Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 26. August 2013 – 7 B 62/13 – (Ziffer 1. des Tenors) wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zuletzt gegen den wasserverkehrsrechtlichen Bescheid der Antragsgegnerin zu 1. vom 04. Februar 2013 über die nach näheren Maßgaben zu Gunsten des Antragsgegners zu 2. erfolgte Genehmigung über Errichtung und Betrieb eines Fahrgastschiffanlegers mit 22 Sportbootliegeplätzen – davon 19 Gast- und 3 Dauerliegeplätzen – in der Gemarkung Schweriner See, Flur .., Flurstück ….

2

Das geplante Vorhaben liegt im Geltungsbereich der Landschaftsschutzgebietsverordnung „Schweriner Innensee und Ziegelaußensee“ vom 05. April 2005 (nachfolgend: LSGVO) sowie innerhalb des Europäischen Vogelschutzgebietes „Schweriner Seen“, DE 2235-402. Mit der durch die Verordnung erfolgten Schutzgebietsausweisung wird ein Teil des Europäischen Vogelschutzgebietes zum Schutzgebiet erklärt und das Vogelschutzgebiet Bestandteil des Europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“ (vgl. § 1 Abs. 3 LSGVO). Die geplante Steganlage soll an der südlichen Seite der Schlossbucht des Schweriner Sees errichtet werden. Der gegenüber dem S. Schloss liegende Stegstandort grenzt östlich an das Vereinsgelände des „B-Stadt e. V.“, der ebenfalls eine Steganlage betreibt, und westlich an eine vorhandene historische Bebauung.

3

Auf den Bauantrag des Antragsgegners zu 2. vom 09. Februar 2011 teilte die Antragsgegnerin zu 1. (Untere Wasserbehörde) Ersterem mit Schreiben vom 07. Juni 2011 „nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Nutzung der Gewässer für den Verkehr und die Sicherheit in den Häfen“ (Wasserverkehrs- und Hafensicherheitsgesetz - WVHaSiG M-V) zunächst lediglich eine „Handlungsrichtlinie“ mit. Da es an einem Außenverhältnis der Beteiligten mangele, werde durch die untere Wasserverkehrsbehörde kein Verwaltungsakt erlassen.

4

Am 30. März 2012 hat der Antragsteller zunächst beim Verwaltungsgericht Schwerin um einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel nachgesucht, den Antragsgegnern den Beginn mit Bauarbeiten zu untersagen. Mit Beschluss vom 30. März 2012 – 7 B 174/12 – hat das Verwaltungsgericht der Antragsgegnerin zu 1. mit sofortiger Wirkung vorläufig bis zu einer abschließenden Entscheidung in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aufgegeben, Bauarbeiten bzw. damit zusammenhängende Vorbereitungsarbeiten für den geplanten Schiffsanleger in der südlichen Schlossbucht des Schweriner Sees einzustellen bzw. – soweit sie von Dritten vorgenommen werden – zu unterbinden.

5

Nachdem die Antragsgegner ihre Absicht mitgeteilt hatten, vor Baubeginn eine FFH-Hauptprüfung durchführen zu lassen, und gegenüber dem Antragsteller zugesichert hatten, diesen gemäß der Regelung in § 30 Abs. 2 NatSchAG M-V durch Übersendung der „FFH-Hauptprüfung“ und Einräumung einer mindestens vierwöchigen Stellungnahmefrist zu beteiligen, was auch für alle sonstigen für das Vorhaben bedeutsamen Unterlagen gelte, soweit sie noch nicht übersandt worden waren, hat das Verwaltungsgericht auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 25. April 2012 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Es hat dabei zur Klarstellung darauf hingewiesen, dass der Beschluss vom 30. März 2012 nach wie vor Gültigkeit beanspruche.

6

Im August 2012 haben die Antragsgegner dem Antragsteller u. a. die FFH-Verträglichkeitsstudie „Schlossbuchtanleger Schwerin“ (Stand: 28.08.2012) und den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag „Schlossbuchtanleger 2012“ (Stand: 28.08.2012), jeweils erstellt vom Büro „P.“ B-Stadt, übermittelt; bei den Verwaltungsvorgängen befinden sich diese Unterlagen (nur) mit Stand: 13. bzw. 08. November 2012.

7

Mit wasserverkehrsrechtlichem Bescheid vom 04. Februar 2013 hat die Antragsgegnerin zu 1. gestützt auf § 6 Abs. 1 Nr. 1 WVHaSiG nach näheren Maßgaben zu Gunsten des Antragsgegners zu 2. die Genehmigung über Errichtung und Betrieb eines Fahrgastschiffanlegers mit 22 Sportbootliegeplätzen – davon 19 Gast- und 3 Dauerliegeplätzen – in der Gemarkung Schweriner See, Flur …, Flurstück … erteilt und den Bescheid mit näherer Begründung für sofort vollziehbar erklärt. Die Antragsgegnerin zu 1. hat zur Begründung des Bescheides u. a. angenommen, unter Berücksichtigung möglicher Summations-effekte mit anderen Plänen/Projekten seien keine erheblichen Beeinträchtigungen des Natura-2000-Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen zu erwarten, weil die vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen inkl. Schadensbegrenzungsmaßnahmen sowie das Risikomanagement geeignet und wirksam seien.

8

Gegen den Bescheid vom 04. Februar 2013 hat der Antragsteller unter dem 6. Februar 2013 Widerspruch eingelegt und die Aussetzung des Sofortvollzugs beantragt. Den Aussetzungsantrag hat die Antragsgegnerin zu 1. unter dem 13. Februar 2013 zurückgewiesen.

9

Mit am 07. Februar 2013 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz haben die Antragsgegner dem Verwaltungsgericht den Genehmigungsbescheid vom 04. Februar 2013 übersandt und beantragt,

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die Rechtmäßigkeit der Genehmigung festzustellen und

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den Baueinstellungsbeschluss vom 30. März 2012 aufzuheben.

12

Daraufhin hat das Verwaltungsgericht das ruhende Verfahren unter dem Az. 7 B 62/13 wiedereröffnet.

13

Mit am 08. März 2013 eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsteller beantragt:

14

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 06.02.2013 gegen den wasserverkehrsrechtlichen Bescheid des Antragsgegners zu 1. vom 4.2.2013 – wasserverkehrsrechtlicher Bescheid, hier: Errichtung und Betrieb eines Fahrgastschiffanlegers mit 22 Sportbootliegeplätzen, davon 19 Gastliegeplätze und drei Dauerliegeplätze in Schwerin, F. Weg 19, in der Gemarkung Schweriner See, Flur …, Flurstück … – wird wiederhergestellt.

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Mit dem angefochtenen Beschluss vom 26. August 2013 hat das Verwaltungsgericht den Beschluss vom 30. März 2012 – 7 B 174/12 – klarstellend aufgehoben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 06. Februar 2013 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin zu 1. vom 04. Februar 2013 wiederhergestellt (Ziffer 1. des Tenors). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller sei zunächst nach Maßgabe von § 64 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG antragsbefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, weil er das Ergebnis der Verträglichkeitsstudie bzw. diese selbst beanstande und deshalb geltend mache, es sei nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, dass es für die Zulassungsfähigkeit des Vorhabens einer Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 – 5 BNatSchG bedurft hätte. Diese Rüge sei durch sein Beanstandungsrecht gedeckt. Der Antrag sei auch begründet. Das Verwaltungsgericht gehe zunächst davon aus, dass die erteilte Genehmigung mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig sei. Sie leide daran, dass die Antragsgegnerin zu 1. zu Unrecht von einer vollumfänglichen Verwertbarkeit der vom Antragsgegner zu 2. in Auftrag gegebenen Verträglichkeitsstudie vom 13. November 2012 des Büros „P.“ ausgehe. Der Antragsteller habe Mängel der FFH-Verträglichkeitsstudie gerügt, die ihre vollumfängliche Verwertbarkeit zum nach § 34 BNatSchG notwendigen Ausschluss von erheblichen Beeinträchtigungen ausgeschlossen erscheinen ließen. Das gelte auch unter Berücksichtigung der späterhin während des laufenden gerichtlichen Verfahrens von der Antragsgegnerin zu 1. veranlassten Begutachtungen durch das K. Institut, Dr. M.. Dabei könnten sich die Antragsgegner nicht auf die fehlende Notwendigkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung berufen. Deren Notwendigkeit ergebe sich bereits aus der „Abschätzung der Ergebnisse einer FFH-Vorprüfung hinsichtlich des SPA Schweriner Seen (DE 2235-402)“ vom S.-Kooperationsbüro für Umwelt und Landschaftsplanung, Dr. W. S., mit Stand vom 02. April 2012. Für die Verträglichkeitsprüfung gelte, dass ein Projekt, das zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura-2000-Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, unzulässig sei, es sei denn es lägen die Abweichungsvoraussetzungen des § 34 Abs. 3 – 5 BNatSchG vor. Die vorliegend erarbeitete FFH-Verträglichkeitsstudie gebe nur in Teilen verwertbare Antworten auf die Frage einer Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes bei einer Umsetzung des hier in Rede stehenden Projekts. Die Studie übersehe zwar die hohen Vorbelastungen im Schweriner See für die maßgeblichen Erhaltungsziele durch den Bootsverkehr nicht, setze sich aber dann nicht hinreichend mit der für das gesamte Schutzgebiet durch das Vorhaben zu erwartenden Zusatzbelastung auseinander bzw. blende diese ohne nachvollziehbare Begründung aus. Für das Gericht sei – was ausführlich begründet wird – nicht mehr nachvollziehbar, dass nach einer Grundprämisse die Studie im Hinblick auf die sog. betriebsbedingten Wirkfaktoren grundsätzlich davon ausgehe, dass sowohl die 19 neuen sogenannten Gastliegeplätze als auch der Fahrgastschiffanleger, der schon von seiner Begrifflichkeit her für Großschiffe, also auch Seekreuzfahrer bzw. Hotelschiffe mit Übernachtungsmöglichkeit, gedacht sei, lediglich von bereits jetzt im See verkehrenden Wasserfahrzeugen angesteuert werde; denklogisch werde an diese Arbeitshypothesen anknüpfend für die weiteren Betrachtungen der Studie davon ausgegangen, dass durch die Projektverwirklichung kein zusätzlich erzeugter Schiffsverkehr, jedenfalls aber nicht ein Mehr an Schiffen im FFH-Gebiet zu erwarten sei. Dieses Manko der Studie werde auch nicht durch den Umstand egalisiert, dass nach der S.-Studie 2011 der vorhandene Bootsbestand bereits eine immense Vorbelastung darstelle; ebenso wenig lasse sich dieses Manko der Studie durch ein fehlendes Überschreiten der Bagatellgrenze relativieren. Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand sei damit davon auszugehen, dass mit dem Vorhaben Auswirkungen bezweckt würden, die zu einer deutlichen Zunahme des Bootsverkehrs und der von diesem zu erwartenden negativen Auswirkungen im Gesamtschutzgebiet führen werde; andere Annahmen wären insoweit – auch unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise – eher lebensfremd und von nur geringerer Wahrscheinlichkeit. Unabhängig von diesen Erwägungen müsse im Übrigen bei unterstellt offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens eine reine Interessenabwägung – was näher ausgeführt wird – zu Lasten der Antragsgegner gehen.

II.

16

Die von beiden Antragsgegnern fristgemäß eingelegte und gleichermaßen fristgemäß begründete Beschwerde gegen Ziffer 1. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 26. August 2013 – 7 B 62/13 – hat keinen Erfolg.

17

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt.

18

Die mit der Beschwerde benannten Gründe rechtfertigen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Sie vermögen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die erteilte Genehmigung sei derzeit mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, daraus resultierend werde der Hauptsacherechtsbehelf voraussichtlichen Erfolg haben, nicht zu erschüttern; die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller sei mit Blick auf die ihm gesetzlich eingeräumten Beteiligungsrechte antragsbefugt, stellt das Beschwerdevorbringen nicht in Frage.

19

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. i. V. m. § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 80a Rn. 17) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Abs. 2 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Die gerichtliche Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ergeht auf der Grundlage einer Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind auf der einen Seite das private Interesse des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug des Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (Aussetzungsinteresse), und auf der anderen Seite das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes (Vollziehungsinteresse) bzw. – im Falle des § 80a VwGO – das entsprechende private Vollziehungsinteresse. Im Rahmen der Interessenabwägung ist der Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bzw. der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. In der Regel überwiegt das öffentliche/private Vollziehungsinteresse, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt nach dem Prüfungsmaßstab des – summarischen – vorläufigen Rechtsschutzverfahrens als rechtmäßig erweist und der Rechtsbehelf in der Hauptsache ohne Aussicht auf Erfolg sein dürfte. Demgegenüber überwiegt grundsätzlich das private Aussetzungsinteresse, wenn sich der Verwaltungsakt nach diesem Maßstab als rechtswidrig erweist und der Rechtsbehelf in der Hauptsache voraussichtlich Erfolg haben wird; an der Vollziehung eines rechtswidrigen Bescheides besteht regelmäßig kein schutzwürdiges öffentliches Interesse. Lässt sich die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht in diesem Sinne klären bzw. ist der Ausgang der Hauptsache offen, bedarf es einer Abwägung der (sonstigen) wechselseitigen Interessen.

