuden oder Anlagen nicht in Frage gestellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.12.1995 - 4 B 245.95 -, BauR 1996, 219).
26 
Nach diesen Grundsätzen würde das geplante Bürogebäude seine selbständige Benutzbarkeit und Gebäudeeigenschaft nicht dadurch verlieren, dass es, etwa durch einen Gang, mit dem Wohnhaus der Kläger baulich verbunden würde. Noch viel weniger kann es seine selbständige tatsächliche Benutzbarkeit dadurch verlieren, dass seine Nutzung mittels einer Baulast rechtlich mit der Wohnnutzung im bestehenden Gebäude Nr. ... verknüpft wird. Auf die Frage der Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der bestellten Baulast kommt es damit nicht entscheidungserheblich an. Das Verwaltungsgericht hat insoweit allerdings zutreffend dargelegt, dass es hier wohl schon an einem öffentlichen Interesse im Sinne des § 71 Abs. 3 Satz 2 LBO fehlt, so dass von der Baurechtsbehörde zwingend der Verzicht zu erklären wäre. Zu Recht wurde weiter ausgeführt, dass die Baulast kein Rechtsinstitut ist, mit dem planungsrechtlich verbindliche Festsetzungen verdrängt, aufgehoben oder verändert werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.4.2002 - 2 S 2239/00 -, BWGZ 2002, 486). Nicht ersichtlich ist zudem, warum die in der Baulast erklärten Verpflichtungen hier nicht später im Wege einer genehmigungsfreien Teilung des Grundstücks umgangen werden könnten.
27 
4. Das Bürogebäude kann auch nicht ausnahmsweise gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als „sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb“ zugelassen werden, denn die Kläger betreiben keinen Gewerbebetrieb. Auch wenn ihr Vortrag als wahr unterstellt wird, auf Grund steuer- und europarechtlicher Einflüsse verwische sich zunehmend die Unterscheidung zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden, zwingt dies in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nicht zur Aufgabe der entsprechenden Differenzierung. Wie gerade die §§ 4 und 13 BauNVO zeigen, unterscheidet der Verordnungsgeber bauplanungsrechtlich nach wie vor zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit. Die Frage, ob diese Unterscheidung etwa im Hinblick auf ein heute möglicherweise generell nicht mehr wesentlich unterschiedliches Störungspotential der Tätigkeiten noch gerechtfertigt ist, fällt nicht in den Entscheidungsbereich des Senats.
28 
Das Vorhaben der Kläger könnte im Übrigen im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO selbst dann nicht als „Gewerbebetrieb“ eingestuft werden, wenn die Kanzleien etwa in der Rechtsform einer GmbH oder AG betrieben würden. Die Einstufung als freiberufliche Tätigkeit im Sinne der BauNVO hängt nicht von der jeweils gewählten Rechtsform ab (so auch OVG Hamburg, Urteil vom 19.12.1996 - Bf II 46/94 -, ). Denn die Wahl einer bestimmten Rechtsform hebt die Charakteristika der freiberuflichen Tätigkeit, bei der Dienstleistungen persönlich und eigenständig erbracht werden und die Betreffenden ihre individuellen Eigenleistungen in der Regel in unabhängiger Stellung erbringen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.1.1984, E 68, 324), nicht auf.
29 
Das geplante Bürogebäude der Kläger ist auch nicht als „Anlage für Verwaltungen“ gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig. Zwar beschränken sich Anlagen für Verwaltungen in diesem Sinne nicht auf öffentliche Verwaltungen, sondern umfassen auch private Einrichtungen solchen Charakters (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 28.5.2001 - 9 N 1626/96 -, BauR 2002, 1134). Auch insoweit sind aber die durch den Gebietscharakter gezogenen Grenzen zu beachten; im allgemeinen Wohngebiet gebietsunverträglich und so auch nicht ausnahmsweise zulässig ist daher ein Gebäude, das nach seiner Ausgestaltung und Funktionalität einem Büro- oder Verwaltungsgebäude nahe kommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.2.2000 - 4 B 1.00 -, BRS 63, Nr. 102 <2000>).
30 
Ist das von den Klägern geplante streitbefangene Bürogebäude gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 2 und 3 BauNVO weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig, kommt es auf die aufgeworfene Frage, ob auch § 15 Abs. 1 BauNVO dem Vorhaben entgegenstünde, nicht an. Es kann offen bleiben, ob das Bürogebäude als Bebauung hier „in erster Reihe“ der Eigenart des Baugebietes widersprechen würde bzw. ob von ihm Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Gebietes im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Der Senat hatte auch insoweit keinen hinreichenden Anlass, den von den Klägern angeregten Augenschein einnehmen. Das unter dem 2.11.2004 von den Klägern weiter gestellte Baugesuch für den Neubau eines „Wohnhauses mit Büroanteil“, dem nach den vorgelegten Unterlagen insbesondere der prozentuale Anteil der Büronutzung nicht eindeutig entnommen werden kann und das - nach Aktenlage - hinsichtlich der Bebauung „in erster Reihe“ problematisch sein könnte, ist nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens.
31 
5. Schließlich scheidet eine Befreiung entsprechend § 31 Abs. 2 BauGB aus. Hiernach kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern (Nr. 1) oder wenn die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Wie das Verwaltungsgericht auch insoweit zutreffend dargelegt hat, läge bei der Genehmigung eines reinen Bürogebäudes im allgemeinen Wohngebiet ein Eingriff in die Grundzüge der Planung im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB vor. Wie dargelegt, widersprechen reine Bürogebäude freiberuflich Tätiger dem Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets. Auch über § 31 Abs. 2 BauGB kann die städtebaulich unerwünschte Verdrängung der primären Wohnnutzung nicht legitimiert werden. Damit kommt es nicht darauf an, ob eine Abweichung hier im Sinne von Nr. 2 der Norm städtebaulich vertretbar wäre oder ob im Sinne von Nr. 3 der Norm auf Grund der ungünstigen Topografie des Grundstückes eine offenbar nicht beabsichtigte Härte herbeigeführt würde.
32 
6. Die Genehmigung des streitbefangenen reinen Bürogebäudes würde mithin gegen § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 4 und 13 BauNVO verstoßen. Wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann ein Verstoß gegen § 13 BauNVO von einem Nachbarn grundsätzlich unabhängig davon abgewehrt werden, ob er durch die freiberufliche Nutzung unzumutbar beeinträchtigt wird. Der Nachbarschutz beruht hier auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer im gleichen Plangebiet im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden sind. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundeigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Ein Rückgriff auf § 15 Abs. 1 BauNVO erübrigt sich damit auch insoweit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.12.1995 - 4 B 245.95 -, BauR 1996, 219).
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Fall des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Sonstige Literatur

