Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 24. Mai 2018 - 4 LB 27/17

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2018:0524.4LB27.17.00
24.05.2018

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 10. Kammer, Einzelrichter – vom 9. September 2016 geändert.

Der Bundesamtsbescheid vom 18. Juli 2016 zu Ziffer 2 – soweit dem Kläger die Abschiebung nach Bulgarien angedroht wird – und zu Ziffer 3 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, zugunsten des Klägers hinsichtlich Bulgarien ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG festzustellen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der im Jahre 1988 geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrages.

2

Der Kläger reiste zunächst über die Türkei nach Bulgarien, wo ihm am 27. August 2015 internationaler Schutz („refugee status“) gewährt wurde. Am 8. Oktober 2015 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte hier am 20. April 2016 die Gewährung politischen Asyls. Im Rahmen der Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (künftig nur: Bundesamt) am 7. Juli 2016 gab er u.a. an, dass er nicht nach Bulgarien überstellt werden wolle. Er habe dort zwangsweise seine Fingerabdrücke abgeben müssen, sei dort festgenommen und ca. 10 Tage in Haft gehalten worden. Man werde dort sehr schlecht behandelt.

3

Mit Bescheid vom 18. Juli 2016 lehnte das Bundesamt seinen Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheides), forderte ihn zur Ausreise auf, drohte ihm in Bezug auf den sicheren Drittstaat Bulgarien die Abschiebung nach Bulgarien an, stellte fest, dass der Kläger nicht nach Syrien abgeschoben werden darf (Nr. 2 des Bescheides) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 3 des Bescheides).

4

Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben und geltend gemacht, dass ihm aufgrund systemischer Mängel in Bulgarien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohe.

5

Er hat beantragt,

6

den Bescheid der Beklagten vom 18.07.2016 aufzuheben.

7

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

8

die Klage abzuweisen

9

und auf die Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen.

10

Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage durch Gerichtsbescheid vom 9. September 2016 als unbegründet abgewiesen und unter Verweis auf die tragenden Feststellungen des Bundesamtsbescheids ausgeführt, dass (1.) die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig entsprechend des am 6. August 2016 in Kraft getretenen § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht zu beanstanden sei und deshalb (2.) auch die an § 35 AsylG zu messende Abschiebungsandrohung keinen Bedenken unterliege. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse in Bezug auf Bulgarien, welches gleichzeitig sicherer Drittstaat i.S.d. § 26a Abs. 2 AsylG sei, kämen nur ausnahmsweise in Betracht. Entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) zu „systemischen Mängeln“ des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylsuchende seien strenge Anforderungen zu stellen. Die systemischen Mängel müssten ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden und dass die zugunsten des Mitgliedstaates streitende Vermutung, dass die Behandlung der Asylsuchenden in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) steht, widerlegt ist. Dies sei in Anwendung der vom EGMR entwickelten Grundsätze zu Art. 3 EMRK (gemäß Urt. v. 04.11.2014 - 29217/12 - [Tarakhel ./. Schweiz] und v. 02.04.2013 - 27725/10 - [M. Hussein u.a. ./. Niederlande und Italien]) mit Blick auf Bulgarien beim Kläger nicht der Fall. Das Versorgungsniveau für anerkannte Schutzberechtigte als einer ohnehin besonders benachteiligten und verwundbaren Bevölkerungsgruppe sei zwar als äußerst schlecht zu beurteilen, so dass nur Personen eine Sicherung des Existenzminimums erreichen könnten, denen alle Voraussetzungen für ein „Sich-Durchschlagen-Können“ zugesprochen werden könne. Dies sei beim Kläger der Fall. Für die Annahme, dass jedem anerkannten Schutzberechtigten unabhängig von einem besonderen Schutzbedarf eine Verletzung von Art. 3 EMRK drohe, bestünden weder nach der Auskunftslage noch unter Berücksichtigung der klägerischen Angaben ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte. Entsprechend komme auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht in Betracht. Schließlich bestünden (3.) keine rügefähigen Bedenken gegen die begünstigende Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG.

11

Den klägerischen Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Senat durch Beschluss vom 22. Februar 2017 abgelehnt, soweit das Verwaltungsgericht die Klage gegen Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides abgewiesen hat und die Berufung im Übrigen wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

12

In der am 7. April 2017 eingegangenen Berufungsbegründung nimmt der Kläger zunächst auf seine rechtlichen Einwände aus dem Zulassungsverfahren Bezug und macht insofern geltend, dass auch eine Überstellung von Personen nach Bulgarien, die – wie der Kläger – keinen besonderen Schutzbedarf aufweisen, mit § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK unvereinbar sei. Im Übrigen schließt er sich den Ausführungen des VGH Kassel im Urteil vom 4. November 2016 (Az. 3 A 1233/16 A.) an.

13

Der Kläger beantragt,

14

unter Abänderung des Gerichtsbescheides des schleswig-holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 9. September 2016 den Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2016 mit Ausnahme dessen Ziffer 1 und Ziffer 2 Satz 3 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Bulgarien vorliegt.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen,

17

hilfsweise,

18

die Revision zuzulassen.

19

Sie ist der Auffassung, dass schlechte humanitäre Bedingungen in einem Konventionsstaat nur in besonderen Ausnahmefällen zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK führen dürften. Dem nationalen Regelungskonzept entsprechend sei dieses Abschiebungsverbot auf das verfassungsrechtlich zwingend Gebotene zu reduzieren und nur das Vorliegen einer extremen individuellen Gefahrensituation i.S. der Rechtsprechung zu § 60 Abs. 7 Satz 1 und 5 AufenthG zu berücksichtigen. Sollte es im Tatsächlichen maßgeblich auf die Unterkunftsmöglichkeiten des Klägers unmittelbar nach einer Rückkehr nach Bulgarien ankommen, stehe dies im engen Kontext zu der von der Ausländerbehörde vorzunehmenden Überstellung, vergleichbar dem Fall, dass dem Ausländer unmittelbar nach der Ankunft im Zielstaat eine Gesundheitsgefährdung drohe und die Schutzpflicht der Ausländerbehörde deshalb bis zum Übergang in eine Versorgung und Betreuung fortdauere. Die Frage der Unterkunft sei zwar eine zielstaatsbezogene, stehe den Vollzugsvoraussetzungen aber in einer Weise nahe, die eine Zuordnung zu dieser rechtfertige und bezogen auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Rückführung von der Ausländerbehörde zu prüfen sei.

20

Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2018 persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs und den der Gerichtsakte verwiesen. Diese waren ebenso Gegenstand der mündlichen Verhandlung wie die vom Senat in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel.

Entscheidungsgründe

21

Die Berufung des Klägers ist, soweit sie zugelassen worden ist, zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen Ziffer 2 und 3 des Bundesamtsbescheides vom 18. Juli 2016 zu Unrecht als unbegründet abgewiesen (1.). Darüber hinaus steht dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung des Bestehens eines Abschiebungshindernisses zu (2.).

22

Für die gerichtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Berufungsinstanz abzustellen

23

(vgl. nur BVerwG, Urt. v. 25.07.2017 - 1 C 13.17 -, juris Rn. 12).

24

1. Die Anfechtungsklage gegen Ziffer 2 und 3 des angefochtenen Bescheides ist zulässig und begründet. Insoweit ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

25

a. Unter Zugrundelegung der aktuellen Auskunftslage erweist sich die in Ziffer 2 des Bescheides ausgesprochene Ausreiseaufforderung nebst Androhung der Abschiebung nach Bulgarien als rechtswidrig. Rechtsgrundlage hierfür ist § 35 AsylG. Danach droht das Bundesamt dem Ausländer in den Fällen der Unzulässigkeit des Asylantrages nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war. Nachdem dem Kläger in Bulgarien bereits internationaler Schutz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt worden war, war der Asylantrag deshalb § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig einzustufen.

26

Voraussetzung für die Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG ist gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 AsylG u.a., dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Bundesamt hierzu entsprechend § 31 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 AsylG eine ausdrückliche Feststellung getroffen hat oder nicht. Fehlt es daran, ist die Sache im Rahmen der Anfechtung der Abschiebungsandrohung vom Gericht spruchreif zu machen

27

(BVerwG, a.a.O. Rn. 14, 16-19 und Beschl. v. 27.04.2017 - 1 B 6.17 -, juris Rn. 6; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.01.2018 - 10 LB 82/17 -, juris Rn. 25).

28

§ 60 Abs. 5 AufenthG bildet gemeinsam mit § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einen einheitlichen Streitgegenstand

29

(BVerwG, Urt. v. 08.09.2011 - 10 C 14/10 -, juris Rn. 17),

30

so dass es bei Annahme der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht mehr ankommt.

31

Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG liegen vor. § 60 Abs. 5 AufenthG verbietet eine Abschiebung, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, im Folgenden: EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

32

Die Unzulässigkeit der Abschiebung ergibt sich vorliegend aus Art. 3 EMRK. Danach ist es den Konventionsstaaten u.a. untersagt, jemanden unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung zu unterwerfen.

33

aa. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) beinhaltet Art. 3 EMRK auch die Verpflichtung der Konventionsstaaten, den Betroffenen nicht in ein Land abzuschieben, für welches stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen und bewiesen sind, dass der Betroffene dort tatsächlich Gefahr läuft, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt zu werden

34

(EGMR, Urt. v. 04.11.2014 - 29217/12 -, NVwZ 2015, 127, 129, Rn. 93; Urt. v. 13.12.2016 - 41738/10 -, NVwZ 2017, 1187, Rn. 173 m.w.N.).

35

Entsprechend ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) geklärt, dass eine Abschiebung in einen Staat, in welchem dem Betroffenen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, zugleich gegen Art. 4 GRC verstößt, weil das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung in Art. 4 GRC dem in Art. 3 EMRK aufgestellten Verbot entspricht, so dass es nach Art. 52 Abs. 3 GRC die gleiche Bedeutung und Tragweite hat, wie sie ihm in der EMRK verliehen wird

36

(EuGH, Urt. v. 16.02.2017 - C-578/16 PPU -, juris Rn. 67 m.w.N., s.a. BVerwG, EuGH-Vorlage v. 02.08.2017 - 1 C 2/17 -, juris Rn. 20).

37

Die Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK muss ein Mindestmaß an Schwere erreichen. Die Beurteilung dieses Mindestmaßes ist relativ und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei ist dem Status als Asylsuchendem und damit als Mitglied einer besonders benachteiligten und verletzlichen sowie besonders schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppe Bedeutung beizumessen

38

(EGMR, Urt. v. 21.01.2011 - 30696/09 -, EuGRZ 2011, 243, 245, Rn. 251 m.w.N. und Urt. 04.11.2014 - 29217/12 -, NVwZ 2015, 127, 129, 131, Rn. 94, 118).

39

Bei der Prüfung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 3 EMRK durch Abschiebung nach Bulgarien ist weiter zu berücksichtigen, dass Bulgarien als Mitgliedstaat der Europäischen Union deren Recht unterliegt und damit auch den Mindeststandards des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verpflichtet ist. Dieses gründet auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens darauf, dass alle daran beteiligten Staaten die Unionsgrundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und dem Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1967 sowie in der EMRK finden. Dazu zählen die Gewährleistungen der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU (Abl. 2013, L 180/60), der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU (Abl. 2013, L 180/96) sowie der – hier relevanten – Anerkennungs- oder auch Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU (Abl. 2011, L 337/9), die eine Gleichstellung von anerkannten Flüchtlingen mit Inländern gebietet und insoweit der Umsetzung der Art. 17 ff. GFK dient.

40

Auf dieser Grundlage ist zu vermuten, dass die Behandlung Asylsuchender in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Verfahrens- und der Aufnahmerichtlinie steht

41

(EuGH, Urt. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris Rn. 78-80; Urt. v. 16.02.2017 - C-578/16 PPU -, juris Rn. 70).

42

Diese Vermutung ist unter Anlegung strenger Maßstäbe allerdings widerleglich. In Bezug auf die Überstellung Asylsuchender (nach den Dublin-Regeln) ist anerkannt, dass nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die genannten Richtlinien genügen, um die Überstellung des Betroffenen an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Vielmehr muss ernsthaft zu befürchten sein, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen aufgrund größerer Funktionsstörungen im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.v. Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK zur Folge haben

43

(vgl. EuGH, Urt. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris Rn. 81-86, 94 sowie BVerwG, Beschl. v. 19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris Rn. 6).

44

Nach Auffassung des EGMR ist diese Vermutung wirksam widerlegt, „wenn es nachweislich ernsthafte Gründe gibt, anzunehmen, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer gegen diese Vorschrift verstoßenden Behandlung ausgesetzt zu werden“. Der Grund für die Gefahr sei für den Umfang des garantierten Schutzes unerheblich. Er entbindet den Staat nicht davon, die Lage des Betroffenen auf seine Person ausgerichtet zu prüfen und die Überstellung gegebenenfalls auszusetzen. Maßgeblich ist demnach, „ob ... nachweislich ernsthafte Gründe für die Annahme bestehen“, dass die Asylsuchenden im Fall der Überstellung „Gefahr laufen, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden“

45

(EGMR, Urt. v. 21.01.2011 - 30696/09 -, EuGRZ 2011, 243, 245, Rn. 249 ff., Urt. v. 04.11.2014 - 29217/12 -, NVwZ 2015, 127, 130, Rn. 103-105).

46

Der Sache nach stellt damit auch der EGMR auf das Kriterium der „systemischen Mängel“ ab

47

(vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris Rn. 8).

48

Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der „systemischen Mängel“ in den Verfahrens- und Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 3 EMRK. Zur Widerlegung der o.g. Vermutung muss sich das Gericht die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylsuchende wegen systemischer Mängel der in der Verfahrens- und der Aufnahmerichtlinie formulierten Bedingungen in dem zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren

49

(BVerwG, a.a.O. Rn. 9 f. m.w.N.).

50

bb. In Anlehnung an diese Rechtsprechung ist gleichermaßen widerleglich zu vermuten, dass die Behandlung von international Schutzberechtigten in den Mitgliedstaaten in Einklang mit den Gewährleistungen der Qualifikationsrichtlinie steht, die eine Gleichstellung der Schutzberechtigten mit Inländern gebietet

51

(vgl. VGH Kassel, Urt. v. 16.11.2016 - 3 A 1292/16.A -, juris Rn. 29).

52

International schutzberechtigte Personen gehören (mindestens) ebenso wie Asylsuchende einer besonders benachteiligten und verletzlichen sowie besonders schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppe an. Die Vermutung, dass sie den Inländern gleich behandelt werden, ist folglich widerlegt, wenn insoweit systemische Mängel festzustellen sind, die Lebensbedingungen Schutzberechtigter im zuständigen Mitgliedstaat mithin aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass einem einzelnen Schutzberechtigten im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht

53

(so schon OVG Lüneburg, Urt. v. 29.01.2018 - 10 LB 82/17 -, juris Rn. 28 ff. und OVG des Saarlandes, Urt. v. 19.04.2018 - 2 A 737/17 -, juris Rn. 19; zweifelnd offenbar Thym, Rücküberstellung von anerkannten Schutzberechtigten innerhalb der EU, NVwZ 2018, 609, 612 ff., allerdings nur für den Fall, dass eine Gleichstellung mit Inländern im Rechtlichen und Tatsächlichen gewährleistet ist).

54

Eine ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 3 EMRK liegt nach alledem vor, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung mit Blick auf das Gewicht und Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieses Grundrechts mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass der Betroffene in dem Mitgliedstaat, in den er überstellt werden soll, wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme, Hygienebedürfnisse und medizinische Grundversorgung) – im Unterschied zu den Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats – nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann und der betreffende Mitgliedstaat dem mit Gleichgültigkeit begegnet, weil er auf die gravierende Mangel- und Notsituation nicht mit (geeigneten) Maßnahmen reagiert

55

(vgl. OVG Lüneburg, a.a.O. Rn. 32, 34, 40 und Urt. v. 04.04.2018 - 10 LB 96/17 -, juris Rn. 38, beide m.w.N; so auch OVG Magdeburg, Beschl. v. 31.08.2016 - 3 L 94/16 - juris Rn. 11).

56

Dabei verpflichtet Art. 3 EMRK die Konventionsstaaten nicht, allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen das Recht auf eine Unterkunft und eine finanzielle Unterstützung zu gewährleisten, damit sie einen gewissen Lebensstandard haben

57

(EGMR, Urt. v. 21.01.2011 - 30696/09 -, EuGRZ 2011, 243, 245, Rn. 249 m.w.N.).

58

Erst recht lässt sich aus Art. 3 EMRK keine Bevorzugung gegenüber der einheimischen Bevölkerung herleiten

59

(vgl. EGMR, Urt. v. 13.12.2016 - 41738/10 -, NVwZ 2017, 1187, Rn. 189).

60

Allein die Verschlechterung der eigenen wirtschaftlichen Situation durch Überstellung in den Schutz gewährenden Staat vermag deshalb noch keine Verletzung von Art. 3 EMRK zu begründen. Durch Missstände im sozialen Bereich wird die Eingriffsschwelle von Art. 3 EMRK nur unter strengen Voraussetzungen überschritten. Unvereinbar mit Art. 3 EMRK ist es aber, wenn sich ein Schutzberechtigter, der von staatlicher Unterstützung vollständig abhängig ist und sich in einer gravierenden Mangel- oder Notsituation befindet, staatlicher Gleichgültigkeit ausgesetzt sieht, obwohl er sich in so ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde nicht vereinbar ist

61

(vgl. EGMR, Urt. v. 21.12.2011 - 30696/09 -, NVwZ 2011, 413, 416, Rn. 253 m.w.N., Urt. v. 04.11.2014 - 29217/12 -, NVwZ 2015, 127, 130, Rn. 98; speziell zu Schutzberechtigten: OVG Lüneburg, Urt. v. 29.01.2018 - 10 LB 82/17 -, juris Rn. 32 und OVG des Saarlandes, Urt. v. 19.04.2018 - 2 A 737/17 -, juris Rn. 19).

62

Den Vorgaben aus Art. 3 EMRK entsprechend garantiert die Qualifikationsrichtlinie für Schutzberechtigte keine „Sonderbehandlung“ gegenüber Staatsangehörigen des aufnehmenden Staates, denn sie müssen sich auf den für dessen Staatsangehörige vorhandenen Lebensstandard verweisen lassen. Zu gewährleisten ist aber insbesondere der Zugang zu beschäftigungsbezogenen Angeboten und Maßnahmen, zu Sozialhilfeleistungen und zu medizinischer Versorgung zu denselben Bedingungen (Art. 26 Abs. 2 und 3, Art. 29 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1). Ferner ist dafür zu sorgen, dass Zugang zu Wohnraum unter Bedingungen besteht, wie sie für Drittstaatsangehörige gelten, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet aufhalten (Art. 32 Abs. 1). Darüber hinaus ist anerkannten Flüchtlingen Zugang zu Informationen über die Rechte und Pflichten in Zusammenhang mit ihrem Status in einer Sprache zu gewähren, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen (Art. 22).

63

cc. Gemäß den vorgenannten Grundsätzen teilt der Senat nicht die Auffassung der Beklagten, dass das nationale Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK auf das verfassungsrechtlich zwingend Gebotene zu reduzieren sei und nur das Vorliegen einer extremen individuellen Gefahrensituation i.S.d. der Rechtsprechung zu § 60 Abs. 7 Satz 1 und 5 AufenthG berücksichtigt werden dürfe. Weder der Wortlaut des § 60 Abs. 5 AufenthG noch die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung geben Veranlassung, für dieses Abschiebungsverbot einen anderen Maßstab zu entwickeln als dieser durch die einschlägige Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK vorgegeben ist.