20

Diesen Maßstab hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt. Dass die mit der Beschwerde benannten Gründe keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung rechtfertigen, gilt zunächst für das Beschwerdevorbringen, entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei nicht mit einer Zunahme des Fahrgastschiffsverkehrs oder – mit Blick auf die Gastliegeplätze – sonstigen Bootsverkehrs zu rechnen, folglich seien in Einklang mit der FFH-Verträglichkeitsstudie, deren Ergebnisse nachvollziehbar seien, sekundäre Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des Schutzgebiets nicht zu besorgen, folglich habe die Genehmigung in rechtmäßiger Weise erteilt werden dürfen.

21

Damit vermögen die Antragsgegner nicht durchzudringen.

22

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-​Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Durch diese Vorschrift wird Art. 6 Abs. 3 FFH-​RL in nationales Recht umgesetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine FFH-​Verträglichkeitsprüfung erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können, also zumindest vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen. Der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung ist eine Vorprüfung bzw. Erheblichkeitseinschätzung (sog. Screening) vorgeschaltet. Die dabei anzulegenden Maßstäbe sind nicht identisch mit den Maßstäben für die Verträglichkeitsprüfung selbst. Bei der Vorprüfung ist nur zu untersuchen, ob erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebiets ernstlich zu besorgen sind. Erst wenn das zu bejahen ist, schließt sich die Verträglichkeitsprüfung mit ihren Anforderungen an den diese Besorgnis ausräumenden naturschutzfachlichen Gegenbeweis an. Der Ausschluss einer Qualitätseinbuße für das Schutzgebiet setzt voraus, dass hieran aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel besteht, wofür der Planungsträger beweispflichtig ist. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele, also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-​Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II FFH-​RL. Die Erhaltungsziele ergeben sich aus der Schutzerklärung bzw. aus den zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-​Datenbögen. Ob ein Projekt ein FFH-​Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Unerheblich sind demgegenüber nur Beeinträchtigungen, die kein Erhaltungsziel nachteilig berühren (vgl. zum Ganzen – m. w. N. – OVG Greifswald, Beschl. v. 05.07.2013 – 1 M 144/13 –; Beschl. v. 05.11.2012 – 3 M 143/12 –, NordÖR 2013, 120; Urt. v. 30.06.2010 – 3 K 19/06 –, NuR 2011, 136 – zitiert nach juris).

23

Mit Blick auf die Vorbelastung eines Schutzgebietes ist zwar zu berücksichtigen, dass Art. 6 Abs. 3 FFH-​RL und § 34 Abs. 1 und 2 BNatSchG einen projektbezogenen Prüfungsansatz fordern; zu beurteilen sind jedoch die Auswirkungen des jeweiligen konkreten Vorhabens. Diese Beurteilung kann aber nicht losgelöst von dem Zustand des zu schützenden Gebietsbestandteils und der Einwirkungen, denen dieser im Übrigen unterliegt, vorgenommen werden. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele. Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist jedoch nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite unterliegt. So kann eine Vorbelastung bereits zu Vorschädigungen führen, die einen verschlechterten Erhaltungszustand zur Folge haben. Sie kann aber auch Auswirkungen nach sich ziehen, die von dem Lebensraum oder der Art noch ungeschädigt verkraftet werden, die jedoch deren Fähigkeit, Zusatzbelastungen zu tolerieren, einschränken oder ausschließen. Daher liegt es auf der Hand, dass für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar ist. Dementsprechend ist der Einwand, bereits die Vorbelastung bewege sich in einem kritischen Bereich, beachtlich; ein aufgrund der Vorbelastung aktuell ungünstiger Erhaltungszustand rechtfertigt keine zusätzliche Beeinträchtigung (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 10.11.2009 – 9 B 28/09 –, DVBl. 2010, 176 – zitiert nach juris). Befindet sich ein FFH-Gebiet gegenwärtig ganz oder teilweise in einem ungünstigen Erhaltungszustand, ist es grundsätzlich für jegliche Zusatzbelastung gesperrt (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 30.06.2010 – 3 K 19/06 –, NuR 2011, 136 – zitiert nach juris).

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Kommt es für die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung darauf an, ob diese dem Erhaltungsziel zuwiderläuft, so ist grundsätzlich jede Überschreitung eines Wertes, der die Grenze der nach naturschutzfachlicher Einschätzung für das Erhaltungsziel unbedenklichen Auswirkungen bestimmter Art markiert, als erheblich anzusehen. Critical Loads sind als naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen in diesem Sinne zu verstehen; sie sollen die Gewähr dafür bieten, dass an dem Schutzgut auch langfristig keine signifikant schädlichen Effekte auftreten. Schöpft bereits die Vorbelastung die Belastungsgrenze aus oder überschreitet sie diese sogar, so folgt daraus, dass prinzipiell jede Zusatzbelastung dem Erhaltungsziel zuwiderläuft und deshalb erheblich ist, weil sie die kritische Grenze überschreitet oder schon mit der Vorbelastung verbundene Schadeffekte verstärkt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 10.11.2009 – 9 B 28/09 –, a. a. O.).

25

Unabhängig davon steht auch die festgestellte Zielunverträglichkeit allerdings unter einem Bagatellvorbehalt, der seine Rechtfertigung im gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 3 EG) findet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.2009 – 9 B 28/09 –, a. a. O.; vgl. auch OVG Greifswald, Urt. v. 30.06.2010 – 3 K 19/06 –, NuR 2011, 136 – zitiert nach juris).

26

Vor dem Hintergrund dieses rechtlichen Maßstabes ist zunächst festzuhalten, dass die Antragsgegner mit ihrem Beschwerdevorbringen die rechtliche Notwendigkeit einer Verträglichkeitsprüfung – mit ihren Anforderungen an den die Besorgnis einer erheblichen Beeinträchtigung ausräumenden naturschutzfachlichen Gegenbeweis – gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG nicht in Frage stellen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO); die diesbezüglichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts werden nicht angegriffen. An deren Richtigkeit bestehen im Übrigen nach dem Prüfungsmaßstab des summarischen vorläufigen Rechtsschutzverfahrens auch keine durchgreifenden Zweifel (vgl. im Übrigen auch die Antwort der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern auf eine kleine Anfrage zum geplanten Schiffsanleger, Landtagsdrucksache 6/239).

27

Ohne dass dies unter dem Eindruck des Beschwerdevorbringens solchen Zweifeln ausgesetzt wäre, durfte das Verwaltungsgericht unter den von ihm benannten zutreffenden Gründen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO) zudem davon ausgehen, dass die im Genehmigungsverfahren durchgeführte Verträglichkeitsprüfung – auch unter Berücksichtigung der im gerichtlichen Verfahren von Antragsgegnerseite beigebrachten naturschutzfachlichen Bewertungen – im Ergebnis in dem Sinne nicht verwertbar ist, als sie den erforderlichen Nachweis, dass erhebliche Beeinträchtigungen ausgeschlossen werden können, nicht zu erbringen vermag. Demzufolge konnte das Verwaltungsgericht nach aktuellem Erkenntnisstand die zutreffende Schlussfolgerung ziehen, dass die vor Zulassung oder Durchführung des Vorhabens erforderliche Verträglichkeitsprüfung noch nicht in hinreichendem Maße durchgeführt worden ist und folglich eine Genehmigung jedenfalls noch nicht erfolgen durfte.

28

Mit dieser vom Verwaltungsgericht als entscheidungstragend herausgestellten Erwägung ist zugleich die Frage nach der verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte in naturschutzrechtlichen Verwaltungsstreitverfahren angesprochen. Auch wenn der Behörde im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf bestimmte naturschutzfachliche Fragestellungen eine Einschätzungsprärogative zuzubilligen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299 – zitiert nach juris ), muss sie doch insbesondere den gerichtlich überprüfbaren Anforderungen der Ermittlung der Projekteinwirkungen bzw. Erfassung von Beeinträchtigungen genügen und dazu alle – wissenschaftlichen – Mittel und Quellen ausschöpfen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299 – zitiert nach juris ). Das Verwaltungsgericht war folglich verpflichtet zu überprüfen, ob im Gesamtergebnis die Verträglichkeitsprüfung sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichte, um die Behörde in die Lage zu versetzen, erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebiets durch das Vorhaben auszuschließen.

29

Das Verwaltungsgericht kritisiert insoweit zu Recht die Ermittlungstiefe der vorliegenden FFH-Verträglichkeitsstudie hinsichtlich der sekundären Projekteinwirkungen, wenn es darauf hinweist, dass diese zwar die hohen Vorbelastungen im Schweriner See für die maßgeblichen Erhaltungsziele durch den Bootsverkehr nicht übersehe, sich aber dann nicht hinreichend mit der für das gesamte Schutzgebiet durch das Vorhaben zu erwartenden Zusatzbelastung auseinandersetze bzw. diese ohne nachvollziehbare Begründung ausblende. Es trifft zu, dass die Studie in Ansehung der betriebsbedingten Wirkfaktoren schlicht unterstellt, dass sowohl die 19 neuen sogenannten Gastliegeplätze als auch der Fahrgastschiffanleger lediglich von bereits jetzt im See verkehrenden Wasserfahrzeugen angesteuert werden werde (vgl. auch den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag des Büros P. zum Schlossbuchtanleger Schwerin, Stand: 08. November 2012, S. 16). Was die tragfähige bzw. wenigstens plausible Grundlage dieser Annahme sein soll, bleibt offen. In diesem Kontext räumt die Studie (S. 29) im Übrigen selbst „Datenlücken“ ein und führt dazu aus:

30

„Die Auswirkungen der tatsächlichen Zunahme von Bootsverkehr und davon resultierenden Störungen auf Vogelarten können nur grob prognostiziert werden, da weder bekannt ist, wie viele Boote welche Bereiche heute befahren noch wie viele Boote welche Bereiche zu welchen Zeiten zukünftig befahren werden. Zu Vorbelastungen in der Schlossbucht wurden Karten mit Angaben von Steganlagen, Angaben der Homepage der „W.“ und mündliche Aussagen von in diesem Bereich aktiven Wassersportlern ausgewertet.“

31

Hierzu ist zudem anzumerken, dass in Ansehung der Frage nach einem zu erwartenden Verkehr von Fahrgastschiffen ein Blick auf die Homepage der „W.“ offensichtlich zu kurz greift. Die in Bezug genommenen Quellen und ihr Inhalt sind nicht hinreichend konkret benannt bzw. wiedergegeben und/oder in der Studie oder ihren Anlagen nicht hinreichend dokumentiert. Eine Überprüfung ist deshalb nicht möglich.

32

Die vorstehenden Erwägungen treffen im Übrigen auch – worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat – für die von Antragsgegnerseite im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Stellungnahme von Dr. M. vom 10. Juni 2013 zu (vgl. dort S. 8: „Laut vorliegenden Unterlagen kommt es nicht zu einer generellen Zunahme des Bootsverkehrs auf dem Schweriner See“). Jedenfalls in einem gewissen Widerspruch zu der vorerwähnten Annahme der Studie führt diese an anderer Stelle hinsichtlich der zukünftigen Nutzung des geplanten Stegs aus, es werde „neben der voraussichtlichen Nutzung durch eine Flussschifffahrtslinie auch eine häufigere Nutzung durch Fahrgastschifffahrt angenommen“. Ohne nähere Betrachtungen dazu, wie Gastliegeplätze regelmäßig genutzt werden und im Bereich des geplanten Vorhabens voraussichtlich genutzt werden, erscheint es ebenso wenig nachvollziehbar, dass nach Maßgabe der FFH-Studie einerseits die drei neu geplanten Dauerliegeplätze die Stilllegung von vier Dauerliegeplätzen als Kompensation erforderlich machen sollen, um eine Zunahme von Störungen im Schutzgebiet zu vermeiden, andererseits aber 19 Gastliegeplätze keinerlei Kompensationsbedarf begründen können sollen.