 
35 
Rechtsmittelbelehrung
36 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
37 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
38 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
39 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
40 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
41 
Beschluss vom 5. Juli 2005
42 
Unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. April 2004 - 2 K 3893/03 - wird der Streitwert für das Verfahren in beiden Instanzen auf jeweils 20.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 25 Abs. 2, 13 Abs. 1 GKG a.F. und §§ 72 Nr. 1, 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG n.F.; entspr. Ziff. 9.1.1 des Streitwertkatalogs 2004).
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 24. November 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen je zur Hälfte die Antragsteller zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner und die Antragsteller zu 3) und zu 4) als Gesamtschuldner.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Nachbarwidersprüchen gegen eine dem Beigeladenen durch den Antragsgegner erteilte Baugenehmigung vom 31.08.2017 für die Errichtung von zwei zweigeschossigen und jeweils mit einem Staffelgeschoss ausgestatteten Wohnhäusern mit je acht Wohnungen und einer für beide Wohnhäuser ausgelegten Tiefgarage auf den Grundstücken mit der postalischen Anschrift …, … in … .

2

Das Verwaltungsgericht hat den auf § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO gestützten Antrag der Antragsteller mit Beschluss vom 24.11.2017 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei zulässig, wobei trotz geäußerter Zweifel hinsichtlich der Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 2) für das vorläufige Rechtsschutzverfahren zu deren Gunsten unterstellt werde, dass auch sie Miteigentümerin des dem streitbefangenen Vorhaben benachbarten und mit einem „Zweifamilienhaus“ bebauten Grundstücks … sei. Der Antrag sei jedoch unbegründet; die angefochtene Baugenehmigung verletze mit hinreichender, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit keine Nachbarrechte der Antragsteller. Da nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts nicht Prüfungsgegenstand jener auf der Grundlage des § 69 LBO im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erteilten Baugenehmigung seien, komme es auf die unter Rückgriff auf die Regelung des § 79 Abs. 3 Satz 1 LBO vorgebrachten Einwände der Antragsteller gegen die Tauglichkeit der Abwasserentsorgungsleitungen nicht an. Auch sei ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des insoweit allein maßgeblichen Bauplanungsrechts einschließlich des Gebots der Rücksichtnahme nicht auszumachen. Die Antragsteller könnten sich nicht mit Erfolg auf einen sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen, da mit den genehmigten Wohngebäuden kein der Art nach gebietsunverträgliches Vorhaben in der faktisch vorhandenen Gebietsart eines allgemeinen oder gar reinen Wohngebietes zugelassen worden sei. Einen darüber hinausgehenden Gebietsprägungserhaltungsanspruch des Inhalts, dass dieser unabhängig von der Art der Nutzung des geplanten Vorhabens einen Abwehranspruch vermittle, weil das Vorhaben einem für das Baugebiet charakteristischen harmonischen Erscheinungsbild nicht entspreche, erkenne die Kammer in ständiger Rechtsprechung nicht an. Jenes Erscheinungsbild der näheren Umgebung des Vorhabens resultiere allein aus Kriterien, die das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche beträfen. Bei diesen Kriterien handele es sich um solche, die nur in überplanten Gebieten und auch nur dann bei Feststellung eines entsprechenden ausdrücklichen planerischen Willens der Gemeinde Drittschutz vermittelten. Zum Schutz der Nachbarn sei in einem – wie streitgegenständlich – unbeplanten Gebiet daher das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichend. Dieses sei hier nach dem Sachstand im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht verletzt. Das Vorhaben halte zur Grundstücksgrenze der Antragsteller einen über den erforderlichen Mindestabstand von 3 m hinausgehenden Abstand von 3,37 bis 4,31 m ein, so dass hinsichtlich der durch das Abstandsflächenrecht geschützten Nachbarbelange wie Belichtung, Belüftung und Besonnung eine Rücksichtslosigkeit bereits ausgeschlossen sei. Das Vorhaben sei auch nicht hinsichtlich seiner Ausmaße rücksichtslos. Es fehlten jegliche Ansatzpunkte für die Annahme einer „erdrückenden“ oder gar „erschlagenden“ Wirkung des die Abstandsflächen wahrenden und mit einer 10 cm geringeren Firsthöhe als das Wohnhaus der Antragsteller genehmigten Vorhabens. Geschaffene Einsichtsmöglichkeiten auf das Grundstück der Antragsteller in einem zuvor nicht vorhandenen Maße seien ebenfalls nicht rücksichtslos. Einsichtsmöglichkeiten in Gärten, Terrassen, Balkone und Fenster seien in bebauten innerörtlichen Bereichen regelmäßig nicht zu vermeiden und müssten hingenommen werden. Auch die vorhabenbedingte Steigerung des Verkehrsaufkommens werde die Antragsteller nicht unzumutbar belasten, zumal die notwendigen Stellplätze in einer Tiefgarage hergestellt würden. Eine etwaige durch die Herstellung zweier Mehrfamilienhäuser eintretende Wertminderung des Grundstücks der Antragsteller begründe für sich genommen schließlich ebenso wenig eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes.

