Sächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 21. Dez. 2018 - 2 M 117/18

bei uns veröffentlicht am21.12.2018

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Anbau und die Aufstockung einer Doppelhaushälfte.

2

Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 362/39 mit der Lagebezeichnung A-Straße 19. Die Beigeladenen sind Eigentümer des unmittelbar südlich angrenzenden Grundstücks Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 363/39 mit der Lagebezeichnung A-Straße 17 (Lageplan: GA Bl. 70). Die Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich der Stadt A-Stadt und sind mit einem Doppelhaus bebaut. Das Doppelhaus besteht aus einem zweigeschossigen Haupthaus mit traufständigem Satteldach, das im Bereich des Grundstücksgrenzverlaufs mittig geteilt ist. Beide Haushälften wiesen bislang eine spiegelbildliche, symmetrische Straßenansicht auf (Lichtbild: GA Bl. 25). Im rückwärtigen Bereich wurde auf beiden Grundstücken ein grenzständiger, eingeschossiger Anbau mit einer Breite von ca. 5 m und einem Flachdach errichtet. Dahinter befindet sich in einem Winkel von 90° zum Haupthaus ein zweigeschossiges ehemaliges Stallgebäude mit Satteldach, das auf der Seite der Antragsteller ausgebaut wurde. Die Grundstücksgrenze verläuft mittig entlang des Firstes.

3

Die Beigeladenen planen, auf ihrem Grundstück den zwischen dem Haupthaus und dem ehemaligen Stallgebäude liegenden Anbau abzubrechen und durch einen zweigeschossigen Neubau zu ersetzen (Lageplan: BA A Bl. 30 und 31). Der Neubau hat eine Grundfläche von ca. 64,45 m² (6,30 m x 10,23 m), eine Höhe von 6,95 m und tritt hinter dem Haupthaus seitlich etwa 3 m hervor, so dass er von der Straße aus sichtbar ist (Ansicht: BA A Bl. 36; Lichtbilder: GA Bl. 38, 107 und 112). Zur Herstellung einer Verbindung zwischen dem Haupthaus und dem Anbau soll die rückwärtige Dachfläche des Haupthauses teilweise aufgebrochen werden. Der Neubau überragt den auf dem Grundstück der Antragsteller befindlichen Anbau auf einer Länge von ca. 7 m um ca. 4 m (Lichtbild: GA Bl. 111). Hierdurch kommt es auf dem Grundstück der Antragsteller zu einer Verschattung des im rückwärtigen Bereich des Haupthauses befindlichen Dachflächenfensters, des Kuppelfensters auf dem Flachdach des Anbaus sowie des zum Haupthaus ausgerichteten Fensters im Obergeschoss des ehemaligen Stallgebäudes (Lichtbilder: GA Bl. 29 – 32). Das Bauvorhaben der Beigeladenen ist mittlerweile im Rohbau fertiggestellt (GA Bl. 107).

4

In der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks in der A-Straße befinden sich überwiegend Doppelhäuser mit ein- oder zweigeschossigen Anbauten im rückwärtigen Bereich (Lageplan: BA A Bl. 1 und 2).

5

Mit Baugenehmigung vom 16.04.2018 erteilte die Antragsgegnerin den Beigeladenen eine Baugenehmigung für ihr Bauvorhaben. Hiergegen legten die Antragsteller Widerspruch ein, über den – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden ist.

6

Mit Beschluss vom 20.09.2018 – 4 B 116/18 MD – hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 16.04.2018 anzuordnen, abgelehnt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, das geplante Gebäude der Beigeladenen füge sich in die Eigenart der näheren Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB ein. Es verletze nicht das im Tatbestandsmerkmal des "Einfügens" enthaltene Gebot der Rücksichtnahme. Das Vorhaben der Beigeladenen verstoße auch nicht im Hinblick auf die "Doppelhaus-Rechtsprechung" des Bundesverwaltungsgerichts gegen das Gebot der Rücksichtnahme, denn in der Umgebung des Baugrundstücks sei eine einseitig grenzständige Bebauung mit zweigeschossigen, zu Wohnzwecken genutzten Anbauten in den rückwärtigen Grundstücksbereichen bereits vorhanden. Auch von einer rechtlich relevanten Verschattung könne nicht ausgegangen werden. Das Dachgeschoss der vorderen Doppelhaushälfte der Antragsteller werde jedenfalls auch durch die dort befindlichen Giebelfenster belichtet. Die Belichtung durch das Dachflächenfenster sei im Wesentlichen zur Mittagszeit eingeschränkt, erfolge dann aber gegen Nachmittag wieder, denn der Anbau der Beigeladenen verdecke (nur) die Südseite und zu einem geringen Teil die Westseite des rückwärtigen Teils des Gebäudes der Antragsteller. Die Verschattung des flachen Anbaus betreffe lediglich den Dielenbereich und ein Badezimmer. Der wesentliche Bereich des flachen Anbaus werde durch seitliche Fenster belichtet. Das Obergeschoss des hinteren Gebäudes werde durch zwei Fenster belichtet, die sich an gegenüberliegenden Seiten befänden. Für das Eilverfahren werde davon ausgegangen, dass der Anbau nicht zu einer völligen Verdunkelung des Raumes führen werde. Die endgültige Klärung der Belichtungssituation könne erst im Hauptsacheverfahren erfolgen.

II.

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Die zulässige Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg.

8

1. Der Antrag der Antragsteller ist inzwischen unzulässig geworden. Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO ist entfallen, weil das Bauvorhaben der Beigeladenen mittlerweile im Rohbau fertiggestellt ist.

9

Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Nachbarantrag auf vorläufigen Rechtsschutz entfällt regelmäßig mit Fertigstellung des Rohbaus des angegriffenen Bauvorhabens. Denn das mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs verbundene Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, ist nach Fertigstellung der baulichen Anlage nicht mehr zu erreichen. Ausreichend ist insoweit die Fertigstellung des Rohbaus (vgl. BayVGH, Beschl. v. 17.11.2015 – 9 CS 15.1762 –, juris RdNr. 18; OVG BBg, Beschl. v. 10.04.2018 – OVG 10 S 40.17 –, juris RdNr. 3). Hiernach ist das Rechtsschutzinteresse der Antragsteller infolge der Fertigstellung des Rohbaus des Bauvorhabens der Beigeladenen entfallen. Zwar kann trotz Fertigstellung des Rohbaus des angegriffenen Vorhabens das Rechtsschutzbedürfnis des Nachbarn im Hinblick auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ausnahmsweise fortbestehen, sofern daneben eine Verletzung in eigenen Rechten auch durch die Nutzung der genehmigten Anlage geltend gemacht wird (vgl. BayVGH, Beschl. v. 17.11.2015 – 9 CS 15.1762 –, a.a.O. RdNr. 18; OVG BBg, Beschl. v. 10.04.2018 – OVG 10 S 40.17 –, a.a.O. RdNr. 3). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da sich die Antragsteller ausschließlich gegen die Ausmaße des Baukörpers des Neubaus wenden und insoweit eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme geltend machen.

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2. Die Beschwerde der Antragsteller hat auch deshalb keinen Erfolg, weil die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung rechtfertigen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 16.04.2018 im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

11

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Entscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind: Die, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts, oder die, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten. Das Gericht nimmt somit eine eigene Interessenbewertung vor. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), spricht dies für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind die Erfolgsaussichten offen, findet eine reine Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. Beschl. d. Senats v. 10.10.2018 – 2 M 53/18 –, juris RdNr. 10; BayVGH, Beschl. v. 23.02.2012 – 14 CS 11.2837 –, juris RdNr. 38; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl., RdNr. 964). In Anwendung dieser Grundsätze überwiegt das Interesse der Antragsteller an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs das gegenläufige Interesse insbesondere der Beigeladenen an einem sofortigen Vollzug der angefochtenen Baugenehmigung nicht.

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1. Die angefochtene Baugenehmigung verstößt – bei summarischer Prüfung – nicht gegen das planungsrechtliche – und nachbarschützende – Gebot der Rücksichtnahme, weil sich in die Eigenart der näheren Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB nur ein Vorhaben in offener Bauweise (§ 22 Abs. 2 BauNVO) einfügt, das Vorhaben der Beigeladenen aber nicht mehr Teil eines Doppelhauses ist.

13

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme kann vorliegen, wenn sich ein Vorhaben entgegen § 34 Abs. 1 BauGB nach den dort genannten Merkmalen nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies für Doppelhäuser konkretisiert: Ist ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen im Sinne von § 22 Abs. 2 BauNVO den maßgeblichen Rahmen bilden, fügt sich ein grenzständiges Vorhaben im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich nicht nach der Bauweise ein, das unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäude ein Doppelhaus zu bilden. Ein solches Vorhaben verstößt gegenüber dem Eigentümer der bisher bestehenden Doppelhaushälfte grundsätzlich gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.12.2013 – 4 C 5.12 –, juris RdNr. 22; Urt. v. 19.03.2015 – 4 C 12.14 –, juris RdNr. 11).

14

a) Die nähere Umgebung des Baugrundstücks, die aus den Grundstücken A-Straße 1a/3, 2/4, 5/6, 6/8, 9/11, 10/12, 13/15, 14/16, 13/15, 18/20, 17/19 sowie 22/24 bestehen dürfte, ist nach den vorliegenden Lageplänen und Lichtbildern durch eine Bebauung mit Doppelhäusern in offener Bauweise i.S.d. § 22 Abs. 2 BauNVO geprägt. Eine "Gemengelage" in Bezug auf das Merkmal der Bauweise ist in der näheren Umgebung nicht gegeben. Hiervon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus.

15

b) Das Vorhaben der Beigeladenen fügt sich nach der Bauweise in diese nähere Umgebung ein, weil das auf den Grundstücken A-Straße 17/19 befindliche Gebäude auch nach Realisierung des Vorhabens der Beigeladenen ein Doppelhaus ist.

16

Ein Doppelhaus i.S.d. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Doppelhäuser zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinsame Grundstücksgrenzen ohne seitlichen Grenzabstand überwinden. Bauplanungsrechtlich sind sie gleichwohl in der offenen Bauweise zulässig. Ein Doppelhaus entsteht dann, wenn zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Nicht erforderlich ist, dass die Doppelhaushälften gleichzeitig oder deckungsgleich (spiegelbildlich) errichtet werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.02.2000 – 4 C 12.98 –, juris RdNr. 16 ff.; BVerwG, Urt. v. 05.12.2013 – 4 C 5.12 –, a.a.O. RdNr. 13; OVG BBg, Beschl. v. 09.01.2018 – OVG 2 S 48.17 –, juris RdNr. 10). Diese Begriffsbestimmung bezeichnet den Begriff des Doppelhauses im Sinne bauplanungsrechtlicher Vorschriften, also auch für den unbeplanten Innenbereich (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.12.2013 – 4 C 5.12 –, a.a.O.).

17

Hierbei lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual festlegen, in welchem Umfang die beiden Haushälften an der Grenze zusammengebaut sein müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.03.2015 – 4 C 12.14 –, a.a.O. Rdnr. 15). Es geht um eine spezifische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes, die darin liegt, dass das Doppelhaus den Gesamteindruck einer offenen, aufgelockerten Bebauung nicht stört, eben weil es als ein Gebäude erscheint. Es kommt also für die Frage, ob grenzständige Gebäude ein Doppelhaus bilden, auf die wechselseitige Verträglichkeit dieser Gebäude an. Hierbei bedarf es einer Würdigung des Einzelfalls unter Betrachtung quantitativer und qualitativer Gesichtspunkte (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.03.2015 – 4 C 12.14 –, a.a.O. RdNr. 19 f.). Ein Gebäude, soll es Teil eines Doppelhauses sein, muss ein Mindestmaß an Übereinstimmung mit dem zugehörigen Nachbarhaus aufweisen, indem es zumindest einzelne der ihm Proportionen und Gestalt gebenden baulichen Elemente aufgreift. Regelmäßig geben Höhe, Breite und Tiefe, sowie die Zahl der Geschosse und die Dachform einem Haus seine maßgebliche Gestalt. Diese Kriterien können daher im Einzelfall Anhaltspunkte für die Beurteilung des wechselseitigen Abgestimmtseins geben (vgl. OVG NW, Beschl. v. 21.08.2015 – 10 B 758/15 –, juris RdNr. 8; Beschl. v. 18.01.2016 – 10 A 2574/14 –, juris Rdnr. 10).

18

Für die Frage, ob grenzständige Gebäude ein Doppelhaus bilden, kommt es allein auf die wechselseitige Verträglichkeit des Vorhabens mit der anderen "Doppelhaushälfte" an. Die Bebauung anderer Grundstücke (in der näheren Umgebung) ist hierfür ohne Belang. Maßgeblich ist allein, ob das Bauvorhaben mit der vorhandenen grenzständigen Bebauung ein Doppelhaus bildet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.03.2015 – 4 B 65.14 –, juris RdNr. 6). Die Umgebungsbebauung ist allein für die Frage maßgeblich, ob das Einfügen in die nähere Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB eine offene Bauweise erfordert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.03.2015 – 4 B 65.14 –, a.a.O. RdNr. 9). Bei der Prüfung, ob ein Doppelhaus vorliegt, ist auch nicht isoliert das angegriffene Bauvorhaben in den Blick zu nehmen. Es muss vielmehr auf die Wechselwirkung zwischen dem angegriffenen Bauvorhaben und der anderen "Doppelhaushälfte" abgestellt werden (vgl. OVG NW, Urt. v. 03.09.2015 – 7 A 1276/13 –, juris RdNr. 44).

