Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 13. Apr. 2016 - 8 C 10674/15

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2016:0413.8C10674.15.0A
13.04.2016

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein anerkannter Umweltverband, wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten, mit dem die Erweiterung der von dem Beigeladenen betriebenen Deponie Rechenbachtal um einen 5. Deponieabschnitt genehmigt wurde.

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Die Deponie Rechenbachtal wurde aufgrund eines Bescheides der Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz vom 19. Februar 1971 und einer nachfolgenden Anzeige vom 7. Juni 1972 als Hausmülldeponie betrieben. Die heute bestehenden Deponieabschnitte 1 bis 4 wurden aufgrund von Plangenehmigungen der Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz vom 10. November 1994, 26. August 1996 und 15. Juli 1997 sowie einer Plangenehmigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd vom 2. März 2007 oberhalb der ursprünglichen Hausmülldeponie der Stadt Zweibrücken errichtet. Der noch ohne Basisabdichtung abgelagerte Hausmüll wurde aufgrund der genannten Plangenehmigungen auf die Deponieabschnitte 1 bis 4 umgelagert. Im Jahre 2011 war die Umlagerung abgeschlossen.

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Seit dem 1. Juni 2005 werden auf der Deponie nur noch mineralische Abfälle abgelagert. Der überwiegende Anteil der deponierten Abfälle stammt aus Rheinland-Pfalz und den angrenzenden Bundesländern. Zudem werden Abfälle aus dem europäischen Ausland angenommen.

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Mit Schreiben vom 18. September 2013 stellte der Beigeladene bei dem Beklagten den Antrag auf Planfeststellung zur Erweiterung der bestehenden Deponie Rechenbachtal um einen zusätzlichen 5. Deponieabschnitt. Die Deponie soll auf einem etwa 8,9 ha großen Gelände betrieben werden, das durch die Umlagerung der Abfälle der Hausmülldeponie bis 2011 entstanden ist. Vorgesehen ist, auf dieser Deponiefläche Abfälle der Deponieklassen I und II abzulagern. Mit der Erweiterung entsteht ein Deponievolumen von 4 Mio. m³. Bei Annahme einer jährlichen Abfallmenge von 200.000 bis 225.000 m³ ist hiermit für die Region eine Entsorgungssicherheit über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren gewährleistet. Die Erweiterung soll in zwei Abschnitten auf Teilflächen von 4 ha und 4,9 ha verwirklicht werden. Der Deponiestandort ist im Landesentwicklungsprogramm IV von einer Fläche mit großräumig bedeutsamem Freiraumschutz und einem landesweit bedeutsamen Bereich für den Grundwasserschutz ausgespart. Im Abfallwirtschaftsplan Rheinland-Pfalz, Teilplan kommunale Abfallwirtschaft vom Februar 2004, auf den das Landesentwicklungsprogramm verweist, ist der Standort als vorhandene Restabfalldeponie bezeichnet mit dem Zusatz, dass 2005 ein Weiterbetrieb als Inertstoffdeponie beabsichtigt sei. Im Regionalen Raumordnungsplan Westpfalz 2004 ist der Bereich der Deponie als „Siedlungsfläche Industrie und Gewerbe“ ausgewiesen. Der Flächennutzungsplan der Stadt Zweibrücken stellt den Deponiebereich als Fläche für Ver- und Entsorgung – Deponie dar. Die Planunterlagen lagen im Zeitpunkt vom 2. Januar bis zum 3. Februar 2014 zur Einsichtnahme aus. Hiernach konnten Einwendungen bis spätestens 17. Februar 2014 erhoben werden.

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Mit am 15. Januar 2014 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben wandte der Kläger gegen das Vorhaben ein, dass die Planrechtfertigung unzureichend sei. Nach dem Landesabfallbericht Rheinland-Pfalz seien im Jahr 2011 landesweit 570.406 t Abfälle der Deponieklasse II und 735.289 t Abfälle der Deponieklasse I abgelagert worden. In Zweibrücken selbst fielen Abfälle im Umfang von 6.000 t an. Hiernach liege der Verdacht nahe, dass es der Beigeladenen vorrangig darauf ankomme, mit der Deponie Gewinne zu erwirtschaften. Aus Sicht des Klägers sei es sinnvoll, für die Deponieerweiterung ein Gelände vorzusehen, das aufgrund der bisherigen Nutzung ohnehin vorbelastet sei. Mit der Erweiterung könne auch erreicht werden, dass weniger Wasser durch belastete Böden fließe. Vor der Sanierung sei die Notwendigkeit weiterer Rekontaminierungsmaßnahmen zu prüfen.

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In einer Stellungnahme vom 29. Januar 2014 führte das Landesamt für Geologie und Bergbau zu der vorgesehenen Basisabdichtung der Deponie aus, dass das hierfür beprobte Material eine Kationenaustauschkapazität (KAK) zwischen 7,37 und 15 mmol(eq)/100 g Trockenmasse aufweise. Dies reiche für eine geologische Barriere mit einer Mächtigkeit von 1 m nicht aus. Vielmehr habe unter Geltung der TA Siedlungsabfall in Rheinland-Pfalz bei einer 3 m mächtigen geologischen Barriere das Erfordernis eines Wertes von 10 mmol(eq)/100 g Trockenmasse/m, also insgesamt 30 mmol(eq)/100 g Trockenmasse bestanden. Hiernach sollte eine Mächtigkeitserhöhung der künstlichen geologischen Barriere oder eine Vergütung mit Bentonit in Erwägung gezogen werden.

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Am 27./28. März 2014 fand in Zweibrücken ein Erörterungstermin zur Deponieerweiterung statt.

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Hinsichtlich der Ausgestaltung der geologischen Barriere unterbreitete das Landesamt für Geologie und Bergbau den Vorschlag, der Beigeladene möge durch geeignete Versuche nachweisen, dass langfristig ein ausreichendes Schadstoffrückhaltevermögen gewährleistet sei. Alternativ fasste das Landesamt den Einbau bentonitischen Fremdmaterials mit einer Kationenaustauschkapazität von 30 mmol(eq)/100 g Trockenmasse bei einer Mindestmächtigkeit der geologischen Barriere von 1 m an der Basis der Deponie, die wannenförmig auszubilden sei, ins Auge. An den Böschungen genüge in diesem Fall Material mit einer Kationenaustauschkapazität von 15 mmol(eq)/ 100 g Trockenmasse.

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Mit Gutachten vom 8. Mai 2015 entwickelte das von dem Beigeladenen beauftragte Ingenieurbüro auf Grundlage dieser Anforderungen das Modell, in den Böschungsflächen des 5. Deponieabschnitts Material vorzusehen, das eine Kationenaustauschkapazität von mindestens 12 mmol(eq)/100 g Trockenmasse aufweise. Für den Sohlbereich des Deponieabschnitts solle eine Kationenaustauschkapazität von 21 mmol(eq)/100 g Trockenmasse eingesetzt werden.

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In seiner Stellungnahme zu diesem Vorschlag wies das Landesamt für Geologie und Bergbau mit Schreiben vom 26. Mai 2015 darauf hin, dass der Gesetzgeber sowohl für die TA Siedlungsabfall als auch für die Deponieverordnung das ausreichende Schadstoffrückhaltevermögen für die geologische Barriere nicht bestimmt habe. Ob die vom Antragsteller vorgesehenen KAK-Mindestwerte ausreichend seien, sei nicht durch Untersuchungen belegt. Insoweit sei eine bundesweite Untersuchung zu diesem Thema dringend anzuraten.

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Am 10. Juni 2015 erließ der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss, mit dem er die Erweiterung der Deponie Rechenbachtal um einen 5. Deponieabschnitt feststellte. Gleichzeitig erteilte er die wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung von Niederschlagswasser als Oberflächenwasser von der Deponie in den Bundenbach.

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In den Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses ist unter Nr. 1.5 vorgesehen, dass die Bundeseinheitlichen Qualitätsstandards (BQS) der LAGA Ad-hoc-AG „Deponietechnik“ beim Bau der Basisabdichtung zu beachten seien. Für die geotechnische Barriere ist nach Nr. 4.13 der Nebenbestimmungen eine Mächtigkeit von mindestens 1 m vorgesehen, wobei hierfür die Gesamtdurchsickerungszeit und das Gesamtschadstoffrückhaltevermögen maßgeblich sein sollen. Nach Nr. 5.2 ist eine künstliche Barriere herzustellen, die im Böschungsbereich eine Kationenaustauschkapazität (KAK) von ≥ 12 mmol(eq)/100 g Trockenmasse und im Basisbereich von ≥ 21 mmol(eq)/100 g Trockenmasse bezogen auf 1 m Mächtigkeit aufweisen muss. Zum Basisbereich soll beiderseitig ein Böschungsstreifen von 3,50 m Länge gehören. Nach Ziffer 5.4 ist für die Vergütung des Materials zur Herstellung der künstlichen geologischen Barriere eine Abstimmung mit dem Landesamt für Geologie und Bergbau herbeizuführen.

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Was den Aufbau der Basisabdichtung angeht, so ist nach den genehmigten Unterlagen – von unten nach oben betrachtet – zunächst eine geotechnische Barriere mit einer Mächtigkeit von 1 m und einem Durchlässigkeitsbeiwert < 1 x 10-9 m/sec. vorgesehen. Hierüber soll der Einbau einer mineralischen Dichtung mit einer Mächtigkeit von 0,25 m erfolgen, die mit Bentonit vergütet wird und einen Durchlässigkeitsbeiwert von < 5 x 10-10 m/sec. aufweist. Die nächste Schicht besteht aus einer mineralischen Dichtung, die ebenfalls eine Mächtigkeit von 0,25 m erreicht und mit Kaolinit vergütet wird. Der Durchlässigkeitsbeiwert soll 5 x 10-10 m/sec. betragen. Hieran schließen sich eine Asphalttragschicht mit maximal 60 % Asphaltgranulat und einer Höhe von 8 cm sowie zwei jeweils 6 cm mächtige Lagen Deponieasphalt als Dichtungsschicht an.

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Zur Planrechtfertigung führt der Planfeststellungsbeschluss aus, dass bislang jährlich 200.000 bis 225.000 m³ Abfall deponiert worden seien. Für 140.000 t bestünden dabei langfristige Verträge. Die bisherige Deponiekapazität von 900.000 m³ werde innerhalb von 4 bis 5 Jahren verbraucht sein. Es sei unschädlich, dass der angelieferte Abfall nur zum geringen Teil aus dem Gebiet der Stadt Zweibrücken stamme, da eine entsprechende Deponie mit derart geringen Abfallmengen nicht wirtschaftlich betrieben werden könne. Auch das Kreislaufwirtschaftsgesetz gehe davon aus, dass große Abfallentsorgungsanlagen nicht in jedem Landkreis vorgehalten werden könnten. Insoweit liege auch kein Verstoß gegen das Näheprinzip des Art. 16 der Richtlinie (EG) 2008/98 (Abfallrahmenrichtlinie) vor. Die Abfallrahmenrichtlinie verbiete es nicht, Abfälle anzunehmen, die außerhalb des Entsorgungsgebiets des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anfielen. Entsprechende Vorgaben ergäben sich auch nicht aus dem Abfallwirtschaftsplan. Dieser sei weder für verbindlich erklärt worden, noch enthalte er entsprechende Regelungen. Zudem sei mit der Änderung einschlägiger Rechtsvorschriften wie der Mantelverordnung, der Ersatzbaustoffverordnung und der Bundesbodenschutzverordnung zu rechnen, die dazu führten, dass zusätzliche Stoffströme zu den Deponien gelenkt würden. Weiterhin sehe der Abfallwirtschaftsplan Rheinland-Pfalz 2013 vor, dass im Jahre 2025 voraussichtlich noch 500.000 t gefährlicher Abfälle auf Deponien der Deponieklassen I und II abgelagert werden müssten. Von dem in den Jahren 2010 bis 2012 auf der Deponie beseitigten Abfall hätten 58 % aus Rheinland-Pfalz gestammt, 20 % seien aus angrenzenden Bundesländern gekommen. Der Anteil ausländischer Abfälle habe 21 % betragen.

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Die Einrichtung der Deponie verstoße auch nicht gegen § 85 GemO. Vielmehr sei ein wirtschaftlicher Betrieb ausschließlich mit aus dem Bereich der Stadt Zweibrücken stammenden Abfällen nicht möglich. Auch der Beschluss des Stadtrates Zweibrücken zur Erweiterung der Deponie lasse keinen Rechtsfehler erkennen. Hinsichtlich des für die geotechnische Barriere vorgesehenen Materials sei nachgewiesen, dass deren Wirksamkeit durch den hohen Kalkgehalt nicht beeinträchtigt werde. Die vorgesehenen Werte zur Kationenaustauschkapazität stellten Mindestanforderungen dar.

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Insgesamt sei die Deponieerweiterung durch den Gemeinwohlbelang der geordneten und fachgerechten Abfallentsorgung gerechtfertigt. Eigentumsbeeinträchtigungen entstünden hierdurch nicht. Standortalternativen hätten nicht geprüft werden müssen, da der gewählte Standort sich wegen der vorgenommenen Umlagerung der Abfälle geradezu aufgedrängt habe. Die Erweiterung trage zur Entsorgungssicherheit in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahrzehnte bei. Zwar bestehe die Möglichkeit, dass die Andienung italienischer Abfälle abnehme. Im Ausgleich sei jedoch mit Abfallanlieferungen aus grenznahen französischen Regionen zu rechnen.

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Der Planfeststellungsbeschluss wurde dem Kläger am 18. Juni 2015 zugestellt.

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Am 10. Juli 2015 hat der Kläger Klage erhoben.

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Zur Begründung stellt er darauf ab, dass sich der Planfeststellungsbeschluss als rechtswidrig erweise. Dem Vorhaben fehle die erforderliche Planrechtfertigung. Nach dem Abfallwirtschaftsplan des Landes Rheinland-Pfalz sei die Entsorgungssicherheit für Deponien der Deponieklasse II bis 2025 gegeben. Hiernach sei aber derzeit keine Notwendigkeit für eine Erweiterungsplanung erkennbar. Hinzu komme, dass der Beigeladene nach seiner Satzung lediglich die abfallrechtlichen Aufgaben der Stadt Zweibrücken wahrnehmen solle. Selbst wenn man insoweit berücksichtige, dass die Stadt Zweibrücken Mitglied des Abfallwirtschaftsverbandes Südwest sei, seien hiernach nur die in dessen Einzugsbereich anfallenden Abfälle maßgeblich. Dies gebiete auch § 85 Abs. 1 Nr. 1 GemO, wonach wirtschaftliche Unternehmungen nur dann zulässig seien, wenn der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertige. Auch wenn der Abfallwirtschaftsplan keine für verbindlich erklärten Feststellungen enthalte, könne hieraus nicht geschlossen werden, dass die Deponie im Einklang mit den Zielen der Abfallwirtschaft des Landes stehe.

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Die Deponieerweiterung stehe auch im Widerspruch zu den Zielen von Raumordnung und Landesplanung. Soweit der Abfallwirtschaftsplan von der Eignung der Deponie für eine Erweiterung ausgehe, sei damit noch nicht positiv festgestellt, dass ein Bedarf für eine derartige Erweiterung bestehe. Betrachte man das Abfallwirtschaftskonzept der Stadt Zweibrücken, so hätten seit 2009 die Baustellenabfälle rapide abgenommen. Derzeit falle im Stadtgebiet eine Menge von 33.000 t pro Jahr an. Zukünftig sei mit einem weiteren Rückgang der Abfälle zu rechnen. Eine Deponieerweiterung liege nur dann im Allgemeinwohlinteresse, wenn sie der Entsorgung der lokalen bzw. regionalen Abfälle diene. Selbst wenn man die in den Abfallbehandlungsanlagen anfallenden Reststoffe einbeziehe, für die vertragliche Bindungen bestünden, rechtfertige dies nicht die beantragte Kapazität. Es sei nicht Aufgabe eines kommunalen Unternehmens, freie Kapazitäten für Abfälle aus weit entfernten Regionen wie etwa Italien vorzuhalten. Auch sei nicht hinreichend untersucht worden, ob für die vorgesehenen Abfälle Verwertungsmöglichkeiten bestünden. In anderen Bundesländern sei es üblich, das Einzugsgebiet der Deponie und damit die Anlieferung von Abfällen aus dem Ausland einzuschränken. Unabhängig von entsprechenden Aussagen des Abfallwirtschaftsplans könne der Einzugsbereich der Deponie im Planfeststellungsbeschluss beschränkt werden. Das Näheprinzip könne auch vom Empfänger der Abfälle geltend gemacht werden, wenn die Beseitigungskapazitäten nicht ausreichten, um dem Nähe- oder Autarkieprinzip Rechnung zu tragen.

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Die zwischenzeitlich in Kraft getretene Änderung des § 12 Abs. 5 Landeskreislaufwirtschaftsgesetz lasse erkennen, dass auch in Rheinland-Pfalz die Anstrengungen erhöht werden sollten, die Anlieferung ausländischer Abfälle stärker zu kontrollieren bzw. einzuschränken. Abfallanlieferungen aus anderen Bundesländern könnten unter erleichterten Voraussetzungen wegen Unvereinbarkeit mit den Zielen der Abfallwirtschaftsplanung des Landes zurückgewiesen werden. Dem mit der M. GmbH & Co KG geschlossenen Liefervertrag könne nicht entnommen werden, aus welchem Einzugsgebiet die Anlieferungen stammten. Zudem sei nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die Deponie ohne Anlieferungen aus dem Ausland nicht wirtschaftlich betrieben werden könne.

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Die Frage der Anforderungen an die Basisabdichtung sei unter den zuständigen Fachbehörden kontrovers diskutiert worden. Weshalb der Beklagte von den Anforderungen des Landesamtes für Geologie und Bergbau abgewichen sei, sei nicht nachvollziehbar. Was die geologische Barriere angehe, so habe das Landesamt für Geologie und Bergbau sein Einverständnis mit der vorgeschlagenen Ausgestaltung nicht erteilt. Vielmehr habe es ausgeführt, dass bislang nicht belegt sei, ob die vorgesehenen KAK-Mindestwerte ausreichend seien. Der Nachweis des Schadstoffrückhaltevermögens durch das von dem Beigeladenen beauftragte Planungsbüro sei fachlich und naturwissenschaftlich falsch. Ob eine Ladungsmenge als hoch oder weniger hoch einzustufen sei, könne nicht aus der Stoffmenge abgeleitet werden. Vielmehr seien Stoff- und Ladungsmenge unabhängig voneinander zu betrachten. Bei der Berechnung des von der Beigeladenen beauftragten Ingenieurbüros bleibe außer Betracht, dass aus den Altflächen ebenfalls Wasser auf die Sohle der Deponie abgeleitet werde. Hierdurch erhöhe sich der Wasserdruck im Bereich der Sohlfläche. Man benötige eine um 210 % höhere Kationenaustauschkapazität, so dass statt 12 cmolc/kg 31 cmolc/kg erforderlich seien. Auch die Berechnung des zur Vergütung erforderlichen Tonmaterials sei fehlerhaft. Dass der DIN 4220 ein Übertragungsfehler zugrunde liege, sei nicht zutreffend. Vielmehr lasse die Definition der Kationenaustauschkapazität in der DIN-Norm erkennen, dass nicht auf die Ladungsmenge abgestellt werde.

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Der Planfeststellungsbeschluss erweise sich schließlich auch als abwägungsfehlerhaft, da der Bedarf nicht ausreichend ermittelt worden sei. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Genehmigung der bisherigen Deponie zu keinem Zeitpunkt ein Planfeststellungsverfahren zugrunde gelegen habe. Der Deponiebestand sei nie Gegenstand einer fachplanerischen Abwägungsentscheidung gewesen. Insoweit sei von der Neuerrichtung, nicht von der Erweiterung einer Deponie auszugehen. Eine ordnungsgemäße Prüfung des Deponiestandortes habe bislang nicht stattgefunden. Die im Bescheid angenommene Restlaufzeit stimme nicht mit den Angaben im Abfallwirtschaftsplan überein. Was den Verzicht auf eine Sicherheitsleistung angehe, so sei fraglich, ob dieser mit den Vorschriften der Deponierichtlinie vereinbar sei. Die Übertragung der Aufgaben der Abfallentsorgung durch die Stadt Zweibrücken auf den Beigeladenen sei unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten problematisch.

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Die unter Ziffer 2 formulierten Hilfsanträge seien begründet, da damit zu rechnen sei, dass die Verwertungsquoten künftig weiter erhöht würden. Die Anträge zu Ziffer 3 trügen dem Umstand Rechnung, dass der Beklagte von den Anforderungen der Fachbehörden abgewichen sei. Mit dem Hilfsantrag zu Ziffer 4 werde geltend gemacht, dass das Gefährdungspotential der Abfälle eine strenge Überwachung im Wege der Vorsorge erforderlich mache.

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Der Kläger beantragt,

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1. den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 10. Juni 2015, Az: 89 30-ZW Rech:314 aufzuheben,

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hilfsweise,

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durch ein geologisch-physikalisches Sachverständigengutachten Beweis zu erheben über die Frage, ob im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss auf Grundlage des Gutachtens der Beigeladenen vom 8. Mai 2015 die Herleitung der Kationenaustauschkapazität (KAK) der geologischen Barriere im Bereich der Sohle und der Flanken der Deponie ausreichend ist, in dem Sinne, dass die Eingangsvoraussetzungen und die Ableitungen in Anwendung der einschlägigen Rechtsgrundlagen und technischen Regelwerke der guten fachlichen Praxis entsprechen, insbesondere ob

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a) die Berechnung der erforderlichen KAK anhand des hydraulischen Gefälles und

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b) das Umrechnungsverhältnis (Sohle zur Böschungsfläche im Unterschied zum Verhältnis Sohle zur Deponieoberfläche)

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den genannten Anforderungen entsprechen.

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2. Weiter beantragt er hilfsweise,

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2.a) den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid mit einem Vorbehalt zu versehen, der dem Beigeladenen aufgibt, vor dem Beginn des Baus des weiteren Deponieabschnitts 5.2. den Bedarf gutachtlich nachzuweisen und weiter den Beklagten zu verpflichten, die Zustimmung zum Bau des Deponieabschnitts 5.2. nur zu erteilen, wenn sich der von dem Beigeladenen nachgewiesene Bedarf überwiegend aus dem öffentlichen Zweck der gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung für die ihr zu überlassenden Siedlungsabfälle aus privaten Haushaltungen nach § 17 KrWG und Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen nach § 17 Abs. 1 Satz 2 herleitet, die ihren Ursprung auf dem Gebiet den Beigeladenen oder der von ihm eingegangen Kooperationen oder Zweckverbänden wie dem Zweckverband Abfallwirtschaft Südwest (ZAS) haben;

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2.b) den Beklagten zu verpflichten, die Annahme von Abfällen der Herkunft nach zu beschränken auf die Regionen, die eine ortsnahe Entsorgung der anfallenden Abfälle darstellen; dieses sind über den unmittelbaren Einzugsbereich des Stadtgebietes der Stadt Zweibrücken hinaus Abfälle aus dem Einzugsbereich des Zweckverbands Abfallwirtschaft Südwest und dem Bundesland Rheinland-Pfalz, aus andern Bundesländern nur, wenn entsprechende Kooperationen oder Vereinbarungen bestehen;

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2.c) den Beklagten zu verpflichten, dem Beigeladenen ausschließlich die Annahme von Siedlungsabfällen oder haushaltsähnlichen Gewerbeabfällen zu gestatten, die überwiegend aus den unter 2 b) genannten Regionen und Einzugsgebieten stammen, um eine ortsnahe Entsorgung zu ermöglichen, soweit die Deponie für die jeweilige Abfallart zugelassen ist;

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2.d) den Beklagten zu verpflichten, dem Beigeladenen insbesondere die Annahme von asbesthaltigen Abfällen (insbesondere Schlüsselnummer 17 06 05*) unter Beachtung der Vorgaben des Abfallverbringungsgesetztes i.V.m. der VO EG Nr. 1013/2006 nur zu gestatten, soweit die Kapazitäten der Deponie des Beigeladenen nicht vorrangig für ortsnäher anfallende Abfälle benötigt werden und insbesondere der Einwand nach Art. 11 Abs. 1 g ii) der VO EG 1012/2006 i.V.m. Art. 16 AbfRRi (Näheprinzip) nicht entgegensteht;

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2.e) für den Fall, dass die Annahme der unter 2.d genannten Abfälle im Rahmen der Notifizierung nach der AbfallverbringungsG/VO EG Nr. 1013/2006 nicht verweigert werden kann, den Beklagten bzw. die SAM und die für die Verbringung zuständige Behörde zu verpflichten, mit dem Beigeladenen und dem Verbringer geeignete Fristen abzustimmen, nach deren Ablauf keine weitere Verbringung dieser Abfälle auf die Deponie mehr erfolgt, da bis dahin ausreichend ortsnähere Entsorgungskapazitäten zur Verfügung stehen bzw. geschaffen werden.

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3. Überdies beantragt er hilfsweise,

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3.a) den Beklagten zu verpflichten, dem Beigeladenen aufzugeben, die Deponiebasisabdichtung einschließlich der Böschungen so zu errichten, dass eine Kationenaustauschkapazität (KAK) von 30 mmol(eq)/100 g Trockenmasse erreicht wird, wie er von der beilegten Fachbehörde LGB in der Stellungnahme vom 29.01.2014 fachtechnisch gefordert wurde;

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3.b) den Beklagten zu verpflichten, dem Beigeladenen aufzugeben, einen geeigneten Nachweis zu führen, dass auch ohne diesen Standard unter 3 a) eine ausreichende und vor allem nachhaltige Basisabdichtung gewährleistet ist, wenn der Beigeladene dem aus fachlichen Gründen oder aus Kostengründen nicht folgen will. Dazu sind entsprechende Gutachten und Nachweise in Abstimmung mit dem LBG vorzulegen, die aus fachlicher Sicht einen geeigneten wissenschaftlichen Nachweis darstellen;

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3.c) den Beklagten zu verpflichten, dem Beigeladenen aufzugeben, eine Sicherheit zu leisten und bei Veränderungen der sicherheitstechnischen Beurteilung der Deponie oder bei bestehenden Restunsicherheiten zu überprüfen und ggf. heraufzusetzen.

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4. Schließlich beantragt er hilfsweise,

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den Beklagten zu verpflichten, dem Beigeladenen das - derzeit freiwillige - befristete Schadstoffmonitoring (Luft, Boden) als unbefristete Auflage aufzugeben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

46

Er ist der Ansicht, dass es sich bei dem Vorhaben um die Erweiterung einer bereits bestehenden Deponie handele, da die Identität des bisherigen Bestandes gewahrt bleibe. Zudem sei unklar, ob sich der Kläger auf eine fehlende Planrechtfertigung berufen könne. Diese sei indessen gegeben. Das Vorhaben diene dem Schutz von Mensch und Umwelt im Sinne einer geordneten Abfallentsorgung. Ausreichend sei, dass das Vorhaben dazu beitrage, mittelfristig Entsorgungsengpässe in Rheinland-Pfalz zu vermeiden. Auch aus den Vorschriften der Abfallrahmenrichtlinie ergebe sich kein Erfordernis, Abfallentsorgungsanlagen in jedem Landkreis vorzuhalten. Abgesehen von für allgemeinverbindlich erklärten Abfallwirtschaftsplänen sei fraglich, ob regionale Entsorgungsbereiche für Deponien festgesetzt werden könnten. Aufgrund neuer Berechnungen des Landesamtes für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht sei für die Deponien der Deponieklasse II im Süden des Landes Rheinland-Pfalz lediglich von einer Restlaufzeit von 4 1/2 Jahren auszugehen. Auch wenn von einer Entsorgungssicherheit in Rheinland-Pfalz bis 2029 ohne die Erweiterung auszugehen sei, lasse sich mittelfristig ein Entsorgungsengpass absehen. Eine nationale Vorschrift, wonach die Einfuhr von Abfällen zurückgewiesen werden könne, wenn im Herkunftsmitgliedsstaat näher gelegene oder technisch vergleichbare Entsorgungseinrichtungen vorhanden seien, existiere nicht. Eine verbindliche Entscheidung könne allenfalls der Herkunftsmitgliedsstaat treffen. Die Prüfung, ob im Versenderstaat geeignete Anlagen mit ausreichender Kapazität zur Verfügung stünden, müsse im Herkunftsland getroffen werden. Eine erhebliche Abnahme mineralischer Abfälle sei nicht zu erwarten, da zunehmend Vorbehalte gegen den Einsatz von Recyclingbaustoffen festzustellen seien. Eine Notwendigkeit, im Rahmen der Abwägung Entsorgungsgebiete festzusetzen, habe sich angesichts der Kapazität der Deponie nicht ergeben.

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Ein Verstoß gegen § 85 GemO sei ebenfalls nicht erkennbar. Die Nichtbeachtung des § 85 GemO könne vom Kläger bereits nicht gerügt werden. Zudem sei der Beigeladene gemäß § 85 Abs. 4 Nr. 5 GemO berechtigt, Abfälle anzunehmen, die nicht aus dem Gebiet der Stadt Zweibrücken oder des Abfallzweckverbandes stammten.

48

Auch die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses zur künstlichen geologischen Barriere seien nicht zu beanstanden. Die Deponieverordnung enthalte keine konkreten Angaben zum Schadstoffrückhaltevermögen. Auch die technischen Regeln der LAGA Ad-hoc-AG „Deponietechnik“ enthielten keine exakten Werte für den Parameter Kationenaustauschkapazität. Den ursprünglichen vom Landesamt für Geologie und Bergbau auf der Grundlage der TA Siedlungsabfall geforderten Werten hätten andere Verhältnisse, insbesondere ein anderer Charakter der einzulagernden Abfälle mit organischen Anteilen und deutlich reaktiveren Sickerwässern zugrunde gelegen. Ziel einer geologischen Barriere könne es nur sein, im Falle des Versagens aller Sicherungselemente einer Deponie, die Schadstoffausbreitung zu verzögern und räumlich einzugrenzen. Die Deponieverordnung gebe den Planern erheblich mehr Spielraum als dies unter der Geltung der TA Siedlungsabfall der Fall gewesen sei. Soweit der Kläger eine Fehlerhaftigkeit der Darlegungen des Planungsbüros zur Kationenaustauschkapazität annehme, beruhe dies auf einem Übertragungsfehler in den Tabellen der DIN 4220 (2008). Hier fehle das Äquivalenzzeichen „c“. Für die Festlegung des Tonmineralanteils kämen neben der Kationenaustauschkapazität weitere Kriterien in Betracht. Das Schadstoffrückhaltevermögen mineralischer Baustoffe werde durch verschiedene tatsächliche Prozesse bedingt. Nach der BQS 1-0 werde ein Mindestanteil an Tonmineralien als wesentlich für das Schadstoffrückhaltevermögen angesehen. Bei Abfällen der Deponieklasse II bestehe ein direkter Bezug zwischen Schadstoffrückhaltevermögen und Kationenaustauschkapazität lediglich für Schwermetalle. Das Landesamt für Geologie und Bergbau habe dem Vorschlag des Planungsbüros für den Ersatz der geologischen Barriere ebenso wie das Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht in einer Besprechung zugestimmt. Was die Gefahr eines Einstaus von Sickerwasser aus den Altabschnitten der Deponie angehe, so sei zu berücksichtigen, dass das Sickerwasser in diesen Bereichen getrennt erfasst werde. Der Berechnung eines Einstaus an der Deponiesohle liege eine Worst-case-Betrachtung zugrunde. Zudem lasse die mineralische Dichtung bereits ein vergleichsweise hohes Schadstoffrückhaltevermögen erkennen.

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Ziele der Raumordnung könnten vom Kläger nicht gerügt werden. Die Planung habe diese im Übrigen berücksichtigt. Eine Sicherheitsleistung sei ebenfalls entbehrlich gewesen.

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Standortalternativen seien nicht in Betracht gekommen, vielmehr habe sich der bereits zu Deponiezwecken genutzte Standort geradezu aufgedrängt. Auch unter Abwägungsgesichtspunkten sei wegen der geologischen Gegebenheiten kein Fehler erkennbar. Dies gelte gleichermaßen für den Verzicht auf die Festsetzung von Einzugsbereichen.

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Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

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die Klage abzuweisen.

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Er sieht die Klage bereits teilweise als unzulässig an, da der Kläger sich nicht auf kommunalverfassungsrechtliche Vorschriften berufen könne. In jedem Falle sei die Klage unbegründet. Der Beklagte sei zutreffend davon ausgegangen, dass von einer Deponieerweiterung auszugehen sei. Die Deponieabschnitte 1 bis 4 seien bestandskräftig genehmigt. Sowohl vom Flächenanteil der Erweiterung her betrachtet als auch in Bezug auf Betriebsweise und Ablagerungstechnik entstehe eine untergeordnete Anlage, die die Betriebsweise der Deponie nicht ändere.

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Das Vorhaben lasse sich auf die erforderliche Planrechtfertigung stützen. Die bislang bestehende Deponiekapazität sei in vier bis fünf Jahren erschöpft. Der Bedarf für eine Erweiterung sei nachgewiesen. Hierbei sei auch eine Betrachtung über einen längerfristigen Zeitraum von 50 oder mehr Jahren möglich. Zudem sei damit zu rechnen, dass für mineralische Abfälle die Verwertungsmöglichkeiten abnähmen und damit ein höheres Abfallvolumen anfalle. Für die Beschränkung der Deponie auf die Annahme von im Zuständigkeitsbereich des Entsorgungsträgers anfallende Abfälle sei keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Zudem sei die Deponie allein mit Abfällen aus dem Gebiet der Stadt Zweibrücken nicht wirtschaftlich zu betreiben. Eine Begrenzung des Einzugsbereichs der Deponie lasse sich nicht aus den Vorschriften der Abfallrahmenrichtlinie herleiten. Unerheblich sei auch, ob es sich um gefährliche oder nicht gefährliche Abfälle handele, solange die Anforderungen der Deponieverordnung für Abfälle der Deponieklasse II eingehalten würden. Das Näheprinzip werde auch für die Anlieferung von Abfällen aus Italien nicht verletzt. Dort bestünden derzeit keine ausreichenden Möglichkeiten der Entsorgung von Asbest-Abfällen. Soweit die Rechtsprechung bislang über die Beschränkung des Einzugsbereichs entschieden habe, sei dies geschehen, um einem Entsorgungsnotstand vorzubeugen. Einem derartigen Szenario solle die genehmigte Erweiterung aber gerade vorbeugen. Die Deponieerweiterung verletze weder die Vorschriften der Abfallrahmenrichtlinie noch der Abfallverbringungsverordnung. Die Deponieerweiterung stimme auch mit den Vorgaben der Raumordnung überein. Im Abfallwirtschaftsplan, auf den das Landesentwicklungsprogramm IV verweise, sei die Erweiterung vorgesehen. Der Regionale Raumordnungsplan weise das Gebiet als „Siedlungsfläche Industrie und Gewerbe“ aus. Was den Verstoß gegen kommunalverfassungsrechtliche Vorschriften angehe, sei der Kläger nicht zur Rüge berechtigt. Ein derartiger Verstoß liege auch nicht vor. § 85 Abs. 1 GemO gelte nicht für Einrichtungen gemäß § 85 Abs. 4 GemO. Die Neuregelung des § 12 Abs. 5 LKrWG sei erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in Kraft getreten. Sie wirke sich auch nicht auf das zu erwartende Abfallaufkommen aus. Die Aufgabenübertragung seitens der Stadt Zweibrücken auf den Beigeladenen sei von Dritten – ihre vergaberechtliche Relevanz unterstellt - bereits nicht mehr anfechtbar.

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Die geologische Barriere halte die Mindestanforderungen nach der Deponieverordnung für Wasserdurchlässigkeit und Dicke ein. Hinsichtlich der Kationenaustauschkapazität hätten die beteiligten Fachämter dem Vorschlag des Planungsbüros zugestimmt. Was die geologische Barriere angehe, so werde in dem Bundeseinheitlichen Qualitätsstandard (BQS) 1-0 eine bestimmte Kationenaustauschkapazität nicht vorgegeben. Vielmehr solle die Barriere von der zuständigen Behörde bewertet werden. Die vom Landesamt für Geologie und Bergbau ursprünglich vorgegebene Kationenaustauschkapazität habe sich auf Deponien bezogen, bei denen im Wesentlichen organische Siedlungsabfälle abgelagert worden seien. Dieser Ansatz könne jedoch nicht auf die heute allein zulässige Ablagerung mineralischer Abfälle übertragen werden. Vielmehr sei infolge der stärkeren Vorbehandlung von Abfällen der Fokus auf die Durchsickerungsrate als das Produkt aus Mächtigkeit und Durchlässigkeit gerichtet worden.

56

Der Festlegung einer Sicherheitsleistung habe es nicht bedurft. § 18 Abs. 4 Deponieverordnung sehe für den Fall, dass eine öffentlich-rechtliche Körperschaft eine Deponie betreibe, unter bestimmten Voraussetzungen den Verzicht auf eine Sicherheitsleistung vor.

57

Abwägungsfehler seien ebenfalls nicht erkennbar. So sei der Bedarf für die Deponie zutreffend ermittelt worden. Alternative Standorte kämen nicht in Betracht. Schließlich habe die Planfeststellungsbehörde weder die Bedeutung eines Belangs verkannt noch die Beteiligteninteressen derart fehlgewichtet, dass sie zu ihrer objektiven Bedeutung schlechthin außer Verhältnis stünden.

58

Auch die Hilfsanträge seien aus den genannten Gründen unbegründet.

59

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Genehmigungsunterlagen verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

60

Die zulässige Klage bleibt erfolglos.

61

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet im Hinblick auf den Hauptantrag des Klägers weder an einem Rechtsmangel, der seine Aufhebung zur Folge hätte, noch liegt ein rechtlicher Fehler vor, der in einem ergänzenden Verfahren behoben werden könnte und einen Teilerfolg des Hauptantrags in dem Sinne nach sich zöge, dass die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses festgestellt werden müsste (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2013 - 4 A 1/13 -, BVerwGE 148, 353 und juris). Schließlich erweist sich der Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich der Hilfsanträge des Klägers auch nicht deshalb als rechtsfehlerhaft, weil der Beklagte es unterlassen hätte, weitere erforderliche Vorkehrungen zum Schutz der Umwelt als Nebenbestimmungen in den Planfeststellungsbeschluss aufzunehmen.

62

I. Die Klage ist zulässig.

63

Der Kläger ist insbesondere nach § 2 Abs. 1 Umweltrechtsbehelfsgesetz – UmwRG – klagebefugt. Nach dieser Vorschrift kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung,

64

geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1),

65

geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung berührt zu sein (Nr. 2), und

66

zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat (Nr. 3).

67

Die genannten Voraussetzungen sind im Falle des Klägers erfüllt. Bei dem Kläger handelt es sich um eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung, zu deren satzungsgemäßem Aufgabenbereich es gehört, die Ziele des Umweltschutzes zu fördern. § 2 Abs. 1 der Satzung des Klägers bestimmt, dass er Ziele der Landes- und Denkmalpflege sowie des Umweltschutzes im Sinne einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Entwicklung verfolgt. Er wendet sich mit einer Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG, nämlich gegen einen in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG erwähnten Planfeststellungsbeschluss für eine Deponie nach § 35 Abs. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG –. Mit seiner Klage macht er geltend, dass der Gesichtspunkt des Grundwasserschutzes (§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 KrWG) nicht hinreichend berücksichtigt worden sei, da die an der Deponiebasis vorgesehene geologische Barriere hierfür unzureichend sei. Insoweit macht er die Verletzung von Vorschriften geltend, die dem Umweltschutz dienen. Schließlich hat er sich in dem Planfeststellungsverfahren vertreten durch die Kreisgruppe Zweibrücken mit Schreiben vom 15. Januar 2014 auch mit Einwendungen gegen das Vorhaben des Beigeladenen geäußert.

68

II. Die Klage erweist sich hinsichtlich des Hauptantrages als unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten leidet an keinem Rechtsfehler, der seine Aufhebung oder jedenfalls die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit zur Folge hätte.

69

1. Der Planfeststellungsbeschluss ist in einem ordnungsgemäß verlaufenen Verfahren zu Stande gekommen, bei dem gewährleistet war, dass alle relevanten Gesichtspunkte im erforderlichen Umfang in die Prüfung einbezogen wurden.

70

Insbesondere ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass das Vorhaben des Beigeladenen sich als wesentliche Änderung einer bestehenden Deponie nach § 35 Abs. 2 KrWG darstellt und dass die Prüfung deshalb auf die von der Änderung betroffenen Teilbereiche der Gesamtdeponie beschränkt werden durfte. Nach dieser Vorschrift bedürfen die Errichtung und der Betrieb sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebs der Planfeststellung durch die zuständige Behörde. Der Kläger vertritt hierzu die Auffassung, dass das Vorhaben des Beigeladenen nicht als wesentliche Änderung einer Deponie angesehen werden könne, sondern als Neuerrichtung einer Deponie zu betrachten sei, da die bisher erteilten Genehmigungen keine ausreichende Untersuchungstiefe aufgewiesen hätten und bislang eine Abwägungsentscheidung zum Gesamtvorhaben unterblieben sei.

71

a. Ob lediglich von der Erweiterung einer Deponie auszugehen ist oder ob das Vorhaben sich als Errichtung einer neuen, eigenständig zu beurteilenden Deponie darstellt, unterliegt einer am festgestellten Plan orientierten materiellen Bewertung. Hierbei ist zu prüfen, ob auch unter Einbeziehung der neu hinzukommenden Deponieflächen von der Identität der bisherigen Anlage ausgegangen werden kann oder ob eine nach Gegenstand, Art und Betriebsweise wesentlich andersartige Anlage hinzugekommen ist. Hierbei ist einerseits auf den Umfang der neu hinzukommenden Deponieflächen und des neu genehmigten Deponievolumens abzustellen. Andererseits ist zu berücksichtigen, ob nach Hinzutreten der neuen Deponieteile die Betriebsweise und die Ablagerungstechnik sich gegenüber der Altanlage als völlig andersartig darstellt und hiervon unabhängig eingerichtet werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.10.1991 – 7 B 65/91 –, UPR 1992, 153 und juris Rn. 4; Mann in Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Aufl. 2012, § 35 Rn. 23; Fellenberg/Schiller in Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 35 Rn. 24).

72

Nach diesen Kriterien ist bei der Erweiterung der Deponie Rechenbachtal von der wesentlichen Änderung der bislang vorhandenen Deponie auszugehen. Die Deponieerweiterung stellt sich als Fortführung des bisherigen Deponiebetriebes dar. So ergeben sich keine wesentlichen Änderungen hinsichtlich der angelieferten Abfälle. Auch knüpft die Erweiterung an die bislang vorhandene Infrastruktur der Deponie an. Schließlich ergibt sich im Hinblick auf das Deponievolumen und die Deponiefläche keine erhebliche Vergrößerung des Deponiebetriebes in dem Sinne, dass das bisherige Volumen um ein Vielfaches überschritten würde. Während die Deponie bislang ein Abfallvolumen von 6 Mio. m³ aufwies, steht im Erweiterungsbereich ein Volumen von 4 Mio. m³ zur Verfügung.

73

b. Eine umfassende Überprüfung der Gesamtdeponie ist auch nicht deshalb geboten, weil die bisherigen Bescheide nicht auf der Grundlage eines förmlichen Verfahrens und einer entsprechenden Abwägung erlassen wurden. Die entsprechenden im Rahmen der Anlagenzulassung erteilten Genehmigungen sind allesamt in Bestandskraft erwachsen, so dass es nicht mehr darauf ankommt, ob sie in einem den damaligen Vorschriften entsprechenden Verfahren erlassen wurden oder nicht oder ob sie aus sonstigen Gründen rechtswidrig waren. Soweit sich der Kläger zur Untermauerung seiner Position auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Mai 1982 (Az.: 7 C 42/80, BVerwGE 65, 313, juris) beruft, kann aus dieser Entscheidung keine abweichende Rechtsauffassung abgeleitet werden. Das Bundesverwaltungsgericht hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine nach altem Recht erteilte Genehmigung, die als Genehmigung nach neuem Recht fortgilt, sich an den Anforderungen des neuen Rechtes messen lassen muss, soweit die Genehmigung noch nicht in Bestandskraft erwachsen ist. Diese Frage stellt sich indessen im Falle des Beigeladenen nicht, da die entsprechenden Genehmigungen bereits bestandskräftig geworden sind.

74

c. Die Notwendigkeit einer umfassenden Prüfung ergibt sich auch nicht nach den Vorschriften des Gesetzes über die UmweltverträglichkeitsprüfungUVPG – und der diesen Bestimmungen zugrundeliegenden Regelungen der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten – UVP-Richtlinie –. Der Beklagte war nicht verpflichtet, die gesamte Deponie einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist für das Projekt durchzuführen, für das im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie die Erteilung einer Genehmigung beantragt worden ist. Das EU-Recht wirkt nicht auf die materiell-rechtlichen Anforderungen des einzelstaatlichen Zulassungsrechts ein. Eröffnet das Recht des jeweiligen Mitgliedsstaates die Möglichkeit, ein Gesamtprojekt aufzuspalten und in mehreren Teilschritten auszuführen, so bildet den Bezugspunkt der Umweltverträglichkeitsprüfung das konkrete Projekt, für das ein Antrag gestellt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – 4 C 5/96 -, BVerwGE 104, 326 und juris, Rn. 24; Urteil vom 28. Februar 1996 – 4 A 27/95 -, UPR 1996, 270 und juris, Rn. 30; OVG RP, Urteil vom 01. Juli 2015 - 8 C 10494/14.OVG -, DVBl. 2015, 1194 und juris, Rn. 58).

75

Im Übrigen setzt der Projektbegriff in Art. 1 Abs. 2 der UVP-Richtlinie voraus, dass Arbeiten oder Eingriffe zur Änderung eines materiellen Zustands eines Platzes oder einer Anlage erfolgen. Eine Genehmigung im Sinne der Richtlinie kann nur dann vorliegen, wenn ein Projekt durchzuführen ist. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist hiernach nur erforderlich, wenn mit der Entscheidung eine Änderung oder Erweiterung des materiellen Zustands der Anlage oder des Platzes genehmigt wird, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben kann (vgl. EUGH, Urteil vom 19. April 2012 - C-121/11 -, Rn. 37). Die hiernach erforderliche Änderung des materiellen Zustands eines Platzes oder einer Anlage ergibt sich aber nur hinsichtlich des Erweiterungsbereichs der Deponie und nicht in Bezug auf den Altbestand.

76

2 Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen zwingende rechtliche Vorgaben.

77

a. Das Vorhaben des Beigeladenen erweist sich nicht bereits deshalb als rechtswidrig, weil es an der erforderlichen Planrechtfertigung fehlte.

78

Die Planrechtfertigung ist ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung. Sie ist Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit. Die Planrechtfertigung ist gegeben, wenn das Vorhaben gemessen an den Zielen des zugrunde liegenden Fachplanungsgesetzes „vernünftigerweise geboten“ ist. Das ist dann der Fall, wenn es aus Gründen des Allgemeinwohls objektiv erforderlich ist. Die konkrete Planungsmaßnahme ist im Hinblick auf die von ihr ausgehenden Einwirkungen auf die Rechte Dritter rechtfertigungsbedürftig (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.02.1975 – IV C 21.74 –, BVerwGE 48, 56 und juris Rn. 34; Urteil vom 20.10.1989 – 4 C 12/87 –, BVerwGE 84, 31 und juris Rn. 32).

79

aa. Ob der Kläger zur Rüge der fehlenden Planrechtfertigung berechtigt ist, kann dahinstehen, da diese letztlich gegeben ist.

80

Indessen spricht jedenfalls dann, wenn ein Umweltverband sein Begehren zusätzlich auf spezifische Verstöße gegen Umweltbelange stützt, einiges dafür, dass es sich bei der Geltendmachung der fehlenden Planrechtfertigung um die Rüge eines Rechtsverstoßes nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG handelt, der Rechtsvorschriften betrifft, die dem Umweltschutz dienen.

81

Zwar ermöglicht das Vorliegen der Planrechtfertigung die Feststellung, dass ein Vorhaben aus Gründen des Allgemeinwohls erforderlich ist und damit Grundlage einer eventuell erforderlichen Enteignung sein kann, so dass keine Aussage zur Umweltrelevanz des Vorhabens getroffen wird. Dem Umweltverband ist dadurch, dass er die fehlende Planrechtfertigung nicht rügen kann, die Möglichkeit nicht genommen, die gegen das Vorhaben sprechenden Belange des Umweltschutzes mit seinem Rechtsbehelf geltend zu machen. Auch ein bedarfsgerechtes Vorhaben kann an entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belangen scheitern (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.07.2003 – 4 VR 1/03 –, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3 und juris Rn. 7 ff.).

82

Allerdings ist der Umweltverband berechtigt, ein offensichtlich abwägungsfehlerhaftes Zurücksetzen von Belangen des Umweltschutzes zu rügen. Ein solcher Fall dürfte jedoch bei einem vernünftigerweise nicht gebotenen und damit nicht gerechtfertigten Plan vorliegen.

83

Diese Frage ist indessen in der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt. Vielmehr wird sie überwiegend offen gelassen (vgl. OVG RP, Urteil vom 01.07.2015 – 8 C 10494/14.OVG –, DVBl. 2015, 1194 und juris Rn. 73 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 08.01.2014 – 9 A 4/13 –, BVerwGE 149, 31 und juris Rn. 30; Urteil vom 03.05.2013 – 9 A 16/12 –, BVerwGE 146, 254 und juris Rn. 17). Auch im Falle des Klägers kann dahinstehen, ob ihm ein Rügerecht im Hinblick auf die fehlende Planrechtfertigung zusteht. Die genehmigte Deponieerweiterung ist nämlich aus Gründen des Allgemeinwohls objektiv geboten.

84

bb. Zur Rechtfertigung der Planung muss sich der Vorhabenträger darauf berufen können, dass die Deponie nach ihrer Konzeption objektiv darauf ausgerichtet ist, dem öffentlichen Interesse an einer gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung zu dienen. Er muss daher darlegen, dass für die Deponierung der vorgesehenen Abfälle am Standort der Deponie ein tatsächlicher Bedarf besteht (vgl. Mann, a.a.O., § 36 Rn. 57; Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 36 Rn. 74; Versteyl in Schmehl, GK zum KrWG, 2013, § 36 Rn. 33 f.; Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 77. Erg.-Lfg., 2015, § 36 KrWG Rn. 62).

85

Was die Planrechtfertigung zur Errichtung oder Erweiterung einer Deponie angeht, so ist diese gegeben, wenn die Deponie dem öffentlichen Interesse an einer gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung dient. Ob ein entsprechender Bedarf für eine Deponierung besteht, ist prognostisch zu ermitteln. Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Prognose wird vom Gericht nur daraufhin überprüft, ob sie mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Die Prognose ist daraufhin zu überprüfen, ob ihr eine geeignete fachspezifische Methode zugrunde liegt, ob der der Prognose zugrunde liegende Sachverhalt ordnungsgemäß ermittelt wurde und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.1986 – 4 C 13/85 –, BVerwGE 75, 214 und juris Rn. 95; Versteyl, a.a.O., § 36 Rn. 34). Es bedarf hingegen keiner mathematisch schlüssigen Ableitung der Dimensionierung der Deponie (vgl. BayVGH, Beschluss vom 11.10.2004 – 20 ZB 04.1835 –, juris Rn. 3; Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 36 Rn. 74).

86

cc. Die dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Prognose erweist sich als sachgerecht.

87

Anknüpfungspunkt für die Frage, ob eine Deponieerweiterung der gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 KrWG dient, sind dabei insbesondere die bestehenden Verhältnisse der Deponie. Weiterhin ist auf die Aussagen des maßgeblichen Abfallwirtschaftsplanes abzustellen, der nach § 30 Abs. 1 Satz 1 KrWG insbesondere auch überörtliche Gesichtspunkte in eine das gesamte Land Rheinland-Pfalz betreffende Bedarfsplanung miteinbezieht. Auf dieser Grundlage ist aber die Prognose, die in den Ausführungen des Beklagten zur Planrechtfertigung zum Ausdruck kommt, rechtlich nicht zu beanstanden.

88

Der Beklagte legt seinen Überlegungen den Umstand zugrunde, dass der Altbestand der Deponie noch über eine Kapazität von 900.000 m³ verfügt. Gleichzeitig werden derzeit jährlich etwa 200.000 bis 225.000 m³ Abfälle angeliefert, so dass sich rechnerisch eine Restnutzungsdauer von vier bis fünf Jahren ergibt. Nach dem Abfallwirtschaftsplan Rheinland-Pfalz 2013 Teilplan Siedlungsabfälle fiel im Jahre 2011 auf den rheinland-pfälzischen Deponien der Deponieklasse II eine Abfallmenge von 570.400 t (Mg) an. Hieraus errechnet sich bei einer landesweit zur Verfügung stehenden Kapazität von 5.780.400 m³ eine theoretische Restlaufzeit von 18 Jahren. Eine Entsorgungssicherheit wird im Abfallwirtschaftsplan bis zum Jahre 2025 angenommen. Im Bereich der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd ist allerdings die Besonderheit zu berücksichtigen, dass bezüglich der Abfälle der Deponieklasse II Deponieerweiterungen neben der Deponie Rechenbachtal lediglich auf der Deponie der Zentralen Abfallwirtschaft K. im Umfang von 1,22 Mio. m³ und im Bereich der Stadt M. in einem Umfang von 0,62 Mio. m³ vorgesehen sind. Ziel der Abfallwirtschaftsplanung ist es hiernach, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch ihre an der Bedarfsermittlung orientierten konkreten Planungen gewährleisten, langfristig ausreichende Ablagerungskapazitäten für mineralische Abfälle in regional ausgewogener Zuordnung zur Verfügung zu stellen.

89

Insoweit kommt aber der Deponie des Beigeladenen neben der Deponie in Kaiserslautern für den südlichen Zuständigkeitsbereich der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd bei der langfristigen Planung eine entscheidende Bedeutung zu. Was die Wiederverwertung mineralischer Bau- und Abbruchabfälle angeht, hat der Abfallwirtschaftsplan Rheinland-Pfalz seiner Konzeption bereits den Umstand zugrunde gelegt, dass ab dem 1. Januar 2020 für mineralische Bau- und Abbruchabfälle eine Verwertungsquote von 70 Gewichtsprozent gemäß § 14 Abs. 3 KrWG erreicht werden soll. Diese gilt allerdings nur für nicht gefährliche Bau- und Abbruchabfälle, die etwa 1/3 der auf der Deponie Rechenbachtal abgelagerten Abfälle ausmachen. Was die Anlieferung gefährlicher Abfälle angeht, so verweist der Abfallwirtschaftsplan Rheinland-Pfalz 2013, Teilplan Sonderabfallwirtschaft, für das Jahr 2011 darauf, dass 1.192.000 t Sonderabfälle landesweit angefallen sind, von denen 23,6 % verwertet wurden. Für das Jahr 2025 prognostiziert der Abfallwirtschaftsplan, Teilplan Sonderabfallwirtschaft, ein Aufkommen von 1,2 Mio. t, so dass der Anteil gefährlicher Abfälle in etwa gleich bleiben dürfte.

90

Hinsichtlich der Aussagefähigkeit der Prognosegrundlagen verweist der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss ergänzend darauf, dass etwa 140.000 t der jährlich bei der Deponie des Beigeladenen angelieferten Abfälle durch langfristig abgeschlossene vertragliche Vereinbarungen gesichert seien. Für die Prüfung der Stichhaltigkeit der Prognose ist ungeachtet der hiergegen erhobenen Einwendungen des Klägers zunächst von der rechtlichen Verbindlichkeit dieser Vereinbarungen auszugehen. Insoweit hat der Beklagte aber schlüssig dargelegt, dass aufgrund der Sachlage im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses von einem Bedarf für ein Erweiterungsvolumen von 4 Mio. m³ bei einer Verfülldauer von etwa 20 Jahren ausgegangen werden kann.

91

Soweit der Kläger darauf abstellt, dass mit weiter steigenden Verwertungsanteilen zu rechnen sei, vermag dies die Prognose insgesamt nicht in Frage zu stellen. Zum einen bezieht auch der Abfallwirtschaftsplan entsprechende Überlegungen in die getroffene Planungsentscheidung mit ein. Zum anderen haben Beklagter und Beigeladener auf Umstände verwiesen, die zu einem gegenläufigen Effekt führen können. Sie stellen auf eine mögliche Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen ab, die eine erhöhte Nachfrage nach einer Deponierung von Abfällen entstehen lassen könnte. Zudem ergeben sich aus ihrer Sicht gesteigerte Anforderungen an die Verwertung mineralischer Abfälle aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2005 (7 C 26/03, BVerwGE 123, 247 und juris Rn. 19 und 28).

92

Die von den Beteiligten genannten Umstände vermögen indes die Grundlagen der Bedarfsprognose nicht zu beeinflussen und damit deren Sachgerechtigkeit nicht in Frage zu stellen. Vielmehr handelt es sich gleichermaßen um mögliche Einflüsse, deren Eintreten und deren Auswirkungen derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden können und die daher keine gesicherte Grundlage für eine sachgerechte Prognose darstellen. In diesen Faktoren kommen vielmehr Unwägbarkeiten zum Ausdruck, die mit jeder Prognose verbunden sind. Dies wird auch an der Tatsache erkennbar, dass das Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht in einer im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Einschätzung nunmehr sowohl von einer verkürzten Restlaufzeit der Deponie des Beigeladenen ausgeht als auch annimmt, dass das Restverfüllvolumen für Deponien der Deponieklasse II in Rheinland-Pfalz lediglich bis zum Jahre 2022 vorhalten wird.

93

Ungeachtet der mit der Prognose verbundenen Unwägbarkeiten, kann eine Veränderung der Restlaufzeit der Deponie nur dann die Planrechtfertigung in Frage stellen, wenn hierdurch eine im Hinblick auf das Erfordernis einer gemeinwohlverträglichen Abfallbeseitigung erhebliche Änderung eintritt. Hiervon kann jedoch bei geringfügigen Veränderungen der Restlaufzeit, die sich durch ein entgegen der Prognose rückläufiges Anlieferungsvolumen ergeben, nicht die Rede sein.

94

dd. Die der Planrechtfertigung zugrunde liegende Prognose erweist sich auch nicht dadurch als fehlerhaft, dass in erheblichem Umfang Abfälle berücksichtigt worden wären, deren Ablagerung auf der Deponie des Beigeladenen nach den Vorschriften der Abfallrahmenrichtlinie bzw. der Abfallverbringungsverordnung nicht zulässig ist und bei denen daher in Zukunft mit einem Unterbleiben der Anlieferung zu rechnen ist. Die europarechtlichen Vorschriften geben den zuständigen Behörden zwar ein Instrumentarium an die Hand, um Abfallströme zu lenken. Sie enthalten jedoch keine Verpflichtung hierzu.

95

(1) Nach der Vorschrift des Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien – Abfallrahmenrichtlinie –, die die Grundsätze der Entsorgungsautarkie und der Nähe umschreibt, treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um ein integriertes und angemessenes Netz von Abfallbeseitigungsanlagen und Anlagen zur Verwertung von gemischten Siedlungsabfällen, die von privaten Haushaltungen eingesammelt werden, zu errichten, auch wenn dabei Abfälle anderer Erzeuger eingesammelt werden. Nach Absatz 2 der Vorschrift ist das Netz so zu konzipieren, dass es der Gemeinschaft insgesamt ermöglicht, die Autarkie bei der Abfallbeseitigung und bei der Verwertung von Abfällen nach Absatz 1 zu erreichen und dass es jedem einzelnen Mitgliedstaat ermöglicht, dieses Ziel selbst anzustreben, wobei die geografischen Gegebenheiten oder der Bedarf an Spezialanlagen für bestimmte Abfallarten berücksichtigt werden. Absatz 3 sieht vor, dass das Netz es gestatten muss, dass die Abfälle in einer der am nächsten gelegenen geeigneten Anlagen beseitigt bzw. verwertet werden und zwar unter Einsatz von Verfahren, die am besten geeignet sind, ein hohes Niveau des Gesundheits- und Umweltschutzes zu gewährleisten.

96

Aus diesen Bestimmungen kann indessen nicht hergeleitet werden, dass der Entsorgungsbereich von Abfallbeseitigungsanlagen zwingend aus Gründen der Entsorgungsautarkie und Nähe einzuschränken ist. Vielmehr gibt Art. 16 der Abfallrahmenrichtlinie den Mitgliedstaaten lediglich die Errichtung eines möglichst engmaschigen Netzes an Abfallbeseitigungseinrichtungen vor. Das Ziel der Autarkie soll dabei vorrangig gemeinschaftsweit erreicht werden. Darüber hinaus ist anzustreben, dass jeder Mitgliedstaat in seinem Bereich die Autarkie erreichen kann. Das entsprechende Netz soll die Entsorgung in einer nächstgelegenen Anlage ermöglichen (vgl. Erwägungsgrund 2 und 3 der Richtlinie 2008/98/EG). Letztlich handelt es sich um eine Zielvorgabe an die Mitgliedstaaten, die ein entsprechendes Angebot zur Entsorgung der Abfälle gewährleisten soll. Art. 16 Abfallrahmenrichtlinie ist zielbezogen programmiert (vgl. Klement in Schmehl, a.a.O., § 17 Rn. 10). Hiernach wird keine Pflicht erkennbar, die nächstgelegene Deponie zu nutzen oder die Abfallströme ausdrücklich hierhin zu lenken. Erst recht besteht keine Pflicht, Abfälle abzuweisen, für die eine ortsnähere Entsorgungsmöglichkeit besteht. Auch soweit in Ziffer 2.2 des Teilplans Sonderabfallwirtschaft des Abfallwirtschaftsplans Rheinland-Pfalz 2013 auf das Autarkieprinzip Bezug genommen wird, kommt hierin keine Vorgabe für staatliches Handeln und keine Verbotsnorm für die Anlieferung nicht aus Rheinland-Pfalz stammender Abfälle zum Ausdruck (vgl. Wilmowsky, Das Nähe- und Optimierungsprinzip des europäischen Abfallrechts, NVwZ 1999, 597). Vielmehr soll erreicht werden, dass Rheinland-Pfalz von Entsorgungsmöglichkeiten in anderen Bundesländern unabhängig wird. Erst recht soll vermieden werden, dass Abfälle im Ausland entsorgt werden müssen. Die Zielvorgabe des Abfallwirtschaftsplans knüpft an Abfälle an, die in Rheinland-Pfalz entstehen und trifft keine Aussage zu Abfällen, die aus anderen Bundesländern oder dem Ausland nach Rheinland-Pfalz angeliefert werden.

97

(2) Eine Pflicht zur Beschränkung der zur Deponie des Beigeladenen anzuliefernden Abfälle oder eine entsprechende Eingrenzung des Entsorgungsbereichs kann auch nicht Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Abfallverbringungsverordnung entnommen werden.

98

Nach Art. 11 Abs. 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen – Abfallverbringungsverordnung – können bei der Notifizierung einer geplanten Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen die zuständigen Behörden am Versand- und am Bestimmungsort Einwände erheben und diese darauf stützen, dass die geplante Verbringung oder Beseitigung nicht im Einklang mit Maßnahmen steht, die zur Umsetzung der Grundsätze der Nähe, des Vorrangs, der Verwertung und der Entsorgungsautarkie auf gemeinschaftlicher und nationaler Ebene gemäß der Abfallrahmenrichtlinie ergriffen wurden, um die Verbringung von Abfällen allgemein oder teilweise zu verbieten oder um gegen jegliche Verbringung Einwände zu erheben.

99

Art. 11 Abfallverbringungsverordnung eröffnet den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, unter Berufung auf das Autarkie- und das Näheprinzip ihre Abfallmärkte abzuschotten (vgl. Schröder in Landmann/Rohmer, a.a.O., Art. 11 EG-Abfallverbringungs-VO Rn. 4). Dem Bestimmungsstaat wird einerseits eine Abwehrmöglichkeit gegen Abfallimporte aus einem anderen Mitgliedsstaat eingeräumt. Andererseits soll durch Ausfuhrverbote die Auslastung der Entsorgungsanlagen angesichts zurückgehender Abfallmengen gesichert werden (vgl. Schröder in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: August 2015, Art. 11 EG-Abfallverbringungs-VO Rn. 5). Nicht zulässig ist hingegen der Einwand des Bestimmungsstaates, dass im Herkunftsstaat eine näher gelegene Anlage vorhanden ist, die noch freie Kapazitäten hat (vgl. Schröder, a.a.O., Art. 11 EG-Abfallverbringungs-VO Rn. 8).

100

Entsprechend ist auch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in dem Beschluss vom 12. Dezember 1990 (Az.: 7 B 11963/90.OVG, NVwZ-RR 1991, 141) zu verstehen. Die in diesem Verfahren streitgegenständliche Auflage, mit der die Annahme von Abfällen außerhalb des Entsorgungsbereichs untersagt wurde, diente dazu, die noch vorhandene Restkapazität den entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften der Region vorzubehalten und dadurch zugleich die Verfüllung der betreffenden Deponie so weit wie abfallwirtschaftlich vertretbar hinauszuzögern. Eine Verpflichtung zu solchen Abwehrmaßnahmen kann der Entscheidung hingegen nicht entnommen werden. Auch die Abfallverbringungsverordnung gibt den Mitgliedstaaten hiernach auf der Grundlage des Autarkie- oder des Näheprinzips lediglich die gestalterische Möglichkeit an die Hand, Abfallströme zu lenken, ohne eine entsprechende Verpflichtung auszusprechen

101

(3) Eine von dem Beigeladenen zwingend zu beachtende Beschränkung der Annahme von Abfällen, die in erheblichem Umfang eine Reduzierung der zu deponierenden Abfallmenge zur Folge hätte und daher zur Fehlerhaftigkeit der Prognose zur Planrechtfertigung führen würde, kann auch nicht § 20 Abs. 1 KrWG entnommen werden (vgl. die Stellungnahme der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 18. Juli 2014, die auf die inhaltsgleiche Vorschrift des § 15 Abs. 1 KrWAbfG verweist). § 20 Abs. 1 KrWG umschreibt vielmehr die Pflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Diese bestehen darin, die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen sowie Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen zu verwerten oder zu beseitigen. § 20 KrWG statuiert eine Entsorgungspflicht für Abfälle, die im Bereich des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers anfallen. Sie ermöglicht es dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gleichzeitig, die Entsorgung gebietsfremder Abfälle zu verweigern. Eine Verweigerungspflicht ergibt sich hieraus indessen nicht (Schoch in Jarass/Petersen, a.a.O., § 20 Rn. 49; Queitsch in Schmehl, a.a.O., § 20 Rn. 12; Schomerus in Versteyl/Mann/Schomerus, a.a.O., § 20 Rn. 8).

102

(4) Auch aus der Regelung des § 12 Abs. 5 Landeskreislaufwirtschaftsgesetz – LKrWG – ergibt sich keine zwingende, die Bedarfsprognose in Frage stellende Verpflichtung, Abfälle zurückzuweisen, die nicht aus Rheinland-Pfalz stammen. Was die Berücksichtigung der Regelung bei der Kontrolle der Bedarfsprognose des Beklagten angeht, gilt dies bereits deshalb, weil diese Vorschrift in ihrer derzeitigen Fassung erst am 1. Februar 2016 (vgl. Art. 4 des Zweiten Landesgesetzes zur Änderung abfallrechtlicher Vorschriften vom 22. Dezember 2015 [GVBl. S. 471]) in Kraft getreten ist und damit im für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 2013 – 7 B 18/12 –, juris, Rn 27 m.w.N.) noch nicht galt. Im Übrigen sieht die Vorschrift lediglich vor, dass Abfälle, die in der Bundesrepublik Deutschland, aber außerhalb von Rheinland-Pfalz entstanden sind, nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde zur Ablagerung nach Rheinland-Pfalz verbracht werden können. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn die Abfälle nicht verwertbar sind und die Ziele des Abfallwirtschaftsplanes nicht gefährdet werden. Hiernach wird der zuständigen Behörde die Möglichkeit an die Hand gegeben, die Anlieferung von Abfällen aus anderen Bundesländern zum Schutz der Kapazitäten der rheinland-pfälzischen Deponien abzuwehren. Indessen ergibt sich wiederum keine Verpflichtung, Abfälle aus anderen Bundesländern nicht anzunehmen.

103

(5) Eine Beschränkung des Entsorgungsgebietes, die die Grundlagen der die Planrechtfertigung stützenden Prognose erschüttern könnte, ergibt sich auch nicht aus der Bestimmung des § 85 GemO.

104

Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 GemO darf die Gemeinde wirtschaftliche Unternehmen nur errichten, übernehmen oder wesentlich erweitern, wenn der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt (Nr. 1), das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde und dem voraussichtlichen Bedarf steht (Nr. 2) und bei einem Tätigwerden außerhalb der Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wärme, der Versorgung mit Wasser, der Versorgung mit Breitbandtelekommunikation und des öffentlichen Personennahverkehrs der öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann (Nr. 3).

105

Ob der Kläger sich nach den Vorschriften des UmwRG darauf berufen kann, dass die Annahme von Abfällen, die von außerhalb des Gebiets der Stadt Zweibrücken oder des Abfallzweckverbandes stammen, gegen § 85 Abs. 1 Satz 1 GemO verstößt, kann dahinstehen, da ein Verstoß gegen diese Vorschrift nicht erkennbar ist.

106

(a) Indessen dürfte er in dem Umfang, in dem er einen Verstoß gegen die fachplanungsrechtliche Planrechtfertigung geltend machen darf, auch einen Verstoß gegen § 85 Abs. 1 GemO nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG rügen können.

107

Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG sind Rechtsbehelfe anerkannter Umweltvereinigungen nur begründet, soweit die Entscheidung gegen Rechtsvorschriften verstößt, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sind. Eine Verletzung umweltrechtlich neutraler Vorschriften kann nur gerügt werden, wenn die betreffende Regelung in untrennbarem Zusammenhang mit umweltrechtlichen Anforderungen steht und deren Prüfung gleichermaßen infiziert (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: August 2015, § 2 UmwRG Rn. 15; Kment in Hoppe/Beckmann, UVPG 2012, § 2 UmwRG Rn. 6).

108

Der Einwand des Klägers zielt indessen nicht darauf ab, dass der Planfeststellungsbeschluss selbst gegen die Regelung des § 85 Abs. 1 GemO verstößt. Vielmehr macht er geltend, dass der Beigeladene wegen der Bestimmung des § 85 Abs. 1 GemO nur solche Abfälle ablagern darf, die im Gebiet der Stadt Zweibrücken oder im Gebiet des Zweckverbandes anfallen, so dass das nach der Erweiterung zur Verfügung stehende Restvolumen der Deponie aus seiner Sicht erheblich über den absehbaren Bedarf hinausgeht.

109

(b) Der Beigeladene unterliegt jedoch nicht den Beschränkungen des § 85 Abs. 1 GemO, da als wirtschaftliche Unternehmen nach Absatz 4 Satz 1 Nr. 5 der Vorschrift solche Einrichtungen nicht angesehen werden können, die überwiegend dem Umweltschutz zu dienen bestimmt sind. Die entsprechenden Einrichtungen sind aus dem Begriff des wirtschaftlichen Unternehmens ausgenommen, da sie eindeutig einer öffentlichen Zwecksetzung dienen. Dabei unterliegt der Privilegierung auch die Annahme solcher Abfälle, für die keine Überlassungspflicht besteht, da sie nicht im Zuständigkeitsbereich der kommunalen Gebietskörperschaft anfallen (vgl. Dazert in Praxis der Kommunalverwaltung Rheinland-Pfalz, Stand: Dezember 2010, § 85 GemO Anmerkung 2.2.5 und 4.2). Bei Einrichtungen des Umweltschutzes gilt die für wirtschaftliche Unternehmen angenommene Beschränkung auf den örtlichen Wirkungskreis gerade nicht. Vielmehr sind bei der Ermittlung des öffentlichen Zwecks auch wirtschaftliche Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Hierzu gehört auch, dass technische Anlagen im Umweltschutz eine sinnvolle Größe aufweisen müssen, um ihren öffentlichen Zweck dauerhaft und für die Abfallverursacher möglichst kostengünstig erfüllen zu können (vgl. OVG RP, Urteil vom 21.03.2006 – 2 A 11124/05.OVG –, AS 33, 176 und juris Rn. 23 f.; VGH RP, Urteil vom 28.03.2000 – N 12/98 –, AS 27, 231 und juris Rn. 27).