3

Gegen den ihnen am 27.11.2017 zugestellten Beschluss wenden sich die Antragsteller mit ihrer am 08.12.2017 eingelegten und am 21.12.2017 begründeten Beschwerde. Sie meinen, die erstinstanzliche Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO sei zu Unrecht zu ihren Lasten ausgegangen. Ihnen stehe ein Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung aus bauplanungsrechtlichen Gesichtspunkten zu. Dieser ergebe sich aus einem vom Verwaltungsgericht unzutreffend ausgeschlossenen Gebietsgewährleistungsanspruch. Hier schlage angesichts der räumlichen Ausprägung des Wohnbauvorhabens „Quantität in Qualität“ um und es werde eine Verfremdung des Gebietes zumindest eingeleitet. Dieses sei geprägt durch die Bebauung nördlich der Straße „…“ und diejenige im Geltungsbereich des an das streitgegenständliche unbeplante Gebiet angrenzenden Bebauungsplanes Nr. 4.4 der Gemeinde … mit den dortigen Parametern (eingeschossige Einzelhäuser, Sattel- und Walmdächer mit geringen Neigungen, Geschossflächenzahl von 0,3). Hieran gemessen sei das Vorhaben nicht einfügsam und verstoße, was Geschossigkeit, Gebäudehöhe, Geschossflächenzahl, Bebauungstiefe bzw. prägende Freiflächen im rückwärtigen Grundstücksbereich anbelange, jedenfalls gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

II.

4

Die Beschwerde der Antragsteller bleibt erfolglos. Ungeachtet des Umstandes, dass die bereits erstinstanzlich vorgetragenen Zweifel an der Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 2) hinsichtlich ihrer bloß behaupteten Miteigentumsstellung am Grundstück .. auch im Beschwerdeverfahren nicht ausgeräumt worden sind und von dieser nach Aktenlage überdies gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 31.08.2017 bislang kein Widerspruch erhoben wurde – der vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Widerspruch vom 22.11.2017 richtet sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid vom 12 .01.2017 –, deren Begehren sich mithin in jeder Hinsicht als unzulässig erweist, rechtfertigen im Übrigen auch in der Sache die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses.

5

Das Verwaltungsgericht hat den sog. Gebietserhaltungs- oder Gebietsbewahrungsanspruch zutreffend hergeleitet und – ohne indes den Umgriff des Gebietes und seine Nutzung im Einzelnen genau zu bestimmen – im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die beiden genehmigten Wohnhäuser, gleich ob man allein den Bereich nördlich der Straße „…“ bis zum Kreuzungsbereich „…“ betrachtet oder den Gebietsumgriff weiter fasst und mindestens auch die Bebauung auf der Südseite der Straße „…“ mit in den zu betrachtenden Bereich einbezieht, der Art nach in einem (wohl allgemeinen) faktischen Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB zulässig sind und keine „Verfremdung“ des Gebietes einleiten. Das Wohnbauvorhaben des Beigeladenen ist in einem solchen Wohngebiet ebenso zulässig wie die ausgeübte Wohnnutzung auf dem Grundstück der Antragsteller, ohne dass es darauf ankommt, ob im fraglichen Gebiet auch bei weiter gefasstem Umgriff vorwiegend Einzelhäuser oder auch Geschosswohnungsbau anzutreffen sind. Das nachbarliche Austauschverhältnis, aus dem der Gebietserhaltungs- bzw. Gebietsbewahrungsanspruch abgeleitet ist, erfasst im unbeplanten Gebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB nur die Art der baulichen Nutzung, nicht dagegen die zulässige Zahl der Wohnungen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2016 – 10 B 1040/16 -, juris [Rn. 6] m.w.N.). Ob die beiden genehmigten Mehrfamilienhäuser in jenem Bereich einen eher singulären Charakter aufweisen, ist daher unerheblich (vgl. Schl.-H. OVG, Beschluss vom 18.09.2017 - 1 MB 15/17 -, juris [Rn. 15 f.]).

6

Einen von den Antragstellern geltend gemachten speziellen Anspruch auf Erhaltung der Gebietsprägung, von ihnen mit „Anspruch auf Gebietsgewährleistung“ umschrieben, hat das Verwaltungsgericht ebenfalls mit zutreffender Begründung verneint. Eine Gebietsprägung lässt sich allenfalls aus der zulässigen Art der baulichen Nutzung im Sinne der Baunutzungsverordnung ableiten (vgl. jüngst Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 18.09.2017 - 1 MB 15/17 -, a.a.O., [Rn. 25 f.] m.w.N.); die von den Antragstellern für jenen Anspruch bemühten Parameter betreffen demgegenüber das Maß der baulichen Nutzung (Geschossigkeit, Geschossfläche) bzw. die überbaubare Grundstücksfläche oder in einem benachbarten Plangebiet festgesetzte Gestaltungsvorgaben, mithin ausschließlich Kriterien, die allein in einem – hier unstreitig nicht vorliegenden – überplanten Gebiet und dort auch nur bei entsprechendem ausdrücklichen Planungswillen der Gemeinde drittschützende Wirkung vermitteln können. Weder die Größe des genehmigten Bauvorhabens noch der Umstand, dass es – anders als es in der maßgeblichen Umgebung überwiegend der Fall sein mag – nicht nur eine Wohnung oder zwei Wohneinheiten, sondern vergleichbar dem Wohngrundstück … mit sieben Wohneinheiten mehrere (acht) Wohnungen je Gebäude aufweist, begründen einen Widerspruch zur Zweckbestimmung des Baugebiets. Ein Vorhaben, das wie dasjenige des Beigeladenen, in dem (faktischen) Wohngebiet allgemein zulässig ist, wahrt gerade die Zweckbestimmung des Baugebiets und kann deshalb in aller Regel auch nicht an einem Gebietsgewährleistungsanspruch scheitern (Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 21.07.2015 - 1 MB 16/15 -, n.v.).