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Nach diesem Maßstab dürften die Haushälften der Antragsteller und der Beigeladenen auch nach dem geplanten Anbau und der Aufstockung noch ein Doppelhaus bilden. Bei einer wertenden Gesamtbetrachtung dürften nach wie vor zwei hinreichend aufeinander abgestimmte Teile des Gesamtbaukörpers Doppelhaus gegeben sein. Das Gebäude stört als Doppelhaus auch nach dem Anbau und der Aufstockung nicht den offenen, aufgelockerten Bebauungszusammenhang der näheren Umgebung. Maßgebend für diese Beurteilung ist, dass mit dem Bauvorhaben der Beigeladenen die wichtigsten Bestandteile des bislang bestehenden Doppelhauses unberührt gelassen und nur in einem relativ geringfügigen Ausmaß Veränderungen vorgenommen werden. Die Bausubstanz des an der Straße liegenden, zweigeschossigen Haupthauses sowie des hinter dem eingeschossigen Anbau liegenden ehemaligen Stallgebäudes und damit die ganz überwiegende Bausubstanz des bislang bestehenden Doppelhauses bleiben erhalten. Allein der im rückwärtigen Bereich des Grundstücks der Beigeladenen befindliche Anbau wird durch einen Neubau ersetzt. Dieser tritt zwar seitlich etwa 3 m hinter dem Haupthaus hervor. Auch überragt er den auf dem Grundstück der Antragsteller befindlichen Anbau – nach den Angaben der Antragsteller – auf einer Länge von ca. 7 m um ca. 4 m. Hierbei handelt es sich jedoch, gemessen an den Ausmaßen des Gesamtgebäudes, um eher untergeordnete Änderungen, die den Gesamteindruck von zwei hinreichend aufeinander abgestimmten Teilen des Gesamtbaukörpers Doppelhaus nicht beeinträchtigen, zumal die Höhe des Neubaus die Firsthöhe des an der Straße gelegenen Haupthauses nicht übersteigt. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nach den Bauvorlagen (BA A Bl. 36) die Straßenansicht des Haupthauses auf der Seite der Beigeladenen dahin geändert wird, dass statt der auch auf der Gebäudehälfte der Antragsteller spiegelbildlich vorhandenen Dachgaube zwei Dachflächenfenster eingesetzt und in der Außenwand die beiden kleinen Fenster durch ein größeres Fenster ersetzt werden. Diese Eingriffe führen zwar dazu, dass sich die linke und die rechte Haushälfte nicht mehr spiegelbildlich entsprechen werden, zumal auch der etwa 3 m seitlich heraustretende Neubau von der Straße aus sichtbar ist. Insgesamt bleibt das Ausmaß der Übereinstimmung der beiden Gebäudeteile aber so groß, dass dem Erfordernis einer baulichen Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers noch genügt ist. Die Abweichungen sind demgegenüber nur geringfügig, so dass nicht die Rede davon sein kann, die beiden Gebäude träten als zwei selbständige Baukörper in Erscheinung.

20

Für diese Einschätzung spricht ferner, dass die beiden Haushälften nach Errichtung des Anbaus an die Doppelaushälfte der Beigeladenen nach wie vor in erheblichem Maße an der Grundstücksgrenze zusammengebaut sind. Dies zeigt die von den Beigeladenen als Anlage 2 zu ihrem Schreiben vom 16.11.2018 vorgelegte und grundsätzlich plausible Abbildung 1 (GA Bl. 71), wonach die Schnittfläche zwischen den beiden Gebäudehälften nach Ausführung des Bauvorhabens noch 106 m² (130 m² - 24 m²) beträgt, während der Anbau der Beigeladenen die Gebäudehälfte der Antragsteller (nur) auf einer Fläche von 24 m² überragt. Zwar können die Ausführungen der Beigeladenen – wie die Antragsteller grundsätzlich zu Recht geltend machen – im Beschwerdeverfahren wegen des beim Oberverwaltungsgericht bestehenden Vertretungszwangs nicht berücksichtigt werden. Der Vertretungszwang gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO soll sicherstellen, dass nur Streitstoff in das Verfahren eingeführt wird, der von einem Rechtsanwalt gesichtet und geprüft worden ist. Aufgrund dieses Normzwecks erstreckt sich der Vertretungszwang auf den gesamten Sachvortrag eines Verfahrensbeteiligten. Antrags- und Beschwerdegegner sowie Beigeladene sind nur dann vom Vertretungszwang ausgenommen, wenn und soweit sie ihre prozessualen Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten nicht wahrnehmen, d.h. sich passiv verhalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.2007 – 2 A 3.05 –, juris Rdnr. 16; Beschl. d. Senats v. 09.12.2014 – 2 M 102/14 –, juris Rdnr. 42). Davon unberührt bleibt die Heranziehung zur Mitwirkung an der gerichtlichen Ermittlung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ebenso ist das Gericht nicht gehindert, die von einem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten vorgelegten Unterlagen im Wege der Amtsaufklärung zu sichten und zu würdigen. Hiernach bestehen keine rechtlichen Hindernisse dagegen, dass der beschließende Senat die von den Beigeladenen vorgelegte Darstellung der Schnittfläche des Doppelhauses A-Straße 17/19 ergänzend berücksichtigt.

21

2. Das Gebot der Rücksichtnahme wird – soweit derzeit ersichtlich – auch nicht aufgrund einer unzumutbaren Verschattung des Nachbargrundstücks verletzt.

22

Eine Abstandsfläche ist im vorliegenden Fall gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA nicht erforderlich. Nach dieser Vorschrift ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. Wie bereits ausgeführt, darf das Vorhaben der Beigeladenen planungsrechtlich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB grenzständig errichtet werden, weil es sich als Bestandteil eines Doppelhauses in die durch offene Bauweise geprägte nähere Umgebung einfügt.

23

Sind die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften eingehalten, kommt eine Verletzung des drittschützenden Gebots der Rücksichtnahme in der Regel nicht mehr in Betracht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999 – 4 B 128.98 –, juris RdNr. 3 f.). Eine bestimmte Dauer oder "Qualität" der Tagesbelichtung eines Grundstücks wird im Baurecht nicht gewährleistet. Diese Frage wird nur mittelbar über das Abstandsflächenrecht erfasst. Durch Abstandsflächen nach § 6 BauO LSA sollen eine ausreichende Belichtung und Besonnung im Regelfall sichergestellt werden. Das Maß der aus diesen Gründen einzuhaltenden Abstände ist damit vom Gesetzgeber vorgegeben. Ein Nachbar, der sich gegen die Verwirklichung eines Bauvorhabens zur Wehr setzt, kann eine über den Schutz des § 6 BauO LSA hinausgehende Rücksichtnahme in der Regel nicht beanspruchen. Weitergehende baunachbarrechtliche Abwehrrechte sind nur in Extremfällen zu erwägen (vgl. OVG SH, Urt. v. 20.01.2005 – 1 LB 23/04 –, juris Rdnr. 44; Beschl. d. Senats v. 20.06.2012 – 2 M 38/12 –, juris Rdnr. 23). Insbesondere ist es in bebauten Ortslagen in Mitteleuropa regelmäßig unvermeidlich und daher von den Nachbarn hinzunehmen, dass nördlich gelegene Grundstücke von Bebauung auf südlich gelegenen Nachbargrundstücken verschattet werden (vgl. HessVGH, Beschl. v. 20.11.2006 – 4 TG 2391/06 –, juris Rdnr. 17). Gemessen daran geht die von den Antragstellern geltend gemachte Verschattung nicht über das hinaus, womit der Nachbar eines südlich gelegenen Grundstücks durch eine auf diesem Grundstück verwirklichte Bebauung grundsätzlich zu rechnen hat. Es ist auch nicht mit einer übermäßigen Verschattung des Obergeschosses des Haupthauses, des Anbaus sowie des Obergeschosses des ausgebauten ehemaligen Stallgebäudes auf dem Grundstück der Antragsteller zu rechnen. Diese Gebäudeteile werden jeweils – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – auch von Fenstern belichtet, auf die sich der von dem Neubau der Beigeladenen verursachte Schattenwurf nicht auswirkt. Eine abschließende Klärung der Zumutbarkeit der Verschattung des Grundstücks der Antragsteller durch das Bauvorhaben der Beigeladenen muss vor diesem Hintergrund einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat stellt bei der nach § 162 Abs. 3 VwGO zu treffenden Billigkeitsentscheidung in ständiger Rechtsprechung in erster Linie auf die Stellung des Beigeladenen in dem zur Entscheidung anstehenden Interessenskonflikt ab. Er hält daher die Kosten des notwendig beigeladenen Bauherrn, unabhängig davon, ob er einen Antrag gestellt hat, in der Regel für erstattungsfähig, weil er ohne sein Zutun mit einem solchen Verfahren überzogen wird (vgl. Beschl. d. Senats v. 09.12.2014 – 2 M 102/14 –, a.a.O. RdNr. 44).

25

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

26

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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Tenor Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen f

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 09. Jan. 2015 - 2 M 102/14

bei uns veröffentlicht am 09.01.2015

Tenor Auf die Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 10.07.2014 – 1. Kammer – geändert. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Die Antragstelle

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 20. Juni 2012 - 2 M 38/12

bei uns veröffentlicht am 20.06.2012

Gründe I. 1 Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines zweigeschossigen Einfamilienhauses verletze keine nachbarschützenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Das geplante Gebäude

Referenzen

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 als Gesamtschuldner. Der Beigeladene zu 1 trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus mit 10 Wohneinheiten und Tiefgarage durch die Antragsgegnerin an den Beigeladenen zu 1 als Voreigentümer des Baugrundstücks Fl. Nr. 88/8 Gemarkung G.

Das im Miteigentum der Antragsteller stehende Grundstück Fl. Nr. 88/2 Gemarkung G. liegt südlich des Baugrundstücks. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 3670 der Antragsgegnerin, der als Art der baulichen Nutzung ein Mischgebiet nach der Baunutzungsverordnung 1962 (BauNVO 1962) festsetzt. Für das Baugrundstück ist zudem eine Fläche für Garagen mit eingeschossiger Bebauung festgesetzt.

Die Antragsteller hatten die ursprüngliche Planung eines Mehrfamilienhauses mit sieben Wohneinheiten, die mit Bauantrag vom 1. Oktober 2012 bei der Antragsgegnerin zur Genehmigung eingereicht wurde, unterzeichnet. Mit Unterlagen vom 15. Mai 2013 wurde die Planung in ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohneinheiten und Tiefgarage geändert und - auf Aufforderung der Antragsgegnerin - mit Datum vom 28. Januar 2014 Abweichungen von den Abstandsflächen nach Norden und Süden beantragt. Diese Planung genehmigte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14. April 2014 und erteilte die beantragten Abweichungen sowie Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Zahl der Vollgeschoße und der Fläche für Garagen. Die Baugenehmigung wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 30. April 2014 öffentlich bekannt gemacht. Die Anzeige des Baubeginns ging bei der Antragsgegnerin am 9. September 2014 ein.

Mit Unterlagen vom 17. August 2014 beantragte der Beigeladene zu 2 als neuer Eigentümer und Bauherr einen Änderungsbescheid und unter dem 21. August 2014 eine weitere Abweichung von den Abstandsflächen nach Osten. Die Baugenehmigung hierfür wurde - einschließlich der beantragten Abweichung und Befreiungen - von der Antragsgegnerin am 3. November 2014 erteilt.

Mit Schriftsatz vom 23. April 2015 haben die Antragsteller Klage gegen die Baugenehmigung vom 14. April 2014 beim Verwaltungsgericht erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Mit weiterem Schriftsatz vom 28. April 2015 stellten sie Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Juli 2015 abgelehnt hat. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, da die Antragsteller die Klagefrist gegen den öffentlich bekannt gemachten Baugenehmigungsbescheid vom 14. April 2014 nicht eingehalten hätten. Wiedereinsetzung könne nicht gewährt werden, da die Antragsteller spätestens mit Baubeginn im September 2014 hätten erkennen können, dass für das Bauvorhaben eine Baugenehmigung erteilt worden sei. Sei wären daher verpflichtet gewesen, spätestens zu diesem Zeitpunkt Einwendungen gegen die erteilte Baugenehmigung geltend zu machen.

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts haben die Antragsteller Beschwerde erhoben. Sie sind der Ansicht, dass die Baugenehmigung nicht öffentlich hätte bekanntgemacht werden dürfen und der Bauherr die Beteiligungsmöglichkeiten der Nachbarn vereitelt habe. Die Baugenehmigung sei einem anderen Nachbarn individuell zugestellt worden und ein Nebeneinander von öffentlicher Bekanntmachung und Individualzustellung nicht vorgesehen. Die Antragsteller hätten zudem keinen Anlass gehabt, gegen die Baugenehmigung vorzugehen, da sie von einer Übereinstimmung der genehmigten Planung mit den unterzeichneten Plänen ausgegangen seien. Die geänderte Bauausführung sei aber mit Baubeginn noch nicht absehbar gewesen. Bei den erteilten Abweichungen der Abstandsflächen zum Grundstück der Antragsteller handle es sich nicht nur um geringfügige Überschreitungen. Es sei 1 H einzuhalten und die nachbarlichen Interessen nicht ausreichend gewürdigt. Die Antragsteller hätten auch nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis, da das Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht fertig gestellt gewesen sei und auch jetzt noch keine Fertigstellung vorliege. Zudem fänden derzeit Geländeauffüllungen statt.

Die Antragsteller beantragen,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. Juli 2015 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Den Antragstellern fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis, da das Bauvorhaben nahezu fertig gestellt sei. Ein Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften sei daher im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht mehr rückgängig zu machen. Im Übrigen seien die erteilten Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften nicht zu beanstanden.

Der Beigeladene zu 1 hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt. Die Beigeladene zu 2 beantragt ebenfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass die Klagefrist von den Antragstellern schuldhaft versäumt worden sei. Im Übrigen werde die genehmigte Höhe des Baukörpers nicht überschritten und die Abstandsflächen würden weitgehend eingehalten. Lediglich aufgrund des atypischen Grenzverlaufs zu den Antragstellern hin erfolge eine geringfügige Überschreitung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf die die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

1. Den Antragstellern fehlt es für ihren Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO am Rechtsschutzbedürfnis.

Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Nachbarantrag auf vorläufigen Rechtsschutz entfällt regelmäßig mit Fertigstellung des Rohbaus des angegriffenen Bauvorhabens. Denn das mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage verbundene Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, ist nach Fertigstellung der baulichen Anlage nicht mehr zu erreichen (BayVGH, B. v. 8.4.2014 - 9 CS 13.2007 - juris Rn. 17 m. w. N.; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 66). Ausreichend ist insoweit die Fertigstellung des Rohbaus (BayVGH, B. v. 20.2.2013 - 15 CS 12.2425 - juris Rn. 19). Wie sich aus den Lichtbildern vom 28. September 2015 ergibt, die mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom selben Tag (Bl. 50 der VGH-Gerichtsakte) vorgelegt worden sind, ist der Baukörper weit über den Rohbau hinaus fortgeschritten. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Bezugsfertigkeit bereits gegeben ist oder noch gewisse Außenarbeiten erforderlich sind. Soweit die Antragsteller geltend machen, es würden noch Geländeauffüllungen erfolgen, die Auswirkungen auf die Abstandsflächen hätten, ändert dies nichts am bereits errichteten Baukörper des Gebäudes. Andererseits ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass die Geländearbeiten gerade der Verkürzung der Abstandsflächen dienen würden oder ob sie nicht lediglich im Rahmen der Bauausführung entstanden sind und nunmehr zur Wiederherstellung der natürlichen und der Genehmigung zugrundeliegenden Geländeoberfläche bestimmt sind.