33

Abgesehen von den bereits vom Verwaltungsgericht gegen die Richtigkeit einer solchen Annahme angeführten Gesichtspunkte belegt der mit dem Bauantrag vorgelegte „Erläuterungsbericht“ der P. D. GmbH zum Vorhaben der Landeshauptstadt B-Stadt „Anleger Schlossbucht Entwurfs- und Genehmigungsplanung“ deutlich, dass das Vorhaben auf die Generierung zusätzlichen Schifffahrts- und Bootstourismus und damit auf zusätzliche Schiffs- und Bootsbewegungen auf dem Schweriner See zielt. Zur „Veranlassung“ des Vorhabens heißt es nämlich:

34

„Der Schweriner See bietet besonders in den Sommermonaten vielen Erholungssuchenden aus dem umliegenden Territorium sowie Urlaubern und Touristen die Möglichkeit des aktiven Wassersports und der Erholung. In den vergangenen Jahren verzeichnete der Wassertourismus auch mit Flusskreuzfahrten am Schweriner See einen stetigen Zuwachs. Der Bedarf von Anlagen für Fahrgastschiffe und Wasserwanderer mit gewachsenen Ansprüchen an Qualität und Quantität im Revier ist somit gegeben. …“

35

Ebenso wird in der Stellungnahme der Antragsgegnerin zu 1. gegenüber den Fraktionen SPD und Grüne vom 14. Februar 2012 zum „Schiffsanleger in der Schlossbucht“ u. a. auf die Verbesserung der wassertouristischen Infrastruktur und darauf verwiesen, dass „aufgrund der besonders attraktiven Lage … durchaus von einer guten Frequenz ausgegangen werden (kann), u. a. auch bei Rundfahrten die von maritimen Unternehmen und/oder Hotels etc. für ihre Gäste durchgeführt werden, wie z. B. M. Nord oder S. Hotel“. Insbesondere die augenscheinlich von der Antragsgegnerin zu 1. als zukünftig realistisch prognostizierte Nutzung des Schlossbuchtanlegers durch Hotels hat in der FFH-Studie keinerlei Berücksichtigung gefunden.

36

Aufgrund der mit dem Beschwerdevorbringen lediglich behaupteten, nicht aber näher substantiierten Planungen und Absichten von einzelnen Fahrgastschiffbetreibern kann jedenfalls weder die Wahrscheinlichkeit einer Zunahme des Schiffsverkehrs verneint noch die Ausgangshypothese der Verträglichkeitsprüfung, der neue Anleger würde nur von auf dem See schon vorhandenen Schiffen genutzt werden, substantiell belegt bzw. den an einen entsprechenden Nachweis zu stellenden Anforderungen hinreichend Rechnung getragen werden. In Widerspruch zu dieser Behauptung steht zudem die Stellungnahme des Amtes 60 der Landeshauptstadt Schwerin zum Schlossbuchtanleger in Schwerin vom 23. Oktober 2012. Abgesehen davon, dass auch hier – was mit Blick auf die dort vorangestellten Ausführungen unmittelbar einleuchtend ist – hervorgehoben wird, ein Anleger sei für die öffentliche Fährlinie, für Charter- und Kreuzfahrten und öffentliche Gastliegeplätze für Bootsurlauber an diesem Standort erforderlich, sind darin – zwar knapp, aber immerhin – auch “Stellungnahmen potentieller Nutzer des Anlegers“ wiedergegeben: So werde vom Schiffseigner der MS M. u. a. darauf hingewiesen, dass seit vielen Jahren die Kreuzfahrt von Schwerin nach Berlin ermöglicht werde. Im Jahr 2011 habe es zwölf ca. zweitägige Aufenthalte in Schwerin gegeben. Die MS M. habe in den vergangenen Jahren nur deshalb in Z-Stadt angelegt, weil es mit der „W.“ zu keiner Einigung über die Modalitäten bezüglich der Anlegemöglichkeit gekommen sei. Der Schlossbuchtanleger, der öffentlich genutzt werden könne, biete auf jeden Fall erheblich größere touristische Entwicklungsmöglichkeiten für Kreuzfahrer wie auch für Chartertouren etc. Auch das Hotel „S.“ unterstütze danach das Projekt, weil man festgestellt habe, dass die Zahl der Wasserwanderer, die das Hotel über dessen Anleger besuchen, in den letzten Jahren zugenommen habe.

37

Wenn die Antragsgegner hinsichtlich der Gastliegeplätze zudem behaupten, „das zusätzliche Anlocken von Wassertouristen aus anderen Wassersportgebieten ist nicht realistisch“, stellt sich die mehr als naheliegende Frage, wozu es denn dann des geplanten Anlegers überhaupt bedarf. Ebenso wenig nachvollziehbar ist der Vortrag, die Gastliegeplätze sollten von Booten genutzt werden, die bisher an anderen Stellen im Schweriner See geankert hätten, z. B. in Raben Steinfeld. Auf der Grundlage welcher – aktenmäßig dokumentierten – Erkenntnisse dieser Vortrag fußt und wieso es zu der angeblich angestrebten Zentralisierung des Bootsverkehrs in der Schlossbucht und Beruhigung der weniger zentralen Randbereiche kommen können soll, bleibt im Dunkeln.

38

Insoweit folgt der Senat dem Verwaltungsgericht in seiner Schlussfolgerung, dass es Aufgabe der FFH-Studie gewesen wäre, ausgehend von der von ihr selbst zugrunde gelegten Vorbelastung durch Bootsverkehr (vgl. hierzu insbesondere S. 25 und 86; nach S. hätten die derzeit vorhandenen Bootszahlen eine noch verträgliche Schwelle längst überschritten, vgl. insoweit S. 53 der als Anlage 4 zur Studie geführten Brut- und Rastvogelkartierung 2010 Schweriner Innensee und Ziegelaußensee – Endbericht; vgl. auch M. in seiner Stellungnahme vom 10. Juni 2013, S. 2), der als hauptsächliche Störquelle für Wasservögel identifiziert wird (vgl. S. 23 der FFH-Studie), nach wissenschaftlichen Maßstäben insbesondere sekundäre Auswirkungen des Vorhabens in Gestalt einer wahrscheinlichen, nach der Lage der Dinge bezweckten Zunahme des Schiffs- und Bootsverkehrs zu analysieren, um dann ggfs. nachvollziehbar und auf hinreichender Tatsachengrundlage darzulegen, warum eine zusätzliche bzw. erhebliche Belastung bzw. Beeinträchtigung des Schutzgebiets ausgeschlossen werden kann, ggfs. durch welche Kompensationsmaßnahmen. Dazu hätte z. B. mindestens das Touristische Entwicklungskonzept für die Landeshauptstadt Schwerin, auf das sich auch die Begründung des angegriffenen Genehmigungsbescheides bezieht, in eine unabhängige Bewertung einbezogen werden müssen. Die erörterten Defizite der FFH-Verträglichkeitsprüfung sind schließlich nicht recht nachvollziehbar, da in der gutachterlichen Stellungnahme des S.-Kooperationsbüros für Umwelt- und Landschaftsplanung zur „Abschätzung der Ergebnisse einer FFH-Vorprüfung hinsichtlich des SPA Schweriner Seen (DE 2235-402)“ mit Stand: 01. April 2012 gerade im Zusammenhang mit den sekundären Beeinträchtigungen, die von dem Vorhaben ausgehen können, ausgeführt worden ist, diese „sollten daher im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung gründlich untersucht werden“.

39

Nach alledem geht das weitere Beschwerdevorbringen zur Frage der Überschreitung der Belastungsschwelle ins Leere, da seiner Ausgangsprämisse, der Bootsverkehr auf dem Schweriner See steige vorhabenbedingt nicht an, eine belastbare Basis in Gestalt einer insoweit hinreichenden Verträglichkeitsprüfung fehlt. Gleiches gilt für die Frage, ob ausgeschlossen werden kann, dass eine Verbesserung der Situation der Vögel und damit eine Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes durch das Vorhaben verhindert wird, ferner für die Frage, ob eine Bagatellgrenze nicht überschritten wird.

40

Mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen kommt es schon nicht mehr darauf an, ob die im Übrigen vom Verwaltungsgericht unabhängig vorgenommene Interessenabwägung Bedenken begegnet. Sie ist entgegen dem Beschwerdevorbringen aber im Ergebnis auch nicht zu beanstanden.

41

Soweit die Antragsgegner geltend machen, ihnen sei im Rahmen der Interessenabwägung zugute zu halten, dass „das Vorhaben mit Augenmaß geplant worden (sei) und sich harmonisch in die nähere Umgebung (einfüge)“, und dies näher erläutern, ist nicht zu erkennen, inwieweit dieser Umstand dazu geeignet sein könnte, die sofortige Vollziehung des angegriffenen Genehmigungsbescheides zu rechtfertigen bzw. gegen ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung zu sprechen. Auch begegnet die Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Bedenken, in die Betrachtungen seien ggf. schon von Antragsgegnerseite vorgenommene Investitionen nicht einzubeziehen, weil sie vor der Schaffung von vollziehbarem „Baurecht“ und damit auf eigenes wirtschaftliches Risiko erfolgt seien. Warum – so das Beschwerdevorbringen – diese Überlegung auf private Bauherren zutreffen, aber „nicht ohne weiteres auf öffentliche Bauherren übertragen werden“ können soll, begründen die Antragsgegner nicht überzeugend. Soweit sie als zentrales Argument anführen, hier seien nicht private Bauinteressen gegen öffentliche Naturschutzinteressen abzuwägen, sondern öffentliche Naturschutzinteressen gegen haushalterische Interessen der öffentlichen Hand, liegt dies neben der Sache. Der Erwägung des Verwaltungsgerichts liegt ersichtlich der Gedanke zugrunde, dass vor Ergehen eines Genehmigungsbescheides getätigte Investitionen keinen Vertrauensschutz genießen. Diese Überlegung trifft für private Bauinteressen und im öffentlichen Interesse geplante Bauvorhaben der öffentlichen Hand aber grundsätzlich in gleicher Weise zu. Natürlich kann auch entgegen dem Beschwerdevorbringen einem gewichtigen öffentlichen Interesse gegenüber einem weniger gewichtigen öffentlichen Interesse in der Abwägung ein Vorrang eingeräumt werden. Auch wenn dies an sich keiner Erwähnung bedarf, sind offensichtlich nicht alle öffentlichen Interessen gleichrangig. Dem Rechtsstandpunkt der Antragsgegner, jedenfalls hätte der Bau des Anlegers bis zur Hautsacheentscheidung wegen der dann von der Allgemeinheit zu tragenden Kosten nicht „vollständig“ untersagt werden dürfen, es hätte geprüft werden müssen, ob nicht die Kosten eines ggf. erforderlichen Rückbaus hinter den Kosten zurückblieben, die durch eine jahrelange Bauverzögerung entstünden, wobei auch die fristgebundene Bewilligung von Fördermitteln des Landes zu berücksichtigen sei, ist ebenfalls nicht zu folgen. Diese Argumentation berücksichtigt Folgendes nicht: Dürfte der Anleger bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens errichtet werden, obsiegt der Antragsteller aber letztendlich in diesem, würden in die Negativbilanz nicht nur Rückbaukosten einzustellen sein, sondern auch die vorher aufgewandten Baukosten und Bauinvestitionen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Errichtung des Anlegers stehen. Damit verbunden wäre gleichzeitig ein Totalverlust der von den Antragsgegnern reklamierten Fördermittel des Landes, unabhängig von der Frage, ob diese überhaupt für ein nicht bestandskräftig genehmigtes Vorhaben ausgereicht werden könnten. Hinsichtlich der Fördermittel ist zudem zu beachten, dass diese zwar im Hinblick auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers möglicherweise nicht mehr von der Antragsgegnerin zu 2. in Anspruch genommen werden könnten; sie wären jedoch nicht „weg“, anders als in der zuvor beschriebenen Situation. Denn entweder hätten sie dann im öffentlichen Interesse für ein anderes Vorhaben in Anspruch genommen werden können oder wären im Falle des Nichtabrufs jedenfalls im Landeshaushalt verblieben. Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für die Zulassung eines weitestgehend funktionslosen Steges; dass die möglicherweise unbedenkliche teilweise Errichtung ausschließlich der Dauerliegeplätze in Betracht käme, ist nicht ersichtlich. Von den Antragsgegnern angesprochene Schadensersatzforderungen sind zum einen nicht substantiiert vorgetragen bzw. glaubhaft gemacht, zum anderen gilt auch insoweit, dass Schadensersatzansprüche auslösende vertragliche Vereinbarungen vor Ergehen des Genehmigungsbescheides keinen Vertrauensschutz genießen können. Dass ebenfalls geltend gemachte, nicht näher konkretisierte Preissteigerungen ein anderes Ergebnis der Interessenabwägung nach sich ziehen könnten, ist nicht ersichtlich. Schließlich kann auch die gesetzgeberische Grundentscheidung, dass Vorhaben vor ihrer Zulassung einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind und der Ausschluss einer Qualitätseinbuße für das Schutzgebiet voraussetzt, dass hieran aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel besteht, der Vorhabenträger also den entsprechenden Beweis erbringen muss, nicht außer Betracht bleiben. Ist – unterstellt – offen, ob die durchgeführte Verträglichkeitsprüfung den rechtlichen Anforderungen genügt und ob erhebliche Beeinträchtigungen zu befürchten sind, kommt danach vorliegend die Durchführung des Vorhabens noch nicht in Betracht.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

43

Hinweis:

44

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

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(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

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(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

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Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 34 Verträglichkeit und Unzulässigkeit von Projekten; Ausnahmen


(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erh

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 63 Mitwirkungsrechte


(1) Einer nach § 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes vom Bund anerkannten Vereinigung, die nach ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert (anerkannte Naturschutzvereinigung), ist

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Tenor Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 13. März 2015 (27 K 2032/15) gegen Ziffer 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 11. Februar 2015 (I-S-5.1-4-8-1/-2, 4 bis 12) zur Zuweisung von 11 UKW-Übertragungskapazitäten an di

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(1) Einer nach § 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes vom Bund anerkannten Vereinigung, die nach ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert (anerkannte Naturschutzvereinigung), ist Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben

1.
bei der Vorbereitung von Verordnungen und anderen im Rang unter dem Gesetz stehenden Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege durch die Bundesregierung oder das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit,
2.
vor der Erteilung von Befreiungen von Geboten und Verboten zum Schutz von geschützten Meeresgebieten im Sinne des § 57 Absatz 2 sowie vor dem Erlass von Abweichungsentscheidungen nach § 34 Absatz 3 bis 5 auch in Verbindung mit § 36 Satz 1 Nummer 2, auch wenn diese durch eine andere Entscheidung eingeschlossen oder ersetzt werden,
3.
in Planfeststellungsverfahren, die von Behörden des Bundes oder im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels von Behörden der Länder durchgeführt werden, wenn es sich um Vorhaben handelt, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind,
4.
bei Plangenehmigungen, die von Behörden des Bundes erlassen werden und an die Stelle einer Planfeststellung im Sinne der Nummer 3 treten, wenn eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist,
soweit sie durch das Vorhaben in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird.