7

Zwar ist, wie mit der Beschwerde geltend gemacht, denkbar, dass das in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO genannte Kriterium „Umfang“ aufgrund der Dimensionierung einer baulichen Anlage zu einem Umschlagen von „Quantität in Qualität“ führen kann; doch ist dies nicht unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung im nachbarschaftlichen Verhältnis feststellbar. Das hier insoweit mithin allein einschlägige, sich aus § 15 Abs. 1 BauNVO bzw. aus § 34 Abs. 1 BauGB ergebende nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme ist nach den zutreffenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts indessen nach dem Sachstand im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht verletzt.

8

Von dem Vorhaben geht entgegen der Rüge der Antragsteller insbesondere keine erdrückende Wirkung aus. Eine solche Wirkung ist anzunehmen, wenn das neue Bauvorhaben etwa eine Abriegelungswirkung oder das Gefühl des „Eingemauertseins“ erzeugt. Vom Neubauvorhaben muss aufgrund der Massivität und Lage eine qualifizierte, handgreifliche Störung auf das Nachbargrundstück ausgehen. Davon kann nach den beigezogenen Unterlagen keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht hat eine solche Störung mit zutreffendem Verweis auf den Abstand zwischen dem Bauvorhaben und der Grundstücksgrenze der Antragsteller verneint, weil die Einhaltung der landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften regelmäßig dazu führt, dass aus tatsächlichen Gründen das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.01.1999 - 4 B 128.98 -, juris [Rn. 3]). Es bestehen auch keine sonstigen Anhaltspunkte hierfür. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der genehmigten Gebäudehöhe des Vorhabens, die mit jeweils 10 m sogar geringer ist als derjenige des Wohnhauses der Antragsteller (10,10 m) oder etwa des Wohnhauses … (10,40 m). Zwar ist das Vorhaben mit einer deutlich größeren Bebauungstiefe als das Nachbargebäude der Antragsteller genehmigt und nimmt damit auch mehr (rückwärtige) Grundstücksfläche in Anspruch als deren Wohnhaus oder die vorherige Grundstücksbebauung. Durch diese intensivere Grundstücksausnutzung als bislang mögen die Antragsteller einen – rechtlich allerdings nicht geschützten – Lagevorteil einbüßen. Indessen stellt die Möglichkeit der vermehrten Einsichtnahme oder der Erhalt einer Ruhezone kein Kriterium im Rahmen des Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB dar, so dass auch ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot ausscheidet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.04.1989 - 4 B 72/89 -, juris [Rn. 7]). Es gibt keinen Rechtsanspruch des Nachbarn, dass Räume, Fenster, Terrassen, Balkone oder Dachgauben auf dem benachbarten Grundstück so angeordnet werden, dass sein Grundstück nicht oder nur eingeschränkt eingesehen werden kann (Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 14.07.2011 - 1 LA 31/11 -, juris [Rn. 2]). Auch wenn der abschließende Hinweis der Antragsteller zutreffen mag, dass sich der durch die Genehmigung des Vorhabens entstandene „nachbarliche Konflikt“ durch eine andere Anordnung der Baukörper, namentlich durch ein „Verrücken“ der genehmigten Wohnhäuser „nach vorn an die Straße“ entschärfen ließe, ist dieses Ansinnen weder unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Rücksichtnahme erforderlich, noch vermögen die Antragsteller dies mit ihren Rechtsbehelfen durchzusetzen.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.

10

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 VwGO), da er keinen Sachantrag gestellt und sich somit am Kostenrisiko des Verfahrens nicht beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

11

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.

12

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 03. Dezember 2012 wird mit folgender Auflage zurückgewiesen:

Die Beigeladene hat das Niederschlagswasser technisch in der Ausführung abzuleiten, wie sie der Stellungnahme der V.-PL. Rostock GbR vom 09.05.2011 und der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 11.12.2012 zu Grunde liegt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt; insoweit wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 03. Dezember 2012 in Ziffer 2 geändert.

Gründe

1

Die Beschwerde der Antragstellerin hat nach Maßgabe des gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu berücksichtigenden Beschwerdevorbringens im Wesentlichen keinen Erfolg. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung ist nicht anzuordnen.

2

In Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigenständige Ermessensentscheidung auf der Grundlage einer summarischen Sachprüfung. Die gerichtliche Entscheidung orientiert sich im Wesentlichen an den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren. Wird er wenigstens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben, wird in der Regel die aufschiebende Wirkung anzuordnen sein. Umgekehrt wird der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen sein, wenn erkennbar ist, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache keinen Erfolg haben dürfte. Nur wenn die Rechtslage offen ist, ein Obsiegen der Antragsteller im Hauptsacheverfahren ebenso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich ist, trifft das Gericht eine Ermessensentscheidung allein unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände, insbesondere unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten.

3

Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung ist nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht geeignet, die Antragstellerin in ihren Rechten zu verletzten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

4

Es kann dahin stehen, ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 8 der Gemeinde Osteseebad Boltenhagen wirksam ist. Wäre dies nicht der Fall, würde sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1, 2 oder § 35 Abs. 2 BauGB richten. Nachbarschutz gewährt insoweit der Grundsatz der Rücksichtnahme, der in § 34 Abs. 1 bzw. § 35 Abs. 3 BauGB enthalten ist (zum gleichen Inhalt in beiden Vorschriften Löhr in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009 § 31 Rn. 79), der dem nach § 15 Abs.1 S. 2 BauNVO entspricht, der im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans einschlägig wäre. Diese Vorschrift gewährt keinen weiterreichenden Nachbarschutz als das in § 34 Abs. 1 BauGB verankerte Rücksichtnahmegebot (vgl. BVerwG, U. v. 14.01.1993 - 4 C 19/90 - NVwZ 1993, 1184).