Zwar kann trotz Fertigstellung des Rohbaus des angegriffenen Vorhabens das Rechtsschutzbedürfnis des Nachbarn im Hinblick auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ausnahmsweise fortbestehen, sofern daneben eine Verletzung in eigenen Rechten (auch) durch die Nutzung der genehmigten Anlage geltend gemacht wird (vgl. BayVGH, B. v. 8.4.2014 - 9 CS 13.2007 - juris Rn. 18, B. v. 30.10.2013 - 9 CS 13.1728 - juris Rn. 3). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da sich die Antragsteller ausschließlich gegen die Höhe des Bauvorhabens wenden und eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften geltend machen.

Da das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses als Prozessvoraussetzung von Amts wegen in jeder Lage des Prozesses zu prüfen ist (BayVGH, B. v. 27.8.2014 - 9 CS 14.1404 - juris Rn. 3), kommt es nicht darauf an, ob - worauf der Bevollmächtigte der Antragsteller abstellt - das Rechtsschutzbedürfnis im Zeitpunkt der Antragstellung (noch) vorlag oder ob der Baufortschritt, wie er in den Lichtbildern vom 11. Mai 2015 dokumentiert ist (vgl. Bl. 70 der VG-Akte im Hauptsacheverfahren), geeignet war, das Rechtsschutzbedürfnis bereits zu diesem Zeitpunkt entfallen zu lassen. Denn das Rechtsschutzbedürfnis kann auch während des Prozesses entfallen (BayVGH, B. v. 20.2.2013 - 15 CS 12.2425 - juris Rn. 19). Eine andere Beurteilung ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Antragsteller möglicherweise aufgrund der Umstände des Einzelfalls hier von der geänderten Bauausführung keine frühere Kenntnis erlangen konnten.

2. Offen bleiben kann deshalb, ob die Klage der Antragsteller - worauf das Verwaltungsgericht abgestellt hat - wegen der Bestandskraft der öffentlich bekannt gemachten Baugenehmigung unzulässig ist oder ob den Antragstellern im Klageverfahren aufgrund der vorliegenden Besonderheiten des Einzelfalles vielmehr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 60 Rn. 10). Insoweit dürfte hier nämlich zu berücksichtigen sein, dass das mit Bescheid vom 14. April 2014 genehmigte Bauvorhaben von den ursprünglich von den Antragstellern unterzeichneten Plänen abweicht, ohne dass diese - entgegen der vom Beigeladenen zu 1 gegenüber der Antragsgegnerin abgegebenen Bestätigung vom 13. März 2014 (Bl. 73 der Behördenakte B2-2012-928, B2-2014-724) - im Laufe des Verfahrens erneut beteiligt worden sind. Es erscheint daher zumindest fraglich, ob bei Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis und im Hinblick auf die Pflicht der Nachbarn, Einwendungen gegen ein Bauvorhaben möglichst ungesäumt vorzutragen, vorliegend - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - ohne Weiteres auf den Zeitpunkt des Baubeginns abgestellt werden kann. Die Antragsteller mussten zwar im Hinblick auf die Unterzeichnung der Pläne im Herbst 2012 mit der Erteilung einer Baugenehmigung durch die Antragsgegnerin rechnen, nicht jedoch wohl mit der Genehmigung eines hiervon nicht nur unwesentlich abweichenden Bauvorhabens. Inwieweit die tatsächliche und genehmigte Bauausführung von der von den Antragstellern unterzeichneten Planung abweicht sowie ob und wann die hier vorliegende Änderung der Bauausführung für die Antragsteller in Folge dessen erkennbar gewesen ist, bedarf gegebenenfalls der weiteren Aufklärung im Hauptsacheverfahren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 VwGO. Da die Beigeladene zu 2 - anders als der Beigeladene zu 1 - einen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (wie Verwaltungsgericht).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller richten sich gegen eine Baugenehmigung der Antragsgegnerin für einen Neubau zur Erweiterung des Instituts für Augenheilkunde A-Stadt.

2

Das Institut für Augenheilkunde A-Stadt bzw. das Medizinische Versorgungszentrum der Augenheilkunde in Mitteldeutschland (MVZ) ist u.a. in einer Villa auf dem Grundstück R-Platz 12 im sog. (...viertel) von A-Stadt untergebracht. Leiter des Instituts ist der Beigeladene. Im Erdgeschoss des Gebäudes sind Praxisräume einschließlich eines Augen-Laserzentrums mit einer Fläche von 264,10 m² vorhanden. Im 1. Obergeschoss befinden sich weitere Praxisräume mit einer Fläche von 145,14 m² sowie Gewerberäume zur Linsenanpassung mit einer Fläche von 111,09 m². Im Kellergeschoss sowie im Dachgeschoss befinden sich drei Wohnungen mit einer Fläche von insgesamt 358,40 m² (102,50 m² + 128,90 m² + 127,00 m²). Im Institut für Augenheilkunde sind neben dem Beigeladenen mehrere Fachärztinnen und Fachärzte für Augenheilkunde sowie mehrere Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung tätig. Zu den Leistungen des Instituts gehören die augenärztliche Diagnose und Behandlung sowie ambulante Operationen. Die Patientenfrequenz beträgt 100 bis 150 Patienten am Tag. Es handelt sich um eine rein ambulante Praxis. Die stationäre Aufnahme von Patienten erfolgt nicht.

3

Am 16.11.2016 beantragte der Beigeladene bei der Antragsgegnerin die Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben "Umbau und Neubau Wohngebäude mit Praxis" auf den Grundstücken R-Platz 12 und L-Straße 1. Auf dem Grundstück R-Platz 12 sollen das vorhandene Gebäude und dessen Nutzung "als Bestand" bestehen bleiben. Auf dem angrenzenden Grundstück L-Straße 1 ist die Errichtung von zwei Neubauten geplant. In Haus 1 ist im Erdgeschoss eine Fläche von 372,55 m² u.a. für Operationsräume, im 1. Obergeschoss eine Fläche von 294,53 m² für Praxisräume und im 2. Obergeschoss eine Fläche von 291,86 m² (258,15 m² + 33,71 m²) für zwei Wohnungen vorgesehen. In Haus 2 sollen weitere sechs Wohnungen mit einer Fläche von insgesamt 780,05 m² (227,53 m² + 32,86 m² + 226,41 m² + 32,86 m² + 227,53 m² + 32,86 m²) entstehen. Insgesamt sind in den geplanten Neubauten Flächen für Wohnen von 1.071,91 m² und für OP und Praxis von 667,08 m² geplant.

4

Nach Eingang des Bauantrags äußerte der Fachbereich Planen der Antragsgegnerin in einer Stellungnahme vom 16.01.2017 (BA A Bl. 459 f.) unter Hinwies auf § 13 BauNVO Zweifel an der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens. Auch das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt brachte in einem Schreiben vom 15.02.2017 (BA A Bl. 307 ff.) im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen einen Vorbescheid Zweifel an der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens zum Ausdruck, u.a. weil das Baugrundstück möglicherweise in einen (faktischen) reinen bzw. allgemeinen Wohngebiet liege. Der Beigeladene ließ daraufhin durch seine Architektin eine Erfassung der Nutzungen im gesamten (...viertel) durchführen, deren Ergebnisse in einem Übersichtsplan vom 22.02.2017 (GA Bl. 117) dargestellt wurden. Nachfolgend führte auch die Antragsgegnerin eine Erfassung der Nutzungen im (...viertel) durch, deren Ergebnisse in einer Tabelle vom 02.05.2017 (BA A Bl. 393 ff.) festgehalten wurden. Auf dieser Grundlage gelangte die Antragsgegnerin zu der Einschätzung, das für die Behandlung des Bauantrags maßgebliche Gebiet sei keinem Gebiet der BauNVO zuordenbar und entspreche daher einer Gemengelage (BA A Bl. 392).

5

Mit Baugenehmigung vom 24.01.2018 (BA A Bl. 558 ff.) erteilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen die Genehmigung, die Baumaßnahme "Umbau und Neubau Wohngebäude mit Praxis" entsprechend den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen auszuführen. Genehmigt wurde ein Neubau auf dem Grundstück L-Straße 1, ein Umbau auf dem Grundstück R-Platz 12 sowie eine Praxis in zwei Gebäuden (EG im R-Platz 12 und Neubau L-Straße). Die Betriebszeiten der Praxis wurden auf 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr an Werktagen sowie einem gelegentlichen Notdienst an Sonn- und Feiertagen festgelegt. Als zulässige Nutzungen des Neubaus L-Straße wurden die sich aus den Bauvorlagen ergebenden Nutzungen festgelegt. Als zulässige Nutzungen des Bestandsgebäudes R-Platz 12 wurden die bestehenden Nutzungen angegeben.

6

Mit Schreiben vom 02.02.2018 legten die Antragsteller Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein, über den – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden ist.

7

Mit Beschluss vom 11.05.2018 – 2 B 23/18 HAL – hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 02.02.2018 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 24.01.2018 angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Baugenehmigung verstoße aller Voraussicht nach gegen den aus § 34 Abs. 2 BauGB abzuleitenden Gebietserhaltungsanspruch, denn das Baugrundstück befinde sich in einem faktischen reinen Wohngebiet. Das Bauvorhaben entspreche hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht dem von der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmen. Die nähere Umgebung des Baugrundstücks im (...viertel) sei gerichtsbekannt und stelle sich auch nach Aktenlage als faktisches reines Wohngebiet dar. Das vom Beigeladenen geplante Gebäude Haus 1 und die beabsichtigte Fortführung der Nutzung im R-Platz 12 seien weder gemäß § 3 Abs. 2 BauNVO allgemein noch gemäß § 3 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig, verstoße auch gegen § 13 BauNVO und löse deshalb einen Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller aus. Die nähere Umgebung des Baugrundstücks sei als faktisches reines Wohngebiet einzustufen, in der das Augen-Laserzentrum nicht zulässig sei. Die nähere Umgebung bestehe zunächst aus der Bebauung innerhalb des von der E-Straße und der L-Straße 1 umfassten Dreiecks. Zudem sei auch die Bebauung entlang der St-Straße, der Z-Straße und der L-Straße zu berücksichtigen. Hierbei handele es sich fast ausnahmslos um mehrgeschossige Wohnbebauung. Das Ärztehaus auf dem Grundstück E-Straße 12 sei ein Ausreißer, der nicht prägend sei. Es steche als ungepflegter Zweckbau mit Flachdachkubatur optisch unangenehm aus der homogenen Villenbebauung entlang der E-Straße heraus. Hinsichtlich der Kubatur präge es die nähere Umgebung nicht. Das Gleiche gelte für seine Nutzung. Dort würden, soweit ersichtlich, lediglich kleine Arztpraxen (Zahnarzt, Allgemeinarzt, Augenarzt) und eine Physiotherapie-Praxis betrieben, die der Versorgung der Umgebung dienten. Die Immobilienbüronutzung in der großzügigen Villa E-Straße 11 führe ebenfalls nicht dazu, dass die nähere Umgebung als allgemeines Wohngebiet einzustufen sei. Von einer diffusen Bebauung sei keinesfalls auszugehen. Die nähere Umgebung stelle sich durch die fast ausnahmslose Wohnnutzung als reines Wohngebiet dar. Dabei berücksichtige das Gericht die Wohnnutzung beidseitig der geschlossenen Bebauung entlang der Z-Straße. Im weiteren Verlauf stünden entlang der St-Straße beidseitig Einfamilienhäuser in geschlossener Bauweise mit kleinen Vorgärten. In der großzügigen Villa Ecke R-Platz/L-Straße befänden sich großzügige Wohneinheiten und im Kellergeschoss eine Apotheke. Die in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungen, die nicht Wohnnutzungen seien, seien in einem reinen Wohngebiet jedenfalls ausnahmsweise zulässig und prägten das Gebiet keinesfalls im Sinne einer diffusen Gemengelage. Die dem Beigeladenen genehmigte "Augenarztpraxis" sei in dem faktischen reinen Wohngebiet ihrer Art nach unzulässig, denn sie überschreite den in § 13 BauNVO vorgegebenen Rahmen. Bei der Erweiterung des Augen-Laserzentrums/Praxisklinik handele es sich nicht um Räumlichkeiten für freiberuflich Tätige und solche Gewerbetreibende, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausübten. Bereits der derzeitige Betrieb gehe über eine bloße Augenarztpraxis weit hinaus. Es sei vielmehr von einem kleinen Klinikum auszugehen, das "aus allen Nähten platze". Die derzeitige Nutzung des Objekts R-Platz 12 durch das Augen-Laserzentrum sei nicht als prägende Vorbelastung zu berücksichtigen, da sie nicht genehmigt sei. Genehmigt seien ein Augen-Laserzentrum mit Behandlung und Forschung im Erdgeschoss sowie eine Praxis für Allgemeinmedizin sowie eine Linsenanpassung als Gewerbeeinheit im Obergeschoss. Die Übernahme der Allgemeinarztpraxis durch das Augen-Laserzentrum, dessen Erstreckung auf zwei Geschosse und die damit verbundene Erweiterung von 264 m² um weitere 145,14 m² auf 409,14 m² seien nicht genehmigt. Aufgrund der durch die Neubauten hinzukommenden Nutzflächen könne von einer bloßen Praxis keine Rede (mehr) sein. Es gehe vielmehr um ein "Klinikum" oder Augen-Laserzentrum, das sich über mehrere Gebäude erstrecke und weder nach § 3 BauNVO noch nach § 13 BauNVO zulässig sei. Zudem handele es sich nicht um die Nutzung bloßer Räume i.S.d. § 13 BauNVO. Dies gelte sowohl für das Bestandsgebäude als auch für das geplante Haus 1. Die Nutzung als Augen-Laserzentrum/Praxisklinik überwiege im Haus 1 und sei nach § 13 BauNVO unzulässig. Auch die Bezeichnung "Versorgungszentrum für Augenheilkunde" spreche nicht für bloße Räume innerhalb eines Wohngebäudes. Die Internetseite des Beigeladenen nenne zudem die Standorte Saaleklinik, K-Straße und Z-Stadt. Von einer bloßen Augenarztpraxis könne daher keine Rede sein. Auch der bereits jetzt durch den Betrieb ausgelöste Zu- und Abgangsverkehr spreche dagegen, das Augen-Laserzentraum als bloße Arztpraxis anzusehen. Jedenfalls durch die Erweiterung sei von einem erheblichen Zu- und Abgangsverkehr auszugehen, der denjenigen einer bloßen Arztpraxis deutlich übersteige. Die hohe Anzahl der OP-Patienten, die eine An- und Abfahrt mit PKW durch Begleitpersonen erforderlich mache, übersteige den Ziel- und Quellverkehr einer Praxis i.S.d. § 13 BauNVO. Bei dem Augen-Laserzentrum handele es sich auch nicht um eine den Bedürfnissen der Bewohner des Gebietes dienende Anlage für gesundheitliche Zwecke i.S.d. § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Dagegen spreche bereits die derzeitige Patientenzahl von 100 bis 150 sowie die Spezialität der augenärztlichen Tätigkeit, die hinsichtlich Art und Umfang über eine bloße Augenarztpraxis hinausgehe. Es handele sich auch nicht um ein "Ärztehaus" mit mehreren Räumen für verschiedene Arztpraxen.