64

dd. Nach den aktuellen, in die mündliche Verhandlung eingeführten Berichten und Auskünften zur allgemeinen Lebenssituation Schutzberechtigter in Bulgarien steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger im Falle seiner Rücküberstellung und unter Berücksichtigung seiner besonderen Lage als anerkannter schutzbedürftiger Flüchtling und seiner individuellen Situation mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Die dortige Behandlung international Schutzberechtigter steht insbesondere nicht in Einklang mit den Erfordernissen der Qualifikationsrichtlinie. Die insoweit festzustellenden systemischen Mängel sind im bulgarischen Rechtssystem zwar nicht angelegt, prägen dessen Vollzugspraxis aber regelhaft und in struktureller Weise, so dass bei einer Überstellung eines Schutzberechtigten wie dem Kläger eine Verletzung von Art. 3 EMRK zu befürchten steht:

65

Anerkannte Flüchtlinge werden bulgarischen Bürgerinnen und Bürgern im Wesentlichen gleichgestellt, während subsidiär Schutzberechtigte die gleichen Rechte haben wie Ausländer aus Drittstaaten mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht

66

(AIDA Country Report Bulgaria [Stand 31.12.2016], S. 64; Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Bulgarien [Stand 13.12.2017], im Folgenden: BFA, S. 5, 18; Auswärtiges Amt, im Folgenden: AA, Ausk. v. 18.07.2017 an OVG Lüneburg S. 11).

67

Daher ist für anerkannte Flüchtlinge – wie den Kläger – davon auszugehen8, dass die genannten gemeinschaftlichen Garantien in bulgarisches Recht umgesetzt sind. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der mittellose, der bulgarischen Sprache nicht mächtige Kläger über realistische Möglichkeiten verfügen würde, tatsächlich in den Genuss dieser Garantien zu gelangen. Um ein Mindestmaß an gebotener Fürsorge sicherzustellen und dem Gebot der Inländergleichbehandlung nicht nur formalrechtlich, sondern auch faktisch gerecht zu werden, kann es in einem solchen Fall darauf ankommen, ob im Aufnahmestaat entsprechende Integrationsprogramme oder -maßnahmen existieren

68

(vgl. VGH Kassel, Urt. v. 16.11.2016 - 3 A 1292/16.A -, juris Rn. 25).

69

Art. 34 der Qualifikationsrichtlinie sieht insoweit vor, dass die Mitgliedstaaten den Zugang zu Integrationsprogrammen gewährleisten, die sie den besonderen Bedürfnissen von Personen mit Flüchtlingsstatus oder subsidiärem Schutzstatus als angemessen erachten. Eine Verletzung dieser unionsrechtlichen Vorgabe führt zwar noch nicht zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK, zumal den Mitgliedstaaten an dieser Stelle ein weiter Beurteilungsspielraum belassen wird,

70

(so auch Thym, Rücküberstellung von anerkannten Schutzberechtigten innerhalb der EU, NVwZ 2018, 609, 613),

71

doch wird das Maß zu fordernder Bemühungen des Weiteren davon abhängen, in welchem Maße die Schutzberechtigten von sich aus in der Lage sind, die in der Richtlinie festgelegten Rechte und Leistungen wirksam wahrzunehmen. Dabei ist ihren besonderen Bedürfnissen und speziellen Integrationsproblemen, denen sie sich – anders als Inländer – gegenübersehen, Rechnung zu tragen. Sprachunterricht und Information über ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit ihrem Schutzstatus sind insoweit nur als Minimum zu betrachten (vgl. Erwägungsgrund 41 und 47). Welche „besonderen Bedürfnisse“ und „speziellen Integrationsprobleme“ sich darüber hinaus ergeben, hängt nicht zuletzt von der Bereitschaft des zuständigen Mitgliedstaates ab, international Schutzberechtigte als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft zu akzeptieren.

72

(1) Ebenso wie zuvor bereits das OVG Lüneburg und das OVG des Saarlandes

73

(Urt. v. 29.01.2018 - 10 LB 82/17 - und v. 19.04.2018 - 2 A 737/17 -, juris)

74

kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass Schutzberechtigten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im Falle der Rücküberstellung nach Bulgarien Obdachlosigkeit droht, weil sie in der Regel faktisch keinen Zugang zu Wohnraum haben. Ihnen steht zwar sechs Monate lang Anspruch auf staatliche finanzielle Unterstützung für eine Unterkunft zu, jedoch wird dieser Rechtsanspruch nicht umgesetzt. Stattdessen können die Betroffenen in der Praxis einen Antrag stellen, weiterhin in der Flüchtlingsunterkunft zu leben; die Länge des Aufenthalts hängt jedoch von der Belegungsrate der Unterkunft und der Schutzbedürftigkeit des einzelnen Schutzberechtigten ab. Diese Praxis wiederum wird aber nicht auf Schutzberechtigte angewandt, die – wie der Kläger – die Unterkunft zwischenzeitlich verlassen haben

75

(AA, Ausk. v. 18.07.2017 an OVG Lüneburg, S. 8).

76

Hinzu kommt, dass die finanzielle Unterstützung nur für die ersten sechs Monate ab Statuszuerkennung vorgesehen ist

77

(UNHCR Bulgaria, Age, Gender and Diversity, Participatory Assessment, im Folgenden: AGD PA Report 2016, S. 10; AIDA Country Report Bulgaria [Stand 31.12.2016], S. 68; Ilareva, Expertise zu der aktuellen rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Situation anerkannter Schutzberechtigter in Bulgarien, im Folgenden: Expertise, v. 07.04.2017 an OVG Lüneburg, Übersetzung S. 8; BFA S. 19).

78

Konkrete Hilfsprogramme, die Schutzberechtigte bei der Wohnungssuche unterstützen oder durchsetzbare Ansprüche auf eine angemessene Unterbringung bestehen nicht; außerhalb der Flüchtlingsunterkünfte helfen Nichtregierungsorganisationen bei der Wohnungssuche. Flüchtlinge, die über kein Einkommen verfügen, werden bei der Wohnungssuche mit Vorbehalten von Vermietern gegenüber Migranten muslimischen Glaubens und mit der Sprachbarriere konfrontiert

79

(AA, Ausk. v. 18.07.2017,S. 9 und Ilareva, Expertise v. 07.04.2017, S. 9, beide an OVG Lüneburg),

80

wobei sich das bestehende Klima der Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz, dem die Regierung nicht entschieden entgegentritt (vielmehr einige Amtsträger selbst wiederholt diskriminierende und fremdenfeindliche Äußerungen von sich geben), im Jahre 2017 noch verschärft haben soll

81

(Amnesty International, Report Bulgarien 2017 [Stand 12/2016], S. 3 und Report Bulgarien 2017/18 [Stand 12/2017], S. 1).

82

Bezahlbare Sozialwohnungen, auf die sich auch Statusinhaber bewerben können, gibt es nur in sehr begrenzter Anzahl. Ein weiteres Problem ist in diesem Zusammenhang der fehlende Wille von Gemeinden, Flüchtlingen bei der behördlichen Registrierung behilflich zu sein, die aber Voraussetzung für die Ausstellung von Dokumenten, den Zugang zu staatlichen Hilfen und die Eröffnung eines Bankkontos und anderer Angelegenheiten ist

83

(UNHCR Bulgaria, AGD PA Report 2016, S. 10; AA, Ausk. v. 18.07.2017 an OVG Lüneburg, S. 8, 9).

84

Über Anordnung und Bedingungen zur Gewährung einer Sozialwohnung entscheiden die Gemeinden selbständig. In der Region Sofia muss hierfür wenigstens ein Familienmitglied die bulgarische Staatsangehörigkeit und eine registrierte Adresse sowie durchgehend seit mindestens über zehn Jahren auf städtischem Territorium einen festen Wohnsitz gehabt haben. Schutzberechtigten ist der Zugang zu solchen Gemeindewohnungen daher üblicherweise verwehrt

85

(Ilareva, Expertise v. 07.04.2017 an OVG Lüneburg, S. 9; BFA S. 19).

86

Die Unterbringung in einer Sozialwohnung wiederum ist Voraussetzung, um Wohngeld zu beantragen, so dass die Chancen für einen Schutzberechtigten, Wohngeld zu erhalten, ebenfalls als nicht realistisch einzuschätzen sind

87

(Ilareva, Expertise v. 07.04.2017 an OVG Lüneburg, S. 9).

88

Angaben über die Anzahl von international Schutzberechtigten, die obdachlos sind, gibt es nicht

89

(AA, Ausk. v. 18.07.2017, S. 9 und Ilareva, v. 07.04.2017 S. 9, beide an OVG Lüneburg).

90

Nach Einschätzung des UNHCR besteht jedoch die Gefahr, dass insbesondere hilfsbedürftige Personen mit internationalem Schutzstatus, die die Wohnzentren einmal verlassen haben, obdachlos werden. Eine nachhaltige Lösung in der Frage der Unterbringung speziell für diese Personengruppe gebe es nicht

91

(UNHCR Bulgaria, AGD PA Report 2016, S. 10; vgl. auch Ilareva, v. 07.04.2017 an OVG Lüneburg, S. 9; BFA S. 18).

92

Dies erscheint in Anbetracht der soeben getroffenen Feststellungen nachvollziehbar. So lehnten etwa im Februar 2017 lokale Behörden der Stadt Elin Pelin es ab, eine syrische Familie aufzunehmen, der ein humanitärer Status zugesprochen worden war. Der Bürgermeister erklärte öffentlich, dass „Muslime aus Syrien nicht willkommen“ seien, und lehnte es ab, die Familie zu registrieren oder ihr Ausweispapiere auszustellen. Andere Gemeinden zeigten sich ähnlich unwillig, geflüchtete Menschen aufzunehmen

93

(Amnesty International, Report Bulgarien 2017/18 [Stand 12/2017], S. 1 f.).

94

Ohne gezielte Unterstützung im Bereich Unterbringung müssen die Inhaber eines Schutzstatus ihre eigene Wohnung über Immobilienmakler, Landsleute, Rechtsanwälte und freiwillige Helfer finden. Die Vermittler nutzen es oft aus, dass die Wohnungssuchenden die örtlichen Gegebenheiten nicht kennen, nicht die bulgarische Sprache sprechen und dringend eine Wohnung brauchen, und verlangen von ihnen höhere Vermittlungsgebühren oder Mieten für Räumlichkeiten, die nicht mit dem Notwendigsten ausgestattet sind. Außerdem bedeutet der Zugang zu einer Wohnung noch nicht, dass die Personen sich mit der Wohnanschrift auch wirklich registrieren lassen können

95

(UNHCR Bulgaria, AGD PA Report 2016, S. 10; vgl. auch Ilareva, Expertise v. 07.04.2017 an OVG Lüneburg, S. 10).

96

(2) Der Zugang zur Sozialhilfe ist aufgrund der Zulassungskriterien sowohl für Ausländer als auch für bulgarische Staatsangehörige schwierig. Für Schutzberechtigte kommt hinzu, dass sie hierfür eines Identitätsdokuments in Form einer Ausweiskarte für international Schutzberechtigte bedürfen, die wiederum nur nach gemeindlicher Adressregistrierung erteilt wird, mithin eine Unterkunft voraussetzt

97

(AA, Ausk. v. 18.07.2017 S. 7 und Ilareva, Expertise v. 07.04.2017, S. 7 [unter Verweis auf ihre Expertise v. 27.08.2015 an VGH Mannheim], beide an OVG Lüneburg; BFA S. 19).

98

Die diesbezüglichen Hindernisse sollen im Vergleich zum Jahr 2015 noch größer geworden sein

99

(Ilareva, Expertise v. 07.04.2017 an OVG Lüneburg, S. 7).

100

(3) Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für international Schutzberechtigte in Bulgarien nach wie vor äußerst erschwert. Ihnen steht zwar „auf dem Papier“ das Recht auf automatischen und bedingungslosen Zugang zum Arbeitsmarkt zu, sodass sie rechtlich den Inländern gleichgestellt sind. Allerdings bilden sowohl die allgemeine sozioökonomische Lage als auch die Sprachbarriere praktische Probleme bei der Arbeitssuche

101

AIDA Country Report Bulgaria [Stand 31.12.2016], S. 68, AA, Ausk. v. 18.07.2017, S. 6 und Ilareva, Expertise v. 07.04.2017, S. 6 [unter Verweis auf ihre Expertise v. 27.08.2015 an VGH Mannheim, S. 2], beide an OVG Lüneburg; BFA S. 20).

102

Soweit das bulgarische Finanzministerium in seinem Bericht vom 1. August 2016 auf der Grundlage von Daten aus den Jahren 2014 und 2015 darstellt, dass Schutzberechtigte nach Erhalt ihres Schutztitels Sprachunterricht bekämen

103

(vgl. Arbeitsübersetzung des BAMF v. 28.10.2016, S. 13),

104

so findet sich eine solche Angabe in den aktuell vorliegenden Auskünften nicht. Sprachkurse und arbeitsmarktbezogene Hilfen werden allenfalls von Nichtregierungsorganisationen angeboten, dies allerdings nicht überall und nur in begrenztem Umfang

105

(UNHCR Bulgaria, AGD PA Report 2016, S. 10; AA, Ausk. v. 18.07.2017 an OVG Lüneburg, S. 7).

106

Insgesamt haben gerade wegen der fehlenden und nicht vermittelten Sprachkenntnisse bisher nur wenige Schutzberechtigte eine Arbeit gefunden und dies überwiegend auch nur, wenn sie Zeugnisse vorlegen konnten. Auch Nichtregierungsorganisationen beschäftigen einige Schutzberechtigte; dies ist allerdings nur in einem begrenzten Umfang möglich und stellt keinen Ersatz für generell fehlende Arbeitsmöglichkeiten dar. Manche Personen arbeiten im „Graubereich der Wirtschaft“. Die Mehrheit der wenigen arbeitenden Schutzberechtigten ist den Angaben von Nichtregierungsorganisationen zufolge in schlecht bezahlten unqualifizierten Jobs bei einem minimalen Lohn, der nicht ausreicht („insufficient“), um die monatlichen Kosten zu decken, beschäftigt

107

(UNHCR Bulgaria, AGD PA Report 2016, S. 10; AA, Ausk. v. 23.07.2015 an VG Stuttgart, S. 2 und v. 18.07.2017 an OVG Lüneburg S. 6; Ilareva, Expertise v. 07.04.2017 an OVG Lüneburg, S. 6).

108

Soweit das OVG Magdeburg in seinem Beschluss vom 31. August 2016 (Az. 3 L 94/16, juris Rn. 14) annimmt, dass ein alleinstehender flexibler Mann in der Lage sein würde, „durch Aufnahme von (Gelegenheits-)Arbeit in einem das Existenzminimum sichernden Maße (jedenfalls geringfügige) Einkünfte erzielen (zu) können, wenn er seine Arbeitskraft – was von ihm zu verlangen ist – auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt“, kann dem aus den vorgenannten Gründen nicht gefolgt werden. Den aktuell einschlägigen Stellungnahmen ist dergleichen nicht zu entnehmen.

109

In den aufgelegten „Programmen für die Ausbildung und Beschäftigung von Flüchtlingen“ sollen sich laut Bericht des Bulgarischen Finanzministeriums vom 1. August 2016 in den Jahren 2014 und 2015 75 bzw. 106 „Personen“ befunden haben

110

(vgl. Arbeitsübersetzung des BAMF v. 28.10.2016, S. 13).

111

An anderer Stelle wird hingegen speziell mit Blick auf Personen mit internationalem Schutzstatus mitgeteilt, dass aus dieser Gruppe in 2014 keine Person daran teilgenommen hat. Die Einbindung dieser Personengruppe in das Programm 2016 soll lt. Agentur für Arbeit „unbefriedigend“ gewesen sein; die Zahl der tatsächlich ausgebildeten Schutzberechtigten mit internationalem Status habe sich auf Null belaufen

112

(Ilareva, Expertise v. 07.04.2017 an OVG Lüneburg, S. 6 f. m.w.N.).

113

Wer sich als Schutzberechtigter bei einem Jobcenter der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend meldet, benötigt ein Ausweisdokument, welches nur beantragt werden kann, wenn man – wie bei der Sozialhilfe – über eine Meldebestätigung verfügt, die wiederum eine Unterkunft voraussetzt

114

Ilareva, Expertise v. 07.04.2017 an OVG Lüneburg, S. 6 [unter Verweis auf ihre Expertise v. 27.08.2015 an VGH Mannheim, S. 2])

115

Offizielle Statistiken über die Zahl arbeitssuchend gemeldeter Schutzberechtigter gibt es nicht. Ende September 2014 sollen es landesweit 24 gewesen sein, mit Stand vom 24. September 2015 „unter 100“ und im Jahr 2016 „nur wenige“. Die Meldung gelingt regelmäßig nur mit Hilfe aus dem NGO-Bereich. Die meisten von UNHCR befragten Personen mit internationalem Schutzstatus waren arbeitslos. Wer auch mithilfe von Landsleuten keine Arbeit findet, ist auf Darlehen bzw. Gelder angewiesen, die Verwandte aus dem Ausland überweisen

116

(UNHCR Bulgaria, AGD PA Report 2016, S. 10; Ilareva, Expertise v. 27.08.2015 an VGH Mannheim, S. 3 und Expertise v. 07.04.2017 an OVG Lüneburg, S. 6; Bericht des bulg. Finanzministeriums von Aug. 2016, Arbeitsübersetzung des BAMF v. 28.10.2016, S. 13).

117

(4) Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben das gleiche Recht auf medizinische Versorgung wie bulgarische Staatsbürger. Sie müssen sich vom ersten Tag der Statusanerkennung selbst versichern und erhalten dieselben Leistungen

118

(BFA S. 20; AA, Ausk. v. 18.07.2017, S. 9 und Ilareva, Expertise v. 07.04.2017, S. 10, beide an OVG Lüneburg, AIDA Country Report Bulgaria [Stand 31.12.2016], S. 69).

119

Die Krankenversorgung in Bulgarien finanziert sich generell aus Krankenversicherungsbeiträgen, Steuern, Out-of-pocket-Zahlungen, freiwilligen Versicherungen, Arbeitgeberbeiträgen u.Ä.. Über ein Paket an Leistungen der staatlichen Pflichtversicherung hinaus haben Bürger die Möglichkeit, sich privat zu versichern, was aber kaum in Anspruch genommen wird. Alles, was beim Arztbesuch offiziell und inoffiziell aus eigener Tasche gezahlt wird (Out-of-pocket-Zahlungen), machte im Jahr 2013 97,3 % der privaten Gesundheitsausgaben aus

120

(BFA S. 20).

