Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 28. Sept. 2016 - 5 K 7454/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit der Erhebung einer Bereitstellungsgebühr im Rahmen der Frischwasserversorgung für den Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis zum 2. Oktober 2014 für das Grundstück mit der postalischen Bezeichnung „P. -I. -Ring 000“ in X. . Die Klägerin ist Eigentümerin des vorgenannten Grundstückes, auf dem zwei Wasserzähler installiert sind und zwar zum einen ein Wasserzähler mit der Größe Qn 6, der einen maximalen Nenndurchfluss von 10 m³ pro Stunde (Qmax 10 m³/h, tatsächlich 12 m³/h) aufweist. Zum anderen befindet sich auf dem Grundstück ein Wasserzähler mit der Größe Qn 40, der einen maximalen Nenndurchfluss von 80 m³ pro Stunde (Qmax 80 m³/h) ermöglicht.
3Mit Wirkung zum 1. Mai 2013 stellte die Beklagte die bisher privatrechtlich organisierte Wasserversorgung, welche durch das Wasserversorgungsunternehmen „X1. AG“ (X1. ) erbracht worden war, auf eine öffentlich-rechtliche Wasserversorgung um und gründete zu diesem Zweck den Eigenbetrieb X. (X2. ). Die Betriebssatzung der Stadt X. für den Eigenbetrieb X. (im Folgenden: Betriebssatzung) wurde am 4. März 2013 durch den Rat der Beklagten beschlossen. Im Zuge dieser Rekommunalisierung der Wasserversorgung wurden die zur Versorgung notwendigen Wasserverteilungsanlagen nicht auf die Beklagte übertragen, sondern auf der Grundlage eines Pacht- und Betriebsführungsvertrages vom 22. März 2013 zwischen der X1. und der Beklagten, der auch die Wasserlieferung beinhaltet, gepachtet. Zudem wurde die X1. auf derselben Grundlage mit der Betriebsführung beauftragt. Der für diese Leistungen zwischen der X1. und der X2. vereinbarte Selbstkostenfestpreis in Höhe von 35.034.000,- Euro für die Pacht- und Dienstleistungen sowie 1,51 Euro/m³ für die Wasserlieferung für den Leistungszeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2014 waren Gegenstand einer preisrechtlichen Prüfung nach der VO PR Nr. 30/53 bei der Bezirksregierung E. , die mit Preisprüfungsbericht vom 15. Juli 2015 (Az.: 34.02.01.02-Ka-58/15, Bl. 1 ff. d. Beiakte Heft 2) zu dem Ergebnis kam, dass die von der X2. an die X1. zu entrichtenden Entgelte unter den nach den Bestimmungen des öffentlichen Preisrechts zulässigen Höchstpreisen liegen.
4In der Sitzung vom 4. März 2013 beschloss der Rat der Beklagten zudem zur Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses zwischen der Beklagten und den Bürgern die „Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung der Stadt X. und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung)“ sowie die „Gebührensatzung zur Wasserversorgungssatzung der Stadt X. “ (im Folgenden: WGS).
5Die Bekanntmachung der Tagesordnung zu dieser Ratssitzung erfolgte durch Abdruck einer „Einladung“ im Amtsblatt der Beklagten, dem „T. “, mit der Nummer 5/2013. Die Einladung betraf sowohl die Sitzung des Hauptausschusses am 27. Februar 2013 als auch des Rates der Beklagten am 4. März 2013 (Bl. 92 ff. d. Beiakte Heft 2). Einige Tagesordnungspunkte enthielten den (Adressaten-)Hinweis „(nur Rat)“ oder „(nur Hauptausschuss)“. Unter der Überschrift „Ortsrecht“ mit der Ziffer 6.4 befand sich die Angabe „Satzung und Gebühren im Wasserbereich – Vorlage: VO/0122/13“ ohne beschränkenden Adressatenhinweis.
6Die oben genannte Betriebssatzung wurde zunächst in der Ausgabe des Amtsblattes der Beklagten mit der Nummer 9/2013 ohne Abdruck der beiden Anlagen bekannt gemacht (Bl. 90 d. Beiakte Heft 2). In der Ausgabe des Amtsblattes mit der Nummer 10/2013 wurde die Betriebssatzung sodann mit den Anlagen bekannt gemacht (Bl. 91 d. Beiakte Heft 2). Die Bekanntmachungen der Wasserversorgungssatzung als auch der Gebührensatzung vom 5. März 2013 erfolgten am 7. März 2013 in der Ausgabe mit der Nummer 7/2013 des Amtsblattes der Beklagten (Bl. 13, 28 ff. d. Beiakte Heft 2) und die Bekanntmachung der hier ebenfalls relevanten 1. Satzungen zur Änderung der Wasserversorgungssatzung bzw. zur Änderung der Gebührensatzung vom 21. November 2013 erfolgte am 4. Dezember 2013 in der Ausgabe mit der Nummer 40/2013 (Bl. 60, 69 ff. d. Beiakte Heft 2). Die Bekanntmachung der 1. Satzung zur Änderung der Wasserversorgungssatzung enthielt die Angabe „Anlage 1 zur Drs. VO/0885/13“, welche über die Seitenangabe gedruckt war (Bl. 69 ff. d. Beiakte Heft 2). Im Laufe des Jahres 2013 war sowohl die 31. als auch die 32. Ausgabe des Amtsblattes mit der Nummer 31/2013 bezeichnet worden. Die Beklagte hatte auf dem Deckblatt der darauf folgenden 33., mit Nummer 33/2013 bezeichneten Ausgabe auf diesen Fehler hingewiesen und die Nummerierung sodann bis zum Jahresende fortlaufend fortgesetzt.
7Mit Bescheid vom 10. Oktober 2014 (Kassenzeichen: 5350514922; Belegnummer 500003640323; Bl. 10 ff. d. A.) setzte die Beklagte sodann die Wasserversorgungsgebühren für den Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis zum 2. Oktober 2014 in Höhe von 5.925,68 Euro endgültig gegenüber der Klägerin fest. Diese Forderung wurde zum 24. Oktober 2014 fällig gestellt. Dabei setzt sich dieser Gesamtbetrag zusammen aus:
8- der Verbrauchsgebühr in Höhe 872,10 Euro (510,0 m³ x 1,71 Euro/m³),
9- der Bereitstellungsgebühr in Höhe von insgesamt 4.173,24 Euro [(7,5 + 60 Wohneinheiten =) 4.150,50 Euro/365 Tage x 367 Tage],
10- zwei Verrechnungsgebühren in Höhe von 70,38 Euro (70,- Euro/365 Tage x 367 Tage) und in Höhe von 422,30 Euro (420,- Euro/365 Tage x 367 Tage),
11- der Umsatzsteuer in Höhe von 387,66 Euro (7 Prozent von 5.538,02 Euro).
12Die Beklagte berücksichtigte zudem bereits zuvor von der Klägerin gezahlte Abschläge in Höhe von 5.236,- Euro.
13Mit Schreiben vom 11. November 2014, bei Gericht am selben Tage eingegangen, hat die Klägerin Klage gegen die Erhebung der Bereitstellungsgebühren erhoben. Zu deren Begründung trägt sie i.W. das Folgende vor.
14Die satzungsrechtlichen Grundlagen für die Erhebung der Gebühr seien fehlerhaft bekannt gemacht worden und die Gebührenerhebung durch den Bescheid vom 10. Oktober 2014 stelle sich bereits deshalb als rechtswidrig dar.
15So sei das Amtsblatt der Beklagten aufgrund der Doppelvergabe der Nummer 31 im Jahr 2013 nicht entsprechend der „Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht (Bekanntmachungsverordnung – BekanntmVO)“ in durchlaufend nummerierter Folge erschienen.
16Ferner entspreche die Bekanntmachung der Tagesordnung für die Ratssitzung am 4. März 2013 nicht den Vorgaben des § 48 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW), denn im „T. “ befinde sich zwar im Inhaltsverzeichnis die Angabe „Tagesordnung des Rates der Stadt X. für die Sitzung am 4. März 2013“. Abgedruckt sei dann jedoch eine gemeinsame Einladung für Sitzungen des Hauptausschusses und des Rates. Die beabsichtigte Beschlussfassung über die Wasserversorgungssatzung und die Gebührensatzung sei in der Tagesordnung nicht ausdrücklich aufgeführt. Der Hinweis „Satzung und Gebühren im Wasserbereich“ genüge nicht den Anforderungen, die an eine Bekanntmachung der Tagesordnung zu stellen seien.
17Des Weiteren sei die zweimalige Bekanntmachung der Betriebssatzung des Eigenbetriebes durch die Beklagte nicht als wiederholte gekennzeichnet worden.
18Zudem erwecke die Bekanntmachung der 1. Satzung zur Änderung der Wasserversorgungssatzung mit dem Zusatz „Anlage 1 zu VO/885/13“ beim Leser Zweifel daran, ob es sich tatsächlich um eine beschlossene und in Kraft zu setzende Satzung handele.
19Die Gebührensatzung sei aber auch materiell rechtswidrig.
20Zum einen verstoße der Gebührenmaßstab gegen das Äquivalenzprinzip, da nicht ersichtlich sei, welche Erwägungen den Satzungsgeber dazu bewogen hätten, zwei Grundgebühren mit unterschiedlichen Gebührenmaßstäben anzusetzen. Die beiden Gebühren enthielten jeweils Kostenanteile, die einer bestimmten Maßnahme zuzuordnen seien, und solche, die nicht näher erläutert seien und nicht in Bezug zu dem Gebührenmaßstab gesetzt würden.
21Zum anderen seien die in der Gebührensatzung für die Wassergebühren festgesetzten Gebührensätze fehlerhaft. So sei zweifelhaft, ob das in die Kalkulation eingestellte, sich aus dem Pacht- und Dienstleistungsvertrag mit der X1. ergebende Entgelt tatsächlich den preisrechtlichen Vorgaben der Verordnung PR 30/53 entspreche. Daran bestünden auch deshalb Zweifel, da die Wasserpreise der X1. Gegenstand eines Missbrauchsverfahrens vor dem Bundeskartellamt gewesen und diese nunmehr zur Grundlage der vertraglichen Beziehungen zwischen der X1. und der Beklagten gemacht worden seien.
22Auch werde durch die Beklagte nicht aufgedeckt, wie sich die in die Bereitstellungsgebühr einfließenden Kosten berechneten. Hinsichtlich des Betrags von 15,- Euro, der für die Hausanschluss- und Instandhaltungskosten angesetzt werde, sei nicht ersichtlich, wie sich diese berechnen und worauf sie sich beziehen würden. Dies gelte auch für den weiteren Betrag in Höhe von 61,- Euro, der je Hausanschluss der Bereitstellungsgebühr zugrunde gelegt werde. Schließlich weise die Kalkulation für die Bereitstellungsgebühr nach der Anlage 3 A zur Gebührenkalkulation Wasser (Bl. 33 d. Beiakte Heft 1.) für eine Anzahl von mehr als 25 Wohneinheiten, die an einem Hausanschluss angeschlossen sind, Hausanschlusskosten in Höhe von 0,30 Euro je Wohneinheit auf. Tatsächlich seien dies jedoch nur 0,241 Euro (697 Fälle x 15,- Euro / 43.309 Wohneinheiten).
23Die Klägerin beantragt,
24den Wassergebührenbescheid vom 10. Oktober 2014 insoweit aufzuheben, als in diesem Bescheid eine Bereitstellungsgebühr in Höhe von 4.173,24 Euro plus 292,13 Euro Umsatzsteuer festgesetzt sind.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Die Beklagte tritt der Klage entgegen und führt im Hinblick auf die ordnungsgemäße Bekanntmachung der satzungsrechtlichen Grundlage der Gebührenerhebung aus, dass die fehlerhafte Nummerierung des „T. “ für die Grundlagen der Gebührenerhebung ohne Bedeutung seien, da die beiden Ausgaben mit der Nummer 31 keine dem hier in Rede stehenden Bescheid zugrunde zu legende Bekanntmachung enthalten habe. Zudem habe die Beklagte die fehlerhafte Nummerierung durch öffentliche Bekanntmachung korrigiert.
28Auch die Bekanntmachung der Tagesordnung der Ratssitzung vom 4. März 2013, in der die Wasserversorgungs- und die Gebührensatzung beschlossen worden sind, sei in der Nummer 5/2013 des „T. “ ordnungsgemäß erfolgt. Aufgrund der Ziffer 6 der Einladung für die Sitzung des Rates der Stadt X. am 4. März 2013 mit der Überschrift „Ortsrecht“ und der Angabe „Satzung und Gebühren im Wasserbereich“ sei es den Ratsmitgliedern und den Bürgern und Bürgerinnen möglich gewesen, zu erkennen, was beraten und beschlossen werden würde, nämlich ortsrechtliche Bestimmungen in Form von Satzungen. Der Hinweis auf die Gebühren gebe hinreichend konkreten Aufschluss darüber, dass mit den zu beschließenden Satzungen Gebühren erhoben werden sollten. Außerdem sei aus der Angabe „Wasserbereich“ hinreichend deutlich zu erkennen, dass es um Satzungen und Gebühren zum Thema Wasser gehe.
29Ferner sei die Bekanntmachung der Wasserversorgungssatzung ordnungsgemäß erfolgt. Der abgedruckte Zusatz „Anlage 1 zu VO/885/13“ könne keine Zweifel daran begründen, dass es sich um eine beschlossene und in Kraft zu setzende Satzung handele, da die Satzung im Inhaltsverzeichnis des „T. “ Nummer 40/2013 mit Titel aufgeführt sei und die Satzung in ihrer Präambel das Datum des Ratsbeschlusses genau bezeichne. Des Weiteren habe der Oberbürgermeister der Beklagten auf Seite 14 des oben genannten „T. “ bestätigt, dass „die vorstehende Satzung, ordnungsgemäß zustande gekommen ist, alle vor der öffentlichen Bekanntmachung zu beachtenden Vorschriften eingehalten worden sind und der Wortlaut der beiliegenden Sonderausfertigung mit dem Ratsbeschluss übereinstimmt“. Der Zusatz sei darüber hinaus deutlich als Druckfehler zu erkennen, da er die Seitenangabe des „T. “ überlagere. Im Übrigen sei die Klägerin unstreitig an die Wasserversorgung der Beklagten angeschlossen und nutze diese. Auf eine wirksame Bekanntmachung der Wasserversorgungssatzung käme es daher im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Gebührenbescheides nicht an.
30Die zunächst unterlassene Bekanntmachung der Anlagen zur Betriebssatzung in der Nummer 9/2013 des „T. “ könne nicht die Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Gebührenbescheides begründen, da die Beklagte zum einen auf dieses redaktionelle Versehen in der Ausgabe Nummer 10/2013 des „T. “ hingewiesen und die Betriebssatzung sowie die Anlagen erneut bekannt gemacht habe. Zum anderen sei die Betriebssatzung für die Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheides nicht relevant, da dieser auf der Gebührensatzung beruhe.
31Zu beanstanden sei auch nicht der gewählte geteilte Grundgebührenmaßstab. Aus Gründen der Abgabengerechtigkeit habe sich die Beklagte zu einem differenzierten Grundgebührenmaßstab entschlossen, da die Verteilung der anteiligen Fixkosten allein über den Maßstab der Wasserzählernenngröße zu einer Vergröberung und damit einhergehend auch zur Benachteiligung insbesondere der Wohngrundstücke mit wenigen Wohneinheiten im Verhältnis zu den Wohngrundstücken mit einer größeren Anzahl an Wohneinheiten und den gewerblich genutzten Grundstücken geführt hätte. Auch habe die Beklagte das Äquivalenzprinzip gewahrt. Die Ausgestaltung der Bereitstellungsgebühr ergebe, dass eine in etwa gleiche Inanspruchnahme der Vorhalteleistung bei den Wohneinheiten und den Wohneinheitengleichwerten für Haushalt und Gewerbe zu einer in etwa gleichen Grundgebühr führe.
32Zudem sei der mit der Klage angegriffene Gebührensatz rechtmäßig, da die Beklagte die Gebühren entsprechend der Vorgaben des § 6 KAG NRW kalkuliert habe. Gegenstand der Gebührenkalkulation seien ausschließlich die berücksichtigungsfähigen Kosten. Insbesondere sei der Selbstkostenfestpreis der X1. vor Einstellung in die Kalkulation ordnungsgemäß geprüft worden. Zudem habe der Eigenbetrieb X2. die Prüfung des Selbstkostenfestpreises durch die Bezirksregierung E. durchführen lassen, die in ihrem Preisprüfungsbericht bestätigt habe, dass zulässige Kosten- und Mengenansätze gewählt worden seien.
33Bedenken gegen den Gebührensatz ergäben sich darüber hinaus auch nicht wegen des gegen die X1. geführten Verfahrens vor dem Bundeskartellamt. Zum einen sei dieses Verfahren durch Vergleich beendet und die Rechtsauffassung und Berechnungsmethodik des Bundeskartellamtes nicht anerkannt worden. Zum anderen habe dieses Verfahren die Trinkwasserpreise bis zum 30. April 2013 betroffen, sodass keinerlei Zusammenhang zwischen dem kartellrechtlichen Verfahren und der im Zusammenhang mit der Rekommunalisierung gesondert kalkulierten Wasserversorgungsgebühr durch die Beklagte bestünde.
34Schließlich überstiegen die mit der Bereitstellungsgebühr verrechneten Beträge – das heißt die Kosten für die Hausanschlusserneuerung und -instandhaltung von 15,- Euro je Hausanschluss und 61,- Euro je Wohneinheit – nicht die über die Entgelte der X1. verrechneten Kosten dieser Teilleistungen. Hinsichtlich der Bereitstellungsgebühr für Wohneinheiten/Wohneinheitengleichwerten > 25 handele es sich um eine geringfügige Rundungsdifferenz, die sich in Bezug auf das gesamte gebührenfähige Kostenvolumen für das Jahr 2014 auf 0,005 Prozent belaufe. Sie liege damit deutlich unter der als zulässig betrachteten Geringfügigkeitsgrenze von 3 Prozent.
35Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
36Entscheidungsgründe:
37Die zulässige Klage ist unbegründet.
38Der Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2014 ist, soweit er von der Klägerin angefochten wurde, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).
39Die hier allein angefochtene Heranziehung der Klägerin zu den Bereitstellungsgebühren für den Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis zum 2. Oktober 2014 findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 1, 2, 4 und 6 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) in Verbindung mit den §§ 1, 3, 5, 7 der Gebührensatzung zur Wasserversorgungssatzung der Stadt X. vom 5. März 2013 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 21. November 2013 (Gebührensatzung - WGS), die rückwirkend zum 1. Mai 2013 in Kraft getreten ist.
40Eine Erhebung von Benutzungsgebühren im Sinne des § 6 KAG NRW, zu denen die hier erhobenen Wasserversorgungsgebühren zählen, ist nur aufgrund einer Satzung zulässig (§ 2 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW), die den Mindestanforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW genügt. Danach muss eine Gebührensatzung den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und Satz der Abgabe, den Kreis der Abgabenschuldner und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabe angeben. Diese Anforderungen erfüllt die einschlägige Gebührensatzung der Beklagten; die klägerseits insoweit erhobenen Bedenken greifen nicht durch. Die Satzung ist formell wirksam (I.) und sie sieht insbesondere bezüglich der hier allein streitgegenständlichen Bereitstellungsgebühr auch materiell wirksame Regelungen zum Gebührentatbestand (II.), zum Gebührenmaßstab (III.) und zum Gebührensatz (IV.) vor. Die Beklagte hat die Gebühren schließlich auch in satzungskonformer Weise festgesetzt (V.).
41I.
42Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Festsetzung der Bereitstellungsgebühr nicht deshalb rechtswidrig, weil die Gebührensatzung als Ermächtigungsgrundlage formell rechtswidrig und damit unwirksam wäre.
43Sowohl die Ursprungsfassung der Gebührensatzung vom 5. März 2013 als auch deren 1. Änderung vom 21. November 2013 sind ordnungsgemäß im Amtsblatt der Beklagten, nämlich mit den Ausgaben Nrn. 7/2013 und 40/2013 bekannt gemacht worden. Insbesondere ist bei der Bekanntgabe den Anforderungen des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BekanntmVO genügt worden. Danach muss das Amtsblatt jahrgangsweise fortlaufend nummeriert sein. Der Erfüllung dieser Anforderung steht für das hier in Rede stehende Satzungsrecht die versehentliche Doppelvergabe der Nummer 31/2013 des Amtsblattes nicht entgegen.
44Das Erfordernis der fortlaufenden Nummerierung des Amtsblattes dient insbesondere der Zuordnung und Auffindbarkeit von Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen und damit einer möglichst einfachen Einsichtnahme durch den Bürger.
45Vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 22. Juli 2015 – 16 K 8488/14, S. 4 des Urteilsabdruckes.
46Die doppelte Vergabe der Amtsblatt-Nummer 31 im Jahre 2013 beeinträchtigt die Ordnungsfunktion des Nummerierungserfordernisses für die hier relevanten Amtsblätter nicht. Diese Unschädlichkeit ist für das der Doppelvergabe vorhergehende Amtsblatt Nummer 7/2013, das die Gebührensatzung in der Ursprungsfassung enthält, ohne Weiteres einsichtig. Sie gilt im Ergebnis aber auch für das Amtsblatt mit der Nummer 40/2013, das die 1. Änderungssatzung enthält. In dem Amtsblatt mit der Nummer 33/2013 hat die Beklagte nämlich auf die Doppelvergabe hingewiesen und die fortlaufende Nummerierung – unter „Auslassung“ eines Amtsblattes mit der Nr. 32 sogleich – mit der Nr. 33 fortgesetzt. Demzufolge trägt das Amtsblatt Nr. 40/2013 diejenige Nummerierung, welche es auch dann erhalten hätte, wenn es nicht zu einer Doppelvergabe der Nummer 31 gekommen wäre. Die Auffindbarkeit der Gebührensatzung als auch deren Einsichtnahme sind durch die Doppelvergabe daher nicht beeinträchtigt. Stünde § 5 Abs. 3 Nr. 2 BekanntmVO der von der Beklagten gewählten, den Nummerierungsfehler korrigierenden Vorgehensweise entgegen, so hätte dies zur Folge, dass der Gemeinde das Amtsblatt für öffentliche Bekanntmachungen – § 4 Abs. 1 lit. a) BekanntmVO – nach einer versehentlichen Doppelvergabe bis zum Jahresende nicht mehr zur Verfügung stünde. Dass hierdurch einer möglichst einfachen Einsichtnahme durch den Bürger gedient wäre, steht zu bezweifeln.
47Siehe zur Unschädlichkeit der versehentlichen Doppelvergabe des Amtsblattes im genannten Sinne auch VG Düsseldorf, Urt. v. 22. Juli 2015 – 16 K 8488/14, S. 4 f. des Urteilsabdruckes.
48Die Gebührensatzung in der Ursprungsfassung ist auch nicht deswegen formell rechtswidrig, weil die Beklagte bei ihrem Erlass gegen § 48 Abs. 1 Satz 4 GO NRW verstoßen hätte. Diese Bestimmung besagt, dass der Bürgermeister Zeit und Ort der Ratssitzungen sowie die Tagesordnung öffentlich bekannt zu machen hat.
49Auf die von ihr behauptete Verletzung dieser verfahrensrechtlichen Bestimmung der Gemeindeordnung bzgl. der Ratssitzung vom 4. März 2013, in der die fragliche Satzung beschlossen wurde, kann sich die Klägerin nicht (mehr) mit Erfolg berufen. Gemäß § 7 Abs. 6 Satz 1 GO NRW kann die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften der GO NRW gegen Satzungen, sonstige ortsrechtliche Bestimmungen und Flächennutzungspläne nämlich nach Ablauf eines Jahres seit ihrer Verkündung nicht mehr geltend gemacht werden, es sei denn es liegt einer der in § 7 Abs. 1 Satz 1 lit. a) bis d) GO NRW genannten, hier aber nicht einschlägigen Fälle vor. Die Rüge der fehlerhaften Bekanntgabe von Zeit, Ort und Tagesordnung der Ratssitzung bleibt erfolglos, weil sie erst nach Ablauf eines Jahres seit der Verkündung der Gebührensatzung in ihrer Ursprungsfassung erfolgte. Die Verkündung der betroffenen Gebührensatzung fand im Amtsblatt Nr. 7/2013 am 7. März 2013 statt, die Rüge der Klägerin erfolgte jedoch erst mit Schriftsatz vom 24. Juni 2015 (Bl. 68 ff. d. A.). Auch ist nicht ersichtlich, – und dies wird von der Klägerin auch nicht behauptet – dass die Frage der Fehlerhaftigkeit der Bekanntmachung der Tagesordnung bereits zu einem früheren – innerhalb der Jahresfrist liegenden Zeitpunkt – durch eine andere Person bereits gegenüber der Beklagten gerügt war.