II.

8

Die zulässige Beschwerde des Beigeladenen bleibt in der Sache ohne Erfolg.

9

Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 02.02.2018 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 24.01.2018 angeordnet.

10

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Entscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind: Die, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts, oder die, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten. Das Gericht nimmt somit eine eigene Interessenbewertung vor. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), spricht dies für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind die Erfolgsaussichten offen, findet eine reine Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 23.02.2012 – 14 CS 11.2837 –, juris RdNr. 38; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl., RdNr. 964). Im Beschwerdeverfahren ist dabei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgeblich (vgl. OVG MV, Beschl. v. 31.05.1994 – 3 M 11/94 –, juris Rdnr. 2; BayVGH, Beschl. v. 23.02.2012 – 14 CS 11.2837 –, a.a.O. RdNr. 38; SächsOVG, Beschl. v. 10.03.2015 – 1 B 298/14 –, juris Rdnr. 13; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl., § 80 RdNr. 147).

11

In Anwendung dieser Grundsätze überwiegt das Interesse der Antragsteller an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs das gegenläufige Interesse insbesondere des Beigeladenen an einem sofortigen Vollzug der angefochtenen Baugenehmigung.

12

Nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung verletzt das streitige Vorhaben des Beigeladenen – bei summarischer Prüfung – den Anspruch der Antragsteller auf Wahrung des Gebietscharakters.

13

Der sog. Gebietserhaltungsanspruch gewährt dem Eigentümer eines Grundstücks hinsichtlich der durch einen Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsart einen Abwehranspruch gegen die Genehmigung eines Bauvorhabens im Plangebiet, das von der zulässigen Nutzungsart abweicht. Das gilt unabhängig davon, ob die zugelassene gebietswidrige Nutzung den Nachbarn selbst unzumutbar beeinträchtigt oder nicht, denn die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Da geplante und faktische Baugebiete hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB gleichgestellt sind, lässt sich der Grundsatz, dass sich ein Nachbar im Plangebiet auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden kann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird, auf den Nachbarschutz im faktischen Baugebiet übertragen. Der Nachbar hat deshalb auch dort einen Schutzanspruch auf die Bewahrung der Gebietsart, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 – 4 C 28.91 –, juris RdNr. 30; Beschl. v. 27.08.2013 – 4 B 39.13 –, juris RdNr. 3; OVG NW, Urt. v. 22.03.1995 – 7 A 3700/91 –, juris RdNr. 7; Beschl. d. Senats v. 05.03.2014 – 2 M 164/13 –, juris Rdnr. 54). Der Gebietserhaltungsanspruch setzt voraus, dass die Eigenart der näheren Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB einem der Baugebiete nach der BauNVO entspricht. Ist das nicht der Fall, sondern stellt sich die Struktur der näheren Umgebung des Vorhabens als Gemengelage dar, kommt ein Anspruch auf Abwehr gebietsfremder Vorhaben über § 34 Abs. 2 BauGB nicht in Betracht (vgl. ThürOVG, Urt. v. 06.07.2011 – 1 KO 1461/10 –, juris Rdnr. 42).

14

Gemessen daran spricht im Rahmen der hier nur möglichen summarischen Prüfung überwiegendes dafür, dass das Vorhaben des Beigeladenen den Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller verletzt. Die Eigenart der näheren Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB dürfte einem allgemeinen Wohngebiet i.S.d. § 4 BauNVO entsprechen (dazu 1). Die mit der angefochtenen Baugenehmigung zugelassene Nutzung dürfte daher nach Maßgabe der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 13 BauNVO unzulässig sein (dazu 2).

15

1. Die Eigenart der näheren Umgebung des Baugrundstücks dürfte einem allgemeinen Wohngebiet i.S.d. § 4 BauNVO entsprechen.

16

a) Die nähere Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB dürfte im Kern aus dem auch vom Verwaltungsgericht ins Auge gefassten Bereich bestehen, der aus dem durch die E-Straße, die W-Straße, die St-Straße, die L-Straße und den R-Platz gebildeten Straßengeviert und der gegenüberliegenden Bebauung besteht. Ergänzend kommt die Einbeziehung der Z-Straße zwischen L-Straße und M-Straße, die M-Straße zwischen Z-Straße und R-Platz, der R-Platz zwischen M-Straße und Sch-Straße, die Sch-Straße zwischen R-Platz und W-Straße sowie die W-Straße zwischen Sch-Straße und E-Straße in Betracht. Ein größerer Umgriff der näheren Umgebung, insbesondere deren Ausdehnung auf das gesamte (...viertel), dürfte – entgegen der Ansicht des Beigeladenen – nicht in Betracht kommen.

17

Die für die Beurteilung der Zulässigkeit nach § 34 Abs. 2 BauGB maßgebliche nähere Umgebung wird dadurch ermittelt, dass in zwei Richtungen, nämlich in Richtung vom Vorhaben auf die Umgebung und in Richtung von der Umgebung auf das Vorhaben geprüft wird, wie weit die jeweiligen Auswirkungen reichen. Zu berücksichtigen ist die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978 – 4 C 9.77 –, juris RdNr. 33; Beschl. v. 13.05.2014 – 4 B 38.13 –, juris RdNr. 7; OVG NW, Urt. v. 06.03.2015 – 7 A 1777/13 –, juris Rdnr. 25; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 RdNr. 36). Dabei ist die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen.

18

Im Mittelpunkt dieser Umgebung liegt das Grundstück, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden soll. Die nähere Umgebung dieses Grundstücks kann jedoch nicht einfach durch konzentrische Kreise mit einem bestimmten Radius ermittelt werden. Von einer solchen Bereichsbestimmung mit Hilfe einer geometrischen Figur dürften regelmäßig aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls Abweichungen geboten sein, die das Ergebnis einer nicht schematischen, sondern einer wertenden Betrachtung sind (vgl. HessVGH, Urt. v. 19.06.2018 – 4 A 1922/17 –, juris Rdnr. 37). Die Ansätze des Beigeladenen, als nähere Umgebung einem Umkreis von 250 m (GA Bl. 118) oder 300 m (GA Bl. 292) um das Baugrundstück anzusetzen, sind daher nicht zielführend, da sie die tatsächliche bauliche Situation vor Ort nicht hinreichend berücksichtigen. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. Diese kann so beschaffen sein, dass die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung dort zu ziehen ist, wo zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinanderstoßen. Der Grenzverlauf der näheren Umgebung ist nicht davon abhängig, dass die unterschiedliche Bebauung durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie (Straße, Schienenstrang, Gewässerlauf, Geländekante etc.) entkoppelt ist. Eine solche Linie hat bei einer beidseitig andersartigen Siedlungsstruktur nicht stets eine trennende Funktion. Umgekehrt führt ihr Fehlen nicht dazu, dass benachbarte Bebauungen stets als miteinander verzahnt anzusehen sind und insgesamt die nähere Umgebung ausmachen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.08.2003 – 4 B 74.03 –, juris RdNr. 2; Beschl. d. Senats v. 04.07.2012 – 2 L 94/11 –, juris RdNr. 10). Maßgeblich ist stets eine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall.

19

Die für die Bestimmung des Bebauungszusammenhangs erforderliche wertende und bewertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann nur an äußerlich erkennbare, also mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse anknüpfen. Dies kann auf die Abgrenzung der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB übertragen werden. Zur Ermittlung können auch Lagepläne verwendet werden, die ein Bild "von oben" vermitteln. Dabei kann die für § 34 Abs. 2 BauGB kennzeichnende wechselseitige Beeinflussung auch über ein den optischen Zusammenhang unterbrechendes Hindernis noch eintreten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.05.2014 – 4 B 38.13 –, a.a.O. RdNr. 13). Auch das Bestehen von Sichtbeziehungen kann für die gegenseitige Prägung von Grundstücken als ein möglicher Aspekt der Abgrenzung von näherer und fernerer Umgebung zu berücksichtigen sein (vgl. OVG NW, Urt. v. 06.03.2015 – 7 A 1777/13 –, a.a.O. Rdnr. 37; Beschl. v. 31.07.2018 – 10 A 793/17 –, juris RdNr. 7).

20

Gemessen daran ist im vorliegenden Fall der eingangs näher abgegrenzte Bereich als nähere Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB anzusehen. Das Vorhaben, insbesondere der hierdurch hervorgerufene Zu- und Abgangsverkehr, wird sich im Wesentlichen in diesem Bereich auswirken. Umgekehrt dürfte sich die Umgebung, die den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt, auf diesen Bereich beschränken. Zwar stoßen innerhalb des (...viertel)s – soweit ersichtlich – keine grundsätzlich verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinander. Auch ist die weiter entfernt liegende Umgebung von dem hier maßgeblichen Bereich nicht durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie deutlich entkoppelt. Gleichwohl dürfte der eingangs beschriebene Bereich als nähere Umgebung i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB maßgeblich sein und nicht, wie der Beigeladene meint, das gesamte (...viertel), dessen genaue Abgrenzung im Übrigen unklar ist. Die bodenrechtliche Prägung eines Baugrundstücks durch die Umgebung nimmt mit zunehmender Entfernung ab. Die Bau- und Nutzungsstrukturen im Bereich des (...viertel)s, die vom Standort des Vorhabens aus nicht sichtbar und außerdem durch mehrere Straßenzüge getrennt sind, vermögen das Vorhabengrundstück in bodenrechtlicher Hinsicht nicht mehr zu prägen. Eine Prägung – auch im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung – wird vielmehr allein von dem oben näher beschriebenen Straßengeviert und der gegenüberliegenden Bebauung ausgehen. Allenfalls wird sich die nähere Umgebung auf die im Nordwesten sowie im Süden angrenzenden Straßengevierte erstrecken. Die noch weiter entfernt liegenden Bereiche gehören hingegen nicht mehr zur "näheren" Umgebung des Vorhabengrundstücks. Die dort vorhandenen Bau- und Nutzungsstrukturen sind durch die relativ große Entfernung von der hier maßgeblichen Umgebung getrennt.

21

b) Bei summarischer Prüfung entspricht die Eigenart der so abgegrenzten näheren Umgebung entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts einem allgemeinen Wohngebiet i.S.d. § 4 BauNVO.

22

Die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 2 BauGB setzt voraus, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete entspricht, die in der BauNVO bezeichnet sind. Das ist grundsätzlich nur dann der Fall, wenn die nähere Umgebung ausschließlich bauliche Elemente enthält, die nur einem der in der BauNVO geregelten Baugebiete zuzuordnen sind (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 34 RdNr. 79). § 34 Abs. 2 ist dabei nicht nur anwendbar, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der BauNVO mit seinen darin vorgesehenen allgemein zulässigen Nutzungen entspricht. Der zu bestimmende Gebietscharakter wird nicht durch bauliche Nutzungen in Frage gestellt, die nach der Baugebietsvorschrift nur ausnahmsweise genehmigt werden können. Denn auch die Nutzungen, die in einem Baugebiet nur als Ausnahmen zugelassen werden können, prägen in begrenzter Weise den Gebietscharakter mit (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 34 RdNr. 79b).

23

Bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes ist grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung bestimmt jedoch ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind daher zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Ihre Aussonderung hat mit dem Begriff "Fremdkörper" nichts zu tun, sondern ist Ergebnis einer Beschränkung auf das Wesentliche. Darüber hinaus sind solche baulichen Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Derartige Anlagen dürfen bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung aber nur dann als "Fremdkörper" ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 – 4 C 23.86 –, juris RdNr. 12 ff.; Beschl. v. 16.06.2009 – 4 B 50.08 –, juris Rdnr. 6; Beschl. d. Senats v. 07.08.2017 – 2 M 64/17 –, juris RdNr. 5; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 34 RdNr. 37).

24

Allgemeine Wohngebiete dienen gemäß § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen. Der Baugebietstyp ist durch das Vorherrschen der Wohnnutzung gekennzeichnet. Wohngebäude und Wohnungen müssen im Vergleich zu anderen Nutzungsarten zahlenmäßig überwiegen. Der Wohngebietscharakter muss eindeutig als vorherrschend erkennbar sein. Dies setzt voraus, dass Gebäude mit Wohnungen, wenn auch gemischt genutzt, im allgemeinen Wohngebiet zahlenmäßig überwiegen. Für den Gebietscharakter sind darüber hinaus aber auch die Auswirkungen, die von den anderen Nutzungsarten ausgehen, ihre Häufung und ihre Größe von Bedeutung. Wohngebäude bilden in allgemeinen Wohngebieten die Hauptnutzungsart. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass die Wohnnutzung einerseits und andere Nutzungen andererseits in getrennten baulichen Anlagen stattfinden. Häufig werden die Gebäude gemischt genutzt. Der Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets verlangt auch nicht, dass in den gemischt genutzten Gebäuden die Wohnnutzung i.S.d. § 4 Abs. 1 BauNVO überwiegt (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 4 BauNVO RdNr. 19).