5

Ziel des Rücksichtnahmegebots ist es, einander abträgliche Nutzungen in rücksichtsvoller Weise zuzuordnen sowie Spannungen und Störungen zu vermeiden. Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, namentlich davon, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt (BVerwG, U. v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 - juris Rn. 16 m.w.N.).

6

Das Rücksichtnahmegebot greift jedoch im vorliegenden Fall nicht zugunsten der Antragstellerin ein, weil ihre Anlage baurechtlich illegal und nicht bestandsgeschützt ist. Für sie existiert keine Baugenehmigung, obgleich die Anlage seit Betriebsbeginn genehmigungsbedürftig war und genehmigungsbedürftig geblieben ist (vgl. VGH Mannheim, U. v. 20.08.1993 - 10 S 2022/92 -, NuR 1994, 142). An der Schutzwürdigkeit fehlt es nicht nur in dem Fall, dass die Nutzung als solche im Einwirkungsbereich der Nachbarbebauung überhaupt unzulässig ist, sondern auch dann, wenn sie nur dadurch beeinträchtigt wird, dass Beeinträchtigungen nur eine baurechtlich nicht genehmigte und auch nicht genehmigungsfähige Anlage erreichen können. Das Interesse des Nachbarn, das Gebäude frei von erheblich belästigenden Einwirkungen nutzen zu können, wird in einem solchen Fall von der Rechtsordnung nicht geschützt. Demgemäß geht das BVerwG davon aus, dass in der Rechtsprechung geklärt ist, dass Belange eines Betroffenen, die unter Missachtung der Rechtsordnung entstanden sind, im Rahmen der Abwägung zumindest dann als unbeachtlich eingestuft werden dürfen, wenn auch eine nachträgliche Legalisierung ausscheidet (BVerwG, B. v. 22.10.2002 - 9 VR 13/02 – juris unter Hinweis auf U. v. 24.09.1992 – a.a.O.; U. v. 25.02.1992 - 1 C 7.90 - BVerwGE 90, 53, 56).

7

Die Antragstellerin räumt ein, dass für den gegenwärtigen baulichen Bestand und die gegenwärtige bauliche Nutzung eine Baugenehmigung nicht vorliegt. Ob die beteiligten Behörden, das heißt die Antragsgegnerin bzw. ihre Rechtsvorgänger als untere Baurechtsbehörde und/oder die Gemeinde A-Stadt im Rahmen ihrer Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 BauGB rechtmäßig gehandelt haben, ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Falls die Antragstellerin der Auffassung ist, dass insoweit rechtswidrig gehandelt worden sei und sie einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung habe, hätte sie diesen Anspruch, ggf. unter Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, durchsetzen müssen. Daran ändert auch nichts, wenn die Antragsgegnerin bzw. ihre Rechtsvorgänger nicht zeitgerecht über Widersprüche auf abgelehnte Bauvoranfragen oder –anträge entschieden haben sollten. Hier steht der Weg nach § 75 VwGO offen. Dies rechtfertigt es nicht, ein Gebäude als Schwarzbau zu errichten, ändern oder zu nutzen.

8

Selbst wenn man den vom Bundesverwaltungsgericht angeführten Gesichtspunkt berücksichtigt, die Nachbarinteressen könnten im Falle einer formellen Illegalität des Vorhabens schutzwürdig sein, wenn eine nachträgliche Legalisierung möglich ist, führt dies für das vorliegende Verfahren um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu keinem anderen Ergebnis. Im Rahmen der hier nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist nicht erkennbar, dass ein solcher – offensichtlicher – Anspruch auf Genehmigung gegeben ist. Die Antragstellerin führt insoweit lediglich aus, die Gemeinde A-Stadt habe ihr Einvernehmen aus sachwidrigen Gründen versagt. Dies genügt nicht zur Darlegung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens. Hierzu wäre ein die notwendigen Unterlagen enthaltener Bauantrag erforderlich. Selbst wenn dieser – was erst am 15.04.2013 der Fall sein soll – vorliegen sollte, wären Ausführungen und Prüfungen dazu notwendig, ob das Vorhaben sich in die nähere Umgebung im Sinne des § 34 BauGB einfügt und die im Genehmigungsverfahren zu prüfenden bauordnungsrechtlichen Anforderungen und die des aufgedrängten Fachrechts erfüllt werden. Eine derartige umfangreiche, auch die Örtlichkeit zu würdigende Beurteilung ist gerade Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens.

9

Daran, dass die geltend gemachten Belange der Antragstellerin nicht schutzwürdig sind, ändert auch nichts der von ihnen behauptete Umstand, die Antragsgegnerin bzw. ihre Rechtsvorgänger hätten die illegale Nutzung ihres Gebäudes lange Zeit geduldet. Dieser Umstand würde nicht zu Lasten der Beigeladenen gehen können. Dies folgt daraus, dass selbst dann, wenn die Beigeladene oder ihre Rechtsvorgänger selbst die illegale Nutzung jahrelang geduldet und deshalb ein etwaiges Abwehrrecht verwirkt hätte, die Belange der Antragstellerin nicht schutzwürdig wären. Eine Verwirkung in dem Sinne, dass jemand sich als Störer behandeln lassen müsste, weil er eine fortdauernde illegale Nutzung in seiner Nachbarschaft nicht abgewehrt hat, ist in der Rechtsprechung nicht anerkannt (vgl. BVerwG, U. v. 24.09.1992 - 7 C 6/92 -, BVerwGE 91, 92 = NVwZ 1994, 164; vgl. auch VG Neustadt, U. v. 07.04.2008 - 4 K 1445/07.NW. – juris, m.w.N.). Erst recht kann es dann nicht zu Lasten der Beigeladenen gehen, wenn die zuständige Baubehörde gegen die illegale Bebauung des Grundstücks der Antragstellerin bislang nicht eingeschritten sein sollte.