50Siehe dazu: Praxis der Kommunalverwaltung, B 1 Gemeindeordnung, Stand: September 2013, § 7 GO, Ziffern 6.4 und 6.6.
51Abgesehen davon trifft die Rüge auch inhaltlich nicht zu, denn die Bekanntmachung zur Sitzung des Rates am 4. März 2013 ist im Amtsblatt Nr. 5/2013 vom 22. Februar 2013 den Vorgaben der Gemeindeordnung entsprechend erfolgt. Zeit und Ort der Ratssitzung sowie die Tagesordnung sind vom Oberbürgermeister gemäß den Anforderungen des § 48 Abs. 1 Satz 4 GO NRW öffentlich bekannt gemacht worden.
52Die öffentliche Bekanntmachung von Zeit und Ort der Ratssitzung sowie der Tagesordnung hat eine Anstoßfunktion für den Bürger. Denn ihr Sinn und Zweck ist es, den Bürger darüber zu unterrichten, was im Rat behandelt wird, um ihm damit die Möglichkeit zu geben, mit Blick auf die zu behandelnden Themen Kontakt zu Ratsmitgliedern aufzunehmen und/oder als Zuhörer an den Ratssitzungen teilzunehmen, bei denen ihn interessierende Angelegenheiten behandelt werden.
53Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urt. v. 13. Dezember 2007 – 7 D 142/06.NE –, juris Rdnr. 48.
54Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Tagesordnung die Verhandlungsgegenstände nur summarisch oder schlagwortartig bezeichnen kann.
55OVG NRW, Urt. v. 8. Juli 1959 – III A 611/59 = OVGE 15, 87 (93 f.); siehe dazu auch Rehn/Cronauge/von Lennep, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Band 1, Stand: März 2015, § 48 Ziffer 3.
56Die hier in Rede stehende Bekanntmachung von Zeit, Ort und Tagesordnung der Ratssitzung vom 4. März 2013 erfüllt die von ihr zu leistende Anstoßfunktion in ausreichender Weise. Diese Funktion wurde nicht etwa dadurch beeinträchtigt, dass die Beklagte die Einladung für den Hauptausschuss am 27. Februar 2013 und den Rat zur Sitzung des Rates am 4. März 2013 im Amtsblatt zusammen bekannt gemacht hat. Diese Art der Bekanntmachung wirft für die Bürger keine Zweifel darüber auf, welches Organ sich mit welchen Themen, an welchem Ort und zu welcher Zeit beschäftigen wird. So werden bereits zu Beginn der Einladung die beiden Sitzungen durch die tabellarische Darstellung mit der jeweiligen Angabe „Sitzungstermin“ und „Ort, Raum“ eindeutig dem jeweiligen Organ zugeordnet, sodass eine Verwechselung oder Unklarheit auch aufgrund der räumlichen Trennung der beiden Angaben nicht möglich erscheint. Dies gilt auch für die Bekanntgabe der Tagesordnung. Durch die Zusätze „nur Rat“ oder „nur Hauptausschuss“, die hinter dem jeweiligen Tagesordnungspunkt vermerkt sind, soweit sich nur eines der Organe mit dem Punkt beschäftigt, bzw. durch das Fehlen eines solchen Vermerkes wird ohne Zweifel ersichtlich, was Gegenstand der Sitzung des Hauptausschusses und des Rates sein wird. Unerheblich ist auch, dass im Inhaltsverzeichnis des Amtsblattes nur der Hinweis „Tagesordnung des Rates der Stadt X. für die Sitzung am 04.03.2013“ und kein Hinweis auf die Sitzung des Hauptausschusses enthalten war. Denn eine öffentliche Bekanntmachung der Sitzungen des Hauptausschusses ist nicht erforderlich (§ 58 Abs. 2 Satz 5 GO NRW); bedarf es keiner öffentlichen Bekanntmachung, kann sich die fehlende Angabe im Inhaltsverzeichnis auch nicht auf die Rechtmäßigkeit der Satzung auswirken.
57Der Anstoßfunktion der Bekanntmachung und damit den Anforderungen des § 48 Abs. 1 Satz 4 GO NRW an den notwendigen Inhalt der Bekanntgabe hat der Oberbürgermeister auch bei der Bezeichnung des Tagesordnungspunktes genüge getan. Er hat den Tagesordnungspunkt, unter dem der Beschluss über den Erlass einer Wasserversorgungssatzung und einer zugehörigen Gebührensatzung gefasst werden sollte, in der Tagesordnung als „Satzung und Gebühren im Wasserbereich – Vorlage VO/0122/13“ bezeichnet. Er hat damit den zu behandelnden Beratungs- und Entscheidungsgegenstand so deutlich gekennzeichnet, dass für interessierte Bürger erkennbar geworden ist, dass der Rat der Beklagten sich mit der satzungsmäßigen Gestaltung der Wasserversorgung und den zugehörigen Gebühren zu befassen gedachte. So steht der Tagesordnungspunkt 6.4 unter der Überschrift „Ortsrecht“, so dass zunächst erkennbar ist, dass es sich bei den unter dieser Überschrift befindlichen Tagesordnungspunkten um Vorgänge handelt, die die Beratung und gegebenenfalls auch die Abstimmung über ortsrechtliche Bestimmungen betreffen. Die Angabe „Satzung und Gebühren im Wasserbereich“ stellt sodann den inhaltlichen Bezug zur Wasserversorgung her, wobei durch den Hinweis „Gebühren“ auch ersichtlich wird, dass der Rat hier über die Wasserversorgung und die entsprechende Gebührenerhebung abstimmen bzw. diesen Themenkreis in der Sitzung behandeln wird. Jedenfalls durch die Angabe der Vorlagennummer, die es nicht nur dem Ratsmitglied, sondern auch jedem Bürger ermöglichte, sich mit dem Beratungsgegenstand im Detail – beispielsweise im Wege des Abrufs über das Ratsinformationssystem der Beklagten – vertraut zu machen, war der Tagesordnungspunkt hinreichend konkretisiert. Denn mittels der Vorlage konnte jeder erkennen, über was beraten und beschlossen werden soll. Eine entsprechende Vorbereitung wäre daher möglich gewesen.
58Der Wirksamkeit der Gebührenerhebung steht es ferner nicht entgegen, dass die Betriebssatzung des Eigenbetriebes X2. zwei Mal bekanntgemacht worden ist, nämlich im Amtsblatt Nummer 9/2013 ohne Anlagen und im Amtsblatt Nummer 10/2013 mit Anlagen. Dabei kann dahinstehen, ob die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung überhaupt durch einen möglichen Fehler bei der Veröffentlichung der Betriebssatzung tangiert werden kann. Jedenfalls war die Betriebssatzung im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gebührensatzung zum 1. Mai 2013 wirksam bekannt gemacht, denn die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 BekanntmVO lagen vor. Danach veranlasst der „Bürgermeister […], dass Satzung und Bekanntmachungsanordnung in vollem Wortlaut […] öffentlich bekannt gemacht werden.“ Die Betriebssatzung mit ihren Anlagen ist jedenfalls mit der Bekanntmachung am 27. März 2013 in der Ausgabe Nummer 10/2013 entsprechend den Vorgaben des § 3 Abs. 1 BekanntmVO bekannt gemacht worden.
59Schließlich kann auch offen bleiben, ob sich ein möglicher Fehler im Rahmen der Bekanntmachung der 1. Satzung zur Änderung der Wasserversorgungssatzung im Amtsblatt mit der Nummer 40/2013 überhaupt auf die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides auswirken könnte. Denn die von der Klägerin geäußerten Bedenken, es bestünden aufgrund des Zusatzes „Anlage 1 zur VO/0885/13“, der sich im Kopf der im Amtsblatt veröffentlichten Satzung findet, Zweifel, ob es sich tatsächlich um eine beschlossene und in Kraft zu setzende Satzung handele oder nicht, teilt das Gericht nicht. Zum einen enthält bereits das Inhaltsverzeichnis der Ausgabe des T. – wie bei den im Übrigen bekannt zu gebenden Satzungen bzw. Satzungsänderungen – den Hinweis auf die „Erste Satzung zur Änderung der Gebührensatzung zur Wasserversorgung der Stadt X. “. Insoweit gleicht bereits diese Angabe den Bekanntmachungen, die den genannten Zusatz nicht aufweisen. Darüber hinaus enthält die Bekanntmachung selbst den Hinweis, dass der „Rat der Stadt X. in seiner Sitzung am 18.11.2013 folgende Satzung beschlossen“ (Bl. d. 69 d. Beiakte, Heft 2) hat. Bereits aufgrund dieses Hinweises bedürften keine Zweifel daran bestehen, dass es sich bei dem Abdruck um eine Bekanntmachung einer beschlossenen und in Kraft zu setzenden Satzung handelt. Dies wird schließlich auch durch die sich der Satzung anschließende Veröffentlichung der Bekanntmachungsanordnung (Bl. d. 73 d. Beiakte, Heft 2) bestätigt, in der der Oberbürgermeister der Beklagten angibt, dass die „vorstehende Satzung, die der Rat der Stadt in seiner Sitzung vom 18.11.2013 beschlossen hat, […] hiermit öffentlich bekannt gemacht“ wird.
60II.
61Die Wirksamkeit der Gebührensatzung ist aber auch keinen materiell-rechtlichen Bedenken ausgesetzt.
62Solche Bedenken ergeben sich nicht etwa schon daraus, dass die Beklagte in ihrer Gebührensatzung drei unterschiedliche Inanspruchnahme- und zugeordnete Gebührentatbestände geschaffen hat, nämlich:
63- 64
a. die „Verbrauchsgebühr“, eine Leistungsgebühr, die für die Inanspruchnahme der Wasserversorgungseinrichtung durch die Abnahme tatsächlich gelieferten Wassers anfällt und die nach der Menge des bezogenen Wassers berechnet wird (§ 3 Abs. 7 WGS);
- 65
b. die „Bereitstellungsgebühr“, eine Grundgebühr (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 WGS), die für die Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen der Wasserversorgungseinrichtung anfällt, soweit sie netz- bzw. hausanschlussbezogen sind (vgl. Begründung der Beschlussvorlage an den Rat der Stadt X. vom 15. Februar 2013 „Satzung und Gebühren im Wasserbereich“, VO/0122/13, S. 4, und Anlage Kalkulation S. 2 zu dieser Vorlage); sie wird nach Wohneinheiten (WE) bzw. Wohneinheitengleichwerten (WEGW) berechnet (vgl. § 3 Abs. 1 - 5 WGS);
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c. die „Verrechnungsgebühr“, eine Grundgebühr (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 WGS), die für die Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen der Wasserversorgungseinrichtung anfällt, soweit sie zählerbezogen und in geringfügigem Maße auch netzbezogen sind (vgl. Begründung der Beschlussvorlage an den Rat der Stadt X. vom 15. Februar 2013 „Satzung und Gebühren im Wasserbereich“, VO/0122/13, S. 4, und Anlage Kalkulation S. 2 zu dieser Vorlage); sie wird gestaffelt nach Zählergrößen berechnet (vgl. § 3 Abs. 6 WGS).
Die Schaffung dieser verschiedenen Inanspruchnahme- und Gebührentatbestände ist rechtlich nicht zu beanstanden; denn die Schaffung und Abgrenzung der Einrichtungsleistungen und -teilleistungen und der entsprechenden Benutzungs- und Gebührentatbestände steht grundsätzlich im weiten Ermessen der Gemeinde als Einrichtungsherrin und Schöpferin des Abgabentatbestandes im Sinne des KAG NRW. Wie die Regelungen in § 6 Abs. 3 KAG zeigen, können Benutzungsgebühren nicht nur als Leistungsgebühren für die Inanspruchnahme etwa von „gegenständlichen“ Lieferleistungen der Einrichtung (wie hier der Wasserlieferung), sondern auch als Grundgebühren für die bloße Inanspruchnahme der weniger „handgreiflichen“ Vorhalteleistungen der Einrichtung (wie hier der Bereithaltung der Wasserliefermöglichkeiten) ausgestaltet werden. Entgegen der klägerseits vertretenen Auffassung ist es rechtlich auch unbedenklich, dass die Beklagte mit den „Bereitstellungsgebühren“ und den „Verrechnungsgebühren“ zwei verschiedene Grundgebührentatbestände geschaffen hat. Denn dieser Trennung liegen sachgerechte Erwägungen zu Grunde. Sie ermöglicht der Beklagten nämlich eine Gebührenerhebung, bei der die Kosten unterscheidbarer Vorhalteleistungen genauer auf die Nutzer verteilt werden können; dies geschieht – wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung näher ausgeführt hat – insoweit, als bei der Kalkulation der jeweiligen Gebührensätze die zählerbezogenen (Vorhalte-)Kosten mit einem Sockelbetrag in Höhe von 20,- Euro je Zähler in die Verrechnungsgebühr und die hausanschlussbezogenen Kapitalkosten mit einem Sockelbetrag in Höhe von 15,- Euro je Hausanschluss in die Bereitstellungsgebühr einfließen. Die über diese Kosten hinausgehenden auf die beiden Grundgebühren verteilten „sonstigen“ (netzbezogenen) Fixkosten sind sodann zu 90 Prozent in die Bereitstellungs- und zu 10 Prozent in die Verrechnungsgebühr eingeflossen. Denn ausweislich der Anl. 3 A (Gebührenkalkulation) zur Ratsvorlage vom 15. Februar 2013 (Drucksache Nr. VO/0122/13 – Beiakte Heft 1 zu 5 K 7454/14) sind in die Kalkulation der Bereitstellungsgebühr „sonstige Fixkosten“ im Umfang von rund 13.830.000.- Euro eingestellt worden; demgegenüber sind ausweislich der Anl. 3 B (Gebührenkalkulation) zu dieser Ratsvorlage in die Verrechnungsgebühr „sonstige Fixkosten“ lediglich im Umfang von {2.553.000,- Euro (= Kosten für die Verrechnungsgebühr) - 1.047.640,- [= 52.382 Zähler x 20,- Euro (= zählerbezogene Kosten)] = } 1.505.360,- Euro eingestellt worden.
68Auch der Entscheidung der Beklagten, die „sonstige Fixkosten“ in diesem Verhältnis auf die beiden Grundgebührentatbestände zu verteilen, ist rechtlich nichts entgegen zu halten. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung für diese Verteilung der sonstigen Fixkosten in dem oben angesprochenen Verhältnis genannte Grund, dass eine möglichst geringfügige Veränderung gegenüber der vorherigen Kostenstruktur, die unter dem privatrechtlichen Wasserversorgungsregime galt, angestrebt worden sei, ist als solcher vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass die Beklagte für die Verteilung der auf die jeweilige Gebühr entfallenden Fixkosten zwischen den Gebührenschuldnern zulässige, in der Rechtsprechung anerkannte Maßstäbe gewählt hat. Denn sowohl der für die Verrechnungsgebühr gewählte zähler(-größen-)bezogene als auch der für die Bereitstellungsgebühr gewählte wohneinheiten-/wohneinheitengleichwertbezogene Gebührenmaßstab stellen – wie noch darzulegen sein wird – für die Verteilung der verbrauchsunabhängigen Kosten der Wasserversorgung zulässige Gebührenmaßstäbe dar. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingewandt hat, es sei nicht ersichtlich, von welchen Erwägungen sich die Beklagte bei der Verteilung der netzbezogenen Fixkosten zwischen den beiden Gebührentatbeständen habe leiten lassen, und die Verteilung sei intransparent, kann das Gericht dem nicht folgen. Denn soweit die sonstigen Fixkosten angefallen sind, woran auch klägerseits keine Zweifel geäußert worden sind, liegt es im Ermessen der Beklagten, die Kosten auf den einen oder anderen Grundgebührentatbestand zu verteilen, jedenfalls wenn für die jeweiligen Gebührentatbestände wie hier rechtlich zulässige Maßstäbe gewählt werden.
69III.
70Der in der Gebührensatzung für die hier allein streitigen Bereitstellungsgebühren vorgesehene Gebührenmaßstab ist keinen materiell-rechtlichen Bedenken ausgesetzt.
71Zum Maßstab der Bereitstellungsgebühr ist in der Gebührensatzung der Beklagten i.W. Folgendes geregelt:
72„§ 2 Begriffsbestimmungen
73…
74d. Wohneinheiten
75sind … Einheiten, die überwiegend Wohnzwecken dienen. …
76[Anm. der Unterzeichner: im Folgenden als „rein wohngenutzt“ bzw. als zur Nutzergruppe „rein wohngenutzte Grundstücke“ gehörend o.ä. bezeichnet]
77e. Gewerblich genutzte Einheit / Wohneinheitengleichwerte
78Als gewerblich genutzte Einheit gilt jede Einheit, die nicht überwiegend Wohnzwecken dient. Gewerblich genutzte Einheiten werden für die Berechnung der Bereitstellungsgebühr in Wohneinheitengleichwerte umgerechnet.
79[Anm. der Unterzeichner: im Folgenden als „gemischt genutzt“ bzw. als zur Nutzergruppe „gemischt genutzte Grundstücke“ gehörend o.ä. bezeichnet]
80§ 3
81Gebührenmaßstab und Gebührensatz
82(1) Die Bereitstellungsgebühr wird nach den am Hauswasserzähler angeschlossenen Wohneinheiten bzw. Wohneinheitengleichwerten für gewerblich genutzte Einheiten berechnet. Soweit Wohnungswasserzähler installiert sind, bemisst sich die Bereitstellungsgebühr nach der insgesamt am Hausanschluss angeschlossenen Zahl von Wohneinheiten bzw. gewerblich genutzten Einheiten. Ist das Grundstück durch mehrere Anschlüsse mit jeweils einem Hauswasserzähler und/oder mittels eines oder mehrerer Verbundzähler angeschlossen, werden alle Hauswasserzähler für die Berechnung der Bereitstellungsgebühr berücksichtigt.
83(2) Die Wohneinheitengleichwerte für gewerblich genutzte Einheiten werden auf Grundlage des maximalen Nenndurchflusses der Wasserzähler (Qmax) ermittelt. Das Verhältnis des Qmax zur Zählergröße Qn ergibt sich aus Abs. 6.
84(3) Bei Anschluss an einen Zähler mit einem Qmax von 5 m³/h (Zählergröße Qn 2,5) werden gewerblich genutzte Einheiten den Wohneinheiten gleichgestellt.
85(4) Bei Anschluss an einen Zähler mit einem Qmax von 10 m³/h und mehr (Zählergröße Qn 6 und größer) und mindestens teilweiser gewerblicher Nutzung werden 0,75 Wohneinheitengleichwerte je 1 m³/h Qmax berücksichtigt (Anschlusswert). Für den Fall, dass die Zahl der angeschlossenen Wohneinheiten und gewerblichen Einheiten größer als der Anschlusswert ist, gilt die Zahl der angeschlossenen Einheiten als Maßstab für die Bereitstellungsgebühr. …“
86In § 3 Abs. 5 WGS sind die Gebührensätze der Bereitstellungsgebühr je Wohneinheit festgelegt. Dabei ist die Gebühr nach der Zahl der je Anschluss maßgeblich angeschlossenen Wohneinheiten bzw. Wohneinheitengleichwerte leicht degressiv gestaffelt; diese Staffelung ist aus den unter IV. auszuführenden Gründen unbedenklich.
87In § 3 Abs. 6 ist unter anderem die Zuordnung von Zählergröße und maximalem (potentiellem) Nenndurchfluss in Qmax in m³/h geregelt. Diesbezüglich ist anzumerken, dass die Beklagte in der Satzung der Zählergröße Qn 6 einen maximalen (potentiellen) Nenndurchfluss Qmax von nur 10 m³/h zugemessen hat, obwohl der Qmax dieser Zählergröße tatsächlich bei 12 m³/h liegt. Dies ändert aber wegen der Geringfügigkeit der Auswirkungen nach Zahl, Masse und Verteilung auf die Nutzergruppen („rein wohngenutzte Grundstücke“: 398 Zähler der Größe Qn 6; „gemischt genutzte Grundstücke“: 296 Zähler dieser Größe bei insgesamt mehr als 51.000 Zählern und einem maximalen (potentiellen) Nenndurchfluss von insgesamt von mehr als 296.000 m³/h) an den folgenden Anmerkungen nichts Entscheidendes.
88Die genannten Zahlen ergeben und errechnen sich aus den Tabellen 1a, 2 und 9 zu den Schriftsätzen der Beklagten vom 30. März und 30. Mai 2016, Gerichtsakte 5 K 7454/14, Bl. 147 ff., 181.
89Die genannten Satzungsregelungen zum Gebührenmaßstab sind wirksam, weil sie den Anforderungen höherrangigen Rechts an eine rechtmäßige Maßstabsregelung im Benutzungsgebührenrecht entsprechen.
90Als höherrangiges Recht einschlägig sind hier insbesondere die gesetzlichen Anforderungen an eine Maßstabsregelung, die sich aus § 6 Abs. 3 KAG NRW in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ergeben.
91Dabei ist in § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG NRW bestimmt, dass die Gebühr nach der Inanspruchnahme der (gebührenfinanzierten) Einrichtung zu bemessen ist (Wirklichkeitsmaßstab). Wenn das besonders schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, kann ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt werden, der nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen darf (§ 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW). Wie die geforderte Verknüpfung von „Maßstab“ und „Inanspruchnahme“ in § 6 Abs. 3 KAG zeigt, bezwecken die im Zusammenhang mit der Finanzierung der gebührenrechnenden Einrichtung stehenden Maßstabsregelungen, die Masse der betriebsbedingten, das heißt die Masse der durch die Erstellung der gebührenpflichtigen Leistung bedingten Kosten der Einrichtung nach „Maßgabe“ des Umfanges der jeweiligen Inanspruchnahme auf deren Benutzer (= Leistungsnehmer = Gebührenzahler) zu verteilen. Dabei bemisst sich dieser Umfang nach den von den Nutzern je beanspruchten Maßstabseinheiten. Dem Kostendeckungszweck der Benutzungsgebühr entsprechend (vgl. dazu § 6 Abs. 1 KAG NRW) fallen die Gebühren daher je Veranlagungsfall nach der Formel an: Gebührensatz je Maßstabseinheit x verwirklichte Maßstabseinheiten im Veranlagungsfall.
92Stellen § 6 Abs. 3 Satz 1 und 2 KAG NRW dem Satzungsgeber mithin die Aufgabe, Gebührenmaßstäbe so festzulegen, dass sich die für eine Leistung anfallenden Gebühren in einem angemessenen Verhältnis zur jeweiligen Inanspruchnahme auf die Nutzer verteilen, fordert der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG – vorbehaltlich sachlich begründeter Differenzierungen und Typisierungen (!) – vom Satzungsgeber zudem, die Maßstabsregelung so zu gestalten, dass für die Inanspruchnahme annähernd gleicher Leistungen annähernd gleiche Gebühren zu zahlen sind. In den Fällen der Wahl eines vereinheitlichenden Maßstabs zur Bemessung der Inanspruchnahme, zu denen der hier von der Beklagten für die Bemessung der Bereitstellungsgebühr gewählte Wohneinheiten-/Wohneinheitengleichwertmaßstab zählt, der für die – zu unterscheidenden – Nutzungstypen „reine Wohnnutzung“ und „gemischte Nutzung“ (vereinheitlichend) gilt, hat dies zur Folge, dass die getroffene Maßstabsregelung bei einer in etwa gleich umfänglichen Inanspruchnahme der Leistung durch zwei Grundstücke, die verschiedenen Nutzungstypen angehören, bei der Bemessung durch den (vereinheitlichenden) Maßstab auch zu einer Veranlagung nach einer in etwa gleichen/gleichwertigen Zahl von Maßstabseinheiten führen muss.
93Die hier in Rede stehende Satzungsregelung zum Gebührenmaßstab der Bereitstellungsgebühr wird diesen nach § 6 Abs. 3 KAG NRW in Verbindung mit dem Gleichheitssatz an sie gestellten Anforderungen gerecht. So ist zunächst nicht zu beanstanden, dass die Beklagte für die Bereitstellungsgebühr einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt hat (a.). Der von der Beklagten gewählte (vereinheitlichende) Wohneinheiten-/Wohneinheitengleichwertmaßstab steht auch nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme der grundgebührenfinanzierten (Bereitstellungs-)Leistung durch die nach der Satzung unterschiedenen Nutzergruppen der „rein wohngenutzten Grundstücke“ und der „gemischt genutzten Grundstücke“ (b.). Denn die Maßstabsregelung stellt sicher, dass in etwa gleiche Inanspruchnahmen der grundgebührenrelevanten Leistung durch die jeweiligen Nutzergruppen zu einer Veranlagung nach in etwa gleichen oder gleichwertigen Maßstabseinheiten mit annähernd gleichen Gebührenwirkungen führen (c.).
94a.