25

Nach diesen Grundsätzen stellt sich der Charakter der näheren Umgebung des Baugrundstücks als allgemeines Wohngebiet dar. Die nähere Umgebung ist deutlich vom Vorherrschen der Wohnnutzung geprägt. Das ergibt sich zum einen aus dem vom Beigeladenen vorgelegten Nutzungsplan (...viertel) vom 22.02.2017 (GA Bl. 118), in welchem die weit überwiegende Zahl der baulichen Nutzungen in der näheren Umgebung des Baugrundstücks mit der Farbe Grau für "Wohnen" gekennzeichnet ist. Dieser Befund wird bestätigt durch die von der Antragsgegnerin durchgeführte Überprüfung der Nutzungsarten, deren Ergebnisse in der Tabelle vom 02.05.2017 (BA A Bl. 393 f.) festgehalten wurden. Die deutlich vorherrschende Nutzungsart in dem maßgeblichen Bereich ist danach die Wohnnutzung.

26

Soweit der Beigeladene auf die in der näheren Umgebung des Baugrundstücks vorhandenen gewerblichen, freiberuflichen und sonstigen Nutzungen, die nicht Wohnnutzung sind, verweist, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Mit dieser Auflistung kann der Beigeladene den Befund, dass in der näheren Umgebung die Wohnnutzung vorherrschend ist, nicht in Zweifel ziehen. Er benennt auch keine Nutzungen, die in einem allgemeinen Wohngebiet weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sind und zugleich das Baugebiet wesentlich prägen.

27

Im Einzelnen:

28

Bei der Nutzung des Objekts R-Platz 9 durch die (...) Planungsgesellschaft dürfte es sich entweder um einen gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb oder um eine gemäß § 13 BauNVO zulässige Nutzung für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Weise ausüben, handeln.

29

Gleiches gilt für die Nutzung des Objekts R-Platz 11 durch die Finanzberatung (U. P.) und die Praxis für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. P..

30

Die Nutzung des Objekts R-Platz 12 durch das vom Beigeladenen geleitete Institut für Augenheilkunde A-Stadt dürfte zwar – gemessen am Maßstab des § 13 BauNVO – in einem allgemeinen Wohngebiet unzulässig sein. Sie dürfte jedoch gleichwohl die ansonsten durch ein Vorherrschen der Wohnnutzung gekennzeichnete nähere Umgebung nicht wesentlich prägen. Auf die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage, ob die derzeitige Nutzung des Objekts R-Platz 12 der Baugenehmigung vom 24.03.2006 (GA Bl. 154 ff.) entspricht, dürfte es nicht entscheidend ankommen. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, nur genehmigte oder genehmigungsfähige Bauten und Nutzungen könnten die Eigenart der näheren Umgebung prägen, ist zweifelhaft, denn zu einer solchen Prägung kann auch eine Bebauung beitragen, die in einer Weise geduldet wird, die erkennen lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit ihrem Vorhandensein abgefunden haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.11.2016 – 4 CN 2.16 –, juris RdNr. 26). Die Prägung der näheren Umgebung ist im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB vorrangig nach dem tatsächlich Vorhandenen zu beurteilen. Entscheidend ist insoweit, dass die Nutzung des Gebäudes R-Platz 12 durch eine Arztpraxis gemessen am Umfang der in der näheren Umgebung vorherrschenden Wohnnutzung nur einen relativ geringen Raum einnimmt.

31

Die Nutzung des Objekts R-Platz 13 durch die Apotheke am R-Platz dürfte gemäß § 13 BauNVO zulässig sein (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 13 BauNVO RdNr. 18).

32

Das vormals im Objekt E-Straße 4 befindliche Bildungszentrum Zahntechnik der Handwerkskammer wurde zum 30.06.2017 geschlossen (https://www.zm-online.de/news/nachrichten/aus-fuer-zahntechnik-in-halle-saale/). Da nichts dafür ersichtlich ist, dass eine vergleichbare Nachnutzung in Zukunft zu erwarten ist, dürfte diese Nutzung vorliegend außer Betracht bleiben (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 34 RdNr. 79c). Im Übrigen wäre das Bildungszentrum als Anlage für kulturelle Zwecke gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO zulässig (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 4 BauNVO RdNr. 86).

33

Bei der Nutzung des Objekts E-Straße 9 durch die unter dem Künstlernamen "Kunst + Konzept" tätige Künstlerin (W.) dürfte es sich, sollte die entsprechende künstlerische Tätigkeit nicht mehr als wohnakzessorische Berufstätigkeit unter den Begriff des Wohnens gefasst werden können (vgl. hierzu VG München, Urt. v. 05.10.2016 – M 1 K 16.1301 –, juris RdNr. 23), um eine gemäß § 13 BauNVO zulässige Nutzung für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Weise ausüben, handeln.

34

Die Nutzung des im Eigentum der Antragsteller im vorliegenden Verfahren 2 B 23/18 HAL (2 M 53/18) stehenden Objekts A-Straße durch das Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung (ISW) war bereits im Jahr 2011 beendet und spielt im vorliegenden Verfahren keine Rolle.

35

Bei der Nutzung des Objekts E-Straße 11 durch den Antragsteller im Verfahren 2 B 24/18 HAL (2 M 54/18) als "Mietzentrale K." dürfte es sich entweder um einen gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb oder um eine gemäß § 13 BauNVO zulässige Nutzung für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Weise ausüben, handeln.

36

Die Nutzung des Objekts E-Straße 12 durch das Ärztehaus dürfte zwar, gemessen am Maßstab des § 13 BauNVO, ebenfalls in einem allgemeinen Wohngebiet unzulässig sein, jedoch – wie das Institut für Augenheilkunde – gleichwohl die ansonsten durch ein Vorherrschen der Wohnnutzung gekennzeichnete nähere Umgebung nicht wesentlich prägen. Entscheidend ist auch hier, dass die Nutzung des Gebäudes durch mehrere Arztpraxen gemessen am Umfang der in der näheren Umgebung vorherrschenden Wohnnutzung quantitativ von eher untergeordneter Bedeutung ist. Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner im Ergebnis durchaus plausiblen Einschätzung ausgegangen. Auf die Kubatur des Gebäudes kommt es insoweit allerdings nicht an, so dass die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts eher irreführend sind. Soweit der Beigeladene meint, eine "klare Prägung" des Gebiets durch eine in einem (reinen) Wohngebiet unzulässige "medizinische intensive Nutzung" daraus herleiten zu können, dass die Nutzung der Objekte E-Straße 12 und R-Platz 12 durch Arztpraxen aus der bewussten Entscheidung der Behörden (zu DDR-Zeiten) zur Errichtung der Poliklinik Saalekreis in den genannten Gebäuden herrührt, vermag dies nicht zu überzeugen. Da es – wie ausgeführt – für die Prägung der näheren Umgebung vorrangig auf das tatsächlich Vorhandene ankommt und insoweit die Wohnnutzung deutlich vorherrschend ist, kommt dem Umstand, dass das Vorhandensein von Arztpraxen in den Objekten E-Straße 12 und R-Platz 12 womöglich auf eine bewusste behördliche Entscheidung zur Einrichtung einer Poliklinik zurückzuführen ist, keine maßgebliche Bedeutung zu.

37

Die G-Straße liegt außerhalb des Bereichs der näheren Umgebung des Baugrundstücks, so dass die dort vorzufindenden Nutzungen für die Bestimmung von deren Eigenart ohne Belang sind. Unabhängig davon dürften die vom Beigeladenen aufgelisteten Nutzungen, die in der G-Straße anzutreffen sein sollen, in einem allgemeinen Wohngebiet entweder allgemein oder zumindest ausnahmsweise zulässig sein. Insbesondere die Nutzungen durch das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt sowie den Landessportbund Sachsen-Anhalt e.V. dürften als Anlagen für Verwaltungen gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO in einem allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig sein (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O. § 4 BauNVO RdNr. 128).

38

Entsprechendes gilt für die vom Beigeladenen aufgelisteten Nutzungen am T-Platz.

39

Auch im Hinblick auf die vom Beigeladenen aufgelisteten Nutzungen in der Sch-Straße, der W-Straße, der M-Straße und der St-Straße ist nicht ersichtlich, dass diese – soweit sie sich in der näheren Umgebung des Baugrundstücks befinden – in einem allgemeinen Wohngebiet weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sind. Selbst das in der St-Straße 18a und damit außerhalb des Bereichs der näheren Umgebung gelegene Tierheim dürfte als Anlage für gesundheitliche Zwecke in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig sein (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 4 BauNVO RdNr. 99).

40

Die weiterhin aufgelisteten Nutzungen in der N-Straße, der R-Straße, der I-Straße, der F-Straße, der U-Straße, der O-Straße, der H-Straße, der J-Straße, der S-Straße, der Goethestraße und der V-Straße dürften im vorliegenden Verfahren bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung keine Rolle spielen, da die genannten Straßen außerhalb des Bereich liegen dürften, der als nähere Umgebung des Baugrundstücks anzusehen ist.

41

2. Die mit der angefochtenen Baugenehmigung zugelassene Nutzung ist bei summarischer Prüfung nach Maßgabe des § 13 BauNVO unzulässig. Nach dieser Vorschrift sind für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

42

a) Die mit der angefochtenen Baugenehmigung zugelassene Nutzung in dem Bestandsgebäude auf dem Grundstück R-Platz 12 und in dem Neubau auf dem Grundstück L-Straße 1 ist am Maßstab des § 13 BauNVO zu messen, denn hierbei handelt es sich – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – um den Betrieb einer Augenarztpraxis.

43

Die vom Beigeladenen im Baugenehmigungsverfahren vorgelegte Betriebsbeschreibung (BA A Bl. 31) bezeichnet den auf den Grundstücken R-Platz 12 und L-Straße 1 geplanten Betrieb als "Augenarztpraxis mit ambulanten OP" mit 2 Kassenarztsitzen und durchschnittlich 150 Patienten pro Tag. Die erbrachten Leistungen werden als "augenärztliche Diagnose und Behandlung mit ambulanten OP" beschrieben. Da es sich hierbei um eine rein ambulante Praxis handelt und eine stationäre Aufnahme von Patienten nicht erfolgt, kann das Vorhaben sachgerecht nur als Betrieb einer Augenarztpraxis beschrieben werden, die von § 13 BauNVO erfasst wird.

44

Arztpraxen fallen nicht unter den Begriff der "Anlagen für gesundheitliche Zwecke" i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO; ihre Zulässigkeit richtet sich vielmehr nach § 13 BauNVO (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 17.95 –, juris RdNr. 23 ff.; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 13 BauNVO RdNr. 82). Die Baunutzungsverordnung konkretisiert mit ihrer Baugebietstypologie u.a. die an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu stellenden Anforderungen sowie das Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung. Von maßgeblicher Bedeutung für die Bestimmung des jeweiligen Gebietscharakters sind die Anforderungen des Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet und die Erfüllung eines spezifischen Gebietsbedarfs (verbrauchernahe Versorgung). Durch die Zuordnung von Nutzungen zu Baugebieten will der Verordnungsgeber diese oft gegenläufigen Ziele zu einem schonenden Ausgleich bringen. Dies ist für die Auslegung der Nutzungsbegriffe im Einzelfall von Bedeutung. Würde man Arztpraxen als Anlagen für gesundheitliche Zwecke i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO ansehen, hätte dies zur Folge, dass diese in allgemeinen Wohngebieten unbeschränkt allgemein zulässig wären. Dies würde zu einer höheren Verkehrsbelastung dieser Gebiete durch vermehrten Zielverkehr führen und hätte erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die mit § 4 BauNVO erstrebte Wohnruhe. Zugleich ginge eine derartige Auslegung über das hinaus, was zur Erfüllung des Gebietsbedarfs erforderlich ist. Zum Ausgleich der genannten unterschiedlichen Ziele trifft § 13 BauNVO eine sachgerechte Regelung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 17.95 –, a.a.O. RdNr. 27).

45

Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass, wenn schon ein Krankenhaus als Anlage für gesundheitliche Zwecke in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig sei, dies erst recht für Arztpraxen gelten müsse. Im Gegensatz zu einer Praxis mit ambulanter Versorgung ist der durch stationären Aufenthalt der Patienten geprägte Betrieb eines Krankenhauses auf Ruhe im Gebiet angewiesen, stellt also Anforderungen an das Gebiet. Krankenhäuser sind zudem Vorhaben singulären Charakters, während Arztpraxen im Vergleich damit häufig vorkommen. § 15 BauNVO ermöglicht bei solch singulären Vorhaben eine Vermeidung gebietsunverträglicher Auswirkungen im Einzelfall. Bei in größerem Umfang in ein Wohngebiet drängenden Nutzungen ist diese Norm als Steuerungsinstrument für den Einzelfall weniger geeignet. Im Übrigen würde die Erstreckung des Begriffs der Anlagen für gesundheitliche Zwecke i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO auf Arztpraxen dazu führen, dass die Ärzte – und eventuell auch die Apotheker – gegenüber sonstigen freiberuflich oder gewerblich Tätigen eine Privilegierung erfahren, für die ein städtebaulicher rechtfertigender Grund nicht ersichtlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 17.95 –, a.a.O. RdNr. 28).

46

b) Die auf den Grundstücken R-Platz 12 und L-Straße 1 geplante Augenarztpraxis ist gemäß § 13 BauNVO ihrer Art nach unzulässig. Sie wahrt nicht den durch § 13 BauNVO für freiberufliche Nutzungen in (faktischen) allgemeinen Wohngebieten gestatteten Rahmen.