10

Da nahezu sämtliche Gesichtspunkte, die die Antragstellerin zur Begründung dessen vorträgt, dass die von ihr behauptete rechtswidrige Baugenehmigung sie in ihren Rechten verletzt, ihre rechtliche Grundlage allenfalls im Gebot der Rücksichtnahme finden, können sie schon aus diesem Grunde im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden. Das gilt auch, soweit sie die Unbestimmtheit der Baugenehmigung in verschiedenen Punkten geltend macht. Auch hier handelt es sich um Gesichtspunkte, die materiell im Gebot der Rücksichtnahme fußen.

11

Soweit Nachbarrechtsschutz sich nicht nach den Grundsätzen des Gebotes der Rücksichtnahme richtet, sondern anderen nachbarschützenden Vorschriften, kann offen bleiben, ob auch insoweit eine Rechtsverletzung der Antragstellerin nicht in Betracht kommt, weil ihr Gebäude nicht schutzwürdig ist.

12

Dies gilt zunächst für die von den Antragstellern behaupteten Verstöße gegen § 28 LBauO M-V.

13

Soweit Nachbarn einen Verstoß gegen brandschutzrechtliche Vorschriften rügen, können sie sich allerdings grundsätzlich auf die Verletzung ihrer Rechte berufen. Denn die brandschutzrechtlichen Vorschriften der Landesbauordnung haben insoweit nachbarschützende Wirkung, als sie (auch) die Ausbreitung eines Brandes auf ein Nachbargebäude verhindern sollen; dies gilt insbesondere für die Vorschriften über äußere Brandwände in Bezug auf das Nachbargrundstück (OVG Greifswald, B. v. 01.10.2004 - 3 M 268/04 -, NordÖR 2005, 27). Im Hinblick auf die erhebliche Gefährdung, die bei Übertritt eines Brandes auf ein Nachbargrundstück für Leib und Leben des Nachbarn, aber auch für hohe Sachwerte wie den Bestand seines Gebäudes besteht, hat der Nachbar regelmäßig einen Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über äußere Brandwände, jedenfalls soweit sie den Bezug zum Nachbargrundstück betreffen, eingehalten werden (OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 06.12.2011 - OVG 10 B 6.11 – juris).

14

In der Sache jedoch genügt die Beschwerde nicht dem Darlegungserfordernis. Soweit die Antragstellerin sich auf Äußerungen beziehen, die ein Architekt oder ein Komplementärgeschäftsführer der Beigeladenen getan haben soll, ist dies nicht maßgebend. Entscheidend sind alleine die genehmigten Bauvorlagen. Hierzu führt die Beschwerde indes nichts aus. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass § 28 Abs. 2 und 3 LBauO M-V weniger vor dem Hintergrund der Gefährdung von Nachbargebäuden zu verstehen ist, denn dafür sind die Abstandsflächenvorschriften nach § 6 LBauO M-V – die eingehalten sind - und die Regelung über Gebäudeabschlusswände nach § 30 LBauO M-V maßgebend (vgl. Kühnel/Golbitzer in Simon/Busse, Bay. Bauordnung, Kommentar Art. 26 Rn. 14). Hinzu kommt, dass § 28 Abs. 2 und 3 LBauO M-V mit diesen Regelungen die Zulässigkeit von Holz – und ähnlichen Bauweisen – auch für die Gebäudeklassen 4 und 5 ohne Inanspruchnahme von Abweichungen nach § 67 LBauO ermöglichen soll (Kühnel/Golbitzer a.a.O. Rn. 13). Schließlich ist insoweit das Brandschutzkonzept, das der Baugenehmigung zu Grunde liegt, entscheidend, nicht eine Äußerung des Zweckverbandes im Planaufstellungsverfahren.

15

Soweit die Antragstellerin weiter geltend macht, die Abführung des Niederschlagswassers sei nicht hinreichend geregelt und könne sie in ihrem Grundeigentum gefährden, dürfte mit dem Verwaltungsgericht zweifelhaft sein, ob die Auflage Nr. 2 der Baugenehmigung einen ggf. für eine Vollstreckung hinreichend bestimmten Inhalt hat (§ 37 VwVfG M-V). Das rechtfertigt jedoch nicht die Aussetzung der Baugenehmigung, da diesem Gesichtspunkt mit einer gerichtlichen Auflage nach § 80 Abs. 4 S. 4 und 5 VwGO analog Rechnung getragen werden kann (vgl. Külpmann in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl. 2011 Rn. 1004). Was die Beigeladene technisch zu realisieren hat, ergibt sich aus den Ausführungsplänen, die der Stellungnahme vom 09.05.2011 und der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 11.12.2012 zu Grunde liegen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorgaben nicht erfüllbar sind oder nicht gewährleisten, eine Vernässung der angrenzenden Grundstücke zu verhindern. Das gilt namentlich für das Grundstück der Antragstellerin, da in der Stellungnahme vom 09.05.2011 am Ende ausgeführt wird, auf dem Nordgrundstück der Vorhabenfläche sei die Einordnung der ermittelten Rigolenstränge im nord-westlichen Grundstücksbereich möglich; somit könne das in diesem Grundstücksteil anfallende Niederschlagswasser vollständig versickert werden.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO sowie § 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 53 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses nach Ziff. 9.7.1. des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./.08.7.2004 (NVwZ 2004, 1327), die Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf § 63 Abs. 3 S. 1 GKG.

