Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 19. Juli 2016 - 2 M 61/16

bei uns veröffentlicht am19.07.2016

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Rechtsverordnung des Antragsgegners über erweiterte Ladenöffnungszeiten in Kur- und Erholungsorten, Weltkulturerbestädten sowie in anerkannten Ausflugsorten und Ortsteilen mit besonders starkem Fremdenverkehr (Bäderverkaufsverordnung – BädVerkVO M-V) vom 11. Dezember 2015 (GVOBl. M-V S. 631ff) teilweise bis zu einer Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragstellerin außer Vollzug zu setzen.

2

Nach der genannten Bäderverkaufsverordnung ist in dem Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2020 in den in den Anlagen 1 und 2 der Verordnung aufgeführten 66 Städten und Gemeinden, teilweise beschränkt auf bestimmte Ortsteile, vom 15. März bis einschließlich des ersten Sonntags im November, soweit nicht Allerheiligen, und dem ersten Sonntag im Januar eines jeden Jahres an Sonntagen, die keine gesetzlichen Feiertage sind, in der Zeit von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr der gewerbliche Verkauf zulässig (§ 3 Abs. 1 BädVerkVO).

3

Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 BädVerkVO ist der gewerbliche Verkauf eines typischen touristischen Angebotes, das für diese Orte kennzeichnend ist, zulässig. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift zählt dazu in der Regel der Einzelhandel mit Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs verschiedener Art, Hauptrichtung Nahrungs- und Genussmittel, Verlagsprodukte, Sportausrüstung und Spielwaren, Bekleidung und Lederwaren, Kleingeräte zur mobilen Kommunikation, kosmetische Erzeugnisse, Briefmarken, Geschenkartikel und der Einzelhandel an Verkaufsständen und auf Märkten.

4

Ausgeschlossen ist gemäß § 3 Abs. 4 BädVerkVO

5

a) der Verkauf in Baumärkten, Möbelhäusern und Autohäusern,

6

b) der Verkauf in Verkaufsstellen mit einer Verkaufsfläche von mehr als 1 500 m², soweit dieser nicht in Erlebnisparks oder Erlebnishöfen vorgenommen wird,

7

c) der Verkauf von Haushaltsgeräten wie Kühlschränke, Gefrierschränke, Herde, Waschmaschinen, Geschirrspülmaschinen und Wäschetrockner sowie Lampen und Staubsauger,

8

d) der Verkauf von Informationstechnik-, Unterhaltungs- und Kommunikationselektronikgeräten wie Hifi-Anlagen, Fernseher, Video/DVD-Anlagen, Computer, Laptops, Beamer, Drucker und Faxgeräte,

9

e) der Verkauf von Autoersatzteilen, Baumaschinen, Reisen, lebenden Tieren, Münzen, Booten, pyrotechnischen Gegenständen, Lotterielosen, Fluggeräten, Antiquitäten, Schusswaffen und Munition, Jagdausrüstungen sowie der Verkauf von Pelzwaren und Uhren, sofern diese in der Verkaufsstelle das Hauptsortiment darstellen.

10

In den in der Anlage 2 festgelegten Gebieten der Weltkulturerbestädte Wismar und Stralsund ist nach § 4 Abs. 1 BädVerkVO der gewerbliche Verkauf aus besonderem Anlass an zwölf Sonntagen im Jahr, die keine gesetzlichen Feiertage sind, in der Zeit von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr zulässig. Nicht freigegeben ist der gewerbliche Verkauf am Ostersonntag und am Pfingstsonntag sowie im Monat Dezember mit Ausnahme des ersten Advents. Ausgeschlossen ist der gewerbliche Verkauf in Baumärkten, Möbelhäusern und Autohäusern. Der gewerbliche Verkauf ist grundsätzlich an höchstens zwei aneinander folgenden Sonntagen zulässig.

11

Nach § 5 Abs. 1 BädVerkVO ist an Sonntagen, die keine gesetzlichen Feiertage sind, in den Grenzen des § 10 des Gesetzes über die Ladenöffnungszeiten für das Land Mecklenburg-Vorpommern – LöffG M-V – vom 18. Juni 2007 (GVOBl. M-V S. 226) und unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 der gewerbliche Verkauf von Waren, während der Dauer einer Veranstaltung beziehungsweise Dauer der Öffnung möglich, die in unmittelbar räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer herausragenden Freizeiteinrichtung steht.

12

Die Antragstellerin hat am 11.02.2016 den vorliegenden Eilantrag gestellt und am 24.02.2016 beim Oberverwaltungsgericht Greifswald einen Normenkontrollantrag (Az: 2 K 80/16) anhängig gemacht, über den noch nicht entschieden worden ist.

13

Sie trägt im Wesentlichen vor, sie sei antragsbefugt. Ihre subjektiven Rechte, deren Verletzung durch die angegriffene Verordnung drohe, ergäben sich aus Art. 9 Abs. 1 und 3 GG konkretisiert durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV. Sie habe in Mecklenburg-Vorpommern ca. 4.500 Mitglieder; jedoch komme es für die Antragsbefugnis darauf nicht an, sondern es reiche aus, dass sie in dem betreffenden Bereich aktiv sei.

14

Die Erfolgsaussichten in dem Hauptsacheverfahren sprächen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die angegriffenen Regelungen seien offensichtlich rechtswidrig, da sie den verfassungsrechtlichen Anforderungen an Ausnahmen vom Gebot der Sonn- und Feiertagsruhe nicht gerecht würden, in Teilen gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstießen und es hinsichtlich der Regelung in § 5 BädVerkVO an einer Rechtsgrundlage fehle.

15

Ausnahmen vom Sonntagsschutz im Bereich der Ladenöffnungen dürften nicht das generelle Konzept und den Kernbereich der Sonn- und Feiertagsruhe gefährden; sie müssten als solche für die Öffentlichkeit erkennbar sein und dürften nicht auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertagsähnlichen Verhältnisse mit den Werktagen hinauslaufen.

16

In zeitlicher Hinsicht werde die Öffnung von Geschäften nach § 3 BädVerkVO je nach Lage der Feiertage an bis zu 34 bzw. 36 Sonntagen im Jahr, und damit an mehr als zwei Dritteln aller Sonntage, in der Zeit von 12:00 Uhr bis 18:00 Uhr gestattet. Dadurch werde das Regel- Ausnahme- Verhältnis umgekehrt. Zudem könnten nach § 6 Abs. 1 LöffG M-V weitere Sonntage als offen freigegeben werden, so dass sich die Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage auf bis zu 37 bzw. 39 erhöhten. Für die Weltkulturerbestädte Wismar und Stralsund werde der Verkauf auf zwölf Sonntage beschränkt; ergänzt um die Regelung des § 6 Abs. 1 LöffG M-V könnten in diesen Städten die Geschäfte an 16 Sonntagen öffnen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass in Mecklenburg-Vorpommern die Geschäfte von Montag bis Freitag rund um die Uhr und am Samstag bis 22:00 Uhr geöffnet sein dürften. Daraus folge, dass an einen Sachgrund für weitere Sonntagsöffnungen ganz besonders hohe Anforderungen zu stellen seien, deren Erfüllung hier nicht ersichtlich sei.

17

Im räumlichen Geltungsbereich unterscheide die Verordnung innerhalb der darin genannten Ortschaften nicht noch einmal nach Gebieten, die besonders von Touristen oder Urlaubern frequentiert werden, sondern gestatte die Öffnung in den gesamten Bereichen. Die Auswirkungen in den betreffenden Gebieten endeten nicht an den jeweiligen Orts- und Gemeindegrenzen, so dass die Beeinträchtigung der Sonn- und Feiertagsruhe wesentlich über die in der Verordnung festgelegten Gebiete hinaus wirke.

18

Die Zulassung des Verkaufs von Waren an Sonntagen könne nicht als Ausnahmeregelung wahrgenommen werden. Aus § 3 Abs. 3 und 4 BädVerkVO folge, dass sämtliche Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs verkauft werden könnten. Da Supermärkte nach dem städtebaulichen Regelungen über eine Fläche von 400 m² bis 1499 m² verfügten, sei der Verkauf des dortigen gewöhnlichen Angebotes in vollem Umfang zulässig. Aus der Beschränkung des zulässigen Warenkatalogs folge nicht die Beschränkung der Öffnungen, und zwar unabhängig von der Frage der Durchsetzbarkeit einer solchen Regelung.

19

Für die Zulassung der Öffnungen in dem festgelegten Umfang bestehe kein hinreichender Sachgrund. Ein solcher sei weder in dem Verkaufsinteresse der Händler noch in dem Einkaufsinteresse der Kunden oder dem hohen Aufkommen an Touristen in den betreffenden Zeiträumen zu sehen. Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs verschiedener Art hätten keinen spezifischen Bezug zum Tourismus, zumal nicht ersichtlich sei, warum Touristen und Urlauber auf eine zusätzliche Sonntagsöffnung der Geschäfte angewiesen sein sollten. Der Antragsgegner habe keine verlässliche Prognose darüber getroffen, dass der Tourismus in allen von der Verordnung betroffenen Bereichen und an allen Sonntagen, die davon erfasst würden, einen erheblichen Besucherstrom auslösen werde.

20

Die Verordnung regele in § 3 Abs. 3 Satz 1 sowie § 3 Abs. 4 d BädVerkVO nicht hinreichend klar und bestimmt, welche Waren an den betreffenden Sonntagen verkauft werden könnten und sei daher offensichtlich unwirksam.

21

Für die Regelung in § 5 BädVerkVO fehle es mangels entsprechender Regelungskompetenz in § 10 LöffG M-V an einer Rechtsgrundlage. Die Vorschrift verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, da nicht erkennbar sei, was mit der Formulierung "in den Grenzen des § 10 Ladenöffnungsgesetz" gemeint sei.

22

In die Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin sei der Sonn- und Feiertagsschutz aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV einzubeziehen. Die Tendenz, den Samstag als Arbeitstag zu nutzen, führe dazu, dass ausschließlich der Sonntag verbleibe, an dem sie Veranstaltungen durchführen könne, für die eine ausreichende Erreichbarkeit von Mitgliedern und Interessierten sichergestellt werden könne. Das ökonomische Interesse der begünstigten Händler habe keinen dem Sonntagsschutz vergleichbaren verfassungsrechtlichen Stellenwert. Weder das Erwerbsinteresse der Händler noch das Einkaufsinteresse der Kunden allein könne ebenso wie das Interesse des Antragsgegners am Tourismus eine Öffnung am Sonntag rechtfertigen. Das Ladenöffnungsgesetz biete hinreichend Ausnahmeregelungen, die eine Versorgung der Touristen auch an Sonn- und Feiertagen gewährleisteten.

23

Würde dem Antrag nicht stattgegeben werden und hätte der Normenkontrollantrag im Ergebnis Erfolg, wäre die Antragstellerin in ihren Rechten aus Art. 9 GG i.V.m. Art. 140 GG sowie Art. 139 WRV verletzt, ohne dass im Wege des Primärrechtsschutzes eine Rückgängigmachung möglich wäre. Würde dem Antrag stattgegeben, hätte die Normenkontrolle aber keinen Erfolg, wäre ein Öffnen von Geschäften an den betreffenden Sonntagen nicht möglich. Dies entspreche den verfassungsrechtlichen Vorgaben, wonach der Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe gewährleistet werde. Die Erhaltung der Öffnungsmöglichkeit am Sonntag würde eine erhebliche Abweichung vom gesetzlich vorgegebenen Regelzustand bedeuten. Bei der Folgenanalyse sei auch die Entscheidung des OEufach0000000005 vom 07.04.2010 mit den dortigen Hinweisen und Vorgaben zu den Anforderungen an eine Bäderverkaufsverordnung zu berücksichtigen.

24

Die Antragstellerin beantragt,

25

durch Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO die §§ 2, 3, 4 und 5 der Rechtsverordnung des Antragsgegners über erweiterte Ladenöffnungszeiten in Kur- und Erholungsorten, Weltkulturerbestädten sowie in anerkannten Ausflugsorten und Ortsteilen mit besonders starkem Fremdenverkehr (Bäderverkaufsverordnung – BädVerkVO M-V) vom 11. Dezember 2015, veröffentlicht im Gesetz- und Verordnungsblatt des Antragsgegners vom 30. Dezember 2015, Seite 631ff, bis zu einer Entscheidung über einen Normenkontrollantrag der Antragstellerin außer Vollzug zu setzen.

26

Der Antragsgegner beantragt,

27

den Antrag abzuweisen.

28

Er trägt vor, der Antrag sei unzulässig. Mangels Darlegung einer konkreten Verletzung subjektiver Rechte fehle es an der Antragsbefugnis der Antragstellerin. Es sei nicht dargelegt, dass sie Mitglieder habe, die vom Sonntagsverkauf betroffen sein könnten; auch ergebe sich nicht, dass es in dem maßgeblichen Bereich Veranstaltungen oder sonstige satzungsgemäße Aktivitäten geben solle.

29

Der Antrag sei auch unbegründet. Die BädVerkVO sei jedenfalls nicht offensichtlich unwirksam. Der Antragsgegner habe die Entscheidungsgründe in dem Urteil des OEufach0000000005 vom 07.04.2010 berücksichtigt und die angegriffene Verordnung erheblich enger als die vom 13.07.2007 gefasst, um dem verfassungsrechtlich garantierten Sonntagsschutz besonders Rechnung zu tragen. Da die durch die BädVerkVO erfassten Gebiete bzw. Städte sehr stark durch den Tourismus geprägt seien, bestehe ein wesentliches öffentliches Interesse des Landes sowie der Touristen an einer Ladenöffnung auch am Wochenende. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis werde gewahrt, da die Regelungen der BädVerkVO sicherstellten, dass an den betreffenden Sonntagen keine typische werktägliche Geschäftigkeit eintrete. Dem sei dadurch Rechnung getragen, dass die Sonntagsöffnungen ausschließlich den gewerblichen Verkauf eines typischen touristischen Angebotes zuließen und zudem räumlich und zeitlich weit gehende Beschränkungen geregelt würden.

30

Die zugelassene Sonntagsöffnung sei durch einen Sachgrund gerechtfertigt. Die Stellung der erfassten Orte und Ortsteile als besondere Tourismusstandorte wäre gefährdet, wenn im Gegensatz zu anderen Urlaubsregionen nicht auf das mit dem besonders starken Fremdenverkehr einhergehende besondere Einkaufsverhalten der Touristen Rücksicht genommen werden dürfte. Insbesondere Wochenendtouristen könnten nicht auf den Einkauf an einem anderen Wochentag verwiesen werden. Das touristische Erwerbs- bzw. Verkaufsinteresse sei durch die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützt, so dass es wie beim Sonntagsschutz ebenfalls um Rechte mit Verfassungsrang gehe. Durch die BädVerkVO werde kein "Einkaufstourismus" geschaffen, da die Stellung der genannten Orte bzw. Ortsteile als besondere Tourismusstandorte die Ausnahmen vom Sonntagsschutz bedingen würden.

31

Die Regelungen der BädVerkVO seien hinreichend bestimmt. In § 3 Abs. 3 Satz 1 BädVerkVO sei unmissverständlich klargestellt, dass nur der gewerbliche Verkauf eines touristischen Angebotes, welches für den jeweiligen Ort oder Ortsteil kennzeichnend sei, zulässig sei.

32

Orte, die iSd. § 5 BädVerkVO in einem unmittelbaren räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer herausragenden Freizeiteinrichtung stehen, würden zwangsläufig zu Orten mit besonders starkem Fremdenverkehr, so dass diese Regelung von der Ermächtigungsgrundlage in § 10 LöffG M-V gedeckt sei.