47

In allgemeinen Wohngebieten ist die Berufsausübung freiberuflich Tätiger auf "Räume" beschränkt. Der Begriff der "Räume" kennzeichnet Raumeinheiten, die nur Teile des Gebäudes sind. Der Zweck der Beschränkung der freiberuflichen Nutzung auf "Räume" liegt darin, die Prägung der Wohngebäude in den Wohngebieten durch ihre Wohnnutzung zu erhalten. Diesem Ziel dient der Grundsatz, dass die Büronutzung – faustregelartig – nicht mehr als die Hälfte der Wohnungen und auch nicht mehr als 50 % der Wohnfläche pro Gebäude umfassen darf. Die Beschränkung der Büronutzung des freiberuflich Tätigen auf eine einzige Wohnung dient demselben Ziel. In einem Wohngebäude in einem Wohngebiet erwartet man keine Büroeinheiten, die größer sind als die in dem Hause und in dem Gebiet vorhandenen Wohnungen. Büros, die größer als eine Wohnung sind, drängen die Wohnnutzung übermäßig zurück und lassen das Gebäude als ein gewerblich genutztes Gebäude erscheinen. Zwar lässt § 13 BauNVO in Wohngebieten nicht nur "kleine" Praxen zu, sondern spricht von "Räumen". Der Charakter eines Wohngebäudes geht aber verloren, wenn in ihm Büros vorhanden sind, die größer sind als die für Wohnhäuser typische Nutzungseinheit, die Wohnung (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.2001 – 4 C 8.00 –, juris Rdnr. 17; OVG NW, Urt. v. 22.03.1995 – 7 A 3700/91 –, a.a.O. RdNr.21; BremOVG, Beschl. v. 25.02.2005 – 1 B 41/05 –, juris RdNr. 16; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 13 BauNVO RdNr. 43).

48

Gemessen daran ist die mit der angefochtenen Baugenehmigung vom 24.01.2018 genehmigte Nutzung in dem Bestandsgebäude R-Platz 12 nach § 13 BauNVO unzulässig, da die freiberufliche Nutzung mehr als 50 % der Wohnfläche in Anspruch nimmt. Die Flächen für Praxis und Gewerbe umfassen 520,33 m² und übersteigen damit die Wohnfläche von 358,40 m² erheblich. Selbst wenn die Fläche für die Gewerbeeinheit von 111,09 m² außer Betracht gelassen wird, beträgt die Fläche für Praxisräume noch immer 409,24 m², womit sie die Wohnfläche von 358,40 m² immer noch signifikant übersteigt und damit die Nutzung dieses Gebäudes prägt.

49

Die genehmigte Nutzung in Haus 1 auf dem Grundstück L-Straße 1 ist ebenfalls nach § 13 BauNVO unzulässig. Der in Haus 1 vorgesehenen Nutzungsfläche für Praxis- und Operationsräume von insgesamt 667,08 m² (372,55 m² + 294,53 m²) steht eine Wohnfläche von nur 291,86 m² (258,15 m² + 33,71 m²) gegenüber. Hierdurch wird auch das Haus 1 deutlich durch die gegenüber der Wohnnutzung weit überwiegende freiberufliche Nutzung geprägt.

50

Aus dem Umstand, dass in den geplanten Neubauten auf dem Grundstück L-Straße 1 insgesamt Flächen für Wohnen von 1.071,91 m² und Flächen für OP und Praxis von 667,08 m² geplant sind, ergibt sich nichts anderes. Auch der Umstand, dass das Gesamtvorhaben auf den Grundstücken R-Platz 12 und L-Straße 1 nach den Planungen über Wohnflächen von 1.430,31 m² und Praxis- und Gewerbeflächen von 1.187,41 m² verfügt, rechtfertigt keine andere Bewertung. Der Begriff "Räume" als maßgeblicher Bezugspunkt der Zulässigkeitsprüfung nach § 13 BauNVO bezieht sich auf ein Gebäude und nicht auf ein Baugrundstück (VGH BW, Urt. v. 06.07.2005 – 3 S 141/05 –, juris Rdnr. 24). Damit hat eine Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens am Maßstab des § 13 BauNVO getrennt für jedes Gebäude, also gesondert für das Bestandsgebäude R-Platz 12 und für die beiden Neubauten auf dem Grundstück L-Straße 1, zu erfolgen, da es sich hierbei um jeweils eigenständige Gebäude handelt.

51

Aus der Tatsache, dass für die Nutzung des Gebäudes R-Platz 12 bereits die Baugenehmigung vom 24.03.2006 vorliegt, folgt nichts anderes. Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung vom 24.01.2018 ist auch die (erneute) Regelung der Nutzung des Gebäudes R-Platz 12, womit insoweit auch die Möglichkeit eines Nachbarrechtsbehelfs (erneut) eröffnet wurde.

52

Soweit der Beigeladene geltend macht, ein nachbarlicher Gebietserhaltungsanspruch scheide aus, wenn ein Bauvorhaben von so geringem bodenrechtlichen Gewicht sei, dass ein "Umkippen" des Gebietscharakters nicht drohe (vgl. HessVGH, Urt. v. 09.08.2007 – 3 UE 684/07 –, juris RdNr. 39), greift dies vorliegend nicht durch. Ein derartiger Fall, in dem das maßgebliche Baugebiet bereits weitgehend baulich ausgenutzt ist, so dass ein "Umkippen" des Gebietscharakters ausgeschlossen erscheint, liegt hier ersichtlich nicht vor.

53

§ 13 BauNVO ist – auch im Rahmen der entsprechenden Anwendung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB – drittschützend. Die Vorschrift nimmt an der nachbarschützenden Wirkung der Gebietsfestsetzung bzw. des Gebietscharakters bei einer entsprechenden Anwendung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB teil, da sie ebenfalls die Art der baulichen Nutzung betrifft. Sie gewährt dem Nachbarn innerhalb des Baugebietes ein subjektives Abwehrrecht gegen unzulässige freiberufliche und vergleichbare gewerbliche Nutzungen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.12.1995 – 4 B 245.95 –, juris RdNr. 5; Urt. v. 12.12.1996 – 4 C 17.95 –, a.a.O. RdNr. 34; OVG NW, Urt. v. 25.08.2011 – 2 A 38/10 –, juris Rdnr. 61; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 13 BauNVO RdNr. 88). Soweit der Beigeladene geltend macht, die Vergrößerung der Fläche einer Arztpraxis in einem Gebäude betreffe nur das Maß der baulichen Nutzung und könne daher nicht am Gebietserhaltungsanspruch scheitern, der sich nur auf die Art der Nutzung beziehe (vgl. OVG SH, Beschl. v. 08.01.2018 – 1 MB 23/17 –, juris Rdnr. 6), kann dies aus den vorstehend genannten Gründen nicht überzeugen.

54

3. Die Antragsteller sind – entgegen der Ansicht des Beigeladenen – auch nicht deswegen gehindert, sich auf den Gebietserhaltungsanspruch zu berufen, weil sie selbst ihr Grundstück illegal nutzen. Zwar wird in der Rechtsprechung vertreten, dass das Rücksichtnahmegebot nicht zugunsten eines Nachbarn eingreift, der sein eigenes Grundstück formell und materiell illegal nutzt (vgl. OVG MV, Beschl. v. 04.04.2013 – 3 M 183/12 –, juris RdNr. 6; BremOVG, Urt. v. 08.05.2018 – 1 B 18/18 –, juris RdNr. 31). Es kann offenbleiben, ob dies nicht nur im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme, sondern auch gegenüber dem – hier einschlägigen – Gebietserhaltungsanspruch Geltung beansprucht. Jedenfalls nutzen die Antragsteller ihr Grundstück nicht formell und materiell illegal. Es liegen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Nutzung formell illegal ist. Aus der Antwort der Antragsgegnerin vom 18.09.2018 auf die Anfrage des Beigeladenen lässt sich dies nicht herleiten. Die Antragsgegnerin hat mitgeteilt, dass für die Grundstücke A-Straße und E-Straße 11 in den vergangenen 25 Jahren keine Baugenehmigungen erteilt worden seien. Das lässt nicht auf die formelle Illegalität der Grundstücksnutzung schließen, da das Gebäude offenbar älter als 25 Jahre ist und nichts dafür spricht, dass zu keinem Zeitpunkt eine Baugenehmigung erteilt wurde. Soweit der Beigeladene auf die Nutzung des Grundstücks A-Straße durch das Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung (ISW) abstellt, spielt dies – wie bereits ausgeführt – im vorliegenden Verfahren keine Rolle, da diese Nutzung bereits im Jahr 2011 beendet wurde. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die derzeitige freiberufliche Tätigkeit des Antragstellers zu 2 als freischaffender Filmmusikkomponist baurechtlich genehmigungsbedürftig sein könnte, bestehen nicht.

55

4. Die Beschränkung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller auf einen Teil der angefochtenen Baugenehmigung vom 24.01.2018 kommt nicht in Betracht. Zwar verletzt die Baugenehmigung den Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller nur durch die Genehmigung der Nutzung auf dem Grundstück R-Platz 12 und von Haus 1 auf dem Grundstück L-Straße 1, während die genehmigte Wohnnutzung in Haus 2 unter dem Blickwinkel des § 13 BauNVO unproblematisch ist. Einer solchen Beschränkung steht jedoch die Unteilbarkeit der Baugenehmigung entgegen.

56

Eine auf einen Teil einer im Baunachbarstreit angefochtenen Baugenehmigung beschränkte Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt nur dann in Betracht, wenn die Baugenehmigung rechtlich und tatsächlich teilbar ist (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 13.08.2012 – 1 B 242/12 –, juris RdNr. 6). Die Teilbarkeit einer Baugenehmigung ist gegeben, wenn der abtrennbare Teil räumlich-gegenständlich klar abgrenzbar ist und für den verbleibenden Teil der (nachbarrechtskonformen) Baugenehmigung ein sinnvoll nutzbares Vorhaben zurückbleibt, das keine größeren Umplanungen notwendig macht, und der Bauherr das Vorhaben notfalls selbst als teilbar ansieht (vgl. HambOVG, Urt. v. 14.07.2008 – 2 Bf 277/03 –, juris RdNr. 35; Beschl. v. 17.11.2011 – 2 Bs 177/11 –, juris RdNr. 46). Diese Voraussetzungen sind bei der Baugenehmigung vom 24.01.2018 nicht gegeben. Zwar würde eine Beschränkung der Baugenehmigung auf Haus 2 ein selbständig nutzbares Vorhaben bestehen lassen, jedoch sieht der Beigeladene das Bauvorhaben ersichtlich als untrennbare Einheit an.

57

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO.

58

Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes folgt der Senat der Festsetzung des Verwaltungsgerichts.

59

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für das erstinstanzliche Verfahren. Die außergerichtlichen Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren tragen die Beigeladenen selbst.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,00 Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

Tenor

Auf die Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 10.07.2014 – 1. Kammer – geändert.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 24.204,18 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragstellerin begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, dem Antragsgegner bis zur bestandskräftigen Entscheidung über ihre Bewerbung zu untersagen, den Beigeladenen als hauptamtlichen Beigeordneten/Senator für Jugend, Soziales, Gesundheit, Schule und Sport – verbunden mit der Funktion der 2. Stellvertretung des Oberbürgermeisters – zu ernennen.

2

Mit Beschluss vom 10. Juli 2014 hat das Verwaltungsgericht dem Eilantrag der Antragstellerin stattgegeben. Sie habe sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§123 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 920 ZPO). Insbesondere sei es überwiegend wahrscheinlich, dass die von der Bürgerschaft der C-Stadt zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung in Form seiner Wahl zum hauptamtlichen Beigeordneten die Antragstellerin in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch verletze. Nach summarischer Prüfung habe die Bürgerschaft der C-Stadt bei der Wahl die gesetzlichen Bindungen und das dabei mit Blick auf den Bedeutungsgehalt des Art. 33 Abs. 2 GG geltende Prinzip der Bestenauslese außer Acht gelassen, da der Beigeladene die zwingenden Vorgaben des sich aus der Ausschreibung ergebenden Anforderungsprofils nach summarischer Prüfung nicht erfülle.

3

Die dagegen fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen (§§ 147 Abs. 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) haben Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist ( § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) führen zur Änderung des angegriffenen Beschlusses.

4

Im Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der obergerichtlichen Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts anhand derjenigen Gründe zu überprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Vor diesem Hintergrund verlangt das Darlegungserfordernis von dem Beschwerdeführer, dass die Beschwerdebegründung auf die rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen eingeht, auf die das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gestützt hat. Die Beschwerdebegründung muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen der Ausgangsbeschluss unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss sich insofern an der Begründungsstruktur der angegriffenen Entscheidung orientieren. Grundsätzlich reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen. Stützt das Verwaltungsgericht sein Ergebnis alternativ auf mehrere Begründungen, muss die Beschwerde alle Begründungen aufgreifen, sich mit diesen auseinandersetzen und sie in Zweifel ziehen. Geht die Beschwerdebegründung auf nur eine Erwägung nicht ein, die die angefochtene Entscheidung selbständig trägt bzw. lässt sie unangefochten, bleibt der Beschwerde schon aus diesem Grund der Erfolg versagt. Diese Anforderungen an die Beschwerdebegründung sind für einen Beschwerdeführer auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Beschwerdeführer rechtskundig vertreten sind.

5

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe führt das Beschwerdevorbringen zu einer Änderung des angegriffenen Beschlusses.

6

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass zwar in Fällen, in denen einer Personalmaßnahme eine Wahlentscheidung vorausgeht, eine inhaltliche Überprüfbarkeit dieser Wahlentscheidung grundsätzlich auszuschließen ist. Nicht ausgeschlossen ist jedoch die verwaltungsgerichtliche Kontrolle zu der Frage, ob das Wahlgremium von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, die Bewerber die gesetzlichen Wahlvoraussetzungen erfüllen, die gesetzlichen Bindungen beachtet worden sind und ob konkrete Anhaltspunkte für willkürliche Erwägungen vorliegen. Auch die nach § 40 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. mit Absatz 1 Satz 1 KV M-V durchzuführende Wahl hat den jeweiligen, in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Bewerbungsverfahrensanspruch zu beachten.

7

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verletzt die maßgebliche Wahl der Bürgerschaft nicht den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin.