95Der in der Satzung für die Bereitstellungsgebühr vorgesehene Maßstab der Erhebung der Gebühren je Wohneinheit bzw. je Wohneinheitengleichwert – unter geringfügig degressiver Staffelung nach der Zahl der je maßgeblich angeschlossenen Wohneinheiten bzw. Wohneinheitengleichwerte – ist kein Wirklichkeitsmaßstab, sondern ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Denn mit diesem Maßstab wird die Inanspruchnahme der von der Entwässerungseinrichtung gebotenen und durch die Gebühren zu entgeltenden Wasserversorgungsleistung nicht exakt anknüpfend an die Menge der feststellbaren (Wasserliefer-)Leistung bemessen;
96vgl. zur Umschreibung des Wirklichkeitsmaßstabs in diesem Sinne: Brüning in Driehaus u.a., Kommentar zum Kommunalabgabenrecht, zu § 6, Rdnr. 206 (Stand: September 2015);
97vielmehr soll nach den Intentionen des Satzungsgebers mit der Anknüpfung der Gebührenbemessung an die Zahl der je angeschlossenen/versorgten Einheiten (d.h. Wohneinheiten bzw. Wohneinheitengleichwerteinheiten) die Inanspruchnahme der (Vorhalte-)Leistung nach einem Maßstab erfasst werden, der nach der Erfahrung ein wahrscheinlicher Indikator für das Maß der Inanspruchnahme sein soll.
98Vgl. zur Umschreibung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabs als auf Erfahrungswerten basierend: Brüning in Driehaus u.a., Kommentar zum Kommunalabgabenrecht, zu § 6, Rdnr. 207 (Stand: September 2015);
99Die erfolgte Wahl eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes ist als solche nicht zu beanstanden. Die Bereitstellungsgebühr ist durch die Beklagte als eine nach § 6 Abs. 3 Satz 3 KAG NRW grundsätzlich zulässige Grundgebühr ausgestaltet, die der Abgeltung von Kosten der (wasser-)verbrauchsunabhängigen Vorhalteleistungen dient.
100Vgl. zu diesem Zweck der verbrauchsunabhängigen Erhebung eines Teils der Gebühren für die Benutzung einer Einrichtung in der Form von Grundgebühren: Brüning in Driehaus u.a., Kommentar zum Kommunalabgabenrecht, zu § 6, Rdnr. 218 (Stand: September 2015).
101Dabei werden durch die Bereitstellungsgebühr die Vorhalteleistungen der Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten hier lediglich insoweit erfasst, als sie in Bezug auf Leitungsnetz und Anschlussleitungen stehen, denn nur deren (verbrauchsunabhängige fixe) Kosten hat die Beklagte in diese Gebühr einkalkuliert.
102Dem Zweck der Abgeltung von Kosten der verbrauchsunabhängigen Vorhalteleistungen entsprechend werden Grundgebühren für die bloße Inanspruchnahme der Lieferungs- bzw. Betriebsbereitschaft der (Wasserversorgungs-)Einrichtung und der hieraus folgenden abrufbaren Arbeitsleistung erhoben.
103Vgl. zur Begriffsbestimmung der Grundgebühr in diesem Sinne: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 1. August 1986 – 8 C 112/84 –, juris Rdnr. 15 = NVwZ 1987, 231.
104Eine solche Grundgebührenerhebung beruht auf der Erwägung, dass die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der Einrichtung, die hier das Bereitstellen und ständige Vorhalten einer ordnungsgemäßen Wasserversorgung umfasst, für jeden Anschluss fixe, das heißt verbrauchsunabhängige Betriebskosten, die sogenannten Vorhaltekosten, verursacht, was es rechtfertigt, diese Kosten unabhängig von Art und Maß der (sonstigen) Benutzung (und hier vor allem unabhängig von der Abnahme konkreter Wassermengen) vorab auf alle Benutzer der Anlage zu verteilen.
105Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. August 1981 – 8 B 20/81 –, juris Rdnr. 4 = KStZ 1982, 31; OVG NRW, Urteil vom 25. April 1997 – 9 A 4775/95 –, Urteilsabdruck S. 29 f.; Schulte/Wiesemann in Driehaus u.a., Kommentar zum Kommunalabgabenrecht, zu § 6, Rdnr. 216 ff. (Stand: September 2015).
106Da der Umfang der Inanspruchnahme der verbrauchsunabhängigen Vorhalteleistungen der Wasserversorgungseinrichtung diesem Zweck entsprechend nicht anknüpfend an exakt feststellbare Wasserlieferungsleistungen bemessbar ist, war hier die Wahl eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes dem Grunde nach geboten.
107b.
108Der in Rede stehende Maßstab zur Erhebung der Bereitstellungsgebühr steht auch nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der durch ihn zu bemessenden Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen.
109Bei der Wahl des Wahrscheinlichkeitsmaßstabs, nach dem die Gebühren verteilt werden sollen, steht dem Rat der Gemeinde ein weitgehendes Ermessen zu. Der gewählte Maßstab darf auch relativ „grobmaschig“ sein. Er darf nur nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen (§ 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW), d.h. mit anderen Worten, seine Anwendung darf nicht zu einem offensichtlichen Missverhältnis zwischen der durch den Maßstab bewirkten Kostenverteilung unter den Benutzern und dem anteiligen Umfang der Inanspruchnahme der Leistung durch diese Benutzer führen.
110Weiter ist zu berücksichtigen, dass es bei einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab genügt, dass zwischen der Art und dem Umfang der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung einerseits und dem Maßstab andererseits ein das Maß der (gebührenwirksamen) Benutzung widerspiegelnder Zusammenhang besteht, der denkbar und nicht offensichtlich unmöglich ist.
111Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. August 1995 – 9 A 390/93 –, veröffentlicht unter anderem in juris, dort insbesondere Rdnr. 9 ff., und Urteil vom 17. März 1998 – 9 A 1430/96 –, NVwBl. 1998, S. 361 (363).
112Unerheblich ist es, ob es sich bei dem gewählten Wahrscheinlichkeitsmaßstab um den vernünftigsten, gerechtesten oder dem Wirklichkeitsmaßstab am nächsten kommenden Maßstab handelt.
113Vgl. Brüning in Driehaus u.a., Kommentar zum Kommunalabgabenrecht, zu § 6, Rdnr. 208 (Stand: September 2015) mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des OVG NRW.
114Durch Grundgebühren wie den hier in Rede stehenden Bereitstellungsgebühren werden die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten ganz oder teilweise entgolten. Als Maßstab für die – verbrauchsunabhängige – Inanspruchnahme der Vorhalteleistung einer öffentlichen Einrichtung kommt daher regelmäßig nur ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW in Betracht, der sich an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden abrufbaren Arbeitsleistung als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstlastkapazität zu orientieren pflegt.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. August 1986 – 8 C 112/84 –, juris Rdnr. 15; OVG NRW, Urteil vom 25. August 1995 – 9 A 3907/93 –, juris Rdnr. 9.
116In Anwendung dieser Maßstäbe kann „als denkbarerweise möglich“ angesehen werden, dass der für einen Einrichtungsnutzer vorzuhaltende und von ihm in Anspruch genommene Anteil an den gesamten gebotenen und von den Nutzern zu finanzierenden Vorhalteleistungen der Einrichtung um so größer ist je größer seine verbrauchsunabhängig signalisierte Abnahmebereitschaft ist. Denn je größer die verbrauchsunabhängig signalisierte Abnahmebereitschaft eines Nutzers ist, desto größer ist der Anteil an der – kosten- und damit gebührenrelevant – geschaffenen (Höchstlast-)Kapazität, die für ihn vorzuhalten ist.
117Die (netz- und hausanschlussbezogenen) Vorhalteleistungen der Wasserversorgungseinrichtung, die über die Bereitstellungsgebühr entgolten werden sollen, werden bereits mit dem (bloßen) Anschluss eines Grundstückes an die Wasserversorgungsanlage (= Versorgungsnetz) in Anspruch genommen. Schon mit dem Anschluss wird die verbrauchsunabhängige Lieferbereitschaft der Einrichtung durch das Grundstück abgerufen, weil dem Netz dann jederzeit Wasser entnommen werden kann (vgl. zur Bedeutung des Anschlusses für die Entstehung der Gebührenpflicht auch: § 4 WGS). Der Umfang der Inanspruchnahme der Vorhalteleistung kann seinerseits nach der mit dem Anschluss signalisierten Abnahmebereitschaft bewertet werden; denn die mit dem Anschluss signalisierte Abnahmebereitschaft bietet – wie soeben angesprochen – einen Anhalt für den Anteil an der (Höchstlast-)Kapazität, der wegen des angeschlossenen Grundstückes vorzuhalten ist; an der Gebührenfinanzierung der insgesamt vorgehaltenen (Höchstlast-)Kapazität hat sich der gebührenpflichtige Anschlussnehmer seiner mit dem Anschluss signalisierten Abnahmebereitschaft entsprechend, anteilig zu beteiligen.
118Vor diesem Hintergrund wird eine Maßstabsregelung, die – wie im Ansatz die hier zu betrachtende – die Grundgebühren nach (dem Signal) der Zahl der je maßgeblich angeschlossenen Wohneinheiten auf die je angeschlossenen Grundstücke verteilt, der Anforderung gerecht, dass ihre Anwendung nicht zu einem offensichtlichen Missverhältnis zwischen der durch sie bewirkten Kostenverteilung unter den Benutzern und dem anteiligen Umfang der Inanspruchnahme der Leistung durch diese Benutzer führen darf. Denn ein Wohneinheiten-Maßstab spiegelt die mit dem Anschluss signalisierte Abnahmebereitschaft, die für den Umfang der Inanspruchnahme von Vorhalteleistungen bedeutsam ist, in einem sachlich angemessenen Maße wider; zwischen der Art und dem Umfang der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung durch (rein) wohngenutzte Grundstücke einerseits und dem Maßstab der Zahl der angeschlossenen Wohneinheiten des Grundstückes andererseits besteht nämlich ein denkbarer und nicht offensichtlich unmöglicher, das Maß der (gebührenwirksamen) Benutzung widerspiegelnder Zusammenhang (aa.). Gleiches gilt auch insoweit, als die Gebührensatzung für die Grundstücke, die nicht rein wohngenutzt und an einen Zähler der Größe Qn 6 und größer angeschlossen sind (vgl. § 3 Abs. 4 WGS), vorsieht, dass die Einheiten für die Berechnung der Bereitstellungsgebühr in Wohneinheitengleichwerte umgerechnet und nach Maßgabe der umgerechneten Gleichwerte zu den Gebühren veranlagt werden (vgl. § 2 lit. e) und § 3 WGS) – (bb.).
119aa.
120Ein Wohneinheiten-Maßstab bildet den Umfang der Inanspruchnahme der Vorhalteleistung – jedenfalls für die rein wohngenutzten Grundstücke – in hinreichend sachgerechter Weise ab. Denn es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass von Grundstücken mit einer größeren Zahl von Wohnungseinheiten mehr und schneller Frischwasser aus dem städtischen Leitungsnetz entnommen wird als von Grundstücken, die eine geringere Anzahl von Wohnungseinheiten aufweisen. Im Sinne einer Wahrscheinlichkeitsaussage erscheint die Annahme daher denkbar und nicht offensichtlich unmöglich, dass die ansteigende Anzahl der Einheiten eine ansteigende Inanspruchnahme der Höchstlastkapazität im Wasserbezug verursachen kann.
121Vgl. im Ergebnis ebenso: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 27. Januar 1999 – 2 L 84/97 –, juris Rdnr. 5; Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (OVG Lüneburg), Beschluss vom 26. August 2002 – 9 LA 305/02 –, juris Rdnr. 6; siehe auch OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1996 – 9 A 5654/94 –, juris Rdnr. 13.
122Zugleich trägt ein Wohneinheitenmaßstab grundsätzlich dem denkbaren und nicht offensichtlich unmöglichen Umstand in sachgerechter Weise angemessen Rechnung, dass die Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen gemäß dem oben Ausgeführten durch die verbrauchsunabhängig signalisierte Abnahmebereitschaft eines Nutzers umso größer sein dürfte, je größer die Zahl der auf dem angeschlossenen Grundstück mit Trinkwasser versorgten Wohneinheiten ist.
123Die Entscheidung der Beklagten in § 3 Abs. 3 WGS, bei Anschluss an einen Zähler der Größe Qn 2,5 gewerblich genutzte Einheiten den Wohneinheiten gleich zu zählen, d.h. mit anderen Worten, den Wohneinheitenmaßstab insoweit auch ohne Weiteres auf die gemischt, d.h. zumindest teilweise gewerblich genutzten Grundstücke zu erstrecken, dürfte ebenfalls nicht zu beanstanden sein. Mit Blick auf die geringe Zahl von 968 Wasserzählern der Größe Qn 2,5, die Grundstücke versorgen, die nicht rein wohngenutzt werden, im Verhältnis zu den 49.512 Zählern dieser Größe, die wohngenutzte Grundstücke erschließen,
124die genannten Zahlen errechnen sich aus den Tabellen 1a, 2 und 9 zu den Schriftsätzen der Beklagten vom 30. März und 30. Mai 2016, Gerichtsakte 5 K 7454/14, Bl. 147 ff., 181,
125und mit Blick auf den beklagtenseits im Laufe des Klageverfahrens angeführten Umstand, dass im Bereich der Zählergröße Qn 2,5 angeschlossene Gewerbeeinheiten weitgehend dem Kleingewerbe zuzurechnen sein dürften, dessen Abnahmeverhalten wohngenutzten Einheiten ähnelt, dürfte dies gerechtfertigt sein, weil eine weitere Differenzierung nach der Art des Gewerbes zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand führen würde (vgl. in diesem Sinne auch die Begründung zur Ratsvorlage „Satzung und Gebühren im Wasserbereich“ vom 15. Februar 2013, VO/0122/13, S. 3).
126bb.
127Ebensowenig ist die Absicht der Beklagten zu beanstanden, die Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen durch die Grundstücke im Sinne des § 3 Abs. 4 WGS, die nicht rein wohngenutzt sind, sondern zumindest auch gewerblich genutzte Einheiten im Sinne des § 2 lit. e) WGS aufweisen, und die an Zähler der Größe Qn 6 und mehr angeschlossen sind, in vereinheitlichender Weise durch eine „Umrechnung“ der vorfindlichen Nutzung auf Wohneinheiten nach Maßgabe von Wohneinheitengleichwerten zu bemessen.
128Vgl. zu diesem Ansatz: Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (OVG LSA), Urteil vom 8. September 2011 – 4 L 247/10 –, juris Rdnr. 46.
129Dabei hat die Beklagte zutreffend erkannt, dass bei Anschluss eines Grundstücks an einen Zähler der Größe Qn 6 und mehr eine gewerblich genutzte Einheit bemessungstechnisch nicht (länger) bloß wie eine Wohneinheit behandelt werden kann. Denn nach dem Technischen Regelwerk des „Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW)“ – Arbeitsblatt W 406 – können Zähler der Größe Qn 6 (Qmax 12 m³/h) 31 bis 100 Wohneinheiten versorgen. Vor dem Hintergrund eines solchen möglichen Versorgungsmaßes von Wohngrundstücken durch Zähler dieser Größen und des daraus resultierenden Maßstabseinheitenpotentials (!) stünde eine Maßstabsregelung in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Maß der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen der Wasserversorgungseinrichtung, wenn sie bewirkte, dass auch bei Grundstücken, die an Zähler dieser Größen angeschlossen sind, eine gewerbliche Einheit im Sinne des § 2 lit. e) WGS in der (Gebühren-)Waagschale nur mit dem gleichen Gewicht wie eine einzige Wohneinheit läge. Denn in einer Großstadt wie X. wird es eine nennenswerte Zahl von gewerblich genutzten Grundstücken mit Zählern der Größe Qn 6 und größer geben, für die eine Nutzung durch nur eine oder doch nur sehr wenige gewerblichen Einheiten festzustellen sind und für die daher bei einer Regelung der Art „1 Gewerbeeinheit = 1 Wohneinheit“ nur eine oder entsprechend wenige Maßstabseinheiten anfielen. Für Zähler der Größe Qn 6 und größer, die eine deutlich größere Abnahmebereitschaft als Zähler der Größe Qn 2,5 signalisieren, wäre eine solche Regelung völlig unangemessen. Es ist nämlich davon auszugehen, dass gewerblich genutzte Grundstücke, die über Zähler der Größe Qn 6 und größer versorgt werden, die gebotenen Vorhalteleistung in wesentlich größerem Umfang in Anspruch nehmen als es dem Umfang der Abnahme dieser Leistung durch eine einzelne Wohneinheit oder entsprechend wenige Wohneinheiten entspräche, die ihrerseits ohne Weiteres schon durch einen Zähler der Größe Qn 2,5 versorgt werden könnten.
130Der Sache nach bezweckt die Beklagte durch die für gemischt genutzte Grundstücke der in Rede stehenden Art vorgesehene „Umrechnung“ der dort vorfindlichen Nutzung der Vorhalteleistungen nach Maßgabe von Wohneinheitengleichwerten, dass die Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen der Entwässerungseinrichtung durch alle angeschlossenen Grundstücke einheitlich nach dem selben – wie oben dargelegt grundsätzlich sachgerechten – Wohneinheiten-Maßstab bemessen werden soll.
131Unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist aber Voraussetzung für eine von rechtlichen Bedenken freie vereinheitlichende Maßstabswahl, dass eine sachgerechte Umrechnungsmethode gewählt wird, mit der den Unterschieden zwischen den (betroffenen) Nutzungsarten hinreichend Rechnung getragen wird und bei der die Höhe der Grundgebühr nach der Umrechnung auch für die gemischt genutzten Grundstücke zu dem durch sie möglichen Umfang der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen in einem Verhältnis steht, das jedenfalls annähernd der Beziehung zum möglichen Umfang der Benutzung entspricht, die für rein wohngenutzte Grundstücke durch die Zahl der je tatsächlich angeschlossenen Wohneinheiten repräsentiert wird.
132Vgl. in diesem Sinne : OVG LSA, Urteil vom 8. September 2011 – 4 L 247/10 –, juris Rdnr. 46.
133Mit anderen Worten muss das Maß der grundgebührenrelevanten verbrauchsunabhängigen Abnahmebereitschaft, das nach dem oben zu aa. Dargelegten für die Nutzergruppe „rein wohngenutzte Grundstücke“ durch die Zahl der je angeschlossenem Grundstück tatsächlich versorgten Wohneinheiten signalisiert wird, für die Nutzergruppe „gemischt genutzte Grundstücke (mit Zählern der Größe Qn 6 und größer)“ durch die je angeschlossenem Grundstück errechneten Wohneinheitengleichwerte in annähernd entsprechender Weise signalisiert werden. Ansonsten würde die „Umrechnungs“-Regelung den mit ihr verbundenen Zweck, einen sachgerechten einheitlichen Maßstab für die Bemessung der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen durch alle betroffenen Grundstücke zu gewährleisten, verfehlen.
134Die von der Beklagten gewählte Umrechnungsregel des § 3 Abs. 4 WGS wird diesen Anforderungen auch gerecht. Sie stellt – aus den unter c. näher dargelegten Gründen – sicher, dass es zu einer annähernd entsprechenden Bemessung der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen durch die beiden in Rede stehenden „Nutzergruppen“ kommt. Denn ihre Anwendung führt im Ergebnis dazu, dass eine in etwa gleiche Inanspruchnahme der grundgebührenrelevanten Leistung durch die jeweiligen Nutzergruppen zu einer Veranlagung nach in etwa gleichen oder gleichwertigen Maßstabseinheiten mit annähernd gleichen Gebührenverteilungs- und Kostenwirkungen führt.
135c.
136Dabei ist zunächst festzustellen, dass die Satzungsregelung in § 3 Abs. 4 WGS zum Gebührenmaßstab der Bereitstellungsgebühr in ihrer Bedeutung für die Verteilung der Maßstabseinheiten und damit auch der Verteilung der Kosten auf die beiden in Rede stehenden Nutzgruppen nicht zu vernachlässigen ist.
137Ausgehend von der Erwägung, dass gerade die Summe der maximalen Gesamt-Nenndurchflussmengen (Qmax) aller angeschlossenen Zähler – als Anhalt für die bereitzuhaltende (Höchstlast-)Kapazität – den gesamten Umfang der (netz- und hausanschlussbezogen) gebotenen Vorhalteleistungen wiederspiegelt und damit auch geeignet ist, als Anhalt für den Gesamtumfang der signalisierten grundgebührenrelevanten Inanspruchnahme zu dienen, betrifft die Satzungsregelung in § 3 Abs. 4 WGS nach Maßgabe der von der Beklagten für das Jahr 2013 vorkalkulierten maximalen Gesamt-Nenndurchflussmengen aller erfassten Zähler einen erheblichen, nicht zu vernachlässigenden Teil der in Anspruch genommenen Vorhalteleistungen und der potentiellen Verteilungsmasse. Denn auf die Gruppe der gemischt genutzten Grundstücke mit Zählern der Größe Qn 6 und größer entfallen wenigstens 10 % der maximalen Gesamt-Nenndurchflussmengen, wie die folgende Berechnung erweist.
138Die maximale Gesamt-Nenndurchflussmenge aller Wasserzähler der Nutzergruppe „rein wohngenutzte Grundstücke“ (Größen: Qn 2,5 bis Qn 150 – mit Mischzählern; Qn 6 mit 12 m³/h gerechnet) liegt bei 254.626 m³/h und die maximale Gesamt-Nenndurchflussmenge aller Wasserzähler der Nutzergruppe „gemischt genutzte Grundstücke“ mit der Größe Qn 2,5 (mit Mischzähler) liegt bei 4.800 m³/h. Die maximale Gesamt-Nenndurchflussmenge aller Wasserzähler der Nutzergruppe „gemischt genutzte Grundstücke“ mit der Größe Qn 6 und größer umfasst demgegenüber ohne Mischzähler (schon) 25.690 m³/h und mit Mischzählern sogar 38.972 m³/h.
139Die genannten Zahlen errechnen sich aus den Tabellen 1a, 2 und 9 zu den Schriftsätzen der Beklagten vom 30. März und 30. Mai 2016, Gerichtsakte 5 K 7454/14, Bl. 146 ff., 181.
140Nach der in ihrer Bedeutung für die Gebührenverteilung mithin nicht zu vernachlässigenden Regelung in § 3 Abs. 4 Satz 1 WGS erfolgt die Ermittlung der „Wohneinheitengleichwerte“ bei Anschluss an einen Zähler der Größe Qn 6 und größer und mindestens teilweiser gewerblicher Nutzung, indem (regelmäßig) 0,75 „Wohneinheitengleichwerte“ je 1 m³/h des maximalen (potentiellen) Nenndurchflusses der Zähler (= Qmax in m³/h) berücksichtigt werden (Anschlusswert), soweit nicht (ausnahmsweise) die Zahl der angeschlossenen Wohneinheiten und gewerblichen Einheiten größer als dieser Anschlusswert ist (vgl. § 3 Abs. 4 Satz 2 WGS).
141Anders als bei den rein wohngenutzten Grundstücken, bei denen zur Bemessung der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen auf den Maßstab der Zahl der tatsächlich angeschlossenen Wohneinheiten abgestellt wird, ist also bei den gemischt genutzten Grundstücken der in § 3 Abs. 4 WGS erfassten Art für die Bemessung der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen im Ansatz nur dieGröße der angeschlossenen Zähler in Qmax maßgeblich. Gegen einen Zählergrößenmaßstab bestehen als solchen keine rechtlichen Bedenken, weil auch für ihn die Annahme gilt, dass die mit der Anschlussnahme über eine bestimmte Zählergrößen signalisierte Bereitschaft zur Abnahme von Vorhalteleistungen umso größer ist je größer der maximale (potentielle) Nenndurchfluss eines angeschlossenen Zählers ist.
142Siehe dazu: BVerwG, Beschluss vom 12. August 1981 – 8 B 20/81 –, juris Rdnr. 5 = KStZ 1982, 31.
143Um den einheitlichen/vereinheitlichenden Wohneinheiten-/Wohneinheitengleichwert-Maßstab operationabel zu machen, sieht die Satzung zwecks Berechnung des „Wohneinheitengleichwertes“ vor, dass jeder 1 m³/h Qmax eines angeschlossenen Zählers mit dem „Anschlusswert“ des Faktors 0,75 gewichtet wird. Dem „Anschlusswert“-Faktor soll nach den Intentionen des Satzungsgebers also die Aufgabe zukommen, den – für rein wohngenutzte Grundstücke geltenden – Wohneinheitenmaßstab mit dem – für gemischt genutzte Grundstücke im Sinne des § 3 Abs. 4 WGS im Ansatz geltenden – Zählergrößenmaßstab derart in eine sachgerechte Beziehung zu setzen, dass eine in etwa gleiche Inanspruchnahme von Vorhalteleistungen durch die eine wie die andere Nutzergruppe zu einer Veranlagung nach in etwa gleichen Maßstabseinheiten führt.