110

Ungeachtet dessen liegt auch keine überörtliche Tätigkeit des Beigeladenen vor. Vielmehr ist für die Abgrenzung zwischen örtlicher und überörtlicher Tätigkeit maßgebend, wo der Schwerpunkt der Wertschöpfung liegt. Dies ist aber im Falle der Ablagerung von Abfällen der Standort der Deponie (vgl. OVG RP, Urteil vom 21.03.2006, a.a.O., juris Rn. 27).

111

(6) Der Beigeladene ist schließlich auch nicht aufgrund der seiner Tätigkeit zugrunde liegenden Satzung für den Umwelt- und Servicebetrieb Zweibrücken – Anstalt des öffentlichen Rechts der Stadt Zweibrücken – vom 17. Februar 2003 daran gehindert, auf der Deponie Rechenbachtal Abfälle anzunehmen, die von außerhalb des Stadtgebietes bzw. des Zuständigkeitsbereichs des Zweckverbandes Abfallverwertung Südwestpfalz angeliefert werden. Nach § 2 Abs. 1 Buchstabe b der Satzung sind dem Beigeladenen die abfallwirtschaftlichen Aufgaben der Stadt einschließlich der öffentlichen Abfallabfuhr, der Abfalldeponie Rechenbachtal und anderer abfallwirtschaftlicher Einrichtungen, die ihr als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin obliegen, übertragen. Da die Stadt Zweibrücken hinsichtlich des Betriebs der Deponie Rechenbachtal aber nach dem zuvor Gesagten auch als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträgerin nicht daran gehindert ist, Abfälle abzulagern, die außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs angefallen sind, kommt auch der Übertragung der abfallwirtschaftlichen Aufgaben der Stadt Zweibrücken auf die von ihr gegründete Anstalt des öffentlichen Rechts keine entsprechende Beschränkung zu. Vielmehr sind die abfallwirtschaftlichen Aufgaben und Kompetenzen der Stadt Zweibrücken umfassend auf den Beigeladenen übergegangen.

112

Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass die Übertragung abfallwirtschaftlicher Aufgaben seitens der Stadt Zweibrücken auf den Beigeladenen einen Verstoß gegen unionsrechtliches Vergaberecht darstellt (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 17.12.2014 – 13 VERG 2/13 –, ZfBR 2015, 289 und juris). Ungeachtet der Tatsache, dass nicht ersichtlich ist, wie sich ein möglicher Vergabeverstoß auf den Planfeststellungsbeschluss auswirken könnte, fehlt es schon an einer dem Vergaberecht unterliegenden Vergabe eines öffentlichen Auftrags im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge bzw. § 99 Abs. 1 GWB (nunmehr: § 103 Abs. 1 GWB). Öffentliche Aufträge werden nach den zitierten Vorschriften definiert als zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern schriftlich geschlossene entgeltliche Verträge über die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne der Richtlinie. Nicht zu diesen öffentlichen Aufträgen gehört die Gründung einer Anstalt des öffentlichen Rechts als Schaffung einer neuen Organisationseinheit, der öffentlich-rechtliche Kompetenzen vollständig übertragen werden. Auf Maßnahmen der internen Verwaltungsorganisation findet das Vergaberecht grundsätzlich keine Anwendung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.06.2006 VII-Verg 17/06, VergabeR 2006, 777 und juris, Rn. 32 f.; EuGH, Urteil vom 9. Juni 2009 – C-480/06; Gruneberg/Frank, Interkommunale Zusammenarbeit im aktuellen Vergaberecht [Teil 2], AbfallR 2016, 77; Noch in Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 3. Aufl. 2014, § 29 Rn. 212)

113

b. Der Planfeststellungsbeschluss erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil die hierin vorgesehene geotechnische Barriere als Teil der Basisabdichtung nicht den Anforderungen des § 36 Abs. 1 KrWG genügte.

114

Nach § 36 Abs. 1 KrWG darf der Planfeststellungsbeschluss nach § 35 Abs. 2 KrWG nur erlassen werden, wenn sichergestellt ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird, insbesondere keine Gefahren für die in § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG genannten Schutzgüter hervorgerufen werden können und Vorsorge gegen die Beeinträchtigungen der in § 15 Abs. 2 Satz 2 genannten Schutzgüter in erster Linie durch bauliche, betriebliche oder organisatorische Maßnahmen entsprechend dem Stand der Technik getroffen wird (Nr. 1 Buchstaben a und b). Zu den nach § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG bei der Abfallbeseitigung zu vermeidenden Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit gehört neben der Beeinträchtigung der Gesundheit der Menschen (Nr. 1) auch die schädliche Beeinflussung von Gewässern oder Böden (Nr. 3).

115

aa. Der Kläger ist mit seinen Einwendungen gegen die vom Beklagten in den Planfeststellungsbeschluss aufgenommenen Kriterien für die geologische Barriere nicht bereits nach § 2 Abs. 3 UmwRG präkludiert.

116

Nach dieser Vorschrift ist die anerkannte Vereinigung mit Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nicht oder nach den geltenden Rechtvorschrift nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können. Der Kläger hat in seiner Stellungnahme vom 13. Januar 2014 keine Einwendungen gegen die Basisabdichtung erhoben, sondern sogar hervorgehoben, dass es positiv zu bewerten sei, dass durch die mit der Erweiterung der Deponie verbundene Versiegelung weniger Wasser durch belastete Böden fließe. Indessen hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 15. Oktober 2015 (Az.: C-137/14, juris Rn. 78) festgestellt, dass § 2 Abs. 3 UmwRG gegen europäisches Recht verstößt. Insoweit kann diese Regelung nicht angewandt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 7 C 15/13 –, NVwZ 2016, 308 und juris Rn. 26 [zu § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG und § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG RP]).

117

bb. Die geologische Barriere, wie sie im Planfeststellungsbeschluss umschrieben wird, genügt den nach den rechtlichen Vorgaben und den hieran anknüpfenden technischen Regelwerken gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 1 KrWG zu stellenden Anforderungen an eine Gefahren vermeidende und am Vorsorgeprinzip orientierte, dem Stand der Technik entsprechenden Ausführung. Dies gilt insbesondere für das im Planfeststellungsbeschluss auferlegte Maß an Schadstoffrückhaltevermögen.

118

(1) Was die Anforderungen an die geologische Barriere und das Basisabdichtungssystem angeht, sieht § 3 Abs. 1 der Verordnung über Deponien und Langzeitlager (DeponieverordnungDepV –) vor, Deponien oder Deponieabschnitte der Deponieklasse II so zu errichten, dass die Anforderungen nach Anhang 1 der Verordnung an den Standort, die geologische Barriere und das Basisabdichtungssystem eingehalten werden.

119

Anhang 1 DepV bestimmt in Nr. 1.2 unter Ziffer 2, dass der Untergrund der Deponie aufgrund seiner geringen Durchlässigkeit, seiner Mächtigkeit und Homogenität sowie seines Schadstoffrückhaltevermögens eine Schadstoffausbreitung aus der Deponie maßgeblich behindern können soll (Wirkung als geologische Barriere), so dass eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder sonstige nachhaltige Veränderungen seiner Beschaffenheit nicht zu besorgen ist. Zur Konkretisierung dieser Vorgaben verweist Ziffer 3 der Nr. 1.2 des Anhangs 1 der DepV lediglich hinsichtlich der Wasserdurchlässigkeit und der Dicke der geologischen Barriere auf die der Verordnung beigefügte Tabelle 1 Nr. 1. Hiernach ist für Deponien der Deponieklasse II ein Durchlässigkeitsbeiwert k ≤ 1 x 10-9 m/s vorgesehen bei einer Dicke der geologischen Barriere von ≥ 1m. Hinsichtlich des zu fordernden Schadstoffrückhaltevermögens fehlt eine entsprechende normative Konkretisierung.

120

Entspricht die geologische Barriere in ihrer natürlichen Beschaffenheit nicht den genannten Anforderungen, so kann sie durch technische Maßnahmen geschaffen, vervollständigt oder verbessert werden. Was die Verbesserung der geologischen Barriere angeht, so bestimmt Nr. 2.1 Satz 1 des Anhangs 1 zur DepV, dass für die Verbesserung der geologischen Barriere und für technische Maßnahmen als Ersatz für die geologische Barriere Materialien nur eingesetzt werden dürfen, wenn sie dem Stand der Technik nach Nr. 2.1.1 des Anhangs 1 entsprechen und wenn dies der zuständigen Behörde nachgewiesen worden ist. Der entsprechende Nachweis kann nach Nr. 2.1 Satz 4 des Anhangs 1 für andere Materialien als Geokunststoffe, Polymere und serienmäßig herstellte Dichtungskontrollsysteme dadurch erbracht werden, dass hierfür eine bundeseinheitliche Eignungsbeurteilung der Länder vorgelegt wird. Nr. 2.1.2 Satz 1 des Anhangs 1 sieht vor, dass die Länder für die bundeseinheitlichen Eignungsbeurteilungen nach Nr. 2.1 Satz 4 sowie für den Einsatz von natürlichem, ggf. vergütetem Boden- und Gesteinsmaterial aus der Umgebung Prüfkriterien definieren und die Anforderungen an den fachgerechten Einbau sowie das Qualitätsmanagement in bundeseinheitlichen Qualitätsstandards festlegen.

121

Der von der LAGA Ad-hoc-AG „Deponietechnik“ herausgegebene Bundeseinheitliche Qualitätsstandard 1-0 „Technische Maßnahmen betreffend die geologische Barriere“ verweist unter Nr. 1 darauf, dass das erforderliche Schadstoffrückhaltepotential in der Deponieverordnung nicht weiter quantifiziert sei. Unter Hinweis auf die GDA-Empfehlung E 1-11 der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik ist zudem unter Nr. 2.2 dargelegt, dass das Schadstoffrückhaltevermögen einer geologischen Barriere von komplexen chemischen und physikalischen Prozessen bestimmt sei. Hierzu führt die Ad-hoc-AG „Deponietechnik“ tabellarisch eine Reihe von Prozessen und bei dem Rückhaltevermögen zu berücksichtigender Einflüsse auf. Zu den zu berücksichtigenden Einflüssen gehört neben dem hydraulischen Gradienten, der Schadstoffkonzentration, dem pH-Wert, der Temperatur, den Redoxbedingungen, der Porenraumstruktur und dem Wasserhaushalt sowie der zeitlichen Entwicklung der Einflüsse auch die Oberfläche des Bodens (KAK).

122

Die mit dem letztgenannten Einflussfaktor umschriebene Kationenaustauschkapazität stellt ein Maß für die Menge der Kationen (positiv geladene Ionen) dar, die ein Stoff adsorbieren und gegen in Lösung befindliche Kationen wieder austauschen kann. Nach der GDA-Empfehlung E 2-38, S. 3, ist die Kationenaustauschkapazität von Tonmineralen eine wesentliche Kenngröße für das Schadstoffrückhaltevermögen.

123

Zu diesem Aspekt des Schadstoffrückhaltevermögens hat die Ad-hoc-AG ergänzend dargelegt, dass Tonmineralien sich günstig hierauf auswirkten und daher in einem bestimmten Mindestmaß enthalten sein sollten. Eine quantitative Beschreibung der aufgeführten Prozesse unter Berücksichtigung der realen, standortspezifischen Gegebenheiten sei jedoch schwierig. Die LAGA Ad-hoc-AG verweist insoweit auf weiterführende technische Regelwerke und Fachliteratur. Daher sollte das für technische Maßnahmen vorgesehene Material hinsichtlich seines Schadstoffrückhaltevermögens auch im Zusammenhang mit der ggf. vorhandenen geologischen Barriere von der zuständigen Behörde unter Hinzuziehung weiterer Fachstellen, z. B. der geologischen Landesdienste, bewertet werden.

124

(2) Der Beklagte hat aufgrund der hierzu vorgelegten Berechnungen des von dem Beigeladenen beauftragten Ingenieurbüros und der diese bestätigenden Bewertungen der zuständigen Fachbehörden Anforderungen an die Kationenaustauschkapazität der geologischen Barriere gestellt, die in den wesentlichen Punkten in schlüssiger Weise den dargelegten Anforderungen genügen. Die Gesamtheit der sich hieraus ergebenden fachkundigen Einschätzungen ist daher geeignet, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und der hieran anknüpfenden rechtlichen Bewertung erforderliche Sachkunde zu vermitteln. Insoweit bedurfte es zu der Frage des erforderlichen Schadstoffrückhaltevermögens der geologischen Barriere keiner weiteren Beweiserhebung durch Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens. Abgesehen hiervon ist der Behörde angesichts des Fehlens standardisierter Maßstäbe für die abschließende Beurteilung des Schadstoffrückhaltevermögens und der Komplexität der hierauf einwirkenden Einflussfaktoren eine Einschätzungsprärogative zuzugestehen, weshalb die gerichtliche Kontrolle insoweit auf eine Vertretbarkeitsprüfung beschränkt ist.

125

(a) Die vom Beklagten in dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss gestellten Anforderungen an das Schadstoffrückhaltevermögen der geologischen Barriere der Deponiebasis ergeben sich in schlüssiger Weise aus den Berechnungen des von der Beigeladenen beauftragten Fachgutachtens und der hierauf aufbauenden Bewertung der beteiligten Fachbehörden, des Landesamtes für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz und des Landesamtes für Geologie und Bergbau.

126

(aa) Der Beklagte fordert entsprechend den Vorgaben der DepV in Nr. 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass die geologische Barriere eine Mächtigkeit von mindestens 1 m aufweisen muss. Gleichzeitig soll der Durchlässigkeitsbeiwert dieser geologischen Barriere nach den Planunterlagen 1 x 10-9 m/s betragen. In Nr. 5.2 der Nebenbestimmungen ist hinsichtlich der geologischen Barriere für den Böschungsbereich eine Kationenaustauschkapazität ≥ 12 mmol(eq)/100 g Trockenmasse und im Basisbereich eine Kationenaustauschkapazität ≥ 21 mmol(eq)/100 g Trockenmasse auf 1 m Mächtigkeit gefordert.

127

Diesen Werten liegt eine in den wesentlichen Punkten schlüssige Darstellung des von der Beigeladenen beauftragten Ingenieurbüros A. und P. Ingenieure zugrunde. Die Berechnung beruht auf der Empfehlung der Fachsektion der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik E 2-38 (Tonmineralisch orientierte Kombination in Basisabdichtungssystemen). Nach Nr. 2 dieser Empfehlung soll das mineralische Abdichtmaterial einen Feinstkornanteil < 2 µm von mindestens 20 Gew.-% und einen Tonmineralanteil von mindestens 10 Gew.-% aufweisen. Ein diesen Anforderungen genügendes Material wird nach den Darlegungen der Gutachter erreicht, wenn die geologische Barriere 10 Masse-% des besonders austauschfähigen Tonmaterials Montmorillonit enthält. Aus dem Materialgemisch ergibt sich eine Kationenaustauschkapazität von 7 bis 12 mmol/100 g. Die weiteren Überlegungen gehen von einem mehrfachen Versagen weiterer Sicherheitssysteme aus, um daraus eine erhöhte Kationenaustauschkapazität für den Bereich der Deponiesohle herzuleiten.

128

So wird unterstellt, dass die in der Sohlfläche der Deponieerweiterung durch zwei Dränagerohre gewährleistete Sickerwassererfassung ihre Aufgabe nicht erfüllen kann. Zudem gehen die Gutachter davon aus, dass das Sickerwasser unmittelbar an der geologischen Barriere ansteht und die darüber befindlichen Dichtungsschichten, die einen geringeren Durchlässigkeitsbeiwert aufweisen, ihre Funktion nicht mehr erfüllen. Unter diesen Voraussetzungen folgern die Gutachter, dass sich das Wasser an den steilen Böschungsflächen der Deponie nicht aufstaut, sondern Richtung Deponiesohle abfließt. Hierdurch soll sich die im Sohlbereich anstehende Wassersäule um das Verhältnis zwischen Böschungsfläche und Sohlfläche, also um das 4,28-fache und damit von dem Ausgangswert von 0,30 m auf 1,28 m erhöhen. Dies führe zu einem hydraulischen Gradienten von 2,28 unter Einbeziehung einer Sickerstrecke in Höhe der Mächtigkeit der geologischen Barriere von 1 m. Das Verhältnis dieses hydraulischen Gradienten zum bisherigen Gradienten der Sohlfläche von 1,3 betrage 1,757. Multipliziere man die aufgrund der Eingangsüberlegungen für die Böschungsfläche vorgesehene Kationenaustauschkapazität von mindestens 12 mmol(eq)/100 g Trockenmasse mit diesem Wert, so erhalte man für den Sohlbereich eine Kationenaustauschkapazität von ≥ 21 mmol(eq)/100 g Trockenmasse.

129

(bb) Die beteiligten Landesämter für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht sowie für Geologie und Bergbau, denen im Zusammenhang mit der Frage der Basisabdichtung einer Deponie eine hohe Fachkompetenz beizumessen ist, haben der für den Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Auflage, diese Werte einzuhalten, zugestimmt. Die Vertreter beider Behörden haben in der mündlichen Verhandlung die Ableitung des Schadstoffrückhaltevermögens in der Berechnung des Ingenieurbüros A. und P. als nachvollziehbar eingestuft. Die frühere Forderung des Landesamtes für Geologie und Bergbau nach einer Kationenaustauschkapazität von 10 mmol(eq)/100g Trockenmasse bei einer Mächtigkeit der geologischen Barriere von mindestens 3 m oder 30 mmol(eq)/100g Trockenmasse bei mindestens 1 m Mächtigkeit beruhe auf den Besonderheiten der TA Siedlungsabfall, deren Rahmenbedingungen heute nicht mehr fortbestünden. So sei Ausgangspunkt der damaligen Überlegungen die Kationenaustauschkapazität heimischer Tone und die Forderung der TA Siedlungsabfall nach einer geologischen Barriere von mehreren Metern Mächtigkeit gewesen (Nr. 10.3.2). Zudem hätten die organischen Anteile des Abfalls zu einer sauren Gärung geführt, die eine Minderung der Kationenaustauschkapazität zur Folge gehabt habe. Gegen das Festhalten an einer hohen Kationenaustauschkapazität spreche im Übrigen der Umstand, dass ein hierfür erforderlicher hoher Anteil quellfähiger Tonmineralien die Gefahr mit sich bringe, dass das Material austrockne und Schrumpfrisse entstünden. Schließlich sei nicht allein die Kationenaustauschkapazität maßgeblich für das Schadstoffrückhaltevermögen; dieses werde vielmehr durch eine Reihe weiterer Faktoren bestimmt. Unter Berücksichtigung all dieser Einzelaspekte hat sich der Beklagte bei der Festlegung der Kationenaustauschkapazität insgesamt auf eine schlüssige und fachlich bestätigte Herleitung berufen.

130

(b) Diese Herleitung wird auch durch die von dem Kläger erhobenen Einwände nicht grundlegend in Frage gestellt.

131

Auch der Kläger stellt den von dem Ingenieurbüro A. und P. gewählten Ansatz vom Grundsatz her nicht in Frage. Vielmehr berücksichtigt auch er einen verstärkten Sickerwasseraufstau im Sohlbereich als Ausgangspunkt für die Bestimmung der erforderlichen Kationenaustauschkapazität. Dabei vollzieht er in seiner Stellungnahme letztlich die Berechnung des Ingenieurbüros nach, zieht aber einzelne der hierbei eingesetzten Parameter in Frage.

132

Die Einwendungen des Klägers greifen indessen nicht durch. Soweit er eine fehlerhafte Anwendung der DIN 4220 in dem Sinne rügt, dass die von dem Ingenieurbüro verwendete Maßeinheit „cmol/kg“ die Stoffmengenkonzentration betreffe und sich nicht auf die hier maßgebliche Äquivalenzkonzentration beziehe, die die Summe der Elementarladungen betrachte, wirkt sich diese Abweichung auf das Ergebnis der Berechnung des Gutachterbüros nicht aus. Vielmehr haben die Sachverständigen die in der DIN 4220 eingeordneten Werte lediglich für eine Kontrollüberlegung genutzt. Sie haben lediglich die auf der Grundlage der Empfehlung E 2-38 ermittelten Werte zusätzlich einer Einordnung in die Kategorien der DIN 4220 unterworfen (Schadstoffrückhaltevermögen „hoch“ bzw. „sehr hoch“), ohne dass hierdurch das hergeleitete Ergebnis abgeändert worden wäre. Insoweit kann dahinstehen, ob die DIN 4220 einen redaktionellen Fehler enthält und die Maßeinheit zutreffend „cmolc/kg“ lauten müsste oder ob sich die Unterscheidung schon deshalb nicht auswirkt, weil ein Kationenaustausch im konkreten Fall weitgehend gegen Kationen erfolgt, die die Ladung „1“ aufweisen.

133

Soweit der Kläger gegenüber der Berechnung des Ingenieurbüros einwendet, dass die Durchsickerungsrate deshalb zu niedrig angesetzt worden sei, weil die aus den Deponiebereichen 1 bis 4 zuströmenden Sickerwässer bei der Berechnung nicht berücksichtigt worden seien, entwirft er gegenüber der Berechnung des Beigeladenen ein völlig neues Szenario. Der Beigeladene hat zwar hinsichtlich der Sickerwasserentsorgung des 5. Deponieabschnitts ein Worst-case-Szenario angenommen, bei dem ein Ausfall dieser Entwässerung unterstellt wird. Er ist aber gleichzeitig von einem Funktionieren der hiervon getrennten Sickerwassererfassung der Altabschnitte ausgegangen.

134

Auch die geometrische Form der Sickerwassersäule ist von den Gutachtern in nachvollziehbarer Weise angenommen worden. Da nach ihrer Berechnung sich eine solche Säule über der Sohlfläche aufstaut und damit der gesamte Wasserdruck bei dieser theoretischen Betrachtung auf die Sohlfläche einwirkt, spielt die Trapezform des Deponiequerschnitts hierbei keine Rolle. Im Übrigen hat der Beklagte im Bereich der Böschungsflächen einen 3,5 m breiten Streifen vorgesehen, bei dem die Anforderungen an die Kationenaustauschkapazität der Sohlfläche eingehalten werden müssen.

135

Auch soweit der Kläger rügt, die Umrechnung für die – unter Worst-case-Gesichtspunkten – zu fordernde erhöhte Kationenaustauschkapazität für den Bereich der Deponiesohle sei fehlerhaft erfolgt, erweist sich das im Planfeststellungsbeschluss auferlegte Maß an Kationenaustauschkapazität von ≥ 21 mmol(eq)/100 g Trockenmasse nach den ihm zugrundeliegenden sachverständigen Aussagen als nachvollziehbar. Würde man zur Berechnung der für den Sohlbereich anzunehmenden erhöhten Wassersäule nicht auf das Verhältnis von Böschungsfläche (76.000 m²) zu Sohlfläche (17.760 m²), sondern auf das Verhältnis der gesamten Basisfläche (93.770 m²) zur Sohlfläche abstellen, ergäbe sich nicht der 4,28-fache, sondern ein 5,28-facher Wert, mithin statt einer Wassersäule von 1,28 m eine solche von 1,58 m. Dies würde indes nur zu einer Erhöhung des hydraulischen Gradienten auf 2,58 führen. Das Verhältnis zum Ausgangswert von 1,3 betrüge 1,98 statt 1,757. Noch geringer fiele der Unterschied aus, wenn man anstelle der Böschungsfläche die Deponiefläche (89.000 m²) in Bezug nähme. In diesem Fall würde sich dieser Faktor auf 1,926 erhöhen. Im ungünstigsten Fall ergäbe sich ein um lediglich 2,76 mmol(eq)/100 g Trockenmasse auf ca. 24 mmol(eq)/100 g Trockenmasse erhöhter Wert der Kationenaustauschkapazität. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass sich der Wert des Schadstoffrückhaltevermögens gerade nicht aufgrund vorgegebener Kriterien mathematisch bestimmen lässt, sondern dass er von einer Vielzahl von Prozessen und zu berücksichtigenden Einflüssen abhängig ist (vgl. LAGA Ad-hoc-AG Deponietechnik, Bundeseinheitlicher Qualitätsstandard 1-0, Nr. 2.2). Hinzu kommt, dass die Eigenschaften des verwendeten Materials berücksichtigt werden müssen, die gerade bei einer hohen Kationenaustauschkapazität den gewünschten Effekt in sein Gegenteil umkehren lassen. Neben der schon angesprochenen Gefahr einer Austrocknung des Materials und einer Bildung von Schrumpfrissen ist die Handhabbarkeit des Materials zu berücksichtigen. Hierzu haben die Vertreter des Ingenieurbüros in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen. dass sich etwa ein Ton mit einer Kationenaustauschkapazität von 30 mmol(eq)/100 g Trockenmasse nicht mehr verdichten lasse, da er zu schlammig sei.

136

Aufgrund der vielfältigen Einflussfaktoren, die hinsichtlich des Schadstoffrückhaltevermögens zu berücksichtigen sind, war daher eine mögliche rechnerische Abweichung der Kationenaustauschkapazität von 2,84 mmol(eq)/100 g Trockenmasse als unbeachtlich hinzunehmen. Dies gilt umso mehr als die beteiligten Sachverständigen und insbesondere die in diesem Bereich besonders kundigen und erfahrenen Fachbehörden unter Berücksichtigung der möglichen weiteren Einflüsse eine Kationenaustauschkapazität von 21 mmol(eq)/100 g Trockenmasse als ausreichend angesehen haben.

137

(c) Kann sich der Beklagte hiernach für die Festsetzung der erforderlichen Kationenaustauschkapazität für die Deponiebasis auf eine im Wesentlichen nachvollziehbare und von den Fachbehörden bestätigte fachwissenschaftliche Grundlage stützen, so bedurfte es keiner weiteren Sachaufklärung durch ein Obergutachten. Der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellte Hilfsbeweisantrag, die Herleitung der Kationenaustauschkapazität durch das Gutachten eines geologisch-physikalischen Sachverständigen überprüfen zu lassen, war daher abzulehnen.

138

Den Tatsachengerichten obliegt nach § 86 Abs. 1 VwGO die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, soweit dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Die Entscheidung über Art und Anzahl einzuholender Sachverständigengutachten steht dabei gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO im Ermessen des Gerichtes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.03.2013 – 4 B 15/12 –, BRS 81 Nr. 122 und juris, Rn. 19). Die Einholung eines weiteren Gutachtens erweist sich nur dann als erforderlich, wenn ein bereits vorliegendes Gutachten nicht hinreicht, um dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes notwendige Überzeugung zu ermöglichen. Hieran fehlt es, wenn das vorhandene Gutachten grobe, offen erkennbare Mängel enthält oder unauflösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht. Zudem ergibt sich das Erfordernis einer weiteren Begutachtung, wenn ein anderer Sachverständiger über neuere und über überlegene Forschungsmittel verfügt (vgl. BVerwG, Urt. vom 19. Dezember 1968 - 8 C 29.67 -, BVerwGE 31, 149 und juris, Rn. 28; Urteil vom 18. Juni 2003 – 4 A 70/01 –, NVwZ 2004, 100 und juris, Rn. 26; Beschluss vom 28.03.2013, a.a.O:, juris, Rn. 19). Dabei gelten diese Kriterien auch dann, wenn das Gutachten im Auftrag eines Beteiligten und insbesondere auf Veranlassung des Betreibers der streitigen Anlage erstellt wurde. Allein hieraus kann nicht auf die mangelnde Unparteilichkeit des Gutachters geschlossen werden. Die im Auftrag des Betreibers erstellten Gutachten sind daher grundsätzlich verwertbar, wenn sie unter Beachtung der technischen Regelwerke fachgerecht und nachvollziehbar erstellt wurden und für einen Fachkundigen überzeugend sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2003, a.a.O., juris, Rn. 26; OVG SL, Beschluss vom 27.05.2013 - 2 A 361/11 -, juris, Rn. 23).

139

Hinsichtlich der Schadstoffrückhaltekapazität der Deponiebasis ergab sich daher für den Senat kein weiterer Aufklärungsbedarf, da das von dem Beigeladenen in Auftrag gegebene Gutachten nach dem oben Gesagten in den wesentlichen Punkten nachvollziehbar erstellt wurde und das Ergebnis seitens der beteiligten Fachbehörden als fachlich überzeugend bestätigt wurde.

140

(c) Im Übrigen ist dem Beklagten bei der Festlegung der erforderlichen Kationenaustauschkapazität als Kriterium für das Schadstoffrückhaltevermögen eine Einschätzungsprärogative zuzugestehen. In dem Bundeseinheitlichen Qualitätsstandard 1-0 (Nr. 2.2) kommt zum Ausdruck, dass das Schadstoffrückhaltevermögen Ergebnis komplexer chemischer und physikalischer Prozesse ist. Eine quantitative Beschreibung der aufgeführten Prozesse unter Berücksichtigung der realen standortspezifischen Gegebenheiten sei jedoch schwierig. Hiernach sollte das vorgesehene Material hinsichtlich seines Schadstoffrückhaltevermögens auch im Zusammenwirken mit der ggf. vorhandenen natürlichen geologischen Barriere von der zuständigen Behörde unter Hinzuziehung weiterer Fachstellen wie etwa der geologischen Landesdienste bewertet werden. Hiernach ist aber eine vergleichbare Situation gegeben, wie sie das Bundesverwaltungsgericht bei der Entscheidung über naturschutzfachliche Kohärenzsicherungsmaßnahmen angenommen hat. Angesichts des prognostischen Charakters dieser Maßnahmen, bei der die konkrete Beeinträchtigung und die prognostisch ermittelte Kompensation nur wertend miteinander verglichen werden könnten, müsse der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuerkannt werden. Dies gelte insbesondere dann, wenn naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe und rechenhaft handhabbare Verfahren fehlten. Hier sei das Gericht auf eine Vertretbarkeitsprüfung zu beschränken (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008 – 9 A 3/06 –, BVerwGE 130, 299 und juris Rn. 202; Urteil vom 9. Juni 2004 – 9 A 11/03 –, BVerwGE 121, 72 und juris Rn. 118;). Auch hinsichtlich der Beurteilung des Schadstoffrückhaltevermögens kann nicht auf standardisierte Maßstäbe und mathematische Verfahren zurückgegriffen werden. Zudem lässt sich die Beurteilung nach Darstellung der Fachbehörden nur eingeschränkt auf Erfahrungswerte stützen. Vielmehr ist eine auf den Einzelfall und die vorgefundenen Besonderheiten des jeweiligen Standorts bezogene fachkundige Einschätzung zu treffen, bei der eine Vielzahl von Einflussfaktoren zu berücksichtigen ist und der daher prognostischer Charakter beizumessen ist. Insoweit kann sich bei dieser Beurteilung letztlich kein allgemein anerkannter, allein richtiger Wert ergeben. Vielmehr ist entscheidend auf die fachkundige Bewertung der Einflussfaktoren abzustellen, die nur einer gerichtlichen Vertretbarkeitskontrolle zugänglich ist. Die von der Beklagten vorgegebenen Werte stellen sich indessen als vertretbar dar, da sie in nachvollziehbarer Weise ermittelt wurden und eine Bestätigung durch die zuständigen Fachbehörden erfahren haben.

141

c. Der Planfeststellungsbeschluss erweist sich des Weiteren auch nicht deshalb gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 1 wegen Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit als rechtswidrig, weil er die Ziele oder Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung nicht beachtet hätte (§§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 KrWG). Überdies stehen dem Vorhaben keine für verbindlich erklärten Feststellungen eines Abfallwirtschaftsplanes nach § 36 Abs. 1 Nr. 5 KrWG entgegen.

142

aa. Der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten ist mit dem Landesentwicklungsprogramm Rheinland-Pfalz (LEP IV) vereinbar. Nach Ziel 177 des Landesentwicklungsprogramms haben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Entsorgungssicherheit langfristig zu gewährleisten. Die vorhandenen Entsorgungsstrukturen sind so weiterzuentwickeln, dass ein möglichst hohes Maß an Ressourcen und Energieeffizienz erzielt wird und dabei das erreichte hohe Niveau der stofflichen und energetischen Verwertung von Abfällen gesichert und weiter optimiert wird. Soweit erforderlich, sind regionale Kooperationen einzugehen. Der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten steht mit diesen Vorgaben im Einklang. Er ist darauf angelegt, die Entsorgungskapazität für Deponien der Deponieklasse II für einen Zeitraum von 20 bis 35 Jahren und damit langfristig zu sichern.

143

bb. Die Deponieerweiterung verstößt nicht gegen die Feststellungen eines für verbindlich erklärten Abfallwirtschaftsplanes. Der Abfallwirtschaftsplan Rheinland-Pfalz 2013 enthält in seinen Teilplänen Siedlungsabfälle und Sonderabfallwirtschaft bereits keine Festlegungen nach § 30 Abs. 1 Satz 4 KrWG. Nach dieser Vorschrift können die Abfallwirtschaftspläne bestimmen, welcher Entsorgungsträger vorgesehen ist und welcher Abfallentsorgungsanlage sich die Entsorgungspflichtigen zu bedienen haben. Nach § 30 Abs. 4 KrWG können die Ausweisungen im Sinne des Absatzes 1 Satz 4 für die Entsorgungspflichtigen für verbindlich erklärt werden. Im Übrigen stimmt die Deponieplanung mit den Darstellungen des Abfallwirtschaftsplanes überein. Der Abfallwirtschaftsplan Rheinland-Pfalz 2013 Teilplan Siedlungsabfälle greift gerade die Erweiterungspläne der Deponie Rechenbachtal auf und verweist darauf, dass über die vorhandenen Kapazitäten hinaus ein zusätzliches Deponievolumen von 5 bis 10 Mio. m³ durch diese Erweiterung entsteht. Hiernach hat das Land Rheinland-Pfalz das Erweiterungsvorhaben aber in seine an überörtlichen Gesichtspunkten orientierte (§ 30 Abs. 1 Satz 1 KrWG) Planung aufgenommen. Diese fachplanerische Leitentscheidung soll gerade nicht auf die Gebietsgrenzen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger beschränkt sein. Vielmehr ist aus regionaler Sicht nach Lösungen zu suchen, die den Belangen des Umweltschutzes, aber auch den Geboten der Wirtschaftlichkeit am besten gerecht werden (vgl. Schomerus, a.a.O., § 30 Rn. 22; Erbguth in Jarass/Petersen, a.a.O. , § 30 Rn. 32)

144

d. Ein Rechtsfehler kann weiterhin auch nicht darin gesehen werden, dass der Beklagte unter Verstoß gegen § 36 Abs. 3 KrWG auf die Festsetzung einer Sicherheitsleistung durch den Beigeladenen verzichtet hätte. Nach dieser Bestimmung soll die zuständige Behörde verlangen, dass der Betreiber einer Deponie für die Rekultivierung sowie zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nach Stilllegung der Anlage Sicherheit leistet oder ein gleichwertiges Sicherungsmittel erbringt.

145

Im Falle des Beigeladenen konnte der Beklagte indessen von der Festsetzung einer Sicherheitsleistung absehen. Nach § 18 Abs. 4 DepV soll die zuständige Behörde von der Stellung einer Sicherheit absehen, wenn eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, ein Eigenbetrieb oder eine Eigengesellschaft einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, ein Zweckverband oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts die Deponie betreibt und sichergestellt ist, dass über Einstandspflichten von Bund, Ländern oder Kommunen der angestrebte Sicherungszweck jederzeit gewährleistet ist. Im Falle des Beigeladenen besteht eine derartige Einstandspflicht der Stadt Zweibrücken nach § 86a Abs. 4 GemO. Hiernach haftet die Gemeinde für Verbindlichkeiten der von ihr gegründeten rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechtes unbeschränkt, soweit nicht Befriedigung aus deren Vermögen zu erlangen ist (Gewährträgerschaft). Insoweit sind aber keine Gründe dafür ersichtlich, auf der Leistung einer Sicherheit zu bestehen.

146

Der Verzicht auf eine Sicherheitsleistung stellt auch keine unzulässige Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dar. Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Unter den Begriff der Beihilfe ist dabei eine in beliebiger Form gewährte Zuwendung zu fassen, die keine marktgerechte Gegenleistung für eine von diesem Wirtschaftsteilnehmer erbrachte Leistung darstellt (vgl. Cremer in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 2011, Art. 107 Rn. 10). Insoweit liegt bei dem Verzicht auf eine Sicherheitsleistung aber keine Beihilfe vor. Der Beklagte verzichtet nicht im Einzelfall auf eine Forderung oder sieht von deren Durchsetzung ab. Vielmehr kommt eine solche Forderung nach vorher durch Rechtssatz festgelegten Kriterien von vornherein nicht zur Entstehung.

147

Zudem sieht auch das europäische Recht den Verzicht auf die Erbringung einer Sicherheitsleistung vor. Nach Art. 8 Buchst. a Nr. iv der Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 – Deponierichtlinie – sollen die Mitgliedsstaaten im Rahmen der Genehmigung einer Deponie sicherstellen, dass der Antragsteller vor Beginn des Deponiebetriebs angemessene Vorkehrungen in Form einer finanziellen Sicherheitsleistung oder etwas anderem Gleichwertigen nach von den Mitgliedsstaaten festzulegenden Modalitäten getroffen hat, um zu gewährleisten, dass die Auflagen, die mit der Genehmigung verbunden sind, erfüllt und die Stilllegungsverfahren eingehalten werden. Hiernach sieht aber auch die Deponierichtlinie die Möglichkeit vor, auf eine Sicherheitsleistung zu verzichten, wenn deren Zweck in gleicher Weise auch durch andere Vorkehrungen erreicht werden kann. § 18 Abs. 4 DepV sieht eine der Sicherheitsleistung entsprechende Gewähr für die Erfüllung der mit der Genehmigung verbundenen Auflagen sowie der Verpflichtungen im Stilllegungsverfahren in der Einstandspflicht der hinter der öffentlich-rechtlichen Anstalt, die die Deponie betreibt, stehenden Kommune (vgl. zur Vereinbarkeit von § 18 Abs. 4 DepV mit der Deponierichtlinie: Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 36 Rn. 98; Mann, a.a.O, § 36 Rn. 76; zweifelnd: Beckmann, a.a.O., § 36 Rn. 90).

148

3. Die Planungsentscheidung des Beklagten lässt auch keine Abwägungsfehler erkennen. Bei der fachplanerischen Abwägung sind alle vom Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange zu berücksichtigen und – sofern zwischen ihnen Konflikte auftreten – einer umfassenden planerischen Problembewältigung zuzuführen. Dabei sind alle im jeweiligen Einzelfall von der Planung betroffenen Belange abwägungserheblich mit Ausnahme derjenigen, die geringwertig und nicht schutzbedürftig sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.01.2011 – 7 B 55/10 –, NVwZ 2011, 567 und juris Rn. 6 m.w.N.). Die Abwägung erweist sich dann als fehlerhaft, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet, in die Abwägung nicht alle Belange eingestellt werden, die nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betreffenden Belange verkannt wird und wenn ein Ausgleich in einer Weise vorgenommen wird, die zum objektiven Gewicht der Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.07.1978 – IV C 78.76 – in BVerwGE 56, 110 und juris Rn. 59; Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 36 Rn. 78 ff.).

149

a. Im Hinblick auf die Abwägung des Beklagten kann sich der Kläger zunächst nicht darauf berufen, dass der Bedarf für die Deponie falsch eingeschätzt worden und damit der Gesichtspunkt des Erfordernisses einer gemeinwohlverträglichen Abfallentsorgung falsch gewichtet worden sei. Einerseits ergeben sich nach den zur Planrechtfertigung gemachten Ausführungen keine Hinweise darauf, dass der Bedarf für die Deponie nicht zutreffend eingeschätzt worden ist. Zum anderen ist aber auch nicht ersichtlich, aufgrund welcher vom Kläger allein geltend zu machender Belange des Umweltschutzes eine Einschränkung des Entsorgungsgebietes der Deponie oder eine Verringerung der Deponiekapazität hätte geboten sein können.

150

b. Der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten erweist sich auch nicht deshalb als abwägungsfehlerhaft, weil es an einer ordnungsgemäßen Alternativenprüfung fehlte. Im Rahmen der Variantenprüfung besteht die Verpflichtung der Planungsbehörde, der Frage nach etwaigen schonenderen Alternativen nachzugehen. Die Variantenprüfung kann sich dabei auch auf die Dimensionierung des Vorhabens oder die Art der Projektverwirklichung beziehen. Ernsthaft sich anbietende Alternativlösungen müssen bei der Zusammenstellung des abwägungserheblichen Materials berücksichtigt und mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung eingestellt werden (vgl. Ziekow in ders., Handbuch des Fachplanungsrechts, 2. Aufl. 2014, S. 189; BVerwG, Beschluss vom 24.04.2009 – 9 B 10/09 –, NVwZ 2009, 986 und juris Rn. 5).

151

Im Falle des vom dem Beigeladenen verfolgten Vorhabens ist indessen keine alternativ in Betracht kommende Ausführungsvariante ersichtlich. Die Wahl eines anderen Standortes oder die Nutzung einer anderen Deponiefläche wäre ein anderes Vorhaben und nicht lediglich eine Ausführungsvariante der Planung des Beigeladenen. Bei der Ausgestaltung der Deponie hat sich der Beigeladene insoweit für eine schonendere Variante entschieden, als er lediglich eine Deponiefläche von 8,9 ha in Anspruch nimmt statt der ursprünglich vorgesehenen 12,6 ha. Zudem vollzieht sich die Verfüllung in zwei Teilabschnitten mit einer Fläche von 4,0 und 4,9 ha. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass eine Ausführungsvariante in Betracht käme, die zu geringeren Beeinträchtigungen von Umweltbelangen führte als die Erweiterung der Deponie auf einem bislang schon zu Zwecken der Abfallablagerung genutzten und damit vorbelasteten Gelände.

152

III. Die Klage ist auch insoweit unbegründet, als der Kläger mit seinen Hilfsanträgen die Anordnung weiterer Schutzauflagen begehrt.

153

Da der Planfeststellungsbeschluss sich nach dem oben Gesagten im Hinblick auf die vom Kläger vertretenen Belange als rechtmäßig erweist, steht ihm auch kein Anspruch darauf zu, dass der Beschluss zur Wahrung dieser Belange um weitere Nebenbestimmungen ergänzt wird.

154

1. Mit den unter Nummer 2 gestellten Hilfsanträgen begehrt der Kläger die Beifügung von Nebenbestimmungen mit dem Ziel, die Annahme von Abfällen auf der Deponie in räumlicher Hinsicht, teilweise bezogen auf bestimmte Abfallarten, zu beschränken oder die Ausführung des zweiten Deponieteilabschnittes davon abhängig zu machen, dass ein Bedarf hierfür bei Berücksichtigung eines entsprechend eingeschränkten Entsorgungsgebietes besteht.

155

Für dieses Begehren fehlt es indessen an einer Rechtsgrundlage. Nach den Ausführungen dieses Urteils zur Planrechtfertigung der Deponie ist ein Bedarf für die Umsetzung des Vorhabens in der rechtlich erforderlichen Weise dargelegt, so dass es insoweit keiner ergänzenden Vorgaben bedarf. Zudem ist nach dem oben Gesagten kein rechtlicher Anhaltspunkt für eine Verpflichtung des Beigeladenen erkennbar, die Annahme von Abfällen auf bestimmte Herkunftsbereiche zu beschränken. Die mit dem Hilfsantrag zu 2.e) begehrte Verpflichtung der S. GmbH scheitert bereits daran, dass sie nicht Beteiligte dieses Verfahrens ist.

156

2. Mit den unter 3.a) und 3.b) formulierten Hilfsanträgen will der Kläger erreichen, dass der Beklagte hinsichtlich der Kationenaustauschkapazität der geologischen Barriere auf der gesamten Deponiebasis den Beigeladenen verpflichtet, einen Wert von 30 mmol(eq)/100g Trockenmasse einzuhalten oder bei einer vom Beigeladenen angestrebten abweichenden Kationenaustauschkapazität die Gleichwertigkeit des Schadstoffrückhaltevermögens nachzuweisen. Der Senat hat hierzu aber in den Ausführungen zum Schadstoffrückhaltevermögen der Deponiebasis bereits festgestellt, dass der von dem Beklagten im Planfeststellungsbeschluss vorgegebene Wert der Kationenaustauschkapazität rechtlich nicht zu beanstanden ist, so dass für eine Erhöhung dieses Wertes oder die Einforderung weiterer Nachweise keine rechtliche Grundlage vorhanden ist.

157

3. Die mit dem Hilfsantrag unter 3.c) angestrebte Verpflichtung des Beklagten, eine Sicherheitsleistung festzusetzen und diese bei Veränderungen der sicherheitstechnischen Beurteilung anzupassen, entbehrt ebenfalls einer Rechtsgrundlage. Der Senat sieht nach seinen vorangegangenen Ausführungen den Verzicht des Beklagten auf Festsetzung einer Sicherheitsleistung als rechtmäßig an.

158

4. Auch das mit dem Hilfsantrag unter 4) verfolgte Begehren, das freiwillige befristete Schadstoffmonitoring dem Beigeladenen als unbefristete Auflage aufzugeben, ist nicht begründet. Insbesondere hat der Kläger hierzu nicht dargelegt, dass es bei dem durch den Planfeststellungsbeschluss genehmigten ordnungsgemäßen Betrieb der Deponie zu einer Schadstoffexposition kommen kann, die entsprechende Überwachungsmaßnahmen erforderlich macht. Er hat die Feststellungen der im Planfeststellungsverfahren eingeholten Gutachten nicht substantiiert in Frage gestellt, wonach hinsichtlich der Staubimmissionen die Grenzwerte sicher eingehalten werden und die Schadstoffeinträge in den Boden deutlich unterhalb der Irrelevanzschwelle liegen bzw. im Bereich der betroffenen Waldflächen die Beurteilungswerte der TA Luft deutlich unterschreiten. Zudem erscheint das beabsichtigte befristete Monitoring als ausreichende Vorkehrung, um mögliche Defizite zu erkennen.

159

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO. Dabei entsprach es der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser sich durch Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

160

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

161

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der hierfür in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

162

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.2 des Streitwertkatalogs, LKRZ 2014, 169).

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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Gründe I. 1 Die Klägerin betreibt ein Kalkwerk, das aus Steinbrüchen zur Gewinnung von

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(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Der Deponiebetreiber hat vor Beginn der Ablagerungsphase der zuständigen Behörde die Sicherheit für die Erfüllung von Inhaltsbestimmungen, Auflagen und Bedingungen zu leisten, die mit dem Planfeststellungsbeschluss oder der Plangenehmigung für die Ablagerungs-, Stilllegungs- oder Nachsorgephase zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wohles der Allgemeinheit angeordnet wird. Satz 1 gilt zur Erfüllung der Auflagen und Bedingungen einer Änderungsgenehmigung entsprechend.

(2) Die zuständige Behörde setzt Art und Umfang der Sicherheit fest. Neben den in § 232 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Arten der Sicherheit kann die zuständige Behörde zulassen, dass die Sicherheit bewirkt wird durch

1.
die Stellung eines tauglichen Bürgen, insbesondere einer Bankbürgschaft,
2.
eine Garantie oder ein Zahlungsversprechen eines Kreditinstituts oder
3.
eine gleichwertige Sicherheit.
Bürgen nach Satz 2 Nummer 1 und Kreditinstitute nach Satz 2 Nummer 2 haben sich unwiderruflich gegenüber der zuständigen Behörde zu verpflichten, auf deren erstes Anfordern den festgesetzten Betrag zu zahlen. Die zuständige Behörde kann vom Deponiebetreiber verlangen, die Tauglichkeit eines Bürgen nachzuweisen. Bei der Festsetzung des Umfangs der Sicherheit ist ein planmäßiger Nachsorgebetrieb zu Grunde zu legen und bei Deponien der Klasse 0 von einem Nachsorgezeitraum von mindestens zehn Jahren, bei den Deponien der Klassen I bis IV von mindestens 30 Jahren auszugehen.

(3) Die finanzielle Sicherheit ist regelmäßig von der zuständigen Behörde mit dem Ziel der Erhaltung des realen Wertes der Sicherheit zu überprüfen. Sie ist erneut festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen Sicherheit und angestrebtem Sicherungszweck erheblich geändert hat. Hat sich das Verhältnis zwischen Sicherheit und angestrebtem Sicherungszweck erheblich geändert, kann der Deponiebetreiber bei der zuständigen Behörde eine Überprüfung der Sicherheit beantragen. Gebildete Rücklagen sollen bei der Höhe der erforderlichen Sicherheit angerechnet werden, soweit die zurückgelegten Beträge auf ein gesondertes Konto des Unternehmens eingezahlt werden und der Anspruch auf Auszahlung des Guthabens der zuständigen Behörde zur Sicherheit abgetreten oder verpfändet wird. Ergibt die Überprüfung, dass die Sicherheit zu erhöhen ist, kann die zuständige Behörde dem Deponiebetreiber für die Stellung der erhöhten Sicherheit eine Frist von längstens sechs Monaten setzen. Ergibt die Überprüfung, dass die Sicherheit zu verringern ist, hat die zuständige Behörde die nicht mehr erforderliche Sicherheit umgehend freizugeben. Die Sicherheit ist insgesamt freizugeben, wenn die zuständige Behörde den Abschluss der Nachsorgephase festgestellt hat.

(4) Abweichend von Absatz 1 soll die zuständige Behörde von der Stellung einer Sicherheit absehen, wenn eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, ein Eigenbetrieb oder eine Eigengesellschaft einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, ein Zweckverband oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts die Deponie betreibt und sichergestellt ist, dass über Einstandspflichten von Bund, Ländern oder Kommunen der angestrebte Sicherungszweck jederzeit gewährleistet ist.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Gemeinde, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der 380-kV-Höchstspannungsfreileitung Punkt F. - Punkt St. T., Bauleitnummer (Bl.) 4571.

2

Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist die Errichtung und der Betrieb einer rund 7,4 km langen 380 kV-Höchstspannungsfreileitung einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Folgemaßnahmen sowie der Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Die Leitung dient einem Lückenschluss und soll die Energieversorgung der Stadt K. und ihrer Umgebung langfristig sichern. Insgesamt werden 23 Masten unterschiedlichen Bautyps neu errichtet, zugleich 17 Masten demontiert. Die planfestgestellte Trasse beginnt am Punkt F. unter Anschluss an die Höchstspannungsfreileitung Bl. 4123. Sie kreuzt aus südöstlicher Richtung kommend die Bundesautobahn A 44 und wird dann weitgehend parallel zu dieser Bundesautobahn geführt, berührt bei Mast 5 das Gebiet des "Campus F.", kreuzt an der Anschlussstelle F. die Landesstraße L 382 und verläuft weiter in weitgehend westlicher Richtung bis zu einer stillgelegten, nach Norden verlaufenden Eisenbahntrasse. Parallel hierzu wird sie zum Edelstahlwerk geführt. Dort verschwenkt sie leicht nach Westen und führt zum Punkt St. T.. Auf diesem etwa 2,9 km langen Teilstück befindet sich die rückzubauende Freileitung Bl. 2339. Die Trasse verläuft hier am Ortsrand der Klägerin, dem sie sich bis auf knapp 30 m von der Trassenmitte nähert. Über die gesamte Strecke wird die Trasse parallel zur bestehenden Freileitung Bl. 2388 geführt.

3

Im Juni 2007 übersandte eine Rechtsvorgängerin der Beigeladenen dem Beklagten ein Gutachten zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) zur Prüfung, ob das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfe. Das Gutachten verneinte eine solche Pflicht. Für die Umweltauswirkungen legte es eine dreistufige Skala ("erheblich" - "deutlich" - "gering") zu Grunde. Erhebliche Umweltauswirkungen verneinte es durchgängig, deutliche Auswirkungen bejahte es hinsichtlich einzelner Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 2 zum UVPG. Die zu erwartenden Umweltverschmutzungen (Ziff. 1.4 der Anlage 2 zum UVPG) schätzte das Gutachten als gering ein, da die Immissionen durch elektromagnetische Felder die maßgeblichen Grenzwerte einhielten. Nach Beteiligung verschiedener Fachdezernate stellte die Planfeststellungsbehörde des Beklagten in einem Vermerk vom 8. Januar 2008 fest, der Eingriff werde in keinem relevanten Schutzgut zu erheblichen Umweltauswirkungen führen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei daher nicht erforderlich. Auf Nachfrage teilte der Beklagte dem Beigeladenen unter dem 20. Dezember 2010 mit, es bleibe bei dieser Einschätzung.

4

Zu den im Jahr 2010 eingereichten Planfeststellungsunterlagen beteiligte die Beklagte im März 2011 die Träger der öffentlichen Belange, darunter die Klägerin. Die Unterlagen wurden in der Zeit vom 28. März bis 9. Mai 2011 bei der Stadt K. ausgelegt.

5

Die Klägerin nahm unter dem 5. Mai 2011, beim Beklagten eingegangen am 9. Mai 2011, zu dem Vorhaben Stellung. Die Trasse habe einen zu geringen Abstand zur Wohnbebauung im Bereich des Stadtteils B., es müsse geprüft werden, ob die Leitung negative gesundheitliche Wirkungen für die Bewohner der dortigen Wohngebiete habe. Die Unterlagen ließen die Stärke der elektromagnetischen Felder nicht erkennen. Es bedürfe einer Prüfung von Alternativen, sowohl einer Erdverkabelung als auch einer mindestens teilweisen Verlegung der Trasse. Die Planung berühre beim "Campus F." den Bebauungsplan Nr. 653, dort reiche der Schutzstreifen auf einer Breite von ca. 300 m bis zu 5 m in die festgesetzten Gewerbegebiete hinein. Weiter rügte die Klägerin Mängel hinsichtlich des Landschafts- und Artenschutzes sowie des Grund- und Trinkwasserschutzes während der Bauphase. Schließlich forderte sie, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

6

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2011 legte die Klägerin ein Gutachten zu den Möglichkeiten und Auswirkungen einer 380-kV-Erdkabelverlegung vor. Es beschreibt die technischen, betrieblichen und umweltrelevanten Eigenschaften von Freileitungen und Erdkabeln und vergleicht die Wirtschaftlichkeit. Die Ausführung der Leitung als Freileitung stelle, so das Gutachten, aus technischer, betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht eindeutig die zu bevorzugende Variante dar. Die Einwendungen der Klägerin wurden in einem nicht-öffentlichen Erörterungstermin am 28. Februar 2012 erörtert.

7

Der Beklagte stellte den Plan mit Planfeststellungsbeschluss vom 7. November 2012 fest und stellte ihn der Klägerin am 27. November 2012 zu.

8

Die Klägerin ist Eigentümerin zahlreicher Grundstücke, für die der Planfeststellungsbeschluss eine Enteignung für zulässig erklärt. Wegen der bereits bestehenden Leitung (Bl. 2388), aber auch wegen einer 1962 planfestgestellten, aber nicht verwirklichten Leitung ist eine Vielzahl dieser Grundstücke dinglich zugunsten von Rechtsvorgängerinnen der Beigeladenen belastet. Die privatrechtliche Situation weicht im Detail voneinander ab. Von elektromagnetischen Feldern und Lärm sind einzelne Grundstücke im Eigentum der Klägerin betroffen, die auf der Grundlage von Erbbaurechten zu Wohnzwecken genutzt werden.

9

Die Klägerin hat am 20. Dezember 2012 Klage erhoben. Nach ihrer Auffassung bedurfte das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Landschaftsschutz sei unzutreffend abgearbeitet. Die nur knapp unterschrittenen Grenzwerte der 26. BImSchV seien wissenschaftlich überholt und die entstehenden Immissionen unzumutbar. Die Richtwerte der TA Lärm seien überschritten, die hierzu vorgelegten Unterlagen unvollständig. Der Planfeststellungsbeschluss greife durch eine rechteckige Gestaltung der Schutzstreifen mehr als erforderlich auf ihr Eigentum zu. Den Gefahren durch Mastbrüche werde nicht ausreichend begegnet. Die Alternativenprüfung sei unzureichend. Mindestens teilweise dränge sich die Ausführung als Erdkabel auf, insbesondere im Bereich zwischen dem Edelstahlwerk und dem Punkt St. T..

10

Die Klägerin beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 7. November 2012 für den Neubau der 380 kV-Höchstspannungsleitung Punkt F. - Punkt St. T., Bl. 4571 in den Abschnitten Punkt F. - Punkt St. T. aufzuheben,

hilfsweise,

den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 7. November 2012 zu verpflichten, über Schutzvorkehrungen zur Wahrung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie der Klägerin und zum Schutz ihres Grundeigentums, insbesondere vor Immissionen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

11

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Die Klägerin sei hinsichtlich mehrerer Einwendungen präkludiert. Den Anforderungen an eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls habe die Beklagte genügt. Verstöße gegen Vorschriften des Landschaftsschutzes könne die Klägerin nicht rügen. Die Grenzwerte der 26. BImSchV seien gewahrt und in der Sache nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des Lärmschutzes mache die Klägerin keine eigenen Belange geltend. Im Übrigen würden die maßgeblichen Werte der TA-Lärm eingehalten. Der Planfeststellungsbeschluss leide nicht an Abwägungsfehlern. Die Alternativenprüfung sei rechtmäßig. Insbesondere sei eine Führung als Erdkabel gesetzlich ausgeschlossen, jedenfalls fehlerfrei abgewogen und abgelehnt worden. Sicherheitsgefahren beständen nicht, weil die Anlage die allgemein anerkannten Regeln der Technik beachte.

13

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Die Klage sei unzulässig, jedenfalls unbegründet. Der Klägerin fehle die Klagebefugnis. Sie sei als Gemeinde nicht Trägerin von Grundrechten und mache sich hinsichtlich einzelner Belange zur Sachwalterin fremder Interessen. Ihre Planungshoheit sei nicht betroffen. Die Klägerin habe kein subjektives öffentliches Recht auf Erdverkabelung. Schließlich sei die Klägerin mit einer Reihe von Einwänden präkludiert, so auch mit der Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung. In der Sache hält die Beigeladene die Klage für unbegründet und verteidigt den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss.

15

Der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat einen Eilantrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage mit Beschluss vom 28. Februar 2013 (BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 = ER 2013, 119) abgelehnt.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Dem Planfeststellungsbeschluss hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorausgehen müssen. Dieser Mangel führt nicht zur Aufhebung des Beschlusses, aber zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit.

17

A. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. § 1 Abs. 3 des Energieleitungsausbaugesetzes (EnLAG) i.V.m. Nr. 14 der Anlage zum EnLAG im ersten und letzten Rechtszug, weil das Vorhaben ein Teil des Neubaus der Höchstspannungsleitung Niederrhein - Utfort - Osterath mit einer Nennspannung von 380 kV ist.

18

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klägerin klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Eine Verletzung von Rechten der Klägerin kann nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden (vgl. Urteil vom 22. Februar 1984 - BVerwG 1 C 24.92 - BVerwGE 95, 133 <134> = Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 202 S. 2).

19

Die Klägerin kann wie ein privater Grundstückseigentümer geltend machen, die (teilweise) Inanspruchnahme der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke verletze das Gebot einer gerechten Abwägung ihrer eigenen Belange (Urteil vom 27. März 1992 - BVerwG 7 C 18.91 - BVerwGE 90, 96 <101> = Buchholz 451.22 AbfG Nr. 48 S. 125 und Beschluss vom 26. September 2013 - BVerwG 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 17). Hiervon ist auch der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinen Beschlüssen vom 9. Oktober 2012 (BVerwG 7 VR 10.12 - Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 31 Rn. 7) und vom 28. Februar 2013 (BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 7) ausgegangen. Anders als die Beigeladene meint, spielt es nur für die Abwägung, nicht aber für die Klagebefugnis eine Rolle, ob die betroffenen Grundstücke der Klägerin einen Bezug zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben haben (vgl. Urteil vom 24. November 1994 - BVerwG 7 C 25.93 - BVerwGE 97, 143 <151 f.> = Buchholz 451.22 § 7 Abfallbeseitigung Nr. 1 S. 9 und Beschluss vom 18. März 2008 - BVerwG 9 VR 5.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 197 Rn. 16).

20

Der Klagebefugnis steht nicht entgegen, dass im Bereich der zurückzubauenden Freileitung (Bl. 2339) - also zwischen dem Edelstahlwerk und dem Punkt St. T. - die vorhandenen Schutzstreifen ausreichen (S. 32 des Planfeststellungsbeschlusses) und mindestens zu einem Teil dinglich gesichert sind. Gegenstand der Planfeststellung ist ein Gesamtbauvorhaben, das die Errichtung einer Freileitung bei Rückbau einer bestehenden Freileitung umfasst. Gegenüber diesem Eigentumszugriff ist die Klägerin klagebefugt, da sie ihre Klage mit der Hoffnung verbinden kann, dass eine veränderte Planung bestehende Belastungen entfallen lässt, ohne neue Lasten zu begründen (Beschluss vom 26. September 2013 - BVerwG 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 17).

21

Ob die Klagebefugnis auch aus einer möglichen Beeinträchtigung der Planungshoheit nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG folgt, kann offen bleiben. Mit Bejahung der Klagebefugnis wegen der Eigentumsbetroffenheit ist die Klage insgesamt zulässig. § 42 Abs. 2 VwGO lässt es nicht zu, die Klage nach unterschiedlichen Klagegründen aufzuspalten mit der Folge, einzelne Klagegründe im Wege einer Art Vorprüfung endgültig auszuschalten und die sachliche Nachprüfung des klägerischen Vorbringens auf die verbleibenden Klagegründe zu beschränken (Urteil vom 20. Mai 1998 - BVerwG 11 C 3.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18 S. 52). Gleiches gilt für den Einwand der Beigeladenen, die Klägerin sei mit bestimmten Einwendungen präkludiert. Denn die mögliche Präklusion von einzelnen Einwendungen berührt nicht die Klagebefugnis, sondern betrifft den Umfang der Begründetheitsprüfung.

22

B. Die Klage ist überwiegend begründet. Zwar war der Hauptantrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses abzuweisen, die Klage hat aber mit dem in diesem Antrag als "Minus" enthaltenen Begehren Erfolg, die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses festzustellen (vgl. Urteil vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - BVerwGE 121, 72 <74> = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 36) (I.). Die übrigen Einwendungen der Klägerin führen nicht auf Rechtsfehler des Planfeststellungsbeschlusses (II.).

23

I. 1. a) Die Klägerin als von der Fachplanung betroffene Gemeinde ist auf die Rüge von Vorschriften beschränkt, die ihrem Schutz dienen. Weder die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgte Selbstverwaltungsgarantie und Planungshoheit noch das zivilrechtliche Eigentum an den Grundstücken, die durch das planfestgestellte Vorhaben in Anspruch genommen werden, vermitteln ihr einen Anspruch auf Vollüberprüfung des Planfeststellungsbeschlusses (stRspr, Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <391 f.> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 114 S. 123, Beschlüsse vom 28. Februar 2013 - BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 10 und vom 26. September 2013 - BVerwG 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 26). Auch eine enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses zu ihren Lasten führt nicht zu dem aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG hergeleiteten Anspruch auf vollumfängliche Prüfung, da die Klägerin nicht Trägerin des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG ist (BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <100 f.>).

24

Damit scheidet eine Prüfung des Planfeststellungsbeschlusses an naturschutzrechtlichen Regelungen von vornherein aus (Beschluss vom 18. März 2008 - a.a.O. Rn. 12). Dies gilt auch, soweit die Klägerin untere Landschaftsbehörde nach § 8 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes zur Sicherung des Naturhaushalts und zur Entwicklung der Landschaft Nordrhein-Westfalen (Landschaftsgesetz - LG NRW) i.d.F. der Bekanntmachung vom 21. Juli 2000 (GV. NRW S. 568), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 16. März 2010 (GV. NRW S. 185) ist. Insoweit nimmt sie zwar Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (§ 8 Abs. 3 Satz 1 LG NRW) wahr, sie wird aber nicht Begünstigte des materiellen Naturschutzrechtes, wenn - wie hier die Planfeststellungsbehörde (§ 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW) - eine andere Behörde für naturschutzrechtliche Entscheidungen zuständig ist.

25

b) Maßgeblich für die Prüfung des Planfeststellungsbeschlusses ist die Rechtslage bei dessen Erlass am 7. November 2012, soweit nicht spätere Rechtsänderungen einen vormaligen Rechtsverstoß entfallen lassen (Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 52 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 203 Rn. 52).

26

2. Der Einwand der Klägerin, vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses habe es einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft, ist nicht nach § 43b Nr. 1 Satz 2 EnWG präkludiert (a). Er hat in der Sache Erfolg. Auch unter Berücksichtigung der durch § 3a Satz 4 UVPG eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (b) ist festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig ist, weil es vor seinem Erlass einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurfte (c). Dieser Fehler führt nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, aber nach § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 UmwRG i.V.m. § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit (d).

27

a) Die Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist nicht nach § 43b Nr. 1 Satz 2 EnWG präkludiert.

28

Gemäß § 43b Nr. 1 Satz 2 EnWG sind Äußerungen, Einwendungen und Stellungnahmen nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist nach Satz 1 ausgeschlossen. Diese Mitwirkungslast gilt uneingeschränkt auch für eine Gebietskörperschaft, die im Planfeststellungsverfahren als Behörde und damit als Trägerin öffentlicher Belange zur Stellungnahme aufgefordert worden ist (vgl. Urteil vom 9. Februar 2005 - BVerwG 9 A 62.03 - NVwZ 2005, 813 <815> § 78 vwvfg nr. 10 nicht abgedruckt> zur Mitwirkungslast nach § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG). Die Einwendungsfrist, über die entsprechend § 43b Satz 3 EnWG belehrt worden ist, lief hier am 9. Mai 2011 ab. Der damit eintretende Einwendungsausschluss erstreckt sich auch auf das gerichtliche Verfahren (Urteile vom 23. April 1997 - BVerwG 11 A 7.97 - BVerwGE 104, 337 <343> = Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 16 S. 32 und vom 18. Juli 2013 - BVerwG 7 A 4.12 - NVwZ 2013, 1605 Rn. 65).

29

Der 7. Senat hat dargelegt (Beschluss vom 28. Februar 2013 - BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 12), dass das Schreiben der Klägerin vom 5. Mai 2011 den Anforderungen an ein Einwendungsschreiben einer Gebietskörperschaft genügt. Diese Einschätzung teilt der erkennende Senat. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen hat die Klägerin auch substantiiert eine Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert. Die Klägerin erhob diese Forderung vor dem Hintergrund, dass nach ihrer Auffassung "dem Antrag für das Planfeststellungsverfahren entscheidungserhebliche Unterlagen fehlen und darüber hinaus weitere Belange und umweltbezogene Auswirkungen geprüft" werden sollten. Welche Umweltbelange die Klägerin im Auge hatte, ergab sich aus dem Schreiben im Übrigen.

30

Anders als die Beigeladene meint, ist die Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht in Folge des Erörterungstermins vom 28. Februar 2012 präkludiert. Allerdings ist es unzulässig, im Klageverfahren auf frühere Einwendungen zurückzukommen, wenn im Anhörungsverfahren eine streitbefriedende Erörterung gelingt (Beschluss vom 17. Februar 1997 - BVerwG 4 VR 17.96 - LKV 1997, 328 § 17 fstrg nr. 127 nicht abgedruckt>). Ein solcher Fall lag hier aber nicht vor. Die auf naturschutzfachliche Erwägungen bezogene Äußerung eines Mitarbeiters der Klägerin in deren Funktion als untere Landschaftsschutzbehörde im Erörterungstermin vom 28. Februar 2012 konnte nicht dahin verstanden werden, für die Klägerin als planbetroffene Gebietskörperschaft solle die Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung fallen gelassen werden.

31

Hiervon ausgehend bedarf es weder einer Entscheidung, ob die Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung den fachplanungsrechtlichen Regelungen über die Präklusion unterliegt (offengelassen in Beschluss vom 10. Oktober 2006 - BVerwG 9 B 27.05 - NVwZ 2007, 84 Rn. 19 § 11 uvpg nr. 4 nicht abgedruckt>; dafür OVG Lüneburg, Urteil vom 19. September 2013 - 7 KS 209/11 - juris Rn. 63; Neumann, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 73 Rn. 98), noch, ob - bejahendenfalls - gegen eine solche nationale Regelung unionsrechtliche Bedenken bestehen.

32

b) Gemäß § 3a Satz 4 UVPG unterliegt die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die behördliche Einschätzung ist im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (Urteil vom 20. August 2008 - BVerwG 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 26 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 2).

33

Anknüpfend an diese der zuständigen Behörde in § 3a Satz 4 UVP eingeräumte Beurteilungsermächtigung stellt § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG klar, dass die behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren unter anderem darauf zu überprüfen ist, ob das anzuwendende Recht verkannt wurde. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz findet hier Anwendung, weil infolge der von § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Ziffer 19.1.3 der Anlage 1 zum UVPG angeordneten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für den in Rede stehenden Planfeststellungsbeschluss eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG bestehen kann (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 18 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: April 2013, § 1 UmwRG Rn. 29).

34

Der Anwendung von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG steht nicht entgegen, dass die Vorschrift nach Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 95) erst am 29. Januar 2013 und damit nach Klageerhebung in Kraft getreten ist. Die geänderten Vorschriften des Gesetzes gelten nach § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfsverfahren nach § 2, die am 12. Mai 2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Zwar handelt es sich hier nicht um den Rechtsbehelf einer anerkannten Vereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG, der Gesetzgeber knüpft in § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG aber an allgemeine Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts an, die gleichfalls eine Anwendung des § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG fordern (vgl. BTDrucks 17/10957 S. 18; Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 194 Rn. 1).

35

c) Der Beklagte hat die UVP-Vorprüfung nicht entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt und damit das anzuwendende Recht im Sinne von § 4a Abs. 2 Nr. 3 UmwRG verkannt. Die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls hätte zu der Annahme führen müssen, dass das Vorhaben unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG haben kann, so dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft hätte. Dies folgt aus der bei der Vorprüfung absehbaren Belastung der Wohnbevölkerung mit Immissionen durch elektromagnetische Felder.

36

Das von der Beigeladenen vorgelegte Gutachten zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls verneint erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen der Sache nach mit dem Hinweis, dass die Grenzwerte der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV <1996>) i.d.F. vom 16. Dezember 1996 (BGBl I S. 1966) nicht überschritten werden. Sie setzt damit die Schwelle der erheblichen Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG mit der Schwelle der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG i.V.m. der 26. BImSchV gleich, die durch Abwägung nicht überwindbar ist (vgl. Beschluss vom 22. Juli 2010 - BVerwG 7 VR 4.10 - NVwZ 2010, 1486 Rn. 23). Dieser Sichtweise entspricht es, dass der Gutachter der Beigeladenen die Umweltauswirkungen durch elektromagnetische Felder auf einer dreistufigen Skala als "gering" einschätzt, ohne der Frage nachzugehen, inwieweit sich die elektrische Feldstärke und die magnetische Flussdichte bereits dem maßgeblichen Grenzwert nähern.

37

Dies verkennt den rechtlichen Maßstab. Nach § 3c Satz 1 UVPG ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (Urteil vom 13. Dezember 2007 - BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 30). Denn die Umweltverträglichkeitsprüfung soll die Umweltbelange so herausarbeiten, dass sie in die Abwägung in gebündelter Form eingehen (Urteil vom 18. November 2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 <211> = Buchholz 406.251 § 17 UVPG Nr. 1 S. 6). Sie ist ein formalisierter Zwischenschritt mit dem Ziel einer zunächst auf die Umweltbelange beschränkten Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens im Rahmen der Abwägung aller Belange und dient als wirkungsvolle Methode, die Umweltbelange in den Abwägungsprozess einzuführen (Urteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <247> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 107 S. 62 f.). Gerade die Abwägungsentscheidung lässt das Planfeststellungsrecht als besonders geeignetes Trägerverfahren für die Umweltverträglichkeitsprüfung erscheinen (Beckmann, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 12 UVPG Rn. 83). Hiervon ausgehend muss die Umweltverträglichkeitsprüfung daher grundsätzlich auch die Abwägungsentscheidung vorbereiten, wenn Umweltauswirkungen in die Abwägung eingehen und damit bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht (Urteile vom 13. Dezember 2007 a.a.O., vom 20. August 2008 - BVerwG 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 34 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 2 und vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 4 C 5.07 - BVerwGE 132, 123 Rn. 32 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 32; vgl. auch BTDrucks 14/4599 S. 95).