8

Hierbei hat die rechtliche Würdigung der Wahlentscheidung auszugehen von § 40 Abs. 5 Satz 2 KV M-V, wonach Beigeordnete die für ihr Amt erforderliche Eignung, Befähigung und Sachkunde besitzen müssen. In der Stellenausschreibung, dessen Text von der Bürgerschaft der C-Stadt, das spätere Wahlgremium, beschlossen wurde, ist das konkretisierte Anforderungsprofil an die Bewerber festgelegt. Dort heißt es u.a.:

9

"…

10

Die Senatorin/Der Senator müssen:

11

1. die Laufbahnbefähigung für den höheren Verwaltungsdienst besitzen und mindestens fünf Jahre ein Amt dieser Laufbahn bei einer Kommunalverwaltung oder einer Rechtsaufsichtsbehörde oder einen gleichwertigen Dienstposten ausgeübt haben oder

12

2. als Beigeordneter, hauptamtlicher Bürgermeister, Landrat, hauptamtlicher Amtsvorsteher, hauptamtlicher Verbandsvorsteher oder leitender Verwaltungsbeamter eine Dienstzeit von mindestens fünf Jahren abgeleistet haben oder

13

3. eine entsprechende, durch Lebens- und Berufserfahrung nachgewiesene Eignung, Befähigung und Sachkunde vorweisen.

14

…".

15

Dass der Beigeladene die unter den Ziffer 1 und 2 des zitierten Ausschreibungstextes genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, ist unstreitig. Bei der Frage, ob der Beigeladene die unter Ziffer 3 des zitierten Ausschreibungstextes formulierten Anforderungsmerkmale erfüllt, ist zunächst zu klären, ob es sich hierbei um ein sog. konstitutives Anforderungsprofil handelt. Denn nur wenn ein konstitutives Anforderungsprofil vorliegt und der ausgewählte Bewerber dieses verfehlt, kann sich ein unterlegener Bewerber im Konkurrentenstreit unmittelbar darauf berufen (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.11.2010 – 2 C 16.09 -, zit. nach juris; vgl. auch OVG Thüringen, B. v. 30.03.2007 – 2 EO 729/06 -, zit. nach juris). Handelt es sich hingegen um nicht konstitutive Anforderungsmerkmale, ist die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Wahlentscheidung der Bürgerschaft darauf beschränkt, zu prüfen, ob die Wertungen der Mitglieder der Bürgerschaft im Ergebnis vertretbar sind oder (objektiv) auf Willkür beruhen (vgl. OVG Münster, B. v. 11.10.2013 – 1 B 586/13 –, zit. nach juris).

16

Wohl anders als das Verwaltungsgericht versteht der Senat unter konstitutiven Anforderungsmerkmalen nicht nur solche Merkmale, die zwingend beim Bewerber vorliegen müssen, sondern die zudem auch keinen Raum für Wertungsspielräume lassen (vgl. OVG Bautzen, B. v. 06.03.2013 – 2 B 357/12 –, zit. nach juris; OVG Münster, B. v. 16.07.2014    – 1 B 253/14 –, zit. nach juris; BayVGH, B. v. 15.04.2014 – 3 ZB 12.765 –, zit. nach juris). Mit Blick auf die verwaltungsgerichtliche Kontrolle folgt dies in Fällen von Stellenausschreibungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Wahlentscheidungen (hier: die Wahl zum kommunalen Wahlbeamten nach den Vorschriften der Kommunalverfassung M-V) unmittelbar daraus, dass es gerade der Sinn einer Wahlentscheidung ist, in diese unterschiedlichste Vorstellungen und Motive – insbesondere über die Bedeutung einzelner Eignungskriterien – eingehen zu lassen.

17

Dies zugrunde gelegt, weist der zitierte Ausschreibungstext unter Ziffer 3 sowohl konstitutive als auch nicht konstitutive Elemente auf. Richtig ist, dass der Bewerber eine (der Ziffern 1 oder 2 des Ausschreibungstextes) entsprechende, durch Lebens- und Berufserfahrung nachgewiesene Eignung, Befähigung und Sachkunde vorweisen muss. Allerdings knüpft die Frage, ob die vom Bewerber nachgewiesene Eignung, Befähigung und Sachkunde den in Ziffer 1 oder 2 des Ausschreibungstextes niedergelegten Anforderungen entspricht, an Umstände an, die (Be-)Wertungen erforderlich machen. Dies folgt bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des zitierten Ausschreibungstextes, wenn es dort heißt, dass die durch Lebens- und Berufserfahrung nachgewiesene Eignung, Befähigung und Sachkunde eine (der Ziffern 1 oder 2 des Ausschreibungstext) "entsprechende" [Hervorhebung durch den Senat] sein muss. Die damit gestellte Frage nach der Vergleichbarkeit ist nur durch eine Wertungsentscheidung zu beantworten.

18

Folglich ist die Wahlentscheidung der Bürgerschaft der C-Stadt hinsichtlich der Frage, ob der Beigeladene dem Anforderungsprofil in der Stellenausschreibung entspricht, nur darauf zu überprüfen, ob die Wertungen, die in dem Wahlergebnis zum Ausdruck gebracht worden sind, im Ergebnis nicht vertretbar sind oder (objektiv) auf Willkür beruhen. Beides ist auf dem Hintergrund des allen Beteiligten bekannten Lebenslaufes mit den bisherigen beruflichen Tätigkeiten des Beigeladenen zu verneinen, da Anhaltspunkte für ein willkürliches Verhalten der Bürgerschaft bzw. deren Mitglieder bei ihrer Wahlentscheidung nicht ersichtlich sind.

19

Hinsichtlich der von der Antragstellerin in erster Instanz vorgetragenen Verfahrensfehler wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

20

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1,162 Abs. 3 VwGO

21

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 53 Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG.

22

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Gründe

I.

1

Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines zweigeschossigen Einfamilienhauses verletze keine nachbarschützenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Das geplante Gebäude halte insbesondere die notwendige Abstandsfläche von 3 m zum Grundstück des Antragstellers ein. Die geplante Garage, die grenzständig an die Garage des Antragstellers errichtet werden solle, sei innerhalb der Abstandsflächen zulässig. Damit sei davon auszugehen, dass auch den nachbarlichen Belangen der Belichtung, Belüftung und Besonnung hinreichend genüge getan sei, auch wenn das geplante Gebäude die nachmittägliche Besonnung des Grundstücks des Antragstellers beeinträchtigen könne. Zudem bleibe die Südwand des Gebäudes im Bereich des Obergeschosses um 1,74 m hinter der Gebäudekante des Erdgeschosses zurück, wodurch sich der Einfallswinkel der nachmittäglichen Sonne vergrößere.

2

Der Antragsteller könne sich auch nicht mit Erfolg auf nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts berufen. Das Vorhaben füge sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Von dem Gebäude gehe auch keine erdrückende Wirkung aus. Es habe eine niedrigere Firsthöhe als das Haus des Antragstellers, und seine Grundfläche überschreite nicht wesentlich den ursprünglich vorhandenen Bestand. Die vom Antragsteller vorgebrachten Bildmontagen entsprächen nicht den sich aus dem Verwaltungsvorgang ersichtlichen Gegebenheiten. Die weiter vorgelegten unmaßstäblichen Skizzen und Computersimulationen seien perspektivisch verzerrt und blendeten in der dargestellten Massivität des geplanten Gebäudes dessen aufgelockerte Fassadenstruktur aus.

3

Der Antragsteller könne sich auch nicht auf eine behauptete Denkmalwürdigkeit der E-Siedlung berufen. Aus Sicht des Landesdenkmalamts sei der Siedlung kein Denkmalwert beizumessen, da die ehemaligen eingeschossigen Flachdachhäuser in der Zeit nach 1945 baulich so stark überformt worden seien, dass sie in ihrer Ablesbarkeit gestört seien. Damit sei auch eine besondere Form der Rücksichtnahme, die aus der Beziehung eines Vorhabens zu einem Denkmal oder einem Denkmalbereich entstehen könne, und auf die sich unter Umständen auch der Eigentümer eines dem Vorhaben benachbarten Denkmals berufen könne, nicht geboten. Da das Gebäude des Antragstellers aufgrund der Überformung der ursprünglichen Bauhauskonzeption durch ein aufgesetztes Walmdach selbst kein Denkmal (mehr) darstelle, komme ein Abwehranspruch aus denkmalschutzrechtlichen Erwägungen ohnehin nicht in Betracht.

II.

4

A. Die hiergegen erhobene zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Die vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen nicht die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

5

1. Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen halte die erforderlichen Abstandsflächen nicht ein.

6

1.1. Eine Verletzung der Bestimmungen über Abstandsflächen nach § 6 BauO LSA durch die angefochtene Baugenehmigung ist bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Übereinstimmung des streitigen Vorhabens mit den bauordnungsrechtlichen Vorschriften nicht Inhalt der Baugenehmigung ist. Das Baugenehmigungsverfahren wurde gemäß § 62 BauO LSA als vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren durchgeführt, weil das geplante Wohngebäude der Gebäudeklasse 1 (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauO MLSA) zugeordnet wurde. Zwar prüft die Bauaufsichtsbehörde gemäß § 62 Satz 1 Buchstabe b) BauO LSA im vereinfachten Genehmigungsverfahren (grundsätzlich) auch die Einhaltung der Anforderungen nach der BauO LSA. Gemäß § 62 Satz 2 BauO LSA prüft sie jedoch auf Antrag des Bauherrn abweichend von § 62 Satz 1 Buchstabe b) und c) BauO LSA (nur) 1. die Zulässigkeit beantragter Abweichungen im Sinne des § 66 Abs. 1 und 2 Satz 2 BauO LSA sowie 2. die Einhaltung der anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt oder ersetzt wird. Dieses sogenannte Wahlprüfprogramm des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens erstreckt sich damit anstatt auf das gesamte Bauordnungsrecht lediglich auf beantragte Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Vorschriften (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 62 RdNr. 63). Die Beigeladenen haben in ihrem Baugenehmigungsantrag eine solche Beschränkung des Prüfprogramms beantragt. Sie haben das Feld „Die Prüfungseinschränkung nach § 62 Satz 2/§ 63 Satz 2 BauO LSA wird beantragt“ angekreuzt. Daraufhin hat die Antragsgegnerin ausdrücklich eine „Baugenehmigung nach § 62 BauO LSA mit eingeschränkter Prüfung“ erteilt. Bescheinigt aber die Baugenehmigung in ihrem feststellenden Teil nicht die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Bauordnungsrecht, sind auch ihrer Anfechtbarkeit entsprechende Grenzen gezogen (vgl. Beschl. d. Senats v. 16.03.2006 – 2 M 83/06 –, Juris; Jäde, a.a.O., § 71 RdNr. 36, m.w.N.). Dem Nachbarn ist in diesen Fällen Anfechtungsrechtsschutz nur in der Reichweite des (eingeschränkten) Prüfprogramms eröffnet; im Übrigen ist er auf Rechtsschutz im Wege der (ggf. vorbeugenden) Verpflichtungsklage auf bauaufsichtliches Einschreiten, flankiert durch Rechtsschutz nach § 123 VwGO, verwiesen (vgl. Jäde, a.a.O., § 69 RdNr. 195, m.w.N).

7

1.2. Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten weist der Senat allerdings auf Folgendes hin:

8

1.2.1. Dem Gebäudeteil, der an die gemeinsame Grundstücksgrenze gebaut werden soll, dürfte entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht deshalb der Charakter einer nach § 6 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 BauO LSA ohne eigene Abstandsflächen zulässigen Grenzgarage abzusprechen sein, weil sie in das Gesamtgebäude integriert ist.

9

Die Privilegierung einer Garage nach dieser Vorschrift setzt nicht voraus, dass es sich um ein selbständiges Gebäude handelt. Auch eine an ein Hauptgebäude angebaute Garage als unselbständiger Gebäudeteil genießt diese Privilegierung. 0Die Verbindung der Grenzgarage durch einen Zugang zu einem anderen Gebäude, insbesondere zu einem Gebäude der Hauptnutzung ist zulässig (vgl. Jäde/Dirnberger, a.a.O, § 6 RdNr. 306). Durch einen derartigen baulich unselbständigen Gebäudeteil wird der Nachbar nach Maß und Funktion nicht mehr beeinträchtigt als durch eine selbständige Garage in denselben Maßen und mit derselben Funktion; maßgeblich ist allein, ob der Gebäudeteil funktional als Garage dient (vgl. OVG NW, Urt. v. 05.02.1996 – 10 A 3624/92 –, BauR 1996, 835 [837]; SächsOVG, Beschl. v. 25.11.1997 – 1 S 407/97 –, BRS 59 Nr. 119; SaarlOVG, Urt. v. 08.03.2007 – 2 R 9/06 –, BRS 71 Nr. 174; HessVGH, Urt. v. 18.03.1999 – 4 UE 997/95 –, BauR 2000, 1316, m.w.N.). Die Regelungen über Abstandsflächen dienen der ausreichenden Belichtung, Besonnung und Belüftung, dem Feuerschutz und der Brandbekämpfung, aber auch dem störungsfreien Wohnen. Die Abstandsfläche darf nach der Entscheidung des Gesetzgebers ausnahmsweise für Nutzungen mit mindestens gleichrangiger Funktion in Anspruch genommen werden, vornehmlich, um zur Entlastung des öffentlichen Verkehrsraums Kraftfahrzeuge unterzubringen. Dieser gleichrangigen Funktionen wegen muss der Nachbar ein Bauen in der Abstandfläche als ihm zumutbar hinnehmen, solange die dort genannten Maße eingehalten werden. Dann ist es nach dem Schutzzweck der Vorschrift unerheblich, ob die Garagenräume ein selbständiges Gebäude oder den unselbständigen Gebäudeteil eines anderen Gebäudes darstellen (vgl. zum Ganzen: OVG NW, Urt. v. 05.02.1996, a.a.O.). Dieses Ergebnis entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, wie er in der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drucks. 4/2252, S. 213) zum Ausdruck gekommen ist. Danach erstreckt sich die Privilegierung in § 6 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 BauO LSA auf Garagen und Gebäude unabhängig davon, ob diese räumlich-funktional einem Hauptgebäude zu- oder untergeordnet sind, da dieses abstandsflächenrechtlich unerheblich sei. Der Auffassung des Antragstellers, den nachbarlichen Belangen der Belichtung, Besonnung und Belüftung werde nur bei vom jeweiligen Hauptgebäude abgesetzten Garagen hinreichend Rechnung getragen, dürfte – jedenfalls in dieser Allgemeinheit – nicht zu folgen sein. Soweit der Anbau einer Garage an ein Wohngebäude, wie er sehr häufig – im Übrigen auch auf dem Grundstück des Antragstellers selbst – anzutreffen ist, trotz Einhaltung der in § 6 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 BauO LSA vorgegebenen Maße im Einzelfall dazu führen sollte, dass eine hinreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung des Nachbargebäudes- oder Grundstücks nicht mehr gewährleistet ist, kann der betroffene Nachbar einen Abwehranspruch auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme stützen. Das Rücksichtnahmegebot kann im Einzelfall auch dann verletzt sein, wenn die Abstandsvorschriften eingehalten sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999 – 4 B 128.98 –, NVwZ 1999, 879).