144Dazu ist der Faktor auch geeignet. Denn der Ermittlung des „Anschlusswert“-Faktors liegt folgende – von der Beklagten erläuterte – Berechnung zugrunde (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 14. Dezember 2015, Gerichtsakte 5 K 7454/14, Bl. 118):
145Die Beklagte hat zunächst die Anzahl und Größe in m³/h aller in X. rein wohngenutzten Wasserzähler (kalkulierend) ermittelt und daraus deren maximale potentielle (Gesamt-)Bezugsmenge errechnet. Sodann hat sie die Zahl der an diese Zähler angeschlossenen Wohneinheiten (kalkulierend) ermittelt. Schließlich hat sie die Zahl dieser Wohneinheiten durch die potentielle Bezugsmenge aller dieser Wasserzähler in Kubikmetern pro Stunde dividiert. Daraus ergab sich ein Quotient von 0,771 Wohneinheiten/m³/h. Diese Berechnung bestätigen im Ergebnis die von der Beklagten mit Schriftsätzen vom 30. März und 30. Mai 2016 in den Tabellen 1a, 5a und 9 mitgeteilten Zahlen (vgl. Gerichtsakte 5 K 7454/14, Bl. 147 ff., 181). Danach hat die Beklagte für das Jahr 2013 mit 49.952 rein wohngenutzten Zählern (einschließlich Mischzählern) kalkuliert, deren potentielle Gesamtbezugsmenge bei insgesamt 254.626 m³/h (einschließlich Mischzählern) lag (Anm.: Gesamtbezugsmenge gemäß eigener Berechnung des Gerichtes; Zähler der Größe Qn 6 mit 12 m³/h gerechnet). Diese Zähler brachten insgesamt (196.540 Wohneinheiten + 4 Wohneinheiten aus Mischzählern =) 196.544 Wohneinheiten (WE) auf die Waage. Bei Division der Gesamtzahl der Wohneinheiten durch die maximale potentielle Gesamtbezugsmenge ergibt sich der Quotient von (196.544 WE : 254.626 m³/h =) 0,771 WE/m³/h.
146Diesen Quotienten, der besagt, dass in der Nutzergruppe „rein wohngenutzte Grundstücke“ auf jeden angeschlossenen 1 m³/h maximaler potentieller Bezugsmenge im Schnitt 0,771 Wohneinheiten (= Maßstabseinheiten) entfallen, hat die Beklagte sodann – zu Zwecken der Verwaltungsvereinfachung pauschalierend abgerundet auf 0,75 – in § 3 Abs. 4 WGS als „Anschlusswert“-Faktor der Bestimmung der „Wohneinheitengleichwerte“ für die Nutzergruppe „gemischt genutzte Grundstücke“ zugrundegelegt. Dies geschah offenbar in der Annahme, dass
147- zum einen dieser – aus den Verhältnissen auf den wohngenutzten Grundstücken gezogene – Quotient auch etwas zum Verhältnis zwischen dem Umfang der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen durch ein gemischt genutztes Grundstück der in § 3 Abs. 4 WGS angesprochenen Art und der Zahl der „Wohneinheitengleichwerte“ (= Maßstabseinheiten) aussagt, die diesem Grundstück zugemessen werden müssen, damit (annähernd) gleichumfängliche Inanspruchnahmen der Vorhalteleistungen durch ein Grundstück in beiden Nutzergruppen zu einer (zumindest annähernd) gleichwertigen Zahl von Maßstabseinheiten (in Wohneinheiten oder „Wohneinheitengleichwerten“) und damit zu einem (zumindest annähernd) gleichen Kostenverteilungseffekt führen,
148und
149- zum andern diese Aussage dadurch fruchtbar gemacht werden kann, dass sich die Wohneinheitengleichwerte, die einem gemischt genutzten Grundstück der in § 3 Abs. 4 WGS angesprochenen Art nach dem Maß der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen zuzumessen sind, um den erstrebten annähernden Gleichstellungseffekt zu erzielen, dadurch bestimmen lassen, dass jeder 1 m³/h potentieller Bezugsmenge, der dem Grundstück qua Anschluss zuzurechnen ist, mit dem „Anschlusswert“-Faktor 0,75 gewichtet wird.
150Die Annahme, dass auf diese Weise eine gleichumfängliche Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen durch ein Grundstück in beiden Nutzergruppen zu einer (zumindest annähernd) gleichwertigen Zahl von Maßstabseinheiten (in Wohneinheiten oder „Wohneinheitengleichwerten“) und damit zu einem (zumindest annähernd) gleichen Kostenverteilungseffekt führt, ist auch zutreffend.
151Ausgangspunkt der Berechnung des „Anschlusswert“-Faktors bildete die maximale potentielle Gesamtbezugsmenge in m³/h Nenndurchfluss (Qmax) aller angeschlossenen Zähler, die der Nutzergruppe „rein wohngenutzte Grundstücke“ zuzurechnen ist. Zu Recht ist die Beklagte damit von der Annahme ausgegangen, dass diese maximale potentielle Gesamtbezugsmenge als Anhalt für die gesamte durch diese Nutzergruppe signalisierte/abgerufene Abnahmebereitschaft der Vorhalteleistung dient und diese Menge damit den gesamten Umfang der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen der Einrichtung durch diese Gruppe widerspiegelt; denn die (erfahrungsbasierte Wahrscheinlichkeits-) Annahme liegt nahe, dass um so mehr Lieferbereitschaft einrichtungsseits zur Verfügung gehalten werden muss und nutzerseits unter Signalisierung entsprechender Abnahmebereitschaft in Anspruch genommen wird je höher die potentielle Bezugsmenge ist, die durch den maximalen potentiellen Nenndurchfluss (Qmax in m³/h) repräsentiert wird. Die gleiche Annahme gilt aber entsprechend auch für die Nutzergruppe „gemischt genutzte Grundstücke“; die maximale potentielle Gesamtbezugsmenge in m³/h (Qmax) aller angeschlossenen Zähler, die dieser zweiten Nutzergruppe zuzurechnen ist, ist ebenso Anhalt für die gesamte durch diese Nutzergruppe signalisierte Abnahmebereitschaft der Vorhalteleistung und spiegelt damit ebenso den gesamten Umfang der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen durch diese Gruppe wider. Diese Annahmen haben weiter zur Folge, dass die potentielle Gesamtbezugsmenge aller angeschlossenen Zähler beider Nutzergruppen den gesamten Umfang der Inanspruchnahme der von der Einrichtung insgesamt gebotenen Vorhalteleistungen repräsentieren. Eine sachgerechte Maßstabsregelung/Umrechnungsregel muss infolgedessen sicherstellen, dass sich bei ihrer Anwendung die Kosten annähernd gleichmäßig, d.h. entsprechend dem jeweiligen Anteil der auf jede Nutzergruppe entfallenden potentiellen Gesamtbezugsmenge als Spiegel des jeweiligen Inanspruchnahmeumfangs verteilen. Dies setzt voraus, dass die Kostenmassen, die von den beiden Nutzergruppen nach ihren – durch die potentiellen Bezugsmengen je bestimmten – Anteilen an der Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen zu tragen sind, bei Anwendung der Maßstabsregelung/Umrechnungsregel durch die Massen der von den Nutzergruppen je „aufgebrachten“ Maßstabseinheiten [= Verteilungsmasse „Wohneinheiten“ bzw. „Wohneinheitengleichwerte“ (+ Wohneinheiten im Sinne von § 3 Abs. 3 und 4 WGS)] jeweils ihrem Inanspruchnahmeanteil entsprechend annähernd gedeckt werden.
152Diese Wirkung wird aber bei Anwendung des „Anschlusswert“-Faktors sowohl „theoretisch- mathematisch“ (aa.) als auch „praktisch“ (bb.) erzielt.
153aa.
154Die „theoretisch-mathematische“ Bedeutung des „Anschlusswert“-Faktors für eine Umrechnung, die zu einer sachgerechten Verteilungswirkung im genannten Sinne führt, ergibt sich aus folgender Betrachtung:
155Bei der Nutzergruppe „rein wohngenutzte Grundstücke“ standen die (vorkalkulierte) Verteilungsmasse und die (vorkalkulierte) Masse der maximalen potentiellen Gesamtbezugsmenge im Verhältnis
156196.544 Wohneinheiten (WE) : 254.626 m³/h (= 0,771 WE je 1 m³/h).
157Das bedeutet, die durch diese Benutzergruppe (vorkalkulatorisch) insgesamt in Anspruch genommenen Vorhalteleistungen, die durch deren potentielle Gesamtzugsmenge von 254.626 m³/h repräsentiert werden, werden (vorkalkulatorisch) durch den Einsatz der 196.544 Wohneinheiten bei der Gebührenerhebung vollständig gedeckt.
158Bzgl. der Nutzergruppe „gemischt genutzte Grundstücke“ belief sich die (vorkalkulierte) Masse der maximalen potentiellen Gesamtbezugsmenge auf 43.812 m³/h (mit Mischzählern).
159Die genannte Zahl errechnet sich aus den Tabellen 2 und 9 zu den Schriftsätzen der Beklagten vom 30. März und 30. Mai 2016, Gerichtsakte 5 K 7454/14, Bl. 146 ff., 181.
160Der Umfang der dieser Nutzergruppe zuzurechnenden Verteilungsmasse in Wohneinheitengleichwerten (WEGW) (+ Wohneinheiten im Sinne von § 3 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 WGS – im Folgenden nur noch WEGW) war der Beklagten zunächst unbekannt (= X WEGW); gemäß den obigen Erwägungen zu einer anteilsgerechten Verteilung der Vorhaltekosten musste diese Benutzergruppe aber so viele Verteilungseinheiten auf die Waage bringen, dass folgende (mathematischen) Verhältnisse galten:
161a. 196.544 WE + X WEGW müssen decken 254.626 m³/h + 43.812 m³/h,
162d.h. mit anderen Worten, es muss für das Verhältnis der Gesamtmasse der WE bzw. der WEGW zu der je zugeordneten maximalen potentiellen Gesamtbezugsmenge in m³/h folgende Beziehungen gelten:
163b. 196.544 WE : 254.626 m³/h = X WEGW : 43.812 m³/h.
164Bei dieser Rechnung mit einer Unbekannten ergibt sich folgender Wert für die X WEGW:
165c. X WEGW = (196.544 WE : 254.626 m³/h) x 43.812 m³/h
166oder
167d. X WEGW = 0,771 WE je m³/h x 43.812 m³/h.
168Mit anderen Worten, dadurch, dass die Beklagte in ihrer Gebührenkalkulation für die Nutzergruppe „gemischt genutzte Grundstücke“ jeden 1 m³/h der kalkulierten maximalen potentiellen Gesamtbezugsmenge mit dem (gerundeten) Anschlusswert von 0,75 als WEGW-Ermittlungsfaktor berücksichtigt hat, soweit der Bezug auf Zähler der Größe Qn 6 und größer entfällt, ist in etwa sichergestellt, dass diese Gruppe nach der Umrechnung annähernd so viele Verteilungseinheiten auf die Waage bringt, wie es ihrem Anteil an der gesamten potentiellen Gesamtzugsmenge entspricht.
169Dagegen spricht auch nicht, dass die Beklagte in der Kalkulation für diese Nutzergruppe letztlich nicht von (43.812 m³/h x 0,75 =) 32.859 WE(GW), sondern von lediglich 30.122,5 WE(GW) ausgegangen ist.
170Vgl. Tabelle 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 30. März 2016, Gerichtsakte 5 K 7454/14, Bl. 146 ff.
171Die Differenz von 2.736,5 WE(GW) erklärt sich nicht allein aus den Folgen der unter Praktikabilitätsgesichtspunkten nicht zu beanstandenden (Ab-)Rundung des Faktors von 0,771 auf 0,75, sondern vor allem wie folgt: bei den Grundstücken aus der Nutzergruppe „gemischt genutzte Grundstücke“, die über Zähler der Größe Qn 2,5 angeschossen sind, fließt gemäß dem nicht zu beanstandenden § 3 Abs. 3 WGS nur die Zahl der jeweils tatsächlich vorhandenen Nutzungseinheiten in die Ermittlung der Maßstabseinheiten ein, während in der vorherigen Berechnung unterstellt wurde, dass sich die Zahl der Maßstabseinheiten auch für diese Grundstücke in jedem Anschlussfall aus der Vervielfältigung des Qmax mit dem Anschlusswert ergäben und daher mit (5 m³/h x 0,75 =) 3,75 WE(GW) je Zähler oder insgesamt mit (968 Zählern Qn 2,5 x 3,75 WE(GW) =) 3.630 WE(GW) zu Buche schlügen. Die für Zähler der Größe Qn 2,5 als tatsächlich vorhanden veranschlagten Einheiten liegen bei etwa 1.546 WE(GW) und bleiben damit offenkundig hinter dieser Zahl zurück (vgl. Tabellen 4a und 9 – zu den Schriftsätzen der Beklagten vom 30. März und 30. Mai 2016, Gerichtsakte 5 K 7454/14 Bl. 148,181).
172bb.
173Folgende Berechnung erweist, dass die Umrechnungsregel auch „praktisch“ zu einer sachgerechten Maßstabsregelung führt, obwohl sie nur für die gemischt genutzten Grundstücke maßgebend ist, die über Zähler der Größe Qn 6 und größer angeschlossen sind; denn sie erweist, dass sich auch im tatsächlichen Ergebnis die Kosten annähernd gleichmäßig, d.h. dem jeweiligen Anteil der auf jede Nutzergruppe entfallenden potentiellen Gesamtbezugsmenge als Spiegel des jeweiligen Inanspruchnahmeumfangs annähernd entsprechend verteilen.
174Den 1.615 Wasserzählern der Größe Qn 2,5 bis Qn 250 (vgl. Tabelle 2, Bl. 147 der Gerichtsakte 5 K 7554/14), die im Gebiet der Beklagten gemischt genutzt werden, steht in der Summe ein möglicher Verbrauch von maximal 43.812 m³/h zur Verfügung. Dies ergibt sich aus einer Multiplikation der jeweiligen Anzahl einer Zählergröße mit dem Qmax m³/h, der sich jeweils aus § 3 Abs. 6 WGS ergibt (Qn 6 allerdings zu 12 m³/h gerechnet). Bei den 49.952 Wasserzählern der Größe 2,5 bis Qn 250 (vgl. Tabelle 1a Bl. 146 der Gerichtsakte 5 K 7554/14), die im Gebiet der Beklagten zu reinen Wohnzwecken genutzt werden, beträgt diese maximal zur Verfügung stehende Kapazität 254.626 m³/h. Die Gesamtkapazität aller Zähler liegt somit bei 298.438 m³/h und verteilt sich zu 85,3 Prozent auf die rein wohngenutzten Zähler und zu 14,7 Prozent auf die gemischt genutzten Zähler.
175Bei den gemischt genutzten Zählern der Größe 2,5 bis Qn 250 sind entsprechend der Berechnung nach § 3 Abs. 3 und 4 WGS 30.122,5 Wohneinheitengleichwerte (= Maßstabseinheiten) berücksichtigt worden (vgl. Tabelle 4 a, Bl. 148 der Gerichtsakte 5 K 7554/14). Bei den zu reinen Wohnzwecken genutzten Zählern sind in Anwendung des § 3 Abs. 1 WGS 196.540 Wohneinheiten (= Maßstabseinheiten) berücksichtigt worden (vgl. Tabelle 3 a, Bl. 147 der Gerichtsakte 5 K 7554/14). Von den damit insgesamt auf die Zähler der Größe 2,5 bis Qn 250 entfallenden 226.662,5 Maßstabseinheiten entfallen damit 86,71 Prozent auf die wohngenutzten und 13,29 Prozent auf die nicht zu diesem Zwecke genutzten Zähler.
176Entspricht mithin der von der Beklagten für die jeweilige Nutzergruppe zu erbringende und von ihr auch in Anspruch genommene Anteil an den Vorhalteleistungen (85,3 Prozent [Wohnnutzung] zu 14,7 Prozent [sonstige Nutzung]) in etwa dem Anteil an der Verteilungsmasse, der jeweils auf die beiden Nutzergruppen entfällt, (86,71 Prozent [Wohnnutzung] zu 13,29 Prozent [sonstige Nutzung]), verteilen sich auch die Kosten der Vorhalteleistungen zwischen den Nutzergruppen in annähernd anteilsgerechter Weise, da bei einem Gebührensatz je Maßstabseinheit die Kostenmasse der Masse der Maßstabseinheiten und damit der Verteilungsmasse folgt.
177Die verbleibenden geringfügigen Verteilungsdifferenzen liegen im zu vernachlässigenden Bereich, da Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe nach den oben dargelegten Anforderungen an ihre „grobmaschige Verteilungsgenauigkeit“ erst dann zu beanstanden sind, wenn ihre Verteilungswirkung zu einem offensichtlichen Missverhältnis zum Inanspruchnahmeumfang führt.
178IV.
179Schließlich begegnen auch die in der Gebührensatzung für den Erhebungszeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2013 und für den Erhebungszeitraum des Jahres 2014 getroffenen Regelungen über die Gebührensätze für die hier allein streitgegenständlichen Bereitstellungsgebühren keinen durchgreifenden materiell-rechtlichen Bedenken. Insbesondere verstoßen sie nicht gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW.
180Das Kostenüberschreitungsverbot besagt, dass das – im maßgeblichen Prognosezeitpunkt der Gebührenbedarfsberechnung für den kommenden Veranlagungszeitraum (= Kalkulationszeitraum) vorkalkulatorisch – veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der über die Gebühren zu finanzierenden Einrichtung in der Regel decken, sie aber nicht überschreiten soll. Das heißt, in der Gebührenkalkulation (Gebührenbedarfsberechnung), auf deren Grundlage der Gebührensatz ermittelt wird, sind die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung (Kostenmasse - Dividend) und die voraussichtlichen Maßstabseinheiten, auf die die Gesamtkosten zu verteilen sind (Verteilungsmasse - Divisor), in der Weise zu veranschlagen, dass weder unzulässige oder überhöhte Kostenansätze noch eine zu geringe Zahl von Maßstabseinheiten angesetzt werden. Unerheblich sind dabei Kostenüberschreitungen von bis zu 3 Prozent, wenn die Überschreitung nicht auf bewusst oder schwer und offenkundig fehlerhaften Kostenansätzen beruht. Zudem ist nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen davon auszugehen, dass der Gebührensatz lediglich im Ergebnis den Anforderungen des Kostenüberschreitungsverbotes entsprechen und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen stimmigen Gebührenkalkulation beruhen muss. Das bedeutet, dass fehlerhafte Kostenansätze dann keine Auswirkungen auf die Gültigkeit des Gebührensatzes und damit der Satzung insgesamt haben, wenn sich im Rahmen einer umfassenden (ggf. gerichtlichen) Prüfung herausstellt, dass zulässige Kostenansätze mit der Folge unterblieben oder zu niedrig bemessen worden sind, dass sie die fehlerhaften Ansätze ausgleichen. Es ist insbesondere zulässig, den Gebührensatz mit einer nach Abschluss der Gebührenperiode – noch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens – aufgestellten Betriebsabrechnung zu rechtfertigen.
181Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 = NWVBl. 1994, 428 (434) = KStZ 1994, 213, und Beschluss vom 1. Juli 1997 – 9 A 3556/96 = NWVBl. 1998, 118.
182Für die Überprüfung der Massen- und Kostenansätze in einer Gebührenkalkulation gilt zum Umfang der Amtsermittlungspflicht der Verwaltungsgerichte (§ 86 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO) und der die Amtsermittlung mitgestaltenden Mitwirkungspflicht der Beteiligten (§ 86 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO) nach den Erkenntnissen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, die es insbesondere in seinen Urteilen vom 1. Juli 1997 – 9 A 6103/95 und 19. September 1997 – 9 A 3373/96 dargelegt hat, Folgendes:
183“Im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes sind die Verwaltungsgerichte zwar verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis an die Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern die Aufklärung nach ihrer Auffassung für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Bei der Überprüfung einer Kalkulation geht der erkennende Senat auf Grund der Bindung des Beklagten an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 GG grundsätzlich davon aus, dass dessen Auskünfte über die maßgebenden Massen bzw. die zu den einzelnen Kostenpositionen angefallenen Kosten der Wahrheit entsprechen. Aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit angezeigt, als sich dem Gericht etwa Widersprüche, methodische Fehler, Rechenfehler oder mit höherem Recht unvereinbare Kostenansätze nach dem Sachvortrag der klagenden Partei oder aber den beigezogenen Unterlagen aufdrängen. Lässt es die klagende Partei, insbesondere die anwaltlich vertretene Partei, insoweit an substantiiertem Sachvortrag fehlen, beschränkt sie sich vielmehr auf schlichtes Bestreiten der jeweiligen Kostenansätze oder auf Spekulationen hinsichtlich der zutreffenden Höhe dieser Ansätze und ergibt sich auch aus den Unterlagen kein konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit sein Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen finden (vgl. OVG NW, Beschluss vom 11. Juni 1996 - 9 A 1864/94 -)“.
184Das erkennende Gericht hat sich in ständiger Rechtsprechung dieser Auffassung angeschlossen, nach der sich der Umfang der Amtsermittlung der Sache nach danach (begrenzend) bestimmt, ob nach dem „(Streit-)Stand der Dinge“ für das Gericht Anlass zu weitergehenden – hier die Richtigkeit der Gebührensatzkalkulation betreffenden – aufklärenden Sachverhaltsermittlungen besteht.
185Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist hier insbesondere mit Blick auf das den Streitstand maßgeblich mitgestaltende klägerische Vorbringen kein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot festzustellen. Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die allein maßgebliche Ergebnisrichtigkeit des festgesetzten Gebührensatzes im Rahmen des 3-Prozent-Spielraums.
186a.
187Entgegen der klägerseitig vertretenen Auffassung ergeben sich keine Bedenken daraus, dass in die Gebührenbedarfsberechnung für die streitgegenständlichen Erhebungszeiträume die an die X1. zu zahlenden Entgelte für die von ihr an die Beklagte wasserlieferungsbezogen erbrachten Leistungen eingeflossen sind.
188Bei dem an die X1. auf vertraglicher Grundlage zu zahlenden Entgelt für die von ihr dem Entwässerungsbetrieb der Beklagten erbrachten Verpachtungs-, Wasserlieferungs- und sonstigen Dienst-/Betriebsführungsleistungen handelt es sich um Kosten, die in der Gebührenkalkulation ansatzfähig sind. Zu den gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW ansatzfähigen Kosten gehören nämlich auch Entgelte, die eine Kommune für die Inanspruchnahme von Fremdleistungen an Dritte zahlt (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW), soweit diese Entgelte betriebsnotwendige Kosten darstellen. Betriebsnotwendige Kosten sind bei Fremdleistungen die Entgelte, die (für gebührenbetriebsbezogene Leistungen) nach den Vorschriften des öffentlichen Preisrechts gefordert und gewährt werden dürfen und deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht.
189Vgl. z. B. OVG NRW, Urteil vom 27. April 2015 – 9 A 2813/12 – veröffentlicht unter anderem in juris, dort Rdnr. 41 ff.
190Vorliegend bestehen keine Bedenken dagegen, dass das für die oben angesprochenen, ersichtlich betriebsbezogenen Leistungen vereinbarte Entgelt diesen Anforderungen entspricht.
191Die von der Beklagten mit der X1. vereinbarten Entgelte erfüllen die Anforderungen des Preisrechts für öffentliche Aufträge, das niedergelegt ist in der „Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen“ und in den „Leitsätze(n) für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten“ (LSP), die der Verordnung als konkretisierende Anlage beigefügt sind. Dabei ist in § 1 Abs. 3 VO PR Nr. 30/53 bestimmt, dass für Leistungen aufgrund öffentlicher Aufträge höhere Preise nicht gefordert, versprochen, vereinbart, angenommen oder gewährt werden dürfen, als es nach den Bestimmungen der Verordnung zulässig ist.
192Die Beklagte hat die in Rede stehenden Entgelte durch die Bezirksregierung E. , die die für die Preisbildung und Preisüberwachung zuständige Behörde im Sinne des § 9 Abs. 2 VO PR Nr. 30/53 ist, preisrechtlich prüfen lassen. Gegenstand der preisbehördlichen Prüfung war die Frage, ob bei der Preisbildung die Vorschriften der Verordnung beachtet worden sind (vgl. § 9 Abs. 2 VO PR Nr. 30/53). Nach dem gewonnenen Prüfungsergebnis halten sich die vereinbarten Selbstkostenfestpreise in den zulässigen Grenzen des öffentlichen Preisrechts; sie liegen sogar etwas unterhalb der danach zulässigen Höhe (vgl. den Prüfungsbericht der Bezirksregierung E. vom 15. Juli 2015 (Az.: 34.02.01.02-KH-58/15) – Bl. 10 der Beiakte Heft 2 zu 5 K 7474/14). Das Gericht sieht keinen Anlass, seinerseits die Fremdleistungsentgelte auf ihre preisrechtliche Zulässigkeit zu untersuchen, nachdem bereits eine eingehende Überprüfung durch die für derartige Prüfungen zuständige und einschlägig sachkundige Behörde im Ergebnis beanstandungsfrei erfolgt ist.