38

Im Luftverkehrsrecht hat der Senat angenommen, dass nachteilige betriebsbedingte Auswirkungen bei einer Änderungsgenehmigung zu berücksichtigen und damit grundsätzlich im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG erheblich sind, wenn sie mehr als geringfügig und damit abwägungserheblich sind (Urteile vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 30 und vom 16. Oktober 2008 a.a.O. Rn. 30). Jedenfalls bei Überschreiten der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle könne die Erheblichkeit allenfalls verneint werden, wenn bereits der Vorhabenträger Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen vorgesehen habe und diese die nachteiligen Umweltauswirkungen offensichtlich ausschlössen. Auch in der Anordnung von Betriebsbeschränkungen zugunsten von Anwohnern hat der Senat einen Anhaltspunkt für die Abwägungserheblichkeit gesehen (Urteil vom 16. Oktober 2008 a.a.O. Rn. 33). Hiervon ausgehend musste der Beklagte vorliegend ebenfalls erhebliche Umweltauswirkungen annehmen. Denn bei der Planfeststellung einer Höchstspannungsfreileitung gehört zu den weiteren erheblichen Belangen in der Abwägung das Interesse an jeglicher Verschonung vor elektromagnetischen Feldern, auch wenn diese die Grenzwerte unterschreiten (Beschlüsse vom 22. Juli 2010 a.a.O. Rn. 35 und vom 26. September 2013 - BVerwG 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 59).

39

Die Rechtsprechung des Senats ist auf Vorbehalte gestoßen. Ihr mag entgegnet werden, dass nach ihren Maßstäben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG im Widerspruch zur Konzeption des Gesetzgebers nahezu zwangsläufig zur Annahme erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen und damit zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung führe. Denn es erscheint kaum ein der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegendes Vorhaben der Fachplanung denkbar, das nicht jedenfalls abwägungserhebliche Umweltauswirkungen hat (zweifelnd daher etwa OVG Hamburg, Beschluss vom 24. Februar 2010 - 5 Bs 24/10 - NordÖR 2010, 206 - juris Rn. 21). Diesen Vorbehalten braucht der Senat hier indes nicht nachzugehen. Zwar sind bei Höchstspannungsfreileitungen regelmäßig Immissionen elektromagnetischer Felder in der Abwägung zu bewältigen. Vorliegend war aber auf einem erheblichen Teilabschnitt eine Belastung der Wohnbevölkerung in einer Stärke zu erwarten, die so nah an einen Grenzwert heranreichte, dass im Zeitpunkt der Vorprüfung ein Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgeschlossen werden konnte. Denn die Abwägung des Schutzes vor elektromagnetischer Strahlung ist ausgehend von den Grenzwerten zu gewichten. Dieser Belang ist umso gewichtiger, je näher die Belastung an die Grenzwerte heranreicht, sein Gewicht ist umso geringer, je weiter sie hinter dieser Schwelle zurückbleibt. Insoweit orientiert sich der Senat an dem im Fluglärmschutzrecht entwickelten Ansatz (Urteil vom 4. April 2012 - BVerwG 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 190 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 37). Nach einer Berechnung der Beigeladenen aus dem Mai 2010 - und damit vor der erneuten Vorprüfung (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 29 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3) - war zwischen Mast 21 und 22 angrenzend an Wohngebiete in B. eine elektrische Feldstärke von 3,8 kV/m und eine magnetische Flussdichte von 21,0 µT zu erwarten. Die elektrische Feldstärke näherte sich damit deutlich dem Grenzwert von 5,0 kV/m und betraf absehbar auf einer nicht unerheblichen Länge der Trasse Wohnbebauung. Die prognostizierte Belastung warf erkennbar die Frage auf, ob im Rahmen der Abwägung eine Senkung dieser Belastung in Betracht kam. Es wäre Aufgabe einer Umweltverträglichkeitsprüfung gewesen, diese Abwägung vorzubereiten. Die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG hätte die Planfeststellungsbehörde deshalb nicht verneinen dürfen.

40

d) Die Fehlerfolge ergibt sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3 UmwRG i.V.m. § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG. Namentlich ist § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG anzuwenden, der durch das Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 95) mit Wirkung vom 29. Januar 2013 erlassen worden ist, und der die bisherige Rechtslage klarstellt (BTDrucks 17/10957 S. 17; vgl. bereits Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 33).

41

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Ein solcher Fall liegt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch vor, wenn - wie hier - eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Vorschrift gilt nach § 4 Abs. 3 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO und damit für die Klägerin entsprechend. Sie wird so auf Rechtsbehelfe erstreckt, deren Zulässigkeit von der Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Rechte abhängt (BTDrucks 16/2495 S. 14). § 4 Abs. 3 UmwRG begründet damit nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 VwVfG NRW die Begründetheitsprüfung (Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 30.10 - Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 33 Rn. 22). Hat die Behörde eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterlassen, ist dieser Fehler erheblich, ohne dass es nach nationalem Recht darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob dieser Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben könnte. Der Verfahrensfehler führt damit zur Begründetheit der Klage, unabhängig von den sonst nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltenden einschränkenden Maßgaben (Beschluss vom 27. Juni 2013 - BVerwG 4 B 37.12 - BauR 2013, 2014 Rn. 10).

42

Ungeachtet des Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG führt der festgestellte Rechtsfehler hier nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Der auf den Regelfall des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zugeschnittene Wortlaut ersetzt die spezielle Fehlerfolgenregelung des § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG nicht, vielmehr geht die letztgenannte Regelung als speziellere vor (ebenso Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 34 = Buchholz 406.251 § 3c UVPG Nr. 3 zu § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG). Vorliegend kann es mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG sein Bewenden haben. Denn der eingetretene Verfahrensfehler kann in einem ergänzenden Verfahren behoben werden.

43

Dies begegnet keinen unionsrechtlichen Bedenken (Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 36). Denn die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit stellt sicher, dass die Zulassungsentscheidung nicht ausgeführt werden darf, bevor die unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung nachgeholt und die in ihrem Rahmen getroffenen Feststellungen und Bewertungen der Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer erneuten Zulassungsentscheidung gewürdigt worden sind. Diese Würdigung muss ergebnisoffen erfolgen und ist wiederum mit Rechtsbehelfen angreifbar. Eine Umgehung oder Nichtanwendung der Regelungen über die Umweltverträglichkeitsprüfung wird dadurch verhindert. Diese können vielmehr ihre volle Wirkkraft entfalten.

44

II. Die weiteren von der Klägerin gerügten Rechtsverletzungen führen schon deshalb nicht zu einem weitergehenden Klageerfolg, weil sie - ihr Vorliegen unterstellt - nicht von einer solchen Art und Schwere wären, dass die Planung als Ganzes von vornherein in Frage gestellt schiene (vgl. Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 83 = Buchholz 406.11 § 7 BauGB Nr. 4). Es bedarf insoweit aber auch weder einer Planergänzung noch der Durchführung eines ergänzenden Verfahrens mangels Rechtsfehlern zu Lasten der Klägerin. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob einzelne Einwendungen nach § 43b Nr. 1 Satz 2 EnWG präkludiert sein könnten und - bejahendenfalls - ob diese Präklusion unionsrechtlichen Bedenken begegnet.

45

1. Die Planrechtfertigung liegt vor. Das Vorhaben ist gemessen an den Zielen des zugrunde liegenden Fachplanungsgesetzes vernünftigerweise geboten (Urteile vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C 15.83 - BVerwGE 71, 166 <168> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 59 S. 60 f. und vom 26. April 2007 - BVerwG 4 C 12.05 - BVerwGE 128, 358 Rn. 45 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 27). Die planfestgestellte Trasse ist Teil des Vorhabens Nr. 14 der Anlage zum EnLAG und entspricht damit nach § 1 Abs. 2 Satz 1 EnLAG den Zielsetzungen des § 1 EnWG. Seine energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf stehen nach § 1 Abs. 2 Satz 2 EnLAG fest. Diese Feststellungen sind für die Planfeststellung und die Plangenehmigung nach den §§ 43 bis 43d EnWG gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 EnLAG verbindlich. Dies gilt auch für das gerichtliche Verfahren (Urteil vom 18. Juli 2013 - BVerwG 7 A 4.12 - NuR 2013, 794 Rn. 35 - zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen).

46

Der Einwand der Klägerin, die Schutzstreifen griffen auf ihre Grundstücke zu umfangreich zu, betrifft nicht die Planrechtfertigung. Für sie reicht aus, dass die mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen generell geeignet sind, entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden. Ob das Wohl der Allgemeinheit den Zugriff auf ein einzelnes Grundstück letztlich erfordert, hängt von der weiteren planerischen Konkretisierung des Vorhabens ab und ist eine Frage der fachplanerischen Abwägung (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 183 f. = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23).

47

2. Der Planfeststellungsbeschluss verletzt - abgesehen von dem unter B I. festgestellten Rechtsverstoß - kein zwingendes Recht. Die planfestgestellte Höchstspannungsfreileitung unterfällt als sonstige ortsfeste Einrichtung nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Da sie keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV bedarf, ist sie nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.

48

Diese Anforderungen dienen dem allgemeinen öffentlichen Interesse und dem Schutz Betroffener und sind nicht dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht zugeordnet (Urteil vom 18. Juli 2013 a.a.O. Rn. 64). Die Klägerin könnte indes einen Eingriff in ihr Eigentum rügen, wenn Nutzer und Bewohner ihrer Anlagen in rechtswidriger Weise Immissionen ausgesetzt würden (vgl. Urteil vom 26. März 2007 - BVerwG 7 B 73.06 - Buchholz 451.171 § 9b AtG Nr. 2 Rn. 10).

49

a) Hinsichtlich elektromagnetischer Felder konkretisiert die 26. BImSchV (1996) die Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen und zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch elektromagnetische Felder (§ 1 Abs. 1 Satz 2 der 26. BImSchV <1996>).

50

Die planfestgestellte Leitung, eine Niederfrequenzanlage nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a der 26. BImSchV (1996), ist nach § 3 Satz 1 der 26. BImSchV (1996) i.V.m. dem Anhang 2 so zu errichten und zu betreiben, dass in ihrem Einwirkungsbereich in Gebäuden oder auf Grundstücken, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, bei höchster betrieblicher Auslastung unter Berücksichtigung von Immissionen durch andere Niederfrequenzanlagen der Effektivwert der elektrischen Feldstärke 5 kV/m und der Effektivwert der magnetischen Flussdichte 100 µT nicht überschreitet. Zum Zwecke der Vorsorge haben nach § 4 der 26. BImSchV (1996) bei der Errichtung einer Niederfrequenzanlage in der Nähe von Wohnungen oder Schulen in diesen Gebäuden oder auf diesen Grundstücken auch die maximalen Effektivwerte diesen Anforderungen zu entsprechen. Diese Vorgaben wahrt das streitgegenständliche Vorhaben.

51

Die Grenzwerte der 26. BImSchV (1996) sind von Rechts wegen nicht zu beanstanden (stRspr, Beschlüsse vom 22. Juli 2010 - BVerwG 7 VR 4.10 - NVwZ 2010, 1486 Rn. 25, vom 28. Februar 2013 - BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 20 und vom 26. September 2013 - BVerwG 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 33 ff.). Die staatliche Schutzpflicht für die menschliche Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG fordert nach derzeitigem fachwissenschaftlichen Kenntnisstand keine niedrigeren Grenzwerte. Der Verordnungsgeber verfügt bei der Erfüllung seiner Schutzpflicht für die menschliche Gesundheit über einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum, der auch Raum lässt, konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht wird erst verletzt, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben. Von einem solchen völlig unzureichenden Schutz kann so lange keine Rede sein, als sich die Eignung und Erforderlichkeit geringerer Grenzwerte mangels verlässlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse noch gar nicht abschätzen lässt (BVerfG, Beschlüsse vom 30. November 1988 - 1 BvR 1301/84 - BVerfGE 79, 174 <202>, vom 28. Februar 2002 - 1 BvR 1676/01 - NJW 2002, 1638 <1639> sowie Kammerbeschluss vom 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805 = juris Rn. 18).

52

Gemessen hieran ist davon auszugehen, dass die Grenzwerte der 26. BImSchV (1996) wirksam akute Beeinträchtigungen der Gesundheit verhindern. Der Verordnungsgeber hat bei der Novelle zur 26. BImSchV (Art. 1 der Verordnung vom 14. August 2013 - BGBl I S. 3259) an dem Grenzwert für die elektrische Feldstärke und die magnetische Flussdichte festgehalten (Anhang 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 der 26. BImSchV) und sich dabei auf Empfehlungen der 2010 veröffentlichten Guidelines der International Commission on non-Ionizing radiation protection (ICNIRP) berufen (veröffentlicht in Health Physics 99 <6>: S. 818 <2010>). Auch mögliche Langzeitfolgen lassen nicht erkennen, dass der Verordnungsgeber seinen Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum überschritten haben könnte. Die zu Langzeitfolgen vorliegende Befundlage erweist sich als "nicht stark genug, um einen Kausalzusammenhang zu belegen, aber ausreichend, um eine Besorgnis zu begründen" (Sachverständiger Matthes, Deutscher Bundestag, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 17. WP, 92. Sitzung vom 27. Februar 2013, Protokoll 17/92 S. 10). Diese Bewertung entspricht im Kern der Einschätzung der Strahlenschutzkommission (Vergleichende Bewertung der Evidenz von Krebsrisiken durch elektromagnetische Felder und Strahlungen, Stellungnahme der Strahlenschutzkommission vom 14./15. April 2011, S. 52 ff.). Die von der Klägerin angeführten wissenschaftlichen Arbeiten ziehen diese Einschätzung nicht in Zweifel. Der Strahlenschutzkommission war der Standpunkt von J. Schütz und A. Ahlborn bekannt, auf die sich die Klägerin beruft (vgl. Stellungnahme, a.a.O. S. 77). Ob die weiter von der Klägerin vorgelegte Tabelle zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen bei Kindern und der Wohnentfernung zu Höchstspannungsfreileitungen eine Risikoerhöhung belegt, mag offen bleiben. Jedenfalls bietet sie keinen Anhalt für die Annahme, dass der Verordnungsgeber seinen Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum überschritten haben könnte.

53

b) Den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert für anlagenbezogene Lärmimmissionen die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom 26. August 1998 (GMBl S. 503). Ihr kommt eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmtem Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (Urteile vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 und vom 29. November 2012 - BVerwG 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145 Rn. 18). Den Anforderungen der TA Lärm genügt das Vorhaben.

54

Das vom Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Gutachten des TÜV Hessen prognostiziert an den am höchsten belasteten Immissionsorten einen nächtlichen Beurteilungspegel von geringfügig mehr als 35 dB(A). Substantiierte Einwendungen dagegen hat die Klägerin nicht erhoben. Insbesondere fehlt ein Anhaltspunkt für den Verdacht, bei den der Prognose zugrunde liegenden Messwerten sei ein Messabschlag nach Ziffer 6.9 TA Lärm in Abzug gebracht worden.

55

Den Anforderungen der TA Lärm ist auch unter der Annahme genügt, dass die am höchsten belasteten Immissionsorte in reinen Wohngebieten liegen. Wegen ihrer Randlage zum Außenbereich gegenüber einem privilegierten Außenbereichsvorhaben (hier: § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB) und ihrer Vorbelastung durch die fortbestehende Freileitung Bl. 2388 sind die Grundstücke nur vermindert schutzwürdig (vgl. Beschluss vom 21. Dezember 2000 - BVerwG 7 B 4.10 - BRS 78 Nr. 117 Rn. 32). Daher ist der maßgebliche Immissionsrichtwert nach Ziffer 6.7 der TA Lärm ("Gemengelage") zu ermitteln. Hier reicht der Schutz eines allgemeinen Wohngebiets aus. Der damit nach Ziffer 6.1 Buchst. d TA Lärm einzuhaltende Immissionsrichtwert von 40 dB(A) für die Nacht wird gewahrt.

56

Diese Einschätzung liegt auf der sicheren Seite. Das Gutachten des TÜV Hessen geht von einem Datenpool aus, dem Messwerte für 4er-Bündel-Seile in der Ausführung 4 * Al/St 265/35 zugrunde liegen (S. 5, 12). Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss in dem Abschnitt Edelstahlwerk bis Punkt Sankt T. die Verwendung dickerer Phasenseile (Al/St 550/70) zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm festsetzt (Erläuterungsbericht, S. 30). Diese Phasenseile lassen wegen der geringeren Randfeldstärken eine deutliche Minderung der Emissionen gegenüber den prognostizierten Werten erwarten (Gutachten TÜV Hessen S. 39).

57

3. Nach § 43 Satz 3 EnWG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Dieses Abwägungsgebot ist nicht verletzt.

58

Dabei ist die gerichtliche Kontrolle der Auswahl zwischen verschiedenen Planungsalternativen als Abwägungsentscheidung auf erhebliche Abwägungsmängel begrenzt (§ 43 Satz 3, § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG). Ihre Rechtmäßigkeit hängt nicht davon ab, ob für eine andere planerische Lösung einleuchtende Gründe angeführt werden können. Es reicht vielmehr aus, wenn die Behörde ernsthaft in Betracht kommende Alternativen prüft, sich mit dem Für und Wider der jeweiligen Lösung auseinandersetzt und tragfähige Gründe für die gewählte Lösung anführen kann. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Lösung sich unter Berücksichtigung der abwägungserheblichen Belange als die eindeutig bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellt (vgl. Urteile vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <249 f.> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 107 S. 65 f. und vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 41 m.w.N. ).

59

a) Die planfestgestellte rechteckige statt der von der Klägerin geforderten elliptischen Form der Schutzstreifen ist im Ergebnis nicht abwägungsfehlerhaft. Der Beklagte hält die Nutzungsbeschränkungen bei rechteckigen Schutzstreifen für leichter erkennbar; diese Form entspreche der Eintragung im Grundbuch und ermögliche Wartungsarbeiten im Bereich der Masten. Diese Gesichtspunkte können die entgegenstehenden Eigentümerinteressen der Klägerin überwinden, die von der Form der festgelegten Schutzstreifen nur am Rande berührt werden. Dass entsprechende Darlegungen im Planfeststellungsbeschluss fehlen, ist jedenfalls nach § 43e Abs. 4 Satz 1 EnWG unbeachtlich, weil ein etwaiger Mangel auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen ist.

60

b) Besondere Vorkehrungen gegen die Gefahr von Mastbrüchen brauchte der Planfeststellungsbeschluss nicht zu treffen. Eine Planfeststellungsbehörde hat sich Gewissheit darüber zu verschaffen, dass ein durch das Vorhaben aufgeworfenes tatsächliches Problem bei der Ausführung des Planfeststellungsbeschlusses beherrschbar ist und das hierfür notwendige Instrumentarium bereit steht. Der Planfeststellungsbeschluss kann daher die Bauausführung ausklammern, soweit der Stand der Technik für die zu bewältigenden Probleme geeignete Lösungen zur Verfügung stellt und die Beachtung der entsprechenden technischen Vorgaben gewährleistet ist (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 97 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201). Nach § 49 Abs. 1 EnWG sind Energieanlagen so zu errichten und zu betreiben, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist. Dabei sind vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten. Der Erläuterungsbericht nennt die zu beachtenden technischen Regelwerke (S. 16 f.). Der Planfeststellungsbeschluss durfte davon ausgehen, dass diese Regelungen ausreichende Möglichkeiten bereitstellen, um hinreichend vor Mastbrüchen zu schützen.

61

c) Der Planfeststellungsbeschluss verletzt nicht die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG wurzelnde Planungshoheit der Klägerin. Der 7. Senat hat dies in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 28. Februar 2013 dargelegt und dabei insbesondere das Gebiet des Bebauungsplans Nr. 653 in den Blick genommen (BVerwG 7 VR 13.12 - UPR 2013, 345 Rn. 23). Der erkennende Senat teilt diese Auffassung. Die Klägerin ist ihr in der mündlichen Verhandlung nicht mehr entgegengetreten.

62

d) Es bedarf keiner Entscheidung, ob § 1 Abs. 1 EnLAG i.V.m. der Anlage sowie § 43 Abs. 1 Nr. 1 EnWG die von der Klägerin geforderte Führung als Erdkabel ausschließt. Der Planfeststellungsbeschluss hat sich jedenfalls ohne Abwägungsfehler gegen diese Alternative ausgesprochen (Beschluss vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 32 f.).

63

Er hat die Vor- und Nachteile einer Freileitung und eines Erdkabels in den Blick genommen, gewürdigt und der Ausführung als Freileitung in Übereinstimmung mit dem von der Klägerin beauftragten Gutachter den Vorrang eingeräumt. Störungen seien bei Freileitungen besser beherrschbar, der Reparaturaufwand geringer, die zu erwartende Lebensdauer höher und die Kosten erheblich niedriger. Ein Erdkabel entlaste zwar das Landschaftsbild, belaste aber die Schutzgüter Biotope, Boden und Wasser stärker. Das unterschiedliche Emissionsverhalten von Freileitung und Erdkabel sieht der Planfeststellungsbeschluss, misst ihm aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Diese Überlegungen genügen dem Abwägungsgebot.

64

Die Einwände der Klägerin zeigen keinen im Ergebnis erheblichen Abwägungsfehler auf. Ob der Planfeststellungsbeschluss davon ausgehen durfte, dass bei Erdkabeln die technische Sicherheit im Sinne von § 49 Abs. 1 Satz 1 EnWG nicht gewährleistet ist, kann mangels Ergebnisrelevanz offen bleiben (§ 43e Abs. 4 Satz 1 EnWG). Denn die Abwägung des Beklagten wird gerade für den Fall angestellt, dass ein Erdkabel grundsätzlich planfeststellungsfähig ist und nicht von vornherein an rechtlichen Grenzen scheitert. Der Planfeststellungsbeschluss durfte auch - entgegen der Auffassung der Klägerin - die höhere Übertragungskapazität einer Freileitung berücksichtigen, da er diese nicht begrenzt. Welche Einwände die Klägerin gegen die Bewertung der Kabelübergabestation als nicht ganz unerhebliches Bauwerk erhebt, ist nicht erkennbar.

65

Schließlich kann die Klägerin den Hinweis des Planfeststellungsbeschlusses auf die erheblichen Mehrkosten einer teilweisen Endverkabelung nicht entkräften. Es kommt dem Planfeststellungsbeschluss entscheidend auf die Mehrkosten an, nicht, jedenfalls nicht ergebnisrelevant (§ 43e Abs. 4 Satz 1 EnWG), auf die Frage des Investitionsbudgets. Ob die Mehrkosten ins Verhältnis zu den Gesamtkosten oder zu denjenigen der jeweiligen Teilstrecke gesetzt werden, ist eine Frage der Darstellung, spielt für die Abwägungskontrolle aber keine Rolle (Beschluss vom 26. September 2013 - BVerwG 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 44).

(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung

1.
nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert,
2.
im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
3.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen,
4.
gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt und
5.
jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
In der Anerkennung ist der satzungsgemäße Aufgabenbereich, für den die Anerkennung gilt, zu bezeichnen; dabei sind insbesondere anzugeben, ob die Vereinigung im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, sowie der räumliche Bereich, auf den sich die Anerkennung bezieht. Die Anerkennung kann, auch nachträglich, mit der Auflage verbunden werden, dass Satzungsänderungen mitzuteilen sind. Sie ist von der zuständigen Behörde im Internet zu veröffentlichen.

(2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben.

(3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung

1.
nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert,
2.
im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
3.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen,
4.
gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt und
5.
jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
In der Anerkennung ist der satzungsgemäße Aufgabenbereich, für den die Anerkennung gilt, zu bezeichnen; dabei sind insbesondere anzugeben, ob die Vereinigung im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, sowie der räumliche Bereich, auf den sich die Anerkennung bezieht. Die Anerkennung kann, auch nachträglich, mit der Auflage verbunden werden, dass Satzungsänderungen mitzuteilen sind. Sie ist von der zuständigen Behörde im Internet zu veröffentlichen.

(2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben.

(3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, sind verpflichtet, diese zu beseitigen, soweit in § 17 nichts anderes bestimmt ist. Durch die Behandlung von Abfällen sind deren Menge und Schädlichkeit zu vermindern. Energie oder Abfälle, die bei der Beseitigung anfallen, sind hochwertig zu nutzen; § 8 Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Abfälle sind so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Eine Beeinträchtigung liegt insbesondere dann vor, wenn

1.
die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt wird,
2.
Tiere oder Pflanzen gefährdet werden,
3.
Gewässer oder Böden schädlich beeinflusst werden,
4.
schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Lärm herbeigeführt werden,
5.
die Ziele oder Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung nicht beachtet oder die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege sowie des Städtebaus nicht berücksichtigt werden oder
6.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung in sonstiger Weise gefährdet oder gestört wird.

(3) Soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich ist, sind Abfälle zur Beseitigung getrennt zu sammeln und zu behandeln. § 9 Absatz 2 und 3 und § 9a gelten entsprechend.

(4) Die Ablagerung von Siedlungsabfällen auf Deponien darf spätestens ab dem 1. Januar 2035 höchstens 10 Gewichtsprozent des gesamten Siedlungsabfallaufkommens betragen.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, in denen eine Entsorgung von Abfällen durchgeführt wird, sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebes bedürfen der Genehmigung nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes; einer weiteren Zulassung nach diesem Gesetz bedarf es nicht.

(2) Die Errichtung und der Betrieb von Deponien sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebes bedürfen der Planfeststellung durch die zuständige Behörde. In dem Planfeststellungsverfahren ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

(3) § 74 Absatz 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt mit der Maßgabe, dass die zuständige Behörde nur dann an Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses auf Antrag oder von Amts wegen eine Plangenehmigung erteilen kann, wenn

1.
die Errichtung und der Betrieb einer unbedeutenden Deponie beantragt werden, soweit die Errichtung und der Betrieb keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf ein in § 2 Absatz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genanntes Schutzgut haben können, oder
2.
die wesentliche Änderung einer Deponie oder ihres Betriebes beantragt wird, soweit die Änderung keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf ein in § 2 Absatz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genanntes Schutzgut haben kann, oder
3.
die Errichtung und der Betrieb einer Deponie beantragt werden, die ausschließlich oder überwiegend der Entwicklung und Erprobung neuer Verfahren dient, und die Genehmigung für einen Zeitraum von höchstens zwei Jahren nach Inbetriebnahme der Anlage erteilt werden soll; soweit diese Deponie der Ablagerung gefährlicher Abfälle dient, darf die Genehmigung für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr nach Inbetriebnahme der Anlage erteilt werden.
Die zuständige Behörde soll ein Genehmigungsverfahren durchführen, wenn die wesentliche Änderung keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf ein in § 2 Absatz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genanntes Schutzgut hat und den Zweck verfolgt, eine wesentliche Verbesserung für diese Schutzgüter herbeizuführen. Eine Plangenehmigung nach Satz 1 Nummer 1 kann nicht erteilt werden
1.
für Deponien zur Ablagerung von gefährlichen Abfällen,
2.
für Deponien zur Ablagerung von nicht gefährlichen Abfällen mit einer Aufnahmekapazität von 10 Tonnen oder mehr pro Tag oder mit einer Gesamtkapazität von 25 000 Tonnen oder mehr; dies gilt nicht für Deponien für Inertabfälle.

(4) § 15 Absatz 1 Satz 1 bis 4 und Absatz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gilt entsprechend. Satz 1 findet auch auf die in § 39 genannten Deponien Anwendung.

(5) Für nach Absatz 4 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Planfeststellung oder eine Plangenehmigung beantragen.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Im Außenbereich dürfen an Bundeswasserstraßen und Gewässern erster Ordnung sowie an stehenden Gewässern mit einer Größe von mehr als 1 Hektar im Abstand bis 50 Meter von der Uferlinie keine baulichen Anlagen errichtet oder wesentlich geändert werden. An den Küstengewässern ist abweichend von Satz 1 ein Abstand von mindestens 150 Metern von der mittleren Hochwasserlinie an der Nordsee und von der Mittelwasserlinie an der Ostsee einzuhalten. Weiter gehende Vorschriften der Länder bleiben unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
bauliche Anlagen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtmäßig errichtet oder zugelassen waren,
2.
bauliche Anlagen, die in Ausübung wasserrechtlicher Erlaubnisse oder Bewilligungen oder zum Zwecke der Überwachung, der Bewirtschaftung, der Unterhaltung oder des Ausbaus eines oberirdischen Gewässers errichtet oder geändert werden,
3.
Anlagen des öffentlichen Verkehrs einschließlich Nebenanlagen und Zubehör, des Rettungswesens, des Küsten- und Hochwasserschutzes sowie der Verteidigung.
Weiter gehende Vorschriften der Länder über Ausnahmen bleiben unberührt.

(3) Von dem Verbot des Absatzes 1 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn

1.
die durch die bauliche Anlage entstehenden Beeinträchtigungen des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes, insbesondere im Hinblick auf die Funktion der Gewässer und ihrer Uferzonen, geringfügig sind oder dies durch entsprechende Maßnahmen sichergestellt werden kann oder
2.
dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist; in diesem Fall gilt § 15 entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein im Land Sachsen-Anhalt anerkannter Naturschutzverband, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 für den Neubau der Bundesautobahn A 14 im Abschnitt B 189 nördlich Colbitz bis Dolle/L 29 einschließlich Streckenabschnitt 1.2N (VKE 1.3/1.2N). Der planfestgestellte Abschnitt ist - von Magdeburg aus in Richtung Norden betrachtet - das dritte Teilstück der insgesamt rund 155 km langen Autobahn von Magdeburg bis Schwerin. Das durch die Länder Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern führende Gesamtvorhaben beginnt nordwestlich von Magdeburg, verläuft in nördlicher Richtung über Wittenberge und endet am Autobahndreieck Schwerin (A 24). Es ist in den Fernstraßenbedarfsplan 2004 "mit besonderem naturschutzfachlichem Planungsauftrag" in den vordringlichen Bedarf eingestellt.

2

Der Kläger wendet sich außerdem gegen den ersten Planänderungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 betreffend den Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 für den Neubau der A 14 im Abschnitt VKE 1.2. Dieser Änderungsbeschluss hat folgenden Hintergrund: Der von Süden her vorausliegende Abschnitt VKE 1.2 endete ursprünglich nicht an der Anschlussstelle (AS) Colbitz, dem jetzigen Ausgangspunkt des hier umstrittenen Abschnitts, sondern etwa 1,5 km nördlich davon "auf der grünen Wiese". Um die insoweit fehlerhafte Abschnittsbildung zu heilen, schloss der Beklagte im Klageverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss zur VKE 1.2 (BVerwG 9 A 11.10) in der mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2011 mit dem Kläger folgenden gerichtlichen Vergleich:

"... Der Beklagte ändert den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss ... dahin ab, dass die Strecke ab ... (nördliche Abschnittsgrenze zur VKE 1.3 nördlich der Anschlussstelle Colbitz) aus der Planfeststellung heraus genommen wird."

3

Daraufhin nahm der Beklagte mit dem Änderungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz durch entsprechende Änderungen des Lage- und Höhenplans, des Bauwerksverzeichnisses sowie des Grunderwerbsplans und -verzeichnisses "im Verhältnis zu dem Kläger" aus dem Abschnitt VKE 1.2 heraus. Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 hat der Beklagte die herausgenommene Teilstrecke als Teilabschnitt VKE 1.2N durch Feststellung darauf bezogener Planunterlagen dem nördlichen Folgeabschnitt VKE 1.3 angegliedert. Die Einbeziehung der Teilstrecke erfolgte ohne Öffentlichkeitsbeteiligung.

4

Hinsichtlich des Planänderungsbeschlusses macht der Kläger geltend, dass die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz nicht nur im Verhältnis zu ihm, sondern gegenüber der gesamten im Abschnitt VKE 1.2 betroffenen Öffentlichkeit und mit allen auf die Teilstrecke bezogenen Festsetzungen aus der Planung hätte herausgenommen werden müssen. Bezogen auf den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der A 14 im Abschnitt VKE 1.3/1.2N trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz hätte nur nach vorausgegangener Beteiligung der in diesem Abschnitt betroffenen Öffentlichkeit einbezogen werden dürfen. Der Beklagte könne sich zur Rechtfertigung der Planung nicht auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung berufen. Das Gebiet der Colbitz-Letzlinger Heide sei nach wie vor als faktisches Vogelschutzgebiet anzusehen. Das somit geltende strenge Beeinträchtigungsverbot der Vogelschutzrichtlinie werde hinsichtlich verschiedener Vogelarten verletzt. Der Beklagte habe versäumt zu untersuchen, ob die A 14 im Zusammenwirken mit der im Schutzgebiet zugelassenen militärischen Übungsstadt Schnöggersburg und den dort stattfindenden militärischen Tiefflügen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der geschützten Vögel führen werde. Die A 14 werde außerdem die im FFH-Gebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" geschützten Arten Mopsfledermaus und holzbewohnende (xylobionte) Käfer erheblich beeinträchtigen. Die mit Blick auf die erhebliche Beeinträchtigung des Lebensraumtyps "Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald" durch Stickstoffeinträge durchgeführte Ausnahmeprüfung und die insoweit festgesetzten Maßnahmen zur Kohärenzsicherung seien rechtsfehlerhaft. In artenschutzrechtlicher Hinsicht macht der Kläger Mängel hinsichtlich zahlreicher Tierarten geltend, unter anderem in Bezug auf mehrere Vogelarten und Fledermäuse. Ferner wird eine Verletzung der nationalen eingriffsrechtlichen Vorschriften gerügt; es fehle eine Kompensation für die mit der Teilstrecke VKE 1.2N verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft. Die Variantenauswahl sei unter anderem deshalb fehlerhaft, weil sich eine von der Bundesstraße 189 abgerückte östliche Trassenführung oder ein Ausbau der Bundesstraße anstelle des Neubaus einer Autobahn in Parallellage aufgedrängt habe. Auch wird die Auswahl des Standorts für die Tank- und Rastanlage "Colbitz-Letzlinger Heide" beanstandet.

5

Der Kläger beantragt,

1. den ersten Planänderungsbeschluss des Beklagten vom 20. Dezember 2012 zum Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 für den Neubau der Bundesautobahn A 14, Verkehrseinheit 1.2 - Anschlussstelle Wolmirstedt bis B 189 nördlich Colbitz - hinsichtlich der Regelungen zu A.I. und A.II. aufzuheben,

2. a) den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 20. Dezember 2012 für den Neubau der Bundesautobahn A 14, Verkehrseinheit 1.3 - B 189 nördlich Colbitz bis Dolle - einschließlich des Streckenabschnittes 1.2N aufzuheben,

b) hilfsweise, den Planfeststellungsbeschluss zu a) für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,

c) weiter hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, den Kläger hinsichtlich seiner Forderungen zum Umweltschutz, insbesondere zum Schutz von Natur und Landschaft, erneut zu bescheiden.

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Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss und den ersten Planänderungsbeschluss.

Entscheidungsgründe

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A. Die Klage gegen den Planänderungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 5. März 2010 für den Neubau der A 14 im Abschnitt VKE 1.2 hat Erfolg.

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I. Die Klage ist zulässig.

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1. Der Kläger ist klagebefugt.

11

Er macht geltend, er habe aus dem gerichtlichen Vergleich vom 11. Mai 2011 einen Anspruch darauf, dass der Beklagte die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz mit allen darauf bezogenen Festsetzungen aus der Planfeststellung zum Abschnitt VKE 1.2 mit Wirkung gegenüber der gesamten dort betroffenen Öffentlichkeit herausnimmt. Der Planänderungsbeschluss verletze diesen Anspruch, weil er die Teilstrecke nur mit Wirkung ihm gegenüber und ohne die auf diese Strecke bezogenen Kompensationsmaßnahmen aus dem Abschnitt VKE 1.2 herausnehme. Damit beruft sich der Kläger auf die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten gemäß § 42 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO. Hiergegen bestehen keine Bedenken. Naturschutzvereinigungen sind nicht ausschließlich auf das Verbandsklagerecht nach § 42 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG, § 64 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verwiesen, sondern können - wie hier vermittelt durch den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs - selbst Träger wehrfähiger öffentlich-rechtlicher Rechtspositionen sein (vgl. Urteil vom 5. September 2013 - BVerwG 7 C 21.12 - NVwZ 2014, 64 Rn. 48 f. zu § 47 Abs. 1 BImSchG). Es ist auch nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass der Planänderungsbeschluss einen aus dem gerichtlichen Vergleich zustehenden Anspruch des Klägers auf vollständige Herausnahme der genannten Teilstrecke verletzt. Ob sich der Kläger außerdem auf eine Klagebefugnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG berufen kann, weil nicht auszuschließen ist, dass die nur eingeschränkte Herausnahme der Teilstrecke dem Umweltschutz dienende Vorschriften verletzt, kann dahinstehen.

12

2. Der Kläger hat auch ein Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des Planänderungsbeschlusses. Dieser dient ausdrücklich der Umsetzung des gerichtlichen Vergleichs, lässt die Festsetzung der Teilstrecke durch den Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 im Verhältnis zu allen anderen im Abschnitt VKE 1.2 Betroffenen außer dem Kläger aber ausdrücklich unberührt und belässt die der Teilstrecke zugeordneten Kompensationsmaßnahmen in diesem Abschnitt. Somit könnte dem Kläger für den Fall, dass er die Vollstreckung des seiner Ansicht nach weiterreichenden Anspruchs aus dem gerichtlichen Vergleich auf uneingeschränkte Herausnahme der Teilstrecke aus dem Abschnitt VKE 1.2 betreiben will, die Bestandskraft des Planänderungsbeschlusses entgegengehalten werden. Er könnte bei Bestandskraft dieses Beschlusses außerdem gehindert sein, im Klageverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Folgeabschnitt, in den die Teilstrecke "verschoben" wurde, Fehler der auf die Teilstrecke bezogenen Kompensationsmaßnahmen geltend zu machen. Denn aufgrund des beschränkten Regelungsgehalts des Planänderungsbeschlusses wären diese Maßnahmen auch ihm gegenüber bereits durch den Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 zum Abschnitt VKE 1.2 bestandskräftig festgestellt.

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II. Die Anfechtungsklage gegen den Planänderungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 ist auch begründet.

14

1. Die ausdrücklich auf eine Rechtswirkung gegenüber dem Kläger beschränkte Herausnahme der Teilstrecke nördlich der AS Colbitz aus der Planfeststellung zum Abschnitt VKE 1.2 verletzt diesen in seinen Rechten. Diese Beschränkung ist durch den Wortlaut des gerichtlichen Vergleichs vom 11. Mai 2011 nicht gedeckt. Auch aus Rechtsgründen kommt nur eine Herausnahme der Teilstrecke mit Wirkung gegenüber allen im Abschnitt VKE 1.2 Betroffenen in Betracht.

15

Gemäß § 17c FStrG i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 2 VwVfG werden durch die Planfeststellung alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt. Demzufolge sind bei Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses alle Ansprüche von Betroffenen auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen (§ 17c FStrG i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Diese umfassende Gestaltungs- und Duldungswirkung der Planfeststellung gegenüber allen Betroffenen erstreckt sich auch auf Änderungen des Vorhabens. Änderungen eines festgestellten und noch nicht abschließend ausgeführten Planes wachsen dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss an; es kommt zu einer einheitlichen Planungsentscheidung in der durch die Änderungsplanfeststellung erreichten Gestalt (vgl. Urteile vom 23. Januar 1981 - BVerwG 4 C 68.78 - BVerwGE 61, 307 <308 f.> und vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15 Rn. 23). Danach besteht keine Rechtsgrundlage für Änderungen des Vorhabens nur im Verhältnis zu einem Teil der insoweit Betroffenen. Das gilt nicht nur, wenn durch die Änderungen Dritte erstmals oder stärker als bisher in ihren Rechten berührt werden. Auch dann, wenn das Vorhaben wie hier reduziert wird, kann dies - als "Kehrseite" der vorangegangenen einheitlichen "Belastung" - nur gegenüber allen dadurch (vorteilhaft) Betroffenen geschehen. Eine nur auf einen Teil der Betroffenen beschränkte Gestaltungs- und Duldungswirkung von Änderungen des Vorhabens jedweder Art erzeugte für alle am Verfahren Beteiligten Rechtsunsicherheit.

16

Anders liegt es dann, wenn nur Begründungselemente des Planfeststellungsbeschlusses verändert werden, nicht jedoch die äußere Gestalt des Vorhabens selbst. Dies kann etwa der Fall sein, wenn im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens nach § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG "nur" Ermittlungsdefizite oder sonstige Abwägungsmängel des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses behoben werden, die erneute Sachentscheidung jedoch das Vorhaben selbst unverändert lässt. Eine solche Modifikation der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses kann auch lediglich im Verhältnis zum jeweiligen Kläger vorgenommen werden; gegenüber allen anderen Betroffenen bleibt der Planfeststellungsbeschluss dann in seiner ursprünglichen Fassung unverändert wirksam (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <360 f.>, vom 14. November 2002 - BVerwG 4 A 15.02 - NVwZ 2003, 485 <486> § 17 fstrg nr. 172 und bverwge 117, 149> und vom 24. November 2011 - BVerwG 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 25).

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2. Der Planänderungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 verletzt den Kläger auch dadurch in seinen Rechten, dass er die der Teilstrecke zuzurechnenden Festsetzungen zur Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft des Planfeststellungsbeschlusses vom 5. März 2010 zum Abschnitt VKE 1.2 ausdrücklich unberührt lässt. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann der gerichtliche Vergleich vom 11. Mai 2011 nicht dahin ausgelegt werden, dass diese Festsetzungen im Abschnitt VKE 1.2 verbleiben sollen, um die naturschutzrechtlich gebotene Kompensation für den Fall zu gewährleisten, dass die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz in den Folgeabschnitt "verschoben" wird. Im Gegenteil muss der Vergleich gerade dahin ausgelegt werden, dass die vereinbarte Herausnahme der Teilstrecke einschließlich der darauf bezogenen Kompensationsmaßnahmen erfolgen sollte, denn andernfalls entfiele für den Kläger jede Möglichkeit, Fehler der auf die Teilstrecke bezogenen Kompensationsmaßnahmen gerichtlich überprüfen zu lassen. Für einen abschnittsübergreifenden "Konfliktlösungstransfer" gibt es auch keine Rechtsgrundlage. § 17b FStrG i.V.m. § 74 Abs. 3 VwVfG betrifft eine andere Sachlage, nämlich die Verschiebung einer zum Zeitpunkt der Planfeststellung noch nicht möglichen abschließenden Entscheidung über einen bestimmten Konflikt in ein späteres Verfahren (vgl. Beschluss vom 30. August 1994 - BVerwG 4 B 105.94 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 31 zur Möglichkeit, die Entscheidung über Ersatzmaßnahmen dem Planfeststellungsverfahren zu einem anderen Abschnitt vorzubehalten). Hier wurde jedoch über den zu lösenden Konflikt - die Kompensation der mit der Teilstrecke verbundenen naturschutzrechtlichen Eingriffe - bereits mit Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 entschieden. Diese Entscheidung kann ebenso gut im Rahmen der Planfeststellung zum Folgeabschnitt getroffen werden, in den die Teilstrecke "verschoben" werden soll. Es besteht also keine Notwendigkeit, die Entscheidung über die Zulassung der Teilstrecke selbst und die Entscheidung über die darauf bezogenen Kompensationsmaßnahmen auf unterschiedliche Planfeststellungsverfahren zu verschiedenen Abschnitten zu verteilen.

18

Der Beklagte hält dem entgegen, dass das Planfeststellungsrecht eine solche Aufteilung der dieselbe Strecke betreffenden Entscheidungen allgemein zulasse. Das trifft nicht zu. Vielmehr sind die verfahrens- und materiellrechtlichen Anforderungen an die fernstraßenrechtliche Planfeststellung grundsätzlich einheitlich auf dasselbe Vorhaben anzuwenden. Das insoweit maßgebliche konkrete Vorhaben wird durch den vom Vorhabenträger nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 Abs. 1 VwVfG einzureichenden Plan festgelegt. Zu den das Vorhaben kennzeichnenden Angaben des Plans gehört bei fernstraßenrechtlichen Planungen neben der Führung, der Dimensionierung und der technischen Ausgestaltung der Straße wegen der regelmäßig gegebenen Notwendigkeit, das Gesamtkonzept abschnittsweise zu verwirklichen (vgl. Urteil vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <14 f.>), die Festlegung der Grenzen des Straßenabschnitts, auf den sich die beantragte Planfeststellung beziehen soll. Vorhaben im fernstraßenrechtlichen Sinne und damit Bezugspunkt der einheitlichen Planfeststellung ist somit der im Plan des Vorhabenträgers bezeichnete Abschnitt (stRspr, vgl. nur Urteile vom 28. Februar 1996 - BVerwG 4 A 27.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110 = juris Rn. 31 und vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - NVwZ 2001, 673 <677> ). Auf diese Weise ist etwa gewährleistet, dass sich die Abwägung aller durch das Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange (§ 17 Satz 2 FStrG) und die vorausgehende Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG) einschließlich der Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Anlage 1 Nr. 14.3 Spalte 1) auf denselben Straßenabschnitt beziehen. Diese Einheitlichkeit der Planfeststellung rechtfertigt wiederum die umfassende Konzentrations-, Gestaltungs- und Duldungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses (§ 17c FStrG i.V.m. § 75 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Nicht zuletzt erfordert auch die enteignungsrechtliche Vorwirkung der fernstraßenrechtlichen Planfeststellung nach § 19 Abs. 2 FStrG, dass das Gemeinwohl i.S.d. Art. 14 Abs. 3 GG einheitlich - und nicht in unterschiedlichen Planungszusammenhängen - konkretisiert wird (vgl. BVerfG, Urteile vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. - juris Rn. 188 f. und vom 24. März 1987 - 1 BvR 1046/85 - BVerfGE 74, 264 <293 f.> zur enteignungsrechtlich gebotenen abwägenden Gemeinwohlkonkretisierung). Eine Aufteilung von Entscheidungen zu demselben Abschnitt oder derselben Teilstrecke auf unterschiedliche Planfeststellungsverfahren zu verschiedenen Abschnitten ist danach grundsätzlich ausgeschlossen.

19

B. Die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 für den Neubau der A 14 im Abschnitt VKE 1.3/1.2N in der Gestalt der in der mündlichen Verhandlung vom 11. und 12. Dezember 2013 erklärten Ergänzungen ist zulässig und teilweise begründet.

20

Die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz (VKE 1.2N) hätte erst nach Herausnahme dieser Strecke aus der Planfeststellung zum Abschnitt VKE 1.2 gegenüber jedermann (B.I.1.) und außerdem nur nach Durchführung des Anhörungsverfahrens einschließlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung (B.I.2.) sowie unter Festsetzung der eingriffsrechtlich gebotenen Kompensationsmaßnahmen (B.II.5.a) planfestgestellt werden dürfen. Hinsichtlich der Fragen einer erheblichen vorhabenbedingten Beeinträchtigung der durch das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" geschützten Vogelart Ziegenmelker im Zusammenwirken mit dem Projekt "Übungsstadt Schnöggersburg" (B.II.2.b) und einer artenschutzrechtlich relevanten signifikanten Steigerung des Tötungsrisikos des Nachtkerzenschwärmers (B.II.4.g) bestehen Ermittlungsdefizite. Es fehlt außerdem an einer artenschutzrechtlichen Ausnahmeentscheidung für den Fall der Tötung von Käfern der Arten Heldbock und Eremit bei einer etwaigen Umlagerung von Bruthabitaten vor Baufeldfreimachung (B.II.4.c bb) und an einer Gesamtabwägung unter Einschluss der Teilstrecke VKE 1.2N (B.II.6.a). Diese Mängel führen nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, da die konkrete Möglichkeit der Fehlerbehebung in einem ergänzenden Verfahren besteht (§ 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG). Soweit im vorliegenden Verfahren keine Fehler festgestellt sind, erwächst der Planfeststellungsbeschluss gegenüber dem Kläger in Bestandskraft.

21

I. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss weist Verfahrensfehler auf.

22

1. Die Planfeststellung der Teilstrecke VKE 1.2N verletzt die Einheitlichkeit der Planfeststellung, weil dieselbe Teilstrecke bereits durch Beschluss vom 5. März 2010 im Abschnitt VKE 1.2 planfestgestellt ist, nach Aufhebung des ersten Planänderungsbeschlusses vom 20. Dezember 2012 auch im Verhältnis zum Kläger. Wie bereits ausgeführt, sind die verfahrens- und materiellrechtlichen Anforderungen an die fernstraßenrechtliche Planfeststellung einheitlich auf denselben Abschnitt als Vorhaben im fernstraßenrechtlichen Sinne anzuwenden. Es ist danach nicht nur - wie ausgeführt - unzulässig, einen Teil der Entscheidung über einen Abschnitt in ein Planfeststellungsverfahren zu einem anderen Abschnitt zu verlagern, sondern erst recht, dieselbe Teilstrecke als Bestandteil unterschiedlicher Abschnitte zweimal planfestzustellen. Wenn der Beklagte in diesem Zusammenhang vorträgt, der angefochtene Planfeststellungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 müsse hinsichtlich der Teilstrecke VKE 1.2N als Zweitbescheid zum Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 angesehen werden, übersieht er, dass der zuletzt genannte Planfeststellungsbeschluss einen anderen Abschnitt (VKE 1.2) und damit ein anderes Vorhaben betrifft.

23

Der Kläger kann sich auf die dargelegte Verletzung der sich aus den maßgeblichen fernstraßenrechtlichen Vorschriften ergebenden Einheitlichkeit der Planfeststellung berufen. Zum einen wird sein Anspruch aus dem gerichtlichen Vergleich vom 11. Mai 2011 gegen den Beklagten auf vollständige Herausnahme der Teilstrecke nördlich der AS Colbitz aus dem Abschnitt VKE 1.2 auch dadurch verletzt, dass diese Teilstrecke - wie hier - bereits vor einer solchen Herausnahme als Bestandteil eines anderen Abschnitts planfestgestellt wird. Zum anderen kann der Kläger nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG jedenfalls hinsichtlich der durch die Teilstrecke berührten Belange des Umweltschutzes als Fehler geltend machen, dass diese nicht im Rahmen einer einheitlichen, auf denselben Abschnitt bezogenen Planfeststellung berücksichtigt und abschließend abgewogen wurden (vgl. Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 9 A 18.11 - BVerwGE 144, 243 Rn. 12 zur auf das Abwägungsgebot nach § 17 Satz 2 FStrG bezogenen Klagebefugnis von Verbänden).

24

Der Verstoß gegen die Einheitlichkeit der Planfeststellung kann gemäß § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG dadurch behoben werden, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 zum Abschnitt VKE 1.2 im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens insoweit gegenüber der dort betroffenen Öffentlichkeit aufgehoben wird, als er die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz betrifft (zur Möglichkeit der Fehlerbehebung in einem externen Verfahren vgl. Urteil vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <283 f.>; zur Möglichkeit der teilweisen Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses bei Teilbarkeit und zur Notwendigkeit einer öffentlichen Bekanntmachung der Aufhebung vgl. Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 77 Rn. 10 und 12).

25

2. Wegen der Einbeziehung der Teilstrecke VKE 1.2N in die Planung zum Abschnitt VKE 1.3 hätte erneut eine Umweltverträglichkeitsprüfung und ein Anhörungsverfahren durchgeführt werden müssen, was versäumt wurde.

26

Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens war zunächst nur der Abschnitt VKE 1.3; insoweit erfolgte auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach den §§ 6 ff. UVPG. Der Beklagte hat die in Konsequenz des gerichtlichen Vergleichs vom 11. Mai 2011 vorgenommene Verlängerung des Abschnitts VKE 1.3 um die etwa 1,5 km lange Teilstrecke VKE 1.2N nicht zum Anlass für eine auf den neu gebildeten Gesamtabschnitt VKE 1.3/1.2N bezogene Umweltverträglichkeitsprüfung genommen. Darin liegt ein Verstoß gegen § 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Anlage 1 Nr. 14.3 Spalte 1. Der vormalige Abschnitt VKE 1.3 endete im Süden oberhalb der AS Colbitz "auf der grünen Wiese". Eigenständige Verkehrsbedeutung in Gestalt einer Anbindung an die AS Colbitz erlangte der Abschnitt erst durch Einbeziehung der Teilstrecke 1.2N. Die erstmalige Herstellung der eigenständigen Verkehrsbedeutung eines Abschnitts stellt nach der Rechtsprechung des Senats eine "wesentliche Planänderung" dar, welche die Identität des Vorhabens berührt (vgl. Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 29). Für dieses andersartige Vorhaben hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Außerdem hätte es bezogen auf den erstmals eigenständig verkehrsbedeutsamen Abschnitt VKE 1.3/1.2N einer Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG bedurft (vgl. Urteil vom 12. August 2009 a.a.O.).

27

Diese Verfahrensmängel führen nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Öffentlichkeitsbeteiligung bezogen auf den Gesamtabschnitt VKE 1.3/1.2N gemäß § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG in einem ergänzenden Verfahren mit nachfolgender erneuter Sachentscheidung, die in einer Aufhebung, Änderung oder Bestätigung des Planfeststellungsbeschlusses bestehen kann (vgl. Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <365>), nachgeholt werden können. Zwar knüpft § 4 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG an den Verfahrensfehler der rechtswidrig unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung die Rechtsfolge der Aufhebung der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens. Mit Rücksicht auf den das Planfeststellungsrecht prägenden Grundsatz der Planerhaltung wird diese Vorschrift jedoch durch die spezielle Fehlerfolgenregelung des § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG verdrängt (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 34 ff.). Die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses ist auch nicht deshalb geboten, weil die Verfahrensfehler die Gesamtkonzeption der Planung betreffen (vgl. Urteil vom 5. März 1997 - BVerwG 11 A 25.95 - BVerwGE 104, 123 <129>). Mit der erstmals gewährleisteten eigenständigen Verkehrsbedeutung des Abschnitts, die die genannten verfahrensrechtlichen Anforderungen auslöst, ist zwar die Identität des Vorhabens berührt, doch wird dadurch - jedenfalls unter den hier vorliegenden Umständen - nicht das Gesamtkonzept der Planung in Frage gestellt. Die Herstellung der eigenständigen Verkehrsbedeutung ist nicht mit Änderungen der Trassenführung oder der Netzverknüpfung verbunden. Vielmehr wird die - bereits vollständig geplante - Teilstrecke nördlich der AS Colbitz lediglich aus dem Abschnitt VKE 1.2 in den Folgeabschnitt VKE 1.3 "verschoben".

28

Somit rechtfertigen die genannten Verfahrensmängel nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses. In diesem Zusammenhang ist zur Klarstellung anzumerken, dass der feststellende Ausspruch die gegenüber anderen Betroffenen eingetretene Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses nicht berührt. Sie können daher gegen die erneute Entscheidung im ergänzenden Verfahren nur dann klageweise vorgehen, wenn diese in einer Änderung des Vorhabens besteht und soweit sie dadurch erstmals oder weitergehend als durch den Planfeststellungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 betroffen werden (vgl. Urteil vom 24. Juli 2008 - BVerwG 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 21 und Beschluss vom 4. Juli 2012 - BVerwG 9 VR 6.12 - Buchholz 407.4 § 17e FStrG Nr. 14 Rn. 10 f.). Der Kläger kann gegen die Entscheidung im ergänzenden Verfahren geltend machen, dass die vom Gericht festgestellten Mängel nach wie vor nicht behoben seien, mit Blick auf die Rechtskraft des Feststellungsurteils jedoch nicht, dass der Planfeststellungsbeschluss über die Beanstandung des Gerichts hinaus an weiteren Fehlern leidet (vgl. Neumann a.a.O. § 75 Rn. 53 und 55). Sollte das ergänzende Verfahren mit einer Planänderung abschließen, kann der Kläger außerdem rügen, dass dadurch Umweltbelange erstmals oder stärker als bisher berührt seien.

29

II. Der Planfeststellungsbeschluss weist keine materiellen Rechtsfehler auf, die seine Aufhebung rechtfertigen. Soweit Mängel festzustellen sind, können diese im ergänzenden Verfahren behoben werden mit der Folge, dass die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses auszusprechen ist.

30

1. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ist gegeben. Es kommt daher auch im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob und ggf. unter welchen Aspekten das Erfordernis der Planrechtfertigung auf die Klage einer anerkannten Naturschutzvereinigung hin trotz deren beschränkter Rügebefugnis zu prüfen ist (vgl. Urteil vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - BVerwGE 146, 254 Rn. 17 m.w.N.). Der vierstreifige Bau der A 14 zwischen Magdeburg und Schwerin ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. Januar 2005 (BGBl I S. 201) - FStrAbG - als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs enthalten. Aufgrund dieser gesetzlichen Bedarfsplanung steht für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren verbindlich fest, dass das Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG vernünftigerweise geboten ist (Urteil vom 3. Mai 2013 a.a.O. Rn. 18).

31

a) Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es nicht bereits deshalb an der Planrechtfertigung für das Vorhaben, weil der zeichnerischen Darstellung des Bedarfsplans im Bereich der VKE 1.3 nicht die planfestgestellte Bündelung der A 14 mit der B 189 zu entnehmen ist, sondern eine nach Osten abgerückte Trassenführung. Dass ein Vorhaben von der zeichnerischen Darstellung im gesetzlichen Bedarfsplan abweicht, hat nicht notwendig das Fehlen der Planrechtfertigung zur Folge. Die gesetzliche Bedarfsplanung hat nicht zum Inhalt, dass alle von ihr abweichenden Varianten nicht den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG entsprechen und daher ausgeschlossen sind. § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG normiert keine Ausschlusswirkung des Bedarfsplans, sondern nur eine "positive" Bindungswirkung zugunsten des darin aufgenommenen Vorhabens. Der Ausschluss abweichender Varianten erfordert eine konkrete, die aktuelle Situation vor Ort berücksichtigende Abwägung aller Belange. Es ist daher auch aus Sachgründen geboten, diese Entscheidung nicht auf der weit vorgelagerten Ebene der bundesweiten Bedarfsplanung zu treffen, sondern sie den nachfolgenden Planungsstufen zu überlassen. Somit kann die Planrechtfertigung nach § 1 Abs. 1 FStrG nach Maßgabe der konkreten Umstände auch bei einem von der gesetzlichen Bedarfsplanung abweichenden Vorhaben gegeben sein (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <385>).

32

Hier ist das Vorhaben allerdings ungeachtet der von der zeichnerischen Darstellung abweichenden Trassenführung vom gesetzlichen Bedarfsplan gedeckt. Dieser konkretisiert die Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG, indem er ein bestimmtes, wenn auch grobmaschiges zusammenhängendes Verkehrsnetz für einen weiträumigen Verkehr darstellt, das dem prognostizierten Bedarf gerecht wird. Demgemäß gehört die Netzverknüpfung zum Regelungsgehalt der Bedarfsplanung. Von der Bindungswirkung erfasst sind außerdem zeichnerische Darstellungen, die - wie bspw. die Anzahl der Spuren - die dem festgestellten Bedarf entsprechende Kapazität der Trasse konkretisieren. Nur in Bezug auf diese Rahmenvorgaben kann von einer Abweichung des planfestgestellten Vorhabens vom Bedarfsplan die Rede sein; hinsichtlich aller anderen Aspekte ist die Konkretisierung Sache der nachfolgenden Planungsstufen (vgl. Urteile vom 21. März 1996 a.a.O. S. 385, vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 29.94 - BVerwGE 102, 331 <343 f.> und vom 15. Januar 2004 - BVerwG 4 A 11.02 - juris Rn. 18 f., 22 ). Danach weicht das hier umstrittene Vorhaben nicht von der gesetzlichen Bedarfsplanung ab. Es entspricht der vom Gesetzgeber festgelegten Netzverknüpfung und Dimensionierung. Auch sonst gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Trasse in der zeichnerischen Darstellung des Bedarfsplans gerade aus Gründen der Bedarfsdeckung von der B 189 weg nach Osten abgerückt worden ist. Selbst wenn hierfür auch eine Umweltrisikoeinschätzung des Gesetzgebers verantwortlich gewesen sein sollte, wie der Kläger behauptet, nähme diese an der Bindungswirkung nicht teil, da sie der Konkretisierung auf den folgenden Planungsstufen bedürfte.

33

b) Der Kläger meint ferner, zur Rechtfertigung der Planung könne deshalb nicht auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung zurückgegriffen werden, weil der im Bedarfsplan durch "Ökosterne" entlang der geplanten Trasse der A 14 kenntlich gemachte "besondere naturschutzfachliche Planungsauftrag" nicht korrekt abgearbeitet worden sei. Das trifft nicht zu. Die Kennzeichnung der Trasse durch "Ökosterne" lässt die gesetzliche Bedarfsfeststellung unberührt. Sie stellt nicht mehr als einen Hinweis des den Bedarf feststellenden Gesetzgebers an die weiteren Ebenen der Planung dar, dass bei den so markierten Vorhaben eine erhöhte naturschutzfachliche Problematik besteht, die im Rahmen der sich aus dem Unionsrecht und dem nationalen Recht ergebenden Anforderungen zu bewältigen ist (vgl. Urteil vom 3. Mai 2013 a.a.O. Rn. 19 f. m.w.N.).

34

c) Die Verbindlichkeit der Bedarfsfeststellung entfällt auch nicht dadurch, dass der Gesetzgeber die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten hat. Dies setzte voraus, dass die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlt oder sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (Urteil vom 3. Mai 2013 a.a.O. Rn. 21; stRspr). Solche Gründe liegen hier nicht vor.

35

aa) Zu Unrecht leitet der Kläger aus den von ihm gerügten Mängeln der projektbezogenen Verkehrsprognose der Ingenieurgruppe IVV eine mit Blick auf die zu erwartende Verkehrsbelastung evident fehlerhafte Bedarfsfeststellung des Gesetzgebers her. Dieser Einwand greift schon deshalb nicht, weil die behaupteten Mängel der projektbezogenen Prognose - ihr Vorliegen unterstellt - keine Rückschlüsse auf die den Prognosen des Bedarfsplans und deren Überprüfung und Bestätigung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Jahr 2010 zugrunde liegenden Annahmen zulassen (vgl. Urteil vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - NVwZ 2013, 1209 Rn. 23 f. ). Im Übrigen fehlt es selbst nach der vom Kläger in Bezug genommenen Untersuchung von RegioConsult nicht an jeglichem Verkehrsbedarf für eine vierstreifige Autobahn. Für den hier relevanten Bereich Wolmirstedt-Stendal kommt die Untersuchung für das Prognosejahr 2025 zu einer Verkehrsbelastung von 17 512 Kfz/24 h. Nach den von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erarbeiteten Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA) ist bereits ab einer Verkehrsstärke von 18 000 Kfz/24 h der Einsatzbereich des Regelquerschnitts RQ 31 für vierstreifige Autobahnen erreicht. Bei dieser Sachlage ist auch nicht erkennbar, weshalb der Kläger von einer Überdimensionierung der Trasse ausgeht. Denn der für den vorliegenden Abschnitt gewählte RQ von 29,5 liegt noch unterhalb des Querschnitts, der nach der von RegioConsult angenommenen Verkehrsbelastung möglich wäre. Auch erschließt sich nicht, weshalb die vom Kläger angenommenen Mängel der Nullfall-Prognose eine evident verfehlte bzw. überholte Einschätzung des Gesetzgebers belegen sollten.

36

bb) Maßgebliche Ziele der gesetzlichen Bedarfsfeststellung sind - neben der Bewältigung des Verkehrs - die Schließung einer Lücke im EU-förderrelevanten Verkehrskorridor Hamburg/Wismar - Magdeburg - Halle/Leipzig - Zwickau/Chemnitz/Dresden - Tschechien durch den Bau einer leistungsfähigen Autobahn zwischen Magdeburg und Schwerin sowie eine nachhaltige Verbesserung der Erreichbarkeit der Oberzentren, auch als Voraussetzung für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung der Region (Planfeststellungsbeschluss - PFB - S. 105 ff., 332 f.; vgl. auch Urteil vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - NVwZ 2013, 1209 Rn. 25 ). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Ziele evident obsolet geworden sind. Das gilt insbesondere für die Annahme des Gesetzgebers, dass der Neubau der Autobahn die wirtschaftliche Entwicklung der Region fördern wird. Insoweit wird im Planfeststellungsbeschluss unter Bezugnahme auf fachliche Untersuchungen ergänzend dargetan, dass wirtschaftliche Verbesserungen vor allem dann zu erzielen seien, wenn hinsichtlich der Erreichbarkeit der Region - wie hier - besonders große Defizite bestehen (S. 457 ff.). Die vom Kläger vorgelegten Untersuchungen sind von vornherein nicht geeignet, diesbezüglich eine evidente Fehleinschätzung zu belegen. Im Monatsbericht des Bundesministeriums der Finanzen vom Juli 2010 heißt es im Gegenteil, dass Verkehrsinfrastrukturinvestitionen gerade in den neuen Bundesländern Wachstum auslösen. Die Beschäftigungseffekte werden zwar als "nicht signifikant" bewertet, insoweit wird jedoch darauf hingewiesen, dass Studien, die auf einer anderen Methodik beruhen, zu gegenteiligen Ergebnissen gelangt sind. Im Bericht des Instituts Verkehr und Raum (Band 13 <2013>) ist zwar davon die Rede, dass Autobahnanschlüsse mit zunehmender Nähe zum Verdichtungskern Wachstumseffekte erzeugen, nicht jedoch bei Standorten in peripheren ländlichen Räumen. Die Studie versteht sich jedoch als Voruntersuchung; für eine bessere Abschätzung seien noch umfangreiche Untersuchungen notwendig.

37

2. Mit Blick auf das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" ist das Vorhaben selbst nicht zu beanstanden (a). Allerdings hätte untersucht werden müssen, ob es zusammen mit den Auswirkungen der militärischen Übungsstadt Schnöggersburg das Beeinträchtigungsverbot nach Art. 4 Abs. 4 VRL verletzt (b).

38

a) Das Vorhaben steht für sich genommen in Einklang mit den Anforderungen der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 20 S. 7 - Vogelschutzrichtlinie - VRL).

39

aa) Entgegen der Auffassung des Beklagten beurteilt sich die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nach Art. 4 Abs. 4 VRL und nicht nach dem weniger strengen Schutzregime, das Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) und die seiner Umsetzung dienende Vorschrift des § 34 BNatSchG errichten. Denn das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" wurde noch nicht i.S.d. Art. 7 FFH-RL i.V.m. Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt (vgl. Urteil vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <282>).

40

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erfordert die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet im Sinne von Art. 7 FFH-RL einen "förmlichen Akt". Der Mitgliedstaat muss das besondere Schutzgebiet "vollständig und endgültig" ausweisen und es Dritten gegenüber rechtswirksam abgrenzen. Die Erklärung muss "automatisch und unmittelbar" die Anwendung einer mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen (vgl. Urteil vom 1. April 2004 a.a.O. S. 284 f. unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH). Das Gebiet muss mit einem rechtlichen Schutzstatus ausgestattet werden, der geeignet ist, u.a. das Überleben und die Vermehrung der Vogelarten zu sichern und i.S.d. Art. 6 Abs. 2 FFH-RL die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und Habitate der Vogelarten sowie erhebliche Störungen derselben zu vermeiden. Dazu ist jedenfalls erforderlich, dass die Erhaltungsziele bezogen auf das jeweilige Gebiet verbindlich festgelegt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - Rs. C-535/07 - Slg. 2010, I-9483 Rn. 56, 58, 61, 97, 104 bis 109).

41

(1) Diese für einen Regimewechsel notwendige Schutzerklärung erfolgt nach nationalem Recht regelmäßig in Form einer Verordnung, die den Schutzzweck entsprechend den Erhaltungszielen bestimmt, die Gebietsbegrenzung festlegt und durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen die Einhaltung des Art. 6 FFH-RL sicherstellt (§ 32 Abs. 2 und 3 i.V.m. §§ 20, 22 BNatSchG, § 15 Abs. 1 NatSchG LSA). Eine Verordnung dieses Inhalts wurde für das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" nicht erlassen.

42

(2) Die auf § 44a Abs. 2 NatSchG LSA a.F. (jetzt § 23 Abs. 2 NatSchG LSA) gestützte Verordnung über die Errichtung des ökologischen Netzes Natura 2000 vom 23. März 2007 des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt (GVBl LSA 2007, 82) genügt nicht den unionsrechtlichen Anforderungen an eine den Regimewechsel herbeiführende Schutzerklärung. Sie grenzt zwar u.a. das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" verbindlich nach außen ab und bestimmt die geschützten Vogelarten, benennt jedoch keine auf das konkrete Gebiet bezogenen Schutz- und Erhaltungsziele. Diese ergeben sich auch nicht aus den der Europäischen Kommission gemeldeten Standard-Datenbögen. Die Verordnung vom 23. März 2007 weist zwar darauf hin, dass die in ihren Anlagen genannten Lebensraumtypen sowie Tier- und Pflanzenarten den Angaben in den Standard-Datenbögen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens entsprechen. Sie macht deren Inhalt selbst - insbesondere darin enthaltene Erhaltungsziele - jedoch nicht zum Bestandteil ihrer Regelungen; insofern fehlt es an einer außenwirksamen Einbeziehung. Entgegen der Auffassung des Beklagten erfolgt die notwendige weitere Konkretisierung der Verordnung damit also nicht durch § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Das darin normierte Beeinträchtigungsverbot knüpft an konkrete Erhaltungsziele an, kann deren verbindliche Festlegung aber nicht ersetzen.

43

(3) Der Beklagte meint, jedenfalls die u.a. das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" betreffende, am 3. November 2011 bekannt gemachte Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Bund "über den Schutz von Natur und Landschaft auf militärisch genutzten Flächen des Bundes (Vereinbarungsgebiete)" habe den Regimewechsel herbeigeführt. Das trifft nicht zu.

44

Der Regimewechsel scheitert allerdings nicht bereits daran, dass der Schutzstatus in Form einer Vereinbarung ausgestaltet werden soll. Gemäß § 32 Abs. 4 BNatSchG kann von einer Unterschutzstellung nach § 32 Abs. 2 und 3 BNatSchG u.a. dann abgesehen werden, wenn durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist. Diese Möglichkeit kann auch für eine "Schutzerklärung" i.S.d. Art. 7 FFH-RL i.V.m. Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL genutzt werden, mit der das Vogelschutzgebiet dem FFH-Recht unterstellt wird. Wie ausgeführt, ist es Sache der Mitgliedstaaten zu bestimmen, in welcher Form und mit welchen Mitteln die in Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL, Art. 6 Abs. 2 FFH-RL bezeichneten Schutzziele erreicht werden sollen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 60). Mit dem Erfordernis eines gemessen an der förmlichen Unterschutzstellung nach § 32 Abs. 2 und 3 BNatSchG "gleichwertigen Schutzes" wird auch den unionsrechtlichen Anforderungen an einen Regimewechsel Rechnung getragen. Schließlich steht Landesrecht einer Anwendung des § 32 Abs. 4 BNatSchG nicht entgegen. Die Vorschrift des § 23 NatSchG LSA ist ausdrücklich "zu § 32 des Bundesnaturschutzgesetzes" erlassen worden. Der Landesgesetzgeber gibt damit zu erkennen, dass § 32 BNatSchG insoweit Anwendung finden soll, als § 23 NatSchG LSA keine eigenständigen Regelungen enthält. Das ist mit Blick auf § 32 Abs. 4 BNatSchG nicht der Fall. Diese Vorschrift wird weder modifiziert noch deren Anwendung ausgeschlossen. Letzteres kann insbesondere nicht aus § 23 Abs. 4 NatSchG LSA hergeleitet werden. Diese Regelung beschränkt nicht den Anwendungsbereich des § 32 BNatSchG, sondern grenzt die auf landesrechtlicher Grundlage erlassenen Verordnungen zur Festsetzung von Natura 2000-Gebieten von der Unterschutzstellung von Gebieten als geschützten Teilen von Natur und Landschaft nach § 32 Abs. 2 und § 20 Abs. 2 BNatSchG ab.

