Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 20. Apr. 2016 - 2 L 64/14

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2016:0420.2L64.14.0A
bei uns veröffentlicht am20.04.2016

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Nebenbestimmung in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage, mit der ihr der Beklagte die zeitweise Abschaltung der Anlage zum Zwecke des Schutzes von Fledermäusen aufgab.

2

Am 07.01.2008 beantragte die M. Windparkplanung GmbH & Co. KG (M.) beim Beklagten eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windkraftanlagen des Typs GE 1.5sl auf den Grundstücken der Gemarkung B., Flur A, Flurstücke 146/4, 151 und 130/1. Dem Antrag war ein faunistisches Gutachten des Ingenieurbüros T. S. vom 28.01.2008 zur Abschätzung der Gefährdung von Fledermäusen durch das Vorhaben beigefügt, das zu dem Ergebnis kam, dass durch den Betrieb der drei neuen Windenergieanlagen kaum erhebliche und nachhaltige Auswirkungen für die Fledermausvorkommen in der Region zu erwarten seien.

3

Mit Schreiben vom 11.03.2008 nahm die Referenzstelle für Fledermausschutz des Landes Sachsen-Anhalt zu dem Gutachten Stellung. Sie beanstandete, dass die Untersuchungen zur Bestandserfassung der Fledermäuse lediglich im Zeitraum vom 16.09. bis 28.10.2007 stattgefunden hätten und keine nachvollziehbaren Daten zum Fledermauszug (Spätsommerzug) erhoben worden seien. Zudem werde der Mindestabstand von 200 m zu Strukturen wie Gehölzen, Wald und Gewässer unterschritten. In einem Schreiben vom 02.07.2008 teilte das Ingenieurbüro T. S. dem Beklagten mit, dass die (M.) mit einem zeitweiligen Abschalten der Windkraftanlagen während der Migrationszeit der Fledermäuse einverstanden sei.

4

Mit Bescheid vom 18.03.2010 genehmigte der Beklagte die Errichtung und den Betrieb der beiden Windkraftanlagen auf den Flurstücken 146/4 und 151 unter Beifügung einer Nebenbestimmung zur Abschaltung der Windkraftanlagen in den Monaten August und September. Hinsichtlich der auf dem Flurstück 130/1 vorgesehenen Windkraftanlage hatte die Regionale Planungsgemeinschaft Halle dem Beklagten unter dem 29.04.2009 die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung befristet untersagt, weil sich der Standort außerhalb eines im künftigen Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Halle für die Nutzung der Windenergie vorgesehenen Gebiets befinde. Daraufhin setzte der Beklagte die Entscheidung über den Genehmigungsantrag mit Bescheid vom 27.04.2010 aus.

5

Nach einem Bauherrenwechsel änderte die Klägerin das Vorhaben und beantragte mit Datum vom 21.06.2010 eine immissionsschutzrechtliche "Nachgenehmigung" zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Fuhrländer FLMD77 mit einer Nabenhöhe von 100 m, einem Rotordurchmesser von 77 m und einer Nennleistung von 1,5 MW auf dem Grundstück der Gemarkung B.. Flur A, Flurstück 146/4. Damit wurde der Standort der bis dahin nicht genehmigten dritten Windkraftanlage vom Flurstück 130/1 etwa 100 m nach Nordwesten verschoben. Er befindet sich ca. 1.300 m nordöstlich der Ortslage O. und ca. 1.300 m südlich der Ortslage B. und liegt nunmehr innerhalb des im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Halle ausgewiesenen Vorranggebiets für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten „Nr. XI O.“. Nördlich und östlich des vorgesehenen Standorts der Windkraftanlage fließt der Rohnebach. Dem Genehmigungsantrag fügte die Klägerin das faunistische Gutachten des Ingenieurbüros T. S. vom 28.01.2008 bei.

6

Mit E-mail vom 05.01.2011 übersandte der Beklagte der Klägerin den Entwurf des Genehmigungsbescheides, der bereits die streitige Abschaltauflage enthielt, und gab ihr Gelegenheit, sich bis zum 17.01.2011 zu äußern. Hierauf antwortete die Klägerin mit E-mail vom gleichen Tage und teilte dem darin Beklagten mit, dass – wie telefonisch besprochen – bei der Grundstücksangabe das Flurstück 146/1 zu ergänzen sei; da weitere Anmerkungen ihrerseits nicht vorlägen, bitte sie darum, die Genehmigung schnellstmöglich auszufertigen.

7

Mit Bescheid vom 07.01.2011 erteilte der Beklagte der Klägerin für den geänderten Standort eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der dritten Windkraftanlage auf den Flurstücken 146/4 und 146/1. Unter Ziffer 7.1 der Nebenbestimmungen gab der Beklagte der Klägerin auf, die Windkraftanlage während des überregionalen Herbstzugs der Fledermäuse im August und September jeweils eine Stunde vor Sonnenuntergang bis eine Stunde nach Sonnenaufgang abzuschalten. Die Abschaltung der Windkraftanlage entfalle bei Windgeschwindigkeiten über 8 m/s (in Nabenhöhe gemessen). Die Abschaltzeiten seien mittels elektronischen Datenspeichers zu dokumentieren und jeweils am Jahresende der Überwachungsbehörde als Papierausdruck vorzulegen. Zur Begründung führte er aus, das strenge Schutzregime, dem die Fledermäuse unterlägen, rechtfertige die Abschaltzeiten. Die Windkraftanlage befinde sich im Nahbereich von gehölzbestandenen Wegen bzw. Gräben, die als Leitlinie der im Gebiet jagenden Fledermäuse dienten. Trotz der erheblichen Mängel des Gutachtens des Ingenieurbüros T. S. {habe die Nutzung der Gehölzreihen als Leitstrukturen durch mehrere Fledermausarten nachgewiesen werden können. Insbesondere lasse der Nachweis der besonders schlaggefährdeten Arten Zwergfledermaus, Abendsegler und Breitflügelfledermaus ein sehr hohes Konfliktpotenzial erkennen. Untersuchungen der Fledermausfauna im Frühsommer und Sommer würden mit hoher Sicherheit auch ein höheres Konfliktpotenzial nachweisen.

8

Am 07.02.2011 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht hat: Der Betrieb der Windkraftanlage begründe während der angeordneten Abschaltzeiten kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die geschützten Fledermausarten. Das vom Beklagten herangezogene Fledermausgutachten für einen benachbarten Standort liefere keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Windkraftanlage in einem hoch frequentierten Zugkorridor fernziehender Fledermausarten liege. Dafür gäben auch die Zufallsbeobachtungen des Leiters der Referenzstelle für Fledermausschutz des Landes Sachsen-Anhalt in der Rohneaue südlich von O. und nördlich des Autobahnparkplatzes Rohnetal nichts her. Es sei zudem nicht ersichtlich, dass die in der Nähe der Windkraftanlage vorhandenen Gehölzstrukturen von residenten oder balzenden Fledermausarten überdurchschnittlich genutzt werden. Insbesondere unterscheide sich die Landschaftsstruktur der Rohneaue südlich von O., die für die Balz besondere Bedeutung haben könne, von derjenigen im Umfeld des Standorts der Windkraftanlage, die durch großflächige Landwirtschaft geprägt sei. Jedenfalls sei die angeordnete Abschaltung der Windkraftanlage unverhältnismäßig. Eine Freigabe des Betriebs erst ab einer Windgeschwindigkeit von 8 m/s sei ebenso wenig vertretbar wie die Abschaltung bis eine Stunde nach Sonnenaufgang. Auch sei eine Abschaltung bei Niederschlag bzw. bei Temperaturen unter 10° C fachlich nicht geboten. Schließlich habe der Beklagte willkürlich gehandelt, weil er die Abschaltung nur ihr gegenüber, nicht aber gegenüber anderen Anlagenbetreibern im betreffenden Windpark angeordnet habe.

9

Die Klägerin hat beantragt,

10

die Nebenbestimmung Ziffer 7.1 des Bescheids des Beklagten vom 07.01.2011 aufzuheben,

11

hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, ihr eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Fuhrländer FLMD77 mit einer Nabenhöhe von 100 m, einem Rotordurchmesser von 77 m und einer Nennleistung von 1,5 MW auf dem Grundstück der Gemarkung B., Flur A, Flurstücke 146/4 und 146/1, ohne die im Hauptantrag genannte Nebenbestimmung 7.1 zu erteilen.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen

14

und vorgetragen: Die Abschaltauflage sei erforderlich, weil sich die Windkraftanlage im Bereich einer bevorzugten Zugbahn der besonders schlaggefährdeten fernziehenden Fledermausarten Großer und Kleiner Abendsegler sowie Rauhautfledermaus befinde. Der Standort der Anlage sei zwischen den bekannten Aufenthalts- und Schwärmgebieten der ziehenden Fledermausarten im Bereich der Mansfelder Seen im Nordosten und dem Stausee Kelbra im Westen gelegen und werde während des von Nordost nach Südwest verlaufenden Herbstzugs der Fledermäuse überflogen. Insoweit konzentriere sich das Zuggeschehen zwischen dem Südharzrand und dessen Ausläufern (Hornburger Sattel) im Norden und der Querfurter Platte sowie dem Ziegelrodaer Plateau im Süden. Dies werde durch das Gutachten des Büros für Landschaftsökologie M. vom 04.01.2008 zum benachbarten Windpark Mittelhausen bestätigt. Für den Zeitraum von Ende August bis in die dritte Septemberwoche 2007 habe der Gutachter erhöhte Zugaktivitäten festgestellt. Er sei zu dem Schluss gekommen, dass über den Windparkflächen in einigen Nächten Individuenzahlen von bis zu 100 durchfliegenden Tieren erreicht würden und im Hinblick darauf, dass sich der Zug in einer für die Kollision kritischen Höhe von zum Teil über 100 m vollziehe, auf eine hohe Gefährdung der Tiere geschlossen werden könne. Da sich die Windkraftanlage der Klägerin unmittelbar nordöstlich des vom Gutachter untersuchten Windparks Mittelhausen befinde, gälten die Einschätzungen auch für den Standort der streitigen Anlage.

15

Dessen Lage in einer Zugkonzentrationszone mit hohem Kollisionsrisiko werde auch durch die Feststellungen des Leiters der Referenzstelle für Fledermausschutz des Landes Sachsen-Anhalt bestätigt. Dieser habe am Abend des 27.08.2010 nördlich des Autobahnrastplatzes "Rohnetal" innerhalb von 30 Minuten mehrere Trupps, die vermutlich aus fünf bis zehn Tieren bestanden haben, von Ost nach West ziehender Abendsegler mittels Detektor festgestellt. Zudem habe eine an vier ausgewählten Windkraftanlagen im Windpark O. durchgeführte Schlagopfersuche der Landesreferenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt an insgesamt sechs Terminen während des Herbstzugs 2013 und des Frühjahrszugs 2014 sechs tote Fledermäuse fernwandernder Arten erbracht. Dabei seien zwei tote Fledermäuse im Frühjahr 2014 und vier tote Fledermäuse am 24.08.2013 (drei Rauhautfledermäuse, ein Großer Abendsegler), darunter auch eine unter der Anlage der Klägerin, aufgefunden worden. Unter Berücksichtigung der Umstände, dass Schlagopfer übersehen sowie durch Prädatoren abgetragen werden und ein Großteil der Fläche um die Anlagen wegen des Bewuchses nicht habe abgesucht werden können, sei auf der Grundlage der Formel in der Handlungsempfehlung des Landes Brandenburg vom 13.12.2010 davon auszugehen, dass an den vier Anlagen jährlich 142 ziehende Fledermäuse zu Tode kommen.

16

Die Notwendigkeit der Abschaltauflage ergebe sich darüber hinaus aus der Nähe des Standorts der Anlage der Klägerin zu den Gehölzstrukturen an der Rohne, die als Leitlinien, Jagdhabitat und Balzquartier für verschiedene Fledermausarten dienten. Die Gehölze stünden durch den Bachlauf der Rohne in Verbindung mit einem bedeutsamen Balzgebiet westlich der Ortslage O.. In den dortigen Gehölzen der Rohneaue {befänden sich zur Wanderzeit Quartiere paarungsbereiter Männchen, die ziehende Weibchen anlockten. Dies belegten Netzfangdaten der Referenzstelle für Fledermausschutz des Landes Sachsen-Anhalt während einer Fangnacht im August 2010, als im Bereich der Rohneaue südlich von O. sehr starke Abendsegleraktivitäten festgestellt worden seien.

17

Der Schutz der Fledermäuse erfordere auch die Festlegung, dass die Windkraftanlagen zu den Zugzeiten erst ab einer Windgeschwindigkeit von 8 m/s wieder in Betrieb genommen werden dürfen. Dies belege etwa eine Untersuchung von L. und P. Bach aus dem Jahr 2009. Es gelte in Fachkreisen zudem als anerkannt, dass wandernde Fledermausarten bei leichten Niederschlägen flögen, weshalb eine entsprechende Einschränkung der Abschaltauflage ausscheide. Schließlich komme auch eine Beschränkung der Abschaltung für bestimmte Temperaturen nicht in Betracht, da belastbare Untersuchungen über den Zusammenhang des Zugverhaltens von Fledermäusen und der Lufttemperatur nicht vorlägen.

18

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 21.06.2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, und den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 07.01.2011 aufgehoben, soweit er dem entgegensteht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

19

Die angefochtene Nebenbestimmung, die einen Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verhindern solle, sei rechtswidrig, weil sie in rechtsfehlerhafter Weise ergangen sei. Hinsichtlich der Frage, ob artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt sind, stehe dem Beklagten zwar sowohl bei der ökologischen Bestandsaufnahme als auch bei deren Bewertung, insbesondere bei der Quantifizierung möglicher Betroffenheiten, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu, da sich hinsichtlich der Bestandserfassung von Fledermäusen und der Bewertung der Steigerung des für sie bestehenden Tötungsrisikos durch Windkraftanlagen noch kein allgemein anerkannter Stand der Fachwissenschaft herausgebildet habe. Der Beklagte habe jedoch sowohl bei der Bestandserfassung als auch im Rahmen der Risikobewertung die Grenzen seiner Beurteilungsermächtigung überschritten. Seine Annahme, das Tötungsrisiko für einzelne Fledermausarten werde durch den Betrieb der Windkraftanlage der Klägerin während der Monate August und September signifikant erhöht, sei auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen zum Fledermausvorkommen am Vorhabenstandort naturschutzfachlich nicht vertretbar. Die zugrunde liegende Bestandserfassung ermögliche zudem keine sachgerechte Beurteilung der Betroffenheit der Fledermäuse.

20

Der Beklagte stütze seine Einschätzung, dass sich der Standort der Windkraftanlage der Klägerin in einem Zugkorridor befinde, in dem sich das Zuggeschehen fernziehender Fledermäuse während des Herbstzugs konzentriere, maßgeblich auf die Ermittlungen des Fledermausvorkommens im Gutachten des Büros für Landschaftsökologie M. vom 04.01.2008, das zu einem in einer Entfernung von ca. 1,2 bis 2 km südlich bzw. südwestlich des Standorts der Windkraftanlage der Klägerin verwirklichten Vorhaben erstellt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt rechtfertigten diese gutachterlichen Feststellungen indes nicht die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für fernziehende Fledermausarten. Auch das Auffinden einer toten Fledermaus am 24.08.2013 unter der Anlage der Klägerin bzw. drei weiterer toter Fledermäuse unter drei anderen Anlagen im Windpark O. (sowie zweier toter Fledermäuse im Frühjahr 2014) gebe nichts für eine Konzentration des Zuggeschehens während der Herbstwanderung der Fledermäuse am Vorhabenstandort der Klägerin bzw. dafür her, dass an der Anlage mehr als nur vereinzelte Fledermäuse der geschützten Arten zu Tode kommen können. Nach der vom Beklagten zur Stützung seiner Auffassung herangezogenen Handlungsempfehlung zum Umgang mit Fledermäusen bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Brandenburg vom 13.12.2010 könne zwar eine Kollisionsopfersuche für die Bewertung eines standörtlichen Kollisionsrisikos mit herangezogen werden, was jedoch eine Erhebung der Schlagopfer über mindestens zwei Jahre voraussetze. Damit solle insbesondere starken phänologischen Schwankungen Rechnung getragen werden. Zudem sei dies erforderlich, um Zufallsgeschehen bzw. -ergebnisse auszuschließen. Mit den Ergebnissen der Schlagopfersuche während des Herbstzugs der Fledermäuse im Jahr 2013 (und des Frühjahrszugs im Jahr 2014) lasse sich infolgedessen ein durch die Windkraftanlage der Klägerin hervorgerufenes signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für fernwandernde Fledermausarten naturschutzfachlich nicht vertreten. Das gelte umso mehr, als der Beklagte selbst vorgetragen habe, dass die obere Naturschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren zu der Einschätzung gelangt sei, wegen der methodischen Unzulänglichkeiten sei die Schlagopfersuche allein keine geeignete Untersuchungsmethode zur Beurteilung der Gefährdung residenter oder ziehender Fledermäuse. Diese Einschätzung decke sich mit den Ausführungen im Leitfaden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ vom 12.11.2013. Danach sei die Suche nach Schlagopfern mit vielen methodischen Fehlern behaftet, und eine systematische Suche nach verunglückten Vögeln oder gar Fledermäusen sei nur mit viel Erfahrung und „geeichten“ Bearbeitern durchführbar. Repräsentative und reproduzierbare Ergebnisse seien daher nur bei Arbeiten zu erwarten, die den Charakter wissenschaftlicher Grundlagenarbeiten besäßen.

21

Naturschutzfachlich nicht vertretbar sei auch die Annahme des Beklagten, ein signifikant erhöhtes Tötungsrisikos ergebe sich daraus, dass sich die streitige Windkraftanlage im Nahbereich zu Gehölzstrukturen befinde, in denen vereinzelte Nachweise verschiedener Fledermausarten erbracht worden seien. Inwiefern die Nähe von Windkraftanlagen zu Gehölz- und Gewässerstrukturen das Tötungsrisiko für Fledermäuse erhöhe, sei in der Fachwissenschaft umstritten. Nach einer Auffassung (Dürr, Möglichkeiten zur Reduzierung von Fledermausverlusten an Windenergieanlagen in Brandenburg, Nyctalus [N.F.], 2007, Heft 2-3, S. 238 – 252) erhöhe sich das Schlagrisiko, je näher eine Windkraftanlage an einer Gehölzstruktur errichtet werde. Zur Verbesserung des Fledermausschutzes werde daher empfohlen, einen Abstand von 150 m zuzüglich Rotorradius zwischen dem Mastfuß der Windkraftanlagen und den Gehölz- und Gewässerstrukturen einzuhalten oder betriebsbedingte Abschaltzeiten anzuwenden. Die Abschaltung der Windkraftanlagen werde allerdings nicht unbesehen der Nutzung der Gehölz- und Gewässerstrukturen und des nahen Umfelds durch Fledermäuse für erforderlich erachtet. Vielmehr sei die Anwendung betriebsbedingter Abschaltzeiten an eine mehr als nur geringfügige Aktivitätsdichte der Fledermäuse geknüpft. Eine solche solle vorliegen, wenn mittels stationären Horchboxen mehr als 1,33 Flugaktivitäten je Stunde und Standort ermittelt worden seien. Die der Entscheidung des Beklagten zugrunde liegenden Untersuchungen gäben jedoch nichts dafür her, dass am Standort der Windkraftanlage bzw. im Bereich der nahegelegen Gehölzstrukturen im Zeitraum August und September eine mehr als nur geringere Dichte der einzelnen Fledermausarten zu verzeichnen sei. Zum einen erfassten die im Rahmen der Erstellung des Gutachtens des Ingenieurbüros T. S. {vom 28.01.2008 durchgeführten Untersuchungen nicht den vollständigen Zeitraum August und September, vielmehr beschränkten sich die Erhebungen auf die Zeit vom 16.09. bis zum 28.10.2007. Zum anderen habe der Gutachter in diesem Zeitraum lediglich geringe bis sehr geringe Fledermausaktivitäten im Untersuchungsgebiet festgestellt. Die mittels der im Untersuchungsgebiet aufgestellten Horchboxen ermittelten durchschnittlichen Flugaktivitäten je Stunde bewegten sich im Bereich zwischen 0,43 und 1,22 Überflügen. Dabei hätten die Horchboxen, die an den dem Standort der Windkraftanlage der Klägerin nahegelegenen Gehölzstrukturen aufgestellt worden seien (Horchboxen 3 und 4), lediglich Aktivitäten von durchschnittlich 0,6 bzw. 0,43 Überflügen je Stunde ergeben. Die höchsten Aktivitäten (1,22) seien dagegen durch eine Horchbox (Nr. 3) aufgezeichnet worden, die an einer weiter entfernten, außerhalb des empfohlenen Mindestabstands gelegen Gehölzstruktur aufgestellt worden sei. Ferner beziehe sich das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht auf die Säugetiergruppe „Fledermäuse“ (Microchiroptera), die zusammen mit den Flughunden (Megachiroptera) die Ordnung der Fledertiere (Chiroptera) bildeten, sondern auf die einzelne Art. Deshalb sei die Frage, ob eine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos vorliege, für die jeweils geschützte einzelne Art zu beurteilen. Die naturschutzfachliche Vertretbarkeit der Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos setze voraus, dass für die jeweilige geschützte Fledermausart im Bereich der nahegelegenen Gehölzstruktur bzw. des Standorts der Windkraftanlage der Klägerin jedenfalls mehr als nur geringe Aktivitäten festgestellt worden seien.

22

Die artenschutzrechtlichen Untersuchungen des Beklagten reichten zudem nicht aus, ihn in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen des in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geregelten Tötungsverbots sachgerecht zu prüfen. In den einschlägigen Empfehlungen und Leitfäden seien zur Bestandserfassung von (migrierenden bzw. ziehenden) Fledermäusen Geländeuntersuchungen unter kombiniertem Einsatz von Detektoren, Horchboxen, Sichtungen, gegebenenfalls Höhenaktivitätsmessungen etc. in einem Untersuchungsraum von mindestens einem Kilometer um den Standort der Windkraftanlage jedenfalls in den Monaten August und September vorgesehen. Eine entsprechende Bestandserfassung sei indes – wie der Beklagte selbst einräume – nicht erfolgt. In dem allgemein zur Erfassung des Zug- und Balzgeschehens für wesentlich erachteten Zeitfenster von Anfang August bis Mitte September seien hingegen Ermittlungen vor Ort zum Fledermausvorkommen nicht durchgeführt worden. Dem vom Beklagten für seine Entscheidung zudem herangezogenen Gutachten des Büros für Landschaftsökologie M. {vom 04.01.2008 hätten zwar Untersuchungen zugrunde gelegen, die den maßgeblichen Zeitraum August und September vollständig abdeckten. Jedoch habe sich das Untersuchungsgebiet auf einen Radius von einem Kilometer um sechs Windkraftanlagen bezogen, die ca. 1,2 bis 2 km südlich bzw. südwestlich des Standorts der Windkraftanlage der Klägerin gelegen seien. Das Untersuchungsgebiet habe insoweit nicht den Naturraum von einem Kilometer um die streitgegenständliche Windkraftanlage erfasst, insbesondere weder den Vorhabenstandort der streitigen Anlage noch die nahegelegenen Gewässer- bzw. Gehölzstrukturen.

23

Auch wenn die angefochtene Nebenbestimmung rechtswidrig sei, habe die Klägerin keinen Anspruch auf deren Aufhebung. Die isolierte Aufhebung einer der Genehmigung beigefügten Nebenbestimmung setze voraus, dass die verbleibende Genehmigung mit einem Inhalt bestehen bleiben könne, der der Rechtsordnung entspreche. Es stehe aber nicht fest, dass die der Klägerin erteilte Genehmigung auch ohne eine artenschutzrechtliche Nebenbestimmung zum Schutz der Fledermäuse rechtmäßig sei und nicht gegen das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoße. Die vorliegende ökologische Bestandsaufnahme hinsichtlich des Fledermausvorkommens erweise sich aus den bereits dargelegten Gründen als unzureichend und ermögliche insoweit keine sachgerechte Prüfung. Eine weitere diesbezügliche Sachverhaltsermittlung und -bewertung durch das Gericht scheide aus. Wegen der dem Beklagten insoweit zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative sei die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung der Einhaltung der Grenzen der Beurteilungsermächtigung beschränkt und das Gericht an eigenen Ermittlungen und Bewertungen gehindert.

24

Die Klägerin habe gegen den Beklagten auch nicht den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage auf dem streitgegenständlichen Grundstück ohne die der Genehmigung beigefügte Nebenbestimmung. Sie könne aber beanspruchen, dass der Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über ihren Genehmigungsantrag entscheide. Die Erteilung der von der Klägerin begehrten Genehmigung ohne die angegriffene Nebenbestimmung komme nicht in Betracht, weil sich auf der Grundlage der vorhandenen artenschutzrechtlichen Untersuchungen nicht feststellen lasse, ob das Vorhaben ohne die Nebenbestimmung gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoße. Wegen der dem Beklagten hinsichtlich der Bestandserfassung und Risikobewertung zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative könne das Gericht zudem die Spruchreife nicht herstellen. Dass der Beklagte jedoch zur erneuten Bescheidung des Genehmigungsantrags verpflichtet sei, folge daraus, dass die beigefügte Nebenbestimmung rechtswidrig sei, aber deren isolierte Aufhebung bzw. eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ohne die Nebenbestimmung aufgrund des bestehenden Beurteilungsspielraums des Beklagten ausscheide.

25

Die Entscheidung, ob das Vorhaben der Klägerin in weitergehendem Umfang als bereits geschehen genehmigt werden könne, habe der Beklagte auf der Grundlage einer Bestandserfassung des Fledermausvorkommens, die auf einer fachwissenschaftlich vertretbaren Methode beruhe, und einer entsprechenden Risikobewertung zu treffen. Das bedeute allerdings nicht, dass der Beklagte die seiner Entscheidung zugrunde zu legenden artenschutzrechtlichen Untersuchungen selbst durchführen müsse. Vielmehr obliege es im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren dem Antragsteller, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Soweit – wie hier – die Zulässigkeit oder Ausführung des Vorhabens nach Vorschriften über Naturschutz und Landschaftspflege zu prüfen sei, seien gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV dem Genehmigungsantrag die hierfür erforderlichen Unterlagen beizufügen, wobei sich die Anforderungen an den Inhalt dieser Unterlagen nach den naturschutzrechtlichen Anforderungen bestimmten. Im Hinblick darauf könne der Beklagte von der Klägerin gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 der 9. BImSchV die Ergänzung ihrer Antragsunterlagen um einen den vorgenannten Anforderungen entsprechenden artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum Fledermausvorkommen am Vorhabenstandort verlangen. Das gelte umso mehr, als der Beklagte nach seinem Vorbringen von einer derartigen Nachforderung im Genehmigungsverfahren lediglich deshalb abgesehen habe, weil sich die ursprüngliche Antragstellerin mit einem zeitweiligen Abschalten der Windkraftanlage während der Migrationszeit der Fledermäuse einverstanden erklärt habe.

26

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin wie folgt begründet:

27

Es sei schon nicht nachvollziehbar, weshalb das Verwaltungsgericht einerseits nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe die Nebenbestimmung nicht aufhebe, andererseits aber im Tenor doch eine Teilaufhebung formuliere.

28

In Anwendung der Rechtsprechung des Senats hätte das Verwaltungsgericht zu der Überzeugung gelangen müssen, dass die Signifikanzschwelle im Bereich der streitigen Einzelanlage nicht überschritten werde. Auch wenn man dem Beklagten eine Einschätzungsprärogative zubillige, gebe es im vorliegenden Fall keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass für mehr als nur wenige einzelne Individuen, namentlich der Zwergfledermaus und des Großen Abendseglers oder sonstiger fernwandernder Fledermausarten, eine besonders erhöhte Wahrscheinlichkeit bestehe, in den beauflagten Monaten August und September während der Dämmerungs- und Nachtzeit gerade durch die hier streitgegenständliche Einzelanlage geschlagen zu werden. Dies folge schon daraus, dass im Windpark B. weit mehr als 20 weitere Windkraftanlagen in Betrieb seien, für die der Beklagte keine Abschaltauflagen festgelegt habe.

29

Zu Unrecht sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die von ihr im Genehmigungsverfahren vorgelegten Untersuchungen des Ingenieurbüros T. S. aus dem Jahr 2008 unzureichend seien, um fehlende Beeinträchtigungen der Fledermausfauna darzulegen. Der Gutachter habe die Untersuchungen entsprechend den Vorgaben des Beklagten im Genehmigungsverfahren durchgeführt. Ferner hätten die Untersuchungen ergeben, dass allenfalls durchschnittliche Flugaktivitäten je Stunde vorlägen, und zwar zwischen 0,43 und 1,22 Überflügen, wobei die höchste Aktivität durch eine Horchbox aufgezeichnet worden sei, die an einer weit entfernten, außerhalb des empfohlenen Mindestabstands gelegenen Gehölzstruktur aufgestellt worden sei. Das Verwaltungsgericht sei auch unzureichend auf das im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte naturschutzfachliche Gutachten des Büros (R.) vom 16.12.2013 eingegangen, in dem dargelegt worden sei, dass das Im Jahr 2008 erstellte Gutachten den damaligen Anforderungen an den Stand der Technik entsprochen habe, es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass in der Nähe der Anlage gelegene Gehölzstrukturen eine besondere Schlaggefahr für einzelne Fledermausarten begründen könnten und mit Blick auf das Gutachten aus dem Jahr 2008 und weiteren Fledermausuntersuchungen zum Zuggeschehen im Bereich des in Rede stehenden Windparks und der angrenzenden Windparks Mittelhausen und Sotterhausen eine besondere Betroffenheit von einzelnen geschützten Arten auszuschließen sei. Der vom Beklagten behauptete Zugkorridor von geschützten Fledermausarten sei nicht nachgewiesen, und es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich ein solcher Zugkorridor gerade am Standort der Einzelanlage zur signifikanten Gefahr verdichten könnte. Deshalb habe der Beklagte weitere Untersuchungen weder vornehmen müssen, noch dürfe er solche von ihr fordern.

30

Selbst wenn Zweifel daran bestehen sollten, dass besondere Auswirkungen auf schlaggefährdete Fledermausarten fehlen, hätte das Verwaltungsgericht die streitige Nebenbestimmung aufheben müssen, weil der Beklagte darlegen und beweisen müsse, dass zumindest einzelne schlaggefährdete Fledermausarten durch den Betrieb der Anlage in besonderer Weise betroffen sein könnten. Nach der Rechtsprechung des Senats begründe zwar die Lage einer Windenergieanlage in einer Flugroute fernwandernder Fledermausarten gewissermaßen einen Anfangsverdacht einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos, der aber nicht dahingehend zu verstehen sei, dass er zu einer Umkehr der Beweislast führe und deshalb bereits als solcher die Annahme einer Überschreitung der Signifikanzschwelle begründe, falls der Anlagenbetreiber nicht das Gegenteil nachweise. Aufgrund des Gutachtens des Ingenieurbüros S. und der fachlichen Stellungnahme des Büros (R.) liege schon kein hinreichender "Anfangsverdacht" vor. Auch aus der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV folge, dass einerseits die streitige Nebenbestimmung in Gänze entfallen müsse, anderseits aber für eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung kein Raum bleibe. Dieser Vorschrift und der Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV sei zu entnehmen, dass es Aufgabe desjenigen sei, der eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung begehre, im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Die Immissionsschutzbehörde müsse aber ihrerseits zeitnah, regelmäßig vier Wochen nach Einreichung des Genehmigungsantrags, mitteilen, ob zusätzliche Unterlagen notwendig sind oder nicht. Eine Verpflichtung zur Nachreichung von (naturschutzfachlichen) Unterlagen durch den Antragsteller zu einem späteren Zeitpunkt und zu einer Neubescheidung durch die Genehmigungsbehörde ergebe sich daraus gerade nicht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei, da ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht erkennbar sei, eine isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung auch möglich und geboten.

31

Im Übrigen verstoße die Nebenbestimmung auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Nach den sog. tierökologischen Abstandskriterien des Landes Brandenburg seien Abschaltungen nur geboten, wenn eine überdurchschnittliche Betroffenheit einzelner Fledermausarten erwiesenermaßen vorliege. Zugleich seien die dort formulierten maximalen Abschaltparameter geringer gefasst (Windgeschwindigkeiten unterhalb von 5 m/s, Lufttemperatur = 10°C im Windpark, Zeitraum von 1 Stunde vor Sonnenuntergang bis eine Stunde vor Sonnenaufgang, kein Niederschlag).