121

Für Schutzberechtigte ist es aufgrund verschiedener Faktoren schwierig, an medizinische Leistungen heranzukommen. Sie sind über das Gesundheitssystem und über die verfahrensmäßigen Schritte, die sie unternehmen müssen, nicht informiert. Sie wissen etwa nicht, dass man sich bei einem Allgemeinmediziner registrieren lassen kann und dass monatliche Versicherungsbeiträge zu zahlen sind. Praktische Ärzte lassen sich selten darauf ein, Statusinhaber als Patienten aufzunehmen, u.a., weil Dolmetscher fehlen, aufgrund schwieriger verwaltungstechnischer Verfahrensweisen und nicht zuletzt aufgrund von Klischeevorstellungen in Bezug auf diese Personengruppe

122

(UNHCR Bulgaria, AGD PA Report 2016, S. 10, vgl. auch Ilareva, Expertise v. 07.04.2017 an OVG Lüneburg, S. 10 und v. 27.08.2015 an VGH Mannheim, S. 6; Pro Asyl, Ausk. v. 17.06.2015 an VG Köln, S. 5).

123

Etwa eine Million Menschen in Bulgarien sind ohne angemessene Krankenversicherung, was ein großes soziales Problem darstellt. Sie haben nur in Notfällen Zugang zu medizinischer Versorgung. Viele können sich die Krankenhausbeiträge nicht leisten. Dies gilt v.a. auch für Schutzberechtigte

124

(BFA S. 21; AA, Ausk. v. 23.07.2015 an VG Stuttgart, S. 2; Pro Asyl, Ausk. v. 17.06.2015 an VG Köln, S. 4).

125

Aufgrund dieser verschiedenen Faktoren laufen gerade Inhaber eines Schutzstatus im Falle einer Erkrankung Gefahr, medizinisch nicht adäquat versorgt zu werden. Damit ist faktisch nur eine medizinische Notfallversorgung gewährleistet, die allerdings kostenlos ist, unabhängig vom jeweiligen Versicherungsstatus

126

(AA, Ausk. v. 18.07.2017 an OVG Lüneburg, S. 9).

127

(5) Ob die dargestellten Mängel und Defizite im Bereich der medizinischen Versorgung für sich genommen als so gravierend zu bewerten sind, dass speziell in diesem Bereich ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaates festzustellen wäre, kann dahinstehen. Jedenfalls in ihrer Gesamtheit betrachtet führen die aufgeführten Defizite zu der Feststellung, dass für anerkannte Schutzberechtigte, die nach Bulgarien rücküberstellt werden, insbesondere aufgrund drohender Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit und fehlender staatlicher Unterstützung regelmäßig und ernsthaft die Gefahr einer Verelendung besteht, wenn sie, wie der Kläger, nicht einzelfallbezogen auf besondere Umstände und Möglichkeiten für ihre Integration in Bulgarien zurückgreifen können.

128

Wie von der Beklagten zutreffend ausgeführt, ist die Frage, ob anerkannte Flüchtlinge bei einer Rückkehr nach Bulgarien eine Unterkunft finden, „Dreh- und Angelpunkt“ bei der Beurteilung ihrer Lebensbedingungen. Dies zu prüfen fällt jedoch gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 3 (und § 31 Abs. 3 Satz 1) AsylG in die Zuständigkeit des Bundesamtes schon bei Erlass einer Abschiebungsandrohung. Denn nach den dargelegten, speziell für den Fall der Rücküberstellung in einen EU-Mitgliedstaat entwickelten Maßstäben zu § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK gilt es, wie ausgeführt, zu klären, ob der Kläger in der Lage sein wird, elementare Grundbedürfnisse, zu denen auch das Innehaben eines Obdachs gehört, in einer noch zumutbaren Weise zu befriedigen. Zudem weist diese Frage eindeutig Bezug zu den Verhältnissen im Zielstaat auf und fällt deshalb auch nicht als sogenanntes inländisches Vollstreckungshindernis in die Zuständigkeit der Ausländerbehörde.

129

Um unter den für Bulgarien festzustellenden Umständen dennoch eine beachtliche Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK aufgrund mangelnder staatlicher Unterstützung ausschließen zu können, wären wirksame Integrationsprogramme oder -maßnahmen erforderlich. Insoweit hat der bulgarische Staat bislang allerdings nur unzureichende Anstrengungen unternommen, um die Situation anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Geschützter zu verbessern. Vielmehr scheint der für die Jahre 2014 bis 2016 in Bulgarien festgestellte Status-quo der „Null-Integration“ („zero integration“) anzudauern

130

(dazu Ilareva, Expertise v. 07.04.2017 an OVG Lüneburg, S. 2 f. m.w.N.; AIDA Country Report Bulgaria [Stand 31.12.2016], S. 63; ACCORD, Ausk. v. 14.04.2016 mit Verweis auf UNHCR und Amnesty International, S. 2).

131

Der Hinweis der Beklagten auf den Erlass (Integrationsverordnung) Nr. 208 des bulgarischen Ministerrats vom 12. August 2016 ändert an dieser Einschätzung nichts. Denn die Verordnung ist mangels praktischer Umsetzung in den Gemeinden am 31. März 2017 aufgehoben worden

132

(AA, Ausk. v. 18.07.2017 S. 2 und Ilareva, Expertise v. 07.04.2017, S. 2 f., beide an OVG Lüneburg).

133

Im Juli 2017 verabschiedete die Regierung zwar eine neue Verordnung über die Integration von Flüchtlingen mit identischem Titel

134

(BFA S. 18 und OVG Lüneburg, Urt. v. 29.01.2018 - 10 LB 82/17 -, juris Rn. 40 mit Verweis auf eine bulgarisch-sprachige Quelle zum VO-Text),

135

die wiederum den Abschluss individueller Integrationsvereinbarungen zwischen den Schutzberechtigten und dem Bürgermeister einer Gemeinde vorsieht

136

(zum Inhalt des Entwurfs: AA, Ausk. v. 18.07.2017 an OVG Lüneburg, S. 2).

137

Die Verordnung stellt jedoch keinen effektiven Mechanismus für die Integration bereit. Laut UNHCR werden die Probleme bezüglich der Unterbringung Schutzberechtigter nicht thematisiert. Die Verordnung enthält keine Maßnahmen, um das anhaltende Problem sich weigernder Kommunen anzugehen oder günstigere Bedingungen für die Integration in die lokalen Gemeinden zu schaffen. Zudem sieht die Verordnung keine Lösung für das Problem des mangelnden Zugangs der Flüchtlinge zu Sozialwohnungen, Familienzulagen für Kinder oder Sprachunterricht vor, so dass die geflüchteten Menschen ihre sozialen und wirtschaftlichen Rechte weiterhin nur eingeschränkt wahrnehmen können

138

(Amnesty International, Report Bulgarien 2017/18 [Stand 12/2017], S. 2 und BFA S. 18; European Union Agency for Fundamental Rights (künftig: FRA), Monthly data collection on the migration situation in the EU. August 2017, monthly report. 1–31 July 2017, S. 15 und OVG Lüneburg, Urt. v. 29.01.2018 - 10 LB 82/17 -, juris Rn. 40, beide mit Verweis auf die bulgarisch-sprachige Erklärung des UNHCR v. 24.07.2017).

139

Im Februar 2018 hat die bulgarische Ombudsperson in einem Interview angegeben, dass eines der wichtigsten Grundrechtsanliegen den anhaltenden Widerwillen („reluctance“) der Kommunen gegenüber der Integration von Personen, die internationalen Schutz genießen, betrifft

140

(FRA, Monthly data collection on the migration situation in the EU. March 2017, monthly report. 1–28 February 2018, S. 3).

141

ee. Insgesamt ist festzustellen, dass die Abschiebung international Schutzberechtigter nach Bulgarien gegenwärtig regelmäßig eine sehr ernstzunehmende Möglichkeit der Verelendung wegen Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit und fehlender staatlicher Unterstützung zur Folge hat, solange sie nicht im Einzelfall über ausreichende finanzielle Möglichkeiten bzw. soziale Kontakte verfügen oder auf familiäre oder nachbarschaftliche Hilfe zurückgreifen können

142

(a.A.: OVG Magdeburg, Beschl. v. 31.12.2016 - 3 L 94/16 -, juris Rn. 12, allerdings unter Berufung auf den nicht mehr aktuellen AIDA Country Report Bulgaria mit Stand von Oktober 2015 [der hier zitierte Report mit Stand v. 31.12.2016 berichtet dergleichen nicht, s. S. 64]).

143

Es muss außerdem angenommen werden, dass der bulgarische Staat dieser Situation gleichgültig gegenüber steht. Neben rein legislativen Vorgaben fehlt es an praktischen Bemühungen um Unterstützung und Integration.

144

Dass speziell der Kläger hiervon bei einer Überstellung nach Bulgarien nicht betroffen wäre, ist nicht erkennbar. Er verfügt über keine finanziellen Möglichkeiten, beherrscht die bulgarische Sprache nicht und könnte bei einer Rückführung nach Bulgarien auch nicht auf Kontakte zu Verwandten oder Freunden, auf deren Hilfen oder anderweitige Anknüpfungspunkte zurückgreifen, um zumindest auf diesem Weg die Chance zu erlangen, in Bulgarien Fuß zu fassen. Im Fall seiner Abschiebung nach Bulgarien droht ihm vielmehr gegenwärtig ganz realistisch eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK, so dass die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG anzunehmen sind und sich die Abschiebungsandrohung nach gegenwärtiger Sach- und Rechtslage als rechtswidrig erweist.

145

b. Schließlich unterliegt auch die zulässigerweise angefochtene Befristung des Aufenthalts- und Wiedereinreiseverbots in Ziffer 3 des Bundesamtsbescheides der Aufhebung (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

146

Die Befristung des „gesetzlichen“ Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG ist nach aktueller Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unionsrechtskonform als behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verstehen, weil ein Einreise- und Aufenthaltsverbot, das an eine Abschiebung anknüpft, nach Art. 3 Nr. 6 und Art. 11 Abs. 1 Richtlinie 2008/115/EG nicht allein aufgrund einer gesetzgeberischen Entscheidung wirksam eintreten kann; vielmehr bedarf es für das Einreiseverbot einer behördlichen (oder richterlichen) Entscheidung, gegen die nach Art. 12 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 Richtlinie 2008/115/EG ein Rechtsbehelf zu ermöglichen ist. Eine behördliche Befristungsentscheidung ist deshalb als anfechtbare Einzelfallentscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbots von bestimmter Dauer zu betrachten

147

(BVerwG, Beschl. v. 13.07.2017 - 1 VR 3.17 -, juris LS 1 und Rn. 71 f.)

148

und kommt rechtmäßiger Weise nur in Frage, wenn die Abschiebungsandrohung nach §§ 34, 35 AsylG ihrerseits rechtmäßig ist

149

(BVerwG, Urt. v. 25.07.2017 - 1 C 13/17 -, juris Rn. 23; im Ergebnis ebenso OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.12.2017 - 10 LA 116/17 -, juris Rn. 22 und OVG des Saarlandes, Urt. v. 19.04.2018 - 2 A 737/17 -, juris Rn. 29).

150

Dies ist vorliegend, wie soeben unter 1.a. ausgeführt, nicht der Fall.

151

2. Die Verpflichtungsklage auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG ist ebenfalls zulässig und begründet.

152

a. Es spricht vieles dafür, dass die Umstellung des Klageantrages von der Anfechtungsklage zur Verpflichtungsklage im Berufungsverfahren keine Klageänderung nach § 91 VwGO beinhaltet, sondern nur eine Erweiterung des Klageantrages gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO. Denn der Kläger führt keinen neuen Streitstoff ein, sondern begehrt – nunmehr ausdrücklich – den nach aktueller Rechtslage gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG gebotenen positiven Ausspruch über das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Das Vorliegen nationaler Abschiebungshindernisse hatte das Bundesamt im Rahmen der angefochtenen Abschiebungsandrohung gemäß § 35 AsylG bereits geprüft; ein diesbezügliches Anfechtungsbegehren wäre nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprechend § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass sich das Schutzbegehren jedenfalls hilfsweise auch auf die Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes bezieht

153

(BVerwG, Urt. v. 25.07.2017 - 1 C 13.17 -, juris Rn. 11).

154

Dessen ungeachtet hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung in die – vom Senat auch als sachdienlich betrachtete – Umstellung des Klageantrages i.S. einer Klageänderung gemäß § 91 VwGO eingewilligt.

155

Auch bei einer entsprechenden Verpflichtungsklage gilt, dass die Gerichte die Sache spruchreif zu machen und die Prüfung nationaler Abschiebungshindernisse nachzuholen haben, wenn es – wie hier – an einem Ausspruch des Bundesamtes i.S.d. § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG fehlt

156

(BVerwG, Beschl. v. 03.04.2017 - 1 C 9.16 -, juris Rn. 10; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 29.01.2018 - 10 LB 82/17 -, juris Rn. 57 und OVG des Saarlandes, Urt. v. 19.04.2018 - 2 A 737/17 -, juris Rn. 31).

157

b. Die Unterlassung der Feststellung eines Abschiebungshindernisses ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG liegen – wie oben unter 1.a. ausgeführt – vor.

158

3. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§83b AsylG). Die im Übrigen einheitlich zu treffende Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

159

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

160

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor. Dies gilt insbesondere für die von der Beklagten mit ihrem Hilfsantrag angeführte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfragen, wie sie der VGH Kassel in seinen Urteilen vom 4. November 2016 (Az. 3 A 1292/16.A, und 3 A 1322/16.A, beide in juris) in Bezug auf § 60 Abs. 1 AufenthG bzw. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG aufgeworfen hat, stellen sich hier nicht. Der im zugelassenen Revisionsverfahren gefasste Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2017 (Az. 1 C 2.17, in juris) befasst sich dementsprechend nur mit der Auslegung von Art. 33 Abs. 2a der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU im Verhältnis zu anderen unionsrechtlichen Regelungen, nicht aber mit einem nationalen Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK vor dem Hintergrund der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU.


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Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29 Unzulässige Anträge


(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 91


(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 264 Keine Klageänderung


Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 26a Sichere Drittstaaten


(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 31 Entscheidung des Bundesamtes über Asylanträge


(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 1 Geltungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen: 1. Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder2. internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vo

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 35 Abschiebungsandrohung bei Unzulässigkeit des Asylantrags


In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

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Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 24. Mai 2018 - 4 LB 27/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:

1.
Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder
2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) gewährte internationale Schutz steht dem internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU gleich; § 104 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 243-1, veröffentlichten bereinigten Fassung in der jeweils geltenden Fassung.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tatbestand

1

Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren.

2

Der 1970 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört zur Volksgruppe der Paschtunen und stammt aus der Provinz Kunar. Er reiste im April 2001 nach Deutschland ein und betrieb hier erfolglos ein Asylverfahren. Im Juni 2007 stellte er einen Asylfolgeantrag. Mit Bescheid vom 18. Juni 2007 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und eine Änderung seiner Feststellung zum Nichtvorliegen von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 Abs. 1 bis 6 AuslG 1990 ab. Das Verwaltungsgericht hat das Bundesamt im Mai 2008 zu der Feststellung verpflichtet, dass bei dem Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

3

Hiergegen hat nur die Beklagte Berufung eingelegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung im Juni 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Das grundsätzlich vorrangige - europarechtlich begründete - Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG sei vorliegend nicht zu prüfen. Zwar sei im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der Fassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes bereits in Kraft gewesen und der Kläger habe die Feststellung von Abschiebungsverboten "nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG" beantragt. Das Verwaltungsgericht habe über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG aber - rechtsirrtümlich - nicht entschieden. Da es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass das Verwaltungsgericht bewusst nur über einen Teil des Streitgegenstandes entscheiden wollte, liege kein Teilurteil vor. Das Urteil sei vielmehr im Hinblick auf § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG fehlerhaft. Es verstoße gegen § 88 VwGO, weil es über das europarechtliche Abschiebungsverbot rechtsirrtümlich nicht vorrangig entschieden habe. Der Kläger habe jedoch keinen Zulassungsantrag gestellt und der Antrag des Bundesamts auf Zulassung der Berufung sei auf den stattgebenden Teil des angefochtenen Urteils, also das - nationale - Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begrenzt gewesen; nur insoweit sei die Berufung zugelassen worden. Wegen der Dispositionsbefugnis der Beteiligten sei der Streitgegenstand des Berufungsverfahrens damit hierauf beschränkt. Mit der rechtskräftigen Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht im Übrigen sei die Rechtshängigkeit des unbeschieden gebliebenen europarechtlich begründeten Abschiebungsverbots des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG entfallen.

4

Dem Kläger sei in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG Abschiebungsschutz zu gewähren. Er gehöre zu der Gruppe der beruflich nicht besonders qualifizierten afghanischen Staatsangehörigen, die bei einer Abschiebung nach Kabul ohne Rückhalt und Unterstützung durch Familie oder Bekannte seien und dort weder über Grundbesitz noch über nennenswerte Ersparnisse verfügten. Angehörige dieser Gruppe hätten kaum Aussicht, eine Arbeit zu finden und damit ihren eigenen Lebensunterhalt zu sichern. Unter diesen Umständen würden dem Kläger ausschließlich Tee und Brot als Nahrungsmittel zur Verfügung stehen. Angesichts dieser Lebensbedingungen in Afghanistan, insbesondere der derzeit vorherrschenden katastrophalen Versorgungslage, aber auch der medizinischen Versorgung und der Sicherheitslage, bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger zwangsläufig in einen fortschreitenden Prozess körperlichen Verfalls mit lebensbedrohlichen Folgen geraten würde. Insbesondere die durch die Mangelernährung erhöhte Infektanfälligkeit werde in Verbindung mit dem ebenfalls ernährungsbedingten Eisenmangel zu schwerwiegenden Infektionen der Atmungs- und Verdauungsorgane führen.

5

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision beanstandet die Beklagte vor allem, dass sich das Berufungsgericht im Hinblick auf die vom Kläger befürchteten allgemeinen Gefahren auf zu schmaler Tatsachengrundlage über die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG hinweggesetzt habe.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt in mehrfacher Hinsicht Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil in der Sache nicht abschließend entscheiden kann, ist das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

7

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Gewährung subsidiären unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes. Hierzu zählen in Umsetzung des subsidiären Schutzkonzepts nach Art. 15 und 17 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 - sog. Qualifikationsrichtlinie - die in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG aufgeführten Abschiebungsverbote. Dieses Begehren ist mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (BGBl I 2007, 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - im August 2007 Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden und ist dies - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nach wie vor. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ferner das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 und 3 AufenthG einschließlich der Feststellung eines Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG. Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist der Folgeantrag des Klägers hinsichtlich der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung, über den das Verwaltungsgericht rechtskräftig (negativ) entschieden hat. Eine Abschiebungsandrohung ist ebenfalls nicht Gegenstand des Verfahrens. Denn das Bundesamt hat hierzu in seinem angefochtenen Bescheid keine Entscheidung getroffen.

8

Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht, weil es den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz nicht geprüft hat (1.). Es verletzt ferner Bundesrecht, weil es beim nationalen Abschiebungsschutz den Anforderungen an die verfassungskonforme Auslegung und Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG im Falle allgemeiner Gefahren nicht hinreichend Rechnung getragen hat (2.). Schließlich verletzt es Bundesrecht, weil seine Feststellungen zur Gefahrenprognose bei verfassungskonformer Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalten (3.).