45

Allein mit dem Abschluss der genannten Vereinbarung ist indes weder der unionsrechtlich gebotene Schutz noch ein der Unterschutzstellung nach § 32 Abs. 2 und 3 BNatSchG "gleichwertiger Schutz" i.S.d. § 32 Abs. 4 BNatSchG gewährleistet. In der Vereinbarung selbst werden die für das jeweilige Gebiet geltenden Schutz- und Erhaltungsziele nicht festgelegt. Dies soll vielmehr in einem auf das konkrete Gebiet bezogenen "naturschutzfachlichen Grundlagenteil" erfolgen, den der Bund im Einvernehmen mit dem Land aufzustellen hat (Art. 2 der Vereinbarung). Dieses Regelwerk ist bisher nicht erstellt worden, so dass im vorliegenden Verfahren das Verschlechterungsverbot nach Art. 4 Abs. 4 VRL gilt.

46

(4) Mit Blick auf das durchzuführende ergänzende Verfahren wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass im Grundsatz keine Bedenken dagegen bestehen, den Regimewechsel durch Aufstellung des "naturschutzfachlichen Grundlagenteils" herbeizuführen. Durch die Verordnung vom 23. März 2007 wurde auf einer ersten Stufe das Schutzgebiet rechtswirksam nach außen abgegrenzt und wurden die zu schützenden Vogelarten benannt. Mit Aufstellung des "Grundlagenteils" stehen die Schutz- und Erhaltungsziele und außerdem die darauf bezogenen Erhaltungs-, Wiederherstellungs- und Entwicklungsmaßnahmen gegenüber dem Bund als Eigentümer des Schutzgebiets verbindlich fest (Art. 2 Abs. 3 und 4 der Vereinbarung). Es kann dahinstehen, welche Anforderungen nach Unionsrecht und nach § 32 Abs. 4 BNatSchG an die Festlegung von Ge- und Verboten gegenüber Dritten zu stellen sind und ob Art. 3 Abs. 3 der Vereinbarung diesen Anforderungen genügt, wonach der Bund gegenüber Dritten "im Rahmen seiner Befugnisse die Maßnahmen ergreifen" wird, "um eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des jeweiligen Gebietes oder seiner Bestandteile zu verhindern sowie nachhaltige Störungen zu vermeiden." Denn solche Beeinträchtigungen oder Störungen durch Dritte sind für das "Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide" nicht zu besorgen. Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, darf das Gebiet als militärischer Sicherheitsbereich - mit Ausnahme einer auf wenige Wochen beschränkten Benutzung der Fußwege im Winter - nur dann betreten werden, wenn eine besondere Berechtigung hierfür besteht; entsprechende Warnhinweise wurden angebracht. Soweit das Vogelschutzgebiet über den Truppenübungsplatz und damit den militärischen Sicherheitsbereich hinausreicht, ist es nach den unbestrittenen Angaben des Beklagten bereits förmlich als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

47

bb) Das Vorhaben selbst steht in Einklang mit dem Beeinträchtigungsverbot des § 4 Abs. 4 VRL.

48

Nach dieser Vorschrift treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel in den Schutzgebieten zu vermeiden, sofern sich diese auf die Zielsetzungen des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 VRL und außerdem der Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 VRL erheblich auswirken. Danach muss das Überleben der geschützten Vogelarten und ihre Vermehrung im Verbreitungsgebiet sichergestellt sein; außerdem ist für die geschützten Vogelarten eine ausreichende Vielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten oder ggf. wiederherzustellen (vgl. Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <290> und vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - BVerwGE 146, 254 Rn. 52; EuGH, Urteil vom 2. August 1993 - Rs. C-355/90, Santona - Slg. 1993, I-4221 Rn. 15). Gemessen daran sind erhebliche Beeinträchtigungen durch das Vorhaben ausgeschlossen. Für eine vorhabenbedingte Verschmutzung oder sonstige Beeinträchtigung der im Schutzgebiet gelegenen Lebensräume der geschützten Vogelarten Ziegenmelker, Schwarzspecht und Milan gibt es ohnehin keine Anhaltspunkte. Die im Schutzgebiet lebenden Populationen dieser Arten werden durch das Vorhaben auch nicht unmittelbar gefährdet.

49

(1) Was die Vogelart Ziegenmelker anbelangt, haben die vom Beklagten beauftragten Gutachter Dr. M. und Dr. L. zur Überzeugung des Senats Folgendes dargetan: Zwar bestehe für die Vogelart Ziegenmelker ein besonderes Kollisionsrisiko, da sich die Vögel gerne auf dem erwärmten Asphalt niederließen und kein ausgeprägtes Fluchtverhalten gegenüber heranfahrenden Fahrzeugen zeigten. Insofern stelle die vorhabenbedingte Entlastung der B 189 einen Risikofaktor dar. Dort werde es künftig Lücken im Verkehrsfluss geben, was die Trasse für die Vögel attraktiver mache. Gleichwohl sei hier eine über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehende Gefährdung des trassennächsten Brutvorkommens im Schutzgebiet nordwestlich von Colbitz nicht zu befürchten. Die für diese Art optimalen Habitate lägen in nordwestlicher Richtung, also abgewandt von den Trassen der B 189 und der A 14. Zwischen diesen Trassen und dem Brutvorkommen liege ein als Habitat nicht geeignetes Waldgebiet; auch östlich der Trassen gebe es keine geeigneten Habitate. Da außerdem keine vom Brutvorkommen zu den Trassen führenden Schneisen vorhanden seien, könne es allenfalls zu ganz vereinzelten Flügen über die Trassen kommen. Durch die als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme zugunsten der Fledermäuse angeordnete Auslichtung von Waldbeständen (Maßnahme ACEF 1) werde auch kein für den Ziegenmelker geeignetes Nahrungshabitat in Trassennähe geschaffen. Das gelte jedenfalls nach der zu Protokoll erklärten Änderung der Maßnahme, wonach neben der Auslichtung eine vielschichtige Struktur mit einer gut entwickelten Strauchschicht sicherzustellen sei. Diese behördlich verantwortete naturschutzfachliche Wertung hat der Kläger nicht durch substantiierte Einwände erschüttert (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 81 m.w.N.).

50

(2) Hinsichtlich der Vogelart Schwarzspecht hat der Gutachter Dr. M. eine signifikante Steigerung der Kollisionsgefahr überzeugend verneint. Die Art fliege in Höhe der Baumkronen und damit in einer für den Überflug der Trasse ausreichenden Höhe. Ohnehin komme es nur vereinzelt zu Überflügen, da innerhalb des Vogelschutzgebiets ausreichend Nahrungshabitate vorhanden seien. Der Brutschwerpunkt im Süden liege zudem im Bereich der Einschnittslage der Trasse. Die Dammlage im Norden sei mehr als 500 m vom Brutschwerpunkt entfernt und außerdem von als Nahrungshabitat ungeeigneten Offenlandbereichen umgeben. Der vorhabenbedingte Verlust von Nahrungshabitaten sei für den Bestand der Population ohne Bedeutung, da nur ein geringer Teil der Brutpaare betroffen sei und im Vogelschutzgebiet selbst genügend Ausweichflächen zur Verfügung stünden, deren Kapazität auch nicht erschöpft sei. Das Vorbringen des Klägers ist nicht geeignet, dieser Einschätzung die Grundlage zu entziehen. Soweit er darauf abstellt, dass Schwarzspechte im Winter ihre Nahrung (Ameisen) auch am Boden bzw. am Baumfuß aufnehmen, ist schon nicht nachvollziehbar, weshalb die Tiere im Anschluss daran die Trasse niedrig überfliegen sollten.

51

(3) Bezogen auf Rot- und Schwarzmilane steht ebenfalls zur Überzeugung des Senats fest, dass das Kollisionsrisiko nicht erhöht wird. Insoweit hat der Gutachter Dr. M. in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass auf der B 189 infolge der drastischen Abnahme des Verkehrs von 14 000 Kfz/24 h auf weniger als 4 000 Kfz/24 h künftig viel weniger Aas als artspezifische Beute der Milane anfallen werde. Der Schutzzaun auf der westlichen Trassenseite entfalte keine Fallenwirkung für Kleinwild, da er getrennt durch einen breiten Streifen neben der B 189 verlaufe. Mit Blick auf die A 14 selbst werde dem Anfall von Aas durch eine mäusefeindliche Gestaltung und Unterhaltung des Mittelstreifens und der seitlichen Bankette sowie durch die Errichtung eines Wildschutzzauns vorgebeugt. Bei dieser Sachlage sei davon auszugehen, dass die bereits bestehende, durch die B 189 ausgelöste Kollisionsgefahr gemindert, aber jedenfalls sicher nicht gesteigert werde. Auch gegen diese naturschutzfachliche Einschätzung hat der Kläger keine durchgreifenden Einwände erhoben.

52

b) Es besteht indes ein - im ergänzenden Verfahren behebbares - Ermittlungsdefizit hinsichtlich der Frage, ob das Vorhaben im Zusammenwirken mit dem Bau, der Anlage und dem Betrieb der ca. 169 ha großen, im Vogelschutzgebiet gelegenen militärischen Übungsstadt Schnöggersburg zu erheblichen Beeinträchtigungen der Schutzgebietspopulation des Ziegenmelkers führen kann (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG).

53

aa) Ausweislich der in Bezug auf dieses Projekt ("Urbaner Ballungsraum") durchgeführten Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" betreffen die durch den Bau und Betrieb der Übungsstadt verursachten, zur Vorbelastung durch den seit langem genutzten Truppenübungsplatz Altmark hinzutretenden Störungen u.a. des Ziegenmelkers als charakteristischer Art des Lebensraumtyps (LRT) 4030 jeweils eine Fläche von ca. 51 ha; eine Vergrämung der Vogelarten im selben Umfang wird nur deshalb nicht als relevant angesehen, weil der Lebensraumtyp selbst in seiner "floristischen und strukturellen Zusammensetzung" unverändert bleibt. Zusätzlich wird der LRT 4030 anlagebedingt auf einer Fläche von ca. 41 ha in Anspruch genommen. In der Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" wird außerdem ein der Übungsstadt zurechenbarer anlagebedingter Verlust von vier Brutpaaren angenommen, der als erhebliche Beeinträchtigung gewertet wird.

54

Ausgehend davon ist nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass das Vorhaben im Zusammenwirken mit den Auswirkungen der Übungsstadt Schnöggersburg zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungsziels "Ziegenmelker" führt, etwa mit Blick auf teilweise Verlagerungen der Schutzgebietspopulation aus dem Bereich der Übungsstadt in Richtung der Trasse der A 14. Eine entsprechende naturschutzfachliche Prüfung war entgegen der Annahme des Beklagten nicht deshalb entbehrlich, weil die durch die Übungsstadt ausgelösten erheblichen Beeinträchtigungen vollständig durch Kohärenzsicherungsmaßnahmen nach § 34 Abs. 5 BNatSchG "ausgeglichen" würden. Abgesehen davon, dass - wie ausgeführt - nicht alle Beeinträchtigungen des Ziegenmelkers als erheblich eingestuft und demzufolge insoweit auch keine Kohärenzsicherungsmaßnahmen angeordnet wurden, übersieht der Beklagte, dass Maßnahmen der Kohärenzsicherung nicht darauf angelegt sind, die Entstehung nachteiliger Auswirkungen auf den geschützten Lebensraumtyp oder die geschützte Art zu vermeiden. Im Unterschied zu Schadensvermeidungsmaßnahmen braucht die Kohärenzsicherung weder am Ort der Beeinträchtigung zu erfolgen noch muss sie zeitlich unmittelbar wirken (vgl. Urteil vom 6. November 2012 - BVerwG 9 A 17.11 - BVerwGE 145, 40 Rn. 82). Zudem ist für eine Schadensvermeidungsmaßnahme der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit erforderlich, während für die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme eine hohe Wahrscheinlichkeit genügt (vgl. Urteil vom 6. November 2012 a.a.O. Rn. 83).

55

bb) Bezogen auf die Folgen militärischer Tiefflüge über dem Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" bedurfte es hingegen keiner Prüfung kumulativer Wirkungen. Zwar können auch solche ein Schutzgebiet möglicherweise gefährdende menschliche Tätigkeiten dem Projektbegriff des § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG unterfallen, die nicht auf den Bau oder Betrieb einer Anlage gerichtet sind (vgl. Urteil vom 10. April 2013 - BVerwG 4 C 3.12 - BVerwGE 146, 176 Rn. 29 m.w.N.). Voraussetzung ist allerdings, dass die damit verbundene Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung erfüllt werden kann. Es muss also die Möglichkeit bestehen, die Tätigkeiten etwa anhand von Planungen, Konzepten oder einer feststehenden Praxis auf ihre Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen des Schutzgebietes überprüfen zu können. Eine solche Möglichkeit war hier zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses am 20. Dezember 2012 nicht gegeben. In der mündlichen Verhandlung wurde von Seiten der Bundeswehr klargestellt, dass wegen der insoweit laufenden Rechtsstreitigkeiten (vgl. dazu Urteil vom 10. April 2013 a.a.O.) seit dem Jahre 2008 keine Tiefflüge mehr stattgefunden haben. Die Planungen für die Wiederaufnahme der Tiefflüge nach Abschluss der Rechtsstreitigkeiten und deren Abstimmung mit dem Betrieb der neuen Übungsstadt Schnöggersburg befänden sich erst im Stadium der Vorbereitung. Danach lag kein der habitatschutzrechtlichen Überprüfung zugängliches Projekt vor (im Anschluss an Urteil vom 10. April 2013 a.a.O. Rn. 30).

56

cc) Mit Blick auf die den nördlichen Folgeabschnitt VKE 1.4 betreffende Klage des Klägers (BVerwG 9 A 19.12) wird in diesem Zusammenhang klarstellend angemerkt, dass nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung voraussichtlich auch in jenem Abschnitt ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Ermittlungsdefiziten durchzuführen sein wird. Ausweislich der abschnittsübergreifend vorgenommenen Verträglichkeitsprüfung ist auch bezogen auf den Abschnitt VKE 1.4 nicht untersucht worden, ob die Auswirkungen des Vorhabens und der Übungsstadt Schnöggersburg in der Summe zu erheblichen Beeinträchtigungen der Schutzgebietspopulation des Ziegenmelkers führen können. Insoweit drängt sich eine naturschutzfachliche Prüfung dieser Frage noch mehr auf als im vorliegenden Abschnitt. Der Abschnitt VKE 1.4 liegt näher an der Übungsstadt und gerade im Norden des Schutzgebiets befindet sich der Vorkommensschwerpunkt dieser Art. Zudem liegt dort ein größeres Brutvorkommen des Schutzgebiets nur 220 m von der Trasse entfernt. Daher wird für den Abschnitt VKE 1.4 - neben einem lärmbedingten Verlust von zwei Brutplätzen - von einer vorhabenbedingten Steigerung des Kollisionsrisikos für die trassennahen Brutvorkommen ausgegangen, die nur mit Blick auf den großen und stabilen Vorkommensschwerpunkt im zentralen Teil des Schutzgebiets als nicht signifikant angesehen wird. Es dürfte voraussichtlich zu überprüfen sein, ob diese Annahme fehlender Signifikanz auch mit Blick auf etwaige Auswirkungen der im Zentrum des Schutzgebiets gelegenen Übungsstadt auf den Umfang und die Stabilität des Vorkommensschwerpunkts Bestand haben kann. Gerade für den Abschnitt VKE 1.4 erscheint wegen der größeren Nähe der Trasse zur Übungsstadt auch (und erst recht) überprüfungsbedürftig, ob der Bau, die Anlage oder der Betrieb derselben eine Verlagerung von Brutvorkommen aus dem zentralen Teil des Schutzgebiets zur Trasse hin auslösen kann.

57

3. Bezogen auf das FFH-Gebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" hat die Behörde eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele fehlerfrei ausgeschlossen.

58

a) Eine habitatrechtlich relevante Gefährdung der geschützten Fledermäuse ist nicht zu besorgen.

59

aa) Der Gutachter des Beklagten, Herr Dr. L., hat zur Überzeugung des Senats erläutert, dass die Trasse zwar Flugrouten der Mopsfledermaus schneide, den Tieren jedoch durch die Errichtung von zwei Querungsbauwerken mit Irritationsschutzwänden ein gefahrloses Überqueren der A 14 einschließlich der parallel verlaufenden B 189 ermöglicht werde (vgl. auch PFB S. 322). Da sich die Standorte der Querungshilfen an den Hauptflugrouten befänden, sei deren Annahme gesichert. Dabei hätten die vorgesehenen Leit- und Sperreinrichtungen - anders als bei den "streng" strukturgebunden fliegenden Fledermausarten - wegen der regelmäßig großen Flughöhe für die Mopsfledermaus keine signifikante Bedeutung. Das gelte auch für die Jungtiere, da diese durch die Elterntiere zur Nutzung der Querungen angeleitet würden. Durch das Anbringen geeigneter Wände werde der Einfall von Licht in den Querungsbereich vermieden; im Übrigen sei die Mopsfledermaus nur gering lichtempfindlich.

60

Das Vorbringen des Klägers vermag keine Zweifel an dieser naturschutzfachlichen Bewertung zu begründen. Er hat darauf verwiesen, dass nach der im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erstellten Arbeitshilfe "Fledermäuse und Straßenverkehr" (Entwurf Oktober 2011, S. 47) bei der Mopsfledermaus eine mittlere Strukturbindung und demzufolge eine mittlere Kollisionsgefährdung gegeben sei. Daher wirkten sich Mängel bei den Leit- und Sperreinrichtungen (mit 2 m zu geringe Höhe der als Leitstruktur vorgesehenen Hecke bei Verkehrsfreigabe und Lücke zwischen Leitstruktur und Querung) auch zulasten der Mopsfledermaus aus. Insoweit hat der Beklagte jedoch zu Protokoll erklärt, dass die als Leit- und Sperreinrichtungen dienenden Gehölze bis zur Verkehrsfreigabe eine funktionale Höhe von 4 m erreicht haben müssen. Dass diese Höhe unzureichend sei, hat der Kläger nicht behauptet. Soweit er einwendet, dass die Gehölze bis zur Verkehrsfreigabe noch nicht dicht genug seien, muss nach den entsprechenden Maßnahmeblättern die Funktionalität der Maßnahme bereits bei Verkehrsfreigabe bestehen. Hinsichtlich der Lücke zwischen Leitstruktur und Querung hat der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass dort Bäume mit in den Straßenraum der B 189 hineinragenden Ästen angepflanzt würden. Als Überflughilfe ("Hop-over" oder "Baumtor") stelle dies zwar keine Standardmaßnahme dar. Für die hoch fliegende Mopsfledermaus sei eine solche Hilfe aber auch nicht notwendig; insoweit sei die Maßnahme vielmehr als Orientierungshilfe sinnvoll. Dem hat der Kläger nicht substantiiert widersprochen. Im Übrigen hat der Beklagte außerdem zur Sicherstellung der Wirksamkeit der Leit- und Sperreinrichtungen sowie der Querungshilfen für Fledermäuse die Anordnung eines Monitorings zu Protokoll erklärt (vgl. auch Nebenbestimmung 2.1. Nr. 37 und Auflagenvorbehalt PFB S. 59 und 74). Danach sind für den Fall, dass die Planfeststellungsbehörde in Abstimmung mit den Naturschutzbehörden Defizite feststellt, geeignete Korrekturmaßnahmen wie z.B. die Verdichtung, Verlegung oder Erhöhung von Leit- und Sperreinrichtungen zu ergreifen. Somit kann eine erhebliche Beeinträchtigung des Erhaltungsziels "Mopsfledermaus" ausgeschlossen werden.

61

Das gilt offenkundig auch bei kumulativer Betrachtung der Auswirkungen der Übungsstadt Schnöggersburg, so dass insoweit kein Ermittlungsdefizit vorliegt. Nach den vom Kläger nicht in Abrede gestellten Angaben des Gutachters Dr. L. kann sich der mit diesem Projekt verbundene Lärm nicht nachteilig auf Fledermäuse auswirken, weil diese nur gegenüber extrem hochfrequentem Lärm empfindlich seien. Gefährdungen der habitatrechtlich geschützten Mopsfledermaus durch von der Übungsstadt ausgehende Lichtwirkungen seien ebenfalls ausgeschlossen. Diese Art jage nicht in Offenlandbereichen, sondern in reich strukturierten Wäldern. Der Standort der Übungsstadt liege jedoch weit entfernt von solchen Waldbereichen.

62

bb) Die - durch den Gutachter Dr. L. bestätigte - naturschutzfachliche Einschätzung der Behörde, dass hinsichtlich der weiteren habitatrechtlich geschützten Arten Bechsteinfledermaus und Großes Mausohr keine funktionalen Beziehungen über die Trasse hinweg bestehen (vgl. PFB S. 322 f.), hat der Kläger nicht substantiiert angegriffen.

63

b) Auch die Feststellung der Behörde, eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in Bezug auf die in Anhang II FFH-RL aufgeführten xylobionten Käferarten Eremit, Hirschkäfer und Heldbock sei auszuschließen, ist nicht zu beanstanden.

64

aa) Ohne Erfolg greift der Kläger die gemeinsame Betrachtung der Arten Hirschkäfer und Heldbock in der Verträglichkeitsprüfung an. Dazu hat der vom Beklagten beauftragte Gutachter Dr. M. ausgeführt, dass die vom Kläger hervorgehobenen unterschiedlichen Habitatansprüche dieser Arten für die Verträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich seien, weil es nicht um die Vernichtung von Lebensstätten im Schutzgebiet gehe, sondern eine etwaige Unterbrechung wichtiger Austauschbeziehungen zu untersuchen sei. Insoweit wiesen beide Arten vergleichbare Empfindlichkeiten auf (vgl. auch PFB S. 319). Dem hat der Kläger nicht widersprochen.

65

bb) Die Trasse beeinträchtigt keine für den Erhalt der Schutzgebietspopulationen relevanten Austauschbeziehungen. Der Gutachter Dr. M. hat in der mündlichen Verhandlung anhand von Karten zu Fundnachweisen überzeugend erläutert, dass es keine Austauschbeziehungen der im FFH-Gebiet angesiedelten Populationen der Käferarten Eremit und Heldbock über die Trasse hinweg gebe. Eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung dieser Arten im FFH-Gebiet "Colbitzer Lindenwald" westlich von Colbitz scheide von vornherein aus, da es bei einer Entfernung von etwa 18 km keine Austauschbeziehungen zu den Populationen im nordöstlich von Dolle gelegenen FFH-Gebiet "Mahlpfuhler Fenn" geben könne. Zwar bestünden hinsichtlich des Hirschkäfers Austauschbeziehungen zwischen den Populationen der beidseits der Trasse liegenden FFH-Gebiete "Colbitz-Letzlinger Heide" und "Mahlpfuhler Fenn". Diese Austauschbeziehungen müssten jedoch zum einen nicht aufrecht erhalten bleiben, um den Erhalt der Schutzgebietspopulationen zu sichern. Denn bei den Populationen des Hirschkäfers im FFH-Gebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" handle es sich um große, in sich stabile Populationen; der zu ihrem Erhalt notwendige Genaustausch finde innerhalb des Schutzgebiets selbst statt. Zum anderen werde die Trasse vorhandene Austauschbeziehungen des Hirschkäfers nicht unterbrechen. Im Bereich der Einschnittslage der Trasse bestehe von vornherein keine erhebliche Kollisionsgefahr. Diese werde außerdem durch Kollisionsschutzzäune gemindert. Wegen der Größe der Hirschkäfer bestehe bei einer Querung der Trasse auch kein erhebliches Tötungsrisiko durch Verwirbelung. Zudem liege die Hauptflugzeit der Tiere von Mai bis Juli in der Dämmerung und nachts, also außerhalb der Zeiträume mit hohem Verkehrsaufkommen. Da keine besiedelten Habitatbäume vernichtet würden, blieben die für einen Austausch über eine längere Strecke erforderlichen "Trittsteine" erhalten. Schließlich bestehe auch keine habitatrechtlich relevante Gefährdung der Schutzgebietspopulation durch Lichteinwirkungen. Die Käfer würden durch einzelne schnelle Lichtereignisse, wie sie durch fahrende Pkw ausgelöst würden, - im Unterschied eventuell zu stationären Lichtquellen - nicht angelockt. Mangels Kurvenlage leuchte der nächtliche Verkehr auch nicht großflächig in die Randbereiche des Schutzgebiets hinein.

66

Dem hat der Kläger nichts Substantielles entgegengesetzt. Insbesondere ist die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Mutmaßung, ein Genaustausch über die Trasse hinweg sei "vielleicht" doch für den Erhalt der Schutzgebietspopulationen des Hirschkäfers notwendig, nicht geeignet, die naturschutzfachliche Bewertung der Behörde zu erschüttern.

67

c) Der pauschal gehaltenen Behauptung des Klägers, der Erhaltungszustand der Heuschrecken und Schmetterlinge als charakteristische Arten des trassennah gelegenen LRT 4030 (Trockene europäische Heiden) werde wegen der Anlockwirkung des von der A 14 in das Schutzgebiet einfallenden Lichts verschlechtert, ist der Beklagte in seiner Erwiderung eingehend und mit überzeugender Begründung entgegengetreten.

68

d) Die wegen einer erheblichen Beeinträchtigung des LRT 9170 (Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald) erfolgte Abweichungsprüfung ist frei von Fehlern.

69

Der Beklagte geht nach dem vom Senat in mehreren Entscheidungen gebilligten Konzept der Critical Loads (vgl. Urteil vom 6. November 2012 - BVerwG 9 A 17.11 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 52 Rn. 93 m.w.N. ) von einer erheblichen Belastung des LRT 9170 durch Stickstoffeinträge aus (PFB S. 317 f.). Danach überschreitet die vorhabenbedingte Zusatzbelastung mit 5,29 % des für den LRT 9170 geltenden Critical Load die Irrelevanzschwelle von 3 %. Da diese Zusatzeinträge eine Fläche von mehr als 1 % des Lebensraumtyps im Schutzgebiet beträfen, nämlich 2 % des Gesamtbestandes, sei von einer erheblichen Beeinträchtigung auszugehen. Der Kläger stellt diese tatsächlichen Annahmen nicht in Frage. Er meint jedoch, eine Abweichung vom Beeinträchtigungsverbot sei nicht durch zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt (§ 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG). Außerdem gebe es zumutbare Alternativen i.S.d. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG. Schließlich werde die Kohärenz des Netzes Natura 2000 nicht hinreichend gesichert (§ 34 Abs. 5 BNatSchG). Dem kann nicht gefolgt werden.

70

aa) Es besteht ein das Interesse am Erhalt der Integrität des FFH-Gebiets überwiegendes öffentliches Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens (vgl. PFB S. 332 ff.). Dem Vorhaben kommt mit Blick auf die gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs und als Teil des "Transeuropäischen Verkehrsnetzes" eine herausgehobene Verkehrsbedeutung zu. Diese Bedeutung wird nicht dadurch relativiert, dass nach Auffassung des Klägers die der gesetzlichen Bedarfsfeststellung zugrunde liegende Verkehrsprognose deutlich zu hoch ist, zumal - wie bereits ausgeführt - auch die vom Kläger genannten Zahlen die Gestaltung der Straße als Autobahn rechtfertigen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 159). Zudem dient das Vorhaben dem wichtigen Ziel einer nachhaltigen Verbesserung der Erreichbarkeit der Oberzentren in einer Region mit besonders lückenhafter Infrastruktur, um u.a. die dortige Wirtschaft zu fördern und der hohen Abwanderung entgegen zu wirken. Diese gewichtigen öffentlichen Interessen rechtfertigen es, den relativ geringfügigen Eingriff in den Lebensraumtyp hinzunehmen.

71

bb) Für das Vorhaben gibt es keine andere nach dem Schutzkonzept der FFH-Richtlinie günstigere Alternative (vgl. PFB S. 324 ff.).

72

Eine solche Alternative liegt nur dann vor, wenn sich das FFH-Recht am Alternativstandort nicht als ebenso wirksame Zulassungssperre erweist wie am planfestgestellten Standort; dabei kommt es nur darauf an, ob am Alternativstandort eine Linienführung möglich ist, bei der keine habitatrechtlich geschützten Lebensraumtypen oder Tierarten erheblich beeinträchtigt werden oder jedenfalls prioritäre Biotope und Arten verschont bleiben. Außerdem muss das Planziel trotz ggf. hinnehmbarer Abstriche am Grad der Zielerfüllung am Alternativstandort ebenfalls erreicht werden können. Eine Alternative darf aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen verworfen werden, etwa wenn sie dem Vorhabenträger in finanzieller Hinsicht Opfer abverlangt, die außer Verhältnis zu dem mit ihr erreichbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen (vgl. Urteile vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 170 ff. und vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <260 ff.>). Ausgehend davon durfte die Behörde am planfestgestellten Standort festhalten.

73

Auf die von der B 189 nach Osten abgerückte Variante ST-I-Ost kann der Vorhabenträger schon deshalb nicht verwiesen werden, weil sich das FFH-Recht insoweit als ebenso wirksame Zulassungssperre darstellt wie am planfestgestellten Standort. Im Zuge dieser Variante wäre nämlich eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets "Eschengehege nördlich Tangerhütte" durch Stickstoffeinträge zu erwarten, wobei die Zusatzeinträge dort immerhin 14,5 % des Gesamtbestandes des geschützten Lebensraumtyps beträfen (PFB S. 328). Der vom Kläger befürwortete Ausbau der B 189 als Bundesstraße mit Erschließungsfunktion ("echte" Null-Plus-Variante) läuft auf ein anderes Projekt hinaus, mit dem das wesentliche Planziel einer schnellen und leistungsfähigen Nord-Süd-Verbindung von Wismar und den Ostseehäfen über Magdeburg bis nach Dresden nicht erreicht werden kann (so bereits Urteil vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - BVerwGE 146, 254 Rn. 87). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auch auf die Variante eines Ausbaus der bestehenden B 189 mit den für eine Autobahn geltenden Entwurfsparametern und Betriebsmerkmalen ("unechte" Null-Plus-Variante, vgl. dazu PFB S. 154 ff.) abstellen sollte, ist nicht erkennbar, dass diese Variante bezogen auf das Schutzkonzept der FFH-Richtlinie Vorteile aufweist. Im Gegenteil würde die Autobahn auf diese Weise näher an das FFH-Gebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" herangerückt. Was die Variante des Baus eines Tunnels anbelangt, geht der Planfeststellungsbeschluss zu Recht davon aus, dass diese Variante offenkundig unverhältnismäßig ist, weil den erheblichen Mehrkosten nur ein geringfügiger Eingriff in den LRT 9170 gegenübersteht (S. 325 f.; vgl. auch S. 291, 535 f.). Gegen eine kleinräumige Abrückung der Trasse in östliche Richtung und den damit verbundenen Wegfall der Bündelung von B 189 und A 14 sprechen unstreitig gewichtige Belange des Arten- und Biotopschutzes (PFB S. 326 f.).

74

cc) Nicht zu beanstanden ist schließlich das Konzept zur Sicherung der Kohärenz des "Netzes Natura 2000". Zwar erscheint zweifelhaft, ob die vorgesehene Beseitigung der fruchttragenden Bäume der Spätblühenden Traubenkirsche auf der vorhabenbedingt beeinträchtigten Fläche des LRT 9170 (Maßnahme KS 2, vgl. PFB S. 330 f.) als Kohärenzsicherungsmaßnahme eingestuft werden kann. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung genügt es dafür, diese Pflanzen ein bis zweimal auszureißen. Es spricht daher einiges dafür, dass es sich um eine ohnehin vorzunehmende Pflegemaßnahme i.S.v. § 32 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG, Art. 6 Abs. 2 FFH-RL handelt. Der Planfeststellungsbeschluss sieht jedoch außerdem die Entwicklung von in der Nähe des FFH-Gebiets gelegenen Flächen als LRT 9170 und deren Einbeziehung in das Schutzgebiet vor (Maßnahme KS 1, PFB S. 329 f.). Der Gutachter Dr. M. des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass die Kohärenz von Natura 2000 allein durch diese Maßnahme hinreichend gesichert ist. Dem wurde von Seiten des Klägers nicht widersprochen.

75

4. Bis auf einzelne Ermittlungsdefizite werden die Anforderungen des Artenschutzrechts eingehalten. Zu den auf eine Vielzahl von Tierarten bezogenen Rügen des Klägers ist mit Blick auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung Folgendes auszuführen:

76

a) Die artenschutzrechtliche Behandlung der europäischen Vogelarten ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

77

aa) Das Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) wird nicht verwirklicht.

78

Durch das Vorhaben wird die verkehrsbedingte Kollisionsgefahr für die Vogelarten Ziegenmelker, Schwarzspecht und Milan nicht signifikant erhöht (zum Maßstab der Signifikanz vgl. Urteil vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149 Rn. 99; stRspr); insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit Art. 4 Abs. 4 VRL verwiesen werden. Die gegen eine Gefährdung des Milans angeführten Gründe gelten auch für die Vogelarten Waldkauz, Waldohreule und Mäusebussard. Was den Wanderfalken anbelangt, hat der Gutachter Dr. M. in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es keinen Nachweis in Trassennähe gebe und diese Art ohnehin keiner besonderen Kollisionsgefahr unterliege, weil sie die Straßen nicht nach Aas absuche, sondern ihre Beute jage. Dem hat der Kläger nicht widersprochen.

79

Hinsichtlich des Grünspechts hat derselbe Gutachter in der mündlichen Verhandlung die eingehenden Darlegungen in der Erwiderung des Beklagten bestätigt und ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verneint, weil diese Vogelart den Trassenbereich nicht aufsuchen werde. Die Art ernähre sich von Ameisen, die sie auf kurz geschnittenen Rasenflächen finde. Der Bereich der Trasse sei für den Grünspecht nicht attraktiv. Demgegenüber gebe es im Umfeld der Trasse ausreichend geeignete Nahrungshabitate. Diese Einschätzung ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers mindestens vertretbar.

80

bb) Das Verbot der Zerstörung geschützter Lebensstätten (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) wird durch den vorhabenbedingten Verlust des Bruthorstes eines Rotmilan-Paares nur vorläufig verwirklicht.

81

Insoweit ist nach Angaben des Gutachters Dr. M. davon auszugehen, dass die Tiere innerhalb des großen Aktionsraums um den betroffenen Brutplatz auf andere Bruthabitate ausweichen können. Dem stehe nicht entgegen, dass "in der Nachbarschaft" ein weiteres Brutpaar vorhanden sei. Der Rotmilan lege artbedingt in seinem Aktionsraum regelmäßig mehrere Horste an, die er im Wechsel nutze oder auf die er bei einem - etwa auch sturmbedingt möglichen - Verlust eines Horstes ausweichen könne. Diese fachliche Bewertung ist ohne Weiteres nachvollziehbar. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die artenschutzrechtliche Privilegierung nach § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG derzeit - wegen bislang fehlender Maßnahmen zur Kompensation der mit der Teilstrecke VKE 1.2N verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft (siehe dazu B.II.5.a) - nicht greift, so dass trotz der Ausweichmöglichkeit ein Verstoß gegen das Zerstörungsverbot anzunehmen ist (vgl. Urteil vom 14. Juli 2011 a.a.O. Rn. 117 f.). Der Rechtsverstoß und damit auch die Notwendigkeit einer Ausnahmeprüfung (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) entfallen mit Behebung des eingriffsrechtlichen Mangels im ergänzenden Verfahren.

82

cc) Die bau- und betriebsbedingten Störungen des Raufußkauzes in den trassennahen Waldbereichen führen nicht zu einer Verletzung des Störungsverbots, weil durch das vorgesehene Anbringen von Nistkästen (Maßnahmen ACEF 1 und 6) eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population vermieden wird (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG). Die vom Kläger gegen die Eignung dieser Maßnahmen vorgebrachten Bedenken sind jedenfalls nach der vom Beklagten abgegebenen Protokollerklärung zu deren Änderung ausgeräumt.

83

b) Auch in Bezug auf Fledermäuse verstößt der Planfeststellungsbeschluss nicht gegen Regelungen des Artenschutzrechts.

84

aa) Der Beklagte hat ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch verkehrsbedingte Kollisionen vertretbar verneint.

85

Das gilt einmal für die Querung der Trasse selbst. Insoweit liegt mit der Errichtung von zwei Querungsbauwerken mit Irritationsschutzwänden, die durch Leit- und Sperreinrichtungen flankiert werden, jedenfalls nach den zu Protokoll erklärten Änderungen ein geeignetes Schutzkonzept vor, zumal zur Sicherstellung der Wirksamkeit dieser Einrichtungen nunmehr ein Monitoring vorgesehen ist. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Habitatrecht verwiesen.

86

Auch für den Bereich des Dollgrabens ist eine über das allgemeine Lebensrisiko der Art hinausgehende Gefährdung durch Kollisionen nicht zu besorgen. Der Gutachter des Beklagten, Dr. L., hat das insoweit angeordnete Schutzkonzept in der mündlichen Verhandlung näher erläutert. Danach wird die bisherige, in Ost-West-Richtung entlang der Landesstraße (L) 29 verlaufende Hauptflugroute durch Leitstrukturen so verlagert, dass die Tiere künftig unter der großvolumigen, über die Dollgrabenniederung führende Brücke der A 14 hindurch fliegen. Die in Nord-Süd-Richtung fliegenden Tiere werden entlang der A 14 unter die über die Autobahn führende Brücke der L 29 geleitet. Das Vorbringen des Klägers lässt nicht erkennen, dass diese fachliche Bewertung unhaltbar sein könnte. Soweit der Kläger bezweifelt, dass die Unterquerung der L 29 auch von lärmempfindlichen Tieren angenommen werde, hat der Gutachter Dr. L. nachvollziehbar angegeben, dass die Lärmempfindlichkeit bei entsprechender Ausgestaltung der Leitstrukturen keine Rolle spiele; zudem handle es sich bei dem insoweit allein in Frage kommenden "Grauen Langohr" um eine siedlungsbezogene und folglich wenig lärmempfindliche Fledermausart.

87

bb) Schon aus den soeben genannten Gründen trifft die Annahme des Klägers nicht zu, die Austauschbeziehungen über die Trasse hinweg würden in artenschutzrechtlich relevanter Weise gestört (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG). Soweit der Kläger lichtbedingte Störungen geltend macht, wird auf die eingehenden Erläuterungen in der Erwiderung des Beklagten verwiesen, deren Richtigkeit der Kläger nicht substantiiert bestritten hat.

88

cc) Ohne Erfolg rügt der Kläger eine Verletzung des Zerstörungsverbots (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG), weil nicht hinreichend gewährleistet sei, dass die ökologische Funktion der vorhabenbedingt verloren gehenden Lebensstätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werde (§ 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG). Auf dieses Vorbringen hat der Beklagte eingehend und nachvollziehbar unter Bezugnahme auf die entsprechenden vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen (ACEF 1, 5 und 6) erwidert, ohne dass diese Darlegungen vom Kläger substantiiert in Abrede gestellt worden wären. Danach kann nicht von einer unvertretbaren fachlichen Bewertung des Beklagten ausgegangen werden. Das gilt auch mit Blick auf die Eignung der Ausgleichsmaßnahmen ACEF 1 und 6 (Sicherung potenzieller Quartierbäume bzw. Anbringen von Fledermauskästen und begleitend Entwicklung bzw. Optimierung eines Jagdhabitats insbesondere durch Auflockerung des Baumbestandes). Insoweit rügt der Kläger mit Schriftsatz vom 15. November 2013 sowie mit nachgelassenem Schriftsatz vom 20. Dezember 2013, dass im Herbst 2012 und im Frühjahr 2013 eine große Anzahl von Bäumen in der Ausgleichsfläche gefällt worden sei, ohne dass auf die nach der Ausgleichsmaßnahme geforderte Freistellung geeigneter Biotopbäume geachtet worden sei. Unter den gefällten Bäumen seien auch als Quartiere geeignete Höhlenbäume gewesen. Aufgrund dessen gebe es jedenfalls innerhalb der Ausgleichsfläche der Maßnahme ACEF 1 nicht mehr genügend für eine Freistellung geeignete Bäume bzw. sei der dortige Waldbestand bereits so ausgelichtet, dass weitere Baumfällungen zur Freistellung einzelner Biotopbäume nicht mehr verantwortet werden könnten. Damit hat der Kläger die Eignung der genannten Ausgleichsmaßnahmen nicht substantiiert in Abrede gestellt. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten überreichten Stellungnahme der Forstverwaltung des Bundes vom 4. Dezember 2013 wurden im November 2012 lediglich 18,77 Festmeter (= Kubikmeter massives Holz) Wertholz und 18,36 Festmeter Stammholz geerntet; der Kläger hat diese Angabe nicht in Zweifel gezogen. Angesichts der erheblichen Größe der Fläche der Maßnahme ACEF 1 von 48,63 ha ist nicht nachvollziehbar, weshalb die relativ geringfügigen Fällarbeiten die geplante Aufwertung unmöglich gemacht haben sollten. Zwar ergibt sich aus der Stellungnahme, dass im Jahre 2013 umfangreichere Fällarbeiten stattgefunden haben. Dieser Sachverhalt ist jedoch unerheblich, weil er erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses - hier am 20. Dezember 2012 - entstanden ist (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 87).

89

Zum Wegfall der artenschutzrechtlichen Privilegierung nach § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG wegen eines Verstoßes gegen das Eingriffsrecht gelten die obigen Ausführungen zum Rotmilan.

90

dd) Hinsichtlich der Fledermausart "Braunes Langohr" hat der Beklagte angenommen, dass der Verlust von als Quartier geeigneten Höhlenbäumen nicht vollständig ausgeglichen werden kann und es zu populationswirksamen Störungen durch Licht- und Lärmimmissionen kommt (PFB S. 287). Der Kläger meint, die insoweit nach § 45 Abs. 7 BNatSchG vorgenommene Ausnahmeprüfung (PFB S. 289 ff.) sei deshalb fehlerhaft, weil die Alternative einer Trassenführung in Tunnellage abgelehnt worden sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Hinsichtlich der Unverhältnismäßigkeit der Kosten einer solchen Alternative kann auf die obigen Ausführungen zu der auf die erhebliche Beeinträchtigung des LRT 9170 bezogenen Abweichungsprüfung verwiesen werden. Es kommt hinzu, dass sich eine auf das Braune Langohr bezogene Verletzung von Zugriffsverboten auch bei einer Tunnellösung nicht vermeiden lässt (PFB S. 290 f. und 535). Im Übrigen treffen die oben genannten Gründe für die Zulässigkeit einer Abweichung vom habitatrechtlichen Beeinträchtigungsverbot auch hier zu.

91

c) Die artenschutzrechtliche Prüfung ist hinsichtlich der Anhang IV-Käferarten Heldbock und Eremit unter Berücksichtigung des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung überwiegend nicht zu beanstanden.

92

aa) Die gegen die Bestandserfassung gerichteten Rügen greifen nicht durch.

93

Der Kläger meint, bei einem methodisch richtigen Vorgehen hätten auch im näheren Bereich der Trasse Vorkommen nachgewiesen werden müssen. Damit kann er nicht durchdringen. Der Gutachter des Beklagten, Dr. N., hat angegeben, dass die Bestandserfassung nach den von einer Gruppe von Fachleuten unter Mitarbeit des Bundesamtes für Naturschutz erarbeiteten Standards vorgenommen worden sei, die in den vom Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt herausgegebenen "Empfehlungen für die Erfassung und Bewertung von Arten als Basis für das Monitoring nach Artikel 11 und 17 der FFH-Richtlinie in Deutschland" beschrieben würden (Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Sonderheft 2/2006); auch seien die Erkenntnisse ortskundiger Forstbediensteter abgefragt worden. Ein solches Vorgehen nach einer standardisierten Untersuchungsmethode ist grundsätzlich sachgerecht und von der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Behörde gedeckt (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 59 ff.). Soweit der Kläger umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen vermisst (etwa Untersuchung weiterer Gehölzarten; Einsatz von Leitern, Hebebühnen, Stethoskopen und von Lock- und Lichtfallen), ist nicht dargelegt oder sonst erkennbar, dass sich insoweit ein allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft herausgebildet hat und die hier angewandte Methode als nicht mehr vertretbar angesehen werden müsste. Dazu hätte, etwa bezogen auf die vom Kläger bevorzugte direkte Erfassung des Höhlenbestandes von Eremiten ("Staubsaugermethode"), umso mehr Anlass bestanden, als diese Methode nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Gutachters Dr. M. mit einem erheblichen Tötungsrisiko verbunden ist. Soweit sich die Behauptung des Klägers, eigene Untersuchungen hätten eine weitere Verbreitung der Käferarten ergeben, nicht nur auf den nicht dem Artenschutzrecht unterfallenden Hirschkäfer beziehen sollte, fehlt es insoweit an nachprüfbaren Aussagen. Demgegenüber hat der Beklagte den Standort von Nachweisen jeweils durch Angabe der GPS-Koordinaten des Baumes exakt bezeichnet und zudem Baum und Fund näher beschrieben. Abgesehen davon hat der Beklagte aufgrund der für die Käfer geeigneten Biotopstruktur im Bereich der Trasse der VKE 1.3 ohnehin die Möglichkeit einer Besiedlung bis zur Baufeldfreimachung unterstellt und entsprechende Maßnahmen angeordnet.

94

bb) Das Tötungsverbot ist mit Blick auf die Baufeldfreimachung erfüllt.

95

Wie soeben ausgeführt, geht der Beklagte von der Möglichkeit einer Besiedlung des Trassenbereichs durch Eremit und Heldbock aus. Eine entsprechende Untersuchung soll vor Baufeldfreimachung erfolgen. Für den Fall, dass dabei Brutbäume dieser Käferarten gefunden werden, ist eine Umlagerung der Brutbäume angeordnet, um den Larven bzw. Puppen die Möglichkeit zur Vollendung dieses Entwicklungsstadiums bis zum Schlupf der Käfer und einer anschließenden Besiedlung älterer Laubbäume im Umfeld zu geben (Maßnahme VASB 18); für den Bereich, in dem die Brutbäume gelagert werden sollen, ist durch die Maßnahme ACEF 1 eine artgerechte Entwicklung bzw. Optimierung von Lebensräumen vorgesehen (PFB S. 274 f.). Da bei der planfestgestellten Umlagerung unstreitig ein - erheblicher - Teil der Brut zugrunde ginge, wird das Zugriffsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verletzt, das auch die Entwicklungsformen der wild lebenden Tiere wie bspw. Larven und Puppen erfasst (vgl. auch § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) BNatSchG). Daher hätte eine Ausnahmeprüfung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG vorgenommen werden müssen.

96

Die Ausnahmeprüfung kann im ergänzenden Verfahren nachgeholt werden. Insoweit ist Folgendes anzumerken: Nach Auffassung des Klägers ist die Umlagerung von Brutbäumen noch nicht hinreichend erprobt und mit einem hohen Verlust von Larven verbunden. Der Kläger hat jedoch im vorliegenden Verfahren keine als Alternative in Betracht kommende Methode aufgezeigt, bei der das durch die Baufeldfreimachung verursachte Tötungsrisiko ganz vermieden oder weiter gemindert würde. Es gibt auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die zugunsten der Käfer vorgesehene Aufwertung der für die Umlagerung vorgesehenen Flächen wegen der bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses am 20. Dezember 2012 erfolgten Fällarbeiten nicht mehr erfolgen kann und das Schutzkonzept dadurch lückenhaft geworden ist. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur fortbestehenden Eignung der Maßnahme ACEF 1 für die Fledermäuse verwiesen werden. Im ergänzenden Verfahren sind allerdings bei der Prüfung einer fortbestehenden Tauglichkeit der Vermeidungsmaßnahme ggf. auch Fällarbeiten im Bereich der Maßnahmefläche in den Blick zu nehmen, die erst im Jahre 2013 vorgenommen wurden.

97

Im Übrigen führt das Vorhaben nicht zu einer Verletzung des Tötungsverbots. Soweit der Kläger geltend machen sollte, dass bei den bereits erwähnten Fällarbeiten geschützte Käfer oder deren Entwicklungsformen getötet worden seien, ist anzumerken, dass diese Maßnahmen nicht Gegenstand des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses sind. Eine Anlockwirkung der sich schnell fortbewegenden Lichter des Verkehrs auf der A 14 hat der Beklagte vertretbar verneint; insoweit wird auf die Ausführungen zur Frage einer habitatrechtlich relevanten Beeinträchtigung des Hirschkäfers Bezug genommen. Der Gutachter Dr. M. hat in Ergänzung der Erwiderung des Beklagten erläutert, dass hinsichtlich der beiden artenschutzrechtlich relevanten Käferarten infolge des großen Abstands zwischen Nachweisort und Trasse und des artspezifisch geringen Aktionsradius nicht von einer über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehenden Kollisionsgefahr ausgegangen werden könne (vgl. auch PFB S. 510, 542 ff.). Die vom Kläger hervorgehobenen längeren Flüge fänden zwar statt, aber nur vereinzelt, etwa wenn ein neuer Brutbaum gesucht werden müsse. Für eine solche Wiederbesiedlung seien im Übrigen im Schutzgebiet selbst genügend geeignete Habitate vorhanden. Dem Vorbringen des Klägers lassen sich keine Anhaltspunkte für die Unhaltbarkeit dieser naturschutzfachlichen Einschätzung entnehmen.

98

d) Hinsichtlich der Zauneidechsen hat der Beklagte angenommen, dass durch Vergrämung bzw. Fangen der Tiere im Baufeld, Verhinderung der Rückwanderung durch Errichtung eines überklettersicheren Zauns und Umsetzung der Tiere in geeignete Habitate in räumlicher Nähe ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch die Baufeldfreimachung verhindert werden kann (PFB S. 276 ff.). Diese Annahme ist jedenfalls vertretbar. Der Gutachter S. hat in der mündlichen Verhandlung näher dargelegt, dass die Zauneidechse nicht flächendeckend im Trassenbereich vorkomme, sondern nur an drei kleinen und leicht überschaubaren Standorten mit geringen Versteckmöglichkeiten. Daher könne bei den vorgesehenen mehrfachen Begehungen der Flächen eine sehr hohe Trefferquote erzielt werden, so dass keine oder allenfalls ein ganz geringer Teil der Zauneidechsen im Baufeld verbleiben werde. Der Kläger hat diese Wertung nicht substantiiert in Abrede gestellt.

99

Damit kann kein Verstoß gegen das Tötungsverbot festgestellt werden. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass das Tötungsverbot nicht erfüllt ist, wenn die betriebsbedingte Gefahr von Kollisionen im Straßenverkehr unter Berücksichtigung der vorgesehenen Schadensvermeidungsmaßnahmen innerhalb des Risikobereichs verbleibt, der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem Risiko, dem einzelne Exemplare der jeweiligen Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens stets ausgesetzt sind (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 91; ähnlich EuGH, Urteil vom 20. Mai 2010 - Rs. C-308/08 - Slg. 2010, I-4281 Rn. 57 f.). Eine vergleichbare Bagatellgrenze gilt auch bei Maßnahmen zur Errichtung des Vorhabens. Wird das baubedingte Tötungsrisiko durch Vermeidungsmaßnahmen bereits bis zur Schwelle des allgemeinen Lebensrisikos, dem die Individuen der jeweiligen Art ohnehin unterliegen, gesenkt, kann nach dem Maßstab praktischer Vernunft keine weitergehende artenschutzrechtliche Verantwortlichkeit bestehen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 57 zur Bestandsaufnahme). Danach ist das Tötungsverbot hier nicht erfüllt. Wenn allenfalls noch ein ganz geringer Teil der Zauneidechsen im Baufeld verbleibt, ist mit der Baufeldfreimachung kein höheres Tötungsrisiko verbunden, als es für einzelne Tiere dieser Art insbesondere mit Blick auf natürliche Feinde auch sonst besteht (vgl. bereits Urteil vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 13 Rn. 123, 127).

100

e) Was die Schlingnatter angeht, hat der Gutachter S. ausgeführt, dass bereits mangels geeigneter Habitate nicht von einem Vorkommen ausgegangen werden könne. Auch eine dreimalige Begehung der Fläche und das Ausbringen von "Schlangenbrettern" hätten keinen Nachweis erbracht. Der vom Kläger hervorgehobene Einzelfund gebe keinen Anlass zu einer anderen Bewertung, weil anzunehmen sei, dass das Tier den Bereich nur zum Überwintern genutzt habe. Es sind keine Anhaltspunkte für die Unhaltbarkeit dieser Einschätzung erkennbar geworden.

101

f) Auch die artenschutzrechtliche Beurteilung der Amphibien (PFB S. 275 f.) ist nicht zu beanstanden. Die von der Gutachterin des Beklagten, Frau H., in der mündlichen Verhandlung erläuterte Annahme, entgegen der Auffassung des Klägers bestehe kein signifikant erhöhtes Risiko, weil die vorsorglich vorgesehenen Amphibiensperreinrichtungen nach den konkreten örtlichen Verhältnissen Wanderungen der Tiere in den Bereich der Tank- und Rastanlage "Colbitz-Letzlinger Heide" verhinderten, erscheint jedenfalls vertretbar. Im Übrigen hat Frau Herbst die naturschutzfachliche Einschätzung bestätigt, dass auch die umfangreichen Maßnahmen zur Optimierung des Lebensraums der Tiere (ACEF 9 und 11) Wanderungen in Richtung der Anlage verhindern werden. Dies hat der Kläger nicht weiter in Abrede gestellt.

102

g) Bezogen auf die Schmetterlingsart "Nachtkerzenschwärmer" ist die Erkenntnislage zur Frage eines durch die Baufeldfreimachung signifikant erhöhten Tötungsrisikos hingegen defizitär. Der Gutachter Dr. M. hat ausgeführt, dass eine Tötung von im Boden überwinternden Puppen dieser Art im Zuge der Baufeldräumung trotz fehlender Nachweise unterstellt worden sei. Der Nachtkerzenschwärmer lege seine Eier nur an Nachtkerzengewächsen ab; solche Habitate seien in der Dollgrabenniederung vorhanden. Daher könne ein Vorkommen auch im Trassenbereich nicht ausgeschlossen werden. Dies sei allerdings keineswegs sicher, da die Standorte für die Eiablage ständig wechselten. Die Puppen lägen nicht tief im Boden, so dass auch sonst bei jeder Bodenbewirtschaftung bzw. jedem Befahren ein Tötungsrisiko gegeben sei. Bei dieser Sachlage kommt auch die Verneinung eines über das allgemeine Lebensrisiko dieser Art hinausreichenden Risikos in Betracht. Für eine abschließende Klärung fehlen jedoch zum Beispiel Aussagen über Umfang und Standort von Habitaten im Trassenbereich und zur Frage, ob dort Puppen nur vereinzelt oder eher "gehäuft" vorkommen können. Entsprechende Feststellungen und eine eventuell notwendig werdende Ausnahmeprüfung können im ergänzenden Verfahren nachgeholt werden.

103

Demgegenüber hat der Beklagte hinsichtlich der Schmetterlingsart "Feuerfalter" eine Verletzung artenschutzrechtlicher Verbote fehlerfrei verneint. Der Gutachter S. hat in der mündlichen Verhandlung näher dargetan, dass diese Art im Untersuchungsraum bereits seit langer Zeit nicht mehr vorkomme und mangels geeigneter Habitate auch nicht vorhanden sein könne. Dem hat der Kläger nicht widersprochen.

104

h) Hinsichtlich des Wolfs liegt kein Verstoß gegen das Tötungsverbot vor. Dazu hat der Gutachter Dr. M. ausgeführt, dass der Straßenverkehr bei dieser Art im Allgemeinen nicht zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko führe, weil es keine Hauptwechsel gebe, die durch eine Trasse zerschnitten werden könnten. Daher stelle sich regelmäßig auch nicht die Frage der Standorteignung von Querungen. Auch hier werde kein ausnahmsweise über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehendes Kollisionsrisiko geschaffen. Am Überqueren der A 14 würden die Tiere durch die beidseitige Einzäunung der Autobahntrasse gehindert. Nach bisherigen Erfahrungen sei auch nicht zweifelhaft, dass die Querungen vom Wolf angenommen würden. Da die parallel zur A 14 verlaufende B 189 nicht in die Einzäunung einbezogen werde, müssten die Tiere zwar deren Trasse erneut queren, um die - beide Trassen überspannenden - Wildbrücken nutzen zu können. Wegen des drastischen Rückgangs des Verkehrs auf der B 189 insbesondere nachts werde dadurch die bisher schon an der B 189 vorhandene Gefahrenlage aber nicht gesteigert. Insgesamt stelle sich die Gefährdungslage sogar günstiger dar. Das Tötungsrisiko könne auch nicht durch Einzäunung auch der B 189 gemindert werden. Im Gegenteil würde auf diese Weise eine Falle für die durch seitliche Öffnungen in den Trassenbereich gelangenden Tiere geschaffen. Der Kläger hat dieser nachvollziehbaren fachlichen Wertung nicht substantiiert widersprochen.

105

i) Das weitere Vorbringen des Klägers lässt unter Berücksichtigung der Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses und der eingehenden Erwiderung des Beklagten keine Anhaltspunkte für durchgreifende Mängel der artenschutzrechtlichen Prüfung erkennen.

106

5. a) Der Planfeststellungsbeschluss verletzt insoweit Regelungen des naturschutzrechtlichen Eingriffsrechts, als für die der Teilstrecke VKE 1.2N zuzurechnenden Eingriffe in Natur und Landschaft (§ 6 NatSchG LSA i.V.m. § 14 BNatSchG) keine Kompensationsmaßnahmen gemäß § 7 NatSchG LSA i.V.m. § 15 BNatSchG vorgesehen sind. Wie ausgeführt (B.I.2.), kann die Entscheidung hierüber mit Blick auf die Einheitlichkeit der Planfeststellung nicht im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens zu einem anderen Abschnitt (hier dem Abschnitt VKE 1.2) getroffen werden. Dieser Mangel kann im Rahmen des ergänzenden Verfahrens geheilt werden.

107

b) Weitere Verstöße gegen eingriffsrechtliche Regelungen sind nicht erkennbar.

108

Der Hirschkäfer, bei dem es sich nicht um eine dem Artenschutzrecht unterfallende Art nach Anhang IV der FFH-RL handelt, ist eingriffsrechtlich nicht als Individuum, sondern mittelbar als Population geschützt, die für das ungestörte Funktionieren des Naturhaushalts von Bedeutung ist (vgl. § 14 Abs. 1 BNatSchG). Es sind keine Anhaltspunkte dafür zutage getreten, dass es infolge von Beeinträchtigungen der Population des Hirschkäfers zu Störungen des Naturhaushalts kommen könnte. Im Übrigen sind überall dort, wo geeignete Habitate so nahe an der Trasse liegen, dass weibliche Hirschkäfer diese auf dem Boden laufend erreichen können, mindestens 60 cm hohe Sperreinrichtungen aus "überklettersicherem" Material in Kombination mit den Schutzzäunen für Fledermäuse bzw. das Wild vorgesehen (Maßnahmen VASB 8 und 16). Dass der Beklagte von der Wirksamkeit dieses Überkletterschutzes ausgeht, ist auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens vertretbar. Dasselbe gilt für die Annahme fehlender populationswirksamer Tötungsrisiken durch Überflug der Trasse oder durch Lichteinwirkungen des Verkehrs; insoweit wird auf die Ausführungen zum habitatrechtlichen Schutz des Hirschkäfers Bezug genommen.

109

Soweit der Kläger eine zu geringe Breite der Wildschutzbrücke (Bauwerk 17Ü) rügt, hat Herr O. als Gutachter des Beklagten erläutert, dass die vorgesehene Breite von 50 m, die der im "Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen" (MAQ 2008) geforderten Mindestbreite entspreche, angesichts weiterer Querungsmöglichkeiten in räumlicher Nähe in jedem Fall ausreiche. Diese Einschätzung hat der Kläger auch mit Blick auf die eingehenden Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses zur hinreichenden Dimensionierung der Brücke (S. 472 f.) nicht widerlegt. Die für die Auswahl des Standorts der Wildbrücke maßgeblichen Kriterien und Zwangspunkte sind im Planfeststellungsbeschluss ebenfalls eingehend dargelegt (S. 469 ff.).

110

Die vom Kläger geforderte teilweise Führung der Trasse in Troglage zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durfte der Beklagte bereits wegen der damit verbundenen erheblichen Mehrkosten und des größeren Flächenverbrauchs ausschließen (PFB S. 389 f.). Hinzu kommen nach Angaben des Beklagten Risiken für den Trinkwasserschutz mit Blick auf eine hohe Durchlässigkeit der über dem Grundwasserleiter liegenden Bodenschicht. Es kann offenbleiben, ob dem durch eine Abdichtung der Trasse hinreichend sicher begegnet werden könnte, wie der Kläger meint. Denn eine solche Schutzmaßnahme wäre mit weiteren Mehrkosten verbunden.

111

Ein Verstoß gegen Eingriffsrecht kann auch nicht hinsichtlich einer Gefährdung von Heuschrecken als Bestandteil des Naturhaushalts der Colbitz-Letzlinger Heide festgestellt werden. Das Vorbringen des Klägers gibt dafür unter Berücksichtigung der eingehenden Darlegungen des Planfeststellungsbeschlusses zu diesem Punkt (S. 545 f.) und in der Erwiderung des Beklagten keinen Anhalt.

112

6. Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende fachplanerische Abwägung (§ 17 Satz 2 FStrG) leidet nicht an Mängeln, die seine Aufhebung rechtfertigen können.

113

a) Allerdings rügt der Kläger zu Recht, dass eine Gesamtabwägung bisher nur in Bezug auf die Teilstrecke VKE 1.3 erfolgt ist. Eine auf den gesamten Abschnitt VKE 1.3/1.2N bezogene Abwägung ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht deshalb entbehrlich, weil die Teilstrecke VKE 1.2N bereits Bestandteil einer den Abschnitt VKE 1.2 betreffenden Gesamtabwägung war. Wie bereits ausgeführt (B.I.1.), sind die verfahrens- und materiellrechtlichen Anforderungen an die fernstraßenrechtliche Planfeststellung - hier das Abwägungsgebot nach § 17 Satz 2 FStrG - einheitlich auf dasselbe Vorhaben anzuwenden, das in der Regel dem im Plan des Vorhabenträgers bezeichneten Abschnitt entspricht. Daher muss die Abwägung der vom Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange stets auf den gesamten Abschnitt bezogen sein und kann - auch mit Blick auf die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 19 Abs. 2 FStrG - nicht für Teilstrecken im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens zu einem anderen Abschnitt erfolgen.

114

Der Abwägungsausfall berührt nicht das Gesamtkonzept der Planung, da die Teilstrecke VKE 1.2N ohne jede Änderung aus dem Abschnitt VKE 1.2 herausgenommen und dem Folgeabschnitt VKE 1.3 angegliedert wurde. Somit kann die den gesamten Abschnitt umfassende Abwägung im ergänzenden Verfahren nachgeholt werden. Dem hat, wie oben dargelegt wurde (B.I.2.), eine auf den Gesamtabschnitt bezogene (erneute) Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung vorauszugehen.

115

b) Weitere Abwägungsfehler sind nicht erkennbar.

116

aa) Die Abschnittsbildung genügt den Anforderungen des Abwägungsgebots (vgl. Urteil vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <14 f.>). Da der vorliegende Abschnitt erst nach Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den nördlichen Folgeabschnitt VKE 1.4 realisiert werden darf (PFB S. 35), ist ausgeschlossen, dass nördlich der AS Burgstall eine "im Grünen" endende Torsostrecke ohne eigenständige Verkehrsfunktion entsteht. Es ist weder nachvollziehbar dargelegt noch sonst ersichtlich, dass mit Blick auf die für den vorliegenden Abschnitt und den Folgeabschnitt VKE 1.4 gemeinsam durchgeführte Verträglichkeitsprüfung oder im Interesse einer sachgerechten Trassenführung ein gemeinsamer Abschnitt VKE 1.3/1.2N und VKE 1.4 hätte gebildet werden müssen.

117

bb) Auch hinsichtlich der fachplanerischen Variantenprüfung gibt es keine Anhaltspunkte für durchgreifende Abwägungsmängel. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind nur dann überschritten, wenn der Behörde beim Auswahlverfahren infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist oder wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 66; stRspr). Ausgehend davon erweist sich die Auswahl der planfestgestellten Variante nicht als fehlerhaft.

118

(1) Der Ausschluss der Nullvariante begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Ungeachtet der gesetzlichen Bedarfsfeststellung muss von der Planung Abstand genommen werden, wenn sich auf späteren Planungsstufen herausstellt, dass dem Vorhaben unüberwindliche Belange entgegenstehen (Urteil vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - BVerwGE 146, 254 Rn. 84). Dem widerspricht die Annahme der Planfeststellungsbehörde, ein Verzicht auf den Neubau der A 14 komme "sowohl aufgrund der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers als auch aus Gründen der Planrechtfertigung" nicht in Betracht (PFB S. 152 f., 461) nur scheinbar. Denn wie die sich unmittelbar anschließende Formulierung zeigt, hat die Planfeststellungsbehörde die Notwendigkeit erkannt, trotz der Wertung des Gesetzgebers in der nachfolgenden Planungsstufe zu prüfen, ob unüberwindbare Belange dazu nötigen, von der Planung Abstand zu nehmen. Dass sie dies verneint hat, kann angesichts des erheblichen Gewichts der maßgeblichen Planungsziele einerseits und der im vorliegenden Verfahren zutage getretenen eher begrenzten Beeinträchtigung von Umweltbelangen andererseits nicht beanstandet werden.

119

(2) Ohne Erfolg greift der Kläger ferner den Ausschluss der Variante einer von der B 189 nach Osten abgerückten Trasse der A 14 (Variante ST-I-Ost) an.

120

Die Ostvariante drängt sich nicht als vorzugswürdig auf. Die Behauptung des Klägers, die Variantenprüfung leide u.a. hinsichtlich der Trassenlänge, der Anschlussmöglichkeiten, der Querung von Überschwemmungsgebieten, der Auswirkungen auf geplante Windkraftanlagen, der Lärmbetroffenheit von Ortslagen und der Betroffenheit von Flächen mit Altlastverdacht an Ermittlungs- und Bewertungsdefiziten, hat der Beklagte in seiner Erwiderung überzeugend entkräftet. Entgegen der Annahme des Klägers wurden auch die Gattungen der xylobionten Käfer und der Schmetterlinge betrachtet. Hinsichtlich der Käfer wird die Ostvariante mangels jeglicher Beeinträchtigung als günstiger bewertet (PFB S. 186) und bezogen auf die Schmetterlinge wird das Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Exemplare für beide Varianten verneint (PFB S. 211). Dass auch die Gattung der Reptilien berücksichtigt wurde, ist allerdings nicht zu erkennen. Nicht zu überzeugen vermag ferner die Gewichtung der bei beiden Varianten notwendigen Lärmschutzanlagen zulasten der Ostvariante (PFB S. 171 f.); insoweit hätte der Hinweis des Beklagten auf die noch fehlende Entwurfsplanung bei den angegebenen Maßen eher für eine Gleichgewichtung gesprochen. Angesichts der festgestellten deutlichen Vorteile der planfestgestellten Trassenführung hinsichtlich zahlreicher öffentlicher Belange von erheblichem Gewicht wie Verkehr (PFB S. 163 f.), Straßenbau (PFB S. 165 ff.), Städtebau (PFB S. 168 ff.), Pflanzen und Tiere sowie biologische Vielfalt wegen der Bündelung der Trasse mit der B 189 (PFB S. 175) und der FFH-Verträglichkeit (PFB S. 199 f.) drängt sich die Vorzugswürdigkeit der Ostvariante offenkundig auch dann nicht auf, wenn Vorteile derselben in Bezug auf den Schutz von Reptilien unterstellt und die im vorliegenden Verfahren festgestellten Ermittlungsdefizite hinsichtlich des Ziegenmelkers und des Nachtkerzenschwärmers sowie ein signifikant gesteigertes Tötungsrisiko für die Käferarten Eremit und Heldbock im Zuge der Baufeldfreimachung berücksichtigt werden.

121

An dieser Beurteilung vermag die Darstellung einer Ostvariante in der gesetzlichen Bedarfsfeststellung nichts zu ändern. Wie bereits ausgeführt, weicht die planfestgestellte Trasse nicht von der nach § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG maßgeblichen Konkretisierung der Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG hinsichtlich der Netzverknüpfung und einer dem festgestellten Bedarf entsprechenden Dimensionierung ab. Sollte der Darstellung einer Ostvariante eine Umweltrisikoeinschätzung des Gesetzgebers zugrunde liegen (vgl. § 14b Abs. 1 Nr. 1 UVPG i.V.m. Anlage 3 Nr. 1.1), wie der Kläger behauptet, würde dadurch der Abwägungsspielraum auf den nachfolgenden Planungsebenen nicht eingeengt. Wie der vorliegende Fall zeigt, wäre eine über Bedarfsgesichtspunkte hinausgehende "Vorwirkung" der gesetzlichen Bedarfsplanung auch nicht sachgerecht. Denn die der Bedarfsplanung nachfolgende Konkretisierung des Vorhabens hat gerade in habitatrechtlicher Hinsicht keine Vorteile der Ostvariante ergeben.

122

(3) Die vom Kläger favorisierte Variante eines Ausbaus der B 189 als Bundesstraße mit Erschließungsfunktion ("echte" Null-Plus-Variante) musste schon deshalb nicht auf ihre Vorzugswürdigkeit untersucht werden, weil sie - wie ausgeführt - auf ein anderes Projekt hinausläuft (vgl. Urteil vom 3. Mai 2013 a.a.O. Rn. 85 ff.). Soweit der Kläger auch den Ausschluss der Variante eines Ausbaus der B 189 mit den für eine Autobahn geltenden Entwurfsparametern und Betriebsmerkmalen ("unechte" Null-Plus-Variante) als abwägungsfehlerhaft rügen sollte, wird auf die eingehende und nachvollziehbare Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 153 ff.) verwiesen, der der Kläger nichts Substantiiertes entgegengesetzt hat. Hinsichtlich der vom Kläger geforderten kleinräumigen "Optimierungen" der Trasse kann auf die eingehenden und überzeugenden, die entsprechenden Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 230 f., 235) ergänzenden Darlegungen in der Erwiderung des Beklagten Bezug genommen werden, zumal diese unwidersprochen geblieben sind.

123

(4) Die Variantenprüfung ist schließlich auch hinsichtlich des Standortes der Tank- und Rastanlage Colbitz-Letzlinger Heide nicht zu beanstanden.

124

Der Beklagte hat auf den Einwand des Klägers, deren Standort entspreche nicht den in den Empfehlungen für Rastanlagen an Straßen (Ausgabe 2011) vorgesehenen Abständen zwischen solchen Anlagen, nachvollziehbar entgegnet, dass für die Tank- und Rastanlagen entlang der A 14 größere Abstände vorgesehen seien, um angesichts der zu erwartenden Verkehrsbelastung deren Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten. Auch drängt sich der vom Kläger genannte Alternativstandort im Bereich des westlich der Trasse gelegenen Abbaugebiets "Tagebau Dolle Süd" nicht als vorzugswürdig auf. Der vom Kläger behauptete Vorteil in artenschutzrechtlicher Hinsicht ist nicht erkennbar. Der von ihm hervorgehobene Verlust des Horstes eines Rotmilanpaares spricht angesichts der insoweit bestehenden Ausweichmöglichkeiten nicht gegen den vorgesehenen Standort; insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Auf der anderen Seite hat der Gutachter S. des Beklagten unwidersprochen angegeben, dass bei einer Errichtung der Anlage im Bereich des "Tagebaus Dolle Süd" mehrere geschützte Arten betroffen wären. Hinsichtlich der vom Kläger befürchteten Anlockwirkung der Beleuchtung der Tank- und Rastanlage für zahlreiche Tiere hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eine Protokollerklärung abgegeben, wonach Maßnahmen zur Minimierung der Lichtwirkung wie die Verwendung "lichtverschmutzungsarmer" Leuchten und deren vollständige Abschirmung gegenüber nicht zu beleuchtenden Räumen zu ergreifen sind. Im Übrigen weist der Alternativstandort auch insoweit keine Vorteile auf, als die Tank- und Rastanlage nach den unbestrittenen Ausführungen des Beklagten dort nicht wesentlich tiefer läge mit der Folge einer vergleichbaren Lichtwirkung auf die Umgebung. Hinzu kommt schließlich als gegen den Alternativstandort sprechender privater Belang von einigem Gewicht, dass nach Angaben des Beklagten für den Tagebau nach wie vor eine Abbaugenehmigung besteht.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein im Land Brandenburg anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. März 2012 für den Neubau der Bundesautobahn A 14 Magdeburg - Schwerin im Teilabschnitt Anschlussstelle Karstädt bis zur Landesgrenze Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern (Verkehrskosteneinheit 1155 - VKE 1155).