32

Die Klägerin beantragt,

33

das angefochtene Urteil zu ändern und die Nebenbestimmung Ziffer 7.1 des Bescheides des Beklagten vom 07.01.2011 aufzuheben,

34

hilfsweise,

35

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihr eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Fuhrländer FLMD77 mit einer Nabenhöhe von 100 m, einem Rotordurchmesser von 77 m und einer Nennleistung von 1,5 MW auf dem Grundstück Gemarkung B.{}, Flur A, Flurstücke 146/4 und 146/1, ohne die Nebenbestimmung Ziffer 7.1 des Bescheides des Beklagten vom 07.01.2011 zu erteilen.

36

Der Beklagte beantragt,

37

die Berufung zurückzuweisen.

38

Er trägt vor: Eine Aufhebung der Nebenbestimmung über die Abschaltzeiten komme nicht in Betracht, weil die ökologische Bestandserfassung nicht ausreiche. Vielmehr müsse dieser noch unvollständige Punkt hinsichtlich der Tatsachenbasis vervollständigt werden, um dann einer erneuten naturschutzfachlichen Beurteilung unterzogen zu werden. Die Klägerin sei weiterhin verpflichtet, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen nachzureichen. Nach den Bestimmungen in §§ 4, 7 der 9. BImSchV sei unerheblich, wann die Behörde feststelle, dass die vorliegenden Unterlagen für eine abschließende Beurteilung des Begehrens nicht ausreichen. Zwar beanspruchten die artenschutzrechtlichen Untersuchungen, hier die Bestandserfassung des Fledermausvorkommens im Untersuchungsgebiet, einen längeren Zeitraum. Dem werde im fortzuführenden Genehmigungsverfahren durch die Einräumung einer angemessenen Frist Rechnung getragen.

39

Aussagekräftige, dem wissenschaftlichen Standard entsprechende Untersuchungen der Klägerin zur Gefährdung von Fledermäusen durch die genehmigte Windenergieanlage lägen nicht vor. Der Hinweis der Klägerin auf die in der Umgebung vorhandenen Windparks Sotterhausen und Mittelhausen sei unbeachtlich, weil dort eine der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit 2005 entsprechende Erfassung und Untersuchung nicht stattgefunden habe. Das im Genehmigungsverfahren vorgelegte Gutachten des Ingenieurbüros T. S. vom Januar 2008 entspreche weder den heutigen noch den damaligen Anforderungen an ein Fachgutachten zur Artengruppe der Fledermäuse. Vor Einreichung der Antragsunterlagen im Jahre 2008 seien keine Abstimmungen des Antragstellers mit der oberen Naturschutzbehörde oder der Referenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt als der maßgeblichen Fachbehörde zu Untersuchungsräumen, -zeiten und -methoden erfolgt. Die Defizite des Gutachtens beruhten vor allem auf einem ungenügenden Untersuchungszeitraum. Die Erfassung der Fledermäuse sei nur in der Zeit vom 16.09. bis zum 28.10.2007 und damit in einem Zeitraum mit nur noch sehr beschränkter Aussagekraft erfolgt. Es fehlten die maßgeblichen Untersuchungen zur Zeit des Frühjahrszuges und im Zeitraum des Herbstzuges von August bis Mitte September. Nachdem er das Ingenieurbüro T. S. im Genehmigungsverfahren auf die Defizite hingewiesen habe, habe dieses erklärt, dass der Antragsteller auch bereit sei, die Anlagen zeitweilig abzuschalten. Somit habe ein Angebot im Raum gestanden, das ein Monitoring-Verfahren habe ermöglichen sollen, das weiterhin für erforderlich angesehen werde. Dies bedeute, dass sowohl der Gutachter als auch der damalige Antragsteller selbst die Erforderlichkeit weiterer fledermauskundlicher Untersuchungen anerkannt hätten, diese aber mit dem Angebot freiwilliger Abschaltungen der Windkraftanlagen sowie einem nachgelagerten Monitoring hätten begegnen wollen, um eine zeitliche Verzögerung der Anlagengenehmigung um ca. ein Jahr zu vermeiden. Das naturschutzfachliche Gutachten des Büros (R.) vom 16.12.2013 sei aufgrund der vielfältigen Mängel und Widersprüche zum aktuellen Stand der Wissenschaften fachlich unzureichend und damit nicht verwertbar. Es berücksichtige zudem nicht die naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative der Genehmigungsbehörde.

40

Dass über den Standort der streitigen Anlage ein überregional bedeutsamer Zug fernwandernder Fledermäuse stattfinde, könne nicht nur anhand vielfältiger Beobachtungen der Referenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt im Eingriffsraum belegt werden, sondern auch anhand der Totfunde, die Mitarbeiter der Biosphärenreservatsverwaltung "Karstlandschaft Südharz" im Rahmen der Schlagopfersuche an wenigen Tagen im Spätsommer 2013 gemacht hätten. Bemerkenswert an den Fundumständen sei, dass bei der Totfundsuche nur ca. 10% der Umgebung der Windkraftanlagen (Mastfußbereiche, Stellplätze, Wege) habe abgesucht werden können, da die Felder zu diesem Zeitpunkt noch mit Mais bzw. Getreide bestanden und somit nicht einsehbar gewesen seien. Deshalb sei von einer höheren Totfundrate auszugehen. Eine ungeachtet der methodischen Schwierigkeiten durchgeführte Hochrechnung, die zusätzlich die durchschnittlich abgesuchte Fläche der einzelnen Kartierdurchgänge, die verbale Einschätzung der Nachsucheffizienz, Erfahrungswerte zur mittleren Schwundrate aus dem Land Brandenburg aufgrund ähnlicher landschaftlicher Strukturen berücksichtigt habe, seien zur Zugzeit im Herbst je Windenergieanlage 30,8 Fledermäuse verunglückt. Das bedeute, dass an den untersuchten vier Anlagen im Jahr mindestens 123 ziehende Fledermäuse zu Tode kommen. Dies könne für fernwandernde Arten wie den Kleinabendsegler oder die Rauhautfledermaus bereits die Auslöschung von drei bis vier kopfstarken Wochenstubenkolonien pro Jahr bedeuten, da in den Wochenstubenkolonien in Deutschland bis zu 50 Kleinabendsegler bzw. 30 Weibchen der Rauhautfledermaus zusammenlebten. Somit könne auch ein lokales Aussterben dieser fernwandernden Arten in wenigen Jahren erfolgen.

41

Dass im Raum südlich des Harzes tausende fernwandernde Fledermäuse durchziehen, sei auch belegt durch ein Gondel-Monitoring im Windpark Edersleben, der sich westlich des Windparks B./O. etwa 15 km in Zugrichtung zum herbstlichen Konzentrationsraum fernwandernder Fledermäuse am Stausee Kelbra befinde. In den Untersuchungszeiträumen Juli bis Oktober 2014 und April bis Juni 2015 hätten an zwei Windkraftanlagen insgesamt 6998 Rufe des Großen Abendseglers aufgenommen werden können, mit einer deutlichen Aktivitätsspitze zur Zugzeit im Herbst. Auch für die Rauhautfledermaus und den Kleinen Abendsegler hätten die Ergebnisse dieses Monitorings die Funktion dieses Raums als Zugkorridor gezeigt. Als Ergebnis des Gondelmonitorings würden vom Gutachter infolge von Nächten mit hoher bis äußerst hoher Fledermausaktivität, insbesondere zur Zugzeit im Herbst, Abschaltauflagen sowie ein zweijähriges Gondelmonitoring an den neuen, großen Anlagen empfohlen.

42

Es treffe auch nicht zu, dass er für die weiteren im Windpark B./O. betriebenen Windkraftanlagen keine Abschaltauflagen erlassen hätte. Für alle in den Jahren 2004 bis 2009 von ihm zugelassenen Anlagen habe er solche Auflagen zum Schutz der während des Herbstzuges durchziehenden Fledermäuse verfügt.

43

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

44

I. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

45

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag beantragt hat, die Nebenbestimmung Nr. 7.1 des Genehmigungsbescheides vom 07.01.2011 isoliert aufzuheben, und soweit sie hilfsweise beantragt hat, den Beklagten zu verpflichten, ihr eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ohne diese Nebenbestimmung zu erteilen.

46

1. Die isolierte Anfechtungsklage hat keinen Erfolg.

47

1.1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die isolierte Anfechtungsklage zulässig ist.

48

1.1.1. Die im Genehmigungsbescheid verfügte Anordnung von Abschaltzeiten stellt eine belastende Nebenbestimmung und keine Inhaltsbestimmung der Genehmigung in Gestalt einer zeitlichen Beschränkung des Anlagenbetriebs dar (so allerdings: OVG BBg, Beschl. v. 15.03.2012 – OVG 11 S 72.10 – NuR 2012, 483 [484], RdNr. 8 in juris). Davon ist der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung zu vom Beklagten in seinen Genehmigungsbescheiden verfügten Abschaltauflagen stets ausgegangen (vgl. Urt. v. 16.05.2013 – 2 L 106/10 –, NuR 2014, 575; Urt. v. 13.03.2014 – 2 L 212/11 –, juris). Daran ist auch im vorliegenden Fall festzuhalten. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Beschl. v. 10.02.2015 – 1 EO 356/14 –, juris, RdNr. 40 ff.), dass sich – unter Berücksichtigung der in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung von "echten" Nebenbestimmungen von Inhaltsbestimmungen einer Genehmigung – die Festlegung von Abschaltzeiten bei Windkraftanlagen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG unabhängig von der durch die Behörde gewählten Bezeichnung nicht zweifelsfrei entweder als Inhaltsbestimmung oder Nebenbestimmung einordnen lässt, sondern es maßgeblich darauf ankommt, welchen Rechtscharakter die Behörde der Festlegung im Genehmigungsbescheid beigemessen hat. Die Befugnis der Behörde, die Anordnung von Abschaltzeiten als "echte" Nebenbestimmung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheides auszugestalten, folgt insbesondere aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, der bestimmt, dass die Genehmigung auch mit Auflagen verbunden werden kann, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen, zu denen auch die Vereinbarkeit des Anlagenbetriebs mit nicht im BImSchG geregelten öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehört, sicherzustellen. Im hier streitgegenständlichen Genehmigungsbescheid hat der Beklagte die Abschaltverpflichtung als Nebenbestimmung gekennzeichnet und in der Begründung des Bescheides ausgeführt, dass die in der Genehmigung aufgeführten Nebenbestimmungen gemäß § 12 Abs. 1 BImSchG auferlegt worden seien, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte zudem nochmals bekräftigt, dass er die Festlegung der Abschaltzeiten als "echte" Nebenbestimmung habe ausgestalten wollen.

49

1.1.2. Handelt es sich mithin bei der der Klägerin aufgegebenen Abschaltverpflichtung um eine "echte Nebenbestimmung" zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid, ist auch die isolierte Anfechtungsklage zulässig. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 19.11.2009 – 3 C 10.09 –, NVwZ-RR 2010, 320, RdNr. 12; Urt. v. 19.01.1989 – BVerwG 7 C 31.87 –, BVerwGE 81, 185 [186], RdNr. 9 in juris, jew. m.w.N.) ist die Frage, ob eine Auflage isoliert aufgehoben werden kann, die Genehmigung also ohne die Auflage sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann, Gegenstand der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des mit der Anfechtungsklage verfolgten Aufhebungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet. Letzteres ist hier nicht der Fall, weil eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage auch ohne Abschaltauflage zulässig sein kann, insbesondere nicht in jedem Fall gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoßen muss, und auch im konkreten Fall ein solcher Verstoß nicht offensichtlich ist.

50

1.2. Die Anfechtungsklage ist aber nicht begründet.

51

1.2.1. Nachdem der Beklagte das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der ihm auferlegten Verpflichtung, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, nicht angefochten hat und das Urteil damit insoweit rechtskräftig geworden ist, steht gemäß § 121 VwGO mit Bindungswirkung fest, dass die streitige Nebenbestimmung rechtswidrig ist.

52

Ist ein Bescheidungsausspruch zum Nachteil des Beklagten rechtskräftig geworden, kann der Beklagte eine ihm günstigere Rechtsauffassung, als sie das verwaltungsgerichtliche Bescheidungsurteil in den Entscheidungsgründen zum Ausdruck bringt, nicht mehr erreichen (BVerwG, Urt. v. 03.11.1994 – BVerwG 3 C 30.93 –, NVwZ 1996, 66, RdNr. 31 in juris). Mit einem Bescheidungsurteil wird mit Rechtskraft festgestellt, dass die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts den Kläger in seinen Rechten verletzt und er einen Anspruch auf Bescheidung seines Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat. Die Rechtskraft eines Bescheidungsurteils umfasst dabei nicht nur die Verpflichtung der Behörde, überhaupt neu zu entscheiden; sie ist auch an die im Urteil Rechtsauffassung des Gerichts im Urteil gebunden (vgl. Wolff, in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 RdNr. 430, m.w.N.). Bei Bescheidungsklagen erwächst – im Gegensatz zu sonstigen Klagearten – auch die Rechtsauffassung des Gerichts in Rechtskraft, die der ausstehenden behördlichen Entscheidung vorgegeben wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2013 – BVerwG 5 C 8.12 –, BVerwGE 147, 216 [219], RdNr. 15, m.w.N.). Die Rechtsauffassung ist nicht nur aus dem Tenor der Entscheidung, sondern auch aus den tragenden Gründen zu ermitteln (vgl. Wolff, a.a.O.). Für eine Bescheidungsklage nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO ist anerkannt, dass einzelne Begründungselemente in materieller Rechtskraft erwachsen können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.02.2000 – BVerwG 4 B 11.00 –, juris, RdNr. 13).

53

Zu den tragenden und damit der Bindungswirkung unterliegenden Gründen des erstinstanzlichen Urteils gehört hier die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass die in Streit stehende Nebenbestimmung rechtswidrig sei, weil der Beklagte die Grenzen der ihm eingeräumten naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative bezüglich des Vorliegen eines für bestimmte Fledermausarten signifikant erhöhten Tötungsrisikos durch den Betrieb der Windkraftanlage überschritten habe. Dabei hat das Verwaltungsgericht dem Beklagten verbindlich vorgegeben, dass eine neue Erfassung des Bestandes an Fledermäusen und eine darauf aufbauenden Einschätzung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für Fledermäuse zu erfolgen hat.

54

1.2.2. Dem Verwaltungsgericht ist darin zu folgen, dass eine isolierte Aufhebung der streitigen Abschaltauflage hier nicht möglich ist.

55

Zwar hebt das Gericht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO den Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, auf. Die Aufhebung einer Nebenbestimmung setzt aber nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.11.2009, a.a.O., RdNr. 23; Urt. v. 17.02.1984 – BVerwG 4 C 70.80 –, NVwZ 1984, 366, RdNr. 14 in juris) neben ihrer Rechtswidrigkeit voraus, dass der Hauptverwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise Bestand haben kann.

56

1.2.2.1. Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass hier nicht zweifelsfrei feststeht, ob die Genehmigung auch ohne die streitige Nebenbestimmung rechtmäßigerweise Bestand haben kann, weil die bisher getroffenen Feststellungen zum Fledermausvorkommen am Standort der Windenergieanlage nicht ausreichen, um beurteilen zu können, ob ein zeitlich nicht eingeschränkter Betrieb der Anlage gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstößt.

57

a) Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Fledermäuse (Microchiroptera), die eine Unterordnung der Ordnung der Fledertiere (Chiroptera) bilden, gehören zwar in allen Arten zu der danach geschützten Gruppe (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 13 b] aa] und 14 b] BNatSchG i.V.m. dem Anhang IV a] der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen [ABl. L 206 vom 22.07.1992, S. 7], zuletzt geändert durch Verordnung [EG] Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.09.2003 [ABl. L 284 vom 31.10.2003]).

58

Der Tötungstatbestand, der nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG nur absichtliche Formen der Tötung umfasst, ist nach der Rechtsprechung des EuGH auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist (EuGH, Urte. v. 30.01.2002 – Rs. C-103/00 – Slg. 2002, I-1163, u. v. 20.10.2005 – Rs. C-6/04 –, Slg. 2005, I-9017). Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 [301 f.], RdNr. 91) ist der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand dann nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit dem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden. Der Verbotstatbestand ist zwar individuenbezogen; dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, reicht aber nicht aus. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist vielmehr zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht, wobei Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, einzubeziehen sind. Gemeint ist eine „deutliche" Steigerung des Tötungsrisikos. Dafür genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der (besonders) geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko einer Kollision durch das Vorhaben deutlich und damit in signifikanter Weise erhöht (BVerwG, Urte. vom 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299, RdNr. 219, v. 13.05.2009 – 9 A 73/07 –, NuR 2009, 711, RdNr. 86, u. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, NuR 2009, 789 [797], RdNr. 42).

59

Für Fledermäuse steigt das Verlustrisiko spürbar, wenn der Standort in einem erhöhten Maße schlagkräftig ist (Urt. d. Senats v. 23.07.2009 – 2 L 302/06 –, ZNER 2009, 312, juris RdNr. 61). Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Windenergieanlagen innerhalb bevorzugter Jagdgebiete oder in Hauptflugrouten errichtet werden sollen (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299, RdNr. 219; Urt. d. Senats v. 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 19).

60

Sollen Windkraftanlagen in einer Gegend errichtet werden, die in der Flugroute fernwandernder Fledermausarten liegt, begründet dies zwar gewissermaßen einen „Anfangsverdacht“ einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos, weil eine solche Lage häufig den Schluss rechtfertigen dürfte, dass jedenfalls in der Zeit des Herbstzuges, in der nach der vorhandenen bundesweiten Schlagopferkartei besonders viele Schlagopfer nachweisbar sind, deutlich mehr als nur einzelne Individuen aufgrund einer Kollision mit den Rotorblättern zu Tode kommen. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Signifikanzschwelle auch in solchen Fällen erst dann überschritten ist, wenn aufgrund einer hinreichend gesicherten Tatsachenbasis feststeht, dass gerade an dem konkreten Standort der zu errichtenden Windkraftanlagen und nicht nur in dessen näherer und weiterer Umgebung zu bestimmten Zeiten schlagopfergefährdete Fledermäuse in einer Zahl auftreten, die Kollisionen von mehr als nur einzelnen Individuen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen. Der erwähnte „Anfangsverdacht“ ist nicht dahingehend zu verstehen, dass er zu einer Umkehr der Beweislast führt und deshalb bereits als solcher die Annahme einer Überschreitung der Signifikanzschwelle begründet, falls der Anlagenbetreiber nicht das Gegenteil nachweist. Vielmehr handelt es sich bei dem Anfangsverdacht nur um einen ersten Anschein, der je nach den Umständen des Einzelfalls einer näheren Konkretisierung und weiteren tatsächlichen Fundierung bedarf (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 21).

61

Hinsichtlich der Frage, ob Windenergieanlagen im Einzelfall ein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren einer besonders geschützten Art verursachen, gilt die Besonderheit, dass der zuständigen Behördeeine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zugestanden werden muss, die im Verwaltungsprozess dazu führt, dass die gerichtliche Prüfung grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 – 7 C 40.11 –, juris; Urt. v. 27.06.2013 – 4 C 1.12 – NVwZ 2013, 1411, RdNr. 14 ff.). Diese Grundsätze gelten auch im Hinblick auf das artenschutzrechtliche Verbot der Tötung von Fledermäusen; auch insoweit ist die Prüfung, ob eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vorliegt, dadurch gekennzeichnet, dass die Entscheidung prognostische Elemente enthält, rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen und spezielle fledermauskundliche Kriterien maßgeblich sind (Urt. d. Senats v. 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 20). Ein der Genehmigungsbehörde zugestandener naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum kann sich sowohl auf die Erfassung des Bestandes der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Risiken beziehen, denen diese bei Realisierung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens ausgesetzt sind (BVerwG, Urt. v. 21.11.2013, a.a.O., RdNr. 19). Die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich aber nicht generell auf das Artenschutzrecht als solches, sondern greift nur dort Platz, wo trotz fortschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt (BVerwG, Urt. v. 21.11.2013, a.a.O., RdNr. 19). Die naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative erlaubt es der Genehmigungsbehörde deshalb nicht, ohne eine wissenschaftlichen Maßstäben und vorhandenen Erkenntnissen entsprechende Sachverhaltsermittlung, insbesondere Bestandserfassung im Umfeld einer Anlage, von einer erhöhten Aktivitätsdichte und einem daraus folgenden signifikant erhöhten Tötungsrisiko einer besonders geschützten Art auszugehen (vgl. Urt. d. Senats v. 26.11.2011 – 2 L 6/09 –, NuR 2012, 196 [201], RdNr. 65 in juris, m.w.N).

62

b) Gemessen daran lassen die bislang vorliegenden Erkenntnisse zum Fledermausvorkommen in der näheren Umgebung des Anlagenstandorts nicht die Feststellung zu, dass die der Klägerin erteilte Genehmigung auch ohne die vom Beklagten verfügte Nebenbestimmung zur Abschaltung der Anlage zu bestimmten Tageszeiten und Witterungsbedingungen während des überregionalen Herbstzuges der Fledermäuse in den Monaten August und September rechtmäßigerweise Bestand haben kann.

63

aa) Wie der Senat unter Bezugnahme auf naturschutzfachliche Gutachten bzw. Stellungnahmen (vgl. Urt. v. 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 24; Urt. v. 13.03.2014, a.a.O., RdNr. 33) bereits mehrfach entschieden hat, lässt sich in naturschutzfachlich vertretbarer Weise annehmen, dass es sich insbesondere beim Großen Abendsegler um eine Fledermausart handelt, die während ihres herbstlichen Zuges zu den Winterquartieren für Kollisionen mit Windkraftanlagen besonders anfällig ist.

64

Wie der Senat in seinem Urteil vom 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 25, zu dem ca. 7 km weiter westlich gelegenen Windpark Sotterhausen ausgeführt hat, ist auch die Annahme naturschutzfachlich vertretbar, dass die Gegend südlich des Harzes zwischen dem Süßen See im Westen und dem Kelbraer Stausee im Osten, in der die Windenergieanlage errichtet werden soll, fernwandernden und für Kollisionen mit Windkraftanlagen anerkanntermaßen besonders gefährdeten Fledermausarten wie dem Großen Abendsegler und der Rauhautfledermaus als Flugroute dient, auf der sie im Herbst in ihre südwestlich gelegenen Winter- und im Frühling in ihre nordöstlich gelegenen Sommerquartiere wandern. Der Senat hat in dieser Entscheidung weiter angenommen, es sei allerdings zu beachten, die sich die Flugroute im Bereich des Windparks Sotterhausen nicht etwa auf einen schmalen Korridor verdichte, der bereits als solcher die Annahme einer Überschreitung der Signifikanzschwelle für mehr als einzelne Individuen rechtfertige. Vielmehr weise die Flugroute auch in diesem Bereich eine Breite von mehreren Kilometern auf. Gesicherte Erkenntnisse bestünden nur darüber, dass große Individuenzahlen an einzelnen, in der weiteren Umgebung vorhandenen Rastplätzen anzutreffen sind, die den Fledermäusen – wie der Süße und Salzige See im Osten und der Kelbraer Stausee im Westen des Standorts – ein hohes Insekten- und damit Nahrungsaufkommen bieten. Als gesichert stufe der Senat auch ein, dass sich der Herbstzug in Ost-West-Richtung bewege und deshalb anzunehmen sei, dass viele Fledermäuse während dieses Zuges zuerst im Bereich des Süßen und Salzigen Sees rasten und anschließend zum westlich gelegenen Rastplatz des Kelbraer Stausees weiterziehen.

65

Der Senat hält diese naturschutzfachliche Einschätzung auch weiterhin für zumindest vertretbar. Sie wird gestützt durch die vom Beklagten ins Feld geführten Untersuchungen in Gestalt eines Gondel-Monitorings im ca. 15 km westlich gelegenen Windpark Edersleben in den Zeiträumen Juli bis Oktober 2014 und April bis Juni 2015.

66

bb) Der Klägerin ist zwar darin beizupflichten, dass nach der Rechtsprechung des Senats allein der Umstand, dass Windenergieanlagen in der weiteren Umgebung von Rastplätzen fernziehender Fledermausarten errichtet werden sollen, nicht genügt, um für jeden in diesem Bereich gelegenen Standort ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko annehmen zu können. Vielmehr müssen auch zum konkreten Standort oder zumindest zur näheren Umgebung des Standortes hinreichende Feststellungen über das dort herrschende Vorkommen fernziehender Fledermäuse den Monaten ihres Herbst- und ggf. Frühjahrszuges getroffen werden, um beurteilen zu können, ob die betroffenen fernziehenden Fledermausarten einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb der Anlage an diesem Standort ausgesetzt sind.

67

An solchen Feststellungen fehlt es hier aber, wie der Beklagte und das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen haben. Das von der (M.) im vorangegangenen Genehmigungsverfahren vorgelegte faunistische Gutachten des Ingenieurbüros T. S. vom Januar 2008 (Beiakte B, Bl. 210 ff.) reichte hierzu nicht aus. Die Untersuchungen, bei denen – was auch den Gutachter überraschte (vgl. Abschnitt 5.4, S. 18 des Gutachtens) – keine Kollisionsopfer gefunden wurden, erfassten lediglich den Zeitraum vom 16.09. bis 28.10.2007 und damit nicht die gesamte Zeit des Herbstzuges, insbesondere nicht die hier in Rede stehenden wichtigen Monate August und September. Darauf wurde das Ingenieurbüro auch hingewiesen, das mit Schreiben vom 02.07.2008 erklärte, dass der Untersuchungszeitraum entsprechend der Beauftragung erfolgt und eine umfängliche jahreszeitliche Erhebung der Chiroptera keine "fixierte Auflage" gewesen sei, der Antragsteller aber bereit sei, auch ein zeitweiliges Abschalten der Windenergieanlagen während der Migrationszeit zu akzeptieren und nach der Errichtung mit einem entsprechenden Monitoring unter realen Bedingungen die Auswirkungen für die Fledermäuse zu begleiten. Nachdem auch die Klägerin im Genehmigungsverfahren, insbesondere nach der durchgeführten Anhörung zum Entwurf des Genehmigungsbescheids, keine Einwände gegen die beabsichtigte Abschaltauflage erhoben hatte, verzichtete der Beklagte auf ergänzende Untersuchungen auch für die Monate August und September.

68

c) Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisikos durch die Windkraftanlage ist auch nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil lediglich eine Einzelanlage am Rand des bereits bestehenden Windparks O./B. Genehmigungsgegenstand ist und nach dem Vortrag der Klägerin für andere Windenergieanlagen in diesem Windpark keine Abschaltauflagen verfügt worden seien. Auch wenn es um die Genehmigungsfähigkeit einer einzelnen Windkraftanlage geht, setzt eine naturschutzfachliche vertretbare Bewertung des Tötungsrisikos für Fledermäuse voraus, dass zuvor eine Erhebung über ihr Vorkommen am Anlagenstandort erfolgt ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn in den früheren, die Bestandsanlagen betreffenden Genehmigungsverfahren keine aussagekräftigen, den neueren Standards entsprechenden Untersuchungen durchgeführt wurden. Für die beiden benachbarten (neueren) Windkraftanlagen hat die (M.) die vom Beklagten im Genehmigungsbescheid angeordnete zeitweilige Abschaltung der Anlagen hingenommen. Bei den übrigen Windenergieanlagen im Windpark wird der Beklagte bei einem Repowering über die Frage der Genehmigungsfähigkeit mit oder ohne Abschaltauflage neu zu befinden haben. Schon deshalb kann sich der Betreiber einer oder mehrerer Windkraftanlagen in einem Windpark regelmäßig nicht darauf berufen, dass gerade der Betrieb seiner neuen Anlage(n) (noch) kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zur Folge habe. Im konkreten Fall kommt hinzu, dass die Landesreferenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt am 24.08.2013 eine stichprobenartige Erfassung im Windpark O./B. durchgeführt hat, bei der vier tote Fledermäuse (ein Großer Abendsegler, drei Rauhautfledermäuse) unter den Windenergieanlagen festgestellt wurden (Bl. 216 GA). Ein weiterer Totfund wurde bei einer Begehung am 22.04.2014 registriert (Bl. 217 GA). Der Umstand, dass die Windgeschwindigkeiten zum Zeitpunkt des Auffindens der toten Fledermäuse zwischen 10 und 16 m/s betrugen und damit deutlich über der Schwelle lagen, ab der eine Abschaltung vorzunehmen ist, ist schon deshalb ohne Belang, weil daraus nicht geschlossen werden kann, welche Windgeschwindigkeit im Zeitpunkt der jeweiligen Kollision herrschte. Im Übrigen würde der Umstand, dass dort einige Fledermäuse sogar auch bei relativ hohen Windgeschwindigkeiten unterwegs sind, eher für als gegen eine hohe Aktivitätsdichte sprechen.

69

1.2.2.2. Der Senat kann die fehlenden Feststellungen im Berufungsverfahren nicht selbst treffen. Erweist sich eine Auflage als rechtswidrig, obliegt es zwar regelmäßig dem Tatsachengericht die Tatsachenfeststellungen zu treffen, die für die Beurteilung der Frage, ob der Verwaltungsakt auch ohne die rechtswidrige Auflage rechtmäßigerweise Bestand haben kann, erforderlich sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.11.2009, a.a.O., RdNr. 23, 36). Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass der Behörde – wie bereits dargelegt – bei der Frage, ob eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos für eine bestimmte Art besteht, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative eingeräumt ist, die sich insbesondere auch auf die Bestandserfassung erstreckt, und die gerichtliche Prüfung grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt ist. Für eine Einschätzungsprärogative ist zwar kein Raum, soweit sich für die Bestandserfassung von Arten, die durch ein immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtiges Vorhaben betroffen sind, eine bestimmte Methode oder für die Risikobewertung ein bestimmter Maßstab durchgesetzt hat und gegenteilige Meinungen nicht mehr als vertretbar angesehen werden können (BVerwG, Urt. v. 21.11.2013, a.a.O., RdNr. 19). Insbesondere bei der Frage, wie das Vorkommen von (fernziehenden) Fledermäusen zuverlässig erfasst werden kann, hat sich indes noch keine bestimmte Methode als die allein richtige durchgesetzt. Es liegen nur fachliche Empfehlungen resultierend aus dem „Abkommen zum Schutz der wandernden Fledermäuse in Europa“ (EUROBATS, Rodrigues et al. 2015) und bundesländerspezifische Erfassungsstandards (Hurst et al. 2015) vor (vgl. die Arbeitshilfe zur Berücksichtigung des Fledermausschutzes bei der Genehmigung von Windenergieanlagen in Thüringen des Instituts für Tierökologie und Naturbildung vom Dezember 2015, S. 6 http://www.thueringen.de/mam/th8/tlug/content/arbeitshilfe_fledermause_und_windkraft_thueringen_20160121.pdf).

70

Lässt sich hiernach im gerichtlichen Verfahren nicht klären, ob die Genehmigung auch ohne eine Abschaltauflage rechtmäßigerweise Bestand haben kann, scheidet eine isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung ebenso aus wie in den Fällen, in denen bereits positiv feststeht, dass der Hauptverwaltungsakt ohne eine solche Auflage rechtswidrig ist. In einer solchen Fallkonstellation hält es der Senat für sachgerecht, die Frage der isolierten Aufhebbarkeit danach zu beantworten, wer die Darlegungs- und materielle Beweislast dafür trägt, dass das Vorhaben nicht gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstößt. Diese Beweislast trifft hier die Klägerin. Grundsätzlich hat nämlich der Bauherr das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 BImSchG nachzuweisen, weil es sich um anspruchsbegründende Voraussetzungen handelt (vgl. OVG NW, Beschl. v. 26.02.2003 – 7 B 2434/02 –, BauR 2003, 1361 [1363], RdNr. 12 in juris). Dies gilt auch für die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG (Czajka, in: Feldhaus BImSchG, § 6 RdNr. 34). Anderes mag dann gelten, wenn keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass einem Vorhaben bestimmte öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen könnten, bzw. bloße Vermutungen vorliegen. Die ist hier aber in Bezug auf eine mögliche Verletzung des Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG wegen der Belegenheit des Standortes im Bereich eines überregionalen Zugkorridors fernziehender Fledermausarten und den im Windpark gemachten Totfunden an nur wenigen Tagen im Spätsommer 2013 nicht der Fall.

71

2. Die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage hat ebenfalls keinen Erfolg, soweit die Klägerin damit über die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung hinaus auch seine Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung ohne die streitige Auflage begehrt.

72

2.1. Die Verpflichtungsklage ist hier neben der Anfechtungsklage zulässig.

73

Ein Verpflichtungsantrag mit dem Begehren, einen begünstigenden Verwaltungsakt ohne eine ihm beigefügte Nebenbestimmung zu erlassen, ist zulässig, wenn er dem Kläger einen im Vergleich zum Anfechtungsantrag weitergehenden Rechtsschutz verschafft (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2000 – BVerwG 6 C 5.00 –, BVerwGE 112, 263 [265], RdNr. 13 in juris). Ein solcher Fall liegt hier vor. Bei einer Beschränkung auf den Anfechtungsantrag muss die Klägerin befürchten, dass ihre Klage trotz Rechtswidrigkeit der angegriffenen Nebenbestimmung abgewiesen wird, weil eine isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung ausscheidet. Dies ist aus den oben dargelegten Gründen der Fall, weil (derzeit) nicht festgestellt werden kann, dass die Genehmigung auch ohne die Auflage rechtmäßigerweise Bestand haben kann. Mit der hilfsweise erhobenen Verpflichtungsklage kann sie zumindest die Verpflichtung des Beklagten zu einer erneuten Entscheidung erreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.1984, a.a.O.).