9

1. Das Berufungsgericht hätte nicht ungeprüft lassen dürfen, ob der Kläger die Voraussetzungen für die Feststellung eines unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbots erfüllt. Dieser Streitgegenstand ist in allen Übergangsfällen, in denen das Bundesamt über die Zuerkennung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG a.F. entschieden hat und hiergegen Klage erhoben wurde, mit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes im August 2007 im gerichtlichen Verfahren angewachsen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats gilt dies jedenfalls dann, wenn das Bundesamt in seinem Ablehnungsbescheid über sämtliche zielstaatsbezogenen aufenthaltsrechtlichen Abschiebungsverbote sachlich entschieden und der Kläger die neuen, auf Unionsrecht beruhenden subsidiären Abschiebungsverbote in das anhängige gerichtliche Verfahren einbezogen hat (vgl. Urteile vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 <364 f.> und vom 29. Juni 2010 - BVerwG 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226 <228 f.>). An dieser (vorsorglichen) Einschränkung für ein Anwachsen des unionsrechtlich begründeten Abschiebungsschutzes in Übergangsfällen hält der Senat nicht fest; vielmehr wächst dieser Streitgegenstand kraft Gesetzes und unabhängig vom Verfahrenshandeln der Beteiligten an. Dies leitet der Senat - in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur gesetzlichen Erweiterung des Streitgegenstands der Asylklage um die Prüfung der Voraussetzungen des flüchtlingsrechtlichen Abschiebungsverbots nach § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (vgl. u.a. Urteil vom 18. Februar 1992 - BVerwG 9 C 59.91 - Buchholz 402.25 § 7 AsylVfG Nr. 1 = DVBl 1992, 843) - aus folgenden verfahrensrechtlichen und materiellrechtlichen Gründen her:

10

Verfahrensrechtlich hat der Senat in ständiger Rechtsprechung die dem Asylverfahrensgesetz zugrunde liegende Konzentrations- und Beschleunigungsmaxime betont, die dafür streitet, möglichst alle Fragen, die sich typischerweise in einem Asylverfahren stellen, in einem Prozess abschließend zu klären und nicht weiteren Verfahren vorzubehalten (vgl. etwa Urteil vom 29. Juni 2010 a.a.O.). Denn das Asylverfahren ist auf eine alle Arten des Schutzes vor zielstaatsbezogenen Gefahren umfassende Entscheidung angelegt (vgl. Urteile vom 20. April 1999 - BVerwG 9 C 29.98 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 18 und vom 20. Oktober 2004 - BVerwG 1 C 15.03 - Buchholz a.a.O. Nr. 82). Würde man im vorliegenden Zusammenhang ein Anwachsen des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes verneinen, könnte und müsste der Kläger dieses Begehren in einem weiteren Verfahren verfolgen, was in aller Regel mit (zusätzlichen) Verzögerungen verbunden ist.

11

Materiellrechtlich ist ein Anwachsen des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes zunächst im Hinblick auf den nachrangigen nationalen Abschiebungsschutz geboten, soweit es die verfassungskonforme Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG betrifft. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann die gesetzlich angeordnete Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG bei allgemeinen Gefahren nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht. Eine Schutzlücke besteht für den Kläger indes nicht, falls er die Feststellung eines unionsrechtlichen Abschiebungsverbots beanspruchen kann. Dies bedeutet im Verhältnis von unionsrechtlichem und nationalem Abschiebungsschutz, dass bei allgemeinen Gefahren ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung nicht in Betracht kommt, solange die Zuerkennung von subsidiärem unionsrechtlichen Schutz nicht ausgeschlossen ist (vgl. hierzu zuletzt Urteil vom 29. Juni 2010 a.a.O. m.w.N.). Eine bloße Inzidentprüfung des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes im Rahmen der Entscheidung über die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung wäre keine geeignete Alternative, weil das Ergebnis dieser Prüfung keine Bindungswirkung hätte.

12

Die gesetzliche Erweiterung des Streitgegenstandes ergibt sich ferner daraus, dass das Gesetz im Fall der Ablehnung des Schutzantrags in der Regel den Erlass einer Abschiebungsandrohung vorsieht. Nach § 34 AsylVfG erlässt das Bundesamt die Abschiebungsandrohung, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt und ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wird und er keinen Aufenthaltstitel besitzt. Die Rechtmäßigkeit dieser Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatsbezeichnung gemäß § 59 Abs. 2 AufenthG kann im Gerichtsverfahren aber nur dann bestätigt werden, wenn das Vorliegen sämtlicher zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote geprüft und verneint worden ist. Würden im gerichtlichen Verfahren zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote - wie die des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes - zunächst ungeprüft bleiben, müsste auch die Überprüfung der Zielstaatsbezeichnung einem weiteren Verfahren vorbehalten bleiben.

13

Diese materiellrechtlichen Gründe überlagern in ihrer verfahrensrechtlichen Konsequenz das allgemeine Verwaltungsprozessrecht und bewirken, dass in den Fällen, in denen das Bundesamt vor Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes über das (Nicht-)Vorliegen von nationalen Abschiebungsverboten entschieden hat und hiergegen Klage erhoben worden ist, in den anhängigen gerichtlichen Verfahren der am 28. August 2007 neu hinzugetretene unionsrechtlich begründete Abschiebungsschutz automatisch anwächst und damit zwingend zu prüfen ist. Über dieses Prüfprogramm können die Verfahrensbeteiligten nicht disponieren und damit in Übergangsfällen das Anwachsen des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes während des gerichtlichen Verfahrens nicht verhindern. In diesen Fällen bedarf es keiner ausdrücklichen Einbeziehung des neuen, auf Unionsrecht beruhenden subsidiären Abschiebungsschutzes in das anhängige gerichtliche Verfahren durch einen der Verfahrensbeteiligten (so Urteil vom 29. Juni 2010 a.a.O.). Ist der unionsrechtliche Abschiebungsschutz - wie hier - im erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren angewachsen, scheidet er allerdings dann aus dem gerichtlichen Verfahren aus, wenn das Verwaltungsgericht darüber ausdrücklich in der Sache entschieden hat und der unterlegene Beteiligte hiergegen kein Rechtsmittel eingelegt hat. Denn dann ist dieser Streitgegenstand durch eine rechtskräftige Entscheidung abgeschichtet worden. Entsprechendes gilt bei dem Anwachsen des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes im Berufungsverfahren im Falle einer unangefochten bleibenden und damit rechtskräftigen Sachentscheidung durch das Berufungsgericht.

14

Ein Nichtentscheiden oder irrtümliches Übergehen durch das Verwaltungsgericht reicht nicht aus, um den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz aus dem Verfahren ausscheiden zu lassen, und zwar auch dann nicht, wenn einer der Beteiligten den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz im Verfahren angesprochen hatte. Um Missverständnisse zu vermeiden, weist der Senat auf Folgendes hin: Falls eine gerichtliche Entscheidung, in der das Anwachsen des unionsrechtlich begründeten Abschiebungsschutzes in Übergangsfällen nicht berücksichtigt worden ist, rechtskräftig geworden ist, ist damit die Rechtshängigkeit dieses Teils des Streitgegenstandes entfallen (vgl. Urteil vom 22. März 1994 - BVerwG 9 C 529.93 - BVerwGE 95, 269 <274>). Der Betroffene kann dieses unbeschieden gebliebene Begehren daher beim Bundesamt geltend machen (Urteil vom 22. März 1994 a.a.O. S. 275).

15

Im Entscheidungsfall fehlt es an einer unanfechtbaren Sachentscheidung zum unionsrechtlichen Abschiebungsschutz. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zwar im Übrigen abgewiesen, diese Teilabweisung aber ersichtlich nicht auf den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz bezogen. Dass der unionsrechtliche Abschiebungsschutz während des gerichtlichen Verfahrens angewachsen ist, hat das Verwaltungsgericht irrtümlich verkannt. Auch das Berufungsgericht geht von einem rechtsirrtümlichen Nichtentscheiden des Verwaltungsgerichts über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG aus (UA S. 6).

16

Vorliegend ist der unionsrechtliche Abschiebungsschutz demnach im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht angewachsen und entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Das Berufungsgericht muss sich daher in dem erneuten Berufungsverfahren mit diesem Begehren befassen. Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich insoweit um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand, der eigenständig und vorrangig vor den sonstigen zielstaatsbezogenen ausländerrechtlichen Abschiebungsverboten zu prüfen ist (vgl. Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 Rn. 11). Das Berufungsgericht muss deshalb alle entsprechenden Anspruchsgrundlagen in den Blick nehmen, aus denen sich ein Anspruch auf Feststellung eines unionsrechtlichen Abschiebungsverbots in Bezug auf Afghanistan ergeben kann (§ 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG), wobei hier im Hinblick auf die allgemeinen Gefahren und den innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG im Vordergrund stehen dürfte.

17

2. Das Berufungsurteil verletzt auch hinsichtlich des nationalen Abschiebungsschutzes Bundesrecht. Das Berufungsgericht wird sich im Falle der Ablehnung eines unionsrechtlichen Abschiebungsverbots auch mit diesem Begehren nochmals befassen müssen. Bei dem nationalen Abschiebungsschutz handelt es sich nach dem Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes ebenfalls um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand mit mehreren Anspruchsgrundlagen (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 einschließlich Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung). Eine Abschichtung einzelner nationaler Abschiebungsverbote im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ist daher ungeachtet des materiellen Nachrangs des Abschiebungsverbots in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG nicht möglich. Soweit der Senat im Urteil vom 29. Juni 2010 - BVerwG 10 C 10.09 - (BVerwGE 137, 226 Rn. 6) davon ausgegangen ist, dass im dortigen Verfahren nur (noch) § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG und nicht (mehr) § 60 Abs. 5 AufenthG Gegenstand des Verfahrens war, handelt es sich um eine vor Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes erklärte Rücknahme, die nach der früher maßgeblichen Staffelung der Streitgegenstände des nationalen Abschiebungsschutzes (vgl. zur früheren Rechtslage Urteil vom 15. April 1997 - BVerwG 9 C 19.96 - BVerwGE 104, 260) noch zulässig und wirksam war.

18

Das Berufungsgericht ist an der Feststellung eines Abschiebungsschutzes in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG entgegen der Auffassung der Beklagten allerdings nicht schon deshalb gehindert, weil der Schutzsuchende auch bei Vorliegen einer Extremgefahr auf die Anfechtung einer Abschiebungsandrohung bzw. der darin enthaltenen Zielstaatsbezeichnung beschränkt wäre. Bei Gewährung von Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG ersetzt die gerichtliche Schutzgewähr nicht im Einzelfall eine Anordnung nach § 60a Abs. 1 AufenthG; die gerichtliche Prüfung bleibt im System der positiven Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbots (s.a. § 59 Abs. 3 Satz 3 AufenthG). Über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG hat - wie bei anderen aufenthaltsrechtlichen Abschiebungsverboten auch - die Ausländerbehörde zu entscheiden.

19

Das Berufungsurteil ist aber insoweit mit Bundesrecht nicht vereinbar, als es dem Kläger Abschiebungsschutz nach nationalem Recht in verfassungskonformer Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG zugesprochen hat, ohne das Vorliegen des unionsrechtlich begründeten Abschiebungsschutzes (Abschiebungsverbote u.a. nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG) rechtsfehlerfrei zu prüfen und auszuschließen. Damit hat es sowohl den Vorrang des unionsrechtlichen gegenüber dem nationalen Abschiebungsschutz (vgl. Urteil vom 24. Juni 2008 a.a.O. Rn. 11) als auch die in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Voraussetzungen für die verfassungskonforme Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in Fällen einer allgemeinen Gefahr verfehlt.

20

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Eine derartige Abschiebestopp-Anordnung besteht für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht (mehr). Mit seinem Hinweis insbesondere auf die unzureichende Versorgungslage in Afghanistan, die für Rückkehrer ohne Berufsausbildung und familiäre Unterstützung bestehe, macht der Kläger allgemeine Gefahren geltend, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen können. Diese Sperrwirkung kann, wie ausgeführt, nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht. Eine Schutzlücke besteht für den Kläger nicht, falls ihm unionsrechtlicher Abschiebungsschutz zusteht. Das Berufungsgericht hätte sich daher auch aus diesem Grund mit der Frage des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes befassen müssen, ehe es sich mittels verfassungskonformer Auslegung über die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG hinwegsetzt.

21

3. Schließlich ist die Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG durch das Berufungsgericht auch deshalb mit Bundesrecht nicht vereinbar, weil seine Feststellungen zum Vorliegen einer extremen Gefahr im Falle einer Rückkehr des Klägers nach Afghanistan einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalten. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass eine unmittelbare Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausscheidet, weil der Kläger keine individuellen, nur ihm drohenden Gefahren, sondern allgemeine Gefahren geltend macht. Es ist aber bei der verfassungskonformen Anwendung der Vorschrift hinter den maßgeblichen rechtlichen Anforderungen zurückgeblieben. So ist es zwar zutreffend von den rechtlichen Maßstäben ausgegangen, die der Senat zum Vorliegen einer extremen Gefahrenlage entwickelt hat. Es ist in diesem Zusammenhang aber den Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung nicht gerecht geworden und hat seine Entscheidung auf eine zu schmale Tatsachengrundlage gestützt.

22

Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger in Afghanistan erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann er Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren.

23

Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Dieser hohe Wahrscheinlichkeitsgrad ist ohne Unterschied in der Sache in der Formulierung mit umschrieben, dass die Abschiebung dann ausgesetzt werden müsse, wenn der Ausländer ansonsten "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde". Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. Urteil vom 29. Juni 2010 a.a.O. Rn. 15 m.w.N.).

24

Das Berufungsgericht hat sich ausdrücklich auf diesen hohen Wahrscheinlichkeitsmaßstab bezogen und in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des Senats zitiert. Es spricht davon, dass der Kläger in Afghanistan mangels jeglicher Lebensgrundlage unausweichlich dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert wäre (UA S. 11). In einer Gesamtgefahrenschau müsse deshalb in seinem Falle eine extreme Gefahrenlage bejaht werden (UA S. 24). Diese rechtliche Schlussfolgerung ist durch die getroffenen tatsächlichen Feststellungen und deren Würdigung jedoch nicht gedeckt. Soweit das Berufungsgericht hierfür an der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz vom 6. Mai 2008 anknüpft, verweist der Senat auf seine dieses Urteil aufhebende Entscheidung vom 29. Juni 2010 - BVerwG 10 C 10.09 - (a.a.O.). Indes tragen auch die weitergehenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, das eine weitere Verschärfung der allgemeinen Lebensbedingungen in Afghanistan konstatiert und dies unter anderem mit der inzwischen landesweit schwierigen Sicherheitslage begründet (UA S. 18 ff. und 22 f.), die von ihm vorgenommene Gesamtentscheidung nicht.

25

Dies zeigt sich insbesondere im Hinblick auf die vom Berufungsgericht festgestellte drohende Mangelernährung und die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken. Das Berufungsgericht geht zwar von einer - gegenüber den vom Oberverwaltungsgericht Koblenz beschriebenen Gegebenheiten - weiteren Zuspitzung der Versorgungslage in Afghanistan aus, bedingt vor allem durch die weiter verschlechterte Sicherheitslage. Das Gericht belegt dies mit der Feststellung, nur noch 37 % der afghanischen Bevölkerung gebe an, sich notwendige Lebensmittel leisten zu können. Jedenfalls für die Mehrheit der auf dem Land lebenden Afghanen gebe es keine Ernährungssicherheit. Die Hälfte aller Kinder bis zum Alter von fünf Jahren gelte als chronisch unterernährt (jeweils UA S. 20). Diese Feststellungen tragen indes nicht den Schluss des Berufungsgerichts, dass in Afghanistan eine derart extreme Gefahr besteht, dass das Leben jedes alleinstehenden jüngeren arbeitsfähigen Mannes - und damit das des Klägers - aufgrund der mangelhaften Versorgungslage akut gefährdet ist. Dies zeigt, dass sich das Berufungsgericht bei der Würdigung dieser zentralen Frage auf eine zu schmale Tatsachengrundlage gestützt und den erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeitsmaßstab verfehlt hat.

26

Entsprechendes gilt für die durch Mangelernährung ausgelösten gesundheitlichen Risiken. Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger würde bei einer Ernährung ausschließlich von Tee und Brot alsbald und unausweichlich in einen fortschreitenden Prozess körperlichen Verfalls mit lebensbedrohlichen Folgen geraten (UA S. 12), ist nicht durch hinreichend detaillierte Tatsachen belegt. Dies gilt für die Wahrscheinlichkeit des vom Berufungsgericht befürchteten Krankheitsverlaufs im Allgemeinen, aber auch für die zeitliche Perspektive der lebensbedrohlichen Folgen und die Unausweichlichkeit des prognostizierten Geschehensablaufs.

27

Bei der Gesamtprognose ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen sich das Berufungsgericht davon überzeugt hat, dass sich die jeweils hohe Eintrittswahrscheinlichkeit bei den Teilkomplexen zu einer entsprechend hohen Eintrittswahrscheinlichkeit insgesamt zusammenfügt. Dies hat der Senat bereits bei der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz beanstandet. Das Berufungsgericht hat ebenfalls im Wesentlichen einzelne Risiken festgestellt und bewertet, sie aber nicht im Rahmen einer umfassenden Gesamtgefahrenprognose gewürdigt (vgl. hierzu Beschluss vom 25. Februar 2000 - BVerwG 9 B 77.00 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 31). Dies zeigt sich etwa daran, dass der Zusammenhang zwischen Versorgungslage und Sicherheitslage nicht hinreichend deutlich wird. Beide Teilkomplexe stehen weitgehend unvermittelt nebeneinander.

28

4. Bei seiner erneuten Befassung mit der Sache ist das Berufungsgericht gehalten, sich auch mit der gegenteiligen Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte auseinanderzusetzen (vgl. etwa Urteil des VGH München vom 3. Februar 2011 - 13 a B 10.30394 - juris, das sich seinerseits allerdings auch nicht mit der Rechtsprechung des Berufungsgerichts auseinandersetzt; vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 29. Juni 2010 a.a.O. Rn. 22). Sollte es für die Entscheidung weiterhin entscheidungserheblich auf das Vorhandensein einer familiären Unterstützung ankommen, wird das Berufungsgericht ferner auch den familiären Verhältnissen des Klägers in Afghanistan nochmals nachzugehen haben. Der Kläger hat sich für sein Vorbringen, dass Angehörige getötet worden seien, auf einen Brief bezogen, den ein Landsmann Ende 2005 in Deutschland erhalten habe. Der Inhalt dieses Briefes ist aber offenbar unklar (vgl. in der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die Einlassungen des Dolmetschers).

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu folgenden Fragen eingeholt:

1. Ist ein Mitgliedstaat (hier: Deutschland) unionsrechtlich gehindert, einen Antrag auf internationalen Schutz wegen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen Mitgliedstaat (hier: Bulgarien) in Umsetzung der Ermächtigung in Art. 33 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2013/32/EU bzw. der Vorgängerregelung in Art. 25 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2005/85/EG als unzulässig abzulehnen, wenn die Ausgestaltung des internationalen Schutzes, namentlich die Lebensbedingungen für anerkannte Flüchtlinge, in dem anderen Mitgliedstaat, der dem Antragsteller bereits internationalen Schutz gewährt hat (hier: Bulgarien),

a) nicht den Anforderungen der Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU entspricht und/oder

b) gegen Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK verstößt?