2

Die neue Autobahn soll eine Lücke im Autobahnnetz zwischen der A 2 beim Autobahnkreuz Magdeburg und der A 24 bei Schwerin schließen. Das rund 155 km lange Gesamtvorhaben führt durch die Bundesländer Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Es beginnt nordwestlich von Magdeburg, verläuft in nördlicher Richtung - u.a. westlich von Stendal und Wittenberge - und endet am Autobahndreieck Schwerin (A 24) südlich von Schwerin. Im Fernstraßenbedarfsplan 2004 ist die A 14 als vierstreifige Autobahn "mit besonderem naturschutzfachlichen Planungsauftrag" in die Kategorie "vordringlicher Bedarf" eingestuft.

3

Der hier in Rede stehende Abschnitt (VKE 1155) ist 12,626 km lang und soll im vierstreifigen Regelquerschnitt 28 (RQ 28) gebaut werden. Er nimmt die aus Richtung Süden kommende Trasse an der vorhandenen L 131 auf und schwenkt dann in nordwestliche Richtung. Nördlich der Ortschaft Karstädt quert die geplante Trasse auf einem 197 m langen Brückenbauwerk das FFH-Gebiet "Mittlere und Obere Löcknitz" (DE 2836-301) und verläuft ab der Löcknitzniederung auf einer Strecke von neun km in Parallellage zur bisherigen B 5 bis zur Landesgrenze mit Mecklenburg-Vorpommern bei Groß Warnow durch das westliche Teilgebiet des EU-Vogelschutzgebiets (SPA) "Agrarlandschaft Prignitz-Stepenitz" (DE 2738-421). Im Bereich der Anschlussstelle Karstädt reicht die vorgesehene Trasse bis auf etwa 120 m an das EU-Vogelschutzgebiet (SPA) "Unteres Elbtal" (DE 3036-401) heran. An den beiden Endpunkten des planfestgestellten Abschnitts führt die Trasse jeweils mehrere hundert Meter über die vorgesehenen Anschlussstellen hinaus.

4

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 leitete der Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg als Vorhabenträger dem Landesamt für Bauen und Verkehr als Anhörungsbehörde den von ihm aufgestellten Plan zu und beantragte die Durchführung des Anhörungsverfahrens. Das Landesamt forderte die Behörden und Stellen, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasste, dass der Plan nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung, in der auf die Einwendungsfrist und den Ausschluss verspäteter Einwendungen hingewiesen wurde, in der Gemeinde Karstädt, dem Amt Putlitz-Berge und dem Amt Grabow vom 11. Mai 2009 bis zum 10. Juni 2009 und in den Städten Perleberg und Neuruppin vom 25. Mai 2009 bis zum 24. Juni 2009 ausgelegt wurde. Den anerkannten Naturschutzverbänden in Brandenburg wurden von der Anhörungsbehörde über ihr Landesbüro die Planunterlagen am 21. April 2009 unter Hinweis auf die Auslegungen in den betroffenen Gemeinden in Kopie übersandt. Mit Schreiben vom 24. Juni 2009 kritisierte das Landesbüro, dass im Übergabeschreiben kein verbindlicher Abgabetermin für die Stellungnahme angegeben worden sei. Da in den Bekanntmachungen der betroffenen Gemeinden zum einen der 24. Juni 2009 und zum anderen der 8. Juli 2009 als Frist für die Abgabe von Einwendungen genannt werde, bestehe seitens der Verbände Unsicherheit, welche Einwendungsfrist gelte. Gleichzeitig wies das Landesbüro darauf hin, dass gegenüber dem Vorhaben unter dem Gesichtspunkt des Bedarfs, der Eingriffe in Natur und Landschaft und der damit verbundenen Vernichtung wertvoller Lebensräume bedrohter Pflanzen- und Tierarten sowie der drohenden Minderung der Lebensqualität für die Menschen der Region durch Verkehrslärm und Abgasbelästigung erhebliche Bedenken bestünden.

5

Mit Stellungnahme vom 5. Juli 2009, eingegangen bei der Anhörungsbehörde am 8. Juli 2009, wandte sich der Kläger umfassend gegen das Vorhaben und machte u.a. eine unzureichende Abarbeitung des naturschutzrechtlichen Planungsauftrags, eine fehlerhafte Bedarfsprognose, Trassenauswahl und Abschnittsbildung, eine unzureichende Berücksichtigung der Schutzgebiete und eine mangelhafte Untersuchung verschiedener Tierarten geltend.

6

In der Folgezeit brachte der Vorhabenträger aufgrund der eingegangenen Einwendungen und Stellungnahmen eine überarbeitete Deckblattfassung der Planunterlagen ein. Die Deckblätter betrafen im Wesentlichen Änderungen des Straßenquerschnittes und der Gradiente, die Anpassung der Planung an die Verkehrszahlen für das Prognosejahr 2025, die Überarbeitung des Entwässerungskonzeptes sowie daraus folgende Anpassungen hinsichtlich des Immissionsschutzes und der landschaftspflegerischen Begleitplanung. Die vorgenommenen Planänderungen führten insbesondere zu einer Verringerung des erforderlichen Flächenbedarfs und der Baukosten. Das Landesamt für Bauen und Verkehr führte daraufhin ein ergänzendes Anhörungsverfahren durch. Der Kläger machte von der ihm unter Hinweis auf den Ausschluss verspäteter Einwendungen eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme fristgerecht mit Schreiben vom 11. Mai 2011 unter weitgehender Wiederholung seines Vorbringens aus dem Schriftsatz vom 5. Juli 2009 Gebrauch.

7

Mit Beschluss vom 30. März 2012 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 14 im Abschnitt der VKE 1155 fest. Der Plan enthält zahlreiche Regelungen, die u.a. den Naturschutz, den Gewässerschutz und die Bauausführung betreffen. Zu den planfestgestellten Unterlagen gehören der landschaftspflegerische Begleitplan (LBP) und die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet und die Vogelschutzgebiete. Gestützt auf diese Unterlagen und die darin vorgesehenen Schutz-, Vermeidungs- und vorgezogenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen stellt der Planfeststellungsbeschluss fest, dass die unmittelbar durch das planfestgestellte Vorhaben berührten Natura 2000-Gebiete nicht in ihren für die Erhaltung oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden. Die vom Kläger in seinem Schreiben vom 24. Juni 2009 erhobenen Einwendungen wies der Planfeststellungsbeschluss als unsubstantiiert zurück. Eine konkrete Auseinandersetzung mit den ausgelegten Unterlagen erfolge in diesem das Vorhaben lediglich pauschal kritisierenden Schreiben nicht. Die Einwendungen in der Stellungnahme vom 5. Juli 2009 wies der Beschluss als verfristet zurück. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass bei unterschiedlichen Äußerungsfristen lediglich das Versäumen der letzten Frist zur Präklusion führe. Bei Naturschutzvereinigungen komme es für den Fristbeginn auf die Auslegung in den Gemeinden an, die örtlich von dem Straßenbauvorhaben an sich betroffen seien und nicht nur von in Nebenbestimmungen getroffenen Entscheidungen, die sich örtlich vom Straßenbauvorhaben mehr oder weniger entfernen könnten. Vom Straßenbau betroffen sei allein das Gemeindegebiet der Gemeinde Karstädt. In den Gemeinden Perleberg und Neuruppin seien nur externe Kompensationsmaßnahmen vorgesehen, gegen die sich der Kläger in seiner Stellungnahme nicht gewandt habe. Auch die im Rahmen der Planänderung abgegebene Stellungnahme habe die einmal eingetretene Präklusion nicht wieder entfallen lassen können. Durch die Änderung sei im Wesentlichen der Straßenquerschnitt modifiziert worden; eine stärkere oder andersartige Belastung des Klägers sei nicht erkennbar.

8

Der Kläger hat am 7. Juni 2012 gegen den ihm am 7. Mai 2012 über das Landesbüro mit Empfangsbekenntnis zugestellten und mit Wirkung vom 7. Juni bzw. 8. Juni 2012 öffentlich bekannt gemachten Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben, die er mit Schriftsatz vom 19. Juli 2012 begründet hat. Er ist der Auffassung, dass er mit seinen Einwendungen nicht präkludiert sei. Eine gesetzliche Regelung, die ihm aufgeben würde, bei mehreren offenen Einwendungsfristen diejenige zu wahren, die für die Gemeinde läuft, auf deren Gebiet das Vorhaben hauptsächlich realisiert werde, finde im Gesetz keine Stütze. Der im Bedarfsplan ausgewiesene besondere naturschutzrechtliche Planungsauftrag sei nicht abgearbeitet worden. Die Abschnittsbildung sei fehlerhaft, da für die über die Anschlussstellen hinausgehenden Straßenabschnitte am nördlichen und südlichen Ende der Vorhabentrasse keine rechtlich zulässige Verklammerung mit den jeweiligen Nachbarabschnitten vorgesehen sei. Das Vorhaben sei verkehrlich nicht zu rechtfertigen. Die der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose weise zahlreiche methodische Mängel auf. Das Prognosegutachten beruhe außerdem auf vollkommen unrealistischen Annahmen hinsichtlich des zu erwartenden Verkehrsaufkommens. Deshalb sei auch die Variantenprüfung fehlerhaft. Die Belastungen für Natur und Landschaft hätten durch eine "Null-Plus-Variante" zum ganz überwiegenden Teil verhindert werden können. Die gegen das Vorhaben streitenden Naturschutzbelange seien in vielfacher Hinsicht fehlerhaft ermittelt und bewertet worden. Entgegen den Feststellungen in dem Planfeststellungsbeschluss sei von erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets "Mittlere und Obere Löcknitz" und der Vogelschutzgebiete "Unteres Elbtal" und "Agrarlandschaft Prignitz-Stepenitz" auszugehen. Die artenschutzrechtliche Untersuchung weise eine Vielzahl von Ermittlungs- und Prüfungsdefiziten auf; mehrere der vorgesehenen Querungshilfen entsprächen nicht den Vorgaben der einschlägigen Regelwerke.

9

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautobahn A 14 im Teilabschnitt zwischen der Anschlussstelle Karstädt und der Landesgrenze Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern vom 30. März 2012 aufzuheben,

hilfsweise, den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,

weiter hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, den Kläger hinsichtlich der von ihm geforderten Maßnahmen zum Schutz von Natur und Landschaft erneut zu bescheiden.

10

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss in der Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen leidet an keinem Rechtsfehler, den der Kläger mit der Folge einer vollständigen oder teilweisen Aufhebung des Beschlusses oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geltend machen kann. Er verstößt nicht in einer diese Rechtsfolgen rechtfertigenden Weise gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes, gegen Vorschriften, die aufgrund oder die im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder gegen andere Rechtsvorschriften, die bei Erlass der Entscheidung zu beachten waren und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind (vgl. § 64 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG).

13

1. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Kläger mit den in seiner Stellungnahme vom 5. Juli 2009 vorgebrachten Einwendungen nicht deswegen nach § 17a Nr. 7 FStrG ausgeschlossen, weil die Stellungnahme erst nach Ablauf der in der Gemeinde Karstädt geltenden Einwendungsfrist bei der Anhörungsbehörde eingegangen ist. Denn zur Fristwahrung genügte der Eingang des Schreibens innerhalb der in den Gemeinden Perleberg und Neuruppin geltenden Frist.

14

Die Frist, um Einwendungen gegen den Plan zu erheben, endet zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 17a Nr. 3 FStrG i.V.m. § 73 Abs. 4 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg). Sie wird nur in Lauf gesetzt, wenn auf die Rechtsfolgen der Fristversäumnis in der Bekanntmachung der Auslegung hingewiesen wird (§ 17a Nr. 7 FStrG). Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 VerkPBG, § 73 Abs. 1 und 5 Satz 1 VwVfG ist die Auslegung des Plans von den Gemeinden bekanntzugeben, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirkt. Welche Auslegung für den Fristbeginn maßgeblich ist, wenn sich das Vorhaben auf das Gebiet mehrerer Gemeinden auswirkt und es - wie hier - in den betroffenen Gemeinden zu zeitlich abweichenden Auslegungen kommt, ist gesetzlich nicht geregelt.

15

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit der Begründung, dass sich die Bekanntmachung nach § 73 Abs. 5 Satz 1 und 3 VwVfG bzw. § 3 Abs. 2 Satz 2 VerkPBG an die ortsansässigen Betroffenen richtet und für diese die Anstoßwirkung der Auslegung der Planunterlagen erreicht werden soll, entschieden, dass in Fällen abweichender Fristen die Auslegungsfrist im Sinne des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG gerade die konkrete Frist ist, die in der jeweiligen Gemeinde, in der der Betroffene ortsansässig ist oder in der sein Grundstück liegt, vorgesehen ist und durch Bekanntmachung ausgelöst wird. Ob in anderen Gemeinden eine zeitlich abweichende Bekanntmachung vorgenommen wurde, ist danach unerheblich (Gerichtsbescheid vom 16. März 1998 - BVerwG 4 A 31.97 - Buchholz 316 § 73 VwVfG Nr. 27 S. 35).

16

Diese Überlegungen lassen sich entgegen der vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss vertretenen Auffassung nicht auf Verbandsklagen anerkannter Naturschutzvereinigungen übertragen. Die Annahme der Planfeststellungsbehörde, dass sich die Einwendungsfrist nach der Auslegung in der Gemeinde richtet, auf deren Gebiet die von der Naturschutzvereinigung konkret mit Einwendungen angegriffene Maßnahme verwirklicht werden soll, vermag nicht zu überzeugen. Die danach entscheidende "Belegenheit der Einwendung" liefe darauf hinaus, die Bestimmung der Frist nicht von einfach festzustellenden äußeren Umständen, sondern vom Inhalt der Einwendung selbst abhängig zu machen. Damit würde wegen der nicht immer einfachen Beurteilung des räumlichen Bezugs einer Einwendung das mit der Einwendungspräklusion angestrebte Ziel verfehlt, dem Vorhabenträger Klarheit darüber zu verschaffen, mit welchem Sachvortrag er im gerichtlichen Verfahren zu rechnen hat. Hinzu kommt, dass, bezogen auf die Naturschutzvereinigung, jede Auslegungsbekanntmachung eine auf das gesamte Plangebiet bezogene Anstoßwirkung entfaltet, so dass es der Vereinigung mangels anderslautender gesetzlicher Regelungen frei steht, in welcher Gemeinde sie die ausgelegten Unterlagen einsieht. Zwar hat dies zur Folge, dass die Vereinigung bei mehreren Bekanntmachungen mit unterschiedlichem Fristbeginn die Einwendungsfrist faktisch dadurch verlängern kann, dass sie die Unterlagen in der Gemeinde einsieht, die sie zuerst auslegt und für die Abgabe der Einwendung die zuletzt auslaufende Frist nutzt. Die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung zwischen Naturschutzvereinigungen und privaten Einwendern findet ihren sachlichen Grund jedoch darin, dass der Private regelmäßig nur Betroffener eines Bekanntmachungsgebietes ist, während die Naturschutzvereinigung in ihrer Eigenschaft als Sachwalterin der Natur in allen Bekanntmachungsgebieten "betroffen" ist. Nur insoweit es um dasselbe Bekanntmachungsgebiet geht, ist es aber ein Gebot der Gleichbehandlung, dass jedem Betroffenen derselbe Zeitraum zur Verfügung steht, um Einwendungen geltend zu machen (Gerichtsbescheid vom 16. März 1998 a.a.O.). Es ist daher Sache des Gesetzgebers, hier eine Änderung vorzunehmen, etwa indem die Einwendungsfrist nach der Gemeinde bestimmt wird, in der die Naturschutzvereinigung tatsächlich zuerst Einsicht in die Unterlagen genommen hat.

17

2. Die Planrechtfertigung für das planfestgestellte Vorhaben ist gegeben. Es kommt daher nicht darauf an, ob das Erfordernis der Planrechtfertigung auf die Klage einer anerkannten Naturschutzvereinigung hin trotz deren beschränkter Rügebefugnis (§ 64 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG) überhaupt zu prüfen ist (verneinend Beschluss vom 1. Juli 2003 - BVerwG 4 VR 1.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3 S. 22 f.; offen lassend Urteile vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 41 und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 42).

18

Die Planrechtfertigung folgt aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung, die für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren verbindlich ist (stRspr; vgl. etwa Urteile vom 8. Juni 1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <345 ff.> und vom 19. März 2003 - BVerwG 9 A 33.02 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 173 S. 157). Der vierstreifige Bau der A 14 zwischen Magdeburg und Schwerin ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. Januar 2005 (BGBl I S. 201) - FStrAbG - als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs enthalten und damit gemessen an den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG vernünftigerweise geboten.

19

a) Der im Bedarfsplan durch entsprechende "Ökosterne" entlang der geplanten Trasse der A 14 kenntlich gemachte "besondere naturschutzfachliche Planungsauftrag" für das Vorhaben betrifft entgegen der Auffassung des Klägers nicht die Ebene der gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Richtig ist allerdings, dass die mit "Ökosternen" gekennzeichneten Vorhaben des vordringlichen Bedarfs ausweislich einer Fußnote im Bedarfsplan ursprünglich erst mit der Einstellung in den Straßenbauplan als Anlage zum Bundeshaushalt als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs galten (Anl. zu § 1 Abs. 1 FStrAbG i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. Januar 2005 a.a.O.). Hiernach kamen den Vorhaben alle Eigenschaften des vordringlichen Bedarfs mit Ausnahme der unmittelbaren Realisierbarkeit zu, die von der Erbringung des Nachweises der planerischen Bewältigung der naturschutzfachlichen Konflikte und der daran anknüpfenden Aufnahme in den Straßenbauplan abhing (vgl. BTDrucks 15/1803 S. 2 rechte Spalte zu Nr. 10). Bereits durch Art. 12 Nr. 1 Buchst. a) und b) des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl I S. 2833, berichtigt am 9. Mai 2007, BGBl I S. 691) ist die erwähnte Fußnote wieder gestrichen worden, um die mit ihr verbundene Rechtsunsicherheit und -unklarheit zu beseitigen. Geblieben ist die Kennzeichnung bestimmter Vorhaben mit dem "Ökostern" als Vorhaben mit besonderem naturschutzfachlichem Planungsauftrag. Daraus leiten sich aber keine besonderen Anforderungen an die Planrechtfertigung ab.

20

Aus der Formulierung in den Gesetzesmaterialien zur Streichung der Fußnote zum "Ökostern" ergibt sich, dass dieser Begriff nicht mehr als einen Hinweis des bedarfsfeststellenden Gesetzgebers an die weiteren Ebenen und Phasen der Planung darstellt, dass bei den gekennzeichneten Vorhaben eine erhöhte naturschutzfachliche Problematik besteht, die im Rahmen der normalen Vorhabenplanung abzuarbeiten ist (BTDrucks 16/3158 S. 46 linke Spalte). Das Gesetz stellt weder in verfahrensrechtlicher noch in materiell-rechtlicher Hinsicht weitergehende Anforderungen an die naturschutzfachliche oder -rechtliche Prüfung, als sie sich aus den insoweit ohnehin zu beachtenden Vorschriften des Unionsrechts und des nationalen Rechts ergeben; es bedarf namentlich keiner zusätzlichen Bedarfsprüfung. Mit anderen Worten handelt es sich um nicht mehr als ein "Ausrufezeichen" des Gesetzgebers, das auf eine bereits auf dieser Ebene erkennbare besondere naturschutzfachliche Problematik hinweisen will. Für die gegenteilige Ansicht des Klägers bieten die Gesetzesmaterialien keinen Anhaltspunkt. Dies gilt auch für das in den Gesetzesmaterialien aufgeführte Prüfkriterium, ob "verkehrlich gleichwertige Alternativplanungen, vor allem aber der Ausbau des vorhandenen Straßennetzes, verwirklicht werden können" (BTDrucks a.a.O.). Die Verpflichtung der Planfeststellungsbehörde, bei der vorzunehmenden Abwägung der einzustellenden Belange rechtsmindernde Eingriffe nach Möglichkeit zu vermeiden und in diesem Rahmen alternative Planungen auf ihre jeweilige Eingriffsintensität bei gleicher planerischer Zielsetzung zu prüfen und gegebenenfalls auch offen zu sein für eine "Null-Variante", ist ohnehin geltendes Recht (vgl. Urteil vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C 15.83 - BVerwGE 71, 166 <172>; Beschluss vom 26. Juni 1992 - BVerwG 4 B 1-11.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 S. 86<91>) und von dem Beklagten - wie weiter unten (5.) dargelegt wird - beachtet worden.

21

b) Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Bedarfsfeststellung für die A 14 die Grenzen seines gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat, sind nicht ersichtlich. Davon wäre nur auszugehen, wenn die Bedarfsfeststellung evident unsachlich wäre, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlte oder wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte (vgl. Urteil vom 8. Juni 1995 a.a.O. S. 347, Beschluss vom 30. Dezember 1996 - BVerwG 11 VR 21.95 - UPR 1997, 153 und Urteil vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 32.02 - BVerwGE 120, 87 <100>). Solche Gründe liegen nicht vor.

22

aa) Der Kläger hält das Vorhaben jedenfalls nördlich der B 190 und im gesamten Bereich des Landes Brandenburg für verkehrlich nicht zu rechtfertigen. Die der Planfeststellung zugrunde gelegte Verkehrsprognose der Ingenieurgruppe IVV sei methodisch fehlerhaft und die prognostizierten Verkehrszahlen unrealistisch. Mit diesem Vorbringen kann er keinen Erfolg haben.

23

Der Bundesverkehrswegeplanung und der gesetzlichen Bedarfsfeststellung 2004 lag eine Prognose der bundesweiten Verkehrsverflechtungen bezogen auf das Jahr 2015 zugrunde, deren Kernstück deutschlandweite räumliche Verflechtungsmatrizen im Personen- und im Güterverkehr bilden (zu den Grundlagen der Bedarfsplanung vgl. bereits Urteil vom 22. März 1985 a.a.O. S. 169 f.). Diese Prognose über die zukünftige Verkehrsentwicklung ist gemäß dem in § 4 Satz 1 FStrAbG enthaltenen Prüfauftrag im Jahr 2010 durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung überprüft worden. Auf der Grundlage eines Vergleichs der bei der Aufstellung des Bedarfsplans 2004 herangezogenen bundesweiten Verkehrsprognose 2015 mit der insbesondere die demografischen Leitdaten berücksichtigenden bundesweiten Verkehrsprognose 2025 auf der räumlichen Ebene des Bundes, der Bundesländer und von Teilregionen kommt die Überprüfung zu dem Ergebnis, dass die seinerzeit festgestellten Bedarfseinstufungen für die Bundesfernstraßen auch bei Ansatz der aktuellen Verkehrsentwicklung gelten. Gegenstand der Bedarfsplanüberprüfung war nicht die Überprüfung oder Neubewertung der Straßenbauprojekte im Einzelnen, sondern ausschließlich, ob sich - bezogen auf Raumeinheiten oder Netzbereiche - die seinerzeit der Bewertung zugrunde gelegten verkehrlichen Rahmenbedingungen so grundlegend geändert haben, dass der Projektbedarf grundsätzlich in Frage gestellt werden muss. Dies ist nicht der Fall. In allen Bundesländern mit Ausnahme Berlins kommt die Untersuchung zu Mehrbelastungen auf den Autobahnabschnitten insbesondere durch den Güterverkehr (Ergebnisse der Überprüfung der Bedarfspläne für die Bundesschienenwege und die Bundesfernstraßen vom 11. November 2010 S. 16 f.).

24

Der Vortrag des Klägers ist nicht geeignet, diese Grundlagen der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und -überprüfung in Frage zu stellen. Da die gesetzliche Bedarfsfeststellung durch die Prognose künftiger Verkehrsströme beeinflusst wird, zielt die angeordnete Bindungswirkung darauf ab, das straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren und damit ebenso einen anschließenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die "richtigere" Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck des § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es somit aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Stufe vollzogen hat, unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine andere Verkehrsprognose vorzugswürdig sein könnte. Entscheidend ist allein, ob das Ergebnis der Normsetzung den anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt (Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 26). Hiernach ist die vom Kläger im Prozess vorgelegte Stellungnahme von RegioConsult Verkehrs- und Umweltmanagement (RegioConsult), mit der methodische Mängel der projektbezogenen Verkehrsprognose der Ingenieurgruppe IVV gerügt werden, nicht geeignet, die gesetzliche Bedarfsfeststellung in Zweifel zu ziehen. Zum einen würden die behaupteten Mängel der projektbezogenen Prognose - ihr Vorliegen unterstellt - schon keine Rückschlüsse auf die den Verkehrsprognosen des Bedarfsplans und dessen Überprüfung zugrunde liegenden Verkehrprognosen zulassen. Zum anderen fehlt es auch nach der Stellungnahme von RegioConsult nicht an jeglichem Verkehrsbedarf für eine vierstreifige Autobahn. Auf dem Abschnitt Wittenberge - Ludwigslust kommt diese Untersuchung bezogen auf den Prognosezeitpunkt 2025 zu einer (geschätzten) Verkehrsbelastung von 14 330 Kfz/24h. Dass bei einer solchen Verkehrsbelastung jegliche verkehrliche Notwendigkeit für den Bau einer Autobahn fehlt, ist nicht ersichtlich. Nach den von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen im Auftrag des Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erarbeiteten Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA) ist bereits ab einer Verkehrsstärke von 18 000 Kfz/24h der Einsatzbereich des Regelquerschnitts RQ 31 erreicht (RAA S. 22). Die A 14 soll dagegen mit Blick auf die geringere Verkehrsbelastung in dem deutlich kleineren, in erster Linie für autobahnähnliche und nur ausnahmsweise für Autobahnen in Betracht kommenden RQ 28 hergestellt werden (RAA S. 23). Bei dieser Sachlage musste der Senat dem Begehren des Klägers, dem Beklagten aufzugeben, ihm die computergestützten Berechnungen zur Verkehrsprognose von IVV vorzulegen bzw. Einsicht in diese Berechnungen zu gewähren bzw. zu verschaffen, nicht entsprechen.

25

bb) Auch die über die Bewältigung des Verkehrs hinausgehenden Ziele der gesetzlichen Bedarfsfeststellung sind nicht obsolet oder unerreichbar geworden. Wie schon die Anfangs- und Endpunkte der A 14 bei Magdeburg und Schwerin zeigen, verfolgt der Gesetzgeber vornehmlich das Ziel, eine Lücke im Autobahnnetz im Verlauf der weiträumigen Nord-Süd-Verbindung zwischen Wismar - Magdeburg - Leipzig - Dresden durch eine leistungsfähige Autobahn zu schließen. Damit soll - wie der Planfeststellungsbeschluss unter Hinweis auf Beratungen im Verkehrsausschuss des Bundesrates darlegt (S. 81) - eine möglichst gute Verbindung nach Wismar an den zentralen Punkt des auf europäischer Ebene in der Abstimmung befindlichen Transeuropäischen Netzes zwischen Schweden und der Adria hergestellt werden. Ausweislich der im Vorfeld der Bedarfsüberprüfung des Bundesverkehrswegeplans 2004 erstellten Verkehrsuntersuchung Nordost (VUNO 1995/2002) stellt die A 14 zugleich einen Teil der auch den Neubau der A 39 zwischen Wolfsburg und Lüneburg in Niedersachsen umfassenden Gesamtkonzeption zur Verbesserung der Fernverkehrserreichbarkeit im Großraum zwischen Berlin, Hamburg und Hannover dar. Die schlechte Erreichbarkeit insbesondere des Kerngebiets des Planungsraums der A 14 gilt als ein wesentliches Hindernis für eine nachhaltige Raum- und Regionalentwicklung der einen ausgeprägten wirtschaftlichen Entwicklungsrückstand aufweisenden Region Altmark und Prignitz mit den Mittelzentren Salzwedel, Stendal und Wittenberge. Trotz nachträglicher Änderungen der Prognosedaten sind diese Ziele weder obsolet noch unerreichbar geworden. Dass der Kläger unter Hinweis auf Untersuchungen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen von neu gebauten Bundesautobahnen in unterentwickelten Regionen anderer Bundesländer eine nachhaltige Verbesserung der regionalen Wirtschaftslage durch den Autobahnneubau bezweifelt, genügt angesichts des anzulegenden Evidenzmaßstabs nicht, um die Bedarfsfeststellung in Frage zu stellen.

26

3. Den besonderen Anforderungen an den Schutz von FFH-Gebieten und Europäischen Vogelschutzgebieten trägt der Planfeststellungsbeschluss ausreichend Rechnung. Er verstößt insbesondere nicht gegen die der Umsetzung von Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) dienende Vorschrift des § 34 BNatSchG. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung zu überprüfen. Sie dürfen nach § 34 Abs. 2 BNatSchG grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen des jeweiligen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Sind nach den Ergebnissen der Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen, ist das Projekt vorbehaltlich einer Abweichungsprüfung unzulässig.

27

a) Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG hat hinsichtlich des besonderen Schutzgebiets "Mittlere und Obere Löcknitz" (DE 2836-301) stattgefunden. Nach den dieser Prüfung zugrunde liegenden Erkenntnissen durfte der Beklagte davon ausgehen, dass das Vorhaben für sich oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten mit den Erhaltungszielen des Gebiets verträglich ist.

28

Ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben, ein bestehender schlechter Erhaltungszustand darf jedenfalls nicht weiter verschlechtert werden (stRspr, vgl. zuletzt Urteil vom 6. November 2012 - BVerwG 9 A 17.11 - juris Rn. 35 ). Um zu einer verlässlichen Beurteilung zu gelangen, muss die Verträglichkeitsprüfung die "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" berücksichtigen und setzt somit die "Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen" voraus (vgl. Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 62 m.w.N. und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 73). Zugunsten des Projekts dürfen bei der Verträglichkeitsprüfung die vom Vorhabenträger geplanten oder im Rahmen der Planfeststellung behördlich angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (Urteile vom 17. Januar 2007 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 53 und Rn. 94).

29

Unter Berücksichtigung der angeordneten Schutzmaßnahmen sind bezogen auf die zu den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Mittlere und Obere Löcknitz" gehörende Gemeine Flussmuschel und das in der Verträglichkeitsprüfung als charakteristische Art behandelte Bachneunauge weder bau- noch anlage- oder betriebsbedingte erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen.

30

aa) Die baubedingten Auswirkungen auf den Lebensraum der Flussmuschel, die Löcknitz, werden durch die im Maßnahmenblatt S9(M)ASB festgelegten Maßnahmen zum Staubschutz beim Abriss der vorhandenen Brücke über die Löcknitz begrenzt. Klarstellend hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt, dass ergänzend zu den im Maßnahmenblatt S9(M)ASB ausdrücklich erwähnten Maßnahmen alle in der FFH-Verträglichkeitsprüfung benannten Schutzmaßnahmen angewendet und die Brückenwiderlager zwar oberhalb, aber nicht unterhalb der Wasserlinie entfernt werden. Die Anordnung eines besonderen Staubschutzes beim Abriss der Brückenfahrbahn war nicht erforderlich, da es sich - wie in der mündlichen Verhandlung durch den Vorhabenträger erläutert wurde - um ein Fertigbauteil handelt, das ohne Staubentwicklung herausgehoben werden kann.

31

Es bestehen auch keine Zweifel an einem ausreichenden Havarieschutz im Bereich der Löcknitzbrücke. Der Beklagte hat auf die schon bestehenden Havariepläne und die vorgesehene Auffangmaßnahme (Auffangbecken aus Beton) für durch eine Havarie verunreinigtes Straßenoberflächenwasser verwiesen. Dass es sich bei den Fahrzeugrückhaltesystemen auf der Brücke nicht - wie der Kläger vermutet - um die hierfür ungeeigneten Spritzschutzwände, sondern um die auf Brückenbauwerken obligatorischen Schutz- und Leitplanken handelt, hat der Beklagte ebenfalls erläutert.

32

bb) Soweit die Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der Flussmuschel und des Bachneunauges durch Nitratbelastungen verneint, greifen die Einwendungen des Klägers ebenfalls nicht durch.

33

Die Verträglichkeitsprüfung (Unterlage 12.4.1. S. 57) hat die Nitratdeposition im trassennahen Bereich ausgehend von der im Rahmen der lufttechnischen Untersuchung auf der Basis der nach dem Berechnungsverfahren des Merkblatts über Luftverunreinigungen an Straßen ohne oder mit lockerer Randbebauung - MLuS (Fassung 2005) - berechneten Luftkonzentration von Stickstoff und Stickstoffdioxid unter Zuhilfenahme eines einfachen Rechenmodells nach Balla mit 2 kg NOx pro Hektar und Jahr prognostiziert. Um hieraus die Stickstoffkonzentration in der Löcknitz zu ermitteln, wurde die Depositionsmenge mit Hilfe eines weiteren Rechenmodells aus der Vollzugshilfe des Landesumweltamts Brandenburg (Rechenmodell zur Umrechnung von Schadstoffdepositionen in Wasserkonzentrationen für stehende Gewässer) in eine zu erwartende Zusatzbelastung der Löcknitz von 0,02 mg pflanzenverfügbarem Stickstoff je Liter (Nitrat-N/l) umgerechnet. Ausgehend von einem Richtwert von 1,8 mg Nitrat-N/l hat der Planfeststellungsbeschluss die Zusatzbelastung mit Stickstoff als nicht erheblich für die Wassergüte und damit für den Erhaltungszustand der Flussmuschel bewertet.

34

In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter des Beklagten, Dr. L., die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Berechnungen erläutert und ergänzend dargelegt, dass sich bei deren Überprüfung anhand des auf dem Forschungsbericht "Untersuchung und Bewertung von straßenverkehrsbedingten Nährstoffeinträgen in empfindliche Biotope" aufbauenden neuesten Methodenhandbuchs der Bundesanstalt für Straßenbau (BASt) eine deutlich geringere Zusatzbelastung der Löcknitz durch den ungefilterten Eintrag von lediglich 0,00018 mg/l ergebe. Die auffällige Diskrepanz zu der in der Verträglichkeitsprüfung ermittelten Zusatzbelastung hat er überzeugend damit erklärt, dass das der Verträglichkeitsprüfung zugrunde liegende Rechenmodell sehr konservativ gewählt gewesen sei, weil es den Abfluss in Fließgewässern vollständig unberücksichtigt gelassen habe. Ergänzend hat der Gutachter die gefilterten Einträge über das gesamte Einzugsgebiet der Trasse berechnet und ist im Ergebnis dieser Berechnung zu einer Gesamtzusatzbelastung von maximal 0,03 mg/l gekommen. Schließlich hat er darauf hingewiesen, dass durch die aufgrund der Ersatz- und Vermeidungsmaßnahmen E11ASB, E12ASB, E13ASB und V10/AASB auf insgesamt 80 ha vorgesehene Extensivierung landwirtschaftlicher Flächen im Trassenbereich der Nitrateintrag im Sickerwasser um 2 400 kg pro Jahr reduziert und damit der gesamte vorhabenbedingte Zusatzeintrag von 1 640 kg pro Jahr überkompensiert werde.

35

Der Bewertung der Zusatzbelastung als unerheblich steht auch nicht entgegen, dass bei den vom Landsumweltamt Brandenburg durchgeführten Messungen bereits neun der insgesamt 36 Messwerte den Richtwert von 1,8 mg Nitrat-N/l überschritten haben und der Spitzenwert mehr als das Doppelte des Richtwerts betrug. Dr. L. hat in der mündlichen Verhandlung zu diesem Punkt erläutert, dass für das pflanzenverfügbare Nitrat in der Literatur sogar zulässige Maximalwerte von 8 - 10 mg Nitrat-N/l diskutiert werden und nach neueren Untersuchungen aus dem Jahr 2010 jedenfalls Werte zwischen 2,0 mg und 4,3 mg einem guten Erhaltungszustand eines Gewässers nicht entgegenstünden.

36

cc) Die Verträglichkeitsprüfung verneint auch ohne Rechtsfehler eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets "Mittlere und Obere Löcknitz" durch vorhabenbedingte Chlorideinträge. Die Einhaltung des Schwellenwertes von 50 mg/l, ab dem Schädigungen der besonders empfindlichen Larven des Bachneunauges nicht mehr ausgeschlossen werden können, wird durch das planfestgestellte Entwässerungskonzept sichergestellt.

37

(1) Entgegen der Auffassung des Klägers ist es nicht zu beanstanden, dass das vom Vorhabenträger in Auftrag gegebene Gutachten zur Chloridbelastung der Löcknitz durch den Winterdienst aus dem Jahr 2008 (Chlorid-Gutachten, Unterlage 12.4.1. Anlage 2) bei seinen Berechnungen von einer durchschnittlichen Tausalzmenge pro Autobahnkilometer von 15 t ausgegangen ist. Dieser Wert entspricht der in den Jahren 1999 bis 2007 durchschnittlich ausgebrachten Tausalzmenge pro Streckenkilometer einer vierstreifigen Autobahn in Brandenburg. Dass in den Wintern nach Erstellung des Gutachtens teilweise erheblich höhere Tausalzmengen eingesetzt werden mussten, macht die Heranziehung des langjährigen Durchschnittswerts nicht fehlerhaft.

38

Ausweislich der vom Vorhabenträger vorgelegten Übersicht lag zwar der Tausalzverbrauch in den Wintern 2009/2010 bis 2012/2013 im Durchschnitt über dem langjährigen Mittel, aber auch in diesen Wintern traten starke Schwankungen auf. So lag der Verbrauch in dem dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses unmittelbar vorausgehenden Winter 2011/2012 deutlich unter dem langjährigen Durchschnittswert von 15 t. Danach bestand für den Beklagten kein Anlass, eine Aktualisierung der Tatsachengrundlage vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zu fordern. Dies wird bestätigt durch die Aussage des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 19. April 2013, dass auch bei einer Betrachtung der zwanzig Jahre von 1993 bis 2013 der Durchschnittsverbrauch an Tausalz auf Autobahnen in Brandenburg unter 15 t lag. Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass wegen erhöhter Vereisungsgefahr auf der Brücke über die Löcknitz der Taumitteleinsatz im Bereich des FFH-Gebiets besonders hoch sein wird. Der Beklagte ist entsprechenden Befürchtungen des Klägers mit dem Hinweis entgegengetreten, dass eine besondere Vereisungsgefahr nur bei (überwiegenden) Stahlkonstruktionen bestehe, die Brücke über die Löcknitz aber auf einer 40 cm dicken Betonplatte ruhe und ihr Verhalten bei Frost daher sehr ähnlich dem der freien Strecke sei. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte auch klargestellt, dass auf der Brücke wie auf der gesamten Trasse kein offenporiger Asphalt verwendet wird.

39

Gegen die Berücksichtigung langjähriger Durchschnittswerte statt der Spitzenbelastungen spricht schließlich auch nicht die toxische Wirkung des Chlorids für das Bachneunauge und andere Wasserlebewesen. Allerdings sah das ursprüngliche Entwässerungskonzept des Vorhabenträgers neben der Versickerung auch eine Sammlung des anfallenden Straßenoberflächenwassers in drei Regenrückhaltebecken und von dort aus die direkte Einleitung in die Löcknitz vor. Dieses Konzept hätte zu einer deutlichen Erhöhung der durchschnittlichen Chloridkonzentration in der Löcknitz geführt und Anlass zu einer Berücksichtigung der Spitzenverbrauchswerte beim Tausalzeinsatz gegeben. In dem planfestgestellten Entwässerungskonzept hat der Beklagte jedoch auf den Bau von Regenrückhaltebecken und eine direkte Einleitung des Überlaufs zugunsten der vollständigen Versickerung entlang der Trasse verzichtet. Er ist damit einem Vorschlag des Chlorid-Gutachtens zur Verminderung des Chlorideintrags in die Löcknitz gefolgt. Durch die weiträumige Versickerung des Straßenoberflächenwassers durch Versickerungsgräben, Versickerungsmulden und Rigolensysteme entlang der Trasse wird sichergestellt, dass das versickerte Straßenoberflächenwasser mit seiner Chloridfracht nicht direkt, gewissermaßen "jahrgangsweise", in die Löcknitz gelangt, sondern nach Erreichen eines Gleichgewichtszustandes der Bodenbelastung mit Tausalz ein konstanter Austrag in die Löcknitz über die Grundwasserleiter mit jahrelanger und zum Teil jahrzehntelanger Verzögerung und entsprechender laufender Verdünnung durch Niederschlagswasser und andere Grundwasserzuflüsse erfolgt. Belastungsspitzen in einzelnen Jahren wirken sich somit nicht auf den Chlorideintrag aus.

40

Soweit der Kläger in seinem nachgelassenen Schriftsatz im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zur Verdriftung von Aerosolen dieses Konzept mit der Behauptung angreift, bei einem nicht abgedeckten Grundwasserleiter müsse von einer direkten Einleitung des Tausalzes in das Grundwasser ausgegangen werden, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit dem die geologischen und die Grundwasserverhältnisse im Trassenbereich ausführlich beschreibenden Chlorid-Gutachten. Das Gutachten ermittelt auf der Grundlage der Durchlässigkeit des Untergrundes, der Grundwasserfließwege und des Grundwassergefälles zur Löcknitz die Fließgeschwindigkeit des Grundwassers. Es kommt dabei zu dem Ergebnis, dass Tausalz, das am Trassenbeginn in etwa 2 000 m Entfernung von der Löcknitz infolge des Winterdienstes in den Boden gelangt, erst nach 36 Jahren Fließzeit die Löcknitz erreichen wird. Tausalz, das auf näher an der Löcknitz liegende Flächen der Trasse aufgebracht werde, erreiche den Fluss früher, Taumittelbelastungen aus weiter entfernten Flächen entsprechend später.

41

(2) Diese Planung wird auch durch die Kritik des Klägers, die durch die Änderung des Entwässerungskonzeptes anfallenden zusätzlichen Einträge auf dem Grundwasserpfad seien nicht berechnet worden, weshalb nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststehe, ob der Schwellenwert von 50 mg Cl/l eingehalten werde, nicht in Frage gestellt. Nach dem Chlorid-Gutachten ist für die Gesamtstrecke des Vorhabens mit einem Gesamteintrag von 71,1 t Cl/a zu rechnen. Hiervon entfielen nach dem ursprünglichen Konzept lediglich 7,1 t Cl/a auf den Abfluss aus den Regenrückhaltebecken (Chlorid-Gutachten S. 27). Gleichwohl führte der Zufluss aus den Regenrückhaltebecken bei Mittelwasser zu einer Erhöhung der Chloridbelastung um 10,4 mg Cl/s auf 53,6 mg Cl/l, während die neunmal größere Menge Tausalz, die versickert und über den Grundwasserpfad der Löcknitz zufließt, nur zu einer geringfügigen Zusatzbelastung von 1,1 mg Cl/l und damit zu einer Erhöhung der Chloridbelastung der Löcknitz bei Karstädt von 43,2 mg Cl/l auf 44,3 mg Cl/l führt (Chlorid-Gutachten S. 38 f.). Bei Niedrigwasser erreicht die Zusatzbelastung durch Versickerung von 64 t Tausalz über den Grundwasserpfad 5,4 mg Cl/l, so dass die Gesamtbelastung bei 48,6 mg Cl/l liegt. Dieser Vergleich zeigt, dass eine zusätzliche Versickerung der nach dem ursprünglichen Konzept aus den Regenrückhaltebecken zufließenden Wassermengen nicht zu einer kritischen Gesamtbelastung führen wird, sondern im Gegenteil zu deren deutlicher Reduzierung, die damit klar unter dem Vorsorgewert bleibt. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Einträge über den Luftpfad berücksichtigt werden.

42

Ausgehend von den nachvollziehbaren Angaben in dem Chlorid-Gutachten ist mit einem Austrag durch Anhaftungen an Fahrzeugen und auf dem Luftweg von maximal 10 % des ausgebrachten Tausalzes zu rechnen (S. 18). Dieser Wert steht in Übereinstimmung mit den vom Kläger im nachgelassenen Schriftsatz zitierten Untersuchungen, wonach im innerstädtischen Bereich 5 bis 15 % der Streumenge aufgewirbelt und verfrachtet werden. Soweit der Kläger höhere Verwirbelungen durch höhere Geschwindigkeiten auf der Autobahn vermutet, berücksichtigt er nicht die beidseits der Fahrbahnen angebrachten Spritzschutzwände und die durch Protokollerklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung verbesserten Spritzschutzmaßnahmen am Lichtspalt zwischen den Fahrbahnen. Dass auch bei einer unterstellten Tausalzmenge von 79 t (71,1 t zuzüglich 7,9 t <10 %> über den Luftpfad) der Chloridgehalt den Vorsorgewert nicht erreichen wird, wird deutlich, wenn man die erhöhte Tausalzmenge von 79 t in die im Chlorid-Gutachten auf S. 28 aufgeführte Rechenformel einstellt. Danach erhöht sich bei Mittelwasser die Zusatzbelastung von 1,1 mg Cl/l auf 1,36 mg Cl/l (79x109/365x24x3 600 = 2 505 mg/1 836 l/s = 1,36 mg) und bei Niedrigwasser rechnerisch von 5,4 mg Cl/l auf 6,7 mg Cl/l (2 505mg/375 l/s). In beiden Fällen wird der Vorsorgewert nicht erreicht, wobei allerdings die Gesamtbelastung bei Niedrigwasser sehr nahe an den Grenzwert heranreicht (43,2+6,7 = 49,9). Das ist jedoch schon deswegen unbedenklich, weil im Chlorid-Gutachten nachvollziehbar dargelegt wird (S. 28), dass es sich bei der Zusatzbelastung bei Niedrigwasser um einen rechnerischen Wert handele, der nicht berücksichtige, dass bei Niedrigwasser zwangsläufig auch die Grundwasserzuflüsse reduziert seien und damit die Cl-Konzentrationserhöhungen in der Löcknitz bei Niedrigwasser geringer ausfielen als die rechnerisch nachgewiesenen.

43

(3) Das Entwässerungskonzept scheitert auch nicht an wasserrechtlichen Anforderungen. Die erforderlichen Erlaubnisse und Bewilligungen gemäß §§ 8, 10 WHG sind im Planfeststellungsbeschluss erteilt worden. Nach Auskunft des Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat die zuständige Wasserbehörde auch unter dem Gesichtspunkt des Verschlechterungsverbots für Grundwasser (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 WHG) keine Bedenken gegen das Konzept erhoben. Darüber hinaus hat der Beklagte durch das angeordnete und in der mündlichen Verhandlung auf zehn Jahre mit Verlängerungsoption ausgedehnte Grundwassermonitoring und die darin für den Fall einer Verschlechterung der Wasserqualität vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesserung der Vorreinigung des zu versickernden Wassers, langfristige Vorsorge getroffen für den Fall, dass die angeordneten Maßnahmen sich als unzureichend erweisen sollten.

44

dd) Auch für den zu den Erhaltungszielen gehörenden Fischotter sind keine erheblichen Beeinträchtigungen zu befürchten, da etwaige Anlockungswirkungen der Trassenböschungen durch den planfestgestellten trassenbegleitenden Wildschutzzaun wirksam entgegengewirkt wird. Dass dieser auch gegenüber Fischottern und Bibern einen ausreichenden Untergrabschutz bietet, ist von der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung einleuchtend dargelegt worden.

45

ee) Soweit der Kläger rügt, der Hirschkäfer sei bei der Verträglichkeitsprüfung nicht berücksichtigt worden, muss er sich entgegenhalten lassen, dass diese Art weder im FFH-Gebiet "Mittlere und Obere Löcknitz" noch in dem in etwa einem Kilometer Entfernung von der Trasse liegenden FFH-Gebiet "Bootzer Torfloch" zu den Erhaltungszielen gehört und sich bisher keine Nachweise seines Vorkommens im Wirkraum der Trasse finden ließen. Lediglich potentiell zukünftig einwandernde Anhang II-Arten müssen von der Verträglichkeitsprüfung nicht erfasst werden.

46

b) Die auf § 34 Abs. 1 und 2 BNatSchG gestützte Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des mit Verordnung vom 15. Dezember 2008 (GVBl für das Land Brandenburg Teil II 2009 S. 38) zum Landschaftsschutzgebiet erklärten Vogelschutzgebiets "Agrarlandschaft Prignitz-Stepenitz" (Art. 7 FFH-RL) begegnet ebenfalls keinen Bedenken.

47

Die bau-, anlage- und betriebsbedingten Wirkungen des Vorhabens auf die nach der Verordnung als Brut-, Nahrungs- und Rastgebiete bestimmter Vogelarten geschützten Lebensräume insbesondere durch Flächeninanspruchnahmen, Lärmimmissionen und optische Störungen sind untersucht und bezogen auf die jeweilige Vogelart bewertet worden. Die Verträglichkeitsprüfung gelangt zu dem Ergebnis, dass der Neubau der A 14 unter Berücksichtigung des vorgesehenen Schutzkonzeptes zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele führe. Dies gelte auch für den Ortolan. Für diese Art könne zwar allein durch die in die Planung integrierten Schadensbegrenzungsmaßnahmen und die vorgesehenen bautechnischen und bauzeitlichen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen eine erhebliche Beeinträchtigung des Erhaltungszustands der Art nicht ausgeschlossen werden. Durch die mit dem Maßnahmenblatt A9(M)ASB zusätzlich angeordnete Anlage und dauerhafte Bewirtschaftung von Ackerstreifen entlang von Gehölzstrukturen mit potentieller Eignung als Teilhabitat des Ortolans könnten die Beeinträchtigungen aber auf ein nicht erhebliches Maß gesenkt werden. Diese Einschätzung ist weder hinsichtlich des rechtlichen Maßstabs für die Feststellung der Verträglichkeit noch in der Sache zu beanstanden.

48

Der Kritik des Klägers, in der Verträglichkeitsprüfung hätten neben der Bestandserfassung aus dem Jahr 2010 auch die Ergebnisse der 2005 durchgeführten Kartierung des Ortolans berücksichtigt werden müssen, ist der Beklagte in der mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis entgegengetreten, die Kartierung 2005 sei von der Naturschutzfachbehörde als methodisch fehlerhaft und veraltet kritisiert worden, weshalb 2010 eine neue Kartierung mit der empfohlenen Methodik durchgeführt worden sei. Es habe daher kein Anlass bestanden, abweichend vom Ergebnis der aktuellen, besten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechenden Bestandserfassung zusätzlich auf ältere Daten zurückzugreifen. Auch die Kritik des Klägers an dem Schutz- und Kompensationsmaßnahmenkonzept zugunsten des Ortolans ist der Beklagte in seiner Klageerwiderung in allen Punkten überzeugend entgegengetreten. Er hat im Einzelnen dargelegt, dass das Konzept auf den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen zu den Habitatpräferenzen des Ortolans in der Prignitz beruhe und Lage und Größe der zur ortolangerechten Bewirtschaftung vorgesehenen Ackerflächen sowie die für diese Flächen vorgesehenen Bewirtschaftungsbeschränkungen vollumfänglich den Empfehlungen dieser Untersuchungen entsprächen. Dem ist der Kläger weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten.

49

Hinsichtlich der in der Verträglichkeitsprüfung wegen noch fehlender aussagekräftiger Unterlagen unberücksichtigt gebliebenen möglichen kumulativen Beeinträchtigungen für den Ortolan durch eine am Ortsrand der Stadt Putlitz geplante Biogasanlage hat der Beklagte klargestellt, dass bereits im Jahr 2010 durch die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Putlitz beschlossen worden ist, die Bebauungsplanung für das Projekt nicht weiter zu verfolgen.

50

Schließlich kann der Kläger auch mit seiner Rüge, die Feldlerche und weitere Vogelarten hätten bei den in § 3 der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Agrarlandschaft Prignitz-Stepenitz" (a.a.O.) genannten Arten aufgeführt werden müssen, keinen Erfolg haben, da er keine besonderen Umstände aufzeigt, die die Vermutung der Sachgerechtigkeit der Auswahl der wertgebenden Avifauna nach Abschluss des Melde- und Gebietsausweisungsverfahrens in Frage stellen könnten (vgl. zur Gebietsauswahl und -abgrenzung von Vogelschutzgebieten Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 20 f. = Buchholz 406.400 § 42 BNatSchG 2002 Nr. 1; Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 33 Rn. 16).

51

c) Soweit die Verträglichkeitsprüfung für das von dem Vorhaben nicht unmittelbar berührte EU-Vogelschutzgebiet "Unteres Elbtal" nach einer Vorprüfung bau-, anlage- oder betriebsbedingte erhebliche Beeinträchtigungen der im Standard-Datenbogen aufgeführten Vögel nach Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 20 S. 7 - Vogelschutz-RL) sowie der Zugvögel nach Art. 4 Abs. 2 Vogelschutz-RL verneint, greifen die dagegen erhobenen Einwendungen des Klägers nicht durch.

52

aa) Für Vogelschutzgebiete, die noch nicht nach § 32 Abs. 2 BNatSchG zu besonderen Schutzgebieten im Sinne von Art. 7 FFH-RL erklärt worden sind, beurteilt sich die Rechtmäßigkeit von Planfeststellungsbeschlüssen nach Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-RL und nicht nach dem weniger strengen Regime, das Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL und die seiner Umsetzung dienende Vorschrift des § 34 BNatSchG errichten (vgl. Urteil vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <282 >). Nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-RL treffen die Mitgliedstaaten in den Schutzgebieten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzung dieses Artikels erheblich auswirken, zu vermeiden. Mit diesen Anforderungen erschöpft sich Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-RL nicht in der Normierung einer Dauerpflicht, sondern bildet zugleich den Maßstab für die Zulässigkeit von Infrastrukturvorhaben im Einzelfall vergleichbar dem Zulassungstatbestand des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL (Urteil vom 1. April 2004 a.a.O. S. 289). Vorhaben dürfen nur zugelassen werden, wenn sie nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen und Störungen führen. Die Schwelle der Erheblichkeit ist dabei nicht erst dann erreicht, wenn die Verwirklichung von Erhaltungszielen unmöglich oder unwahrscheinlich gemacht wird. Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus Art. 3 und 4 Vogelschutz-RL bestehen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits, bevor eine Verringerung der Anzahl von Vögeln oder die konkrete Gefahr des Aussterbens einer geschützten Art nachgewiesen wird (EuGH, Urteil vom 2. August 1993 - Rs. C-355/90 - Slg. 1993 I-4272 Rn. 15).

53

Ohne Erfolg bleibt der Einwand des Klägers, die Verträglichkeitsprüfung habe diesen rechtlichen Maßstab verfehlt und ausschließlich auf das Schutzregime des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL abgestellt. Zwar trifft es zu, dass in der Vorprüfung bezüglich des EU-Vogelschutzgebiets "Unteres Elbtal" nicht ausdrücklich auf das strenge Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-RL Bezug genommen wird; dies allein lässt aber nicht den vom Kläger gezogenen Schluss zu. Die unterschiedliche rechtliche Stellung der beiden Gebiete wie auch die unterschiedlichen Schutzregimes sind bei der Verträglichkeitsprüfung erkannt worden, wie die ausdrückliche Erwähnung des Schutzregimewechsels für das Vogelschutzgebiet "Agrarlandschaft Prignitz-Stepenitz" in der Verträglichkeitsprüfung (Unterlage 12.4.2. S. 6, 7) und der Hinweis auf das lediglich faktische Vogelschutzgebiet "Unteres Elbtal" im Planfeststellungsbeschluss zeigen (S. 38).

54

bb) Bedenken gegen die der Vorprüfung zugrunde liegende Bestandserfassung bestehen nicht. Dem Vorwurf, die Ergebnisse der Kartierungen des Rotmilans sowie des Schwarz- und Mittelspechts aus den Jahren 2003 und 2009 seien unberücksichtigt geblieben, ist der Beklagte mit dem Hinweis entgegengetreten, dass 2010 auf Veranlassung der Naturschutzfachbehörde eine deutlich höheren methodischen Standards genügende Brutvogelkartierung durchgeführt worden sei, die die 2003 und 2009 nachgewiesenen Brutplätze nicht bestätigen konnte. Dass die Ackerlandschaft rund um Karstädt grundsätzlich als Habitat für den Rotmilan und die Spechtarten geeignet ist, stellt der Beklagte nicht in Frage, verneint aber eine Beeinträchtigung durch das Vorhaben mit Blick auf die große Entfernung der zuletzt kartierten Brutplätze von der geplanten Trasse und der Möglichkeit der Vogelarten, in trassenfernere Bereiche auszuweichen. Dies überzeugt.

55

cc) Auch die speziell zum Rotmilan erhobenen weiteren Rügen des Klägers ändern an der Beurteilung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen nichts. Mit der in dem Maßnahmenblatt E13ASB festgesetzten Extensivierungsmaßnahme einer insgesamt 54,5 ha großen Fläche wird für den Rotmilan trassenfern ein attraktives Nahrungshabitat geschaffen bzw. die vorhandene Fläche aufgewertet. Der Kritik des Klägers, die vorgesehene Schaffung von Feuchtgrünland führe allenfalls zu einer marginalen Verbesserung des Nahrungsangebotes für den Rotmilan, ist der Gutachter Dr. L. in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten. Es sei nur eine Wiedervernässung eines Teils der Fläche zur Stärkung des lokalen Wasser- und Bodenhaushalts vorgesehen, die weder zu großflächigen Staubildungen führen noch die landwirtschaftliche Nutzung der Wiesen beeinträchtigen werde. Der Rotmilan, der aufgrund seines Jagdverhaltens freie Sicht bis in die Bodenschicht brauche, bejage Wiesen ohnehin nur 2 - 3 Wochen nach der Mahd. In der übrigen Zeit bejage er seine bevorzugte Beute (Mäuse) in der Ackerlandschaft und jeder anderen freie Sicht gewährenden Struktur.

56

Es bestehen nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Rotmilan keinem erhöhten Kollisionsrisiko ausgesetzt sein wird. Der Gutachter Dr. L. hat unter Berücksichtigung des artspezifischen Verhaltens des Rotmilans, der landschaftsbezogenen Faktoren und der Projektmerkmale dargelegt, dass der Rotmilan durch die geplante Trasse nicht erheblich gefährdet werden wird. Die normale Flughöhe, insbesondere beim Suchflug während der Jagd, liege zwischen 10 und 50 m, niedrigere Flughöhen seien Ausreißer. Um Beute zu greifen, stürze sich der Rotmilan fast senkrecht hinab und fliege unmittelbar nach der Ergreifung des Beutetiers wieder weg. Die Gefährdung durch den Straßenverkehr korreliere mit dem Nahrungsangebot, wie die hohen Rotmilanverluste in Spanien zeigten. Dort sei das Nahrungsangebot schlecht, weshalb die Rotmilane während ihres Aufenthalts dort verstärkt Aas von der Straße aufnähmen. In der Prignitz herrsche dagegen ein gutes Nahrungsangebot, das durch die festgesetzte Maßnahme E13ASB trassenfern noch verbessert werde. Durch die im Maßnahmenblatt G1/V(M)ASB vorgesehene und im Erläuterungsbericht zum Landschaftspflegerischen Begleitplan (LPB) näher beschriebene mäusefeindliche Gestaltung der Mittelstreifen der Autobahn und der Bankette sowie die gezielte Bewirtschaftung der Trassenböschung und -begleitflächen mit langgrasigem Bewuchs und hochwüchsigen Strukturen (G2, G3/A), die die Sicht auf mögliche Beutetiere erschwerten, würden Fallensituationen gezielt reduziert.

57

Diese Ausführungen stehen in Übereinstimmung mit der vom Beklagten mit der Klageerwiderung vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Kieler Instituts für Landschaftsökologie. Darin wird zwar die Aussage des Klägers bestätigt, dass der Rotmilan aktiv Straßen anfliege, um dort nach Nahrung zu suchen und deshalb grundsätzlich ein erhöhtes Kollisionsrisiko in Betracht zu ziehen sei. Gleichzeitig wird die Notwendigkeit der Bewertung der strukturellen Raumausstattung und der vorgesehenen Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen betont und aufgrund des Jagdverhaltens eine erhöhte Gefährdung durch den Straßenverkehr verneint. Vor diesem Hintergrund ist der Hinweis des Klägers auf 25 im Laufe von 20 Jahren dokumentierte Totfunde entlang eines Abschnitts des Berliner Rings nicht geeignet, Zweifel daran zu wecken, dass erhebliche Beeinträchtigungen des Rotmilans durch das streitgegenständliche Vorhaben nicht auftreten werden. Dass der Berliner Ring allein von der Verkehrsbelegung her in keiner Weise mit dem streitgegenständlichen Vorhaben vergleichbar ist, sei nur ergänzend erwähnt.

58

4. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht gegen Regelungen des Artenschutzes und der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung.

59

a) Die Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch die Planfeststellungsbehörde beruht auf einer ordnungsgemäßen Bestandserfassung.

60

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Prüfung, ob einem Planvorhaben artenschutzrechtliche Verbote nach § 44 BNatSchG entgegenstehen, eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus, wobei ihr sowohl bei der ökologischen Bestandsaufnahme als auch bei deren Bewertung, namentlich bei der Quantifizierung möglicher Betroffenheiten, eine Einschätzungsprärogative zukommt. Die gerichtliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob die Einschätzungen der Planfeststellungsbehörde im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem unzulänglichen oder gar ungeeigneten Bewertungsverfahren beruhen (vgl. zu den Anforderungen Urteile vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 66 f. m.w.N. und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 38). Diesen Anforderungen werden die Untersuchungen der im Trassenbereich vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich der Verbote fallen, und ihrer Lebensräume gerecht.

61

aa) Der Kläger rügt allerdings nicht zu Unrecht, dass die faunistische Untersuchung zum Vorkommen des Eremiten im Bereich der VKE 1155 vom Oktober 2010 (Unterlage 12.0A) hinsichtlich des Untersuchungsgebiets und der angewandten Methodik nur sehr knappe und teilweise lückenhafte Angaben macht und die Ergebnisse der Erfassung missverständlich formuliert. Der Beklagte hat jedoch in der mündlichen Verhandlung die Angaben ergänzt, so dass für den Senat im Ergebnis keine Zweifel an einer ausreichenden Bestandserfassung und einer zutreffenden naturschutzfachlichen Bewertung bestehen. Danach hat der beauftragte Fachgutachter bei insgesamt fünf Begehungen im August 2010 nicht nur den Trassenbereich selbst, sondern darüber hinaus das gesamte Baufeld einschließlich der Nebenanlagen auf Vorkommen des Eremiten abgesucht. Bei allen in diesem Bereich vorhandenen Laub- und Nadelbäumen mit geeigneten Strukturen sind die Höhlen u.a. mit Hilfe von Leitern in Augenschein und der Mulmbereich untersucht worden. Eine 2012 durchgeführte gezielte Nachschau im Baufeld, bei der u.a. Hubfahrzeuge zum Einsatz gekommen sind, ist nach Angaben des Beklagten ebenfalls ohne Befund geblieben. Auch bei dem durch die Schutzmaßnahme S5ASB vorgeschriebenen Absuchen des Baufelds vor der Baufeldfreimachung seien keine Vorkommen festgestellt worden. Im Lichte dieser Erläuterungen erweist sich die Formulierung in der Untersuchung vom Oktober 2010, dass weder der Eremit nachgewiesen noch potentielle Lebensräume vorhanden seien, zwar als missverständlich, aber im Ergebnis nicht geeignet, die Methodik der Bestandserfassung in Zweifel zu ziehen. Feste methodische Standards für die Erfassung des Eremiten gibt es, wie der Gutachter des Beklagten, Dr. L., in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ohnehin noch nicht.

62

bb) Entgegen der Auffassung des Klägers sind die methodischen Standards und der Ermittlungsumfang zur Erfassung der Schmetterlingsarten Großer Feuerfalter und Nachtkerzenschwärmer ebenfalls nicht zu beanstanden.

63

Durch eine spezielle faunistische Kartierung sind die Verkehrskosteneinheiten 1153, 1154 und 1155 im Sommer 2010 auf Vorkommen der beiden Schmetterlingsarten des Anhangs IV der FFH-RL untersucht worden. Vorangegangen war eine Tagfalterkartierung im Jahre 2003, durch die keine Anhang IV-Arten nachgewiesen werden konnten. Die faunistische Untersuchung 2010 hat unter Berücksichtigung des Verbreitungsgebiets, der Raupenfutterpflanzen und der Lebensräume der Schmetterlinge in dem streitgegenständlichen Abschnitt lediglich drei geeignete Flächen für den Nachtkerzenschwärmer und eine für den Großen Feuerfalter identifiziert und näher untersucht. Hierbei wurde u.a. auf die im Rahmen der Umweltverträglichkeitsuntersuchung angefertigte Biotoptypenkartierung zurückgegriffen und Begehungen des Untersuchungsgebiets vorgenommen. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden.

64

Die vom Kläger gerügten unterschiedlichen Angaben hinsichtlich der Untersuchungsflächen im Artenschutzbeitrag und der faunistischen Untersuchung beruhen - wie der Beklagte eingeräumt hat - auf einer ungenauen Formulierung im Artenschutzbeitrag. Zu einem inhaltlichen Mangel der Bestandserfassung führt dies aber nicht. Insbesondere ist die kleine Zahl untersuchter Flächen im Gebiet der VKE 1155 für sich nicht geeignet, die fachwissenschaftliche Vertretbarkeit in Frage zu stellen. Lassen bereits die vorhandenen Vegetationsstrukturen sichere Schlüsse auf die faunistische Ausstattung des Lebensraums zu, so bedarf es keiner weiterführenden Untersuchungen "ins Blaue hinein" (Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 54). Auch durch den Einwand in der vom Kläger vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Dipl. Biol. Dr. K., die Suche nach Imagines des Großen Feuerfalters im Bereich der Futterpflanzen bringe meist keinen Erfolg, wird die methodische Vertretbarkeit der Bestandserfassung nicht in Frage gestellt. Gerade wegen der Schwierigkeiten, die oft in sehr geringer Populationsdichte auftretende Art tagsüber beim Blütenbesuch zu beobachten, sind in der Schmetterlingskartierung ergänzend die Raupenfutterpflanzen einbezogen und bei zwei Begehungen auf abgelegte Eier untersucht worden. Entgegen der Kritik von Dr. K. ist nicht nur der Flussampfer als geeignete Futterpflanze des Großen Feuerfalters untersucht worden. In der Kartierung findet sich lediglich der Hinweis darauf, dass die Populationen des Großen Feuerfalters in Nord-Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern bisher nur am Flussampfer beobachtet worden seien. Dass der erwähnte Gutachter des Klägers eine aufwändigere mehrjährige Untersuchung sowohl für den Großen Feuerfalter als auch für den Nachtkerzenschwärmer fordert, ist für sich genommen nicht geeignet, der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Untersuchung die fachwissenschaftliche Eignung abzusprechen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 66), zumal bereits die Untersuchung im Jahr 2003 ohne Nachweis der beiden Arten geblieben ist.

65

Die der faunistischen Kartierung zugrunde liegenden Erfassungszeiträume begegnen ebenfalls keinen fachlichen Bedenken. Der Gutachter des Klägers, dem zu dieser Frage hinsichtlich des Großen Feuerfalters in der mündlichen Verhandlung Schriftsatznachlass eingeräumt worden ist, bestätigt in seiner dem nachgelassenen Schriftsatz beigefügten Stellungnahme die Richtigkeit des Erfassungszeitraums für den Großen Feuerfalter ausdrücklich. Soweit er in dieser Stellungnahme seine Kritik erneuert, die Erfassung des Nachtkerzenschwärmers habe nach der Falterflug- und Raupenphase stattgefunden, hat der Gutachter des Beklagten dem entgegengehalten, die Erfassung zwischen dem 30. Juni und 7. Juli habe zwar nicht im Flugzeithöhepunkt, aber im erweiterten Erfassungszeitraum des Falters und der Puppe sowie im Kernerfassungszeitraum von Ei und Raupe gelegen. Die zweite Begehung am 24. August, bei der die Futterpflanzen nach Raupen abgesucht wurden, habe ebenfalls im erweiterten Erfassungszeitraum gelegen. Danach ist auch bezüglich des Erfassungszeitraums des Nachtkerzenschwärmers kein fachliches Defizit erkennbar, das die Verwertbarkeit der Bestandserfassung in Frage stellen könnte. Das gilt auch für die von den Gutachtern des Beklagten und des Klägers jeweils unterschiedlich beurteilte Frage, ob der Lichtfang eine geeignete Erfassungsmethode für den Nachtkerzenschwärmer darstellt. Auch insoweit ist nicht erkennbar, dass der Gutachter des Beklagten einen fachwissenschaftlich nicht zumindest vertretbaren Standpunkt einnimmt. Dies gilt entsprechend für die Bewertung einer möglichen Betroffenheit des in mehreren Kilometern von der geplanten Trasse nachgewiesenen Vorkommens des Großen Feuerfalters.

66

cc) Die Bestandserfassung der Libellen weist ebenfalls keinen Fehler auf. Dass der Meynbach am nördlichen Ende der Trasse ausgespart worden ist, hat der Beklagte mit der Berücksichtigung dieses Gebiets im Planfeststellungsverfahren zu der auf mecklenburgisch-vorpommerscher Seite liegenden VKE 6 gerechtfertigt. Der Gutachter des Beklagten, Dr. L., hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend dargelegt, dass alle für Libellen geeigneten Lebensräume im Trassenbereich ergebnislos auf Vorkommen europäisch geschützter Arten untersucht worden seien. Die abschließende Bewertung des Meynbachs habe daher dem Planfeststellungsbeschluss im Folgeabschnitt überlassen werden können.

67

b) Es ist nicht zu befürchten, dass durch das Vorhaben bau- oder betriebsbedingt der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. BNatSchG erfüllt wird.

68

Durch das aus zahlreichen unterschiedlichen Querungshilfen, Leit- und Sperreinrichtungen sowie Gestaltungsmaßnahmen bestehende Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses wird eine signifikante Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos ausgeschlossen. Das gilt namentlich für den Wolf. Abgesehen davon, dass territoriale Wölfe im Trassenbereich bisher nicht nachgewiesen worden sind und daher allenfalls mit durchziehenden Tieren zu rechnen ist, wird durch den vorgesehenen Wildschutzzaun ein Betreten der Trasse durch den Wolf wirksam verhindert. Soweit der Kläger zuletzt noch gerügt hat, dass in dem Bereich, in dem die bisherige B 5 in sehr geringem Abstand parallel zur Trasse der A 14 verläuft, ein erhöhtes Kollisionsrisiko trotz des stark zurückgehenden Verkehrsaufkommens auf der B 5 deshalb bestehe, weil der Wolf nach dem Überqueren der B 5 an dem Wildschutzzaun der A 14 umkehren und erneut die Trasse der B 5 queren werde, hat der Beklagte dem durch die Anordnung eines Wolfsmonitorings für den Bereich zwischen der bestehenden B 5 und der zu bauenden A 14 Rechnung getragen. Für den Fall, dass ein Wolfsvorkommen festgestellt wird, kommt die Einzäunung auch der B 5 als Schutzmaßnahme in Betracht.

69

Auch für den Fischotter und den Biber werden durch die vorgesehenen Schutzzäune - wie im Zusammenhang mit dem Habitatrecht dargelegt - Kollisionen mit Fahrzeugen auf der Autobahn verhindert.

70

Dass die Planfeststellungsbehörde den Tötungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für den Rotmilan angesichts des bereits im Zusammenhang mit dem Habitatrecht gewürdigten Flug- und Jagdverhaltens dieser Art in der Prignitz und der ebenfalls bereits erörterten Schutzmaßnahmen verneint hat, ist durch ihren naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum gedeckt.