74

2.2. Die Verpflichtungsklage ist aber nicht begründet, soweit die Klägerin damit über die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung hinaus auch seine Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung ohne die streitige Abschaltauflage begehrt. Die Klägerin hat darauf (derzeit) keinen Anspruch. Da sich ein Genehmigungsanspruch der Klägerin mit hinreichender Sicherheit weder spruchreif bejahen noch spruchreif verneinen lässt, weil sich die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach dem derzeitigen Erkenntnisstand gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG als offen darstellt, dem Beklagten aber sowohl hinsichtlich der Erfassung des Bestandes der Fledermäuse als auch bezüglich der Risikobewertung eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht, ist der Beklagte gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu einer Neubescheidung des Genehmigungsantrags der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten (vgl. Urt. d. Senats v. 20.01.2016 – 2 L 153/13 –).

75

2.3. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht widersprüchlich, soweit darin zum einen die auf die isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung gerichtete Anfechtungsklage abgewiesen wird und zum anderen im Tenor eine Teilaufhebung des Genehmigungsbescheides erfolgt. Die Teilaufhebung des Genehmigungsbescheides hat das Verwaltungsgericht (nur) insoweit (deklaratorisch) ausgesprochen, als der Bescheid der Neubescheidung des Genehmigungsantrages der Klägerin entgegensteht. Dies ist nicht zu beanstanden. Der Genehmigungsbescheid enthält neben der Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Anlage auch die ablehnende Entscheidung des Beklagten in Bezug auf den Antrag der Klägerin, die Anlage ohne eine zeitliche Beschränkung betreiben zu dürfen. Neben dem Verpflichtungsausspruch ist zwar ein ausdrücklicher Ausspruch im Urteil über die Aufhebung eines Ablehnungsbescheides nicht erforderlich, jedoch im Interesse der Rechtsklarheit grundsätzlich zweckmäßig und üblich (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 RdNr. 179, m.w.N.). Da die isolierte Anfechtungsklage abgewiesen worden ist, ihr gemäß § 80b Abs. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung mehr zukommt und sich der Aufhebungsausspruch auf die Ablehnung der Genehmigung ohne die Auflage beschränkt, ist die Klägerin auch nicht (mehr) befugt, die Windkraftanlage während der verfügten Abschaltzeiten zu betreiben.

76

2.4. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass der Beklagte die seiner neuen Entscheidung zugrunde zu legenden artenschutzrechtlichen Untersuchungen nicht selbst durchführen muss, sondern gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 der 9. BImSchV von der Klägerin die Ergänzung ihrer Antragsunterlagen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV) um einen den vorgenannten Anforderungen entsprechenden artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum Fledermausvorkommen am Vorhabenstandort verlangen kann. Auch insoweit folgt der Senat der Auffassung der Vorinstanz.

77

2.4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG sind dem schriftlichen Genehmigungsantrag die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Auch § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV bestimmt, dass dem Antrag die Unterlagen beizufügen sind, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich sind. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen (§ 10 Abs. 1 Satz 3 BImSchG).

78

Hiernach hat der Genehmigungsantragsteller im Einzelnen nachprüfbar darzulegen, wo und wie die geplante Anlage errichtet und betrieben werden soll und dass alle Genehmigungsvoraussetzungen, auch die des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, vorliegen. Zu den "Unterlagen" im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG gehören regelmäßig auch entsprechende Analysen und Prognosen, ggf. in Form von Gutachten. Ob zu bestimmten Fragen Unterlagen vorzulegen sind, hängt davon ab, ob insoweit unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Vorhabens und seiner Auswirkungen Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit bestehen und eventuell Nebenbestimmungen zur Genehmigung geboten sein können (vgl. zum Ganzen: Jarass, BImSchG, 11. Aufl., § 10 RdNr. 29, m.w.N.). Dem entsprechend kann die Behörde verlangen, dass der Antragsteller die Erfüllung bestimmter Anforderungen durch Sachverständigengutachten nachweist (Czajka, in: Feldhaus, BImSchG, § 10 RdNr. 29).

79

Ein anderer Maßstab folgt weder aus dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 24 Abs. 1 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA) noch aus der Bestimmung des § 26 Abs. 2 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA), nach der die Beteiligten zwar bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken, insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben sollen, eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, aber nur besteht, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist. Können die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Genehmigung nur durch ein (technisches) Sachverständigengutachten nachgewiesen werden, genügt die Behörde ihrer Pflicht aus §§ 24, 26 VwVfG regelmäßig, wenn sie den Antragsteller zur Vorlage eines Privatgutachtens auffordert; sie ist weder über § 24 noch über § 26 VwVfG verpflichtet, auf ihre Kosten ein solches Gutachten in Auftrag zu geben (Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 24 RdNr. 50, m.w.N.).

80

Dem entsprechend ist es Sache des Antragstellers auch im Genehmigungsverfahren, die für die immissionsschutzrechtliche Prüfung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens erforderlichen Gutachten beizubringen; auch die Ergänzung eines bereits vorgelegten Gutachtens kann verlangt werden, wenn es wegen einer Veränderung der Verhältnisse nicht (mehr) hinreichend aussagekräftig ist (vgl. OVG NW, Beschl. v. 05.02.2001 – 7 A 410/01 –, BauR 2001, 1088, RdNr. 3 in juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 11.02.1985 – 6 A 127/83 –, UPR 1986, 186 [187]).

81

Einer solchen Beibringungspflicht kann ein Genehmigungsantragsteller auch nicht entgegen halten, dass nach § 13 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV die Genehmigungsbehörde Sachverständigengutachten einholt, soweit dies für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen notwendig ist. Die Vorschrift eröffnet der Behörde lediglich die Möglichkeit, ungeachtet des Vorliegens eines gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV als Unterlage im Sinne von § 13 Abs. 1 der 9. BImSchV zu prüfenden Privatgutachtens, selbst ein (weiteres) Sachverständigengutachten einzuholen, wenn dies für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich ist. § 13 Abs. 1 der 9. BImSchV steht im Zusammenhang mit den Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts über die Ermittlung des Sachverhalts durch die Behörde (§ 24 VwVfG) und die dieser hierfür zur Verfügung stehenden Beweismittel (§ 26 VwVfG); § 13 Abs. 2 der 9. BImSchV stellt den Zusammenhang mit § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG her und ergänzt insoweit die §§ 4 ff. (vgl. Czajka, in: Feldhaus, BImSchG, 9. BImSchV § 13 RdNr. 16 f.).

82

Dem entsprechend kann die Behörde von demjenigen, der eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Betrieb von Windenergieanlagen beantragt, grundsätzlich verlangen, dass er ein faunistisches Gutachten vorlegt, welches aufzeigt, ob und in welchem Umfang am Vorhabenstandort und in dessen näherer Umgebung Fledermausvorkommen und Fledermausaktivitäten zu verzeichnen sind, um ihr eine Einschätzung darüber zu ermöglichen, inwieweit das Vorhaben mit dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vereinbar ist.

83

2.4.2. Die Möglichkeit, von der Klägerin vor einer Neubescheidung weitere fledermauskundliche Untersuchungen zu verlangen, entfällt hier nicht deshalb, weil der Beklagte das Genehmigungsverfahren durch den Erlass des Genehmigungsbescheides in Kenntnis der unzureichenden Erhebungen durch das Gutachten des Ingenieurbüros T. S. vom Januar 2008 beendet hat, ohne von der Klägerin weitere Unterlagen nachzufordern.

84

Zwar enthält § 10 Abs. 1 Satz 3 BImSchG eine Pflicht der Genehmigungsbehörde zur Prüfung der eingereichten Unterlagen auf Vollständigkeit, die in § 7 der 9. BImSchV konkretisiert wird (vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. III, § 10 BImSchG, RdNr. 56). Nach § 7 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 der 9. BImSchV hat die Genehmigungsbehörde nach Eingang des Antrags und der Unterlagen unverzüglich, in der Regel innerhalb eines Monats, zu prüfen, ob der Antrag den Anforderungen des § 3 und die Unterlagen den Anforderungen der §§ 4 bis 4e entsprechen. Die zuständige Behörde kann die Frist in begründeten Ausnahmefällen einmal um zwei Wochen verlängern. Sind der Antrag oder die Unterlagen nicht vollständig, so hat die Genehmigungsbehörde den Antragsteller unverzüglich aufzufordern, den Antrag oder die Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Die Behörde muss sich daher unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern – darüber klar werden, ob sie Antrag und beigefügte Unterlagen als vollständig ansieht oder eine Ergänzung verlangen muss (Czajka, a.a.O., 9. BImSchV § 7 RdNr. 4).

85

Wird die Genehmigungsbehörde gerichtlich zur Neubescheidung des Genehmigungsantrages verpflichtet, ist sie – auch wenn dies zu keinem neuen Verwaltungsverfahren im Sinne von § 9 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA) führt, sondern das ursprüngliche Genehmigungsverfahren lediglich fortgesetzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v 24.05.1995 – BVerwG 1 C 7.94 –, BVerwGE 98, 313 [316]), – durch die zeitlichen Beschränkungen des § 7 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 der 9. BImSchV nicht von vornherein daran gehindert, im "Neubescheidungsverfahren" Unterlagen nachzufordern. Eine Nachforderung in diesem Verfahrensstadium ist jedenfalls dann zulässig, wenn im ursprünglichen Genehmigungsverfahren Gründe vorgelegen haben, die eine solche Nachforderung bei objektiver Betrachtung entbehrlich erscheinen ließen. Solche Gründe lagen hier vor. Der Beklagte gab der damaligen Antragstellerin (M.) mit E-mail vom 02.04.2008 die "Nachforderungen" der Referenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt vom 11.03.2008 bekannt, in der u.a. auf den unzureichenden Untersuchungszeitraum im Gutachten des Ingenieurbüros T. S. aus dem Jahr 2008 hingewiesen wurde. Dem lässt sich entnehmen, dass der Beklagte die von der (M.) vorgelegten Unterlagen in Bezug auf den Fledermausschutz nicht als vollständig ansah, insbesondere nicht ausreichend, um eine Entscheidung über den Genehmigungsantrag treffen zu können. Nur deshalb, weil das Ingenieurbüro mit Schreiben vom 02.07.2008 (Beiakte A, Bl 256) mitgeteilt hatte, dass der Antragsteller bereit sei, auch ein zeitweiliges Abschalten der Anlagen während der Migrationszeit zu akzeptieren und nach der Errichtung mit einem entsprechenden Monitoring unter realen Betriebsbedingungen die Auswirkungen für die Fledermäuse zu begleiten, sah sich der Beklagte in der Lage, auch ohne eine Ergänzung des Gutachtens eine Genehmigung – allerdings mit einer entsprechenden Abschaltauflage – zu erteilen. Nachdem auch die Klägerin in dem die dritte Anlage betreffenden, zunächst ausgesetzten Genehmigungsverfahren im Rahmen der Anhörung zum Genehmigungsentwurf keine Einwände gegen die beabsichtigte Abschaltauflage erhoben, sondern auf eine schnellstmögliche Genehmigungserteilung gedrängt hatte, durfte der Beklagte davon ausgehen, dass auch sie die Abschaltauflage akzeptieren würde. Bei dieser Sachlage kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, der Beklagte hätte nur im ursprünglichen Genehmigungsverfahren weitere – zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung führende – fledermauskundliche Untersuchungen von ihr fordern können.

86

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

87

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

88

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 20. Apr. 2016 - 2 L 64/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 20. Apr. 2016 - 2 L 64/14

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 20. Apr. 2016 - 2 L 64/14 zitiert 20 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege


Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 44 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten


(1) Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,2. wild lebende Tiere der

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 10 Genehmigungsverfahren


(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden 1. des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,2. der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sons

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 24 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Ver

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80b


(1) Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage endet mit der Unanfechtbarkeit oder, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 12 Nebenbestimmungen zur Genehmigung


(1) Die Genehmigung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Absat

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 26 Beweismittel


(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere 1. Auskünfte jeder Art einholen,2. Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehm

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 9 Begriff des Verwaltungsverfahrens


Das Verwaltungsverfahren im Sinne dieses Gesetzes ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 20. Apr. 2016 - 2 L 64/14 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 20. Apr. 2016 - 2 L 64/14 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 20. Jan. 2016 - 2 L 153/13

bei uns veröffentlicht am 20.01.2016

Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Erweiterung eines bestehenden Windparks um weitere 8 Anlagen. 2 Mit Antrag vom 17.01.2007 beantragte die (...) GmbH die Erteilung einer immissionsschutzrechtli

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 13. März 2014 - 2 L 212/11

bei uns veröffentlicht am 13.03.2014

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen eine Nebenbestimmung, die der Beklagte einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen nachträglich beifügte. 2 Mit Bescheid vom 15.07.2009 e

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 16. Mai 2013 - 2 L 106/10

bei uns veröffentlicht am 16.05.2013

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen Nebenbestimmungen, die der Beklagte einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen beifügte. 2 Mit Bescheid vom 25.09.2007 erteilte der Beklagt

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 03. Feb. 2010 - 2 L 302/06

bei uns veröffentlicht am 03.02.2010

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 6. Kammer - vom 13.07.2006 wird geändert. Der Bescheid der Stammdienststelle des Heeres vom 25.10.2004 in Gestalt des Beschwerdebescheides des Bundesministeriums der Verteidigung vom 10.03.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 20. Apr. 2016 - 2 L 64/14.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 09. Nov. 2016 - 2 L 112/14

bei uns veröffentlicht am 09.11.2016

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen eine Nebenbestimmung in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windkraftanlagen, mit der ihr der Beklagte die zeitweise Abschaltung der Anlage

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Juli 2016 - 3 S 942/16

bei uns veröffentlicht am 06.07.2016

Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. April 2016 - 5 K 5183/15 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmig

Referenzen

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen Nebenbestimmungen, die der Beklagte einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen beifügte.

2

Mit Bescheid vom 25.09.2007 erteilte der Beklagte der Klägerin eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von drei Windkraftanlagen vom Typ Vestas V 90 mit jeweils einer Nennleistung von 2 MW, einer Nabenhöhe von 105 m und einem Rotordurchmesser von 90 m auf den Grundstücken der Gemarkung S., Flur A, Flurstücke 3/2, 6/1 und 84/3 ca. 1 bis 1,5 km südwestlich der Ortslage S.. Die Standorte der drei Anlagen liegen innerhalb des im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Harz ausgewiesenen Vorranggebiets für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten VII „S.“.

3

Die Genehmigung enthält verschiedene Nebenbestimmungen. Nach Ziffer 9.9 sind die Windkraftanlagen während des überregionalen Herbstzugs der Fledermäuse in den Monaten August und September jeweils 1 Stunde vor Sonnenuntergang bis 1 Stunde nach Sonnenaufgang abzuschalten, wobei zur Minimierung der Abschaltzeiten in diesen Monaten die konkreten Zugzeiten tagaktuell mit der Referenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt abgestimmt werden können. Die Abschaltung der Windkraftanlagen entfällt bei Windgeschwindigkeiten über 8 m/s (in Nabenhöhe gemessen). Die Abschaltzeiten sind mittels elektronischen Datenspeichers zu dokumentieren und jeweils am Jahresende dem Beklagten als Überwachungsbehörde als Papierausdruck vorzulegen. Zur Begründung wurde auf ein fledermauskundliches Gutachten vom Oktober 2006 verwiesen, welches von dem Planungsbüro Dr. W. im Auftrag der Klägerin erstellt worden war. Es kommt auf der Grundlage von Untersuchungen vor Ort, insbesondere einer Bestandserfassung durch sog. Horchboxen und Netzfänge, zu dem Ergebnis, dass im Planungsgebiet 14 Fledermausarten nachgewiesen werden können (Bl. 36 des Gutachtens). Für den Großen Abendsegler und die Rauhhautfledermaus bestehe das Restrisiko von Kollisionen, das durch den Einsatz einer Luftfahrthindernisbefeuerung w-rot deutlich minimiert werden könne.

4

Die Klägerin hat am 29.10.2007 Klage erhoben und u.a. die genannte Nebenbestimmung beanstandet. Mit Urteil vom 24.06.2010 hat das Verwaltungsgericht neben weiteren naturschutzrechtlichen Nebenbestimmungen die Nebenbestimmung Nr. 9.9 insoweit aufgehoben, als der Klägerin die Dokumentation der Abschaltung der Windkraftanlagen und die Vorlage der Unterlagen an den Beklagten aufgegeben werden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung hat es ausgeführt: Die Anordnung der Abschaltzeiten sei gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG erforderlich, weil das Vorhaben ohne die Abschaltung gegen das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BNatSchG verstoße. Der unbeschränkte Betrieb der Windkraftanlagen gehe mit einer signifikanten Erhöhung des Tötungs- und Verletzungsrisikos jedenfalls für die besonders geschützte Fledermausart Großer Abendsegler einher. Der Beklagte, dem insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zustehe, habe in naturschutzfachlich vertretbarer Weise angenommen, dass die streitgegenständlichen Standorte in einem Bereich lägen, in dem sich das Zuggeschehen des Großen Abendseglers während des Herbstzugs konzentriere. Auch sei die Annahme naturschutzfachlich vertretbar, dass die fern ziehenden Arten den überwiegenden Teil der Individuenverluste an Windkraftanlagen stellen, wobei wiederum der Große Abendsegler am stärksten betroffen sei. Diese Annahmen fänden eine hinreichende Grundlage durch ein zum benachbarten Windpark M. erstelltes Gutachten (Gutachten der M. vom 04.01.2008, vorgelegt im Verfahren 2 L 187/10) sowie durch das Gutachten des Planungsbüros Dr. W. vom Oktober 2006. Angesichts dessen sei es nachvollziehbar, dass das mit der Errichtung von Windkraftanlagen stets verbundene Kollisionsrisiko für Fledermäuse im vorliegenden Fall signifikant gesteigert sei. Etwas anderes gelte auch nicht deswegen, weil das Schlagopfermonitoring, das im Vorfeld des Gutachtens vom 04.01.2008 an den im Windpark M. bereits vorhandenen 12 Windkraftanlagen durchgeführt worden sei, nur zum Auffinden eines einzigen getöteten Exemplars des Großen Abendseglers geführt habe. Aufgrund der geringen Größe der abgesuchten Flächen und der Suchbedingungen (Bewuchs mit Maispflanzen) habe der Gutachter selbst die Auffindwahrscheinlichkeit mit einem Wert unter 50 % eingeschätzt. Soweit der Beklagte die Abschaltungen nur für Windgeschwindigkeiten bis zu 8 m/s sowie für bestimmte Zeiten angeordnet habe, sei auch dies vertretbar. Eine artenschutzrechtliche Ausnahmezulassung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 oder 5 BNatSchG a.F. komme nicht in Betracht.

5

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin wie folgt begründet: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stehe dem Beklagten bei einer gebundenen Entscheidung wie hier keine Einschätzungsprärogative zu. Ein Verstoß gegen das naturschutzrechtliche Tötungsverbot sei bereits wegen fehlender Zielgerichtetheit etwaiger Eingriffe zu verneinen. Auch führe der Betrieb der genehmigten Anlagen innerhalb der angeordneten Abschaltzeiten nicht zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für Fledermäuse. Auf der Grundlage des M.-Gutachtens vom 01.04.2008 gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass in dem streitgegenständlichen Bereich überhaupt ein hochfrequentierter Zugweg liege. Die Schlagopfersuche, die hinreichenden wissenschaftlichen Standards entspreche, belege mit lediglich einem gefundenen Individuum des Großen Abendseglers, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko gerade nicht bestehe. Die Signifikanzschwelle müsse im Zusammenhang mit Fledermäusen deutlich höher liegen als z.B. beim Rotmilan, weil es allein beim Großen Abendsegler um eine ca. 1000-fach größere theoretisch betroffene Population gehe als beispielsweise beim Rotmilan. Die angefochtene Anordnung von Abschaltzeiten sei auch ermessensfehlerhaft, weil es unangemessen und willkürlich sei, die Abschaltung erst ab einer Windgeschwindigkeit von über 8 m/s freizugeben.

6

Die Klägerin beantragt,

7

das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 24. Juni 2010 (4 A 2/10 HAL) zu ändern und neben den Nebenbestimmungen Nr. 9.6, 9.7 und 9.10 auch die Nebenbestimmung Nr. 9.9 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 25.09.2007 insgesamt aufzuheben.

8

hilfsweise für den Fall des Unterliegens, Beweis zu erheben gemäß den Anträgen Nr. 1 bis 8 der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Unterlage.

9

Der Beklagte beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen

11

Zur Begründung trägt er vor: Für den Zeitraum von Ende August bis in die dritte Septemberwoche 2007 habe der Gutachter sowohl in seinem Gutachten vom 04.01.2008 für die streitgegenständlichen Windparkflächen als auch bereits in einem früheren Gutachten vom Dezember 2007 für den östlich gelegenen Windpark O. erhöhte Zugaktivitäten festgestellt. Der Gutachter sei in beiden Untersuchungen zu dem Schluss gekommen, dass über den Windparkflächen in einigen Nächten Individuenzahlen von bis zu 100 durchfliegenden Tieren erreicht würden. Da sich der Zug in einer für die Kollision kritischen Höhe von zum Teil über 100 m vollziehe, könne auf eine hohe Gefährdung der Tiere geschlossen werden. Dem vom Gutachter über den Windparkflächen selbst beobachteten Fledermauszug stehe nur das Ergebnis des an erheblichen methodischen Mängeln leidenden Schlagopfermonitorings desselben Gutachters entgegen. Für die Qualität der Nachsuche sei nicht nur der Flächenanteil der abgesuchten Fläche unter den Windkraftanlagen entscheidend, sondern auch die Frequenz der Nachsuche, der Untersuchungsradius, die Nachsucheffizienz der einzelnen Mitarbeiter sowie die Abtragung von geschlagenen Fledermäusen durch Prädatoren. Im vorliegenden Schlagopfermonitoring seien aber weder die Verschleppungsrate durch Prädatoren und die Sucheffizienz der einzelnen Mitarbeiter bestimmt worden, noch sei in ausreichendem Radius nach Schlagopfern gesucht worden. Einem Verstoß gegen das Tötungsverbot stehe auch nicht die Erwägung entgegen, dass Fledermäuse auch im allgemeinen Naturgeschehen etwa als Opfer von Raubvögeln tödlichen Gefahren ausgesetzt seien. An solche Gefahren hätten sich Fledermäuse in einem Jahrtausende währenden evolutionären Prozess angepasst. Windkraftanlagen stellten aber demgegenüber eine neuartige anthropogene Gefährdung dar, für die keine Anpassungsstrategien existierten. Weitere anthropogen bedingte Verluste wandernder Fledermausarten seien aber unter Berücksichtigung ihres derzeitigen Erhaltungszustandes in Deutschland sehr kritisch zu bewerten. Das Bundesamt für Naturschutz gebe aktuell den Erhaltungszustand der beiden fernwandernden Arten Großer und Kleiner Abendsegler in der kontinentalen biographischen Region nur mit ungünstig bis unzureichend an.

12

Auch die Festlegung einer Windgeschwindigkeit von 8 m/s, ab der zu den Zugzeiten die Windkraftanlagen wieder in Betrieb genommen werden können, sei rechtlich nicht zu beanstanden. So werde etwa in einer Untersuchung von L. und P. Bach aus dem Jahre 2009 belegt, dass diese Schwelle zum Schutz von wandernden Fledermäusen ausreichend, aber erforderlich sei.

13

In der mündlichen Verhandlung am 16.05.2013 hat der Beklagte gerügt, dass ihm ein Schriftsatz vom 07.05.2013, den die Klägerin beim erkennenden Gericht am selben Tag per Fax übersandt hat und der auf dem Postweg am 10.05.2013 mit Anlagen eingegangen ist, in vollständiger Form, das heißt einschließlich sämtlicher Anlagen (Anlagen K 18 – 33), erst am 15.05.2013 und damit so spät zugeleitet worden sei, dass er hierzu nicht mehr in dem erforderlichen Umfang und mit der nötigen Gründlichkeit habe Stellung nehmen können. Um eine solche Gelegenheit zu erhalten, hat er beantragt,

14

ihm einen Schriftsatznachlass von 6 Wochen ab dem 17.05.2013 einzuräumen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Berufung ist begründet.

17

Die angefochtene Nebenbestimmung Nr. 9.9 ist in vollem Umfang aufzuheben, weil sie entgegen der Auffassung der Vorinstanz insgesamt rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz1 VwGO).

18

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kann die Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG ist die Genehmigung nur zu erteilen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Die angeordneten Abschaltzeiten sollen einen Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (= § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F.) verhindern. Hierfür ist die Nebenbestimmung Nr. 9.9 aber nicht erforderlich, weil die genehmigten Anlagen auch dann nicht gegen das Tötungsverbot verstoßen, wenn sie innerhalb der angeordneten Abschaltzeiten betrieben werden.

19

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Fledermäuse (Microchiroptera), die eine Unterordnung der Ordnung der Fledertiere (Chiroptera) bilden, gehören zwar in allen Arten zu der danach geschützten Gruppe (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 13 b] aa] und 14 b] BNatSchG i. V. m. dem Anhang IV a] der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen [ABl. L 206 vom 22.07.1992, S. 7], zuletzt geändert durch Verordnung [EG] Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.09.2003 [ABl L 284 vom 31.10.2003]). Darüber hinaus ist der Tötungstatbestand, der nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG nur absichtliche Formen der Tötung umfasst, nach der Rechtsprechung des EuGH auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist (EuGH, Urte. v. 30.01.2002 – Rs. C-103/00 – Slg. 2002, I- 1163, u. v. 20.10.2005 – Rs. C-6/04 –, Slg. 2005, I-9017). Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 [301 f.], RdNr. 91) ist deshalb der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand dann nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit dem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden. Der Verbotstatbestand ist zwar individuenbezogen; dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, reicht aber nicht aus. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist vielmehr zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht, wobei Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, einzubeziehen sind. Gemeint ist eine „deutliche" Steigerung des Tötungsrisikos. Dafür genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der (besonders) geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko einer Kollision durch das Vorhaben deutlich und damit in signifikanter Weise erhöht (BVerwG, Urte. vom 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299, Rdnr. 219, v. 13.05.2009 – 9 A 73/07 –, NuR 2009, 711, Rn. 86, u. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, NuR 2009, 789 [797], RdNr. 42). Für Fledermäuse steigt das Verlustrisiko spürbar, wenn der Standort in einem erhöhten Maße schlagkräftig ist (Urt. d. Senats v. 23.07.2009 – 2 L 302/06 –, ZNER 2009, 312, juris Rn. 61). Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Windenergieanlagen im Wald (vgl. Gatz, Rechtsfragen der Windenergienutzung, DVBl 2009, 737 [744], mit weiteren Nachweisen) oder innerhalb bevorzugter Jagdgebiete oder in Hauptflugrouten errichtet werden sollen (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299, Rdnr. 219; VG Gera, Urt. v. 28.04.2005 – 4 K 1071/02.GE –, juris, RdNr. 14).

20

Hinsichtlich der Frage, ob Windenergieanlagen im Einzelfall ein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren einer besonders geschützten Art verursachen, gilt nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 26.10.2011 – 2 L 6/09 –, NuR 2012, 196) die prozessuale Besonderheit, dass der zuständigen Behörde, sofern sie eine den wissenschaftlichen Maßstäben und den vorhandenen Erkenntnissen entsprechende Sachverhaltsermittlung vorgenommen hat, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zugestanden werden muss, die im Verwaltungsprozess dazu führt, dass die gerichtliche Prüfung grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt ist. Der Senat hat dies damit begründet, dass zur fachgerechten Beurteilung der Frage des Tötungsrisikos – die sich in diesem Fall auf den Schutz von Rotmilanen bezog – ornithologische Kriterien maßgeblich sind, die zu treffende Entscheidung prognostische Elemente enthält und überdies naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe und rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen. Die insoweit vom Bundesverwaltungsgericht zum Planfeststellungsverfahren entwickelten Grundsätze (vgl. BVerwG, Urte. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, NuR 2008, 633, u. v. 14.04.2010 – 9 A 5.08 –, BVerwGE 136, 291 [318], RdNr. 113) seien auf das Genehmigungsverfahren entsprechend anwendbar. Der Befund, dass bei zahlreichen Fragestellungen – jeweils vertretbar – naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung steht, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten, gilt im Genehmigungsverfahren genauso wie im Planfeststellungsverfahren. Gerade die Bewertung, wann ein – bestehendes – Tötungs- oder Verletzungsrisiko „signifikant“ erhöht ist, lässt sich nicht im strengen Sinne „beweisen“, sondern unterliegt einer wertenden Betrachtung (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 26.10.2011 – 2 L 6/09 –, juris, RdNr 60 bis 65; OVG RP., Urt. v. 28.10.2009 – 1 A 10200/09 –, NuR 2010, 348 [350 f.], juris, RdNr. 42, 52; NdsOVG, Beschl. v. 20.04.2011 – 12 ME 274/10 –, NuR 2011, 431). An diesen Grundsätzen hält der Senat auch im Hinblick auf das artenschutzrechtliche Verbot der Tötung von Fledermäusen fest. Auch insoweit ist die Prüfung, ob eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vorliegt, dadurch gekennzeichnet, dass die Entscheidung prognostische Elemente enthält, rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen und spezielle fledermauskundliche Kriterien maßgeblich sind.

21

Sollen Windkraftanlagen in einer Gegend errichtet werden, die in der Flugroute fern wandernder Fledermausarten liegt, begründet dies gewissermaßen einen „Anfangsverdacht“ einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos, weil eine solche Lage häufig den Schluss rechtfertigen dürfte, dass jedenfalls in der Zeit des Herbstzuges, in der nach der vorhandenen bundesweiten Schlagopferkartei besonders viele Schlagopfer nachweisbar sind (vgl. dazu Niermann, Methodische Hinweise und Empfehlungen zur Bestimmung von Fledermaus-Schlagopferzahlen an Windenergiestandorten, Nyctalus (N.F.), Berlin 12 [2007], Heft 2-3, S. 152, vorgelegt als Anlage 2 in Beiakte D im Verfahren 2 L 187/10), deutlich mehr als nur einzelne Individuen aufgrund einer Kollision mit den Rotorblättern zu Tode kommen. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Signifikanzschwelle auch in solchen Fällen erst dann überschritten ist, wenn aufgrund einer hinreichend gesicherten Tatsachenbasis feststeht, dass gerade an dem konkreten Standort der zu errichtenden Windkraftanlagen und nicht nur in dessen näherer und weiterer Umgebung zu bestimmten Zeiten schlagopfergefährdete Fledermäuse in einer Zahl auftreten, die Kollisionen von mehr als nur einzelnen Individuen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen. Der erwähnte „Anfangsverdacht“ ist entgegen der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebrachten Auffassung nicht dahingehend zu verstehen, dass er zu einer Umkehr der Beweislast führt und deshalb bereits als solcher die Annahme einer Überschreitung der Signifikanzschwelle begründet, falls der Anlagenbetreiber nicht das Gegenteil nachweist. Vielmehr handelt es sich bei dem Anfangsverdacht nur um einen ersten Anschein, der je nach den Umständen des Einzelfalls einer näheren Konkretisierung und weiteren tatsächlichen Fundierung bedarf, die als solche auch nicht der behördlichen Einschätzungsprärogative zuzurechnen ist, sondern der vollen tatrichterlichen Kontrolle unterliegt.