33

Die im Rahmen des § 47 Abs. 6 VwGO vorzunehmende Abwägung führe zu einer Ablehnung des Antrags der Antragstellerin. Eine landesweite Außervollzugsetzung der bereits in Kraft getretenen BädVerkVO käme einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich. Die Touristen hätten sich darauf eingestellt, ihre Einkäufe zur Deckung des typischen touristischen Bedarfs in den durch die Verordnung vorgegebenen Grenzen auch an Sonntagen tätigen zu können. Dies gelte auch für die Einzelhändler, die bereits Dispositionen getroffen hätten. Eine Außervollzugsetzung der BädVerkVO widerspreche der gesetzgeberischen Intention in § 10 LöffG M-V, der deutlich mache, dass Ausnahmen vom Sonntagsschutz in den Bäder- und Fremdenverkehrsorten zulässig seien. Die Antragstellerin lege nicht dar, inwiefern die angegriffene Verordnung ihre Rechtsstellung konkret beeinträchtige. In Mecklenburg-Vorpommern gebe es seit ca. 20 Jahren Bäderverkaufsverordnungen. Diese seien von der Antragstellerin in der Vergangenheit niemals angefochten worden.

34

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und in dem Verfahren 2 K 80/16 sowie auf die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

35

Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig (1.), hat aber in der Sache keinen Erfolg (2.).

(1.)

36

Die Antragstellerin verfügt über die für die Zulässigkeit ihres Antrages erforderliche Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Antragsbefugt ist danach, wer geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei reicht die Möglichkeit der Verletzung in eigenen Rechten aus (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage, § 47 Rdn. 46f). Erforderlich ist insoweit, dass die in Frage stehenden Rechtssätze zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt sind (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 83 m.w.N.).

37

Der Sonntagsschutz aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV dient auch dem Schutz des Interesses von Vereinigungen und Gewerkschaften am Erhalt günstiger Rahmenbedingungen für gemeinschaftliches Tun und ist in diesem Sinne drittschützend (BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 – 8 CN 2/14 – zitiert nach juris). Die Antragstellerin als Gewerkschaft kann daher geltend machen, dass die hier streitgegenständliche BädVerkVO M-V mit ihren Regelungen über die Öffnungszeiten an Sonntagen gegen die Bestimmung gegen eine auch sie schützende Rechtsnorm verstoße. Mit der Gewährleistung rhythmisch wiederkehrender Tage der Arbeitsruhe konkretisiert Art. 139 WRV auch das Sozialstaatsprinzip und hat weitergehende grundrechtliche Bedeutung. Die Sonn- und Feiertagsruhe fördert und schützt nicht nur die Ausübung der Religionsfreiheit, sondern ermöglicht neben anderen Aspekten auch die effektivere Wahrnehmung der in Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Vereinigungsfreiheit. Die soziale Bedeutung des Sonn- und Feiertagsschutzes und mithin der generellen Arbeitsruhe im weltlichen Bereich resultiert wesentlich aus der - namentlich durch den Wochenrhythmus bedingten - synchronen Taktung des sozialen Lebens. Die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist auch für die Rahmenbedingungen des Wirkens der politischen Parteien, der Gewerkschaften und sonstiger Vereinigungen bedeutsam und wirkt sich weiter, freilich im Verbund mit einem gesamten "freien Wochenende", auch auf die Möglichkeiten zur Abhaltung von Versammlungen aus (vgl. BVerfG, Urteil vom 01.12.2009 – 1 BvR 2857, 2858/08 – zitiert nach juris).

38

Auch wenn die Antragstellerin nicht unmittelbar Adressatin der streitgegenständlichen BädVerkVO M-V und der darin geregelten Ladenöffnungszeiten ist, wird sie durch diese in ihrem grundrechtlich geschützten Tätigkeitsbereich betroffen. Hierfür genügt, dass sich die Öffnung der Verkaufsstellen an einem Sonntag negativ auf die Grundrechtsverwirklichung der Antragstellerin auswirken kann. Die Rechtsverordnung erlaubt die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen, die dem Dienstleistungsbereich zuzuordnen sind; die Antragstellerin vertritt nach ihrem Vorbringen in diesem Bereich tätige Arbeitnehmer. Die Sonntagsöffnung kann deshalb zur Folge haben, dass Mitglieder der Antragstellerin an diesem Tag an der Teilnahme gemeinschaftlicher Veranstaltungen der Antragstellerin gehindert sind. Außerdem betroffen ist der Bereich der Mitgliederwerbung der Antragstellerin bezogen auf solche im Dienstleistungsbereich tätigen und in den von der Sonntagsöffnung erfassten Verkaufsstellen beschäftigten Arbeitnehmer, die an der gewerkschaftlichen Tätigkeit der Antragstellerin interessiert sind (vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 – 8 CN 2/14 –, zitiert nach juris). Insofern ist es ohne Belang, ob die Antragstellerin bereits konkrete Veranstaltungen an einem der von der angegriffenen BädVerkVO M-V erfassten Sonntagen geplant hat oder ob von ihr bereits vertretene Mitglieder der Gewerkschaft unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen.

39

Darüber hinaus ist jedenfalls der durch die Antragstellerin nunmehr im Verlauf des vorliegenden Verfahrens gestellte Antrag hinreichend bestimmt und benennt ausdrücklich die konkreten Normen, deren Außervollzugsetzung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren begehrt wird.

(2.)

40

Einstweiliger Rechtsschutz in Form einer einstweiligen Anordnung wird im Normenkontrollverfahren gemäß § 47 Abs. 6 VwGO auf Antrag gewährt, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Dabei sind an den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Normenkontrollverfahren entsprechend § 32 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz – BVerfGG – hohe Anforderungen zu stellen (OEufach0000000005, Beschluss vom 28.10.2015 – 3 M 199/15 – zitiert nach juris, sowie Beschlüsse vom 17.10.2000 – 4 M 74/00 – und vom 29.12.2005 – 3 M 165/05 –). Wegen der weitreichenden Folgen, die die Aussetzung des Vollzugs einer Rechtsnorm für eine unbestimmte Anzahl von Personen und Behörden hat, ist an die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (so schon OEufach0000000005, Beschluss vom 30.12.1993 – 4 M 5/93 – m.w.N.). Dabei ist zu beachten, dass der in § 47 Abs. 6 VwGO verwendete Begriff des "schweren Nachteils" strenger ist als der Begriff "wesentliche Nachteile" in § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO. Schon der abweichende Wortlaut der Norm verlangt die Anwendung eines strengeren Maßstabs als im Anwendungsbereich von § 123 VwGO. In Anlehnung an § 32 BVerfGG ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung, da er zumindest teilweise die begehrte Entscheidung in der Hauptsache vorweg nimmt, daher nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zulässig, etwa wenn Rechte oder rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers in ganz besonderem Maße beeinträchtigt oder den Betroffenen außergewöhnliche Opfer abverlangt werden. Die für den Erlass sprechenden Gründe müssen so schwer wiegen, dass die einstweilige Anordnung gleichsam unabweisbar erscheint. Diejenigen Nachteile, die sich regelmäßig aus dem Vollzug der angefochtenen Rechtsnorm ergeben, müssen dabei außer Betracht bleiben. Sie können nicht als "besondere" und damit schwere Nachteile angesehen werden und stellen auch keine „anderen wichtigen Gründe“ im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO dar. Solche können sich im Gegensatz zum individuell bezogenen Begriff des „schweren Nachteils“ auch aus Beeinträchtigungen der Allgemeinheit ergeben, jedoch müssen sie von einem dem „schweren Nachteil“ vergleichbaren Gewicht sein; auf die Beeinträchtigung allein öffentlicher Interessen kann der Erlass der einstweiligen Anordnung daher nicht gestützt werden (vgl. Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 47 Rdn. 394, 398). Für die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sind daher die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrages in der Hauptsache insofern von Bedeutung, als jedenfalls bei offensichtlicher Unzulässigkeit oder offensichtlicher Unbegründetheit des Antrags in der Hauptsache der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Regel schon deshalb abzulehnen ist (vgl. OEufach0000000005, Beschlüsse vom 14.10.2003 – 4 M 66/03 – und 29.12.2005 – 4 M 165/05 –, unter Hinweis auf OEufach0000000005, Beschluss vom 20.11.1997 – 3 M 145/97 –, NuR 1999, 237; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 47 Rdn. 153). Erweist sich der Normenkontrollantrag weder als offensichtlich unzulässig noch als offensichtlich unbegründet bzw. als offensichtlich begründet, ist zu prüfen, ob die Anwendung der angegriffenen Rechtsvorschrift in der Zeit bis zur Entscheidung des Normenkontrollantrages in der Hauptsache für den Antragsteller einen schweren Nachteil bedeutet (vgl. OEufach0000000005, Beschluss vom 22.12.2004 – 4 M 301/04 –, NordÖR 2005, 161, unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 29.04.1969 – 1 BvR 47/69 –, BVerfGE 25, 367 [370]). Erleidet der Antragsteller durch den Vollzug der angegriffenen Normen keinen schweren Nachteil und liegen keine anderen wichtigen Gründe vor, kommt es auf die von ihm geltend gemachte Begründetheit des Normenkontrollantrages nicht an (vgl. OEufach0000000005, Beschluss vom 23.12.2005 – 3 M 145/05 –, zitiert nach juris; OVG Münster, Beschlüsse vom 24.03.2005 – 10 B 2003/04.NE – und vom 15.02.2005 – 10 B 515/04.NE –; VGH Kassel, Beschluss vom 26.11.1999 – 4 NG 1902/99 – NVwZ-RR 2000, 655; Dombert in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage, Rdn. 594; a. A. VGH Mannheim, Beschluss vom 23.11.1998 – 14 S 2844/98, NJW 1999, 1569; OVG Weimar, Beschluss vom 29.09.2000 – 2 N 804/00, NVwZ-RR 2001, 234; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 47 Rdn. 154 m.w.N).

41

Der auf die Feststellung der Unwirksamkeit der angegriffenen Verordnung gerichtete Normenkontrollantrag in der Hauptsache (2 K 80/16) erweist sich nicht als offensichtlich unbegründet bzw. als offensichtlich begründet (a.). Die nach alledem zu treffende Folgenabwägung ergibt, dass die Anwendung der angegriffenen Rechtsvorschriften bis zur Entscheidung in der Hauptsache für die Antragstellerin keinen schweren Nachteil begründet und der Erlass der einstweiligen Anordnung auch nicht aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten erscheint (b.).

(a.)

42

Formelle Bedenken gegen den wirksamen Erlass der BädVerkVO M-V sind durch die Antragstellerin weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

43

Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der angegriffenen Regelungen der BädVerkVO M-V ergibt sich nicht unter Berücksichtigung der Entscheidung des 4. Senats des OEufach0000000005 vom 07.04.2010 (– 4 K 13/09, 4 K 14/09 –, zitiert nach juris).

44

Darin hatte das Gericht die damals zu überprüfende Verordnung über erweiterte Ladenöffnungszeiten in Kur- und Erholungsorten, Weltkulturerbestädten sowie in anerkannten Ausflugsorten und Ortsteilen mit besonders starkem Fremdenverkehr (Bäderverkaufsverordnung - BädVerkVO M-V) vom 17. April 2009 (GVOBl. M-V S. 323) wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht für unwirksam erklärt. Ihre Vorschriften genügten nicht den besonderen Anforderungen zum Schutz der Sonn- und Feiertage, die sich aus dem Grundgesetz, der Landesverfassung M-V und dem Ladenöffnungsgesetz M-V ergäben (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG i.V.m. Art. 140 GG und Art. 5 Abs. 3, Art. 9 LV M-V jeweils in Verbindung mit Art. 139 WRV sowie § 10 LöffG M-V). Insbesondere verstießen die Vorschriften gegen das für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen vom Grundgesetz, der Landesverfassung und vom Ladenöffnungsgesetz M-V festgelegte Regel-Ausnahme-Verhältnis. Sie ermöglichten fast ganzjährig - mit Ausnahme der kreisfreien Städte A-Stadt, Schwerin, Greifswald und Neubrandenburg, wo lediglich 11 verkaufsoffene Sonntage zugelassen seien - in 145 Orten und Ortsteilen des Landes den gewerblichen Verkauf an Sonntagen, die keine gesetzlichen Feiertage sind, in der Zeit von 11.30 Uhr bis 18.30 Uhr; dabei sei von mindestens 45 von 52 möglichen Sonntagen auszugehen. Bei den kreisfreien Städten Greifswald, Neubrandenburg, A-Stadt und Schwerin würden mehr als 6/7 aller Sonntage für den gewerblichen Verkauf freigegeben, was nicht mehr als „Ausnahme“ im Sinne des § 10 LadSchlG M-V anzusehen sei. Ausgenommen von der angegriffenen Regelung sei der gewerbliche Verkauf in Baumärkten, Möbelhäusern und Autohäusern. Der Senat ziehe nicht in Zweifel, dass in Kur- und Erholungsorten sowie in Ausflugsorten mit besonders starkem Fremdenverkehr ein anderes Versorgungs- und wohl auch ein anderes Freizeitinteresse bestehe als in anderen Orten. Allerdings bedürfe es einer näheren Abstimmung des Warenangebots im Rahmen des gewerblichen Verkaufs an Sonntagen gerade auf den touristischen Bedarf, da ein besonderes Versorgungs- und Freizeitinteresse - z.B. an dem Erwerb von Elektroartikeln an einem Sonntag - nicht zu erkennen und vom Antragsgegner auch nicht dargelegt sei. Diese örtlichen, zeitlichen und sachlichen Einschränkungen des gewerblichen Verkaufs an Sonn- und Feiertagen seien in ihrer Summierung nicht geeignet, dem geforderten Ausnahmecharakter des werktäglichen Verkaufs an Sonn- und Feiertagen angemessen Rechnung zu tragen; zumal es durch die fast vollständige Freigabe der Ladenöffnungszeiten an Werktagen notwendigerweise vermehrt zum Einsatz der Beschäftigten im Schicht- und Nachtbetrieb komme.

45

Die hier streitgegenständliche BädVerkVO vom 11.12.2015 bleibt von ihrem Regelungsinhalt, d.h. hinsichtlich der Ausnahmen vom grundsätzlichen Gebot der Sonntagsruhe, deutlich hinter den Ausnahmeregelungen in der durch das OVG getroffenen vorgenannten Entscheidung über die BädVerkVO aus dem Jahre 2007 zurück. Dies bezieht sich sowohl auf den räumlichen wie den zeitlichen Anwendungsbereich als auch auf das zulässige Warenangebot, das durch die Sonntagsöffnung umfasst wird.

46

In räumlicher Hinsicht ergeben sich aus der Anlage 1 der BädVerkVO insgesamt 64 Orte und Ortsteile, in denen nach § 3 Abs. 1 BädVerkVO eine Sonntagsöffnung zu den in der Verordnung genannten Sonntagen ermöglicht wird. Darüber hinaus wird in Anlage 2 der Verordnung in konkret bestimmten Teilbereichen der Weltkulturerbestädte Hansestadt Stralsund und Hansestadt Wismar eine Öffnung auch an Sonntagen für zulässig erklärt. Demgegenüber sah die BädVerkVO von 2007 Ausnahmeregelungen vom Verbot der Sonntagsöffnung in 145 Orten und Ortsteilen sowie in den kreisfreien Städten vor. Insoweit wurde der räumliche Anwendungsbereich der streitgegenständlichen Verordnung insgesamt mehr als halbiert und damit die regionalen Auswirkungen räumlich stark eingeschränkt.