71

c) Erhebliche Störungen, die den Erhaltungszustand der lokalen Population der Feldlerche verschlechtern könnten, § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG, treten nach der naturschutzfachlich vertretbaren Einschätzung des Beklagten nicht auf. Die Annahme des Artenschutzbeitrags, 36 von 78 im Abstand zwischen 100 und 500 m von der Trasse liegende Brutreviere der Feldlerche würden aufgrund ihrer optisch deutlich von der Trasse abgeschirmten Lage keinen artenschutzrechtlich relevanten Störungen ausgesetzt, entspricht dem aktuellen fachwissenschaftlichen Erkenntnisstand. In der von Garniel und Mierwald 2010 erstellten "Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr" weisen die Autoren darauf hin, dass die der Ermittlung der 78 betroffenen Brutreviere zugrunde liegende Standard-Prognose einen artspezifischen Orientierungswert bietet, der landschaftsspezifische Besonderheiten nicht berücksichtigt und deshalb zu einer Überschätzung des tatsächlichen Störpotentials führen könne. Abschirmwirkungen durch die Gestaltung der betroffenen Landschaft könnten dagegen durch eine vertiefte Raumanalyse erfasst werden. Für die Feldlerche zeigt die Arbeitshilfe sodann beispielhaft auf, wie sich das Störpotential einer gegenüber dem Brutplatz tieferliegenden Straße verringert (S. 47 f.). Diesem Ansatz ist der Beklagte gefolgt. Dem Einwand des Klägers, dass Feldlerchen bei ihrem Singflug auch größere Höhen als 50 m erreichen, sind die Gutachter des Beklagten, F. und Dr. L., in der mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis entgegengetreten, dass beim Übersteigen der mittleren Singhöhe die Wahrnehmung von Unruhe durch den Straßenverkehr für die Feldlerche entsprechend abnehme und deshalb der rechnerischen Ermittlung der Störwirkung die mittlere Singhöhe zugrunde gelegt werden durfte.

72

Auch die Rüge des Klägers, die im Maßnahmenblatt E13ASB vorgesehene Entwicklung eines struktur- und artenreichen Feuchtgrünlandkomplexes in der Löcknitzniederung als avifaunistischer Lebens- und Nahrungsraum sei für die Feldlerche nicht geeignet, greift nicht. Die Gutachter des Beklagten haben einleuchtend erläutert, dass die geplante Anhebung des Grundwasserstandes nicht zu großflächigen Stauungen führen werde und insbesondere während der Brutzeit der Feldlerche (Spätfrühjahr und Sommer) keinerlei Beeinträchtigungen durch Nässe zu befürchten seien.

73

d) Die Kritik des Klägers, die im Artenschutzbeitrag zur Bewältigung der Zugriffsverbote und der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung (§ 13 Satz 2, § 15 Abs. 2 BNatSchG) vorgesehenen Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen seien in zeitlicher Hinsicht zu unbestimmt, hat keinen Erfolg.

74

aa) Soweit in den als Anlage 1A zum LPB planfestgestellten Maßnahmenblättern in Übereinstimmung mit dem Erläuterungsbericht zum LPB davon die Rede ist, dass die vorgesehenen Maßnahmen unmittelbar nach Erlangung der planungsrechtlichen Genehmigung (Maßnahmenblätter V7/AASB, V10/AASB, V14/AASB, A7ASB, A8ASB, A9(M)ASB, A11ASB, A12ASB, E12ASB, E13ASB) umzusetzen sind, während im Erläuterungsbericht zum Artenschutzbeitrag im Hinblick auf eine rechtzeitige Funktionserfüllung verlangt wird, die betreffenden Maßnahmen "mindestens 1 Vegetationsperiode vor Baufeldräumung in den betroffenen Trassenabschnitten durchzuführen" (S. 24, 27), führt dies nicht zur mangelnden zeitlichen Festlegung des Durchführungszeitpunkts der Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen. Beide Maßgaben stehen nicht in Widerspruch zueinander, sondern in einem Verhältnis der Ergänzung. Die Maßnahmenblätter legen fest, wann mit der Umsetzung der dort als CEF-Maßnahmen bezeichneten Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen (vgl. zur Begrifflichkeit Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 98; und Lau, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2011, § 44 Rn. 42) begonnen werden darf und muss, während der Artenschutzbeitrag hiervon ausgehend für einige Maßnahmen den Mindestzeitraum festlegt, der einzuhalten ist, um die Funktionsfähigkeit der Maßnahme im Zeitpunkt der auszugleichenden Beeinträchtigung sicherzustellen. Das vom Kläger angesprochene Problem eines Vorrangs der Maßnahmenblätter gegenüber den Anforderungen im Artenschutzbeitrag stellt sich somit nicht.

75

Die Angabe des Artenschutzbeitrags, dass die Maßnahmen "mindestens 1 Vegetationsperiode vor Baufeldräumung" durchzuführen sind, ist auch hinreichend bestimmt. Das Bestimmtheitsgebot des § 37 VwVfG verlangt zum einen, dass der Adressat in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden Rechts (vgl. Urteil vom 18. April 1997 - BVerwG 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301 <317> = Buchholz 401.0 § 191 AO Nr. 7<13>). Mit der Festlegung eines Mindestzeitraums, der zwischen der Durchführung der Maßnahme und der Baufeldfreimachung liegen muss, trägt der Planfeststellungsbeschluss dem Umstand Rechnung, dass die individuenbezogenen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände eine Umsetzung der Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen ohne zeitliche Lücke zwischen Wirksamwerden der Maßnahme und Realisierung des Eingriffs, mithin als artenschutzrechtliche Vorabmaßnahmen erfordern (Urteil vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 65; Beschluss vom 30. März 2012 - BVerwG 9 VR 5.12 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 223 Rn. 7 f.).

76

Durch den Zusatz "mindestens" in den Maßnahmenblättern wird darüber hinaus deutlich gemacht, dass auch längere Zeiträume für die Herstellung der vollen Funktionalität im Zeitpunkt des Eingriffs in Betracht kommen können. Umgekehrt ist die Formulierung bei der gebotenen Auslegung anhand ihrer objektiven Erklärungsbedeutung, wie sie der Empfänger verstehen musste (stRspr, Urteil vom 2. September 1999 - BVerwG 2 C 22.98 - BVerwGE 109, 283 <286>), nicht so zu begreifen, dass unabhängig von der Art der Maßnahme immer mindestens eine Vegetationsperiode zwischen der Umsetzung der Maßnahme und dem Beginn der Baufeldfreimachung, die gemäß Maßnahmenblatt S3(M)ASB grundsätzlich nur im Zeitraum zwischen dem 1. Oktober und dem 28. Februar zulässig ist, liegen muss. Erreicht eine Maßnahme bereits in der Vegetationsperiode, in der sie umgesetzt wird, ihre volle Funktionalität, besteht keine naturschutzfachliche Erforderlichkeit, mit dem Baubeginn zuzuwarten.

77

Einer weitergehenden Festlegung des erforderlichen zeitlichen Vorlaufs bedurfte es im Planfeststellungsbeschluss nicht. Die Planfeststellungsbehörde hat sich zwar Gewissheit darüber zu verschaffen, dass für die durch das Vorhaben aufgeworfenen artenschutzrechtlichen Probleme geeignete Lösungen zur Verfügung stehen und muss sie im Planfeststellungsbeschluss verbindlich regeln. Einer genauen zeitlichen Festlegung des Umsetzungszeitpunkts für jede einzelne artenschutzrechtliche Schutz- und Ausgleichsmaßnahme bedarf es aber dann nicht, wenn auf andere Weise die vollständige Umsetzung und Funktionalität der Maßnahmen vor Baubeginn sichergestellt wird (vgl. zur technischen Ausführungsplanung Urteile vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 21, vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 97 und vom 5. März 1997 - BVerwG 11 A 5.96 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 44 S. 25 f.). Dies ist hier der Fall. Nach den Nebenbestimmungen im Planfeststellungsbeschluss zu Naturschutz und Landschaftspflege (S. 37) sind die zuständigen Naturschutzbehörden rechtzeitig vorher über den Baubeginn einschließlich der Baufeldfreimachung zu informieren. Vor Beginn der bauvorbereitenden Maßnahmen sind die im Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Informationen zu den betroffenen Nist-, Brut-, Ruhe- und Zufluchtstätten der geschützten Tierarten durch geeignete Personen zu überprüfen und zu aktualisieren. Durch eine naturschutzfachlich qualifizierte Baubetreuung ist sodann die vollständige Umsetzung der planfestgestellten Maßnahmen zu überwachen und sicherzustellen. Dies schließt die Prüfung ein, ob die jeweilige Maßnahme rechtzeitig vor der Baufeldfreimachung ihre volle Wirksamkeit erreicht hat.

78

Entgegen der Ansicht des Klägers kann diese Prüfung jeweils gesondert für den von der Maßnahme betroffenen Trassen- und Bauabschnitt vorgenommen werden. Dass bestimmte Konflikte entlang der ganzen Trasse auftreten, bedeutet nicht, dass die Baufeldfreimachung erst dann begonnen werden darf, wenn alle Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen erfolgreich umgesetzt wurden. Entscheidend ist allein, das in dem Bereich, in dem ein Baubeginn erfolgt, die für die Kompensation der Eingriffe in diesem räumlichen Umfeld erforderliche Maßnahme bereits wirksam geworden ist.

79

bb) Die zur Vermeidung von Zerschneidungswirkungen vorgesehenen Querungsbauwerke entsprechen den Anforderungen, die das Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ) vorsieht. Die Brücke über die Löcknitz wird durch eine Reduzierung der Höhe des Brückenüberbaus über 185 m von 197 m die nach den MAQ für Gewässer- und Wildunterführungen vorgeschriebene Mindesthöhe von 5 m erreichen und damit für alle Großsäuger mit Ausnahme des Rothirsches eine besonders großzügige Querungsmöglichkeit darstellen und den Biotopverbund zwischen den Gewässer- und Auensystemen von Elbe und Eder sicherstellen. Dass die Löcknitzbrücke nicht die für den Rothirsch erforderliche lichte Höhe von 10 m aufweist, ist entgegen der Auffassung des Klägers unbeachtlich. In dem zur Bewertung der Beeinträchtigungen der faunistischen Mobilität durch Zerschneidungseffekte eingeholten Fachgutachten der Universität Rostock (Anhang 1 des LPB) wird ausgeführt, dass kein Bewegungskorridor des Rothirsches der A 14 in der Löcknitzniederung verläuft, sondern weiter nordwestlich vor und hinter Garlin. Dort wird durch die 56 m breite Grünbrücke (BW 21Ü5) eine für den Rothirsch geeignete Querungsmöglichkeit geschaffen. Diese Brücke sichert auch für das Reh neben der Löcknitzniederung eine weitere Querungsmöglichkeit der Trasse. Der 20 m breiten Grünbrücke BW 21Ü1 kommt für das Reh und weitere Kleinsäuger nur zusätzliche Bedeutung zu, weshalb ihre Dimensionierung und ihr für das Reh und andere Tierarten nicht optimaler Standort keinen Bedenken begegnet.

80

e) Der Planfeststellungsbeschluss genügt den Anforderungen an die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (§§ 13 ff. BNatSchG) auch hinsichtlich der Trassendimensionierung.

81

Durch die Wahl des eigentlich nur für autobahnähnliche Straßen vorgesehenen kleinen Trassenquerschnitts RQ 28 ist in ausdrücklicher Abarbeitung des besonderen naturschutzfachlichen Planungsauftrags (PFB S. 83) der Forderung nach einer Minimierung des Flächenverbrauchs und einer Reduzierung der Eingriffe in Natur und Landschaft Rechnung getragen worden. Den Rügen des Klägers, die Dammhöhen insbesondere im Bereich des Bauwerks 20 (Überführungsbauwerk über die L 13n) seien nicht auf das absolut notwendige Maß reduziert worden und die Kompensation der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sei unzureichend, ist der Beklagte mit dem Hinweis auf die zur Unterführung von Wirtschaftswegen sowie aus habitat- und artenschutzrechtlichen Gesichtspunkten erforderliche lichte Höhe der Brücke über die Löcknitz und die bei einer kompletten Verschiebung des Kreuzungspunktes der A 14 mit der L 13n nach Süden stark erhöhte Flächenversiegelung überzeugend entgegengetreten.

82

Dass die vorgesehene Trasse im streitgegenständlichen Abschnitt über die beiden im Norden und Süden liegenden Anschlussstellen hinausreicht und "auf der grünen Wiese" endet, führt ebenfalls nicht zu einem vermeidbaren Eingriff im Sinne des § 13 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Der Beklagte hat die Fortführung über die Anschlussstellen hinaus sachlich mit der Verknüpfung des südlichen Abschnittsendes mit dem Ende der Einfädelungsspur der zum planfestgestellten Abschnitt gehörenden Anschlussstelle Karstädt und im Norden mit dem Anschluss an die Landesgrenze begründet. Eine abwägungsfehlerhafte Abschnittsbildung und ein im Sinne der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung vermeidbarer Eingriff läge daher nur dann vor, wenn die beiden "Stummelstrecken" aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses gebaut werden dürften, bevor ihnen eine (eigenständige) Verkehrsfunktion zukommt (vgl. zur Verkehrsfunktion bei der Abschnittsbildung Urteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <255> m.w.N.). Dies ist jedoch nicht der Fall. Durch die Vorbehaltsentscheidung im Planfeststellungsbeschluss (S. 54) wird sichergestellt, dass mit dem Bau der Trassenenden erst dann begonnen werden darf, wenn ein Planfeststellungsbeschluss für die jeweils anschließenden Verkehrskosteneinheiten ergangen und sofern und solange dieser auch vollziehbar ist. Soweit der Kläger rügt, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 25. Januar 1996 a.a.O. S. 256 und vom 7. März 1997 - BVerwG 4 C 10.96 - BVerwGE 104, 144 <152> ) sei es erforderlich, dass die Planfeststellungsbeschlüsse der Folgeabschnitte Bestandskraft erlangt haben, übersieht er, dass der erkennende Senat mit Blick auf die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Folgeabschnitte in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren überprüfen zu lassen, bereits im Beschluss vom 4. August 2004 - BVerwG 9 VR 13.04 - (Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 9 S. 2 ff.) hiervon abgerückt ist und die sofortige Vollziehbarkeit in den Fällen als ausreichende Verklammerung der angrenzenden Abschnitte hat genügen lassen, in denen der Gesetzgeber mit dem Ziel der beschleunigten Umsetzung der Vorhaben die sofortige Vollziehbarkeit der Planfeststellungsbeschlüsse als Regelfall vorsieht (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG, § 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG).

83

5. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet auch mit Blick auf die unterlassene Prüfung der Null-Variante nicht an einem Mangel der nach § 17 Satz 2 FStrG gebotenen Abwägung.

84

a) Das folgt allerdings nicht bereits daraus, dass das Vorhaben in dem gesetzlichen Bedarfsplan als Projekt des vordringlichen Bedarfs aufgenommen ist. Die Planfeststellungsbehörde ist trotz der verbindlichen Feststellung des Verkehrsbedarfs durch § 1 Abs. 2 FStrAbG verpflichtet zu prüfen, ob dem Vorhaben womöglich wegen der erst auf späteren Planungsstufen gewonnenen Erkenntnisse unüberwindliche Belange entgegenstehen, die dazu nötigen, letztlich doch von der Planung Abstand zu nehmen (vgl. Urteile vom 10. April 1997 - BVerwG 4 C 5.96 - BVerwGE 104, 236 <249 f.> und vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - juris Rn. 86 § 61 bnatschg 2002 nr. 5>). Die Aussage im Erläuterungsbericht, auf den der Planfeststellungsbeschluss insoweit vollinhaltlich Bezug nimmt (S. 86), die Null-Variante sei wegen der Aufnahme des Vorhabens in den vordringlichen Bedarf nicht zu prüfen, erweist sich somit als unzutreffend. Dies lässt jedoch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses im Übrigen nicht den Schluss zu, der Beklagte habe sich durch die gesetzliche Bedarfsfeststellung einer abwägenden Beurteilung der Frage enthoben gesehen, ob wegen sich erst im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens herausstellender unüberwindlicher Hindernisse auf das Projekt zu verzichten ist. Das Gegenteil folgt aus den Ausführungen zur Planrechtfertigung auf S. 82 des Planfeststellungsbeschlusses. Dort wird ausdrücklich hervorgehoben, die gesetzgeberische Bedarfsentscheidung verleihe den durch die Planung begünstigten Belangen besonderes Gewicht, diese Belange könnten aber dennoch durch Gegengründe, die ihrerseits über ein entsprechendes Gewicht verfügten, überwunden werden. Dass der Beklagte den Umweltbelangen angesichts des Ergebnisses der Verträglichkeitsprüfung kein solches Gewicht beigemessen hat, ist eine von seiner planerischen Gestaltungsfreiheit offensichtlich gedeckte Entscheidung.

85

b) Die Alternativenprüfung ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Ist dies geschehen, sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten erst dann erreicht, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (Urteile vom 25. Januar 1996 a.a.O. S. 249 f. und vom 20. Mai 1999 - BVerwG 4 A 12.98 - NVwZ 2000, 555 <556>). Läuft eine Variante auf ein anderes Projekt hinaus, kann von einer Alternative nicht mehr gesprochen werden (vgl. Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <13 f.> und vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <259 ff.>). So verhält es sich mit der vom Kläger favorisierten sogenannten "Null-Plus-Variante".

86

Diese Variante stellt bereits wegen des danach vorgesehenen Verzichts auf einen durchgängigen vierstreifigen und kreuzungsfreien Ausbau keine Alternative dar. Zwar sind gewisse Abstriche am Grad der Zielvollkommenheit als typische Folge des Gebots, Alternativen zu prüfen, hinzunehmen (Urteil vom 17. Mai 2002 a.a.O. S. 262). Die hier vorgeschlagene Alternative geht darüber aber erheblich hinaus. Dass mit einem Ausbau im Bestandsnetz und einer Abwicklung des Verkehrs auf einer zweistreifigen Bundesstraße hinsichtlich der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs sowie der Reisegeschwindigkeit nicht annähernd das gleiche Niveau erreicht werden kann, wie mit dem Bau einer kreuzungsfreien Autobahn, liegt auf der Hand und wird in der vom Kläger eingereichten Stellungnahme von Prof. B. vom Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr der TU Dresden vom 10. Juli 2005 bestätigt. Diese Stellungnahme kommt zu dem Ergebnis, dass eine Null-Plus-Variante nicht die Geschwindigkeiten bieten könne, wie eine neu trassierte Autobahn und sie - mit nachteiligen Wirkungen für die Bevölkerung - länger werden und stärker in das nachgeordnete Straßennetz eingreifen müsse.

87

Die Null-Plus-Variante hat aber jedenfalls deswegen ein anderes Verkehrsprojekt zum Gegenstand, weil nach der gesetzlichen Bedarfsplanung ein vierstreifiger Neubau vorgesehen ist. Die davon abweichende Null-Plus-Variante kann das mit dem Neubau verfolgte Ziel, das Autobahnnetz zwischen Magdeburg und Schwerin zu schließen und damit insbesondere eine schnelle und leistungsfähige Nord-Süd-Verbindung von Wismar und den Ostseehäfen über Magdeburg bis nach Dresden herzustellen, nicht erreichen. Auch das weitere Ziel, die Einbindung des Planungsraums der A 14 in das (internationale) Autobahnnetz zu verbessern und damit die Erreichbarkeitsdefizite zu verringern, könnte nicht oder nur in einer nicht vergleichbaren Weise erreicht werden. Dass der Kläger die Möglichkeiten, durch den geplanten Bau der A 14 die wirtschaftlichen Entwicklungsrückstände abzubauen, anders beurteilt als der Beklagte, ist - wie bereits im Zusammenhang mit der Planrechtfertigung erwähnt - nicht geeignet, die Entscheidung des Gesetzgebers in Frage zu stellen.

88

Auch mit der Rüge, im südlichen Bereich der Trasse hätte eine weitergehende Trassenbündelung erfolgen müssen, zeigt der Kläger einen Abwägungsfehler nicht auf. Der Beklagte ist dem Einwand überzeugend mit dem Hinweis entgegengetreten, dass die Trasse der A 14 zwischen dem Bahnhof Dergenthin und der Kreuzung der L 131 gebündelt mit der Bahnstrecke Berlin-Hannover verlaufe und anschließend in westliche Richtung schwenke, um die Siedlungsgebiete der Gemeinde Karstädt zu umgehen. Eine weitere Bündelung der Trasse im Siedlungsbereich sei wegen der damit einhergehenden Beeinträchtigungen dort wohnender Menschen nicht möglich. Dem ist der Kläger, der in seiner Stellungnahme vom 24. Juni 2009 selbst auf die Beeinträchtigung der Lebensqualität für Menschen durch das Vorhaben hingewiesen hat, nicht entgegengetreten.

89

6. Soweit der Kläger mit seinem zweiten Hilfsantrag eine Neubescheidung hinsichtlich der von ihm geforderten zusätzlichen Maßnahmen zum Schutz von Natur und Landschaft begehrt, muss ihm ebenfalls der Erfolg versagt bleiben. Wie sich aus dem oben Dargelegten ergibt, sind die angeordneten Schutzmaßnahmen nicht zu beanstanden.

(1) Der Planfeststellungsbeschluss nach § 35 Absatz 2 darf nur erlassen oder die Plangenehmigung nach § 35 Absatz 3 darf nur erteilt werden, wenn

1.
sichergestellt ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird, insbesondere
a)
keine Gefahren für die in § 15 Absatz 2 Satz 2 genannten Schutzgüter hervorgerufen werden können,
b)
Vorsorge gegen die Beeinträchtigungen der in § 15 Absatz 2 Satz 2 genannten Schutzgüter in erster Linie durch bauliche, betriebliche oder organisatorische Maßnahmen entsprechend dem Stand der Technik getroffen wird und
c)
Energie sparsam und effizient verwendet wird,
2.
keine Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betreibers oder der für die Errichtung, Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder für die Nachsorge der Deponie verantwortlichen Personen ergeben,
3.
die Personen im Sinne der Nummer 2 und das sonstige Personal über die für ihre Tätigkeit erforderliche Fach- und Sachkunde verfügen,
4.
keine nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines anderen zu erwarten sind und
5.
die für verbindlich erklärten Feststellungen eines Abfallwirtschaftsplans dem Vorhaben nicht entgegenstehen.

(2) Dem Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses oder der Erteilung einer Plangenehmigung stehen die in Absatz 1 Nummer 4 genannten nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines anderen nicht entgegen, wenn sie durch Auflagen oder Bedingungen verhütet oder ausgeglichen werden können oder der Betroffene den nachteiligen Wirkungen auf sein Recht nicht widerspricht. Absatz 1 Nummer 4 gilt nicht, wenn das Vorhaben dem Wohl der Allgemeinheit dient. Wird in diesem Fall der Planfeststellungsbeschluss erlassen, ist der Betroffene für den dadurch eingetretenen Vermögensnachteil in Geld zu entschädigen.

(3) Die zuständige Behörde soll verlangen, dass der Betreiber einer Deponie für die Rekultivierung sowie zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nach Stilllegung der Anlage Sicherheit im Sinne von § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs leistet oder ein gleichwertiges Sicherungsmittel erbringt.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss und die Plangenehmigung nach Absatz 1 können von Bedingungen abhängig gemacht, mit Auflagen verbunden und befristet werden, soweit dies zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit erforderlich ist. Die zuständige Behörde überprüft regelmäßig sowie aus besonderem Anlass, ob der Planfeststellungsbeschluss und die Plangenehmigung nach Absatz 1 dem neuesten Stand der in Absatz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 genannten Anforderungen entsprechen. Die Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen über Anforderungen an die Deponie oder ihren Betrieb ist auch nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses oder nach der Erteilung der Plangenehmigung zulässig. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, wann die zuständige Behörde Überprüfungen vorzunehmen und die in Satz 3 genannten Auflagen zu erlassen hat.

(1) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, sind verpflichtet, diese zu beseitigen, soweit in § 17 nichts anderes bestimmt ist. Durch die Behandlung von Abfällen sind deren Menge und Schädlichkeit zu vermindern. Energie oder Abfälle, die bei der Beseitigung anfallen, sind hochwertig zu nutzen; § 8 Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Abfälle sind so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Eine Beeinträchtigung liegt insbesondere dann vor, wenn

1.
die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt wird,
2.
Tiere oder Pflanzen gefährdet werden,
3.
Gewässer oder Böden schädlich beeinflusst werden,
4.
schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Lärm herbeigeführt werden,
5.
die Ziele oder Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung nicht beachtet oder die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege sowie des Städtebaus nicht berücksichtigt werden oder
6.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung in sonstiger Weise gefährdet oder gestört wird.

(3) Soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich ist, sind Abfälle zur Beseitigung getrennt zu sammeln und zu behandeln. § 9 Absatz 2 und 3 und § 9a gelten entsprechend.

(4) Die Ablagerung von Siedlungsabfällen auf Deponien darf spätestens ab dem 1. Januar 2035 höchstens 10 Gewichtsprozent des gesamten Siedlungsabfallaufkommens betragen.

(1) Die Länder stellen für ihr Gebiet Abfallwirtschaftspläne nach überörtlichen Gesichtspunkten auf. Die Abfallwirtschaftspläne stellen Folgendes dar:

1.
die Ziele der Abfallvermeidung, der Abfallverwertung, insbesondere der Vorbereitung zur Wiederverwendung und des Recyclings, sowie der Abfallbeseitigung,
2.
die getroffenen Maßnahmen zur Abfallvermeidung und die bestehende Situation der Abfallbewirtschaftung,
3.
die erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Abfallverwertung und Abfallbeseitigung einschließlich einer Bewertung ihrer Eignung zur Zielerreichung sowie
4.
die Abfallentsorgungsanlagen, die zur Sicherung der Beseitigung von Abfällen sowie der Verwertung von gemischten Abfällen aus privaten Haushaltungen einschließlich solcher, die dabei auch in anderen Herkunftsbereichen gesammelt werden, im Inland erforderlich sind.
Die Abfallwirtschaftspläne weisen Folgendes aus:
1.
die zugelassenen Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des Satzes 2 Nummer 4 sowie
2.
die Flächen, die für Deponien, für sonstige Abfallbeseitigungsanlagen sowie für Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des Satzes 2 Nummer 4 geeignet sind.
Die Abfallwirtschaftspläne können ferner bestimmen, welcher Entsorgungsträger vorgesehen ist und welcher Abfallentsorgungsanlage im Sinne des Satzes 2 Nummer 4 sich die Entsorgungspflichtigen zu bedienen haben.

(2) Bei der Darstellung des Bedarfs sind zukünftige, innerhalb eines Zeitraums von mindestens zehn Jahren zu erwartende Entwicklungen zu berücksichtigen. Soweit dies zur Darstellung des Bedarfs erforderlich ist, sind Abfallwirtschaftskonzepte und Abfallbilanzen auszuwerten.

(3) Eine Fläche kann als geeignet im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 Nummer 2 angesehen werden, wenn ihre Lage, Größe und Beschaffenheit im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung mit den abfallwirtschaftlichen Zielsetzungen im Plangebiet übereinstimmen und Belange des Wohls der Allgemeinheit der Eignung der Fläche nicht offensichtlich entgegenstehen. Die Flächenausweisung nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 ist keine Voraussetzung für die Planfeststellung oder Genehmigung der in § 35 aufgeführten Abfallbeseitigungsanlagen.

(4) Die Ausweisungen im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 Nummer 2 und Satz 4 können für die Entsorgungspflichtigen für verbindlich erklärt werden.

(5) Bei der Abfallwirtschaftsplanung sind die Ziele der Raumordnung zu beachten und die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen. § 7 Absatz 4 des Raumordnungsgesetzes bleibt unberührt.

(6) Die Abfallwirtschaftspläne enthalten mindestens

1.
Angaben über Art, Menge und Herkunft der im Gebiet erzeugten Abfälle und der Abfälle, die voraussichtlich aus dem oder in das deutsche Hoheitsgebiet verbracht werden, sowie eine Abschätzung der zukünftigen Entwicklung der Abfallströme,
2.
Angaben über
a)
bestehende Abfallsammelsysteme und bedeutende Beseitigungs- und Verwertungsanlagen, einschließlich spezieller Vorkehrungen für Altöl, für gefährliche Abfälle und für Abfälle, die erhebliche Mengen kritischer Rohstoffe enthalten, oder
b)
Abfallströme, für die besondere Bestimmungen nach diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Rechtsverordnungen gelten,
c)
Abfallströme, für die besondere Gesetze über das Inverkehrbringen und die Rücknahme bestimmter Abfallströme oder auf Grund dieser Gesetze erlassener Rechtsverordnungen gelten,
3.
eine Beurteilung der Notwendigkeit der Stilllegung bestehender oder der Errichtung zusätzlicher Abfallentsorgungsanlagen nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 1; die Länder stellen sicher, dass die Investitionen und andere Finanzmittel, auch für die zuständigen Behörden, bewertet werden, die für die im Einklang mit dem ersten Halbsatz ermittelten notwendigen Maßnahmen benötigt werden; die Bewertung wird in die entsprechenden Abfallwirtschaftspläne oder andere für das jeweilige Land geltende strategische Dokumente aufgenommen,
4.
Informationen über die Maßnahmen zur Erreichung der Zielvorgaben entsprechend Artikel 5 Absatz 3a der Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien (ABl. L 182 vom 16.7.1999, S. 1), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2018/850 (ABl. L 150 vom 14.6.2018, S. 100) geändert worden ist, oder die in anderen für das jeweilige Land geltenden strategischen Dokumenten festgelegt sind,
5.
eine Beurteilung
a)
der bestehenden Abfallsammelsysteme, einschließlich der Abfälle, die getrennt gesammelt werden, der geografischen Gebiete, in denen die getrennte Sammlung erfolgt, und der Maßnahmen zur Verbesserung der getrennten Sammlung,
b)
der Darlegung der Voraussetzungen nach § 9 Absatz 3, sofern keine getrennte Sammlung erfolgt, und
c)
der Notwendigkeit neuer Sammelsysteme,
6.
ausreichende Informationen über die Ansiedlungskriterien zur Standortbestimmung und über die Kapazität künftiger Beseitigungsanlagen oder bedeutender Verwertungsanlagen,
7.
allgemeine Abfallbewirtschaftungsstrategien, einschließlich geplanter Abfallbewirtschaftungstechnologien und -verfahren, oder Strategien für Abfälle, die besondere Bewirtschaftungsprobleme aufwerfen,
8.
Maßnahmen zur Bekämpfung und Verhinderung jeglicher Form von Vermüllung sowie zur Reinigung der Umwelt von Abfällen jeder Art,
9.
geeignete qualitative und quantitative Indikatoren und Zielvorgaben, auch in Bezug auf
a)
die Menge des anfallenden Abfalls und seine Behandlung und
b)
die Siedlungsabfälle, die energetisch verwertet oder beseitigt werden,
10.
Maßnahmen, die zur Umsetzung der Artikel 4 bis 10 der Richtlinie (EU) 2019/904 getroffen wurden.

(7) Abfallwirtschaftspläne können weiterhin enthalten

1.
Angaben über organisatorische Aspekte der Abfallbewirtschaftung, einschließlich einer Beschreibung der Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen öffentlichen und privaten Akteuren, die die Abfallbewirtschaftung durchführen,
2.
eine Bewertung von Nutzen und Eignung des Einsatzes wirtschaftlicher und anderer Instrumente zur Bewältigung verschiedener Abfallprobleme unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts aufrechtzuerhalten,
3.
den Einsatz von Sensibilisierungskampagnen sowie Informationen für die Öffentlichkeit oder eine bestimmte Verbrauchergruppe,
4.
Angaben über geschlossene kontaminierte Abfallbeseitigungsstandorte und Maßnahmen für deren Sanierung.

(1) Die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling von Siedlungsabfällen sollen betragen:

1.
spätestens ab dem 1. Januar 2020 insgesamt mindestens 50 Gewichtsprozent,
2.
spätestens ab dem 1. Januar 2025 insgesamt mindestens 55 Gewichtsprozent,
3.
spätestens ab dem 1. Januar 2030 insgesamt mindestens 60 Gewichtsprozent und
4.
spätestens ab dem 1. Januar 2035 insgesamt mindestens 65 Gewichtsprozent.

(2) Die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die sonstige stoffliche Verwertung von nicht gefährlichen Bau- und Abbruchabfällen mit Ausnahme von in der Natur vorkommenden Materialien, die in der Anlage zur Abfallverzeichnisverordnung mit dem Abfallschlüssel 17 05 04 gekennzeichnet sind, sollen spätestens ab dem 1. Januar 2020 mindestens 70 Gewichtsprozent betragen.

(1) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 bis 11 zu verwerten oder nach Maßgabe der §§ 15 und 16 zu beseitigen. Werden Abfälle zur Beseitigung überlassen, weil die Pflicht zur Verwertung aus den in § 7 Absatz 4 genannten Gründen nicht erfüllt werden muss, sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Verwertung verpflichtet, soweit bei ihnen diese Gründe nicht vorliegen.

(2) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind verpflichtet, folgende in ihrem Gebiet in privaten Haushaltungen angefallenen und überlassenen Abfälle getrennt zu sammeln:

1.
Bioabfälle; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend,
2.
Kunststoffabfälle; § 9 gilt entsprechend,
3.
Metallabfälle; § 9 gilt entsprechend,
4.
Papierabfälle; § 9 gilt entsprechend,
5.
Glas; § 9 Absatz 1 und 3 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 4 gilt entsprechend,
6.
Textilabfälle; § 9 gilt entsprechend,
7.
Sperrmüll; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sammeln Sperrmüll in einer Weise, welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht und
8.
gefährliche Abfälle; die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stellen sicher, dass sich die gefährlichen Abfälle bei der Sammlung nicht mit anderen Abfällen vermischen.
Die Verpflichtung zur getrennten Sammlung von Textilabfällen nach Satz 1 Nummer 6 gilt ab dem 1. Januar 2025.

(3) Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können mit Zustimmung der zuständigen Behörde Abfälle von der Entsorgung ausschließen, soweit diese der Rücknahmepflicht auf Grund einer nach § 25 erlassenen Rechtsverordnung oder auf Grund eines Gesetzes unterliegen und entsprechende Rücknahmeeinrichtungen tatsächlich zur Verfügung stehen. Satz 1 gilt auch für Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, soweit diese nach Art, Menge oder Beschaffenheit nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen entsorgt werden können oder die Sicherheit der umweltverträglichen Beseitigung im Einklang mit den Abfallwirtschaftsplänen der Länder durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder Dritten gewährleistet ist. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können den Ausschluss von der Entsorgung nach den Sätzen 1 und 2 mit Zustimmung der zuständigen Behörde widerrufen, soweit die dort genannten Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht mehr vorliegen.

(4) Die Pflichten nach Absatz 1 gelten auch für Kraftfahrzeuge oder Anhänger ohne gültige amtliche Kennzeichen, wenn diese

1.
auf öffentlichen Flächen oder außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile abgestellt sind,
2.
keine Anhaltspunkte für deren Entwendung oder bestimmungsgemäße Nutzung bestehen sowie
3.
nicht innerhalb eines Monats nach einer am Fahrzeug angebrachten, deutlich sichtbaren Aufforderung entfernt worden sind.

Gründe

I.

1

Die Kläger wenden sich gegen Planfeststellungsbeschlüsse für den viergleisigen Ausbau der bislang zweigleisigen Eisenbahnstrecke 3900 auf dem Gebiet der Stadt Frankfurt am Main im Zuge des Gesamtprojekts des Ausbaus zwischen Friedberg und Frankfurt-West. Sie sind Eigentümer von bzw. Erbbauberechtigte an Grundstücken entlang dieses Ausbauabschnitts, die durch das Planvorhaben zum Teil in Anspruch genommen werden sollen.

2

Auf den Antrag der beigeladenen Vorhabenträgerin stellte das Eisenbahn-Bundesamt nach Durchführung zweier Offenlegungen mit Beschluss vom 6. Mai 2004 den Plan fest. Nicht berücksichtigte Einwendungen der Kläger gegen das Vorhaben wurden zurückgewiesen. Der Beigeladenen wurde gemäß § 74 Abs. 3 VwVfG aufgegeben, zur Vermeidung nachteiliger Folgen für die Natur bis zum 30. Juni 2005 planergänzende Unterlagen zu naturschutzrechtlichen Maßnahmen vorzulegen. Gegen diesen Beschluss erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgerichtshof.

3

Mit Schreiben vom 19. Juni 2006 beantragte die Beigeladene eine Änderung des festgestellten Plans gemäß § 76 Abs. 1 VwVfG im Hinblick auf eine nunmehr vorliegende neue Verkehrsprognose auf der Grundlage des Bundesverkehrswegeplans 2003 und sich hieraus ergebende Änderungen für die Lärmprognose und das Lärmschutzkonzept, Ergänzungen zum Artenschutz und die Auflösung des naturschutzrechtlichen Vorbehalts. Nach Durchführung der öffentlichen Auslegung stellte das Eisenbahn-Bundesamt mit Beschluss vom 23. Juni 2009 die Planänderung betreffend die Anpassung der Schallschutzmaßnahmen sowie die Auflösung des Vorbehalts aus dem Planfeststellungsbeschluss vom 6. Mai 2004 zur vollständigen Kompensation des naturschutzrechtlichen Defizits fest. Die Einwendungen der Kläger wurden zurückgewiesen, soweit ihnen nicht entsprochen wurde. Auch hiergegen erhoben die Kläger Klage mit dem zuletzt gestellten Antrag, den Planfeststellungsbeschluss vom 6. Mai 2004 in der Fassung des Änderungsbeschlusses vom 23. Juni 2009 aufzuheben, hilfsweise eine Planergänzung bzw. ein ergänzendes Verfahren nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts durchzuführen, hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, dass bezüglich des Schutzes vor erheblichen Belästigungen durch Immissionen gemäß § 41 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 3 BImSchG strikt das Vermeidungsgebot beachtet wird und als Schutzmaßnahmen ausschließlich trassenbezogene bauliche Schutzmaßnahmen oder betriebsregelnde Maßnahmen ergriffen bzw. festgesetzt werden, soweit es Immissionen betrifft, bei den Berechnungen den Schienenbonus nicht in Ansatz zu bringen und höchst hilfsweise, die Beklagte zu Entschädigungsleistungen zu verpflichten.

4

Aufgrund mündlicher Verhandlung, in der die Beklagte verschiedene Änderungen an den angefochtenen Beschlüssen erklärt und namentlich die Nebenbestimmungen zum Erschütterungsschutz aufgehoben hatte, wies der Verwaltungsgerichtshof die Klage ab. Die Kläger könnten die Planaufhebung nicht beanspruchen, weil sie - bis auf den Kläger zu 11 - bezüglich der überwiegenden Zahl ihrer Einwendungen bereits präkludiert seien und zudem die angefochtenen Planfeststellungsbeschlüsse weder an Verfahrens- noch an materiellen Fehlern litten, die zu ihrer Aufhebung führten. Auch die auf Planergänzung gerichteten Anträge könnten keinen Erfolg haben, soweit nicht die Beklagte bereits zu Protokoll des Gerichts in der mündlichen Verhandlung Planergänzungen zugesagt habe. Insbesondere sei der Aspekt des Lärmschutzes in der Abwägung der Planfeststellungsbehörde mit keinem Fehler behaftet, der zur Aufhebung oder zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen müsse.

5

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.

II.

6

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet. Teilweise genügt sie schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, teilweise - nämlich hinsichtlich der Fragen zur Belastung durch Erschütterungen und sekundären Luftschall - geht sie angesichts der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärung von vornherein ins Leere (siehe unten 2.b); im Übrigen dringt sie in der Sache nicht durch.

7

1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Dem wird das Vorbringen der Kläger nicht gerecht.

8

a) Die Kläger geben - insoweit im Stil einer Berufungsbegründung - große Teile ihres erstinstanzlichen Vortrags wieder und stellen dem die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs gegenüber, der hieraus nicht die den Klägern - wie von diesen als rechtlich geboten erachtet - günstigen Schlüsse gezogen hat. Damit wird indessen weder ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs noch eine als Verfahrensfehler rügefähige Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes dargetan.

9

aa) (Angebliche) Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts, die dem Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO genügen muss, sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Eine Ausnahme kommt bei einer selektiven oder aktenwidrigen Beweiswürdigung, bei einem Verstoß gegen Denkgesetze oder einer sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht. Eine Aktenwidrigkeit der tatsächlichen Feststellungen liegt vor, wenn zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Akten ein offensichtlicher Widerspruch besteht. Dazu muss der Beschwerdeführer die konkreten Textstellen aus dem vorinstanzlichen Verfahren bezeichnen, aus denen sich der Widerspruch ergeben soll. Das leisten die Kläger nicht. Denn ihrem Vortrag ist lediglich zu entnehmen, dass sie vor dem Hintergrund ihres umfangreichen Vorbringens die rechtliche Würdigung durch den Verwaltungsgerichtshof sowohl im Ergebnis als auch in einer Vielzahl entscheidungserheblicher Fragestellungen für unzutreffend halten. Konkrete Widersprüche zum Akteninhalt zeigen sie demgegenüber nicht auf. Sofern die Kläger vermeintlich widersprüchliche Rechtsausführungen beanstanden, fehlt jeglicher Bezug zum Verfahrensrecht.

10

bb) Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die für die Entscheidung erheblichen Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Daraus folgt aber keine Verpflichtung des Gerichts, jeglichen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht ein bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Hierfür ist nichts ersichtlich. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich vielmehr mit den Ausführungen der Kläger auseinandergesetzt und ist - soweit dies in der Sache erforderlich war - in angemessenem Umfang auf deren Argumentation eingegangen. Letztlich wenden sich die Kläger dagegen, dass der Verwaltungsgerichtshof ihre Auffassung zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Beschlüsse nicht geteilt hat. Aus Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO folgt jedoch keine Verpflichtung der Gerichte, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen.

11

b) Auch mit dem weiteren Vorbringen ist ein Gehörsverstoß nicht dargetan.

12

Eine Überraschungsentscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof nicht getroffen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs gebietet, dass die Beteiligten Gelegenheit erhalten, sich zu allen entscheidungserheblichen Rechtsfragen sachgemäß, zweckentsprechend und erschöpfend erklären zu können. Daraus folgt allerdings nicht, dass das Tatsachengericht verpflichtet ist, die Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen und offenzulegen, wie es eine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt. Eine Ausnahme hiervon gilt dann, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt oder eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellen will, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die Beschwerdeführer zeigen nicht auf, an welcher Stelle der Verwaltungsgerichtshof sein Urteil auf Gesichtspunkte stützt, die im gerichtlichen Verfahren überhaupt nicht - auch nicht schriftsätzlich - angesprochen worden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Frage in der mündlichen Verhandlung angesprochen worden ist oder nicht. Denn die Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Schreiben des Berichterstatters vom 13. Mai 2011 hatte keine Hinweispflicht zur Folge; es weist auf ein zentrales Rechtsproblem lediglich hin, ohne indessen eine irgendwie geartete Festlegung zu enthalten. Soweit, was die Beklagte allerdings bestreitet, eine vom Planvorhaben unabhängige Lärmsanierung auch in der mündlichen Verhandlung nicht angesprochen worden sein sollte, so wäre ein diesbezüglicher Gehörsverstoß unerheblich, da die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs auf den diesbezüglichen Feststellungen nicht beruht.

13

Soweit die Kläger einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens behaupten, weil der Verwaltungsgerichtshof bestimmte am ersten Tag der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereichte Schriftstücke ihnen nicht zur Kenntnis gegeben habe, ist ebenfalls ein Gehörsverstoß angesprochen. Diese Rüge greift hier aber jedenfalls deswegen nicht durch, weil die auch vor dem Verwaltungsgerichtshof anwaltlich vertretenen Kläger nicht alles getan haben, um den jetzt beanstandeten Verfahrensfehler zu verhindern. Sie haben es unterlassen, jedenfalls am zweiten Tag der mündlichen Verhandlung die Verlesung oder Aushändigung der Schriftstücke zu verlangen oder diese einzusehen.

14

Ihr Rügerecht haben die Kläger auch insoweit verloren, als sie die Verletzung des fairen Verfahrens und einen Gehörsverstoß darin sehen, dass Aussagen eines Schallgutachters der Beigeladenen verwertet worden sind, die in der mündlichen Verhandlung nicht protokolliert worden sind. Die außerdem behauptete Unrichtigkeit der Wiedergabe der Aussage kann nicht mit der Verfahrensrüge, sondern nur gemäß § 119 VwGO mittels eines fristgebundenen Antrags auf Tatbestandsberichtigung geltend gemacht werden; dabei ist unbeachtlich, dass die als unrichtig beanstandete Tatsachenfeststellung sich in den Entscheidungsgründen des Urteils findet.

15

c) Mit der Aufklärungsrüge dringen die Kläger ebenso wenig durch. Zur Darlegung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärungspflicht getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht insbesondere durch die Stellung eines unbedingten Beweisantrags oder zumindest durch eine bloße Beweisanregung in Gestalt eines so genannten Hilfsbeweisantrags auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben gerügt wird, hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen.

16

Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Mehrzahl der Beweisangebote zumindest auch deswegen nicht nachgegangen, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht entscheidungserheblich seien. Das beurteilt sich allein nach dem materiell-rechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgerichtshofs, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte, und trägt die Ablehnung weiterer Sachaufklärung. Die Kläger legen nicht dar, dass der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidungserheblichkeit jeweils gemessen an seinem Rechtsstandpunkt verkannt hat. Sie zeigen ebenso wenig auf, inwieweit die von ihnen selbst teilweise als reine Beweisermittlungsanträge eingeordneten Beweisangebote und Beweisanregungen sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs sehr wohl auf bestimmte Schriftstücke bezogen haben.

17

Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich auch nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof von Rechts wegen gehalten war, zur Frage der weiteren Anwendbarkeit des so genannten Schienenbonus eine weitere sachverständige Auskunft durch das Umweltbundesamt einzuholen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies im Anschluss an die Rechtsprechung des beschließenden Senats abgelehnt. Der Senat hat im Urteil vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 7 A 14.09 - (Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 81 Rn. 52 ff.) ausgeführt, dass derzeit einhellige fachwissenschaftliche Aussagen, die ein Festhalten am Schienenbonus ungeachtet des dem Verordnungsgeber eingeräumten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums als unvertretbar erscheinen ließen, nicht festgestellt werden könnten. Die Kläger legen nicht dar, inwieweit eine Auskunft des Umweltbundesamts, das eine vom Senat bereits verwertete Studie in Auftrag gegeben hatte, geeignet sein könnte, diese Einschätzung zu erschüttern. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Darlegungen in der Begründung des Beweisantrags vom 16. November 2011, Seite 9 - 12. Auch hier macht die Beschwerde nicht deutlich, inwieweit die darin erwähnten Studien angesichts der vom Senat gleichfalls berücksichtigten Untersuchung von Mersch-Sundermann vom April 2010 zu einer anderen rechtlichen Bewertung führen könnten.

18

Auch im Übrigen legt die Beschwerde nicht dar, warum sich dem Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Die Beschwerde erschöpft sich insofern im Wesentlichen darin, das Vorgehen des Verwaltungsgerichtshofs als fehlerhaft anzugreifen, weil unter Zugrundelegung der abweichenden Rechtsansicht der Kläger eine weitere Sachverhaltsaufklärung für erforderlich erachtet wird. Damit wird aber ein Aufklärungsmangel nicht aufgezeigt.

19

d) Zu Unrecht machen die Kläger schließlich geltend, dass der Verwaltungsgerichtshof ihren Klageantrag nicht zutreffend erfasst und nicht erschöpfend verbeschieden habe. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Urteil - im Gegensatz zu Entscheidungen in Parallelverfahren - den Hilfsantrag auf Durchführung eines ergänzenden Verfahrens, dessen Anliegen allerdings sachdienlich allein auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet sein kann (Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <372> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 113 S. 99<105>), nur hinsichtlich des Lärmschutzes der Sache nach angesprochen. Der klagabweisende Entscheidungsausspruch erfasst aber dieses Klagebegehren unter allen geltend gemachten Gesichtspunkten. Da der Verwaltungsgerichtshof von der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgegangen ist, fehlt es auch an jeglichem Ansatzpunkt für ein ergänzendes Verfahren, das durch den Ausspruch der Nichtvollziehbarkeit gesichert wird. Die Entscheidungsgründe mögen insoweit unvollständig sein. Ein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO folgt daraus aber nicht.

20

2. Auch die Grundsatz- und die Divergenzrügen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

21

a) Soweit die Kläger sich gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage des für die gerichtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beschlüsse maßgeblichen Zeitpunkts wenden, zeigen sie weder einen Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.

22

aa) Die Revision ist insoweit nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des angefochtenen Urteils zu den von den Beschwerdeführern genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen. Das Beschwerdevorbringen genügt hierzu bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Eine Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen divergenzfähigen Gerichts aufgestellten tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Dagegen reicht es nicht aus, wenn lediglich eine fehlerhafte oder unterbliebene Anwendung von Rechtssätzen aufgezeigt wird, die die genannten Gerichte in ihrer Rechtsprechung aufgestellt haben (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht.

23

Die Kläger entnehmen dem Urteil des Senats vom 17. Dezember 2009 - BVerwG 7 A 7.09 - (Buchholz 442 § 18 AEG Nr. 69 S. 40) den Rechtssatz, dass "zum Zeitpunkt des Planänderungsbeschlusses die Planrechtfertigung unverändert vorliegen muss, mithin entsprechendes geprüft werden muss und dass sich die ursprüngliche Planfeststellungsentscheidung immer noch, auch unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte aus dem Planänderungsverfahren und dem Stichtag der Planänderungsentscheidung als insgesamt abwägungsfehlerfrei darstellen muss". Das trifft aber so nicht zu. Denn mit der Frage, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines nachträglich im Wege einer Planänderung ergänzten Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich ist, befasst sich das genannte Urteil nicht.

24

Gleichfalls ohne Erfolg rügen die Kläger eine Abweichung von den Urteilen vom 7. März 2007 - BVerwG 9 C 2.06 - (BVerwGE 128, 177 = Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 27 S. 2) und vom 23. April 1997 - BVerwG 11 A 7.97 - (BVerwGE 104, 337 = Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 16 S. 27) sowie vom Beschluss vom 7. April 1997 - BVerwG 4 B 64.97 - (Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 10 S. 26). Aus diesen Entscheidungen ergibt sich nach Ansicht der Kläger der Rechtssatz, dass "zwischen dem Zeitraum eines Ursprungsplanfeststellungsbeschlusses ... und dem Zeitraum eines Änderungsplanfeststellungsbeschlusses ... sorgfältig zu prüfen ist, ob gegebenenfalls Entwicklungen eingetreten sind, die, vorliegend im Besonderen in Form der Verkehrsprognose und den Zielen des Vorhabens (Stichwort Alternativ- und Entlastungsstrecke für Güterverkehr) seit dem Ursprungsplanfeststellungsbeschluss derartige Änderungen eingetreten sind, dass über den Gesamtplan nur unter Beachtung dieser Änderungen einheitlich zum Stichtag des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses entschieden werden kann". Einen solchen Rechtssatz hat das Bundesverwaltungsgericht aber in keiner der erwähnten Entscheidungen, auch nicht sinngemäß, aufgestellt; diese äußern sich zur hier entscheidungserheblichen Rechtsfrage nicht. Der von den Klägern formulierte Rechtssatz gibt lediglich die rechtlichen Schlussfolgerungen wieder, die nach deren Verständnis aus den Entscheidungen zu ziehen sind.

25

bb) Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f.). Daran fehlt es hier.

26

Die Kläger halten insoweit für grundsätzlich klärungsbedürftig,

(1) "ob ... maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage generell oder für die Themenbereiche des Planänderungsbeschlusses derjenige des Planänderungsbeschlusses oder derjenige des Ausgangsbeschlusses ist";

(2) "ob das vorliegend eingeleitete Planänderungsverfahren, das in Bezug auf Schall- und Erschütterungsschutz darauf beruht, dass zum Zeitpunkt des Ausgangsplanfeststellungsbeschlusses eine fehlerhafte Verkehrsprognose zugrunde gelegt worden war, in Bezug auf den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt verglichen werden kann mit den Rechtsprechungsgrundsätzen im Urteil BVerwG vom 20.01.2010 - 9 A 22.08 - Rn. 28 oder ob die Inhalte des vorliegenden Planänderungsverfahrens von so großem Gewicht sind, dass die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines Planungsteils in Frage gestellt werden kann, mithin eine planerische Abwägung des Gesamtvorhabens zum Stichtag des Planänderungsbeschlusses erforderlich ist";

(3) "ob in einer Konstellation eines Planfeststellungsverfahrens, bei dem Schall-, Erschütterungs- und Naturschutz sowie artenschutzfachliche Gutachten neu erstellt werden mit Auswirkungen auf neue Gesamtbeurteilungen des Projekts, neue Bau- und Schutzmaßnahmen aller Art, der durch Planänderungsbeschluss entstehende neue Gesamtplan umfassend nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ergehens des Planänderungsbeschlusses zu beurteilen ist";

(4) "ob in Fallkonstellationen, in denen eine Planänderung vor Realisierung des Vorhabens durchgeführt wird aufgrund einer neuen Verkehrsprognose, dass die zugrunde zu legende Prognose für Schutzmaßnahmen aller Art auch zum Stichtag der Planänderungsentscheidung noch aktuell und gültig vorliegen muss";

(5) "ob in einer Fallkonstellation, in der sicher feststeht, dass eine bisher zugrunde gelegte Verkehrsprognose bis zur Inbetriebnahme des Planfeststellungsvorhabens überholt sein wird, insbesondere wenn bereits lange vor Erreichen dieses Prognosehorizonts eine neue Verkehrsprognose vorliegt, dann auch in einem gerichtlichen Verfahren gegen einen Planfeststellungsbeschluss die neue Verkehrsprognose im Entscheidungszeitraum der mündlichen Verhandlung mit heranzuziehen ist";

(6) "ob bei einem auf einen bestimmten Abschnitt eines Gesamtvorhabens bezogenen Planfeststellungsverfahren, das infolge eines Planänderungsverfahrens und eines damit in Verbindung stehenden gerichtlichen Verfahrens noch nicht rechtskräftig entschieden ist, für die Rechtmäßigkeit der gewählten Abschnittsbildung auch Faktoren zu berücksichtigen sind, die bis zum Ergehen des Planänderungsbeschlusses und/oder der gerichtlichen Tatsachenentscheidung über den Planfeststellungsbeschluss aus einem Nachbarplanfeststellungsabschnitt bekannt geworden sind".

27

Diese Fragen sind, soweit ihnen ein verallgemeinerungsfähiger Gehalt zukommt und sie sich im angestrebten Revisionsverfahren als entscheidungserheblich erweisen, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, an der sich der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich orientiert hat, geklärt. Hiernach kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses an (stRspr; vgl. etwa Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <283> = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 16 S. 75 <83> und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 <319> Rn. 52 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 203 m.w.N.). Das gilt in gleicher Weise für die Begründetheit einer auf § 74 Abs. 2 VwVfG gestützten Verpflichtungsklage auf Planergänzung (Urteil vom 23. April 1997 a.a.O. S. 347). An der Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts ändert sich auch dann nichts, wenn der Planfeststellungsbeschluss nach seinem Ergehen im Wege einer Planergänzung insbesondere mit veränderten Schutzauflagen versehen wird, namentlich dann, wenn durch eine solche Änderung ursprüngliche Mängel des Planfeststellungsbeschlusses beseitigt werden sollen. Die Beibehaltung des ursprünglichen Prognosehorizonts setzt allerdings voraus, dass im Planergänzungsverfahren lediglich solche Rechtsfehler behoben werden, die für die Planungsentscheidung insgesamt nicht von so großem Gewicht sind, dass dadurch die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines abtrennbaren Planungsteils in Frage gestellt wird, und die durch eine Schutzauflage behoben werden können (Urteile vom 20. Januar 2010 - BVerwG 9 A 22.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 55 Rn. 28 und vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - BVerwGE 121, 72 <81 f.> = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 34<50 f.>). Hiervon geht der Verwaltungsgerichtshof aus, wenn er ausführt, dass die Planergänzung im Planänderungsbeschluss die Gesamtkonzeption des Plans nicht berührt. Diese Feststellung wird nicht mit durchgreifenden Zulassungsrügen in Frage gestellt.

28

b) Das Vorbringen der Kläger zu den prozessualen Folgerungen, die der Verwaltungsgerichtshof aus der Erklärung des Eisenbahn-Bundesamts zur neuerlichen Entscheidung über die Erschütterungsbelastungen gezogen hat, führt ebenso wenig auf einen Zulassungsgrund.

29

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass die diesbezüglichen Aussagen des Planänderungsbeschlusses mit verfügendem Charakter gegenstandslos geworden sind, nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung eine Planergänzung unter Aufhebung derjenigen Regelungen, die im Zusammenhang mit den Beweissicherungsmessungen stehen, zugesagt hat. Die Beklagte hat sich zudem verpflichtet, nach Vorlage einer von der Beigeladenen zugesagten neu zu erstellenden erschütterungstechnischen Untersuchung weitere Planergänzungen insofern vorzunehmen. Von dieser Erklärung ist nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs auch die Aussage des Planänderungsbeschlusses erfasst, die Kosten für die Realisierung der Schutzmaßnahmen am Oberbau stünden in keinem angemessenen Verhältnis zum Schutzzweck. Sie erfasst auch die Fragen des sekundären Luftschalls. In der Sache handelt es sich hierbei um einen Vorbehalt nach § 74 Abs. 3 VwVfG, der durch ein nachfolgendes Planänderungsverfahren aufzulösen ist (Urteil vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 7 A 14.09 - NVwZ 2011, 676 Rn. 23, insoweit in Buchholz nicht abgedruckt).

30

Die auf die Belastungen durch Erschütterungen und sekundären Luftschall bezogenen Rügen sind folglich im vorliegenden Verfahren nicht mehr von Bedeutung. Die vom Verwaltungsgerichtshof hierzu gegebenen Hinweise entfalten keine Bindungswirkung für das nachfolgende Planänderungsverfahren. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat insofern keine rechtlichen Maßstäbe verbindlich vorgegeben.

31

aa) Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zeigen die Kläger nicht auf.

32

Sie entnehmen den Urteilen vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - (BVerwGE 100, 370 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 113 S. 99) und vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - (BVerwGE 102, 358 = Buchholz 406.401 § 29 BNatSchG Nr. 12 S. 23) den Rechtssatz, dass "bei der Neudurchführung fehlerhafter Verfahrensschritte ein ergänzendes Verfahren durchzuführen ist und bis zur Vorlage eines Planfeststellungsänderungsbeschlusses die Nichtvollziehbarkeit des fehlerhaften Planfeststellungsbeschlusses festzustellen ist". Das trifft insoweit zu, als - wie in dem dem zweiten Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt - ein erheblicher Verfahrensfehler vorliegt. Von dem so zu verstehenden Rechtssatz ist der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht abgewichen. Er geht nämlich davon aus, dass bezüglich der hier noch zu bewältigenden Erschütterungsbelastung ein materieller Fehler, nämlich ein erheblicher Mangel in der Abwägung vorliegt, der allerdings im Wege der Planergänzung behoben werden kann und deshalb nicht die Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses im Übrigen in Frage stellt.

33

Von dem im Urteil vom 24. März 2011 - BVerwG 7 A 3.10 - (Buchholz 406.400 § 19 BNatSchG 2002 Nr. 7 Rn. 84) aufgestellten Rechtssatz, dass der Schluss auf die (Teil-)Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses erst dann gezogen werden darf, "wenn sich im gerichtlichen Verfahren herausstellt, dass eine Abwägung nicht oder auf der Grundlage eines nur unzureichend ermittelten Tatsachenmaterials stattgefunden hat", ist der Verwaltungsgerichtshof nicht abgewichen. Einen Rechtssatz, der sich mit diesen Aussagen ausdrücklich in Widerspruch setzt, hat er nicht formuliert. Auch der Sache nach hat er sich lediglich zu den aus der (Teil-)Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, hier in Bezug auf die Erschütterungsbelastungen, zu ziehenden rechtlichen Folgerungen verhalten.

34

bb) Mit der hierauf bezogenen Grundsatzrüge dringen die Kläger ebenso wenig durch. Sie werfen in dieser Hinsicht als rechtsgrundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

"ob in der Konstellation eines Planfeststellungsbeschlusses, bei dem ein wesentlicher Konfliktbereich (z.B. Erschütterungen) von Grund auf neu erarbeitet und festgesetzt werden muss, stets der Gesichtspunkt der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest der Feststellung der (Teil-)Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit gerichtlicherseits zu prüfen ist und hilfsweise bei Relevanz eines Verpflichtungsklageantrages anstelle eines reinen Planergänzungsbeschlusses ein Planänderungsverfahren oder ein ergänzendes Verfahren der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen ist".

35

Die Frage weist, soweit ihr fallübergreifende Bedeutung zukommt, keinen Klärungsbedarf auf. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist vielmehr geklärt, dass das Planergänzungsverfahren dazu dient, solche Rechtsfehler zu beheben, die für die Planungsentscheidung insgesamt nicht von so großem Gewicht sind, dass dadurch die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines abtrennbaren Planungsteils in Frage gestellt wird, und die durch eine Schutzauflage behoben werden können (Urteil vom 9. Juni 2004 - BVerwG 9 A 11.03 - BVerwGE 121, 72 <81 f.> m.w.N. = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 34<51>). Ob hiervon auszugehen ist, ist jeweils eine Frage des Einzelfalles. Der Verwaltungsgerichtshof nimmt das bezüglich der Erschütterungsbelastungen der Anlieger der Bahnstrecke an; dies entspricht im Übrigen einer weit verbreiteten Praxis (siehe Urteil vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 7 A 14.09 - NVwZ 2011, 676 Rn. 23, insoweit in Buchholz nicht abgedruckt).

36

Die in diesem Zusammenhang weiter für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage,

"ob im Rahmen des ergänzenden Verfahrens oder auch nur bei einer reinen Planergänzung ein Verwaltungsverfahren nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht mit Beteiligungs-, Akteneinsichts- und Anhörungsrechten durchzuführen ist oder aber ein spezielles Offenlage- und Anhörungsverfahren nach für die Planfeststellung maßgeblichen Grundsätzen und unter Anwendung des § 73 VwVfG",

ist, da sie auf erst noch durchzuführende Verfahren bezogen ist, im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich und folglich schon deswegen nicht klärungsfähig.

37

c) aa) In Bezug auf die Ausführungen zur Lärmbelastung zeigt die Beschwerde eine Divergenz gleichfalls nicht auf.

38

Mit der von den Klägern wiedergegebenen Passage aus dem Urteil vom 7. März 2007 - BVerwG 9 C 2.06 - (BVerwGE 128, 177 = Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 27) wird ein divergenzfähiger Rechtssatz nicht benannt. Denn die Frage, ob eine zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen äußerstenfalls zumutbare Geräuscheinwirkung in einem bestimmten Geräuschpegel zutreffend ausgedrückt ist, ist eine außerrechtliche Fachfrage, die in der Tatsacheninstanz im Wege der Sachverhaltsermittlung zu klären ist (Beschluss vom 21. Januar 2008 - BVerwG 4 B 50.07 - juris Rn. 13 m.w.N.). In welcher Hinsicht eine Abweichung von dem Urteil vom 12. April 2000 - BVerwG 11 A 18.98 - (BVerwGE 111, 108 = Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 49 S. 3) gegeben sein soll, wird nicht ansatzweise dargelegt.

39

bb) Die Beschwerde hält ferner für grundsätzlich klärungsbedürftig,

(1) "ob es von Verfassungs wegen unter dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot sowie den Einzelgrundrechten aus Art. 2 Abs. 2 und Art. 14 GG geboten ist, nach dem Stand der Lärmwirkungsforschung festgestellte gesundheitsgefährdende Schallpegel (Beurteilungspegel und Spitzenpegel außen und innen) gesetzlich oder in Rechtsverordnungen zu normieren und dadurch verbindliche Grenzwerte festzusetzen";

(2) "ob auch zur Beurteilung gesundheitsgefährdender Wirkungen von Lärm in Außenwohnbereichen, wozu auch unzumutbare Beeinträchtigungen der Kommunikation und der Rekreation gehören, Spitzenpegel von Verkehrsvorbeifahrten zu ermitteln und zu bewerten sind und dass festzulegen ist, ab welcher Pegelspitze sowie ob ohne oder mit Schienenbonus von 5 dB(A) solche gesundheitsgefährdenden Beeinträchtigungen in Außenwohnbereichen vorliegen können (Schwelle zur Gesundheitsgefährdung)".

40

Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Soweit die Kläger - auch in weiteren Fragen - das gesamte Regelungssystem der §§ 41 ff. BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV und der 24. BImSchV sowie § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 und § 75 Abs. 2 VwVfG in Frage stellen, bedarf es bezüglich der gesetzlichen Vorgaben nicht erst der Durchführung eines Revisionsverfahrens um festzustellen, dass der Senat sich von der Verfassungswidrigkeit dieser Normen als Voraussetzung für die von den Klägern ausdrücklich oder doch der Sache nach erstrebten Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG nicht wird überzeugen können (vgl. Beschluss vom 29. November 2010 - BVerwG 7 B 68.10 - Buchholz 445.5 § 14 WaStrG Nr. 11 Rn. 2). Ungeachtet des Vorbringens der Kläger bestehen schon keine ernsthaften Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Vorschriften (Urteile vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 103, 107, vom 5. März 1997 - BVerwG 11 A 25.95 - BVerwGE 104, 123 <129 ff.> = Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 25 und vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13 S. 32<39> = juris Rn. 21).

41

Nichts anderes gilt für die untergesetzlichen Regelungen. Auch diese haben angesichts fortbestehender technisch-wissenschaftlicher Unsicherheiten und des daraus folgenden weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers weiterhin Bestand (Urteil vom 21. März 1996 a.a.O. <33, 39> = juris Rn. 14, 21). Für den so genannten Schienenbonus, zu dem die Kläger weitere Fragen formulieren, hat der Senat dies zuletzt im Urteil vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 7 A 14.09 - (Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 81 = juris Rn. 52 ff.) unter Verwertung neuerer Erkenntnisse dargelegt. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigen die Kläger nicht auf.

42

d) Die Beschwerde hält unter der Überschrift "Immissionsschutz" für grundsätzlich klärungsbedürftig,

(1) "ob die Prüfung, ob gesundheitsgefährdende Beurteilungs- oder Spitzenpegel zu erwarten sind, bereits durch den Vorhabensträger in der schalltechnischen Untersuchung vorzunehmen ist mit der Maßgabe, dass ermittelt und abgeschätzt werden muss, ob bei streckennahen Gebäuden gesundheitsgefährdende Beurteilungs- oder Spitzenpegel außen oder innen einwirken können und dass auf dieser Grundlage über Schutzmaßnahmen aller Art zu entscheiden ist und die Planfeststellungsbehörde diese Erkenntnisse in die Gesamtabwägung zu dem Vorhaben mit einfließen lassen muss";

(2) "ob nachts im Innenraum generell keine gesundheitsgefährdenden Pegelspitzen auftreten dürfen oder ab welchem zahlenmäßigen Umfang solcher Pegelüberschreitungen abwägungsrelevante Schutzansprüche bestehen";

(3) "ob (Zusammenhang mit dem Schutz vor gesundheitsgefährdenden Innenpegeln) auch hier das Primat aktiven Schallschutzes deswegen vorrangig zu prüfen und zu realisieren ist, um Hausbewohnern so weit wie möglich einen gesunden Nachtschlaf bei gekipptem oder geöffnetem Fenster zu ermöglichen".

43

Auch diese Fragen, die sich auf das Abwägungsgebot im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit von Schienenverkehrslärm beziehen, rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Die allgemeinen Anforderungen an die planerische Bewältigung der Lärmbelästigung ergeben sich ausgehend vom Abwägungsgebot in § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG ohne Weiteres aus den gesetzlichen Bestimmungen. Gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG ist bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung von Eisenbahnen - unbeschadet des § 50 BImSchG und vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 - sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Verkehrsgeräusche sind schädlich, wenn die in § 2 16. BImSchV festgeschriebenen Immissionsgrenzwerte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) überschritten werden. Die in den Anlagen zu § 3 16. BImSchV vorgeschriebenen Berechnungsverfahren stellen sicher, dass das Maß des verfassungsrechtlich Zulässigen eingehalten wird (Urteil vom 21. März 1996 a.a.O. Rn. 21). Hierzu ist zu berücksichtigen, dass hohe Pegelspitzen erheblichen Einfluss auf die Höhe des Dauerschallpegels haben. Die Frage nach der Zulässigkeit gesundheitsgefährdender Pegelspitzen knüpft im Übrigen an tatsächliche Feststellungen an, die der Verwaltungsgerichtshof so nicht getroffen hat. Des Weiteren gilt auch hier, dass die zahlenmäßige Bestimmung von höchstzulässigen Pegelspitzen eine außerrechtliche Fachfrage darstellt. Die rechtlichen Maßstäbe, die für die Abwägung zwischen aktivem und passivem Schallschutz zu beachten sind, sind in der Rechtsprechung geklärt (Urteile vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 52 Rn. 63 f. und vom 20. Januar 2010 - BVerwG 9 A 22.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 55 = juris Rn. 48 m.w.N.)

44

Hinsichtlich der weiteren Frage,

"ob als Lärmvermeidungsmaßnahme im Sinne des aktiven Schallschutzes in diesem Rahmen stets auch betriebsregelnde Maßnahmen zu prüfen und zu erwägen sind, vorrangig vor Entschädigungsmaßnahmen aller Art, zu der bekanntlich passiver Schallschutz gehört",

legen die Kläger die Klärungsfähigkeit nicht dar. Der Verwaltungsgerichtshof lässt die Frage, ob in einem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluss betriebsregelnde Maßnahmen überhaupt getroffen werden können, unter Hinweis auf Ermessenspielräume der Planfeststellungsbehörde dahinstehen. Die Kläger führen vor diesem Hintergrund aber nicht, wie geboten, aus, dass die genannte Frage in einem Revisionsverfahren zu beantworten ist.

45

e) Ferner halten die Beschwerdeführer für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob im Rahmen der Gesamtlärmbelastung bei dem von dem in Rede stehenden Vorhaben ausgehenden Lärm neben dem Beurteilungspegel auch die Pegelspitzen einzelner Verkehrsereignisse generell, von der Anzahl her gesehen sowie tags und nachts zu ermitteln und in Relation zu der Ist-Situation und der sonstigen Verkehrsbelastung durch andere Verkehrsträger zu stellen ist".

46

Auch aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen. Denn die Art und Weise der Ermittlung der Gesamtlärmbelastung bei einem Zusammentreffen nicht gleichartiger Verkehrswege ist eine außerrechtliche Fachfrage, die revisionsgerichtlicher Klärung nicht zugänglich ist (Beschluss vom 24. November 2010 - BVerwG 4 BN 28.10 - ZfBR 2011, 165 m.w.N.).

47

f) aa) Hinsichtlich des Schutzes vor Baulärm behaupten die Kläger eine Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mit der Fundstelle NVwZ 2001, 71. Im dort veröffentlichten Urteil vom 15. März 2000 - BVerwG 11 A 42.97 - (BVerwGE 110, 370 = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 33 S. 66) finden sich indessen keine Ausführungen zum Baulärm.

48

bb) Die Frage,

"ob bei einem Planfeststellungsvorhaben eine Immissionsprognose dergestalt anzustellen ist, ob bei betroffenen Streckenanliegern mit Sicherheit zu erwarten ist, dass geltende Richtwerte nach der AVV-Baulärm, die nicht überschritten werden dürfen, überschritten werden und ob in der Folge dann der Planfeststellungsbeschluss eine Entscheidung über etwaig erforderliche Schutzmaßnahmen treffen muss",

wirft einen verallgemeinerungsfähigen Klärungsbedarf nicht auf. Denn sie ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalles zu beantworten.

49

Im Übrigen wird die Beigeladene im Wege der Auflage verpflichtet, die einschlägigen Vorschriften nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG zu beachten und die in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm - Geräuschimmissionen - AVV Baulärm - festgelegten Werte einzuhalten. Weiter ist der Beigeladenen aufgegeben worden, den Baustellenbetrieb regelmäßig auf die Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Vorgaben zu überwachen und die Einhaltung der Immissionswerte gemäß der AVV Baulärm durch Messung seitens eines Sachverständigen nachzuweisen. Die Beigeladene hat somit sicherzustellen, dass es nicht zu einer Überschreitung der in der AVV Baulärm festgesetzten Werte kommt. Dass diese Werte nicht eingehalten werden könnten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Folglich bedarf es auch keiner Immissionsprognose bezüglich des zu erwartenden Baulärms.

