Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Sept. 2016 - 8 A 10338/16

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2016:0928.8A10338.16.0A
28.09.2016

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung einer Lagerhalle in eine „Sportanlage für Lasertag und Fitness“.

2

Einen entsprechenden Antrag richtete sie am 12. Juni 2014 an die Beklagte. Hierin führte sie aus, dass es sich bei Lasertag oder Lasergame um ein Spiel handele, bei dem zwei oder mehrere Spieler gegeneinander anträten und versuchten, Aufgaben auf einem bestimmten Parcours zu lösen. Die Spieler seien mit einer Weste ausgestattet, die über mehrere Sensoren verfüge. Zudem erhielten sie einen Infrarotsignalgeber („Phaser“). Mit diesem Phaser versuchten sie, den Gegner zu treffen und damit Punkte für ihr Team zu erzielen. Zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit legte die Klägerin ein rechtliches Gutachten vor, wonach es sich bei der Lasertag-Anlage, vergleichbar einer Paintball-Anlage, um eine Anlage für sportliche Zwecke handele, die in einem Gewerbegebiet allgemein zulässig sei. Angesichts der geringen Anzahl von Besuchern, die die Anlage gleichzeitig nutzen könnten, liege die Annahme einer kerngebietstypischen Einrichtung fern.

3

Die Lasertag-Anlage soll auf dem Grundstück I. Straße … (Flurstück …) im Stadtgebiet der Beklagten verwirklicht werden. Dieses Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des am 8. Januar 2016 öffentlich bekannt gemachten Bebauungsplans Nr. … „ A., 7. Änderung“. Das Vorhabengrundstück ist Teil eines durch den Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebietes. Mit der 7. Änderung des Bebauungsplans trat eine Regelung in Kraft, wonach die in § 8 Abs. 3 Nr. 3 BaunutzungsverordnungBauNVO – geregelte Ausnahme für Vergnügungsstätten in Gewerbegebieten nicht Bestandteil des Bebauungsplans sei. Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO des Sektors Freizeit (wie Tanzbars oder Billardcafés) könnten zugelassen werden, wenn dies städtebaulich vertretbar sei und von ihnen keine unzumutbaren Auswirkungen ausgingen. Die Lasertag-Anlage soll im südlichen Teil des Gebäudekomplexes I. Straße … verwirklicht werden. Im Erdgeschoss ist dabei für die Lasertag-Arena ein Raum mit einer Fläche von 369,12 m2 vorgesehen. Hieran schließen sich ein Fitness-Raum mit einer Fläche von 107,28 m2 sowie ein Warte- und Ruheraum mit einer Fläche von 70,78 m2 an.

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Mit Bescheid vom 2. Oktober 2014 lehnte die Beklagte die Genehmigung der Nutzungsänderung ab. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei der Lasertag-Anlage um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handele, die in Gewerbegebieten nur ausnahmsweise zugelassen werden könne. Der mit der Anlage verbundene Fitnessraum sei nur als Ergänzung anzusehen, weshalb die Gesamtanlage als Vergnügungsstätte einzustufen sei. Da sich in dem Gebiet bereits eine Spielhalle und zwei Bordelle befänden, könne eine weitere Ausnahme nicht zugelassen werden. Ziel der Stadtplanung sei es, Flächen für klassische gewerbliche Betriebe frei zu halten. Die Wertigkeit des Gebiets werde negativ im Sinne eines Trading-Down-Effektes herabgesetzt. Zudem werde das Stadtbild durch die typischerweise auffällige Werbung am Gebietseingang beeinträchtigt.

5

Der von der Klägerin gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch, mit dem sie geltend machte, dass es sich bei der Lasertag-Anlage um eine Anlage für sportliche Zwecke handele und darauf verwies, dass die Beklagte in dem außerhalb des Plangebiets gelegenen Gewerbegebiet A. Straße bereits eine vergleichbare Anlage genehmigt habe, wurde durch den Stadtrechtsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2015 zurückgewiesen.

6

Zur Begründung verwies der Stadtrechtsausschuss in Ergänzung der Begründung des ablehnenden Bescheides darauf, dass es sich bei der Lasertag-Anlage um eine Vergnügungsstätte handele. Im Gegensatz zu dem Paintballspiel, das in der Rechtsprechung als sportliche Betätigung angesehen werde, finde das Spiel nicht auf einer ausgedehnten Freifläche statt. Zudem komme es auch nicht auf die natürlichen Geländegegebenheiten an. Lasertag sei vielmehr geprägt durch Lichteffekte in abgedunkelter Umgebung. Auch seien schnelle Bewegungen angesichts der geringen zur Verfügung stehenden Fläche kaum möglich. Hieran ändere auch der zugeordnete Fitnessbereich nichts, dem lediglich eine untergeordnete Bedeutung zukomme. Die Lasertag-Anlage könne auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden, da sie sich als mit dem Gebiet nicht verträglich erweise. Während die I. Straße in dem vom Stadtrat verabschiedeten Vergnügungsstättenkonzept der Beklagten als Negativstandort bezeichnet sei, werde der Standort A. Straße im Konzept als Positivstandort angesehen.

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Am 24. Juli 2015 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie darauf verweist, dass es sich bei der Lasertag-Anlage um eine Anlage für sportliche Zwecke handele. Die körperliche Ertüchtigung stehe bei dem Spiel im Vordergrund. Die Größe des Spielfeldes oder dessen Beleuchtung seien für die Einordnung unbeachtlich. In der Rechtsprechung sowie in der behördlichen Praxis werde insbesondere das mit dem Lasertag vergleichbare Paintballspiel als sportliche Betätigung angesehen. Soweit die Lasertag-Arena keine Sportstätte darstelle, sei sie als sonstige gewerbliche Anlage, nicht jedoch als Vergnügungsstätte einzuordnen. Der Ausnahmetatbestand des § 8 Abs. 3 Satz 3 BauNVO differenziere nicht danach, ob die Vergnügungsstätte kerngebietstypisch sei oder nicht. Allein wegen der geringen Zahl der gleichzeitig die Anlage nutzenden Besucher liege keine Anlage vor, die üblicherweise in einem Kerngebiet verwirklicht werde. Ein Trading-Down-Effekt sei nicht erkennbar. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin längere Zeit erfolglos versucht habe, klassisches Gewerbe in ihrem Anwesen anzusiedeln. Die Einstufung von Lasertag als sportliche Betätigung werde auch daran erkennbar, dass Meisterschaften stattfänden sowie in Deutschland eine Liga für Lasergames existiere. Die 7. Änderung des Bebauungsplans „A.“ sei als unwirksam anzusehen. Die Beklagte habe zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren angenommen. Die bislang zulässige Nutzung werde in erheblichem Umfang eingeschränkt, so dass die Grundzüge der Planung berührt würden. Zudem erwiesen sich die Festsetzungen des Bebauungsplans als unbestimmt. Die Planzeichnung sei von dem vorherigen Bebauungsplan durch Fotokopie übernommen worden. Hiernach sei aber nicht feststellbar, welche Gebietsfestsetzungen für die einzelnen Grundstücke gelten sollten und wodurch die Gebietsteile voneinander abgegrenzt würden. Zudem sei der Bebauungsplan abwägungsfehlerhaft. Die in der Begründung des Plans zum Ausdruck kommende Annahme, dass Entschädigungszahlungen nach § 42 Abs. 7 BauGB wegen Ablaufs der Siebenjahresfrist nicht anfielen, sei inhaltlich nicht zutreffend. Was die Frage der Kerngebietstypik angehe, so sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine kleinere Anlage handele, die von maximal 20 Spielern gleichzeitig genutzt werden könne.

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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und führt in Ergänzung der Begründung der angefochtenen Bescheide aus, dass die Lasertag-Anlage erkennbar auf auswärtige Besucher ausgerichtet sei. Allein der Umstand, dass die Nutzung mit körperlicher Anstrengung verbunden sei, lasse keine Anlage für sportliche Zwecke entstehen. Die sportliche Betätigung stehe nicht im Vordergrund. Vielmehr komme es vorrangig auf Unterhaltung und Spannung an. Durch die 7. Änderung des Bebauungsplans bleibe die ursprüngliche Konzeption der Planung unberührt. Die Zeichnung sei übernommen werden, da sich bei den maßgeblichen Festsetzungen des Bebauungsplans keine Änderungen ergeben hätten. Auch sei die Siebenjahresfrist des § 42 Abs. 2 BauGB bei Inkrafttreten der Bebauungsplanänderung bereits abgelaufen gewesen.

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Mit Urteil vom 25. Februar 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Lasertag-Anlage gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans „A., 7. Änderung“ verstoße. Es handele sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte, bei der der Unterhaltungswert prägend sei. Dabei sei durchaus vorstellbar, dass es Spielvarianten gebe, bei denen der Wettkampf der Gegner um Punkte im Vordergrund stehe. Die Klägerin habe indessen ihren Bauantrag uneingeschränkt gestellt. Hiernach ermögliche die zu erteilende Genehmigung auch Spielvarianten, bei denen eindeutig der Unterhaltungszweck vorrangig sei. Es sei als lebensnah anzusehen, dass die Anlage typischerweise von solchen Personen in Anspruch genommen werde, die sie nur aus Unterhaltungszwecken aufsuchten. Die kommerzielle Unterhaltung der Besucher stehe im Vordergrund. Der BayVGH habe sich in der von der Klägerin zitierten Entscheidung mit einer Paintball-Anlage befasst, bei der aufgrund der verfügten Auflagen ein sportlicher Betrieb auf der Grundlage eines anerkannten Regelwerks vorgesehen gewesen sei. Die Anlage sei indessen nicht mit der Lasertag-Anlage der Klägerin vergleichbar. Diese sei im Übrigen nur dann wirtschaftlich zu betreiben, wenn sie einen Kundenkreis aus einem erweiterten Einzugsgebiet anspreche. Hierfür spreche auch die verkehrsgünstige Lage in der Nähe der Anschlussstelle der B 39. Insoweit sei von einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen, weshalb auch die Zulassung einer Ausnahme nicht in Betracht komme. Die 7. Änderung des Bebauungsplans sei wirksam. Sie betreffe keine Grundzüge der Planung. Selbst wenn die Beklagte zu Unrecht vom Vorliegen der Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens ausgegangen sei, erweise sich dieser Mangel als unbeachtlich. Der Bebauungsplan sei auch nicht unbestimmt. Sowohl die Gebietsabgrenzungen als auch die Baugrenzen auf den einzelnen Grundstücken seien hinreichend erkennbar. Schließlich werde die Siebenjahresfrist des § 42 Abs. 2 BauGB durch den Erlass des Bebauungsplans nicht erneut in Kraft gesetzt.

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Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend, eine Änderung des Bebauungsplans im vereinfachten Verfahren sei nicht zulässig gewesen. Durch die 7. Änderung des Bebauungsplans würden die Grundzüge der Planung berührt. Es könne nicht sein, dass Beschränkungen der baulichen Nutzung wiederholt in kleinen Schritten erfolgten. Zudem werde in der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses ausdrücklich darauf abgestellt, dass der bisherige Plan „ersetzt“ werde. Die Annahme des Vorliegens der Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens erweise sich auch nicht als unbeachtlich. Der Plan sei zudem unlesbar und damit unbestimmt. Zudem sei der Satzungsgeber zu Unrecht vom Ablauf der Siebenjahresfrist des § 42 Abs. 2 BauGB ausgegangen. Das Verwaltungsgericht sei seiner Pflicht nicht nachgekommen, bestimmte Spielvarianten festzusetzen, die die Erteilung der Genehmigung durch Auflagen oder sonstige Nebenbestimmungen ermöglichten. Die Annahmen des Verwaltungsgerichts beruhten teilweise auf bloßen Vermutungen. Dies gelte insbesondere für die Frage des angesprochenen Kundenkreises. Bei allen Spielvarianten des Lasertag liege ein Wettkampf nach bestimmten Regeln vor, bei dem es auf Geschicklichkeit und Leistungsfähigkeit ankomme. Verneine man das Vorliegen einer Anlage für sportliche Zwecke, so sei von einem sonstigen Gewerbebetrieb auszugehen. Soweit allein auf den Unterhaltungszweck abgestellt werde, müsste die Einschränkung folgerichtig auch für Theater- und Konzertaufführungen gelten.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 25. Februar 2016 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids vom 2. Oktober 2014 und des Widerspruchsbescheids vom 23. Juni 2015 die beantragte Baugenehmigung für die Umnutzung einer Lagerhalle in eine Sporthalle für Lasertag und Fitness zu erteilen,

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hilfsweise,

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unter Aufhebung der genannten Bescheide die Beklagte zu verpflichten, über den Bauantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,

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sowie

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die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie führt ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen aus, dass dem Fitnessbereich innerhalb des Gesamtvorhabens nur eine untergeordnete Rolle zukomme. Es könne nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts sein, der Klägerin Spielvarianten aufzuzeigen, die bauplanungsrechtlich zulässig seien. Vielmehr obliege ihr, ein entsprechendes Nutzungskonzept zu entwickeln. Die Klägerin habe auch kein konkretes Regelwerk vorgelegt, das auf einen Sportbetrieb schließen lasse. Eine Paintball- oder Reball-Anlage sei mit der von der Klägerin beabsichtigten Lasertag-Anlage nicht vergleichbar. Es werde ein Kampfgeschehen möglichst wirklichkeitsnah simuliert und damit ausschließlich zu Unterhaltungszwecken die Möglichkeit geboten, Kampfsituationen mit Waffen und den damit verbundenen „Kick“ gefahrlos ausleben zu können. Der Bebauungsplan „A., 7. Änderung“ erweise sich auch nicht als unwirksam. So hätten die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens vorgelegen. Die Formulierung, dass der neue Bebauungsplan den bisherigen „ersetze“, diene lediglich dazu, die Rechtsgrundlage klar zu kennzeichnen. Die ursprüngliche Festsetzung eines Gewerbegebiets werde durch die Einschränkung der Ausnahmemöglichkeit verfestigt. Auch erweise sich die Darstellung des Bebauungsplans nicht als unbestimmt. Die Darlegungen zur Siebenjahresfrist des § 42 Abs. 2 BauGB in der Begründung des Bebauungsplans seien zutreffend. Insoweit ergebe sich auch kein Abwägungsfehler.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Behördenakten sowie die Planunterlagen verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung bleibt erfolglos.

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Das Verwaltungsgericht hat die im Hauptantrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Nutzungsänderungsgenehmigung für die Umnutzung einer Lagerhalle in eine Lasertag-Anlage mit Fitnessbereich gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Nutzungsänderungs-genehmigung liegen nicht vor. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf die hilfsweise geltend gemachte Neubescheidung ihres Genehmigungsantrags durch die Beklagte zu.

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1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Nutzungsänderungsgenehmigung nach § 70 Abs. 1 Satz 1 Landesbauordnung – LBauO –. Nach dieser Vorschrift ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.

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Das Vorhaben der Klägerin erweist sich nach § 30 Abs. 3 BaugesetzbuchBauGB – hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung als bauplanungsrechtlich unzulässig. Es handelt sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte, die im Geltungsbereich des maßgeblichen Bebauungsplans Nr. … „A., 7. Änderung“, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung wirksame Festsetzungen enthält, weder allgemein noch ausnahmsweise zugelassen werden kann.

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a) Nach dem Bebauungsplan befindet sich das Vorhabengrundstück in einem Gewerbegebiet nach § 8 BaunutzungsverordnungBauNVO –. In einem solchen Gewerbegebiet können Vergnügungsstätten nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO zwar ausnahmsweise zugelassen werden. Die Beklagte hat indessen in Nr. 1 der textlichen Festsetzungen der 7. Änderung des Bebauungsplans „A.“ die in der Baunutzungsverordnung vorgesehenen Ausnahmen insoweit eingeschränkt, als die in Gewerbegebieten ausnahmsweise zulässigen Vergnügungsstätten nicht Bestandteil der Festsetzungen des Bebauungsplans werden. Ausnahmsweise zulässig sind lediglich „Vergnügungsstätten i.S.d. § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO des Sektors Freizeit (wie Tanzbars und Billardcafés)“ – zu diesen werden im Bebauungsplan auch Lasertag-Anlagen gezählt –, wenn dies städtebaulich vertretbar ist und von ihnen keine unzumutbaren Auswirkungen ausgehen. § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfasst Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind.

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b) Bei der geplanten Lasertag-Anlage handelt es sich um eine Vergnügungsstätte im Sinne der Baunutzungsverordnung.

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aa) Kennzeichen einer Vergnügungsstätte ist, dass sie als besondere Art von Gewerbebetrieben durch die kommerzielle Unterhaltung der Besucher geprägt wird und dabei in unterschiedlicher Ausprägung den Sexual-, Spiel- oder Geselligkeitstrieb anspricht (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, 121. EL Mai 2016, § 4a, Rn. 69, Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a, Rn. 22, OVG RP, Beschluss vom 14. April 2011 – 8 B 10278/11.OVG –, NVwZ-RR 2011, 635 und juris, Rn. 11; Brügelmann, BauGB, Stand: April 2016, § 4a BauNVO Rn. 56). Abzugrenzen ist der Begriff der Vergnügungsstätte u.a. von dem Begriff der Anlage für sportliche Zwecke, die nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO in Gewerbegebieten allgemein zulässig ist. Der Begriff der Anlagen für sportliche Zwecke umfasst selbstständige Anlagen in Gebäuden und im Freien, die der körperlichen Betätigung zu sportlichen Zwecken dienen. Der Begriff der sportlichen Anlagen ist dabei weit auszulegen. Hierzu gehören auch Anlagen und Einrichtungen, die der freizeitgemäßen Betätigung und dem Fitnesstraining dienen (vgl. Stock, a.a.O, § 4, Rn. 103; Fickert/Fieseler, a.a.O., Vorbem. §§ 2 – 9, 12 – 14 Rn. 12 ff.; OVG MV, Beschluss vom 1. Februar 2005 – 3 M 298/04 –, juris, Rn. 37).

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bb) Ob es sich bei der von der Klägerin zur Genehmigung gestellten Lasertag-Anlage um eine Anlage für sportliche Zwecke handelt, unterliegt einer typisierenden Betrachtungsweise. Die Zulässigkeit von Vorhaben in den nach den §§ 2 bis 9 BauNVO umschriebenen Baugebieten richtet sich sowohl bei der Prüfung der Frage, ob sie in den Gebieten allgemein zulässig sind, als auch bei der Beurteilung, ob sie ausnahmsweise zugelassen werden können, nach der typischen Nutzungsweise. Für die Beurteilung der Gebietsverträglichkeit sind alle mit der beabsichtigten Nutzung typischerweise verbundenen Auswirkungen in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, Urt. vom 21. März 2002 – 4 C 1/02 –, BVerwGE 116, 155 und juris, Rn. 16; Beschluss vom 31. Juli 2013 – 4 B 8/13 –, BRS 81 Nr. 86 und juris, Rn. 7;OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. September 2013 – 8 B 10814/13 –, juris , Rn. 16; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Januar 2014 – 10 B 1415/13 –, juris, Rn. 6). Nicht entscheidend kommt es hiernach auf die Ausgestaltung der Abläufe im Einzelfall an.

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Bei typisierender Betrachtungsweise wird aber eine Lasertaganlage maßgeblich durch den Unterhaltungszweck geprägt. Der Aspekt der körperlichen Ertüchtigung tritt demgegenüber so weit zurück, dass auch bei weiter Auslegung nicht von einer Anlage für sportliche Zwecke ausgegangen werden kann. So ist zwar ohne Weiteres nachvollziehbar, dass je nach Ausgestaltung des Spiels und individuellem Engagement das Lasertag-Spiel durchaus mit schnellen Bewegungen und körperlicher Anstrengung verbunden sein kann. Indessen fehlt es an einer systematischen und zielgerichteten sportlichen Betätigung. Bei der Ausgestaltung jedenfalls der hier allein interessierenden Indoor-Varianten stehen Unterhaltungselemente im Vordergrund. Wie sich exemplarisch den in der mündlichen Verhandlung vorgeführten Kurzfilmen entnehmen ließ, findet das Spiel in einer Phantasiekulisse statt, zu der die Abdunkelung des Raumes und der Einsatz von Lichteffekten maßgeblich beitragen. Diese optischen Effekte werden auch bei der Kennzeichnung der Mitspieler genutzt. Daneben tritt eine akustische Untermalung durch Musikeinspielungen und synthetisch erzeugte Schussgeräusche. Hierdurch wird eine virtuelle Atmosphäre geschaffen, die maßgeblich für den Spieleindruck ist. Die Spielregeln sind einfach gestaltet und stellen letztlich auf die Zahl der erzielten Treffer ab. Die einzelnen Spielvarianten werden durch unterschiedliche Szenarien definiert. Ein ausgearbeitetes Regelwerk, das Details der einzelnen Spielvarianten regelt, den Spielablauf steuert und die Spieldauer festlegt, wird hingegen nicht erkennbar. Die Ausgestaltung der Spiele – so wird dies auch von den in den Filmen befragten Mitspielern empfunden – erinnert an ein Computerspiel mit der Besonderheit, dass sich der Spieler selbst auf der Spielfläche bewegt. Auch der Kontakt zu den Mitspielern ist lediglich virtueller Natur durch die eingesetzten Infrarot-Phaser. Dass beim Lasertag deutschlandweit ein organisierter Spielbetrieb mit entsprechenden Ligen oder Turnieren besteht, ist seitens der Klägerin nicht schlüssig dargelegt worden. Ebenfalls ist nicht erkennbar, dass für Lasertag ein systematisches Training erforderlich ist oder angeboten wird. Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit der Lasertag-Arena einen Fitness-Raum einrichten will, lässt sich kein funktionaler Zusammenhang zwischen beiden Einrichtungen herstellen. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass in dem Fitness-Raum gezielt Fertigkeiten trainiert werden, die für das Lasertag-Spiel von Nutzen sein können. Unabhängig davon ist die Lasertag-Arena schon allein von ihrer Größe her für das Gesamtvorhaben als bestimmend anzusehen.

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cc) Die Klägerin kann sich zur Stützung ihrer These, dass eine Anlage für sportliche Zwecke vorliege, auch nicht auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. November 2012 (Az.: 15 BV 09.2719 – BRS 79, Nr. 156) berufen. Hierin wurde zwar eine Paintball-Anlage in bestimmten Spielvarianten als Anlage für sportliche Zwecke eingeordnet, da sie zumindest auch der körperlichen Ertüchtigung diene. Das Paintball-Spiel unterscheidet sich von Lasertag jedoch dadurch, dass dieses Spiel bei Tageslicht stattfindet und ohne Lichteffekte auskommt, so dass eine stärkere Konzentration auf das eigentliche Wettkampfgeschehen stattfindet. Zudem erfolgen die Treffer real durch Farbmarkierungen und nicht lediglich virtuell durch Lichtstrahlen auf entsprechenden Sensorflächen. Hierdurch entsteht ein mittelbarer physischer Kontakt zwischen dem Schützen und dem Getroffenen. Hinsichtlich der vom OVG Lüneburg im Urteil vom 18. Februar 2010 behandelten Reball-Anlage (Urteil vom 18. Februar 2010 – 1 LC 244/07 –, BRS 76 Nr. 158, juris, Rn. 43) hat das Gericht die Frage, ob es sich um eine Anlage für sportliche Zwecke oder eine Vergnügungsstätte handelt, ausdrücklich offengelassen.

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c) Ist eine Lasertag-Anlage hiernach typischerweise als Vergnügungsstätte anzusehen, so handelt es sich bei der von der Klägerin beabsichtigten Anlage um ein nur in Kerngebieten allgemein zulässiges Vorhaben. Als kerngebietstypisch sind Vergnügungsstätten anzusehen, die als „zentrale Dienstleitungsbetriebe“ einen „größeren Einzugsbereich haben“ und „für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein sollen“. Indizien hierfür sind die Größe des Betriebs und der Grad der Störung, der für die das Gebiet prägende Nutzung zu erwarten ist (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 21. Februar 1986 – 4 C 31.83 –, BRS 46 Nr. 51 und juris, Rn. 10; Urteil vom 18. Mai 1990 – 4 C 49.89 –, NVwZ 1991, 264 und juris, Rn. 25; HessVGH, Beschluss vom 18. September 2013 – 3 A 496/13.Z –, NVwZ-RR 2014, 89 und juris, Rn. 9; OVG RP, Beschluss vom 15. Juli 2016 – 8 B 10467/16.OVG –). Eine nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte kann demgegenüber auch in durch Wohnnutzung geprägten Bereichen in besonderen Wohngebieten nach § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sowie in Mischgebieten nach § 6 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden. In überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägten Teilen des Mischgebiets ist sie nach 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO sogar allgemein zulässig.