(2) Einer nach § 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes von einem Land anerkannten Naturschutzvereinigung, die nach ihrer Satzung landesweit tätig ist, ist Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben

1.
bei der Vorbereitung von Verordnungen und anderen im Rang unter dem Gesetz stehenden Rechtsvorschriften der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden der Länder,
2.
bei der Vorbereitung von Programmen und Plänen im Sinne der §§ 10 und 11,
3.
bei der Vorbereitung von Plänen im Sinne des § 36 Satz 1 Nummer 2,
4.
bei der Vorbereitung von Programmen staatlicher und sonstiger öffentlicher Stellen zur Wiederansiedlung von Tieren und Pflanzen verdrängter wild lebender Arten in der freien Natur,
4a.
vor der Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung, die Erweiterung, eine wesentliche Änderung oder den Betrieb eines Zoos nach § 42 Absatz 2 Satz 1,
4b.
vor der Zulassung einer Ausnahme nach § 45 Absatz 7 Satz 1 durch Rechtsverordnung oder durch Allgemeinverfügung,
5.
vor der Erteilung von Befreiungen von Geboten und Verboten zum Schutz von Gebieten im Sinne des § 32 Absatz 2, Natura 2000-Gebieten, Naturschutzgebieten, Nationalparken, Nationalen Naturmonumenten und Biosphärenreservaten sowie von Abweichungsentscheidungen nach § 34 Absatz 3 bis 5, auch in Verbindung mit § 36 Satz 1 Nummer 2, auch wenn diese durch eine andere Entscheidung eingeschlossen oder ersetzt werden,
6.
in Planfeststellungsverfahren, wenn es sich um Vorhaben im Gebiet des anerkennenden Landes handelt, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind,
7.
bei Plangenehmigungen, die an die Stelle einer Planfeststellung im Sinne der Nummer 6 treten, wenn eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist,
8.
in weiteren Verfahren zur Ausführung von landesrechtlichen Vorschriften, wenn das Landesrecht dies vorsieht,
soweit sie durch das Vorhaben in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird.

(3) § 28 Absatz 2 Nummer 1 und 2, Absatz 3 und § 29 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten entsprechend. Eine in anderen Rechtsvorschriften des Bundes oder der Länder vorgeschriebene inhaltsgleiche oder weiter gehende Form der Mitwirkung bleibt unberührt.

(4) Die Länder können bestimmen, dass in Fällen, in denen Auswirkungen auf Natur und Landschaft nicht oder nur im geringfügigen Umfang zu erwarten sind, von einer Mitwirkung abgesehen werden kann.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 24.08.2012 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die vom Antragsgegner zu Gunsten des Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 11.05.2011 für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von Mastgeflügel mit 131.500 Hähnchenmastplätzen am Standort C-Stadt, Gemarkung E., Flur 1, Flurstücke 74/1 und 75, wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner und der Beigeladene tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers je zur Hälfte. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist ein Umweltverband. Er wendet sich gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Antragsgegners für eine Hähnchenmastanlage in der Nähe eines FFH-Gebietes, für die eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt wurde.

2

Die vom Beigeladenen zur Genehmigung gestellte Anlage besteht aus einem bereits vorhandenen Hähnchenmaststall mit 29.500 Tierplätzen, für den im Jahre 2003 eine Baugenehmigung erteilt wurde, sowie zwei neu errichteten Ställen mit jeweils 51.000 Tierplätzen. Für den bereits vorhandenen Stall wurde, da das FFH-Gebiet seinerzeit noch nicht gemeldet war, keine habitatrechtliche Prüfung durchgeführt. An dem vorhandenen Stall ist in lüftungstechnischer Hinsicht eine Änderung vorgesehen, die darin besteht, dass der Schornstein erhöht werden soll.

3

Der Vorhabenstandort liegt in der Nähe des FFH-Gebietes F. . Zu diesem gehört auch der Bereich des G.-Baches, der in den H-Fluss entwässert und den Vorhabenstandort in einer Entfernung von südöstlich etwa 50 m, nordöstlich etwa 80 m, nördlich etwa 100 m und nordwestlich etwa 160 m umgibt. Der Bereich des G.-baches nordöstlich, nördlich und nordwestlich des Vorhabenstandortes wird dem Lebensraumtyp (LRT) 3260 zugeordnet, der natürliche und naturnahe Fließgewässer oder Fließgewässerabschnitte mit einer bestimmten Wasservegetation umfasst.

4

Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens erhob der Antragsteller Einwendungen gegen das Vorhaben und wies in diesem Zusammenhang insbesondere auf die zu erwartenden Stickstoffeinträge in das angrenzende FFH-Gebiet hin.

5

Unter dem 11.05.2011 erteilte der Antragsgegner die angegriffene Genehmigung und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der Antragsgegner folgte der Einschätzung der vom Beigeladenen vorgelegten FFH-Verträglichkeitsvorprüfung des Ingenieurbüros Dr.-Ing. I. vom 29.05.2009 mit Ergänzung vom 01.09.2010, nach der die prognostizierte Ammoniakimmissionszusatzkonzentration im Bereich des LRT 3260 sowohl im Bestand als auch nach Verwirklichung des geplanten Vorhabens jeweils 3 µg NH3/m3 und die Stickstoffdeposition sowohl im Bestand als auch nach Verwirklichung des geplanten Vorhabens - auch unter Ansatz unterschiedlicher sog. Rauigkeitslängen (Maß für die Beeinflussung der Windströmung durch die Bodenrauigkeit und damit Parameter von dem die Depositionsgeschwindigkeit von Stickstoff abhängt) -12 kg N/ha x a betragen soll, woraus der Gutachter eine projektspezifische Zusatzbelastung von 0 kg N/ha x a folgert und schließt, dass in Bezug auf durch den Anlagenbetrieb bedingte Stickstoffeinträge Beeinträchtigungen von LRT des FFH-Gebietes ausgeschlossen seien.

6

Der Antragsteller legte gegen die ihm am 26.05.2011 zugestellte Genehmigung am 24.06.2011 Widerspruch ein.

7

Den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 02.04.2012 hat das Verwaltungsgericht Schwerin mit Beschluss vom 24.08.2012 abgelehnt. Der Widerspruch des Antragstellers werde voraussichtlich ohne Erfolg bleiben. Insbesonders sei nicht von einem Verstoß gegen § 34 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. der FFH-Richtlinie auszugehen. Im Rahmen der Verträglichkeitsvorprüfung könne berücksichtigt werden, wenn etwaige Beeinträchtigungen durch Schadensbegrenzungsmaßnahmen so weit "eingefangen" würden, dass sie nicht erheblich seien. Dies sei hier auf Grund einer zulässigen Saldierung der von den neu zu errichtenden Ställen ausgehenden Stickstoffimmissionen mit der Minderung durch die Änderung der Abluftanlage an dem Altstall der Fall.

8

Gegen den ihm am 31.08.2012 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der am 05.09.2012 eingelegten und begründeten Beschwerde.

9

Er macht geltend: Die FFH-Verträglichkeit sei in Bezug auf die von dem streitgegenständlichen Projekt insgesamt hervorgerufenen Stickstoffeinträge zu beurteilen, und nicht in Bezug auf die Differenz der von dem genehmigten Projekt ausgehenden Stickstoffeinträge zu denjenigen, die von der Altanlage ausgingen. Weder im Immissionsschutzrecht noch im FFH-Recht gebe es einen Bestandsschutz für Altimmissionen. § 6 Abs. 3 BImSchG sei nicht anwendbar; die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen auch nicht vor. Dass Bestandsschutzüberlegungen im FFH-Recht verfehlt seien, ergebe sich auch aus dem sog. Papenburg-Urteil des EuGH. Es stehe ferner nicht fest, dass die von dem baurechtlich genehmigten Altstall hervorgerufenen Stickstoffeinträge die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes des LRT 3260 nicht behindern könnten. Eine FFH-Prüfung sei seinerzeit nicht erfolgt. Die Auffassung des VG Schwerin würde dazu führen, dass der bestehende, ggf. rechtswidrige Zustand für die Zukunft perpetuiert würde, ohne dass jemals fachlich geprüft werde, ob die Stickstoffeinträge zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Gebietes führen könnten.

10

Im übrigen sei anhand der im Genehmigungsverfahren vorgelegten Unterlagen auch nicht zweifelsfrei nachgewiesen, dass es im Vergleich zu den von der Altanlage hervorgerufenen Stickstoffeinträgen zu keiner Erhöhung kommen werde. Der Ammoniakausstoß steige um das Viereinhalbfache an. Hinsichtlich der Stickstoffeinträge sei jedenfalls nicht ersichtlich, ob diese tatsächlich gleich blieben oder sich erhöhten. Auf Grund der vorgenommenen Rundungen bestünden Zweifel, ob die Maximalkonzentration tatsächlich gleich bleibe. Zudem sei der LRT 3260 nach der kartenmäßigen Darstellung der NH3-Konzentrationen in den Unterlagen des Ingenieurbüros I. im "Neuzustand" deutlich stärker - nämlich weiträumiger - betroffen als im "Altzustand". Erforderlich sei aber eine quantitative Betrachtung für den gesamten LRT 3260.

11

Die Erforderlichkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung ergebe sich daraus, dass nicht von vornherein und offensichtlich ausgeschlossen werden könne, dass der durch die Anlage in dem FFH-Gebiet hervorgerufenen Stickstoffeintrag von mindestens 12 kg N/ha x a zu einer erheblichen Beeinträchtigung des LRT 3260 führen könne. Nach den Datensätzen des Umweltbundesamtes sei eine Stickstoffvorbelastung von 15 kg N/ha x a anzunehmen, nach anderen Quellen von 12 kg N/ha x a, so dass sich eine Gesamtbelastung in Höhe von 27 kg N/ha x a, mindestens aber 24 kg N/ha x a ergebe. Dieser sei in Beziehung zu setzen zu den Critical Loads von 10 bis 20 kg N/ha x a, wie sie die Empfehlungen des LUNG M-V von 2012 für den LRT 3260 vorsähen. Soweit Zweifel an der Stickstoffempfindlichkeit des LRT 3260 bestünden, könnten diese nur im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgeräumt werden.

12

Die Anlage ist seit dem 25.08.2012 in Betrieb.

II.

13

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Antragsteller ist ebenso wie antrags- auch beschwerdebefugt. Da die Beschränkung der Rügebefugnis der anerkannten Umweltschutzvereinigungen in § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 1 UmwRG gegen Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG verstößt, ist diese Vorschrift nicht anzuwenden und können sich anerkannte Umweltschutzvereinigungen bei der Rüge von Rechtsverletzungen, soweit es um Umweltvorschriften geht, die aus dem Unionsrecht hervorgegangen sind, unmittelbar auf Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG i.d.F. der Richtlinie 2003/35/EG stützen (BVerwG, U. v. 29.09.2011 - 7 C 21.09 -, NuR 2012, 119 unter Bezugnahme auf EuGH, U. v. 12.05.2011 - C-115/09 -, NuR 2011, 423 - Trianel).

14

Die Beschwerde ist auch begründet. Das nach § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO maßgebliche Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Änderung des angegriffenen Beschlusses. Das Interesse des Antragstellers daran, dass bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von Vollzugsmaßnahmen abgesehen wird, überwiegt das Interesse des Antragsgegners und des Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Genehmigung. Diese Interessenbewertung ergibt sich aus den Prozessaussichten, an denen sich die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Rücksicht auf ihre Funktion, den Rechtsschutz in der Hauptsache zu sichern, vorrangig auszurichten hat. Der Antragsteller wird mit seinem Widerspruch voraussichtlich Erfolg haben. Auf Grund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass eine FFH-Verträglichkeitsprüfung entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG i.V.m. Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 (ABl. Nr. L 206 S. 7), zuletzt geändert durch Art 1 der Richtlinie 2006/105/eG vom 20.11.2006 (ABl. Nr. L 363 S. 368 - im Folgenden: FFH-RL) unterblieben ist. Deren Erforderlichkeit ergibt sich im Hinblick auf die durch das Vorhaben hervorgerufenen Stickstoffeinträge in das angrenzende FFH-Gebiet und dort den im Bereich des G.-bachs betroffenen LRT 3260.