50

g) Die von der Beschwerde im Zusammenhang mit der Verschattung durch die geplanten Lärmschutzwände aufgeworfenen Fragen rechtfertigen - auch soweit diese mit ihrer Formulierung nicht bereits ausdrücklich auf die Besonderheiten des Einzelfalles abstellen - ebenso wenig die Zulassung der Revision. Denn die Zumutbarkeit einer Verschattung ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (Urteil vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 4.04 - BVerwGE 123, 37 <48> = Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 23 S. 60<75>). Ob dessen ungeachtet in rechtsgrundsätzlicher Weise jedenfalls eine allgemeine Erheblichkeitsschwelle hinsichtlich der Verminderung der Besonnung in den Wintermonaten bestimmt werden könnte, kann dahinstehen. Die Kläger legen nämlich nicht dar, dass die Frage, die auf den von ihnen genannten Wert von 20 % bezogen ist, im erstrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich und damit klärungsfähig wäre. Die vorliegenden Unterlagen lassen jedenfalls - soweit ersichtlich - den Schluss, dass bei den Klägern diese Schwelle überschritten sein könnte, nicht zu.

51

h) Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die so genannte Anstoßfunktion der öffentlichen Bekanntmachung der Auslegung der Planungsunterlagen nach (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 AEG a.F. i.V.m.) § 73 Abs. 5 Satz 1 VwVfG; sie sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt. § 73 Abs. 5 Satz 1 VwVfG zielt darauf ab, die im Veröffentlichungsgebiet Betroffenen durch Angabe der räumlichen Lage sowie der Art des Vorhabens zu ermuntern, sich für die Planung zu interessieren und nach Bedarf hieran als Einwender mitzuwirken; es soll ihnen bewusst gemacht werden, dass sie erforderlichenfalls weitere Schritte unternehmen müssen, um ihre Interessen wahrnehmen zu können. Dazu gehört in erster Linie, die Vorhabensunterlagen einzusehen (Urteile vom 16. August 1995 - BVerwG 11 A 2.95 - Buchholz 407.3 § 3 VerkPBG Nr. 1 S. 2<6> = juris Rn. 30, vom 23. April 1997 - BVerwG 11 A 7.97 - BVerwGE 104, 337 <342> = Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 16 S. 27 und vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <376 f.> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 39<43 f.>). Einen über diese Grundsätze hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

52

i) Schließlich verhelfen die im Zusammenhang mit der Finanzierbarkeit sowie der Nichtdurchführung eines Raumordnungsverfahrens als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen der Beschwerde ebenso wenig zum Erfolg. Sie knüpfen jeweils an tatsächliche Feststellungen an, die der Verwaltungsgerichtshof so nicht getroffen hat; die Klärungsfähigkeit der Fragen ist demnach nicht dargetan.

53

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

(2) Lieferaufträge sind Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing, Mietverhältnisse oder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Die Verträge können auch Nebenleistungen umfassen.

(3) Bauaufträge sind Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung

1.
von Bauleistungen im Zusammenhang mit einer der Tätigkeiten, die in Anhang II der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65) und Anhang I der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243) genannt sind, oder
2.
eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll.
Ein Bauauftrag liegt auch vor, wenn ein Dritter eine Bauleistung gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber genannten Erfordernissen erbringt, die Bauleistung dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt und dieser einen entscheidenden Einfluss auf Art und Planung der Bauleistung hat.

(4) Als Dienstleistungsaufträge gelten die Verträge über die Erbringung von Leistungen, die nicht unter die Absätze 2 und 3 fallen.

(5) Rahmenvereinbarungen sind Vereinbarungen zwischen einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und einem oder mehreren Unternehmen, die dazu dienen, die Bedingungen für die öffentlichen Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis. Für die Vergabe von Rahmenvereinbarungen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, dieselben Vorschriften wie für die Vergabe entsprechender öffentlicher Aufträge.

(6) Wettbewerbe sind Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber aufgrund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan oder einer Planung verhelfen sollen.

(1) Der Planfeststellungsbeschluss nach § 35 Absatz 2 darf nur erlassen oder die Plangenehmigung nach § 35 Absatz 3 darf nur erteilt werden, wenn

1.
sichergestellt ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird, insbesondere
a)
keine Gefahren für die in § 15 Absatz 2 Satz 2 genannten Schutzgüter hervorgerufen werden können,
b)
Vorsorge gegen die Beeinträchtigungen der in § 15 Absatz 2 Satz 2 genannten Schutzgüter in erster Linie durch bauliche, betriebliche oder organisatorische Maßnahmen entsprechend dem Stand der Technik getroffen wird und
c)
Energie sparsam und effizient verwendet wird,
2.
keine Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betreibers oder der für die Errichtung, Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder für die Nachsorge der Deponie verantwortlichen Personen ergeben,
3.
die Personen im Sinne der Nummer 2 und das sonstige Personal über die für ihre Tätigkeit erforderliche Fach- und Sachkunde verfügen,
4.
keine nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines anderen zu erwarten sind und
5.
die für verbindlich erklärten Feststellungen eines Abfallwirtschaftsplans dem Vorhaben nicht entgegenstehen.

(2) Dem Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses oder der Erteilung einer Plangenehmigung stehen die in Absatz 1 Nummer 4 genannten nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines anderen nicht entgegen, wenn sie durch Auflagen oder Bedingungen verhütet oder ausgeglichen werden können oder der Betroffene den nachteiligen Wirkungen auf sein Recht nicht widerspricht. Absatz 1 Nummer 4 gilt nicht, wenn das Vorhaben dem Wohl der Allgemeinheit dient. Wird in diesem Fall der Planfeststellungsbeschluss erlassen, ist der Betroffene für den dadurch eingetretenen Vermögensnachteil in Geld zu entschädigen.

(3) Die zuständige Behörde soll verlangen, dass der Betreiber einer Deponie für die Rekultivierung sowie zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nach Stilllegung der Anlage Sicherheit im Sinne von § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs leistet oder ein gleichwertiges Sicherungsmittel erbringt.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss und die Plangenehmigung nach Absatz 1 können von Bedingungen abhängig gemacht, mit Auflagen verbunden und befristet werden, soweit dies zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit erforderlich ist. Die zuständige Behörde überprüft regelmäßig sowie aus besonderem Anlass, ob der Planfeststellungsbeschluss und die Plangenehmigung nach Absatz 1 dem neuesten Stand der in Absatz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 genannten Anforderungen entsprechen. Die Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen über Anforderungen an die Deponie oder ihren Betrieb ist auch nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses oder nach der Erteilung der Plangenehmigung zulässig. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, wann die zuständige Behörde Überprüfungen vorzunehmen und die in Satz 3 genannten Auflagen zu erlassen hat.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, in denen eine Entsorgung von Abfällen durchgeführt wird, sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebes bedürfen der Genehmigung nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes; einer weiteren Zulassung nach diesem Gesetz bedarf es nicht.

(2) Die Errichtung und der Betrieb von Deponien sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebes bedürfen der Planfeststellung durch die zuständige Behörde. In dem Planfeststellungsverfahren ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

(3) § 74 Absatz 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt mit der Maßgabe, dass die zuständige Behörde nur dann an Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses auf Antrag oder von Amts wegen eine Plangenehmigung erteilen kann, wenn

1.
die Errichtung und der Betrieb einer unbedeutenden Deponie beantragt werden, soweit die Errichtung und der Betrieb keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf ein in § 2 Absatz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genanntes Schutzgut haben können, oder
2.
die wesentliche Änderung einer Deponie oder ihres Betriebes beantragt wird, soweit die Änderung keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf ein in § 2 Absatz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genanntes Schutzgut haben kann, oder
3.
die Errichtung und der Betrieb einer Deponie beantragt werden, die ausschließlich oder überwiegend der Entwicklung und Erprobung neuer Verfahren dient, und die Genehmigung für einen Zeitraum von höchstens zwei Jahren nach Inbetriebnahme der Anlage erteilt werden soll; soweit diese Deponie der Ablagerung gefährlicher Abfälle dient, darf die Genehmigung für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr nach Inbetriebnahme der Anlage erteilt werden.
Die zuständige Behörde soll ein Genehmigungsverfahren durchführen, wenn die wesentliche Änderung keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf ein in § 2 Absatz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genanntes Schutzgut hat und den Zweck verfolgt, eine wesentliche Verbesserung für diese Schutzgüter herbeizuführen. Eine Plangenehmigung nach Satz 1 Nummer 1 kann nicht erteilt werden
1.
für Deponien zur Ablagerung von gefährlichen Abfällen,
2.
für Deponien zur Ablagerung von nicht gefährlichen Abfällen mit einer Aufnahmekapazität von 10 Tonnen oder mehr pro Tag oder mit einer Gesamtkapazität von 25 000 Tonnen oder mehr; dies gilt nicht für Deponien für Inertabfälle.

(4) § 15 Absatz 1 Satz 1 bis 4 und Absatz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gilt entsprechend. Satz 1 findet auch auf die in § 39 genannten Deponien Anwendung.

(5) Für nach Absatz 4 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Planfeststellung oder eine Plangenehmigung beantragen.

(1) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, sind verpflichtet, diese zu beseitigen, soweit in § 17 nichts anderes bestimmt ist. Durch die Behandlung von Abfällen sind deren Menge und Schädlichkeit zu vermindern. Energie oder Abfälle, die bei der Beseitigung anfallen, sind hochwertig zu nutzen; § 8 Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Abfälle sind so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Eine Beeinträchtigung liegt insbesondere dann vor, wenn

1.
die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt wird,
2.
Tiere oder Pflanzen gefährdet werden,
3.
Gewässer oder Böden schädlich beeinflusst werden,
4.
schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Lärm herbeigeführt werden,
5.
die Ziele oder Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung nicht beachtet oder die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege sowie des Städtebaus nicht berücksichtigt werden oder
6.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung in sonstiger Weise gefährdet oder gestört wird.

(3) Soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich ist, sind Abfälle zur Beseitigung getrennt zu sammeln und zu behandeln. § 9 Absatz 2 und 3 und § 9a gelten entsprechend.

(4) Die Ablagerung von Siedlungsabfällen auf Deponien darf spätestens ab dem 1. Januar 2035 höchstens 10 Gewichtsprozent des gesamten Siedlungsabfallaufkommens betragen.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen einen wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landes, der die Errichtung der Wasserrückhaltung W./A./N. zum Gegenstand hat. Die geplante Hochwasserrückhaltung hat eine Fläche von ca. 327 ha und soll in einem früheren Überschwemmungsgebiet des Rheins gebaut werden. Das Vorhaben umfasst die Errichtung eines Rückhalteraums, der aus zwei getrennten Teilen besteht. Der ungesteuerte Teil (Rückhaltevolumen ca. 1,2 Mio. m³) soll in Abhängigkeit von den Rheinwasserständen regelmäßig überschwemmt und an die natürliche Dynamik des Rheins angeschlossen werden. Der gesteuerte Teil des Rückhalteraums (Rückhaltevolumen ca. 7,8 Mio. m³) soll bei extremen Hochwasserereignissen geflutet werden, um Überflutungen in Siedlungs-, Gewerbe- und Infrastrukturflächen der Rheinniederung zu verhindern. Im Zusammenhang mit der Errichtung der Rückhalteräume sind zahlreiche bauliche Maßnahmen vorgesehen. Von der Planung betroffen sind in erster Linie landwirtschaftlich genutzte Grundstücke und Waldflächen.

2

Die Klägerin zu 1 ist die Gemeinde A., deren Gemeindegebiet zu etwa 12 % von den geplanten Rückhalteräumen erfasst wird.

3

Die Klägerin zu 2 ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Obst und Gemüse anbaut und Eigentümerin und Pächterin von innerhalb der geplanten Rückhaltung gelegenen Flächen ist.

4

Der Kläger zu 3 ist Eigentümer eines nahe der geplanten Hochwasserrückhaltung liegenden Wohngrundstücks und mehrerer - ebenfalls in der Nähe des Vorhabens liegender - Grundstücke in einem Naherholungsgebiet, die für einen Campingplatz genutzt werden.

5

Mit Schreiben vom 31. Januar 2002 beantragte die Regionalstelle Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz - Neubaugruppe Hochwasserschutz Oberrhein - der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd des beklagten Landes als Träger des Vorhabens bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd als Oberer Wasserbehörde die Feststellung des Plans für den Bau der Hochwasserrückhaltung.

6

Der Plan wurde mit Beschluss der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd vom 20. Juni 2006 festgestellt.

7

Das Verwaltungsgericht wies die hiergegen gerichteten, von insgesamt sechs Klägern erhobenen Klagen ab. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Kläger gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss leide nicht an rügefähigen Rechtsfehlern, die die Kläger in ihren Rechten verletzten. Die Kläger könnten sich weder auf mögliche Defizite der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung noch auf die Verletzung natur- und artenschutzrechtlicher Vorschriften berufen. Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 3 könnten keine umfassende Planprüfung verlangen. Etwas anderes folge hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung auch nicht aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz. Denn dieses finde nach seinem § 5 nur für solche Verfahren Anwendung, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden seien. Hier sei das Planfeststellungsverfahren aber bereits im Jahr 2002 begonnen worden. Unionsrecht gebiete die Anwendung des Gesetzes nicht. Damit könne dahinstehen, ob sich zugunsten der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 3 aus § 4 Abs. 1 UmwRG ein Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses ergeben könne.

8

Die Klägerin zu 2 sei zwar von einer enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses betroffen; sie könne sich aber nicht auf natur-, umwelt- und artenschutzrechtliche Belange berufen, weil deren Geltendmachung die materielle Verwirkungspräklusion des § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG entgegenstehe. Diese Präklusion verstoße ebenfalls nicht gegen Unionsrecht.

9

Die im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgenommene Ergänzung der Nebenbestimmung III Nr. 13.4 führe nicht dazu, dass ein neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen gewesen sei. Die Planrechtfertigung sei mit dem Verwaltungsgericht zu bejahen. Auch stünden dem Vorhaben keine zwingenden Versagungsgründe nach § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG a.F. entgegen.

10

Der Planfeststellungsbeschluss leide nicht an Abwägungsmängeln, die zu seiner Aufhebung führten. Das gelte zunächst für die Verwerfung der Standortalternative "H.". Die Abwägung sei auch nicht wegen des von den Klägern behaupteten unzumutbaren Risikos eines Deichbruchs zu beanstanden. Als Fluchtweg aus A. könne jedenfalls die Kreisstraße K 7 nach R. genutzt werden, auch wenn eine derartige Notumfahrung zu gewissen Engpässen führen werde. Dieser Gesichtspunkt lasse sich dem Planfeststellungsbeschluss nicht entnehmen, ein Abwägungsdefizit erscheine möglich. Ein solcher Mangel sei jedoch nicht im Sinne des § 114 Abs. 1 Nr. 1 LWG i.V.m. § 75 Abs. 1a VwVfG erheblich. Ebenso wenig sei ein Abwägungsfehler hinsichtlich der Gefahr von Druckwasser und eines erhöhten Grundwasseranstiegs ersichtlich.

11

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 3 seien mangels Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nicht befugt, eine Fehlerhaftigkeit der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung geltend zu machen, sei mit Unionsrecht ebenso wenig zu vereinbaren wie seine Ansicht, dass die Klägerin zu 2 mit ihrem auf das Natur-, Artenschutz- und Umweltrecht bezogenen Vorbringen nach § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG präkludiert sei. Das Berufungsurteil verstoße zudem gegen § 76 Abs. 1 VwVfG, weil die nachträgliche Ergänzung der Nebenbestimmung III Nr. 13.4 ein neues Planfeststellungsverfahren erfordert hätte, von dem nicht nach § 76 Abs. 2 VwVfG hätte abgesehen werden dürfen. Folge man der Auffassung des Berufungsgerichts, verstoße der Planfeststellungsbeschluss jedenfalls gegen § 37 Abs. 1 VwVfG; außerdem habe das Berufungsgericht insoweit Verfahrensrecht verletzt. Das Berufungsurteil stehe ferner mit § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG a.F. nicht in Einklang, weil eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwassergefahr für die Oberlieger am Standort des geplanten Polders vorliege. Soweit das Berufungsgericht die Abwägung als rechtmäßig erachtet habe, verstoße sein Urteil in mehrfacher Hinsicht gegen Bundesrecht. Das gelte im Hinblick auf die Gefahr eines Deichbruchs, die Überschwemmungsgefahr durch Qualmwasser und kumulierende Starkregenereignisse, die Problematik einer gesicherten Straßenanbindung der Klägerin zu 1 im Falle einer Flutung des Polders sowie die Auswahl des Standorts des Vorhabens. Das Berufungsgericht habe dabei nicht nur gegen § 75 Abs. 1a VwVfG und das Gebot gerechter Abwägung verstoßen, sondern auch den Untersuchungsgrundsatz und die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 und 2 VwGO) sowie den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.

12

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 13. September 2007, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Februar 2009 und den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 20. Juni 2006 aufzuheben.

13

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

14

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

15

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich an dem Verfahren beteiligt und zu Fragen des Unionsrechts geäußert.

16

Der Senat hat mit Beschluss vom 10. Januar 2012 - 7 C 20.11 - das Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union um die Klärung mehrerer Fragen zur Auslegung der Richtlinien 2003/35/EG und 85/337/EWG gebeten. Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 7. November 2013 - C-72/12 [ECLI:EU:C:2013:712] - über die Vorlage entschieden.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen revisibles Recht und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Da der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht in der Sache selbst entscheiden kann, ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

18

1. a) Einen Anspruch der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 3 auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses aus § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG hat das Oberverwaltungsgericht verneint, weil das Gesetz nach § 5 Abs. 1 UmwRG auf Verfahren, die vor dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden seien, keine Anwendung finde. Diese Annahme steht mit revisiblem Recht nicht in Einklang.

19

Die in der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. L 156 S. 17) vorgesehene Umsetzungsfrist bis zum 25. Juni 2005 ist dahin auszulegen, dass die Vorschriften des nationalen Rechts zur Umsetzung des Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175 S. 40) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG geänderten Fassung auch für behördliche Genehmigungsverfahren gelten müssen, die vor dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden waren, in denen aber erst nach diesem Zeitpunkt eine Genehmigung erteilt wurde. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union auf die Vorlage des Senats entschieden (EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-72/12 [ECLI:EU:C:2013:712], Gemeinde A. u.a.). Die Neukodifikation der Richtlinie 85/337/EWG durch die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 26 S. 1) hat hieran nichts geändert (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:EU:C:2015:683], Kommission/Deutschland - Rn. 101 ff.). Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, welches der Umsetzung des Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG bzw. des Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU dient, ist daher auf das vorliegende Verfahren anzuwenden. Das Planfeststellungsverfahren wurde bereits im Jahr 2002 eingeleitet; der Planfeststellungsbeschluss wurde aber erst am 20. Juni 2006 und damit nach dem 25. Juni 2005 erlassen.

20

Auf die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge kommt es nach dem Vorstehenden nicht mehr an.

21

b) Das Urteil erweist sich insoweit nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann nicht ausgeschlossen werden, dass den Klägern ein Anspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 UmwRG auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zusteht.

22

aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung der Entscheidung nur verlangt werden, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit (Nr. 2) nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Diese Fehler sind erheblich, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können (BVerwG, Urteile vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 - Buchholz 451.91 EuropUmwR Nr. 55 Rn. 21, vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 34). Im vorliegenden Fall ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Das steht einem Aufhebungsanspruch aus § 4 Abs. 1 UmwRG aber nicht von vornherein entgegen. Die Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes auf den Fall zu beschränken, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung aufgrund des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung angefochten wird, und nicht auf den Fall zu erstrecken, dass eine solche Prüfung zwar durchgeführt wurde, aber fehlerhaft war, ist mit Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG bzw. Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU nicht vereinbar. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union auf die Vorlage des Senats ebenfalls bereits entschieden (EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - C-72/12 [ECLI:EU:C:2013:712], Gemeinde A. u.a. - Rn. 36 ff.). Auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss allerdings nicht jeder Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung unabhängig von seinen Auswirkungen auf den Inhalt der Entscheidung zu einen Anspruch auf deren Aufhebung führen (EuGH a.a.O. Rn. 49); § 4 Abs. 1 UmwRG muss in unionsrechtskonformer Auslegung aber jedenfalls auf solche Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung erstreckt werden, die nach ihrer Art und Schwere den in § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG genannten Fehlern vergleichbar sind, insbesondere weil sie der betroffenen Öffentlichkeit die vorgesehene Möglichkeit genommen haben, Zugang zu den auszulegenden Unterlagen zu erhalten und sich am Entscheidungsprozess zu beteiligen (EuGH a.a.O. Rn. 54). Auch derartige absolute Verfahrensfehler müssen unabhängig von § 46 VwVfG und unabhängig von der konkreten Möglichkeit, dass die angefochtene Entscheidung ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 - 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <361 f.>; Beschluss vom 10. Januar 2012 - 7 C 20.11 - NVwZ 2012, 448 Rn. 39 m.w.N.), zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen. Dass die Umweltverträglichkeitsprüfung hier an einem solchen schweren Fehler leidet, kann nicht ausgeschlossen werden. Das Oberverwaltungsgericht hat zu den Rügen der Kläger gegen die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Feststellungen getroffen.

23

bb) Sollten die Vorschriften über die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung, deren Verletzung die Kläger rügen, allein dem Schutz der Umwelt, nicht aber der Gewährleistung eigener materieller subjektiver Rechte der Klägerin zu 1 und des Klägers zu 3 dienen, stünde auch dies einem Aufhebungsanspruch nicht von vornherein entgegen. Die Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 UmwRG gilt in erster Linie für die umweltrechtliche Verbandsklage; sie ist aber gemäß 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar mit der Folge, dass die Verfahrensfehler auch insoweit unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zur Begründetheit der Klage führen. Hieraus folgt, dass eine Genehmigungsentscheidung, die ohne die hierfür erforderliche UVP oder UVP-Vorprüfung getroffen worden ist, auf die Klage eines gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugten Dritten nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG allein wegen dieses Fehlers aufzuheben ist (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 - Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 33 Rn. 21 f., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 41 und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 34; Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2014, juris Rn. 10). Für Genehmigungsentscheidungen, die an einem Verfahrensfehler leiden, auf den § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG in unionsrechtskonformer Auslegung zu erstrecken ist, kann nichts anderes gelten. Ob der Verzicht auf den nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Zusammenhang zwischen der Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung und der Verletzung in eigenen Rechten unionsrechtlich geboten ist (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:EU:C:2015:683], Kommission/Deutschland - Rn. 63 f.), ist angesichts der in § 4 Abs. 3 UmwRG getroffenen Grundentscheidung des nationalen Gesetzgebers für die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO ohne Bedeutung.

24

c) Mangels tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zu den gegen die Umweltverträglichkeitsprüfung erhobenen Rügen kann der Senat auch nicht feststellen, dass den Klägern der Anspruch aus § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG zusteht; die Sache ist zur erneuten Prüfung des Anspruchs an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

25

2. a) Im Hinblick auf die Klägerin zu 2 hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass der Planfeststellungsbeschluss ihr gegenüber im Hinblick auf die für den Dammbau erforderlichen Flächen eine enteignungsrechtliche Vorwirkung entfalte und dies zur Folge habe, dass sie die Rechtmäßigkeit der planerischen Abwägung in einem umfassenden Sinne zur gerichtlichen Überprüfung stellen könne. Gleichwohl könne sie natur-, umwelt- und artenschutzrechtliche Rügen nicht mit Erfolg erheben, da dem die Verwirkungspräklusion des § 115 Abs. 1 Satz 2 des Landeswassergesetzes (LWG) vom 22. Januar 2004 (GVBl. S. 54) i.V.m. § 73 Abs. 4 VwVfG entgegenstehe. Letzteres ist mit revisiblem Recht nicht vereinbar.

26

§ 115 Abs. 1 Satz 2 LWG bestimmt, dass mit Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen werden, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhe. Der Regelungsgehalt der Vorschrift entspricht damit demjenigen des nahezu wortgleichen § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG. Der Ausschluss von Einwendungen, die nicht innerhalb der dafür bestimmten Frist geltend gemacht worden sind, und die daran anknüpfende Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle sind - wie der Gerichtshof der Europäischen Union im Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland entschieden hat (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:EU:C:2015:683] - Rn. 78 ff.) - mit Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU und Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU nicht vereinbar. Die genannten Präklusionsvorschriften müssen daher im vorliegenden Fall außer Anwendung bleiben.

27

b) Das Urteil erweist sich auch insoweit nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Mangels tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist nicht auszuschließen, dass der Planfeststellungsbeschluss in einer für die Eigentumsbetroffenheit der Klägerin zu 2 erheblichen Weise gegen natur-, umwelt- oder artenschutzrechtliche Vorschriften verstößt. Auch eine eigene Sachentscheidung zugunsten der Klägerin zu 2 ist dem Senat verwehrt (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

28

3. Das Berufungsurteil verstößt ferner gegen § 114 Abs. 1 LWG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG. Im Hinblick auf die von den Beteiligten sogenannte Fluchtwegproblematik geht der Planfeststellungsbeschluss nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts davon aus, dass die Möglichkeit bestehe, auf der über den Trenndeich führenden Kreisstraße K 13 nach W. zu gelangen. Das Berufungsgericht hat demgegenüber festgestellt, dass im Falle einer Flutung des Polders mindestens im Bereich "Auf der Au" mit einer Überflutung der Fahrbahn der K 13 in Höhe von etwa 20 cm gerechnet werden müsse. Im Hinblick darauf erscheine ein Abwägungsdefizit des Planfeststellungsbeschlusses durchaus möglich. Dabei würde es sich jedoch nicht um einen im Sinne des § 75 Abs. 1a VwVfG erheblichen Mangel handeln. Denn es bestehe eine Verbindung nach R. über die Kreisstraße K 7, die hochwasserfrei ausgebaut werde. Auch wenn deren wasserseitige Richtungsfahrspur ab einem bestimmten Wasserstand gesperrt werden müsse, sehe die Deichausbauplanung vor, die Kreisstraße von der Deichkrone auf die landseitige Deichberme zu verlegen, wodurch - ungeachtet gelegentlicher hinnehmbarer Engpässe - die Standsicherheit und die Befahrbarkeit der K 7 in beiden Richtungen gesichert sei.

29

Auf der Grundlage dieser tatsächlichen Feststellungen kann die Erheblichkeit des unterstellten Abwägungsmangels nicht verneint werden. Die von § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG geforderte Ergebnisrelevanz liegt vor, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <379 f.> und vom 19. Februar 2015 - 7 C 10.12 - juris Rn. 44). Eine derartige konkrete Möglichkeit ist dann zu bejahen, wenn sich der Planungsträger - wie hier - von einem unzutreffend angenommenen Belang hat leiten lassen und andere Belange, die das Abwägungsergebnis rechtfertigen könnten, weder im Planungsverfahren angesprochen noch sonst ersichtlich sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 <40>). Das Vorliegen solcher anderweitigen Belange kann hier nicht allein mit dem Hinweis auf eine beabsichtigte Verlegung der Kreisstraße auf die Deichberme und eine dadurch ermöglichte Notumfahrung bejaht werden. Das Berufungsgericht hat keine näheren Feststellungen zu der von ihm in Bezug genommenen Deichausbauplanung getroffen, in deren Rahmen die Verlegung der K 7 vorgesehen sein soll, sondern im Wesentlichen auf ein Schreiben des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz an das Büro des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten vom 7. Oktober 2008 verwiesen. Unklar bleibt dabei, wer Träger der in diesem Schreiben und im Berufungsurteil angesprochenen Deichausbauplanung ist, wann sie eingeleitet und ob sie bereits abgeschlossen wurde und wann mit der Realisierung dieser Planung zu rechnen ist. Sollte nicht gesichert sein, dass die Kreisstraße K 7 rechtzeitig vor Fertigstellung und Inbetriebnahme des Polders in der beabsichtigten Weise auf die Deichberme verlegt wird und die Ortsgemeinde A. damit auch bei Flutung des Polders hinreichend sicher an das Straßennetz angebunden ist, müsste dieses Problem durch eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses oder durch ein ergänzendes Verfahren gelöst werden. Denn für hoheitliche Planungen gilt der Grundsatz der Problembewältigung; der Planfeststellungsbeschluss muss die von dem Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme bewältigen (BVerwG, Urteile vom 7. März 2007 - 9 C 2.06 - BVerwGE 128, 177 Rn. 19 und vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1 Rn. 151). Andererseits erscheint es auch nicht ausgeschlossen, dass mit Blick auf die konkrete Ausgestaltung der Deichausbauplanung Gesichtspunkte festgestellt werden können, die zu einer Irrelevanz des Abwägungsfehlers für das Ergebnis führen könnten. Der Umstand, dass die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausreichen, um die Frage der Ergebnisrelevanz abschließend entscheiden zu können, nötigt damit ebenfalls zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

30

Auf die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen kommt es nach dem Vorstehenden nicht mehr an.

31

4. Im Übrigen verstößt das Berufungsurteil nicht gegen Bundesrecht.

32

a) Das gilt zunächst für die Annahme des Berufungsgerichts, dass wegen der nachträglichen Ergänzung der Nebenbestimmung III Nr. 13.4 des Planfeststellungsbeschlusses um den Satz, dass eine Flutung der Hochwasserrückhaltung in W./A./N. nur dann erfolgen dürfe, wenn der Wasserstand im Neuhofener Altrhein von 90,00 müNN nicht überschritten sei, kein neues Planfeststellungsverfahren habe durchgeführt werden müssen. Bei dieser Ergänzung handele es sich um eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung, bei der der Beklagte nach § 114 Abs. 1 LWG i.V.m. § 76 Abs. 2 VwVfG von einem neuen Planfeststellungsverfahren habe absehen können, weil Belange anderer nicht berührt worden seien. Dies ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

33

aa) Das Berufungsgericht hat den Planfeststellungsbeschluss in seiner ursprünglichen Fassung dahingehend ausgelegt, dass die Flutung der Wasserrückhaltung unabhängig vom Erreichen eines bestimmten Wasserstandes im Neuhofener Altrhein zulässig gewesen sei. Insbesondere habe dort nicht ein Wasserstand von 89,4 müNN erreicht sein müssen. Die Auslegung eines Verwaltungsakts unterliegt als Tatsachenwürdigung nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Kontrolle. Zu prüfen ist, ob das Tatsachengericht den Regelungsgehalt des Verwaltungsakts nach den zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln ermittelt hat. In diesem Fall ist der tatrichterlich ermittelte Erklärungsinhalt als Tatsachenfeststellung nach § 137 Abs. 2 VwGO bindend. Dem Revisionsgericht ist eine eigene Auslegung des Verwaltungsakts nur möglich, wenn das Tatsachengericht in seiner Entscheidung nichts Näheres ausführt und insbesondere sein Auslegungsergebnis nicht begründet hat. Liegt dagegen - wie hier - eine solche Begründung vor, bedarf es einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Verfahrensrüge, um das Auslegungsergebnis anzugreifen; die bloße Darlegung einer abweichenden, von einem Beteiligten für richtig gehaltenen Auslegung eines Verwaltungsakts genügt dagegen nicht. Revisionsgerichtlicher Prüfung unterliegt ferner, ob sich das Tatsachengericht durch eine fehlerhafte Vorstellung vom Inhalt des Bundesrechts den Blick für die zutreffende Auslegung verstellt hat (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 35.13 - NVwZ 2015, 656 Rn. 74 m.w.N.).

34

Ausgehend hiervon ist der Senat an die Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses durch das Oberverwaltungsgericht gebunden. Für die Auslegung eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Hiervon ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat für die Auslegung insbesondere die Antragsunterlagen herangezogen und damit Unterlagen, die auch den von dem Vorhaben Betroffenen bekannt sind oder sein können. Anhaltspunkte dafür, dass es sich von rechtlichen Fehlvorstellungen hat leiten lassen, sind nicht ersichtlich.

35

Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Das Berufungsgericht musste den im Schriftsatz vom 12. Februar 2009 enthaltenen Hilfsbeweisanträgen nicht nachgehen. Maßgeblich für die Prüfung, ob das Tatsachengericht seiner Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO genügt hat, ist die seiner Entscheidung zugrunde liegende Rechtsauffassung, und zwar selbst dann, wenn diese - was hier nicht der Fall ist - der rechtlichen Überprüfung nicht standhält (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 1984 - 6 C 49.84 - BVerwGE 70, 216 <221 f.> und vom 14. Januar 1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>). Das Berufungsgericht war - wie dargelegt - der Auffassung, dass der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss keine Regelung eines Maximalwasserstandes des Neuhofener Altrheins enthalten habe, sondern diese erst durch die in Rede stehende Ergänzung der Nebenbestimmung erfolgt sei. Die Hilfsbeweisanträge gingen demgegenüber von der Annahme aus, dass im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss bereits ein Maximalwasserstand des Neuhofener Altrheins von 89,4 müNN ab Voraussetzung für den Beginn der Flutung festgesetzt sei; sie zielten auf die Ermittlung der Risiken, die aus einer Erhöhung dieses Maximalwasserstandes folgen könnten. Dies bedarf indessen aus Sicht des Berufungsurteils keiner Klärung. Die der Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses in seiner ursprünglichen Fassung zugrunde liegenden Tatsachen, insbesondere der Inhalt der Antragsunterlagen und ihr Verständnis durch die Beteiligten, waren nicht Gegenstand der Anträge.

36

Das Berufungsgericht hat ferner nicht seine Aufklärungspflicht durch die Unterstellung eines unwahren oder aktenwidrigen Teilsachverhalts verletzt. Diesem Vorbringen der Revision liegt ebenfalls die Auffassung zugrunde, dass im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss bereits ein Höchstwasserstand festgesetzt gewesen sei.

37

Vor diesem Hintergrund liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs vor. Art. 103 Abs. 1 GG verwehrt es den Gerichten nicht, das Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts außer Betracht zu lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1985 - 1 BvR 33/83 - BVerfGE 70, 288 <294>). Daher kann eine Beweisaufnahme unterbleiben, wenn es auf die Beweisfrage nicht ankommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990 - 1 BvR 355/86 - BVerfGE 82, 209 <235>). Das war hier aus der maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts der Fall.

38

bb) Ausgehend von der dargelegten Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses hat das Berufungsgericht die Ergänzung der Nebenbestimmung zutreffend als Planänderung von unwesentlicher Bedeutung angesehen, die die Belange anderer nicht berührt. Als zusätzliche Voraussetzung für den Einsatz der gesteuerten Hochwasserrückhaltung hat sie die Hochwassersituation in der von Stau-, Grund- und Druckwassergefahren betroffenen Umgebung dieser Rückhaltung - und damit auch für die Kläger - nicht verschlechtert, sondern verbessert.

39

Die Auffassung des Berufungsgerichts verstößt auch nicht gegen § 1 Abs. 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG. Die Ergänzung der Nebenbestimmung führt nicht dazu, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht mehr hinreichend bestimmt ist. Die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit eines Verwaltungsakts setzt voraus, dass dessen Entscheidungsgehalt für den Betroffenen nach Art und Umfang aus sich heraus erkennbar und verständlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2008 - 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 Rn. 11). Das ist hier der Fall. Die Revision leitet die von ihr angenommene Widersprüchlichkeit des Planfeststellungsbeschlusses daraus ab, dass schon im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss ein Höchstwasserstand im Neuhofener Altrhein als Voraussetzung der Flutung festgesetzt worden sei; von einer solchen Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses ist jedoch aus den dargelegten Gründen nicht auszugehen.

40

b) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Berufungsgericht das Vorliegen eines zwingenden Versagungsgrundes nach § 31 Abs. 5 Satz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG a.F.) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. August 2002 (BGBl. I S. 3245), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 25. Juni 2005 (BGBl. I S. 1746), verneint. Nach dieser Vorschrift ist der Planfeststellungsbeschluss zu versagen, soweit von dem Ausbau eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwassergefahr oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, zu erwarten ist.

41

Der nähere Inhalt des Begriffs des Wohls der Allgemeinheit ist nur schwer zu bestimmen; er bedarf wegen seiner Abstraktheit der Konkretisierung (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 1989 - 4 C 30.88 - BVerwGE 81, 347 <349> zu § 6 Abs. 1 WHG a.F). Soweit es um Hochwassergefahren geht, hat der Gesetzgeber den Begriff selbst konkretisiert. Ob der Ausbau eines Gewässers die Hochwassergefahr erheblich, dauerhaft und nicht ausgleichbar erhöht (§ 31 Abs. 5 Satz 3 Alt. 1 WHG a.F., nunmehr § 68 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 WHG), ist nicht bezogen auf einzelne Grundstücke, sondern bezogen auf den räumlichen Einwirkungsbereich des Vorhabens insgesamt zu beurteilen. Führt ein dem Hochwasserschutz dienender Gewässerausbau insgesamt zu einer Verringerung der Hochwassergefahr, stellt eine mit dem Ausbau verbundene lokale Erhöhung der Stau-, Grund- und Druckwassergefahren keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit im Sinne des § 31 Abs. 5 Satz 3 Alt. 1 WHG a.F. dar. Derartige Folgeprobleme einer Hochwasserschutzmaßnahme sind im Planfeststellungsverfahren insbesondere durch die Anordnung von Schutzmaßnahen zu bewältigen. Soweit es um die Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, geht (§ 31 Abs. 5 Satz 3 Alt. 2 WHG a.F.), ist eine solche Gesamtbetrachtung hingegen nicht gerechtfertigt; insoweit können auch kleinräumige Zerstörungen solcher Flächen das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigen.

42

Das Berufungsurteil steht mit diesen Grundsätzen in Einklang. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die von den Klägern im Blick auf § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG a.F. geltend gemachten Risiken nur diese selbst in ihrer individuellen Situation träfen. Das Vorhaben führe aber gerade zu einer Minderung der Hochwassergefahr in den Siedlungsgebieten des Rheins. Es bewirke auch keine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen.

43

c) Auch soweit das Berufungsgericht die vom Beklagten vorgenommene Abwägung als rechtmäßig angesehen hat, verstößt das Berufungsurteil - abgesehen von der bereits erörterten Anbindung der Klägerin zu 1 an das Straßennetz - nicht gegen Bundesrecht. Die von den Klägern geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor.

44

aa) Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein auf § 31 Abs. 2 Satz 1 WHG a.F. gestützter Planfeststellungsbeschluss eine planerische Abwägung voraussetzt, in deren Rahmen die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander und untereinander gerecht mit dem Ziel abzuwägen sind, eine inhaltlich in sich abgewogene Planung zu erreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 1978 - 4 C 25.75 - BVerwGE 55, 220 <227>). Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat, in die Abwägung nicht alle Belange eingestellt worden sind, die nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden mussten oder die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Februar 1974 - 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <63 f.>, und vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 54). Diese Maßstäbe hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt und ohne Verstoß gegen Bundesrecht angewandt.

45

bb) Hinsichtlich der Gefahr eines Deichbruchs und des Risikos einer Überschwemmung durch Qualmwasser und Starkregenereignisse ist das Oberverwaltungsgericht unter Berücksichtigung sachverständiger Stellungnahmen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagte die widerstreitenden Belange zutreffend ermittelt und gegeneinander abgewogen hat. Das gilt sowohl für die von der Revision in diesem Zusammenhang ins Feld geführte Möglichkeit der Bildung unterirdischer Kiesrinnen als auch für die Folgen des Zusammentreffens einer Polderflutung mit extremen Niederschlagsereignissen. Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist diese rechtliche Bewertung nicht zu beanstanden. Die Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1974 - 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <64>).

46

Im Hinblick auf die Frage, ob durch das Vorhaben die Gefahr eines Deichbruchs droht, machen die Kläger allerdings eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und der gerichtlichen Aufklärungspflicht sowie ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Der Sachverhalt sei hinsichtlich im Untergrund vorhandener Kiesrinnen mangelhaft aufgeklärt worden. Ihre im Schriftsatz vom 12. Februar 2009 enthaltenen Hilfsbeweisanträge Nr. 6 bis 9 seien zu Unrecht abgelehnt worden. Diese Rügen sind nicht begründet.

47

aaa) Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41>). Das dem Gericht dabei zur Bestimmung von Art und Anzahl einzuholender Sachverständigengutachten nach § 98 VwGO i.V.m. §§ 404, 412 ZPO zustehende Ermessen wird nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung weiterer Gutachten oder gutachterlicher Stellungnahmen absieht, obwohl die Notwendigkeit dieser weiteren Beweiserhebung sich ihm hätte aufdrängen müssen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorliegenden Gutachten oder gutachterlichen Stellungnahmen offen erkennbare Mängel enthalten, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sich aus ihnen Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Gutachter ergeben oder wenn sich herausstellt, dass es sich um eine besonders schwierige Fachfrage handelt, die ein spezielles Fachwissen erfordert, das bei den bisherigen Gutachtern nicht vorhanden ist. Fehlerhaft ist die gerichtliche Ermessensausübung hinsichtlich der Einholung eines Sachverständigengutachtens ferner dann, wenn sich das Gericht eine ihm nicht zur Verfügung stehende Sachkunde zuschreibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. November 1983 - 3 C 56.82 - BVerwGE 68, 177 <182 f.>). Eine Verpflichtung des Berufungsgerichts, zusätzlich zu den vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen weitere Gutachten einzuholen oder in sonstige Ermittlungen einzutreten, besteht hingegen nicht allein schon deshalb, weil ein Beteiligter die bisher vorliegenden Erkenntnisquellen im Ergebnis für unzutreffend hält (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Oktober 1985 - 9 C 3.85 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 38 und vom 6. Oktober 1987 - 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31; Beschluss vom 27. März 2013 - 10 B 34.12 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 109 Rn. 4).

48

bbb) Gemessen an diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht seine Aufklärungspflicht nicht verletzt. Es hat sich mit der Frage der Entstehung von Kiesrinnen und den aus ihnen folgenden Risiken ausführlich befasst. Dabei hat es die Inhomogenität der Bodenschichten nicht in Abrede gestellt, sondern ist zu der Überzeugung gelangt, dass weitere Untersuchungen nicht zu einem Zuwachs an Erkenntnis führen würden und der von Kiesrinnen ausgehenden Gefahr durch Maßnahmen im Verlauf des Polderbaus begegnet werden könne. Dieses Ergebnis hat es auf eine Mehrzahl sachverständiger Stellungnahmen gestützt und sich daher keine ihm nicht zustehende Sachkunde angemaßt.

49

Die Revision beanstandet, dass das Berufungsgericht sich auf ein Grundwassermodell gestützt habe, dem geologische und hydrogeologische Daten zugrunde lägen, die auf einer hydrogeologischen Untersuchung des Rhein-Neckar-Raums sowie der Bodenkarte des geologischen Landesamtes Rheinland-Pfalz beruhten. Es handele sich dabei um großräumige Kartenwerke, die für eine kleinräumig relevante Gefährdungsabschätzung nicht geeignet seien. Damit werden Mängel im oben genannten Sinne nicht aufgezeigt. Die Daten sind nur Grundlage der durchgeführten Untersuchung. Das Berufungsgericht hat selbst ausgeführt, dass das dabei verwendete Grundwassermodell Schwachstellen aufweise und der maximale Wasserandrang mit dem Modell nicht genau bestimmt werden könne. Diese Ungenauigkeiten könnten aber mit einer konservativen Abschätzung der Modellparameter kompensiert werden, was hier auch erfolgt sei. Weitere Untersuchungen seien nur mit einem unzumutbaren Aufwand möglich und könnten keine erheblich höhere Sicherheit vermitteln (UA S. 66). Diese Ausführungen lassen nicht erkennen, dass die vom Berufungsgericht herangezogenen sachverständigen Stellungnahmen offen erkennbare Mängel enthielten oder von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgingen. Ebenso wenig lässt sich darauf der weitere Vorwurf der Kläger stützen, dass das Berufungsgericht das Problem der oberflächennahen Inhomogenität bei Kies- oder Grobsandrinnen verkannt habe.

50

ccc) Soweit die Kläger rügen, die Hilfsbeweisanträge Nr. 6 bis 9 seien zu Unrecht abgelehnt worden, wird dies in der Revisionsbegründung nicht näher dargelegt. Insoweit ist daher nicht erkennbar, weshalb sich die Einholung gerade der dort für notwendig erachteten Sachverständigengutachten dem Berufungsgericht hätte aufdrängen müssen.

51

ddd) Der von den Klägern weiter gerügte Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt ebenfalls nicht vor. Das auf die Entstehung und die Folgen von Kiesrinnen bezogene Vorbringen der Kläger und ihres Sachverständigen ist im Berufungsurteil zusammenfassend wiedergegeben (UA S. 64). Dass das Berufungsgericht diesem Vorbringen nicht gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß.

52

cc) Im Hinblick auf die Problematik der Überschwemmungsgefahr durch Qualmwasser und kumulierende Starkregenereignisse macht die Revision ebenfalls einen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs geltend. Auch insoweit habe das Berufungsgericht ihre Hilfsbeweisanträge im Schriftsatz vom 12. Februar 2009 (Nr. 3 - teilweise - sowie Nr. 4 und 5) zu Unrecht abgelehnt.

53

Hieraus ergibt sich nach den dargelegten rechtlichen Maßstäben kein Aufklärungsmangel. Das Berufungsgericht hat sich mit den Risiken einer Überschwemmung, die sich aus dem gleichzeitigen Auftreten von Qualmwasser und Starkregenereignissen ergeben können, auseinandergesetzt und dabei insbesondere nicht verkannt, dass ein Anstieg des Neuhofener Altrheins grundsätzlich auch Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel in A. haben könnte (UA S. 61 ff.). Warum sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit weiterer sachverständiger Stellungnahmen hätte aufdrängen müssen, ist weder dargelegt noch somit ersichtlich; die Kläger halten lediglich die Ergebnisse der sachverständigen Stellungnahmen, auf die das Berufungsurteil gestützt ist, für unzutreffend. Ihren Anspruch auf rechtliches Gehör hat das Berufungsgericht, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, ebenfalls nicht verletzt.

54

dd) Schließlich verstößt das Berufungsurteil hinsichtlich der in dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss getroffenen Standortauswahl nicht gegen Bundesrecht.

55

aaa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung im Rahmen der fachplanungsrechtlichen Abwägung müssen ernsthaft in Betracht kommende Standortalternativen ermittelt, bewertet und untereinander abgewogen werden. Die Standortwahl ist erst dann rechtswidrig, wenn sich die verworfene Alternative entweder als die eindeutig vorzugswürdige Lösung hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 98 und vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 66). Von einer Alternative kann nicht mehr gesprochen werden, wenn eine Variante auf ein anderes Projekt hinausläuft. Das ist dann der Fall, wenn ein mit dem Vorhaben verbundenes wesentliches Ziel mit einer Alternative nicht mehr erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 143; Beschluss vom 16. Juli 2007 - 4 B 71.06 - juris Rn. 42).

56

Das Berufungsgericht hat - ausgehend von diesen Grundsätzen - dargelegt, welche Erwägungen zu der Entscheidung für den gewählten Standort des Vorhabens geführt haben. Es hat die Reduzierung der Hochwasserspitzen und die Entkoppelung der Hochwasserwellen im Bereich der Neckarmündung - mit dem Ziel einer Abwehr des Hochwassers in M. und L. - als wesentliche Ziele der Planung gewertet, die am Standort H. nicht verwirklicht werden könnten. Die Errichtung einer Wasserrückhaltung am Standort H. stellt hiernach keine zumutbare Alternative dar.

57

bbb) Die im Hinblick auf die Standortauswahl erhobenen Verfahrensrügen sind unbegründet. Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht sei ihren Hilfsbeweisanträgen in einem (weiteren) Schriftsatz vom 12. Februar 2009 zu Unrecht nicht nachgegangen. Diese Hilfsbeweisanträge sind auf Umstände gerichtet, aus denen sich aus Sicht der Kläger die Vorzugswürdigkeit des Standorts H. ergibt.

58

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass das mit dem Polder A./W./N. verfolgte Ziel der Hochwasserscheitelreduzierung auch mit einem Polder am Standort H. erreicht werden könne, hat das Oberverwaltungsgericht abgelehnt, weil die Kläger dem Vortrag des Fachreferenten für Hochwasserschutz Dr. M., wonach mit dem Polder im Bereich A. eine wesentlich höhere Scheitelreduktion der Hochwasserwelle als durch eine vergleichbare Variante im Bereich H. erreicht werden könne, nicht substantiiert widersprochen hätten (UA S. 57). Der Einwand fehlender Substantiierung rechtfertigt es grundsätzlich, von weiterer Sachverhaltsaufklärung abzusehen (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2013 - 7 B 16.13 - juris Rn. 5 f.). Die Kläger zeigen nicht auf, dass das Oberverwaltungsgericht die Substantiierungsanforderungen, die sich nach der konkreten prozessualen Situation richten, überspannt haben könnte. Die übrigen Hilfsbeweisanträge waren auf Umstände gerichtet, aus denen sich insbesondere im Hinblick auf Belange des Naturschutzes die Vorzugswürdigkeit des Standortes H. ergeben sollte. Diese Umstände waren, da dieser Standort für den Hochwasserschutz im Bereich der Neckarmündung aus den dargelegten Gründen schon keine Alternative darstellt, nicht entscheidungserheblich.

59

5. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise die von den Klägern angeregte Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszuges in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1967 - 4 C 147.65 - BVerwGE 28, 317), liegen nicht vor.

(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.

(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.

(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.

(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.

(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist;
2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind;
3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann;
4.
dass
a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können,
b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
Nicht ortsansässige Betroffene, deren Person und Aufenthalt bekannt sind oder sich innerhalb angemessener Frist ermitteln lassen, sollen auf Veranlassung der Anhörungsbehörde von der Auslegung mit dem Hinweis nach Satz 2 benachrichtigt werden.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.

(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.

(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.

(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.

(1) Der Planfeststellungsbeschluss nach § 35 Absatz 2 darf nur erlassen oder die Plangenehmigung nach § 35 Absatz 3 darf nur erteilt werden, wenn

1.
sichergestellt ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird, insbesondere
a)
keine Gefahren für die in § 15 Absatz 2 Satz 2 genannten Schutzgüter hervorgerufen werden können,
b)
Vorsorge gegen die Beeinträchtigungen der in § 15 Absatz 2 Satz 2 genannten Schutzgüter in erster Linie durch bauliche, betriebliche oder organisatorische Maßnahmen entsprechend dem Stand der Technik getroffen wird und
c)
Energie sparsam und effizient verwendet wird,
2.
keine Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betreibers oder der für die Errichtung, Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder für die Nachsorge der Deponie verantwortlichen Personen ergeben,
3.
die Personen im Sinne der Nummer 2 und das sonstige Personal über die für ihre Tätigkeit erforderliche Fach- und Sachkunde verfügen,
4.
keine nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines anderen zu erwarten sind und
5.
die für verbindlich erklärten Feststellungen eines Abfallwirtschaftsplans dem Vorhaben nicht entgegenstehen.

(2) Dem Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses oder der Erteilung einer Plangenehmigung stehen die in Absatz 1 Nummer 4 genannten nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines anderen nicht entgegen, wenn sie durch Auflagen oder Bedingungen verhütet oder ausgeglichen werden können oder der Betroffene den nachteiligen Wirkungen auf sein Recht nicht widerspricht. Absatz 1 Nummer 4 gilt nicht, wenn das Vorhaben dem Wohl der Allgemeinheit dient. Wird in diesem Fall der Planfeststellungsbeschluss erlassen, ist der Betroffene für den dadurch eingetretenen Vermögensnachteil in Geld zu entschädigen.

(3) Die zuständige Behörde soll verlangen, dass der Betreiber einer Deponie für die Rekultivierung sowie zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nach Stilllegung der Anlage Sicherheit im Sinne von § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs leistet oder ein gleichwertiges Sicherungsmittel erbringt.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss und die Plangenehmigung nach Absatz 1 können von Bedingungen abhängig gemacht, mit Auflagen verbunden und befristet werden, soweit dies zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit erforderlich ist. Die zuständige Behörde überprüft regelmäßig sowie aus besonderem Anlass, ob der Planfeststellungsbeschluss und die Plangenehmigung nach Absatz 1 dem neuesten Stand der in Absatz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 genannten Anforderungen entsprechen. Die Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen über Anforderungen an die Deponie oder ihren Betrieb ist auch nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses oder nach der Erteilung der Plangenehmigung zulässig. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, wann die zuständige Behörde Überprüfungen vorzunehmen und die in Satz 3 genannten Auflagen zu erlassen hat.

(1) Deponien oder Deponieabschnitte der Klasse 0, I, II oder III sind so zu errichten, dass die Anforderungen nach Absatz 3 sowie nach Anhang 1 an den Standort, die geologische Barriere und das Basisabdichtungssystem eingehalten werden.

(2) Deponien der Klasse IV sind nur im Salzgestein und so zu errichten, dass die Anforderungen nach Absatz 3 und nach Anhang 2 Nummer 1 an Standort und geologische Barriere sowie nach Anhang 2 Nummer 2 zur standortbezogenen Sicherheitsbeurteilung eingehalten werden.

(3) Der Deponiebetreiber hat auf der Deponie außer einem Ablagerungsbereich mindestens einen Eingangsbereich einzurichten. Er hat die Deponie so zu sichern, dass ein unbefugter Zugang zu der Anlage verhindert wird. Die zuständige Behörde kann für Deponien der Klasse 0 und Monodeponien Ausnahmen von den Anforderungen nach den Sätzen 1 und 2 zulassen, wenn eine Beeinträchtigung des Wohles der Allgemeinheit nicht zu besorgen ist.

(4) Hat die zuständige Behörde bei Deponien der Klasse 0 auf Grund einer Bewertung der Risiken für die Umwelt entschieden, dass die Sammlung und Behandlung von Sickerwasser nicht erforderlich ist, oder wurde festgestellt, dass die Deponie keine Gefährdung für Boden, Grundwasser oder Oberflächenwasser darstellt, so können die Anforderungen nach Absatz 1 entsprechend herabgesetzt werden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; so bereits Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; siehe auch Beschluss vom 1. Februar 2011 - BVerwG 7 B 45.10 - juris Rn. 15).

4

Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob § 3 Abs. 3 der 12. BImSchV (ggf. i.V.m. § 9 Abs. 1 der Bergverordnung für Tiefbohrungen, Untergrundspeicher und für die Gewinnung von Bodenschätzen durch Bohrungen im Land Nordrhein-Westfalen), soweit nach dieser Vorschrift Sicherheitsabstände (Achtungsabstände) einzuhalten sind, um die Auswirkungen von Dennoch-Störfällen so gering wie möglich zu halten, die Pflicht zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG konkretisiert oder aber die Pflicht des Errichters und Betreibers einer genehmigungspflichtigen Anlage gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG näher bestimmt, Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren zu treffen mit der Folge, dass die Pflicht, gemäß § 3 Abs. 3 der 12. BImSchV (ggf. i.V.m. § 9 Abs. 1 BVOT) einen Sicherheitsabstand zur Auswirkungsbegrenzung von vernünftigerweise ausgeschlossenen Dennoch-Störfällen einzuhalten, nicht nachbarschützend ist und keine bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmepflichten nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB zwischen dem Anlagenbetreiber und einem benachbarten Bauherrn begründet,

und

ob bei der Bemessung des erforderlichen Sicherheitsabstandes nach § 9 Abs. 1 BVOT, § 3 Abs. 3 der 12. BlmSchV dann, wenn als Grenze eine Wärmestrahlung gewählt wird, bei der letale Folgen selbst innerhalb eines Wohngebäudes unmittelbar zu erwarten stehen, im Gegenzug bei der Betrachtung des Störfallszenarios eine Windstärke von 10 m/s, d.h. eine Starkwindlage, von dem Störfallbetrieb in Richtung auf das schutzwürdige Vorhaben ungeachtet ihrer konkreten Wahrscheinlichkeit nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen ist.

5

Diese Fragen rechtfertigen - soweit sie überhaupt einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich sind - die Zulassung der Revision nicht, weil es auf sie nicht (mehr) entscheidungserheblich ankommt. Nach der Grundsatzentscheidung des Senats vom 20. Dezember 2012 - BVerwG 4 C 11.11 - (zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen) ist den Anforderungen, die Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG (sog. Seveso-II-Richtlinie) an die Zulassung von Vorhaben in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs stellt, durch eine richtlinienkonforme Auslegung des in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots Rechnung zu tragen. Die Grundsätze, die der Senat in der vorbezeichneten Entscheidung entwickelt hat, finden - ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte - im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Belangs des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, der eine besondere Ausprägung des nachbarlichen Gebots der Rücksichtnahme darstellt, entsprechende Anwendung. Damit kann sich ein unter die Richtlinie 96/82/EG fallender Betrieb (wie hier - nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - der Betrieb der Beigeladenen) darauf berufen, der von Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG geforderte "angemessene Abstand" werde durch ein geplantes Wohnbauvorhaben nicht eingehalten; dieses sei gegenüber dem Betrieb rücksichtslos. Dem entsprechend kommt es nicht mehr darauf an, ob § 3 Abs. 3 der 12. BImSchV (ggf. i.V.m. § 9 Abs. 1 BVOT) selbst drittschützende Wirkung zukommt bzw. anhand welcher Faktoren der nach § 9 Abs. 1 BVOT bzw. § 3 Abs. 3 der 12. BImSchV erforderliche Sicherheitsabstand zu bemessen ist.

6

2. Die Entscheidung des Senats vom 20. Dezember 2012 (a.a.O.) nötigt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (siehe zur "überholten" Grundsatzrüge etwa Beschlüsse vom 11. Februar 1986 - BVerwG 8 B 7.85 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 240 = juris Rn. 3, vom 9. April 1999 - BVerwG 9 B 21.99 - juris Rn. 3 und vom 21. Februar 2000 - BVerwG 9 B 57.00 - juris Rn. 6). Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Vorhaben der Klägerin deshalb planungsrechtlich unzulässig sei, weil es Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB beeinträchtige und damit zugleich zulasten der Beigeladenen einen Verstoß gegen das in dieser Vorschrift enthaltene Rücksichtnahmegebot begründe (UA S. 24); auf S. 47 des Urteilsabdrucks werden zudem die Kriterien angewendet, die der Europäische Gerichtshof in der Vorabentscheidung vom 15. September 2011 - Rs. C-53/10 - (ABl EU 2011 Nr. C 319 S. 5 = ZfBR 2011, 763) genannt hat. Das entspricht dem Urteil des Senats vom 20. Dezember 2012 (a.a.O.).

7

3. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die geltend gemachten Verfahrensfehler sind entweder schon nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt oder liegen jedenfalls nicht vor.

8

Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. Beschlüsse vom 10. November 1992 - BVerwG 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5 und vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26). Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Verfahrensmangel leidet, ist dabei vom materiellrechtlichen Standpunkt der Tatsacheninstanz aus zu beurteilen, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. etwa Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>; Beschlüsse vom 25. Januar 2005 - BVerwG 9 B 38.04 - NVwZ 2005, 447 <449> = juris Rn. 21, insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 22 und vom 20. Dezember 2010 - BVerwG 5 B 38.10 - juris Rn. 18).

9

a) Soweit die Klägerin geltend macht, ein Verfahrensfehler liege darin, dass bereits der Beschluss über die Zulassung der Berufung verfahrensfehlerhaft ergangen sei, verkennt sie, dass sie die Zulassung der Revision mit einer solchen Rüge schon deshalb nicht erreichen kann, weil die Zulassung der Berufung als unanfechtbare Vorentscheidung nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO einer Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich entzogen ist (vgl. etwa Beschlüsse vom 30. September 2005 - BVerwG 1 B 26.05 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 82 = juris Rn. 6 und vom 14. Dezember 2006 - BVerwG 1 B 272.06 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 33 Rn. 3). Das gleiche gilt, soweit die Beschwerde einen Verfahrensfehler darin sieht, dass das Oberverwaltungsgericht den Antrag der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens (§ 94 VwGO) abgelehnt hat (Beschluss vom 13 September 2005 - BVerwG 7 B 14.05 - juris Rn. 20 f.); diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO ebenfalls unanfechtbar.

10

Der weiter in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, das Oberverwaltungsgericht habe die Berufung zu Unrecht als zulässig erachtet, weil die Beigeladene als Berufungsführerin zur Zeit der Zulassung der Berufung zwar Eigentümerin, nicht aber Betreiberin des Gaskavernenspeichers gewesen sei, greift nicht, denn jedenfalls im für die Zulässigkeit der Berufung maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2011 war die Beigeladene (unstreitig auch) Betreiberin, womit unter diesem Gesichtspunkt gegen die Zulässigkeit der Berufung keine Bedenken bestehen.

11

b) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) verletzt. Das gilt sowohl hinsichtlich des Vorwurfs, das Oberverwaltungsgericht habe sich mit bestimmten Ausführungen der Klägerin nicht auseinander gesetzt (1), nicht in das Verfahren eingeführte und zudem in Englisch verfasste Beweismittel im Urteil verwertet (2) als auch in Bezug auf den Vorhalt, es habe Beweisanträge zu Unrecht abgelehnt (3).

12

(1) Ein Verstoß gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, liegt vor, wenn das Gericht seiner Verpflichtung, die für die Entscheidung erheblichen Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht nachkommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 1992 - 1 BvR 168/89 u.a. - BVerfGE 87, 363 <392>; BVerwG, Urteile vom 29. November 1985 - BVerwG 9 C 49.85 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 177 und vom 20. November 1995 - BVerwG 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22 f.; jeweils m.w.N.). Daraus folgt aber keine Verpflichtung des Gerichts, jeglichen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden (Beschluss vom 21. Februar 2000 a.a.O. Rn. 8). Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht ein bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Dieser Ausnahmefall liegt indessen nicht vor, wenn das Gericht den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt gelassen hat, namentlich wenn er nach der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts nicht entscheidungserheblich war (vgl. etwa Beschlüsse vom 22. Mai 2006 - BVerwG 10 B 9.06 - juris Rn. 14, vom 13. Dezember 2010 - BVerwG 7 B 64.10 - juris Rn. 24 und vom 21. Mai 2012 - BVerwG 7 B 70.11 - juris Rn. 12). Zudem verpflichten Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO die Gerichte nicht dazu, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (BVerfG, Urteil vom 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86 u.a. - BVerfGE 87, 1 <33>).

13

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Rüge der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht habe sich mit ihrem Vortrag nicht auseinandergesetzt, die mit ihrem Bauantrag verfolgte Nutzung der ehemaligen Katstelle als Wohnung verlange von der Beigeladenen keine größeren Rücksichtnahmepflichten und keine weiteren Vorkehrungen als die auf dem Grundstück bereits regelmäßig praktizierte Nutzung der Katstelle als Wochenend- und Freizeitwohnung sowie des Grundstückes als Garten, als unbegründet. Ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 3, 34, 48, 49) beleuchtet das Oberverwaltungsgericht die Folgen der Zulassung des klägerischen Vorhabens für die Beigeladene. Dabei stellt es fest, dass die von der Klägerin derzeit ausgeübte Nutzung nicht genehmigt ist, mithin keinen Bestandsschutz genießt, und die Beigeladene bei Zulassung des klägerischen Vorhabens erstmals auf eine legalerweise ausgeübte Wohnnutzung Rücksicht nehmen müsste, was gegebenenfalls zu nachträglichen Betriebseinschränkungen führen könne. Damit erübrigen sich aber weitere Erörterungen im Hinblick auf eine etwaige "Vorbelastung", auf die die Klägerin offensichtlich abstellt. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf den Vorlagebeschluss des Senats vom 3. Dezember 2009 - BVerwG 4 C 5.09 - (Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 209 Rn. 14) an den Europäischen Gerichtshof verweist, sind die vom Senat dort gemachten Ausführungen zur Berücksichtigung einer etwaigen Vorbelastung durch die - auch schon vom Oberverwaltungsgericht berücksichtigte - Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 15. September 2011 (a.a.O.) sowie das Urteil des Senats vom 20. Dezember 2012 (a.a.O.) sachlich überholt. Danach ist das Kriterium der Vorbelastung im Störfallrecht bei richtlinienkonformer Handhabung unbrauchbar (Urteil vom 20. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 34 a.E.).

14

(2) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die schlüssige Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt worden, regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen voraus, was der Beteiligte bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. etwa Beschlüsse 31. Juli 1985 - BVerwG 9 B 71.85 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 28 = juris Rn. 6 m.w.N., vom 19. März 1991 - BVerwG 9 B 56.91 - Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 25 = juris Rn. 7, vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 = juris Rn. 4, vom 22. April 1999 - BVerwG 9 B 188.99 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 44 = juris Rn. 3 und vom 28. Januar 2003 - BVerwG 4 B 4.03 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 53 = juris Rn. 4). Daran fehlt es hier, soweit die Klägerin rügt, dass sich das Oberverwaltungsgericht das Handbuch zum Programm ALOHA aus dem Internet besorgt, es selbst vom Englischen ins Deutsche - soweit erforderlich - übersetzt und im Urteil verwertet habe, obwohl das Handbuch nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung und schon gar nicht in deutscher Übersetzung gewesen sei. Insofern legt sie schon nicht dar, was sie diesbezüglich bei ausreichender Gehörsgewährung (noch) vorgetragen hätte. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, denn die vom Oberverwaltungsgericht verwendeten Aussagen im englischen Handbuch (es handelt sich um einen Satz) waren für das Gericht jedenfalls nicht entscheidungserheblich, das Urteil beruht mithin nicht hierauf. Denn das Berufungsgericht hat die Berechnungen des Gutachters der Klägerin auf der Grundlage des Programms ALOHA bereits aufgrund der Angaben im TÜV-Gutachten sowie in dem Gutachten des LANUV als falsch bewertet (UA S. 42) und dieses Ergebnis nur noch ergänzend - im Wege einer Hilfsbegründung - durch das Handbuch zu besagtem Programm als bestätigt angesehen (UA S. 42). Diese Hilfsbegründung kann jedoch hinweggedacht werden, ohne dass sich am Ergebnis (Feststellung der fehlerhaften Anwendung des Programms ALOHA durch die Gutachter der Klägerin) etwas ändert.

15

(3) Ein Gehörsverstoß kann auch nicht darin gesehen werden, dass das Oberverwaltungsgericht die Beweisanträge Nr. 1 und 4 der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2011 abgelehnt hat.

16

Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt nicht gegen eine nach Meinung eines Beteiligten sachlich unrichtige Ablehnung eines Beweisantrags (Beschlüsse vom 7. Oktober 1987 - BVerwG 9 CB 20.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 31 und vom 14. Mai 2008 - BVerwG 4 B 46.07 - juris Rn. 28). Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings dann verletzt, wenn die Ablehnung eines als sachdienlich und erheblich angesehenen Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, Beschlüsse vom 30. Januar 1985 - 1 BvR 393/84 - BVerfGE 69, 141 <143 f.> und vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerfGE 105, 279 <311>; BVerwG, Beschluss vom 24. März 2000 - BVerwG 9 B 530.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308 S. 16), mithin auf sachfremde Erwägungen gestützt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1988 - 1 BvR 818.88 - BVerfGE 79, 51 <62>). Wie bereits ausgeführt, ist hierfür maßgebend auf den materiellrechtlichen Standpunkt der angegriffenen Entscheidung abzustellen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht erfordert eine entsprechende Rüge den substantiierten Vortrag, dass die Ablehnung des Beweisantrags fehlerhaft erfolgt ist, die Begründung der Ablehnungsentscheidung im Gesetz keine Stütze findet und deshalb das rechtliche Gehör verletzt worden ist (Beschluss vom 13. Dezember 2002 - BVerwG 1 B 95.02 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 67 = juris Rn. 6). Hieran fehlt es vorliegend.

17

(3.1) Der Beweisantrag Nr. 1 der Klägerin zielte auf die Einholung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen für Physik, insbesondere für Strömungsphysik, bezüglich der Innenrauhigkeit des Steigrohres in der Kaverne Victor 2 (Nr. 1.1), der Unwahrscheinlichkeit eines sog. Guillotinebruchs am Kavernenkopf (Nr. 1.2), der fehlenden Berücksichtigung einer starken Kontraktion und eines starken Reibungsverlusts am Übergang von Kaverne zum Rohrschuh in den Berechnungen des TÜV von 2006 und des LANUV von 2011 (Nr. 1.3), der maximalen Höhe des Massestroms am Kavernenkopf (Nr. 1.4) sowie dazu, dass die zum Abriss des Kavernenkopfes notwendige Druckbelastung am Kavernenkopf nicht auftreten könne (Nr. 1.5).

18

Diesen Beweisantrag hat das Oberverwaltungsgericht abgelehnt. Die Klägerin sieht hierin einen Verfahrensfehler. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Begründung stelle dies eine vorweggenommene Beweiswürdigung dar und beinhalte die Aussage, das Gericht halte den Sachverhalt bereits für hinreichend geklärt. Mit einer solchen Begründung könne ein Beweisantrag nicht in rechtmäßiger Weise abgelehnt werden.

19

Nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (Urteile vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom 6. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 = juris Rn. 10). Die Entscheidung eines Tatsachengerichts über Art und Anzahl einzuholender Sachverständigengutachten steht dabei gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO grundsätzlich in seinem tatrichterlichen Ermessen (z.B. Urteil vom 8. Juni 1979 - BVerwG 4 C 1.79 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 120 = NJW 1980, 900). Die unterlassene Einholung eines Obergutachtens stellt deshalb nur dann einen Verfahrensmangel dar, wenn sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen (Beschluss vom 13. März 1992 - BVerwG 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268 = juris Rn. 5), weil die bereits vorliegenden Gutachten nicht den ihnen obliegenden Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (stRspr, u.a. Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156> = Buchholz 448.0 § 8a WPflG Nr. 2; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 und vom 30. August 1993 - BVerwG 2 B 106.93 - juris Rn. 2). Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausweislich der Begründung der Entscheidung über die Ablehnung des Beweisantrags, die es in seinem Urteil (UA S. 43, 45, 46) noch weiter präzisiert hat, rechtsfehlerfrei ausgegangen. Von einer unzulässigen vorweggenommenen Beweiswürdigung kann damit keine Rede sein. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr angenommen, dass durch die in das Verfahren eingeführten Gutachten ihm die erforderliche Sachkunde bereits soweit vermittelt wurde, um im Wege der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO) den vorliegend maßgeblichen Mindestabstand zwischen dem klägerischen Vorhaben und dem Gaskavernenspeicher der Beigeladenen bestimmen zu können. Das Oberverwaltungsgericht hat sich des Weiteren auf den Seiten 39 bis 46 des Entscheidungsabdrucks ausführlich mit den in das Verfahren - auch von Seiten der Klägerin - eingebrachten bzw. den von ihm eingeholten Gutachten auseinander gesetzt, hat diese umfassend gewürdigt und ist bezüglich des maßgeblichen Sicherheitsabstandes letztlich der durch das LANUV-Gutachten bestätigten Ansicht des TÜV gefolgt, weil es dieses für überzeugend gehalten hat (UA S. 37). Hiermit setzt sich die Klägerin nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise auseinander.

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(3.2) Schließlich rügt die Klägerin, auch Beweisantrag Nr. 4 sei in der mündlichen Verhandlung unzulässigerweise abgelehnt worden. Danach sollte den Gutachtern der Gegenseite aufgegeben werden, ihre iterative Berechnung des Massestroms einschließlich der zugehörigen Excel-Tabellen vorzulegen, sowie der Klägerin und ihrem Sachverständigen Gelegenheit gegeben werden, dazu Stellung zu nehmen. Das Oberverwaltungsgericht lehnte diesen Beweisantrag mit der Begründung ab, die eingeforderten Vorlagen würden erkennbar keine relevanten Erkenntnisse erbringen. Die Beschwerde wirft dem Oberverwaltungsgericht insofern vor, den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt zu haben (§ 86 Abs. 1 VwGO), weil es seine Entscheidung nur auf ein Gutachten stützen dürfe, das schlüssig und nachvollziehbar sei. Das setze gerade im Streit um wissenschaftliche Fragen voraus, dass die methodischen und rechnerischen Schritte, mit denen ein Sachverständiger zu einer Erkenntnis gelangt sei, nachvollzogen werden könnten. Dem habe der Beweisantrag Nr. 4 gedient. Ein Verfahrensfehler ist damit nicht dargetan. Inwieweit Ausgangsdaten und Verarbeitungsschritte einer gutachterlichen Stellungnahme offen gelegt werden müssen, um deren Verwertbarkeit überprüfen zu können, ist eine Frage der Beweiswürdigung und der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO), die sich regelmäßig nicht allgemeingültig beantworten lässt (Beschlüsse vom 1. April 2009 - BVerwG 4 B 61.08 - NVwZ 2009, 910 Rn. 24 und vom 14. April 2011 - BVerwG 4 B 77.09 - juris Rn. 44). Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Eingabegrößen und die Berechnungsgrundlagen im Anhang der Stellungnahme des LANUV aufgeführt sind (UA S. 44). Hinweise, auf durchgreifende, die Aussagekraft der Abschätzung in relevantem Umfang relativierende Fehler bei den Berechnungsgrundlagen, welche Anlass hätten geben können, die angelegten Excel-Tabellen anzufordern, hat das Oberverwaltungsgericht ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 44) nicht gefunden. Vor diesem Hintergrund hätte die Beschwerde darlegen müssen, dass bei der Aufnahme der Grundlagendaten und der Berechnungen Fehler unterlaufen sein könnten (Urteil vom 13. Oktober 2011 - BVerwG 4 A 4000.09 - juris Rn. 61 a.E. für eine Verkehrsprognose). Daran fehlt es.