47

Auch in zeitlicher Hinsicht ergibt sich aufgrund der Regelungen der BädVerkVO 2015 eine deutliche Herabsetzung der Ladenöffnungszeiten im Vergleich zur BädVerkVO 2007. Während die BädVerkVO 2007 noch Öffnungszeiten von 11:30 Uhr bis 18:30 Uhr ermöglichte, sieht die vorliegend angegriffene Verordnung von 2015 demgegenüber lediglich Öffnungszeiten von 12.00 Uhr bis 18:00 Uhr und damit eine um 1 Stunde verringerte Öffnungszeit vor. Auch hinsichtlich der Anzahl der Sonntage, an denen nach der BädVerkVO 2015 ausnahmsweise eine Sonntagsöffnung zulässig sein soll, bleibt die Regelung deutlich hinter derjenigen in der BädVerkVO 2007 zurück. Nach Letzterer war ausweislich der Entscheidung des OVG von mindestens 45 Sonntagen im Jahr auszugehen, wohingegen nach der streitgegenständlichen Verordnung nunmehr der gewerbliche Verkauf vom 15. März bis einschließlich des ersten Sonntags in November sowie dem ersten Sonntag im Januar zulässig sein soll. Dies ergibt eine Anzahl von ca. 32/33 Sonntagen (von 52 möglichen), an denen eine Sonntagsöffnung nach der angegriffenen Verordnung erfolgen können soll. Auch insoweit sieht die angegriffene Verordnung eine deutlich geringere Anzahl an Sonntagsöffnungen vor. Demgegenüber dürfte die Erhöhung der Sonntagsöffnung in den in der Anlage 2 benannten Bereichen der Weltkulturerbestädte von 11 (vgl. BädVerkVO 2007) auf nunmehr 12 (vgl. § 4 Abs. 1 BädVerkVO 2015) Sonntage nicht erheblich ins Gewicht fallen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Regelungen im LöffG M-V. Diese hatte das OVG in seiner genannten Entscheidung ebenfalls in seine Erwägungen mit einbezogen.

48

Schließlich ist nach § 3 Abs. 4 der angegriffenen Verordnung der Verkauf nicht nur in Baumärkten, Möbelhäusern und Autohäusern (wie in der BädVerkVO 2007) ausgeschlossen worden, sondern darüber hinaus sind zahlreiche weitere Waren vom gewerblichen Verkauf an den von der Verordnung erfassten Sonntagen ausgenommen worden.

49

Aufgrund dieser deutlich geringeren Ausnahmeregelungen im Hinblick auf die Möglichkeit der Sonntagsöffnung ist durch die angegriffene Verordnung jedenfalls der in der vorgenannten Entscheidung des OVG genannte Umfang weder annähernd erreicht noch gar überschritten worden. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des OVG, von der abzuweichen der erkennende Senat keinen Anlass sieht, lässt sich eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der BädVerkVO 2015 daher vorliegend nicht bejahen. Allerdings vermag der Senat bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Kontrolle der angegriffenen Verordnung deren Rechtmäßigkeit auch nicht offensichtlich zu bejahen. Insoweit muss eine endgültige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Verordnung wegen der verschiedenen sich stellenden Fragen dem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

(b.)

50

Daher ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die Anwendung der angegriffenen Verordnung in der Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache für die Antragstellerin einen schweren Nachteil begründet oder aus „anderen wichtigen Gründen“ dringend geboten erscheint. Dies ist jedenfalls dann gegeben, wenn durch den Vollzug der angegriffenen Norm Rechte oder rechtlich geschützte Interessen in besonderem Maße beeinträchtigt oder vom Antragsteller außergewöhnliche Opfer abverlangt werden. Es muss sich um einen endgültigen und nicht wieder gut zu machenden Schaden handeln (vgl. BayVGH, Beschluss vom 03.01.2013 – 1 NE 12.2151 –, zitiert nach juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 12.02.2010 – 2 Es 2/09.N –, zitiert nach juris; vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.04.1969 – 1 BvR 47/69 –, BVerfGE 25, 367 [370]). Dies ist anhand der Folgen zu ermitteln, die voraussichtlich eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte. Ergibt sich danach ein schwerer Nachteil, sind dem die Nachteile gegenüber zu stellen, die entstünden, wenn die einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag in der Hauptsache aber ohne Erfolg bliebe.

51

Ausgehend von diesen Grundsätzen und unter Berücksichtigung der eingangs dargelegten strengen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO vermag der Senat nicht zu erkennen, dass der Antragstellerin durch die im Hauptsacheverfahren angegriffene Verordnung oder deren Vollzug ein schwerer Nachteil zugefügt wird oder andere wichtige Gründe vorliegen, die den Erlass der einstweiligen Anordnung dringend geboten erscheinen lassen. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Rechtsvorschrift angeführt werden, haben dabei außer Betracht zu bleiben (vgl. Dombert in Dombert/Finkelnburg/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rdn. 591 m.w.N.).

52

Bei dieser Folgenabwägung ist zu berücksichtigen, dass ohne Erlass der einstweiligen Anordnung eine mögliche Verletzung schutzwürdiger subjektiver Rechte der Antragstellerin nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte, wenn die Rechtswidrigkeit der Verordnung erst in einem nachfolgenden Hauptsacheverfahren festgestellt würde. Dies gilt jedenfalls insoweit, als die BädVerkVO 2015 zum 01.01.2016 in Kraft getreten ist, und daher seit diesem Zeitpunkt eine Sonntagsöffnung entsprechend der dortigen Bestimmungen ermöglicht. Die bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren vergangene Zeit ließe sich nicht mehr rückgängig machen.

53

Die Antragstellerin hat hingegen nicht hinreichend dargelegt, dass ihr schwere und unzumutbare Nachteile drohen würden, wenn die ausdrücklich angegriffenen Normen der Verordnung nicht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens außer Vollzug gesetzt würden. Es ist nicht dargetan, dass die Antragstellerin ihren Aufgaben als Gewerkschaft, die sowohl das Werben neuer Mitglieder als auch das Abhalten von Veranstaltungen für die vorhandenen Mitglieder umfassen, unter Geltung der BädVerkVO nicht wahrnehmen kann.

54

Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsgegner für den Zeitraum vom 29.7.2010 bis zum 31.12.2015 die BädVerkVO vom 13.07.2010 (GVOBl. M-V 2010, 409) erlassen hatte, die bereits in ähnlichem Umfang wie die hier angegriffene Verordnung die Ladenöffnung an Sonntagen regelte, allerdings bezogen auf insgesamt 81 Orte und Ortsteile sowie die Weltkulturerbestädte Hansestadt Stralsund und Hansestadt Wismar. Auch in zeitlicher Hinsicht sowie im Hinblick auf den Ausschluss des gewerblichen Verkaufs bestimmter Warengruppen enthielt die zwischenzeitlich abgelaufene BädVerkVO 2010 ähnliche bzw. weitgehend gleich lautende Ausnahmeregelungen. Diese Verordnung von 2010 ist durch die Antragstellerin nicht angegriffen worden. Vielmehr hat sie über den Zeitraum von annähernd 4 ½ Jahren Anwendung gefunden. Dass der Antragstellerin in diesem Zeitraum bereits unzumutbare Nachteile entstanden sind und ihr die Wahrnehmung ihrer gewerkschaftlichen Aufgaben nicht mehr möglich war oder zumindest erheblich erschwert worden ist, ist durch sie nicht dargelegt worden. Es ergeben sich insoweit keine Hinweise darauf, weshalb sich die bereits aufgrund der Vorgängerverordnung bestehende rechtliche und tatsächliche Situation wegen des Inkrafttretens der hier streitgegenständlichen Bäderregelung dergestalt verändert bzw. verschlechtert haben sollte, dass deren weitere Gültigkeit bzw. Anwendung bis zu einer abschließenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren für die Antragstellerin unzumutbar sein solle. Auch hierzu hat die Antragstellerin nichts vorgetragen, obwohl dies nahe gelegen hätte. Dies gilt ebenfalls für das Vorliegen „anderer wichtiger Gründe“ für die Außervollzugsetzung der angegriffenen Normen der BädVerkVO. Auch insoweit fehlt es an einer hinreichenden Darlegung solcher wichtigen Gründe, die die Vollziehung der genannten Verordnung als unzumutbar erscheinen lassen.

55

Soweit die Antragstellerin meinen sollte, dass die Umsetzung der angegriffenen Verordnung in unzumutbarer, nicht wieder rückgängig zu machender Weise in die Rechte ihrer Mitglieder, d.h. der Arbeitnehmer, eingreife, sind dadurch keine subjektiven Rechte der Antragstellerin selbst betroffen, die diese in dem vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren geltend machen könnte.

56

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

57

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 und 3.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).

58

Hinweis:

59

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

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Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind in den Ländern die Verwaltungsgerichte und je ein Oberverwaltungsgericht, im Bund das Bundesverwaltungsgericht mit Sitz in Leipzig.

(1) Durch Gesetz werden angeordnet

1.
die Errichtung und Aufhebung eines Verwaltungsgerichts oder eines Oberverwaltungsgerichts,
2.
die Verlegung eines Gerichtssitzes,
3.
Änderungen in der Abgrenzung der Gerichtsbezirke,
4.
die Zuweisung einzelner Sachgebiete an ein Verwaltungsgericht für die Bezirke mehrerer Verwaltungsgerichte,
4a)
die Zuweisung von Verfahren, bei denen sich die örtliche Zuständigkeit nach § 52 Nr. 2 Satz 1, 2 oder 5 bestimmt, an ein anderes Verwaltungsgericht oder an mehrere Verwaltungsgerichte des Landes,
5.
die Errichtung einzelner Kammern des Verwaltungsgerichts oder einzelner Senate des Oberverwaltungsgerichts an anderen Orten,
6.
der Übergang anhängiger Verfahren auf ein anderes Gericht bei Maßnahmen nach den Nummern 1, 3, 4 und 4a, wenn sich die Zuständigkeit nicht nach den bisher geltenden Vorschriften richten soll.

(2) Mehrere Länder können die Errichtung eines gemeinsamen Gerichts oder gemeinsamer Spruchkörper eines Gerichts oder die Ausdehnung von Gerichtsbezirken über die Landesgrenzen hinaus, auch für einzelne Sachgebiete, vereinbaren.

Für die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des Zweiten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Die Mitglieder und drei Vertreter des für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 zuständigen Spruchkörpers bestimmt das Präsidium jeweils für die Dauer von vier Jahren. Die Mitglieder und ihre Vertreter müssen Richter auf Lebenszeit sein.

(1) Das Verwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl.

(2) Bei dem Verwaltungsgericht werden Kammern gebildet.

(3) Die Kammer des Verwaltungsgerichts entscheidet in der Besetzung von drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern, soweit nicht ein Einzelrichter entscheidet. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden (§ 84) wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage aus Anlass von Märkten vom 11. März 2013 (im Folgenden: Rechtsverordnung). Als Gewerkschaft vertritt sie nach ihrer Satzung im Dienstleistungsbereich tätige Arbeitnehmer. Die Antragsgegnerin ist eine Gemeinde mit rund 13 300 Einwohnern, deren Gemeindegebiet in Nord-Süd-Richtung von einer Autobahn durchschnitten wird. Westlich dieser Autobahn befindet sich das Ortszentrum mit dem Bürgerplatz, östlich der Autobahn im Ortsteil Eching-Ost liegt ein Gewerbegebiet.

2

Der im Februar 2013 zum Zwecke der Anhörung versandte Entwurf der Rechtsverordnung sah in § 1 vor, dass anlässlich des "Echinger Frühjahrsmarktes" sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching-Ost am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein durften; dem Entwurf war ein Lageplan für Eching-Ost beigefügt. In der Begründung zum Verordnungsentwurf wurde ausgeführt, der "Echinger Frühjahrsmarkt" als Verkaufsmarkt in Eching-Ost finde zeitgleich mit dem Ausstellungsmarkt "Echinger Frühjahrsschau" statt, der 2013 bereits zum sechzehnten Mal im Zentrum der Gemeinde durchgeführt werde. Aufgrund der identischen Ausgestaltung beider Veranstaltungen könne davon ausgegangen werden, dass dem neuen "Echinger Frühjahrsmarkt" eine ebenso große Attraktivität wie der "Echinger Frühjahrsschau" zukomme, die regelmäßig einige tausend Besucher in die Gemeinde ziehe. Zudem werde zur Erleichterung für die Besucher eine "Bockerlbahn" zwischen den Märkten in Eching und in Eching-Ost eingesetzt.

3

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung vom 26. Februar 2013 § 1 der Rechtsverordnung in folgender Fassung:

"Abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss dürfen am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 aus Anlass des Echinger Frühjahrsmarktes und der Echinger Frühjahrsausstellung sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching-Ost und in Eching in der Zeit von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein. Der beigefügte Lageplan zum Gemeindegebiet Eching-Ost ist Bestandteil dieser Rechtsverordnung."

4

Die vom Ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin am 11. März 2013 ausgefertigte und bekannt gemachte Fassung des § 1 der Rechtsverordnung lautete demgegenüber wie folgt:

"Abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss dürfen am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 aus Anlass des Echinger Frühjahrsmarktes und der Echinger Frühjahrsschau sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching und Eching-Ost in der Zeit von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein. Der beigefügte Lageplan zum Gemeindegebiet Eching-Ost ist Bestandteil dieser Rechtsverordnung."

5

Mit Bescheid vom 26. Februar 2013 setzte die Antragsgegnerin den "Echinger Frühjahrsmarkt" in Eching-Ost als Jahrmarkt auf Dauer jeweils für den zweiten Sonntag nach Ostern von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr fest. Die "Echinger Frühjahrsschau" hatte die Antragsgegnerin bereits mit Bescheid vom 24. März 2011 ebenfalls als Jahrmarkt auf Dauer jeweils am zweiten Wochenende nach Ostern (Samstag von 13.00 Uhr bis 20.00 Uhr, Sonntag von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr) festgesetzt.

6

Am Sonntag, den 14. April 2013, fanden die "Echinger Frühjahrsschau" und der "Echinger Frühjahrsmarkt" statt. Am selben Tag führte die Antragstellerin im Gewerbegebiet Eching-Ost eine Versammlung durch, die sich thematisch gegen die zeitgleiche Sonntagsöffnung der Geschäfte richtete.

7

Am 11. April 2013 hat die Antragstellerin ein Normenkontrollverfahren eingeleitet mit dem Antrag festzustellen, dass die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage aus Anlass von Märkten vom 11. März 2013 unwirksam war, hilfsweise diese Feststellung nur für den Bereich Eching-Ost zu treffen.

8

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 6. Dezember 2013 dem Antrag stattgegeben. Er hat den Normenkontrollantrag für zulässig gehalten. Die Antragstellerin sei antragsbefugt. Sie könne geltend machen, eine ungerechtfertigte Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen verletze die ihr gegenüber bestehende Schutzpflicht aus Art. 9 Abs. 1 und 3 GG, welche Art. 139 WRV i.V.m. Art. 140 GG konkretisiere. Sie habe auch nach der Erledigung der Rechtsverordnung im laufenden Verfahren ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Ungültigkeit der zur Überprüfung gestellten Norm, da auch künftig mit einem Erlass vergleichbarer Verordnungen durch die Antragsgegnerin zu rechnen sei. Das Rechtsschutzbegehren habe mit dem Hauptantrag Erfolg. Die vollumfängliche Ungültigkeit der Verordnung folge bereits daraus, dass die vom Gemeinderat beschlossene Fassung ihres § 1 Satz 1 nicht mit dem ausgefertigten und bekannt gemachten Wortlaut übereinstimme; das verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip. Zudem sei die Verordnung in Bezug auf das Offenhalten von Verkaufsstellen "in Eching" wegen fehlender Bestimmtheit des räumlichen Geltungsbereiches unwirksam. Schließlich stehe die gestattete Sonntagsöffnung in Eching-Ost mit den materiellen Anforderungen des § 14 LadSchlG nicht in Einklang. Die Antragsgegnerin habe keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt, ob der erstmals in Eching-Ost stattfindende Frühjahrsmarkt so attraktiv sein werde, dass er um seiner selbst willen den erforderlichen hohen Besucherstrom auslösen würde, der seinerseits die Öffnung der örtlichen Verkaufsstellen rechtfertigen könne.