22

Ferner ist bei Fledermäusen in besonderem Maße zu beachten, dass die Zahl der Individuen, die von dem signifikant erhöhten Tötungsrisiko betroffen sind, nach der zitierten Rechtsprechung über wenige Einzelexemplare hinausgehen muss. Wie bereits dargelegt, ist es bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen, dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können. Fledermäuse treten in Individuenzahlen auf, die die Zahl der Individuen anderer geschützter und kollisionsgefährdeter Tierarten, etwa des Rotmilans, um ein Vielfaches und damit in einem Maße übersteigt, das es rechtfertigt, insoweit von einer anderen Größenordnung zu sprechen. Aus den vorgelegten Gutachten und den Ausführungen der Beteiligten ist deutlich geworden, dass am Südrand des Harzes im Herbst Fledermäuse in Individuenzahlen von hunderten oder gar tausenden Einzelexemplaren durchziehen. Angesichts solcher Zahlen kann von einem Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegen der Auffassung des Beklagten nicht schon dann ausgegangen werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass im Zeitraum eines Jahres an einer Windkraftanlage ein oder zwei Fledermäuse zu Tode kommen. Zwar muss die zu erwartende Opferzahl, da es bei § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht um einen Populations-, sondern um einen Individuenschutz geht, nicht so groß sein, dass sie sich bereits auf die Population als solche auswirkt. Andererseits muss die Zahl der potentiellen Opfer eine Größe überschreiten, die mit Rücksicht auf die Zahl der insgesamt vorhandenen Individuen einer Population sowie die Zahl der Individuen, die ohnehin regelmäßig dem allgemeinen Naturgeschehen, etwa als Beutetiere, zum Opfer fallen, überhaupt als nennenswert bezeichnet werden kann. Diese Zahl mag zwar auch davon abhängen, wie hoch das Risiko im Einzelfall einzuschätzen ist und dürfte deshalb bei einem sehr hohen, an sichere Wahrscheinlichkeit grenzenden Tötungsrisiko niedriger liegen als bei einem geringeren, die Signifikanzschwelle nur gering überschreitenden Risiko. Bei ein oder zwei Fledermäusen im Jahr ist diese Zahl jedoch auch im erstgenannten Fall noch nicht erreicht.

23

In Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat aufgrund des ihm unterbreiteten Sachverhalts zu der Überzeugung gelangt, dass die Signifikanzschwelle im Bereich des Windparks S. nicht überschritten ist. Auch wenn man dem Beklagten hinsichtlich der Beurteilung des Tötungsrisikos eine Einschätzungsprärogative zubilligt, gibt es im vorliegenden Fall keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass für mehr als nur wenige einzelne Individuen des Großen Abendseglers (Nyctalus noctula) oder sonstiger fernwandernder Arten ein signifikant erhöhtes Risiko besteht, in den Monaten August und September während der Dämmerungs- und Nachtzeit durch Windkraftanlagen im Bereich des Windparks S. getötet zu werden.

24

Der Beklagte hat zwar in naturschutzfachlich vertretbarer Weise angenommen, dass es sich bei dem Großen Abendsegler um eine Fledermausart handelt, die während ihres herbstlichen Zuges zu den Winterquartieren für Kollisionen mit Windkraftanlagen besonders anfällig ist. Nach dem Gutachten des Büros für Landschaftsökologie M. vom 04.01.2008, das im Parallelverfahren 2 L 187/10 zum benachbarten Windpark M. vorgelegt wurde, sind es gerade die Herbstzüge fernwandernder Arten, die zu den meisten Fledermausverlusten an Windkraftanlagen in Deutschland führen, wobei der Große Abendsegler die insoweit am stärksten betroffene Art darstellt (S. 6 f. des Gutachtens). Der Beklagte hat diese Erkenntnisse anhand weiterer naturschutzfachlicher Veröffentlichungen belegt (vgl. die Anlagen 1 bis 9 in der Beiakte D in 2 L 187/10 und das Gutachten des Planungsbüros Dr. W. vom Oktober 2006).

25

Vertretbar ist weiter die Annahme, dass die Windkraftanlagen in einer Gegend errichtet werden sollen, die fernwandernden und für Kollisionen mit Windkraftanlagen anerkanntermaßen besonders gefährdeten Fledermausarten wie dem Großen Abendsegler und der Rauhhautfledermaus als viel benutzte Flugroute dient, auf der sie im Herbst in ihre südwestlich gelegenen Winter- und im Frühling in ihre nordöstlich gelegenen Sommerquartiere wandern. Der Beklagte hat sich auch bei dieser Einschätzung u.a. auf das Gutachten der M. vom 04.01.2008 gestützt. Daraus geht hervor, dass im Bereich des benachbarten Windparks M. im Zeitfenster der saisonalen Herbstwanderung in den Monaten August und September erhöhte Zugaktivitäten des Großen Abendseglers zu verzeichnen sind, wobei das Zuggeschehen regelmäßig in der Dämmerung beginnt und sich bis in die Dunkelheit hinein fortsetzt (S. 17 Abs. 4 des Gutachtens).

26

Allerdings ist zu beachten, dass sich die Flugroute im Bereich des Windparks S. nicht etwa auf einen schmalen Korridor verdichtet, der bereits als solcher die Annahme einer Überschreitung der Signifikanzschwelle für mehr als einzelne Individuen rechtfertigt. Vielmehr weist die Flugroute auch in diesem Bereich eine Breite von mehreren Kilometern auf. Gesicherte Erkenntnisse bestehen nur darüber, dass große Individuenzahlen an einzelnen, in der weiteren Umgebung vorhandenen Rastplätzen anzutreffen sind, die den Fledermäusen – wie der Süße und Salzige See im Osten und der Kelbraer Stausee im Westen des Standorts – ein hohes Insekten- und damit Nahrungsaufkommen bieten. Als gesichert stuft der Senat auch ein, dass sich der Herbstzug in Ost-West-Richtung bewegt und deshalb anzunehmen ist, dass viele Fledermäuse während dieses Zuges zuerst im Bereich des Süßen und Salzigen Sees rasten und anschließend zum westlich gelegenen Rastplatz des Kelbraer Stausees weiterziehen. Nicht hinreichend belegt ist aber, dass eine hinreichend große Zahl an Fledermäusen auf ihrem Zug von dem einen zum anderen Rastplatz gerade die kürzeste, über den Windpark S. verlaufende Route wählen. Hiergegen spricht, dass sich Fledermäuse bei ihrem Zug typischerweise an Leitlinien wie fließenden Gewässern oder Waldrändern orientieren, während sich der Windpark S. auf einer weithin freien Fläche befindet, der es gerade an landschaftlichen Strukturen wie den genannten Waldrändern oder Flussläufen fehlt. Danach ist eher davon auszugehen, dass sich das hauptsächliche Zuggeschehen an den Waldrändern der umliegenden Höhenzüge, etwa der Ausläufer des Harzes im Norden und des Kyffhäusergebirges im Süden, vollzieht. Dies entspricht auch der Einschätzung im Gutachten des Planungsbüros M. vom 04.01.2008. Wie sich auch aus der Abbildung auf Seite 39 dieses Gutachtens ergibt, findet der saisonale Herbstzug des Abendseglers auf einer verhältnismäßig breiten Fläche östlich und südlich des Harzgebirges statt. Das Zuggeschehen konzentriert sich damit nicht auf den Bereich des Windparks S., sondern umfasst einen mehrere Kilometer breiten Korridor. Auch hat der Gutachter L. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 04.03.2010 (2 L 187/10) ausgeführt, dass die geplanten Windkraftanlagen des benachbarten Windparks M. nach seiner Einschätzung aufgrund der topographischen Verhältnisse (Waldkanten als Orientierungslinien) etwa mittig zwischen zwei lokalen Zuglinien liegen und deshalb vom Hauptteil des Zuggeschehens nicht erfasst werden (Seite 2 oben der Stellungnahme, vgl. GA, Bl. 116 in 2 L 187/10).

27

Aus den Ausführungen des von dem Beklagten beigezogenen Fledermausexperten O., der den naturschutzfachlichen Standpunkt des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausführlich erläutert hat, hat der Senat zudem die Erkenntnis gewonnen, dass sich das Zuggeschehen nicht in der Weise eines konzentrierten und zielgerichteten Direktflugs zwischen den Hauptrastplätzen „Süßer See“ und „Kelbraer Stausee“ vollzieht, sondern aus verschiedenen Gründen, insbesondere auch aufgrund eines paarungsbedingten Ausschwärmens, in die Breite gelenkt wird und dadurch insgesamt einer Streuung unterliegt, die der Annahme einer engen Flugroute über dem Windpark S. entgegensteht. Etwas anderes ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil Herr O. nach seiner Aussage bei einem Aufenthalt auf einem in der Nähe des Windparks vorhandenen Autobahnparkplatz einen größeren Schwarm durchziehender Fledermäuse beobachtet hat. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um eine zufällige Einzelbeobachtung handelt, die als solche hinsichtlich des regelmäßigen Gesamtaufkommens wenig aussagekräftig sein dürfte, lässt sich daraus nicht entnehmen, dass regelmäßig große Zahlen von Fledermäusen auch im Bereich des streitgegenständlichen Windparks anzutreffen sind. Die vorgelegten, im Auftrag der Klägerin erstellten gutachterlichen Untersuchungen direkt am Standort bestätigen, dass sich das Fledermausaufkommen dort nicht etwa konzentriert, sondern sich in einem größeren Rahmen bewegt, der für eine Verteilung des Gesamtaufkommens auf eine mehrere Kilometer breite Fläche spricht.

28

Zwar hat der Gutachter L. für den Bereich des Windparks M. in seinem Gutachten vom 04.01.2008 gleichwohl eine „erhöhte bis stark erhöhte Aktivitätsdichte“ festgestellt, was dafür spreche, dass „die Art zumindest während der Herbstwanderung in hohen Individuenzahlen“ durchziehe und „am Standort ein erhöhtes Kollisionsrisiko während der Herbstwanderung“ zu erwarten sei (jeweils S. 40 des Gutachtens). Allerdings sind diese Äußerungen unter Berücksichtigung des gesamten Gutachtens nicht dahingehend zu verstehen, dass die Größe des Aufkommens den Schluss eines signifikant gesteigerten Tötungsrisikos für mehr als nur einzelne Individuen rechtfertigt. So zieht der Gutachter aus seinen Untersuchungen lediglich den Schluss, dass sich – jedenfalls bezogen auf den Großen Abendsegler – im Zeitfenster Mitte Juli bis Ende Oktober ein erhöhtes Risiko für Kollisionen bei der genannten Art standörtlich im Vorfeld der Anlagenerrichtung „nicht ausschließen“ lasse (S. 46 des Gutachtens) und verneint dementsprechend eine „negative Beeinträchtigung der Population“ (S. 47 des Gutachtens). Maßgeblich für diese Einschätzung ist insbesondere, dass das von dem Gutachter durchgeführte Schlagopfermonitoring an 12 vorhandenen Windkraftanlagen im Windpark M. lediglich zum Auffinden eines einzigen Exemplars des Abendseglers geführt hat (S. 19 des Gutachtens vom 04.01.2008). Zwar spricht eine geringe Fundrate nicht zwangsläufig gegen die Annahme eines signifikant gesteigerten Kollisionsrisikos, weil die Zahl der aufgefundenen Kadaver je nach Art, Dauer, Intensität und Umfang der Nachsuche und in Abhängigkeit weiterer Faktoren, insbesondere des Abtrags durch Prädatoren, aber auch des Bewuchses der abgesuchten Flächen, erheblich hinter der Zahl der Kollisionsopfer zurückbleiben kann. So hat der Beklagte in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass die Auffindwahrscheinlichkeit nach dem hier durchgeführten Monitoring – wie der Gutachter auch selbst eingeräumt hat (S. 20 des Gutachtens) – mit einem Wert unter 50 % anzusetzen ist. Andererseits ist das durchgeführte Schlagopfermonitoring aber auch nicht so lückenhaft, dass es als Erkenntnisgrundlage unbrauchbar wäre. Der Senat wertet es deshalb als hinreichenden Beleg dafür, dass hier zwar ein Tötungsrisiko zu bejahen ist, es aber hinsichtlich der Anzahl der von ihm erfassten Individuen an der signifikanten Erhöhung dieses Risikos fehlt. Der Fund einer größeren Anzahl von geschlagenen Individuen ist ein besonders starkes Indiz für ein erhöhtes Kollisionsrisiko, weil das Auffinden von Schlagopfern am unmittelbarsten und augenscheinlichsten die Beeinträchtigung von Fledermäusen durch Windkraftanlagen verdeutlicht (Niermann, Methodische Hinweise und Empfehlungen zur Bestimmung von Fledermaus-Schlagopferzahlen an Windenergiestandorten, Nyctalus (N.F.), Berlin 12 [2007], Heft 2-3, S. 152, vorgelegt als Anlage 2 in Beiakte D zu 2 L 187/10). Umgekehrt spricht die Auffindung lediglich eines einzelnen Kadavers gegen ein signifikant gesteigertes Tötungsrisiko, das – wie dargelegt – gerade noch nicht erfüllt ist, wenn es sich bloß bei einer geringen Zahl von Individuen verwirklicht (vgl. in diesem Sinne auch Beschl. d. Senats v. 19.12.2012 – 2 L 212/11).

29

Das gefundene Ergebnis wird auch durch das im vorliegenden Verfahren vorgelegte Gutachten des Planungsbüros Dr. W. vom Oktober 2006 bestätigt. Zwar hätten im Planungsgebiet 14 Fledermausarten nachgewiesen werden können (Bl. 36 des Gutachtens). Für den Großen Abendsegler und die Rauhhautfledermaus bestehe auch das Restrisiko von Kollisionen. Dieses könne aber durch den Einsatz einer Luftfahrthindernisbefeuerung w-rot deutlich minimiert werden (Bl. 37 des Gutachtens).

30

Soweit der Beklagte beantragt hat, ihm zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Klägerin vom 07.05.2013 einen Schriftsatznachlass von sechs Wochen zu gewähren, war dem nicht stattzugeben. Der Schriftsatz ist dem Beklagten aufgrund richterlicher Verfügungen vom 8. und 10.05.2013 übersandt worden (Ausfertigungs- und Abgangsvermerk: 10.05.2013). Mit Fax vom 13.05.2013 hat das Gericht dem Beklagten auf dessen telefonische Bitte hin die Anlage K 18 übersandt. Die vollständigen Anlagen hat der Beklagte nach seinen eigenen Angaben einen Tag vor der mündlichen Verhandlung, also am 15.05.2013, erhalten. Er hatte deshalb Gelegenheit, den Schriftsatz nebst Anlagen bereits vor der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis zu nehmen und sich in der mündlichen Verhandlung dazu zu äußern. Der Schriftsatz enthält im Übrigen auch keine grundlegend neuen Ausführungen, die für die Entscheidung des Senats ausschlaggebend waren. Vielmehr hat die Klägerin mit ihm lediglich ihre bisherigen Ausführungen weiter untermauert.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 709 ZPO.

32

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Nebenbestimmung, die der Beklagte einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen nachträglich beifügte.

2

Mit Bescheid vom 15.07.2009 erteilte der Beklagte der Klägerin eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von neun Windenergieanlagen vom Typ Enercon E-82 mit jeweils einer Nennleistung von 2 MW, einer Nabenhöhe von 108,4 m und einem Rotordurchmesser von 82 m auf den Grundstücken der Gemarkung R., Flur A, Flurstücke 148, 72 und 67 sowie Flur B, Flurstücke 23 und 1. Die Standorte befinden sich in einem Bereich ca. 1 bis 2 km nordwestlich der Ortslage R.. Sie liegen innerhalb des im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Harz ausgewiesenen Vorranggebiets für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten Nr. III „R.-A.“. Nach der Nebenbestimmung Nr. 8.2 erging die Genehmigung unter dem Vorbehalt, dass nach Vorlage eines durch die obere Naturschutzbehörde anerkannten Fledermausgutachtens Abschaltzeiten für die Windkraftanlagen als Auflagen festgesetzt werden können; das Gutachten war spätestens vier Wochen nach Bestandskraft des Genehmigungsbescheides vorzulegen.

3

Daraufhin legte die Klägerin ein Fledermausgutachten des Fachplanungsbüro „(...)“ vom 20.07.2009 vor. Es kam zu dem Ergebnis, dass für die fernwandernden Fledermausarten Abendsegler und Kleinabendsegler im Spätsommer und im Herbst an den geplanten Standorten der Windkraftanlage Kollisionen nicht auszuschließen seien und für die Anlagen Nr. 2, 3 und 9 wegen des als kritisch anzusehenden Abstandes von weniger als 200 m zu den nächstgelegenen Gehölzen ein höheres Kollisionsrisiko bestehe. Im Gutachten wurde deshalb empfohlen, für diese Anlagen im ersten und ggf. auch noch im zweiten Jahr der Inbetriebnahme ein Schlagopfermonitoring durchzuführen, bei dem auch die Witterungs- und Suchbedingungen erfasst sowie die Abtragrate durch Aasfresser eingeschätzt werden könne. Anhand der Ergebnisse dieser Monitoring-Untersuchungen könne von den zuständigen Naturschutzbehörden entschieden werden, ob die Erheblichkeitsschwelle an einer der Anlagen überschritten werde und ggf. eine jahreszeitlich beschränkte Abschaltung erforderlich sei oder hierauf verzichtet werden könne. Auf eine Bepflanzung der Zuwegungen zu allen Windenergieanlagen mit Gehölzen müsse unbedingt verzichtet werden, um keine Leitlinien für strukturgebundene Arten zu den Standorten aufzubauen. Weitergehende Maßnahmen seien aus gutachterlicher Sicht nicht möglich.

4

In einer Stellungnahme vom 13.01.2010 erklärte die Landesreferenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt, dass die gutachtlichen Ausführungen nachvollziehbar seien. Nahegelegene Reproduktionen des Kleinabendseglers befänden sich in Aschersleben beim Tierpark und im Selketal bei Meisdorf. Die nächsten Reproduktionen des Abendseglers befänden sich im Saale- bzw. Elbtal. Der Nachweis von zwei Windkraftopfern, einer Zwergfledermaus (16.05.2008) und eines Kleinabendseglers (27.08.2008) belegten die akute Gefahr, an den Windkraftanlagen zu verunglücken. Zur Minimierung der Schlagopfergefahr für Fledermäuse sollten die Standorte der Anlagen Nr. 2, 3 und 9 derart verändert werden, dass sie Abstände von 200 m zur nächsten Gehölzstruktur aufweisen. Die Maßnahmeempfehlungen des Planungsbüros würden befürwortet, jedoch sollte das Schlagopfermonitoring in einem Abstand von 2 Tagen (minimaler Standard) durchgeführt werden. Darüber hinaus sollten an zwei Anlagen auf der Höhe der Gondeln dauerhafte Ultraschallaufzeichnungen von März bis November über zwei Jahre vorgenommen werden.

5

Mit Bescheid vom 14.05.2010 fügte der Beklagte der Genehmigung vom 15.07.2009 die hier streitige Nebenbestimmung Nr. 8.8 bei. Danach sind die Windkraftanlagen Nr. 2, 3 und 9 in der Zeit vom 20. Juli bis zum 30. September jeden Jahres jeweils eine Stunde vor Sonnenuntergang bis eine Stunde nach Sonnenaufgang abzuschalten. Die Abschaltung der Windkraftanlagen entfällt bei Windgeschwindigkeiten über 8 m/s (in Nabenhöhe gemessen).

6

Die Klägerin hat am 17.06.2010 Klage erhoben und zur Begründung u.a. vorgetragen, ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko von Fledermäusen mit den von der streitigen Auflage betroffenen Windkraftanlagen sei im Gutachten nicht festgestellt worden. Das Gesetz räume der Behörde insoweit keine Einschätzungsprägorative ein. Die am Standort beobachteten kleineren Fledermausarten wie der Kleinabendsegler und die Zwergfledermaus seien bereits bei einer Windgeschwindigkeit ab 6 m/s nicht mehr aktiv. Der Beklagte handele ermessensfehlerhaft, weil er ohne hinreichend sichere Erkenntnisse des möglichen Kollisionsrisikos der Fledermäuse mit Windenergieanlagen Abschaltzeiten verfüge und sich damit über die Empfehlung des Sachverständigengutachtens, lediglich ein Schlagopfermonitoring durchzuführen, hinwegsetze.

7

Die Klägerin hat beantragt,

8

die mit Bescheid vom 14.05.2010 der Genehmigung vom 15.07.2009 beigefügte Nebenbestimmung Nr. 8.8 aufzuheben.

9

Der Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Er hat im Wesentlichen vorgetragen, an den drei in Rede stehenden Anlagen bestehe ein erhöhtes Kollisionsrisiko für Fledermäuse, weil ihre Standorte innerhalb eines Mindestabstandes von 200 m zum nächsten Gehölz lägen. Ein Fledermausmonitoring anstatt der angeordneten Abschaltzeiten sei artenschutzrechtlich nicht vertretbar, weil die Standorte der betroffenen Anlagen die Mindestabstände zu Gehölzen nicht einhielten. Hierdurch würden wissentlich Schlagopfer geduldet.

12

Mit dem angefochtenen Urteil vom 21.11.2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Ohne die in der nachträglichen Nebenbestimmung geregelte Abschaltung der Windkraftanlagen sei das Vorhaben der Klägerin nicht mit § 42 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. BNatSchG a.F. bzw. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG n.F. vereinbar. Der unbeschränkte Betrieb der Windkraftanlagen gehe mit einer signifikanten Erhöhung des Tötungs- und Verletzungsrisikos jedenfalls für die besonders geschützten Fledermausarten Großer Abendsegler und Zwergfledermaus und damit mit einem Verstoß gegen das Verletzungs- bzw. Tötungsverbot von wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten einher, ohne dass eine artenschutzrechtliche Ausnahme oder Befreiung zu erteilen sei. Bei der Frage, ob ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand erfüllt sei, stehe der Behörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Die vom Beklagten hier vorgenommene Einschätzung sei naturschutzfachlich vertretbar. Er gehe in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass sich der Standort der Anlagen in einem Gebiet erhöhter Flugaktivitäten des Abendseglers und des Kleinen Abendseglers befinde. Der Gutachter habe im von den Anlagen betroffenen Gebiet Bestände des Abendseglers und auch des Kleinen Abendseglers ermittelt. Unter Berücksichtigung und Auswertung einschlägiger Studien zur Verteilung der Todfunde unter Windenergieanlagen schätze er für die Arten Abendsegler und Kleinabendseglers das Kollisionsrisiko mit Windkraftanlagen in nachvollziehbarer Weise generell als besonders hoch ein, insbesondere in der Zeit von Mitte Juli bis Ende September. Weiter führe der Gutachter unter Berücksichtigung einschlägiger Studien aus, dass Abstände von Windkraftanlagen zu bestehenden Gehölzen von weniger als 200 m zu einer erhöhten Kollisionsgefahr für Fledermäuse führe und die Anlagen Nr. 2, 3, und 9 diesen Mindestabstand unterschritten. Mit dem Gutachten lägen auch ausreichende standortbezogene Kenntnisse vor, an Hand derer der Beklagte das von den Anlagen ausgehende Schlagopferrisiko für die beiden Fledermausarten naturschutzfachlich habe bewerten können. Dass die Feststellungen und Bewertungen des Gutachtens nicht mehr dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprächen, sei nicht ersichtlich. Die Annahme des Beklagten, (erst) ab einer Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe von über 8 m/s und außerhalb der Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis eine Stunde nach Sonnenaufgang bestehe keine signifikant erhöhte Verletzungs- bzw. Tötungsgefahr mehr, sei ebenfalls von der naturschutzrechtlichen Einschätzungsprärogative gedeckt. Er könne diesen Kriterien fachwissenschaftliche Empfehlungen zugrunde legen. Die Verpflichtung zur Abschaltung in der Zeit von einer Stunde vor Sonnenuntergang bis eine Stunde nach Sonnenaufgang sei ebenfalls auf der Grundlage des Fledermausgutachtens sowie eines wissenschaftlichen Beitrags sachlich vertretbar. Die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahmezulassung oder Befreiung komme nicht in Betracht.

13

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin wie folgt begründet: Dem Beklagten stehe bei einer gebundenen Entscheidung wie hier keine Einschätzungsprärogative zu. Zudem sei die Einschätzung des Beklagten naturschutzfachlich nicht vertretbar. Da im Gebiet der in Rede stehenden Windenergieanlagen Fledermäuse lediglich anzutreffen seien, das Vorhaben aber nicht im Bereich bedeutender Jagdhabitate oder Flugrouten stehe, sei die Anordnung vom Betriebszeitenbeschränkungen nicht zulässig.Das bestehende Risiko jeder unvermeidlichen Einzelkollision führe nicht zum Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. ‚ BNatSchG; denn sonst könnten nahezu alle Vorhaben nur noch im Wege naturschutzrechtlicher Befreiungs- und Ausnahmetatbestände zugelassen werden. Für die Annahme, es sei hier von einem signifikant erhöhten Kollisionsrisiko zumindest der Fledermausarten Abendsegler und Zwergfledermaus auszugehen, gebe das vorliegende Gutachten nichts her. Das Gegenteil sei der Fall. Die bioakustischen Untersuchungen hätten zwar Nachweise von insgesamt fünf Fledermausarten erbracht, die die Flächen des Windparks jedoch in vergleichsweise geringer Intensität nutzten. Das Risiko von Kollisionen während der Wochenstubenzeit werde daher in der Gesamtbetrachtung als gering eingeschätzt. Durch das Auftreten von Zwerg- und Breitflügelfledermaus, Kleinabendsegler und Abendsegler ließen sich Kollisionen von Individuen dieser Art zwar nach Aussage des Gutachtens nicht generell ausschließen, jedoch sei aufgrund der geringen Frequentierung der Flächen eine erhöhte und damit signifikante Verlustrate gerade nicht zu erwarten. Die Gutachter räumten zwar ein, dass aufgrund des unterschrittenen Abstands der drei fraglichen Anlagen von 200 m zu den nächstgelegenen Gehölzstrukturen Verluste möglich seien, alle relevanten Arten jedoch nur in geringen bis sehr geringen Dichten aufträten. Daher verdeutlichten sowohl die Befunde des Schlagopfermonitorings als auch diejenigen der bioakustischen Erfassungen, dass es am Standort nicht zu erheblichen Individuen-Akkumulationen komme und somit nicht mit einer erhöhten Verlustrate zu rechnen sei.

14

Bestritten werde weiterhin das Vorkommen fernwandernder Fledermausarten am fraglichen Standort. Selbst wenn im Bereich des Vorhabens solche Arten vorkommen sollten, müsste es sich um eine bedeutende Flugroute handeln. Der Beklagte habe sich zudem bei der Festsetzung der Abschaltzeiten ausschließlich auf das Gutachten gestützt und gerade nicht auf das angebliche Vorkommen von fernwandernden Fledermausarten am fraglichen Standort. Auch in der Begründung zu den angefochtenen Nebenbestimmungen sei nicht die Rede davon, dass fernwandernde Fledermausarten durch die Anlagen gefährdet würden.

15

Der Beklagte hätte auch berücksichtigen müssen, dass aktuell keine wirklich sicheren wissenschaftlichen Studien vorlägen, die das Schlagopfervorkommen von Fledermäusen bei Windenergieanlagen belegen. Es existiere zwar eine zentrale Datensammlung, die nach den einzelnen Fledermausarten gegliedert sei und darauf beruhend zu einem möglichen Kollisionsrisiko an Windenergieanlagen Stellung nehme. Diese Datensammlung sei aber wissenschaftlich nicht hinreichend fundiert. So sei einem Artikel in der Fachzeitschrift „Nactylus“ zu entnehmen, dass keine Abhängigkeit der Totfundrate von der Entfernung zu Heckenstrukturen nachzuweisen sei, so dass die Unterschreitung des Abstandes der drei betroffenen Windenergieanlagen zu den Gehölzstrukturen nicht Grundlage für die pauschal verfügten Abschaltzeiten sein könne. Auch unter diesem Gesichtspunkt hätte der Beklagte dem durch die Gutachter empfohlenen Schlagopfermonitoring zustimmen müssen, wozu sie, die Klägerin auch bereit sei. Das Verwaltungsgericht habe ferner nicht berücksichtigt, dass es nach Untersuchungen im Land Brandenburg tageszeitliche Unterschiede in den nächtlichen Aktivitäten der Fledermäuse gebe. Diese beruhten zum Teil auf unterschiedlichen Aktivitätsrhythmen einzelner Arten. Es sei deshalb nicht in jeder Dekade, wenn überhaupt, erforderlich, Abschaltzeiten für Windenergieanlagen auf den gesamten Zeitraum zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang auszudehnen.

16

Es gebe bislang auch keine Hinweise darauf, dass sich Fledermäuse bei Windgeschwindigkeiten ab 6 m/s noch in Gondelhöhe bewegen. Hierzu bedürfe es entsprechender weiterer Untersuchungen. Am Standort der Windenergieanlagen Nr. 2, 3 und 9 entwickelten die hier festgestellten kleineren Arten von Fledermäusen, wie der Kleinabendsegler und die Zwergfledermaus, Flugaktivitäten bereits bei einem Wert von 6 m/s Flugaktivitäten gerade nicht mehr. Größere Fledermausarten, die nach dem heutigen Kenntnisstand möglicherweise erst bei einer Windstärke von 8 bis 9 m/s nicht mehr fliegen, seien am fraglichen Standort gar nicht vorhanden.

17

Die Klägerin beantragt,

18

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 21. November 2011 – 1 A 219/10 MD – zu ändern und die mit Bescheid vom 14.05.2010 der Genehmigung vom 15.07.2009 beigefügte Nebenbestimmung Nr. 8.8 aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Zur Begründung trägt er vor: Allein mit den vom Gutachterbüro (...) angewandten Methoden (Detektorbegehungen und Horchboxen) könne die Mehrzahl der wandernden Fledermäuse nicht erfasst werden. Die Gefährdung fernwandernder Fledermäuse durch die bestehenden und geplanten Windkraftanlagen sei allerdings in einem anderen Gutachten dieses Büros aus dem Jahr 2008 festgestellt worden. Lediglich das aus den Erfassungsdaten abgeleitete Ergebnis differiere im (...)-Gutachten gegenüber den Empfehlungen der Referenzstelle für Fledermausschutz Sachsen-Anhalt. Erst durch das Zusammenführen langjährig erfasster Daten zu Konzentrationsräumen durchziehender fernwandernder Fledermausarten im Nordharzbereich werde die Lage der beantragten Windenergieanlagen in einer überregional bedeutsamen Zugkonzentrationszone deutlich. Hätte der Gutachter diese bereits in der Referenzstelle für Fledermausschutz vorliegenden Daten zu wandernden Fledermausarten im Bereich des Nordharzrandes berücksichtigt, hätte auch er zu dem Ergebnis gelangen können (und wohl auch müssen), dass zum Schutz hoch fliegender fernwandernder Fledermausarten die Anordnung von Abschaltzeiten erforderlich sei.

22

Auswirkungen des Fledermausschlages an Windkraftanlagen zu den spätsommerlichen bzw. herbstlichen Zugzeiten zeigten sich bereits in Beobachtungen aus Südhessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Nach dort vorgenommenen Beobachtungen seien die Bestandszahlen regionaler Populationen der migrierenden und zum Teil überwinternden Arten Großen Abendsegler und Rauhautfledermaus als den am stärksten von Windenergieanlagen betroffenen Arten stark rückläufig. Als Hauptursache werde hierfür der massive Ausbau der Windenergie in den Durchzugsgebieten (u.a. Brandenburg und Sachsen-Anhalt) verantwortlich gemacht. Daher sei die Festsetzung von Abschaltzeiten während der Zugzeiten in Gebieten mit einer Konzentration des Zuggeschehens, zumindest während des spätsommerlich-herbstlichen Rückzuges in die Winterquartiere in Südwesteuropa, dringend erforderlich.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

24

Die zulässige Berufung ist begründet.

25

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die mit Bescheid vom 14.05.2010 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 15.07.2009 nachträglich beigefügte Nebenbestimmung Nr. 8.8 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

26

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kann eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG ist die Genehmigung nur zu erteilen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Die angeordneten Abschaltzeiten sollen einen Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F.) verhindern. Da die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 15.07.2009 unter dem nicht angefochtenen Vorbehalt erlassen wurde, dass nach Vorlage eines Fledermausgutachtens Abschaltzeiten festgesetzt werden können, kann eine entsprechende Auflage auch nachträglich beigefügt werden, wenn sie erforderlich ist, um die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Voraussetzungen zu sichern. Für die Einhaltung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG a.F.) ist die Nebenbestimmung Nr. 8.8 aber nicht erforderlich, weil die streitigen drei Anlagen auch dann nicht gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot verstoßen, wenn sie innerhalb der angeordneten Abschaltzeiten betrieben werden.

27

Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Fledermäuse (Microchiroptera), die eine Unterordnung der Ordnung der Fledertiere (Chiroptera) bilden, gehören zwar in allen Arten zu der danach geschützten Gruppe (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 13 b] aa] und 14 b] BNatSchG i.V.m. dem Anhang IV a] der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen [ABl. L 206 vom 22.07.1992, S. 7], zuletzt geändert durch Verordnung [EG] Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.09.2003 [ABl L 284 vom 31.10.2003]).