2. Falls Frage 1 a oder b zu bejahen ist: Gilt dies auch dann, wenn

a) anerkannten Flüchtlingen im Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung (hier: Bulgarien) keine oder im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nur in deutlich eingeschränktem Umfang existenzsichernde Leistungen gewährt werden, sie insoweit aber nicht anders behandelt werden als die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaates,

b) anerkannte Flüchtlinge eigenen Staatsangehörigen in den Existenzbedingungen zwar formalrechtlich gleichgestellt sind, sie aber faktisch erschwerten Zugang zu den damit verbundenen Leistungen haben und es an einem entsprechend dimensionierten und den besonderen Bedürfnissen des betroffenen Personenkreises gerecht werdenden Integrationsprogramm fehlt zur Sicherstellung einer faktischen Inländergleichbehandlung?

Gründe

I

1

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig.

2

Der Kläger, ein 1978 geborener syrischer Staatsangehöriger, reiste Mitte 2014 in das Bundesgebiet ein, nachdem er zuvor in Bulgarien als Flüchtling anerkannt worden war. Im Juli 2014 stellte er im Bundesgebiet einen (weiteren) Asylantrag. Am 31. Juli 2014 fand ein persönliches Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats statt, in dem der Kläger angab, dass er auf dem Landweg über die Türkei und Bulgarien nach Deutschland gekommen sei und in Bulgarien Asyl beantragt oder zuerkannt bekommen habe. Er wolle in Deutschland bleiben, weil er hier leben wolle. Im Anschluss daran fand eine "Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gemäß § 25 AsylG" statt; in einem ihm ausgehändigten Fragebogen wurde ihm weiterhin Gelegenheit gegeben, in einem beschleunigten, schriftlichen Verfahren die Gründe für sein Schutzersuchen in Deutschland darzulegen.

3

Ein Wiederaufnahmegesuch des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte die bulgarische Flüchtlingsbehörde im Oktober 2014 unter Hinweis darauf ab, dass dem Kläger in Bulgarien am 13. April 2014 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei. Daraufhin lehnte das Bundesamt ohne weitere Anhörung den Antrag mit Bescheid vom 24. November 2014 als unzulässig ab (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Bulgarien an (Ziffer 2). Der Antrag auf Durchführung eines erneuten Asylverfahrens sei aufgrund seiner Einreise aus Bulgarien, einem sicheren Drittstaat, abzulehnen.

4

Das Verwaltungsgericht wies die Klage gegen diesen Bescheid mit Urteil vom 21. Juli 2015 ab. Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Urteil vom 4. November 2016 das Urteil des Verwaltungsgerichts sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2014 auf und verpflichtete die Beklagte zur Durchführung eines Asylverfahrens. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei unions- und menschenrechtskonformer Auslegung stünden § 60 Abs. 1 AufenthG und § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG der Durchführung eines Asylverfahrens im Bundesgebiet nicht entgegen, weil das Asylsystem in Bulgarien hinsichtlich anerkannter Flüchtlinge unter systemischen Mängeln leide. Zwar verspreche die (Anerkennungs-)Richtlinie 2011/95/EU hinsichtlich der Existenzbedingungen für Schutzberechtigte in der Regel nur eine Inländergleichbehandlung. Hierzu bedürfe es unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aber eines entsprechend dimensionierten und den besonderen Bedürfnissen des betroffenen Personenkreises gerecht werdenden Integrationsprogramms, das die Inländergleichbehandlung faktisch und nicht nur formalrechtlich sicherstelle. Andernfalls könnten Schutzberechtigte in einem anderen Mitgliedstaat ein neues Schutzgesuch stellen. Es wäre systemwidrig, die Rückführung eines Asylsuchenden in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel für unzulässig zu erklären, einem dort anerkannten Flüchtling jedoch die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat zu verweigern und ihn damit von den mit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft verbundenen Aufenthalts- und Teilhaberechten dauerhaft auszuschließen. Bulgarien verletze in fundamentaler Weise seine Verpflichtungen aus Art. 20 ff. der Richtlinie 2011/95/EU. Es fehle nach wie vor an einem funktionierenden und ausreichend finanzierten Integrationsprogramm für anerkannte Schutzberechtigte. Da der Kläger weder nach Syrien noch nach Bulgarien abgeschoben werden könne, sei ihm die Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland zu ermöglichen. Nur so könne er in den Genuss der ihm als Flüchtling zustehenden Aufenthalts- und Teilhaberechte gelangen.

5

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie macht geltend, die zur Nichterfüllung der Mindeststandards im Hinblick auf die Lebensverhältnisse anerkannter Schutzberechtigter in Bulgarien vorgebrachten Argumente rechtfertigten nicht die Durchführung eines (weiteren) Asylverfahrens, sondern seien bei der Prüfung nationaler Abschiebungsverbote und bei einer Abschiebungsverfügung, die hier zurückgenommen worden sei, zu berücksichtigen.

II

6

Der Rechtsstreit ist auszusetzen. Gemäß Art. 267 AEUV ist eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union - Gerichtshof - zu den im Beschlusstenor formulierten Fragen einzuholen. Diese Fragen, die der vorlegende Senat dem Gerichtshof mit Beschluss vom heutigen Tag in einem weiteren Verfahren - 1 C 37.16 - unterbreitet hat, betreffen die Auslegung der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung, ABl. L 180 S. 60 - Richtlinie 2013/32/EU) bzw. der ihr vorausgegangenen Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. L 326 S. 13 - Richtlinie 2005/85/EG) sowie der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Die Vorlage steht in engem Zusammenhang mit einem weiteren Vorabentscheidungsersuchen des vorlegenden Senats mit Beschluss vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 - zur Klärung unionsrechtlicher Zweifelsfragen bei der Sekundärmigration anerkannter Flüchtlinge. Sie unterscheidet sich von diesem aber vor allem dadurch, dass die Ausgestaltung des internationalen Schutzes für anerkannte Flüchtlinge im Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung (hier: Bulgarien) möglicherweise noch größere Defizite aufweist. Das vorlegende Gericht regt eine Verbindung der Rechtssache mit diesem Vorabentscheidungsersuchen an und ersucht den Gerichtshof um eine einheitliche Verfahrensbehandlung.

7

1. Die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens richtet sich im nationalen Recht nach dem Asylgesetz (AsylG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798) und dem Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), beide zuletzt geändert mit Wirkung vom 29. Juli 2017 durch das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2780). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG regelmäßig auf die aktuelle Rechtslage abzustellen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist. Dazu gehört auch die während des gerichtlichen Verfahrens durch das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) mit Wirkung vom 6. August 2016 geschaffene Neufassung des § 29 Abs. 1 AsylG.

8

Den hiernach maßgeblichen rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits bilden die folgenden Vorschriften des nationalen Rechts:

9

§ 29 AsylG

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

(...)

2. ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,

(...)

10

§ 35 AsylG

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

11

§ 77 AsylG

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gesetz auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. (...)

12

§ 25 AufenthG

(...)

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder (...).

(...)

13

§ 60 AufenthG

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(...)

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(...)

14

Art. 2 des Europäischen Übereinkommens über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16. Oktober 1980 (BGBl. 1994 II S. 2645)

Die Verantwortung gilt nach Ablauf von zwei Jahren des tatsächlichen und dauernden Aufenthalts im Zweitstaat mit Zustimmung von dessen Behörden oder zu einem früheren Zeitpunkt als übergegangen, wenn der Zweitstaat dem Flüchtling gestattet hat, entweder dauernd oder länger als für die Gültigkeitsdauer des Reiseausweises in seinem Hoheitsgebiet zu bleiben.

15

Diese Zweijahresfrist beginnt mit der Aufnahme des Flüchtlings im Hoheitsgebiet des Zweitstaats oder, lässt sich dieser Zeitpunkt nicht feststellen, mit dem Tag, an dem er sich bei den Behörden des Zweitstaats meldet.

16

2. Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich und bedürfen einer Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.

17

2.1 Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Für Asylanträge von Ausländern, denen in einem anderen Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, ergab sich die Unzulässigkeit auch schon vor dem Inkrafttreten des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG im August 2016 aus § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 - BVerwGE 150, 29 Rn. 29). Eine Ermächtigung zum Erlass einer solchen nationalen Vorschrift enthielt bereits Art. 25 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2005/85/EG. Diese Möglichkeit hat Art. 33 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2013/32/EU inzwischen auf jede Form der Gewährung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat erweitert. Damit kommt es für die Zulässigkeit des Antrags im vorliegenden Verfahren nicht auf die Auslegung der Übergangsregelung in Art. 52 Richtlinie 2013/32/EU an (vgl. hierzu BVerwG, Vorlagebeschluss vom 23. März 2017 - 1 C 17.16 - Vorlagefrage 1).

18

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG liegen vor. Bulgarien ist ein Mitgliedstaat der EU. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde der Kläger dort als Flüchtling anerkannt. Damit hat ihm Bulgarien internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt. Dem vorlegenden Gericht stellt sich jedoch die Frage, ob die Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG auf den vorliegenden Fall mit Unionsrecht zu vereinbaren ist. Dies hängt davon ab, ob die Ermächtigung in Art. 33 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2013/32/EU bzw. Art. 25 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2005/85/EG durch andere unionsrechtliche Regelungen (insbesondere Art. 4 GRC und Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU) eingeschränkt wird (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 - Vorlagefragen 1 und 2). Insoweit möchte das vorlegende Gericht mit seinen Fragen eine grundsätzliche Klärung herbeiführen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein in einem Mitgliedstaat (hier: Bulgarien) anerkannter Flüchtling ausnahmsweise einen Anspruch auf ein weiteres Anerkennungsverfahren in einem anderen Mitgliedstaat (hier: Deutschland) hat.

19

Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich. Der Kläger hat nach nationalem Recht zwar schon deshalb keinen Anspruch auf die vom Berufungsgericht ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung eines Asylverfahrens, weil die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig nur mit der Anfechtungsklage angegriffen werden kann und das Bundesamt nach der gerichtlichen Aufhebung einer Unzulässigkeitsentscheidung das Asylverfahren automatisch fortführen muss (zur statthaften Klageart bei Unzulässigkeitsentscheidungen nach Inkrafttreten des Integrationsgesetzes vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 - InfAuslR 2017, 162 Rn. 16 ff. und vom 1. Juni 2017 - 1 C 9.17 - juris Rn. 14 f.). Steht Unionsrecht der Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG - ungeachtet der Ausgestaltung des internationalen Schutzes, namentlich der Lebensbedingungen für anerkannte Flüchtlinge, in dem Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung (hier: Bulgarien) - nicht entgegen, hätte das Berufungsgericht die Berufung des Klägers aber auch hinsichtlich des im Verpflichtungsbegehren als Minus enthaltenen Kassationsbegehrens auf Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung abweisen müssen. Darf nach Unionsrecht der Asylantrag eines in einem anderen Mitgliedstaat anerkannten Flüchtlings in bestimmten Fallkonstellationen nicht abgelehnt werden, unterliegt die Unzulässigkeitsentscheidung im gerichtlichen Verfahren hingegen der Aufhebung, wenn ein solcher Ausnahmefall vorliegt.

20

a) Abweichend zur Vorlagefrage 1 im Vorlagebeschluss des vorlegenden Gerichts vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 - bedarf im vorliegenden Verfahren nicht nur der Klärung, ob es für ein neuerliches Anerkennungsverfahren ausreicht, dass die Ausgestaltung des internationalen Schutzes, namentlich die Lebensbedingungen für anerkannte Flüchtlinge, in dem Mitgliedstaat, der dem Antragsteller bereits internationalen Schutz gewährt hat (hier: Bulgarien), nicht den Anforderungen der Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU genügt (Vorlagefrage 1a). Es stellt sich auch die Frage, wie zu verfahren ist, wenn dort aufgrund der Lebensbedingungen für anerkannte Flüchtlinge eine Verletzung des Art. 4 GRC bzw. des Art. 3 EMRK droht (Vorlagefrage 1 b). In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist geklärt, dass eine Abschiebung in einen Staat, in dem die Lebensbedingungen für einen Schutzberechtigten einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK gleichkommen, nicht in Betracht kommt (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU [ECLI:EU:C:2017:127] - Rn. 59 ff.). Damit ist aber noch nicht gesagt, ob der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, unter diesen Voraussetzungen einen (weiteren) Asylantrag in der Sache prüfen und den Antragsteller ggf. nochmals als Flüchtling anerkennen muss.

21

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts leidet das Asylsystem in Bulgarien an systemischen Mängeln, weil Bulgarien in fundamentaler Weise seine Verpflichtungen aus Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU verletze und nach wie vor kein funktionierendes und ausreichend finanziertes Integrationsprogramm für anerkannte Schutzberechtigte aufgestellt habe und praktiziere (UA S. 17). In den Urteilsgründen finden sich außerdem Hinweise, dass die Rückführung von Flüchtlingen nach Bulgarien möglicherweise gegen Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK verstoßen würde. Nach den vom Berufungsgericht beigezogenen Erkenntnisquellen haben Flüchtlinge nach ihrer Anerkennung in Bulgarien kein Recht auf Unterbringung in einer Unterkunft und keine reelle Chance, sich ein Existenzminimum aufzubauen. Sie erfüllten nicht die Voraussetzungen für eine Unterkunft in einer kommunalen Obdachlosenunterkunft oder Sozialwohnung. Ohne Wohnung erhielten sie keine Meldebestätigung, was die Ausstellung eines bulgarischen Ausweisdokuments erschwere. Praktisch hätten sie keinen Zugang zu staatlichen oder medizinischen Leistungen und könnten ihre Rechte nicht wahrnehmen (vgl. UA S. 13 ff.). Das Berufungsgericht hat allerdings hinsichtlich einer Verletzung des Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Falle einer Rückführung des Klägers nach Bulgarien keine abschließende tatrichterliche Würdigung vorgenommen, so dass das vorlegende Gericht, falls es für die Zulässigkeit des Asylantrags auf diese Schwelle ankommen sollte, den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zur abschließenden Klärung der Lebensverhältnisse für anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien zurückverweisen müsste.

22

aa) Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ist Vorlagefrage 1 zu verneinen, jedenfalls solange die Lebensverhältnisse im Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung nicht gegen Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK verstoßen (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 - Rn. 32 ff.). Droht dem Flüchtling im Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung nicht die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung, ist es ihm möglich und zumutbar, dorthin zurückzukehren und die mit der Flüchtlingsanerkennung verbundenen Rechte und Vorteile ggf. unter Zuhilfenahme der Gerichte von dem Mitgliedstaat einzufordern, der mit seiner Flüchtlingsanerkennung die Verantwortung für die Gewährung internationalen Schutzes übernommen hat. Bei dieser Konstellation bedarf es offenkundig weder der nochmaligen Durchführung eines Asylverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat noch einer unionskonformen erweiternden Auslegung der dort für anerkannte Flüchtlinge geltenden aufenthalts- und sozialrechtlichen Vorschriften.

23

Ein Anspruch auf ein weiteres Asylverfahren auch unterhalb der durch Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK gezogenen Schwelle würde das Gemeinsame Europäische Asylsystem und das ihm zugrunde liegende gegenseitige Vertrauen unterlaufen. Auch im Dublin-Verfahren sind nach der - in der Dublin III-VO kodifizierten - Rechtsprechung des Gerichtshofs nur systemische Schwachstellen relevant, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRC mit sich bringen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO). Eine weitere Absenkung dieser Schwelle würde bei anerkannten Flüchtlingen die schon in erheblichem Umfang stattfindende Sekundärmigration von Schutzberechtigten und das sogenannte "asylum shopping" befördern, deren Verhinderung eines der Ziele des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist. Die Regelungen in der Richtlinie 2011/95/EU über die Ausgestaltung des internationalen Schutzes gewährleisten Flüchtlingen existenzsichernde Leistungen allenfalls in demselben Umfang, wie sie eigene Staatsangehörige erhalten (vgl. Art. 27, 29 Abs. 1 und Art. 30 Richtlinie 2011/95/EU). Auch ist das Niveau staatlicher Leistungen sowie das Angebot an Integrationsmaßnahmen (Art. 34 Richtlinie 2011/95/EU) in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Der Unionsgesetzgeber hat insoweit auf eine Vereinheitlichung - auch für anerkannte Flüchtlinge - verzichtet. Daraus folgt, dass es unionsrechtlich allenfalls dann geboten sein kann, einen Antrag auf nochmalige Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen Mitgliedstaat entgegen der dort im nationalen Recht angeordneten Unzulässigkeit zu prüfen, wenn die Lebensbedingungen in dem Mitgliedstaat, der dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK verletzen (zu den vorstehend bezeichneten Problemen s.a. VGH Mannheim, Vorlagebeschluss vom 15. März 2017 - A 11 S 2151/16 - Vorlagefrage 3).

24

bb) Das vorlegende Gericht ist im Übrigen der Auffassung, dass es selbst bei einer drohenden Verletzung des Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK nicht notwendig der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat bedarf. Eine Alternative hierzu bietet eine aufenthaltsrechtliche Lösung, die einem in einem anderen Mitgliedstaat anerkannten Flüchtling im Ergebnis die Rechte nach Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU oder jedenfalls eine gesicherte Rechtsstellung, welche eine Verletzung des Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK ausschließt, ohne Durchführung eines erneuten Anerkennungsverfahrens im Aufenthaltsmitgliedstaat einräumt, solange ihm eine Rückkehr in den anderen Mitgliedstaat nicht zumutbar ist. In Deutschland hat der Gesetzgeber in § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG von der nach Völker- und Unionsrecht möglichen, wenn auch nicht gebotenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen. Danach gilt das gesetzliche Abschiebungsverbot in den Verfolgerstaat nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auch für ausländische Flüchtlingsanerkennungen (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 - BVerwGE 150, 29 Rn. 29). Besteht für den Ausländer im Staat seiner Flüchtlingsanerkennung (ausnahmsweise) die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC/Art. 3 EMRK, darf er auch in diesen Staat nicht abgeschoben werden (§ 60 Abs. 5 AufenthG). Besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG, "soll" dem Ausländer nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG von der Ausländerbehörde eine (humanitäre) Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ihm auch die Ausreise in einen anderen Staat nicht möglich oder zumutbar ist. Auf diese Weise kann ein in einem anderen Mitgliedstaat anerkannter Flüchtling in Deutschland auch ohne ein weiteres Asylverfahren einen legalen Aufenthalt erlangen und in den Genuss der damit verbundenen Integrationsrechte kommen. Der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG hat zwar nicht automatisch zu allen einem anerkannten Flüchtling in Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU gewährten Rechten Zugang. Auf einen in einem anderen Mitgliedstaat anerkannten Flüchtling findet aber Art. 2 des - von Deutschland ratifizierten - Europäischen Übereinkommens über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16. Oktober 1980 Anwendung. Danach geht die Verantwortung für einen Flüchtling spätestens nach Ablauf von zwei Jahren des "tatsächlichen und dauernden Aufenthalts" im Bundesgebiet auf Deutschland über. Damit kann ein in einem anderen Mitgliedstaat anerkannter Flüchtling auch ohne Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in Deutschland in den vollen Genuss der mit der Flüchtlingsanerkennung verbundenen Rechte kommen und verbleibt nicht - wie vom Berufungsgericht angenommen - dauerhaft auf dem Status eines nur geduldeten Ausländers unter Ausschluss der einem anerkannten Flüchtling zustehenden Aufenthalts- und Teilhaberechte.