15

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Durch diese Vorschrift wird Art. 6 Abs. 3 FFH-RL in nationales Recht umgesetzt.

16

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können, also zumindest vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen (U. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ff. = Juris Rn. 60). Der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung ist eine Vorprüfung bzw. Erheblichkeitseinschätzung (sog. Screening) vorgeschaltet. Die dabei anzulegenden Maßstäbe sind nicht identisch mit den Maßstäben für die Verträglichkeitsprüfung selbst. Bei der Vorprüfung ist nur zu untersuchen, ob erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebiets ernstlich zu besorgen sind. Erst wenn das zu bejahen ist, schließt sich die Verträglichkeitsprüfung mit ihren Anforderungen an den diese Besorgnis ausräumenden naturschutzfachlichen Gegenbeweis an (BVerwG, U. v. 29.09.2011 - 7 C 21.09 - NuR 2012, 119 = Juris Rn. 40 mwN; U. v. 26.11.2007 - 4 BN 46.07 - NuR 2008, 115).

17

Unter Berücksichtigung des Vorsorgegrundsatzes ist der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit von erheblichen Beeinträchtigungen erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Vorhaben das fragliche Gebiet in dieser Weise beeinträchtigt (vgl. EuGH, U. v. 07.09.2004 - C-127/02 - NuR 2004, 788 - Herzmuschelfischerei; v. 20.10.2005 - C-6/04 – NuR 2006, 494 u. v. 10.01.2006 - C-98/03 -, NVwZ 2006, 319; BVerwG, U. v. 17.01.2007 – 9 A 20.05 – NVwZ 2007, 1054, Rn. 58). Dabei verlangt das Vorsorgeprinzip nicht, die Prüfung auf ein "Nullrisiko" auszurichten. Dies wäre vielmehr schon deswegen unzulässig, weil dafür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte. Bei der Vorprüfung, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung geboten ist, müssen daher zumindest vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist daher erforderlich, wenn solche Beeinträchtigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können (BVerwG, U. v. 17.01.2007 – 9 A 20.05 – aaO Rn. 59).

18

Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele, also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II FFH-RL. Die Erhaltungsziele ergeben sich aus der Schutzerklärung bzw. aus den zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen. Ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 lit. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (BVerwG, U. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 - NVwZ 2010, 1225 Rn. 30, 57, 88). Grundsätzlich ist jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich und muss als Beeinträchtigung des Gebiets als solchen gewertet werden. Unerheblich sind demgegenüber nur Beeinträchtigungen, die kein Erhaltungsziel nachteilig berühren (BVerwG U. v. 17.01.2007 – 9 A 20.05 – aaO Rn. 41).

19

Gemäß Art. 1 lit. a FFH-RL gehören zur Erhaltung alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die natürlichen Lebensräume und die Populationen wildlebender Tier- und Pflanzenarten in einem günstigen Erhaltungszustand zu erhalten oder wiederherzustellen. Der Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums wird als "günstig" erachtet, wenn (1.) sein natürliches Verbreitungsgebiet sowie die Flächen, die er in diesem Gebiet einnimmt, beständig sind oder sich ausdehnen, und (2.) die für seinen langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen bestehen und in absehbarer Zukunft wahrscheinlich weiterbestehen werden und (3.) der Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten günstig ist (Art. 1 lit. e Satz 2 FFH-RL). Der Erhaltungszustand einer Art wird gemäß Art. 1 lit. i Satz 2 FFH-RL als "günstig" betrachtet, wenn (1.) auf Grund der Daten über die Populationsdynamik der Art anzunehmen ist, dass diese Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird, und (2.) das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird und (3.) ein genügend großer Lebensraum vorhanden ist und wahrscheinlich weiterhin vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Populationen dieser Art zu sichern.

20

Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite unterliegt. So kann eine Vorbelastung bereits zu Vorschädigungen führen, die einen verschlechterten Erhaltungszustand zur Folge haben. Sie kann aber auch Auswirkungen nach sich ziehen, die von dem Lebensraum oder der Art noch ungeschädigt verkraftet werden, die jedoch deren Fähigkeit, Zusatzbelastungen zu tolerieren, einschränken oder ausschließen. Daher ist die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar. Dementsprechend ist der Einwand, bereits die Vorbelastung bewege sich in einem kritischen Bereich, beachtlich, weil ein aufgrund der Vorbelastung aktuell ungünstiger Erhaltungszustand keine zusätzliche Beeinträchtigung rechtfertigt (BVerwG, U. v. 10.11.2009 - 9 B 28/09 - NVwZ 2010, 319).

21

Ob erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele von FFH-Gebieten durch Stickstoffdepositionen ernstlich zu besorgen sind, beantwortet sich nicht nach pauschalen oder nur auf den Menschen abstellenden Luftkonzentrationswerten der TA Luft oder der 22. BImSchV. Für die Verträglichkeitsprüfung und ebenso für die Vorprüfung reicht der allgemein zum Schutz der Vegetation dienende Luftkonzentrationsgrenzwert für Stickstoffoxide in § 3 Abs. 6 der 22. BImSchV als verlässlicher Beurteilungsmaßstab für die je spezielle Empfindlichkeiten aufweisenden FFH-Lebensraumtypen nicht aus. Größere Aussagekraft für die Beurteilung hat das Konzept der Critical Loads, das im Rahmen der UN-ECE-Luftreinhaltekonvention entwickelt worden ist. Critical Loads sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen oder andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung eine Luftschadstoffdeposition auch langfristig keine signifikant schädlichen Effekte erwarten lässt. In Anbetracht der Unsicherheiten, denen die Beurteilung der durch ein Projekt für habitatrechtlich geschützte Lebensräume hervorgerufenen Stickstoffbelastungen unterliegt, sieht das Bundesverwaltungsgericht gegen die Verwendung dieses Konzepts keine Einwände (BVerwG, U. v. 29.09.2011 - 7 C 21.09 - NuR 2012, 119 = Juris Rn. 41 f.; U. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 - aaO Rn. 87; U. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 = Juris Rn. 108).

22

Da die Critical Loads naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für bestimmte Lebensraumtypen darstellen, kann von ihnen grundsätzlich nicht abgewichen werden. Daher ist grundsätzlich jede Überschreitung eines Wertes, der die Grenze der nach naturschutzfachlicher Einschätzung für das Erhaltungsziel unbedenklichen Auswirkungen bestimmter Art markiert, als erheblich anzusehen. Allgemeine Irrelevanzschwellen, die generalisierend Zusatzbelastungen bis zu einem bestimmten Prozentsatz des CL-Wertes für unbedenklich erklären, sind mit den habitatrechtlichen Vorgaben nicht ohne weiteres zu vereinbaren, sondern bedürfen naturschutzfachlicher Rechtfertigung (BVerwG, U. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 - NVwZ 2010, 1226, Rn. 91 ff).

23

Wie bereits ausgeführt, ist dabei nicht allein die durch das Projekt hervorgerufene Zusatzbelastung an den Critical Loads zu messen. Gegenstand der Prüfung ist zwar das konkrete Vorhaben. Die Beurteilung von dessen Einwirkungen kann aber nicht losgelöst von den Einwirkungen vorgenommen werden, denen der betroffene Lebensraum im übrigen unterliegt. Vielmehr ist für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung erforderlich, neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen von anderer Seite in den Blick zu nehmen. Deshalb ist für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar (BVerwG U. v. 29.09.2011 - 7 C 21.09 - aaO Rn. 42; U.v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 - aaO Rn. 88; vgl. auch BVerwG, B. v. 05.09.2012 - 7 B 24.12 - Rn. 11 ff. zur kumulativen Berücksichtigung der Auswirkungen anderer noch nicht verwirklichter aber hinreichend verfestigter Projekte).

24

Nach diesen Maßstäben ist vorliegend von der Erforderlichkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung auszugehen, weil erhebliche Beeinträchtigungen des Gebietes anhand objektiver Umstände nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können.

25

1. Die FFH-Vorprüfung erstreckt sich auf die neue Gesamtanlage einschließlich des Altstalles. Dass für diesen bereits eine bestandskräftige Baugenehmigung vorliegt, ändert daran nichts.

26

Dabei kann offen bleiben, was das "Projekt" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG iVm § 6 Abs. 3 FFH-RL und damitGegenstand der Prüfung ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff des "Projektes" in der FFH-Richtlinie ebenso zu verstehen wie der selbe Begriff in der UVP-Richtlinie (Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.06.1985, ABl. L 175 S. 40 - UVP-RL -: U. v. 14.01.2010 - C-226/08 -, NuR 2010, 114, Rn. 38; U. v. 07.09.2004 - C-127/02 - NuR 2004, 788). Versteht man danach als das maßgebliche Projekt – ebenso wie bei der nationalrechtlichen Prüfung nach dem BImSchG (vgl. § 1 Abs. 5 der 4. BImSchV) - die Errichtung des neuen Betriebes insgesamt unter Einbeziehung des bereits vorhandenen Stalles, so ergibt sich bereits daraus auch der entsprechende Prüfungsumfang. Aber auch wenn das maßgebliche Projekt und damit Gegenstand der Prüfung – ggf. mit Blick auf die Regelung des § 3b Abs. 3 UVPG - nicht die Errichtung einer neuen Anlage, sondern die Änderung einschließlich der Erweiterung der bisherigen Anlage sein sollte, ist derPrüfungsumfang auf die Gesamtanlage einschließlich des Altstalles zu erstrecken. Dass es nicht lediglich auf die Auswirkungen der beiden neuen Ställe ankommt, ergibt sich bereits daraus, dass auch der bereits vorhandene Stall Gegenstand einer Änderung ist, die zu veränderten und ggf. auch verstärkten Einwirkungen auf die Umgebung führen kann. Denn auch durch die Erhöhung eines Schornsteins verringern sich nicht in jedem Falle mögliche Schadstoffeinträge; vielmehr kann je nach der Lage des Schutzgebietes auch erstmals eine Beeinträchtigung entstehen oder eine bereits bestehende Beeinträchtigung verstärkt werden.

27

Maßgeblich für den Prüfungsumfang ist ferner, dass eine habitatrechtliche Prüfung hinsichtlich des bereits bestehenden Stalles noch nicht erfolgt ist. Würde die Prüfung nicht auf den gesamten nunmehr zur Genehmigung gestellten Betrieb einschließlich des bestehenden Stalles erstreckt, so wäre dieser einer Prüfung auf Verträglichkeit mit dem angrenzenden FFH-Gebiet im Sinne des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL von vornherein auf Dauer entzogen; die Erreichung des Ziels der Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im Sinne der Habitatrichtlinie könnte nicht vollständig gewährleistet werden. Soweit der Europäische Gerichtshof mit dieser Begründung in der sog. Papenburg-Entscheidung betreffend Ausbaggerungsarbeiten an der Ems auch bezogen auf eine mit der genehmigten identische beabsichtigte Tätigkeit einen Vertrauensschutz auf die in der Vergangenheit erteilte Genehmigung verneint hat (U. v. 14.01.2010 - C-226/08 - aaO Rn. 41 ff.), gilt dies erst recht, wenn es wie vorliegend um eine Änderung einschließlich (wesentlicher) Erweiterung des Betriebes geht, für die der bisherige Betrieb lediglich die Grundlage darstellt bzw. in die er einbezogen wird.

28

Soweit der Beigeladene darauf hinweist, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs genehmigte Projekte keiner Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind (U. v. 20.10.2005 – C-6/04 –, NuR 2006, 494 Rn. 57; vgl. auch U. v. 07.09.2004 – C-127/02 – aaO Rn. 37), geht es dabei um Vorhaben oder Anlagen, die entsprechend der erteilten Genehmigung unverändert fortgeführt bzw. genutzt werden sollen. Ein prüfpflichtiges Projekt liegt dann gar nicht vor. Um einen solchen Fall geht es hier jedoch nicht. Aus diesem Grund treffen auch die Ausführungen des Beigeladenen zur FFH-Bestandsfestigkeit eines bei Aufnahme eines Gebiets in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 FFH-RL bereits bestehenden und unverändert weiter genutzten Parkplatzes (unter Bezugnahme auf Erbguth/Schubert, DVBl. 2006, 591) nicht den hiesigen Fall. Um den Bezugspunkt und die inhaltliche Reichweite des Verschlechterungsverbots nach § 33 BNatSchG iVm § 6 Abs. 2 FFH-RL geht es ebenfalls nicht.