10

Nach den von den Beigeladenen eingereichten Bauvorlagen hat der bis an die östliche Grundstücksgrenze reichende eingeschossige Gebäudeteil die Funktion einer Garage. Dabei dürfte unschädlich sein, dass nicht nur dieser Gebäudeteil als Garage genutzt wird, sondern eine insgesamt ca. 6 m breite Doppelgarage entstehen soll, die baulich dergestalt in das Gesamtgebäude integriert ist, dass über ihrem westlichen, nicht grenzständigen Teil Wohnräume des Hauptgebäudes liegen. Auch eine solche bauliche Anordnung dürfte die Privilegierung des grenzständigen Teils der Garage nach § 6 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 BauO LSA nicht ausschließen.

11

1.2.2. Der Antragsteller wird einen Abwehranspruch voraussichtlich auch nicht darauf stützen können, dass die „Grenzgarage“ an der Nordseite eine Höhe von 3,48 m aufweist und damit das in § 6 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 BauO LSA zugelassene Höchstmaß von 3 m mittlerer Wandhöhe überschreitet.

12

a) Für die Frage, ob ein Vorhaben dem Schutz des Nachbarn dienende Vorschriften über Abstandsflächen verletzt, ist allein maßgeblich, ob die erforderlichen Abstandsflächen gegenüber seiner Grundstücksgrenze eingehalten werden (vgl. Dirnberger, in Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 6 RdNr. 13). Ein Nachbar wird nur dann in seinen Rechten verletzt, wenn sich die erforderliche Abstandsfläche auf sein Grundstück erstreckt (Dhom, in: Simon BayBauO, Art. 6 RdNr. 306). Insofern ist für eine Verletzung der Rechte des Antragstellers ohne Belang, welche Abstandsfläche die nach Norden zur E-Straße zeigende Außenwand des Gebäudes (im Garagenabschnitt) erzeugt und ob sie die insoweit maßgeblichen Vorschriften, insbesondere § 6 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA einhält.

13

b) Zwar kann der Teil der nördlichen Außenwand, der als Attika über dem grenzständigen Gebäudeteil errichtet werden soll, auch bei der Frage, ob die Garage die Privilegierung des § 6 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 BauO LSA genießt, nicht unberücksichtigt bleiben. Nach den Bauvorlagen (Bl. 26 und 31 der Beiakte B) hat dieser Wandteil eine Tiefe von 0,56 m und bildet damit zugleich einen – wenn auch nur schmalen – Abschnitt der östlichen Außenwand der Grenzgarage. Dabei handelt es sich auch nicht um einen Gebäudeteil nach § 6 Abs. 6 BauO LSA, der bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht bleibt. Da der übrige, 8,44 m lange Abschnitt der östlichen Außenwand der Garage durchgängig eine Höhe von 3 m ausweist, überschreitet die Garage insgesamt (einschließlich des 3,48 m hohen Wandabschnitts) das zugelassene Maß von 3 m mittlerer Wandhöhe geringfügig, nämlich um ca. 3 cm ([8,44 m x 3,00 m] + [0,56 m x 3,48 m] : 9 m ˜ 3,03 m).

14

Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 10.10.2006 – 2 L 680/04 – Juris, m.w.N.) hat der Nachbar aber keinen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten, wenn der Verstoß für ihn keine oder nur ganz geringfügige Beeinträchtigungen zur Folge hat. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller durch die 3,48 m hohe Attika an der Nordseite der Garage überhaupt beeinträchtigt wird.

15

Hinzu kommt, dass die auf dem Grundstück des Antragstellers an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Garage nach dem Lage- und Höhenplan der (...) Vermessungs- und Projektierungs- GmbH (Bl. 22 der Beiakte B sowie Bl. 17 der Beiakte A) zumindest an der Nordseite eine Höhe von 3,11 m aufweist und damit das für Grenzgaragen höchst zulässige Maß von 3 m mittlerer Wandhöhe ebenfalls nicht einhält. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 24.01.2012 – 2 M 157/11 –, Juris, m.w.N.) kann ein Grundstücksnachbar Abwehrrechte gegen die Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften durch ein Bauvorhaben grundsätzlich insoweit nicht geltend machen, als die Bebauung auf seinem Grundstück gegenüber dem Nachbargrundstück in vergleichbarem Umfang die nach dem geltenden Recht erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält, es sei denn, der Bau des Nachbarn entsprach früherem (Abstands-)Recht.

16

2. Dem Verwaltungsgericht ist darin beizupflichten, dass das Vorhaben der Beigeladenen keine nachbarschützenden Vorschriften des Bauplanungsrechts verletzt.

17

2.1. Der Antragsteller vermag nicht mit dem Einwand durchzudringen, das geplante Gebäude füge sich insbesondere hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, weil es den von der Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen (deutlich) überschreite, und erzeuge bodenrechtliche Spannungen.

18

§ 34 Abs. 1 BauGB hat nicht stets und generell drittschützende Wirkung (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 RdNr. 141). Vielmehr hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das im Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene (objektivrechtliche) Gebot der Rücksichtnahme nachbarschützenden Charakter, soweit in besonders qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.10.1985 – 4 C 19.82 –, DVBl 1986, 187; Urt. v. 25.02.1977 – IV C 22.75 –, BVerwGE 52, 122). Für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots reicht es nicht aus, dass ein Vorhaben sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, der durch die Bebauung der Umgebung gebildet wird; hinzu kommen muss objektivrechtlich, dass es im Verhältnis zu seiner Umgebung bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugt, die potentiell ein Planungsbedürfnis nach sich ziehen, und subjektivrechtlich, dass es die gebotene Rücksichtnahme speziell auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung vermissen lässt (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1996 – 4 B 215.96 –, NVwZ-RR 1997, 516).

19

2.2. Es kann offen bleiben, ob das Vorhaben der Beigeladenen in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet und bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugt. Der Senat vermag jedenfalls nicht zu erkennen, dass das Vorhaben die gebotene Rücksichtnahme speziell auf die Bebauung auf dem Grundstück des Antragstellers vermissen lässt.

20

2.2.1. Insbesondere hat das geplante Gebäude keine erdrückende Wirkung.

21

Der Antragsteller leitet eine solche Wirkung zu Unrecht aus der Höhe des geplanten Gebäudes im Verhältnis zu seinem Wohnhaus ab. Die Firsthöhe seines 1-½-geschossigen Gebäudes mit Walmdach beträgt nach dem bereits erwähnten Lage- und Höhenplan 7,63 m, während das zweigeschossige Flachdach-Gebäude der Beigeladenen eine Höhe von (nur) 6,78 m erreichen soll. Auch wenn der Neubau aufgrund seiner Kubatur gegenüber dem Wohnhaus des Antragstellers deutlich massiver wirkt, kann von einer erdrückenden Wirkung keine Rede sein. Eine erdrückende Wirkung durch Höhe und Volumen hat das Bundesverwaltungsgericht beispielsweise angenommen bei Errichtung eines 12-geschossigen Hochhauses in einem Abstand von 15 m an der engsten Stelle zu einem 2 ½-geschossigen Gebäude (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.1981 – 4 C 17.78 –, BauR 1981, 354). Der VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 08.11.2007 – 3 S 1923/07 –, NVwZ-RR 2008, 159) hat eine erdrückende Wirkung angenommen bei einem 3- bis 4-geschossigen Gebäude mit einer Traufhöhe von 13 bis 14 m und einer Giebelhöhe von 16 bis 17 m gegenüber einem eingeschossigen Wohnhaus, bei dem sämtliche Fenster zum Vorhaben hin ausgerichtet waren und das nur wenig mehr als 1 m von der Grundstücksgrenze und einer daran unmittelbar anschließenden Tiefgaragenzufahrt entfernt lag. Damit sind die hier gegebenen baulichen Verhältnisse nicht ansatzweise vergleichbar.

22

Eine erdrückende Wirkung lässt sich auch nicht dem Eindruck des „Eingemauertseins“ begründen. Von einer solchen Situation kann dann gesprochen werden, wenn die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d. h. dort ein Gefühl des Eingemauertseins oder eine Gefängnishofsituation hervorruft (NdsOVG, Beschl. v. 15.01.2007 – 1 ME 80/07 –, BRS 71 Nr. 88, m. w. Nachw.). Bauliche Verhältnisse dieser Art liegen hier nicht vor. Der Antragsteller hat sowohl in südliche als auch in nördliche Richtung freien Blick. Insbesondere hat er weiterhin freie Sicht von seiner Terrasse in seinen Garten.

23

2.2.2. Durch das Vorhaben der Beigeladenen wird auch die Belichtung, Besonnung und Belüftung nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. Wie oben bereits dargelegt, kann zwar das Rücksichtnahmegebot im Einzelfall auch dann verletzt sein, wenn die landesrechtlichen Abstandsvorschriften eingehalten sind; allerdings wird dies zumindest aus tatsächlichen Gründen in der Regel nicht der Fall sein (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999, a.a.O.). Auch im konkreten Fall sind keine besonderen Umstände erkennbar, welche die von den Beigeladenen vorgesehene Bebauung in Bezug auf Belichtung, Besonnung und Belüftung als gegenüber dem Grundstück des Antragstellers rücksichtslos erscheinen lassen. Insbesondere kann sich der Antragsteller nicht darauf berufen, dass besonders im Frühjahr und Herbst seinem Grundstück in den Nachmittagsstunden die Sonne genommen werde. Eine Bebauung ist nicht schon dann rücksichtslos, wenn sie zu einer Verschattung des Nachbargrundstücks zu bestimmten Tageszeiten führt. Eine bestimmte Dauer oder Qualität der Tagesbelichtung eines Grundstücks wird im Baurecht nicht gewährleistet (OVG SH, Urt. v. 20.01.2005 – 1 LB 23/04 –, NordÖR 2005, 314). In einem bebauten Gebiet muss regelmäßig damit gerechnet werden, dass Nachbargrundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine Bebauung zu einer Verschattung des eigenen Grundstücks zu bestimmten Tageszeiten kommt (vgl. OVG NW, Urt. v. 19.07.2010 – 7 A 3199/09 –, BauR 2011, 248). Die Sonneneinstrahlung auf das Grundstück des Antragstellers insbesondere aus südlicher Richtung bleibt weiterhin unbeeinträchtigt. Der Antragsteller vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, der Wert seines Grundstücks werde durch die schlechtere Besonnung gemindert. Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung bilden für sich genommen keinen Maßstab dafür, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1996 – 4 B 215.96 –, NVwZ-RR 1997, 516). Unter dem Gesichtspunkt der Wertminderung kommt ein Abwehranspruch nur dann in Betracht, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks ist (BVerwG, Beschl. v. 24.04.1992 – 4 B 60.92 –, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 109). Dies ist hier aber nicht der Fall.

24

2.2.3. Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, durch die weit in den Garten reichende Bebauung sei die Intimsphäre in dem Terrassenbereich seines Grundstücks massiv verletzt.

25

Das Gebot der Rücksichtnahme bietet in aller Regel keinen Schutz vor Einsichtsmöglichkeiten auf Grundstücke. In bebauten innerörtlichen Bereichen gehört es zur Normalität, dass von benachbarten Grundstücken bzw. Gebäuden aus Einsicht in das eigene Grundstück und in Gebäude genommen werden kann. Die Grenze des Zumutbaren wird erst dann überschritten, wenn ein Vorhaben Einsichtsmöglichkeiten auf das Nachbargrundstück eröffnet, die über das hinzunehmende Maß hinausgehen, etwa wenn ein Balkon in unmittelbarer Nähe zu einem vorhandenen Schlafzimmerfenster errichtet werden soll oder wenn eine Dachterrasse aus kurzer Entfernung Einsichtsmöglichkeiten nicht nur in einen Innenhof, sondern auch in die Fenster eines Nachbargebäudes eröffnet. Das Gebot der Rücksichtnahme kann der Errichtung eines Balkons entgegenstehen, wenn damit qualifizierte Einsichtnahmemöglichkeiten wie von einer „Aussichtsplattform" in ein etwa ein Meter entferntes Schlafzimmerfenster sowie in die benachbarten Terrassenbereiche geschaffen werden (vgl. Beschl. d. Senats v. 24.01.2012 – 2 M 157/11 –, Juris, m.w.N.).

26

Der Antragsteller hat schon nicht dargelegt, inwieweit durch die Nutzung bestimmter Gebäudeteile durch die Beigeladenen unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten dieser Art geschaffen werden.

27

3. Auch das Vorbringen des Antragstellers zu der nach seiner Auffassung weiterhin bestehenden Denkmaleigenschaft einer aus drei Einzelbauten bestehenden Baugruppe innerhalb der E-Siedlung rechtfertigt nicht die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beschwerdebegründung legt nicht dar, inwieweit durch eine Nichtbeachtung der geltend gemachten Denkmaleigenschaft dieses (Teil-)Bereichs dem Schutz des Antragstellers dienende Vorschriften oder sein Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 21.04.2009 – 4 C 3.08 –, BVerwGE 133, 347) verletzt sein könnten. Sie setzt sich insbesondere nicht mit den vom Verwaltungsgericht dargestellten Voraussetzungen auseinander, unter denen ein Abwehranspruch des Nachbarn aus denkmalschutzrechtlichen Gründen überhaupt in Betracht kommen kann.

28

B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327, 1329).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.