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Der von der Klägerin vorgesehenen Lasertag-Anlage fehlt indessen diese Verträglichkeit mit durch Wohnnutzung geprägten Bereichen. Sie dient nicht lediglich der Entspannung und Freizeitbetätigung in einem begrenzten Stadtteil, sondern ist auf einen größeren Einzugsbereich ausgerichtet und soll für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein. Eine entsprechende Ausrichtung ergibt sich bereits aus der Lage der als Lasertag-Arena genutzten Halle. Diese befindet sich am Eingang eines Gewerbegebiets und ist unmittelbar an der Ausfahrt von der B … als überörtlicher Verbindungsstraße gelegen. Zudem befindet sich in der Nähe das Technikmuseum Speyer, das seinerseits eine weit über die Stadt Speyer hinausgehende touristische Attraktivität genießt. In der Nähe des Vorhabenstandortes befindet sich zudem nur in eingeschränktem Umfang Wohnbebauung. Da davon auszugehen ist, dass die Lasertag-Anlage von dem überwiegenden Teil der Besucher nur gelegentlich genutzt werden wird, ist eine Auslastung der Anlage durch Besucher aus den angrenzenden Gebieten wirtschaftlich kaum vorstellbar. Eine weitere Rolle spielt, dass die Lasertag-Arena vorrangig auf die Nutzung durch Besuchergruppen und weniger durch Einzelspieler angelegt ist. Auch aus dem Hinweis der Klägerin, dass sich lediglich 20 Spieler gleichzeitig in der Halle aufhalten könnten, kann nicht darauf geschlossen werden, dass die Anlage nur auf einen eingeschränkten Einzugsbereich ausgerichtet ist. Angesichts der langen Öffnungszeiten von 8:00 bis 24:00 Uhr, wie sie sich aus der mit Schreiben der Klägerin vom 1. Juli 2014 eingereichten Betriebsbeschreibung ergeben, und des Umstandes, dass die großen Nebenräume einen kurzfristigen Wechsel in der Belegung der Halle ermöglichen, liegt die eigentliche Nutzungskapazität der Halle bei einer halb- bis einstündigen Spieldauer erheblich höher. Bei der Beurteilung ist weiterhin die Fläche der eigentlichen Lasertag-Arena mit etwa 370 m² zu berücksichtigen, womit eine vergleichsweise großflächige Vergnügungsstätte vorliegt. Berücksichtigt man die Gesamtheit dieser Umstände, so liegt eine Anlage vor, die angesichts ihres typischerweise zu erwartenden Störpotentials nur in einem Kerngebiet allgemein zulässig ist.

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Soweit der Kläger hinsichtlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichts rügt, dieses habe versäumt, durch Auflagen eine zulässige Nutzung der Halle als Anlage für sportliche Zwecke zu bestimmen, ist er darauf zu verweisen, dass Gegenstand der Prüfung das durch den Bauantrag bestimmte Vorhaben ist (vgl. Jeromin, LBauO RP, 4. Aufl. 2016, § 61 Rn. 19). Zudem ist für die bauplanerische Beurteilung nach dem zuvor Gesagten eine typisierende Betrachtung maßgeblich.

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d) Verstößt das Vorhaben der Klägerin hiernach gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans „A., 7. Änderung“, so kann sich die Klägerin nicht auf die Unwirksamkeit dieses Bebauungsplans berufen. Der Bebauungsplan erweist sich zwar hinsichtlich der Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung im westlichen Teil seines Geltungsbereichs als unbestimmt und damit unwirksam. Die Unwirksamkeit erfasst indessen nicht den gesamten Plan und lässt damit die für diesen Bereich, in dem auch das Vorhabengrundstück liegt, geltenden Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung unberührt.

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aa) Das Gebot rechtsstaatlicher Bestimmtheit verlangt, dass die Rechtslage für den Betroffenen erkennbar sein muss, damit er sein Verhalten darauf einrichten kann. Das schließt die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe nicht aus. Es ist lediglich zu fordern, dass die Norm praktisch handhabbar und eine willkürliche Behandlung der Normunterworfenen durch Behörden oder Gerichte ausgeschlossen ist. Dabei hängt der Grad der zu fordernden Bestimmtheit von den jeweils zu ordnenden Lebenssachverhalten ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1994 – 4 C 2/94 –, BVerwGE 96, 110 und juris, Rn. 8; OVG RP, Urteil vom 18. September 2002 – 8 C 11279/01.OVG –, AS 30, 152 und juris, Rn. 49).

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Der Bebauungsplan „A., 7. Änderung“ genügt diesen an seine Bestimmtheit zu stellenden Anforderungen nicht. Die Abgrenzung einzelner Gebietsteile des im Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebiets, für die unterschiedliche Anforderungen an das Maß der baulichen Nutzung gelten, kann dem Bebauungsplan auch unter Heranziehung der maßgeblichen Passagen seiner Begründung nicht mit der hinreichenden Klarheit entnommen werden. Unproblematisch wird das nördlich der H. Straße gelegene Mischgebiet in der Planzeichnung durch eine Perlenschnurlinie von dem südlich und westlich gelegenen Gewerbegebiet abgegrenzt. Hinsichtlich der Gebietsteile dieses Gewerbegebiets ergeben sich indessen nicht auflösbare Unklarheiten. So finden sich in der Planzeichnung westlich der I. Straße im nördlichen Bereich Eintragungen für ein Gewerbegebiet, wobei sich die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung auf 2 Vollgeschosse beschränken. Südlich hiervon ist über die Zweigeschossigkeit hinaus eine Grundflächenzahl von 0,8 und eine Geschossflächenzahl von 1,6 vorgesehen. Eine klare Abgrenzung beider Gebietsteile wird indessen nicht erkennbar. Für die seitens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht, die Abgrenzung ergebe sich aus den vorgesehenen Baugrenzen, fehlt es an eindeutigen Hinweisen. Zudem wird insoweit gerade keine eindeutige Grenzziehung nach Süden erkennbar. Dies gilt umso mehr, als auch die Begründung des Bebauungsplans eine solche Grenzziehung nicht erwähnt (S. 6). Hiernach teilt sich das Gewerbegebiet auf in einen westlich des Verkehrslandeplatzes gelegenen Gebietsteil mit einer Grundflächenzahl von 0,8 und einer Baumassenzahl (gemeint ist offensichtlich: Geschossflächenzahl) von 2. Westlich der I. Straße ist ausweislich der Begründung ein weiterer Gebietsteil gelegen, in dem eine Baumassenzahl (richtig: Geschossflächenzahl) von 1,6 vorgesehen ist. Hiernach besteht aber hinsichtlich der Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung westlich der I. Straße keine weitere Differenzierung. Die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung in diesem Bereich erweisen sich folglich als unwirksam.

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bb) Der Bebauungsplan erweist sich indessen nicht auch deshalb als unwirksam, weil die Beklagte zu Unrecht ein vereinfachtes Verfahren nach § 13 Abs. 1 BauGB durchgeführt hat.

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Nach dieser Vorschrift ist das vereinfachte Verfahren dann zulässig, wenn durch die Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen, nicht vorbereitet oder begründet wird sowie keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe b) BauGB genannten Schutzgüter bestehen.

39

Durch die mit der 7. Änderung des Bebauungsplans erfolgten Festsetzungen werden Grundzüge der Planung nicht berührt. Die Grundzüge der Planung werden durch die dem Bebauungsplan zugrundeliegende und in ihm zum Ausdruck kommende planerische Konzeption bestimmt. Die Grundzüge werden nicht berührt, wenn das der bisherigen Planung zugrundeliegende Leitbild erhalten bleibt und der planerische Grundgedanke nicht verändert wird. Bezogen auf das planerische Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die angestrebte und im Plan zum Ausdruck gebrachte städtebauliche Ordnung in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. August 2009 – 4 CN 4.08 –, BVerwGE 134, 264 und juris, Rn. 12; OVG RP, Beschluss vom 24. März 2010 – 8 C 11202/09.OVG –, AS 39, 141 und juris, Rn. 31; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 13 Rn. 18a). Die von der Beklagten vorgenommene Änderung des Bebauungsplans berührt indessen die Grundzüge der Planung nicht. Die Änderung besteht in der Einschränkung einer ausnahmsweise zulässigen Nutzung auf der Grundlage des von der Beklagten verabschiedeten Vergnügungsstättenkonzepts. Die für die Gebietscharakteristik bestimmende gewerbliche Nutzung wird durch die vorgenommene Veränderung nicht berührt. Selbst hinsichtlich der bisher nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO bestehenden Ausnahme für die Zulassung von Vergnügungsstätten erfolgt eine differenzierte Modifizierung und kein Komplettausschluss der Zulässigkeit.

40

Die Änderung des Bebauungsplans erfasst entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht die Festsetzung des Gewerbegebietes als solche. Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob ein Bebauungsplan im vereinfachten Verfahren geändert werden kann, ist der materielle Gehalt der Änderung. Insoweit ist unerheblich, dass im Sinne einer Neufassung des Bebauungsplans die bisherigen Festsetzungen unverändert in den neugefassten Plan übernommen werden. Insoweit liegt lediglich eine redaktionelle Anpassung der Planung vor, die den materiellen Gehalt unberührt lässt. Soweit in den Planunterlagen davon die Rede ist, der Bebauungsplan „A., 7. Änderung“ ersetze den Plan „A., 6. Änderung“, bringt die Beklagte daher lediglich zum Ausdruck, dass der frühere Bebauungsplan seine rechtliche Wirkung verliert (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. August 1990 – 4 C 3/90 –, BVerwGE 85, 289 und juris, Rn. 21; Beschluss vom 19. April 2010 – 4 VR 2/09 –, juris, Rn. 2). Diese Formulierung gibt indessen keine Auskunft über den Umfang der mit dem Satzungsbeschluss bewirkten materiellen Änderung des Bebauungsplans. Für die Frage, ob die Voraussetzungen eines vereinfachten Verfahrens vorliegen, ist zudem die konkrete Änderung des Bebauungsplanes in den Blick zu nehmen. Hingegen kommt es nicht auf die gesamte Änderungshistorie eines Planes und damit auf die Gesamtheit der Abweichungen von seiner Ursprungsfassung an.

41

cc) Schließlich erweist sich der Bebauungsplan nicht auch deshalb als unwirksam, weil die Beklagte in der Begründung des Bebauungsplans zu Unrecht davon ausgegangen wäre, dass die 7-Jahres-Frist des § 42 Abs. 2 BauGB bereits abgelaufen sei und damit Entschädigungsansprüche nach § 42 Abs. 7 Satz 1 BauGB nicht entstehen könnten. Die Klägerin sieht hierin einen Abwägungsfehler, da die Beklagte den mit der Planung verbundenen Kostenaufwand falsch eingeschätzt habe.

42

Die Beklagte hat den Ablauf der 7-Jahres-Frist des § 42 Abs. 2 Satz 1 BauGB indessen in zutreffender Weise angenommen. Die 7-Jahres-Frist beginnt mit Eintritt der Zulässigkeit einer Nutzung. Der Erlass oder die Änderung eines Bebauungsplans allein setzt eine neue 7-Jahres-Frist nicht in Gang. Die Frist stand dem Eigentümer auch dann ungestört zur Verfügung, wenn sich die Grundlage der bisherigen Nutzungsmöglichkeit ändert, die konkrete Nutzbarkeit des Grundstücks aber fortbesteht (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 10. März 1998 – U 2/97 Baul. –, juris, Rn. 46; BGH, Urteil vom 2. April 1992 – III ZR 25/91 –, BGHZ 118, 11 und juris, Rn. 22; Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, 121. EL 2016, § 42 Rn. 91b).

43

dd) Erweist sich nach alledem der Bebauungsplan im Hinblick darauf als rechtswidrig, dass die Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung im Bereich westlich der I. Straße die erforderliche Bestimmtheit vermissen lassen, so erstreckt sich die Unwirksamkeit des Planes nicht auf die weiteren Festsetzungen. Von einer nur teilweisen Unwirksamkeit des Bebauungsplanes ist auszugehen, wenn die restlichen Festsetzungen auch ohne den nichtigen Teil noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde auch einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG Beschluss vom 18. Juli 1989, BVerwGE 82, 225 (230) und juris, Rn. 20; Beschluss vom 24. April 2013 – 4 BN 22/13 –, BRS 81 Nr. 77 und juris, Rn 3; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. Oktober 2010 – 8 C 10150/10 –, juris, Rn. 128).

44

Was die nicht von der Rechtswidrigkeit betroffenen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung angeht, so ist die Einstufung als Gewerbegebiet auch unabhängig von den hiermit verbundenen Bestimmungen zum Maß der baulichen Nutzung geeignet, zu einer sinnvollen städtebaulichen Nutzung beizutragen. Es ist auch mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen, dass der Satzungsgeber einen Bebauungsplan mit einem auf die Art der baulichen Nutzung beschränkten Inhalt beschlossen hätte, wenn er die Unwirksamkeit der Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung gekannt hätte. Gerade mit der 7. Änderung des Bebauungsplanes sollten ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan städtebaulich unerwünschte Entwicklungen im Gewerbegebiet vermieden und der Schutz der Funktionsfähigkeit des Gebietes erreicht werden. Die Planung hat damit gerade einen Schwerpunkt auf die durch die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung bestimmte Gebietsstruktur gesetzt. Hiernach ist davon auszugehen, dass diese Festsetzungen auch unabhängig von den Bestimmungen zum Maß der baulichen Nutzung getroffen worden wären.

45

2. Fehlt es nach alledem auf der Grundlage der Festsetzungen des Bebauungsplanes zur Art der baulichen Nutzung auch an den tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung über die Zulassung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB für die Lasertag-Anlage, so blieb auch der auf Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung ihres Genehmigungsantrags gerichtete Hilfsantrag der Klägerin erfolglos.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

47

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 ff. ZPO.

48

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der hierfür in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

49

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 25.000,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

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(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

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(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Geschäfts- und Bürogebäude,3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie B

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 8 Gewerbegebiete


(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. (2) Zulässig sind1.Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder W

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(1) Kleinsiedlungsgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäuden mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen. (2) Zulässig sind 1. Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebä

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(1) Werden durch die Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt oder wird durch die Aufstellung eines Bebauungsplans in einem Gebiet nach § 34 der sich aus der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung ergebend

Baugesetzbuch - BBauG | § 42 Entschädigung bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung


(1) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder geändert und tritt dadurch eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks ein, kann der Eigentümer nach Maßgabe der folgenden Absätze eine angemessene Entschädigung in Geld

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(1) Besondere Wohngebiete sind überwiegend bebaute Gebiete, die aufgrund ausgeübter Wohnnutzung und vorhandener sonstiger in Absatz 2 genannter Anlagen eine besondere Eigenart aufweisen und in denen unter Berücksichtigung dieser Eigenart die Wohnnutz

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 28. Sept. 2016 - 8 A 10338/16 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

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(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Besondere Wohngebiete sind überwiegend bebaute Gebiete, die aufgrund ausgeübter Wohnnutzung und vorhandener sonstiger in Absatz 2 genannter Anlagen eine besondere Eigenart aufweisen und in denen unter Berücksichtigung dieser Eigenart die Wohnnutzung erhalten und fortentwickelt werden soll. Besondere Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen; sie dienen auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sonstigen Anlagen im Sinne der Absätze 2 und 3, soweit diese Betriebe und Anlagen nach der besonderen Eigenart des Gebiets mit der Wohnnutzung vereinbar sind.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Läden, Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Schank- und Speisewirtschaften,
3.
sonstige Gewerbebetriebe,
4.
Geschäfts- und Bürogebäude,
5.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Anlagen für zentrale Einrichtungen der Verwaltung,
2.
Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind,
3.
Tankstellen.

(4) Für besondere Wohngebiete oder Teile solcher Gebiete kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder geändert und tritt dadurch eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks ein, kann der Eigentümer nach Maßgabe der folgenden Absätze eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.

(2) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks innerhalb einer Frist von sieben Jahren ab Zulässigkeit aufgehoben oder geändert, bemisst sich die Entschädigung nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks auf Grund der zulässigen Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der Aufhebung oder Änderung ergibt.

(3) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks nach Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist aufgehoben oder geändert, kann der Eigentümer nur eine Entschädigung für Eingriffe in die ausgeübte Nutzung verlangen, insbesondere wenn infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung die Ausübung der verwirklichten Nutzung oder die sonstigen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks, die sich aus der verwirklichten Nutzung ergeben, unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden. Die Höhe der Entschädigung hinsichtlich der Beeinträchtigung des Grundstückswerts bemisst sich nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks auf Grund der ausgeübten Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der in Satz 1 bezeichneten Beschränkungen ergibt.

(4) Entschädigungen für Eingriffe in ausgeübte Nutzungen bleiben unberührt.

(5) Abweichend von Absatz 3 bemisst sich die Entschädigung nach Absatz 2, wenn der Eigentümer an der Verwirklichung eines der zulässigen Nutzung entsprechenden Vorhabens vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist durch eine Veränderungssperre oder eine befristete Zurückstellung seines Vorhabens gehindert worden ist und er das Vorhaben infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung des Grundstücks nicht mehr verwirklichen kann.

(6) Ist vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist eine Baugenehmigung oder über die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens ein Vorbescheid nach Bauaufsichtsrecht erteilt worden und kann der Eigentümer das Vorhaben infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung des Grundstücks nach Ablauf der Frist nicht mehr verwirklichen oder ist die Verwirklichung dadurch für ihn wirtschaftlich unzumutbar geworden, kann der Eigentümer in Höhe des Unterschieds zwischen dem Wert des Grundstücks unter Zugrundelegung der nach der Genehmigung vorgesehenen Nutzung und dem Wert des Grundstücks, der sich infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung ergibt, Entschädigung verlangen.

(7) Ist vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist ein Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Vorbescheids nach Bauaufsichtsrecht, der die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zum Gegenstand hat, rechtswidrig abgelehnt worden und kann nach dem Ergebnis eines Rechtsmittelverfahrens die Genehmigung oder der Vorbescheid mit dem beantragten Inhalt nicht erteilt werden, weil die im Zeitpunkt der Antragstellung zulässige Nutzung aufgehoben oder geändert worden ist, bemisst sich die Entschädigung nach Absatz 6. Entsprechend findet Absatz 6 auch Anwendung, wenn über einen den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden und zu genehmigenden Bauantrag oder einen Vorbescheid nach Bauaufsichtsrecht, der die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zum Gegenstand hat, innerhalb der in Absatz 2 bezeichneten Frist nicht entschieden wurde, obwohl der Antrag so rechtzeitig gestellt wurde, dass eine Genehmigung innerhalb der Frist hätte erteilt werden können.

(8) In den Fällen der Absätze 5 bis 7 besteht der Anspruch auf Entschädigung nicht, wenn der Eigentümer nicht bereit oder nicht in der Lage war, das beabsichtigte Vorhaben zu verwirklichen. Der Eigentümer hat die Tatsachen darzulegen, die seine Bereitschaft und Möglichkeiten, das Vorhaben zu verwirklichen, aufzeigen.

(9) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben, besteht auch der Übernahmeanspruch nach § 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1.

(10) Die Gemeinde hat dem Eigentümer auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob ein sich aus Absatz 2 ergebender vermögensrechtlicher Schutz der zulässigen Nutzung für sein Grundstück besteht und wann dieser durch Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist endet.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Besondere Wohngebiete sind überwiegend bebaute Gebiete, die aufgrund ausgeübter Wohnnutzung und vorhandener sonstiger in Absatz 2 genannter Anlagen eine besondere Eigenart aufweisen und in denen unter Berücksichtigung dieser Eigenart die Wohnnutzung erhalten und fortentwickelt werden soll. Besondere Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen; sie dienen auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sonstigen Anlagen im Sinne der Absätze 2 und 3, soweit diese Betriebe und Anlagen nach der besonderen Eigenart des Gebiets mit der Wohnnutzung vereinbar sind.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Läden, Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Schank- und Speisewirtschaften,
3.
sonstige Gewerbebetriebe,
4.
Geschäfts- und Bürogebäude,
5.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Anlagen für zentrale Einrichtungen der Verwaltung,
2.
Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind,
3.
Tankstellen.

(4) Für besondere Wohngebiete oder Teile solcher Gebiete kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

Gründe

1

Die Beschwerde ist nicht begründet. Aus dem Beschwerdevorbringen lassen sich keine Gründe entnehmen, die gemäß § 132 Abs. 2 VwGO zur Zulassung der Revision führen.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die Klägerin beimisst.

3

1.1 Die Frage,

ob ein sog. Stundenhotel in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet allgemein bauplanungsrechtlich zulässig ist,

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, denn sie lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verneinen. Nach § 4 Abs. 2 BauNVO sind in allgemeinen Wohngebieten Wohngebäude (Nr. 1), die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe (Nr. 2) und Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Nr. 3) allgemein zulässig. Eine gewerbliche Zimmervermietung in Form eines Stundenhotels fällt unzweifelhaft nicht hierunter, insbesondere handelt es sich um keine Wohnnutzung, weil diese u.a. durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises geprägt ist (Beschluss vom 25. März 1996 - BVerwG 4 B 302.95 - Buchholz 406.12 § 3 BauNVO Nr. 12 = ZfBR 1996, 228 = BauR 1996, 676), an der es bei einem Stundenhotel offensichtlich fehlt.

4

1.2 Auch die weiteren Fragen,

ob es sich bei einem Stundenhotel um einen Betrieb des Beherbergungsgewerbes, der § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO unterfällt, handelt und

ob ein Beherbergungsbetrieb nur dann vorliegt, wenn mindestens einzelne Übernachtungen gebucht werden können und der Betrieb primär auf die Bereitstellung von Übernachtungsmöglichkeiten ausgerichtet ist,

führen nicht zur Zulassung der Revision.

5

Der Begriff "Betrieb des Beherbergungsgewerbes", der u.a. in § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO verwendet wird, ist in der Baunutzungsverordnung nicht näher umschrieben (Urteil vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 43.89 - BVerwGE 90, 140). Entwickelt worden ist die Begriffsbestimmung aus der Abgrenzung zur Wohnnutzung und zu anderen planungsrechtlichen Nutzungsformen wie beispielsweise die Heimunterbringung (Beschluss vom 25. März 2004 - BVerwG 4 B 15.04 - BRS 67 Nr. 70). Danach ist für einen Beherbergungsbetrieb kennzeichnend, dass Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können (Beschluss vom 8. Mai 1989 - BVerwG 4 B 78.89 - Buchholz 406.11 § 31 BBauG/BauGB Nr. 27). Typisches Erscheinungsbild eines Beherbergungsbetriebs ist der Pensions- und Hotelbetrieb. Ungeachtet der möglichen Variationsbreite solcher Betriebe etwa im Hinblick auf den Nutzungszeitraum zeichnet sich ein Beherbergungsbetrieb durch die Überlassung von Übernachtungsmöglichkeiten aus (Urteil vom 29. April 1992 a.a.O. S. 146). Eine gewerbliche Zimmervermietung, die nicht auf eine Nutzung der Räumlichkeiten zum Zwecke der Übernachtung angelegt ist, erfüllt nicht die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen des Beherbergungsbegriffs.

6

1.3 Die Frage, ob es sich bei einer gewerblichen Zimmervermietung in Form eines Stundenhotels um einen in einem (faktischen) allgemeinen Wohngebiet gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb handelt, lässt sich ebenfalls - soweit sie grundsätzlicher Klärung zugänglich ist - auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats ohne Weiteres beantworten.

7

Die den Baugebieten der §§ 2 bis 9 BauNVO allgemein (regelhaft) zugewiesenen Nutzungsarten sind ebenso wie die Vorhaben, die ausnahmsweise zugelassen werden können, unzulässig, wenn sie den jeweiligen Gebietscharakter gefährden und deshalb gebietsunverträglich sind. Das ist der Fall, wenn das Vorhaben - im vorliegenden Fall bezogen auf den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets - aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt (Urteil vom 21. März 2002 - BVerwG 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155 <157 ff.>; Beschluss vom 28. Februar 2008 - BVerwG 4 B 60.07 - Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 19). Relevant für die Beurteilung der Gebietsunverträglichkeit sind alle mit der Zulassung des Betriebes nach seinem Gegenstand, seiner Struktur und Arbeitsweise typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung wie insbesondere die Art und Weise der Betriebsvorgänge, der Umfang, die Häufigkeit und die Zeitpunkte dieser Vorgänge, der damit verbundene An- und Abfahrtsverkehr sowie der Einzugsbereich des Betriebes.

8

Ein Stundenhotel, das - wie hier - nach dem Betriebskonzept durchgängig Tag und Nacht mit zeitlich in Stundenblöcken gestaffelter Nutzungsdauer zur Verfügung steht, verträgt sich nicht mit der Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets. Das allgemeine Wohngebiet dient gemäß § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen. Das prägt seinen Gebietscharakter (Urteil vom 1. November 1974 - BVerwG 4 C 38.71 - BVerwGE 47, 144 <150>). Atypisch sind Nutzungen, die den Gebietscharakter einer solchen "kollektiven Wohngemeinschaft" stören (Urteil vom 21. März 2002 a.a.O. <160>). Ein Stundenhotel der geplanten Art stört in einem Wohngebiet. Der häufig wechselnde Publikumsverkehr führt zu einer Beeinträchtigung der Wohnruhe, die das allgemeine Wohngebiet prägt. Dabei erscheint es fernliegend und wird auch von der Klägerin nicht geltend gemacht, dass die Besucher der Einrichtung aus der unmittelbaren, fußläufig erreichbaren Umgebung stammen. Eine solche Einrichtung lässt vielmehr Besucher aus einem großen, möglicherweise übergemeindlichen Einzugsbereich erwarten. Damit verbunden ist ein verstärkter Zu- und Abgangsverkehr mit Kraftfahrzeugen. Die im allgemeinen Wohngebiet - unter den Voraussetzungen des § 13 BauNVO - zulässige Berufsausübung der freiberuflich Tätigen kann zwar ebenfalls mit einem erheblichen Zu- und Abgangsverkehr verbunden sein (Beschluss vom 9. Oktober 1990 - BVerwG 4 B 121.90 - Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 5). Dieser Verkehr findet aber in der Regel nur tagsüber statt. Im vorliegenden Fall beschränkt sich die durch das Vorhaben ausgelöste erhöhte Verkehrsbelastung dagegen nicht auf die allgemein üblichen Geschäftszeiten. Dabei ist unerheblich, wie häufig ein Wechsel der Belegung in den in besonderer Weise auf das Ruhebedürfnis der Bewohner ausgerichteten Abend- und Nachstunden stattfindet. Entscheidend ist, dass angesichts des grundsätzlich möglichen dreistündlichen Wechsels ein Tag- und Nachtbetrieb mit hoher Besucherfrequenz eingerichtet wird. Erweist sich das Vorhaben danach bereits aufgrund des vorhabenbedingten Verkehrsaufkommens als gebietsunverträglich, bedarf es mangels Entscheidungserheblichkeit keiner Vertiefung der Grundsatzrügen, mit denen sich die Klägerin gegen die Annahme des Oberverwaltungsgerichts wendet, das Vorhaben habe negative "milieubedingten" Auswirkungen und sei deswegen gebietsunverträglich. Das gleiche gilt für die weiter von der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, ob ein Stundenhotel in der vorliegenden Form einen sonstigen nichtstörenden Gewerbebetrieb im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO darstellt.