193Aufgrund des Ergebnisses dieser Prüfung fehlt es nämlich an durchgreifenden Anhaltspunkten dafür, dass in das vereinbarte Entgelt (betriebsbezogene) Kosten eingeflossen wären, die nach Menge oder Preis als überflüssig oder übermäßig zu bewerten wären und die infolgedessen als nicht erforderlich aus dem zulässigen Entgelt und damit auch aus der Gebührenkalkulation auszuscheiden gewesen wären. Ist Gegenstand einer preisrechtlichen Prüfung von Selbstkostenpreisen die Frage, ob bei der Ermittlung eines Preises die Anforderungen der Verordnung PR Nr. 30/53 und der zugehörigen LSP beachtet worden sind, war insbesondere auch die Frage, ob die bei der Preisbildung angesetzten Kosten erforderlich sind, Gegenstand der Preisprüfung durch die Bezirksregierung. Denn zentrales Kriterium bei der Prüfung der Preisbildung ist die preisrechtliche Vorgabe, dass in die Kalkulation des Entgelts nur die bei wirtschaftlicher Betriebsführung angemessenen Kosten einfließen dürfen. Dies ergibt sich zum einen aus § 5 Abs. 1 VO PR 30/53, wonach Selbstkostenpreise auf die angemessenen Kosten des Auftragnehmers abgestellt werden müssen, und zum anderen aus LSP Nr. 4 Abs. 2, wonach in Preisermittlungen aufgrund von Selbstkosten im Sinne dieser Leitsätze nach Art und Höhe nur diejenigen Kosten zu berücksichtigen sind, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistungen entstehen. Vor diesem Hintergrund spricht es für die Erforderlichkeit der der Preisbildung zugrundeliegenden Kosten, wenn die preisrechtliche Zulässigkeit eines vereinbarten Entgelts von der fachkundigen Behörde im Ergebnis bejaht worden ist.
194Ein Anlass für die Annahme, dass das mithin keinen preisrechtlichen Bedenken ausgesetzte Entgelt dem Äquivalenzprinzip widersprechen könnte, besteht ebenfalls nicht. Das Äquivalenzprinzip ist nämlich erst bei einer gröblichen Störung des Austauschverhältnisses zwischen der zu entgeltenden Leistung und dem Wert der Leistung für den Empfänger verletzt.
195vgl. in diesem Sinne Brüning in Driehaus u.a., Kommentar zum Kommunalabgabenrecht, zu § 6, Rdnr. 49b (Stand: September 2015), mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung,
196Anhaltspunkte für ein solches erhebliches Missverhältnis zwischen der hier in Rede stehenden Fremdleistungen und der dafür vereinbarten Gegenleistung der Beklagten bestehen nicht. Solche Bedenken ergeben sich auch nicht vor dem Hintergrund des kartellrechtlichen Verfahrens, das zwischen dem Bundeskartellamt und der X1. wegen der Wasserpreise geschwebt hat, die die X1. vor der Rekommunalisierung der Wasserversorgung unmittelbar von ihren privaten Endkunden verlangt hat.
197Ausweislich des allgemein zugänglichen Internetauftritts des Bundeskartellamts endete das Verfahren mit einem Vergleich, mit dem sich die X1. gegenüber dem Kartellamt verpflichtete, ihren Kunden für die Wasserlieferungen vom 1. Januar 2009 bis zum April 2013 einen Betrag in Höhe von 15 Millionen Euro zu erstatten. Grund für den Vergleichsschluss war aus Sicht des Bundeskartellamtes, dass die Wasserpreise der X1. im betroffenen Zeitraum weit oberhalb der Preise lagen, die in vergleichbaren Versorgungsgebieten erhoben worden sind.
198Da die Bedenken des Kartellamts mithin auf Preisvergleichen mit Versorgern anderer Gebiete gründen, kommen örtliche Besonderheiten im jeweiligen Versorgungsgebiet als sachlicher Grund für die Preisunterschiede in Betracht. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass zu der Annahme, dass ein Entgelt, das bei einer fachkundigen Preisprüfung, die die Frage einbezieht, ob das Entgelt bei wirtschaftlicher Betriebsführung als angemessen zu bewerten ist, keinen Anlass zu Beanstandungen gab, zu einer gröblichen Störung des Austauschverhältnisses führen könnte.
199Abgesehen davon ist ohnehin zweifelhaft, ob aus dem Ergebnis des kartellrechtlichen Verfahrens, das ohnehin nur vergleichsweise endete und lediglich den hier betroffenen Veranlagungszeiträumen vorangehende Zeiträume betraf, Rückschlüsse auf Fehler bei der Selbstkostenpreisbildung im Rahmen gebührenrechtlich relevanter Fremdleistungen gezogen werden können. Denn die Missbrauchsbestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) finden auf die nach abgabenrechtlichen Grundsätzen kalkulierten Gebühren keine Anwendung. So ist in § 185 Abs. 1 Satz 2 GWB n.F. geregelt, dass die §§ 19, 20 und 31b Absatz 5 GWB, d.h. die Missbrauchsvorschriften für Marktbeherrscher und ihnen gleichgestellte Unternehmen sowie für Wasserversorgungsunternehmen, nicht auf öffentlich-rechtliche Gebühren oder Beiträge anzuwenden sind. Damit spielt die Wettbewerbsanalogie, die das kartellrechtliche Verfahren bei einer Entgeltprüfung im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB prägt, um bei fehlendem Wettbewerb eventuellen Missbräuchen bei der Entgeltgestaltung durch marktbeherrschende Unternehmen anhand des Maßstabes des „Als-Ob-Wettbewerbs“ entgegenzuwirken, im öffentlichen Abgabenrecht keine Rolle, das von der Kostenkontrolle geprägt ist.
200Siehe zum „Als-Ob-Wettbewerb“: Bechthold, GWB, 7. Auflage 2013, § 19 Rdnr. 55, und zum Anwendungsausschluss der §§ 19, 20 und 31 Buchst. b Abs. 5 durch § 185 Abs. 1 Satz 2 GWB n. F., der der Vorgängerregelung § 130 Abs. 1 Satz 2 GWB a.F. wortgleich entspricht: Bechthold, GWB, 7. Auflage 2013, § 130 Rdnr. 12.
201Beim Bezug von Fremdleistungen durch die gebührenrechnende Einrichtung dürfte die Kontrolle des Preisgebarens, auch wenn die Leistung durch marktbeherrschende Unternehmen erbracht wird, demnach nicht über die kartellrechtliche Missbrauchskontrolle erfolgen; sie erfolgt im Wesentlichen über die preisrechtliche (Selbst-)Kostenkontrolle.
202b.
203Speziell für die streitgegenständliche Bereitstellungsgebühr, die die Beklagte als Grundgebühr zur Abgeltung des wesentlichen Teiles der das Leitungsnetz und die Anschlussleitungen betreffenden Vorhaltekosten ausgestaltet hat, sind Anhaltspunkte dafür, dass in deren Kalkulation andere Kosten als die (verbrauchsunabhängigen) Fix-Kosten eingeflossen wären, die durch die Bereitstellung des Leitungsnetzes und der Anschlussleitungen verursacht sind, weder substantiiert geltend gemacht noch ersichtlich.
204Auch soweit in § 3 Abs. 5 WGS die Gebührensätze der Bereitstellungsgebühr nach der Zahl der je Anschluss maßgeblich angeschlossenen Wohneinheiten bzw. Wohneinheitengleichwerte leicht degressiv gestaffelt sind, ist dies unbedenklich.
205Die Staffelung ist folgender Entscheidung der Beklagten geschuldet:
206Den ganz überwiegenden Teil der hier anfallenden Vorhaltekosten will die Beklagte gleichmäßig auf jede versorgte Wohneinheit bzw. auf jede einzelne versorgte Wohneinheitengleichwertseinheit verteilen; dementsprechend hat sie in die Gebührensätze nach § 3 Abs. 5 WGS einen „fixen“ Gebührensatzanteil von 61,- Euro je einzelner versorgter Einheit einkalkuliert.
207Einen anderen Teil der hier anfallenden Vorhaltekosten, der die Kosten für Hausanschlusserneuerungen und –instandhaltungen umfasst, will die Beklagte zwar ebenfalls auf jede einzelne Einheit verteilen, aber in Abhängigkeit von der Zahl der je Anschlussfall versorgten Einheiten degressiv gestaffelt. Diese unterschiedliche Behandlung hat die Beklagte damit ausreichend begründet, dass letztere hausanschlussbezogene Kosten unabhängig von der Zahl der angeschlossenen Wohnungen nur eine geringe Varianz aufweisen (vgl. Begründung der Beschlussvorlage an den Rat der Stadt X. vom 15. Februar 2013 „Satzung und Gebühren im Wasserbereich“, VO/0122/13, S. 4, und Anlage 3 A zur Gebührenkalkulation in dieser Vorlage).
208Entsprechend letzterer Absicht hat die Beklagte bei der Kalkulation der Bereitstellungsgebühr die je Anschlussfall in gleicher Höhe kalkulierten (Fix-)Kosten für Hausanschlusserneuerungen und –instandhaltungen in Höhe von 15,- Euro den Wohneinheiten in der Form degressiv gestaffelt zugerechnet, dass sie diesen Betrag durch die Zahl der je Anschlussfall versorgten Wohneinheiten dividiert hat und den daraus resultierenden Betrag zu dem „fixen“ Gebührensatzanteil von 61,- Euro je versorgter Einheit addiert hat (vgl. „Anl. 3 A zur Gebührenkalkulation“, die der Ratsvorlage vom 15.2.2013 – VO/0122/13 beigefügt war). Dementsprechend beläuft sich die demgemäß gestaffelte Bereitstellungsgebühr für eine Wohneinheit, die über einen Anschluss versorgt wird, der nur diese eine Einheit an das Netz anbindet, auf 76,- Euro (= 61,- Euro + 15,- Euro) und etwa für eine Wohneinheit, die über einen Anschluss versorgt wird, der 10 Einheiten an das Netz anbindet, auf 62,50 Euro [= 61,- Euro + 1,50 Euro/WE (= 15,- Euro : 10 WE)].
209Anhaltspunkte dafür, dass sich die Teile der Vorhaltekosten, die in die „fix“ zu verteilenden Vorhaltekosten für das Netz bzw. in die „degressiv“ zu verteilenden Vorhaltekosten für Hausanschlusserneuerungen und –instandhaltungen einkalkuliert sind, nicht in der von der Beklagten angesetzten Größenordnung von 61,- Euro je WE bzw. 15,- Euro je Anschluss bewegen, sind weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.
210Soweit die Klägerseite in diesem Zusammenhang rügt, dass nach Maßgabe dieser Verteilungskriterien für den degressiv gestaffelten Teil der Bereitstellungskosten der Gebührensatz von 61,30 Euro je Wohneinheit für die Anschlussfälle, in denen mehr als 25 Wohneinheiten je Anschluss versorgt werden, überhöht sei, trifft dies zwar zu. Nach Maßgabe der dargelegten Berechnungsweise beläuft sich der Anteil des degressiv gestalteten Teils der Vorhaltekosten in diesen Fällen nicht – wie in der Satzung vorgesehen – auf 0,30 Euro je Wohneinheit. Vielmehr beläuft er sich auf [697 einschlägige Anschlussfälle laut Kalkulation x 15,- Euro/je Anschlussfall =) 10.455,- Euro (Kostenmasse) : 43.309 Wohneinheiten (Verteilungsmasse laut Kalkulation) = 0,241 Euro je Wohneinheit. Der Gebührensatz für diese Fallgruppe hätte daher nur in Höhe von (61,- Euro + 0,24 Euro je Wohneinheit =) 61,24 Euro je Wohneinheit festgesetzt werden dürfen. Er ist damit zwar um (61,30 Euro – 61,24 Euro =) 0,06 Euro überhöht. Da diese Überhöhung aber nicht einmal 0,1 % über dem danach kostendeckenden Gebührensatz für diese Fallgruppe von 61,24 Euro liegt, hält sich der festgesetzte Gebührensatz im Rahmen der 3-%-igen Toleranzmarge.
211c.
212Schließlich hat die Klägerin auch nicht in substantiierter Weise dargelegt, dass die über die Fremdleistungsentgelte hinausgehenden Kosten der Wasserversorgung, – das sind 251.000,- Euro für den Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2013 und 357.000,- Euro für das Jahr 2014 (Bl. 31 der Beiakte Heft 1 zu 5 K 7454/14) – die den Gebühren im Übrigen zugrunde liegen, nicht nach § 6 KAG NRW berücksichtigungsfähige Kosten beinhalten. Vor dem Hintergrund der Ergebnisrichtigkeit der festgesetzten Gebührensätze ist zudem zu berücksichtigen, dass diese Kosten unter 1 Prozent der jeweiligen Gesamtkosten ausmachen, ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot wegen des 3-Prozent-Spielraums daher nicht zum Tragen käme.
213V.
214Da auch Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bei der Festsetzung der streitigen Bereitstellungsgebühr die nach allem wirksamen Satzungsregelungen nicht zutreffend angewandt hätte, weder geltend gemacht noch ersichtlich sind, war die Klage abzuweisen.
215Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
216Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 VwGO).
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 28. Sept. 2016 - 5 K 7454/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks O. Straße 118 in E. . Ihren Angaben zufolge befinden sich auf dem Grundstück sechs private Nutzungseinheiten. Das Grundstück ist mit einer 120 l-Restmülltonne mit wöchentlicher Leerung an die städtische Abfallentsorgung angeschlossen.
3Die mit der Abfallentsorgung in E. beauftragte Beklagte lässt die Abfälle bei der von der Beigeladenen betriebenen Müll-Verbrennungsanlage (MVA) verbrennen.
4Die ursprünglich von einem Zweckverband betriebene MVA wurde im Jahr 1972 zunächst mit 3 Müllkesseln in Betrieb genommen. 1985 kam der 4. Kessel hinzu. 1992 beschloss die 1984 aus einer Umwandlung des Zweckverbands hervorgegangene Beigeladene im Hinblick auf die Vorgaben der 17. BImSchV die Nachrüstung umfangreicher Rauchgasreinigungsanlagen für alle 4 Kessellinien, die bis 1996 umgesetzt wurde. Im Jahr 2000 kamen Abwasseraufbereitungseinrichtungen hinzu. Die genehmigte Kapazität betrug seinerzeit 580.000 t/a. Die theoretische, bei einem 24-h-Betrieb aller 4 Kessel an 365 Tagen pro Jahr rechnerisch mögliche Jahreshöchstlast hätte bei 770.880 t/a gelegen. In den Jahren 2000/2001 trat das Unternehmen S. mit einem Anteil von 49 % in die Gesellschaft ein. Die übrigen Gesellschaftsanteile halten seither die Stadt E. bzw. die beklagten Wirtschaftsbetriebe zu 35,8 % und die Stadt P. zu 15,2 %. Aus den gesellschaftsrechtlichen Vertragsunterlagen ergibt sich u.a., dass S. Entsorgungsverträge mit den Kreisen T. und D. für die Jahre ab 2003 mit im Verlauf steigenden Jahresmengen und im Voraus festgelegten Tonnenpreisen einbrachte; ferner war ein Investitionsplan „Grundlage der geplanten Zusammenarbeit“ Gegenstand des Vertrags, in dem der Neubau des Kessels 3 mit einer Kapazität von 21 t/h (entspricht einer theoretischen Jahreshöchstlast von 183.960 t/a) vorgesehen war. Die Beigeladene verkaufte am 23. Juli 2002 im Rahmen einer Um- und Entschuldungsmaßnahme durch einen Forfaitierungsvertrag ihre zukünftigen, bis 2020 entstehenden Entgeltforderungen u.a. gegen die Stadt E. an die I. (jetzt: V. Bank AG); die Stadt E. verzichtete gegenüber der Bank auf sämtliche Einreden gegen die Forderungen, soweit es sich um die in der Anlage zu der betreffenden Vereinbarung aufgelisteten Beträge handelt.
5Nachdem die Beigeladene in den Jahren 2001 und 2002 bereits in Gesprächen mit der zuständigen Immissionsschutzbehörde, der Bezirksregierung Düsseldorf, ihren Wunsch nach einer Aufhebung der Mengenbeschränkung geäußert hatte, beantragte sie am 31. Juli 2003 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Aufstellung und Errichtung einer neuen Kessellinie mit einer Kapazität von 25 t/h, die die bisherige 3. Kessellinie ersetzen sollte. Das Vorhaben wurde in zwei Teilgenehmigungen vom 28. Januar 2004 und 2. März 2005 unter der Bedingung genehmigt, dass der Rückbau des alten Kessels 3 bis zum 30. Juni 2007 abgeschlossen werde.
6Durch Bescheid vom 18. Juni 2006 genehmigte die Bezirksregierung eine Kapazitätserhöhung auf 840.960 t/a; bauliche oder technische Veränderungen der Anlage waren nach dem Inhalt der Genehmigungsunterlagen damit nicht verbunden.
7Der Verbrennung der aus E. stammenden Abfälle liegt eine im April 2000 zwischen der Stadt E. und der Beigeladenen geschlossene, im Oktober 2001 geänderte Vereinbarung über die Abnahme und Verbrennung von Abfällen (im Folgenden: Verbrennungsvertrag) zugrunde. Einen entsprechenden Vertrag hat die Stadt P. mit der Beigeladenen geschlossen. Auch der Kreis L. lässt seine Abfälle zu denselben Konditionen bei der Beigeladenen verbrennen. Nach § 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung der Abfälle beauftragt. In § 7 Abs. 1 des Vertrags sind Verbrennungspreise pro Tonne vertraglich vereinbart; ferner enthält der Vertrag in § 7 Abs. 7 die Regelung, dass der preisrechtlich zulässige Preis als vereinbart gilt, wenn der in der Preisliste vereinbarte Vertragspreis behördlich oder gerichtlich beanstandet wird.
8Auf dieser vertraglichen Basis stellte die Beklagte in ihre jährliche Gebührenkalkulation ein entsprechendes Verbrennungsentgelt ein. Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf durch Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, betreffend die Gebührenkalkulation für das Jahr 2006 der Stadt P. , bestätigt durch Beschluss des OVG NRW vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, entschieden hatte, dass es an einer preisrechtlichen Rechtfertigung des so ermittelten Verbrennungsentgeltes fehle, ließ die Beigeladene durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Q. und G., eine „Kalkulation der Entgelte nach der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen auf Grund von Selbstkosten für die Jahre 2011 bis 2015“ vom 26. August 2011 erstellen (im Folgenden: Q 2011). Danach wurde der Preis je Tonne für 2012 auf Grundlage einer Fortschreibung der für 2011 berechneten Werte mit 174,12 Euro ermittelt. Die Kalkulation beruhte u.a. auf den Annahmen,
9- dass die Anlage nach dem maßgeblichen Abfallwirtschaftsplan die Entsorgungssicherheit für eine kommunale Abfallmenge von 425.000 t/a (einschließlich der vom Kreis L. zu erwartenden Abfallmengen) gewährleisten müsse,
10- dass hierzu unter Berücksichtigung einer Verfügbarkeit der Anlage von 70 % der theoretischen Höchstlast ein Ersatz des 3. Kessels erforderlich gewesen sei,
11- dass der danach den kommunalen Auftraggebern anzulastende Anteil 72,2 % der Vorhaltekosten betrage,
12- dass Energieerlöse nicht preismindernd zu berücksichtigen seien,
13- dass ein kalkulatorischer Gewinn von 3,5 % auf das betriebsnotwendige Vermögen einzurechnen sei und
14- dass kalkulatorische Zinsen mit 6,5 % zu bemessen seien.
15Das daraus unter Zugrundelegung einer für E. prognostizierten Abfallmenge von 148.500 t im Jahr 2012 ermittelte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro (incl. USt) stellte die Beklagte in ihre Gebührenbedarfsberechnung für das hier maßgebliche Gebührenjahr 2012 ein. Die gebührenrelevanten Aufwendungen kalkulierte sie mit 70.276.060,00 Euro und das notwendige Gebührenaufkommen unter Berücksichtigung von Erträgen und Rückstellungen mit 62.679.277,00 Euro.
16Aufgrund entsprechender Beschlüsse des Rates der Stadt E. und ihres Verwaltungsrates, wonach eine Grundgebühr eingeführt werden solle, die 25 % der Vorhaltekosten decken sollte, führte die Beklagte zum 1. Januar 2012 ein Gebührensystem mit Grund- und Leistungsgebühr ein.
17Die Beklagte veranlagte die Klägerin durch Heranziehungsbescheid vom 4. Januar 2012, zugestellt am 8. Februar 2012, zu Abfallentsorgungsgebühren von insgesamt 604,44 Euro, zusammengesetzt aus einer Grundgebühr für sechs Nutzungseinheiten von jeweils 46,92 Euro sowie einer Leistungsgebühr von 322,92 Euro.
18Die Klägerin hat am 2. März 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die Erhebung einer Grundgebühr zusätzlich zu der Leistungsgebühr sei rechtswidrig, da sie dem Maßstab der Verursachung der Kosten nicht gerecht werde. Auch beruhten die Gebührensätze auf unzulässigen Kostenansätzen und verstießen gegen das Kostenüberschreitungsverbot. Zur Rechtfertigung des Verbrennungsentgelts sei das Gutachten Q 2011 nicht geeignet. Es enthalte keine Anhaltspunkte über die aktuelle Maximalkapazität der MVA, ein pauschaler Ansatz von 70 % von 840.960 t/a Höchstauslastungskapazität sei angesichts der tatsächlichen Zahlen unrealistisch. Im Übrigen seien die Abfall-Prognosen rückläufig. Die Ausführungen zur dritten Kessellinie und zur Notwendigkeit ihrer Erneuerung seien zweifelhaft. Auch hätten die von der Beigeladenen erzielten Erlöse aus dem Verkauf von Strom und Fernwärme sowie aus der Verwertung der Schlacken entgeltmindernd eingerechnet werden müssen. Das allgemeine Unternehmerwagnis sei mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch kalkuliert.
19Die Klägerin hat beantragt,
20den Bescheid vom 4. Januar 2012 aufzuheben.
21Die Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie hat vorgetragen: Die im Gesetz ausdrücklich als zulässig vorgesehene Grundgebühr decke einen Teil der Vorhaltekosten ab. Auch sei das Gutachten Q 2011 nicht zu beanstanden. Darin sei eine belastbare Kalkulation der Selbstkostenfestpreise der Beigeladenen erstellt worden. Die Kosten der Erzeugung von Strom und Fernwärme müssten bei der Berechnung der Gebühren ebenso außer Betracht bleiben wie die damit verbundenen Erlöse.
24Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil vom 14. November 2012, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, stattgegeben.
25Der Senat hat durch Beschluss vom 23. Oktober 2013 die Berufung der Beklagten zugelassen und durch Beschluss vom 7. Februar 2014 die MVA Niederrhein GmbH beigeladen.
26Die Beklagte trägt vor: Das Entgelt der Beigeladenen sei nicht zu beanstanden; der zulässige Höchstpreis für die Müllverbrennung liege tatsächlich höher. Die MVA sei zum Zeitpunkt ihrer Planung, nämlich hier dem Zeitpunkt der Nachrüstung der Rauchgasreinigung in Jahre 1992, ordnungsgemäß dimensioniert gewesen. Um die damals von der Beklagten mitbestellte Kapazität von insgesamt 580.000 t/a zur Verfügung zu stellen, müsse die technische Kapazität 840.960 t/a betragen (Linie 1 und 2 je 24,5 t/h, Linie 3 25 t/h und Linie 4 22 t/h). Erfahrungsgemäß stünden nach der Rechtsprechung des Senats nur 70 % der Volllastkapazität tatsächlich zur Verfügung. Nach dem Willen der Vertragspartner trage der kommunale Auftraggeber das Risiko der Auslastung der Anlage. Jedenfalls bestehe keine Verpflichtung zur Teil-Stilllegung der MVA, erst recht nicht, wenn es nicht kostenreduzierend sei, weil – wie hier – Sonderabschreibungen erforderlich würden. Unabhängig davon seien die Energieerlöse bei der Entgeltberechnung nicht zu berücksichtigen, da die Nutzung nicht Leistungsgegenstand sei, sondern ein reines Nebengeschäft.
27Die Erhebung der 2012 eingeführten Grundgebühr mit dem Maßstab Nutzungseinheit sei zulässig. Der Verteilerschlüssel in § 2 Abs. 3 der Abfallgebührensatzung, wonach bei Gewerbetreibenden als Äquivalentgröße für eine Wohneinheit eine Grundgebühr auf 6 Beschäftigte berechnet werde, sei ebenfalls nicht zu beanstanden, zumal es eine Härtefallregelung gebe. Die Grundgebühr von 46,92 Euro habe sie errechnet aus 25 % der Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro, geteilt durch 270.000 Nutzungseinheiten. Die Vorhaltekosten setzten sich u.a. aus den Kostenpositionen „Entsorgung/Verwertung; Forfaitierungsbetrag“ von 22.624.000,00 Euro und „Personalkosten“ von 15.252.300,00 Euro zusammen. Diese Kosten fielen jährlich unabhängig von der Abfallmenge an.