9

Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision trägt die Antragsgegnerin vor: Der Antrag sei unzulässig. Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt. Die Antragsbefugnis einer Gewerkschaft lasse sich vorliegend nicht auf Art. 9 Abs. 3 GG stützen. Zudem nehme die Antragstellerin nur Rechte ihrer Mitglieder im eigenen Namen wahr, sodass von einer unzulässigen Prozessstandschaft auszugehen sei. Schließlich laufe die Anerkennung einer Antragsbefugnis der Gewerkschaften im Zusammenhang mit dem Sonntagsschutz auf eine unzulässige Popularklage hinaus. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs sei der Antrag auch unbegründet. Die Annahme eines Ausfertigungsmangels, der zur Unwirksamkeit der Rechtsverordnung insgesamt führe, überdehne die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Anforderungen. Der Bestimmtheitsgrundsatz sei nicht verletzt. Die räumliche Reichweite der gestatteten Ladenöffnung sei durch den Verordnungstext hinreichend bestimmt. Zudem grenze die Marktsatzung der Antragsgegnerin nebst den beigefügten Lageplänen das Marktgeschehen räumlich klar ein. Der Verwaltungsgerichtshof verkenne ferner den Prognosespielraum der Antragsgegnerin und stelle zu hohe Anforderungen an die Prognose für einen erstmalig stattfindenden Markt.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Dezember 2013 zu ändern und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen.

11

Die Antragstellerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich ohne eigene Antragstellung an dem Verfahren.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 144 Abs. 2, § 137 Abs. 1 VwGO).

14

1. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag als zulässig angesehen.

15

a) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie kann geltend machen, durch die zur Prüfung gestellte Norm in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Hierfür genügt ihr Vortrag, die angegriffene Rechtsverordnung sei mit der Ermächtigungsgrundlage des § 14 des Gesetzes über den Ladenschluss i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Juni 2003 (BGBl. I S. 744), für den hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Art. 228 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), - LadSchlG - nicht vereinbar. Die Ausgestaltung des Sonntagsschutzes nach § 14 LadSchlG dient auch dem Schutz des Interesses von Vereinigungen und Gewerkschaften am Erhalt günstiger Rahmenbedingungen für gemeinschaftliches Tun und ist in diesem Sinne drittschützend. Die Antragstellerin kann sich deshalb als Gewerkschaft darauf berufen, die Voraussetzungen des § 14 LadSchlG hätten nicht vorgelegen und die Rechtsverordnung verstoße dadurch gegen eine auch sie schützende Rechtsnorm.

16

aa) § 14 LadSchlG konkretisiert den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag, der sich für den Gesetzgeber aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV ergibt. Nach Art. 139 WRV bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Der objektivrechtliche Schutzauftrag, der in der Sonn- und Feiertagsgarantie begründet ist, ist auf die Stärkung des Schutzes derjenigen Grundrechte angelegt, die in besonderem Maße auf Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung angewiesen sind (BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <84>). Dazu zählen auch die Vereinigungs- und die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG. Der zeitliche Gleichklang einer für alle Bereiche regelmäßigen Arbeitsruhe ist ein grundlegendes Element für die Wahrnehmung der verschiedenen Formen sozialen Lebens. Rhythmisch wiederkehrende Tage kollektiver Arbeitsruhe und die damit verbundene synchrone Taktung des sozialen Lebens erleichtern das gemeinschaftliche Tun im Rahmen von Vereinigungen und Gewerkschaften. Die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist deshalb auch für die Rahmenbedingungen des Wirkens von Gewerkschaften und sonstigen Vereinigungen bedeutsam (BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <83>; BVerwG, Urteil vom 26. November 2014 - 6 CN 1.13 - BVerwGE 150, 327 Rn. 15 f.).

17

bb) Obgleich die Antragstellerin nicht unmittelbar Adressatin der durch die Rechtsverordnung gestatteten Ladenöffnung ist, ist sie durch die angegriffene Rechtsverordnung in ihrem Tätigkeitsbereich betroffen. Hierfür genügt, dass sich die Öffnung der Verkaufsstellen an einem Sonntag negativ auf die Grundrechtsverwirklichung der Antragstellerin auswirken kann. Die Rechtsverordnung erlaubt die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen, die dem Dienstleistungsbereich zuzuordnen sind; die Antragstellerin vertritt in diesem Bereich tätige Arbeitnehmer. Die Sonntagsöffnung kann deshalb zur Folge haben, dass Mitglieder der Antragstellerin an diesem Tag an der Teilnahme gemeinschaftlicher Veranstaltungen der Antragstellerin gehindert sind. Außerdem betroffen ist der Bereich der Mitgliederwerbung der Antragstellerin bezogen auf solche im Dienstleistungsbereich tätigen und in den von der Sonntagsöffnung erfassten Verkaufsstellen beschäftigten Arbeitnehmer, die an der gewerkschaftlichen Tätigkeit der Antragstellerin interessiert sind.

18

cc) Die Interessen der Antragstellerin werden mehr als nur geringfügig beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. November 1979 - 4 N 1.78, 4 N 2 - 4.79 - BVerwGE 59, 87 <102> und vom 19. Februar 1992 - 4 NB 11.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 63). Zwar könnte zweifelhaft sein, ob die Auswirkungen der angegriffenen Rechtsverordnung, deren Regelungsgehalt sich auf die Ladenöffnung an einem einzigen Sonntagnachmittag in einer einzelnen Gemeinde beschränkt, für sich genommen diese Erheblichkeitsschwelle überschreiten können. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes ist jedoch auf die Gesamtbelastung abzustellen, die sich für die landesweite Betätigung der Antragstellerin durch den Erlass einzelner gemeindlicher Verordnungen auf der Grundlage des § 14 LadSchlG ergeben kann. Danach kann jede bayerische Gemeinde bis zu viermal im Jahr einen verkaufsoffenen Sonn- oder Feiertag aus Anlass eines Marktes, einer Messe oder einer ähnlichen Veranstaltung freigeben. So kann über das ganze Jahr gesehen ein "Flickenteppich" sonntäglicher Ladenöffnungen entstehen, der die Organisation gemeinschaftlicher gewerkschaftlicher Tätigkeiten an Sonntagen spürbar erschweren kann.

19

b) Der Antragstellerin steht ein Rechtsschutzinteresse zur Seite. Das am 11. April 2013 eingeleitete Normenkontrollverfahren hat sich zwar nach Ablauf des für die Ladenöffnung freigegebenen Sonntags am 14. April 2013 erledigt, weil die Rechtsverordnung nach diesem Tag keine Rechtswirkungen mehr entfaltet. Auch im Normenkontrollverfahren kann jedoch trotz der Erledigung der zur Prüfung gestellten Norm ein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung bestehen (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2001 - 6 CN 1.01 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 149 S. 69). Ein solches Interesse kommt bei Wiederholungsgefahr in Betracht. Diese ist hier gegeben. Der Erlass vergleichbarer Verordnungen durch die Antragsgegnerin in absehbarer Zeit erscheint hinreichend wahrscheinlich. Neben der vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten "Pilotfunktion" der Rechtsverordnung für weitere verkaufsoffene Sonntage in künftigen Jahren bestätigt auch das im Sitzungsprotokoll der Vorinstanz festgehaltene Interesse des Gemeinderats der Antragsgegnerin an zukünftigen sonntäglichen Marktveranstaltungen mit Öffnung der Verkaufsstellen das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Nicht zuletzt indiziert die Fortführung des Revisionsverfahrens durch die Antragsgegnerin als Revisionsklägerin, dass ihr Interesse an dem Erlass vergleichbarer Rechtsverordnungen fortbesteht.

20

2. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die zur Prüfung gestellte Rechtsverordnung ungültig war. Sie beruht zwar auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage (a) und wurde ordnungsgemäß verkündet (b). Allerdings ist sie in Bezug auf die "Echinger Frühjahrsschau" hinsichtlich ihres räumlichen Geltungsbereichs nicht hinreichend bestimmt (c). Soweit sie die sonntägliche Ladenöffnung aus Anlass des "Echinger Frühjahrsmarktes" gestattet, genügt sie nicht den materiellrechtlichen Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG (d).

21

a) Ermächtigungsgrundlage für die Rechtsverordnung ist § 14 LadSchlG. Das Ladenschlussgesetz gilt im Freistaat Bayern gemäß Art. 125a Abs. 1 GG mangels Ersetzung durch Landesrecht als Bundesrecht fort. § 14 LadSchlG steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Die Ausgestaltung des Sonntagsschutzes nach § 14 LadSchlG genügt bei verfassungskonformer Auslegung den Anforderungen des Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV.

22

aa) Der in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV enthaltene Schutzauftrag an den Gesetzgeber gewährleistet ein Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes. Er statuiert für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis; die typische werktägliche Geschäftigkeit hat an Sonn- und Feiertagen zu ruhen (BVerfG, Urteile vom 9. Juni 2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10 <51, 53> und vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <85>). Das gesetzliche Schutzkonzept für die Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe muss diese Tage erkennbar als solche der Arbeitsruhe zur Regel erheben. Für die hier in Rede stehende Ladenöffnung gilt, dass sie eine für jedermann wahrnehmbare Geschäftigkeit auslöst, die typischerweise den Werktagen zugeordnet wird; wegen dieser öffentlichen Wirkung ist sie geeignet, den Charakter des Tages in besonderer Weise werktäglich zu prägen. Je weitreichender die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in räumlicher Hinsicht sowie in Bezug auf die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ist, umso höher muss angesichts der stärkeren werktäglichen Prägung des Tages das Gewicht der für die Ladenöffnung angeführten Sachgründe sein. Als ein solcher Sachgrund zählen weder das bloß wirtschaftliche Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber noch das alltägliche Erwerbsinteresse ("Shopping-Interesse") potenzieller Kunden (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <87 f., 90 f.>). Eine auf Sachgründe von lediglich eingeschränktem Gewicht gestützte sonntägliche Öffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot ist nur dann ausnahmsweise hinnehmbar, wenn sie von geringer prägender Wirkung für den öffentlichen Charakter des Tages ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <100>). Die Freigabe von vier verkaufsoffenen Sonntagen in Folge ist mit dem verfassungsrechtlich gebotenen Ausnahmecharakter einer sonntäglichen Ladenöffnung hingegen grundsätzlich nicht vereinbar (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <95 f.>).

23

bb) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG dürfen abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Vorschrift einschränkend dahin ausgelegt, dass nur Veranstaltungen, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, Anlass für eine Ladenöffnung geben können; der Besucherstrom darf nicht umgekehrt erst durch die Offenhaltung der Verkaufsstellen ausgelöst werden (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1989 - 1 B 153.89 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 27 S. 7). Diese Rechtsprechung trägt dem oben dargelegten Regel-Ausnahme-Gebot noch nicht genügend Rechnung, weil sie nur verlangt, dass der Markt für sich genommen einen starken Besucherstrom auslöst, aber nicht ausschließt, dass daneben die Ladenöffnung den öffentlichen Charakter des Tages maßgeblich prägt.

24

Die Vorschrift des § 14 LadSchlG erlaubt jedoch eine weitergehende verfassungskonforme Einschränkung ihres Anwendungsbereichs. Die Tatbestandsvoraussetzung "aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen" ist mit Blick auf das Erfordernis einer allenfalls geringen prägenden Wirkung der Ladenöffnung so zu verstehen, dass die öffentliche Wirkung der traditionell auch an Sonn- und Feiertagen stattfindenden Märkte, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss. Die Ladenöffnung entfaltet dann eine geringe prägende Wirkung, wenn sie nach den gesamten Umständen als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung erscheint.

25

Das kann in der Regel nur dann angenommen werden, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, weil nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt. Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird. Bei auf bestimmte Handelszweige beschränkten Märkten kann der erforderliche Bezug auch thematisch dadurch hergestellt werden, dass die Ladenöffnung nur für dieselben Handelszweige zugelassen wird. Darüber hinaus bleibt die werktägliche Prägung der Ladenöffnung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt für sich genommen auslöste, die Zahl der Besucher überstiege, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen. Zur Abschätzung der jeweiligen Besucherströme kann beispielsweise auf Befragungen zurückgegriffen werden. Findet ein Markt - wie hier - erstmals statt, wird die Prognose notwendig pauschaler ausfallen müssen. Insoweit könnten unter anderem Erfahrungswerte der Ladeninhaber zu den an Werktagen üblichen Besucherzahlen Anhaltspunkte geben.

26

§ 14 LadSchlG gibt alle Möglichkeiten für die danach gebotene Begrenzung der öffentlichen Wirkung der Ladenöffnung an die Hand. Die werktägliche Prägung wird schon dadurch gemindert, dass die Ladenöffnung nach § 14 Abs. 2 Satz 3 LadSchlG fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten darf; sie kann gegebenenfalls durch eine weitergehende zeitliche Einschränkung zusätzlich gemindert werden. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 LadSchlG kann die Ladenöffnung außerdem räumlich auf bestimmte Bezirke und inhaltlich auf bestimmte Handelszweige beschränkt werden. Um die unzulässige Herausnahme eines zusammenhängenden Monatszeitraums aus dem Schutz der Sonntage auszuschließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <95 f.>), ist § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG so auszulegen, dass die jährlich zulässigen vier Ladenöffnungen nicht hintereinander erfolgen dürfen.

27

b) Die Rechtsverordnung ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht formell unwirksam. Sie ist bei verfassungskonformer Auslegung mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen vereinbar. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die fehlende Übereinstimmung zwischen dem beschlossenen und dem bekannt gemachten Normtext führe zur Ungültigkeit der Rechtsverordnung, verletzt das Gebot verfassungskonformer Auslegung von Rechtsnormen. Allerdings beruht das angefochtene Urteil nicht auf diesem Verstoß gegen Bundesrecht, weil der Verwaltungsgerichtshof die Unwirksamkeit der Verordnung selbständig tragend und im Ergebnis zutreffend auf weitere Rechtsmängel gestützt hat.

28

aa) Im Ansatz zutreffend geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass eine Rechtsnorm nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber beschlossenen Inhalt veröffentlicht werden darf (BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 1991 - 4 NB 26.90 - BVerwGE 88, 204 <208>; Urteil vom 21. Januar 2004 - 8 CN 1.02 - BVerwGE 120, 82 <86>). Das Rechtsstaatsgebot verlangt die Identität der anzuwendenden Norm und ihres Inhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen. Die Identität des Norminhalts muss zweifelsfrei feststehen. Der bekannt gemachte Wortlaut darf nur ganz ausnahmsweise von dem Beschlossenen abweichen, ohne dass die zur Normsetzung berufene Körperschaft nochmals eingeschaltet wird. Der materielle Normgehalt darf auch in diesem Fall keinesfalls angetastet werden (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 8 B 72.11 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 33 Rn. 6, 9).

29

bb) Der Verwaltungsgerichtshof hat die von ihm festgestellte Abweichung zwischen beschlossener und bekannt gemachter Fassung der Rechtsverordnung als Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip gewertet und die Verordnung schon deshalb für unwirksam gehalten. Die vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossene Fassung des § 1 Satz 1 der Rechtsverordnung hat er dahin ausgelegt, dass Zweifel daran bestehen könnten, ob die räumliche Einschränkung des Geltungsbereichs durch die Apposition "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" nur für den im Anschluss erwähnten Ortsteil "Eching-Ost" oder auch für das entfernter stehende Wort "Eching" gelten solle. Demgegenüber wurde in der ausgefertigten und bekannt gemachten Fassung der Vorschrift die Reihenfolge der beiden Ortsteile vertauscht, sodass nunmehr die Ortsteilbezeichnung "Eching" (Ortszentrum) unmittelbar an die Wendung "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" anschließt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bei dieser Fassung der Vorschrift eine räumliche Begrenzung der Sonntagsöffnung auch für das Ortszentrum der Antragsgegnerin als naheliegend betrachtet. Daraus hat er hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs der Sonntagsöffnung Zweifel an der Identität zwischen der beschlossenen und der verkündeten Fassung der Norm abgeleitet, die zu einem Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip führten.