9

2. Die Divergenzrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genügt nicht den Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Klägerin zeigt keinen Rechtssatzwiderspruch auf, insbesondere enthält das in Bezug genommene Urteil des Senats vom 29. April 1992 (a.a.O.) keine Aussage zur Frage der Übernachtungsmöglichkeit als Tatbestandsmerkmal eines Beherbergungsbetriebs. Die Klägerin macht lediglich geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den Begriff "zum vorübergehenden Aufenthalt" zu eng ausgelegt.

10

3. Die Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO haben ebenfalls keinen Erfolg.

11

3.1 Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe keine Aufklärung betrieben, sondern lediglich eine überwiegende Nutzung der Zimmer durch Prostituierte unterstellt, scheitert an der mangelnden Darlegung der Entscheidungserheblichkeit. Das Oberverwaltungsgericht hat die mangelnde Gebietsverträglichkeit selbständig tragend ("auch deshalb") mit dem erhöhten Kraftfahrzeugaufkommen begründet.

12

3.2 Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe überraschend aus dem Zuschlag ab 21 Uhr auf eine erhöhte Frequentierung in den späten Abendstunden geschlossen, genügt ebenfalls nicht, um einen Verfahrensfehler darzulegen.

13

Die richterliche Hinweispflicht konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und zielt damit auch auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen (Beschluss vom 4. Juli 2007 - BVerwG 7 B 18.07 - juris Rn. 5; Urteil vom 11. November 1970 - BVerwG 6 C 49.68 - BVerwGE 36, 264 <266 f.>). Auch darf ein Gericht Umstände, auf deren Vorliegen es nach seiner Rechtsauffassung für die Entscheidung ankommt, nicht ungeprüft behaupten (Beschluss vom 14. Juni 2011 - BVerwG 8 B 74.10 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 61 Rn. 5). Im Berufungsverfahren besteht eine Hinweispflicht insbesondere dann, wenn Gesichtspunkte den Ausschlag geben, die weder im Verwaltungsverfahren noch im ersten Rechtszug erörtert worden sind (Beschluss vom 29. Februar 2000 - BVerwG 4 B 13.00 - Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 29).

14

Das Oberverwaltungsgericht musste keine mündliche Verhandlung anberaumen, um Gelegenheit zur Erörterung zu geben, sondern durfte auf der Grundlage der von den Beteiligten abgegebenen Erklärungen, dass auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werde, im Wege schriftlicher Entscheidung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO entscheiden. Das Urteil stellt keine Überraschungsentscheidung dar. Die Frage der Belegung war weder überraschend noch löste sie eine besondere Hinweispflicht aus. Die Klägerin zeigt nicht auf, dass es sich bei dem Zuschlag um einen aus Sicht des Oberverwaltungsgerichts entscheidungserheblichen Gesichtspunkt handelt. Das Oberverwaltungsgericht hat den Zuschlag lediglich als einen Anhaltspunkt im Hinblick auf den Zeitpunkt der Belegung der Zimmer (ab 21 Uhr) herangezogen. Entscheidend war für das Gericht "vor allem", dass bei der hier maßgeblichen typisierenden Betrachtungsweise - schon aufgrund der allgemeinen Umstände wie beispielsweise die Berufstätigkeit am Tage - Stundenhotels regelmäßig in den Abend- und Nachtstunden verstärkt frequentiert werden. Dass der Betrieb der Klägerin Besonderheiten aufweist, die dieser Annahme entgegenstehen, trägt die Klägerin nicht vor. Auch hat sie darauf verzichtet zu erläutern, aus welchen Gründen sie sich gehindert gesehen hat, schriftsätzliche Angaben zur (durchschnittlichen) Belegung des Stundenhotels zu machen. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts konnte die Klägerin auch ohne Hinweis erkennen, dass - unabhängig von der Frage der Nutzung durch Prostituierte - die Frage der Störung der Wohnnutzung durch die überwiegend von außerhalb des Gebiets anreisenden Nutzer und den dadurch verursachten An- und Abfahrtsverkehr zu beantworten war.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Werden durch die Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt oder wird durch die Aufstellung eines Bebauungsplans in einem Gebiet nach § 34 der sich aus der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung ergebende Zulässigkeitsmaßstab nicht wesentlich verändert oder enthält er lediglich Festsetzungen nach § 9 Absatz 2a oder Absatz 2b, kann die Gemeinde das vereinfachte Verfahren anwenden, wenn

1.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht vorbereitet oder begründet wird,
2.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter bestehen und
3.
keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.

(2) Im vereinfachten Verfahren kann

1.
von der frühzeitigen Unterrichtung und Erörterung nach § 3 Absatz 1 und § 4 Absatz 1 abgesehen werden,
2.
der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist gegeben oder wahlweise die Veröffentlichung im Internet nach § 3 Absatz 2 durchgeführt werden,
3.
den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist gegeben oder wahlweise die Beteiligung nach § 4 Absatz 2 durchgeführt werden.
Wird nach Satz 1 Nummer 2 die betroffene Öffentlichkeit beteiligt, gilt die Hinweispflicht des § 3 Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz entsprechend.

(3) Im vereinfachten Verfahren wird von der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4, von dem Umweltbericht nach § 2a, von der Angabe nach § 3 Absatz 2 Satz 4, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sowie von der zusammenfassenden Erklärung nach § 6a Absatz 1 und § 10a Absatz 1 abgesehen; § 4c ist nicht anzuwenden. Bei der Beteiligung nach Absatz 2 Nummer 2 ist darauf hinzuweisen, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

Gründe

1

Der Antrag ist unzulässig. Er ist entweder unstatthaft oder mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig.

2

Wenn eine Gemeinde einen früheren Bebauungsplan durch einen neuen rechtswirksam ersetzt, verliert der alte Bebauungsplan, auch wenn er nicht rechtsförmlich aufgehoben wurde, seine frühere rechtliche Wirkung, weil über § 10 BauGB der gewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtssatz gilt, dass die spätere Norm die frühere verdrängt (Urteil vom 10. August 1990 - BVerwG 4 C 3.90 - BVerwGE 85, 289); ein gegen den alten Bebauungsplan gerichteter Antrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO ist dann nicht (mehr) statthaft (vgl. z.B. Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Rn 144 zu § 47). Das gilt auch dann, wenn sich der formell neue Bebauungsplan inhaltlich nicht oder nur unwesentlich von dem früheren Bebauungsplan unterscheidet. Der beim Senat anhängig gemachte Antrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO, mit dem der Antragsteller den Bebauungsplan Nr. 67 im Wege der einstweiligen Anordnung außer Vollzug setzen lassen will, wäre deshalb unstatthaft (geworden), falls der am 8. Februar 2010 als Satzung beschlossene, am 11. Februar 2010 bekannt gemachte Bebauungsplan Nr. 72, der nach dem Willen der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 67 ersetzen soll (Sitzungsvorlage vom 20. November 2009, Bl. 76 d.A.), rechtswirksam wäre.

3

Solange der Bebauungsplan Nr. 72 weder in einem gegen ihn gerichteten Normenkontrollverfahren für unwirksam erklärt noch gemäß § 47 Abs. 6 VwGO vorläufig außer Vollzug gesetzt worden ist, fehlt dem Antragsteller für den vorliegenden, gegen den Bebauungsplan Nr. 67 gerichteten Antrag das Rechtsschutzinteresse. Gegenwärtig kann die Entlastungsstraße auf der Grundlage des Bebauungsplans Nr. 72 gebaut werden; daran würde die vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplans Nr. 67 nichts ändern. Die Antragsgegnerin geht von der Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 72 aus. Sie hat hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Vollzugsgrundlage allein der neue Bebauungsplan Nr. 72 sein soll (siehe z.B. Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 27. November 2009, Bl. 75 d.A., und vom 8. Februar 2010, Bl. 146 d.A.). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem seitens des Antragstellers in Bezug genommenen Schreiben der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2010 (Bl. 153 d.A.), wo zum Ausdruck gebracht ist, dass "der Bebauungsplan Nr. 67 nach dem erklärten Willen des Rates (der Antragsgegnerin) weiterhin" gelte, falls sich der Bebauungsplan Nr. 72 als unwirksam erweisen sollte. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Vorgehensweise der Antragsgegnerin - wie der Antragsteller behauptet - allein durch das Ziel motiviert sei, effektiven Rechtsschutz des Antragstellers zu unterlaufen. Die Antragsgegnerin wollte mit der Aufstellung des Bebauungsplan Nr. 72 ersichtlich rechtlichen Bedenken gegen den Bebauungsplan Nr. 67 Rechnung tragen. Das ist ein legitimes, rechtlich nicht zu missbilligendes Ziel. Das Rechtsschutzinteresse für den vorliegenden Eilantrag lässt sich auch nicht mit in der Vergangenheit liegenden Vollzugsmaßnahmen wie etwa einer auf der Grundlage des Bebauungsplans Nr. 67 erfolgten Besitzeinweisung begründen.

4

Dem Antragsteller muss schließlich auch nicht vorsorglich für den Fall, dass die gegen den Bebauungsplan Nr. 72 gerichteten Anträge Erfolg haben, vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden. In diesem Fall ist ihm zuzumuten, erneut einen Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen den Bebauungsplan Nr. 67 zu stellen.

(1) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder geändert und tritt dadurch eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks ein, kann der Eigentümer nach Maßgabe der folgenden Absätze eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.

(2) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks innerhalb einer Frist von sieben Jahren ab Zulässigkeit aufgehoben oder geändert, bemisst sich die Entschädigung nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks auf Grund der zulässigen Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der Aufhebung oder Änderung ergibt.

(3) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks nach Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist aufgehoben oder geändert, kann der Eigentümer nur eine Entschädigung für Eingriffe in die ausgeübte Nutzung verlangen, insbesondere wenn infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung die Ausübung der verwirklichten Nutzung oder die sonstigen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks, die sich aus der verwirklichten Nutzung ergeben, unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden. Die Höhe der Entschädigung hinsichtlich der Beeinträchtigung des Grundstückswerts bemisst sich nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks auf Grund der ausgeübten Nutzung und seinem Wert, der sich infolge der in Satz 1 bezeichneten Beschränkungen ergibt.

(4) Entschädigungen für Eingriffe in ausgeübte Nutzungen bleiben unberührt.

(5) Abweichend von Absatz 3 bemisst sich die Entschädigung nach Absatz 2, wenn der Eigentümer an der Verwirklichung eines der zulässigen Nutzung entsprechenden Vorhabens vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist durch eine Veränderungssperre oder eine befristete Zurückstellung seines Vorhabens gehindert worden ist und er das Vorhaben infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung des Grundstücks nicht mehr verwirklichen kann.

(6) Ist vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist eine Baugenehmigung oder über die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens ein Vorbescheid nach Bauaufsichtsrecht erteilt worden und kann der Eigentümer das Vorhaben infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung des Grundstücks nach Ablauf der Frist nicht mehr verwirklichen oder ist die Verwirklichung dadurch für ihn wirtschaftlich unzumutbar geworden, kann der Eigentümer in Höhe des Unterschieds zwischen dem Wert des Grundstücks unter Zugrundelegung der nach der Genehmigung vorgesehenen Nutzung und dem Wert des Grundstücks, der sich infolge der Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung ergibt, Entschädigung verlangen.

(7) Ist vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist ein Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Vorbescheids nach Bauaufsichtsrecht, der die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zum Gegenstand hat, rechtswidrig abgelehnt worden und kann nach dem Ergebnis eines Rechtsmittelverfahrens die Genehmigung oder der Vorbescheid mit dem beantragten Inhalt nicht erteilt werden, weil die im Zeitpunkt der Antragstellung zulässige Nutzung aufgehoben oder geändert worden ist, bemisst sich die Entschädigung nach Absatz 6. Entsprechend findet Absatz 6 auch Anwendung, wenn über einen den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden und zu genehmigenden Bauantrag oder einen Vorbescheid nach Bauaufsichtsrecht, der die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens zum Gegenstand hat, innerhalb der in Absatz 2 bezeichneten Frist nicht entschieden wurde, obwohl der Antrag so rechtzeitig gestellt wurde, dass eine Genehmigung innerhalb der Frist hätte erteilt werden können.

(8) In den Fällen der Absätze 5 bis 7 besteht der Anspruch auf Entschädigung nicht, wenn der Eigentümer nicht bereit oder nicht in der Lage war, das beabsichtigte Vorhaben zu verwirklichen. Der Eigentümer hat die Tatsachen darzulegen, die seine Bereitschaft und Möglichkeiten, das Vorhaben zu verwirklichen, aufzeigen.

(9) Wird die zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben, besteht auch der Übernahmeanspruch nach § 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1.

(10) Die Gemeinde hat dem Eigentümer auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob ein sich aus Absatz 2 ergebender vermögensrechtlicher Schutz der zulässigen Nutzung für sein Grundstück besteht und wann dieser durch Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist endet.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten, tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 - BVerwG 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Hieran fehlt es.

3

Die Beschwerde ist der Auffassung, das Oberverwaltungsgericht weiche mit dem Rechtssatz

"Die Ungültigkeit einzelner planerischer Festsetzungen führt nur dann - ausnahmsweise - nicht zur Ungültigkeit des gesamten Plans, wenn die restlichen Festsetzungen auch ohne den unwirksamen Teil noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirkenund mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde auch einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte."

von den Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 1989 - BVerwG 4 N 3.87 - (BVerwGE 82, 225 <230>), vom 20. August 1991 - BVerwG 4 NB 3.91 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 59 = BRS 52 Nr. 36), vom 25. Februar 1997 - BVerwG 4 NB 30.96 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 116 = juris Rn. 20) und vom 6. November 2007 - BVerwG 4 BN 44.07 - (juris Rn. 3) in entscheidungserheblicher Weise ab. Das ist jedoch nicht der Fall. In vorgenannten Entscheidungen hat der Senat ausgeführt, dass die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen - nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (vgl. auch § 139 BGB) - dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit eines Bebauungsplans führt, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn außerdem hinzukommt, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (ebenso z.B. Urteil vom 19. September 2002 - BVerwG 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58 <61> = Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 112 und Beschluss vom 22. Januar 2008 - BVerwG 4 B 5.08 - BRS 73 Nr. 22 = juris Rn. 8). Dieser Rechtsprechung ist auch zu entnehmen, dass die Teilunwirksamkeit zur Gesamtunwirksamkeit eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme darstellt (vgl. auch Beschluss vom 29. März 1993 - BVerwG 4 NB 10.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 75 = juris Rn. 27, wo es heißt, dass "die Nichtigkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans nur dann nicht zur Gesamtnichtigkeit des Plans führt, wenn ..."). Das Normenkontrollgericht hat sich von dieser ständigen Spruchpraxis nicht ausdrücklich distanziert. Es hat die von der Beschwerde angeführten Beschlüsse - mit Ausnahme des Beschlusses vom 25. Februar 1997 (a.a.O.) - zwar nicht zitiert, hat sich an ihnen jedoch gleichwohl inhaltlich ausgerichtet. Jedenfalls hat es zutreffend darauf abgestellt, dass für die Annahme einer bloßen Teilnichtigkeit dann kein Raum ist, wenn der fehlerfreie Teil des Plans nicht auch subjektiv vom Planungswillen der Gemeinde getragen wird. Dazu hat es - worauf die Beschwerde nicht eingeht - unter Rn. 44 des Entscheidungsabdrucks ausgeführt, dass sich die Antragsgegnerin zudem auch an ihrem bisherigen Planungskonzept festhalten lassen müsse, was weiter gegen eine Teilbarkeit des angegriffenen Planes spreche. Wie bereits dargestellt, ergebe sich aus der Planrechtfertigung und auch aus den Erwägungen der Antragsgegnerin im Abwägungsvorgang, dass es ihr ausdrücklich um die städtebauliche Ordnung unter Einbeziehung weiterer Grundstücke wegen der nicht wirksamen 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 32 mit einer Zäsur zwischen der Hotelnutzung und Wohnnutzung durch die K.-Straße und Erweiterungsmöglichkeiten auf den Grundstücken des Hotels "K." und der Antragstellerin zu 3) gegangen sei. Ob das Verständnis, das dem Normenkontrollurteil in diesem Punkt zugrunde liegt, dem hypothetischen Willen der Antragsgegnerin tatsächlich gerecht wird, bedarf keiner Entscheidung, denn die Divergenzrüge eröffnet eine entsprechende Überprüfung nicht (Beschluss vom 18. Juli 1989 a.a.O.).


Tenor

Der Bebauungsplan „Multifunktionales Stadion südlich des Europakreisels (B 157)“ wird für unwirksam erklärt, soweit unter Nr. 1.1.1 der textlichen Festsetzungen in den Bestimmungen für das Sondergebiet 2 (SO 2) die Errichtung von Parkdecks ohne extensiv begrüntes Dach zugelassen wird.

Im Übrigen werden die Normenkontrollanträge abgelehnt.

Von den Kosten des Verfahrens haben die Antragsteller 7/8 und die Antragsgegnerin 1/8 zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragsteller wenden sich mit ihren Normenkontrollanträgen gegen den Bebauungsplan „Multifunktionales Stadion südlich des Europakreisel (B 157)“ der Antragsgegnerin.

2

Der Bebauungsplan betrifft einen bislang landwirtschaftlich genutzten Bereich, der nordwestlich der Ortslage des Stadtteils Mainz-Bretzenheim gelegen ist und in östlicher Richtung unmittelbar an die Koblenzer Straße angrenzt. Nach Norden hin erstreckt sich bis zur Saarstraße einer der Quadranten des Hochschulerweiterungsgeländes, in dem der Neubau der Fachhochschule Mainz, ein Studierendenwohnheim sowie ein diesen Anlagen zugeordnetes Parkdeck entstehen sollen. Der für das Hochschulerweiterungsgelände geltende Bebauungsplan wurde parallel zum Planungsverfahren für das Stadiongelände hieran angepasst („Hochschulerweiterung südlich des Europakreisels (B 158)“). Der Regionale Raumordnungsplan Rheinhessen-Nahe aus dem Jahre 2004 weist das Plangebiet des Stadiongeländes als regionalen Grünzug aus. Der Flächennutzungsplan der Stadt Mainz sieht nach der parallel zum Bebauungsplanverfahren erfolgten Änderung Nr. 29 im Bereich des Stadions ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Multifunktionales Stadion“ vor. Die das Sondergebiet umgebenden Flächen sind als Flächen für die Landwirtschaft dargestellt. Der für den Bereich bislang geltende Bebauungsplan „Bezirksfriedhof Mainz-Mitte (B 144)“ setzte für den überwiegenden Teil des Plangebietes eine Friedhofsnutzung fest. Mit dem angegriffenen Bebauungsplan erfolgte die Festsetzung zweier Sondergebiete, wovon das im südlichen Bereich gelegene Gebiet „SO 1“ ein Fußballstadion sowie weitere diesem dienende Einrichtungen aufnehmen soll. In dem sich nördlich anschließenden Gebiet „SO 2“ sollen Stellplätze für das Stadiongelände sowie die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und die Fachhochschule Mainz errichtet werden. Im Übrigen setzt der Bebauungsplan Flächen für die Landwirtschaft, Pflanz- und Verkehrsflächen fest.

3

Die Antragsteller sind Landwirte und Anwohner der Umgebung des Stadiongeländes. Der Antragsteller zu 1) ist Miteigentümer eines von ihm und seiner Familie genutzten Wohnhauses, das in östlicher Richtung in der Ortslage M.-B. innerhalb eines reinen Wohngebietes in einer Entfernung von 700 bis 800 m vom Stadionstandort gelegen ist. Die Antragsteller zu 2) und 3) sind Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Grundstücke, die vollständig oder teilweise durch den angefochtenen Bebauungsplan überplant werden. Der Antragsteller zu 4) ist als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes Pächter von zu diesem Zweck genutzten Grundstücken im Bereich des Bebauungsplanes, für die eine Nutzung als Fläche für die Landwirtschaft sowie an deren südlichem Ende in einem Streifen von etwa 5 m Tiefe ein Grünlandstreifen festgesetzt sind.

4

Der Aufstellung des Bebauungsplanes gingen bis in das Jahr 1994 zurückreichende Vorarbeiten voraus. Im Dezember 2005 befasste sich der Stadtrat mehrfach mit dem Thema eines Stadionneubaus, wobei bis zu diesem Zeitpunkt mehrere Standorte auf ihre Eignung hin untersucht worden waren. Am 5. Juli 2006 beschloss der Rat die Aufstellung des Bebauungsplanes „Neues Stadion am Bruchweg (H 86)“. Im Rahmen der weiteren Untersuchungen zeigte sich, dass für den Standort „Bruchweg“ ein erheblicher finanzieller Aufwand für Schallschutzmaßnahmen erforderlich werden würde. Hierauf wurde mit Beschluss des Stadtrates vom 6. Dezember 2006 ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan für den Standort „Europakreisel“ („G 144“) gefasst. Zu diesem Standort zeichnete sich Ende des Jahres 2007 ab, dass der erforderliche Grunderwerb nicht vollständig zu realisieren war. Am 5. Dezember 2007 fasste der Stadtrat der Antragsgegnerin den Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplanes „Multifunktionales Stadion an der Wormser Straße (W 99)“, der parallel zu den Vorbereitungen zum Standort Europakreisel erstellt werden sollte.

5

Anfang 2008 erwies sich hinsichtlich des nunmehr überplanten Standortes, dass die hierfür erforderlichen Grundstücke zur Verfügung standen. In einer gemeinsamen Sitzung des Haupt- und Personal- sowie des Bauausschusses des Stadtrates der Antragsgegnerin am 17. Januar 2008 gab die Verwaltung einen Überblick über die bislang untersuchten Stadionstandorte. In seiner Sitzung vom 20. Februar 2008 beschloss der Stadtrat die Aufstellung des Bebauungsplanes „Multifunktionelles Stadion südlich des Europakreisels (B 157)“. Hierauf erfolgte eine frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung. Nachdem der Stadtrat in seiner Sitzung vom 18. Juni 2008 erneut die Aufstellung des Bebauungsplanes beschlossen hatte, wurden Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange beteiligt.

6

In seiner Sitzung vom 18. Juni 2008 beschloss der Stadtrat zudem, als Standort für ein neues Stadion das Plangebiet des Bebauungsplanentwurfes festzulegen, und ermächtigte die Beigeladene, die zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden notariell beurkundeten Angebote zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages anzunehmen. In diesem Vertrag wurde der Beigeladenen ein Rücktrittsrecht bis zum 30. November 2009 für den Fall eingeräumt, dass bis zu diesem Zeitpunkt kein Bebauungsplan für das Stadion vorliegen würde.

7

Mit Bescheid vom 12. November 2008 ließ die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd als obere Landesplanungsbehörde für die Darstellung einer Sonderbaufläche „Multifunktionales Stadion südlich des Europakreisels“ die Abweichung von dem raumordnerischen Ziel „regionaler Grünzug“ des Regionalen Raumordnungsplanes Rheinhessen-Nahe zu. Zur Begründung verwies die Behörde darauf, dass veränderte Tatsachen vorlägen, da für die Errichtung eines Stadions nachvollziehbar nur der Standort südlich des Europakreisels in Betracht komme. Zudem hätten sich aus der von der Antragsgegnerin vorgelegten Klimauntersuchung des Büros Ö. vom 11. August/23. Oktober 2008 neue Erkenntnisse ergeben. Die Zielabweichung sei nach raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar, da die Klimafunktion des regionalen Grünzuges nicht erheblich beeinträchtigt werde. Zudem werde der regionale Raumordnungsplan auch nicht in seinen Grundzügen berührt. Gegen die Entscheidung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, die ihnen nicht zugestellt wurde, erhoben die Antragsteller am 9. Oktober 2009 Widerspruch.

8

Am 17. Dezember 2008 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin wegen einer Änderung des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes erneut die Aufstellung sowie dessen öffentliche Auslegung. Der Planentwurf lag vom 8. Januar bis zum 9. Februar 2009 zur Einsicht aus. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 5. Februar 2009, der bei der Antragsgegnerin am 6. Februar 2009 einging, erhoben die Antragsteller zu 1) und zu 4) Einwendungen gegen den Entwurf. Diesem Schreiben schlossen sich die Antragsteller zu 2) und 3) mit ebenfalls am 6. Februar 2009 der Antragsgegnerin zugegangenem Schreiben an.

9

In seiner Sitzung vom 29. April 2009 befasste sich der Stadtrat der Antragsgegnerin auf der Grundlage eines Vermerks der Verwaltung vom 16. April 2009 mit den im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung erhobenen Einwendungen. Gleichzeitig beschloss er im Hinblick auf die nach der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgenommenen Änderungen des Bebauungsplanes die erneute, eingeschränkte Offenlegung, die im Zeitraum vom 25. Mai bis zum 26. Juni 2009 erfolgte. Die Antragsteller äußerten ergänzende Einwendungen mit Schreiben, die die Antragsgegnerin am 25. Juni 2009 erreichten.