28Die Beklagte beantragt,
29unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
30Die Klägerin beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Der Rückgang der Verbrennungsmengen sei vorhersehbar gewesen. Die Effizienzsteigerung der Müllverbrennungsanlage durch technische Maßnahmen dürfe nicht gebührenfinanziert werden. Letztlich führe die Einführung einer Grundgebühr zusätzlich zur Leistungsgebühr zur Ungleichbehandlung von Wohngebäudegrundstücken und gewerblich genutzten Flächen. Entsprechende Härteregelungen fehlten in der Satzung.
33Die Beigeladene beantragt,
34unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
35Sie trägt vor: Bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts sei es zulässig, sämtliche Vorhaltekosten den kommunalen Auftraggebern anzulasten, weil die MVA Anfang der 1990er Jahre allein für kommunale Zwecke errichtet worden sei. Ihre eigene Kalkulation auf Basis des Alleinbestellerprinzips zeige, dass die Beklagte sogar mit einem höheren Verbrennungsentgelt, nämlich 192,93 Euro/t, hätte kalkulieren dürfen. Die Einnahmen aus der Energieerzeugung, die rund 30,30 Euro/t betrügen, seien als reines Folgegeschäft zum maßgeblichen Entsorgungsvertrag nicht zu berücksichtigen. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Kosten in Bezug auf die Energieerzeugung aus den ansatzfähigen Kosten ausgesondert würden. Nur unter dieser Prämisse sei das Q-Scheibenmodell, d.h. die nur anteilige Anlastung der Vorhaltekosten bei den kommunalen Auftraggebern, gewählt worden. Unabhängig davon könnten im Rahmen der Höchstpreisermittlung noch weitere, bislang nicht veranschlagte Kostenansätze in die Entgeltkalkulation eingestellt werden, z.B. die schadensbedingten Produktionsausfälle durch Verschleiß, Kosten für außergewöhnliche Schadensereignisse, verschmutzungsbedingte Produktionsausfälle, Produktionsausfälle durch Schadstoff- und Störstoffeinträge, Durchsatzbegrenzungen für hochkalorische Abfälle, erhöhter Betriebsmittelverbrauch durch steigende Entsorgungskosten, Kosten für das Ausfallrisiko einzelner Anlagenteile, das Risiko der langfristigen Jahresauslastung durch Drittmengen und der Preisentwicklung bei Drittmengen, die bis zur Auffüllung der 425.000 t akquiriert würden. Private Gesellschafter garantierten oberhalb der Vorhaltekapazität eine Auslastung bis zu 578.160 t, aber nur zu Marktpreisen von durchschnittlich 66,10 Euro/t statt im Wirtschaftsplan 2011 vorgesehener 76,52 Euro. Auch dürfe ein weiterer Rückgang der Anlieferungsmengen aus den Kommunen als Wagnis zu berücksichtigen sein.
36Soweit die Preisprüfungsstelle in einem von der Stadt P. veranlassten, derzeit ruhenden Verfahren beanstandet habe, dass die Kalkulation des Selbstkostenfestpreises nicht auf einer Prognose für 2012 beruhe, sondern auf einer Fortschreibung der Ist-Zahlen für 2010, sei diesem Einwand in der Neu-Berechnung Q 2012 Rechnung getragen worden, die zu einer Reduzierung von 174,12 Euro/t auf 173,09 Euro/t führe. Der Differenzbetrag sei zurückerstattet und dem Gebührenhaushalt 2013 gutgebracht worden. Ausgehend von der Q-2012-Berechnung ergebe sich abzüglich der auf die Mengen E. entfallenden Energieerlöse, bereinigt um die auf die Energiegewinnung entfallenden Kosten, ein Verbrennungspreis von 146,66 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der vorstehend aufgeführten, bislang nicht einkalkulierten Einzelwagnisse auf 162,39 Euro/t erhöhe. Ausgehend vom hier richtigerweise anzuhaltenden Alleinbestellerprinzip mit einem errechneten Verbrennungspreis von 192,93 Euro/t ergäbe sich nach Abzug der Energiegewinne ein Preis von 162,43 Euro/t, der sich unter Berücksichtigung der Einzelwagnisse auf 184,21 Euro/t erhöhe. Schließlich hätte sich ein Teilabbau der Anlage nicht kostenmindernd ausgewirkt; in diesem Fall wären Sonderabschreibungen angefallen. Bei der Berechnung des allgemeinen Unternehmerwagnisses sei weder die Wahl des betriebsnotwendigen Vermögens als Bemessungsgrundlage noch der in Ansatz gebrachte Prozentsatz von 3,5 % fehlerhaft.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des vorangegangenen Eilverfahrens 9 B 1467/12, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die von der Beigeladenen übersandten Unterlagen und die von der Bezirksregierung Düsseldorf beigezogenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
38Entscheidungsgründe:
39Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
40Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Abfallentsorgungsgebührenbescheid der Beklagten vom 4. Januar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
41Die Beklagte durfte zwar als Anstalt des öffentlichen Rechts i.S.v. § 114a GO NRW mit der Aufgabe der Abfallentsorgung betraut werden und ist grundsätzlich zum Erlass von Gebührensatzungen sowie zum Erlass der jeweiligen Gebührenbescheide ermächtigt (vgl. § 114a Abs. 3 Satz 2 GO NRW, § 1 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW, § 2 Abs. 7 der Unternehmenssatzung über die Anstalt des öffentlichen Rechts Wirtschaftsbetriebe E. vom 12. Dezember 2006 (AöR-Satzung)). Sie kann sich aber für die Erhebung der Abfallentsorgungsgebühren nicht auf die Abfallentsorgungsgebührensatzung der Wirtschaftsbetriebe E. – Anstalt des öffentlichen Rechts über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung in der Stadt E. (Abfallentsorgungsgebührensatzung) – AGS - vom 18. Dezember 2007 in der hier gültigen Fassung der 3. Änderung vom 14. Dezember 2011, in Kraft getreten am 1. Januar 2012, stützen. Die Gebührensätze in § 2 Absätze 2 und 5 bis 12 AGS sind schon deshalb nichtig, weil das kalkulierte „notwendige Gebührenaufkommen Abfall“ unter mehreren rechtlichen Aspekten gegen das Kostenüberschreitungsverbot verstößt (dazu I.1.). Außerdem ist die satzungsrechtliche Regelung der Grundgebühr auch wegen eines Verstoßes gegen ein den Satzungsgeber bindendes Kalkulationsziel nichtig (dazu I.2.). Angesichts dessen hat der Senat nicht weiter ermittelt, ob der neu eingeführte Gebührenmaßstab, der in § 2 AGS zwischen Grund- und Leistungsgebühr differenziert, einer rechtlichen Kontrolle stand hält (dazu II.).
42I. Gebührensatz
43Die Gebührensätze in § 2 Abs. 2 und 5 bis 12 AGS sind wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot gemäß § 9 Abs. 2 LAbfG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW nichtig.
44Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der über die Gebühren zu finanzierenden Einrichtung nicht überschreiten. In der Gebührenbedarfsberechnung sind daher zur Ermittlung des Gebührensatzes die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung und die voraussichtlichen Maßstabseinheiten so gewissenhaft zu schätzen, dass unzulässige oder überhöhte Ansätze vermieden werden. Allerdings führt nicht jeder Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot zur Ungültigkeit des Gebührensatzes. Unerheblich sind Kostenüberschreitungen von nicht mehr als 3 %, wenn sie nicht auf bewusst oder schwer und offenkundig fehlerhaften Kostenansätzen beruhen.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 27.
46Der Gebührensatz muss im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen, d.h. dass er nicht überhöht sein darf und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen, stimmigen Gebührenkalkulation beruhen muss. Das bedeutet, dass überhöhte Kostenansätze gegebenenfalls keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des Gebührensatzes und damit der Satzung insgesamt haben, wenn sich im Rahmen einer umfassenden Prüfung herausstellt, dass zulässige Kostenansätze mit der Folge unterblieben oder zu niedrig bemessen worden sind, dass sie fehlerhafte Ansätze ausgleichen. Hiernach ist es insbesondere zulässig, den Gebührensatz mit einer nach Abschluss der Gebührenperiode – oder noch im Laufe des gerichtlichen Verfahrens – aufgestellten Betriebsabrechnung zu rechtfertigen.
47Vgl. OVG NRW, Urteile vom 24. Juli 1995 - 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 470, juris Rn. 10 ff. und vom 20. Januar 2010 - 9 A 1469/08 -, DVBl 2010, 457, juris Rn. 34 u. 38 f. m.w.N.
48Eine solche Betriebsabrechnung hat die Beklagte nicht vorgelegt; auch sämtliche, allem Anschein nach mit Billigung der Beklagten von der Beigeladenen nachgereichten Alternativberechnungen beruhen auf Prognose-, nicht auf Ist-Werten.
49Dies vorausgeschickt sind hier Verstöße gegen das Kostenüberschreitungsverbot festzustellen.
501. Leistungsentgelte der Beigeladenen
51Der „Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012“ liegt schon wegen der Position „Fremdleistung Müllverbrennung“ von 30.769.616,00 Euro ein unzulässiger Kostenansatz zugrunde, der die o.g. Fehlertoleranzgrenze von 3 % erheblich überschreitet und nicht durch unterbliebene oder zu niedrig bemessene andere Kostenansätze ausgeglichen wird.
52Bei dem an die Beigeladene zu zahlenden Entgelt für die Abfallverbrennung handelt es sich dem Grunde nach um ansatzfähige Kosten: Zu den gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW ansatzfähigen Kosten gehören nämlich auch Entgelte, die eine Kommune oder die von ihr beauftragte Körperschaft für die Inanspruchnahme von Fremdleistungen an Dritte zahlt (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW). Fremdleistungen sind solche Leistungen, die von einer von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft rechtlich getrennten Person für diese im Rahmen von deren Pflichterfüllung erbracht werden. Für die Qualifizierung als Fremdleistungen im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW ist dabei unbeachtlich, in welchem Umfang die jeweilige Kommune an dem Fremdleister als juristische Person des Privatrechts beteiligt ist und ob entsprechende Kosten bei einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenerledigung angefallen wären.
53Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 - 9 A 2251/93 -, NVwZ 1995, 1238 und NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 21; Beschluss vom 19. März 1998 - 9 B 144/98 -, Mitt NWStGB 1998, 123, juris Rn. 15.
54Die beigeladene GmbH ist eine selbständige juristische Person des Privatrechts. Sie übernimmt entsprechend § 1 des Verbrennungsvertrags die gebührenrelevante Aufgabe der Verbrennung von Abfällen aus privaten Haushaltungen und von Abfällen aus anderen Herkunftsbereichen, die der Entsorgungspflicht der Beklagten unterliegen.
55Allerdings sind nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW nur die im Rahmen der Aufgabenstellung betriebsnotwendigen Kosten ansatzfähig. Dies sind bei Fremdleistungen nur solche Kosten, die nach den Vorschriften des öffentlichen Preisrechts gefordert und angenommen werden dürfen und deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht.
56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. November 1999
57- 9 A 6065/96 -, NWVBl. 2000, 373, juris Rn. 3; Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 13 ff. m.w.N.
58Die Gebühren erhebende Körperschaft oder Anstalt darf ein in Rechnung gestelltes bzw. angekündigtes Entgelt eines Fremdleisters nicht unbesehen übernehmen. Sie ist verpflichtet zu prüfen, ob es sich bei dem Entgelt um betriebsnotwendige Kosten handelt, deren Bemessung dem Äquivalenzprinzip entspricht. Bei Vorlage einer Vorkalkulation des Fremdleisters über das für das kommende Jahr zu erwartende Entgelt hat sie bei der Aufstellung ihrer eigenen Gebührenkalkulation eine im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO justiziable Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob das Entgelt den besagten Anforderungen genügt. Dabei erstreckt sich die Prüfungspflicht auch auf die Einhaltung der Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen sowie die in den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten getroffenen Bestimmungen (LSP).
59Nach § 1 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 ist bei Leistungen auf Grund öffentlicher Aufträge bei der Vereinbarung grundsätzlich Marktpreisen gemäß § 4 VO PR Nr. 30/53 der Vorrang vor Selbstkostenpreisen gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 zu geben. Besteht kein Markt für die öffentlich nachgefragte Leistung, sind für die Preisbildung allein die Selbstkostenpreise des Auftragnehmers gemäß §§ 5 – 8 VO PR Nr. 30/53 maßgeblich.
60a) Hiervon ausgehend ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nicht die in der Anlage 2 des Verbrennungsvertrages (Preis-Mengenstaffel) ausgeworfenen Beträge, die als Marktpreise verhandelt worden sind, in ihre Gebührenkalkulation eingestellt hat, sondern einen Selbstkostenfestpreis. Der in dem Verbrennungsvertrag 2000/2001 über 20 Jahre festgelegte Verbrennungspreis ist nicht maßgeblich. Die Vereinbarung dieses Preises als Marktpreis sowie die spätere Kalkulation eines Festpreises über 20 Jahre sind vom Verwaltungsgericht Düsseldorf in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 22. Juni 2009 - 17 K 2086/08 -, nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 - 9 A 1901/09 -, als preisrechtlich unzulässig beanstandet worden. Demzufolge greift die Regelung in § 7 Abs. 7 des Verbrennungsvertrags, wonach das zum jeweiligen Zeitpunkt der Entgeltberechnung preisrechtlich zulässige Entgelt als vereinbart gelten soll, wenn eine behördliche oder gerichtliche Preisüberprüfung ergeben sollte, dass das geforderte Entgelt preisrechtlich unzulässig ist.
61Kommt hier ein Marktpreis (§ 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53) aus den oben genannten Gründen nicht in Betracht, ist als Entgelt für die Müllverbrennung ein Selbstkostenfestpreis nach § 6 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 zu ermitteln. Er ist nach § 6 Abs. 2 VO PR Nr. 30/53 aufgrund einer Kalkulation zu ermitteln und bei, spätestens aber unmittelbar nach Abschluss des Vertrages festzulegen; nach § 8 VO PR Nr. 30/53 sind die Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten anzuwenden. Das heißt insbesondere, dass die Kosten im Rahmen der Kalkulation aus Menge und Wert der für die Leistungserstellung verbrauchten Güter und in Anspruch genommenen Dienste ermittelt werden (Nr. 4 Abs. 1 LSP). Dabei sind nach Art und Höhe nur diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Erstellung der Leistung entstehen (Nr. 4 Abs. 2 LSP). Der Selbstkostenpreis ergibt sich aus der Summe der nach den Leitsätzen ermittelten, der Leistung zuzurechnenden Kosten zuzüglich des kalkulatorischen Gewinns (Nr. 4 Abs. 3 LSP).
62b) Daran gemessen ist das in die Gebührenbedarfsberechnung der Beklagten eingestellte Verbrennungsentgelt von 30.769.616,00 Euro überhöht. Die nach dem Gutachten Q 2011 als sog. Scheibenmodell für einen Zeitraum von fünf Jahren von 2011 bis 2015 ermittelten Selbstkostenfestpreise – hier für das Jahr 2012 von 174,12 Euro/t – halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das gilt erst recht für die von der Beigeladenen im Berufungsverfahren nachgereichte Berechnung zum Selbstkostenfestpreis nach dem sog. Alleinbestellerprinzip.
63Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises sind zu Unrecht die beim Betrieb der Müllverbrennungsanlage entstandenen Gewinne aus der Erzeugung von Energie in Form von Strom und Fernwärme nicht in Ansatz gebracht worden (aa)). Den E. Gebührenzahlern ist außerdem ein zu hoher Anteil an den Vorhaltekosten der Müllverbrennungsanlage angelastet worden (bb)). Ferner ist der kalkulatorische Gewinn mit 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen zu hoch angesetzt (cc)). Die unter aa) und bb) genannten Fehler bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises wirken sich jeweils bereits selbständig tragend auf das Ergebnis der Gebührenkalkulation aus. Sie lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnis-Rechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den Ansatz sog. Einzelwagnisse ausgleichen (dd)).
64aa) Gewinne aus Strom- und Fernwärmeverkauf
65Bei der Ermittlung des Selbstkostenfestpreises für die Müllverbrennung sind die Gewinne aus der Energieerzeugung in Abzug zu bringen. Das Leistungsentgelt für die Beigeladene von 30.769.616,00 Euro ist schon deshalb jedenfalls um mehr als 4 Millionen Euro überhöht.
66Nach den gemäß § 6 Abs. 2 KAG NRW zu beachtenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sind bei der Berechnung des Entgelts von den zu berücksichtigenden Kosten der Müllverbrennung die Erträge abzuziehen, die durch die Gewinnung von Energie erzielt worden sind.
67Vgl. hierzu bereits: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. November 2003 – 13 K 1626/03 –, juris Rn. 50; VG Schleswig, Urteil vom 10. November 2003 – 4 A 32/02 –, juris Rn. 34; VG München, Urteil vom 6. Februar 1997 - M 10 K 96.1637 –, juris Rn. 36.
68Diese Erträge müssen – ebenso wie sonstige mithilfe des betriebsnotwendigen Kapitals erzielte Nebenerträge (vgl. Nr. 43 Abs. 4 LSP) - kostenmindernd berücksichtigt werden, wenn sie einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
69Das trifft auf die Gewinnung von Energie aus der Abfallverbrennung sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zu. Nach § 1 Abs. 1 des Verbrennungsvertrages ist die Beigeladene mit der „energetischen Verwertung und/oder thermischen Behandlung“ von Abfällen beauftragt. Die geschuldete Leistung umfasst schon danach auch die Nutzung des energetischen Potenzials des Abfalls. Zudem gehört die Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen nach § 2 Satz 2 des Verbrennungsvertrags zu den Grundsätzen der Vertragserfüllung; § 3 Abs. 1 Satz 1 des Verbrennungsvertrags (in der Fassung der 1. Nachtragsvereinbarung vom 8./10. Oktober 2001) regelt nochmals ausdrücklich die Verpflichtung der Beigeladenen, die angelieferten Abfälle „ordnungsgemäß zu verwerten bzw. zu beseitigen“. Die Einhaltung der abfallrechtlichen Vorgaben ist damit Inhalt der vertraglich geschuldeten Leistung. Es liegt nahe, dass es sich hierbei wegen der eigenen rechtlichen Bindungen der Beklagten als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträgerin um eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende Recht handelt. Letztlich kommt es aber darauf in Bezug auf die hier in Rede stehende Frage, ob die bei der Beigeladenen angelieferten Abfälle energetisch verwertet werden müssen, nicht an, weil die maßgeblichen Vorschriften insoweit seit Zustandekommen des Verbrennungsvertrags im Kern unverändert geblieben sind.
70Bei der Abfallentsorgung sind die Verpflichtungen nach dem Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG 1996) bzw. dem seit dem 1. Juni 2012 geltenden Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG) vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) zu beachten (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 KrWG). Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) KrW-/AbfG bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KrWG ist eine energetische Verwertung grundsätzlich vorrangig vor einer Beseitigung (§§ 4 Abs. 4 Satz 1 und 5 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 2 Satz 2 KrWG). Die Pflicht zur (energetischen) Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere wenn für gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 4 Satz 1 KrWG). Letzteres ist angesichts der hier erzielbaren und erzielten Erlöse für Strom- und Fernwärme nicht zweifelhaft. Das heißt: Ein Betrieb der Müllverbrennungsanlage ohne thermische bzw. energetische Verwertung der Abfälle entspräche nicht den abfallrechtlichen Vorgaben und auch nicht der vertraglichen Vereinbarung.
71Es ist im Übrigen kein Grund dafür ersichtlich, dass für die energetische Verwertung von Abfällen, die vom jeweils maßgeblichen Abfallrecht schon bei Abschluss des sog. Verbrennungsvertrags vorgeschrieben war, etwas anderes gelten könnte als für die stoffliche Verwertung etwa von Altpapier, deren Erträge auch bisher schon kosten- und damit gebührenmindernd berücksichtigt werden.
72Angesichts dessen ist die von der Beigeladenen zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die auf Konstellationen abstellt, in denen ein Geschäft weder in Zusammenhang zur geschuldeten Leistung steht noch einen Wertverzehr am betriebsnotwendigen Vermögen verursacht,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 3 C 29.08 –, BVerwGE 135, 352, juris Rn. 45 ff.,
74hier schon von vornherein nicht maßgeblich.
75Die Beigeladene kann sich für ihre Auffassung auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats stützen. Der von der Beigeladenen angeführte Fall, dass ein von dem Fremdleister beauftragter Dritter mögliche Gewinne aus der Elektrizitäts- und Fernwärmeversorgung nicht zur Senkung des Verbrennungsgeltes hätte einsetzen müssen, ist schon deshalb hier nicht einschlägig, weil der Senat in der betreffenden Entscheidung ausdrücklich betont hat, dass es auf die Anrechnung der Energieerlöse dann nicht ankommt, wenn der private Dritte, der weder an die preisrechtlichen Vorschriften noch an die gebührenrechtlichen Vorgaben des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW gebunden ist, Gewinne erzielt.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, juris Rn. 45, NWVBl. 2011, 179 und KStZ 2011, 110.
77Die Beigeladene kann sich auch nicht auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 3. Dezember 2012 – 3 K 478/09 -, juris Rn. 41 ff., berufen, das Gewinne aus der Energieerzeugung nicht durch die Müllverbrennung indiziert gesehen hat. Ungeachtet erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die sich auf eine allein betriebswirtschaftliche Argumentation in einem in jenem Verfahren vorgelegten Gutachten stützt, müssen hier – wie bereits oben dargelegt - die Erträge aus dem Strom- und Fernwärmeverkauf kostenmindernd jedenfalls deshalb berücksichtigt werden, weil sie sowohl nach dem Inhalt des Verbrennungsvertrags als auch nach den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen einen Teil des Prozesses von Leistung und Gegenleistung darstellen.
78Allein die Nichtberücksichtigung der Energiegewinne führt im Ergebnis zu einer Überschreitung von mehr als 3 % der von der Beklagten für ihre Gebührenbedarfsberechnung ermittelten ansatzfähigen Kosten.
79Unter Zugrundelegung der auf Anforderung des Senats von der Beigeladenen vorgelegten Alternativberechnung, deren rechnerische Richtigkeit die Beteiligten nicht in Frage stellen, ergibt sich ausgehend von dem Q-Gutachten 2011 („Scheibenmodell“) abzüglich der (aufwandsbereinigten) Energieerlöse ein Verbrennungsentgelt von 146,66 Euro/t statt 174,12 Euro/t. Bei der für E. kalkulierten Abfallmenge von 148.500 t/a ergibt sich daraus ein Differenzbetrag von (27,46 Euro/t x 148.500 t = 4.077.810,00 Euro zzgl. Umsatzsteuer =) 4.852.594,00 Euro. Der von der Beklagten ermittelte – hier insoweit zu ihren Gunsten als maßgeblich unterstellte - Betrag der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060,00 Euro auf 65.423.468,00 Euro; daraus ergibt sich eine Kostenüberschreitung von 7,42 %. Auch die von der Beigeladenen erstellte Gebührenkalkulation unter Zugrundelegung des von ihr favorisierten Alleinbestellerprinzips hielte einer Überprüfung nicht stand. Abgesehen davon, dass gerade bei Zugrundelegung des Alleinbestellerprinzips, das alle Vorhaltekosten dem öffentlich-rechtlichen Auftraggeber anlastet, mit Blick auf das Äquivalenzprinzip nicht ernsthaft erwogen werden kann, die Energieerlöse allein dem Anlagenbetreiber zu überlassen, hat die Beigeladene für diese Konstellation einen Tonnenpreis von 162,43 Euro errechnet. Selbst in diesem – hier aber nicht gegebenen - Fall würden die ansatzfähigen Kosten immer noch um 3,03 % überschritten.
80bb) Vorhaltekapazität
81Das Gutachten Q 2011 basiert überdies auf einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten zwischen dem durch Gebühren zu finanzierenden Anteil der Beklagten und dem Anteil der Beigeladenen, die das wirtschaftliche Risiko trägt, ob sie bei den verschiedenen, teils privaten, teils öffentlich-rechtlichen sonstigen Nutzern der Müllverbrennungsanlage vergleichbare (Markt-) Preise durchsetzen kann.