30

Diese Annahme steht zwar in Einklang mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen. Denn die Identität einer Norm steht nicht eindeutig fest, wenn zweifelhaft ist, ob die beschlossene und die bekannt gegebene Fassung denselben räumlichen Geltungsbereich bezeichnen. Die Auslegung des Landesrechts durch den Verwaltungsgerichtshof ist für das Revisionsgericht an sich auch bindend (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1987 - 4 C 9.86 - BVerwGE 78, 347 <351>). Allerdings hat das Revisionsgericht zu prüfen, ob der Verwaltungsgerichtshof das bundesrechtliche Gebot verfassungskonformer Auslegung von Rechtsnormen beachtet hat. Dieses verlangt, dass ein Gericht eine Vorschrift nur dann wegen Verstoßes gegen Verfassungsrecht außer Anwendung lassen bzw. für unwirksam erklären darf, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist (BVerwG, Urteile vom 18. Dezember 1987 - 4 C 9.86 - BVerwGE 78, 347 <352> und vom 13. Mai 2009 - 9 C 7.08 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 28 Rn. 23). Diesen Anforderungen genügt die zur Unwirksamkeit der Rechtsverordnung führende Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs nicht. Bei der gebotenen Ermittlung des objektivierten Willens des Verordnungsgebers lässt sich die in § 1 Satz 1 der Rechtsverordnung verwendete Apposition "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" in beiden Fassungen des Normtextes zwanglos auf die beiden Ortsteile "Eching" und "Eching-Ost" beziehen. Unabhängig von der Reihenfolge ihrer Benennung sind beide Ortsteilnamen sprachlich durch "und" verbunden und stehen gleichrangig nebeneinander.

31

c) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der räumliche Geltungsbereich der angegriffenen Rechtsverordnung sei hinsichtlich der im Ortszentrum von Eching gestatteten Ladenöffnung nicht hinreichend bestimmt.

32

aa) Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangenen, dass der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung in Eching mangels Bezugnahme auf eine Karte durch den Verordnungstext zu bestimmen sei. Die dortige Formulierung der "an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" erfasse dem Wortsinn nach nur diejenigen Grundstücke, die mit dem Marktgeschehen eine gemeinsame Grenze aufwiesen. Eine dahingehende Auslegung der Verordnung, bei der der räumliche Geltungsbereich bestimmbar wäre, entspräche aber weder dem Willen des Verordnungsgebers, der einen weiteren Bereich für die Ladenöffnung habe freigeben wollen, noch stünde sie mit der Entstehungsgeschichte der Verordnung in Einklang.

33

Die Annahme fehlender Bestimmbarkeit kann im Ergebnis nicht beanstandet werden. Zwar steht einer verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen, dass eine zur Bestimmbarkeit führende Auslegung nach dem objektivierten Willen des Verordnungsgebers von dessen tatsächlichem Willen abweicht, wie der Verwaltungsgerichtshof annimmt. Eine Auslegung zur Vermeidung eines bestimmten Verfassungsverstoßes scheidet indes aus, wenn sie unter anderen Aspekten wiederum mit der Verfassung nicht vereinbar wäre. So liegt es hier. Der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost reicht nach dem der Rechtsverordnung beigefügten Lageplan über die unmittelbar angrenzenden Grundstücke hinaus. Deshalb hätte die Auslegung des Verordnungstextes anhand des Wortsinns eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Schlechterstellung der Verkaufsstellen im Umfeld des Marktgeschehens im Echinger Ortszentrum zur Folge, für die ein sachlicher Grund nicht erkennbar ist.

34

bb) Unabhängig davon führte eine solche Auslegung nicht zu hinreichender Bestimmtheit, weil es an einer räumlichen Konkretisierung des "Marktgeschehens" im Ortszentrum und damit auch an der Bestimmbarkeit der daran angrenzenden Verkaufsstellen fehlt. Während die räumliche Begrenzung der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost durch Bezugnahme der Rechtsverordnung auf den beigefügten Lageplan bestimmt wird, auf dem auch der Markt eingezeichnet ist, fehlt es für das Marktgeschehen im Echinger Ortszentrum an einer entsprechenden grafischen Darstellung. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin lässt sich der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung auch nicht anhand der Marktsatzung der Antragsgegnerin vom 11. März 2013 bestimmen. § 2 Abs. 1 Satz 2 der Marktsatzung kennzeichnet zwar die Marktgebiete für Jahrmärkte durch Bezugnahme auf Lagepläne der Gemeinde, darunter auch einen Lageplan für das hier in Rede stehende Echinger Ortszentrum/Bürgerplatz. Ein Rückgriff auf diesen Lageplan zur Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs der angegriffenen Rechtsverordnung käme indes nur in Betracht, wenn diese einen entsprechenden Verweis auf die Marktsatzung und den genau bezeichneten veröffentlichten Lageplan enthielte (BVerwG, Urteil vom 28. November 1963 - 1 C 74.61 - BVerwGE 17, 192 <194 f.>; Beschluss vom 29. Juli 2010 - 4 BN 21.10 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 46 Rn. 11 f.). Daran fehlt es hier.

35

d) Schließlich verletzt die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die angegriffene Rechtsverordnung stehe hinsichtlich der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost mit § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG nicht in Einklang, kein Bundesrecht.

36

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat beanstandet, dass die Antragsgegnerin bei Erlass der Rechtsverordnung keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt habe, ob der in Eching-Ost erstmals veranstaltete Frühjahrsmarkt so attraktiv sein werde, dass er und nicht die am selben Tage gestattete Ladenöffnung den hauptsächlichen Grund für den Aufenthalt von Besuchern dort biete. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG gestattete sonntägliche Ladenöffnung aus Anlass eines Marktes setzt voraus, dass der Markt selbst und nicht erst die Ladenöffnung einen beträchtlichen Besucherstrom auslöst, der die Zahl der Besucher bei alleiniger Öffnung der Verkaufsstellen übersteigt (s.o. 2. a)bb)). Die gemeindliche Prognose unterliegt zwar nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle; insbesondere darf das Gericht keine eigene Prognose vornehmen. Es hat jedoch zu prüfen, ob die bei Erlass der Rechtsverordnung über die Freigabe der Ladenöffnung vorgenommene Prognose schlüssig und vertretbar ist.

37

bb) Diesen Anforderungen wird die von der Antragsgegnerin angestellte Prognose hinsichtlich der Anziehungskraft des erstmalig in Eching-Ost veranstalteten "Echinger Frühjahrsmarktes" nicht gerecht.

38

Nach der Begründung des Verordnungsentwurfs hat die Antragsgegnerin ihre Prognose darauf gestützt, dass die "Echinger Frühjahrsschau" im Ortszentrum regelmäßig einige tausend Besucher anziehe. Wegen der identischen Ausgestaltung beider Märkte könne davon ausgegangen werden, dass dem erstmals geplanten "Echinger Frühjahrsmarkt" in Eching-Ost eine ebenso große Attraktivität wie bisher schon dem Markt im Ortszentrum zukomme. Auf diese Erwägungen lässt sich eine vertretbare Prognose nicht stützen. So erscheint die Annahme, dem erstmals veranstalteten Markt in Eching-Ost komme dieselbe Attraktivität zu wie dem Markt im Ortszentrum, bereits nicht schlüssig. Da beide Märkte zeitgleich stattfinden sollten, erschließt sich nicht, weshalb in Eching-Ost derselbe Besucherstrom wie bei dem bisher allein durchgeführten Markt im Ortszentrum zu erwarten stehen sollte, zumal letzterer nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs bei Erlass der Rechtsverordnung bereits gut eingeführt war, während der Markt in Eching-Ost erstmals stattfinden sollte. Darüber hinaus zeichnete sich der Frühjahrsmarkt in Eching-Ost nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht durch besondere Attraktivität aus. Er bestand im Gegenteil auch aus Verkaufsständen solcher Gewerbetreibender, die ohnehin schon im dortigen Gewerbegebiet mit festen Verkaufsstellen vertreten waren, welche nun auch unter die sonntägliche Ladenöffnung fielen.

39

Im Übrigen hätte die Antragsgegnerin erkennen müssen, dass der Sonntag in Eching-Ost nicht durch die öffentliche Wirkung des "Frühjahrsmarktes", sondern durch die dort mögliche typisch werktägliche Geschäftigkeit der Ladenöffnung geprägt sein würde. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin musste im Zeitpunkt der Beschlussfassung davon ausgehen, dass entsprechend dem vom Veranstalter eingereichten Verzeichnis auf dem Markt in Eching-Ost lediglich vierzehn Aussteller vertreten sein würden. Demgegenüber sollte die Rechtsverordnung im Gewerbegebiet Eching-Ost auch mehreren Möbel- und Baumärkten mit großen Ausstellungsflächen die Ladenöffnung ermöglichen. Ferner lässt sich aus dem der angegriffenen Rechtsverordnung beigefügten Lageplan Eching-Ost entnehmen, dass der für den Frühjahrsmarkt vorgesehene räumliche Bereich ungleich kleiner ist als die ihn umgebende Fläche der von der Freigabe der Ladenöffnung erfassten Verkaufsstellen.

40

e) Erweist sich die angegriffene Rechtsverordnung hinsichtlich der sonntäglichen Ladenöffnung für das Marktgeschehen in Eching/Ortszentrum ("Echinger Frühjahrsschau") und dasjenige in Eching-Ost ("Echinger Frühjahrsmarkt") und damit für beide Regelungsteile als unwirksam, bedarf es keiner Entscheidung, ob unabhängig davon auch die Unwirksamkeit nur eines Teils der Rechtsverordnung zu deren Ungültigkeit insgesamt führte.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage aus Anlass von Märkten vom 11. März 2013 (im Folgenden: Rechtsverordnung). Als Gewerkschaft vertritt sie nach ihrer Satzung im Dienstleistungsbereich tätige Arbeitnehmer. Die Antragsgegnerin ist eine Gemeinde mit rund 13 300 Einwohnern, deren Gemeindegebiet in Nord-Süd-Richtung von einer Autobahn durchschnitten wird. Westlich dieser Autobahn befindet sich das Ortszentrum mit dem Bürgerplatz, östlich der Autobahn im Ortsteil Eching-Ost liegt ein Gewerbegebiet.

2

Der im Februar 2013 zum Zwecke der Anhörung versandte Entwurf der Rechtsverordnung sah in § 1 vor, dass anlässlich des "Echinger Frühjahrsmarktes" sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching-Ost am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein durften; dem Entwurf war ein Lageplan für Eching-Ost beigefügt. In der Begründung zum Verordnungsentwurf wurde ausgeführt, der "Echinger Frühjahrsmarkt" als Verkaufsmarkt in Eching-Ost finde zeitgleich mit dem Ausstellungsmarkt "Echinger Frühjahrsschau" statt, der 2013 bereits zum sechzehnten Mal im Zentrum der Gemeinde durchgeführt werde. Aufgrund der identischen Ausgestaltung beider Veranstaltungen könne davon ausgegangen werden, dass dem neuen "Echinger Frühjahrsmarkt" eine ebenso große Attraktivität wie der "Echinger Frühjahrsschau" zukomme, die regelmäßig einige tausend Besucher in die Gemeinde ziehe. Zudem werde zur Erleichterung für die Besucher eine "Bockerlbahn" zwischen den Märkten in Eching und in Eching-Ost eingesetzt.

3

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung vom 26. Februar 2013 § 1 der Rechtsverordnung in folgender Fassung:

"Abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss dürfen am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 aus Anlass des Echinger Frühjahrsmarktes und der Echinger Frühjahrsausstellung sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching-Ost und in Eching in der Zeit von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein. Der beigefügte Lageplan zum Gemeindegebiet Eching-Ost ist Bestandteil dieser Rechtsverordnung."

4

Die vom Ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin am 11. März 2013 ausgefertigte und bekannt gemachte Fassung des § 1 der Rechtsverordnung lautete demgegenüber wie folgt:

"Abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss dürfen am zweiten Sonntag nach Ostern im Kalenderjahr 2013 aus Anlass des Echinger Frühjahrsmarktes und der Echinger Frühjahrsschau sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen in Eching und Eching-Ost in der Zeit von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet sein. Der beigefügte Lageplan zum Gemeindegebiet Eching-Ost ist Bestandteil dieser Rechtsverordnung."

5

Mit Bescheid vom 26. Februar 2013 setzte die Antragsgegnerin den "Echinger Frühjahrsmarkt" in Eching-Ost als Jahrmarkt auf Dauer jeweils für den zweiten Sonntag nach Ostern von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr fest. Die "Echinger Frühjahrsschau" hatte die Antragsgegnerin bereits mit Bescheid vom 24. März 2011 ebenfalls als Jahrmarkt auf Dauer jeweils am zweiten Wochenende nach Ostern (Samstag von 13.00 Uhr bis 20.00 Uhr, Sonntag von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr) festgesetzt.

6

Am Sonntag, den 14. April 2013, fanden die "Echinger Frühjahrsschau" und der "Echinger Frühjahrsmarkt" statt. Am selben Tag führte die Antragstellerin im Gewerbegebiet Eching-Ost eine Versammlung durch, die sich thematisch gegen die zeitgleiche Sonntagsöffnung der Geschäfte richtete.

7

Am 11. April 2013 hat die Antragstellerin ein Normenkontrollverfahren eingeleitet mit dem Antrag festzustellen, dass die Rechtsverordnung der Antragsgegnerin zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage aus Anlass von Märkten vom 11. März 2013 unwirksam war, hilfsweise diese Feststellung nur für den Bereich Eching-Ost zu treffen.

8

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 6. Dezember 2013 dem Antrag stattgegeben. Er hat den Normenkontrollantrag für zulässig gehalten. Die Antragstellerin sei antragsbefugt. Sie könne geltend machen, eine ungerechtfertigte Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen verletze die ihr gegenüber bestehende Schutzpflicht aus Art. 9 Abs. 1 und 3 GG, welche Art. 139 WRV i.V.m. Art. 140 GG konkretisiere. Sie habe auch nach der Erledigung der Rechtsverordnung im laufenden Verfahren ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Ungültigkeit der zur Überprüfung gestellten Norm, da auch künftig mit einem Erlass vergleichbarer Verordnungen durch die Antragsgegnerin zu rechnen sei. Das Rechtsschutzbegehren habe mit dem Hauptantrag Erfolg. Die vollumfängliche Ungültigkeit der Verordnung folge bereits daraus, dass die vom Gemeinderat beschlossene Fassung ihres § 1 Satz 1 nicht mit dem ausgefertigten und bekannt gemachten Wortlaut übereinstimme; das verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip. Zudem sei die Verordnung in Bezug auf das Offenhalten von Verkaufsstellen "in Eching" wegen fehlender Bestimmtheit des räumlichen Geltungsbereiches unwirksam. Schließlich stehe die gestattete Sonntagsöffnung in Eching-Ost mit den materiellen Anforderungen des § 14 LadSchlG nicht in Einklang. Die Antragsgegnerin habe keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt, ob der erstmals in Eching-Ost stattfindende Frühjahrsmarkt so attraktiv sein werde, dass er um seiner selbst willen den erforderlichen hohen Besucherstrom auslösen würde, der seinerseits die Öffnung der örtlichen Verkaufsstellen rechtfertigen könne.

9

Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision trägt die Antragsgegnerin vor: Der Antrag sei unzulässig. Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt. Die Antragsbefugnis einer Gewerkschaft lasse sich vorliegend nicht auf Art. 9 Abs. 3 GG stützen. Zudem nehme die Antragstellerin nur Rechte ihrer Mitglieder im eigenen Namen wahr, sodass von einer unzulässigen Prozessstandschaft auszugehen sei. Schließlich laufe die Anerkennung einer Antragsbefugnis der Gewerkschaften im Zusammenhang mit dem Sonntagsschutz auf eine unzulässige Popularklage hinaus. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs sei der Antrag auch unbegründet. Die Annahme eines Ausfertigungsmangels, der zur Unwirksamkeit der Rechtsverordnung insgesamt führe, überdehne die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Anforderungen. Der Bestimmtheitsgrundsatz sei nicht verletzt. Die räumliche Reichweite der gestatteten Ladenöffnung sei durch den Verordnungstext hinreichend bestimmt. Zudem grenze die Marktsatzung der Antragsgegnerin nebst den beigefügten Lageplänen das Marktgeschehen räumlich klar ein. Der Verwaltungsgerichtshof verkenne ferner den Prognosespielraum der Antragsgegnerin und stelle zu hohe Anforderungen an die Prognose für einen erstmalig stattfindenden Markt.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Dezember 2013 zu ändern und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen.