10

Am 23. September 2009 beschloss der Stadtrat den Bebauungsplan als Satzung. Der Entscheidung lag ein Vermerk über die erneute Offenlage vom 2. September 2009 zugrunde. Die Stadtratsmitglieder S. und H. nahmen an Beratung und Beschlussfassung nicht teil. Während Herr S. sich bei den Pressevertretern aufhielt, verfolgte Herr H. die Sitzung in dem Bereich des Sitzungssaales, der für die Verwaltungsmitarbeiter vorgesehen ist. Der Bebauungsplan wurde am 21. Dezember 2009 öffentlich bekannt gemacht.

11

Auf der Grundlage von § 33 BauGB hatte die Antragsgegnerin unter dem 22. Mai 2009 eine erste Teilbaugenehmigung für den Erdaushub, am 22. September 2009 eine zweite Teilbaugenehmigung für die Gründungsarbeiten und mit Datum vom 27. November 2009 die Genehmigung zur Errichtung des Fußballstadions erteilt. Gegen diese Genehmigungen erhoben die Antragsteller Widerspruch. Der von der Beigeladenen mit dem Generalunternehmer geschlossene Vertrag über die Errichtung datiert vom 20. Juli 2009.

12

Am 25. Januar 2010 haben die Antragsteller gegen den Bebauungsplan Normenkontrollantrag gestellt.

13

Die Antragsteller leiten ihre Betroffenheit durch die Planung aus den durch das Stadion entstehenden Lärmbeeinträchtigungen, der zunehmenden Verkehrsbelastung sowie daraus ab, dass in ihrem Eigentum befindliche oder von ihnen angepachtete Grundstücke überplant oder sie durch die Auswirkungen des Spielbetriebs in der Bewirtschaftung ihrer landwirtschaftlichen Flächen beeinträchtigt würden.

14

Der Bebauungsplan erweise sich bereits deshalb als rechtswidrig, weil er in einem fehlerhaften Verfahren zustande gekommen sei. Insbesondere hätten von der Mitwirkung ausgeschlossene Ratsmitglieder am Satzungsbeschluss teilgenommen oder sich nicht hinreichend aus dem Sitzungsbereich des Rates entfernt.

15

Der Bebauungsplan verstoße zudem gegen zwingendes Recht, da er das Gebot der Anpassung an die Ziele der Raumordnung nicht einhalte. Der Planung stehe die Ausweisung als regionaler Grünzug im Regionalen Raumordnungsplan entgegen. Der von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd insoweit erlassene Zielabweichungsbescheid vom 12. November 2008 erweise sich nicht lediglich als rechtswidrig, sondern sei sogar nichtig.

16

So sei die Standortalternativenprüfung, auf die der Bescheid Bezug nehme, nicht nachvollziehbar. Aus der im Planungsverfahren erstellten Klimauntersuchung ergäben sich keine veränderten Erkenntnisse, da der Untersuchungsraum zu eng gefasst worden sei. Bei der Zielabweichungsentscheidung seien schließlich auch nicht die Ziele des am 25. November 2008 in Kraft getretenen Landesentwicklungsprogramms (LEP IV) berücksichtigt worden. Die Antragsteller könnten sich im Rahmen des Normenkontrollverfahrens auch auf die Rechtswidrigkeit des Zielabweichungsbescheides berufen, da sie gegen die Entscheidung fristgerecht Widerspruch erhoben hätten und durch sie in ihren Rechten verletzt würden.

17

Dem Bebauungsplan liege weiterhin eine fehlerhafte Abwägung zugrunde. Die Entscheidung des Stadtrates sei durch vorangegangene Bindungen vorbestimmt gewesen, so dass der Abwägungsspielraum des Rates erheblich eingeschränkt worden sei. Die Abwägung erweise sich auch insoweit als fehlerhaft, als auf die Situation abgestellt worden sei, die aufgrund des Bebauungsplanes „Bezirksfriedhof Mainz-Mitte (B 144)“ vorgelegen habe. Dieser Bebauungsplan sei funktionslos geworden, nachdem der Stadtrat die ursprüngliche Nutzungsabsicht aufgegeben habe.

18

Was das Verkehrskonzept der Antragsgegnerin angehe, so seien bereits einige Grundannahmen unschlüssig. Bei der Erstellung des Verkehrskonzeptes seien zudem Sonderspiele, wie etwa Pokalspiele oder sonstige Großveranstaltungen nicht berücksichtigt worden. Auch hinsichtlich des Lärmschutzes sei bei der Begutachtung eine Berücksichtigung solcher Sonderereignisse unterblieben. Zudem müssten der Trainingsbetrieb und die Spiele weiterer Mannschaften des Vereins 1. FSV Mainz 05 einbezogen werden. In der Abwägung der Antragsgegnerin werde nicht hinreichend berücksichtigt, dass in einzelnen Bereichen die Grenzwerte bereits durch die Vorbelastung überschritten würden.

19

Auch das dem Bebauungsplan zugrunde liegende Klimaschutzgutachten lasse fehlerhafte Ermittlungen und Bewertungen erkennen. So stimmten die Annahmen des Gutachtens nicht mit der Klimafunktionskarte der Antragsgegnerin überein. Das Gutachten gehe von veralteten Flächennutzungen aus und berücksichtige nicht die Einflüsse weiterer Planungen im Stadtgebiet auf das Ventilationsgefüge. Bei der Abwägung hätte beachtet werden müssen, dass sich die Abnahme des Kaltluftvolumenstromes im Unteren Zahlbachtal im Grenzbereich dessen bewege, was fachlich noch als vertretbar hingenommen werden könne.

20

Als abwägungsfehlerhaft erwiesen sich auch die artenschutzrechtlichen Erwägungen. So sei die lediglich für eine Brutperiode vorgenommene Bestandserhebung der Avifauna unzureichend. Nicht erfasst worden seien etwa die Wachtel, die Grauammer oder das Rebhuhn. Auch sei unklar, ob die betriebsbedingten Auswirkungen auf die Vogelwelt hinreichend ermittelt worden seien. Hinsichtlich des Feldhamsters müsse wegen des Flächenverlustes eine erhebliche Störung angenommen werden. Die mit der Errichtung eines Fußballstadions einhergehende Beeinträchtigung des Landschaftsbildes werde nicht umfassend bewertet und nicht vollständig kompensiert.

21

Die Belange der Landwirtschaft seien ebenfalls unzureichend berücksichtigt worden. So sei nicht beachtet worden, dass es sich bei dem ausgewählten Standort um landwirtschaftliche Flächen mit einer hohen Wertigkeit handele. Die zu erwartende stärkere Frostgefährdung von Sonderkulturen werde ebenso wenig berücksichtigt wie eine Verschattung der an das Stadion angrenzenden Grundstücke.

22

Die Antragsteller beantragen,

23

den Bebauungsplan „Multifunktionales Stadion südlich des Europakreisels (B 157)“ der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2009 für unwirksam zu erklären,

24

hilfsweise,

25

durch Sachverständigengutachten Beweis zu erheben zu der Frage, dass die ökologische Funktion des Lebensraums der betroffenen lokalen Feldhamsterpopulation westlich von Bretzenheim aufgrund der Flächenverluste durch den Bebauungsplan nicht weiter erfüllt werde.

26

Die Antragsgegnerin beantragt,

27

die Normenkontrollanträge abzulehnen.

28

Sie führt hierzu an, gegen die Zulässigkeit des Normenkontrollantrages bestünden aus ihrer Sicht keine Bedenken. An dem Beschluss des Stadtrates vom 23. September 2009 hätten sich keine von der Mitwirkung ausgeschlossenen Ratsmitglieder beteiligt.

29

Ein Verstoß gegen das Gebot, den Bebauungsplan an die Ziele der Raumordnung anzupassen, liege ebenfalls nicht vor. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd habe die Abweichung von der raumordnerischen Ausweisung eines regionalen Grünzuges zugelassen. Von diesem Bescheid gehe im Hinblick auf die anhängig gemachte Normenkontrolle eine Bindungswirkung aus. Der von den Antragstellern eingelegte Widerspruch sei unzulässig, da ihnen offenkundig die Widerspruchsbefugnis fehle. Der Zielabweichungsbescheid sei nicht als nichtig anzusehen, da er nicht an einem offensichtlichen, besonders schwerwiegenden Fehler leide. Eine Abweichung von den im Landesentwicklungsprogramm IV formulierten Zielen liege ebenfalls nicht vor.

30

Im Hinblick auf das Bebauungsplanverfahren habe auch keine unzulässige Vorfestlegung des Stadtrates vorgelegen. Der Rat sei bei allen standortbezogenen Entscheidungen beteiligt gewesen. Zudem sei die Antragsgegnerin keine vertraglichen Verpflichtungen eingegangen, die es erschwert hätten, das Planungsverfahren im Hinblick auf den ausgewählten Standort einzustellen.

31

Es hätten nicht alle Standortalternativen mit gleicher Intensität geprüft werden müssen. Die alternativ in Betracht gekommenen Standorte hätten gegenüber dem letztlich ausgewählten deutliche Nachteile aufgewiesen. Der zuvor maßgebliche Bebauungsplan B 144 „Bezirksfriedhof Mainz-Mitte“ sei nicht als funktionslos anzusehen.

32

Die Verkehrsuntersuchung basiere auf Erfahrungswerten der Weltmeisterschaft 2006 und neuerer Stadionplanungen. Prognoseunsicherheiten würden durch ein im Konzept vorgesehenes Verkehrsmonitoring aufgefangen. Die Erwägungen zum Lärmschutz seien rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch bei weiteren Fußballspielen sei von einer maximalen Stadionauslastung von 35.000 Zuschauern auszugehen. Die Zahl von seltenen Ereignissen nach den Vorschriften der Sportanlagenlärmschutzverordnung werde durch mögliche Sonderspiele nicht überschritten.

33

Eine großräumig angelegte Klimauntersuchung über das gesamte Kaltluftgefüge hätte nicht die erforderliche Detailgenauigkeit erbracht. Das Untersuchungsgebiet sei auf den Einwirkungsbereich des Vorhabens beschränkt worden. Man habe Erkenntnisse aus vorangegangenen Klimauntersuchungen herangezogen.

34

Die Vollzugsfähigkeit des Bebauungsplanes werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass bei dessen Verwirklichung mit einem Verstoß gegen artenschutzrechtliche Verbote gerechnet werden müsse. Dies zeige schon der Umstand, dass zwischenzeitlich die für den Bau eines Stadions erforderlichen Genehmigungen erteilt worden seien. Für die im Plangebiet festgestellten Brutvögel seien in der Umgebung hinreichende Ausweichlebensräume vorhanden. Für das Vorkommen weiterer Vogelarten ergäben sich keine Anhaltspunkte.

35

Auch die Interessen der Landwirtschaft seien bei der Abwägung der Antragsgegnerin hinreichend berücksichtigt worden. Bei allen externen Standortalternativen seien in gleichem Maße landwirtschaftliche Flächen betroffen. Die Erwartung, dass keine Steigerung der Frostgefährdung bei Sonderkulturen eintrete, beruhe auf Erfahrungswerten des Gutachters und der Geländemorphologie, die im Bereich der landwirtschaftlichen Fläche nicht verändert werde.

36

Die Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Planaufstellungsunterlagen verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

38

Die Normenkontrollanträge haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang teilweise Erfolg.

I.

39

Die Anträge sind zulässig.

40

1. Den Antragstellern steht die für einen Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis zu. Nach dieser Bestimmung kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

41

Der Antragsteller zu 1) kann seine Antragsbefugnis aus der Möglichkeit ableiten, dass er durch die Stadionnutzung einer verstärkten Lärmbeeinträchtigung ausgesetzt sein wird und dieser Umstand als bei der Abwägung zu berücksichtigender privater Belange keine hinreichende Berücksichtigung gefunden hat. Wie sich aus der gutachterlichen Stellungnahme zum Bebauungsplan des Schalltechnischen Ingenieurbüros P. P. ergibt, werden in der unmittelbaren Nachbarschaft des Wohngrundstücks des Antragstellers zu 1) (Immissionspunkte 5 und 6) Werte erreicht, die bei Freitagsspielen zur Nachtzeit den für seltene Ereignisse geltenden Immissionsrichtwert der Sportanlagenlärmschutzverordnung nahezu ausschöpfen. Hiernach ist von einer relevanten Zunahme der Lärmbeeinträchtigung auszugehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2007, BRS 71 Nr. 35 und juris Rn. 5; Urteil vom 28. Januar 1999, BVerwGE 108, 248 und juris Rn. 22).

42

Die Antragsbefugnis der Antragsteller zu 2) und 3) ergibt sich bereits daraus, dass sie Eigentümer von im Plangebiet gelegenen Grundstücken sind, die zudem teilweise durch den Bebauungsplan einer landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden. Für den von bauplanerischen Festsetzungen betroffenen Eigentümer kommt grundsätzlich die Möglichkeit einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. März 1998, NVwZ 1998, 732 und juris Rn. 11; Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 19. Aufl. 2009, § 47 Rn. 59; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 47 Rn. 68).

43

Der Antragstellers zu 4) kann seine Antragsbefugnis darauf stützen, dass die von ihm bewirtschafteten Pachtflächen im Nordwesten des Plangebietes im südlichen Bereich als Pflanzstreifen (P 3) überplant werden und damit nicht mehr in vollem Umfang landwirtschaftlich nutzbar sind. Als bei der Abwägung zu berücksichtigender Belang sind auch die Interessen von Mietern und Pächtern anzusehen, die sich gegen eine Einschränkung der Nutzung eines im Plangebiet gelegenen oder an den Plan angrenzenden Grundstücks wenden (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. November 1999, BVerwGE 110, 36 und juris Rn. 16, OVG RP, Urteil vom 29. September 2004, BRS 67 Nr. 53 und juris Rn. 15).

44

2. Den Antragstellern steht auch das für die Erhebung der Normenkontrolle erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zu. Dieses Erfordernis soll verhindern, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance mehr hat, sein Ziel zu erreichen (BVerwG, Urteil vom 23. April 2002, NVwZ 2002, 1126 und juris Rn. 10). Im Falle des Normenkontrollantrags gegen einen Bebauungsplan entfällt das Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig erst dann, wenn der Bebauungsplan oder die mit dem Antrag bekämpfte einzelne Festsetzung durch unanfechtbar genehmigte Maßnahmen bereits vollständig verwirklicht worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. April 1999, BRS 62 Nr. 47 und juris Rn. 14; Urteil vom 28. August 1987, BVerwGE 78, 85 und juris Rn. 18; Gerhardt/Bier, a.a.O., § 47 Rn. 77). Diese Voraussetzungen liegen im Fall der Antragsteller nicht vor. Die Feststellung der Unwirksamkeit des Bebauungsplanes entfaltet zwar keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Bestand der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen. Indessen ist wegen der von den Antragstellern erhobenen Widersprüche auch noch keine Bestandskraft dieser Genehmigungen eingetreten.

45

Ungeachtet der Frage, ob die Antragsteller durch diese Genehmigungen in ihren Rechten verletzt werden (vgl. hierzu: die Entscheidung des Senats in dem die 2. Teilbaugenehmigung betreffenden Eilverfahren: Beschluss vom 11. Dezember 2009 - 8 B 11243/09.OVG -) kann insoweit nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Antragsgegnerin als Bauaufsichtsbehörde einen Erfolg der Antragsteller im Normenkontrollverfahren zum Anlass nimmt, die erteilten Genehmigungen abzuändern oder zurückzunehmen.

II.

46

Die Normenkontrollanträge sind begründet, soweit in dem als Sondergebiet 2 (SO 2) festgesetzten Teil des Plangebietes neben der Einrichtung ebenerdiger Stellplätze die Errichtung von Parkdecks zugelassen wird, die nicht mit einem extensiv begrünten Dach versehen sind. Der im Bebauungsplan vorgesehenen Möglichkeit einer abweichenden Ausgestaltung der Parkdecks liegt keine sachgerechte Abwägung der Antragsgegnerin zugrunde. Im Übrigen ist der Bebauungsplan rechtlich nicht zu beanstanden.

47

1. Der Bebauungsplan erweist sich als formell rechtmäßig.

48

Er ist in einem ordnungsgemäß verlaufenen Verfahren zustandegekommen. An der Beschlussfassung des Stadtrates haben keine nach § 22 Gemeindeordnung – GemO – ausgeschlossenen Ratsmitglieder teilgenommen. Als für das Planungsverfahren maßgeblich regelt das Landesrecht, wie sich das zur Beschlussfassung über die Bauleitpläne berufene Organ im Einzelnen zusammensetzt und ob eines seiner Mitglieder von der Mitwirkung an der Beschlussfassung ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 1998, NVwZ-RR 1999, 425 und juris, Rn. 3).

49

Die Ratsmitglieder H. S., der als Präsident des das Stadion nutzenden Fußballvereins 1. FSV Mainz 05 e.V. dem Ausschlussgrund des § 22 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) GemO unterliegt, und K. H., der bei diesem Verein die Funktion des Stadionsprechers innehat, haben nach übereinstimmender Darstellung der Beteiligten nicht an Beratung und Beschlussfassung über den Bebauungsplan in der Sitzung des Stadtrates am 23.09.2009 teilgenommen. Bei beiden kann – ungeachtet der Frage, ob bei Herrn H. überhaupt ein Ausschließungsgrund nach § 22 Abs. 1 GemO vorliegt - auch nicht davon ausgegangen werden, dass sie sich nicht hinreichend aus dem Sitzungsbereich des Stadtrates entfernt haben und deshalb ein Verstoß gegen § 22 Abs. 4 GemO anzunehmen ist. Nach dieser Bestimmung ist ein ausgeschlossenes Ratsmitglied berechtigt, sich bei einer öffentlichen Sitzung in dem für die Zuhörer bestimmten Teil des Sitzungsraumes aufzuhalten. Gleichzeitig kommt in dieser Vorschrift zum Ausdruck, dass ein ausgeschlossenes Ratsmitglied eine hinreichende räumliche Distanz zu den an der Entscheidung weiterhin teilnehmenden Mitgliedern des Stadtrates zu wahren hat, um nach außen zu dokumentieren, dass ihm jede Einflussmöglichkeit auf das Verfahren genommen ist. Die räumliche Entfernung soll bereits den äußeren Eindruck vermeiden, dass allein von der Anwesenheit des ausgeschlossenen Ratsmitgliedes eine Beeinflussung der Entscheidungsträger ausgeht (vgl. OVG Rh-Pf, Urteil vom 3. November 1981, NVwZ 1982, 204; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Oktober 1994 , NVwZ-RR 1995, 154 und juris, Rn. 17; Gabler u.a., Praxis der Kommunalverwaltung Rheinland-Pfalz, § 22 GemO Anm. 5.1.). Herr S. und Herr H. hielten sich in Teilen des Sitzungssaales auf, die in klar erkennbarer Weise von dem für die Ratsmitglieder bestimmten Bereich abgegrenzt und für in die Verhandlungen des Rates nicht eingebundene Beobachter der Sitzung und damit für Zuhörer vorgesehen waren. Sie haben nach außen deutlich werden lassen, dass sie keine Möglichkeit hatten, auf Beratung und Entscheidung des Tagesordnungspunktes einzuwirken.

50

Herr S. hielt sich während der Behandlung des Tagesordnungspunktes in dem Bereich des Sitzungssaales auf, der für die Medienvertreter vorgesehen ist. Für diese sind Plätze in einem neben dem Haupteingang zurücktretenden Teil des Raumes reserviert. Herr H. befand sich in dem maßgeblichen Zeitraum im Bereich der Verwaltungsmitarbeiter an einer der Längswände des Sitzungssaales. Die erforderliche räumliche Distanzierung von den übrigen Ratsmitgliedern wird überdies aus der Gliederung des Ratssaales ersichtlich, in dessen Mitte die Plätze für die Ratsmitglieder kreisrund angeordnet sind, was aus dem Plan und den Fotografien entnommen werden kann, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegt und erläutert wurden.

51

Bei dem Ratsmitglied C. V. lagen die Voraussetzungen des § 22 GemO für einen Ausschluss von Beratung und Entscheidung des Stadtrates nicht vor. Herr V. ist einer von zwei Fanbeauftragten des Fußballvereins 1. FSV Mainz 05 e.V., die den Kontakt zwischen den Anhängern des Vereins und der Vereinsführung herstellen sollen. Bei ihm greift der spezielle Ausschlussgrund des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a GemO nicht, wonach diejenigen Personen ausgeschlossen sind, die bei einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Vereinigung gegen Entgelt beschäftigt sind, die ein unmittelbares persönliches oder wirtschaftliches Interesse an der Entscheidung hat. Herrn V. wird für seine Tätigkeit als Fanbeauftragter kein Entgelt gezahlt.

52

Auch der allgemeine Ausschließungsgrund des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GemO liegt bei Herrn V. nicht vor. Hiernach besteht ein Mitwirkungsverbot, wenn die Entscheidung dem Betroffenen selbst, einem seiner Angehörigen oder einer von ihm vertretenen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Soweit die Antragsteller anführen, dass Herr V. der Gefahr ausgesetzt gewesen sei, bei einer ablehnenden Entscheidung seine herausgehobene Funktion im Verein zu verlieren, fehlt es an der Unmittelbarkeit des hierdurch möglicherweise entstehenden Nachteils. Bei der Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums ist zu berücksichtigen, dass die Befangenheitsvorschriften zwar einerseits eine Entscheidung in eigener Sache verhindern, andererseits jedoch keine so weite Ausdehnung erfahren sollen, dass die Funktionsfähigkeit des Gemeinderates und damit die auf demokratischer Teilhabe beruhende Beteiligung der Vertretungskörperschaft unangemessen zurückgedrängt werden. Hiernach ist darauf abzustellen, ob die möglichen Sonderinteressen für die Haltung des Ratsmitglieds bestimmenden Einfluss gewinnen können, ob also dem drohenden Nachteil ein solches Gewicht zukommt, dass eine persönliche Konfliktsituation entsteht, in der nicht mehr gewährleistet ist, dass das Ratsmitglied seine Tätigkeit ausschließlich nach dem Gesetz und seiner freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung ausübt (vgl. OVG Rh-Pf, Urteil vom 13. Juni 1995, AS 25, 161 und juris, Rn. 23 und 26; Urteil vom 24. Juni 2009, AS 37, 361 und juris Rn. 27; Gabler u.a., Praxis der Kommunalverwaltung Rheinland-Pfalz, § 22 GemO Anm. 2.3.4.2.) Hinsichtlich Herrn V. ist eine derartige Konfliktsituation indessen nicht zu erwarten. So kann bereits nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ihm seine Funktion entzogen würde, wenn er seine Zustimmung zu dem Beschluss des Bebauungsplanes verweigerte. Vielmehr dürfte den Verantwortlichen des Vereins klar sein – wie dies der in der mündlichen Verhandlung anwesende Vereinsvertreter andeutete -, dass eine komplexe Entscheidung wie der Bebauungsplan für ein bundesligataugliches Fußballstadion vielfältige Interessen berührt.

53

Zudem hat die Wahrnehmung der Funktion eines Fanbeauftragten für Herrn V. keine existentielle Bedeutung. Er ist zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes auch nicht mittelbar auf diese Tätigkeit angewiesen. Seine Belastung bei einer den Verein 1. FSV Mainz 05 e.V. betreffenden Entscheidung geht überdies nicht wesentlich über das Spannungsfeld hinaus, dem sich jedes Ratsmitglied bei einer in der Öffentlichkeit umstrittenen Entscheidung aussetzt. Die alleinige Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe oder einem Bevölkerungsteil, wie sie in der Mitgliedschaft in einem Sportverein zu sehen ist, soll nach § 22 Abs. 3 GemO gerade keine Befangenheit eines Ratsmitgliedes begründen. Dass auch eine herausgehobene Funktion innerhalb des Vereins im Regelfall nicht zu einer Befangenheit eines Ratsmitgliedes führt, zeigt der Umstand, dass § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. b) GemO einen entsprechenden Ausschlussgrund lediglich bei Entscheidungsträgern einer juristischen Person wie den Mitgliedern des Vorstandes oder des Aufsichtsrates annimmt, die aufgrund ihrer Position innerhalb der juristischen Person bereits verpflichtet sind, in deren Interesse zu handeln. Die bloße Mitgliedschaft in einem solchen Verein, auch wenn sie mit einer herausgehobenen Aufgabe verbunden ist, wird hingegen nicht als Grund angesehen, das Eintreten des Ratsmitglieds für das öffentliche Wohl regelmäßig in Zweifel zu ziehen.

54

2. Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen zwingende gesetzliche Vorgaben.

55

a. Die Aufstellung des Bebauungsplanes „Multifunktionales Stadion südlich des Europakreises (B 157)“ erweist sich als erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Nach dieser Bestimmung haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.

56

aa. Der Bebauungsplan wird von einer nachvollziehbaren Planungskonzeption der Antragsgegnerin getragen (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999, BRS 62 Nr. 19 und juris, Rn. 4 f.; Söfker/Runkel in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 93. Ergänzungslieferung 2009, § 1 Rn. 32). Die Antragsgegnerin sieht in schlüssiger Weise das Erfordernis, ein den heutigen Anforderungen genügendes Fußballstadion bauplanungsrechtlich zu ermöglichen. Das bisherige Stadion weist hiernach nicht mehr die erforderliche Zuschauerkapazität auf und stellt sich in technischer Hinsicht als veraltet dar. Eine Erweiterung am bisherigen Standort kommt wegen der direkten Nachbarschaft zu Wohn- und Mischgebieten nicht in Betracht.