82Der von Q für das Jahr 2012 ermittelte Preis von 174,12 Euro/t beruht auf der Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern P. und E. sowie dem Kreis L. anzulasten seien. Dieser Anteil ist indessen überhöht. Die Beigeladene hat der Beklagten damit entgegen Nr. 4 Abs. 3 LSP Kosten in Rechnung gestellt, die nicht in dieser Höhe der Leistung zuzurechnen sind. Zwar geht das Gutachten Q 2011 – anders als die nachgeschobene Berechnung auf Basis des Alleinbestellerprinzips – im Grundsatz zutreffend davon aus, dass die unabhängig von der jeweiligen Auslastung entstehenden Vorhaltekosten der Anlage den kommunalen Auftraggebern nicht in vollem Umfang, sondern nur insoweit anzulasten sind, als die Errichtung und Erhaltung der Anlagenkapazität dem kommunalen Auftraggeber zugerechnet werden kann. Dieser Ansatz ist mit Blick auf das im Verfassungsrecht begründete Äquivalenzprinzip geboten, wenn die Anlage – wie hier – gerade nicht allein der Gewährleistung des Entsorgungsbedarfs in den auftraggebenden Kommunen einschließlich der bei wirtschaftlicher Betriebsführung erforderlichen Vorhalte- oder Bereitschaftskapazitäten zu dienen bestimmt ist.
83Schon die dem Gutachten zugrunde liegende Annahme, dass die Beigeladene verpflichtet sei, eine Kapazität von 580.000 t/a für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten, entbehrt jeglicher Grundlage. Nach dem Inhalt des insoweit in erster Linie in den Blick zu nehmenden Verbrennungsvertrags hat die Beigeladene „jederzeit die Entsorgungssicherheit zu garantieren“ und Vorsorge für Betriebs- und sonstige Leistungsstörungen zu treffen (§ 3 Abs. 3 UnterAbs. 2 des Verbrennungsvertrags). Welche Anlagenkapazität dafür von der Beigeladenen vorzuhalten ist, regelt der Verbrennungsvertrag jedoch nicht. In diesem Zusammenhang relevante, mengenbezogene Vertragsbestimmungen finden sich lediglich in § 8 Abs. 3 des Vertrags: Nach dessen ursprünglicher Fassung aus dem Jahr 2000 haftete die Stadt insbesondere nicht für eine bestimmte Menge der Abfälle; gerade diese Formulierung ist in der 1. Nachtragsvereinbarung aus dem Jahr 2001 gestrichen worden. Zugleich ist dem Vertrag eine Anlage 2 („Preis – Mengenstaffel“) beigefügt geworden, in der Mindestmengen (durchweg: 194.250 t Stadt E. /Stadt P. ) und Preise („DM/to Garantiemenge“ sowie „DM/to Zusatzmenge“) für bestimmte Anlieferjahre aufgeführt sind. Daraus ergibt sich allenfalls eine vertraglich vereinbarte – hier erkennbar nicht unterschrittene – Mindestmenge, aber keine Vorhaltekapazität, für deren Bereitstellung die Beklagte Kosten zu tragen hat.
84Dem Vertragstext ist somit nicht zu entnehmen, dass den kommunalen Auftraggebern überhaupt Kosten für vorgehaltene, aber von ihnen nicht genutzte Kapazitäten anzulasten sind, wenn jedenfalls die sogenannte Garantiemenge angeliefert wird.
85Selbst wenn man den nicht näher bestimmten Hinweis auf die Gewährleistung der „Entsorgungssicherheit“ in § 3 Abs. 3 des Vertrags dahin verstehen wollte, dass damit stillschweigend die Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans zum Gegenstand des Vertrags gemacht werden sollten, bliebe unklar – und bedürfte sinnvollerweise wohl einer vertraglichen Regelung -, wie die Vorhaltekosten zu verteilen sind, wenn sich die Kapazitätsanforderungen im Zuge von Fortschreibungen des Abfallwirtschaftsplans verändern. Aber darauf kommt es hier nicht an.
86Denn der Ansatz der Vorhaltekosten ist selbst dann überhöht, wenn man ungeachtet der vorstehenden Erwägungen der Prämisse des Gutachtens Q 2011 folgt, dass ausgehend von den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a (E. : 230.000 t/a; P. : 95.000 t/a; L. : 100.000 t/a) für die kommunalen Auftraggeber vorzuhalten war. Die daraus in dem Gutachten abgeleitete Annahme, dass 72,2 % der Vorhaltekosten der Anlage von den kommunalen Auftraggebern E. , P. und L. zu tragen seien, beruht indes auf einer unzutreffenden Zuordnung der Anlagenkapazität und berücksichtigt nicht, dass die von der Beigeladenen betriebene Anlage jedenfalls ab ihrer betriebswirtschaftlichen und technischen Neuausrichtung, die mit dem Einstieg des Investors S. im Jahr 2000 begonnen hat und mit der Investitionsentscheidung für die Neuerrichtung des 3. Kessels im Jahr 2003 umgesetzt worden ist, eine zusätzliche, dauerhaft auch auf die Anlieferung von zusätzlichen Mengen ausgerichtete Zweckbestimmung erhalten hat. Bereits aufgrund der im vorliegenden Verfahren zutage getretenen Erkenntnisse steht fest, dass die bestimmungsgemäß für die Städte P. und E. sowie den Kreis L. vorzuhaltenden Verbrennungskapazitäten nicht 72,2 %, sondern höchstens 63,2 % der Gesamtkapazität ausmachen.
87Die dem Gutachten Q zugrunde gelegte Annahme eines 72,2 % -Anteils der kommunalen Auftraggeber an den Vorhaltekosten lässt sich nicht mit den der Senatsrechtsprechung entnommenen Rechtssätzen begründen, dass für die Beurteilung, ob und ggf. in welchem Umfang eine Anlage überdimensioniert ist, auf den Erkenntnisstand zum Planungszeitpunkt abzustellen sei und dass das Verhältnis zwischen effektiver (tatsächlicher) Anlagenkapazität und der theoretischen Jahres-Höchstkapazität bei 24-Stunden-Betrieb über 365 Tage stets bei nur 70 % anzusetzen sei. Beide Prämissen sind der Senatsrechtsprechung so nicht zu entnehmen bzw. treffen im konkreten Fall nicht zu.
88Der Ansatz von Kosten in einer Gebührenkalkulation ist ausgeschlossen, wenn die Kosten allein auf Kapazitäten bezogen sind, die von dem Entsorgungsbedarf nicht veranlasst worden sind.
89Vgl. hierzu auch Hess.VGH, Beschluss vom 27. April 1999 - 5 N 3909/98 -, NVwZ-RR 2000, 243.
90Allerdings rechtfertigt der Umstand, dass eine Anlage nicht ausgelastet ist, nicht ohne weiteres die Annahme einer gebührenrechtlich relevanten Überdimensionierung.
91Zu den möglichen Gründen einer unzureichenden Auslastung der eingesetzten Betriebsmittel vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 28 ff.
92Eine Überdimensionierung einer Anlage im Rechtssinne liegt vielmehr nur vor, wenn aufgrund einer nicht sachgerechten Planung eine Anlage über eine angemessene Kapazitätsreserve hinaus zu groß dimensioniert worden ist, weil die erwartete Inanspruchnahme zu hoch eingeschätzt oder eine Anlage auf Vorrat gebaut worden ist. Bei der Prüfung, ob eine sachwidrige Überdimensionierung in diesem Sinne vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der Planungsentscheidung abzustellen.
93Vgl. zum Ganzen auch Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand: März 2015, § 6 KAG NRW Rn. 73 ff.
94Ausgehend von der zum Planungszeitpunkt prognostizierten Müllmenge ist eine Kapazitätsreserve grundsätzlich zulässig und abfallwirtschaftlich geboten. Eine darüber hinausgehende, von Prognosespielraum und -unwägbarkeiten nicht gedeckte Überdimensionierung ist hingegen gebührenrechtlich - vorbehaltlich der sog. Ergebnisrechtsprechung sowie der Fehlertoleranzmarge von 3 % - schädlich. Ist die Anlage ohne rechtlich relevanten Planungsfehler überdimensioniert, fallen die betriebsnotwendigen, also auch nicht durch nachträgliche, betriebswirtschaftlich sinnvolle Anpassungen einzusparenden (Fix-) Kosten der Anlage allein den Gebührenschuldnern zur Last.
95Ausgehend davon ist zu prüfen, ob der Umstand, dass die in Anspruch genommene Anlage über weit mehr als die von den kommunalen Auftraggebern „bestellten“ - und deshalb ihnen kostenmäßig anzulastenden - Kapazitäten verfügt, auf (Prognose-) Unwägbarkeiten, wie etwa einem zum Planungszeitpunkt nicht absehbaren oder jedenfalls in verbindlichen abfallwirtschaftlichen Vorgaben nicht berücksichtigten Rückgang der anfallenden Abfallmengen beruht (Risiko des Gebührenzahlers) oder ob es sich möglicherweise um für Dritte geplante Kapazitäten handelt. Letzteres ist hier der Fall.
96Bei alldem berufen sich die Beklagte und die Beigeladene zu Unrecht auf ihren Erkenntnisstand bei der erstmaligen Planung der Anlage. Unter Berücksichtigung des betriebswirtschaftlichen Anknüpfungspunkts sämtlicher diesbezüglicher Überlegungen ist der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt wesentlicher Investitionsentscheidungen einzubeziehen, wenn – wie hier – eine Anlage über mehrere Jahrzehnte besteht, fortlaufend betrieben, in Stand gehalten und modernisiert wird. Grundsätzlich können vom Auftragnehmer bei Überkapazität trotz wirtschaftlicher Betriebsführung auch Anpassungsmaßnahmen, wie etwa eine anderweitige Nutzung freier Kapazitäten, verlangt werden.
97Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 4 LSP Rn. 29a und b.
98Zu einer auf die Vermeidung einer unzulässigen Kostenüberschreitung und sachgerechten Begrenzung der betriebsnotwendigen Kosten bedachten Anlagenplanung und Betriebsführung zählt notwendigerweise, bei Investitionsentscheidungen stets auch im Blick zu behalten, ob die bisherige Anlagenkapazitätsplanung – sei es im Hinblick auf die erwarteten Abfallmengen, sei es im Hinblick auf eine durch technische Verbesserungen bedingte, gestiegene Verfügbarkeit der Anlage – noch sachgerecht ist oder ob ein Verzicht auf in die Jahre gekommene Anlagenteile bzw. Teilkapazitäten ohne Gefährdung der Entsorgungssicherheit möglich ist. Entscheidet sich der Betreiber in einer solchen Situation trotz sinkender Abfallmengen und trotz verbesserter Verfügbarkeit der Anlage – wie hier mit einem erheblichen Investitionsaufwand – für eine Kapazitätserhaltung oder sogar Kapazitätserhöhung, weil er hofft, die freien Kapazitäten gewinnbringend vermarkten zu können, bleibt ihm das unbenommen. Die Fixkosten der ohne kommunalen Bedarf geschaffenen Anlagenkapazität sind aber nicht den kommunalen Entsorgungsträgern und damit den Gebührenzahlern anzulasten. Diese hat der Betreiber wie jeder am Markt tätige Gewerbetreibende, der dem Risiko seiner eigenen unternehmerischen Fehleinschätzungen ausgesetzt ist, selbst zu tragen. Auf diesem Grundverständnis beruhen im Übrigen auch die Ausführungen auf Seite 21 des Q-Gutachtens 2011, indem begründet wird, weshalb die im Jahr 2003 beschlossene Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in E. , P. und dem Kreis L. erforderlich gewesen sei. Die hierfür gegebene Begründung trifft indessen nicht zu. Der Vortrag der Beigeladenen, den sich die Beklagte zu Eigen macht, belegt nicht ansatzweise, dass die Erneuerung des 3. Kessels zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit erforderlich gewesen wäre. Es steht vielmehr fest, dass die nach Eintritt des privaten Gesellschafters getroffene Investitionsentscheidung für die Erneuerung des 3. Kessels belegt, dass die Plankapazität der Anlage in großem Umfang anderen als den kommunalen Entsorgungszwecken zu dienen bestimmt war.
99Wie erwähnt war nach den Vorgaben des seinerzeit aktuellen Abfallwirtschaftsplans für die kommunalen Auftraggeber eine jährliche Entsorgungskapazität von insgesamt 425.000 t/a vorzuhalten. Das vermochten bereits die Kessel 1, 2 und 4 zu leisten. Deren Kapazität von (24,5 t/h + 24,5 t/h + 22 t/h =) 71 t/h summierte sich auf eine theoretische Höchstlast von 621.960 t/a (bei 24 h- und 365-Tage-Betrieb), hätte also sogar unter Zugrundelegung einer - ohnehin im konkreten Fall unrealistischen - Verfügbarkeit von nur 70 % (bzw. 435.372 t/a) ausgereicht.
100Ungeachtet dessen geben die Ausführungen in dem Gutachten Q 2011 und der Vortrag der Beklagten sowie der Beigeladenen Anlass zu der Klarstellung, dass sich die Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Verfügbarkeit der Anlage nicht auf das Urteil des Senats vom 5. April 2001 – 9 A 1795/99 -, NWVBl. 2002, 37, stützen kann, in dem unter Bezugnahme auf eine ingenieurwissenschaftliche Beurteilung der Verfügbarkeit der konkreten Anlage aus dem Jahr 1986 ausgeführt ist, dass „nach den bisherigen Erfahrungen“ nur 70 % der theoretischen Jahreskapazität zur Verfügung stünden. In welchem Umfang eine Anlage nach Abzug von Revisions- und Reparaturzeiten tatsächlich zur Verfügung steht, entzieht sich einer juristischen Vorgabe; es handelt sich vielmehr um einen empirischen Wert, bei dem die im Betrieb der konkreten Anlage gewonnenen Erkenntnisse nicht außer Betracht gelassen werden können und im Falle einer Neu- oder Umplanung die zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung vorliegenden Erkenntnisse zugrunde zu legen sind.
101Demgemäß wäre hier, ausgehend von den Erkenntnissen über die tatsächliche Leistungsfähigkeit bzw. Verfügbarkeit der konkreten Anlage, bei vorsichtiger Schätzung von einer 80 %-igen Verfügbarkeit und damit einer Anlagenkapazität von 531.250 t/a auszugehen. Aus den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 9 B 1467/12 vorgelegten Unterlagen aus dem Jahr 1992 ergibt sich, dass die Anlagenbetreiber bereits damals mit einer Zeitverfügbarkeit von 7.000 h/a rechneten, was knapp 80 % der bei 24-Stunden-Betrieb an 365 Tagen theoretisch erzielbaren Leistung entspricht. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung für den 3. Kessel mit einer geringeren Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit (nicht: Auslastung) der Anlage zu rechnen gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil folgt aus dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Zahlenmaterial über die tatsächliche Auslastung der Anlage (die nicht allein von ihrer technischen Leistungsfähigkeit abhängt), dass die Anlage seit dem Jahr 2006, als die Kapazitätserhöhung genehmigt wurde, durchweg zu mehr als 80 % der genehmigten Kapazität ausgelastet war. Dass dies allein auf einer besonderen Leistungsfähigkeit des erneuerten Kessels 3 beruht haben könnte, macht selbst die Beigeladene nicht geltend.
102Ausgehend von einer einschließlich des neuen 3. Kessels theoretisch verfügbaren Kapazität von 840.960 t/a sowie der aus den Vorjahresergebnissen ablesbaren Prognose einer Verfügbarkeit von mindestens 80 % konnte und musste eine tatsächliche Jahreskapazität von mindestens 672.768 t in die Prognose eingestellt werden. Die Ergebnisse der Folgejahre bestätigen diese Einschätzung im Übrigen. Danach entfielen auf die – hier zugunsten der Beklagtenseite mit 425.000 t/a angesetzten - kommunalen Mengen nur 63,2 %, nicht 72,2 % der vorgehaltenen Mengen.
103Zwar wäre bei betriebswirtschaftlicher Betrachtung auch in Rechnung zu stellen, dass bei einem Verzicht auf diese Investition unter Berücksichtigung der bei einer Teilstillegung anfallenden Sonderabschreibungen auf frühere Modernisierungsmaßnahmen, die – auch – dieser Verbrennungslinie zugute gekommen sind, ebenfalls Kosten anfallen würden. Konkrete Überlegungen dazu hat die Beigeladene seinerzeit offenkundig nicht angestellt; hierzu bestand für sie auch kein Raum, da die Investition Geschäftsgrundlage des mit dem neuen Gesellschafter S. geschlossenen Beteiligungsvertrages war.
104Nachdem sich die Beigeladene im Jahr 2003 für die Erneuerung des 3. Kessels und in der Hoffnung auf Gewinne dafür entschieden hat, die von den kommunalen Auftraggebern nicht genutzten Kapazitäten am Markt zu platzieren, ist es nicht Aufgabe des Senats, bezogen auf das Gebührenjahr 2012 der Frage nachzugehen, wie sich die von der Beklagten und damit letztlich von den Gebührenzahlern zu tragenden Kosten mutmaßlich weiterentwickelt hätten, wenn im Jahr 2003 auf diese Investition verzichtet worden wäre. Gegebenenfalls wäre auch zu prüfen, ob möglicherweise ein Rückgang der kommunalen Abfallmengen bereits zum Zeitpunkt der vorangegangenen Investitionsentscheidungen absehbar war. Für derartige hypothetische Überlegungen bietet das vorliegende Verfahren jedoch keinen Raum. Denn hier geht es um die Ermittlung der Kosten, die mit der Erfüllung des öffentlichen Auftrags tatsächlich verbunden und dem öffentlichen Auftraggeber zuzurechnen sind.
105Unabhängig davon verfängt auch das Argument, dass jede Kapazitätserhöhung wirtschaftlich sinnvoll sei, weil sie weitere Deckungsbeiträge ermögliche, nicht. Es steht in Widerspruch zu dem Vortrag, dass die über die notwendige Kapazität hinaus in der Anlage verbrannten Abfälle nicht zu vollkostendeckenden Preisen akquiriert werden könnten.
106Die Anlastung von 72,2 % der Vorhaltekosten ist darüber hinaus auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil in Ansehung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber anderen als den kommunalen Anlieferern P. , E. und L. feststeht, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie und damit zugleich die aktuelle Dimensionierung der Gesamtanlage nicht in diesem Umfang der Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in den genannten Kommunen diente. Die schon durch die 49%ige Beteiligung von S. an der Beigeladenen nahe gelegte Vermutung, dass der Gesellschafter S1. (bzw. später S. ) ein wirtschaftliches Eigeninteresse an dem Betrieb und der Nutzung der Anlage hat, wird dadurch bestätigt, dass der Vertrag von S1. mit den Kreisen T. und D. , in dem konkrete garantierte Entsorgungsmengen und Preise genannt sind (für das hier in Rede stehende Jahr 2012: 94.000 t/a zu 188,76 DM/t bzw. 96,51 Euro/t), bereits dem Vertragsangebot aus dem Jahr 2001 beigefügt war, im Übrigen ebenso wie der Investitionsplan für den neuen Kessel 3. Daraus folgt, dass die Erneuerung der 3. Kessellinie der Gewährleistung der Entsorgungsverpflichtung nicht nur in den Städten P. und E. sowie dem Kreis L. , sondern mit 94.000 t/a im Jahr 2012 auch den Kreisen D. und T. diente. Allenfalls unter Einbeziehung (zumindest) dieser weiteren Menge ist die Argumentation, mit der die Erforderlichkeit des 3. Kessels belegt werden soll, rechnerisch nachvollziehbar. Zumindest diese bereits jetzt nachweisbare weitere Zweckbestimmung wäre in die prozentuale Aufteilung der Vorhaltekosten einzubeziehen gewesen.
107Welche weiteren vertraglichen Verpflichtungen des Gesellschafters S. die neue Zweckbestimmung der Anlage fortan prägten, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner weiteren Aufklärung. Bei der zukünftigen Neuberechnung des Verbrennungsentgelts wird die Beklagte aber der Frage nachzugehen haben, welchen weiteren Zwecken die Anlagendimensionierung tatsächlich zu dienen bestimmt ist. Die in den Geschäftsberichten öffentlich verlautbarte Sicherung der Auslastung zu 80 % durch langfristige Verträge insbesondere mit S. ist dabei zu hinterfragen. Es liegt die Vermutung nahe, dass auch die weiteren Kapazitäten und die mit S. anscheinend langfristig vereinbarten Liefermengen Grundlage der Kapazitätsplanung waren, diese Mengen also als selbständiger Anlagenzweck neben die Entsorgung der Mengen aus P. , E. und L. treten und demzufolge als eigenständig von dort verursachte Kosten betriebswirtschaftlich zuzurechnen sind. Wenn die Beigeladene darauf gehofft haben sollte, Abfallmengen für Dritte in der Anlage zu geringeren Kosten entsorgen zu können, weil die kommunalen Gebührenschuldner die wesentlichen Anlagenkosten tragen, wäre dieser Motivirrtum preisrechtlich irrelevant.
108Der Mehrbetrag, der sich allein aus einer fehlerhaften Aufteilung der Vorhaltekosten ergibt, beträgt schon für sich genommen mehr als 3 % der ansatzfähigen Kosten:
109Die Vorhaltekosten der MVA sind in dem Q-Gutachten 2011 für das Jahr 2011 mit 62.461.342 Euro (S. 29 und 32) kalkuliert; davon wurden 72,2 % (grob gerundet: 45.095 Mio. Euro; S. 32) statt (nach den vorstehenden Ausführungen günstigstenfalls vertretbarer) 63,2 % (39.475.568 Euro) den Kommunen angelastet und auf die für 2012 prognostizierte Menge von 278.000 t verteilt. Der Anteil der Vorhaltekosten an dem Verbrennungspreis pro Tonne wäre von 143,34 Euro um gut 20 Euro auf 123,12 Euro zu reduzieren. Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung der in die Gebührenbedarfsberechnung für E. eingestellten Abfallmenge von 148.500 t ein Differenzbetrag von 3.573.407 Euro bzw. 3.667.422,96 Euro incl. der in dem Q-Gutachten zur Ermittlung der Preise für 2012 angewandten Preisgleitklausel von 2,631 % (S. 33), die danach unter Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot in die Kalkulation eingestellt worden sind. Die Summe der gebührenrelevanten Aufwendungen reduziert sich dadurch von 70.276.060 Euro auf 66.608.637,04 Euro; daraus ergibt sich eine Abweichung von 5,51 %.
110Wegen der deutlichen Differenz zwischen den kalkulierten Kosten und den ansatzfähigen Kosten kann der Senat offen lassen, ob die obigen Überlegungen zur sachgerechten Aufteilung der Vorhaltekosten bei der Ermittlung des Verbrennungsentgelts überhaupt anzuhalten sind oder ob die hier in Rede stehenden Auslastungs- und Verfügbarkeitsrisiken der Anlage nicht ohnehin richtigerweise - und zwar ausschließlich - bei der Berechnung des Entgelts nach LSP unter dem Aspekt von Einzelwagnissen – so wie es hier die Beigeladene im Berufungsverfahren im Einzelnen getan hat - zu berechnen und dann von der Beklagten gewissenhaft zu kontrollieren sind.
111cc) Kalkulatorischer Gewinn
112Ferner führt die Annahme eines kalkulatorischen Gewinns von 3,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen der Beigeladenen zu einem überhöhten Kostenansatz bei der Berechnung des Verbrennungsentgelts und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip.
113Der kalkulatorische Gewinn für das allgemeine Unternehmerwagnis, der hier mit 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen für das Jahr 2010 in das Verbrennungsentgelt eingerechnet worden ist, ist überhöht und nicht in dieser Höhe ansatzfähig.
114Dass zu den ansatzfähigen Kosten bei Anwendung der LSP auch das allgemeine Unternehmerwagnis zählt, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt.
115Vgl. so schon OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 –, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 23 ff. und Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 23 ff.
116Das allgemeine Unternehmerwagnis, das nach den Nrn. 48 Abs. 1, 51 Buchstabe a) LSP im kalkulatorischen Gewinn mit abgegolten wird, deckt die Wagnisse ab, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, die in seiner Eigenart, in den besonderen Bedingungen des Wirtschaftszweiges oder in wirtschaftlicher Tätigkeit schlechthin begründet sind (vgl. Nr. 47 Abs. 2 LSP). Nach Nr. 52 Abs. 1 LSP ist das Entgelt für das allgemeine Unternehmerwagnis in einem Hundertsatz vom betriebsnotwendigen Vermögen oder in einem Hundertsatz vom Umsatz oder in einer Summe von zwei solchen Hundertsätzen oder in einem festen Betrag zu bemessen. Der Zuschlag soll auf lange Sicht vor Gefahren schützen, die das Unternehmen als Ganzes gefährden, soweit ein gesamtwirtschaftliches Risiko besteht. Zum allgemeinen Unternehmerwagnis gehören z.B. Wagnisse, die aus der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung entstehen, etwa Konjunkturrückgänge, plötzliche Nachfrageverschiebungen, Geldentwertungen, technische Fortschritte. Aus dem allgemeinen Unternehmerwagnis müssen im Übrigen die Aufwendungen gedeckt werden, die nach den LSP nicht zu den Kosten gehören, wie z.B. die Körperschaftsteuer.
117Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 51 LSP Rn. 6.