11

Die Antragstellerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich ohne eigene Antragstellung an dem Verfahren.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 144 Abs. 2, § 137 Abs. 1 VwGO).

14

1. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag als zulässig angesehen.

15

a) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie kann geltend machen, durch die zur Prüfung gestellte Norm in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Hierfür genügt ihr Vortrag, die angegriffene Rechtsverordnung sei mit der Ermächtigungsgrundlage des § 14 des Gesetzes über den Ladenschluss i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Juni 2003 (BGBl. I S. 744), für den hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Art. 228 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), - LadSchlG - nicht vereinbar. Die Ausgestaltung des Sonntagsschutzes nach § 14 LadSchlG dient auch dem Schutz des Interesses von Vereinigungen und Gewerkschaften am Erhalt günstiger Rahmenbedingungen für gemeinschaftliches Tun und ist in diesem Sinne drittschützend. Die Antragstellerin kann sich deshalb als Gewerkschaft darauf berufen, die Voraussetzungen des § 14 LadSchlG hätten nicht vorgelegen und die Rechtsverordnung verstoße dadurch gegen eine auch sie schützende Rechtsnorm.

16

aa) § 14 LadSchlG konkretisiert den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag, der sich für den Gesetzgeber aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV ergibt. Nach Art. 139 WRV bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Der objektivrechtliche Schutzauftrag, der in der Sonn- und Feiertagsgarantie begründet ist, ist auf die Stärkung des Schutzes derjenigen Grundrechte angelegt, die in besonderem Maße auf Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung angewiesen sind (BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <84>). Dazu zählen auch die Vereinigungs- und die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 GG. Der zeitliche Gleichklang einer für alle Bereiche regelmäßigen Arbeitsruhe ist ein grundlegendes Element für die Wahrnehmung der verschiedenen Formen sozialen Lebens. Rhythmisch wiederkehrende Tage kollektiver Arbeitsruhe und die damit verbundene synchrone Taktung des sozialen Lebens erleichtern das gemeinschaftliche Tun im Rahmen von Vereinigungen und Gewerkschaften. Die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist deshalb auch für die Rahmenbedingungen des Wirkens von Gewerkschaften und sonstigen Vereinigungen bedeutsam (BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <83>; BVerwG, Urteil vom 26. November 2014 - 6 CN 1.13 - BVerwGE 150, 327 Rn. 15 f.).

17

bb) Obgleich die Antragstellerin nicht unmittelbar Adressatin der durch die Rechtsverordnung gestatteten Ladenöffnung ist, ist sie durch die angegriffene Rechtsverordnung in ihrem Tätigkeitsbereich betroffen. Hierfür genügt, dass sich die Öffnung der Verkaufsstellen an einem Sonntag negativ auf die Grundrechtsverwirklichung der Antragstellerin auswirken kann. Die Rechtsverordnung erlaubt die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen, die dem Dienstleistungsbereich zuzuordnen sind; die Antragstellerin vertritt in diesem Bereich tätige Arbeitnehmer. Die Sonntagsöffnung kann deshalb zur Folge haben, dass Mitglieder der Antragstellerin an diesem Tag an der Teilnahme gemeinschaftlicher Veranstaltungen der Antragstellerin gehindert sind. Außerdem betroffen ist der Bereich der Mitgliederwerbung der Antragstellerin bezogen auf solche im Dienstleistungsbereich tätigen und in den von der Sonntagsöffnung erfassten Verkaufsstellen beschäftigten Arbeitnehmer, die an der gewerkschaftlichen Tätigkeit der Antragstellerin interessiert sind.

18

cc) Die Interessen der Antragstellerin werden mehr als nur geringfügig beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. November 1979 - 4 N 1.78, 4 N 2 - 4.79 - BVerwGE 59, 87 <102> und vom 19. Februar 1992 - 4 NB 11.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 63). Zwar könnte zweifelhaft sein, ob die Auswirkungen der angegriffenen Rechtsverordnung, deren Regelungsgehalt sich auf die Ladenöffnung an einem einzigen Sonntagnachmittag in einer einzelnen Gemeinde beschränkt, für sich genommen diese Erheblichkeitsschwelle überschreiten können. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes ist jedoch auf die Gesamtbelastung abzustellen, die sich für die landesweite Betätigung der Antragstellerin durch den Erlass einzelner gemeindlicher Verordnungen auf der Grundlage des § 14 LadSchlG ergeben kann. Danach kann jede bayerische Gemeinde bis zu viermal im Jahr einen verkaufsoffenen Sonn- oder Feiertag aus Anlass eines Marktes, einer Messe oder einer ähnlichen Veranstaltung freigeben. So kann über das ganze Jahr gesehen ein "Flickenteppich" sonntäglicher Ladenöffnungen entstehen, der die Organisation gemeinschaftlicher gewerkschaftlicher Tätigkeiten an Sonntagen spürbar erschweren kann.

19

b) Der Antragstellerin steht ein Rechtsschutzinteresse zur Seite. Das am 11. April 2013 eingeleitete Normenkontrollverfahren hat sich zwar nach Ablauf des für die Ladenöffnung freigegebenen Sonntags am 14. April 2013 erledigt, weil die Rechtsverordnung nach diesem Tag keine Rechtswirkungen mehr entfaltet. Auch im Normenkontrollverfahren kann jedoch trotz der Erledigung der zur Prüfung gestellten Norm ein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung bestehen (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2001 - 6 CN 1.01 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 149 S. 69). Ein solches Interesse kommt bei Wiederholungsgefahr in Betracht. Diese ist hier gegeben. Der Erlass vergleichbarer Verordnungen durch die Antragsgegnerin in absehbarer Zeit erscheint hinreichend wahrscheinlich. Neben der vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten "Pilotfunktion" der Rechtsverordnung für weitere verkaufsoffene Sonntage in künftigen Jahren bestätigt auch das im Sitzungsprotokoll der Vorinstanz festgehaltene Interesse des Gemeinderats der Antragsgegnerin an zukünftigen sonntäglichen Marktveranstaltungen mit Öffnung der Verkaufsstellen das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Nicht zuletzt indiziert die Fortführung des Revisionsverfahrens durch die Antragsgegnerin als Revisionsklägerin, dass ihr Interesse an dem Erlass vergleichbarer Rechtsverordnungen fortbesteht.

20

2. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die zur Prüfung gestellte Rechtsverordnung ungültig war. Sie beruht zwar auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage (a) und wurde ordnungsgemäß verkündet (b). Allerdings ist sie in Bezug auf die "Echinger Frühjahrsschau" hinsichtlich ihres räumlichen Geltungsbereichs nicht hinreichend bestimmt (c). Soweit sie die sonntägliche Ladenöffnung aus Anlass des "Echinger Frühjahrsmarktes" gestattet, genügt sie nicht den materiellrechtlichen Anforderungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG (d).

21

a) Ermächtigungsgrundlage für die Rechtsverordnung ist § 14 LadSchlG. Das Ladenschlussgesetz gilt im Freistaat Bayern gemäß Art. 125a Abs. 1 GG mangels Ersetzung durch Landesrecht als Bundesrecht fort. § 14 LadSchlG steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Die Ausgestaltung des Sonntagsschutzes nach § 14 LadSchlG genügt bei verfassungskonformer Auslegung den Anforderungen des Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV.

22

aa) Der in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV enthaltene Schutzauftrag an den Gesetzgeber gewährleistet ein Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes. Er statuiert für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis; die typische werktägliche Geschäftigkeit hat an Sonn- und Feiertagen zu ruhen (BVerfG, Urteile vom 9. Juni 2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10 <51, 53> und vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <85>). Das gesetzliche Schutzkonzept für die Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe muss diese Tage erkennbar als solche der Arbeitsruhe zur Regel erheben. Für die hier in Rede stehende Ladenöffnung gilt, dass sie eine für jedermann wahrnehmbare Geschäftigkeit auslöst, die typischerweise den Werktagen zugeordnet wird; wegen dieser öffentlichen Wirkung ist sie geeignet, den Charakter des Tages in besonderer Weise werktäglich zu prägen. Je weitreichender die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in räumlicher Hinsicht sowie in Bezug auf die einbezogenen Handelssparten und Warengruppen ist, umso höher muss angesichts der stärkeren werktäglichen Prägung des Tages das Gewicht der für die Ladenöffnung angeführten Sachgründe sein. Als ein solcher Sachgrund zählen weder das bloß wirtschaftliche Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber noch das alltägliche Erwerbsinteresse ("Shopping-Interesse") potenzieller Kunden (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <87 f., 90 f.>). Eine auf Sachgründe von lediglich eingeschränktem Gewicht gestützte sonntägliche Öffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot ist nur dann ausnahmsweise hinnehmbar, wenn sie von geringer prägender Wirkung für den öffentlichen Charakter des Tages ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <100>). Die Freigabe von vier verkaufsoffenen Sonntagen in Folge ist mit dem verfassungsrechtlich gebotenen Ausnahmecharakter einer sonntäglichen Ladenöffnung hingegen grundsätzlich nicht vereinbar (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <95 f.>).

23

bb) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG dürfen abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Vorschrift einschränkend dahin ausgelegt, dass nur Veranstaltungen, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, Anlass für eine Ladenöffnung geben können; der Besucherstrom darf nicht umgekehrt erst durch die Offenhaltung der Verkaufsstellen ausgelöst werden (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1989 - 1 B 153.89 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 27 S. 7). Diese Rechtsprechung trägt dem oben dargelegten Regel-Ausnahme-Gebot noch nicht genügend Rechnung, weil sie nur verlangt, dass der Markt für sich genommen einen starken Besucherstrom auslöst, aber nicht ausschließt, dass daneben die Ladenöffnung den öffentlichen Charakter des Tages maßgeblich prägt.

24

Die Vorschrift des § 14 LadSchlG erlaubt jedoch eine weitergehende verfassungskonforme Einschränkung ihres Anwendungsbereichs. Die Tatbestandsvoraussetzung "aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen" ist mit Blick auf das Erfordernis einer allenfalls geringen prägenden Wirkung der Ladenöffnung so zu verstehen, dass die öffentliche Wirkung der traditionell auch an Sonn- und Feiertagen stattfindenden Märkte, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen muss. Die Ladenöffnung entfaltet dann eine geringe prägende Wirkung, wenn sie nach den gesamten Umständen als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung erscheint.

25

Das kann in der Regel nur dann angenommen werden, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, weil nur insoweit ihr Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt. Je größer die Ausstrahlungswirkung des Marktes wegen seines Umfangs oder seiner besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich, in dem die Verkaufsstellenöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird. Bei auf bestimmte Handelszweige beschränkten Märkten kann der erforderliche Bezug auch thematisch dadurch hergestellt werden, dass die Ladenöffnung nur für dieselben Handelszweige zugelassen wird. Darüber hinaus bleibt die werktägliche Prägung der Ladenöffnung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt für sich genommen auslöste, die Zahl der Besucher überstiege, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen. Zur Abschätzung der jeweiligen Besucherströme kann beispielsweise auf Befragungen zurückgegriffen werden. Findet ein Markt - wie hier - erstmals statt, wird die Prognose notwendig pauschaler ausfallen müssen. Insoweit könnten unter anderem Erfahrungswerte der Ladeninhaber zu den an Werktagen üblichen Besucherzahlen Anhaltspunkte geben.

26

§ 14 LadSchlG gibt alle Möglichkeiten für die danach gebotene Begrenzung der öffentlichen Wirkung der Ladenöffnung an die Hand. Die werktägliche Prägung wird schon dadurch gemindert, dass die Ladenöffnung nach § 14 Abs. 2 Satz 3 LadSchlG fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten darf; sie kann gegebenenfalls durch eine weitergehende zeitliche Einschränkung zusätzlich gemindert werden. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 LadSchlG kann die Ladenöffnung außerdem räumlich auf bestimmte Bezirke und inhaltlich auf bestimmte Handelszweige beschränkt werden. Um die unzulässige Herausnahme eines zusammenhängenden Monatszeitraums aus dem Schutz der Sonntage auszuschließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 2009 - 1 BvR 2857, 2858/07 - BVerfGE 125, 39 <95 f.>), ist § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG so auszulegen, dass die jährlich zulässigen vier Ladenöffnungen nicht hintereinander erfolgen dürfen.

27

b) Die Rechtsverordnung ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht formell unwirksam. Sie ist bei verfassungskonformer Auslegung mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen vereinbar. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, die fehlende Übereinstimmung zwischen dem beschlossenen und dem bekannt gemachten Normtext führe zur Ungültigkeit der Rechtsverordnung, verletzt das Gebot verfassungskonformer Auslegung von Rechtsnormen. Allerdings beruht das angefochtene Urteil nicht auf diesem Verstoß gegen Bundesrecht, weil der Verwaltungsgerichtshof die Unwirksamkeit der Verordnung selbständig tragend und im Ergebnis zutreffend auf weitere Rechtsmängel gestützt hat.

28

aa) Im Ansatz zutreffend geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass eine Rechtsnorm nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber beschlossenen Inhalt veröffentlicht werden darf (BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 1991 - 4 NB 26.90 - BVerwGE 88, 204 <208>; Urteil vom 21. Januar 2004 - 8 CN 1.02 - BVerwGE 120, 82 <86>). Das Rechtsstaatsgebot verlangt die Identität der anzuwendenden Norm und ihres Inhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen. Die Identität des Norminhalts muss zweifelsfrei feststehen. Der bekannt gemachte Wortlaut darf nur ganz ausnahmsweise von dem Beschlossenen abweichen, ohne dass die zur Normsetzung berufene Körperschaft nochmals eingeschaltet wird. Der materielle Normgehalt darf auch in diesem Fall keinesfalls angetastet werden (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 8 B 72.11 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 33 Rn. 6, 9).

29

bb) Der Verwaltungsgerichtshof hat die von ihm festgestellte Abweichung zwischen beschlossener und bekannt gemachter Fassung der Rechtsverordnung als Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip gewertet und die Verordnung schon deshalb für unwirksam gehalten. Die vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossene Fassung des § 1 Satz 1 der Rechtsverordnung hat er dahin ausgelegt, dass Zweifel daran bestehen könnten, ob die räumliche Einschränkung des Geltungsbereichs durch die Apposition "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" nur für den im Anschluss erwähnten Ortsteil "Eching-Ost" oder auch für das entfernter stehende Wort "Eching" gelten solle. Demgegenüber wurde in der ausgefertigten und bekannt gemachten Fassung der Vorschrift die Reihenfolge der beiden Ortsteile vertauscht, sodass nunmehr die Ortsteilbezeichnung "Eching" (Ortszentrum) unmittelbar an die Wendung "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" anschließt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bei dieser Fassung der Vorschrift eine räumliche Begrenzung der Sonntagsöffnung auch für das Ortszentrum der Antragsgegnerin als naheliegend betrachtet. Daraus hat er hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs der Sonntagsöffnung Zweifel an der Identität zwischen der beschlossenen und der verkündeten Fassung der Norm abgeleitet, die zu einem Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip führten.

30

Diese Annahme steht zwar in Einklang mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen. Denn die Identität einer Norm steht nicht eindeutig fest, wenn zweifelhaft ist, ob die beschlossene und die bekannt gegebene Fassung denselben räumlichen Geltungsbereich bezeichnen. Die Auslegung des Landesrechts durch den Verwaltungsgerichtshof ist für das Revisionsgericht an sich auch bindend (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1987 - 4 C 9.86 - BVerwGE 78, 347 <351>). Allerdings hat das Revisionsgericht zu prüfen, ob der Verwaltungsgerichtshof das bundesrechtliche Gebot verfassungskonformer Auslegung von Rechtsnormen beachtet hat. Dieses verlangt, dass ein Gericht eine Vorschrift nur dann wegen Verstoßes gegen Verfassungsrecht außer Anwendung lassen bzw. für unwirksam erklären darf, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist (BVerwG, Urteile vom 18. Dezember 1987 - 4 C 9.86 - BVerwGE 78, 347 <352> und vom 13. Mai 2009 - 9 C 7.08 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 28 Rn. 23). Diesen Anforderungen genügt die zur Unwirksamkeit der Rechtsverordnung führende Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs nicht. Bei der gebotenen Ermittlung des objektivierten Willens des Verordnungsgebers lässt sich die in § 1 Satz 1 der Rechtsverordnung verwendete Apposition "sämtliche an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" in beiden Fassungen des Normtextes zwanglos auf die beiden Ortsteile "Eching" und "Eching-Ost" beziehen. Unabhängig von der Reihenfolge ihrer Benennung sind beide Ortsteilnamen sprachlich durch "und" verbunden und stehen gleichrangig nebeneinander.