29

Um die Durchbrechung einer nach nationalem Recht bestehenden Bestandskraft geht es dabei nicht, weil nach nationalem Recht ohnehin über eine immissionsschutzrechtliche Errichtungsgenehmigung neu zu entscheiden ist; die frühere Baugenehmigung für den Altstall entfaltet dabei keine Bindungswirkung. Ebenso würden die Dinge liegen, wenn eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung in Rede stehen würde; auch dann wäre nach nationalem Recht über die nunmehrige Genehmigung zu entscheiden, ohne dass der Betreiber sich auf die Erstgenehmigung berufen könnte (Jarass, BImSchG, § 16 Rn. 19, 23 mwN). Auch der seit dem 01.03.2010 geltenden Sonderregelung des § 6 Abs. 3 BImSchG ist im Rückschluss zu entnehmen, dass die Erteilung einer Änderungsgenehmigung grundsätzlich nicht – unter Berufung auf die Erstgenehmigung - mit der Begründung beansprucht werden kann, die Änderung führe nicht zu einer Verschlechterung.

30

Bestätigt wird dieses Ergebnis auch durch einen Blick auf die Vorschriften des UVPG. Nach § 3b Abs. 3 UVPG sieht das Gesetz im Falle eines "Hineinwachsens" in die UVP-Pflicht als Gegenstand der UVP die Änderung bzw. Erweiterung an; dem Prüfungsumfang nach umfasst die UVP dann aber auch das bisherige, nicht UVP-pflichtige Vorhaben. Auch die Regelung des § 3 e Abs. 1 UVPG bestätigt diese Überlegungen.

31

2. Im Ergebnis der FFH-Vorprüfung bezogen auf die neue Gesamtanlage einschließlich des Altstalles können erhebliche Beeinträchtigungen des Gebietes nicht offensichtlich ausgeschlossen werden, und zwar im Hinblick auf die von der Anlage ausgehenden Stickstoffeinträge in den LRT 3260 im Bereich des G.-baches.

32

a) Zu dem FFH-Gebiet F. gehört u.a. – als Gegenstand der für die Prüfung maßgeblichen Erhaltungsziele - der dem Vorhabenstandort benachbart gelegene natürliche Lebensraumtyp 3260 ("Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion") gemäß Anhang I der FFH-Richtlinie. Dieser umfasst natürliche und naturnahe Fließgewässer oder Fließgewässerabschnitte mit untergetauchter oder flutender Wasservegetation. Maßgebliche Bestandteile sind nach der Unterlage des LUNG M-V als zuständiger Fachbehörde „Steckbriefe der in M-V vorkommenden Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie“ (http://www.lung.mvregierung.de/insite/cms/umwelt/natur/lebensraumschutz_portal/ffh_lrt.htm) neben den lebensraumtypischen Pflanzen- und Tierarten auch die lebensraumtypischen Habitatstrukturen wie Anteil und Ausbildung lebensraumtypischer Vegetation, Ufervegetation, Laufentwicklung, Längsprofil, Querprofil, Sohlenstruktur, Uferstruktur und ein lebensraumtypisches Abflussregime.

33

b) Dass Stickstoffeinträge zu einer Beeinträchtigung des LRT 3260 führen können, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Eine erhebliche Beeinträchtigung in diesem Sinne ist insbesondere dann nicht offensichtlich ausgeschlossen, wenn die Stickstoffeinträge die Critical Loads gemäß der Unterlage „FFH-Lebensraumtypen im Mecklenburg-Vorpommern und ihre Stickstoffempfindlichkeit“ des LUNG M-V Stand 15.03.2012 (GA 1143) überschreiten.

34

Jedenfalls auf der Grundlage des Offensichtlichkeitsmaßstabs der Vorprüfung kann nicht von einer Stickstoffunempfindlichkeit des LRT 3260 ausgegangen werden. Dies ergibt sich bereits aus den Angaben des LUNG M-V in dem bereits angeführten Steckbrief für den LRT 3260. Dort werden als Gefährdungsursachen für den LRT 3260 zum einen wasserbauliche Maßnahmen, Veränderung des Fließgewässerregimes und Wasserentnahmen, zum anderen aber die Eutrophierung der Gewässer infolge von Nähr- und Schadstoffeinträgen u.a. durch Einleitung von Abwässern und intensive landwirtschaftliche Nutzung im Einzugsgebiet genannt; als Maßnahmen führt der Steckbrief u.a. die Vermeidung von Nährstoffeinträgen aus der umgebenden Landschaft und angrenzenden landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen auf, wobei im Offenland in den Randbereichen der Fließgewässer düngerfrei bewirtschaftete Grünlandstreifen einzurichten seien. Entsprechende Angaben finden sich in dem Vermerk des Antragsgegners vom 05.04.2012 zur Managementplanung für das Gebiet (GA 1328 g).

35

Die Unterlage "FFH-Lebensraumtypen in Mecklenburg-Vorpommern und ihre Stickstoffempfindlichkeit" des LUNG M-V bejaht in Spalte 5 der entsprechenden Tabelle die Stickstoffempfindlichkeit der Biotope, die zum LRT 3260 gezählt werden (Kürzel FBN, FBB, FBA, FVU, FVS) bzw. bezeichnet diese Biotope als "durch N-Eintrag gefährdet“ (Erläuterung auf S. 1 der Unterlage). In Spalte 6 werden die Critical Loads in kg N/ha x a mit "10-20?" angegeben, wobei erläutert wird, dass der Wert in Anlehnung an eine näher bezeichnete fachliche Quelle aus dem Jahr 2011 aus Werten vergleichbarer Lebensräume abgeleitet ist, die Angabe jedoch mit Unsicherheiten behaftet ist. Soweit der Gutachter des Beigeladenen gegen die Heranziehung dieser Unterlage einwendet, diese sei noch unveröffentlicht und liege derzeit zur Prüfung im zuständigen Ministerium (GA 1314 n), ist darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Unterlage des LUNG M-V aus dem Jahr 2009 offenbar bereits den gleichen Inhalt hatte (vgl. BA H, 567). Ebenso bezeichnet die Unterlage „Stickstoffempfindliche Biotope/FFH-Lebensraumtypen in Brandenburg“ Stand 10.10.2007 (www.mugv.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a./2318.de/nhbiotop.pdf) den LRT 3260 als stickstoffempfindlich; die Angabe zu den Critical Loads entspricht derjenigen in der Unterlage des LUNG M-V.

36

Gegen eine Zugrundelegung dieser Angaben auf der Ebene der FFH-Vorprüfung spricht auch nicht, dass Critical Loads für den hier in Rede stehenden Lebensraumtyp in dem "Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz" vom 01.03.2012 (GA 964 - im folgenden: LAI-Leitfaden 2012), dessen CL-Liste im Anhang II, Tab. A.II.1 sich im wesentlichen auf eine auf einem internationalen Workshop zur UNECE-Luftreinhaltekonvention 2010 beschlossene überarbeitete Fassung der sog. "Berner Liste" stützt - ebenso wie in dieser selbst - nicht angegeben sind. Überhaupt finden sich dort keine Angaben über die Stickstoffempfindlichkeit von Fließgewässer-Lebensräumen. Der Antragsteller hat im erstinstanzlichen Verfahren einen Fachbeitrag zur Beurteilung der Critical Loads für Stickstoffeinträge in den FFH-LRT 3260 von Dipl.-Biol. K. vorgelegt (GA 1102), in dem ausgeführt wird, dass das Fehlen eines CL in der aktuellen "Berner Liste" nicht auf eine Stickstoff-unempfindlichkeit dieses LRT schließen lasse, sondern auf dem Fehlen von Daten beruhe, für das Gründe benannt werden. Im weiteren wird darauf hingewiesen, dass zum LRT 3260 auch die Vegetation entlang des Fließgewässers gehöre, wobei sich für die entsprechenden Vegetationseinheiten CL-Werte aus der "Berner Liste" ergäben. Hierauf erwidert das Ing.-Büro I., Hr. L. (Stellungnahme 01.10.2012, GA 1314 k). Er hält eine verallgemeinernde Aussage über die Stickstoffempfindlichkeit der sehr variablen Gewässer-, Ufer und Vegetationsstrukturen des LRT 3260 für nicht sinnvoll, verneint die Stickstoffempfindlichkeit "Standorttypischer Gehölzsäume an Fließgewässern" und weist auf die Offenheit des Stoffkreislaufs bei Fließgewässern hin. Dipl.-Biol. K. entgegnet wiederum ausführlich mit Stellungnahme vom 12.10.2012 (GA 1366). Diese Fachdiskussion zwischen den Gutachtern der Beteiligten spricht dafür, dass eine entsprechende Stickstoffempfindlichkeit des LRT jedenfalls nicht mit der auf der Ebene der Vorprüfung erforderlichen Offensichtlichkeit ausgeschlossen werden kann. Im Rahmen der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung, die die „Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse“ und die „Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen“ verlangt (BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 – aaO Rn. 62; EuGH, U. v. 07.09.2004 – C-127/02 – NuR 2004, 788 Rn. 54), ist dann Raum für Sachverständigendispute (vgl. Lau, Naturschutz in der Bauleitplanung, 2012, Rn. 26).

37

c) Im vorliegenden Fall hat der Gutachter des Beigeladenen für den Bereich des LRT 3260 eine durch den Betrieb der Hähnchenmastanlage bewirkte Stickstoffdeposition ermittelt, die im Bereich der vom LUNG M-V angenommenen Critical Loads liegt und in Summation mit der Vorbelastung diese Critical Loads überschreitet. Damit liegen objektive Umstände vor, die eine Beeinträchtigung des LRT 3260 und – da dieser Gegenstand der Erhaltungsziele ist – eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebietes als nicht ausgeschlossen erscheinen lassen.

38

Der Gutachter hat im Rahmen der FFH-Vorprüfung eine durch den Betrieb der Anlage bewirkte Stickstoffdeposition von 12 kg N/ha x a ermittelt (BA H, 568). Sie ist zu der vom Gutachter ausgewiesenen bestehenden Vorbelastung von 12 kg N/ha x a (FFH-Vorprüfung, BA H, 567) zu addieren. Die Summe von 24 kg N/ha x a liegt deutlich oberhalb der vom LUNG M-V als CL angegebenen Spanne von 10 - 20 kg N/ha x a. Unter Zugrundelegung der Daten des Umweltbundesamtes ist die allgemeine Hintergrundbelastung mit 15 kg N/ha x a (UBA-Datensatz 2007) noch höher. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass - wenn man wie hier die Belastung durch die zur Genehmigung gestellte Gesamtanlage als Zusatzbelastung ansieht - gleichzeitig die bisherige Belastung durch den Altstall entfällt. Denn diese ist in den allgemeinen Werten der Vorbelastung bzw. Hintergrundbelastung nicht enthalten (vgl. LAI-Leitfaden 2012 S. 24, 38) und kann deshalb von diesen auch nicht abgesetzt werden. Ebenso fehlt es an einem Offensichtlichkeitszusammenhang zwischen dem zusätzlichen Stickstoffeintrag durch die Anlage des Beigeladenen und einer Reduzierung des Stickstoffeintrags durch eine niedrigere Düngungsrate der angrenzenden Felder. Vor diesem Hintergrund erscheint auch nicht ohne weiteres plausibel, dass der Gutachter in der Ergänzung zur Ammoniakimmissionsprognose vom 01.09.2010 nicht nur die Zusatz-, sondern auch die Gesamtstickstoffdeposition lediglich mit 12 kg N/ha x a beziffert (vgl. BA I, 450 Tab. 4).

39

d) Ein Fall der Irrelevanz der Zusatzbelastung liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings eine Irrelevanzschwelle von 3% des jeweiligen CL-Wertes jedenfalls in Fällen anzuerkennen, in denen die Vorbelastung die CL um mehr als das Doppelte übersteigt (U. v. 14.04.2010 – 9 A 5.08 – aaO Rn. 93 f.). Darum geht es hier jedoch nicht.

40

Eine offensichtliche Verträglichkeit des Projektes mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes kann auch nicht mit der Begründung bejaht werden, dass eine gleich hohe Stickstoffbelastung bereits seit Inbetriebnahme des Altstalles bestehe und in der Zwischenzeit – wie der Antragsgegner vorträgt - nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes des LRT 3260 geführt habe, so dass damit gleichsam im praktischen Versuch belegt sei, dass diese Einwirkung einem günstigen Erhaltungszustand des Lebensraumes bzw. der Arten nicht entgegen stehe.