17

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5 und § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar

Gründe

I

1

Der Kläger ist nach eigenen Angaben syrischer Staatsangehöriger. Er reiste im Jahr 2014 über die Türkei, Bulgarien und die Niederlande in die Bundesrepublik Deutschland ein. Zuvor war ihm im September 2014 in Bulgarien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. Im Februar 2015 beantragte er in Deutschland Asyl. Mit Bescheid vom 4. Mai 2015 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1.). Es drohte dem Kläger die Abschiebung nach Bulgarien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat an, wenn er das Bundesgebiet nicht innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens verlässt. Nach Syrien dürfe er nicht abgeschoben werden (Ziffer 2.). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, der Asylantrag sei unzulässig, weil dem Kläger bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union internationaler Schutz zuerkannt worden sei.

2

Das Verwaltungsgericht hat die auf Aufhebung des Bescheides und Verpflichtung zur Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots in Bezug auf Bulgarien abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Abschiebungsandrohung (Ziffer 2. des Bescheides) aufgehoben sowie die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Bulgarien besteht. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Beschwerde.

II

3

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

4

1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

5

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110 und vom 14. Februar 2018 - 1 B 1.18 - juris Rn. 3).

6

a) Die Beschwerde hält zunächst hinsichtlich eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK für klärungsbedürftig,

"welchen Schweregrad eine auf die allgemeinen Verhältnisse zurückzuführende Situation jedenfalls erreichen muss, um der Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit Blick auf Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK entgegenzustehen"

und

"ob insoweit eine Eingriffsschwere erforderlich ist, die dem Grad der 'Extremgefahr', wie sie zur Durchbrechung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG erforderlich wäre, gleichkommt?".

7

Diese Fragen rechtfertigen mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie sind bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

8

aa) Für die Kriterien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ist auf die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK zurückzugreifen. Dieser fordert in ständiger Rechtsprechung nur für die Tatbestandsalternativen der "Folter" und der "unmenschlichen Behandlung" ein vorsätzliches Handeln, nicht hingegen für die Tatbestandsalternative der "erniedrigenden Behandlung". Hierzu führt er in seinem Urteil vom 21. Januar 2011 (GK) - Nr. 30696/09 - M.S.S./Belgien und Griechenland - (Rn. 220) aus: Es sei zwar zu berücksichtigen, ob es der Zweck der Behandlung gewesen sei, das Opfer zu erniedrigen oder zu demütigen, aber auch wenn das nicht gewollt war, schließe dies die Feststellung einer Verletzung von Art. 3 EMRK nicht zwingend aus ("the absence of any such purpose cannot conclusively rule out a finding of a violation of Article 3"). Der EuGH und das Bundesverwaltungsgericht sind dieser Rechtsprechung gefolgt. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 [ECLI:EU:C:2011:865], N.S. u.a. - (Rn. 86 bis 94 und 106) entschieden, dass die Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems unter bestimmten Umständen gegen das Verbot einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC/Art. 3 EMRK verstoßen kann, wenn sie an einen Mitgliedstaat überstellt werden, bei dem ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller systemische Mängel aufweisen. Diese Rechtsprechung führt der EuGH in Folgeentscheidungen fort und legt die Merkmale der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in Übereinstimmung mit dem EGMR aus (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU [ECLI:EU:C:2017:127], C.K. u.a. - Rn. 67). Entsprechendes gilt für die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12 Rn. 22 ff.).

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In der Rechtsprechung des EGMR ist weiter geklärt, dass die einem Ausländer im Zielstaat drohenden Gefahren ein gewisses "Mindestmaß an Schwere" (minimum level of severity) erreichen müssen, um ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK/Art. 4 GRC zu begründen (vgl. EGMR , Urteil vom 13. Dezember 2016 - Nr. 41738/10, Paposhvili/Belgien - Rn. 174; EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU, C.K. u.a. - Rn. 68). Die Bestimmung dieses Mindestmaßes an Schwere ist relativ und hängt von allen Umständen des Falls ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung, den daraus erwachsenen körperlichen und mentalen Folgen für den Betroffenen und in bestimmten Fällen auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Betroffenen (EGMR , Urteile vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - Rn. 219 und vom 13. Dezember 2016 - Nr. 41738/10, Paposhvili/Belgien - Rn. 174). Nach den Schlussanträgen des Generalanwalts beim EuGH Wathelet vom 25. Juli 2018 (C-163/17 - Rn. 143) muss sich der Betroffene in "einer besonders gravierenden Lage" befinden. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können schlechte humanitäre Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK begründen (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12 Rn. 23 und 25).

10

Allerdings enthält Art. 3 EMRK weder eine Verpflichtung der Vertragsstaaten, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen noch begründet Art. 3 EMRK eine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - Rn. 249). Der EGMR hat aber für die als besonders verletzlich gewertete Gruppe der Asylsuchenden eine gesteigerte Verantwortlichkeit der EU-Mitgliedstaaten gesehen, weil sich diese durch die Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten (ABl. L 31 S. 18) (heute: Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen ) zur Gewährleistung bestimmter Minimalstandards bei der Aufnahme von Asylsuchenden verpflichtet haben. Bei diesem besonders schutzbedürftigen Personenkreis können schlechte Lebensbedingungen im Zielstaat der Abschiebung das für Art. 3 EMRK erforderliche Mindestmaß an Schwere erfüllen, wenn die Betroffenen - in einem ihnen vollständig fremden Umfeld - vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig sind und staatlicher Untätigkeit und Indifferenz gegenüberstehen, obwohl sie sich in ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befinden (EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - Rn. 250 ff.; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12 Rn. 24).