31

c) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der räumliche Geltungsbereich der angegriffenen Rechtsverordnung sei hinsichtlich der im Ortszentrum von Eching gestatteten Ladenöffnung nicht hinreichend bestimmt.

32

aa) Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangenen, dass der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung in Eching mangels Bezugnahme auf eine Karte durch den Verordnungstext zu bestimmen sei. Die dortige Formulierung der "an das Marktgeschehen angrenzenden Verkaufsstellen" erfasse dem Wortsinn nach nur diejenigen Grundstücke, die mit dem Marktgeschehen eine gemeinsame Grenze aufwiesen. Eine dahingehende Auslegung der Verordnung, bei der der räumliche Geltungsbereich bestimmbar wäre, entspräche aber weder dem Willen des Verordnungsgebers, der einen weiteren Bereich für die Ladenöffnung habe freigeben wollen, noch stünde sie mit der Entstehungsgeschichte der Verordnung in Einklang.

33

Die Annahme fehlender Bestimmbarkeit kann im Ergebnis nicht beanstandet werden. Zwar steht einer verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen, dass eine zur Bestimmbarkeit führende Auslegung nach dem objektivierten Willen des Verordnungsgebers von dessen tatsächlichem Willen abweicht, wie der Verwaltungsgerichtshof annimmt. Eine Auslegung zur Vermeidung eines bestimmten Verfassungsverstoßes scheidet indes aus, wenn sie unter anderen Aspekten wiederum mit der Verfassung nicht vereinbar wäre. So liegt es hier. Der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost reicht nach dem der Rechtsverordnung beigefügten Lageplan über die unmittelbar angrenzenden Grundstücke hinaus. Deshalb hätte die Auslegung des Verordnungstextes anhand des Wortsinns eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Schlechterstellung der Verkaufsstellen im Umfeld des Marktgeschehens im Echinger Ortszentrum zur Folge, für die ein sachlicher Grund nicht erkennbar ist.

34

bb) Unabhängig davon führte eine solche Auslegung nicht zu hinreichender Bestimmtheit, weil es an einer räumlichen Konkretisierung des "Marktgeschehens" im Ortszentrum und damit auch an der Bestimmbarkeit der daran angrenzenden Verkaufsstellen fehlt. Während die räumliche Begrenzung der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost durch Bezugnahme der Rechtsverordnung auf den beigefügten Lageplan bestimmt wird, auf dem auch der Markt eingezeichnet ist, fehlt es für das Marktgeschehen im Echinger Ortszentrum an einer entsprechenden grafischen Darstellung. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin lässt sich der räumliche Geltungsbereich der Ladenöffnung auch nicht anhand der Marktsatzung der Antragsgegnerin vom 11. März 2013 bestimmen. § 2 Abs. 1 Satz 2 der Marktsatzung kennzeichnet zwar die Marktgebiete für Jahrmärkte durch Bezugnahme auf Lagepläne der Gemeinde, darunter auch einen Lageplan für das hier in Rede stehende Echinger Ortszentrum/Bürgerplatz. Ein Rückgriff auf diesen Lageplan zur Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs der angegriffenen Rechtsverordnung käme indes nur in Betracht, wenn diese einen entsprechenden Verweis auf die Marktsatzung und den genau bezeichneten veröffentlichten Lageplan enthielte (BVerwG, Urteil vom 28. November 1963 - 1 C 74.61 - BVerwGE 17, 192 <194 f.>; Beschluss vom 29. Juli 2010 - 4 BN 21.10 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 46 Rn. 11 f.). Daran fehlt es hier.

35

d) Schließlich verletzt die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die angegriffene Rechtsverordnung stehe hinsichtlich der Ladenöffnung im Gewerbegebiet Eching-Ost mit § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG nicht in Einklang, kein Bundesrecht.

36

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat beanstandet, dass die Antragsgegnerin bei Erlass der Rechtsverordnung keine rechtskonforme Prognose darüber angestellt habe, ob der in Eching-Ost erstmals veranstaltete Frühjahrsmarkt so attraktiv sein werde, dass er und nicht die am selben Tage gestattete Ladenöffnung den hauptsächlichen Grund für den Aufenthalt von Besuchern dort biete. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG gestattete sonntägliche Ladenöffnung aus Anlass eines Marktes setzt voraus, dass der Markt selbst und nicht erst die Ladenöffnung einen beträchtlichen Besucherstrom auslöst, der die Zahl der Besucher bei alleiniger Öffnung der Verkaufsstellen übersteigt (s.o. 2. a)bb)). Die gemeindliche Prognose unterliegt zwar nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle; insbesondere darf das Gericht keine eigene Prognose vornehmen. Es hat jedoch zu prüfen, ob die bei Erlass der Rechtsverordnung über die Freigabe der Ladenöffnung vorgenommene Prognose schlüssig und vertretbar ist.

37

bb) Diesen Anforderungen wird die von der Antragsgegnerin angestellte Prognose hinsichtlich der Anziehungskraft des erstmalig in Eching-Ost veranstalteten "Echinger Frühjahrsmarktes" nicht gerecht.

38

Nach der Begründung des Verordnungsentwurfs hat die Antragsgegnerin ihre Prognose darauf gestützt, dass die "Echinger Frühjahrsschau" im Ortszentrum regelmäßig einige tausend Besucher anziehe. Wegen der identischen Ausgestaltung beider Märkte könne davon ausgegangen werden, dass dem erstmals geplanten "Echinger Frühjahrsmarkt" in Eching-Ost eine ebenso große Attraktivität wie bisher schon dem Markt im Ortszentrum zukomme. Auf diese Erwägungen lässt sich eine vertretbare Prognose nicht stützen. So erscheint die Annahme, dem erstmals veranstalteten Markt in Eching-Ost komme dieselbe Attraktivität zu wie dem Markt im Ortszentrum, bereits nicht schlüssig. Da beide Märkte zeitgleich stattfinden sollten, erschließt sich nicht, weshalb in Eching-Ost derselbe Besucherstrom wie bei dem bisher allein durchgeführten Markt im Ortszentrum zu erwarten stehen sollte, zumal letzterer nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs bei Erlass der Rechtsverordnung bereits gut eingeführt war, während der Markt in Eching-Ost erstmals stattfinden sollte. Darüber hinaus zeichnete sich der Frühjahrsmarkt in Eching-Ost nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht durch besondere Attraktivität aus. Er bestand im Gegenteil auch aus Verkaufsständen solcher Gewerbetreibender, die ohnehin schon im dortigen Gewerbegebiet mit festen Verkaufsstellen vertreten waren, welche nun auch unter die sonntägliche Ladenöffnung fielen.

39

Im Übrigen hätte die Antragsgegnerin erkennen müssen, dass der Sonntag in Eching-Ost nicht durch die öffentliche Wirkung des "Frühjahrsmarktes", sondern durch die dort mögliche typisch werktägliche Geschäftigkeit der Ladenöffnung geprägt sein würde. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin musste im Zeitpunkt der Beschlussfassung davon ausgehen, dass entsprechend dem vom Veranstalter eingereichten Verzeichnis auf dem Markt in Eching-Ost lediglich vierzehn Aussteller vertreten sein würden. Demgegenüber sollte die Rechtsverordnung im Gewerbegebiet Eching-Ost auch mehreren Möbel- und Baumärkten mit großen Ausstellungsflächen die Ladenöffnung ermöglichen. Ferner lässt sich aus dem der angegriffenen Rechtsverordnung beigefügten Lageplan Eching-Ost entnehmen, dass der für den Frühjahrsmarkt vorgesehene räumliche Bereich ungleich kleiner ist als die ihn umgebende Fläche der von der Freigabe der Ladenöffnung erfassten Verkaufsstellen.

40

e) Erweist sich die angegriffene Rechtsverordnung hinsichtlich der sonntäglichen Ladenöffnung für das Marktgeschehen in Eching/Ortszentrum ("Echinger Frühjahrsschau") und dasjenige in Eching-Ost ("Echinger Frühjahrsmarkt") und damit für beide Regelungsteile als unwirksam, bedarf es keiner Entscheidung, ob unabhängig davon auch die Unwirksamkeit nur eines Teils der Rechtsverordnung zu deren Ungültigkeit insgesamt führte.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt, tragen zur Hälfte die Antragsteller zu 1. und 2. als Gesamtschuldner und zur Hälfte der Antragsteller zu 3.

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen den Bebauungsplan Nr. 17 der Antragsgegnerin „Östlich der Lindenstraße in Groß Schwansee“.

2

Die Antragsteller sind Eigentümer von in der Nachbarschaft zum Plangebiet liegenden Hausgrundstücken. Diese liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 3.2 „Am Park“ der Antragsgegnerin, der für diesen Bereich ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Im Eigentum der Antragsteller zu 1. und 2. steht das Grundstück X. Nach ihren Angaben handelt es sich um ihren Zweitwohnsitz. Zwischen dem Grundstück der Antragsteller zu 1. und 2. und dem Plangebiet liegen zwei weitere Hausgrundstücke. Der Antragsteller zu 3. ist Eigentümer des Grundstücks Y, das unmittelbar an das Plangebiet angrenzt. Angaben zur Nutzung hat der Antragsteller nicht gemacht. Im Internet wird das Haus - wie weitere Häuser im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 3.2 - als Ferienhaus beworben („I.“). Die Straße Z ist in dem Bereich, an dem die Häuser der Antragsteller liegen, als Einbahnstraße ausgewiesen.

3

Der Bebauungsplan Nr. 17 der Antragsgegnerin sieht Sondergebiete für privat und touristisch genutztes Freizeitwohnen vor, in denen Ferienhäuser und Wochenendhäuser zulässig sind. Die Dauerwohnnutzung ist grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. I.1. der textlichen Festsetzungen). Vorgesehen sind Einzel- und Doppelhäuser in offener Bauweise mit höchstens einem Vollgeschoss. Die Grundflächenzahl ist auf 0,20 und die maximale Grundfläche auf 120 qm festgesetzt. Die Traufhöhe ist auf 3,80 m und die Firsthöhe auf 9,50 m begrenzt; für Reetdächer sind abweichende Regelungen getroffen. Die Größe der Baugrundstücke ist mit mindestens 500 qm vorgeschrieben (Ziff. I. 5 der textlichen Festsetzungen). Die höchstzulässige Zahl der Wohnungen ist je Einzelhaus und je Doppelhaushälfte auf maximal eine Wohnung begrenzt (Ziff. I. 7 der textlichen Festsetzungen). Nach der Planbegründung ist die Errichtung von 80 Häusern vorgesehen, wobei von durchschnittlich vier Betten je Wohneinheit auszugehen sei.

4

Das Planungsverfahren wurde bis zum Vorentwurfsstadium für zwei Teile des Plangebietes getrennt durchgeführt (Bebauungspläne 17.1 und 17.2). Die öffentliche Auslegung des sodann einheitlichen Planentwurfs wurde am 05.03.2014 in der Ostsee-Zeitung und vom 11.03.2014 bis zum 22.04.2014 durch Aushang bekanntgemacht und erfolgte vom 13.03.2014 bis zum 15.04.2014. Die Antragsteller erhoben am 15.04.2014 Einwendungen. Die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin beschloss am 21.05.2014 über die Abwägung der Einwendungen, fasste den Satzungsbeschluss und billigte die Planbegründung. Der Satzungsbeschluss wurde am 20.12.2014 bekannt gemacht.

5

Die Antragsteller haben am 11.05.2015 Normenkontrollantrag gestellt (Az. 3 K 200/15) und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.

6

Die Antragsteller begründen ihre Antragsbefugnis wie folgt: Es sei zu befürchten, das der Bebauungsplan im Falle seiner Realisierung erhebliche nachteilige Auswirkungen auf ihre Grundstücke und deren Nutzung haben werde, da die derzeit noch vorliegende ungestörte Wohnlage beseitigt würde. Bei der Erhaltung einer ungestörten Wohnlage handele es sich um einen abwägungserheblichen Belang nach § 1 Abs. 6 Nr. 1, Nr. 7 Buchst. c und e BauGB. Dieser sei im Rahmen der Abwägung nicht ordnungsgemäß berücksichtigt worden.

7

Nach Errichtung der geplanten 80 Ferienhäuser sei eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Grundstücke insbesondere durch Geräuschimmissionen und das erhöhte Verkehrsaufkommen zu erwarten. Entgegen der Prognose der Antragsgegnerin sei nicht von vier Betten je Wohneinheit, sondern von sechs Betten je Wohneinheit auszugehen, so dass die Ferienanlage eine Bettenkapazität von fast 500 Betten aufweise. Da im Plangebiet auch Ferienhausnutzung zugelassen sei, seien dort lärmverursachende Freizeitaktivitäten - z.B. freizeitsportliche Aktivitäten wie Ballspiele - auch in den Abend- und Nachtstunden zu erwarten. Im Wohngebiet „Am Park“ liege eine entsprechende Lärmbelastung nicht vor.

8

Auch das erhöhte Verkehrsaufkommen durch Kraftfahrzeuge und Fußgänger führe zu einer empfindlichen Beeinträchtigung des Wohngebietes „Am Park“. Für eine Bewältigung dieses erhöhten Verkehrsaufkommens seien die Straßen und Wege im Wohngebiet „Am Park“ nicht ausgelegt. Der Bebauungsplan sehe eine direkte Verbindung des nördlichen Teils des Gebietes mit dem Wohngebiet „Am Park“ vor. Es sei absehbar, dass die Nutzer des Plangebietes das Wohngebiet „Am Park“ durchquerten, wenn sie zur Ostsee gelangen wollten. Bei vollständiger Belegung der Ferien- und Wochenendhäuser würde es sich um mehr als 320 Feriengäste handeln.

9

Für den Kfz-Verkehr sei zwar keine direkte Verbindung zwischen dem neuen Baugebiet und dem Wohngebiet „Am Park“ vorgesehen. Es sei aber zu erwarten, dass eine Vielzahl von Fahrzeugen dennoch über die 1. Allee und sodann durch das Wohngebiet „Am Park“ fahren würden, um z.B. zur Ostsee oder zum Schlossgut zu gelangen. Nach der Verkehrslärmuntersuchung seien pro Tag mehr als 500 Kfz-Fahrten durch das Plangebiet zu erwarten, die dann durch das Wohngebiet „Am Park“ führen und eine erhebliche Lärmbelästigung mit sich bringen würde; die Immissionsrichtwerte der DIN 18005-1 von 55 dB(A) am Tag und 45 bzw. 40 dB(A) in der Nacht würden nicht mehr eingehalten. Dass sich die Kfz-Fahrten überwiegend außerhalb des Wohngebietes „Am Park“ abspielen würden, sei bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil sämtliche Parkplätze der Gemeinde zum Strand und zum Schloss ausschließlich in räumlicher Nähe zum Wohngebiet „Am Park“ angeordnet seien. Auch ohne direkte Durchfahrtsmöglichkeit zum Wohngebiet „Am Park“ erscheine es unausweichlich, dass das Wohngebiet über andere Zufahrtsstraßen in Richtung Park tangiert werde.

10

Gegenstand der Untersuchung sei im Aufstellungsverfahren lediglich der von der Planstraße ausgehende Verkehrslärm gewesen, während Lärmbelästigungen durch die Nutzer des Plangebietes sowie in Folge des zu erwartenden Durchgangsverkehrs nicht berücksichtigt worden seien. Das Lärmschutzgutachten sei - wie im Einzelnen näher ausgeführt wird - auch in weiteren Punkten fehlerhaft.