118Soweit langfristige Vertragsverhältnisse für das Unternehmen - unabhängig vom Umfang der Beteiligung des öffentlichen Trägers - nahezu ohne Risiko ausgestaltet sind, wird das Unternehmen auch nicht als Ganzes gefährdet; der dadurch insgesamt geringeren Gefährdung für das Gesamtunternehmen, die sich aus der verbleibenden allgemeinen unternehmerischen Tätigkeit mit den normalen Marktrisiken ergibt, ist dadurch zu begegnen, dass in den übrigen Geschäftsbereichen Wagniszuschläge in üblicher Höhe in den Preis eingerechnet werden. Bereits durch einen derart differenzierten Ansatz von Wagniszuschlägen wird die Existenz des Unternehmens auf Dauer gesichert. Dabei ist es unerheblich, welcher Anteil der Tätigkeit des Unternehmens praktisch ohne gesamtwirtschaftliches Risiko ausgestaltet ist: Bei einem geringen Anteil solcher Tätigkeit kann sich das Unternehmen in erheblichem Umfang durch Wagniszuschläge schützen; bei einem höheren Anteil steht den geringeren Einnahmen aus Wagniszuschlägen ein entsprechend geringeres Risiko gegenüber.
119Vgl. OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67.
120Der Senat hat bereits zum Hundertsatz entschieden, dass sich aufgrund des begrenzten Risikos des Auftragnehmers bei öffentlichen Entsorgungsaufträgen für Selbstkostenerstattungspreise ein Betrag von 1 % der Nettoselbstkosten als Grenze ergibt.
121Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. Juni 2008 - 9 A 373/06 -, NWVBl 2008, 394, juris Rn. 61.
122Bei Selbstkostenfestpreisen, die im vorliegenden Fall Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind, hat der Senat es wegen des im Vergleich zu einem Erstattungspreis höheren Wagnisses für unbedenklich erachtet, in den Preis einen Gewinnzuschlag von 3 % einzurechnen.
123Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 -, NWVBl. 2011, 179, juris Rn. 25 f. m.w.N.
124Schon gegen diesen auf einer gefestigten Rechtsprechung beruhenden Ansatz von 3 % ist hier verstoßen worden.
125Ungeachtet dessen weist der Senat darauf hin, dass die Frage, wie hoch die Gefahren und Risiken konkret zu bewerten sind, letztlich eine Frage des Einzelfalles ist.
126Vgl. OVG NRW, Teilurteile vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 173, juris Rn. 28 und vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 67 f.; in der Tendenz ebenso Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/
127Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. 2010, Nr. 52 LSP Rn. 27.
128Insoweit neigt der Senat zu der Auffassung, das allgemeine Unternehmerwagnis in der vorliegenden Konstellation anders als in den oben genannten Entscheidungen zum Selbstkostenfestpreis eher als gering zu bewerten. Aufgrund des begrenzten und überschaubaren Risikos des Auftragnehmers bei diesen öffentlichen Entsorgungsaufträgen auf der Basis von Selbstkostenpreisen bei einem kalkulierten Zeitraum von 5 Jahren dürfte ein Betrag von mehr als 1 % der Nettoselbstkosten kaum als angemessen angesehen werden. Denn bei einer Ermittlung von Selbstkostenpreisen, die sich – wie hier - nur auf einen kurzen Zeitraum von 5 Jahren beziehen, fehlt es an den allgemeinen unternehmerischen Gefahren, die sonst typischerweise durch Fehlkalkulationen eintreten können. Risiken wegen Zahlungsunfähigkeit können angesichts des öffentlichen Auftraggebers nicht entstehen. Nennenswerte wirtschaftliche Risiken infolge Veränderung des Marktes (z.B. Absatzrisiken infolge Hinzukommens von Mitbewerbern, Aufkommens neuer, preiswerterer oder besserer Produkte, Veränderung von Kundengewohnheiten, Erlösrisiken infolge Anstiegs der Produktionskosten) sind nicht ersichtlich.
129Vgl. hierzu schon: OVG NRW, Teilurteil vom 15. Dezember 1994 – 9 A 2251/93 -, NWVBl. 1995, 109, juris Rn. 28.
130Insoweit hat der Senat betont, dass der Ansatz des allgemeinen Unternehmerwagnisses auf lange Sicht die Existenz des Unternehmens gegen Gefahren und Risiken sichern soll, die mit der unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind.
131OVG NRW, Teilurteil vom 24. Juni 2008 – 9 A 373/06 -, NWVBl. 2008, 394, juris Rn. 62.
132Im Rahmen der hier vorzunehmenden Einzelfallprüfung dürfte überdies auch zu berücksichtigen sein, dass der Beigeladenen durch die von der Stadt E. im Zusammenhang mit dem Forderungsverkauf abgegebene Einredeverzichtserklärung umfangreiche betriebswirtschaftliche Risiken abgenommen worden sind. Selbst im Fall der Nichtleistung wegen Leistungsstörungen und sogar vollständiger Betriebseinstellung ist die Stadt verpflichtet, die abgetretenen Forderungen zu bedienen und so die Kreditschulden der Beigeladenen zu begleichen. Jedenfalls mit Blick auf diese Besonderheit des vorliegenden Vertragsverhältnisses ist das unternehmerische Risiko der Beigeladenen sehr gering. Die Risikoverteilung nach § 3 Abs. 3 des Verbrennungsvertrags, auf die sich die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 1. April 2015 berufen hat, greift hier für die Laufzeit des Forfaitierungsvertrags und im Umfang des damit verbundenen Einredeverzichts der Beklagten, also auch für das hier in Rede stehende Gebührenjahr, jedenfalls im Verhältnis zur finanzierenden Bank gerade nicht.
133Die Berechnung des kalkulatorischen Gewinns ist auch noch aus einem weiteren Grund fehlerhaft. Die angehaltenen 3,5 % sind nicht von den Nettoselbstkosten berechnet worden, sondern vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010. Die Ermittlung des kalkulatorischen Gewinns auf dieser Basis wird dem allgemeinen Unternehmerwagnis nicht gerecht und hält sich nicht mehr im Rahmen des preisrechtlich Zulässigen.
134Allein der Wechsel der Bezugsgröße von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten auf das betriebsnotwendige Vermögen des Jahres 2010 führt zu einem nicht gerechtfertigten Mehrbetrag von 4.393.749,80 Euro.
1353,5 % vom betriebsnotwendigen Vermögen des Jahres 2010 in Höhe von 199.106.373,00 Euro ergibt einen Betrag von 6.968.723,00 Euro.
1363,5 % von den gewinnbereinigten Nettoselbstkosten (80.539.386,00 Euro abzüglich Gewinn von 6.968.723,00 Euro)
137ergibt einen Betrag von 2.574.973,20 Euro.
138In dem Gutachten Q 2011 wird zur Rechtfertigung des Ansatzes von 3,5 % vom durchschnittlichen betriebsnotwendigen Vermögen ohne weitere Erläuterung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 29. April 2003 – 17 K 7934/02 – verwiesen. Ungeachtet der Richtigkeit des Urteils ist die Entscheidung schon mit der hier vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar, da in dem Fall, den das Verwaltungsgericht entschieden hat, langfristige Vertragsbindungen vorgelegen haben. Im Übrigen weicht die Entscheidung auch wegen der Höhe des Zinssatzes von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ab, wie bereits oben dargelegt.
139Die Beklagte wird bei einer Neuberechnung des ansatzfähigen Verbrennungsentgelts im Rahmen ihrer Pflichten zu überprüfen haben, welches Unternehmerwagnis von ihr angesichts der oben dargelegten Umstände noch gebilligt werden kann.
140dd) Kein Ausgleich von fehlerhaften Ansätzen
141Die vorstehend – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – festgestellten Kalkulationsmängel lassen sich auch unter Berücksichtigung der sog. Ergebnisrechtsprechung nicht durch die Berücksichtigung anderer, bislang nicht in die Kalkulation eingestellter Kostenpositionen, insbesondere durch den (erstmalig im Berufungsverfahren geltend gemachten) Ansatz sog. Einzelwagnisse – zusätzlich zu dem ohnehin schon überhöhten allgemeinen Wagniszuschlag - ausgleichen. Soweit beigeladenenseits vorgetragen wird, es hätte auch auf Basis des Alleinbestellerprinzips kalkuliert werden können, ist dies aus denselben Gründen ausgeschlossen, die dazu führen, dass schon 72,2 % einen zu hohen kommunalen Anteil an den Vorhaltekosten darstellen. Deshalb vermag auch der im Berufungsverfahren nachgeschobene Vortrag zu Einzelwagnissen die Gebührenkalkulation nicht zu rechtfertigen. Die insoweit in den Blick genommenen betrieblichen Risiken sind bereits in die Berechnung der tatsächlichen und theoretischen Kapazitäten eingeflossen. Dass die Anlage nicht an 365 Tagen im Jahr im Volllastbetrieb betrieben werden kann, ist bereits bei den Erwägungen zur Dimensionierung berücksichtigt worden.
142Angesichts der vorstehend genannten Fehler, die bereits zu einer deutlichen Kostenüberschreitung in Höhe von insgesamt über 10 Mio. Euro führen, sind keine Kostenpositionen ersichtlich, die – auch unter Berücksichtigung der 3 %-Marge – noch einen Ausgleich hätten herbeiführen können.
143Bei dieser Sachlage kann der Senat auch weiterhin offen lassen, ob der Gewinnanteil der Beklagten nicht auch dem Gebührenhaushalt zuzuschreiben gewesen wäre.
144Vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2010 – 9 A 449/09 -, juris Rn. 12 ff., m.w.N.
1452. Grundgebühr von 46,92 Euro
146Im Übrigen bestehen auch – selbständig tragend und ungeachtet der insoweit gegen den Gebührenmaßstab (Nutzungseinheit) erhobenen Rügen - gegen die Höhe (den Gebührensatz) der Grundgebühr von 46,92 Euro durchgreifende Bedenken. Bei der Berechnung der Grundgebühr sind Kosten in Ansatz gebracht worden, die nicht bzw. nicht in dieser Höhe hätten eingestellt werden dürfen. Dabei ist die Beklagte allerdings grundsätzlich zutreffend davon ausgegangen, dass in die Kalkulation einer – wie hier - neben einer Leistungsgebühr erhobenen Grundgebühr nur Vorhaltekosten eingestellt werden dürfen, d.h. solche Kosten, die unabhängig von dem Maß der Inanspruchnahme der gebührenpflichtigen Leistung entstehen.
147Wesen der Grundgebühr ist es, die Vorhaltekosten, die unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme entstehen, ganz oder zum Teil vorab auf die Gebührenpflichtigen zu verteilen. Die Gebühr muss aber alle Gebührenpflichtigen nach einem für alle gleichen Maßstab unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme treffen. Nur die restlichen Kosten sind dann noch nach dem Maß der jeweiligen Inanspruchnahme umzulegen.
148Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1996 – 9 A 5654/94 –, NWVBl. 1996, 476, juris Rn. 5.
149Die Berechnung der Grundgebühr von 46,92 Euro (je Nutzungseinheit) auf der Basis von 25 % der angesetzten Vorhaltekosten von 50.674.073,00 Euro ist fehlerhaft und führt zur Nichtigkeit des Gebührensatzes nach § 2 Abs. 2 AGS. Denn die Beklagte hat in großem Umfang Kosten in die Kalkulation der Grundgebühr eingestellt, bei denen es sich gerade nicht um Vorhaltekosten handelt, und damit zugleich gegen ein bindendes Kalkulationsziel verstoßen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
150Wie oben bereits ausgeführt müssen Mängel der Kalkulation nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit der Gebührensätze führen. Denn der Gebührensatz muss lediglich im Ergebnis den Anforderungen der einschlägigen Gebührenvorschriften entsprechen und demzufolge nicht auf einer vom Rat beschlossenen stimmigen Gebührenkalkulation beruhen. Deshalb können Kostenüberschreitungen von bis zu 3 % grundsätzlich noch als unerheblich angesehen werden. Kostenüberschreitungen, die auf willkürlichen, d.h. bewusst fehlerhaften Kostenansätzen beruhen - diesen stehen gegebenenfalls schwer und offenkundig fehlerhafte Kostenansätze gleich –, können aber unabhängig von ihrer Höhe nicht toleriert werden.
151So schon : OVG NRW, Urteil vom 5. August 1994 – 9 A 1248/92 –, NWVBl. 1994, 428, juris Rn. 92.
152Ein solcher, nicht tolerabler Fall liegt auch hier vor. Denn die Ermittlung des Grundgebührensatzes verstößt hier gegen ein von der Stadt und dem Verwaltungsrat der Beklagten als Satzungsgeber selbst vorgegebenes sogenanntes Kalkulationsziel, das bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten gewesen ist:
153Laut Beschlussvorlage vom 14. Oktober 2011, Drucksache 11-1778, Seite 5, soll nach den Beschlüssen des Verwaltungsrates vom 28. Februar 2011 (Vorlage 08/2011) und des Rates der Stadt vom 28. März 2011 (DS 11-0288) die Grundgebühr 25 % der Fixkosten (Vorhaltekosten) betragen. Hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Satzungsgebers. Dieses Kalkulationsziel, dass über die Grundgebühr nur 25 % der Vorhaltekosten gedeckt werden, ist bei der Gebührenkalkulation zwingend zu beachten.
154Dabei wäre wohl selbst eine Kostenüberschreitung von nur 3 %, die hier ohnehin bei weitem überschritten ist, nicht tolerabel, weil es sich – anders als bei dem lediglich als Sollvorschrift ausgestalteten Kostenüberschreitungsverbot nach § 6 KAG NRW und in Ermangelung von Prognoseunsicherheiten – bei Kalkulationszielen um bindende Vorgaben handelt.
155Auch können diese Kalkulationsziele nicht nachträglich zur Rechtfertigung einer fehlerhaften Kalkulation verändert werden.
156Vgl. hierzu etwa: VG Arnsberg, Urteil vom 7. Juli 2011 - 11 K 1898/10 -, juris Rn. 68 ff., unter Hinweis auf Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 127, und Gawel, Probleme der sog. Ergebnisrechtsprechung bei der Gebührenkalkulation, GemHH 2002, 241, 246.
157Die Beklagte hat gegen das oben genannte Kalkulationsziel verstoßen. Das Gebührenaufkommen aus der Grundgebühr ist nach den auf die Aufklärungsverfügung des Senats vorgelegten Unterlagen mit 12.668.518,25 Euro kalkuliert (46,92 Euro x 270.000 Nutzungseinheiten), beruht also – wenn damit 25 % der Vorhaltekosten abgedeckt werden sollten - auf der Annahme, dass die Beklagte Vorhaltekosten in Höhe von 50.674.073,00 Euro hat. Vorhaltekosten in dieser Höhe hätte die Beklagte indessen nicht in Ansatz bringen dürfen.
158Fehlerhaft war es bereits, Kosten von 22.624.000,00 Euro unter der Rubrik „Entsorgung/Verwertung“ in die Kalkulation einzustellen. Dieser fehlerhaft eingestellte Betrag führt schon zur Nichtigkeit des Gebührensatzes für die Grundgebühr und damit zur Gesamtnichtigkeit der Gebührensätze. Wie die Beklagte auf Nachfrage des Senats erläutert hat, ist dies der Betrag, den die Stadt E. im Jahr 2012 aufgrund des Forderungsverkaufs nach dem im Voraus festgelegten Zahlungsplan an die finanzierende Bank zu zahlen hatte. Bei der abgetretenen Forderung handelt es sich indessen dem Grunde nach um das Verbrennungsentgelt, das sich aus der Abfallmenge und dem (preisrechtlich zulässigen) Preis pro Tonne errechnet. Durch den Verkauf des aus dem Verbrennungsvertrag folgenden, mengenabhängig zu ermittelnden Leistungsentgeltanspruchs werden aus diesen ihrer Natur nach variablen Kosten keine mengenunabhängigen Vorhaltekosten. Dass die Beklagte wegen des Einredeverzichts mengenbezogene Einwendungen nicht geltend machen kann, ändert aber nichts daran, dass die von der Beklagten zu zahlenden Verbrennungsentgelte zu den variablen, nicht zu den Vorhaltekosten zählen.
159Auch bei den Personalkosten handelt es sich nicht in Gänze um Vorhaltekosten. Der Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. März 2015, ist zu entnehmen, dass Personalkosten von 15.252.300,00 Euro als Vorhaltekosten eingestellt worden sind. Dieser Betrag entspricht nach einem Abgleich mit der dem Gericht vorliegenden Gebührenbedarfsberechnung Abfall 2012 – Anlage 2 zur DS 11-1778 - dem gesamten kalkulierten Personalaufwand. Der Satzungsgeber ist bei der Ermittlung der Grundgebühr offensichtlich davon ausgegangen, dass die gesamten Personalkosten auf sämtliche Gebührenschuldner unabhängig von der jeweiligen Inanspruchnahme der Abfallentsorgungseinrichtung umgelegt werden können. Auch wenn die Beklagte meint, dass diese Kosten das Personal betreffen, das „ausschließlich im Bereich der Abfallwirtschaft tätig“ sei und nicht kurzfristig beschäftigt sei, und damit als Vorhaltekosten insgesamt ansatzfähig seien, zeigt schon die Differenzierung der Leistungsgebühren in § 2 Abs. 4 ff. AGS deutlich eine stark variierende Inanspruchnahme der vielfältigen Leistungen der öffentlichen Abfalleinrichtung. Dabei wird in unterschiedlicher Art und Weise auch Personal gebunden, das erfahrungsgemäß nicht von jedem Gebührenschuldner in Anspruch genommen wird. Dies wird besonders deutlich bei der Sperrgutabfuhr. Denn dort wird die Inanspruchnahme des Personals den Gebührenpflichtigen teilweise zeitbezogen nach dem Maß der Inanspruchnahme im Rahmen der Leistungsgebühr berechnet (vgl. § 2 Abs. 12, insbesondere 3. Spiegelstrich AGS: 50,- Euro je angefangene halbe Stunde). Diese Personalkosten können deshalb nicht bei der Kalkulation der Grundgebühr berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für die Gebühren für Sondereinzelleerungen nach § 2 Abs. 10 AGS und Nachleerungen nach § 2 Abs. 11 AGS. Auch hierbei geht es nicht um Entsorgungskosten, sondern um die Kosten der erneuten Anfahrt (vgl. Drs. 11-1778, S. 6).
160Der Frage, in welcher Höhe im Einzelnen die Vorhaltekosten für das Personal hätten angesetzt werden dürfen, musste der Senat nicht weiter nachgehen.
161Unabhängig davon ist der Senat auch hier gehindert, die Ermittlung der Höhe der Grundgebühr unter sachgerechten Kriterien vorzunehmen, da diese Entscheidung dem Satzungsgeber vorbehalten ist.
1623. Gesamtnichtigkeit
163Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von einer Gesamtnichtigkeit aller Gebührensätze ausgegangen. Nach dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers kann nicht von der Gültigkeit der Gebührensätze – hier der Leistungsgebühren -, die unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zu niedrig kalkuliert sein dürften, ausgegangen werden. In der Regel will der Satzungsgeber das mögliche Maß bei der Gebührenerhebung ausschöpfen. Hierzu käme es nicht, blieben die voraussichtlich zu niedrig angesetzten Gebührensätze bestehen.
164Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Mai 2011 – 9 A 1901/09 –, juris Rn. 16 ff.
165Die Entscheidung, in welcher Höhe die einzelnen Gebühren erhoben werden sollen, obliegt dem Satzungsgeber, nicht dem Gericht.
166II. Gebührenmaßstab
167Die Rechtmäßigkeit des Maßstabs der Grundgebühr (§ 2 Absätze 2 und 3 AGS) bleibt offen. Der Senat hat angesichts der Nichtigkeit aller Gebührensätze davon abgesehen, den diesem Maßstab zugrunde gelegten rechtlichen und tatsächlichen Annahmen weiter nachzugehen.
168Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte trägt die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens, weil sie ohne Erfolg ein Rechtsmittel eingelegt hat. Die Beigeladene trägt die andere Hälfte der Kosten der Berufung, weil sie auf derselben Seite wie die Beklagte gestanden und mit ihrem Berufungsantrag für dasselbe Ziel gestritten hat.
169Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
170Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht vorliegen.
(1) Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind auch auf Unternehmen anzuwenden, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden. Die §§ 19, 20 und 31b Absatz 5 sind nicht anzuwenden auf öffentlich-rechtliche Gebühren oder Beiträge. Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind nicht auf die Deutsche Bundesbank und die Kreditanstalt für Wiederaufbau anzuwenden.
(2) Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind auf alle Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlasst werden.
(3) Die Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes stehen der Anwendung der §§ 19, 20 und 29 nicht entgegen, soweit in § 111 des Energiewirtschaftsgesetzes keine andere Regelung getroffen ist.
(4) Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind nicht auf Treuhandverwaltungen, Kapitalmaßnahmen oder Enteignungen nach den §§ 17, 17a oder 18 des Energiesicherungsgesetzes anzuwenden. Satz 1 gilt entsprechend für Übertragungen von Vermögensgegenständen nach § 17 Absatz 5 Satz 2 oder § 17b des Energiesicherungsgesetzes an juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts, deren Anteile ausschließlich vom Bund oder von der Kreditanstalt für Wiederaufbau unmittelbar oder mittelbar gehalten werden. Satz 1 gilt nicht für Privatisierungen nach § 17b Absatz 2 Satz 3 oder § 20 Absatz 3 des Energiesicherungsgesetzes.
(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen
- 1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen; - 2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen; - 3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist; - 4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt; - 5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.
(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.
(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.
(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.
(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.
(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen
- 1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder - 2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder - 3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.
(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.
(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.
(1) Die Kartellbehörde erteilt zu den nach § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 freigestellten Verträgen auf Anfrage Auskunft über
- 1.
Angaben nach § 31a und - 2.
den wesentlichen Inhalt der Verträge und Beschlüsse, insbesondere Angaben über den Zweck, über die beabsichtigten Maßnahmen und über Geltungsdauer, Kündigung, Rücktritt und Austritt.
(2) Die Kartellbehörde erlässt Verfügungen nach diesem Gesetz, die die öffentliche Versorgung mit Wasser über feste Leitungswege betreffen, im Benehmen mit der Fachaufsichtsbehörde.
(3) Die Kartellbehörde kann in Fällen des Missbrauchs nach § 31 Absatz 4
- 1.
die beteiligten Unternehmen verpflichten, einen beanstandeten Missbrauch abzustellen, - 2.
die beteiligten Unternehmen verpflichten, die Verträge oder Beschlüsse zu ändern, oder - 3.
die Verträge und Beschlüsse für unwirksam erklären.
(4) Bei einer Entscheidung über eine Maßnahme nach Absatz 3 berücksichtigt die Kartellbehörde Sinn und Zweck der Freistellung und insbesondere das Ziel einer möglichst sicheren und preisgünstigen Versorgung.
(5) Absatz 3 gilt entsprechend, soweit ein Wasserversorgungsunternehmen eine marktbeherrschende Stellung innehat.
(6) § 19 bleibt unberührt.
(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen
- 1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen; - 2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen; - 3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist; - 4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt; - 5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.
(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.
(1) Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind auch auf Unternehmen anzuwenden, die ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder die von ihr verwaltet oder betrieben werden. Die §§ 19, 20 und 31b Absatz 5 sind nicht anzuwenden auf öffentlich-rechtliche Gebühren oder Beiträge. Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind nicht auf die Deutsche Bundesbank und die Kreditanstalt für Wiederaufbau anzuwenden.
(2) Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind auf alle Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlasst werden.
(3) Die Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes stehen der Anwendung der §§ 19, 20 und 29 nicht entgegen, soweit in § 111 des Energiewirtschaftsgesetzes keine andere Regelung getroffen ist.
(4) Die Vorschriften des Ersten bis Dritten Teils dieses Gesetzes sind nicht auf Treuhandverwaltungen, Kapitalmaßnahmen oder Enteignungen nach den §§ 17, 17a oder 18 des Energiesicherungsgesetzes anzuwenden. Satz 1 gilt entsprechend für Übertragungen von Vermögensgegenständen nach § 17 Absatz 5 Satz 2 oder § 17b des Energiesicherungsgesetzes an juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts, deren Anteile ausschließlich vom Bund oder von der Kreditanstalt für Wiederaufbau unmittelbar oder mittelbar gehalten werden. Satz 1 gilt nicht für Privatisierungen nach § 17b Absatz 2 Satz 3 oder § 20 Absatz 3 des Energiesicherungsgesetzes.
(1) Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU stehen öffentlichen Auftraggebern das offene Verfahren, das nicht offene Verfahren, das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, der wettbewerbliche Dialog und die Innovationspartnerschaft nach ihrer Wahl zur Verfügung. Ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb steht nur zur Verfügung, soweit dies aufgrund dieses Gesetzes gestattet ist.
(2) Abweichend von § 132 Absatz 3 ist die Änderung eines öffentlichen Auftrags über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig, wenn der Wert der Änderung nicht mehr als 20 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes beträgt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.