57

bb. Eine Verletzung des in § 1 Abs. 3 BauGB enthaltenen Gebots der Erforderlichkeit der Planung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Bebauungsplan aus Rechtsgründen nicht vollzugsfähig wäre, weil seiner Verwirklichung im Zeitpunkt des Inkrafttretens dauernde Hindernisse rechtlicher Art entgegenstünden. Als derartige Hindernisse kommen insbesondere artenschutzrechtliche Verbote in Betracht, gegen die eine Umsetzung des Bebauungsplanes verstoßen würde. Dabei zielen die artenschutzrechtlichen Verbotsbestimmungen nicht auf den Erlass des Bebauungsplanes selbst ab, vielmehr würde erst durch seine Verwirklichung gegen ein solches Verbot verstoßen werden. Die Vollzugsunfähigkeit eines Bebauungsplanes ist dann anzunehmen, wenn seine Verwirklichung zwangsläufig an derartigen Hindernissen scheitern würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 1999, BVerwGE 109, 246 und juris, Rn. 24, BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997, NVwZ-RR 1998, 162 und juris, Rn. 13 f.; OVG Rh-Pf, Urteil vom 13. Februar 2008, NVwZ-RR 2008, 514 und juris, Rn. 26 f.; HessVGH, Urteil vom 21. Februar 2008, BRS 73 Nr. 4 und juris, Rn. 33).

58

(1) Hinsichtlich der im Plangebiet nach den Feststellungen des Umweltberichtes zum Bebauungsplan sicher brütenden Vögel ist nicht zu befürchten, dass eine Umsetzung des Bebauungsplans gegen das Verbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) vom 25. März 2002 (BGBl. I, S. 1193) in der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans geltenden Fassung der Änderung durch Gesetz vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2986) - BNatSchG 2007 - (entspricht: § 44 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege vom 29. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2542) – BNatSchG 2009) verstoßen würde. Nach § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 ist es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Zu den besonders geschützten Arten gehören nach § 10 Abs. 2 Nr. 10 lit. b, bb BNatSchG 2007 auch die europäische Vogelarten. Hinsichtlich der Verbotsvorschrift enthält § 42 Abs. 5 BNatSchG 2007 (§ 44 Abs. 5 BNatSchG 2009) eine Privilegierung für die Bauleitplanung. Hiernach liegt bei nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässigen Vorhaben im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG 2007 – hierunter fallen insbesondere Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 BauGB – bei europäischen Vogelarten ein Verstoß gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 3 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Diese Ergänzung des Verbotstatbestandes ist darauf gerichtet, die von Fortpflanzungs- bzw. Ruhestätten erfüllte ökologische Funktion aufrechtzuerhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009, BVerwGE 133, 239 und juris, Rn. 66; Urteil vom 9. Juli 2008, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 97).

59

Hinsichtlich der Schafstelze und der Feldlerche, die im Plangebiet sicher brüten, ist nicht erkennbar, dass es infolge der Errichtung des Stadions zu einer Beeinträchtigung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten dieser Vögel und hierdurch zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population kommen könnte.

60

Im Hinblick auf das im Untersuchungsgebiet festgestellte Vorkommen der Feldlerche (15 Brutpaare) kann bereits kein Verstoß gegen das Zerstörungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 angenommen werden. Die Feldlerche nutzt nicht alljährlich den gleichen Brutplatz, sondern wechselt das Brutgebiet in Anpassung an die Änderungen der landwirtschaftlichen Flächenbewirtschaftung. Geschützt durch das Zerstörungsverbot sind indessen nur besetzte oder regelmäßig benutzte Lebensstätten von Vögeln, selbst wenn sie während der winterlichen Abwesenheit von Zugvögeln unbenutzt sein sollten (vgl. OVG Rh-Pf, Urteil vom 13. Februar 2008, NVwZ-RR 2008, 514 und juris, Rn. 44, BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006, BVerwGE 126, 166 und juris, Rn. 33). Eine akute Beeinträchtigung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Feldlerche war im Übrigen im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplanes am 21. Dezember 2009 schon deshalb unwahrscheinlich, weil im Vorfeld des Beginns der Bauarbeiten Ende April/Anfang Mai 2009 zwei Begehungen stattfanden, um sicherzustellen, dass der Bereich der Baumaßnahmen nicht als Nistplatz geschützter Vögel genutzt würde. Hierauf wurde die obere Bodenschicht abgeschoben und damit als Lebensraum für Brutvögel vergrämt. Insoweit ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für eine in Folge der Planung zu erwartende Verwirklichung der in § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2007 (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2009) umschriebenen Nachstellungs- und Tötungsverbote.

61

Im Übrigen sind sowohl für die Feldlerche als auch für die Schafstelze (4 im Planbereich festgestellte Brutpaare) im Umfeld des Plangebietes ausreichende Ausweichlebensräume vorhanden, so dass die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten weiterhin erfüllt wird. So orientiert sich die Feldlerche nach Darstellung des Umweltberichtes in der Auswahl ihres Lebensraumes ohnehin an den Änderungen in der landwirtschaftlichen Flächenbewirtschaftung. Die Schafstelze ist im Umfeld des Plangebietes ein häufiger Brutvogel. Soweit die Antragsteller die Eignung des Ausweichlebensraumes in Frage stellen, ist darauf zu verweisen, dass der Antragsgegnerin im Hinblick auf die hierbei erforderlich werdende ökologische Bewertung eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 64 f., Urteil vom 21. Juni 2006, BVerwGE 126, 166 Rn. 44). Bei der Bewertung des Ausweichlebensraumes durch die Antragsgegnerin ist indessen nicht erkennbar, dass sie die Grenzen ihrer Einschätzungsprärogative überschritten hätte. Insbesondere hat sie die Frage der Revierdichte in ihre Untersuchungen einbezogen.

62

Die besonders geschützte Vogelart Dorngrasmücke sowie die streng geschützten Vogelarten Grünspecht, Mäusebussard und Turmfalke, die im Umfeld des Plangebietes oder im Bereich des Hochschulerweiterungsgeländes brüten, sind als Nahrungsgäste im Bereich des Plangebietes selbst nicht von dem Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 erfasst. Die bloße Verschlechterung der Habitatsqualitäten eines Nahrungsgastes erfüllt keinen der in § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 enthaltenen Verbotstatbestände (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006, a.a.O. und juris Rn. 31; HessVGH, Urteil vom 21. Februar 2008, BRS 73 Nr. 4 und juris, Rn. 47). Insoweit ergibt sich auch keine Beeinträchtigung der im Plangebiet beobachteten Gastvogelarten wie Saatkrähe, Braunkehlchen und Steinschmätzer.

63

Entgegen der Auffassung der Antragsteller fehlt es auch an hinreichenden Anhaltspunkten für eine erhebliche Störung wildlebender Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2009). Der Umweltbericht stellt in nachvollziehbarer Weise darauf ab, dass die Nahrungsgäste aufgrund der großflächig zur Verfügung stehenden Ausweichlebensräume und da sie wenig empfindlich auf mögliche bau- und betriebsbedingte Störungen reagierten, durch die Flächeninanspruchnahme und durch Beeinträchtigungen, die durch Bau und Betrieb des Stadions bedingt seien, nicht erheblich gestört würden. Diese Einschätzung erscheint auch deshalb als folgerichtig, weil für eine mögliche, auf die Lebensräume der betroffenen Vogelarten wirkende Beeinträchtigung in dem dicht besiedelten, von stark frequentierten Verkehrsanlagen durchzogenen und intensiv landwirtschaftlich genutzten Umfeld ihrer Lebensräume bereits eine erhebliche Vorbelastung besteht. Zum anderen ergibt sich aus der Nutzung des Stadions keine dauernde Belastung der Habitatsqualität. Vielmehr ist diese auf einen kurzen Zeitraum beschränkt und erfolgt in größeren zeitlichen Abständen.

64

Die artenschutzrechtlichen Erhebungen können auch nicht als unzureichend oder lückenhaft angesehen werden. Die Antragsteller führen in diesem Zusammenhang aus, dass im Plangebiet weitere Vogelarten anzutreffen seien, die im Umweltbericht nicht erwähnt würden. Zudem erweist sich aus ihrer Sicht eine auf eine Brutperiode beschränkte Begehung des Gebietes, die sich auf Zeiten des späten Vormittags oder frühen Nachmittags beschränke, als unzureichend.

65

Was die Untersuchungstiefe bei artenschutzrechtlichen Erhebungen angeht, so ist zu berücksichtigen, dass eine derartige Untersuchung mit großen Unwägbarkeiten verbunden ist. Auf welche Weise und mit welcher Untersuchungstiefe eine entsprechende Untersuchung erfolgt, hängt von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalles ab. Wesentliche Erkenntnisquellen sind dabei die Bestandsaufnahme vor Ort sowie der Rückgriff auf bereits vorhandene Erkenntnisse und Literatur zum Plangebiet (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 58 ff.).

66

Der Antragsgegnerin ist bei Anlegung dieser Maßstäbe kein Ermittlungsdefizit anzulasten. Die Feststellungen des Umweltberichtes beruhen auf vier Begehungen des Gebietes. Dass eine Begehung am späten Vormittag oder am frühen Nachmittag sich aus fachlicher Sicht als untauglich erweisen würde, wird seitens der Antragsteller nicht näher ausgeführt. Die Antragsgegnerin hat insoweit darauf verwiesen, dass es einem erfahrenen Ornithologen im Offenlandbereich auch zu diesen Tageszeiten möglich sei, die erforderlichen Feststellungen zu treffen, zumal sich die Aktivitäten der untersuchten Brutvögel nicht auf den frühen Morgen beschränkten. Die Antragsgegnerin hat zudem auf bereits vorliegende Untersuchungen im Umfeld des Plangebietes zurückgreifen können (vgl. das Ergebnis einer im Jahre 2007 durchgeführten avifaunistischen Erhebung im Umweltbericht des Bebauungsplanentwurfes „Neues Stadion Mainz 05 am Europakreisel (G 144)“).

67

Im Übrigen lässt sich auch aus den Darlegungen der Antragsteller nicht entnehmen, dass über die im Umweltbericht angesprochenen Vogelarten hinaus das Plangebiet sicher als Lebensraum weiterer Brutvögel dient. Hinsichtlich der Wachtel wird lediglich ein Vorkommen in einem großflächigen Bereich des Bretzenheimer Oberlandes angesprochen. Für einen Brutnachweis fehlt es indessen auch nach den Ausführungen der Antragsteller an einer hinreichenden Grundlage. Auch hinsichtlich der Grauammer wird seitens der Antragsteller nicht ausgeführt, dass durch die geplanten Baumaßnahmen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten betroffen sein könnten. Vielmehr wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Grauammer an den Randbereichen der offenen Feldflur anzutreffen sei. Das von den Antragstellern als potentieller Bewohner des Plangebietes genannte Rebhuhn ist auch nach ihren eigenen Darlegungen seit etwa 5 bis 10 Jahren nicht mehr im Bereich des Stadionumfeldes als Brutvogel aufgetreten.

68

(2) Auch hinsichtlich des streng geschützten Feldhamsters (§ 10 Abs. 2 Nr. 11 lit. b BNatSchG 2007 (§ 7 Abs. 2 Nr. 14 lit. b BNatSchG 2009) i.V.m. Anhang IV der Richtlinie 92/43/EG – cricetus –) ergibt sich kein Vollzugshindernis für den Bebauungsplan im Hinblick auf die mögliche Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbote. Insoweit ist bereits nicht erkennbar, dass auf einzelne Individuen bezogen einer der Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG 2007 verwirklicht werden könnte.

69

Durch das Vorhaben werden insbesondere Fortpflanzungs- oder Ruhestätten dieser Tierart im Sinne von § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 nicht beeinträchtigt. Es sind von den geplanten Baumaßnahmen keine akut besetzten oder solche Bauten betroffen, bei denen nach den Lebensgewohnheiten der Art eine regelmäßig wiederkehrende Nutzung zu erwarten ist (BVerwG, Urteil vom 18. März 2009, a.a.O. und juris, Rn. 66). Bei den Plangebieten des hier angefochtenen Bebauungsplanes „B 157“ sowie des Bebauungsplanes „B 158“ (Hochschulerweiterung südlich des Europakreises) handelt es sich ausweislich des Umweltberichtes um durch Feldhamster ohnehin gering besiedelte Bereiche. Im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „B 157“ wurde kein aktiver Feldhamsterbau gefunden. Im Geltungsbereich des Bebauungsplanes zur Hochschulerweiterung wurden 6 aktive Baue festgestellt. Hiernach ist aber im Plangebiet selbst keine Fortpflanzungs- oder Ruhestätte eines Feldhamsters betroffen. Diese Einschätzung wird bestätigt durch die im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens erfolgte Begehung des Stadiongeländes. Bei 2 Terminen am 27. April und 4. Mai 2009 - und damit vor Inkrafttreten des Bebauungsplanes - wurde das Baugelände erneut überprüft. Dabei wurden 2 Erdbaue festgestellt, die nicht aktiv gewesen sind und nach Einschätzung des Gutachters möglicherweise schon vor längerer Zeit verlassen wurden. Zudem ist auch hinsichtlich des Feldhamsters darauf hinzuweisen, dass das Gelände unmittelbar im Anschluss an die Untersuchung durch Abtragung des Oberbodens für eine Besiedelung unattraktiv gemacht wurde.

70

Entgegen der von den Antragstellern in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung kann eine Verwirklichung des Beeinträchtigungsverbotes auch nicht deshalb angenommen werden, weil der nicht genutzte Bau in Zukunft von einem Jungtier belegt werden könnte. Selbst wenn man ein derartiges Verhalten der Tierart annimmt, kann hieraus nicht auf das Vorliegen eines funktionalen Verbundkomplexes geschlossen werden. Ein derartiger Verbundkomplex von Ruhestätten kann etwa dann angenommen werden, wenn Fledermäuse mehrere Tagesquartiere in ständigem Wechsel nutzen (BVerwG, Urteil vom 18. März 2009, a.a.O. und juris, Rn. 69; Urteil vom 13.05.2009, NVwZ 2009, 1296 und juris, Rn. 91). Auch ein derartiges Verständnis einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte setzt indessen voraus, dass diese regelmäßig genutzt wird. Hierzu reicht die lediglich potentielle Eignung eines aufgegebenen Feldhamsterbaus als Lebensstätte für einen Artgenossen nicht aus. Im Übrigen stellt sich die bloße Verkleinerung des Lebensraumes des Feldhamsters nicht als artenschutzrechtliches Problem dar. Dieser Gesichtspunkt wurde vielmehr im Rahmen der Ausgleichsflächenberechnung von der Antragsgegnerin angemessen berücksichtigt.

71

Der von den Antragstellern in der mündlichen Verhandlung bedingt gestellte Beweisantrag ist abzulehnen. Die durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellte Tatsache, dass die ökologische Funktion des Lebensraums der lokalen Feldhamsterpopulation westlich von Bretzenheim aufgrund der Flächenverluste durch den Bebauungsplan nicht weiter erfüllt werde, erweist sich für die Entscheidung des Rechtsstreits als unerheblich. Diese Frage wäre nur dann von Bedeutung, wenn bei Vorliegen der Voraussetzungen des Verbotstatbestandes des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 das auf die ökologische Funktionalität abstellende Korrektiv des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG 2007 heranzuziehen wäre. Vorliegend ist jedoch bereits der Verbotstatbestand nicht verwirklicht.

72

(3) Aus den durch Errichtung und Betrieb des Stadions zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen erwächst für den Bebauungsplan ebenfalls kein Vollzugshindernis.

73

Auch insoweit wäre ein Bebauungsplan, der ein Vorhaben zulässt, für das wegen Nichteinhaltung der hierfür geltenden immissionsschutzrechtlichen Anforderungen keine Genehmigung erteilt werden dürfte, wegen Verstoßes gegen das in § 1 Abs. 3 BauGB enthaltene Gebot der Erforderlichkeit der Planung unwirksam (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.1999, BVerwGE 109, 246 und juris, Rn. 22 ff.; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 1. März 2010, § 1 18. BImSchV Rn. 13 ff.). Hinsichtlich des mit der Planung ermöglichten Stadionvorhabens ist indessen nicht ersichtlich, dass es zwangsläufig gegen immissionsschutzrechtliche Normen verstoßen würde, die auch durch Auflagen im Genehmigungsverfahren nicht aufgefangen werden könnten.

74

c. Der Bebauungsplan erweist sich weiterhin auch nicht wegen Verstoßes gegen das in § 1 Abs. 4 BauGB zum Ausdruck kommende Gebot, die Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung anzupassen, als rechtswidrig. Die Antragsgegnerin konnte ihrer Planung den Umstand zugrunde legen, dass die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd mit Bescheid vom 12. November 2008 eine Abweichung von dem raumordnerischen Ziel „regionaler Grünzug“ im Regionalen Raumordnungsplan Rheinhessen-Nahe aus dem Jahre 2004 zugelassen hat.

75

aa. Die Antragsteller vertreten die Auffassung, dass der Zielabweichungsbescheid rechtswidrig oder sogar nichtig sei und dieser Umstand im Rahmen der Normenkontrolle berücksichtigt werden müsse.

76

(1) Zunächst ist von dem Grundsatz auszugehen, dass ein Verwaltungsakt, der eine Abweichung von einem Ziel der Raumordnung zulässt, nicht inzident im Rahmen der Normenkontrolle überprüft werden kann. Das Bundesverwaltungsgericht geht bei der Prüfung von Bebauungsplänen davon aus, dass die Überprüfung einer bestandskräftigen Abweichungsentscheidung im Rahmen der Normenkontrolle angesichts der von dieser Entscheidung ausgehenden Bindungswirkung nicht möglich sei. Die Bestandskraft wirke lediglich im Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen der Gemeinde, die die Abweichung beantragt habe, und der entscheidenden Behörde. Darüber hinaus greife die Tatbestandswirkung der Entscheidung. Grundlage hierfür seien Art. 20 Abs. 3 GG und § 43 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG -. Hiernach sei ein (rechtswirksamer) Verwaltungsakt grundsätzlich von allen Staatsorganen zu beachten und ihren Entscheidungen als gegeben zugrunde zu legen. Dies gelte auch für eine rechtsförmliche, rechtsbehelfsfähige Abweichungsentscheidung in einem Zielabweichungsverfahren (BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2007, BRS 71 Nr. 45 und juris, Rn. 8; vgl. Urteil vom 30. Januar 2003, BVerwGE 117, 351 und juris, Rn. 14 für den Fall einer landschaftsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung).

77

(2) Die Tatbestandswirkung des Zielabweichungsbescheides der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd entfällt nicht deshalb, weil sich der Verwaltungsakt als nichtig erweisen würde. Voraussetzung hierfür ist nach § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz - LVwVfG - i.V.m. § 44 VwVfG, dass er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Hiernach bedarf es eines besonders schwerwiegenden Form- oder Inhaltsfehlers, der mit der Rechtsprechung unter keinen Umständen vereinbar und für einen urteilsfähigen Bürger offensichtlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 1964, BVerwGE 19, 284 und juris, Rn. 46; Urteil vom 22. Februar 1985, BRS 43 Nr. 130 und juris, Rn. 22). Ungeachtet des Umstandes, dass bereits einiges dafür spricht, dass sich der Zielabweichungsbescheid im Rahmen der hierfür geltenden gesetzlichen Voraussetzungen hält, ergibt sich jedenfalls kein besonders schwerwiegender und offenkundiger Verstoß gegen rechtliche Vorschriften. Ein derartiger Fehler kann insbesondere nicht daraus abgeleitet werden, dass die Abweichung von der Ausweisung eines regionalen Grünzuges die Grundzüge des Raumordnungsplanes berührte und damit eine der Voraussetzungen des § 10 Abs. 6 Landesplanungsgesetz – LPlG - für eine solche Entscheidung nicht vorläge. Nach dieser Bestimmung kann die zuständige Landesplanungsbehörde die Abweichung von einem Ziel des regionalen Raumordnungsplanes zulassen, wenn diese aufgrund veränderter Tatsachen oder Erkenntnisse unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und der regionale Raumordnungsplan in seinen Grundzügen nicht berührt wird.

78

Unter dem Begriff der Grundzüge der Planung ist die Planungskonzeption zu verstehen, die die im Einzelnen aufgeführten Ziele trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt. Hiernach kommen nur solche Abweichungen in Betracht, die von minderem Gewicht sind, weil sie lediglich die Festsetzungen betreffen und nicht in die diese Festsetzungen tragende Planungskonzeption eingreifen (vgl. OVG Rh-Pf, Urteil vom 5. September 2006, BRS 70 Nr. 33 und juris, Rn. 21; BVerwG, Urteil vom 9. März 1990, BVerwGE 85, 66 und juris, Rn. 19; Urteil vom 15. Juli 2005, UPR 2005, 390 und juris, Rn. 12; Schmitz in Bielenberg/Runkel/Spannowsky, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: September 2010, § 11 Rn. 32).

79

Maßgeblich für die Ausweisung eines regionalen Grünzuges in der Bretzenheimer Ebene war neben den Aspekten der Siedlungsgliederung und der Sicherung siedlungsnaher Freiräume zur Naherholung vorrangig der Gesichtspunkt der klimaökologischen Bedeutung des Freiraums und die damit zusammenhängende positive Wirkung des Einfließens von Kalt- oder Frischluft aus stadtperiphären landwirtschaftlich genutzten Bereichen in innerstädtische Räume. Hiernach kommt den Auswirkungen eines Stadionneubaus auf die klimaökologische Leistungsfähigkeit des Freiraums bei der Frage der Sicherung der Funktion des regionalen Grünzuges entscheidende Bedeutung zu. Die hierdurch umrissene Plankonzeption schließt eine Abweichung von diesem Raumordnungsziel im Einzelfall jedenfalls dann nicht aus, wenn sich keine erheblichen Beeinträchtigungen der klimaökologischen Funktion des regionalen Grünzugs ergeben. Hiervon ist indessen nach den Ergebnissen der Klimauntersuchung des Büros Ö. auszugehen. Die Gutachter kommen zu der Feststellung, dass sich insoweit keine negative Beeinträchtigung gegenüber dem Istzustand ergebe. Diese Einschätzung wird sowohl von der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe als auch von der ebenfalls bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd ansässigen oberen Naturschutzbehörde bestätigt.

80

Hiernach ergeben sich aber keine Anhaltspunkte für die Offenkundigkeit eines schwerwiegenden Fehlers bei der dargelegten Einschätzung. Dies gilt gleichermaßen für den hieran anknüpfenden Einwand der Antragsteller, dass es statt des Zielabweichungsverfahrens einer Änderung des regionalen Raumordnungsplanes durch die hierzu nach § 10 Abs. 1 Satz 1 LPlG berufene Planungsgemeinschaft bedurft hätte, da die Grundzüge der Raumordnung berührt seien. Soweit die Antragsteller die Klimauntersuchung als Grundlage der Entscheidung in Frage stellen, kann eine hierauf beruhende mögliche Rechtswidrigkeit der Zielabweichungsentscheidung schon wegen der Komplexität der gutachterlich zu klärenden Problemstellung nicht als offenkundig angesehen werden.

81

(3) Ist hiernach von einer rechtswirksamen Entscheidung über die Zielabweichung auszugehen, so musste der Zielabweichungsbescheid auch nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil die Antragsteller hiergegen einen mit aufschiebender Wirkung versehenen Rechtsbehelf erhoben hätten. Die mit der Einlegung eines Rechtsbehelfs nach § 80 Abs. 1 VwGO verbundene aufschiebende Wirkung soll verhindern, dass durch die Vollziehung eines noch nicht rechtsbeständig gewordenen Verwaltungsaktes der Zweck seiner Nachprüfung vereitelt und dem Betroffenen letztlich die Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle genommen wird (Art. 19 Abs. 4 GG). Mit der aufschiebenden Wirkung geht hiernach ein umfassendes Verwirklichungs- und Ausnutzungsverbot einher (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 1961, BVerwGE 13, 1 und juris, Rn. 28; Beschluss vom 15. August 1988, NVwZ 1989, 48 und juris, Rn. 8; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 80 Rn. 9 und 28; Schoch in Schoch/Schmidt/Aßmann/Pietzner, VwGO, 18. Aufl. 2009, § 80 Rn. 75).

82

Die von den Antragstellern erhobenen Widersprüche gegen den Zielabweichungsbescheid entfalten indes keine aufschiebende Wirkung. Ihnen fehlt offensichtlich die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Widerspruchsbefugnis. Ein Rechtsbehelf entfaltet dann keine aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO, wenn unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Rechtsverletzung des Rechtsbehelfsführers vorliegen kann (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rdnr. 15; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 80 Rn. 32).

83

Die Möglichkeit der Rechtsverletzung eines Dritten durch den Zielabweichungsbescheid, die nicht von vorneherein ausgeschlossen ist (vgl. für den Fall einer Nachbargemeinde: BVerwG, Urteil vom 5. November 2009, DVBl. 2010, 180 und juris, Rn. 14), kann im Falle der Antragsteller deshalb offensichtlich nicht angenommen werden, weil die Festsetzung eines regionalen Grünzuges im Regionalen Raumordnungsplan Rheinhessen-Nahe nicht dem Schutz ihrer Interessen dient. Wie sich aus der Formulierung des unter Ziffer 3.1.1 des Regionalen Raumordnungsplans eingeordneten Zieles 1 ergibt, dient die Ausweisung eines regionalen Grünzuges dem Schutz der Bevölkerung als solcher und stellt damit auf Interessen der Allgemeinheit ab. Die Zielsetzung ist nicht darauf angelegt, individualisierbare Rechtspositionen Dritter zu begründen.