28

Der Tötungstatbestand, der nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG nur absichtliche Formen der Tötung umfasst, ist nach der Rechtsprechung des EuGH auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist (EuGH, Urte. v. 30.01.2002 – Rs. C-103/00 – Slg. 2002, I-1163, u. v. 20.10.2005 – Rs. C-6/04 –, Slg. 2005, I-9017). Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – 9 A 14.07 –, BVerwGE 131, 274 [301 f.], RdNr. 91) ist der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand dann nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit dem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden. Der Verbotstatbestand ist zwar individuenbezogen; dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, reicht aber nicht aus. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist vielmehr zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht, wobei Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, einzubeziehen sind. Gemeint ist eine „deutliche" Steigerung des Tötungsrisikos. Dafür genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der (besonders) geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko einer Kollision durch das Vorhaben deutlich und damit in signifikanter Weise erhöht (BVerwG, Urte. vom 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299, Rdnr. 219, v. 13.05.2009 – 9 A 73/07 –, NuR 2009, 711, Rn. 86, u. v. 09.07.2009 – 4 C 12.07 –, NuR 2009, 789 [797], RdNr. 42). Für Fledermäuse steigt das Verlustrisiko spürbar, wenn der Standort in einem erhöhten Maße schlagkräftig ist (Urt. d. Senats v. 23.07.2009 – 2 L 302/06 –, ZNER 2009, 312, juris Rn. 61). Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Windenergieanlagen im Wald (vgl. Gatz, Rechtsfragen der Windenergienutzung, DVBl 2009, 737 [744], mit weiteren Nachweisen) oder innerhalb bevorzugter Jagdgebiete oder in Hauptflugrouten errichtet werden sollen (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299, Rdnr. 219; Urt. d. Senats v. 16.05.2013 – 2 L 106/10 –, ZNER 2013, 328, RdNr. 19).

29

Hinsichtlich der Frage, ob Windenergieanlagen im Einzelfall ein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren einer besonders geschützten Art verursachen, gilt die Besonderheit, dass der zuständigen Behörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zugestanden werden muss, die im Verwaltungsprozess dazu führt, dass die gerichtliche Prüfung grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 – 7 C 40.11 –, juris; Urt. v. 27.06.2013 – 4 C 1.12 – NVwZ 2013, 1411, RdNr. 14 ff.). Diese Grundsätze gelten auch im Hinblick auf das artenschutzrechtliche Verbot der Tötung von Fledermäusen; auch insoweit ist die Prüfung, ob eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vorliegt, dadurch gekennzeichnet, dass die Entscheidung prognostische Elemente enthält, rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen und spezielle fledermauskundliche Kriterien maßgeblich sind (Urt. d. Senats v. 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 20). Ein der Genehmigungsbehörde zugestandener naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum kann sich sowohl auf die Erfassung des Bestandes der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Risiken beziehen, denen diese bei Realisierung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens ausgesetzt sind (BVerwG, Urt. v. 21.11.2013, a.a.O., RdNr. 19). Die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich aber nicht generell auf das Artenschutzrecht als solches, sondern greift nur dort Platz, wo trotz fortschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt (BVerwG, Urt. v. 21.11.2013, a.a.O., RdNr. 19). Die naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative erlaubt es der Genehmigungsbehörde deshalb nicht, ohne eine wissenschaftlichen Maßstäben und vorhandenen Erkenntnissen entsprechende Sachverhaltsermittlung, insbesondere Bestandserfassung im Umfeld einer Anlage, von einer erhöhten Aktivitätsdichte und einem daraus folgenden signifikant erhöhten Tötungsrisiko einer besonders geschützten Art auszugehen (vgl. Urt. d. Senats v. 26.11.2011 – 2 L 6/09 –, NuR 2012, 196 [201], RdNr. 65 in juris, m.w.N).

30

Sollen Windkraftanlagen in einer Gegend errichtet werden, die in der Flugroute fernwandernder Fledermausarten liegt, begründet dies zwar gewissermaßen einen „Anfangsverdacht“ einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos, weil eine solche Lage häufig den Schluss rechtfertigen dürfte, dass jedenfalls in der Zeit des Herbstzuges, in der nach der vorhandenen bundesweiten Schlagopferkartei besonders viele Schlagopfer nachweisbar sind (vgl. dazu Niermann, Methodische Hinweise und Empfehlungen zur Bestimmung von Fledermaus-Schlagopferzahlen an Windenergiestandorten, Nyctalus (N.F.), Berlin 12 [2007], Heft 2-3, S. 152), deutlich mehr als nur einzelne Individuen aufgrund einer Kollision mit den Rotorblättern zu Tode kommen. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die Signifikanzschwelle auch in solchen Fällen erst dann überschritten ist, wenn aufgrund einer hinreichend gesicherten Tatsachenbasis feststeht, dass gerade an dem konkreten Standort der zu errichtenden Windkraftanlagen und nicht nur in dessen näherer und weiterer Umgebung zu bestimmten Zeiten schlagopfergefährdete Fledermäuse in einer Zahl auftreten, die Kollisionen von mehr als nur einzelnen Individuen mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen. Der erwähnte „Anfangsverdacht“ ist nicht dahingehend zu verstehen, dass er zu einer Umkehr der Beweislast führt und deshalb bereits als solcher die Annahme einer Überschreitung der Signifikanzschwelle begründet, falls der Anlagenbetreiber nicht das Gegenteil nachweist. Vielmehr handelt es sich bei dem Anfangsverdacht nur um einen ersten Anschein, der je nach den Umständen des Einzelfalls einer näheren Konkretisierung und weiteren tatsächlichen Fundierung bedarf, die als solche auch nicht der behördlichen Einschätzungsprärogative zuzurechnen ist, sondern der vollen tatrichterlichen Kontrolle unterliegt (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 21).

31

Ferner ist bei Fledermäusen in besonderem Maße zu beachten, dass die Zahl der Individuen, die von dem signifikant erhöhten Tötungsrisiko betroffen sind, nach der zitierten Rechtsprechung über wenige Einzelexemplare hinausgehen muss. Wie bereits dargelegt, ist es bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen, dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können. Fledermäuse treten in Individuenzahlen auf, die die Zahl der Individuen anderer geschützter und kollisionsgefährdeter Tierarten, etwa des Rotmilans, um ein Vielfaches und damit in einem Maße übersteigt, das es rechtfertigt, insoweit von einer anderen Größenordnung zu sprechen. Von einem Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG kann deshalb nicht schon dann ausgegangen werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass im Zeitraum eines Jahres an einer Windkraftanlage ein oder zwei Fledermäuse zu Tode kommen. Zwar muss die zu erwartende Opferzahl, da es bei § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht um einen Populations-, sondern um einen Individuenschutz geht, nicht so groß sein, dass sie sich bereits auf die Population als solche auswirkt. Andererseits muss die Zahl der potentiellen Opfer eine Größe überschreiten, die mit Rücksicht auf die Zahl der insgesamt vorhandenen Individuen einer Population sowie die Zahl der Individuen, die ohnehin regelmäßig dem allgemeinen Naturgeschehen, etwa als Beutetiere, zum Opfer fallen, überhaupt als nennenswert bezeichnet werden kann. Diese Zahl mag zwar auch davon abhängen, wie hoch das Risiko im Einzelfall einzuschätzen ist und dürfte deshalb bei einem sehr hohen, an sichere Wahrscheinlichkeit grenzenden Tötungsrisiko niedriger liegen als bei einem geringeren, die Signifikanzschwelle nur gering überschreitenden Risiko. Bei ein oder zwei Fledermäusen im Jahr ist diese Zahl jedoch auch im erstgenannten Fall noch nicht erreicht (Urt. d. Senats v. 16.05.2013, a.a.O., RdNr. 22).

32

In Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass die Signifikanzschwelle im Bereich des Windparks der Klägerin nicht überschritten ist. Auch wenn man dem Beklagten hinsichtlich der Beurteilung des Tötungsrisikos eine Einschätzungsprärogative zubilligt, gibt es im vorliegenden Fall keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass für mehr als nur wenige einzelne Individuen des Großen Abendseglers (Nyctalus noctula) und des Kleinen Abendseglers (Nyctalus leisleri) oder sonstiger insbesondere fernwandernder Arten ein signifikant erhöhtes Risiko besteht, in den Monaten August und September während der Dämmerungs- und Nachtzeit durch Windkraftanlagen im Bereich dieses Windparks getötet zu werden.

33

Der Beklagte hat zwar in naturschutzfachlich vertretbarer Weise angenommen, dass es sich insbesondere beim Großen Abendsegler um eine Fledermausart handelt, die während ihres herbstlichen Zuges zu den Winterquartieren für Kollisionen mit Windkraftanlagen besonders anfällig ist. Nach dem Gutachten des Büros (...) vom 20.07.2009 sind es gerade die Herbstzüge fernwandernder Arten, die zu den meisten Fledermausverlusten an Windkraftanlagen in Deutschland führen, wobei der Große Abendsegler die insoweit am stärksten betroffene Art darstellt.

34

Der Senat geht weiter davon aus, dass die Umgebung der streitigen Windkraftanlagen durch die fernwandernden und für Kollisionen mit Windkraftanlagen anerkanntermaßen besonders gefährdeten Fledermausarten Groß- und Kleinabendsegler während der saisonalen Herbstwanderung genutzt wird. Auch dies lässt sich auf das Gutachten des Büros (...) vom 20.07.2009 stützen (vgl. S. 24 und 41 des Gutachtens). Dem Gutachten lässt sich aber auch entnehmen (S. 24), dass auch in dieser Zeit beim Großen Abendsegler keine erhöhten Dichten gegenüber den Erfassungen in der Wochenstubenzeit nachweisbar waren, so dass eine Quantifizierung der Zugbewegungen und damit eine Einordnung der Bedeutung in das Durchzugsgeschehen im überregionalen Maßstab gutachterlich nicht möglich sei. Auch der Kleinabendsegler, der deutlich ausgeprägter als der Große Abendsegler saisonale Wanderungen zwischen den Sommerlebensräumen und den Winterquartieren unternehme, habe im Untersuchungsgebiet nur mit sehr geringen Dichten (nur Einzeltiere) erfasst werden können. Für die Wochenstubenzeit ging das Gutachten von einer geringen, d.h. lokalen Bedeutung des Untersuchungsgebiets aus. Soweit der Beklagte im Schriftsatz vom 03.03.3014 ausgeführt hat, der Detektornachweis von 35 Zwergfledermäusen und 35 Abendseglern in nur acht Nächten belege ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko, ist dem entgegenzuhalten, dass nach den Angaben im Gutachten (S. 18) Aussagen zur Häufigkeit der mit dieser Methode nachgewiesenen Arten nicht möglich seien, weil es sich bei den Kontakten sowohl um einzelne als auch mehrere Tiere handeln könne. Der Gutachter hat ferner ausgeführt, es müsse außerdem davon ausgegangen werden, dass ein und dasselbe Tier mehrfach auch an verschiedenen Orten im Detektor zu hören gewesen sei.

35

Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem für den benachbarten Windpark R. eingeholten Gutachten des Büros (...) vom 19.12.2008. Vielmehr bestätigt dieses Gutachten die Annahme, dass im Vorhabengebiet keine jahreszeitlich erhöhte Aktivitätsdichte fernwandernder Fledermausarten besteht. Darin wird zwar ausgeführt (vgl. S. 43), dass alle fernziehenden Fledermausarten (Abendsegler, Kleinabendsegler, Rauhaut- und ggf. auch Mückenfledermaus), die den überwiegenden Teil der Individuenverluste an Windenergieanlagen stellten, den mitteldeutschen Raum außerhalb der Gebirgslagen in einem Breitfrontzug überqueren, bei dem es in Bereichen bestimmter naturräumlicher und geomorphologischer Gegebenheiten zu Akkumulationen oder Verdichtungen der Durchzugsaktivitäten kommen könne. Aufgrund dieses Breitfrontzugs berge grundsätzlich jeder Standort außerhalb der Hochlagen der Mittelgebirge das Risiko von Individuenverlusten bei den ziehenden Arten. Von entscheidendem Einfluss auf das potentielle Verlustaufkommen sei bei der Standortbeurteilung unter diesem Aspekt daher insbesondere die Frage, ob der zu prüfende Park innerhalb oder in unmittelbarer Nähe solcher potentiellen oder tatsächlichen Zonen mit Konzentrationen des Zuggeschehens liege. Der Harz stelle für Sachsen-Anhalt die entscheidende Zugscheide dar, da insbesondere die höheren Regionen des Massivs von den fernziehenden Arten nicht überflogen würden. Diese – naturschutzfachlich jedenfalls vertretbare – Annahme zugrunde gelegt, kam das Gutachten jedoch zu dem Ergebnis, dass am Standort R. keine stärker kanalisierten Wanderbewegungen zu erwarten seien, weil die Waldarmut in der näheren Umgebung wenig Möglichkeiten zur Nutzung von Rast- und Paarungsquartieren biete. Es werde daher nicht mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Individuenverlusten während der saisonalen Herbstwanderung kommen.

36

Eine davon abweichende Bewertung gebietet auch nicht die vorgelegte Kartierung der Landesreferenzstelle für Fledermausschutz (Herr O.) vom 30.08.2011. Danach seien zwischen 2000 und 2011 bei den Veckenstedter und Wernigeröder Teichen, in Blankenburg im Helsunger Bruch, in Quedlinburg bei der Bossewiese, an den Kiesseen von Ditfurt und Wegeleben sowie in Aschersleben in der Eine-Wipperniederung mehr als 25 bzw. 50 Individuen des Abendseglers gesichtet worden. Dies genügt nicht für die Annahme, der Windpark der Klägerin liege innerhalb eines bedeutenden Zugkorridors dieser Fledermausart. Für das Vorhabengebiet selbst liegt eine gegenüber dem Gutachten vom 20.07.2009 aktuellere oder bessere Bestandserfassung nicht vor. Der bloße Verdacht, die Aktivitätsdichte im Vorhabengebiet könne insbesondere aufgrund des festgestellten Vorkommens des Abendseglers in einigen Kilometern Entfernung höher sein als in diesem Gutachten ermittelt, insbesondere weil die seinerzeit durchgeführte Bestandserfassung die heute zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht habe ausschöpfen können, genügt nicht bereits für die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos.

37

Allein aus der Lage der drei in Rede stehenden Windenergieanlagen in einem Abstand von weniger als 200 m zu Gehölzstrukturen (Baumschule, Gehölzstreifen entlang eines Feldweges) lässt sich ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko ebenfalls nicht herleiten. Zwar hat der Senat entschieden, dass für Fledermäuse das Verlustrisiko spürbar steige, wenn der Standort in einem erhöhten Maße schlagkräftig sei, etwa wenn Windkraftanlagen im Wald oder innerhalb bevorzugter Jagdhabitate errichtet werden sollen. Auch vertritt das (...)-Gutachten vom 20.07.2009 unter Bezugnahme auf verschiedene Quellen die Auffassung, dass innerhalb einer 200-m-Zone um bestehende Gehölze ein erhöhtes Risiko für Fledermausschlag bestehe. Allerdings dürfte es auf Flächen, die – wie hier – nur in untergeordneter Weise von relevanten Arten beflogen werden, nicht zu einem erhöhten Schlagaufkommen kommen, auch wenn die Anlagen nahe an Gehölzen stehen. Der Gutachter von (...), Herr L., kam daher in seinem im Verfahren 2 L 175/11 vorliegenden Schreiben vom 17.07.2009 zu dem Schluss, dass unter diesem Aspekt grundsätzlich auch an gehölznahen Anlagen keine erhöhten Verluste zu befürchten seien. Dem entsprechend hat er in dem im vorliegenden Verfahren erstatteten Gutachten vom 20.07.2009 lediglich empfohlen, ein Schlagopfermonitoring durchzuführen, um ggf. auftretende Verluste zu ermitteln.

II.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

III.

39

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

IV.

40

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Die Genehmigung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung auferlegt werden.

(1a) Für den Fall, dass eine Verwaltungsvorschrift nach § 48 für die jeweilige Anlagenart keine Anforderungen vorsieht, ist bei der Festlegung von Emissionsbegrenzungen für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie in der Genehmigung sicherzustellen, dass die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten.

(1b) Abweichend von Absatz 1a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
eine Bewertung ergibt, dass wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre, oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Bei der Festlegung der Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten. Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten und keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen.

(2) Die Genehmigung kann auf Antrag für einen bestimmten Zeitraum erteilt werden. Sie kann mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden, wenn die genehmigungsbedürftige Anlage lediglich Erprobungszwecken dienen soll.

(2a) Die Genehmigung kann mit Einverständnis des Antragstellers mit dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen erteilt werden, soweit hierdurch hinreichend bestimmte, in der Genehmigung bereits allgemein festgelegte Anforderungen an die Errichtung oder den Betrieb der Anlage in einem Zeitpunkt nach Erteilung der Genehmigung näher festgelegt werden sollen. Dies gilt unter den Voraussetzungen des Satzes 1 auch für den Fall, dass eine beteiligte Behörde sich nicht rechtzeitig äußert.

(2b) Im Falle des § 6 Absatz 2 soll der Antragsteller durch eine Auflage verpflichtet werden, der zuständigen Behörde unverzüglich die erstmalige Herstellung oder Verwendung eines anderen Stoffes innerhalb der genehmigten Betriebsweise mitzuteilen.

(2c) Der Betreiber kann durch Auflage verpflichtet werden, den Wechsel eines im Genehmigungsverfahren dargelegten Entsorgungswegs von Abfällen der zuständigen Behörde anzuzeigen. Das gilt ebenso für in Abfallbehandlungsanlagen erzeugte Abfälle. Bei Abfallbehandlungsanlagen können außerdem Anforderungen an die Qualität und das Schadstoffpotential der angenommenen Abfälle sowie der die Anlage verlassenden Abfälle gestellt werden.

(3) Die Teilgenehmigung kann für einen bestimmten Zeitraum oder mit dem Vorbehalt erteilt werden, dass sie bis zur Entscheidung über die Genehmigung widerrufen oder mit Auflagen verbunden werden kann.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 6. Kammer - vom 13.07.2006 wird geändert.

Der Bescheid der Stammdienststelle des Heeres vom 25.10.2004 in Gestalt des Beschwerdebescheides des Bundesministeriums der Verteidigung vom 10.03.2005 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Beschwerdeverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine fristlose Entlassung aus der Bundeswehr.

2

Er trat seinen Dienst im Alter von gerade 17 Jahren am 01.10.2002 an. Seine Dienstzeit wurde zuletzt auf insgesamt drei Jahre festgesetzt. Seine letzte Beförderung (zum Unteroffizier) datiert vom 01.10.2003. Am 02.07.2004 beendete er erfolgreich den Feldwebelanwärterlehrgang Teil 2.

3

Mit Bescheid vom 25.10.2004 wurde der Kläger fristlos (zum 27.10.2004) aus der Bundeswehr entlassen. In den Gründen heißt es u.a.: Der Kläger habe Reisekosten für eine Umzugsreise am 16.07.2004 geltend gemacht und dabei angegeben, dafür sein eigenes Kraftfahrzeug genutzt zu haben. Tatsächlich sei er aber von einem Kameraden mitgenommen worden. Der Kläger habe gewusst, dass sein Verhalten den Tatbestand des Betruges erfülle.

4

Seine dagegen eingelegte Beschwerde wurde durch Beschwerdebescheid vom 10.03.2005 - zugestellt am 15.03.2005 - unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung zurückgewiesen.

5

Die dagegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 13.07.2006 abgewiesen.

6

Der Senat hat die Berufung des Klägers durch Beschluss vom 27.04.2008 - zugestellt am 30.04.2008 - wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zugelassen. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat ist die Berufungsbegründung am 24.06.2008 eingegangen.

7

Der Kläger beantragt,

8

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 6. Kammer - vom 13.07.2006 zu ändern und die angefochtenen Bescheide aufzuheben

9

sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Beschwerdeverfahren für erforderlich zu erklären.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Berufung zurückzuweisen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13

Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Der Klage ist stattzugeben. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

14

Die fristlose Entlassung des Klägers aus der Bundeswehr ist nicht gerechtfertigt, weil die Voraussetzungen der als Rechtsgrundlage einzig in Betracht kommenden Vorschrift des § 55 Abs. 5 SG nicht vorliegen. Danach kann ein Soldat auf Zeit während der ersten vier Dienstjahre fristlos entlassen werden, wenn er seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat und sein Verbleiben in dem Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde.

15

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Kläger gegen die Pflicht zum treuen Dienen und gegen die Wahrheitspflicht (§§ 7 und 13 Abs. 1 SG) schuldhaft verstoßen hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann in diesem Punkt auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen werden.

16

Das Verbleiben des Klägers im Soldatenverhältnis auf Zeit hätte jedoch weder die militärische Ordnung noch das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährdet.

17

Ob diese tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Entlassung vorliegen, ist verwaltungsgerichtlich uneingeschränkt zu überprüfen; der für die Entlassung zuständigen Stelle ist insoweit kein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. Beschl. des Senats v. 23.10.1997 - 2 L 32/97 -, juris Rn. 22 m.w.N.).

18

Bei der Bestimmung des Begriffs der militärischen Ordnung ist vom Verteidigungszweck der Bundeswehr auszugehen. Zur militärischen Ordnung gehört alles, was erforderlich ist, um die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr nach den gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen zu erhalten, wobei es nicht genügt, wenn lediglich Randbereiche des Militärischen berührt werden. Eine ernstliche Gefährdung der so verstandenen militärischen Ordnung durch das Verbleiben eines Soldaten, der seine Dienstpflichten verletzt hat, im Dienst kann sich aus der begründeten Befürchtung ergeben, dass es zu weiteren vergleichbaren Dienstpflichtverletzungen kommen werde (Wiederholungsgefahr). Die Gefahr kann sich aber auch daraus ergeben, dass es sich bei den einzelnen Dienstpflichtverletzungen um das typische Teilstück einer als allgemeine Erscheinung auftretenden Neigung zu Disziplinlosigkeiten handelt, sodass ohne die Entlassung ein Anlass zu ähnlichem Verhalten für andere Soldaten gegeben wäre. Daraus folgt, dass nicht jede Dienstpflichtverletzung die Möglichkeit einer fristlosen Entlassung eröffnet. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu erwägen, ob einer eventuellen Gefährdung durch andere Maßnahmen begegnet werden kann.

19

Wenn § 55 Abs. 5 SG eine "ernstliche" Gefährdung voraussetzt, konkretisiert das Gesetz an dieser Stelle den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Jedenfalls wenn es sich nicht um eine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung handelt oder sonst besondere Umstände die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses erforderlich machen, bedarf es im Regelfall vor der Entlassung einer Pflichtenmahnung, verbunden mit dem Hinweis auf die drohende Entlassung (vgl. Beschl. des Senats v. 23.10.1997 - 2 L 32/97 -, a.a.O. Rn. 21; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 23.04.2009 - 1 L 29/09 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14.07.2006 - 10 A 10243/06 -; Nieders. OVG, Beschl. v. 30.05.2006 - 5 ME 67/06 -; alle m.w.N. und jeweils zit. nach juris).

20

Das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet die Beklagte auch, zu berücksichtigen, wenn der betreffende Soldat die Dienstpflichtverletzung als Heranwachsender begangen hat (vgl. zu einer beamtenrechtlichen Entlassung: Beschl. d. Senats v. 22.04.1993 - 2 M 78/92 -, m.w.N.). Heranwachsender ist, wer noch nicht 21 Jahre alt ist (vgl. § 1 Abs. 2 JGG). Dies gilt auch für den Anwendungsbereich des § 55 Abs. 5 GG. Zwar ist davon auszugehen, dass der betroffene Personenkreis allgemein vergleichsweise jung ist; ersichtlich erfasst die Norm aber auch Erwachsene im strafrechtlichen Sinne. Auch die Gesamtpersönlichkeit des Soldaten ist in den Blick zu nehmen, wobei es insbesondere darauf ankommt, ob sich seine Dienstpflichtverletzung als einmalige Verfehlung darstellt (vgl. Beschl. des Senats v. 24.01.2007 - 2 O 65/06 -, m.w.N.).

21

Die Anwendung dieser Maßstäbe führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass das Verbleiben des Klägers im Dienstverhältnis die militärische Ordnung der Bundeswehr nicht ernstlich gefährdet hätte.

22

Bei der Dienstpflichtverletzung des Klägers geht es nicht um den inneren Kernbereich des Militärischen, wie dieser etwa bei einer Befehlsverweigerung oder bei Drogenkonsum während des Dienstes betroffen wäre. Der Senat verkennt allerdings nicht, dass auch ein Vermögensdelikt zum Nachteil des Dienstherrn im Einzelfall zur Bejahung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für eine Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG führen kann. Dies würde aber voraussetzen, dass die Höhe des Schadens, den der Soldat angerichtet hat (bzw. anrichten wollte) oder die besonderen Umstände der Dienstpflichtverletzung die Annahme rechtfertigen, der Soldat sei zur Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung in der Bundeswehr nicht mehr tragbar. In diesem Zusammenhang kann auch auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Disziplinarverfahren verwiesen werden. Danach kommt bei unrichtigen Angaben eines Beamten in Anträgen auf aus dem Beamtenverhältnis fließende Unterstützungen grundsätzlich eine Gehaltskürzung, bei erschwerenden Umständen, etwa bei zusätzlicher Urkundenfälschung, die Dienstgradherabsetzung oder auch die Entfernung aus dem Dienst in Betracht (Urt. v. 12.12.1989 - 1 D 77/88 -, zit. nach juris).

23

Vorliegend handelt es sich um einen aus mehreren Gründen minder schweren Fall, so dass bei einem Beamten nicht einmal eine Gehaltskürzung verwirkt wäre (vgl. auch § 34 Abs. 1 Nr. 1 BBG).

24

Dass der Kläger konkret einen großen Schaden hätte anrichten wollen, ist nicht festzustellen. Hiervon geht ersichtlich auch die Beklagte nicht aus, denn in den angefochtenen Bescheiden wird die Summe bzw. die Größenordnung, um die es gegangen ist, nicht erwähnt. Bei den Verwaltungsvorgängen findet sich allerdings auf dem formularmäßigen Antrag, den der Kläger am 02.08.2004 ausgefüllt hat, die Eintragung eines Erstattungsbetrags in Höhe von 85,50 Euro. Der Kläger hat ersichtlich auch nicht nach einem wohl durchdachten Plan gehandelt, sondern die Tat eher unüberlegt ausgeführt. Zum einen war er am Tag der abgerechneten Reise, d.h. am 16.07.2004 weder im Besitz einer Fahrerlaubnis noch eines einsatzfähigen Fahrzeugs, allein deshalb war das Risiko der Entdeckung schon relativ hoch (vgl. u.a. Schriftsatz der Beklagten v. 05.08.2008). Zum anderen hat er auch dem Kameraden, mit dem er tatsächlich mitgefahren ist, nichts über seine Absicht, die Fahrt abrechnen zu wollen, mitgeteilt, sodass dieser ihn in seiner eigenen Abrechnung als Mitfahrer angegeben hat. Als Entlastung im strafrechtlichen bzw. disziplinarrechtlichen Sinne ist es auch zu werten, dass es beim versuchten Betrug geblieben ist (vgl. §§ 23, 49 Abs. 2 StGB). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zur Tatzeit erst 18 Jahre alt war, was in den angefochtenen Bescheiden keine Erwähnung findet, obwohl der Kläger im Beschwerdeverfahren mehrfach auf sein jugendliches Alter hingewiesen hatte. So schreibt er etwa in der Eingabe vom 22.12.2004, er sei der "jüngste Unteroffizier, den die Bundeswehr je hatte". Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die Beklagte selbst dem Kläger im Beschwerdebescheid ein "sonst unbeanstandetes dienstliches Verhalten" bescheinigt hat.

25

Danach ist nicht festzustellen, dass das Verbleiben des Klägers in der Bundeswehr die militärische Ordnung ernstlich gefährdet hätte. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass der befürchteten Wiederholungs- bzw. Nachahmungsgefahr nicht in genügendem Maße durch eine Disziplinarmaßnahme eventuell mit der Androhung der Entlassung im Wiederholungsfall hätte entgegengewirkt werden können. Die Beklagte selbst hat es im Übrigen ersichtlich nicht für erforderlich gehalten, den Kläger sofort an der weiteren Dienstausübung zu hindern. Seine Verfehlung ist spätestens im August 2004 bekannt gewesen. Der Kläger hat aber noch bis März 2005 seinen Dienst verrichtet (Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entlassung). Der Kläger hatte zu dieser Zeit ohnehin nur noch etwa sechs Monate bis zu seinem regulären Dienstzeitende.

26

Auch eine ernstliche Gefährdung des Ansehens der Bundeswehr ist zu verneinen.

27

Eine solche Gefährdung ist anzunehmen, wenn der Ruf der Bundeswehr gefährdet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Rechtstaatlichkeit der Streitkräfte erschüttert ist (vgl. Nieders. OVG, a.a.O.; Beschl. d. Senats v. 23.10.1997, a.a.O.).

28

Wenn es dazu im Beschwerdebescheid heißt, die Öffentlichkeit stelle hohe Anforderungen an die Integrität der Bundeswehr, deren Vertrauen werde irreparabel zerstört, wenn auch nur der Anschein entstünde, der Dienstherr dulde Betrugsdelikte, so wird nicht deutlich, auf welche Weise diese Außenwirkung erzielt worden sein könnte. Es ist nicht einmal ersichtlich, dass die Dienstpflichtverletzung des Klägers in der Truppe bekannt geworden ist, sieht man einmal von der Vernehmung des Kameraden, der den Kläger in seinem PKW hat mitfahren lassen, als Zeugen ab. Geht man aber zugunsten der Beklagten von einer gewissen Außenwirkung aus, so fehlt es jedenfalls an der Ernstlichkeit der Ansehensgefährdung, zumal anzunehmen ist, dass wer auch immer von der Verfehlung des Klägers erfahren haben sollte, zugleich wohl auch über deren prompte Aufdeckung informiert gewesen wäre. In diesem Punkt gelten außerdem die Ausführungen zur fehlenden Ernstlichkeit der Gefährdung der militärischen Ordnung entsprechend.

29

Da bereits die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 55 Abs. 5 SG für eine Entlassung des Klägers nicht vorliegen, kommt es nicht darauf an, ob die angefochtenen Bescheide Ermessensfehler aufweisen.

30

Die Kostenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

31

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 132 Abs. 2 VwGO).

32

Beschluss

33

Der Streitwert wird für die zweite Instanz gemäß § 52 Abs. 5 GKG auf 9.060,03 Euro festgesetzt.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Erweiterung eines bestehenden Windparks um weitere 8 Anlagen.

2

Mit Antrag vom 17.01.2007 beantragte die (...) GmbH die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 9 Windkraftanlagen (WKA) des Typs Enercon E-70 E-4 mit einer Nennleistung von je 2,3 Megawatt (MW), einer Nabenhöhe von 98,2 m, einem Rotordurchmesser von 71 m und einer Gesamthöhe von 133,70 m auf mehreren Flurstücken in den Gemarkungen L., B. und R. im Landkreis Börde. Mit Schreiben vom 09.02.2007 zeigte die (...) GmbH den Übergang der Bauherrneigenschaft auf die Klägerin an. Mit Schreiben vom 07.08.2008 reichte diese neue Antragsunterlagen mit 5 veränderten Standorten ein. Mit Schreiben vom 06.12.2010 nahm sie den Antrag für eine Windkraftanlage zurück. Gegenstand des Antrags sind damit noch die im Tenor genannten Windkraftanlagen. Es handelt sich um eine Erweiterung des bestehenden Windparks L.. Mit Genehmigungsbescheid vom 29.11.2006 hatte der Beklagte einer anderen Betreiberin die Errichtung und den Betrieb von 9 Windkraftanlagen nahe L. genehmigt. Die von der Klägerin geplanten Windkraftanlagen sind auf Standorten in der Nähe bzw. zwischen den bereits genehmigten und errichteten Anlagen vorgesehen.

3

Das Vorhabengebiet liegt innerhalb des im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Magdeburg (REP MD) unter Nr. 5.8.3.1 festgelegten Eignungsgebietes für die Nutzung der Windenergie 10 Oebisfelde. Nach Nr. 5.8.3.5 des REP MD ist für alle Vorhaben zur Errichtung von Windkraftanlagen in diesem Eignungsgebiet im Rahmen des Genehmigungsverfahrens insbesondere die Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes Drömling zu untersuchen.