25

Aber selbst wenn von einer unionsrechtlichen Vorgabe auszugehen wäre, dass alle Mitgliedstaaten dafür zu sorgen haben, dass dem in einem Mitgliedstaat anerkannten Flüchtling die mit diesem Status verbundenen Rechte und Vorteile auch nicht vorübergehend vorenthalten werden dürfen, bedarf es in Fällen, in denen ein Mitgliedstaat der mit der von ihm ausgesprochenen Flüchtlingsanerkennung übernommenen Verantwortung nicht nachkommt, nicht zwingend der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat. Vielmehr könnte diesem Anliegen auch auf anderem Wege wirksam Rechnung getragen werden. So könnte ein Flüchtling, solange ihm eine Rückkehr in den Mitgliedstaat, der ihn als Flüchtling anerkannt hat, nicht zumutbar ist, im Aufenthaltsmitgliedstaat in unionsrechtskonformer Auslegung der nationalen aufenthalts- und sozialrechtlichen Rechtsvorschriften ganz oder teilweise wie ein dort anerkannter Flüchtling zu behandeln sein. Ein vollständiger Eintritt in die Verpflichtungen nach Art. 22 ff. Richtlinie 2011/95/EU kann aber faktisch zu einer Besserstellung führen, wenn das Niveau staatlicher Leistungen sowie das Angebot an Integrationsmaßnahmen (Art. 34 Richtlinie 2011/95/EU) im Aufenthaltsmitgliedstaat höher ist als im Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung. Der Aufenthaltsmitgliedstaat mag daher erwägen, ob er die Voraussetzungen für eine Rückkehr in den Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung nicht auch dadurch befördern kann, dass er dem Flüchtling im Wege der Vorleistung die finanziellen Mittel zur Verfügung stellt, die dieser im Falle einer Rückkehr bis zur - notfalls gerichtlichen - Durchsetzung der mit seiner Flüchtlingsanerkennung verbundenen Rechte und Vorteile zur vorläufigen Sicherung seines Existenzminimums unter Zugrundelegung der dortigen allgemeinen Lebensverhältnisse benötigt. Beide Varianten hätten gegenüber der Durchführung eines erneuten Anerkennungsverfahrens den Vorzug, dass der in einem Mitgliedstaat anerkannte Flüchtling im Ergebnis möglicherweise besser, aber jedenfalls nicht schlechter gestellt würde, als er stünde, wenn der Mitgliedstaat, der die Flüchtlingsanerkennung ausgesprochen und damit die Verantwortung für die Gewährung internationalen Schutzes übernommen hat, den damit verbundenen unionsrechtlichen Verpflichtungen nachkommen würde. Außerdem würde berücksichtigt, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem auf dem Grundsatz beruht, dass die Prüfung eines Asylantrags nur durch einen einzigen Mitgliedstaat erfolgt (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO). Dies soll nicht nur Mehrfachanerkennungen, sondern auch - bei nochmaliger Durchführung eines Asylverfahrens nicht auszuschließende - divergierende Entscheidungen innerhalb der Union mit allen ihren unionsrechtlich unerwünschten Folgeerscheinungen vermeiden.

26

b) Aus diesem Grund hat der Senat auch Bedenken gegen eine (uneingeschränkte) Bejahung der Vorlagefrage 2: Mit der in zwei Varianten aufgegliederten Frage 2 möchte das vorlegende Gericht eine weitere Klärung für den Fall der Bejahung von Vorlagefrage 1 herbeiführen.

27

Dabei dient Vorlagefrage 2 a der Klärung, ob der Unzulässigkeit eines erneuten Asylverfahrens auch der Umstand entgegengehalten werden kann, dass anerkannten Flüchtlingen im Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung (hier: Bulgarien) keine oder im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nur in deutlich eingeschränktem Umfang existenzsichernde Leistungen gewährt werden, sie im Grundsatz aber nicht anders behandelt werden als die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaates. Hierdurch soll geklärt werden, ob anerkannte Flüchtlinge einen Anspruch auf einen über eine formal-rechtliche Gleichbehandlung mit den eigenen Staatsangehörigen hinausgehenden Mindeststandard haben (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 - Rn. 36).

28

Mit Vorlagefrage 2 b soll geklärt werden, ob der Unzulässigkeit eines erneuten Asylverfahrens der Umstand entgegengehalten werden kann, dass anerkannten Flüchtlingen im Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung (hier: Bulgarien) zwar möglicherweise formal-rechtlich die Rechte nach Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU gewährt werden, sie aber jedenfalls faktisch erschwerten Zugang zu den damit verbundenen Leistungen haben und es an einem entsprechend dimensionierten und den besonderen Bedürfnissen des betroffenen Personenkreises gerecht werdenden Integrationsprogramms fehlt zur Sicherstellung einer faktischen Inländergleichbehandlung.

29

Das Berufungsgericht hat die ihm vorliegenden Erkenntnisquellen dahingehend gewürdigt, dass das Asylsystem in Bulgarien hinsichtlich bereits anerkannter Flüchtlinge an systemischen Mängeln leidet. Begründet hat es dies damit, dass Bulgarien in fundamentaler Weise seine Verpflichtungen aus Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU verletze. Den tatrichterlichen Feststellungen ist aber nicht zu entnehmen, dass Bulgarien anerkannten Flüchtlingen schon formal-rechtlich die ihnen nach der Richtlinie 2011/95/EU zustehenden Rechte verwehrt. Das Berufungsgericht begründet seine Einschätzung vielmehr vor allem mit faktischen Zugangserschwernissen (UA S. 14 ff.) und dem Fehlen eines funktionierenden und ausreichend finanzierten Integrationsprogramms (UA S. 17). Es bedarf daher der Klärung durch den Gerichtshof, ob es hierauf für die Frage der Eröffnung eines erneuten Asylverfahrens ankommt.

30

Die Regelungen in der Richtlinie 2011/95/EU über die Ausgestaltung des internationalen Schutzes geben hinsichtlich der Existenzbedingungen für international Schutzberechtigte keine bestimmten (Mindest-)Standards vor, sondern versprechen hinsichtlich der anerkannten Flüchtlingen zu gewährenden existenzsichernden Leistungen allenfalls eine Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 27, 29 Abs. 1, Art. 30 und 32 Richtlinie 2011/95/EU). Nach Art. 34 Richtlinie 2011/95/EU haben die Mitgliedstaaten international Schutzberechtigten zwar den Zugang zu den von ihnen aufgelegten Integrationsprogrammen zu gewährleisten. Hinsichtlich der Schaffung derartiger Integrationsprogramme belässt aber auch Art. 34 den Mitgliedstaaten einen weiten Spielraum ("Integrationsprogramme, die die Mitgliedstaaten als den besonderen Bedürfnissen von Personen mit Flüchtlingsstatus oder subsidiärem Schutzstatus angemessen erachten"; engl.: "which they consider to be appropriate"; franz.: "qu'ils jugent appropriés"). Daraus folgt nach Auffassung des vorlegenden Gerichts, dass allein das Fehlen eines entsprechend dimensionierten und den Defiziten des hier zu betrachtenden Personenkreises gerecht werdenden Integrationsprogramms einen anderen Mitgliedstaat unionsrechtlich nicht - entgegen der im nationalen Recht angeordneten Unzulässigkeit, derartige Anträge zu prüfen - zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens verpflichtet (zu den vorstehend bezeichneten Problemen s.a. VGH Mannheim, Vorlagebeschluss vom 15. März 2017 - A 11 S 2151/16 - Vorlagefrage 3).

31

2.2 Die im Vorlagebeschluss des vorlegenden Gerichts vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 - weiter aufgeworfene Frage zu den Folgen einer fehlenden Anhörung des Ausländers zur beabsichtigten Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamts stellt sich im vorliegenden Verfahren hingegen nicht. Denn der Kläger wurde bei Stellung seines Asylantrags im Juli 2014 im Rahmen einer persönlichen Anhörung vom Bundesamt ausdrücklich zu seinem Reiseweg, der Stellung eines Asylantrags oder Zuerkennung von Asyl in einem anderen Staat und möglichen Gründen, die einer Rückführung in einen anderen Staat entgegenstehen könnten, befragt. Außerdem wurde ihm ein Fragebogen ausgehändigt, in dem ihm Gelegenheit gegeben wurde, in einem beschleunigten, schriftlichen Verfahren die Gründe für sein Schutzersuchen in Deutschland darzulegen. Dies genügt nach Auffassung des vorlegenden Gerichts sowohl den Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Buchst. b Richtlinie 2005/85/EG als auch denjenigen des Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 34 Abs. 1 Richtlinie 2013/32/EU. Insbesondere hatte der Kläger - bezogen auf die für die spätere Unzulässigkeitsentscheidung maßgeblichen Umstände - hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Dass er dabei zwar seine Einreise über Bulgarien und eine mögliche Asylantragsstellung bzw. -anerkennung dort eingeräumt, aber keine Gründe geltend gemacht hat, die einer Rückführung dorthin entgegenstehen könnten, führt nicht dazu, dass das Bundesamt, nachdem es von der bulgarischen Flüchtlingsanerkennung auf anderem Wege Kenntnis erlangt hat, den Kläger nochmals hätte anhören müssen. Sollte der Gerichtshof diese Einschätzung nicht teilen, würde sich auch im vorliegenden Verfahren die im Vorlagebeschluss vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 - aufgeworfene Vorlagefrage 3 stellen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Gründe

1

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 9. Kammer - vom 6. April 2016 hat keinen Erfolg.

2

1. Die Zulassung der Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) nach dem Vorbringen unter Ziffer I. der Antragsbegründungsschrift gerechtfertigt.

3

Soweit der Kläger als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet,

4

„ob in Bulgarien (systemische) Mängel in den Aufnahme- bzw. Lebensbedingungen für international Schutzberechtigte bestehen, die als Verletzung von Artikel 3 EMRK bzw. Art. 4 EUGRCh gemäß der Rechtsprechung des EGMR anzusehen sind bzw. ob aufgrund des Fehlens eines Integrationsprogramms in Bulgarien (systemische) Mängel vorhanden sind, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten anerkannten Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von Art. 4 der Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK implizieren“,

5

ist die grundsätzliche Bedeutung bereits nicht in einer § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Art und Weise dargelegt.

6

„Grundsätzliche Bedeutung" im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf(vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2016 - 4 A 2103/15.A -, juris). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Des Weiteren muss substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 9. Oktober 2015 - 8 LA 146/15 -, juris). Dies erfordert regelmäßig eine Durchdringung der Materie, konkret der erstinstanzlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts und eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts dem Klärungsbedarf nicht gerecht wird (vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Juni 2016 - 20 ZB 16.500.21-, juris). Die formulierte Grundsatzfrage muss nach Maßgabe der Ausführungen des Verwaltungsgerichts rechtlich aufgearbeitet sein, wobei die Antragsschrift grundsätzlich aus sich heraus verständlich sein muss (vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Juni 2016, a. a. O.).

7

Diesen Darlegungserfordernissen ist der Kläger nicht gerecht geworden.

8

Der Kläger hat - neben der schon weitgehenden Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens in tatsächlicher Hinsicht - auch in Darstellung seiner rechtlichen Beurteilung wortgleich sein erstinstanzliches Vorbringen (Schriftsatz vom 25. Januar 2016; Schriftsatz vom 28. März 2016 S. 5 - 8 [Mitte], 9 [Mitte], 10 [stellenweise], 13 - 14 [Mitte]) unter Auslassung einzelner Absätze nur wiederholt, ohne in den Diskurs mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausdrücklich einzutreten. Darüber hinaus hat er lediglich auf nicht vorgelegte bzw. nicht veröffentlichte Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichtes Nordrhein-Westfalen vom 17. Dezember 2015 (11 A 165/15.A, 11 A 229/15.A, 11 A 442/15.A, 11 A 420/15.A, 11 A 228/15.A), wonach Berufungen wegen grundsätzlicher Bedeutung betreffend Schutzberechtigte in Bulgarien zugelassen seien sollen, und des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 10. März 2016 (3 B 2796/15 A) verwiesen, ohne darzustellen, welchen konkreten Sachverhalt bzw. welches (Zulassungs-)Vorbringen den Entscheidungen zugrunde gelegen hat und inwieweit die rechtlichen und tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Verwaltungsgerichtes dem in Gegenüberstellung von Rechtssätzen entsprechen. Soweit er zuletzt auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 21. April 2016 (2 BvR 237/16) Bezug nimmt, wonach der Bericht des Auswärtigen Amtes vom 23. Juli 2015 an das Verwaltungsgericht Stuttgart sowie die Stellungnahme von Dr. I. vom 27. August 2015 an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg als neue Beweismittel im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ein Wiederaufgreifen eines Asylverfahrens rechtfertigen würden, stellt der Kläger weder divergierende Rechtssätze einander gegenüber, noch ist erkennbar, dass ein vergleichbarer Sachverhalt den Entscheidungen zugrunde liegt. Nach alledem ist eine zureichende Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes nicht erkennbar, da die vom Kläger gestellten Grundsatzfragen nicht nach Maßgabe der Ausführungen des Verwaltungsgerichtes in seinem Urteil aufgearbeitet worden sind, sondern sich weitgehend in der Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens erschöpfen.

9

Ungeachtet dessen hat das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung unter Zugrundelegung der maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und obergerichtlicher Rechtsprechung (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. November 2014 - A 11 S 1778/14 -, juris [zum Schutzumfang von Art. 3 ERMK nachfolgend: BVerwG, Beschluss vom 10. März 2015 - 1 B 7.15 -, juris]; OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2015 - 14 A 134/15.A -, beide juris) eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Schutzstatusinhabern in Bulgarien verneint und darauf hingewiesen, dass eine solche Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 ERMK zu gelten. Es hat in seiner Entscheidung die Lebensverhältnisse von international Schutzberechtigten in Bulgarien in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gewürdigt und anhand des in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU(ABl. L 337 vom 20. Dezember 2011) unionsrechtlich vorgegebenen Flüchtlingsschutzes geprüft. Es verkennt auch nicht, dass in Bulgarien „prekäre“ Missstände herrschen, ist aber mit ausführlicher Begründung zur Überzeugung gekommen, dass die aufgezeigten Defizite noch nicht den Schluss zulassen, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 ERMK ausgesetzt sind, vielmehr haben sich Schutzstatusinhaber ohne besondere gesundheitliche Defizite, die auch im Übrigen kein besonderes Schutzbedürfnis aufweisen, dem schwierigen Integrationsprozess in Bulgarien zu stellen.

10

Dem ist der Kläger zuvorderst entgegengetreten, indem er unter vorheriger Benennung der Erkenntnismittel und ihrer ausführlichen Darstellung (S. 5 bis 22 der Antragsbegründungsschrift) die Rechtsauffassung vertritt, dass das positive Recht anerkannten Flüchtlingen die Gewährung von Wohnraum vorschreibe (vgl. S. 22 vorletzter Absatz der Antragsbegründungsschrift), mithin in der Nichtgewährung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erblicken sei. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zu begründen.

11

Vorliegend geht es nicht um die Behandlung von staatlicherseits Untergebrachten durch den bulgarischen Staat, so dass nicht staatliche Unterlassungspflichten aus Art. 3 EMRK in Rede stehen. Vielmehr geht es darum, ob sich die Lebensverhältnisse des Klägers als anerkannter Flüchtling in Bulgarien allgemein als unmenschlich oder erniedrigend darstellen, also darum, ob der den Flüchtlingsschutz aussprechende Staat - hier Bulgarien - insoweit bestehende Schutzpflichten verletzt (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2015 - 14 B 525/15.A -, juris [m. w. N.]). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die insoweit bestehenden staatlichen Gewährleistungspflichten im Einzelnen konkretisiert. Hiernach verpflichtet Art. 3 EMRK die Mitgliedstaaten nicht, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereiches mit einem Obdach zu versorgen oder sie finanziell zu unterstützen, um einen gewissen Lebensstandard zu ermöglichen(vgl. Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 -; Beschluss vom 2. April 2013 - 27725/10 -; Urteil vom 30. Juni 2015 - 39350/13 -, alle juris). Im Bereich von medizinischer und sozialer Fürsorge kann es unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das Verbot, jemanden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung zu unterwerfen, von vorneherein nur um die Gewährleistung einer unabdingbaren Grundversorgung gehen. Dagegen würde etwa verstoßen, wenn Schutzstatusinhaber monatelang obdachlos und ohne Zugang zu jeder Versorgung wären. Die Eingriffsschwelle von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 Grundrechtecharta wird durch Missstände im sozialen Bereich nur unter strengen Voraussetzungen überschritten(vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2015, a. a. O. Rdnr. 15 f. [m. w. N.]). Hinsichtlich der Gesundheitsversorgung und Unterbringung kann dies nur bei gänzlicher Versorgungsverweigerung mit existenzbedrohenden oder unmenschlicher Behandlung gleichkommenden Folgen der Fall sein (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2015, a. a. O. Rdnr. 15 f. [m. w. N.]). Das Fehlen von Integrationsmaßnahmen, ein unzureichender Zugang zum Arbeitsmarkt (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2015 - 14 A 134/15.A -, juris) bzw. zu Bildung berühren den Schutzbereich des Art. 3 EMRK von vornherein nicht. Soweit daneben das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26, 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 RL 2011/95/EU) gewährt, lässt es sie damit nur teilhaben an den wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen des Mitgliedstaates, wobei in Bulgarien fast 50% der Bevölkerung von Armut und Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht sind (vgl. im Einzelnen: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. November 2014, a. a. O., zuletzt: Urteil vom 1. April 2015 - A 11 S 106/15 -, juris [m. w. N.]). Unionsrecht schreibt in Art. 38 Abs. 1 lit. d) der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180/60 vom 29. Juni 2013) für das Konzept des sicheren Drittstaats insoweit keinen weitergehenden Rechtsschutz vor.

12

Für eine gänzliche Versorgungsverweigerung im oben genannten Sinne ist - insbesondere hinsichtlich der Unterbringungssituation international Schutzberechtigter in Bulgarien - nichts ersichtlich. Bei der Unterbringung ist nach der Auskunftslage festzustellen, dass angesichts überhöhter Mieten Schutzstatusinhaber kaum auf dem freien Wohnungsmarkt Fuß fassen können (vgl. Bericht von ProAsyl vom April 2015). Sie würden jedoch entweder vorübergehend in Asylunterkünften untergebracht (vgl. Bericht von ProAsyl vom April 2015) bzw. seit Mitte August 2015 für bis zu drei Monaten an einer Kurzzeitunterbringung der lokalen Flüchtlingsbehörde partizipieren, die durch europäische Finanzmittel finanziert werde (vgl. Aida Country Report Bulgaria, Stand: Oktober 2015, S. 13 - Integration -).

13

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang unter Verweis auf obergerichtliche Rechtsprechung darstellt, dass unionsrechtliche normative Vorgaben der Richtlinie 2011/95/EU die allgemeinen - eher niedrigeren - völkervertraglichen Schutzstandards des Art. 3 EMRK überlagern und nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte diese näher mit der Folge konkretisieren würden, dass die konkreten Anforderungen an die immer kumulativ festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen seien, aber gleichwohl die typischerweise für die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung geltenden Standards nicht völlig aus den Augen verlieren dürfe(vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. November 2014, a. a. O.), ist für eine insoweitige Verletzung ebenfalls nichts ersichtlich. Denn nach Art. 32 Richtlinie 2011/95/EU sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt ist, Zugang zu Wohnraum unter Bedingungen erhalten, die den Bedingungen gleichwertig sind, die für andere Drittstaatsangehörige gelten, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten. Hiernach wird schon keine „Inländergleichbehandlung“ verlangt. Dass der Zugang zu Obdachlosenunterkünften und Sozialwohnungen in Bulgarien daran geknüpft sei, dass der Betroffene die bulgarische Staatsangehörigkeit inne habe und über einen gewissen Zeitraum in der Gemeinde gemeldet gewesen sei (vgl. Bericht von ProAsyl vom April 2015), verstößt damit nicht gegen unionsrechtliches Flüchtlingsrecht. Der Kläger legt zudem nicht ansatzweise dar, dass sonstige Drittstaatsangehörige gegenüber international Schutzberechtigten bevorteilt würden.