84

Mit der Ausweisung regionaler Grünzüge soll die Erhaltung und die nachhaltige umwelt- und sozialverträgliche Entwicklung des Freiraums in hoch verdichteten und verdichteten Räumen und Teilräumen mit vergleichbarer Siedlungsdichte und –dynamik erreicht werden. Insbesondere bezweckt die Darstellung die Gliederung des Siedlungsraumes, die Erhaltung der siedlungsklimatisch bedeutsamen Freiflächen in schlecht durchlüfteten und thermisch hochbelasteten Gebieten und Siedlungen, die Sicherung und Entwicklung der siedlungsnahen Erholung sowie die Sicherung und Entwicklung von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen. Der Boden und seine vielfältigen Bodenvorkommen sollen ebenso erhalten werden wie prägende Landschaftsstrukturen und -elemente. Aus dieser Umschreibung ist aber nicht ersichtlich, dass die entsprechende Ausweisung einem bestimmten Personenkreis zugutekommen soll. Die Ausweisung dient nach der Begründung zu dieser Zielsetzung der Erhaltung solcher Gebiete, die aufgrund ihrer spezifischen naturräumlichen Funktionen aus raumstruktureller Sicht als besonders wertvoll einzustufen sind. Profitiert der Einzelne von den Funktionen wie etwa dem Erhalt von Kaltluftentstehungs- und Kaltluftabflussbereichen, Ventilationsbahnen und Talabwindsystemen, so ergibt sich hieraus keine Rechtsposition, vielmehr handelt es sich dabei lediglich um einen Rechtsreflex. Auch die in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. April 2007 (BVerwGE 128, 358 und juris, Rn. 35) zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes führen nicht zu einer abweichenden Sichtweise. Wenn hierin Richtlinien, die dem Schutz der Gesundheit dienen, eine individualschützende Wirkung zugesprochen wird, ist diese Rechtsprechung auf die Ausweisung von Zielen der Raumordnung schon deshalb nicht anwendbar, weil hierbei kein europarechtlicher Bezug erkennbar wird.

85

bb. Eine Rechtswidrigkeit des Bebauungsplanes kann schließlich auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB im Hinblick auf das am 25. November 2008 in Kraft getretenen Landesentwicklungsprogramm (LEP IV – Anlage zur Landesverordnung über das Landesentwicklungsprogramm vom 14. Oktober 2008 (GVBl. 2008, 285)) verletzt wäre. Das Landesentwicklungsprogramm stellt in den von den Antragstellern angesprochenen Zielen keine Anforderungen auf, die im Regionalen Raumordnungsplan Rheinhessen-Nahe nicht bereits umgesetzt wären und damit über dessen Ausweisungen hinausgingen.

86

In Ziel 87 LEP IV ist bestimmt, dass die landesweit bedeutenden Bereiche für den Freiraumschutz, zu denen das westliche Stadtgebiet der Antragsgegnerin gehört, durch die Regionalplanung mit Vorrangausweisungen für regionale Grünzüge bzw. Vorrang- und Vorbehaltsausweisungen für Grünzäsuren und Siedlungszäsuren zu konkretisieren und zu sichern sind. Die Vorgaben diese Zieles werden durch die Ausweisung eines regionalen Grünzuges im Freiraum Mainz-Bretzenheim in Verbindung mit der in Ziel 2 zu Nr. 3.1.1 des Regionalen Raumordnungsplanes Rheinhessen-Nahe zum Ausdruck kommenden Vorrangfunktion (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 1 LPlG) umgesetzt. Dass die landesplanerischen Festsetzungen eine Sperre für die Möglichkeit einer Zielabweichung auf der Ebene der Regionalplanung enthielten, ist nicht ersichtlich.

87

Ziel 91 LEP IV, wonach Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft vorrangig zu sichern und zu entwickeln sind, wird in Ziel 1 zu Nr. 3.1.1 des Regionalen Raumordnungsplanes konkretisiert, indem dort dargelegt wird, dass die Ausweisung regionaler Grünzüge insbesondere der Sicherung und Entwicklung der siedlungsnahen Erholung und der Erhaltung prägender Landschaftsstrukturen und -elemente diene.

88

Die Ziele 114 und 115 LEP IV, wonach die klimaökologischen Ausgleichsflächen und Luftaustauschbahnen gesichert werden sollen, werden ebenfalls durch die Ausweisung des regionalen Grünzuges im Bereich Mainz-Bretzenheim aufgegriffen. Ziel 115 LEP IV, das sich auf die Bauleitplanung bezieht, ist nicht als zwingende Vorgabe zu verstehen. Vielmehr wird dem Träger der Bauleitplanung aufgegeben, in klimatischen Belastungsräumen einen möglichen bauplanerischen Handlungsbedarf zur Sicherung von Ausgleichsflächen und Luftaustauschbahnen besonders zu prüfen. Diesem Erfordernis genügt der angefochtene Bebauungsplan indessen.

89

Soweit die Antragsteller die Nichtbeachtung von Ziel 116 LEP IV rügen, kann nicht festgestellt werden, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes hierzu in Bezug stehen. Ziel 116 begründet die Verpflichtung der Regionalplanung, die in Luftreinhalte- bzw. Aktionsplänen festgelegten Maßnahmen zur Emissionsminderung zu berücksichtigen. Hierzu verhält sich der Bebauungsplan nicht.

90

3. Der Bebauungsplan erweist sich als abwägungsfehlerhaft, soweit er im Bereich des Sondergebietes 2 (SO 2) die Errichtung von Parkdecks zulässt, die nicht mit einem extensiv begrünten Dach versehen sind. Insoweit fehlt es an einer differenzierten, die klimaökologischen Belange hinreichend berücksichtigenden Abwägung. Im Übrigen ist die von der Antragsgegnerin vorgenommene Abwägung rechtlich nicht zu beanstanden.

91

Dem Bebauungsplan muss eine sachgerechte Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange zugrunde liegen. Ein möglicher Abwägungsfehler kann dabei sowohl in einer Verletzung des – nunmehr als Verfahrensnorm ausgestalteten - Gebots zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) gesehen werden als auch in einer Nichtbeachtung der inhaltlichen Anforderungen des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB. Inhaltlich stellt das Abwägungsgebot Anforderungen sowohl an den Abwägungsvorgang als auch an das Abwägungsergebnis. Über die Forderung zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials hinaus erweist sich die Abwägung aus materiell-rechtlichen Gründen dann als fehlerhaft, wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtung einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975, BVerwGE 48, 56, 63 und juris Rn . 37 m.w.N.).

92

a. Der Bebauungsplan erweist sich nicht bereits im Hinblick auf eine nicht zulässige Vorabbindung des Stadtrates der Antragsgegnerin als abwägungsfehlerhaft. Es ist nicht erkennbar, dass der Rat vor der abschließenden Abwägungsentscheidung unzulässigen Bindungen unterlag und damit seinen Abwägungsspielraum nicht in vollem Umfang ausschöpfen konnte.

93

Eine sachlich nicht gerechtfertigte Beschränkung des Abwägungsvorgangs kann aus von der Gemeinde selbst geschaffenen Bindungen des Stadtrates bei der Entscheidung über den Bebauungsplan folgen, die die Planungsentscheidung mitbestimmen, ohne dass sie selbst Gegenstand der abschließenden Abwägung werden. Auch bei Vorliegen entsprechender Vorentscheidungen kann indessen nicht von vornherein zwingend darauf geschlossen werden, dass eine Verkürzung des abschließenden Abwägungsvorganges vorliegt. Vielmehr ist ohne weiteres denkbar, dass sich ein Gemeinderat trotz vorgegebener Bindungen frei entscheidet und damit zu einem Ergebnis gelangt, das inhaltlich mit der Planung übereinstimmt. Im Grundsatz spricht insoweit eine gewisse Vermutung dafür, dass trotz in gewissem Umfang bindender Vorgaben der zur Abwägung berufene Gemeinderat eine freie Entscheidung getroffen hat. Als mögliche die Bauleitplanung bestimmende Bindungen sind solche Umstände von vorneherein unbeachtlich, die sich aus vorgegebenen Fakten ergeben oder die durch andere Entscheidungsträger von außen an die Gemeinde herangetragen werden.

94

Abgesehen hiervon sind auf eine Selbstbindung zurückgehende Abwägungsdefizite, die in der abschließenden Entscheidung des Gemeinderates keinen Spielraum mehr eröffnen, unter folgenden Voraussetzungen mit dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB vereinbar: Die Vorwegnahme der Entscheidung muss auch unter dem Gesichtspunkt der hierdurch eintretenden Verkürzung des Abwägungsspielraumes sachlich gerechtfertigt sein. Zudem muss gewährleistet sein, dass die vorentscheidende Festlegung der planungsrechtlichen Zuständigkeitsordnung gerecht wird und dem für die Entscheidung über den Bebauungsplan berufenen Gemeinderat zugerechnet werden kann. Schließlich darf die vorgreifliche Festlegung selbst inhaltlich nicht zu beanstanden sein. Sie muss den Anforderungen genügen, die an sie zu stellen wären, wenn sie Bestandteil des abschließenden Abwägungsvorganges geworden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 05. Juli 1974, BVerwGE 45, 309 und juris Rn. 48 f.; Söfker/Runkel in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 94. Ergänzungslieferung 2010, § 1 Rn. 211).

95

Hinsichtlich der Beschlussfassungen des Stadtrates der Antragsgegnerin über den Bebauungsplan „Multifunktionales Stadion südlich des Europakreisels (B 157)“ kann bereits nicht festgestellt werden, dass in dem von den Antragstellern dargelegten Umfang eine Vorabbindung im Hinblick auf die zu berücksichtigenden abwägungsrelevanten Belange eingetreten ist. Selbst wenn man solche bindenden Vorgaben annimmt, war der Stadtrat jedenfalls an den grundlegenden, die Stadionplanung an diesem Standort betreffenden Entscheidungen beteiligt.

96

Zunächst kann der Aufstellungsbeschluss des Stadtrates vom 18. Februar 2008 nicht als eine den Abwägungsspielraum beeinträchtigende Selbstbindung dieses Gremiums gesehen werden. Dieser im Baugesetzbuch vorgeschriebene Beschluss zur Verfahrenseinleitung enthält lediglich die Aussage, dass das Plangebiet als für die Errichtung eines Stadions prinzipiell geeignet ins Auge gefasst wird und einer näheren Überprüfung unterzogen werden soll. Eine weitergehende Festlegung im Hinblick auf die Planungsentscheidung der Antragsgegnerin kann auch nicht in der Beschlussfassung des Stadtrates in seiner Sitzung vom 18. Juni 2008 gesehen werden. Soweit der Stadtrat in dieser Sitzung als Standort eines Stadions das Plangebiet des zum damaligen Zeitpunkt in der Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes „B 157“ festsetzt, bestätigt er unter planungsrechtlichen Gesichtspunkten lediglich nochmals die im Aufstellungsbeschluss bereits getroffene Festlegung. Darüber hinaus kommt dem Beschluss Bedeutung für die Umsetzung der Planung zu, da die von der Antragsgegnerin als Treuhänderin eingesetzte Beigeladene ermächtigt wurde, die vorliegenden notariell beurkundeten Verkaufsangebote für die benötigten Flächen anzunehmen. Auch durch die hiermit in Zusammenhang stehenden finanziellen Folgen ist keine faktische Einschränkung des Abwägungsspielraumes der Antragsgegnerin entstanden. Vielmehr war der Beigeladenen ein Rücktrittsrecht bis zum 30. November 2009 für den Fall eingeräumt, dass bis zu diesem Zeitpunkt kein bestandskräftiger Bebauungsplan für das Stadion vorliegen würde.

97

Im Übrigen hat der Stadtrat wesentliche Teile seiner Abwägungsentscheidung bereits in seiner Sitzung vom 29. April 2009 auf der Grundlage des Verwaltungsvermerks vom 16. April 2009 getroffen, der sich mit den während der Öffentlichkeitsbeteiligung Anfang 2009 erhobenen Einwendungen und den Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange auseinandersetzt. Grundlage dieser Entscheidung war auch die als Bestandteil der Sitzungsunterlagen in der Begründung des Bebauungsplanes enthaltene Bewertung der in Betracht kommenden alternativen Standorte. Auch die weiteren für die Abwägung maßgeblichen Grundlagen, etwa der Zielabweichungsbescheid der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, lagen zu diesem Zeitpunkt bereits vor. Insoweit kann schon nicht dem Ansatz der Antragsteller gefolgt werden, dass die Standortfrage im Bauleitplanverfahren bis zur abschließenden Entscheidung offen gehalten werden muss. Der Stadtrat ist nicht verpflichtet, mit dem Satzungsbeschluss eine Auswahl unter mehreren umfassend geprüften alternativen Standorten zu treffen. Vielmehr ist er befugt, Alternativen, die sich als weniger geeignet erweisen, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuschließen (vgl. zum Fachplanungsrecht: BVerwG, Beschluss vom 24. April 2009, NVwZ 2009, 986 und Juris Rn. 5). Die mit der Abwägungsentscheidung vom 29. April 2009 getroffene Vorfestlegung genügt daher den oben wiedergegebenen höchstrichterlichen Anforderungen.

98

Das weitere Verfahren, das mit einer eingeschränkten Offenlage nach § 4a Abs. 3 BauGB eingeleitet wurde, betraf nicht mehr grundlegende Fragen der Planung. Gegenstand waren vielmehr Detailänderungen von Art und Maß der baulichen Nutzung, der Höhen baulicher und sonstiger Anlagen, der Schallschutzfestsetzungen und der Maßnahmen zur Entwicklung von Natur und Landschaft. Die in Umsetzung der Grundsatzentscheidung vom 29. April 2009 geschlossenen Verträge (insbesondere der Generalunternehmervertrag vom 20. Juli 2009) und die nach § 33 BauGB erteilten Baugenehmigungen haben deshalb zu keiner unzulässigen Verkürzung des Abwägungsvorgangs geführt.

99

Eine abweichende Sichtweise ergibt sich auch nicht aus den von den Antragstellern vorgelegten Pressemeldungen im Zusammenhang mit der Ratssitzung vom 29. April 2009. Als Indiz für einen eingeschränkten Abwägungsspielraum des Stadtrates selbst können die zitierten Äußerungen schon deshalb nicht gewertet werden, weil hierin keine Auffassung des Gremiums zum Ausdruck kommt, sondern Aussagen von Mitgliedern des Stadtvorstandes sowie einzelner Ratsmitglieder wiedergegeben werden, die überdies als Beiträge zur öffentlichen Meinungsbildung zugespitzt formulierte Zitate enthalten. Zudem beziehen sich die Aussagen nicht auf die Schaffung der bauplanerischen Grundlage für den Stadionneubau am Standort südlich des Europakreisels. Vielmehr wird aus Anlass der Entscheidung des Stadtrates über die Behandlung der erhobenen Einwendungen und der Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange die Frage aufgeworfen, ob – unabhängig von dem vorgesehenen Standort - auf einen Stadionneubau aus politischen Gründen völlig verzichtet werden sollte, um eine Verbesserung der Haushaltslage der Antragsgegnerin im Hinblick auf die notwendig gewordene Unterstützung der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft zu erreichen. Die in den Presseartikeln angesprochenen Gutachten- und Planungskosten sind wiederum Folge aufwendiger und breit angelegter Untersuchungen in Vorbereitung der Planungsentscheidung der Antragsgegnerin und damit letztlich dem eingeleiteten Planungsverfahren immanent.

100

Der in der mündlichen Verhandlung seitens der Antragsteller formulierten Anregung, zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zu ermitteln, ob hinsichtlich der Standortfrage eine Vorabbindung durch im Juni 2008 bereits eingegangene kostenwirksame Verpflichtungen vorgelegen habe, brauchte das Gericht nicht nachzukommen. Die Antragsgegnerin hat schlüssig dargelegt, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt hinsichtlich der Errichtung des Stadions rechtlich verbindliche Erklärungen abgegeben wurden, aus denen wirtschaftliche Belastungen erwachsen sind. Die Antragsteller haben keine Umstände benannt, die dazu Anlass gäben, von einer Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Ausführungen der Antragsgegnerin auszugehen. Derartige Anhaltspunkte sind auch ansonsten nicht ersichtlich.

101

b. Die Abwägung weist auch im Hinblick auf die durchgeführte Prüfung von Standortalternativen keine Rechtsfehler auf.

102

Die Einbeziehung möglicher Alternativen für eine Planung in das Bauleitverfahren ist in § 3 Abs. 1 BauGB angelegt, wonach bei der frühzeitigen Bürgerbeteiligung auch über sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebietes in Betracht kommen, unterrichtet werden soll (vgl. Nr. 2 lit. d der Anlage 1 zum BauGB). Das Aufzeigen von Alternativen ist hiernach kein Selbstzweck, sondern soll dazu dienen, die unter den tatsächlichen Gegebenheiten bestmögliche Lösung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung zu finden. Als Alternativen kommen solche Gestaltungen in Betracht, die aus Sicht der planenden Gemeinde als real mögliche Lösungen ernsthaft zu erwägen sind. Dabei genügt es, diese Alternativen zu dem Planentwurf in Betracht zu ziehen. Es ist nicht erforderlich, verschiedene Bauleitpläne zu erstellen. Der Verzicht auf die Einbeziehung von Alternativen in die Planung kann ein Abwägungsfehler sein, wenn sie naheliegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. August 1987, BRS 47 Nr. 3 und juris Rn. 20; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Juli 2006, BRS 70 Nr. 23 und juris Rn. 55).

103

Die Standortauswahl bei mehreren in Betracht kommenden Standorten erweist sich als rechtswidrig, wenn sich eine verworfene Alternative entweder als die eindeutig vorzugswürdige Lösung hätte aufdrängen müssen oder wenn die Bevorzugung einer bestimmten Lösung auf einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange beruht (vgl. zum Fachplanungsecht: BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1988, BVerwGE 81, 128 und juris Rn. 22; Beschluss vom 16. Juli 2007 – 4 B 71/06 - und juris Rn. 42). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Standortentscheidung der Antragsgegnerin rechtlich nicht zu beanstanden.

104

Es ist nicht erkennbar, dass ein weiterer in Betracht kommender Standort sich als ebenso geeignet erwiesen hätte wie das ausgewählte Stadiongelände und sich, was die Beeinträchtigung öffentlicher oder privater Belange angeht, als wesentlich günstiger darstellen würde. Aus den Darlegungen der Planbegründung ergibt sich, dass die Eignung der Standorte im Wesentlichen nach den Kriterien der Grundstücksverfügbarkeit, der Verkehrserschließung, des Lärmschutzes sowie der klimatologischen und naturschutzrechtlichen Verträglichkeit beurteilt wurde. Dafür, dass der Wertung einzelner Standorte eine fehlerhafte Einschätzung dieser Kriterien zugrunde gelegen hätte, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Auch ist nicht ersichtlich, dass für die Standortentscheidung maßgebliche Belange von der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt wurden. So sind die Belange der Landwirtschaft kein geeignetes Unterscheidungskriterium, da eine Betroffenheit landwirtschaftlicher Flächen letztlich bei nahezu allen außerhalb der Siedlungsbereiche gelegenen Standorten gegeben ist. Auch die Bodengüte der betroffenen Flächen vermag hierzu keinen Ausschlag zu geben, da mit einer Ackerzahl zwischen 80 und 100 bewertete Böden im gesamten Freiflächenbereich der Antragsgegnerin anzutreffen sind. Weiter ist zu berücksichtigen, dass landwirtschaftliche Flächen lediglich im Umfang von etwa 12 ha in Anspruch genommen werden und hiernach dem Verlust landwirtschaftlicher Flächen schon wegen des Umfangs der Beeinträchtigung nicht zwingend ein gegenüber den weiteren bei der Standortentscheidung berücksichtigten Belangen wie der Beeinträchtigung der Wohnnutzung durch Lärmimmissionen, der Verkehrsanbindung und der Verfügbarkeit der Grundstücksflächen der Vorrang einzuräumen war.

105

Auch das Ergebnis der Standortbewertung erweist sich als schlüssig. Dabei kommt es nicht darauf an, dass auch für andere planerische Lösungen einleuchtende Gründe angeführt werden können. Unter Berücksichtigung des der Antragsgegnerin zukommenden Planungsermessens kann von einer Fehlerhaftigkeit der Entscheidung erst dann ausgegangen werden, wenn eine alternativ in Betracht kommende Lösung sich als die eindeutig vorzugswürdige Lösung hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 09. Juli 2008, BVerwGE 131, 274 und juris, Rn. 135).

106

Als Ergebnis ihrer Untersuchung hat die Antragsgegnerin ursprünglich das unmittelbar am Europakreisel gelegene Gelände als am besten geeignet für einen Stadionbau angesehen, wobei der Schwerpunkt der Bewertung auf die verkehrliche Erschließung des Geländes gelegt wurde. Die erforderlichen Grundstücksflächen waren indessen dort nicht verfügbar. Diese Grundstücksverfügbarkeit war beim ausgewählten Standort gegeben, der sich unter den Gesichtspunkten der Umweltverträglichkeit und der Verkehrserschließung jedenfalls nach dem bei der Standortalternativenprüfung angelegten und hierbei auch vertretbaren gröberen Prüfungsraster als vergleichbar erweist. Dass sich ein anderer Standort anhand der genannten Kriterien als besser geeignet hätte aufdrängen müssen, ist nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere für die Standorte „Bruchweg“ und „Portland“. Während der Standort „Bruchweg“ in unmittelbarer Nähe zu Wohngebieten gelegen ist und damit ein großes Konfliktpotential im Hinblick auf den Lärmschutz gegeben ist, weist der Standort „Portland“ eine schlechtere Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr auf als das ausgewählte Gelände.

107

c. Auch unter dem Gesichtspunkt der Klimaökologie, der nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 lit. a BauGB in die Abwägung einzustellen ist, erweist sich die Abwägungsentscheidung zugunsten des Standortes südlich des Europakreisels dem Grunde nach, d.h. mit Ausnahme der Festsetzung zum Parkdeck, nicht als abwägungsfehlerhaft.

108

aa. Zur klimatologischen Verträglichkeit der im Bereich des Bebauungsplanes vorgesehenen Bebauung stellt die Begründung des Bebauungsplanes im Wesentlichen auf die Ergebnisse des vom Büro Ö. erstellten Klimagutachtens ab. Dieses Gutachten war geeignete Grundlage für die Abwägungsentscheidung. Gegen dessen Methodik ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken.

109

Soweit die Antragsteller darauf abstellen, dass hinsichtlich des Kaltluftabflusses keine großräumige Betrachtung erfolgt sei, ist die Erklärung der Antragsgegnerin hierfür nachvollziehbar, dass die Modellrechnungen auf den Einwirkungsbereich des Projektes begrenzt worden seien und eine auf das gesamte westliche Freiraumgefüge angelegte Untersuchung nicht die erforderliche Detailgenauigkeit erbracht hätte. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass sich weitere Auswirkungen aus einer auf das gesamte Freiraumgefüge abstellenden Betrachtung hätten ergeben können, wenn die Untersuchung im Nahbereich die möglichen Auswirkungen des Vorhabens bereits umfassend wiedergibt.

110

Was den von Prof. Dr. K. für die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung bekräftigten Einwand angeht, dass es sinnvoll gewesen wäre, die einzelnen Klimaparameter durch gleichzeitige Messungen zu erfassen, die sich über den Lauf eines Jahres erstrecken, werden die Grundlagen des Gutachtens hierdurch nicht in Frage gestellt. Einerseits lagen der Bewertung Erhebungen aus den Jahren 1988 bis 1991 zugrunde, die sich jeweils über den Zeitraum des gesamten Jahres erstreckten. Andererseits sind die Ergebnisse der damaligen Messungen in den Jahren 2006 und am Stadionstandort 2008 in den Sommermonaten durch erneute Messungen verifiziert worden. Dabei ist nachvollziehbar, dass die klimatischen Wirkungen der Kaltluftentstehung und des Kaltluftabflusses in diesen Monaten mit hoher Tagestemperatur in den innerstädtischen Wohngebieten am effektivsten sind. Die Mächtigkeit des Kaltluftvolumenstromes wurde im Jahre 1991 durch Messungen ermittelt.

111

Der Einwand der Antragsteller, dass es sich bei den verwendeten Modellen MISKAM und ENVIMET nicht um Kaltluftabflussmodelle handele und diese von daher nicht geeignet seien, die Wirkungen lokaler Zirkulationsverhältnisse auf die Stadt Mainz darzustellen, greift ebenfalls nicht durch. So berücksichtigt das Klimagutachten, dass durch das Modell MISKAM laminar fließende Kaltluft nicht konkret nachgebildet werden kann. Nach Darstellung der Gutachter ergeben sich aus den Rechenergebnissen lediglich Orientierungswerte, die in Ermangelung geeigneter mikroskaliger Modelle für die Bewertung hilfsweise herangezogen worden seien. Die Verwendung mesoskaliger Modelle wird von den Gutachtern nicht als sinnvoll angesehen, da sie kleinräumige Projekte nur grob erfassten und ungenau seien. Ein derartige Unwägbarkeiten ausschließendes mesoskaliges Modell konnte auch Prof. Dr. K. nicht benennen. Vielmehr sprach er sich in der mündlichen Verhandlung für die Kombination mehrerer Modelle aus. Auch hieraus können sich aber wiederum nur Näherungswerte ergeben, so dass eine gegenüber dem Klimagutachten eindeutig überlegene Untersuchungsmethode nicht festgestellt werden kann.