4

Ca. 1,8 km nördlich des Vorhabengebietes liegt das EU SPA Vogelschutzgebiet Drömling (DE 3532-401; SPA0007). Charakteristisch für die Landschaft im Drömling sind die stark durch Grundwassereinflüsse geprägten Wälder sowie die von vielen Gräben durchzogenen Wiesen und Niederungen. Der Drömling stellt für viele Vogelarten ein bedeutendes Brutgebiet dar und ist für 8 Brutvogelarten nach Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie eines der Top-5-Gebiete in Sachsen-Anhalt (Mammen, Kerstin/Mammen, Ubbo/Dornbusch, Gunthard/Fischer, Stefan, Die Europäischen Vogelschutzgebiete des Landes Sachsen-Anhalt, Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Halle, Heft 10/2013, S. 69 ff. ). Die weite Niederungslandschaft im Drömling hat zudem als Rast- und Überwinterungsgebiet für eine Vielzahl von Watvögeln, Gänsen, Enten sowie für den Kranich eine große Bedeutung. Alljährlich rasten hier mehr als 20.000 Wasservögel. Für Saatgans, Kranich und Kiebitz stellt der Drömling ein Schlüsselgebiet dar, in dem zur Zugzeit mehr als 1 % der Flyway-Population rasten (Mammen, Kerstin/Mammen, Ubbo/Dornbusch, Gunthard/Fischer, Stefan, a.a.O., S. 76). Als vorläufiges Schutz- und Erhaltungsziel für das Vogelschutzgebiet Drömling wurde durch das Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt u.a. die Erhaltung des Gebietes, insbesondere der Habitat- und Strukturfunktionen der Lebensräume der im Gebiet vorkommenden Vogelarten nach Abs. 4 Abs. 1 (Anhang-I-Arten) (etwa Weißstorch, Seeadler, Rotmilan, Wiesenweihe, Kranich) und Art. 4 Abs. 2 der EU-Vogelschutzrichtlinie (u.a. Goldregenpfeifer) definiert. Zwei Drittel des Gebietes liegen in dem mit Verordnung des Beklagten vom 20.06.2005 (ABl. LVwA 2005, S. 135) festgesetzten Naturschutzgebiet "Ohre-Drömling". Darüber hinaus liegt das Gebiet in dem mit Verordnung des Ministerrats der Deutschen Demokratischen Republik vom 12.09.1990 (GBl. 1990, Sonderdruck Nr. 1478) festgesetzten Naturpark "Drömling".

5

Etwa 650 m südlich des Vorhabengebietes liegt die Speetzeniederung, die auch als Nahrungshabitat für im südlichen Teil des Vogelschutzgebietes Drömling rastende oder brütende Vögel dienen kann. Der Bachlauf der Speetze ist als FFH-Gebiet "Speetze und Krummbek im Ohre-Aller-Hügelland" (DE 3633-301; FFH0023) unter Schutz gestellt.

6

Im Genehmigungsverfahren legte die Klägerin einen avifaunistischen Fachbeitrag des Ingenieurbüros P. (Dipl.-Ing. W.) zur Erweiterung des Windparks L. vom 20.11.2006 vor. Die Arbeit baute auf einem avifaunistischen Fachbeitrag vom 10.07.2005 auf, der für den bereits genehmigten Windpark L. angefertigt worden war. Neue Daten oder Kartierungsergebnisse wurden nicht einbezogen. Zusammenfassend wurde ausgeführt, durch das Vorhaben würden keine größeren Rastvogeltrupps oder wertvolle Rastplätze direkt betroffen. Es komme auch nicht zu direkten Beeinträchtigungen von Brutplätzen. Das Vorhaben sei auch mit dem Vogelschutzgebiet Drömling verträglich, da die Abstände zu weiteren Windparks bzw. Eignungsgebieten groß genug seien und die dazwischen liegenden Korridore bestehen blieben.

7

Am 01.03.2007 nahm die Naturparkverwaltung Drömling hierzu Stellung. Das Maß der Beeinträchtigung der Funktion des Vogelschutzgebiets Drömling als Rastgebiet für mehrere von der Vogelschutzrichtlinie geschützte Vogelarten könne anhand der vorliegenden Unterlagen nicht eingeschätzt werden, da der Untersuchungszeitraum zu kurz gewesen sei. Es sei eine mehrjährige (mindestens dreijährige) Untersuchung notwendig, da die Rastvogelzahlen jährlich schwankten. Es fänden regelmäßig Zugbewegungen vom Drömling in die Speetzeniederung statt, die in den einzelnen Jahren recht unterschiedlich verlaufen könnten. Von den Windkraftanlagen gehe insoweit eine Barrierewirkung aus.

8

Ähnlich äußerte sich die untere Naturschutzbehörde des Landkreises Börde in einer Stellungnahme vom 26.03.2007. Die Erheblichkeit möglicher Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes Drömling könne anhand der vorliegenden Unterlagen nicht eingeschätzt werden. Es sei eine 3-jährige Untersuchung für den gesamten Südrand des Drömling (Höhenrücken zwischen Drömling und Speetzetal) durchzuführen. Ökologische Funktionen, die durch den Windpark beeinträchtigt werden könnten, wie z.B. das allgemeine Zug- und Rastverhalten der Zugvögel in diesem Bereich, also insbesondere Flughöhen, Hauptzugswege im Frühjahr und Herbst, Rastflächen, Nahrungsflächen und Übernachtungsgewässer, die für die Funktionsfähigkeit des Drömling als Brut- und Rastgebiet unerlässlich seien, seien nicht betrachtet worden. Zudem seien in den Jahren 2005 und 2006 in einer Entfernung von ca. 500 m bzw. 600 m östlich bzw. nördlich der geplanten Anlagenstandorte Wiesenweihenbrutplätze festgestellt worden. Aufgrund des Kollisionsrisikos sei ein Bereich von 3.000 m um den Horst der Wiesenweihe von Windenergieanlagen freizuhalten.

9

In einem Schreiben vom 15.05.2007 äußerte die Staatliche Vogelschutzwarte Steckby die Auffassung, der Windpark L. sei aus naturschutzfachlicher Sicht, insbesondere aus Sicht des Vogelschutzes, an dieser Stelle nicht vertretbar. Die vorliegenden Unterlagen seien nicht ausreichend, um zweifelsfrei auszuschließen, dass das Vorhaben zu erheblichen Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebietes Drömling führen könne. Erforderlich seien mehrjährige Untersuchungen. Hauptflugkorridore zwischen Schlaf- und Nahrungsplätzen, insbesondere von Kranichen, Schwänen und Gänsen, seien von Windkraftanlagen freizuhalten. Zur Feststellung solcher Korridore sei eine längere Untersuchungszeit erforderlich. Auch das Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten, insbesondere solchen westlich, nördlich und östlich des Drömling sowie mit solchen außerhalb der Windkraftnutzung, seien nicht hinreichend untersucht worden. Zudem sei die Neuansiedlung eines Revierpaares vom Seeadler sowie das vermehrte Auftreten der Wiesenweihe (3 – 6 Paare) im Untersuchungsraum nicht hinreichend beachtet worden.

10

In einem weiteren avifaunistischen Fachbeitrag des Büros für Ökologie, Naturschutz und räumliche Planung (Dipl.-Ing., Dipl.-Biol. S.) zur Erweiterung des Windparks L. vom 12.04.2008 wird die Untersuchung aus dem Jahr 2005 um weitere Brut- und Rastvogelkartierungen ergänzt und zusammenfassend bewertet. Zu dem bereits genehmigten Windpark L. wurde ausgeführt, dieser könne für sich allein keine negativen Auswirkungen auf die Avifauna im 2 km entfernten Vogelschutzgebiet Drömling haben. Brutvögel seien nicht unmittelbar betroffen. Auch die mögliche Beeinträchtigung von rastenden Kiebitzen über 2 km vom Drömling entfernt lasse keine Beeinträchtigung im Sinne der Vogelschutzrichtlinie erwarten. Genauso sei das potentielle Schlagrisiko für einige Greifvögel zu werten. Das bloße Schlagrisiko in mehr als 2 km Entfernung zum Schutzgebiet könne nicht als erheblich eingestuft werden. Auswirkungen auf das Schutzgebiet selbst seien nicht zu erwarten. Dies gelte auch bei Betrachtung kumulierender Wirkungen.

11

Ein Gutachten von Dr. R. (A. GmbH) und Dipl.-Ing., Dipl.-Biol. S. vom 27.05.2008 bewertet die Verträglichkeit der Erweiterung des Windparks L. mit den Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes Drömling und gelangt zu dem Ergebnis, dass der Windpark nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes Drömling führe.

12

In einer naturschutzfachlichen Stellungnahme des Büros für Landschaftsökologie M. (Dipl.-Ing. L.) vom 30.06.2011 wird ausgeführt, die Vorgehensweise und die Ableitungen in der vorliegenden FFH-Verträglichkeitsprüfung seien plausibel. Erhebliche Auswirkungen auf das lokale Rast- und Äsungsgeschehen durch die geplanten Windenergieanlagen seien aufgrund der bestehenden Vorbelastung nicht zu erwarten. Bereits durch die vorhandenen Anlagen werde im 500-m-Radius eine Fläche von etwa 316 ha als potenzieller Rast- und Äsungsraum entzogen, weitere 760 ha würden im 1.000-m-Radius devastiert. Bei zusätzlicher Errichtung der geplanten Anlagen sei mit einem Entzug von etwa 100 ha sowie einer Devastierung von weiteren 140 ha zu rechnen. Im Verhältnis zu der bereits durch den bestehenden Windpark belasteten Fläche und unter Beachtung des im Umfeld zur Verfügung stehenden Potentials von Flächen gleicher oder höherer Wertigkeit lasse sich keine Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle ableiten. Auch eine Unterschreitung der Mindestabstandsempfehlungen zu bekannten Horsten bzw. Brutplätzen von Großvogelarten, etwa der Wiesenweihe, sei nicht erkennbar.

13

Zur Fledermausproblematik legte die Klägerin ein ergänzendes Abschaltkonzept zum Fachbeitrag "Fledermäuse" zur Erweiterung des bestehenden Windparks L. der M. & R. GbR (Dipl.-Biol. R.) von November 2010 vor. Hierzu erklärte die Obere Naturschutzbehörde mit Vermerken vom 20.12.2010 und 17.02.2011, eine Abschaltung der drei wegen Beeinträchtigungen von Fledermäusen als artenschutzrechtlich problematisch eingeschätzten Windenergieanlagen entsprechend dem eingereichten Abschaltkonzept sei ausreichend, soweit die Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes Drömling nachgewiesen werde.

14

Mit Bescheid vom 25.07.2011 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin vom 17.01.2007 ab. Zur Begründung führte er aus, die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens sei nicht prüfbar, da dessen Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes Drömling nicht ausreichend untersucht worden sei. Durch die Errichtung von Windkraftanlagen außerhalb eines Vogelschutzgebietes könne ein Funktionsverlust des Schutzgebietes zu besorgen sein, etwa wenn sie die Gefahr einer möglichen Verriegelung des Gebietes mit sich brächten oder wenn sie eine Barrierewirkung dergestalt entfalteten, dass die Vögel daran gehindert werden, das Schutzgebiet zu erreichen oder zwischen Nahrungs- und Rastplätzen, die sich jeweils in einem Schutzgebiet befänden, zu wechseln. Daher sei im vorliegenden Verfahren die Verträglichkeit des Vorhabens mit den Schutz- und Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes Drömling zu prüfen. Ein Vorhaben dürfe nur dann zugelassen werden, wenn die Gewissheit bestehe, dass es sich nicht nachteilig auf das Gebiet als solches auswirke. Dieser Nachweis habe nicht erbracht werden können. Es könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass die Errichtung und der Betrieb der streitgegenständlichen Windkraftanlagen nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebietes Drömling in seiner Funktion als Durchzugs-, Rast- und Überwinterungsgebiet der geschützten nordischen Gänsearten Bläss-, Saat- und Graugans sowie des Goldregenpfeifers und des Kranichs führe. Eine Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes Drömling durch eine Barrierewirkung infolge der Errichtung weiterer Windkraftanlagen im Vorhabengebiet L.-R., die zu einer Störung des Flugverhaltens der Gänse beim Pendeln zwischen Schlaf-, Nahrungs- und Komfortflächen mit negativen Auswirkungen auf die Populationsgröße führen könne, sei nach dem derzeitigen Forschungsstand nicht mit der erforderlichen Gewissheit ausgeschlossen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Windkraftanlagen die empfohlenen Schutzabstände einhielten, denn diese seien nur als allgemeine Hinweise zu verstehen, während bei einer Entscheidung über die Zulassung einer Windkraftanlage auf die konkrete Situation vor Ort abgestellt werden müsse. Daher könne nur eine auf den konkreten Einzelfall abgestellte mehrjährige Untersuchung der Rastplätze, Nahrungsflächen und Zuwege insbesondere der o. g. fernziehenden Vogelarten zu einer sicheren Bewertung der Gefährdung der Schutz- und Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes beitragen. Das Vorhaben führe darüber hinaus zu einem erheblichen Totschlagsrisiko für die dort brütende Wiesenweihe. Auch die Stellungnahme des Büros M. vom 30.06.2011 führe nicht zu einer geänderten Bewertung der Windparkerweiterung.

15

Am 11.08.2011 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage erhoben.

16

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat sie eine faunistische Sonderuntersuchung der Durchzügler und Wintergäste im Bereich des Windparks L.-R. durch das Büro M. (Dipl.-Ing. L.) vom 31.08.2012 vorgelegt. Untersuchungsgebiet war der Raum in einem Radius von 2.000 m um die geplanten WEA-Standorte. Begehungen fanden in der Zeit von September 2011 bis April 2012 an 16 Tagen und im Zeitraum Juli bis August 2012 an 4 Tagen statt. Insgesamt seien bei den Erfassungen 117 Vogelarten nachgewiesen worden. Eine Artenliste nebst Angabe der Anzahl der Nachweise sowie der maximalen Truppstärke enthält Tabelle 1 (S. 8 – 12). Zudem wurde der Status der Vögel als Durchzügler (DZ), Standvogel (SV) (Art, die im Umfeld des Brutgebietes überwintert), überfliegend (Üf) oder Wintergast (WG) angegeben.

17

Darüber hinaus hat die Klägerin eine zusammenfassende avifaunistische Bewertung der Erweiterung des Windparks L.-R. durch das Büro M. (Dipl.-Ing. L.) vom 13.08.2013 vorgelegt. Grundlage hierfür waren folgende Untersuchungen:

18

Vogelart

Jahr   

Zeitraum

Begehungen

Radius

Brutvögel

2004   

03/2004 bis 08/2004

11 (+4)

500/1.000/2.000m

Brutvögel

2006   

03/2006 bis 07/2006

11    

500/1.000/2.000m

Rastvögel, Durchzügler, Wintergäste

2004/2005

02/2004 bis 04/2004 06/2004 bis 03/2005

30    

2.000 m

Rastvögel, Durchzügler, Wintergäste

2006/2007

07/2006 bis 03/2007

25    

2.000 m

Rastvögel, Durchzügler, Wintergäste

2011/2012

09/2011 bis 04/2012
07/2012 bis 08/2012

20    

2.000 m

19

Die einschlägigen Abstandsempfehlungen zu Horsten, Brutplätzen oder Brutgebieten bestimmter Brutvögel wurden in Tabelle 5 und zu Rast- und Durchzugsgebieten einzelner Rast- und Zugvögel in Tabelle 6 angegeben. Bewertet wurden die Auswirkungen des Vorhabens auf Brutvögel (S. 17 – 29) und Rastvögel, Durchzügler und Wintergäste (S. 30 – 40).

20

Mit Blick auf die Brutvögel wird ausgeführt, durch das Vorhaben sei mit einer Beeinträchtigung der Wachtel durch Vergrämung zu rechnen. Diese werde ihre Reviere verlagern oder Habitatteile aufgeben. Negative Auswirkungen auf die Bestandsdynamik der lokalen Population würden jedoch nicht hervorgerufen (S. 19). Zudem könne die Erweiterung des Windparks zu einer Erhöhung der Barrierewirkung für die im Umfeld brütenden Großvogelarten, insbesondere den Weißstorch, z.B. auf den Transferflügen zwischen den Horstplätzen und den Nahrungsgebieten, führen. Zumindest ein gelegentliches Überfluggeschehen könne nicht ausgeschlossen werden, wobei die Tiere den Windpark ggf. nicht passieren oder überfliegen, sondern umfliegen. Durch die Erweiterung des Windfeldes komme es bei der Ost-West-Achse von derzeit 980 m zu einer Ausdehnung von ca. 250 m (25,3 %) und in der Nord-Süd-Achse um eine Verlängerung von 1.620 m um 235 m (14,5 %) (S. 20). Damit verstärke die Erweiterung des Windparks die Barrierewirkung der vorhandenen Anlagenkonfiguration. Die Ausdehnung der Achse bzw. Barriere sei jedoch nur geringfügig. Im Vergleich zur aktuellen Situation sei zwar eine zusätzliche Beeinträchtigung anzunehmen; diese überschreite die Erheblichkeitsschwelle jedoch nicht (S. 22). Das Risiko des Vogelschlags wird im Hinblick auf 12 Vogelarten bzw. Artengruppen untersucht (Tabelle 8):

21

- Für die Arten Graureiher, Schwarzstorch, Weißstorch, Rohrweihe, Schwarzmilan, Seeadler, Baumfalke, Kranich, Wachtelkönig und Sumpfohreule sowie Wiesenbrüter (insbesondere Limikolen) sei keine (regelmäßige) Unterschreitung der Mindestabstände erkennbar.

22

- Für den Rotmilan lägen derzeit keine konkreten Daten vor, die eine Unterschreitung des Mindestabstands belegten.

23

- Bei der Wiesenweihe sei mehrfach eine Unterschreitung des Mindestabstandes von 1.000 m zu verzeichnen. Einen Überblick über das Brutvorkommen der Wiesenweihe im Zeitraum 2004 – 2012 im Umkreis von 6 km um die Anlagen bietet die Plananlage 1 vom 06.04.2013 (GA Bl. 148). Hierdurch bestehe bereits an den bestehenden Anlagen ein Risiko für Kollisionen der im Umfeld brütenden Paare der Wiesenweihe. Inwieweit durch die geplante Erweiterung des Windparks eine spürbare Erhöhung des Tötungsrisikos gegenüber dem Bestand erfolge, lasse sich nicht mit ausreichender Sicherheit prognostizieren (S. 29).

24

Zu den Rastvögeln, Durchzüglern und Wintergästen wurde ausgeführt, durch deren Meideverhalten komme es durch den von dem Betrieb der Anlagen ausgelösten Scheuch- und Vergrämungseffekt zu einem Verlust von Nahrungsgebieten und Rastflächen. Bei Errichtung der geplanten Anlagen gingen für Kiebitz und Goldregenpfeifer zusätzlich 79 ha potentieller Rast- und Nahrungsraum verloren. Bei Saat- und Blässgans sowie Kranich sei mit einem Entzug von ca. 96 ha und einer Devastierung von 137 ha zu rechnen. Im Verhältnis zu der bereits durch den bestehenden Windpark belasteten Fläche und unter Beachtung des im Umfeld zur Verfügung stehenden Potentials von Flächen gleicher oder höherer Wertigkeit lasse sich jedoch keine Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle ableiten (S. 33). Zudem komme es im Vergleich zur aktuellen Situation zu einer Verstärkung der Barrierewirkung; es sei jedoch nicht zu erwarten, dass diese die Erheblichkeitsschwelle erreiche (S. 33). Im Hinblick auf das Kollisionsrisiko werde die Einhaltung von Mindestabständen empfohlen. Insoweit ergebe sich Folgendes (Tabelle 13):

25

- Im Hinblick auf den Kranich, die Saat- und Blessgans, den Sing- und Zwergschwan sowie den Kiebitz sei keine Unterschreitung des Mindestabstandes erkennbar.

26

- Im Hinblick auf den Goldregenpfeifer wird auf die einschlägige Empfehlung hingewiesen, wonach ein Abstand von 1.000 m zu Gebieten eingehalten werden soll, in denen regelmäßig mindestens 200 Goldregenpfeifer rasten. In der Vergangenheit (2004/2005) seien in der nur 650 m entfernten Speetze-Niederung regelmäßig Nachweise von Truppstärken von mehr als 200 erfolgt. Dies spreche dafür, dass vor der Errichtung der Bestandsanlagen die Speetze-Aue regelmäßig auch von größeren Truppstärken zur Rast genutzt worden sei. Nach Errichtung der Bestandsanlagen lägen keine Beobachtungen mehr vor, die für eine regelmäßige Rast in diesem Bereich sprächen. Wegen des Fehlens langjähriger Erfassungsreihen könne nicht abschließend abgeleitet werden, dass die Art dort noch in relevanten Beständen raste. Für die drei südlichen Bestandsanlagen und die geplante Anlage Rä2 könne daher nicht mit letztlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass es zu einer Unterschreitung des empfohlenen Mindestabstandes komme (S. 35).

27

- Die empfohlenen Mindestabstände zu Europäischen Vogelschutzgebieten, nationalen Schutzgebieten mit Vogelschutz im Schutzzweck, Ramsar-Gebieten, Gastvogellebensräumen internationaler, nationaler und landesweiter Bedeutung, Gastvogellebensräumen regionaler und lokaler Bedeutung, Gewässer oder Gewässerkomplexe >10 ha, traditionellen Überwinterungsgebieten von Greifvögeln und Eulen mit hohen Individuendichten und Gewässer mit Konzentrationen von regelmäßig >1.000 Wasservögeln (ohne Gänse) würden eingehalten. In einen Zugkonzentrationskorridor werde nicht eingegriffen. Nicht ausgeschlossen sei, dass die drei südlichen Bestandsanlagen und die geplante Anlage Rä2 den empfohlenen Mindestabstand von 1.000 m zur Hochwassergrenze eines Gewässers 1. Ordnung mit Zugleitlinienfunktion unterschreiten. Bei der ca. 700 m entfernten Speetze könnte es sich für den Goldregenpfeifer um ein solches Gewässer mit Zugkorridorfunktion handeln. Dies könne jedoch derzeit nicht abschließend abgeleitet werden (Seite 38).

28

Als Maßnahmen zur Vermeidung der Beeinträchtigung bzw. Schädigung von Niststätten sowie Gelegen und Jungtieren von Bodenbrütern bzw. zur Vermeidung baubedingter Vergrämung bei den im Umfeld brütenden Revierpaaren wird vorgeschlagen, die Baumaßnahmen außerhalb des Zeitraums 1. März bis 30. September durchzuführen (V01, S. 41). Das Tötungsrisiko für Wiesenweihen lasse sich durch Abschaltung der Anlagen während der Balz deutlich reduzieren. Soweit innerhalb des 1.000-m-Umfelds der Anlagen Aktivitäten zur Brutplatzwahl festgestellt würden, sei in den betreffenden Jahren eine Änderung des Betriebsregimes der Windenergieanlagen die einzige effektive Möglichkeit, Tötungen zu vermeiden. Die geplanten Windenergieanlagen sollten daher während der Balzphase jeweils von einer Stunde vor Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang abgeschaltet werden (V02, S. 41). Zur Absicherung eines ausreichenden Angebots an als Rastflächen für den Goldregenpfeifer geeigneten Grünlandflächen könne im Bereich der Niederungen von Speetze und Aller präventiv Ackerland in Grünland umgewandelt werden (V03, S. 41).

29

In der abschließenden artenschutzrechtlichen Würdigung kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, ein Verstoß gegen das Tötungsverbot sei nicht zu erwarten. Eine Tötung oder Verletzung von Gelegen oder Jungtieren bei bodenbrütenden Arten werde durch die jahreszeitliche Steuerung der Baumaßnahmen gemäß V01 vermieden. Bei Abschaltung der Anlagen in Brutjahren gemäß V02 bestehe auch für die Wiesenweihe innerhalb der Balzphase kein Kollisionsrisiko mehr. Bei allen anderen Spezies ergebe sich kein betriebsbedingtes Tötungsrisiko durch Vogelschlag oberhalb des allgemeinen Lebensrisikos. Es sei auch kein Verstoß gegen das Verbot der erheblichen Störung zu erwarten. Der anlage- und betriebsbedingte Verlust von Lebensräumen stelle bei den Brutvögeln keine solche Störung dar. Auch die von dem Vorhaben ausgehende Barrierewirkung sei aufgrund der vorhandenen Vorbelastung nicht erheblich. Bei Rastvögeln und Durchzüglern sei das Störungsverbot nicht einschlägig, da diese keine lokale Population i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG bildeten. Ein Verstoß gegen das Verbot der Schädigung von Niststätten gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG sei bei Umsetzung der Vermeidungsmaßnahme V01 nicht zu erwarten (S. 42 – 43).

30

Die Klägerin hat vorgetragen, dem Vorhaben stünden keine öffentlichen Belange entgegen. Die Verträglichkeit mit dem Vogelschutzgebiet Drömling sei wegen des Abstandes zu dem Windpark von ca. 2 km gegeben. Die Forderung nach einer 3-jährigen Kartierung sei willkürlich. Im Übrigen hat sie auf die vorgelegten avifaunistischen Gutachten des Büros M. Bezug genommen. Diese belegten, dass die beantragten Windenergieanlagen an den vorgesehenen Standorten genehmigungsfähig seien, wenn auch nur mit gewissen Einschränkungen.

31

Die Klägerin hat beantragt,

32

den Bescheid des Beklagten vom 25.07.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr eine Genehmigung gemäß § 4 BImSchG zur Errichtung und zum Betrieb von 8 Windenergieanlagen des Typs Enercon E-70 E-4 auf den Flurstücken 76/44 der Flur A der Gemarkung B., 17/1 der Flur B der Gemarkung R., 2/2 der Flur A der Gemarkung R., 199/31, 205/27, 299/27, 149/23, 223/68, alle der Flur B der Gemarkung L., gemäß ihrem Antrag vom 17.01.2007 zu erteilen.

33

Der Beklagte hat beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Er hat den angefochtenen Ablehnungsbescheid verteidigt und ergänzend ausgeführt, die vorliegenden avifaunistischen Fachgutachten seien nicht ausreichend, um die Verträglichkeit der beantragen Windenergieanlagen mit den Schutz- und Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes Drömling sicher zu belegen. Die Untersuchungen zu den Zug- und Rastvögeln aus den Jahren 2004/2005 und 2006/2007 litten an methodischen Mängeln. Erforderlich zur Erfassung des Zug-, Rast-, Wander- und Überwinterungsgeschehens sei eine wöchentliche Untersuchung von Mitte Juli bis Mitte Mai des Folgejahres. Hierzu hätten 44 Untersuchungstermine stattfinden müssen. In der Studie 2004/2005 sei das Zug- und Rastgeschehen aber nur an 30 Tagen, in der Studie 2006/2007 nur an 25 Tagen untersucht worden. In den vorliegenden Gutachten fehlten auch Aussagen dazu, wie sich der Rast- und Nahrungsflächenentzug und die Barrierewirkung auf den Rast- und Zugvogelbestand des Vogelschutzgebietes auswirkten. Durch die Beeinträchtigung der Verbindung zwischen angestammten Schlaf- und Nahrungsflächen infolge des Barriereeffekts und die Kollisionsgefahr könne der Kranichzug erheblich gestört werden. Großräumiges Ausweichen und Zugumkehr könnten die Folge sein. Hierdurch könnten traditionelle Rast- bzw. Schlafplätze aufgegeben werden. Berücksichtige man neben dem bestehenden Windpark R. und der geplanten Erweiterung auch den Windpark bei W. einschließlich der Meidungsabstände von bis zu 1.000 m, so ergebe sich am Südrand des Vogelschutzgebietes eine Barrierewirkung für von Südwest auf dem Frühjahrszug durchziehende Kraniche auf ca. 7 km Breite. Dies entspreche einem Störungsbereich von 26,9 % auf der Gesamtlänge der Südgrenze des Vogelschutzgebietes (26 km von NW nach SO). Darüber hinaus befinde sich im westlich angrenzenden Niedersachsen ebenfalls ein Windpark in 8 km Entfernung zur Südgrenze des Vogelschutzgebietes Drömling. Dieser Störungsbereich (ca. 4 km breit) für durchziehende Kraniche und Gänse könne möglicherweise zu einer Verstärkung der Barrierewirkung der beiden genannten Windparks beitragen. Unter Berücksichtigung der genannten Stör- und Barrierewirkungen der Windenergieanlagen gegenüber ziehenden Kranichen sei eine Verträglichkeit des Vorhabens mit den Schutz- und Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes Drömling nicht gegeben. Dem Vorhaben stünden aber auch artenschutzrechtliche Versagungsgründe entgegen. Im Untersuchungsraum des Windparks seien 7 – 9 Revierpaare der Wiesenweihe bekannt. Diese unterlägen einer erhöhten Schlaggefährdung durch Windenergieanlagen. Bei der Untersuchung im Jahr 2006 sei ein Wiesenweihenbrutplatz nur 400 m vom Standort der Windenergieanlage EC Rä1 entfernt ausgemacht worden. In den Jahren 2008 – 2010 seien in einem Umkreis von 1.000 m um die Anlagen insgesamt 4 Wiesenweihenbrutplätze beobachtet worden (2 Brutplätze in 2008 und je 1 Brutplatz in 2009 und 2010). Im Jahr 2011 hätten zwei Wiesenweihenpaare die Brut im Nahbereich der bestehenden Windenergieanlagen begonnen. Auch im Jahr 2013 seien im südöstlichen Bereich des Windparks zwei Brutplätze der Wiesenweihe festgestellt worden. Zu Brutplätzen der Wiesenweihe sei ein Mindestabstand von 1.000 m einzuhalten. Die Erweiterung des Windparks L.-R. könne daher auf Grund der neuesten Erkenntnisse zum erhöhten Schlagrisiko der Wiesenweihe an Windenergieanlagen sowie infolge des Nachweises mehrerer Wiesenweihenbruten im Tabubereich nicht zugelassen werden. Der Zulässigkeit des Vorhabens stünden auch die Schutzabstände zu den Brut- und Nahrungsgebieten des Weißstorchs entgegen. Für mehrere Weißstorchbrutpaare aus der Umgebung des Windparks könne die Windpark-Erweiterung eine Barriere zwischen Brutplatz und Nahrungshabitat darstellen, auch wenn sich die Windenergieanlagen außerhalb der Tabuzone von 1.000 m um den jeweiligen Horst befänden. Bezüglich des Weißstorches sei innerhalb eines Prüfbereichs von 6 km um die Windenergieanlagen zu prüfen, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden seien. Diese seien einschließlich der Flugwege dorthin von Windenergieanlagen freizuhalten. Innerhalb des Prüfbereichs von 6.000 m befänden sich 6 besetzte Horste des Weißstorchs. Zwei Windenergieanlagen-Standorte am Südrand des Windparks (EC Rä2 und EC Lo6) seien auch zum Schutz traditioneller Rastplätze des Goldregenpfeifers unzulässig. Die Speetzeniederung südlich des Windparks sei ein Rastplatz des Goldregenpfeifers. Trupps durchziehender Goldregenpfeifer erreichten regelmäßig eine Kopfstärke von mehr als 200 Tieren. Zu Rastgebieten, in denen regelmäßig mindestens 200 Goldregenpfeifer rasteten, sei ein Schutzradius von 1.000 m einzuhalten. Zudem sei in den Jahren 2012 und 2013 im Umkreis von 1.000 m um sechs der geplanten Windkraftanlagen ein Rotmilanhorst festgestellt worden.