14

Sein Einwand, Art. 32 Richtlinie 2011/95/EU sei so zu verstehen, dass Regelungsinhalt nicht ausschließlich die geforderte Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet aufhaltenden Drittstaatsangehörigen sei, sondern die Wirksamkeit des europäischen Flüchtlingsschutzes den Schutz vor Obdachlosigkeit voraussetze, da ansonsten der Flüchtling veranlasst sei, in den Verfolgerstaat zurückzukehren, führt zu keiner anderen Betrachtung. Schutz vor Obdachlosigkeit über das hier festzustellende Maß hinaus ist allein denjenigen zu gewähren, die nicht in der Lage sind, sich eigenständig aus dieser Notlage zu befreien. Anhaltspunkte dafür, dass der alleinstehende Kläger, der nicht zu dem in Art. 20 Abs. 2 Richtlinie 2011/95/EU benannten vulnerablen Personenkreis zählt, nicht die notwendigen Handlungskompetenzen aufweist, liegen weder vor noch werden sie schlüssig dargelegt. Vielmehr hat der Kläger, wie das Verwaltungsgericht zu Recht zum Ausdruck bringt, sich dem schwierigen Integrationsprozess zu stellen. Hierbei geht das Gericht nach der vorliegenden Auskunftslage in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass der Kläger als Einzelperson gar keine Möglichkeit hat, eine Unterkunft im Sinne eines Obdaches mit Schlafgelegenheit zu finden. Er wird - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - aufgrund seiner Flexibilität, die der Kläger schon nicht in Frage stellt, auch in der Lage sein, durch Aufnahme von (Gelegenheits-)Arbeit in einem das Existenzminimum sichernden Maße (jedenfalls geringfügige) Einkünfte erzielen können, wenn er seine Arbeitskraft - was von ihm zu verlangen ist - auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt.

15

Schutzstatusinhaber, die in Entsprechung des Art. 26 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU zur Aufnahme einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind, können und müssen sich zudem dem Arbeitsmarkt stellen. Dass ihnen aufgrund der Sprachbarriere und der Anerkennungshindernisse ausländischer Abschlüsse lediglich unter dem bulgarischen Lohnniveau liegende Beschäftigungen angeboten würden und sie hierbei zudem in Konkurrenz zu der Gruppe der Roma stünden, rechtfertigt für sich genommen nicht den Schluss, Schutzstatusinhaber seien einer erniedrigenden und unmenschlichen Behandlung ausgesetzt (s.o.). Die Verantwortlichkeit eines Staates nach Art. 3 EMRK wegen der Behandlung eines Ausländers kann ausnahmsweise gegeben sein, wenn dieser vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und behördlicher Gleichgültigkeit gegenübersteht(vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011, a. a. O.). Hiervon kann - wie bereits dargestellt - angesichts des Umstandes, dass der alleinstehende Kläger gesundheitlich in der Lage ist, einer einkünfteerzielenden Tätigkeit nachzugehen, nicht die Rede sein.

16

Eine Verweigerung der medizinischen Versorgung ist gleichfalls nicht ersichtlich. Schon nach der vom Kläger in Bezug genommenen Stellungnahme von Dr. I. vom 27. August 2015 an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg sei eine gesundheitliche Notversorgung unabhängig davon, ob die Schutzstatusinhaber wie bulgarische Staatsangehörige ihrer Selbstversicherungspflicht nachkommen, sichergestellt (vgl. dort unter Ziffer 5.). Dies entspricht auch den Anforderungen des Art. 30 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU, wonach die Mitgliedstaaten Sorge dafür tragen, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, zu denselben Bedingungen wie Staatsangehörige des diesen Schutz gewährenden Mitgliedstaates Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Statusinhaber könnten sich danach wie bulgarische Staatangehörige mit einem monatlichen Beitrag von 8,70 EUR gesetzlich krankenversichern (vgl. so bereits: Bericht des UNHCR vom April 2014). Unter Einsatz seines Einkommens ist der Kläger folglich in der Lage, sich wie bulgarische Staatsangehörige zu versichern.

17

Die nach der Auskunftslage beschriebene schwierige Situation, eine Meldebestätigung (Wohnsitz) zu erhalten, um wiederum ein bulgarisches Ausweisdokument zu erlangen, welches Voraussetzung für die Beantragung von Sozialhilfe sei (vgl. Stellungnahme von Dr. I.vom 27. August 2015), rechtfertigt nicht die Annahme, einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung ausgesetzt zu sein. Dass die Durchbrechung dieses bürokratischen „Teufelskreises“ tatsächlich unmöglich sei, behauptet selbst der Kläger nicht substantiiert, vielmehr setzt dies wiederum die Initiative eines jeden Einzelnen voraus, seine bestehenden Rechte selbständig wahrzunehmen und gegebenenfalls durchzusetzen. Dass tatsächlich auch Schutzstatusinhaber - trotz der Sprachbarriere und der fehlenden Rechtshilfe - in der Lage sind, behördliche Verfahren zu führen, offenbart die Stellungnahme von Dr. I. vom 27. August 2015, wonach sie sich „falsche“ Adressen besorgen würden, um ein bulgarisches Ausweisdokument zwecks Weiterreise in andere europäische Länder zu beantragen und zu erhalten.

18

Zusammenfassend ist damit festhalten, dass die nach der Auskunftslage bestehenden defizitären schweren Bedingungen für Schutzstatusinhaber in Bulgarien eine hohe Eigeninitiative des Einzelnen erzwingen, um dem schwierigen Integrationsprozess in Bulgarien gerecht zu werden. Dies muss jedenfalls von alleinstehenden Schutzstatusinhabern ohne besondere gesundheitliche Defizite, die in der Lage sind, sich dem Arbeitsmarkt zu stellen, verlangt werden.

19

Auch der Einwand des Klägers, international Schutzberechtigte würden schlechter gestellt als Asylbewerber, die staatlicherseits unterzubringen seien, verfängt nicht. Sachliches Differenzierungskriterium für die unterschiedliche Behandlung ist die im Gegensatz zu Asylbewerbern bestehende Berechtigung von Statusinhabern zur Aufnahme einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit. Sowohl rechtlich als auch tatsächlich haben Statusinhaber die Möglichkeit, ihre Grundbedürfnisse aus eigener Kraft zu stillen, obgleich dies - wie auch das Verwaltungsgericht ausgeführt hat - eine hohe Eigeninitiative zur Sicherung des Existenzminimums erfordert (vgl. Urteilsabdruck S. 10, 2. Absatz).

20

Die vom Kläger in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 17. September 2014 (- 2 BvR 1795/14 -, juris), wonach anerkannt Schutzberechtigte regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft zurückgreifen könnten, führt zu keiner anderen Betrachtung. Die zugrundeliegenden Sachverhalte sind bereits nicht vergleichbar. Im Gegensatz zum alleinstehenden, nicht dem vulnerablen Personenkreis angehörenden Kläger betraf das dortige Verfahren eine Statusinhaberin mit ihrem dreijährigen Kind, die nach Italien abgeschoben werden sollten, obgleich die Unterbringung der Familie dort nicht sichergestellt war.

21

Soweit der Kläger einwendet, der bulgarische Staat unternehme keine Anstrengungen, um die Lage von Schutzberechtigten wirksam zu verbessern, insbesondere gebe es keinen nationalen Integrationsplan, berührt das Fehlen von Integrationsmaßnahmen, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK von vornherein nicht, wobei Unionsrecht insoweit keinen weitergehenden Rechtsschutz vorschreibt (siehe Darstellung oben).

22

Auch mit seinem Verweis auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 4. März 1992 (- 9 B 3839/91 -, juris), es liefe der Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) zuwider, Personen, die ohne Unterkunft und nicht in der Lage seien, sich aus eigenem Bemühen eine solche zu verschaffen, anstelle einer Unterbringung durch die zuständige Behörde auf das Wohlwollen dritter Personen oder Stellen zu verweisen, legt der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dar. Da vom Kläger eigene Bemühungen - wie dargestellt - erwartet werden können, ist für eine Verletzung der Menschenwürde nichts ersichtlich. Eine darüberhinausgehende grundrechtliche Mitverantwortung des deutschen Staates, wie sie der Kläger fordert, ist nicht zu erblicken. Es kann nicht angenommen werden, dass der Sachverhalt dem staatlichen Handeln der Beklagten dann noch zugerechnet werden kann, wenn es tatsächlich von dem eigenverantwortlichen Handeln und dem persönlichen Einsatz des Statusinhabers abhängt, ob und inwieweit die Integration gelingt. Die in Bezug genommenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes Darmstadt, wonach eine Mitverantwortung des deutschen Staates unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10 -, juris) gegeben sei, wenn dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung ein Leben drohe, in dem er ohne staatliche Unterstützung im Hinblick auf Obdach und Nahrung zurechtkommen müsse (vgl. bspw. Beschluss vom 9. Juli 2014 - 4 L 1034/14.DA.A -, juris), spiegelt für sich betrachtet lediglich die aus Art. 3 EMRK resultierenden Gewährleistungspflichten, wobei - wie festgestellt - jedenfalls nach der derzeitigen Auskunftslage eine gänzliche Versorgungsverweigerung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht zu attestieren und der Kläger in der Lage ist, mittels eigener Bemühungen sich dem schwierigen Integrationsprozess zu stellen. Darüber hinaus verkennt der Kläger erneut, dass er nur an den wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen des Mitgliedstaates teilhaben kann und in Bulgarien fast 50% der Bevölkerung von Armut und Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht sind (vgl. im Einzelnen: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. November 2014, a. a. O., Urteil vom 1. April 2015, a. a. O.).

23

Indem der Kläger behauptet, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien infolge der praktischen Handhabung der Behörden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von Obdachlosigkeit, Armut, Verelendung bedroht seien (vgl. Seite 24 letzter Absatz der Zulassungsschrift), wendet er sich primär gegen die bei der zugrunde gelegten Auskunftslage erfolgte Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes. Ob die Bewertung des Verwaltungsgerichtes einer rechtlichen Überprüfung standhält, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und der materiellen Richtigkeit der Entscheidung, die sich keinem der Zulassungsgründe des § 78 Abs. 3 AsylG zuordnen lassen(vgl. BayVGH, Beschluss vom 18. Dezember 2015 - 9 ZB 15.50140, juris).

24

2. Den Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels in Gestalt der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO) hat der Kläger nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechend dargelegt.

25

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, soweit sie entscheidungserheblich sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 1992 - 1 BvR 168/89 u.a. -, BVerfGE 87, 363 <392 f.> [m. w. N.]; BVerwG, Urteile vom 29. November 1985 - 9 C 49.85 -, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 177 S. 65 [m. w. N.] und vom 20. November 1995 - 4 C 10.95 -, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22). Soweit das Gericht bei seiner Entscheidung auf eine rechtliche Sichtweise oder auf eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellen will, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht, gebietet es der Grundsatz des rechtlichen Gehörs außerdem, zur Vermeidung einer unzulässigen Überraschungsentscheidung vor der Entscheidung auf diese Gesichtspunkte hinzuweisen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2014 - 1 B 12.13 -, juris [m. w. N.]). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist allerdings nur dann dargetan, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht diesen Pflichten nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juni 1975 - 2 BvR 1086/74 -, BVerfGE 40, 101 <104 f.>). Dazu muss das Gericht nicht auf sämtliches Tatsachenvorbringen und alle Rechtsauffassungen eingehen, die im Verfahren von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. Juni 1975 a.a.O. und vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 -, BVerfGE 42, 364 <368>). Nur der wesentliche Kern des Tatsachenvorbringens einer Partei, der nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts von zentraler Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens ist, muss in den Gründen der Entscheidung behandelt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 1995, a.a.O.). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt nur dann vor, wenn auf den Einzelfall bezogene Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder ersichtlich nicht erwogen worden ist(vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 -, BVerfGE 47, 182 <187 f.> und vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 -, BVerfGE 86, 133 <146>) oder dass die Entscheidung maßgebend auf Aspekte gestützt worden ist, mit denen im vorgenannten Sinne nicht zu rechnen war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2014 - 1 B. 12.13 -, juris).

26

Solche Umstände werden vom Kläger nicht dargelegt.

27

Soweit der Kläger einwendet, das Verwaltungsgericht habe sein wesentliches erstinstanzliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen, kann dem nicht gefolgt werden.

28

Dass der Erhalt eines Schutzstatus‘ in Bulgarien „in der Regel“ Obdachlosigkeit bedeute, da der Zugang zu Wohnraum nicht unter den gleichen Bedingungen wie bei bulgarischen Staatsangehörigen gewährleistet werde, hat das Verwaltungsgericht berücksichtigt. Zwar hat es nicht ausdrücklich die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Juli 2015 an das Verwaltungsgericht Stuttgart in seinen Gründen bezeichnet, obgleich diese ausweislich der mit der Ladung übersandten Erkenntnismittelliste Entscheidungsgrundlage war. Ausgehend vom UNHCR-Bericht vom April 2014 bzw. ProAsyl-Bericht vom April 2015 hat das Gericht jedoch eine vergleichbare Situation beschrieben. Es führt aus, es fehle an angemessenen und bezahlbaren Unterkünften (vgl. Urteilsabdruck S. 8), wobei es fast unmöglich sei, eine gesicherte Unterkunft zu finden, da es an Unterstützung mangele. Danach könnten Schutzstatusinhaber in kommunalen Obdachlosenunterkünften oder Sozialwohnungen keine Unterkunft finden, weil dies die bulgarische Staatsbürgerschaft und eine Meldung in der Gemeinde für einen gewissen Zeitraum voraussetze. Die verbleibende Option sei, über Landsleute, Fremde oder Makler eine Wohnung zu suchen. Diese prekäre Situation mache sie häufig zu Opfern von Betrug und Ausbeutung (doppelte/dreifache Mietpreise). Obdachlosigkeit drohe (vgl. zum Ganzen: Urteilsabdruck S. 9). Zudem verkennt der Kläger erneut, dass international Schutzberechtigten durch das europäische Flüchtlingsrecht keine Inländergleichbehandlung vermittelt wird (vgl. Art. 32 Richtlinie 2011/95/EU).

29

Zwar erwähnt das Verwaltungsgericht nicht ausdrücklich, dass der Sozialhilfeanspruch von Schutzstatusinhaber in Bulgarien im Vergleich zu bulgarischen Staatsangehörigen, die 33,00 EUR/Monat erhalten würden, in geringerem Umfang bestehe und tatsächlich nur wenige anerkannt Schutzberechtigte Sozialhilfe erhielten, weil der Zugang eine Meldeadresse voraussetze. Hiermit ist jedoch nicht verknüpft, dass das Gericht dies bei seiner Entscheidung nicht erwogen hätte. Denn diese Auskunft ist Gegenstand der Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom 23. Juli 2015 an das Verwaltungsgericht Stuttgart, die zu den der Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnismitteln zählt. Zudem verpflichtet Art. 3 EMRK - wie bereits dargestellt - nicht dazu, anerkannt Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen.

30

Soweit wesentliches unberücksichtigtes Vorbringen sein soll, dass der Zugang zur Gesundheitsversorgung nicht der gleiche sei wie der von Bürgern Bulgariens, entspricht dies schon nicht der Auskunftslage. Wie bereits dargestellt, ist eine gesundheitliche Notversorgung unabhängig davon, ob die Schutzstatusinhaber wie bulgarische Staatsangehörige ihrer Selbstversicherungspflicht nachkommen, sichergestellt (vgl. Stellungnahme von Dr. I.vom 27. August 2015, dort unter Ziffer 5.). Dies entspricht auch den Anforderungen des Art. 30 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU, wonach die Mitgliedstaaten Sorge dafür tragen, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, zu denselben Bedingungen wie Staatsangehörige des diesen Schutz gewährenden Mitgliedstaates Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Statusinhaber könnten sich danach wie bulgarische Staatangehörige mit einem monatlichen Beitrag von 8,70 EUR gesetzlich krankenversichern (vgl. so bereits: Bericht des UNHCR vom April 2014). Diese Auskunftslage wie auch die die in der Systemumstellung (Asylbewerber - international Schutzberechtigter) liegende Versorgungslücke von zwei Monaten und die Problematik der „Patientenlisten“ hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt (vgl. Urteilsabdruck S. 8 letzter Absatz, S. 9 und 10).

31

Das Verwaltungsgericht hat auch nicht unbeachtet gelassen, dass der bulgarische Staat keine Anstrengungen unternehme, um die Lage wirksam zu verbessern, da es keinen konkreten nationalen Integrationsplan gebe bzw. es an den finanziellen Mitteln für die Umsetzung mangele. Indem es unter Verweis auf den Bericht von ProAsyl vom April 2015 ausführt, dass derzeit kein nationales Integrationsprogramm bestehe und lediglich die ambitionierte Integrationsstrategie 2014-2020 aufgelegt worden sei, wobei es an der konkreten Umsetzung und Finanzierung fehle (vgl. Urteilsabdruck S. 9), setzt sich das Gericht zweifelsfrei mit dem insoweitigen Vorbringen des Klägers auseinander.

32

Soweit der Kläger eine Berücksichtigung und Auseinandersetzung mit der Stellungnahme von Dr. I.vom 27. August 2015 an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Abrede stellt, ist dies unzutreffend. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass sich diese Quelle - wie die Auskunft des UNHCR vom Juni 2015 an das Verwaltungsgericht Meiningen - inhaltlich mit den Berichten vom UNHCR vom 15. April 2014 und ProAsyl vom April 2015 decke. Dass es von einer detaillierten Darstellung abgesehen hat, lässt nicht den Schluss einer fehlenden Auseinandersetzung zu.

33

Dass die Zuerkennung eines Schutzstatus‘ in Bulgarien zur Folge habe, dass der Betreffende monatelang in extremer Armut leben müsse und außerstande sei, für Grundbedürfnisse wie Nahrung, Hygieneartikel und Unterkunft aufzukommen, ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus den zitierten Erkenntnisquellen (siehe Darstellung unter Ziffer I.1.). Denn trotz der zu attestierenden schwierigen Lebensbedingungen für international Schutzberechtigte in Bulgarien (insbesondere bei der Wohnsitznahme, beim Erzielen eines Erwerbseinkommens und beim Zugang zur Gesundheitsversorgung) vermochte das Gericht nicht den Schluss einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK und Art. 4 Grundrechtecharta zu ziehen, da es hiermit keine unüberwindbaren Schwierigkeiten, mithin keine ausweglose Lage für den alleinstehenden, gesunden - am 17. Januar 1993 geborenen - Kläger verknüpft. Hiergegen ist angesichts der Auskunftslage nichts zu erinnern.