11

Im Übrigen werde in Abrede gestellt, dass eine direkte Durchfahrtmöglichkeit zum Wohngebiet „Am Park“ nicht errichtet werde. Dies ergebe sich aus dem aktuellen Zustand der fertig gestellten „Planstraße M“. Auf die eingereichten Lichtbilder wird Bezug genommen.

12

Auch durch die lärmverursachenden Bauarbeiten würden die Antragsteller erheblich beeinträchtigt.

13

Schließlich sei auch die Verschlechterung der Grundstückssituation der Antragsteller durch die Überbebauung und Versiegelung der benachbarten bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche abwägungserheblich und von der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt worden. Dabei gehe es nicht um die Erhaltung der bisherigen Aussicht.

14

Die im Plangebiet vorgesehenen Straßen sind bereits gebaut worden; eine Parzellierung ist erfolgt.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

16

Der Antrag hat keinen Erfolg.

17

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind bei Bebauungsplänen ‎zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, ‎soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. ‎Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder ‎unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § ‎‎47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen ‎dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ‎zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, ‎dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache ‎suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn ‎dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile ‎befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener ‎Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit ‎Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen ‎Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des ‎Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten ‎einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: ‎Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige ‎Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, ‎die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach ‎‎§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen ‎Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich ‎überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz ‎offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (BVerwG, B. v. ‎‎25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, BauR 2015, 968; dem folgend bereits B. d. Senats v. 19.08.2015 - 3 M 54/14, S. 8 und 3 M 64/15, S. 5).

18

In Anwendung dieser Grundsätze kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO vorliegend nicht in Betracht. Die Antragsteller sind nicht antragsbefugt.

19

Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keine höheren Anforderungen zu stellen, wenn es - wie hier - um das Recht auf gerechte Abwägung geht. Auch insoweit reicht es aus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen. Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen privaten Belang, d.h. ein mehr als nur geringfügig schutzwürdiges Interesse des Betroffenen, berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat. Die bloße verbale Behauptung einer theoretischen Rechtsverletzung mag allerdings im Einzelfall dann nicht zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genügen, wenn diese Behauptung nur vorgeschoben erscheint, das tatsächliche Vorliegen einer Rechtsverletzung aber offensichtlich ausscheidet. Die Annahme eines solchen Falles ist aber ausgeschlossen, wenn seine Prüfung nennenswerten Umfang oder über Plausibilitätserwägungen hinausgehende Intensität erfordert; in jedem Fall ist die Prüfung nur auf der Grundlage der Darlegungen in der Antragsschrift, nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffs vorzunehmen. Deswegen vermag die im Laufe des Verfahrens fortschreitende Sachverhaltsaufklärung durch das Normenkontrollgericht die Antragsbefugnis eines Antragstellers nicht nachträglich in Frage zu stellen. Die Antragsbefugnis setzt nicht voraus, dass der Antragsteller überhaupt geltend macht, die Gemeinde sei zu einem anderen Abwägungsergebnis verpflichtet gewesen. Denn ausreichend für einen Abwägungsfehler ist bereits, dass sich das Planungsergebnis als nicht hinreichend abgewogen erweist. Es genügt, dass ein Antragsteller als Rechtsverletzung geltend macht, sein abwägungsrelevanter Belang sei in der Abwägung zu kurz gekommen. Auf die Frage, ob eine vom Antragsteller geltend gemachte Verletzung des Abwägungsgebots, wenn sie vorläge, nach den Planerhaltungsvorschriften beachtlich wäre, kommt es für die Antragsbefugnis nicht an (BVerwG, B. v. 08.06.2011 - 4 BN 42/10 - BauR 2011, 1641).

20

‎Nach diesen Grundsätzen können sich die Antragsteller im vorliegenden Fall nicht auf abwägungserhebliche private Belange berufen.

21

a) Soweit die Antragsteller den Gesichtspunkt der lärmverursachenden Freizeitaktivitäten in dem Plangebiet anführen, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie in einer abwägungserheblichen Weise betroffen sein könnten. In dem Plangebiet sind lediglich Einzel- und Doppelhäuser vorgesehen. Sonstige Freizeiteinrichtungen oder Freiflächen hierfür, Sport- oder Bolzplätze sind nicht Gegenstand der Planung. Hinzu kommt, dass das Plangebiet durch einen 15 m breiten Ackerstreifen von der Allee getrennt angeordnet ist, jenseits derer das Baugebiet der Antragsteller liegt. Allgemeine Bedenken gegen die benachbarte Anordnung eines allgemeinen Wohngebietes und eines Sondergebietes Ferien- und Wochenendwohnen bestehen nicht. Die Antragsgegnerin hat zu Recht auf den höheren Schutzanspruch des Wochenend- und Ferienwohnens nach den Vorgaben der DIN 18005 Teil 1 - Schallschutz im Städtebau hingewiesen. Danach entsprechen die schalltechnischen Orientierungswerte für die städtebauliche Planung, deren Einhaltung oder Unterschreitung als wünschenswert angesehen wird, für Wochenend- und Ferienhausgebiete mit 50 dB tags und 40 bzw. 35 dB nachts denen für ein reines Wohngebiet und liegen damit niedriger als diejenigen für ein allgemeines Wohngebiet (55 dB tags und 45 bzw. 40 dB nachts). Soweit Zweifel an der Vereinbarkeit von Dauerwohnen einerseits und Wochenend- bzw. Ferienwohnen andererseits diskutiert werden (vgl. BVerwG U. v. 11.07.2013 - 4 CN 7.12 - BVerwGE 147, 138 = Juris Rn. 12; OVG Lüneburg, U. v. 18.09.2014 – 1 KN 123/12 – Juris Rn. 21; vgl. a. OVG Greifswald U. v. 19.02.2014 – 3 L 212/12 – Juris Rn. 49 f.) betreffen diese entsprechende Nutzungen in ein- und demselben Baugebiet, nicht aber zwei benachbarten Baugebieten.

22

b) Soweit die Antragsteller von erhöhtem Fußgängerverkehr durch ihr Wohngebiet verschont bleiben wollen, ist bereits nicht ersichtlich, welche Beeinträchtigungen dieser mit sich bringen soll. Eine relevante Erhöhung der Lärmbelastung haben die Antragsteller nicht dargelegt; hierfür bestehen auch keine Anhaltspunkte. Die Antragsgegnerin geht hinsichtlich der Durchquerung des Wohngebietes „Am Park“ durch Fußgänger nachvollziehbar davon aus, dass eine über einen Wert von 55 dB(A) hinausgehende Lärmeinwirkung sich nicht einstellen werde, weil der Pegel eines normalen Gesprächs in unmittelbarer Nähe bei 40 bis 55 dB(A), allenfalls gelegentlich 60 dB(A) liege, wobei der Spitzenpegel lediglich in einem kurzen Zeitraum erreicht werde, weil die Passanten den Einwirkungsbereich zeitnah wieder verließen.

23

c) Eine Antragsbefugnis der Antragsteller ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer erhöhten Lärmbelastung ihrer Grundstücke durch Kraftfahrzeugverkehr.

24

Allerdings stellt das Interesse, von zusätzlichem Verkehrslärm verschont zu bleiben, grundsätzlich ein abwägungsbeachtliches Interesse dar. Nach Maßgabe des § 41 BImSchG hat ein Planungsträger sicherzustellen, dass durch eine geplante Straße keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Dies gilt unabhängig davon, auf welcher rechtlichen Grundlage der Bau der Straße beruht, also auch dann, wenn die Straße aufgrund einer nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB getroffenen Festsetzung angelegt wird. § 41 BImSchG i.V.m. der zu ihrer Durchführung erlassenen Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) setzt der Planung insoweit eine strikte, im Wege der planerischen Abwägung nicht überwindbare äußerste Grenze, als die Werte der Verkehrslärmschutzverordnung nicht überschritten werden. Das bedeutet nicht, dass eine Planung stets abwägungsgerecht ist, wenn die Grenzwerte eingehalten werden. Vielmehr gehört eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms auch unterhalb der Grenzwerte grundsätzlich zum Abwägungsmaterial und begründet damit die Antragsbefugnis des Betroffenen. Ist der Lärmzuwachs allerdings nur geringfügig oder wirkt er sich nur unwesentlich auf das Nachbargrundstück aus, so muss er nicht in die Abwägung eingestellt werden und die Antragsbefugnis entfällt. Es bedarf jeweils einer wertenden Betrachtung der konkreten Verhältnisse unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorbelastung und der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebietes (vgl. BVerwG B. v. 24.05.2007 – 4 BN 16.07, 4 BN 1.07, 4 VR 164 VR 16.07 und 4 VR 1.4 VR 1.07 – Juris Rn. 5 mwN).

25

Entgegen der Auffassung der Antragsteller erreicht das Risiko einer erhöhten Verkehrsbelastung hinsichtlich des Kraftfahrzeugverkehrs im vorliegenden Fall nicht die Schwelle der Abwägungsrelevanz.

26

Das gesamte Plangebiet ist für den Kraftfahrzeugverkehr über die Planstraßen A2 und A1 nebst als Sackgassen ausgebildeten Seitenstraßen an die Lindenstraße angebunden; die Einmündung befindet sich in etwa 400 m Entfernung von den Grundstücken der Antragsteller. Die Planstraße A2 endet innerhalb des Plangebietes in einer Wendeschleife. Eine Verbindung für den Kraftfahrzeugverkehr zwischen der Wendeschleife und dem gegenüber auf der anderen Seite der sog. „1. Allee“ gelegenen Wohngebiet der Antragsteller sieht der Bebauungsplan nicht vor. Als Verbindung ist in diesem Bereich vielmehr eine Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung für einen Geh- und Radweg sowie für den Havariefall für Einsatz- und Rettungsfahrzeuge festgesetzt. In der Planbegründung heißt es, zur Sicherung der Umsetzung solle z.B. ein versenkbarer Poller eingesetzt werden (Begründung S. 40; Ordner C3 Bl. 285). Aus einer etwa abweichenden Bauausführung können Einwände gegen den Bebauungsplan nicht hergeleitet werden.

27

Soweit die Antragsteller offenbar befürchten, ein erhöhtes Aufkommen an Kraftfahrzeugverkehr und damit eine entsprechende Lärmbelastung für ihr Wohngebiet könne sich daraus ergeben, dass die Bewohner des Plangebietes den Planstraßen nicht bis zur Einmündung in die Lindenstraße folgen würden, sondern nur bis zu deren Querung der sog. „1. Allee“ etwa 75 m südlich ihres Wohngebietes, um sodann die „1. Allee“ als Abkürzung in Richtung Strand und Schlossgut zu benutzen, fehlt es hierfür an einer hinreichenden Grundlage. Bei der sog. „1. Allee“ handelt es sich nach der Bestandsdarstellung zum B-Plan-Vorentwurf Nr. 17.1 um einen nicht- oder teilversiegelter Wirtschaftsweg (Ordner A1 Bl. 107). Nach den von den Antragstellern eingereichten Fotos des nunmehrigen Zustandes nach (teilweiser) Herstellung der Verbindung der Wendeschleife mit der Straße Z („Planstraße M“) (Bl. 467 GA) geht der Senat davon aus, dass das nördliche Stück der „1. Allee“ - zwischen den beiden Enden der Straße Z - asphaltiert ist. Eine Nutzung nur des befestigten Teils der „1. Allee“ durch Bewohner des Plangebietes ist jedoch mangels mit Kraftfahrzeugen befahrbarer Verbindung zwischen diesem Teil und den Planstraßen nicht möglich. Die Nutzung der „1. Allee“ würde daher voraussetzen, dass auch deren unbefestigter Teil befahren wird. Es ist aber nicht ersichtlich, welchen Grund Bewohner des Plangebietes haben sollten, mit Kraftfahrzeugen diesen Weg zu nutzen. Eine Abkürzung dürfte die Strecke nur zum Schlossgut bzw. zu den Parkplätzen im Bereich des Strandzugangs Nr. 7 darstellen. Dass diese Ziele relevanten Kfz-Verkehr aus dem Plangebiet auslösen könnten, ist angesichts der Nähe von nur bis zu etwa 500 m und damit der fußläufigen Erreichbarkeit von den Grundstücken des Plangebietes nicht ersichtlich. Dass die durchgeführte Verkehrslärmuntersuchung nur den Bereich des Abzweigs der Planstraße A2 von der Lindenstraße betrifft, nicht aber den Bereich des Wohngebietes „Am Park“, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.

28

d) Die ruhige Wohnlage, die einem an den bisherigen Außenbereich angrenzenden Grundstück im allgemeinen faktisch zukommt, begründet als solche keine Antragsbefugnis; denn einen Rechtsanspruch oder auch nur ein schutzwürdiges Interesse auf Beibehaltung dieser Lage gibt es nicht (BVerwG U. v. 21.10.1999 – 4 CN 1.98 – NVwZ 2000, 807 = Juris Rn. 17). Die Antragsteller werden nur so gestellt, wie wenn von vornherein ein Sondergebiet mit entsprechender Zweckbestimmung auf der anderen Seite der „1. Allee“ entstanden oder geplant worden wäre.

29

e) Die Belästigung durch Baustellenverkehr im Falle der Errichtung von Neubauten in der Nachbarschaft ist vorübergehender Natur und deshalb nicht als abwägungserheblicher Belang zu berücksichtigen (vgl. OVG Koblenz U. v. 14.09.2005 - 8 C 10455/05 - Juris Rn. 15).

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Je betroffenes Grundstück geht der Senat für das Hauptsacheverfahren von einem Streitwert von 10.000 Euro aus (vgl. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013); für das vorläufige Rechtsschutzverfahren wird die Hälfte dieses Betrages angesetzt (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).

31

Hinweis:

32

Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

(2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Bei besonderer Dringlichkeit kann das Bundesverfassungsgericht davon absehen, den am Verfahren zur Hauptsache Beteiligten, zum Beitritt Berechtigten oder Äußerungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Wird die einstweilige Anordnung durch Beschluß erlassen oder abgelehnt, so kann Widerspruch erhoben werden. Das gilt nicht für den Beschwerdeführer im Verfahren der Verfassungsbeschwerde. Über den Widerspruch entscheidet das Bundesverfassungsgericht nach mündlicher Verhandlung. Diese muß binnen zwei Wochen nach dem Eingang der Begründung des Widerspruchs stattfinden.

(4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen.

(5) Das Bundesverfassungsgericht kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung oder über den Widerspruch ohne Begründung bekanntgeben. In diesem Fall ist die Begründung den Beteiligten gesondert zu übermitteln.

(6) Die einstweilige Anordnung tritt nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen wiederholt werden.

(7) Ist ein Senat nicht beschlußfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit erlassen werden, wenn mindestens drei Richter anwesend sind und der Beschluß einstimmig gefaßt wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Senat bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlaß außer Kraft.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

(1) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen in Kurorten und in einzeln aufzuführenden Ausflugs-, Erholungs- und Wallfahrtsorten mit besonders starkem Fremdenverkehr Badegegenstände, Devotionalien, frische Früchte, alkoholfreie Getränke, Milch und Milcherzeugnisse im Sinne des § 4 Abs. 2 des Milch- und Fettgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7842-1, veröffentlichen bereinigten Fassung, Süßwaren, Tabakwaren, Blumen und Zeitungen sowie Waren, die für diese Orte kennzeichnend sind, abweichend von den Vorschriften des § 3 Abs. 1 Nr. 1 an jährlich höchstens 40 Sonn- und Feiertagen bis zur Dauer von acht Stunden verkauft werden dürfen. Sie können durch Rechtsverordnung die Festsetzung der zugelassenen Öffnungszeiten auf andere Stellen übertragen. Bei der Festsetzung der Öffnungszeiten ist auf die Zeit des Hauptgottesdienstes Rücksicht zu nehmen.

(2) In den nach Absatz 1 erlassenen Rechtsverordnungen kann die Offenhaltung auf bestimmte Ortsteile beschränkt werden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.