36

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

37

Mit Urteil vom 22.08.2013 – 2 A 184/11 MD – hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Vorhaben stünden Belange des Naturschutzes unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Vogelschutzgebietes Drömling entgegen. Es sei nicht auszuschließen, dass das Vorhaben zu nachteiligen Auswirkungen auf das Zug- und Rastgeschehen im Drömling und zu einer Entwertung dieses Gebietes als Rast- und Überwinterungsgebiet für die nordischen Gänsearten Bläss-, Saat- und Graugans sowie für den Goldregepfeifer und den Kranich führe. Die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Genehmigung beurteile sich nach der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.11.2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten – VRL). Da das Vogelschutzgebiet Drömling bislang noch nicht im Sinne des Art. 4 Abs. 1 VRL zum Schutzgebiet erklärt worden sei, unterliege es als "faktisches" Vogelschutzgebiet dem Rechtsregime des Art. 4 Abs. 4 VRL. Das Vorhaben der Klägerin sei mit dieser Vorschrift nicht vereinbar. Eine Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes Drömling sei nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil das Vorhaben außerhalb des Schutzgebietes liege. Erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen könnten auch von außerhalb des Schutzgebietes gelegenen Vorhaben ausgehen, soweit sie innerhalb des Vogelschutzgebietes wirkten. Die Behörde dürfe ein Vorhaben nur dann zulassen, wenn sie zuvor Gewissheit darüber erlangt habe, dass dieses sich nicht nachteilig auf das Gebiet als solches auswirke. Die Verträglichkeit der streitbefangenen Windenergieanlagen mit dem Schutzzweck des Vogelschutzgebietes Drömling sei nicht nachgewiesen. Es lasse sich anhand der von der Klägerin vorgelegten FFH-Verträglichkeitsuntersuchung nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass deren Errichtung und Betrieb nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen dieses Vogelschutzgebietes führe, da diese aufgrund einer unzureichenden Tatsachengrundlage erfolgt sei. Die von der Klägerin bislang vorgelegten Kartierungen zum Zug- und Rastverhalten der Gastvögel böten keine taugliche Grundlage, um etwaige Beeinträchtigungen als ausgeschlossen zu bewerten. Konkrete Anforderungen an die avifaunistischen Untersuchungen zum Zweck der Bestandserhebung und Bewertung im Rahmen von Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen ergäben sich aus den Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW) und aus den Hinweisen des Niedersächsischen Landkreistages zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen (NLT-Papier). Diese seien zwar für das Gericht nicht bindend, enthielten aber eine Zusammenfassung der in Fachkreisen zu der Problematik gewonnenen aktuellen Erkenntnisse, so dass aus ihnen – naturschutzfachlich vertretbar – die maßgeblichen Anforderungen für die avifaunistische Bestandserhebung und Bewertung im Rahmen von Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen abgeleitet werden könnten. Diese Anforderungen, deren Anwendung im vorliegenden Fall geboten und sachgerecht sei, würden durch die von der Klägerin beigebrachten Kartierungen und Untersuchungen nicht erfüllt. Es sei notwendig, das Durchzugs-, Rast- und Überwinterungsverhalten der geschützten nordischen Gänsearten Bläss-, Saat- und Graugans sowie des Goldregenpfeifers und des Kranichs im Vorhabengebiet und dessen näherer Umgebung zu erfassen. Der Drömling habe als Rast- und Überwinterungsgebiet für diese Vogelarten eine große Bedeutung. Zudem seien das Vorhabengebiet und dessen nähere Umgebung jedenfalls bis zur Errichtung der ersten 9 Windenergieanlagen ein bedeutendes Nahrungshabitat für die im Vogelschutzgebiet rastenden Kraniche und nordischen Gänse gewesen. Hinzu trete die besondere Lage des Vorhabengebietes zwischen dem im Norden gelegenen Drömling und der Speetze-Aue im Süden. Vor diesem Hintergrund bestehe hinreichender Anlass, das Rast- und Gastvogelgeschehen sowie den Vogelzug systematisch entsprechend der genannten Anforderungen zu erfassen. Nur dann lasse sich mit der erforderlichen Gewissheit ausschließen, dass das geplante Vorhaben zu einer beachtlichen Verlagerung der Rastgebiete und einer Beeinträchtigung bestehender Zugkorridore im Sinne einer Barrierewirkung führe. Eine solche systematische Erfassung liege nicht vor. Die im NLT-Papier festgelegten Anforderungen würden durch die von der Klägerin beigebrachten Kartierungen und Untersuchungen aus den Jahren 2004/2005, 2006/2007 und 2011/2012 nicht erfüllt. Erforderlich sei eine wöchentliche Gastvogelerfassung auf der gesamten Fläche des Untersuchungsraumes von der ersten Juli-Woche bis zur letzten April-Woche des Folgejahres. Die bisherigen Begehungen seien jedoch nicht wöchentlich, sondern in einem Abstand von 9 – 11 Tagen erfolgt. Infolge des gewählten größeren Abstandes zwischen den einzelnen Untersuchungsterminen sei nicht ausgeschlossen, dass auch größere Durchzugswellen von Rast- und Gastvögeln nicht erfasst worden seien. Unzureichend sei auch der gewählte Untersuchungsraum. Bei Vogelarten mit größeren Raumansprüchen – wie z.B. dem Kranich – beschränke sich dieser nicht auf einen Radius von 2.000 m im Umkreis der Gesamtanlagenfläche. Vielmehr seien auch Interaktionsräume dieser Vogelarten (u.a. Wander- und Zugkorridore) zu berücksichtigen, die über diesen Mindestabstand hinausgehen könnten. Bei Rotmilanen und Kranichen sei ein Meideverhalten bis zu einer Distanz von 3.000 m erkennbar. Daher sei insbesondere bei Kranichen ein Untersuchungsraum von mindestens 3.000 m im Umkreis der Gesamtanlagenfläche geboten, um das Zuggeschehen sachgerecht erfassen und die hierauf bezogenen anlagenbedingten Störungen hinreichend bewerten zu können. Eine anlagenbedingte Verlagerung bzw. Zerstörung von Rastflächen und Zugkorridoren der geschützten Vogelarten könne auch deshalb nicht mit der erforderlichen Gewissheit ausgeschlossen werden, weil es hierfür mehrjähriger, systematischer und ausreichend dokumentierter Erfassungen bedürfe, die hier nicht vorlägen. Im Hinblick auf das streitgegenständliche Vorhaben fehle es an einer mehrjährigen sorgfältig dokumentierten Erfassungsreihe, da die Feststellungen aus den Erfassungen 2006/2007 nicht konkret verortet seien und damit für den Zeitraum nach Errichtung der ersten 9 Windenergieanlagen im Jahr 2006 nur die Feststellungen aus den Erfassungen 2011/2012 vorlägen, denn nur bei diesen sei die Anzahl der rastenden Vögel und die räumliche Verteilung der rastenden Vogeltrupps kartiert worden. Dem stehe nicht entgegen, dass die streitgegenständlichen Windenergieanlagen in einem im REP MD ausgewiesenen Eignungsgebiet errichtet werden sollten, denn dies bedeute nicht, dass die entsprechenden Vorhaben dort ohne weitere Prüfung zugelassen werden müssten. Vor diesem Hintergrund könne offenbleiben, ob im Hinblick auf den Rotmilan und die Wiesenweihe wegen des bestehenden Kollisionsrisikos ein Verstoß gegen das Verletzungs- und Tötungsverbot vorliege.

38

Die Klägerin trägt zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung vor, vorliegend sei nicht die VRL, sondern Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL i.V.m. § 34 BNatSchG anwendbar. Es liege eine Erklärung zum Schutzgebiet i.S.d. Art. 4 Abs. 1 VRL vor, die gemäß Art. 7 FFH-RL zu einem Wechsel des Schutzregimes geführt habe. Etwa zwei Drittel der Fläche des Vogelschutzgebietes Drömling liege in einem Naturschutzgebiet. Der Rest sei als Landschaftsschutzgebiet bzw. Naturpark ausreichend geschützt. Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL i.V.m. § 34 BNatSchG würden eingehalten. Da das Gebiet des Drömlings in einer Entfernung von ca. 2.000 m zu den geplanten Anlagen liege, sei der Untersuchungsraum ausreichend groß bemessen. Eine Beeinträchtigung des FFH-Gebietes "Speetze und Krummbek im Ohre-Aller-Hügelland" erfolge nicht. Auch eine Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes Drömling durch die geplante Verdichtung der Anlagen sei ausgeschlossen. Die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens werde durch das M-Gutachten vom 13.08.2013 belegt. Das Verwaltungsgericht habe einen falschen Maßstab angelegt. Ein Ausschluss von Beeinträchtigungen sei nicht erforderlich. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Beeinträchtigungen die Erheblichkeitsschwelle überschritten. Das sei hier nicht der Fall. Eine Verriegelungs- oder Barrierewirkung sei wegen der Entfernung von ca. 2.000 m zum Schutzgebiet nur geringfügig. Es sei unklar, ob ein etwaiger Rückgang der in der Speetzeniederung rastenden Vögel, insbesondere der Goldregenpfeifer, auf den Betrieb der Windenergieanlagen zurückzuführen sei. Ursache hierfür könne auch eine Veränderung der landwirtschaftlichen Nutzung der umliegenden Flächen sein. Schließlich folge die Verträglichkeit ihres Vorhabens mit den Erhaltungszielen des Schutzgebietes auch aus der Lage in einem in der Regionalplanung abgewogenen Eignungsgebiet. Dem Vorhaben stünden auch keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände entgegen. Insbesondere bestehe für den Rotmilan kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch die Errichtung und den Betrieb der geplanten Windkraftanlagen. Die Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Rotmilane würden überschätzt. In den letzten Jahren habe die Zahl der an Windenergieanlagen getöteten Rotmilane deutlich abgenommen und dessen Bestand stark zugenommen, obwohl sich gleichzeitig die Zahl der Windenergieanlagen stetig erhöht habe. Mindestabstände zwischen Windenergieanlagen und Rotmilanhorsten hätten keinen nennenswerten Einfluss auf das Tötungsrisiko. Die Klägerin verweist insoweit auf die Studie "Windenergie und Rotmilan: Ein Scheinproblem" der KohleNusbaumer SA, Lausanne, vom 15.01.2016. Im Hinblick auf die Wiesenweihe lägen keine belastbaren Untersuchungen für ein erhöhtes Kollisionsrisiko an Windenergieanlagen vor. Zudem kämen Nebenbestimmungen, wie etwa eine Abschaltauflage, zur Verminderung des Kollisionsrisikos in Betracht.

39

Die Klägerin beantragt,

40

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 22.08.2013 – 2 A 184/11 MD – zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheids vom 25.07.2011 zu verpflichten, ihr eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 8 Windenergieanlagen des Typs Enercon E-70 E-4 (Nennleistung: 2,3 MW, Nabenhöhe: 98,2 m, Rotordurchmesser: 71 m, Gesamthöhe: 133,7 m) auf den Flurstücken 76/44 der Flur A der Gemarkung B., 17/1 der Flur B der Gemarkung R., 2/2 der Flur A der Gemarkung R. sowie 199/31, 205/27, 299/27, 149/23, 223/68, alle der Flur B der Gemarkung L., gemäß ihrem Antrag vom 17.01.2007 zu erteilen.

41

Der Beklagte beantragt,

42

die Berufung zurückzuweisen.

43

Zur Begründung trägt er vor, das Verwaltungsgericht sei zu Recht von der Anwendbarkeit der VRL ausgegangen. Das Vogelschutzgebiet Drömling befinde sich nur zum Teil innerhalb des im Jahr 2005 ausgewiesenen Naturschutzgebietes "Ohre-Drömling". Für die außerhalb des Naturschutzgebietes liegenden Flächen fehle es an einer den Anforderungen der VRL entsprechenden Schutzgebietsausweisung. Die schon im Jahr 1990 erfolgte Ausweisung des Drömling als Landschaftsschutzgebiet bzw. Naturpark erfülle die Mindestanforderungen an eine Erklärung zu einem besonderen Schutzgebiet im Sinne des Art. 4 VRL bzw. Art. 7 FFH-RL nicht. Selbst wenn das Vorhaben nach Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL i.V.m. § 34 BNatSchG zu beurteilen sein sollte, würde dies nicht zu seiner Zulässigkeit führen. Das Vorhabengebiet und seine nähere Umgebung sei ein bedeutendes Nahrungshabitat für Kraniche und nordische Gänse, welche im Vogelschutzgebiet Schlafplätze nutzten. Nach den Erhebungen des Büros M in der Zugperiode 2011/2012 bestünden diese bedeutsamen Rastplätze für den Kranich und den Goldregenpfeifer im Bereich des geplanten Windparks und in dessen Nähe nicht mehr bzw. nur noch in seinem sehr reduzierten Umfang. Diese Rastplatzaufgabe bzw. -zerstörung sei Folge der im Jahr 2006 zugelassenen 9 Windenergieanlagen. Die Errichtung dieser Windenergieanlagen sei somit eine erhebliche Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes Drömling, denn wegen der Barrierewirkung von Windenergieanlagen für den Kranich und den Goldregenpfeifer könne eine Beeinträchtigung der bisherigen Flugkorridore dieser Arten von und zum Vogelschutzgebiet nicht ausgeschlossen werden. Traditionelle Rastplätze wie der Vorhabenstandort aber auch die Schlafplätze im nördlich der Windenergieanlagen gelegenen Vogelschutzgebiet Drömling könnten so entwertet und dauerhaft aufgegeben werden. Auch führe ein Ausweichen der Kraniche auf weiter von den Schlafplätzen im Vogelschutzgebiet entfernte Nahrungsflächen zu einem erhöhten Energiebedarf der Tiere bzw. zu einem erhöhten Energieverbrauch. Dies gehe auf Kosten der Fitness der Tiere und könne ihre Überlebenswahrscheinlichkeit auf dem Zug verringern. All dies könne zu einem geringeren Nutzen des Vogelschutzgebietes als Rastgebiet für Kraniche und Goldregenpfeifer führen und negative Auswirkungen auf die Funktion des Gebietes bewirken. Der Errichtung der 8 Windenergieanlagen stünden aber auch artenschutzrechtliche Versagungstatbestände entgegen. Im Nahbereich der Anlagen sei es auch im Jahr 2013 wieder zu Wiesenweihenbruten gekommen. Bei Zugrundelegung eines Abstandes von 1.000 m zu Wiesenweihenbrutplätzen seien die 6 südlichen der insgesamt 8 beantragten Windenergieanlagen unzulässig. Zudem sei in den Jahren 2012 und 2013 in einem Feldgehölz im Nordwesten des geplanten Windparks jeweils eine Rotmilanbrut erfasst worden. Auch in den Jahren 2014 und 2015 sei nach Auskunft der Naturparkverwaltung Drömling dort jeweils ein Brutpaar beobachtet worden, 2015 mit einer erfolgreichen Brut. Allerdings sei bei einer weiteren Begehung kurz vor der mündlichen Verhandlung festgestellt worden, dass das Nest inzwischen durch Sturm zerstört worden sei. Zur Veranschaulichung der Lages des Rotmilanhorstes und der Abstände der geplanten 8 Windenergieanlagen zu diesem Horst hat der Beklagte einen aktuellen Lageplan überreicht. Auch der Mindestabstand zu Kranich-Schlafplätzen nach dem 1-%-Kriterium von 3.000 m werde durch die beantragten Windenergieanlagen nicht eingehalten. Durch den Betrieb der 8 Windenergieanlagen komme es zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für den Rotmilan und die Wiesenweihe. Auch bei Wiesenweihenbruten in einem Abstand von bis zu 1.000 m zu einer Windenergieanlage bestehe ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko. Dies könne durch Abschalten der Anlagen nicht hinreichend minimiert werden. Ein Abschalten der Anlagen müsste bei Ankunft der Tiere im Revier, während der Balz, bei der Futterübergabe in der Luft und während der ersten Flugversuche der Jungtiere erfolgen. Dies sei in der Praxis nicht umsetzbar. Letztlich wäre ein Abschalten während der gesamten Zeit der Anwesenheit der Tiere im Gebiet erforderlich, also während ca. 5 – 6 Monaten im Frühjahr – Spätsommer.

44

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

45

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

46

Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

47

Die auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten Genehmigung gerichtete Klage ist abzuweisen, da sich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO spruchreif feststellen lässt, dass die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Genehmigung hat. Es ist insbesondere nicht hinreichend geklärt, ob das Vorhaben der Klägerin zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Belangen des Naturschutzes in Gestalt des Vogelschutzes führt (dazu I.). Da sich andererseits ein Genehmigungsanspruch der Klägerin nach dem derzeitigen Erkenntnisstand auch nicht verneinen lässt, unterliegt die Klage nicht insgesamt der Abweisung. Die Beklagte ist vielmehr unter Heranziehung der zum "stecken gebliebenen" Genehmigungsverfahren entwickelten Grundsätze gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu einer Neubescheidung des Genehmigungsantrags der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten (dazu II.).

48

I. Es kann nicht im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO spruchreif festgestellt werden, dass die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Genehmigung hat. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist § 6 Abs. 1 BImSchG. Danach ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Ein Versagungsgrund i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG liegt auch dann vor, wenn dem Vorhaben das Beeinträchtigungsverbot des Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie (dazu 1.) oder Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (dazu 2.) entgegenstehen.

49

1. Das Vorhaben steht in Einklang mit dem Beeinträchtigungsverbot des Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.11.2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten – VRL).

50

a) Die VRL ist hier anwendbar. Für Vogelschutzgebiete, die noch nicht nach § 32 Abs. 2 BNatSchG zu besonderen Schutzgebieten im Sinne von Art. 7 der FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen – FFH-RL) erklärt worden sind (sog. "faktische" Vogelschutzgebiete), beurteilt sich die Rechtmäßigkeit von Genehmigungen nach Art. 4 Abs. 4 VRL und nicht nach dem weniger strengen Regime, das Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL und die seiner Umsetzung dienende Vorschrift des § 34 BNatSchG errichten (BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 – BVerwG 4 C 2.03 –, juris RdNr. 24 ff.; Urt. v. 03.05.2013 – BVerwG 9 A 16.12 –, juris RdNr. 52). Eine Erklärung zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL, die nach Art. 7 FFH-RL den Wechsel des Schutzregimes auslöst, muss eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung mit Außenwirkung darstellen; deren rechtliche Gestalt wird durch das Recht der Mitgliedstaaten näher bestimmt. Nach § 32 Abs. 2 BNatSchG sind die Europäischen Vogelschutzgebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG zu erklären. Die Schutzerklärung bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (§§ 22 Abs. 1 Satz 2, 32 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG). Eine solche Erklärung des Vogelschutzgebietes Drömling zum besonderen Schutzgebiet im Sinne des Art. 7 FFH-RL liegt nicht vor. Die Verordnung über das Naturschutzgebiet "Ohre-Drömling" vom 20.06.2005 umfasst nur einen Teilbereich des Vogelschutzgebietes Drömling. Die bereits am 12.09.1990 erlassene Verordnung über den Naturpark "Drömling" dient nicht dem Vogelschutz.

51

b) Nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzung dieses Artikels erheblich auswirken, in den Schutzgebieten zu vermeiden. Die Vorschrift begründet seinem Wortlaut nach zunächst unabhängig von der Zulassung einzelner Bauvorhaben eine Dauerpflicht der Mitgliedstaaten, die Lebensräume der geschützten Populationen zu erhalten und Störungen der wildlebenden Vogelarten zu vermeiden bzw. zu unterlassen. Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL erschöpft sich aber nicht in der Normierung einer Dauerpflicht. Er bildet zugleich den Maßstab für die Zulässigkeit von Infrastrukturvorhaben im Einzelfall. Die Bestimmung erfüllt damit auch die Funktionen eines Zulassungstatbestandes, wie er voll ausgebildet in Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL bzw. § 34 BNatSchG enthalten ist (BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 – BVerwG 4 C 2.03 –, a.a.O. RdNr. 40; Urt. v. 03.05.2013 – BVerwG 9 A 16.12 –, a.a.O.). Vorhaben dürfen nur zugelassen werden, wenn sie nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen und Störungen führen. Die Schwelle der Erheblichkeit ist dabei nicht erst dann erreicht, wenn die Verwirklichung von Erhaltungszielen unmöglich oder unwahrscheinlich gemacht wird. Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus Art. 3 und 4 VRL bestehen bereits, bevor eine Verringerung der Anzahl von Vögeln oder die konkrete Gefahr des Aussterbens einer geschützten Art nachgewiesen wird (BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 – BVerwG 4 C 2.03 –, a.a.O. RdNr. 42; Urt. v. 03.05.2013 – BVerwG 9 A 16.12 –, a.a.O.). Das Überleben der geschützten Vogelarten und ihre Vermehrung im Verbreitungsgebiet müssen sichergestellt sein; außerdem ist für die geschützten Vogelarten eine ausreichende Vielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten und ggf. wiederherzustellen (BVerwG, Urt. v. 08.01.2014 – BVerwG 9 A 4.13 –, juris RdNr. 48).

52

aa) Auch Projekte, die außerhalb eines Europäischen Vogelschutzgebietes realisiert werden sollen, können Anlass für eine Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 2 BNatSchG bzw. – in "faktischen" Vogelschutzgebieten – nach Art. 4 Abs. 4 VRL geben. Sie sind gleichfalls auf ihre Vereinbarkeit mit den gebietsbezogenen Erhaltungszielen und Schutzzwecken zu überprüfen, soweit sie geeignet sind, ein Europäisches Vogelschutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen, also auf den geschützten Raum selbst einwirken und Auswirkungen auf den Lebensraum in den Schutzgebieten – das "Gebiet als solches" – haben (vgl. Fischer-Hüftle, NuR 2004, 157). Im Regelfall beeinträchtigen Windenergieanlagen, die außerhalb eines Europäischen Vogelschutzgebiets errichtet werden sollen, Gebietsbestandteile, die für dessen Erhaltungsziele und Schutzzweck maßgebend sind, allerdings nicht mittels der von ihnen ausgehenden Emissionen erheblich. Durch die Errichtung der Windenergieanlagen kann aber ein Funktionsverlust des Schutzgebiets zu besorgen sein, etwa wenn sie die Gefahr einer möglichen Verriegelung des Gebiets mit sich bringen, oder wenn sie eine Barrierewirkung dergestalt entfalten, dass die Vögel daran gehindert werden, das Schutzgebiet zu erreichen oder zwischen Nahrungs- und Rastplätzen, die sich jeweils in einem Schutzgebiet befinden, zu wechseln. Die bloße Erschwerung, das Schutzgebiet zu erreichen, kann demgegenüber nicht genügen. Anderenfalls käme es zu einem überzogenen, der Abwägung mit anderen geschützten Belangen kaum noch zugänglichen Gebietsschutz vor Projekten, die ausschließlich mittelbare Auswirkungen auf den Bestand bzw. die Erhaltung der in den Schutzgebieten geschützten Arten haben können (vgl. OVG NW, Urt. v. 30.07.2009 – 8 A 2357/08 –, juris RdNr. 118 ff.; Urt. v. 03.08.2010 – 8 A 4062/04 –, juris RdNr. 117 ff.; VG Düsseldorf, Urt. v. 11.07.2013 – 11 K 2057/11 –, juris RdNr. 54).

53

bb) Nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 2 BNatSchG ist eine Verträglichkeit bereits dann nicht gegeben, wenn das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen "kann". Der insoweit erforderliche Wahrscheinlichkeitsgrad ist dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände eine derartige Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung ist jedoch nicht auf ein "Nullrisiko" auszurichten. Das wäre schon deswegen unzulässig, weil dafür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte. Verbleibt nach Abschluss einer FFH-Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel, dass nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgebiet vermieden werden, ist das Vorhaben zulässig. Rein theoretische Besorgnisse begründen von vornherein keine Prüfungspflicht und scheiden ebenso als Grundlage für die Annahme erheblicher Beeinträchtigungen aus, die dem Vorhaben entgegengehalten werden können. Bestehende wissenschaftliche Unsicherheiten müssen nach Möglichkeit auf ein Minimum reduziert werden. Dies macht die Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen erforderlich, bedeutet aber nicht, dass im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung Forschungsaufträge zu vergeben sind, um Erkenntnislücken und methodische Unsicherheiten der Wissenschaft zu beheben. Geboten ist vielmehr nur der Einsatz der besten verfügbaren wissenschaftlichen Mittel. Zur anerkannten wissenschaftlichen Methodik gehört es in diesem Fall, die nicht innerhalb angemessener Zeit zu schließenden Wissenslücken aufzuzeigen und ihre Relevanz für die Befunde einzuschätzen. Daraus folgt ferner, dass für den Gang und das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung der Sache nach eine Beweisregel des Inhalts gilt, dass die Behörde ein Vorhaben nur dann zulassen darf, wenn sie zuvor Gewissheit darüber erlangt hat, dass dieses sich nicht nachteilig auf das Gebiet als solches auswirkt. Die zu fordernde Gewissheit liegt nur dann vor, wenn aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass solche Auswirkungen nicht auftreten werden (vgl. OVG NW, Urt. v. 03.08.2010 – 8 A 4062/04 –, a.a.O. RdNr. 128 ff.). Diese zu § 34 BNatSchG bzw. Art. 6 FFH-RL entwickelten Grundsätze gelten im Anwendungsbereich des Art. 4 Abs. 4 VRL entsprechend.

54

cc) Gemessen daran stünde der Schutz des Europäischen Vogelschutzgebietes Drömling der Erteilung der Genehmigung der beantragen 8 Windenergieanlagen nur dann entgegen, wenn es durch sie zu einer "Gebietsbeeinträchtigung von außerhalb" in dem oben genannten Sinne kommt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Bei der Beurteilung dieser Frage bieten die einschlägigen Empfehlungen zu Schutzabständen eine Orientierungshilfe (vgl. OVG NW, Urt. v. 30.07.2009 – 8 A 2357/08 –, a.a.O. RdNr. 135). Nach den Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW) für Windenergieanlagen zu bedeutenden Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (Stand April 2015) (http://www.vogelschutzwarten.de/downloads/lagvsw2015_abstand.pdf) sowie der Arbeitshilfe "Naturschutz und Windenergie – Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen" (Stand Oktober 2014) des Niedersächsischen Landkreistages (NLT-Papier) (http://www.nlt.de/pics/medien/1_1414133175/2014_10_01_Arbeitshilfe_Naturschutz_und_Windenergie__5__Auflage__Stand_Oktober_2014_Arbeitshilfe.pdf) beträgt der empfohlene Abstand von Windenergieanlagen zu Europäischen Vogelschutzgebieten 1.200 m bzw. das 10-fache der Anlagenhöhe. Bei einer Anlagenhöhe von 134 m ergibt sich danach ein einzuhaltender Mindestabstand von 1.340 m. Diese Empfehlung wird hier mit einem Abstand der nächstgelegenen Windenergieanlagen von ca. 1.800 m zum Vogelschutzgebiet Drömling eingehalten. Auch nach der Rechtsprechung des Senats ist bei einer Entfernung von ca. 2.000 m eine Beeinträchtigung eines Vogelschutzgebietes durch Windenergieanlagen regelmäßig auszuschließen (Beschl. d. Senats v. 21.03.2013 – 2 M 154/12 –, juris RdNr. 26). Dass die Windenergieanlagen gleichwohl ausnahmsweise geeignet sein könnten, den Schutzzweck des Europäischen Vogelschutzgebiets Drömling erheblich zu beeinträchtigen, ist nicht ersichtlich.

55

(1) Eine Verriegelung des Gebietes bzw. eine Barrierewirkung, die dazu führen könnte, dass die zu schützenden Vögel vom Drömling geradezu abgeschnitten und so von der Benutzung des Gebietes ausgeschlossen sind, weil sie es nicht erreichen können, geht von dem Vorhaben nicht aus. Insoweit folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen in dem avifaunistischen Fachbeitrag des Büros für Ökologie, Naturschutz und räumliche Planung vom 12.04.2008. Hierin wird zu dem bereits genehmigten Windpark L. ausgeführt, dieser könne für sich allein keine negativen Auswirkungen auf die Avifauna im 2 km entfernten Vogelschutzgebiet Drömling haben. Dies gelte auch bei Betrachtung kumulierender Wirkungen. Um den Drömling herum seien 8 Windeignungsgebiete zu betrachten. Hierbei handele es sich um je 4 Standorte nördlich und südlich des Drömling. Diese seien so positioniert, dass in westlicher Richtung vom Drömling ein unbelasteter Zugkorridor von ca. 20 km und in nordöstlicher Richtung von ca. 10 km Breite verbleibe. In alle anderen Richtungen verbleibe zwischen den einzelnen Eignungsgebieten jeweils ein Abstand von mindestens ca. 6,5 km. Ausgehend von dem in der Regionalplanung angewendeten 5-km-Kriterium, das den erforderlichen Abstand von Windparks zueinander festlege, um dazwischen ausreichend Freiflächen und Zugkorridore zu erhalten, sei davon auszugehen, dass bei den Abständen der 8 zu betrachtenden Eignungsgebiete zueinander auch im Rahmen einer kumulierenden Wirkung keine Unverträglichkeit festzustellen sein werde. Bei einem Abstand von 5 km zwischen einzelnen Windparks sei auch in einem Kranich- und Gänsekorridor nicht von erheblichen Beeinträchtigungen für die Zuglinien auszugehen. Die Verdichtung des Windparks L. durch 8 weitere Windkraftanlagen habe keine darüber hinaus gehenden negativen Auswirkungen auf das Vogelschutzgebiet Drömling.

56

Diese Einschätzung wird bestätigt durch die Ausführungen in dem Gutachten von Dr. R. (A. GmbH) und Dipl.-Ing., Dipl.-Biol. S. vom 27.05.2008 zur Verträglichkeit der Erweiterung des Windparks L. mit den Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes Drömling. Hierin wird ausgeführt, es wirke sich insoweit günstig aus, dass die Anlagen keinen ausgeprägten Querriegel zum Drömling bildeten. Eine Barrierewirkung, die eine ungehinderte Erreichbarkeit des Drömlings verhindere, sei durch den Windpark L. auch im Zusammenwirken mit den benachbarten Windparks W. und S. aus zwei Gründen nicht zu befürchten. Es habe bei den Untersuchungen keine Hinweise darauf gegeben, dass ein gebündelter Zug gerade über diese Standorte führe. Zudem sei durch die verbleibenden Korridore von über 7 km zwischen den Standorten ein ungestörter Zu- und Abflug gewährleistet. Die Standorte riefen somit keine erheblichen negativen Beeinträchtigungen für den Drömling bzw. dessen Erreichbarkeit für die wertgebenden Vogelarten hervor.

57

Etwas anderes folgt auch nicht aus den vom Beklagten in der Klageerwiderung vom 17.02.2012 vorgetragenen Überlegungen. Der Beklagte meint, bei Berücksichtigung des bestehenden Windparks, der geplanten Erweiterung sowie des Windparks bei W. einschließlich der Meidungsabstände von bis zu 1.000 m ergebe sich am Südrand des Vogelschutzgebietes eine Barrierewirkung für von Südwest auf dem Frühjahrszug durchziehende Kraniche auf ca. 7 km Breite. Dies entspreche einem Störungsbereich von 26,9 % auf der Gesamtlänge der Südgrenze des Vogelschutzgebietes (26 km von NW nach SO). Darüber hinaus könne der Störungsbereich (ca. 4 km breit) eines im westlich angrenzenden Niedersachsen liegenden Windparks in 8 km Entfernung zur Südgrenze des Vogelschutzgebietes Drömling zu einer Verstärkung der Barrierewirkung der beiden genannten Windparks beitragen. Diese Überlegungen greifen nicht durch. Die genannten Windparks mögen eine Behinderung für die von Südwest nach Nordost fliegenden Zugvögel darstellen; eine Verriegelung des Vogelschutzgebietes bilden sie angesichts der immer noch sehr großen Abstände zwischen den Windparks nicht.

58

Darüber hinaus ist bei der Prüfung, ob das Vorhaben zu einer Verriegelung des Vogelschutzgebietes führt, die Vorbelastung durch den bereits genehmigten Windpark L. zu berücksichtigen. Zu bewerten ist hier nur die Verträglichkeit der Erweiterung des Windparks mit den Erhaltungszielen und dem Schutzzweck des Vogelschutzgebietes Drömling. Hierzu wurde in dem M-Gutachten vom 13.08.2013 auf den Seiten 19 – 22 überzeugend dargestellt, dass die Verstärkung der Barrierewirkung durch die zusätzlichen 8 Windkraftanlagen als unerheblich zu bewerten ist. Hiervon ausgehend ist der Senat davon überzeugt, dass mit dem Vorhaben keine Gefahr einer "Verriegelung" des Vogelschutzgebietes verbunden ist.

59

(2) Die Erweiterung des Windparks L.-R. durch weitere 8 Windenergieanlagen führt auch nicht zu einer Barrierewirkung in dem Sinne, dass die in dem Vogelschutzgebiet rastenden bzw. schlafenden Vögel gehindert werden, zwischen Nahrungs- und Rastplätzen, die sich jeweils in einem Schutzgebiet befinden, zu wechseln. Insoweit wird zunächst auf die überzeugenden Ausführungen in dem Gutachten von Dr. R. (A. GmbH) und Dipl.-Ing., Dipl.-Biol. S. vom 27.05.2008 verwiesen. Die Gutachter führen aus, aufgrund der Entfernung des geplanten Windparks zum Vogelschutzgebiet Drömling von ca. 2 km könnten Beeinträchtigungen von Brutvögeln in Form von Störungen oder Vertreibungen sicher ausgeschlossen werden. Auch für Rastvögel könne eine Beeinträchtigung der Funktion als Überwinterungsgebiet und als Schlafplatz ausgeschlossen werden. Fraglich sei allein eine mögliche Beeinträchtigung des günstigen Erhaltungszustandes derjenigen wertgebenden Gastvogelarten, die zum Zweck der Nahrungsaufnahme das Vogelschutzgebiet verließen. Zu klären sei, ob durch das geplante Vorhaben Kraniche, Kiebitze, Goldregenpfeifer, Saatgänse und/oder Bläßgänse in einer Weise beeinträchtigt würden, dass der Lebensraum für diese Arten so klein bzw. dessen Erreichbarkeit so eingeschränkt werde, dass langfristig das Überleben der Population und damit der günstige Erhaltungszustand nicht mehr gewährleistet sei. Es sei zu beurteilen, ob mögliche Beeinträchtigungen durch das geplante Vorhaben außerhalb des Schutzgebietes dazu führen können, dass dieses nur noch in geringerem Maße von den genannten Arten aufgesucht werde. Zwar könne es durch die geplanten Anlagen zu einer Barrierewirkung kommen, jedoch könnten die Vögel den Windpark mit geringen Kurskorrekturen umfliegen. Der Windpark unterbinde oder behindere den Zu- und Abflug von Arten zum Schutzgebiet nicht derart massiv, dass die Bestände im Schutzgebiet selbst darunter litten. Die Vögel könnten das Schutzgebiet weiter erreichen, auch wenn dabei im Bereich des Windparks ein geringer Umweg durch Ausweichbewegungen in Kauf genommen werden müsse. Es komme nicht zu einem Verlust oder einer Einschränkung des Lebensraums der geschützten Vogelarten. Auch werde der erforderliche Mindestabstand zu Brut- und Nahrungshabitaten eingehalten. Es komme zwar zu Beeinträchtigungen von Äsungsflächen insbesondere von Kranichen, deren Schlafplätze im Drömling lägen. Eine Gefährdung der Schlafplatzfunktion im Drömling sei damit jedoch nicht verbunden. Zudem könnten durch Kompensationsmaßnahmen in größerer Nähe zum Drömling attraktive Äsungsflächen für Kraniche zur Verfügung gestellt werden, die mit Sicherstellung eines ausreichenden Nahrungsangebotes den Kranichen die Notwendigkeit nähmen, in größerer Entfernung oder in der Nähe eines der geplanten Windparks Nahrung zu suchen. Insgesamt führe der Windpark nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes Drömling. Es sei nicht damit zu rechnen, dass das Vogelschutzgebiet nach der Erweiterung des Windparks nur noch in geringerem Maße von den wertgebenden Arten aufgesucht werde. Auf der Grundlage dieser gut nachvollziehbaren Ausführungen ist der Senat der Überzeugung, dass eine von dem Vorhaben verursachte "Barrierewirkung" nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes Drömling führt.