11

Die vorstehend wiedergegebene Rechtsprechung von EGMR, EuGH und Bundesverwaltungsgericht ist auf anerkannte Flüchtlinge zu übertragen, die sich darauf berufen, dass die Lebensbedingungen, denen sie im Staat ihrer Flüchtlingsanerkennung ausgesetzt sind, Art. 3 EMRK widersprechen (so schon BVerwG, Beschluss vom 2. August 2017 - 1 C 37.16 - juris Rn. 20). Auch für diesen Personenkreis ergibt sich eine gesteigerte Schutzpflicht der EU-Mitgliedstaaten, der sie sich in Gestalt der Anerkennungsrichtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 S. 9) unterworfen haben. Auch bei ihnen kann das für Art. 3 EMRK erforderliche Mindestmaß an Schwere im Zielstaat der Abschiebung erreicht sein, wenn sie ihren existentiellen Lebensunterhalt nicht sichern können, kein Obdach finden oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhalten. Die Unmöglichkeit der Sicherung des Lebensunterhalts kann auf der Verhinderung eines Zugangs zum Arbeitsmarkt oder auf dem Fehlen staatlicher Unterstützungsleistungen beruhen. Einer weitergehenden abstrakten Konkretisierung ist das Erfordernis, dass ein gewisses "Mindestmaß an Schwere" erreicht sein muss, nicht zugänglich. Vielmehr bedarf es insoweit der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls.

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Die Frage, ob die vom Berufungsgericht tatrichterlich festgestellten Aufnahmebedingungen für nach Bulgarien zurückkehrende anerkannte Schutzbedürftige unter Berücksichtigung der aufgezeigten rechtlichen Maßstäbe gegen Art. 3 EMRK verstoßen, betrifft die richterliche Tatsachenwürdigung und -bewertung. Diese Frage wird von den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten der einzelnen Bundesländer unterschiedlich beantwortet (eine vom Berufungsgericht abweichende Einschätzung trifft u.a. das OVG Magdeburg, Beschluss vom 31. August 2016 - 3 L 94/16 - juris; vgl. im Übrigen die Zusammenstellung im angefochtenen Urteil S. 11 f.). Tatsachenfragen - mögen sie auch von grundsätzlicher Bedeutung sein - reichen nach geltender Rechtslage für die Zulassung einer Revision nicht aus (s. nur BVerwG, Beschluss vom 24. April 2017 - 1 B 22.17 - InfAuslR 2017, 307). Eine etwa fehlerhafte Anwendung der rechtlich zu Art. 3 EMRK geklärten Maßstäbe im Einzelfall - mag sie auch die von individuellen Besonderheiten weitgehend unabhängige Beurteilung der Lage in einem bestimmten Abschiebungszielstaat betreffen - rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

13

bb) Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die Annahme eines Abschiebungsverbots in Bezug auf § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK eine "Extremgefahr" voraussetzt, lässt sich mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens verneinen. Der Begriff der "Extremgefahr" wird im Zusammenhang mit dem nationalen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG verwendet. Danach kann ein Ausländer im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12 Rn. 38). Dieser strengere Maßstab ist zur Rechtfertigung der Durchbrechung der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG geboten, lässt sich jedoch nicht auf die in § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK getroffene Regelung übertragen.

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b) Die Beschwerde sieht weiteren rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf, ob

"in einer solchen Konstellation vom Bundesamt (...) im Sinn einer zielstaatsbezogenen Gefahrenursache das Vorhandensein einer Unterkunftsmöglichkeit in die Prognose für Abschiebungsschutzgründe i.S.d. § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG einzustellen ist"

und

"die der Gefahrrealisierung entgegenstehende Einholung einer Zusage über die Sicherstellung einer Unterkunftsmöglichkeit durch die Behörden des Mitgliedstaats (hier: Bulgarien) dem Aufgabenbereich des Bundesamtes oder dem Aufgabenbereich der für die Durchführung der Überstellung zuständigen Ausländerbehörde unterfällt".

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Auch diese aufgeworfenen Rechtsfragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

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aa) Die Frage, ob das Bundesamt das Vorhandensein einer Unterkunftsmöglichkeit in die Prognose für Abschiebungsschutzgründe im Sinne des § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG einzustellen hat, lässt sich bereits aufgrund des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten. Die Zuständigkeit des Bundesamts für die Feststellung, ob die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegen, folgt aus § 24 Abs. 2 und § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG. Aus dem Untersuchungsgrundsatz des § 24 Abs. 1 AsylG ergibt sich, dass das Bundesamt den Sachverhalt klärt und die erforderlichen Beweise erhebt. Für das hier relevante Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bedeutet dies, dass alle für die Beurteilung des Vorliegens einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung relevanten Lebensbedingungen im Zielstaat der Abschiebung zu ermitteln und zu würdigen sind. Dafür ist unter anderem auch von Bedeutung, ob der rückkehrende Ausländer eine Unterkunft finden kann.

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bb) Die weiter aufgeworfene Rechtsfrage, ob das Bundesamt oder die Ausländerbehörden für die Einholung einer der Gefahrrealisierung entgegenstehenden Zusage über die Sicherstellung einer Unterkunftsmöglichkeit durch die Behörden des Mitgliedstaats (hier: Bulgarien) zuständig ist, rechtfertigt schon deshalb nicht die Zulassung der Revision, weil diese Frage nicht entscheidungserheblich ist. Denn im vorliegenden Verfahren geht es nicht um die Einholung einer derartigen Zusicherung, sondern allgemein um die Verfügbarkeit einer Unterkunftsmöglichkeit. Hierbei handelt es sich um eine zielstaatsbezogene Tatsache, die das Bundesamt zu klären hat. In diesem Zusammenhang kann es gegebenenfalls auch zu der Feststellung gelangen, dass es zur Beseitigung eines ansonsten bestehenden Abschiebungsverbots einer Zusicherung bedarf. Etwas anderes gilt nur für Umstände, die Gefahren betreffen, die sich im Einzelfall im Zusammenhang mit der Durchführung einer Abschiebung ergeben. Hierzu zählt jedoch die Frage nicht, ob Flüchtlinge in Bulgarien Obdach finden können.

18

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.