34

Abgesehen davon ist die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht geeignet, eine - vermeintlich - fehlerhafte Feststellung und Bewertung des Sachverhalts einschließlich seiner rechtlichen Bewertung zu beanstanden. Insbesondere vermag die Behauptung, das Gericht habe einem tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung für weitere tatsächliche oder rechtliche Folgerungen beigemessen, einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht zu begründen (vgl. ständige Rechtsprechung des beschließenden Senates, etwa: Beschlüsse vom 13. Dezember 2004 - 3 L 488/01 - und vom 11. Januar 2005 - 3 L 2/02 -; vgl. zudem: BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1969 - 2 BvR 320/69 -, BVerfGE 27, 248 [251]; BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1997 - 6 B 55.96 -, Buchholz 11 Art. 103 Abs. 1 GG Nr. 52 [S. 11]; HessVGH, Beschluss vom 26. Januar 1995 - 10 UZ 91/95 -, MDR 1995, 525). Ob die Bewertung des Verwaltungsgerichtes einer rechtlichen Überprüfung standhält, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und der materiellen Richtigkeit der Entscheidung, die sich beide keinem der Zulassungsgründe des § 78 Abs. 3 AsylG zuordnen lassen(vgl. BayVGH, Beschluss vom 18. Dezember 2015 - 9 ZB 15.50140 -, juris).

35

Dass das Verwaltungsgericht in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt hat, Anhaltspunkte dafür, dass Bulgarien die Verpflichtung zur Inländergleichbehandlung nicht beachte, seien vorliegend weder ersichtlich noch vom Kläger geltend gemacht worden, lässt nicht den Schluss zu, das Gericht habe das klägerische Vorbringen hierzu nicht erwogen. Denn die vom Kläger zuvorderst (aus positivem Recht) beanspruchte Gewährung von Wohnraum in Bulgarien folgt - wie bereits dargestellt - nicht aus Art. 32 Richtlinie 2011/95/EU, da nur eine Gleichbehandlung mit anderen Drittstaatsangehörigen verlangt werden kann. Ungeachtet dessen schreibt das Unionsrecht für das Konzept des sicheren Drittstaats von vornherein keinen weitergehenden Rechtsschutz vor und auch Art. 1 Abs. 1 GG lässt eine grundrechtliche Mitverantwortung der Beklagten - in dem hier vorliegenden Fall - mangels nicht unüberwindbarer Schwierigkeit nicht erwachsen (siehe Darstellung unter I.1.).

36

Eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG ist nach alledem ebensowenig dargelegt.

37

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG.

38

III. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten, da der Antrag auf Zulassung der Berufung nach § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO aus den vorgenannten Gründen (Ziffer I.) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot.

39

IV. Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 78 Abs. 5 Satz 2, 80 AsylG, 152 Abs. 1 VwGO).


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

Tatbestand

1

Der Kläger stammt aus Syrien und ist syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit.

2

Er reiste nach eigenen Angaben im Juni 2016 über Bulgarien in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte Asyl. Im Rahmen einer persönlichen Anhörung gab der Kläger unter anderem an, er habe in Bulgarien einen Aufenthaltstitel erhalten; die Republik Bulgarien teilte in der Folgezeit der Beklagten mit, dass dem Kläger bereits im Oktober 2015 der Status eines Flüchtlings zuerkannt worden sei. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 25. Juli 2016 unter Hinweis auf die anderweitige Schutzgewähr in Bulgarien als unzulässig ab, drohte dem Kläger die Abschiebung nach Bulgarien an und stellte fest, dass der Kläger nicht nach Syrien abgeschoben werden darf. Weiterhin wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

3

Auf die hiergegen gerichtete Klage hob das Verwaltungsgericht des Saarlandes den Bescheid auf, weil Bulgarien wegen systemischer Mängel im Aufnahmeverfahren anerkannter Schutzberechtigter nicht (mehr) als sicherer Drittstaat anzuerkennen sei und daher entgegen der gesetzlichen Grundregel des § 31 Abs. 4 AsylG in Deutschland in eine (erneute) Prüfung der §§ 3 und 4 AsylG oder von § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG in Bezug auf Bulgarien einzutreten sei.

4

Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Bundesamtes hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen, soweit es die Abweisung des Asylantrages als unzulässig betrifft, weil "systemische" Mängel im Asyl- bzw. Aufnahmeverfahren in Bulgarien nicht anzunehmen seien. In Bezug auf die Abschiebungsandrohung mit dem Zielstaat Bulgarien sowie die Befristungsentscheidung/das Einreiseverbot sei die Berufung indes unbegründet. Wegen der ungeklärten Durchführbarkeit einer Abschiebung sei zwar unbedenklich, dass die Beklagte lediglich eine Abschiebungsandrohung erlassen habe. Diese sei aber jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte keine (ausdrückliche) Feststellung über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG getroffen habe. Eine solche Entscheidung sei nach dem seit dem 6. August 2016 geltenden § 31 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 AsylG bei Unzulässigkeitsentscheidungen zwingend vorgesehen. Eine solche Entscheidung habe das Bundesamt in Bezug auf Bulgarien nicht (ausdrücklich) getroffen; das Bundesamt selbst behaupte nicht, nationale Abschiebungsverbote in Bezug auf Bulgarien geprüft und verneint zu haben. Eine solche Feststellung liege auch nicht (inzident) in dem Erlass einer Abschiebungsandrohung nach Bulgarien. § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG erfordere eine (ausdrückliche) Feststellung zu den Voraussetzungen von Abschiebungsverboten; fehle eine solche Feststellung, sei die Abschiebungsandrohung rechtswidrig. Die Gerichte seien insoweit mit Blick auf den Gewaltenteilungsgrundsatz nicht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen, zumal der Kläger, der zu einem entsprechenden Verpflichtungsantrag nicht verpflichtet sei und sich einen Streitgegenstand nicht aufdrängen lassen müsse, keinen entsprechenden Verpflichtungsantrag gestellt habe. Die Beklagte sei angesichts der bekanntermaßen schwierigen Situation für anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien gehalten, bei ihrer Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, sicherzustellen, dass eine Abschiebung nach Bulgarien nur stattfinde, wenn eine "Anlaufadresse" in Bulgarien für angemessene Zeit zur Verfügung stehe, was - soweit im Einzelfall nicht ausnahmsweise entbehrlich - durch entsprechende individuelle Zusicherungen bulgarischer Behörden zu leisten sei.

5

Zur Begründung ihrer Revision macht die Beklagte geltend, das Berufungsgericht habe den Regelungsbereich von § 31 Abs. 3 AsylG und § 86 Abs. 1 VwGO fehlerhaft bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG bzw. eine Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG nicht allein deswegen rechtswidrig, weil in dem Bescheid die gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG vorgesehene Feststellung zu nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG fehle. Vielmehr habe das Tatsachengericht dann die zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bzw. -drohung erforderlichen Tatsachen aufzuklären und die Sache spruchreif zu machen.

6

Der Kläger tritt der Revision entgegen.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bei dem Bundesverwaltungsgericht hat angezeigt, sich nicht am Verfahren zu beteiligen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass allein eine fehlende oder unzureichende Entscheidung über den nationalen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung führe, ist mit § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. §§ 34a, 35 AsylG unvereinbar (§ 137 Abs. 1 VwGO). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen im Berufungsurteil zu den Voraussetzungen der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG kann der Senat weder zugunsten noch zulasten des Klägers abschließend entscheiden. Daher ist das Verfahren an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist hier allein die Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, soweit es den Bescheid des Bundesamtes hinsichtlich der Abschiebungsandrohung mit dem Abschiebezielstaat Bulgarien sowie hinsichtlich der Befristungsentscheidung/Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots aufhebt. Die Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag selbst, den das Bundesamt als unzulässig abgelehnt hat, ist rechtskräftig geworden, nachdem der Kläger gegen das Berufungsurteil insoweit kein (Anschluss-)Rechtsmittel eingelegt hat.

10

Ein Verpflichtungsbegehren des Klägers auf eine (positive) Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG ist mit Inkrafttreten dieser Regelung nicht kraft Gesetzes Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens und damit auch nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens (geworden). Der Kläger hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Berufungsrechtszug einen entsprechenden Antrag auch nicht ausdrücklich (hilfsweise) gestellt.

11

Im Rahmen des Rechtsschutzes gegen einen Bescheid, der einen Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AsylG als unzulässig verwirft, wird ein Anfechtungsbegehren gegen eine mit diesem Bescheid verbundene Abschiebungsanordnung oder -drohung allerdings regelmäßig dem erkennbaren Schutzbegehren nach (§ 88 VwGO) dahin auszulegen sein, dass (hilfsweise) die Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes begehrt wird. Das Berufungsgericht hat diese sachgerechte Ausdeutung des Begehrens, die Berufung der Beklagten insgesamt zurückzuweisen, aufgrund seiner fehlerhaften Rechtsauffassung zu den Auswirkungen einer fehlenden oder unzureichenden Feststellung zu nationalen Abschiebungsverboten (§ 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG) auf die Abschiebungsanordnung oder -drohung indes nicht vorgenommen; dies kann in dem nach der Zurückverweisung fortzusetzenden Berufungsverfahren nicht zulasten des Klägers gehen, der mit seinem Anfechtungsbegehren der Sache nach nationale Abschiebungshindernisse geltend gemacht hat. Das (hilfsweise) Verpflichtungsbegehren auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote ist nur dann nicht als Streitgegenstand einer Klage gegen einen Bundesamtsbescheid zu werten (§ 88 VwGO), wenn sich diese ausdrücklich auf die Anfechtung der Unzulässigkeitsentscheidung als solche beschränkt.

12

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens ist das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert mit Wirkung vom 1. Juli 2017 durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Revisionsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es seiner Entscheidung, wenn es jetzt entschiede, die während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen Änderungen des Asylgesetzes zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.

13

2. Die Abschiebungsandrohung in dem angefochtenen Bescheid ist nunmehr an §§ 34a, 35 AsylG (in der Fassung des zum 6. August 2016 geltenden Integrationsgesetzes) zu messen. Danach ist in den Fällen, in denen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 oder 2 AsylG nicht ergehen kann, die Abschiebung in den jeweiligen Staat anzudrohen bzw. ist in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 oder 4 AsylG die Abschiebung in den Staat anzudrohen, in dem er vor Verfolgung sicher ist. Nach § 35 AsylG ist in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG vom Bundesamt die Abschiebung in den Staat anzudrohen, in dem er vor Verfolgung sicher ist.

14

2.1 Zutreffend ist das Berufungsgericht mit Blick auf § 31 Abs. 3 AsylG davon ausgegangen, dass eine solche Abschiebungsandrohung für ihre Rechtmäßigkeit erfordert, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen (s.a. § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG). Die Rechtspflicht zur Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge hätte systematisch keinen Sinn, wenn sich das Ergebnis dieser Prüfung nicht auf die mit der Unzulässigkeitsentscheidung einhergehende Abschiebungsentscheidung auswirken würde.

15

Nicht zu entscheiden ist, ob in den Fällen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG eine Abschiebungsandrohung nur und erst dann ergehen darf, wenn geprüft und positiv festgestellt worden ist, dass eine Abschiebungsanordnung nicht ergehen kann, weil nicht feststeht, dass sie durchgeführt werden kann und ob hierfür - wie vom Berufungsgericht angenommen - bereits eine nicht näher dargelegte "offensichtlich ungeklärte Durchführbarkeit" genügt. Eine objektive Rechtswidrigkeit einer bloßen Abschiebungsandrohung verletzte den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten. In den Fällen einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, in die die wegen der Einreise aus einem sicheren Drittstaat erfolgte Unzulässigkeitsentscheidung umzudeuten gewesen wäre (s. BVerwG, Beschluss vom 23. März 2017 - 1 C 17.16 - juris), hat nach § 35 AsylG ohnehin nur eine Abschiebungsandrohung zu ergehen. Nicht zu vertiefen ist daher auch, ob sich in Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine objektiv rechtswidrige Unzulässigkeitsentscheidung in Rechtskraft erwachsen ist, für die aber eine Umdeutung in eine rechtmäßige Unzulässigkeitsentscheidung in Betracht zu ziehen gewesen wäre (zu den möglichen Grenzen der Umdeutung bei vor dem 20. Juli 2015 gestellten Asylanträgen s. indes BVerwG, Beschluss vom 23. März 2017 - 1 C 17.16 - juris), die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsentscheidungen nach den für die in Rechtskraft erwachsene Behördenentscheidung geltenden Bestimmungen oder nach jenen richtet, die für die umgedeutete Entscheidung anzuwenden sind.

16

2.2 § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG enthält für die Abschiebungsandrohung materiell-rechtliche Voraussetzungen (Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG), zu denen auch dann, wenn nach §§ 34a AsylG eine Abschiebungsanordnung im Raum steht, nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG nunmehr eine ausdrückliche Feststellung in der Entscheidung über einen unzulässigen Asylantrag verlangt ist. Allein der Umstand, dass eine solche Feststellung nicht (ausdrücklich) getroffen worden ist, bedeutet aber nicht, dass - positiv - die Voraussetzungen für nationalen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen (s.a. BVerwG, Beschluss vom 27. April 2017 - 1 B 6.17 - juris Rn. 6). Dass eine derartige ausdrückliche Feststellung des Bundesamtes über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG ergangen ist, ist nicht (gesetzliches) Tatbestandsmerkmal der Abschiebungsanordnungen bzw. -drohungen nach §§ 34a, 35 AsylG. Auch die nunmehr in § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG normierte Rechtspflicht zur (ausdrücklichen) Feststellung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG schafft kein zusätzliches gesetzliches Tatbestandsmerkmal. Die Feststellungspflicht erweitert zwar - formell - das (objektivrechtliche) Entscheidungs"programm" des Bundesamtes. Sie erhöht aber nicht - materiellrechtlich - die Anforderungen an den Erlass von Abschiebungsanordnungen oder -drohungen nach §§ 34a, 35 AsylG.

17

2.3 § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG wirkt auch prozessrechtlich nicht als zusätzliche (formelle) Anforderung für den Erlass einer Abschiebungsanordnung oder -drohung bzw. deren umfassende Überprüfung. Verletzt das Bundesamt seine aus § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG folgende Rechtspflicht zur Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, kann der Asylbewerber nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen (§ 44 VwGO) die Anfechtungsklage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung und die mit dieser verbundenen Abschiebungsanordnung bzw. -drohung zwar (hilfsweise) mit einem entsprechenden Verpflichtungsantrag verbinden. Dieser Antrag ist aber nicht Voraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses für die Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsanordnung bzw. -drohung, zumal ein Rechtsschutzbedürfnis für eine ausdrückliche Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG nicht vorliegen, regelmäßig fehlen dürfte. Dann ist er aber auch nicht Voraussetzung für die gerichtliche Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, die im Rahmen des - insoweit selbstständigen - Anfechtungsbegehrens gegen eine Abschiebungsanordnung bzw. -drohung nach deren gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen vorzunehmen ist.

18

2.4 Für die Anfechtung einer Abschiebungsanordnung oder -drohung nach §§ 34a, 35 AsylG verbleibt es mithin bei dem Grundsatz (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), dass ein Verwaltungsakt der gerichtlichen Aufhebung unterliegt, soweit er rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, und die Gerichte nach § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 VwGO verpflichtet sind, die Sache spruchreif zu machen, d.h. zu überprüfen, ob und inwieweit der angefochtene Verwaltungsakt den Kläger in seinen Rechten verletzt und deshalb aufzuheben ist (s.a. BVerwG, Beschluss vom 3. April 2017 - 1 C 9.16 - Asylmagazin 2017, 239). Die Gerichte haben bei der Überprüfung der Abschiebungsanordnung bzw. -drohung alle einschlägigen Rechtsnormen und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO - alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenen Behörde zur Begründung des Verwaltungsakts angeführt worden sind oder nicht (BVerwG, Urteil von 16. November 2015 - 1 C 4.15 - BVerwGE 153, 234 Rn. 28).

19

Die in § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG bei Unzulässigkeitsentscheidungen vorgegebene Feststellung durch das Bundesamt führt nicht - wie in den Fällen der Unzulässigkeitsentscheidung selbst - zu einem mehrstufigen Behördenverfahren, das klar zwischen der Zulässigkeitsentscheidung und der nachfolgenden Sachprüfung und -entscheidung unterscheidet (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2017 - 1 C 9.17 -). Auch in Fällen, in denen die Prüfung der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG - aus welchen Gründen auch immer - vollständig unterblieben ist, bestehen für die rechtlich gebundene Entscheidung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, keine Besonderheiten, die eine gegenüber der gerichtlichen Kontrolle vorrangige, exklusive Prüf- oder Entscheidungszuständigkeit des Bundesamtes rechtfertigen. Bei der Prüfung und Feststellung der nationalen Abschiebungsverbote sind keine verfahrensrechtlichen Vorgaben oder Besonderheiten des Unionsrechts ersichtlich, welche einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle durch gerichtliche Vollprüfung auch möglicher Abschiebungsverbote entgegenstehen.

20

3. Die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Lage international schutzberechtigter Personen in Bulgarien erlauben dem Senat keine Beurteilung, ob in Bezug auf Bulgarien die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen.

21

3.1 Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner Prüfung der Rechtmäßigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung allerdings auf die schwierige Situation anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien hingewiesen und ausgeführt, dass bei der Entscheidung darüber, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, das Bundesamt gehalten sei, einzelfallbezogen immer das Vorliegen eines Abschiebungsverbots hinsichtlich Bulgariens mit Blick auf die persönlichen Verhältnisse des konkreten Ausländers zu prüfen und jedenfalls grundsätzlich sicherzustellen habe, dass Abschiebungen nach Bulgarien nur dann stattfinden, wenn die Betroffenen dort auf eine Anlaufadresse für angemessene Zeit zugreifen könnten. Dies stehe indes nicht generell der Qualifizierbarkeit der Republik Bulgarien als sicherer Drittstaat entgegen; daraus folgten auch nicht "systemische Mängel" im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Asyl- bzw. Aufnahmeverfahren in Bulgarien. Darin liegt keine abschließende, positive Wertung der tatsächlichen Erkenntnisse dahin, dass - generell oder in Bezug auf den Kläger - die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Eine solche Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem neuerlichen Hinweis des Berufungsgerichts auf die schwierige Situation anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien, angesichts derer die Beklagte gehalten sei, bei ihrer Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, "sicherzustellen... , dass eine Abschiebung des Klägers nur dann stattfindet, wenn ihm eine 'Anlaufadresse' in Bulgarien für angemessene Zeit zur Verfügung steht". Dies sei "- sofern im Einzelfall nicht ausnahmsweise entbehrlich - durch entsprechende individuelle Zusicherungen bulgarischer Behörden" zu leisten.

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3.2 Eine tragfähige Grundlage für eine eigenständige Beurteilung des Senats, ob in Bezug auf Bulgarien die Voraussetzungen nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, bildet dies nicht. Das Berufungsgericht hat sich - insoweit auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zu seiner begrenzten Prüfungspflicht folgerichtig - einer abschließenden Entscheidung gerade enthalten.

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4. Ist der Rechtsstreit somit zur erneuten Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, gilt gleiches auch für die unter Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Befristung des "gesetzlichen" (§ 11 Abs. 1 AufenthG) Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 75 Nr. 12 AsylG, die nach aktueller Rechtsprechung des Senats unionsrechtskonform als behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verstehen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 - 1 VR 3.17 - Rn. 72). Denn die Rechtmäßigkeit eines - hier auf 30 Monate befristeten - Einreiseverbots hängt von der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung ab.

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5. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)