60

Es kommt hinzu, dass eine etwaige Barrierewirkung (der Erweiterung) des Windparks nur zwischen den im Norden liegenden Flächen des Vogelschutzgebietes und den südlich des Vorhabengebietes liegenden Nahrungs- oder Rastflächen, etwa in der Speetzeniederung besteht. Letztere befinden sich indessen nicht in einem Schutzgebiet. Die Windenergieanlagen führen vielmehr lediglich zu einer bloßen Erschwerung, das Schutzgebiet von den südlich des Vorhabengebietes liegenden Flächen (Speetzeniederung) aus zu erreichen, und umgekehrt. Diese Auswirkungen auf das Vogelschutzgebiet sind gering und lassen sich durch die Schaffung von Nahrungshabitaten nördlich des Vorhabengebietes weiter verringern. Zudem steht den die Anlagen im Windpark über- oder umfliegenden Vögeln genügend Ausweichraum beiderseits der geplanten Anlagen zur Verfügung. Der dadurch entstehende Umweg beträgt nur wenige 100 m. Dadurch entstehen nur geringe energetische Verluste bei den Tieren (vgl. NdsOVG, Urt. v. 24.03.2003 – 1 LB 3571/01 –, juris RdNr. 50). Zudem ist auch insoweit bei der Bewertung einer Verstärkung der Barrierewirkung durch die geplanten 8 zusätzlichen Windenergieanlagen die Vorbelastung durch den bereits genehmigten Windpark L. zu berücksichtigen. Insoweit wurde in dem M-Gutachten vom 13.08.2013 auf den Seiten 19 – 22 überzeugend ausgeführt, dass die Verstärkung der Barrierewirkung durch das Vorhaben nur geringfügig ist. Dies gilt insbesondere für die vom Beklagten angeführte Barrierewirkung für den Weißstorch. Nach Auffassung des Beklagten könnten die Weißstörche aus B., R. und E. durch die Windenergieanlagen von ihren Nahrungsflügen nach Süden abgehalten werden (Barrierewirkung). Gleiches gelte für die Weißstörche aus Lockstedt, Everingen und Seggerde südlich des Windparks auf Nahrungsflügen nach Norden in die Niederungsgebiete des Drömling. In dem M-Gutachten vom 13.08.2013 wird jedoch anschaulich gezeigt, dass die Verstärkung der bereits vorhandenen Barrierewirkung keinen erheblichen Effekt auf die Nahrungsfüge der Weißstörche haben wird.

61

(3) Auch mit der Gefahr, dass bestimmte Vogelarten, die sich aus dem Schutzgebiet – etwa zur Nahrungssuche – wegbewegen, in einem weiteren Umkreis dem Risiko einer Kollision mit den Windenergieanlagen ausgesetzt sind, lässt sich eine erhebliche Beeinträchtigung des geschützten Gebiets selbst nicht begründen. Zwar sind auch die Tierarten, die vom Schutzzweck oder den Erhaltungszielen des Gebiets erfasst werden, „Bestandteile“ des Gebiets. Sie transportieren aber nicht gleichsam den Gebietsschutz mit sich in die Umgebung hinaus (Beschl. d. Senats v. 21.03.2013 – 2 M 154/12 –, a.a.O. unter Hinweis auf Fischer-Hüftle, NuR 2004, 157).

62

2. Ob die Errichtung und der Betrieb der geplanten 8 Windenergieanlagen gegen § 35 BauGB verstößt, weil wegen einer erheblichen Beeinträchtigung geschützter Vogelarten Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegenstehen, lässt sich aus derzeitiger Sicht nach den im bisherigen Verfahren gewonnenen Erkenntnissen nicht feststellen. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, wenn das Vorhaben gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BauGB verstößt. Artenschutzrechtliche Verbote i.S.d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugleich Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, die einem privilegierten Außenbereichsvorhaben bauplanungsrechtlich nicht entgegenstehen dürfen. Das Naturschutzrecht konkretisiert die öffentlichen Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Ist über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 BauGB zu entscheiden, hat die zuständige Behörde daher auch die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen. Können artenschutzrechtliche Verbote naturschutzrechtlich nicht überwunden werden, stehen sie einem gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben als öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zwingend entgegen. Das Vorhaben ist dann bauplanungsrechtlich unzulässig. Es decken sich also die bauplanungsrechtlichen Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, soweit sie naturschutzbezogen sind, mit den Anforderungen des Naturschutzrechts. Artenschutzrechtliche Verbote, von denen weder eine Ausnahme noch eine Befreiung erteilt werden kann, stehen einem immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Außenbereichsvorhaben deshalb stets zwingend entgegen, und zwar sowohl als verbindliche Vorschriften des Naturschutzrechts als auch als Belange des Naturschutzes i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Für eine nachvollziehende Abwägung ist kein Raum (BVerwG, Urt. v. 27.06.2013 – BVerwG 4 C 1.12 –, juris RdNr. 6).

63

Es kann derzeit nicht sicher festgestellt werden, ob der Erteilung der beantragten Genehmigung das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegensteht. Danach ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Zu den besonders geschützten Arten gehören gemäß § 7 Nr. 13 Buchst. a BNatSchG i.V.m. Anhang A der Artenschutzverordnung (Verordnung Nr. 338/97 des Rates vom 09.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenorten durch Überwachung des Handels ) der Rotmilan, die Wiesenweihe und der Kranich. Der Goldregenpfeifer ist nach § 7 Nr. 13 Buchst. b Doppelbuchst. bb BNatSchG als europäische Vogelart im Sinne des § 7 Nr. 12 BNatSchG i.V.m. Art. 1 VRL ebenfalls eine besonders geschützte Art.

64

Der Tötungstatbestand ist auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns erweist. Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollisionen mit Windkraftanlagen bzw. deren Rotorblättern zu Schaden kommen können, ist allerdings bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen. Der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) ist dann nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit dem Vorhaben im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden. Der Verbotstatbestand ist zwar individuenbezogen; dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, reicht aber nicht aus. Soll das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Planungshindernis werden, ist vielmehr zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöht, wobei Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, einzubeziehen sind. Gemeint ist eine "deutliche" Steigerung des Tötungsrisikos. Dafür genügt es nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Tiere der (besonders) geschützten Art angetroffen worden sind; erforderlich sind vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass sich das Risiko eines Vogelschlages durch das Vorhaben deutlich und damit signifikant erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 – BVerwG 9 A 14.07 –, juris RdNr. 91; Urt. d. Senats v. 26.10.2011 – 2 L 6/09 –, juris RdNr. 59; Urt. d. Senats v. 19.01.2012 – 2 L 124/09 –, juris RdNr. 46).

65

Da zur fachgerechten Beurteilung dieser Frage ornithologische Kriterien maßgeblich sind, die zu treffende Entscheidung prognostische Elemente enthält und überdies naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe sowie rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen, muss der zuständigen Behörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuerkannt werden. Die gerichtliche Prüfung ist insoweit grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt (vgl. Urt. d. Senats v. 26.10.2011 – 2 L 6/09 –, a.a.O. RdNr. 60, bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 – BVerwG 7 C 40.11 –, juris RdNr. 14; Urt. d. Senats v. 19.01.2012 – 2 L 124/09 –, a.a.O. RdNr. 46, bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 27.06.2013 – BVerwG 4 C 1.12 –, juris RdNr. 14). Gerade die Bewertung, wann ein bestehendes Tötungs- oder Verletzungsrisiko "signifikant" erhöht ist, lässt sich nicht im strengen Sinne "beweisen", sondern unterliegt einer wertenden Betrachtung (Urt. d. Senats v. 26.10.2011 – 2 L 6/09 –, a.a.O. RdNr. 65; Urt. d. Senats v. 19.01.2012 – 2 L 124/09 –, a.a.O. RdNr. 46).

66

a) Aus den zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln kann derzeit nicht hinreichend sicher abgeleitet werden, ob für die Vogelart Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch die Verwirklichung des Vorhabens der Klägerin ausgegangen werden kann.

67

aa) Zunächst ist ungewiss, ob der in den vom Beklagten vorgelegten Lageplänen eingezeichnete Rotmilanhorst überhaupt noch existiert. Zweifel ergeben sich insoweit aus den Angaben des Herrn Sender von der Naturparkverwaltung Drömling in der mündlichen Verhandlung, er habe bei einer Begehung kurz vor dem Termin festgestellt, dass der Horst durch Sturm zerstört worden sei. Erst im Frühjahr könne festgestellt werden, ob sich an dieser Stelle erneut ein Rotmilan zur Brut niederlasse. Vor diesem Hintergrund hält es der Senat für erforderlich, zu Beginn der diesjährigen Brutperiode erneut zu prüfen, ob der in den Lageplänen eingezeichnete Rotmilanhorst überhaupt noch genutzt wird. Darüber hinaus ist festzustellen, ob im Umfeld der Windenergieanlagen aktuell weitere Rotmilanhorste vorhanden sind, die einer Genehmigung des Vorhabens der Klägerin entgegenstehen können. Schließlich ist zu beurteilen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Rotmilan auch in Zukunft an Standorten, an denen er in den Vorjahren einen Horst errichtet hat, erneut brüten wird. Diese Beurteilung, die auch für die Frage nach der generellen Sinnhaftigkeit von (langfristig) einzuhaltenden Abständen zu einem zu einem bestimmten Zeitpunkt entdeckten Rotmilanhorst von Bedeutung ist, hat der Beklagte vorzunehmen, da diesem – und nicht dem erkennenden Gericht – u.a. bei der Bestandserfassung von Arten eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuzuerkennen ist.

68

bb) Darüber hinaus ist – erneut – grundsätzlich zu prüfen, ob bei Unterschreitung eines bestimmten Abstandes eines Rotmilanhorstes zu einer Windenergieanlage von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für den Rotmilan ausgegangen werden kann. Zwar besteht nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats für den Rotmilan ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko, wenn der Abstand einer Windenergieanlage zu einem Rotmilanhorst weniger als 1.000 m beträgt, es sei denn, es liegen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlage dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegt (vgl. Urt. d. Senats v. 26.10.2011 – 2 L 6/09 –, a.a.O. RdNr. 77, bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 – BVerwG 7 C 40.11 –, a.a.O. RdNr. 23; Urt. d. Senats v. 19.01.2012 – 2 L 124/09 –, a.a.O. RdNr. 94, bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 27.06.2013 – BVerwG 4 C 1.12 –, a.a.O. RdNr. 11). Diese – oder eine ähnliche – Einschätzung wird auch durch neuere Untersuchungen gestützt. Insbesondere in der Studie "Greifvögel und Windkraftanlagen: Problemanalyse und Lösungsvorschläge", Schlussbericht für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Juni 2013) von Hötker, Hermann/Krone, Oliver/Nehls, Georg (https://www.nabu.de/downloads/Endbericht-Greifvogelprojekt.pdf) wird auf der Grundlage umfangreicher Untersuchungen die Auffassung vertreten, dass sich durch einen ausreichend hohen Abstand zwischen Windkraftanlagen und Rotmilanhorst das Kollisionsrisiko vermindern lasse, wobei die Wahrscheinlichkeit für Rotmilane, mit den Rotoren der Windkraftanlagen zu kollidieren, umso geringer sei, je größer der Abstand zwischen Windkraftanlage und Rotmilanhorst sei. Ab einem Abstand von 1.250 m lasse sich das Kollisionsrisiko deutlich reduzieren (Hötker, Hermann/Krone, Oliver/Nehls, Georg, Greifvögel und Windkraftanlagen, a.a.O., S. 93, S. 311 f., S. 332 f.). Darüber hinaus liegen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung (vgl. SZ vom 05./06.01.2016, S. 3) erste Ergebnisse einer neuen, im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erstellten Studie der BioConsult SH GmbH & Co. KG "PROGRESS – Ermittlung der Kollisionsraten von Greifvögeln und Schaffung planungsbezogener Grundlagen für die Prognose und Bewertung des Kollisionsrisikos durch Windenergieanlagen" (http://www.vernetzung-forschung-ee-naturschutz.de/forschungsprojekte?pid=54) vor, die offenbar ebenfalls erhebliche Risiken für Greifvögel, insbesondere den Rotmilan, durch Windkraftanlagen sieht. Demgegenüber hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eine Studie mit dem Titel "Windenergie und Rotmilan: Ein Scheinproblem" der KohleNusbaumer SA, Lausanne, vom 15.01.2016 (https://www.yumpu.com/de/document/view/54987473/rotmilan-und-windenergie-ein-scheinproblem) vorgelegt, in der u.a. die Auffassung vertreten wird, Mindestabstände zwischen Windenergieanlagen und Rotmilanhorsten hätten weder einen nennenswerten Einfluss auf die Bestände noch seien sie wegen der hohen Fluktuation von Brutplätzen sinnvoll. Bei dieser Sachlage bedarf es der erneuten – naturschutzfachlichen – Prüfung der Frage, ob die grundsätzliche Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für den Rotmilan bei einem Abstand des Rotmilanhorstes zu einer Windenergieanlagen von weniger als 1.000 m noch gerechtfertigt ist. Diese Prüfung hat der Beklagte vorzunehmen, da diesem bei der Risikobewertung eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuzuerkennen ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass für eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative der Genehmigungsbehörde für die Risikobewertung kein Raum mehr ist, wenn sich ein bestimmter Maßstab durchgesetzt hat und gegenteilige Meinungen nicht mehr als vertretbar angesehen werden können. Die Behörde muss im Genehmigungsverfahren stets den aktuellen Stand der ökologischen Wissenschaft – gegebenenfalls durch Einholung fachgutachtlicher Stellungnahmen – ermitteln und berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.11.2013 – BVerwG 7 C 40.11 –, a.a.O. RdNr. 19). Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte zu prüfen, ob – insbesondere bei Berücksichtigung der oben genannten Studie vom 15.01.2016 – noch von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für den Rotmilan ab einem bestimmten Abstand seines Horstes zu einer Windenergieanlagen ausgegangen werden kann.

69

cc) Im vorliegenden Fall ist zusätzlich zu prüfen, ob auch dann noch ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für den Rotmilan durch die Errichtung und den Betrieb mehrerer Windenergieanlagen in der Nähe eines Rotmilanhorstes angenommen werden kann, wenn im näheren Umfeld der Standorte für die neu zu errichtenden Windenergieanlagen bereits mehrere Windenergieanlagen vorhanden sind. Im vorliegenden Fall sind im Windpark L.-R. bereits 9 Windenergieanlagen seit mehreren Jahren in Betrieb. Die von der Klägerin geplanten Windkraftanlagen sind auf Standorten in der Nähe bzw. zwischen den bereits genehmigten und errichteten Anlagen vorgesehen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die – naturschutzfachliche – Frage, ob bereits durch die Anlagen des Bestandwindparks ein Risiko für Kollisionen für im Umfeld brütende Rotmilane besteht und inwieweit durch die geplante Erweiterung der Windenergienutzung eine spürbare Erhöhung des Tötungsrisikos gegenüber dem Bestand erfolgt (vgl. dazu – im Hinblick auf die Wiesenweihe – bereits das M-Gutachten vom 13.08.2013, S. 29). Diese Prüfung hat der Beklagte vorzunehmen, da diesem im Hinblick auf die Bewertung der Risiken eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuzuerkennen ist.

70

dd) Zu prüfen ist weiterhin, ab welchem Abstand eine hinreichende Vermeidung des Kollisionsrisikos angenommen werden kann. Während die bisherigen Abstandsempfehlungen – wiedergegeben im M-Gutachten vom 13.08.2013 auf Seite 13 – einen Mindestabstand von 1.000 m zwischen einem Rotmilanhorst und einer zu errichtenden Windenergieanlagen forderten, halten die neueren Arbeitshilfen, insbesondere die Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (Stand April 2015) und das NLT-Papier, einen Mindestabstand von Windenergieanlagen zu Brutplätzen von Rotmilanen von 1.500 m für erforderlich. Eine dritte Abstandsempfehlung ließe sich aus der Studie "Greifvögel und Windkraftanlagen" ableiten, in der im Rahmen der Empfehlungen für die Praxis ausgeführt wird, das Kollisionsrisiko lasse sich mit einem Abstand von 1.250 m deutlich reduzieren (vgl. Hötker, Hermann/Krone, Oliver/Nehls, Georg, a.a.O., S. 332 f.). Auch diese Frage ist zunächst vom Beklagten – wegen der ihm bei der Bewertung der Risiken zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative – zu klären.

71

ee) Der Beklagte hat ferner festzustellen, welche Abstände die Standorte der geplanten Windenergieanlagen zu dem festgestellten Rotmilanhorst tatsächlich aufweisen. Die bisherigen Angaben hierzu sind widersprüchlich. Während der Beklagte noch in seinem Schriftsatz vom 13.01.2016 erklärt hat, alle 8 Windenergieanlagen lägen in einer Entfernung von weniger als 1.500 m zu dem in den Jahren 2012 – 2015 besetzten Rotmilanhorst, geht aus dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Lageplan hervor, dass offenbar nur 7 der 8 Standorte der beantragten Windenergieanlagen eine Entfernung von weniger als 1.500 m zu dem eingezeichneten Rotmilanhorst aufweisen. Der Standort für die Windenergieanlagen EC Rä2 liegt offenbar weiter als 1.500 m von dem Rotmilanhorst entfernt.

72

ff) Schließlich ist zu prüfen, ob das Kollisionsrisiko durch geeignete Nebenbestimmungen hinreichend vermindert werden kann. In Betracht kommen insoweit Abschaltpläne für Jahreszeiten mit hohem Konfliktpotential und/oder eine gezielte Steuerung der landwirtschaftlichen Nutzung im Umfeld der Anlagen, um eine Nutzung des Umfeldes der Windenergieanlagen für den Rotmilan möglichst unattraktiv zu gestalten. Diese Maßnahme könnten mit der Herstellung attraktiverer Flächen in weiterem Abstand zu den Anlagen verbunden werden (vgl. OVG NW, Urt. v. 30.07.2009 – 8 A 2357/08 –, a.a.O. RdNr. 174).

73

b) Die einschlägigen Erkenntnismittel lassen derzeit auch nicht die – naturschutzfachlich vertretbare – Annahme zu, dass für die Wiesenweihe von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch die Errichtung und den Betrieb der geplanten Windkraftanlagen ausgegangen werden kann.

74

aa) Auch im Hinblick auf die Wiesenweihe ist grundsätzlich zu prüfen, ob bei Unterschreitung eines bestimmten Abstandes zwischen dem Brutplatz einer Wiesenweihe und einer Windenergieanlage von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgegangen werden kann. Allein mit den Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten, dem NLT-Papier sowie den "Tierökologischen Abstandskriterien für die Errichtung von Windenergieanlagen in Brandenburg (TAK)" vom 15.10.2012 (http://www.mlul.brandenburg.de/media_fast/4055/tak_anl1.pdf), die übereinstimmend einen Mindestabstand von Windenergieanlagen zu Brutplätzen der Wiesenweihe von 1.000 m für erforderlich halten, lässt sich ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die Wiesenweihe bei einer Unterschreitung des empfohlenen Mindestabstandes nicht begründen. Anhaltspunkte für ein erhöhtes Tötungsrisiko auch für die Wiesenweihe ergeben sich jedoch aus der Studie "Greifvögel und Windkraftanlagen", in der im Hinblick auf die Wiesenweihe zusammenfassend ausgeführt wird, aufgrund der hohen Flugaktivität und des geringen Meideverhaltens gegenüber Windkraftanlagen bestehe im Bereich des Brutplatzes ein erhöhtes Kollisionsrisiko. Auch die Entfernung zwischen Nest und Windkraftanlage sei ein entscheidender Faktor des Kollisionsrisikos (vgl. Hötker, Hermann/Krone, Oliver/Nehls, Georg, a.a.O., S. 145). Von Bedeutung für das Kollisionsrisiko ist aber auch die Flughöhe der Wiesenweihe, da diese überwiegend in geringer Höhe fliegt und sich daher nur selten in dem hier maßgeblichen Rotorbereich von 62,7 m – 133,7 m aufhält (Hötker, Hermann/Krone, Oliver/Nehls, Georg, a.a.O., S. 142 ff.). Die hiernach erforderliche Risikobewertung im Hinblick auf die Wiesenweihe obliegt wegen der ihm insoweit zustehenden naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative dem Beklagten.

75

bb) Zu prüfen ist weiterhin, ob sich ein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren durch die Einhaltung eines bestimmten Abstandes zwischen Windenergieanlagen und Brutplätzen der Wiesenweihe vermeiden lässt und, wenn ja, ab welchem Abstand eine hinreichende Vermeidung des Kollisionsrisikos angenommen werden kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass in der einschlägigen Studie "Greifvögel und Windkraftanlagen" die Auffassung vertreten wird, dass bei der Wiesenweihe eine Abstandsregelung zu Nestern der Wiesenweihe nicht praktikabel sei, da Wiesenweihen ihren Standort jährlich neu wählten (Hötker, Hermann/Krone, Oliver/Nehls, Georg, a.a.O., S. 312). Das Kollisionsrisiko für Wiesenweihen könne jedoch durch die räumliche Trennung von Brutgebieten und Windparks deutlich reduziert werden (Hötker, Hermann/Krone, Oliver/Nehls, Georg, a.a.O., S. 333 f.). Hiermit in der Sache übereinstimmend sehen die Empfehlungen zur Berücksichtigung tierökologischer Belange bei Windenergieplanungen in Schleswig-Holstein (https://www.umweltdaten.landsh.de/nuis/upool/gesamt/windenergie/windenergie.pdf) von Dezember 2008 die Freihaltung von Brutverbreitungsschwerpunkten der Wiesenweihe von Windenergieanlagen vor. Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte im Rahmen seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative zu prüfen, ob er – entgegen der Einschätzung in der Studie "Greifvögel und Windenergieanlagen" – die Einhaltung eines bestimmten Mindestabstandes zu Brutplätzen der Wiesenweihe für erforderlich hält oder ob stattdessen die Freihaltung von "Brutgebieten" oder "Brutverbreitungsschwerpunkten" zu fordern ist. Hieran anknüpfend ist ggf. festzustellen, wo genau sich derzeit Brutplätze von Wiesenweihen befinden und in welchen Abständen hierzu die von der Klägerin beantragten Windenergieanlagen im Einzelnen errichtet werden sollen. Andernfalls hat der Beklagte näher zu bestimmen, was unter "Brutgebieten" oder "Brutverbreitungsschwerpunkten" der Wiesenweihe genau zu verstehen ist, wo derartige Gebiete liegen und ob die geplanten Windenergieanlagen hiervon betroffen sind. Auch die insoweit erforderliche Risikobewertung obliegt dem Beklagten im Rahmen seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

76

cc) Im vorliegenden Fall ist zusätzlich zu prüfen, ob auch dann noch ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die Wiesenweihe durch die Errichtung und den Betrieb mehrerer Windenergieanlagen angenommen werden kann, wenn im näheren Umfeld der Standorte der geplanten Windenergieanlagen bereits mehrere Windenergieanlagen vorhanden sind. Es stellt sich die Frage, ob bereits durch die Anlagen des Bestandwindparks ein Risiko für Kollisionen für im Umfeld brütende Wiesenweihen besteht und inwieweit durch die geplante Erweiterung der Windenergienutzung eine spürbare Erhöhung des Tötungsrisikos gegenüber dem Bestand erfolgt (vgl. M-Gutachten vom 13.08.2013, S. 29). Die Bewertung der entsprechenden Risiken hat der Beklagte aufgrund der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative zunächst selbst vorzunehmen.

77

dd) Schließlich ist auch im Hinblick auf die Wiesenweihe zu prüfen, ob das Kollisionsrisiko durch geeignete Nebenbestimmungen hinreichend vermindert werden kann. Auch insoweit kommen Abschaltpläne für Jahreszeiten mit hohem Konfliktpotential und/oder eine gezielte Steuerung der landwirtschaftlichen Nutzung im Umfeld der Anlagen in Betracht, um eine Nutzung des Umfeldes der Windenergieanlagen für die Wiesenweihe möglichst unattraktiv zu gestalten. Diese Maßnahmen können mit der Herstellung attraktiverer Flächen in weiterem Abstand zu den Anlagen verbunden werden.

78

c) Unklar ist ferner, ob der Kranich von einem artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand im Sinne des § 44 Abs. 1 BNatSchG betroffen ist. Sowohl in den Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten als auch im NLT-Papier wird zu Schlafplätzen von Kranichen ab dem 1-%-Kriterium, also bei einem Rastgebiet für mehr als 1 % der Flyway-Population zur Zugzeit, ein Abstand von 3.000 m empfohlen. Ferner wird die Freihaltung der Hauptflugkorridore von Kranichen zwischen Schlaf- und Nahrungsplätzen empfohlen. Im Hinblick auf diese Regelungen ist – naturschutzfachlich – zu klären, ob das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verletzt wird, wenn der empfohlene Mindestabstand unterschritten oder ein Hauptflugkorridor überbaut wird. Das wäre der Fall, wenn für den Kranich in diesen Fällen ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko besteht. Andernfalls ist – naturschutzfachlich – zu prüfen, ob bei einer Unterschreitung des Mindestabstandes oder einer Überbauung einer Hauptflugroute das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG einschlägig ist. Zu prüfen ist, ob der Kranich im Umfeld des Windparks eine "lokale Population" i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufweist und ob diese durch das Vorhaben durch Verschlechterung ihres Erhaltungszustandes erheblich gestört wird. Weiter ist zu klären, durch welche der 8 geplanten Windenergieanlagen der empfohlene Abstand von 3.000 m zu Schlafplätzen von Kranichen unterschritten wird. Insoweit gehen die Angaben der Beteiligten auseinander. Während der Beklagte in seiner Stellungnahme vom 13.01.2016 ausführt, die Standorte der beantragten Windenergieanlagen hielten die empfohlenen Abstände zu den großen Kranichrastgebieten im Süden des Vogelschutzgebietes nicht ein, heißt es in dem M-Gutachten vom 13.08.2013 auf Seite 34, eine Unterschreitung des Mindestabstandes zu Schlafplätzen von Kranichen sei nicht erkennbar. Zur Lage der Hauptflugkorridore zwischen Schlaf- und Nahrungsplätzen von Kranichen liegen bislang noch keine Feststellungen vor.

79

d) Ebenfalls unklar ist, ob im Hinblick auf den Goldregenpfeifer bei Verwirklichung des Vorhabens ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand im Sinne des § 44 Abs. 1 BNatSchG verwirklicht wird. In den tierökologischen Abstandskriterien für die Errichtung von Windenergieanlagen in Brandenburg vom 15.10.2012 wird ein Schutzbereich von 1.000 m zu Rastgebieten, in denen regelmäßig mindestens 200 Goldregenpfeifer rasten, festgelegt. Im Hinblick auf diese Regelung ist – naturschutzfachlich – zu klären, ob das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berührt wird, wenn dieser Schutzabstand unterschritten wird. Andernfalls ist – naturschutzfachlich – zu prüfen, ob bei einer Unterschreitung des genannten Schutzabstandes das Störungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG einschlägig ist und ob dieses auf den Goldregenpfeifer anwendbar ist. Zweifel ergeben sich daraus, dass der Goldregenpfeifer in dem M-Gutachten vom 13.08.2013 nicht als Brut-, sondern als Zugvogel eingeordnet wurde. Insoweit könnte fraglich sein, ob der Goldregenpfeifer eine "lokale Population" i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aufweist. Wäre dies nicht der Fall, könnte dies zur Folge haben, dass eine erhebliche Störung des Goldregenpfeifers im Sinne dieser Vorschrift durch Verschlechterung des Erhaltungszustandes einer lokalen Population nicht möglich ist. Darüber hinaus bedarf es der Prüfung, ob die Speetze-Aue südlich des Vorhabengebietes ein Rastgebiet ist, in dem regelmäßig mindestens 200 Goldregenpfeifer rasten. In dieser Hinsicht ergeben sich Zweifel aus den Angaben in dem M-Gutachten vom 13.08.2013, in dem auf Seite 35 ausgeführt wird, nach Errichtung der Bestandsanlagen lägen keine Beobachtungen mehr vor, die für eine regelmäßige Rast von Goldregenpfeifern in diesem Gebiet sprächen.

80

II. Da sich ein Genehmigungsanspruch der Klägerin nach alledem mit hinreichender Sicherheit weder spruchreif bejahen noch spruchreif verneinen lässt, weil sich die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach dem derzeitigen Erkenntnisstand gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG als offen darstellt, ist der Beklagte unter Heranziehung der zum "stecken gebliebenen" Genehmigungsverfahren entwickelten Grundsätze gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu einer Neubescheidung des Genehmigungsantrags der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten.

81

In der Situation eines "stecken gebliebenen" Genehmigungsverfahrens entfällt die Verpflichtung des Gerichts zur Herbeiführung der Spruchreife, wenn ansonsten im Verwaltungsverfahren noch nicht behandelte komplexe (technische) Fragen erstmals im gerichtlichen Verfahren erschöpfend geprüft werden müssten. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung im Allgemeinen nicht ohne zahlreiche Nebenbestimmungen erteilt wird. Grundsätzlich könnte zwar auch das Gericht mit Hilfe kundiger Sachverständiger ein Auflagenprogramm entwickeln und ihm mit dem Tenor eines Verpflichtungsurteils Verbindlichkeit verschaffen. Im Allgemeinen sind jedoch individuelle Einschätzungen und Zweckmäßigkeitserwägungen dafür erheblich, ob diese oder jene gleichermaßen geeignete Auflage oder sonstige Nebenbestimmung anzufügen ist. Es ist in derartigen besonders gelagerten Fällen nicht Aufgabe der Gerichte, ein "stecken gebliebenes" Genehmigungsverfahren in allen Einzelheiten durchzuführen. Es kann daher ausnahmsweise gerechtfertigt sein, dass das Tatsachengericht davon absieht, die Sache spruchreif zu machen. In diesem Falle kann es ein Bescheidungsurteil i.S.v. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO erlassen (OVG NW, Urt. v. 30.07.2009 – 8 A 2357/08 –, a.a.O. RdNr. 208 m.w.N.).

82

So liegt der Fall hier. Im Genehmigungsverfahren ist nicht geprüft worden, ob dem Vorhaben des Klägers Belange des Naturschutzes in der Gestalt des Tötungsverbotes gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, insbesondere im Hinblick auf den Rotmilan, entgegenstehen. Die im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durchgeführten Ermittlungen haben insoweit nicht zur Spruchreife geführt. Es sind noch weitergehende naturschutzfachliche Erhebungen und Beurteilungen anzustellen. Sodann ist zu prüfen, ob ein von fachbehördlichen Einschätzungen getragenes Auflagenprogramm entwickelt werden kann, durch das eine etwaige erhebliche Beeinträchtigung von Belangen des Vogelschutzes unter der Erheblichkeits- bzw. Signifikanzschwelle gehalten werden kann. Bei dieser Sachlage entfällt die Verpflichtung des Gerichts, die Sache weiter spruchreif zu machen.

83

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO.Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil diese keinen Sachantrag gestellt und sich damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben.

84

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

85

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.


(1) Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage endet mit der Unanfechtbarkeit oder, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels. Dies gilt auch, wenn die Vollziehung durch die Behörde ausgesetzt oder die aufschiebende Wirkung durch das Gericht wiederhergestellt oder angeordnet worden ist, es sei denn, die Behörde hat die Vollziehung bis zur Unanfechtbarkeit ausgesetzt.

(2) Das Rechtsmittelgericht kann auf Antrag anordnen, daß die aufschiebende Wirkung fortdauert.

(3) § 80 Abs. 5 bis 8 und die §§ 80a und 80c gelten entsprechend.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Falls die Behörde Zeugen und Sachverständige herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Falls die Behörde Zeugen und Sachverständige herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Falls die Behörde Zeugen und Sachverständige herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

Das Verwaltungsverfahren im Sinne dieses Gesetzes ist die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gerichtet ist; es schließt den Erlass des Verwaltungsaktes oder den Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags ein.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.