41

Allerdings mag eine entsprechende naturschutzfachliche Begründung von Irrelevanzschwellen für den jeweiligen konkreten Fall möglich sein. So hat das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung der FFH-Verträglichkeit ausreichen lassen, dass die Neuverlärmung von Habitatflächen bestimmter Fledermausarten durch den Bau einer Autobahn auf Grund einer saldierenden Betrachtung durch die Entlastung der bisherigen Bundesstraße und die Tunnelführung der Autobahn in diesem Bereich ausgeglichen anzusehen sei (U. v. 14.04.2010 – 9 A 5.08 – aaO Rn. 83). Der VGH Kassel hat sich – betreffend den Ausbau des Frankfurter Flughafens – auf ein Fachgutachten gestützt, nach dem eine Regelvermutung dafür bestehe, dass eine erhebliche Beeinträchtigung von Lebensraumtypen durch Einträge von Stickstoffverbindungen nicht zu befürchten sei, wenn trotz langjähriger hoher Stickstoffbelastung in dem Gebiet eine Verschlechterung des günstigen Erhaltungszustandes eines Lebensraumtyps nicht festzustellen und kein erhebliches Anheben der Hintergrunddeposition durch zusätzliche Einträge drohe (U. v. 21.08.2009 - 11 C 318/08.T – Juris, Rn. 200 f.; diese Überlegungen sind vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich nicht beanstandet worden, s. B. v. 14.04.2011 - 4 B 77.09 -, Rn. 24).

42

Unabhängig von der Frage, ob entsprechende naturschutzfachliche Erwägungen zur Irrelevanz von die Critical Loads überschreitenden Belastungen bereits auf der Ebene der Vorprüfung ihren Platz haben können (das Bundesverwaltungsgericht spricht in der genannten Entscheidung von einer "der Prüfung bedürfenden Neuverlärmung" von Habitatflächen – aaO Rn. 83; zur Nichtberücksichtigung behördlich angeordneter Schutz- u. Kompensationsmaßnahmen bereits auf der Ebene der Vorprüfung vgl. Senat, U. v. 30.06.2010 - 3 K 19.06 -, Juris Rn. 125 f.), liegen hier entsprechende naturschutzfachliche Äußerungen jedenfalls nicht vor. Im übrigen dürften Zweifel bestehen, ob im Hinblick auf den Zeitraum von 8 Jahren seit der Inbetriebnahme des Altstalles im Jahre 2004 bereits von einer „langjährigen Belastung“ die Rede sein könnte, bei der der Umstand, dass der Erhaltungszustand eines Lebensraumtyps sich nicht verschlechtert hat, geeignet wäre das Fehlen einer erheblichen Beeinträchtigung zu indizieren. Dies gilt um so mehr als es sich bei Stickstoffeinträgen - anders als zB bei Lärm - nicht um eine Belastung handelt, die sich in dem Moment der Einwirkung erschöpft; vielmehr sind die Wirkungszusammenhänge komplex und können die Auswirkungen sich stark verzögern, weshalb das Konzept der Critical Loads auf die Vermeidung eines langfristigen Schadrisikos (> 100 Jahre) abstellt (vgl. LAI-Leitfaden 2012 S. 18 ff., insbes. S. 22).

43

3. Eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets durch den Betrieb der Anlage des Beigeladenen im Hinblick auf die im Bereich des LRT 3260 bewirkte Stickstoffdeposition wäre auch dann nicht - im Sinne der Kriterien der FFH-Vorprüfung - offensichtlich ausgeschlossen, wenn man mit dem Antragsgegner und dem Beigeladenen für maßgeblich halten wollte, ob die nunmehr nach dem BImSchG genehmigte Anlage zu höheren Stickstoffeinträgen in den LRT 3260 führt als die Altanlage für die 2003 eine Baugenehmigung erteilt wurde.

44

Nach der vom Beigeladenen mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Ammoniakimmissionsprognose des Ing.-Büros Dr. I. vom 29.05.2009 (BA I, 327, 334 ff.) ist auf der Grundlage einer Ammoniakemission von 0,0486 kg je Hähnchenmastplatz und Jahr (vgl. Tab. 11 des Anhangs 1 zur TA Luft) von einem Gesamtammoniakausstoß der geplanten Anlage mit 131.500 Tierplätzen von 6,4 t/a auszugehen, während der Ammoniakausstoß der bisherigen Anlage mit 29.500 Tierplätzen bei 1,43 t/a lag. Der Vorhaben-standort soll in Richtung auf den LRT 3260 hin erweitert werden (vgl. Lageplan BA I, 65). Die vorherrschende Windrichtung ist Südsüdwest bis West, d.h. der Wind weht vom Vorhabenstandort auf den LRT 3260 zu (BA I, 184, 366). Der Bereich des LRT 3260 wird dabei, wie sich aus der Ergebnisgrafik im Anhang 2 zur Ergänzung der Ammoniakimmissionsprognose des Ing.-Büros Dr. I. vom 01.09.2010 ergibt (BA I, 460), auch nicht „überblasen". Vergleicht man die Ergebnisgrafiken für die Gesamtbelastung im Alt- und Neuzustand (BA I, 461 u. 463), so scheint der LRT 3260 im Neuzustand in der Tat – wie der Antragsteller geltend macht – von einer Ammoniakimmissionskonzentration der Luft deutlich stärker betroffen zu sein als im bisherigen Zustand. Zwar bleibt es bei einer Betroffenheit in dem Konzentrationsbereich von 2 – 3 μg NH3/m3; die Maximalkonzentration ändert sich also nicht. Im Neuzustand liegt jedoch ein deutlich größerer Teil des LRT 3260 in diesem Konzentrationsbereich, d.h. der LRT 3260 ist von dieser Ammoniakimmissionskonzentration der Luft deutlich weiträumiger betroffen als bisher. Allerdings ist nicht unmittelbar die in den Grafiken dargestellte Ammoniakimmissionskonzentration der Luft für das Erreichen etwaiger Belastungsgrenzen des LRT von Bedeutung; vielmehr kommt es auf die Stickstoffdeposition auf dem Boden bzw. im Wasser an, für die kartenmäßige Darstellungen nicht vorliegen. Zwischen der Ammoniakimmissionskonzentration der Luft und der maßgeblichen Stickstoffdeposition besteht jedoch ein linearer Zusammenhang (vgl. die Berechnungsformel in der Ammoniakimmissionsprognose des Beigeladenen vom 29.05.2009, BA I, 336). Damit erscheint eine Erhöhung der Stickstoffdeposition gegenüber dem genehmigten Vorzustand jedenfalls nicht im Sinne der Kriterien der FFH-Vorprüfung offensichtlich ausgeschlossen.

45

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO.

46

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 GKG.

47

Hinweis:

48

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

Der Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn der Antragsteller nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer der Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. Er wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin. Das Flurstück ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz ragt zu einer Fläche von 0,7 ha mit einem schmalen Streifen in das Plangebiet hinein.

2

Im Bereich des Bebauungsplans Nr. 12 wurde auf Grund des Kabinettsbeschlusses vom Dezember 1992 das Vogelschutzgebiet (SPA-Gebiet) "Küstenlandschaft Wismarbucht" (DE 2034-401) gemeldet. Die SPA-Grenze wurde durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 für das SPA "Wismarbucht und Salzhaff" (SPA 47) vergrößert und umfasste nun wesentliche Teile des Bebauungsplangebiets. Durch Kabinettsbeschluss vom 25.07.2007 wurde das Gebiet (DE 1943-401) verkleinert und betrifft nun einen geringen Teil des Plangebiets. Der Kabinettsbeschluss vom 25.05.2004 legte die Gebietsgrenze der Meldung des FFH-Gebiets "Wismarbucht" (DE 1943-302) fest.

3

Das Plangebiet befindet sich auf der Halbinsel Tarnewitz östlich vom Ortszentrum Boltenhagen sowie nord-östlich des Ortsteils Tarnewitz. Der Bebauungsplan ist Teil der Planung eines Marina Ferienparks. Westlich vom Plangebiet grenzt der Bebauungsplan Nr. 14 (Bootswerft mit Winterlager), der infrastrukturelle Einrichtungen der Marina beinhaltet, südlich der Bebauungsplan Nr. 13 (Sportboothafen) an, im Übrigen reicht das Plangebiet im Osten bis an die Ostsee heran. Für die Zufahrtsstraßen bestehen die Bebauungspläne Nr. 19 und 156 der Stadt Klütz.

4

Durch Landesverordnung vom 21.10.1993 wurde der Landschaftsteil "Tarnewitzer Huk" einstweilig als geplantes Naturschutzgebiet gesichert (GVOBl. M-V 1993 S. 899). Das Gebiet umfasst Teile einer aufgeschütteten Spülfläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek und den westlich daran anschließenden Strandabschnitt. Die Geltungsdauer wurde auf zwei Jahre bestimmt. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Nach § 3 Abs. 1 der Sicherungsverordnung dient diese dem Schutz des Küstensaumes als Lebensraum für zahlreiche zum Teil in ihrem Bestand gefährdete Vorgelarten und dem Erhalt der Sicherung der Wohlenberger Wiek als europaweit bedeutendes Vogelschutzgebiet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Gemäß § 3 Abs. 1 dieser Sicherungsverordnung ist die Erhaltung einer strukturreichen Landschaft mit Söllen, Hecken, Waldparzellen und Wasserläufen Schutzzweck der künftigen Landschaftsschutzverordnung. Die beiden Landschaftsschutzgebietsräume sind im regionalen Raumordnungsprogramm Westmecklenburg als "Vorsorgeraum Naturschutz und Landschaftspflege" dargestellt. Zu endgültigen Unterschutzstellungen durch naturschutzrechtliche Verordnungen ist es bis 2006 nicht gekommen.

5

Bereits seit Anfang der 90iger Jahre plante die Antragsgegnerin, die am östlichen Ortsrand gelegene Halbinsel der Tarnewitzer Huk, die im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stand und ein ehemaliges Militärgelände darstellte, für die Errichtung einer Marina und eines Ferienparks zu überplanen.

6

Die Firma A. GmbH erstellte im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie "Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz". Die Studie diskutiert zwei Varianten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass auch die deutlich günstigere Variante 2 mit erheblichen Eingriffen in den Naturhaushalt verbunden sein werde.

7

Für das Projekt erstellte das Büro B. im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie. Die A. GmbH fertigte im Oktober 1995 hierzu einen Nachtrag und im Juli 1996 eine ornithologische Sonderuntersuchung.

8

Das Ministerium für Bau-, Landesentwicklung und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern gab am 05.11.1996 eine landesplanerische Beurteilung des Vorhabens ab. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass nach dem langen und umfangreichen Abstimmungsprozess mit allen betroffenen Belangen und der daraufhin erfolgten erheblichen Veränderung der ursprünglichen Planungsabsichten das Vorhaben den Zielen der Raumordnung und Landesplanung entspreche. Wenn auf der Grundlage der durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchung vermeidbare Beeinträchtigungen unterlassen und unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert würden, seien unvertretbare Belastungen des Naturhaushaltes nicht zu befürchten.

9

Am 15.05.1997 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 12. Planziel ist danach der Bau einer Ferienanlage, die ein Hotel, touristische Infrastruktureinrichtungen wie zum Beispiel Tennis-, Squash- und weitere Freizeitsportanlagen, sowie Appartementhäuser mit erdgeschossig hafentypischen Gewerbe- und Handelseinrichtungen, darüber hinaus eine Schwimmhalle umfasst.

10

Die Beigeladene zu 1 erwarb durch Kaufvertrag vom 05.06.1998 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Flurstücke ..., ... und ... der Flur ... sowie ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In diesem Kaufvertrag verpflichtete sich die Beigeladene zu 1, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben für Personen, die von ihr benannt werden, auf Verlangen Geh- und Fahrrechte sowie Leitungsrechte auf dem Kaufgrundstück unentgeltlich einzuräumen.

11

Im Februar 1999 erstellt die C. GmbH einen "Fachbeitrag zur Beurteilung von Auswirkungen des Projekts gemäß § 19c BNatSchG" - "Zufahrtstraße Boltenhagen". Dem Gutachten angefügt ist eine "avifaunistische Erhebung" von November 1998. Das Gutachten bezieht sich auf die Auswirkung des SPA-Gebiets "Küstenlandschaft Wismarer Bucht".

12

Die Firma C. erstellte im Mai 1999 eine "FFH-Verträglichkeitsstudie". Sie befasst sich mit den Auswirkungen auf das SPA-Gebiet "Küstenlandschaft Wismarbucht". Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Projekt an sich die Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigen kann. Wenn hinsichtlich des Teilprojekts "Bau der Ferienanlage, des Hotels und des Jachthafens" im einzelnen genannte eingriffsmindernde Maßnahmen durchgeführt würden, könnten Beeinträchtigungen von Arten, für die das SPA-Gebiet ausgewiesen worden sei, vermieden werden.

13

Die Firma C. erstellte im Juli 2000 eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung - UVU - "Marina Boltenhagen - Tarnewitzer Huk". Gegenstand ist, als zweite Stufe der UVU festzustellen, ob die Planung mit den Erfordernissen nach der landesplanerischen Beurteilung von 05.11.1996 übereinstimmt und wie die Planungen untereinander abgestimmt und durchgeführt werden können. In der zusammenfassenden Bewertung werden im Einzelnen eingriffsmindernde und die Beeinträchtigung des SPA-Gebiets mindernde Maßnahmen vorgeschlagen.