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c) Letztlich liegt auch keine sogenannte aktenwidrige Entscheidung vor.

22

Die Verfahrensrüge, das Gericht habe den Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, betrifft den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und das Gebot der sachgerechten Ausschöpfung des vorhandenen Prozessstoffes (§ 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie bedingt die schlüssig vorgetragene Behauptung, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben (Beschluss vom 19. November 1997 - BVerwG 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 = juris Rn. 6). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss dieser Widerspruch offensichtlich sein, so dass es einer weiteren Beweiserhebung zur Klärung des Sachverhalts nicht bedarf; der Widerspruch muss "zweifelsfrei" sein (z.B. Urteil vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338). Diese Voraussetzungen sind durch die Beschwerde nicht dargetan.

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(1) Die Klägerin rügt, das Gericht habe den Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, weil es davon ausgehe, dass bei Erreichen einer Wärmestrahlung von 12 kW/qm ein Wohngebäude regelmäßig keinen hinreichenden Schutz mehr biete, sondern mit letalen Folgen zu rechnen sei (UA S. 39). Aus den Akten ergebe sich - so die Klägerin - jedoch genau das Gegenteil. Dieser Einwand greift nicht durch. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei der genannten Passage im Urteil vom 15. Dezember 2011 lediglich um eine Ungenauigkeit in der Diktion handelt. Das folgt daraus, dass das Oberverwaltungsgericht im weiteren Verlauf seiner Prüfung davon ausgeht, dass der Wert von 12 kW/qm aufgrund der Unterschreitung des Sicherheitsabstandes von 85 m durch das verfahrensgegenständliche Gebäude (ca. 75 m Entfernung) überschritten wird und es infolgedessen zu einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme komme. Die Annahme, dass die typischen in Deutschland anzutreffenden Gebäude bei einer Wärmestrahlung von mehr als 12 kW/qm - somit auch das klägerische Gebäude - keinen ausreichenden Schutz vor letalen Folgen mehr bieten, entspricht jedoch der Aktenlage.

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(2) Die Klägerin rügt des Weiteren, dass das Oberverwaltungsgericht bezüglich des der Ausbreitungsbetrachtung zugrunde zu legenden Massenstroms, d.h. der im Störfall auftretenden Emissionen am Kavernenkopf, hinsichtlich der insoweit maßgeblichen Parameter (Ideal-/Realgasverhalten, Druck, Strömungsdurchmesser/Ausströmungsquerschnitt, Inburex-Sicherheitsbericht 2002) von einem aktenwidrigen Sachverhalt ausgegangen sei. Insofern legt sie jedoch schon keinen "offensichtlichen" bzw. "zweifelsfreien" Widerspruch entsprechend obigen Grundsätzen dar, sondern ersetzt die Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts durch eine eigene. Das gilt umso mehr, als die genannten Parameter, ihre Bestimmung und ihre Bedeutung für den maßgeblichen Sicherheitsabstand zwischen den Beteiligten sowie den Gutachtern im Verfahren heftig umstritten waren. Damit fehlt es bereits an der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Darlegung.

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4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 3. August 2011 – 5 K 951/10 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für das Berufungszulassungsverfahren auf 15.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist Eigentümer des Wohnanwesens C-Straße im Ortsteil H… der Gemeinde C-Stadt. Er wendet sich gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Windkraftanlage am „Großen Elmersberg“.(vgl. dazu bereits OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.2.2008 – 2 R 11/06 –, BRS 73 Nr. 97, Bauvorbescheid zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit)

Im April 2009(vgl. den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 27.4.2009 – Nr. M – 10/2009 –) erteilte der Beklagte dem Vertreter der Beigeladenen, der heutigen Betreiberin, eine Genehmigung für die „Errichtung und den Betrieb von einer Windkraftanlage vom Typ Enercon E53“ (Nennleistung 800 KW, Nabenhöhe 73,3 m, Rotordurchmesser 53 m). Der genehmigte Standort auf der Parzelle Nr. 26 in Flur 27 der Gemarkung D…. ist in nördlicher Richtung etwa 620 m vom Grundstück des Klägers entfernt. Nach der Nebenbestimmung B.1 dürfen die durch den Betrieb der Anlage verursachten Geräusche einschließlich eines in der zu den Genehmigungsunterlagen gehörigen Schallprognose enthaltenen Sicherheitszuschlags von 2,5 dB(A) während der Nachtzeit unter anderem an dem Nachbaranwesen des Klägers (Nr. 82, dort Immissionspunkte 5 und 6) einen auf der Grundlage der TA-Lärm 1998 ermittelten Immissionsrichtwert von 35 dB(A) nicht überschreiten. Dessen Einhaltung ist binnen 6 Monaten nach Inbetriebnahme durch eine qualifizierte Messung unter schalltechnisch ungünstigsten Umständen (worst case), unter anderem bei einer Windstärke von 10 m/s (entspricht 36 Km/h), nachzuweisen (B.2).

Ausweislich der Baubeginnanzeige wurde Anfang Juni 2009 mit den Bauarbeiten zur Ausführung des Vorhabens begonnen.

Anfang März 2010 erhob der Kläger Widerspruch gegen die ihm nicht förmlich bekannt gegebene Genehmigung. Er machte unter anderem geltend, dass die Anlage von ihren Auswirkungen her für ihn unzumutbar sei. Der in der Genehmigung vorgegebene Lärmrichtwert sei beim Nachtbetrieb der auf einer Anhöhe über dem Wohngebiet geplanten Anlage nicht einzuhalten. In der Schallprognose seien die zu erwartenden Reflexionen nicht berücksichtigt worden. Über die vorgesehene Abnahmemessung, die der Beklagte zu Unrecht als Teil des Genehmigungsverfahrens ansehe, hinaus müssten alle Genehmigungsvoraussetzungen vorab geprüft werden. Eine Genehmigung dürfe erst erteilt werden, wenn die der Bewertung zugrunde liegenden Prognosen „auf der sicheren Seite“ lägen. Das lasse sich nicht durch die Festlegung von Obergrenzen regulieren. Belastungen durch beim Betrieb von Windkraftanlagen auftretendem Infraschall in der Tonhöhenwahrnehmung des Menschen nicht zugänglichen Frequenzen unter 16 bzw. 20 Hz seien vom Beklagten nicht geprüft worden. Die Errichtung der Anlage habe zudem eine enorme Minderung des Wertes seines Grundstücks zur Folge. Immobilien in der Nähe von Windkraftanlagen ließen sich nur schlecht oder gar nicht verkaufen.

Im Mai 2010(vgl. VG des Saarlandes, Beschluss vom 5.5.2010 – 5 L 217/10 -) hat das Verwaltungsgericht einen Antrag des Klägers auf Änderung seines Beschlusses vom Juni 2009 zurückgewiesen,(vgl. VG des Saarlandes, Beschluss vom 24.6.2009 – 5 L 505/09 -) mit dem die sofortige Vollziehbarkeit des Genehmigungsbescheids – damals aus Anlass eines von der Gemeinde C-Stadt eingelegten, später zurückgenommenen Widerspruchs gegen die Genehmigung – angeordnet worden war.

Nach der Zurückweisung seines Widerspruchs im August 2010(vgl. den Widerspruchsbescheid des (damaligen) Ministeriums für Umwelt, Energie und Verkehr vom 17.8.2010 – E/4 – 65.1.2 – 285/09-BR –) hat der Kläger im September 2010 die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft sowie die Einholung eines unabhängigen Sachverständigengutachtens zu den tatsächlichen nächtlichen Immissionen an seinem Anwesen und zum Infraschall, der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen „enorme körperliche Belastungen bis hin zu schweren Erkrankungen“ hervorrufen könne, unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch vorhandene Anlagen für geboten erachtet hat. Zwei von ihm veranlasste Messungen im Juli und August 2010 hätten ergeben, dass der vom Beklagten festgesetzte Richtwert deutlich überschritten werde

Der Kläger hat beantragt,

den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 27.4.2009 und den Widerspruchsbescheid vom 17.8.2010 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass der Kläger sein Recht auf Einlegung eines Rechtsbehelfs verwirkt habe und in der Sache ausgeführt, die generelle Eignung der TA-Lärm zur Beurteilung der durch Windenergieanlagen verursachten Geräuschimmissionen stehe entgegen der abweichenden „unmaßgeblichen persönlichen Ansicht“ des Klägers nicht ernsthaft in Zweifel. Die im Vorfeld anzustellende Prognosebetrachtung müsse sich zum Schutz der Nachbarn auf der „sicheren Seite“ bewegen und auf die Betriebszeiten bei Erreichen der Nennleistung mit den höchsten Emissionen abstellen. Nach der konkreten Schallprognose sei der bei der Vermessung des Anlagentyps „für den worst case ermittelte höchste Schallleistungspegel zugrunde gelegt und für den Immissionspunkt 82 ein Beurteilungspegel von 32,0 dB(A) ermittelt worden, der auch bei einem Sicherheitszuschlag von 2,5 dB(A) unter dem Immissionsrichtwert (Nacht) für reine Wohngebiete (35 dB(A)) liege. Der entsprechend in der Nebenbestimmung vorgegebene Richtwert liege damit unter dem für das hinsichtlich des Anwesens des Klägers durch Bebauungsplan ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiets für die Nacht anzusetzenden und seine Zumutbarkeitsgrenze beschreibenden Wertes (40 dB(A)). Für die geltend gemachte Schädlichkeit eines Infraschalls gebe es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Nach aktuellem „Stand der Technik“ emittierten Windenergieanlagen keine relevanten tieffrequenten Geräusche (20 bis 100 Hz) oder Infraschall (unter 20 Hz).

Die Beigeladene hat ebenfalls beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im März 2011 hat der SGS TÜV Saarland ein schalltechnisches Gutachten zu den Auswirkungen der Anlage auf der Grundlage einer im Oktober 2010 durchgeführten Messung der von der Anlage hervorgerufenen Geräuschemissionen nach DIN EN 61400-11 (Schallmessverfahren Windenergieanlagen 2007) erstellt.(vgl. dazu den „Schalltechnischen Bericht zu den Geräuschimmissionen durch die am Standort Großer Elmersberg in E…. installierte Windenergieanlage vom Typ Enercon E-53“ vom 10.3.2011)

Das Verwaltungsgericht hat eine Ortsbesichtigung durchgeführt und die Klage im August 2011 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es unter anderem, die angefochtene Genehmigung verstoße nicht gegen dem Schutz des Klägers dienende öffentlich-rechtliche Vorschriften. In Anknüpfung an das im Genehmigungsverfahren vorgelegte prognostische Schallgutachten sei die Anlage so zu errichten gewesen und zu betreiben, dass eine Schallleistungspegel von 101,0 dB(A) zuzüglich der Unsicherheit der Typenmessung und Serienstreuung nicht überschritten werde. Das sei durch Messungen jeweils im Abstand von drei Jahren ab Inbetriebnahme nachzuweisen. Die grundsätzlichen Bedenken des Klägers gegen die Anwendung der TA-Lärm, der als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zukomme, seien nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheids in Zweifel zu ziehen. Es mache „keinen Sinn“, dass der Kläger, dessen Anwesen in einem allgemeinen Wohngebiet liege, die Genehmigung angreife, die ihm einen weitergehenden Lärmschutz zubillige als insoweit generell vorgesehen. Entgegen seiner Auffassung spreche auch nichts dafür, dass die entsprechende Gebietsfestsetzung in dem Bebauungsplan „Hirtenwiese“ der Gemeinde C-Stadt funktionslos und daher rechtlich nicht mehr verbindlich sei. Der Beklagte habe seine Entscheidung tragend auf die Regelung der Nr. 3.2.1 der TA-Lärm gestützt, wonach ein ausreichender Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sichergestellt sei, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach der Nr. 6 nicht überschreite. Nach dem der Genehmigung zugrunde liegenden Schallgutachten betrage die gerechnete Gesamtbelastung durch die Windkraftanlage ohne Zu- und Abschläge am Immissionspunkt 5 (Anwesen 82) 32,0 dB(A). Darauf sei „im Sinne des oberen Vertrauensbereichs“ aufgrund einer „Irrtumswahrscheinlichkeit von 10 %“ ein Zuschlag von 3,0 dB(A) gemacht worden. Dieser Wert liege noch im Bereich des nach der Genehmigung zulässigen Wertes von 35 dB(A) und 5 dB(A) unter dem nach der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete zulässigen Nachtwert von 40 dB(A). Damit bewege sich die Schallprognose „auf der sicheren Seite“. Ebenso wie im Rahmen der Nachbarklage gegen Baugenehmigungen seien die auftretenden Lärmimmissionen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Messung zu ermitteln, wobei dieser Vorgang noch dem Genehmigungsverfahren zuzurechnen sei. Die Messung sei inzwischen erfolgt. Zwar liege der von der SGS TÜV GmbH ermittelte Emissionswert von 103,5 dB(A) um 2,5 dB(A) höher als der Ausgangswert der Prognose vom September 2008. Das führe gleichwohl nicht zu einer Überschreitung des für die Nacht geltenden Richtwerts von 40 dB(A). Die bei der Berechnung der Immissionspegel angewandte Schallausbreitungsberechnung auf der Grundlage eines digitalen Geländemodells des betreffenden Gebiets sei für den Immissionsort 82 zu einem Pegel von 33,3 dB(A) gelangt und damit zu einem Wert, der 1,3 dB(A) über dem der früheren Schallprognose liege. Aufgrund der Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlags von 2,2 dB(A) gelange der schalltechnische Bericht vom März 2011 zu einem Beurteilungspegel für die Nachtzeit von 35,5 dB(A), aufgerundet 36 dB(A), der 4 dB(A) unter dem nach Nr. 6 der TA-Lärm im allgemeinen Wohngebiet zulässigen Richtwert (40 dB(A)) liege, der nach der Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA-Lärm sogar noch um bis zu 1 dB(A) überschritten werden dürfe. Dass – bezogen auf die Berechnung – ein um 5 dB(A) höherer Beurteilungspegel am Wohnhaus des Klägers „ankomme“, erscheine ausgeschlossen. Immissionen, die – wie gesehen – das nach dem § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulässige Maß nicht überschritten, begründeten auch unter dem Gesichtspunkt des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots keine Abwehransprüche von Nachbarn. Dass die im Außenbereich privilegiert zulässige Windkraftanlage für den in einer Randlage zum Außenbereich rechtlich „vorbelastet“ wohnenden Kläger schlechthin unzumutbare Auswirkungen habe, sei nicht zu erkennen. Hinsichtlich der Baumasse und der räumlichen Wirkung des Baukörpers sei mit Blick auf die diese Belange aus Sicht der Nachbarschaft konkretisierenden, hier offensichtlich eingehaltenen Abstandsflächenvorschriften, die im konkreten Fall einen Abstand von 50,60 m verlangten, angesichts des tatsächlichen Abstands von 620 m eine Rücksichtslosigkeit der genehmigten Anlage unter dem Aspekt abwegig. Gleiches gelte für die Frage einer unzumutbaren optisch bedrängenden Wirkung. Dabei komme der die „optischen Dimensionen“ bestimmenden Drehbewegung des Rotors entscheidende Bedeutung zu. Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme vermittle dem Nachbarn indes keinen Anspruch auf eine von technischen Bauwerken freizuhaltende Aussicht. Hier betrage der Abstand der Anlage vom Wohnhaus des Klägers „fast das Fünffache“ ihrer Gesamthöhe, so dass sich weitere Ausführungen zu dem Punkt erübrigten. Soweit der Kläger eine durch die Anlage erzeugte „erhebliche Infraschallgefahr“ einwende, ergebe sich ebenfalls kein Abwehrrecht gegen die Genehmigung. Bei dem vom Kläger angeführten Gutachten eines Dr. W vom Oktober 2005 handele es sich nicht um wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse. Der Einfluss von Infraschall auf die menschliche Gesundheit sei umstritten und habe eine Regelung in der Nr. 7.3 der TA-Lärm erfahren. Mit der übereinstimmenden Rechtsprechung sei davon auszugehen, dass moderne Windkraftanlagen Infraschall in einem nach der dortigen Beschreibung belästigenden Ausmaß nicht erzeugten. Einen Schutz des Nachbarn baulicher Anlagen vor Wertminderungen seines Grundstücks, etwa wegen Beseitigung einer bisher ungestörten Aussicht in die freie Landschaft, gebe es nicht.

Der Kläger begehrt die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil.

II.

Dem Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung (§§ 124a Abs. 4, 124 Abs. 1 VwGO) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 3.8.2011 – 5 K 951/10 –, mit dem seine Klage auf Aufhebung der Genehmigung des Beklagten vom 27.4.2009 für die Windkraftanlage am „Großen Elmersberg“ in C-Stadt und des seinen Widerspruch dagegen zurückweisenden Bescheids vom 17.8.2010 abgewiesen wurde, ist nicht begründet.

Dem den gerichtlichen Prüfungsumfang mit Blick auf das Darlegungserfordernis (§ 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) begrenzenden Antragsvorbringen lässt sich ein Zulassungsgrund (§ 124 Abs. 2 VwGO) nicht entnehmen. Der Vortrag des Klägers begründet weder die von ihm geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO),(vgl. dazu allgemein OVG des Saarlandes, Beschluss vom 21.6.2002 – 1 Q 55/01 –, SKZ 2002, 289, Leitsatz Nr. 15, wonach die Frage des Vorliegens ernstlicher Zweifel am Maßstab der Ergebnisfehlerhaftigkeit zu beurteilen ist und eine Prognose dahingehend erfordert, ob das angestrebte Rechtsmittel voraussichtlich Erfolg haben wird, seither ständige Rechtsprechung; in dem Zusammenhang auch BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 – 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838, wonach die Vorschrift – ebenso wie der Tatbestand zu Nr. 2 – die Richtigkeit der Entscheidung gewährleisten soll und „ernstliche Zweifel“ (Nr. 1) auch dann nicht anzunehmen sind, wenn sich das angegriffene Urteil zwar nicht aus den darin angegebenen Gründen, aber aus anderen Gründen als richtig erweist) noch rechtfertigt er die Annahme „besonderer“ tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder gar einer grundsätzlichen Bedeutung der Sache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ergeben sich zunächst nicht, soweit sich der Kläger gegen die Verneinung eines nachbarlichen Abwehranspruchs mit Blick auf die von der Anlage auf sein Grundstück einwirkenden Schallimmissionen nach immissionsschutzrechtlichen Anforderungen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG) und diese ergänzenden baurechtlichen Vorgaben nach dem Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB) wendet.

Der Kläger macht insoweit geltend, das Verwaltungsgericht sei zu seiner Einschätzung „ohne nähere Überprüfung der von der Beigeladenen vorgelegten Schallprognose durch einen unabhängigen Sachverständigen“ gelangt. Diese in der Antragsbegründung in mehrfacher Weise wiederholten und mit einem bereits im Zulassungsantrag selbst „hilfsweise“ angebrachten „förmlichen Beweisantrag“ ergänzten Darlegungen rechtfertigen weder hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung, noch – insoweit mit Blick auf den vom Kläger im Text ausdrücklich angesprochenen § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO – was die Verfahrensweise anbelangt, die beantragte Zulassung seines Rechtsmittels.

Unter dem verfahrensrechtlichen Aspekt rügt der Kläger, dass er „im bisherigen Verfahren mehrfach förmlich die Einholung eines unabhängigen Sachverständigengutachtens hinsichtlich der zu erwartenden Schallimmissionen beantragt“ habe, das Verwaltungsgericht dem von ihm „gestellten Beweisantrag“ aber nicht „Folge geleistet“ habe. Ungeachtet der, was den letztgenannten Teil angeht, zumindest bedenklichen Formulierung dieses Einwands, ist damit ein Zulassungsgrund nicht dargelegt. Der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) im verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren ist in aller Regel genügt, wenn ein rechtskundig vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung keine konkreten (förmlichen) Beweisanträge zu einem bestimmten Thema gestellt hat. Bloße Ankündigungen von Beweisanträgen in die mündliche Verhandlung vorbereitenden Schriftsätzen sind insoweit nicht ausreichend. Ausweislich des Sitzungsprotokolls des Verwaltungsgerichts über die mündliche Verhandlung am 3.8.2011 – 5 K 951/10 –, in deren unmittelbarem Anschluss das angegriffene Urteil verkündet wurde, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Zuge der Erörterung lediglich erklärt, er „rege“ die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens „von Amts wegen“ an. Damit hat er ausdrücklich auf die Stellung eines förmlichen Beweisantrags in der Sitzung verzichtet. Die vorliegend erhobene Aufklärungsrüge im Berufungszulassungsverfahren ist jedoch nach der Rechtsprechung des Senats kein geeignetes Mittel, um von dem die Zulassung des Rechtsmittels begehrenden Beteiligten in erster Instanz nicht gestellte förmliche Beweisanträge zu ersetzen.(vgl. dazu etwa OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 26.4.2012 – 2 A 133/12 und 2 A 134/12 -, SKZ 2012, 165, Leitsatz Nr. 1, und vom 20.6.2012 – 2 A 411/11 –, SKZ 2012, 185, Leitsatz Nr. 26 = BauR 2013, 442, ständige Rechtsprechung) Dem Verwaltungsgericht musste vor dem Hintergrund, insbesondere angesichts des damals bereits vorliegenden „Schalltechnischen Berichts“ der SGS TÜV Saarland GmbH vom März 2011 (Messung vom Oktober 2010) das Erfordernis weiterer sachverständiger Begutachtung der zwischenzeitlich errichteten und in Betrieb genommenen Anlage auch nicht von Amts wegen „aufdrängen“. Das gilt insbesondere auch mit Blick auf die vom Kläger in Anlage zum Schriftsatz vom 2.5.2011 vorgelegten, aber zeitlich vor der Begutachtung durch den TÜV, nämlich schon im Juli beziehungsweise im August 2010 erzielten privaten Immissionsmessergebnisse. Diese bestehen zudem nur aus einer grafischen Darstellung in der Art einer „Fieberkurve“ und sind in keiner Beziehung, weder in zeitlicher noch was die Rahmenbedingungen und –umstände angeht, spezifizierbar, geschweige denn erläutert und damit vom Aussagegehalt so völlig unbrauchbar. Das räumt der Kläger letztlich selbst ein, indem er ausführt, dass solche privaten Messungen „gutachterlichen Messungen naturgemäß nicht gleich“ stünden. Weshalb sie dann aber belegen oder – mit seinen Worten – „zeigen“ sollten, dass die Werte nicht eingehalten werden, erschließt sich nicht. Die Frage einer im Ergebnis „richtigen“ Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht einschließlich der vorgelegten Gutachten ist eine solche des materiellen, nicht des Verfahrensrechts.

Die erstinstanzliche Entscheidung begegnet auch inhaltlich insoweit hinsichtlich ihrer Richtigkeit keinen „ernstlichen Zweifeln“. Das Verwaltungsgericht hat bereits im Ansatz zutreffend darauf hingewiesen, dass die seitens des Klägers erhobene Anfechtungsklage auf Aufhebung der Genehmigungsentscheidung des Beklagten vom 27.4.2009 aus seiner Sicht von vorneherein „keinen Sinn macht“, da die damit begehrte gerichtliche Kassationsentscheidung notwendig auch die darin enthaltene, zum Schutz des Klägers beziehungsweise des Anwesens 82 getroffene Nebenbestimmung Ziffer B.1.d) erfassen würde, die die Einhaltung eines Immissionsrichtwertes für die Nachtzeit von 35 dB(A) vorschreibt und die der Kläger auch für sich beziehungsweise für sein nach der bauplanungsrechtlichen Festsetzung der Gemeinde C-Stadt vergleichsweise weniger schutzwürdiges Wohngrundstück im allgemeinen Wohngebiet (WA, § 4 BauNVO, 40 dB(A) gemäß Nr. 6.1.d) der TA-Lärm) in Anspruch nehmen möchte. Insoweit ließe sich schon im Ansatz die Frage nach einem rechtlich schutzwürdigen Interesse des Klägers an der Aufhebung der Genehmigung zumindest nach deren Ausnutzung durch Ausführung des Vorhabens stellen. Eine Aufhebung der Genehmigung hätte in dieser Situation – sicher – zumindest keine Verbesserung der Rechtsposition des Klägers zur Folge, weil alles dafür spricht, dass ihm durch die genannte Nebenbestimmung – die Anwendbarkeit auf sein benachbartes Grundstück unterstellt – vom Beklagten ein Schutzniveau zugestanden wurde, das ihm jedenfalls nach den einschlägigen Vorschriften in Nr. 6.1 der TA-Lärm gar nicht zusteht. Auf genau dieses gesetzliche Schutzniveau müsste sich der Kläger – anders als bei Geltendmachung eines Nachbaranspruchs wegen eines von der Genehmigung abweichenden Betriebs der Anlage – indes nach der von ihm im vorliegenden Verfahren beantragten Aufhebung des Genehmigungsbescheids vom 27.4.2009 im Rahmen eines Einschreitensverlangens gegenüber dem Beklagten hinsichtlich des Betriebs der Windkraftanlage verweisen lassen. Wo da – mit den Worten des Verwaltungsgerichts – der „Sinn“ liegt, erschließt sich in der Tat nicht wirklich. Insoweit gilt letztlich nichts anderes als im baurechtlichen Nachbarstreit in den Fällen der von einer Baugenehmigung abweichenden Ausführung oder Benutzung eines Vorhabens. Die Aufhebung einer dem Nachbarn über das gesetzlich (immissionsschutzrechtlich) geforderte Maß hinaus Abwehransprüche einräumenden Baugenehmigung ist für diesen ersichtlich nicht rechtlich vorteilhaft. Nur wenn der Kläger in dem Verfahren unterliegt – und der Beklagte keine Änderungen hinsichtlich des (auch) ihm in der seitens der Betreiberin nicht angefochtenen und daher für sie verbindlichen Nebenbestimmung B.1.d) zuerkannten Schutzniveaus für reine Wohngebiete vornimmt – kann der Kläger überhaupt rechtlich eine Befugnis haben, die Einhaltung dieses günstigeren Immissionsrichtwerts von 35 dB(A) beim Betrieb der Anlage zu verlangen. Entgegen der im Zulassungsantrag erneut geäußerten Auffassung des Klägers „handelt“ es sich rechtlich nicht um ein reines Wohngebiet (WR, § 3 BauNVO). Für den sein Grundstück wie auch die Anwesen N Nr. 66 bis Nr. 96 erfassenden Bereich wurde nach Mitteilung der Gemeinde C-Stadt in dem Bebauungsplan „Hirtenwiese“ unstreitig ein allgemeines Wohngebiet (WA, § 4 BauNVO) festgesetzt.(vgl. die schriftliche Auskunft der Gemeinde Eppelborn an die windtest grevenbroich gmbh vom 23.6.2008 in Anlage (5.3) zu der von dieser erstellten Schallprognose) Das ist entgegen der Ansicht des Klägers maßgeblich, da zum einen – wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat – die Voraussetzungen für ein allenfalls in ganz eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht kommendes „faktisches“ Außerkrafttreten dieser gemeindlichen Satzung (§ 10 BauGB) offensichtlich nicht vorliegen, beziehungsweise insbesondere das nicht allein deshalb angenommen werden kann, weil dort – nach den Behauptungen des Klägers – bisher nur Wohngebäude realisiert wurden,(vgl. beispielsweise OVG des Saarlandes, Urteile vom 21.3.2009 – 2 C 312/08 –, SKZ 2009, 141 = BRS 74 Nr. 88, dort speziell zur „anfänglichen Funktionlosigkeit“, vom 31.3.2004 – 1 R 6/03 –, AS 31, 154, zur „planabweichenden Bebauung“, und vom 26.2.2002 – 2 R 3/01 –, juris, wonach ein Außerkrafttreten bauleitplanerischer Festsetzungen in gemeindlichen Bebauungsplänen unter dem Aspekt normativer Rechtssicherheit allenfalls in ganz eng begrenzten Ausnahmefällen ernsthaft in Betracht gezogen werden kann, wenn erstens die Verhältnisse, auf die sie sich beziehen, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließt und wenn zweitens diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in die Fortgeltung der Festsetzung gesetztes Vertrauen keinen Schutz mehr verdient) und zum anderen die davon abweichende Festlegung eines nach Nr. 6 der TA-Lärm für reine Wohngebiete geltenden niedrigeren Nachtrichtwerts – was auch immer den Beklagten dazu motiviert haben mag – genauso sicher nicht geeignet war, eine – mit den Worten des Klägers – aus seiner Sicht „überkommene Bauleitplanung“ der nach § 2 Abs. 1 BauGB allein zur Rechtsetzung in dem Bereich befugten Gemeinde „bewusst zu ändern“. Umgekehrt ist indes auch der Umstand, dass in der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 17.8.2010 (dort Seite 5) abweichend von der Nebenbestimmung B.1. für das Grundstück des Klägers ein Richtwert von 40 dB(A) für maßgeblich erklärt wurde, keine Änderung des Genehmigungsbescheids zu erblicken, die insoweit ohnehin unter dem Aspekt der Reformatio in peius grundsätzlichen Bedenken unterläge.

Von ihrem Inhalt her liegt der Genehmigung des Beklagten vom 27.4.2009 ein klares Konzept zugrunde. Sie basiert notwendiger Weise, weil die Anlage damals noch nicht ausgeführt war, auf einer Schallprognose vom September 2008,(vgl. das „Gutachten zu den zu erwartenden Schallimmissionen für den Standort Großer Erlmers-Berg“ der windtest grevenbroich gmbh vom 16.9.2008,) die für das dem Grundstück des Klägers benachbarte Anwesen 82 zunächst den nach der TA-Lärm in Verbindung mit der bauleitplanerischen Vorgabe der Gemeinde C-Stadt zutreffenden Immissionsrichtwert von 40 dB(A) nennt und dem für die zu erwartende Belastung ermittelten Wert von 32,0 dB(A) gegenüberstellt.(vgl. speziell Abschnitt 3.2 „Zusatzbelastung“, Seite 10) Die Prognose geht – wie das Verwaltungsgericht ebenfalls bereits hervorgehoben hat – auf der Grundlage vorhandener Vermessungsberichte für den Anlagentyp Enercon E53 von einem der Ausbreitungsrechnung zugrunde gelegten Schallleistungspegel für den leistungsoptimierten Betrieb von 101,0 dB(A) aus.(vgl. den der Schallprognose in der Anlage auszugsweise beigefügten Prüfbericht der „Müller-BBM“ für die Windkraftanlage der Enercon (E53), ab Seite 20, speziell Nr. 68, Seite 21) Soweit der Kläger in dem Zusammenhang darauf hinweist, dass derartige Prognosen üblicherweise vom Hersteller stammten oder von diesem in Auftrag gegeben würden, rechtfertigt das nicht bereits die Annahme der für den Erfolg seines Rechtsbehelfs nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO notwendigen Nachbarrechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des bisher für das Immissionsschutzrecht zuständigen 3. Senats, dass allein aus dem Umstand, dass eine solche fachgutachterliche Beurteilung der Auswirkungen der Anlage im Auftrag des Betreibers erstellt wurde, nicht dazu führt, dass sie wegen mangelnder „Unparteilichkeit“ unbrauchbar wäre, oder dass sie automatisch vor der Erteilung der Genehmigung einer Überprüfung durch einen Zweitgutachter bedürfte oder dass gar allein das Fehlen eines solchen „Obergutachtens“ bereits die Annahme der Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung als solcher rechtfertigen könnte. Nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1a, 4 Abs. 1 und 4a Abs. 2 Nr. 1 der 9. BImSchV(vgl. die Neunte Verordnung zur Durchführung des Immissionsschutzgesetzes – Verordnung über das Genehmigungsverfahren, neu gefasst durch Bekanntmachung vom 29.5.1992, BGBl. I 1992, 1001, zuletzt geändert durch Art. 3 der Verordnung vom 2.5.2013, BGBl. 2013, 973) ist dem Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach der 4. BImSchV in diesen Fällen unter anderem eine „Prognose der zu erwartenden Immissionen“ beizufügen. Vor diesem Hintergrund liegt es auf der Hand, dass eine solche „Prognose“ vom Antragsteller (Betreiber) in Auftrag gegeben wird. Wie die Vorschriften über die so genannte betreibereigene Überwachung von Anlagen (§§ 26 bis 31 BImSchG) verdeutlichen, ist dem Immissionsschutzrecht auch für die Betriebsphase eine Vorlage von im Auftrag des Betreibers erstellten Immissionsprognosen und -messungen nicht fremd, sondern schon aus praktischen beziehungsweise Kapazitätsgründen sogar ausdrücklich vorgesehen, ohne dass dabei von vorneherein von „Gefälligkeitsgutachten“ oder dergleichen ausgegangen werden könnte.(vgl. hierzu etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.11.2006 – 3 W 7/06 –) Daher sind im Auftrag des Betreibers durch Privatgutachter erstellte Lärmprognosen grundsätzlich verwertbar, wenn sie unter Beachtung der geltenden Regelwerke fachgerecht und nachvollziehbar erstellt wurden und für einen Fachkundigen überzeugend sind.(vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 5.5.2010 – 3 B 77/10 –, BImschG-Rspr § 3 Nr. 148, vom 10.12.2010 – 3 B 250/10 –, NVwZ-RR 2011, 274, und zuletzt vom 11.9.2012 – 3 B 103/12 und 3 B 114/12 –) Das überzeugt. Der Senat schließt sich dem an. Substantiierte Einwände, weshalb die genannte Schallprognose vom September 2008 bereits vom fachlichen Ansatz her erkennbar fehlerhaft oder unbrauchbar (gewesen) sein sollte, lassen sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen.

Dem Schutzbedürfnis der privaten Nachbarschaft der Anlage wird insoweit ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass der Beklagte in der Nebenbestimmung B.2 zur Genehmigung vom 27.4.2009 dem Betreiber der Anlage aufgegeben hat, binnen 6 Monaten nach der Inbetriebnahme der Windkraftanlage durch Messungen einer nach § 26 BImSchG bekannt gegebenen Messstelle den Nachweis zu führen, dass die vorgegebenen Lärmimmissionsrichtwerte bezogen auf die schalltechnisch ungünstigste Betriebsart an den genannten Punkten, unter anderem also am Anwesen 82, eingehalten werden. Das ist vom rechtlichen Ansatz her sicher nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass ein solcher Nachweis nicht (rechtzeitig) geführt wird oder dass die entsprechende „Messung“ an der dann konkret vorhandenen Anlage eine Überschreitung dieser Werte ergibt, führt übrigens dann bei rechtem Verständnis nicht (mehr) zu einer Rechtswidrigkeit der Genehmigung, die eine solche Überschreitung gerade nicht zulässt. Vielmehr ist wie im öffentlichen Baurecht für die Fälle, dass das ausgeführte Bauwerk in wesentlicher nachbarrechtlicher Hinsicht nicht der Zulassung (dort: Baugenehmigung) entspricht, kein Rückschluss auf die Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung möglich, sondern gegebenenfalls Anlass für ein und bei Feststellung einer Verletzung nachbarschützender Bestimmungen auch eine Verpflichtung zum Einschreiten der Behörde zur Ausräumung eines – hier unterstellten – Nachbarrechtsverstoßes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG). Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des geschilderten Inhalts als solche bildet insofern rechtlich auch kein Hindernis für die Behörde, hier den Beklagten, gegebenenfalls über repressive Maßnahmen auf der Grundlage etwa des § 20 BImSchG die Einhaltung der in der Zulassungsentscheidung – hier etwa der Nebenbestimmung B.1 – konkretisierten Betreiberpflichten sicherzustellen. Dieses Risiko trägt dann allein der Betreiber und das ist aus Sicht der schutzwürdigen Nachbarschaft auch ohne weiteres gerechtfertigt. Wollte man das anders sehen, würde sich beispielsweise erst deutlich nach der Ausführung der Anlage auf der Grundlage einer dann erst möglichen Vermessung die Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung „herausstellen“, was dann in Fällen der vorliegenden Art, wie ausgeführt, wenn man dem Anfechtungsbegehren eines Nachbarn aus diesem Grund entsprechen und die Genehmigung auf dessen Rechtsbehelf hin aufheben wollte, diesen unter Umständen hinsichtlich des Schutzniveaus deutlich schlechter stellen würde. Das scheint auch der Kläger zu „ahnen“, wenn er in der Antragsbegründung darauf verweist, dass „der Genehmigungsbescheid insoweit von ihm nicht in Frage gestellt“ werde. Es ist auf diesem Wege allerdings rechtlich nicht möglich, die Festlegung des Schutzniveaus quasi im Sinne einer „Rosinentheorie“ von einer nach dem eindeutigen Antrag begehrten Aufhebung des Genehmigungsbescheids auszunehmen. Vor diesem Hintergrund ist auch unschwer erkennbar, dass zwar einerseits das Ergebnis nachträglicher Messungen, hier etwa das des „Schalltechnischen Berichts“ der SGS TÜV Saarland GmbH vom März 2011, zwar möglicherweise – wie der Kläger das ausdrückt – „nichts an den tatsächlichen Gegebenheiten zu ändern vermag“, andererseits aber auch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Genehmigungsentscheidung keine Relevanz hat. Das zeigt im Übrigen, ohne dass das hier noch vertieft werden müsste, dass selbst einem förmlichen Beweisantrag des Klägers auf nachträgliche schallschutztechnische Vermessung der von ihm bekämpften Anlage durch einen „unabhängigen“ Fachgutachter, wenn ein solcher Antrag denn erstinstanzlich gestellt worden wäre, für den vorliegenden, auf die Aufhebung der Genehmigungsentscheidung gerichteten Anfechtungsstreit erkennbar die Entscheidungsrelevanz gefehlt hätte. In dem Zusammenhang bleibt abschließend festzuhalten, dass der Kläger nach den gegenwärtigem Erkenntnisstand bei Zugrundelegung des Richtwerts für die Nachtzeit im allgemeinen Wohngebiet (40 dB(A)) auf der Grundlage des „Schalltechnischen Berichts“ der SGS TÜV Saarland GmbH vom März 2011 gesichert keinen Anspruch auf Einschränkung oder gar Einstellung des Betriebs der Anlage herleiten könnte. Insoweit kann auf die überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil vom 3.8.2011 (Seite 15/16) verwiesen werden.

Soweit der Kläger darüber hinaus erneut auf eine seinerseits bereits erstinstanzlich angesprochene „Problematik“ eines für den Menschen allenfalls sensorisch wahrnehmbaren Infraschalls (Frequenzbereich unter 20 Hz) verweist, referiert er im Wesentlichen die von ihm nicht geteilte Argumentation des Verwaltungsgerichts. Dies vermag ernstliche Zweifel an deren Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) von vorneherein nicht zu begründen. Das Verwaltungsgericht hat insoweit auf die nach Nr. 7.3 der TA-Lärm hinsichtlich tieffrequenter Geräusche vorgesehene Einzelfallbewertung hingewiesen und auf seine in Einklang mit der übereinstimmenden Rechtsprechung anderer Gerichte stehende Rechtsprechung verwiesen, dass moderne Windenergieanlagen Infraschall in einem im Rechtssinne belästigenden Ausmaß nicht erzeugen. Von daher kommt es eigentlich nicht einmal darauf an, ob und wann ein in anderen Bereichen, etwa bei den vom Kläger angeführten Versuchen eines Herrn Dr. W ein – dann tatsächlich erzeugter – Infraschall als empfundener Körperschall schädliche Auswirkungen auf den menschlichen Organismus haben kann oder nicht. Soweit der Kläger auch in diesem Bereich die Nichteinholung von Sachverständigengutachten durch das Verwaltungsgericht vermisst, kann auf die vorherigen Ausführungen zur Lärmbegutachtung im Zusammenhang mit § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO verwiesen werden. Ob der Kläger – wie in der Antragsschrift geschehen – „bestreitet“, dass alleine der Schalldruck Maßstab für eine „Beurteilung von Immissionen durch Infraschall“ ist, ist ohne Belang.

Soweit der Kläger im Zusammenhang mit der ausführlich begründeten und überzeugenden Verneinung eines Verstoßes gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot, was die Anforderungen an die Annahme einer „optischen“ Bedrängung“ durch Windkraftanlagen angeht, das Fehlen einer Einzelfallprüfung anhand der in der Rechtsprechung entwickelten Abstandserfordernisse bemängelt, so ist das nicht nachvollziehbar. Das Verwaltungsgericht hat ausführlich die dabei allgemein anerkannten Kriterien genannt und dann – in deren Anwendung auf den konkreten Einzelfall – zu Recht ausgeführt, dass sich danach angesichts eines im Einzelfall gewahrten Abstands von über 620 m, also über dem fünffachen der Gesamthöhe der Anlage, „weitere Ausführungen zur Rücksichtslosigkeit … im Verhältnis zum Kläger erübrigen“. Das ist zum einen einzelfallbezogen und zum anderen anhand der vom Kläger im Grundsatz nicht in Abrede gestellten Maßstäbe auch ohne weiteres nachzuvollziehen. Soweit der Kläger nun in dem Zusammenhang auf eine insbesondere zur Nachtzeit aufdringliche und physische oder psychische Gesundheitsgefährdungen hervorrufende „Befeuerungsanlage im Hauptsichtbereich“ hinweist, ist der Vortrag ganz allgemein gehalten und vermittelt schon von der sprachlichen Fassung im Futur („wird“) her auch den Eindruck, dass hier ein ganz allgemeiner künftig vielleicht eintretender Effekt beschrieben wird. Die Anlage wird aber unstreitig bereits seit langem betrieben. Was die angefochtene Genehmigung anbelangt, lässt sich insoweit den Nebenbestimmungen im Abschnitt F.I.1 (Seite 9 oben des Bescheids vom 27.4.2009) lediglich der allgemeine Hinweis auf die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen“ vom 24.5.2007 entnehmen, wonach bei „Bauhöhen über 100 m“ eine Tages- und Nachtkennzeichnung zur Erhöhung der Flugsicherheit erforderlich werde. Legt man die im Eingang des Genehmigungsbescheids genannten Maße einer Nabenhöhe von 73,3 m und eines Rotordurchmessers von 53 m zugrunde, ergibt sich bei Ansatz eines Rotorradius von (53 m : 2 = 26,50 m) in Addition mit der Nabenhöhe (73,3 m) eine maximale „Bauhöhe“ von 99,80 m, also knapp unter 100 m. Die abweichende Höhenermittlung des Verwaltungsgerichts im Zusammenhang mit § 7 Abs. 7 Satz 3 LBO 2004, die von einem „Rotorradius“ von 53 m ausgeht, kann nicht nachvollzogen werden. Ergänzend sei erwähnt, dass dem Protokoll über die Orteinsicht des Verwaltungsgerichts am 4.5.2011, bei der das Gericht ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass der Termin vor Ort „grundsätzlich nur der Einschätzung der optischen Wirkung“ diene, keinerlei Hinweise darauf entnommen werden können, dass der dort anwesende Kläger oder sein Prozessbevollmächtigter auf Beeinträchtigungen durch eine Beleuchtung der Anlage hingewiesen hätten. Vielmehr heißt es am Ende der Niederschrift ausdrücklich, dass „weitere Feststellungen vor Ort von den Beteiligten nicht gewünscht“ würden.

Schließlich hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die etwaige Wertminderung eines Nachbargrundstücks durch die Errichtung ansonsten zulässiger und daher zu Recht genehmigter baulicher Anlagen dessen Eigentümer auch im Rahmen des Rücksichtnahmegebots keine Abwehrrechte gegen die Genehmigungsentscheidung vermittelt. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats zum baurechtlichen Nachbarstreit. Was der Kläger dagegen einwendet, rechtfertigt, insbesondere was die Hinweise auf subjektive Betroffenheiten anbelangt, die begehrte Rechtsmittelzulassung ebenfalls nicht. Ein weiterer Klärungsbedarf wird dadurch nicht aufgezeigt.

Die Frage, ob der Kläger an einer Geltendmachung ihm möglicherweise zustehender materieller Abwehrrechte gegen die Anlage beziehungsweise subjektive Ansprüche auf Tätigwerden des Beklagten gegen die Beigeladene zur Gewährleistung eines – bezogen auf die eigene Rechtsposition – nachbarschützenden Anforderungen genügenden Betriebs der Anlage nach den Grundsätzen der so genannten Verwirkung von Nachbarrechten gehindert wäre,(vgl. zu der entsprechenden Problematik im Bereich des öffentlichen Baunachbarrechts etwa Bitz/Schwarz/Seiler-Dürr/Dürr, Baurecht Saarland, 2. Auflage 2005, Kapitel XI, Rn 73 ff., m.z.N.) bedarf aus Anlass vorliegender Entscheidung keiner Vertiefung.

Nach dem Gesagten weist die Rechtssache auch weder eine „besondere“ Schwierigkeit im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf, noch wird ersichtlich, inwiefern ihr eine grundsätzliche Bedeutung zukommen sollte (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Insoweit fehlt es ohnehin bereits an brauchbaren Darlegungen des Klägers im Zulassungsverfahren. Da das Vorbringen des Klägers keinen Grund für die begehrte Zulassung der Berufung im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO aufzeigt, war der Antrag zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren für erstattungsfähig zu erklären, da sie auch im Zulassungsverfahren einen eigenen Antrag gestellt und damit Kostenrisiken übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG (vgl. Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, sind verpflichtet, diese zu beseitigen, soweit in § 17 nichts anderes bestimmt ist. Durch die Behandlung von Abfällen sind deren Menge und Schädlichkeit zu vermindern. Energie oder Abfälle, die bei der Beseitigung anfallen, sind hochwertig zu nutzen; § 8 Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Abfälle sind so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Eine Beeinträchtigung liegt insbesondere dann vor, wenn

1.
die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt wird,
2.
Tiere oder Pflanzen gefährdet werden,
3.
Gewässer oder Böden schädlich beeinflusst werden,
4.
schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Lärm herbeigeführt werden,
5.
die Ziele oder Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung nicht beachtet oder die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege sowie des Städtebaus nicht berücksichtigt werden oder
6.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung in sonstiger Weise gefährdet oder gestört wird.

(3) Soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich ist, sind Abfälle zur Beseitigung getrennt zu sammeln und zu behandeln. § 9 Absatz 2 und 3 und § 9a gelten entsprechend.

(4) Die Ablagerung von Siedlungsabfällen auf Deponien darf spätestens ab dem 1. Januar 2035 höchstens 10 Gewichtsprozent des gesamten Siedlungsabfallaufkommens betragen.

(1) Der Planfeststellungsbeschluss nach § 35 Absatz 2 darf nur erlassen oder die Plangenehmigung nach § 35 Absatz 3 darf nur erteilt werden, wenn

1.
sichergestellt ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird, insbesondere
a)
keine Gefahren für die in § 15 Absatz 2 Satz 2 genannten Schutzgüter hervorgerufen werden können,
b)
Vorsorge gegen die Beeinträchtigungen der in § 15 Absatz 2 Satz 2 genannten Schutzgüter in erster Linie durch bauliche, betriebliche oder organisatorische Maßnahmen entsprechend dem Stand der Technik getroffen wird und
c)
Energie sparsam und effizient verwendet wird,
2.
keine Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betreibers oder der für die Errichtung, Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder für die Nachsorge der Deponie verantwortlichen Personen ergeben,
3.
die Personen im Sinne der Nummer 2 und das sonstige Personal über die für ihre Tätigkeit erforderliche Fach- und Sachkunde verfügen,
4.
keine nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines anderen zu erwarten sind und
5.
die für verbindlich erklärten Feststellungen eines Abfallwirtschaftsplans dem Vorhaben nicht entgegenstehen.

(2) Dem Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses oder der Erteilung einer Plangenehmigung stehen die in Absatz 1 Nummer 4 genannten nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines anderen nicht entgegen, wenn sie durch Auflagen oder Bedingungen verhütet oder ausgeglichen werden können oder der Betroffene den nachteiligen Wirkungen auf sein Recht nicht widerspricht. Absatz 1 Nummer 4 gilt nicht, wenn das Vorhaben dem Wohl der Allgemeinheit dient. Wird in diesem Fall der Planfeststellungsbeschluss erlassen, ist der Betroffene für den dadurch eingetretenen Vermögensnachteil in Geld zu entschädigen.

(3) Die zuständige Behörde soll verlangen, dass der Betreiber einer Deponie für die Rekultivierung sowie zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nach Stilllegung der Anlage Sicherheit im Sinne von § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs leistet oder ein gleichwertiges Sicherungsmittel erbringt.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss und die Plangenehmigung nach Absatz 1 können von Bedingungen abhängig gemacht, mit Auflagen verbunden und befristet werden, soweit dies zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit erforderlich ist. Die zuständige Behörde überprüft regelmäßig sowie aus besonderem Anlass, ob der Planfeststellungsbeschluss und die Plangenehmigung nach Absatz 1 dem neuesten Stand der in Absatz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 genannten Anforderungen entsprechen. Die Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen über Anforderungen an die Deponie oder ihren Betrieb ist auch nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses oder nach der Erteilung der Plangenehmigung zulässig. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, wann die zuständige Behörde Überprüfungen vorzunehmen und die in Satz 3 genannten Auflagen zu erlassen hat.

(1) Die Länder stellen für ihr Gebiet Abfallwirtschaftspläne nach überörtlichen Gesichtspunkten auf. Die Abfallwirtschaftspläne stellen Folgendes dar:

1.
die Ziele der Abfallvermeidung, der Abfallverwertung, insbesondere der Vorbereitung zur Wiederverwendung und des Recyclings, sowie der Abfallbeseitigung,
2.
die getroffenen Maßnahmen zur Abfallvermeidung und die bestehende Situation der Abfallbewirtschaftung,
3.
die erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Abfallverwertung und Abfallbeseitigung einschließlich einer Bewertung ihrer Eignung zur Zielerreichung sowie
4.
die Abfallentsorgungsanlagen, die zur Sicherung der Beseitigung von Abfällen sowie der Verwertung von gemischten Abfällen aus privaten Haushaltungen einschließlich solcher, die dabei auch in anderen Herkunftsbereichen gesammelt werden, im Inland erforderlich sind.
Die Abfallwirtschaftspläne weisen Folgendes aus:
1.
die zugelassenen Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des Satzes 2 Nummer 4 sowie
2.
die Flächen, die für Deponien, für sonstige Abfallbeseitigungsanlagen sowie für Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des Satzes 2 Nummer 4 geeignet sind.
Die Abfallwirtschaftspläne können ferner bestimmen, welcher Entsorgungsträger vorgesehen ist und welcher Abfallentsorgungsanlage im Sinne des Satzes 2 Nummer 4 sich die Entsorgungspflichtigen zu bedienen haben.

(2) Bei der Darstellung des Bedarfs sind zukünftige, innerhalb eines Zeitraums von mindestens zehn Jahren zu erwartende Entwicklungen zu berücksichtigen. Soweit dies zur Darstellung des Bedarfs erforderlich ist, sind Abfallwirtschaftskonzepte und Abfallbilanzen auszuwerten.

(3) Eine Fläche kann als geeignet im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 Nummer 2 angesehen werden, wenn ihre Lage, Größe und Beschaffenheit im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung mit den abfallwirtschaftlichen Zielsetzungen im Plangebiet übereinstimmen und Belange des Wohls der Allgemeinheit der Eignung der Fläche nicht offensichtlich entgegenstehen. Die Flächenausweisung nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 ist keine Voraussetzung für die Planfeststellung oder Genehmigung der in § 35 aufgeführten Abfallbeseitigungsanlagen.

(4) Die Ausweisungen im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 Nummer 2 und Satz 4 können für die Entsorgungspflichtigen für verbindlich erklärt werden.

(5) Bei der Abfallwirtschaftsplanung sind die Ziele der Raumordnung zu beachten und die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen. § 7 Absatz 4 des Raumordnungsgesetzes bleibt unberührt.

(6) Die Abfallwirtschaftspläne enthalten mindestens

1.
Angaben über Art, Menge und Herkunft der im Gebiet erzeugten Abfälle und der Abfälle, die voraussichtlich aus dem oder in das deutsche Hoheitsgebiet verbracht werden, sowie eine Abschätzung der zukünftigen Entwicklung der Abfallströme,
2.
Angaben über
a)
bestehende Abfallsammelsysteme und bedeutende Beseitigungs- und Verwertungsanlagen, einschließlich spezieller Vorkehrungen für Altöl, für gefährliche Abfälle und für Abfälle, die erhebliche Mengen kritischer Rohstoffe enthalten, oder
b)
Abfallströme, für die besondere Bestimmungen nach diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Rechtsverordnungen gelten,
c)
Abfallströme, für die besondere Gesetze über das Inverkehrbringen und die Rücknahme bestimmter Abfallströme oder auf Grund dieser Gesetze erlassener Rechtsverordnungen gelten,
3.
eine Beurteilung der Notwendigkeit der Stilllegung bestehender oder der Errichtung zusätzlicher Abfallentsorgungsanlagen nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 1; die Länder stellen sicher, dass die Investitionen und andere Finanzmittel, auch für die zuständigen Behörden, bewertet werden, die für die im Einklang mit dem ersten Halbsatz ermittelten notwendigen Maßnahmen benötigt werden; die Bewertung wird in die entsprechenden Abfallwirtschaftspläne oder andere für das jeweilige Land geltende strategische Dokumente aufgenommen,
4.
Informationen über die Maßnahmen zur Erreichung der Zielvorgaben entsprechend Artikel 5 Absatz 3a der Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien (ABl. L 182 vom 16.7.1999, S. 1), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2018/850 (ABl. L 150 vom 14.6.2018, S. 100) geändert worden ist, oder die in anderen für das jeweilige Land geltenden strategischen Dokumenten festgelegt sind,
5.
eine Beurteilung
a)
der bestehenden Abfallsammelsysteme, einschließlich der Abfälle, die getrennt gesammelt werden, der geografischen Gebiete, in denen die getrennte Sammlung erfolgt, und der Maßnahmen zur Verbesserung der getrennten Sammlung,
b)
der Darlegung der Voraussetzungen nach § 9 Absatz 3, sofern keine getrennte Sammlung erfolgt, und
c)
der Notwendigkeit neuer Sammelsysteme,
6.
ausreichende Informationen über die Ansiedlungskriterien zur Standortbestimmung und über die Kapazität künftiger Beseitigungsanlagen oder bedeutender Verwertungsanlagen,
7.
allgemeine Abfallbewirtschaftungsstrategien, einschließlich geplanter Abfallbewirtschaftungstechnologien und -verfahren, oder Strategien für Abfälle, die besondere Bewirtschaftungsprobleme aufwerfen,
8.
Maßnahmen zur Bekämpfung und Verhinderung jeglicher Form von Vermüllung sowie zur Reinigung der Umwelt von Abfällen jeder Art,
9.
geeignete qualitative und quantitative Indikatoren und Zielvorgaben, auch in Bezug auf
a)
die Menge des anfallenden Abfalls und seine Behandlung und
b)
die Siedlungsabfälle, die energetisch verwertet oder beseitigt werden,
10.
Maßnahmen, die zur Umsetzung der Artikel 4 bis 10 der Richtlinie (EU) 2019/904 getroffen wurden.

(7) Abfallwirtschaftspläne können weiterhin enthalten

1.
Angaben über organisatorische Aspekte der Abfallbewirtschaftung, einschließlich einer Beschreibung der Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen öffentlichen und privaten Akteuren, die die Abfallbewirtschaftung durchführen,
2.
eine Bewertung von Nutzen und Eignung des Einsatzes wirtschaftlicher und anderer Instrumente zur Bewältigung verschiedener Abfallprobleme unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts aufrechtzuerhalten,
3.
den Einsatz von Sensibilisierungskampagnen sowie Informationen für die Öffentlichkeit oder eine bestimmte Verbrauchergruppe,
4.
Angaben über geschlossene kontaminierte Abfallbeseitigungsstandorte und Maßnahmen für deren Sanierung.

(1) Der Planfeststellungsbeschluss nach § 35 Absatz 2 darf nur erlassen oder die Plangenehmigung nach § 35 Absatz 3 darf nur erteilt werden, wenn

1.
sichergestellt ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird, insbesondere
a)
keine Gefahren für die in § 15 Absatz 2 Satz 2 genannten Schutzgüter hervorgerufen werden können,
b)
Vorsorge gegen die Beeinträchtigungen der in § 15 Absatz 2 Satz 2 genannten Schutzgüter in erster Linie durch bauliche, betriebliche oder organisatorische Maßnahmen entsprechend dem Stand der Technik getroffen wird und
c)
Energie sparsam und effizient verwendet wird,
2.
keine Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betreibers oder der für die Errichtung, Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder für die Nachsorge der Deponie verantwortlichen Personen ergeben,
3.
die Personen im Sinne der Nummer 2 und das sonstige Personal über die für ihre Tätigkeit erforderliche Fach- und Sachkunde verfügen,
4.
keine nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines anderen zu erwarten sind und
5.
die für verbindlich erklärten Feststellungen eines Abfallwirtschaftsplans dem Vorhaben nicht entgegenstehen.

(2) Dem Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses oder der Erteilung einer Plangenehmigung stehen die in Absatz 1 Nummer 4 genannten nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines anderen nicht entgegen, wenn sie durch Auflagen oder Bedingungen verhütet oder ausgeglichen werden können oder der Betroffene den nachteiligen Wirkungen auf sein Recht nicht widerspricht. Absatz 1 Nummer 4 gilt nicht, wenn das Vorhaben dem Wohl der Allgemeinheit dient. Wird in diesem Fall der Planfeststellungsbeschluss erlassen, ist der Betroffene für den dadurch eingetretenen Vermögensnachteil in Geld zu entschädigen.

(3) Die zuständige Behörde soll verlangen, dass der Betreiber einer Deponie für die Rekultivierung sowie zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nach Stilllegung der Anlage Sicherheit im Sinne von § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs leistet oder ein gleichwertiges Sicherungsmittel erbringt.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss und die Plangenehmigung nach Absatz 1 können von Bedingungen abhängig gemacht, mit Auflagen verbunden und befristet werden, soweit dies zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit erforderlich ist. Die zuständige Behörde überprüft regelmäßig sowie aus besonderem Anlass, ob der Planfeststellungsbeschluss und die Plangenehmigung nach Absatz 1 dem neuesten Stand der in Absatz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 genannten Anforderungen entsprechen. Die Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen über Anforderungen an die Deponie oder ihren Betrieb ist auch nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses oder nach der Erteilung der Plangenehmigung zulässig. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, wann die zuständige Behörde Überprüfungen vorzunehmen und die in Satz 3 genannten Auflagen zu erlassen hat.

(1) Der Deponiebetreiber hat vor Beginn der Ablagerungsphase der zuständigen Behörde die Sicherheit für die Erfüllung von Inhaltsbestimmungen, Auflagen und Bedingungen zu leisten, die mit dem Planfeststellungsbeschluss oder der Plangenehmigung für die Ablagerungs-, Stilllegungs- oder Nachsorgephase zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wohles der Allgemeinheit angeordnet wird. Satz 1 gilt zur Erfüllung der Auflagen und Bedingungen einer Änderungsgenehmigung entsprechend.

(2) Die zuständige Behörde setzt Art und Umfang der Sicherheit fest. Neben den in § 232 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Arten der Sicherheit kann die zuständige Behörde zulassen, dass die Sicherheit bewirkt wird durch

1.
die Stellung eines tauglichen Bürgen, insbesondere einer Bankbürgschaft,
2.
eine Garantie oder ein Zahlungsversprechen eines Kreditinstituts oder
3.
eine gleichwertige Sicherheit.
Bürgen nach Satz 2 Nummer 1 und Kreditinstitute nach Satz 2 Nummer 2 haben sich unwiderruflich gegenüber der zuständigen Behörde zu verpflichten, auf deren erstes Anfordern den festgesetzten Betrag zu zahlen. Die zuständige Behörde kann vom Deponiebetreiber verlangen, die Tauglichkeit eines Bürgen nachzuweisen. Bei der Festsetzung des Umfangs der Sicherheit ist ein planmäßiger Nachsorgebetrieb zu Grunde zu legen und bei Deponien der Klasse 0 von einem Nachsorgezeitraum von mindestens zehn Jahren, bei den Deponien der Klassen I bis IV von mindestens 30 Jahren auszugehen.

(3) Die finanzielle Sicherheit ist regelmäßig von der zuständigen Behörde mit dem Ziel der Erhaltung des realen Wertes der Sicherheit zu überprüfen. Sie ist erneut festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen Sicherheit und angestrebtem Sicherungszweck erheblich geändert hat. Hat sich das Verhältnis zwischen Sicherheit und angestrebtem Sicherungszweck erheblich geändert, kann der Deponiebetreiber bei der zuständigen Behörde eine Überprüfung der Sicherheit beantragen. Gebildete Rücklagen sollen bei der Höhe der erforderlichen Sicherheit angerechnet werden, soweit die zurückgelegten Beträge auf ein gesondertes Konto des Unternehmens eingezahlt werden und der Anspruch auf Auszahlung des Guthabens der zuständigen Behörde zur Sicherheit abgetreten oder verpfändet wird. Ergibt die Überprüfung, dass die Sicherheit zu erhöhen ist, kann die zuständige Behörde dem Deponiebetreiber für die Stellung der erhöhten Sicherheit eine Frist von längstens sechs Monaten setzen. Ergibt die Überprüfung, dass die Sicherheit zu verringern ist, hat die zuständige Behörde die nicht mehr erforderliche Sicherheit umgehend freizugeben. Die Sicherheit ist insgesamt freizugeben, wenn die zuständige Behörde den Abschluss der Nachsorgephase festgestellt hat.

(4) Abweichend von Absatz 1 soll die zuständige Behörde von der Stellung einer Sicherheit absehen, wenn eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, ein Eigenbetrieb oder eine Eigengesellschaft einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, ein Zweckverband oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts die Deponie betreibt und sichergestellt ist, dass über Einstandspflichten von Bund, Ländern oder Kommunen der angestrebte Sicherungszweck jederzeit gewährleistet ist.

Gründe

I.

1

Die Klägerin betreibt ein Kalkwerk, das aus Steinbrüchen zur Gewinnung von Kalkstein und Anlagen zu dessen Verarbeitung besteht. Auf ihren Antrag hin erließ der Beklagte einen wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss für einen neuen Steinbruch. In dem Steinbruch soll Gestein bis unterhalb des natürlichen Grundwasserstands abgegraben werden. In Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses wurden - zum Schutz einer nahegelegenen Wohnsiedlung vor Lärm - unter anderem Sprengungen und lärmintensive Zerkleinerungsarbeiten an Samstagen verboten. Zur Begründung wird ausgeführt: Die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen würden zwar eingehalten. Im Planfeststellungsverfahren sei aber eine Abwägung aller Belange vorzunehmen. Die Betriebsbeschränkungen an Samstagen würden im Rahmen der Abwägung angeordnet. Hierdurch werde dem besonderen Ruhebedürfnis der Anwohner Rechnung getragen. Die Beschränkungen seien für die Klägerin nicht unzumutbar. Der Abbaubetrieb werde wirtschaftlich nicht unverhältnismäßig beschränkt.

2

Gegen diese Nebenbestimmungen richtet sich die Klage, die das Verwaltungsgericht abgewiesen hat. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Auch ohne die Nebenbestimmungen würden zwar die Anforderungen der TA-Lärm beachtet und damit schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG vermieden. Die Beklagte habe die - über das zwingende Immissionsschutzrecht hinausgehenden - Auflagen aber rechtsfehlerfrei im Wege der Abwägung erlassen.

II.

3

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

4

1. Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage,

ob Immissionen - insbesondere Lärmeinwirkungen - auch dann Eingang in die planerische Abwägung in der wasserrechtlichen Planfeststellung finden mit dem Ergebnis, dass dem Vorhabenträger zusätzliche Einschränkungen abverlangt werden können, wenn die durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die untergesetzlichen Regelwerke hierzu festgesetzten Grenzwerte nicht überschritten werden.

5

Diese Frage kann aufgrund der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bejaht werden, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

6

Diese Rechtsprechung wird in dem Berufungsurteil zutreffend dargestellt. Danach gilt Folgendes: Soweit Geräusche schädliche Umwelteinwirkungen sind, sind sie unzumutbar. Die fachplanerische Abwägung beschränkt sich aber nicht auf solche Nachteile eines Vorhabens, die unzumutbar sind und deshalb nicht hingenommen werden müssen. Bei der Abwägung sind vielmehr alle vom Vorhaben berührten öffentlichen sowie privaten Belange zu berücksichtigen und - sofern zwischen ihnen Konflikte auftreten - einer umfassenden planerischen Problembewältigung zuzuführen. Dabei sind abwägungserheblich alle im jeweiligen Einzelfall von der Planung betroffenen Belange mit Ausnahme derjenigen, die geringwertig oder nicht schutzwürdig sind (vgl. Urteil vom 28. März 2007 - BVerwG 9 A 17.06 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64 und Beschluss vom 5. Oktober 1990 - BVerwG 4 B 249.89 - Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 6). Schutzwürdig ist auch der Belang, nicht von mehr als nur geringfügigem Lärm unterhalb der Schwelle der Unzumutbarkeit betroffen zu sein. Dies gilt selbst bei normativ festgesetzten Immissionsgrenzwerten (vgl. Beschlüsse vom 11. November 2008 - BVerwG 9 A 56.07 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 51 und vom 5. März 1999 - BVerwG 4 A 7.98 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 149).

7

§ 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, wonach dem Träger des Vorhabens Schutzmaßnahmen aufzuerlegen sind, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind, besagt nichts anderes. Im Gegenteil kennzeichnet die Vorschrift in Übereinstimmung mit dem Vorstehenden eine im Wege der Abwägung nicht zu überwindende Schwelle zum Schutz von Rechtspositionen (vgl. Urteile vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23 und vom 1. September 1999 - BVerwG 11 A 2.98 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 52). Sie vermittelt einen Rechtsanspruch auf die Anordnung von Schutzmaßnahmen und lässt nicht im Gegenschluss zu, dass nachteilige Wirkungen unterhalb dieser Schwelle Dritte nicht in schutzwürdigen und - nach den jeweiligen Umständen - schutzbedürftigen Interessen betreffen. Planbetroffene haben Anspruch auf fehlerfreie Abwägung gerade auch dann und insoweit, als ihr Betroffensein die Behörde nicht nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG zu Schutzanordnungen verpflichtet. Ebenso wenig hindert § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG die Behörde, abwägungserhebliche Belange nach Maßgabe der jeweiligen Gegebenheiten als so gewichtig zu betrachten, dass der Vorhabenträger zur Vornahme von Schutzmaßnahmen verpflichtet wird, obwohl die in Frage stehenden Einwirkungen Rechte anderer nicht unzumutbar beeinträchtigen.

8

Diese Rechtsprechung sieht auch die Beschwerde. Sie meint jedoch, in der vorliegenden Fallkonstellation müsse etwas anderes gelten. Die im Wesentlichen in Rechtsstreitigkeiten über die Planfeststellung für Verkehrsinfrastruktur-Projekte entwickelte Rechtsprechung lasse sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. In Planfeststellungsverfahren zu Verkehrsinfrastruktur-Vorhaben bildeten Beeinträchtigungen durch Lärm regelmäßig den zentralen Konfliktpunkt. Die planerische Abwägungsentscheidung diene gerade der Bewältigung der aus der Lärmentwickelung resultierenden Konflikte. Bei der wasserrechtlichen Planfeststellung dagegen spielten Lärmimmissionen nur ausnahmsweise und auch dann nur eine eher ungeordnete Rolle. Würde die Klägerin hier statt der planfeststellungspflichtigen Nassabgrabung eine Trockenabgrabung betreiben, wäre diese nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungspflichtig. Sie hätte dann einen Anspruch auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, wenn die in den untergesetzlichen Regelwerken konkretisierend festgelegten Immissionsgrenzwerte eingehalten seien.

9

Dies führt jedoch zu keinen anderen Grundsätzen für die Abwägung im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren. Die beschriebene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts enthält allgemeine Grundsätze für eine rechtsfehlerfreie Abwägung im Planfeststellungsverfahren. Eine Beschränkung auf Verkehrsvorhaben lässt sich ihr ebenso wenig entnehmen wie eine Beschränkung auf den Belang Lärmimmissionen. Dies ist - wie in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts zutreffend ausgeführt wird - auch sachgerecht. Das Vorhaben wird durch den Planfeststellungsbeschluss zugelassen, der wegen der ihm zukommenden formellen Konzentrationswirkung eine einheitliche Gesamtentscheidung über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit allen entscheidungsrelevanten Belangen enthält und als Abwägungsentscheidung ergeht. Diese Entscheidung bestimmt die Rechte sowohl des Vorhabenträgers als auch der durch das Vorhaben in ihren abwägungsrelevanten Belangen betroffenen Dritten (vgl. Urteil vom 10. Februar 1978 - BVerwG 4 C 25.75 - BVerwGE 55, 220 <230>; siehe jetzt § 70 Abs. 1 Halbs. 2 WHG n.F. i.V.m. § 75 Abs. 1 VwVfG). Das Abwägungserfordernis bezieht sich deshalb innerhalb des durch das materielle Recht gezogenen Rahmens auf die zulassungsrelevanten Belange insgesamt, nicht allein auf die vom Vorhaben betroffenen spezifisch wasserwirtschaftlichen Belange. Damit ist auch der von dem Vorhaben ausgehende Lärm in die Abwägung einzustellen.

10

Daraus ergeben sich zwar gewisse rechtliche Unterschiede für die planfeststellungspflichtige Zulassung einer Nassauskiesung und die immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Zulassung einer Trockenabgrabung. Diese sind aber zwangsläufige Folge der unterschiedlichen materiellrechtlichen Voraussetzungen für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung (vgl. § 6 Abs. 1 BImSchG) einerseits und die Planfeststellung gemäß § 31 WHG a.F. bzw. gemäß § 68 WHG n. F. andererseits. Für die Planfeststellung gelten dabei entgegen der Ansicht der Klägerin nicht allgemein strengere Anforderungen als für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Beispielhaft sei auf Folgendes verwiesen: Die Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben (§§ 29 bis 37 BauGB) gelten im Planfeststellungsverfahren weitgehend nicht (vgl. § 38 BauGB). Deshalb können bei der Abwägung im Einzelfall auch zwingende Festsetzungen eines Bebauungsplans überwunden werden. Dagegen ist bei Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zwar im Genehmigungsverfahren keine Abwägung vorzunehmen. Andererseits sind aber Festsetzungen in einem Bebauungsplan, die als solche ebenfalls das Ergebnis einer Abwägung sind, zwingend zu beachten. Auch das Bauplanungsrecht lässt es im Übrigen zu, dass Festsetzungen zum Lärmschutz außerhalb des Immissionsschutzrechts getroffen werden (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB).

11

2. Die Beschwerde hält weiter für klärungsbedürftig die Frage,

ob das Interesse eines Vorhabenträgers an der Verwirklichung seines Vorhabens gegenüber dem Schutzinteresse potentiell betroffener Dritter über ein erhöhtes Gewicht in der Abwägung verfügt, wenn der Vorhabenträger aufgrund der Einhaltung der zwingenden fachrechtlichen Vorgaben eigentlich über einen Genehmigungsanspruch verfügen würde und sich die Zulassungsentscheidung lediglich aufgrund der Konzentrationswirkung der wasserrechtlichen Planfeststellung für eine Abwägung öffnet.

12

Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich ohne Weiteres aus obigen Ausführungen. Das Interesse des Vorhabenträgers ist auch in der in der Fragestellung genannten Fallkonstellation zu gewichten und in die Abwägung einzustellen. Die Abwägung hat nach den allgemein hierfür geltenden Regeln zu erfolgen. Wie hoch das Gewicht eines Belangs des Vorhabenträgers ist, lässt sich nur im Einzelfall und nicht allgemein beantworten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.