112

Soweit die Antragsteller anmerken, dass die Funktion der Ventilationsbahnen nur im Hinblick auf den Kaltluftabfluss und nicht im Hinblick auf andere Klimaereignisse untersucht worden sei, kann nur hinsichtlich des Kaltluftabflusses eine abwägungserhebliche Bedeutung der im Bereich der Ventilationsbahnen zu erwartenden klimatischen Beeinträchtigungen festgestellt werden. Anhaltspunkte dafür, dass sich das Stadionvorhaben auch durch weitere klimatische Effekte in erheblicher Weise auswirken könnte, sind nicht ersichtlich.

113

Im Hinblick auf die von den Gutachtern durchgeführten Tracergasversuche hat die Antragsgegnerin die Schlüssigkeit der Messungen aus der Aufgabenstellung des Gutachtens heraus erklärt. Mit Hilfe der Tracergasanalysen sollte festgestellt werden, ob Kaltluft aus dem Strömungskorridor nördlich von Bretzenheim in zentrumsnahe Lagen gelangt. Hierfür wurden am Tag der Messung repräsentative Rahmenbedingungen vorgefunden. So konnte bei Durchführung des Versuchs das für Strahlungstage typische örtliche Strömungsgeschehen beobachtet werden.

114

Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass das Gutachten lediglich auf die Verhältnisse des angegriffenen Bebauungsplanes „B 157“ abstellt und nicht die Summenwirkung der weiteren betroffenen Bebauungspläne berücksichtigt. So beziehen die Gutachter den Umstand in ihre Überlegungen ein, dass durch die geplante Hochschulerweiterung (Bebauungsplan B 132/B 158) bereits großflächig klimaökologisch aktiv und passiv wirkende Freiflächen verloren gehen. Als klimatisch wirkende Ausgleichsmaßnahme wird bei der Betrachtung berücksichtigt, dass entsprechend dem Bebauungsplanentwurf "Hochschulerweiterung südlich des Europakreisels (B 158)" die maximale Gebäudehöhe im südlichen Plangebiet von 12 auf 4 m reduziert wurde. Im Hinblick auf westliche Luftströmungen wird der Lee-Effekt der 12 m hohen Gebäudekörper im Bereich des Hochschulerweiterungsgeländes mit in die Betrachtung einbezogen. Die für das Bebauungsplangebiet B 158 angenommenen Quader in einem Ausmaß von 32 x 16 x 12 m stellen den „worst case“ einer Bebauung dieses Plangebietes dar. Aus dem Bebauungsplan B 138 "Zwischen Universitätscampus, Albert Schweitzer-Straße, Draiser Straße und K 3" sind keine weitergehenden Beeinträchtigungen der klimatologischen Verhältnisse zu erwarten, da dieser Bebauungsplan, was das Hochschulgelände betrifft, im Wesentlichen sportliche Freiflächen und nur ausnahmsweise bauliche Anlagen als Umkleide-, Lager- und Betriebsgebäude bis zu einer Höhe von 3 m zulässt. Hinsichtlich der im Bereich des Hochschulgeländes bestehenden Parkflächen ist deren Entsiegelung durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und dem Land Rheinland-Pfalz als Eigentümer der Flächen abgesichert, so dass die hier planerisch mögliche Errichtung einer 2,50 m hohen Parkpalette nicht mehr relevant werden kann.

115

bb. Soweit der Bebauungsplan die Errichtung des Stadions selbst zulässt, beruht dies auf einer fehlerfreien Abwägung der klimaökologischen Belange.

116

Insoweit erkennt die Antragsgegnerin in der Begründung des Bebauungsplanes gestützt auf die überzeugende Beschreibung der Ausgangssituation im Klimagutachten an, dass es sich bei dem Freiraum westlich von Bretzenheim, in dem sich der Stadionstandort befindet, um einen klimaökologisch bedeutsamen Bereich handelt. Er ist einerseits gekennzeichnet durch ein dort befindliches Kaltluftentstehungsgebiet. Andererseits erstreckt sich in östlicher Richtung ein Strömungskorridor, dem für die Frisch- und Kaltluftzufuhr im Unteren Zahlbachtal maßgebliche Bedeutung zukommt. Dabei ist von einer besonderen Empfindlichkeit des Kaltluftstromes auszugehen, die bereits in dem Teil „Stadtklima“ des Umweltberichtes der Antragsgegnerin aus dem Jahre 1994 zum Ausdruck kommt. Hierin wird ausgeführt, dass jede Planung darauf Rücksicht nehmen müsse, dass Kaltluftabflüsse generell instabil und von geringer Mächtigkeit seien und deshalb auf Eingriffe sehr sensibel reagierten. Dies treffe insbesondere auf die Frischluftschneise zu, die sich südlich der geplanten Erweiterung des Universitätsgeländes befinde (Umweltbericht 1994, Teil „Stadtklima“ Textband, S. 73). Vor diesem Hintergrund ziehen die Gutachter in nachvollziehbarer Weise den Schluss, dass städtebauliche Maßnahmen nur dann vertretbar seien, wenn der Strömungskorridor in seiner Funktion und Wirkungsweise weiterhin gesichert bleibe und nicht nachhaltig geschwächt werde.

117

Zur Bewertung der durch die Planung zu erwartenden Beeinträchtigungen des Kaltluftstromes greifen die Gutachter in Ermangelung normativer Vorgaben in vertretbarer Weise auf die in der VDI-Richtlinie 3787, Bl. 5 (Umweltmeteorologie, Lokale Kaltluft) enthaltene Einschätzung zurück. Hiernach sind die planerischen Auswirkungen bezogen auf einen Kaltluftvolumenstrom von etwa 10.000 m³/sec bei einer Reduktion um mehr als 10 % als hoch anzusehen und meist negativ zu bewerten. Dieser Grenzziehung kommt zwar kein verbindlicher Charakter zu. Indessen ergibt sich aus den weiteren Ausführungen unter Nr. 5.3 der VDI-Richtlinie, dass dieser Wert als auf fachkundiger Grundlage erstellter Vorschlag für eine Bewertung der Reduzierung des Kaltluftabflusses verstanden werden kann.

118

Im Klimagutachten erfolgt eine in nachvollziehbarer Weise auf die besonderen Verhältnisse des Unteren Zahlbachtales angepasste Modifizierung dieser Bewertungsskala. Im Hinblick auf das an der unteren Grenze der Klimawirksamkeit liegende Kaltluftvolumen von 9.800 m³/sec im Bereich des Unteren Zahlbachtals sowie zu erwartende weitere bauliche Veränderungen sehen die Gutachter bereits eine Beeinträchtigung von mehr als 8,5 % des Kaltluftvolumenstromes als fachlich nicht mehr vertretbar an. Als bedingt fachlich vertretbar werden solche Veränderungen eingestuft, die sich zwischen 7,0 und 8,5 % bewegen. Als fachlich vertretbar werden hiernach alle Varianten bewertet, die den Kaltluftvolumenstrom im Unteren Zahlbachtal um weniger als 7 % verringern. Diese Grenze wird durch ein den Vorgaben des Bebauungsplanes entsprechendes Stadionbauwerk mit einer Höhe von bis zu 20 m und einem mit Rasengittersteinen gepflasterten Parkplatz im Norden des Plangebietes mit einem Wert von 4,6 % erheblich unterschritten. Hiernach ist aber davon auszugehen, dass von dem Stadion selbst keine nachhaltige Beeinträchtigung des Kaltluftstromes ausgeht.

119

Dies gilt gleichermaßen, wenn man im Sondergebiet 2 (SO 2) leicht eingetiefte Parkdecks mit einem extensiv begrünten Dach vorsieht. In diesem Fall ist mit einer Reduzierung des Kaltluftstromes um weniger als 7 % zu rechnen, die sich nach dem Maßstab des Gutachtens ebenfalls als fachlich vertretbar darstellt. Voraussetzung hierfür ist, dass – wie im Bebauungsplan vorgesehen – das Baufeld im Sondergebiet 1 auf einer Fläche von maximal 33.000 qm bebaut werden kann.

120

Die Antragsgegnerin hat bei ihrer auf den Ergebnissen des Gutachtens aufbauenden Abwägung auch den Umstand angemessen berücksichtigt, dass der Kaltluftstrom in Unteren Zahlbachtal mit 9.800 m³/s an der Untergrenze der als klimatologisch wirksam anzusehenden Kaltluftmenge liegt. Dies wird daran deutlich, dass sie Vorschläge der Gutachter für Ausgleichsmaßnahmen übernommen hat. So wird in Ziffer 3.1 der textlichen Festsetzungen darauf hingewiesen, dass bei dem erforderlichen Umbau des bestehenden Universitätsparkplatzes südlich des Dalheimer Weges eine Teilentsiegelung durch Änderung des Belags vorgenommen werden soll. Weiterhin sollen die Vegetationsflächen im Bereich des Bebauungsplanes B 138 innerhalb des in dem klimatologischen Gutachten beschriebenen Strömungskorridors langfristig gesichert werden. Nach Ziffer 1.4.1 soll die erforderliche Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern im gesamten Plangebiet in nicht windhemmender Anordnung erfolgen.

121

cc. Soweit der Bebauungsplan neben dem Stadiongebäude im Bereich des Sondergebietes 2 nicht nur das oben erwähnte begrünte Parkdeck, sondern auch andere Ausgestaltungen zulässt, erweist sich die Abwägung indes als fehlerhaft, weil die Bedeutung der klimaökologischen Funktion des Parkdecks nicht mit dem ihr zukommenden Gewicht berücksichtigt wurde.

122

In der Begründung des Bebauungsplanes stellt die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf die Ergebnisse des Klimagutachtens entscheidend darauf ab, dass die Realisierung eines Parkdecks grundsätzlich möglich sei. Die Beeinträchtigung des Kaltluftstromes im Unteren Zahlbachtal bleibe bei allen untersuchten Varianten auf einen Wert von unter 10 % beschränkt, ab dem nach der VDI-Richtlinie 3787 eine gravierende Reduktion des Kaltluftstromes anzunehmen sei. Indem die Antragsgegnerin auf die in der VDI-Richtlinie genannte Grenze für die Kaltluftvolumenreduktion abstellt, verkennt sie, dass die Gutachter von Ö. aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse zu einer strengeren Grenzziehung (8,5%) gelangt sind. Im Übrigen wird nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Gutachter die untersuchten Varianten hinsichtlich ihrer Klimaverträglichkeit sehr differenziert bewerten. Als uneingeschränkt fachlich vertretbar kann nach der Klimauntersuchung nur ein mit einem extensiv begrünten Dach versehenes – leicht eingetieftes - Parkdeck bis zu einer Höhe von 4 m empfohlen werden. Nur bei einer solchen Ausgestaltung ist – wie oben bereits dargelegt – gewährleistet, dass die von den Gutachtern vorgesehene Grenze für die Annahme einer fachlichen Vertretbarkeit der Reduzierung des Kaltluftstromes von 7 % nicht überschritten wird.

123

Bei den anderen untersuchten Varianten (4 m hohes unbegrüntes Parkdeck sowie abgesenktes unbegrüntes Parkdeck), wirkt sich der Umstand entscheidend aus, dass infolge der stärkeren Aufheizung und verringerten Abkühlung der Flächen durch aufsteigende Luftmassen eine thermische Barrierewirkung entsteht, die zu einer erheblich größeren Reduzierung des Kaltluftvolumenstroms im Unteren Zahlbachtal führt.

124

Diese Ausgestaltungen eines Parkdecks werden von den Gutachtern daher nur als fachlich bedingt geeignet bewertet. So ergibt sich für das 4 m hohe unbegrünte Parkdeck eine Kaltluftreduzierung um 8,3 %. Dabei ist noch nicht die Aufnahme eines weiteren 18 m hohen Bauwerks im Norden des Sondergebietes 1 in den Bebauungsplan berücksichtigt, wodurch eine weitere Reduzierung des Volumenstromes zu erwarten ist. Hiernach wird bei einem unbegrünten Parkdeck ein Wert von 8,5 % nahezu erreicht, bei dessen Überschreiten nicht mehr von einer fachlichen Vertretbarkeit der Planung unter klimaökologischen Gesichtspunkten ausgegangen werden kann. Die Zulassung eines unbegrünten Parkdecks widerspräche aus Sicht der Gutachter zudem der Gesamtplanungskonzeption, die auch aus klimatologischen Gründen eine Entsiegelung der Parkflächen am Dalheimer Weg vorsehe.

125

Indem die Antragsgegnerin auch Bebauungsvarianten zulässt, deren Auswirkungen an die im Ö.-Gutachten genannte Grenze der klimaökologischen Verträglichkeit heranreichen, trägt sie dem besonderen Gewicht dieses Belangs, das nicht zuletzt in dem – die Bebauung erst ermöglichenden – Zielabweichungsbescheid zum Ausdruck kommt, nicht hinreichend Rechnung.

126

So ergibt sich bereits aus dem Umweltbericht 1994, dass es sich bei dem Freiraum westlich von Bretzenheim und den dort vorhandenen Strömungskorridoren um ein klimaökologisch besonders sensibles Gebiet handelt. Ferner ist auf den Umstand zu verweisen, dass der Gesamtvolumenstrom der Kaltluft im Unteren Zahlbachtal mit 9.800 m³/s bereits an der unteren Grenze der als klimatologisch wirksam anzusehenden Kaltluftmenge liegt. Eine weitere Schwächung des als besonders sensibel einzuschätzenden Stromes ist daher so weit wie möglich zu vermeiden. Dass die Ausdehnung der Ausgestaltungsmöglichkeiten der Parkdecks auf Varianten ohne begrüntes Dach einer besonderen Rechtfertigung bedarf, ergibt sich vor allem aber auch daraus, dass im Rahmen des Zielabweichungsverfahrens die obere Naturschutzbehörde im Hinblick auf die damit eintretende Verschlechterung des Kaltluftabflusses generell Bedenken gegen die Errichtung eines Parkdecks erhoben hatte. Auch die Geschäftsstelle der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe hatte ein Parkdeck zwar nicht grundsätzlich abgelehnt, aber Wert darauf gelegt, dass eine Variante mit möglichst geringer Reduktion des Kaltluftstromes realisiert werden sollte. Dementsprechend stellte die obere Landesplanungsbehörde bei ihrer Entscheidung darauf ab, dass die untersuchten Varianten 2 (Stadion mit Parkplatz) und 2 b (Stadion mit begrüntem Parkdeck) als fachlich vertretbar bewertet worden seien und die Klimafunktion des Gebiets „mit diesen Planvarianten … nicht erheblich beeinträchtigt“ werde. Vor diesem Hintergrund hätte es einer besonderen Rechtfertigung bedurft, um im Rahmen der Bauleitplanung von diesen Vorgaben abzurücken. Eine solche Begründung ist hier nicht erfolgt.

127

Eine derartige Rechtfertigung ergibt sich insbesondere nicht aus den in der Begründung des Bebauungsplanes angesprochenen weiteren Maßnahmen zur Vermeidung klimaökologischer Negativeffekte (Teilentsiegelung des Parkplatzes Dalheimer Weg, Sicherung der Vegetationsflächen im Strömungskorridor, lockere Anordnung der Baumbepflanzung östlich des Stadions, Sicherung der nicht benötigten Flächen als landwirtschaftliche Nutzflächen). Diese Vorkehrungen sind nämlich bereits bei allen untersuchten Varianten vorgesehen, so dass die stärkere Beeinträchtigung, die von den unbegrünten Ausgestaltungen auf das Kaltluftvolumen ausgeht, hierdurch nicht relativiert werden kann.

128

dd. Erweist sich nach alledem der Bebauungsplan im Hinblick darauf als abwägungsfehlerhaft und damit rechtswidrig, dass die Antragsgegnerin für die Ausgestaltung der Parkdecks im Bereich des Sondergebietes 2 (SO 2) neben einer extensiv begrünten Überdachung auch die Möglichkeit zugelassen hat, ein unbegrüntes Parkdeck zu errichten, so konnte sich der Senat auf den Ausspruch der Teilunwirksamkeit des angefochtenen Bebauungsplans beschränken. Von einer nur teilweisen Unwirksamkeit ist auszugehen, wenn die restlichen Festsetzungen auch ohne den nichtigen Teil noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde auch einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG Beschluss vom 18. Juli 1989, BVerwGE 82, 225 (230) und juris, Rn. 20; Beschluss vom 20. August 1991, NVwZ 1992, 567 und juris Rn. 16).

129

Im Hinblick auf den angefochtenen Bebauungsplan ergeben sich keine Auswirkungen auf andere Festsetzungen, wenn die Ausgestaltungsmöglichkeiten der Parkdecks eingeschränkt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die möglichen Varianten bei der Ausführung eines Parkdecks letztlich auf die drei im Klimagutachten vorgesehenen Möglichkeiten 2 b (extensiv begrünt) sowie 2a (unbegrünt) und 2 c (unbegrünt, abgesenkt) beschränken. Die Begründung des Bebauungsplanes nimmt insoweit auf die in der Klimauntersuchung vorgesehenen Modelle Bezug. Auch kann angenommen werden, dass die Antragsgegnerin einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhaltes erlassen hätte. Ihr Interesse geht vorrangig dahin, überhaupt die Errichtung von Parkdecks – gleich welcher Ausführung – zu ermöglichen, da sie im Hinblick auf das von ihr erstellte Verkehrskonzept ein Interesse daran hat, die hierin vorgesehene Zahl von Stellplätzen zu gewährleisten. Dies kann aber ab 2015 nur durch Nutzung von Parkdecks erreicht werden, da zu diesem Zeitpunkt eine Verdoppelung der stadionnah zur Verfügung stehenden Stellplätze auf die maximal zulässige Kapazität von 2.200 vorgesehen ist.

130

d. Eine fehlerhafte Abwägung kann auch nicht im Hinblick auf das dem Bebauungsplan zugrunde liegende Verkehrskonzept angenommen werden. Das Konzept beruht auf nachvollziehbaren Annahmen zu der voraussichtlichen Verkehrsentwicklung. Hiernach kann angenommen werden, dass für den Individualverkehr ausreichend Stellplätze zur Verfügung stehen und auch die Kapazitäten des öffentlichen Personennahverkehrs ausreichen.

131

Die Antragsteller machen im Hinblick auf die Stellungnahme des Landesbetriebes Mobilität Worms vom 5. August 2009 geltend, dass der Landesbetrieb seine positive Stellungnahme zu der Planung davon abhängig gemacht habe, dass sich die Grundlagen und Annahmen des Verkehrskonzeptes nicht änderten und damit trotz der damit verbundenen Unwägbarkeiten ein von der Antragsgegnerin prognostizierter Sachverhalt festgeschrieben werde.

132

Ungeachtet der Frage, ob aus der fachbehördlichen Stellungnahme des Landesbetriebes Mobilität überhaupt eine rechtlich relevante Vorgabe für die Planung und damit aus ihrer Nichtbeachtung eine fehlerhafte Berücksichtigung der nach § 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB zu beachtenden Belange des Verkehrs abgeleitet werden kann, kann der Stellungnahme des Landesbetriebes Mobilität die ihr von den Antragstellern zugeschriebene Aussage nicht entnommen werden. In der ergänzenden Stellungnahme des Landesbetriebes Mobilität wird lediglich die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass das Verkehrskonzept bei der weiteren Planung und Umsetzung des Vorhabens Berücksichtigung findet, und ein Abstimmungsbedarf gesehen, wenn die Planung der Bebauungspläne B 157 und B 158 „Hochschulerweiterung südlich des Europakreisels“ von diesem Verkehrskonzept abweichen sollten.

133

Die von den Antragstellern angesprochene Diskrepanz zwischen dem Worst-Case-Szenario an einem Spieltag in der Wochenmitte und dem Umstand, dass in den Zeitfenstern der frühen Samstags- und Sonntagsspiele ein höherer Spitzenfaktor zu verzeichnen sei, erklärt sich daraus, dass es sich hierbei um eine relative Spitze am jeweiligen Tag handelt. Die absolute Belastung ist indessen an einem normalen Wochentag zu Zeiten der nachmittäglichen Berufsverkehrsspitze erheblich höher als am frühen Nachmittag eines Samstages oder Sonntages.

134

Hinsichtlich der Bedenken der Antragsteller gegen den Modal-Split-Ansatz, wonach nach dem Verkehrskonzept private Pkw mit durchschnittlich 2,75 Personen besetzt sind, kann nicht festgestellt werden, dass diese als prognostisch anzusehende Annahme außerhalb einer als vertretbar anzusehenden Bandbreite läge. Der gewählte Ansatz ergibt sich aus einer Zusammenschau mehrerer Untersuchungen als Mittelwert. Bei den untersuchten Stadien wurde lediglich für Paderborn ein geringerer Wert von 2,5 Personen pro Pkw angenommen. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass die Besetzung der Fahrzeuge von der Attraktivität der Spielpaarung, vom Erhebungstag, der Stadiongröße und der Anziehungskraft des Vereines abhängt.

135

Hinsichtlich des Stellplatzbedarfes führen die Antragsteller einerseits an, dass hierzu eine konkrete Bedarfsermittlung für den Bereich des geplanten Stadions fehle und monieren andererseits, dass die Antragsgegnerin von den Vorgaben der von ihr herangezogenen technischen Empfehlungen der FIFA abweiche. Der aus der FIFA-Empfehlung abgeleitete Stellplatzschlüssel von 1:6 (Verhältnis der Anzahl der Stellplätze zur Zahl der Stadionbesucher) wird im Verkehrskonzept anhand der tatsächlich zur Verfügung stehenden Stellplätze verschiedener anderer Stadionstandorte verifiziert, die sich in der Praxis der jeweiligen Standorte als ausreichend erwiesen haben. Der Stellplatzschlüssel liegt bei den Vergleichsstandorten bei 1:5 oder 1:6. Die Antragsgegnerin hat auf den von der FIFA empfohlenen Schlüssel abgestellt und dabei auf die hohe Qualität des öffentlichen Personennahverkehrs verwiesen. Hiernach ist aber davon auszugehen, dass der Stellplatzschlüssel eine hinreichend gesicherte Prognosegrundlage darstellt.

136

Was den Bedarf an Busparkplätzen angeht, kann die Antragsgegnerin auf in Mainz erhobene Erfahrungswerte verweisen, da die Zahl der mit Bussen anreisenden auswärtigen Fans von der Polizei zur Einschätzung der Sicherheitslage vor jedem Spiel erfasst wird. Insoweit ist die Schlussfolgerung der Antragsgegnerin, es sei gerechtfertigt, von den Bedarfsdaten der FIFA-Empfehlung abzuweichen, nicht zu beanstanden.

137

Soweit die FIFA-Empfehlung einen Radius von 1.500 m um den Stadionstandort als Höchstentfernung für Parkplätze angibt, ist die Interpretation der Antragsgegnerin nachvollziehbar, dass Park-and-Ride-Parkplätze hiervon differenzierend gesehen werden müssten. Die von der FIFA angenommene Stellplatzentfernung legt den bis zu den Parkplätzen zurückzulegenden Fußweg zugrunde und stellt gleichzeitig auf die akzeptable Zeitdauer bis zum Erreichen des eigenen Fahrzeugs ab.

138

Die im Verkehrskonzept vorgesehenen Stellplätze auf dem Universitätscampus und dem Messegelände sind durch vertragliche Vereinbarungen abgesichert. Nach Darstellung der Antragsgegnerin ist nicht damit zu rechnen, dass der Parkplatz am bisherigen Stadionstandort „Bruchweg“ einer anderen Nutzung zugeführt wird, selbst wenn das dort vorhandene Stadion nicht dauerhaft erhalten bleiben sollte.

139

Soweit die Antragsteller die Frage aufwerfen, ob Sonderspiele außerhalb des regulären Bundesligaspielbetriebes im Verkehrskonzept berücksichtigt werden, kann darauf abgestellt werden, dass auch bei solchen Spielen die maximale Stadionauslastung von 35.000 Personen nicht überschritten und daher auch dieser Fall vom Verkehrskonzept bereits erfasst wird. Soweit sonstige Veranstaltungen, deren Art und Ausmaß im Vorhinein nicht absehbar sind, im Stadion stattfinden sollten, ist zu den verkehrlichen Anforderungen eine Einzelfallbetrachtung erforderlich.

140

Hinsichtlich des Anwohnerschutzes in Mainz-Bretzenheim sieht das Verkehrskonzept Zufahrtskontrollen im nordwestlichen Bereich des Stadtteiles vor. Ein ausgeprägter Parksuchverkehr in anderen Bereichen Bretzenheims wird seitens der Antragsgegnerin nicht erwartet. Hierzu verweist sie darauf, dass die zur Verfügung stehenden Parkplätze vielfach bereits durch Anwohner belegt seien. Hinzu komme ein hoher Anteil von Dauerkarteninhabern, die die nach ihren Erfahrungen günstigsten Parkmöglichkeiten ansteuerten. Die Überlegungen der Antragsgegnerin erscheinen folgerichtig, da es wenig Sinn macht, eine aufwändige Parkplatzsuche zu betreiben, wenn andernorts damit zu rechnen ist, dass ausreichend Parkplätze zur Verfügung stehen. Gerade Dauerkarteninhaber werden Parkplätze nutzen, bei denen sie erfahrungsgemäß von freien Stellflächen ausgehen können. Hierdurch ergibt sich auch keine Notwendigkeit eines von den Antragstellern angesprochenen Parkleitsystems. Dem Anwohnerschutz trägt überdies der Umstand Rechnung, dass das Verkehrskonzept ein Monitoring vorsieht. Hiernach ist die Einrichtung einer Arbeitsgruppe geplant, die die Wirksamkeit der im Konzept vorgesehenen Maßnahmen überprüfen und das Verkehrskonzept gegebenenfalls anpassen soll.

141

Beruht das Verkehrskonzept hiernach auf einer rechtlich nicht zu beanstandenden prognostischen Grundlage, so ergibt sich keine Notwendigkeit der Frage nachzugehen, welche Lösungsmöglichkeiten für den Fall bestehen, dass sich die bisherige Verkehrsprognose als fehlerhaft erweist. Die Antragsgegnerin hat die mit dem Verkehrskonzept verbundenen Prognoseunsicherheiten in zureichender Weise dadurch aufgefangen, dass sie die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zu dessen Überprüfung vorsieht. Von ihr kann indessen nicht verlangt werden, für alle denkbaren Fälle einer von der Prognose abweichenden Entwicklung bereits eine fertig ausgearbeitete Lösung vorzuhalten.

142

e. Die Antragsgegnerin hat weiterhin Gesichtspunkte des Lärmschutzes in ihrer Abwägung nicht fehlerhaft beurteilt.

143

Auch dann, wenn die Umsetzung des Bebauungsplanes nicht zwangsläufig an den Vorgaben der Sportanlagenlärmschutzverordnung - 18. BImSchV - scheitern muss, kann sich eine Ungültigkeit des dem Vorhaben zugrunde liegenden Bauleitplanes daraus ergeben, dass im Rahmen der planerischen Abwägung die Schutzwürdigkeit der Umgebung, was Lärmbeeinträchtigungen angeht, verkannt und damit falsch beurteilt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.1999, BVerwGE 109, 246 und juris, Rn. 22 ff.; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 1. März 2010, § 1 18. BImSchV Rn. 13 ff.).

144

Anhand dieses Maßstabes ist aber nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin den Gesichtspunkt des Lärmschutzes dadurch fehlerhaft beurteilt hat, dass sie die Möglichkeit zusätzlicher Fußballspiele neben den Spielen in der 1. oder 2. Bundesliga nicht in die Überlegungen einbezogen hat. Nach Auffassung der Antragsteller sei an eine Beteiligung der Mannschaft des 1. FSV Mainz 05 e.V. an Ausscheidungsturnieren wie dem DFB-Pokal, der Teilnahme an der Europe- oder der Champions-League zu denken. In Betracht kämen ebenso Spiele verschiedener Fußballnationalmannschaften.

145

Durch solche Spiele ist aber keine wesentliche qualitative Veränderung der von dem Vorhaben ausgehenden Lärmbeeinträchtigungen zu erwarten. Das dem Bebauungsplan zugrundeliegende Lärmgutachten des Schalltechnischen Ingenieurbüros P. P. hat hinsichtlich der zeitlichen Lage möglicher Spiele bereits die hierzu auch bei Sonderspielen denkbaren Varianten im Wesentlichen erfasst und eine maximale Stadionnutzung mit 35.000 Zuschauern zugrundegelegt. Hiernach steht aber nicht zu erwarten, dass sich für die Sonderspiele gegenüber den beurteilten Bundesligaspielen abweichende Immissionswerte ergeben. Soweit die Einhaltung der Immissionsrichtwerte, insbesondere wenn Ruhezeiten oder die Nachtzeit betroffen sind, teilweise nur unter Inanspruchnahme der Regelung für seltene Ereignisse nach § 5 Abs. 5 18. BImSchV in Verbindung mit Nr. 1.5 des Anhangs zu dieser Verordnung gewährleistet ist, wird durch die zusätzlichen Spiele die in Anhang 1.5 der Sportanlagenlärmschutzverordnung genannte Höchstzahl von 18 Kalendertagen, bei denen die Geräuschimmissionen die Immissionsrichtwerte um bis zu 10 dB(A) überschreiten können, nicht überschritten. Zudem kann bei Beteiligung internationaler Mannschaften im Einzelfall auch eine Überschreitung der Anzahl der seltenen Ereignisse nach Nr. 1.5 des Anhangs zur Sportanlagenlärmschutzverordnung nach § 6 18. BImSchV zugelassen werden. Hinsichtlich weiterer sportlicher Nutzungen des Stadions zum Trainingsbetrieb und zu Spielen der Amateurmannschaften ist wegen des erheblich geringeren Zuschauerinteresses bereits nicht mit einer erheblichen Veränderung der ohne das Stadion bestehenden Lärmsituation zu rechnen. Eine von den Antragstellern befürchtete beeinträchtigende Nutzung des Fußballstadions durch Konzerte oder sonstige Musikgroßveranstaltungen außerhalb von geschlossenen Räumen ist in Nr. 1.1.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes ausdrücklich ausgeschlossen.

146

Soweit die Antragsteller darauf hinweisen, der Bebauungsplan eröffne die Möglichkeit, auch ein Bauwerk mit einer Höhe von 25 m zu errichten, was im Lärmgutachten ebenso wenig berücksichtigt werde wie die in den Genehmigungsunterlagen für das Stadion vorgesehenen offen gestalteten Ecken, besteht im Bauleitplanverfahren keine Notwendigkeit, alle Einzelheiten eines auf der Grundlage des Bebauungsplanes genehmigungsfähigen Bauwerkes zu erfassen. Vielmehr kann die entsprechende Betrachtung lediglich eine typische Ausgestaltung des Stadions zugrunde legen, und Fragen zur näheren Ausgestaltung dem Genehmigungsverfahren überlassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.03.1989, BRS 49 Nr. 44 und juris, Rn. 7; Beschluss vom 08.03.2010 - 4 B 76/09 -, juris, Rn. 7).

147

Eine Berücksichtigung des Parkplatzsuchverkehrs bei der immissionsschutzrechtlichen Betrachtung erscheint im Hinblick auf die Ausführungen zum Verkehrskonzept deshalb nicht erforderlich, weil nicht mit einem nennenswerten Aufkommen eines solchen Verkehrs zu rechnen ist.

148

Nachdem nach den Feststellungen der Gutachter mit Ausnahme des Bereiches des Hochschulerweiterungsgeländes nicht mit einer erheblichen Zunahme der Verkehrslärmbelastung zu rechnen ist, ergibt sich auch keine Notwendigkeit, diesen Umstand weitergehend in die Abwägung einzubeziehen. Angesichts der Tatsache, dass die Lärmbeeinträchtigung durch das Stadion nur temporär auftritt, muss hierzu auch nicht nach der bestehenden Vorbelastung differenziert werden. Der im Bereich des Hochschulerweiterungsgeländes zu erwartenden Überschreitung der genannten Erheblichkeitsschwelle wurde durch entsprechende Anforderungen an den Schallschutz im Rahmen der Festsetzung des Bebauungsplanes "Hochschulerweiterung südlich des Europakreisels (B 158)" Rechnung getragen.

149

Soweit die Antragsteller hinsichtlich der Zuschauerströme darauf abstellen, dass die Berechnung des Beurteilungspegels anhand der für lange, gerade Fahrstreifen geltenden Bestimmungen der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90) erfolgt sei und man nicht auf das Teilstückverfahren abgestellt habe, ist bereits nicht erkennbar, nach welchen Kriterien das Teilstückverfahren hätte berücksichtigt werden können. Die Antragsteller haben nicht dargelegt, dass die in Nr. 4.4 RLS-90 in Abgrenzung zum Teilstückverfahren für das Verfahren „langer, gerader Fahrstreifen“ genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.

150

Schließlich hat die Antragsgegnerin schlüssig dargelegt, wie sich die Stadionnutzungsdauer von 170 Minuten zusammensetzt. In diese wurden ein Zeitraum von einer Stunde vor Spielbeginn, die 90-minütige Spieldauer, eine Pause von 15 Minuten sowie eine 5 Minuten dauernde Nachspielzeit einberechnet. Wie der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, sei nach Spielende im Stadioninnenraum erfahrungsgemäß nicht mehr mit einer nennenswerten Lärmentwicklung zu rechnen. Einer möglicherweise verlängerten Aufenthaltsdauer vor einem Spiel wurde bei der Begutachtung dadurch Rechnung getragen, dass für die letzte Stunde vor Spielbeginn der maximale Stadioninnenpegel von 88 dB(A) angenommen wurde, der während eines lebhaft verlaufenen Fußballspiels gemessen worden war.

151

f. Der Bebauungsplan lässt auch im Hinblick auf den vorgesehenen Ausgleich von voraussichtlich erheblichen Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes keine Abwägungsfehler erkennen.

152

§ 1 Abs. 6 Nr. 7 lit. a BauGB sieht vor, dass bei der Abwägung als Belange der Umwelt die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Luft, das Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt zu berücksichtigen sind. Nach § 1 a Abs. 3 Satz 1 BauGB sind die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes in seinen in § 1 Abs. 6 Nr. 7 lit. a BauGB bezeichneten Bestandteilen (Eingriffsregelungen nach dem Bundesnaturschutzgesetzes) in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen.

153

aa. Die von der Antragsgegnerin getroffene Ausgleichsregelung erweist sich nicht bereits deshalb als fehlerhaft, weil bei der Berechnung der Ausgleichsflächen die Festsetzungen des bisherigen Bebauungsplanes „Bezirksfriedhof Mainz-Mitte (B144)“ nach § 1a Abs. 3 Satz 5 BauGB zugrundegelegt wurden. Nach dieser Vorschrift ist ein Ausgleich nicht erforderlich, soweit die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren. Hiernach sind bei der Änderung eines Bebauungsplanes geltender Plan und die Neuregelung gegenüberzustellen (Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 11. Auflage 2009, § 1a Rn. 29).

154

Der Einbeziehung des Bebauungsplans „Bezirksfriedhof Mainz-Mitte (B 144)“ steht nicht dessen Funktionslosigkeit entgegen. Voraussetzung dafür, dass eine bauplanerische Festsetzung wegen Funktionslosigkeit außer Kraft tritt, ist, dass sich einerseits die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung so verändert haben, dass eine Verwirklichung der Festsetzung auf absehbare Zeit ausgeschlossen ist. Die Abweichung zwischen planerischer Festsetzung und tatsächlicher Situation muss zudem derart offensichtlich sein, dass ein dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetztes Vertrauen nicht mehr als schutzwürdig angesehen werden kann. Maßgeblich sind tatsächliche Veränderungen, die der Planverwirklichung objektiv entgegenstehen. Die bloße Änderung der gemeindlichen Planungskonzeption vermag die Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans nicht zu begründen. Auch ergibt sich eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes nicht bereits daraus, dass ursprüngliche Planungen nicht verwirklicht sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.1977, BVerwGE 54, 5 und juris Rn. 35; Urteil vom 17. Juni 1993, NVwZ 1994, 281 und juris Rn. 19; Urteil vom 28. April 2004, NVwZ 2004, 1244 und juris Rn. 15, Kalb in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 94. Ergänzungslieferung 2010, § 10 Rn. 351 ff.).

155

Hinsichtlich des Bebauungsplanes „B 144“ ist keine tatsächliche Entwicklung eingetreten, die eine Verwirklichung der dortigen Festsetzungen unmöglich gemacht und den Bebauungsplan damit seiner städtebaulichen Gestaltungsfunktion beraubt hätte. Der Stadtrat der Antragsgegnerin ist lediglich durch Änderung seiner Friedhofskonzeption mit Beschluss vom 1. Dezember 2004 von seiner ursprünglichen Absicht abgerückt, das Plangebiet des Bebauungsplanes „B 144“ der vorgesehenen Nutzung zuzuführen. Hierdurch hat sich aber weder eine tatsächliche Änderung des Plangebietes ergeben noch ist der Bebauungsplan durch eine förmliche Entscheidung des Stadtrates aufgehoben worden, so dass weiterhin von seiner Wirksamkeit bis zum Erlass des angefochtenen Bebauungsplanes „B 157“ auszugehen war.

156

bb. Die vorgesehenen Maßnahmen zur naturschutzrechtlichen Kompensation sind auch in hinreichender Weise rechtlich abgesichert. Hierzu sieht § 1 a Abs. 3 Satz 4 BauGB vor, dass neben Darstellungen und Festsetzungen für Ausgleichsmaßnahmen auch vertragliche Vereinbarungen nach § 11 BauGB oder sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden können.

157

Für die Maßnahme A 2, die die Teilentsiegelung des Parkplatzes „Dalheimer Weg“ in einem anrechenbaren Umfang von 4.130 m² vorsieht, ist rechtliche Grundlage eine unter Beteiligung der Antragsgegnerin abgeschlossene städtebauliche Vereinbarung nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Hiernach kann die Gemeinde städtebauliche Verträge unter anderem über die Durchführung eines Ausgleichs nach § 1 a Abs. 3 BauGB schließen. Durch die vertragliche Regelung muss dabei insbesondere sichergestellt sein, dass der tatsächliche Erfolg der Kompensation in gleicher Weise sichergestellt wird, wie dies durch eine ansonsten mögliche bauplanerische Festsetzung der Fall wäre (Krautzberger in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 94. Ergänzungslieferung 2010, § 11 BauGB Rn. 143).

158

In der Ende April 2009 geschlossenen Vereinbarung, die zwischen der Antragsgegnerin, der Beigeladenen und dem Land Rheinland-Pfalz als Eigentümer des Universitätsgeländes getroffen wurde, verpflichtet sich die Beigeladene nach den Anforderungen des Bebauungsplanes „B 157“ eine Teilentsiegelung der Stellplätze auf ihre Kosten durchzuführen. Gleichzeitig erklärt das Land sein Einverständnis mit der Durchführung der Maßnahmen. Hiermit ist sichergestellt, dass die Entsiegelung durchgeführt werden kann und die Funktion der Ausgleichsmaßnahme dauerhaft erhalten bleibt.

159

Die weiteren zum naturschutzrechtlichen Ausgleich im Umweltbericht vorgesehenen Maßnahmen A 1 und A 3, die die Renaturierung des Gonsbaches im Abschnitt südöstlich von Gonsenheim und Entsiegelungen des ehemaligen Messegeländes im Volkspark, im Bereich der Abtsgasse und der Wallanlagen vorsehen, stellen sonstige Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Abs. 3 Satz 4 BauGB dar. Eine Gleichwertigkeit mit der Festlegung im Rahmen der Bauleitplanung oder einer vertraglichen Vereinbarung ist bei sonstigen Maßnahmen zum Ausgleich allerdings nur dann gegeben, wenn ein Mindestmaß rechtlicher Bindung der planenden Gemeinde vorliegt. Zudem muss die vorgesehene Maßnahme bei realistischer Betrachtung durchführbar sein. Mit diesem Erfordernis soll der Gefahr begegnet werden, dass eine Gemeinde sich von der nur einseitig gegebenen Erklärung im Nachhinein ohne weitere Kontrolle und ohne Gefahr für den rechtlichen Bestand des Bebauungsplanes wieder lossagt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.09.2002, BVerwGE 117, 58 und juris Rn. 50 ff.).

160

Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 1. Oktober 2008 (LKRZ 2008, 477 und juris Rn. 45) ausgeführt, dass das erforderliche Mindestmaß der rechtlichen Bindung der Gemeinde neben dem Eigentum an den ausgleichsgeeigneten Grundstücken zusätzlich erfordert, dass sich aus den Gesamtumständen des konkreten Planungsverfahrens ein Mindestmaß an rechtlicher Bindung der Gemeinde hinsichtlich der Durchführung der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen auf den hierfür vorgesehenen Grundstücken ergibt.

161

Für die Maßnahmen A 1 und A 3 besteht eine hinreichende rechtliche Absicherung. Die vorgesehenen Flächen stehen im Eigentum der Antragsgegnerin. Sie sind in der Begründung des Bebauungsplanes angesprochen und werden im Umweltbericht detailliert erörtert. Zudem besteht für die vorgesehene Entsiegelung (A 3) eine vertragliche Vereinbarung zwischen der Beigeladenen und der Grundstücksentwicklung Mainz (AGEM) A.ö.R., wonach letztere die Maßnahmen bis spätestens zwei Jahre nach Rechtskraft des Bebauungsplanes umsetzt.

162

Auch die artenschutzrechtliche Kompensation ist in hinreichendem Umfang rechtlich sichergestellt. Hierzu ist vorgesehen, eine Fläche von 2 ha nach artenschutzfachlichen Erfordernissen für Feldhamster zu gestalten. Die benötigten Flächen stehen nach den Ausführungen der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung in ihrem Eigentum. Auch diese Maßnahme wird sowohl in der Begründung des Bebauungsplanes als auch im Umweltbericht angesprochen. Zudem existiert auch hier eine Vereinbarung zwischen Beigeladener und der AGEM zu ihrer Umsetzung.

163

Hinsichtlich der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verweisen die Antragsteller auf die fehlende rechtliche Absicherung der in der Begründung des Bebauungsplanes angesprochenen Maßnahmen im Rahmen des Masterplanes Regionalpark Rheinhessen. Hierbei handelt es sich indessen nicht um Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 1a Abs. 3 BauGB.

164

Nach den Darlegungen des Umweltberichtes entsteht eine erhebliche, ausgleichsbedürftige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dadurch, dass das Stadiongebäude als weithin sichtbarer Fremdkörper in der umgebenden Landschaft wahrgenommen wird. Hierdurch wird einerseits die als hoch bewertete Eigenart der Landschaft verändert. Andererseits wird die für diesen Bereich charakteristische weiträumige Sichtbeziehung unterbrochen.

165

Zum Ausgleich der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes werden im Umweltbericht eine Reihe von Maßnahmen angesprochen, die im Geltungsbereich des Bebauungsplanes zu verwirklichen sind. Hierzu gehört neben der Ausgestaltung des Baukörpers die Stadioneingrünung, bei der auf Flächen im Süden und Westen des Sondergebietes eine Baum- und Strauchpflanzung mit einem kräuterreichen Wiesensaum angelegt werden soll. Die entsprechende Maßnahme findet ihre Umsetzung in den festgesetzten Pflanzflächen P 1 und P 2. Ziel dieser Maßnahmen ist es, eine Integration des Stadions in das Landschaftsbild zu erreichen.

166

Die für den Freiraum westlich von Bretzenheim vorgeschlagenen „zusätzlichen Maßnahmen“ außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplanes gehen indessen über den Ausgleich der durch das Stadionbauwerk verursachten Beeinträchtigung des Landschaftsbildes hinaus. Mit ihnen ist - unabhängig von dem geplanten Stadionvorhaben - eine Umgestaltung der Landschaft verbunden. Vorgesehen sind etwa Begrünungsmaßnahmen durch kulissenartige Gehölzbepflanzungen, Landmarken mit Einzelbäumen und Rastmöglichkeiten an Wegekreuzen sowie die Schaffung neuer Wegebeziehungen. Hierdurch sollen eine Aufwertung der Landschaft und eine Steigerung der Naherholungsfunktion in einem großräumigen Bereich erreicht werden. Soweit hierdurch gleichzeitig durch Streuen des Blicks eine Verringerung der Wahrnehmung des Stadions als Fremdkörper ermöglicht wird, ist hierin ebenfalls kein Ausgleich, sondern die Folge einer Umgestaltung zu sehen. Es wird ein völlig neuer Landschaftseindruck geschaffen, der etwa den Verlust weiträumiger Sichtbeziehungen als bisherige Landschaftsbesonderheit noch verstärkt.

167

g. Im Hinblick auf die nach § 1 Abs. 6 Nr. 8 lit. b BauGB zu berücksichtigenden Belange der Landwirtschaft sind auch unter Beachtung des in § 1a Abs. 2 Satz 2 BauGB formulierten Gebots, landwirtschaftlich genutzte Flächen nur im notwendigen Umfang umzunutzen, ebenfalls keine Abwägungsfehler der Antragsgegnerin ersichtlich.

168

Hinsichtlich der Bodengüte und der Möglichkeit einer Verlagerung von Sonderkulturen wenden sich die Antragsteller gegen die Feststellung der Antragsgegnerin in der Begründung des Bebauungsplanes, wonach eine vergleichbare Bodenqualität wie am Stadionstandort im gesamten Bereich zwischen Saarstraße, A 60 und Koblenzer Straße festzustellen sei, so dass eine Verlagerung von Sonderkulturen in den umliegenden Bereich grundsätzlich möglich sei. Die Antragsgegnerin verkenne, dass die zur Verfügung stehende Gesamtfläche hochwertiger Böden abnehme.

169

Die Antragsgegnerin stellt insoweit aber nicht auf den absoluten Verlust hochwertiger Flächen ab, wie es in der Interpretation durch die Antragsteller zum Ausdruck kommt. Vielmehr führt sie aus, dass im Umfeld des Stadions in größerem Umfang Flächen entsprechender Bodengüte vorhanden seien, die allerdings überwiegend mit einjährigen Kulturen (Getreide) ackerbaulich genutzt würden. Hiernach besteht aber die Möglichkeit, den durch die Stadionplanung eintretenden Verlust von Anbauflächen für Sonderkulturen in diesen Bereichen auszugleichen, wenngleich dies zulasten einer offensichtlich als weniger anspruchsvoll angesehenen Bepflanzung mit einjährigen Kulturen geht.

170

Soweit die Antragsteller darauf abstellen, dass mit weiteren Planungen auf bislang landwirtschaftlich genutzten Flächen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin zu rechnen sei und hieraus der Landwirtschaft weitere Flächenverluste erwüchsen, führen sie Beeinträchtigungen an, mit denen eine landwirtschaftliche Nutzung in der Peripherie einer Großstadt von vorneherein vorbelastet ist.

171

Dafür, dass es infolge der Planung zu einem Anstieg der Pachtpreise kommt, ergeben sich ebenso wenig konkrete Anhaltspunkte wie zu der Befürchtung der Antragsteller, dass sich hieraus in Einzelfällen eine Existenzgefährdung oder gar -vernichtung landwirtschaftlicher Betriebe ergeben kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Höhe der Pachtpreise nicht lediglich von der im Stadtgebiet von Mainz zur Verfügung stehenden Pachtfläche abhängt, sondern auch durch andere Faktoren beeinflusst wird.

172

Hinsichtlich der von den Antragstellern befürchteten Frostgefährdung gibt das Klimagutachten die Einschätzung wieder, dass eine bedeutsame Zunahme der Frostgefährdung bei Umsetzung der geplanten Maßnahmen nicht zu erwarten sei. Die in Strahlungsnächten bereits bei Berücksichtigung des ursprünglichen Zustandes festzustellende Ausbildung eines bodennahen Kaltluftsees westlich der K 3 werde nicht wesentlich intensiviert. Diese Folgerung ergebe sich aus Erfahrungswerten des Gutachters und aus der Tatsache, dass sich die Geländemorphologie im Bereich der landwirtschaftlichen Nutzflächen nicht verändere. Soweit die Antragsteller die Unzulänglichkeit dieser Angaben bemängeln, sind keine konkreten Umstände erkennbar, die eine verstärkte Frostgefährdung nahelegten und Anlass böten, der Frage der Zunahme von Früh- oder Spätfrösten weiter nachzugehen. Auch aus der klimatischen Expertise von Prof. Dr. Katzschner ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte.

173

Im Hinblick auf die von den Antragstellern aufgeworfene Frage des Schattenwurfs durch das geplante Stadion erkennt die Antragsgegnerin an, dass es zu einer Verschattung der angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen kommen wird. Diese falle im Norden größer aus als im Westen und im Süden. Im südlichen und westlichen Bereich sei die Beeinträchtigung hierdurch vernachlässigbar, da der vorgesehene Grünstreifen und der Abstand der Baugrenzen zur angrenzenden Feldflur eine Verschattung minimierten. Zudem falle der größte, im Winter auftretende Schattenwurf in einen Zeitraum, in dem keine Vegetation betroffen sei. Demnach hat die Antragsgegnerin aber die Frage der Beschattung angrenzender landwirtschaftlicher Flächen bei ihrer Abwägung in hinreichender Weise berücksichtigt.

174

Hinsichtlich der von den Antragstellern in der mündlichen Verhandlung geäußerten Befürchtung, durch das geplante Bauwerk sei mit erhöhtem Pilzbefall und einer verstärkten Wärmeabstrahlung zu rechnen, fehlt es bereits an Anhaltspunkten dafür, dass hiermit eine erhebliche und damit abwägungsrelevante Beeinträchtigung der Landwirtschaft verbunden ist.

175

Dem Einwand der Antragsteller, dass durch die vorgesehenen Pflanzstreifen lediglich weitere Flächen der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen würden und keine Verringerung der Beeinträchtigungen der Landwirtschaft eintrete, hat die Antragsgegnerin dadurch Rechnung getragen, dass die Pflanzstreifen gegenüber der ursprünglichen Planung um 5 m in das Sondergebiet 1 (SO 1) sowie auf für die Stadt Mainz verfügbare Grundstücksteile zurückverlegt wurden. Zudem wird den Landwirten ermöglicht, auf den Pflanzflächen einen etwa 5 m breiten Grasweg anzulegen, der als Wendemöglichkeit zu den angrenzenden landwirtschaftlichen Grundstücken dienen soll und bei einer zusammenhängenden Ausgestaltung gleichzeitig als Fahrweg genutzt werden kann. Eine die Einwirkungen auf die Landwirtschaft mindernde Wirkung der Pflanzstreifen ist darin zu sehen, dass die 20 m breiten Streifen einen Puffer zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Stadionbetrieb herstellen sollen, um mögliche Schmutzeintragungen auf die landwirtschaftlichen Flächen zu vermeiden.

176

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Eine Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entsprach nicht der Billigkeit, da diese sich nicht durch Stellen eines Antrags am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

177

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

178

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der hierfür in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegen.

179

Beschluss

180

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt in: NVwZ 2004, 1327).

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.