14

Am 11.09.2003 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Entwurfs- und Auslegungsbeschluss des Bebauungsplans. Der Begründung ist ein Grünordnungsplan "Umweltbericht" sowie als Anlage 2 eine "ergänzende Bearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" der C. 1999" aus September 2003 beigefügt, außerdem eine Bestandskarte aus dem Jahre 1999. In Anlage 2 wird ausgeführt: Durch C. sei 1999 auf der Grundlage der raumordnerischen Beurteilung (Ordnungsziffern 12, 13 und 14) eine Prüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen für das SPA-Gebiet Wismarbucht für alle Teilprojekte des Vorhabens mit Ferienanlage, Hotelkomplex, Jachthafen, Hochwasserschutz und für die Zufahrtsstraße im Einzelnen und im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten erarbeitet worden. Diese Einschätzungen könnten für den Bebauungsplan Nr. 12 - mit Überarbeitungs- und Ergänzungsbedarf - übernommen werden. Die hier vorgenommene Ergänzung bilde eine auf den Bebauungsplan Nr. 12 bezogene Auswertung und Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999, da sich aufgrund der geringen Anzahl von Zielarten eine Überarbeitung der Definition von Schutzzweck und Erhaltungsziel für das SPA Küstenlandschaft Wismarbucht ergeben habe und für den Bebauungsplan Nr. 12 in einzelnen Bereichen geänderte Flächenzuweisungen vorgenommen worden seien. Für die Beurteilung würden folgende Planwerke herangezogen:

15

- Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995 neu)

16

- Ornithologisches Sondergutachten zum geplanten Projekt "Marina und Ferienpark Boltenhagen" (A., 1996)

17

- Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995)

18

- Umweltverträglichkeitsuntersuchung UVU Zufahrtsstraße Boltenhagen (C. 1999)

19

- Umweltverträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen (C. 1999)

20

- FFH-Verträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999)

21

- Ergänzungsbearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie (C. 2002).

22

Die Ergänzung kommt zu folgendem Ergebnis: Die Überbauung von geeigneten Brut- und Nahrungshabitaten der Sperbergrasmücke sei in Anbetracht der Größe des betroffenen Gebiets mit direktem Biotopsverlust und den genügend vorhandenen Ausweichmöglichkeiten nicht mit einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungsziels verbunden, vorausgesetzt, dass die angrenzenden Ausweichlebensräume von Störungen freigehalten werden könnten. So seien nördlich an das Plangebiet angrenzende Flächen wirksam gegen Beunruhigung abzuschirmen, ebenso die für die Sperbergrasmücke interessanten küstenbegleitenden Gebüschstrukturen südlich des Tarnewitzer Bachs. Desweiteren sollten alle im Plangebiet vorkommenden und nicht direkt überbauten Gebüschflächen erhalten und in neue Anpflanzungsflächen integriert und durch Neuanpflanzungen mit dornenreichen Gehölzflächen ergänzt werden.

23

Weitere erhebliche Beeinträchtigungen des SPA-Gebiets könnten verhindert werden, wenn folgende Vorgaben beachtet würden:

24

- Die Bauzeiten seien auf den Zeitraum von Mitte April bis September zu beschränken.

25

- Südlich des Auslaufes des Tarnewitzer Bachs sei eine Absperrung vorzusehen, die das Betreten des südlich angrenzenden Strandabschnitts bis Wohlenberg unterbinde.

26

- Ebenso seien entlang der Planstraße A und B Absperrungen vorzusehen, die das Betreten der hochwertig angrenzenden Gebüschzonen und des Naturschutzgebietes wirksam unterbinden könnten. Im westlichen Abschnitt seien Durchlässe zu belassen, um den Wildwechsel in Nord-Süd-Richtung nicht zu unterbinden.

27

- Die gesamte Außenbeleuchtung der Verkehrsfläche und an den Gebäuden habe unter Beachtung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse so zu erfolgen, dass eine möglichst geringe Störung auf nachtaktive Insekten und weitere nachtaktive Wasservögel eintrete. Auch die seeseitig ausgerichteten Gebäudeseiten seien mit möglichst gering reflektierenden Glasscheiben auszustatten. Der Fahrzeugverkehr mit zusätzlichen Lichteinwirkungen sei im Einwirkungsbereich des Hafens zu begrenzen.

28

Zur Prüfung der Verträglichkeit im Zusammenhang mit anderen Plänen und Projekten könne auf die entsprechenden Aussagen in Kapitel 2.5 der FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999) sowie auf Kapitel V der Ergänzungsbearbeitung (C. 2002) verwiesen werden.

29

Am 17.11.2003 zeigte die Antragsgegnerin das Planvorhaben gemäß § 17 Landesplanungsgesetz dem Landkreis an.

30

Auf die Auslegung des Bebauungsplans bis zum 17.11.2003 gingen keine Einwendungen Privater ein. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur Schwerin wies in seiner Stellungnahme vom 17.11.2003 darauf hin, dass die übermittelten Unterlagen nicht geeignet seien, eine mögliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des vorgeschlagenen FFH-Gebiets abschließend zu beurteilen. In einer weiteren Stellungnahme vom 02.12.2003 wird ausgeführt, dass in dem Umweltbericht nicht sämtliche zu erwartenden erheblichen nachteiligen Auswirkungen beschrieben worden seien. Insbesondere fehle eine Beschreibung der Umweltauswirkungen auf das Küstenwasser, die sich in Folge der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen und möglicher Freizeitnutzungen ergäben. Die Grenze des SPA "Küstenlandschaft Wismarer Bucht" sei fehlerhaft dargestellt. Im Bereich der "Tarnewitzer Huk" würde die Uferlinie die Grenze des SPA werden. Auch seien die Eingriffe in das Küstengewässer im Grünordnungsplan nicht berücksichtigt worden. Schließlich sei nicht berücksichtigt, dass der Bebauungsplan teilweise unmittelbar an das zur Nachmeldung von FFH-Gebieten vorgesehene Gebiet "Wismarer Bucht" angrenze. Der Landkreis Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - machte in seiner Stellungnahme vom 11.12.2003 geltend: Der Entwurf lege nicht dar, wie die in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung geforderte Sperrung der Strandabschnitte südlich des Tarnewitzer Bachs realisiert werden solle. Auch fänden sich keinerlei Aussagen hinsichtlich möglicher Auswirkungen des Vorhabens in Hinblick auf eine Beeinträchtigung der Schutz- und Erhaltungsziele des FFH-Meldegebietes N 080 "Wismarer Bucht". Für den landseitigen Planbereich könne allerdings davon ausgegangen werden, dass bei Absicherung der Nichtzugänglichkeit des FFH-Gebiets (unter anderem durch eine feste Einzäunung) nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung der im Gebiet vorkommenden Lebensraumtypen sowie der Schutz und Erhaltungsziele ausgegangen werden könne. Erhebliche Bedenken bestünden auch gegen die Abarbeitung der Eingriffsregelung. Die im Grünordnungsplan enthaltene Eingriffsbewertung weise etliche Defizite auf.

31

Am 07.05.2004 schloss der Antragsteller mit der Bundesrepublik Deutschland (Finanzverwaltung) den Kaufvertrag über die Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In § 1 Abs. 4 heißt es:

32

"Bei dem Grundstück handelt es sich um kampfmittelbelastete Teilflächen eines ehemals militärisch genutzten Flugplatzgeländes. .... Eine ca. 68 ha große Teilfläche des Kaufgegenstandes, vorwiegend auf dem Flurstück ... wurde 1993 als geplantes Naturschutzgebiet "Tarnewitzer Huk" einstweilig sichergestellt."

33

Am 15.07.2005 wurde eine freiwillige Vereinbarung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" unterzeichnet, der weitere Beteiligte, unter anderem die Antragsgegnerin, das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, die Beigeladene zu 1 und die Projektgruppe Wismarbucht am 16.02.2006 beitraten. Ziel der Vereinbarung ist es, die Wismarbucht als Teil des Netzes "Natura 2000" hinsichtlich der Anforderungen des Vogelschutzes in einem guten Zustand zu erhalten. Für den sensiblen Bereich werden Nutzungsregelungen räumlicher und zeitlicher Art getroffen.

34

Am 29.09.2005 fand zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros eine Besprechung zu Fragen des Umweltschutzes hinsichtlich der Planungen der Antragsgegnerin statt.

35

Am 01.12.2005 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den geänderten Entwurf erneut auszulegen. Die Träger öffentlicher Belange nahmen wie folgt Stellung:

36

Das Amt für Raumordnung und Landesplanung Westmecklenburg teilte mit, die Vereinbarkeit des Bebauungsplans mit den Erfordernissen der Raumordnung und der Landesplanung könne bewirkt werden, wenn mehrere Maßgaben erfüllt würden. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur führte unter dem 20.01.2006 aus: Mit dem Bebauungsplan Nr. 12 würden keine festgesetzten oder einstweilig sichergestellten Naturschutzgebiete sowie keine durch das Land Mecklenburg-Vorpommern geförderten Flächen und Maßnahmen des Naturschutzes überplant. Erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzzwecks und der Erhaltungsziele der nicht zum Gebiet der Antragsgegnerin gehörenden Bereiche des FFH-Gebiets "Wismarbucht" und des Europäischen Vogelschutzgebietes "Küstenlandschaft Wismarbucht" seien nach derzeitigem Kenntnisstand nicht unmittelbar erkennbar. Entsprechend dem Protokoll vom 29.09.2005 über die oben genannte Besprechung zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros seien sämtliche Vogelschutzbelange geklärt und eine Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen und dem Schutzzweck sei zu erreichen. Dazu sei allerdings unter anderem erforderlich, dass die freiwillige Vereinbarung über Befahrensregelungen für den Bootsverkehr etc. in der Wismarbucht von allen maßgeblichen Beteiligten, so auch vom Projektträger mitgetragen und unterschrieben werden müsse, um deren Umsetzung und Einhaltung sicherzustellen. Das gelte insbesondere für störungsintensive Freizeitnutzungen. Nach dem genannten Protokoll seien durch dauerhafte Maßnahmen (Bau eines dauerhaften Zaunes) Störungen und Beeinträchtigungen des angrenzenden Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" sowie der sich nördlich und südlich des Satzungsbereichs angrenzenden FFH-Lebensraumtypen innerhalb des FFH-Gebiets auszuschließen. Der Zaun entlang der nördliche Satzungsgrenze im Bereich des Strandes sei dergestalt zu errichten, dass eine Nutzung des Strandes außerhalb der Satzungsgrenze des Bebauungsplans wirksam ausgeschlossen werde. Desweiteren sei eine aktive Aufklärungsarbeit über Inhalt und Ziele der angrenzenden Schutzgebiete erforderlich, um ungewollte Störungen, z. B. durch Anlanden von Surfern im Uferbereich des Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" zu vermeiden. In ähnlicher Weise äußerte sich der Landkreis Nordwestmecklenburg unter dem 25.01.2006. Auch er bezog sich auf die Erörterung am 29.09.2005. Die Umsetzung der freiwilligen Vereinbarung der Befahrensregelung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" vom 15.07.2005 sowie die Einhaltung der Maßgabe Nr. 7 der landesplanerischen Beurteilung vom 05.11.1996 seien Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der Umsetzung des Bebauungsplanes Nr. 13 wie Nr. 12 mit den Erhaltszielen und dem Schutzzweck des SPA "Küstenlandschaft Wismarbucht". Die im nordöstlichen Plangebiet des Bebauungsplans dargestellte Küstendüne sei ein gesetzlich geschütztes Biotop. Die beabsichtigte Ausweisung als Badestrand sei daher unzulässig. Im Grünordnungsplan würden Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es seien jedoch keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust der Fledermausquartiere enthalten. In den Pappelbeständen am Hafen Tarnewitz gebe es Vorkommen des breitblättrigen Sitters, einer besonders geschützten Pflanzenart. Im Rahmen der Eingriffsbewertung entspreche die Einstufung etlicher Biotoptypen nicht dem "Hinweis zur Eingriffsregelung" des Landesamts für Umwelt und Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern.

37

Mit Schreiben vom 10.02.2006 erhob der Antragsteller Bedenken.

38

Am 22.03.2006 wurde der wiederum geänderte Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 12 erneut öffentlich ausgelegt. Die Änderungen wurden im Bereich des Sondergebiets Hotel und der anschließenden nördlichen Verkehrsfläche sowie in Teilen der textlichen Festsetzungen vorgenommen. Darüber hinaus wurde ein Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie beigefügt. Ersichtlich ist der Umweltbericht gegenüber der Fassung von Oktober 2005 in der nunmehrigen Fassung von März 2006 unverändert. Die "FFH-Vorprüfung" als Anlage 2 kommt nach wie vor zu dem Ergebnis, dass für die betroffenen terrestrischen oder marinen Lebensraumtypen bzw. die sonstigen terrestrischen Lebensräume der zum Schutzgebiet gehörenden Tarnewitzer Halbinsel keine erheblichen Beeinträchtigungen erkennbar seien. Für die meisten Anhang II-Arten seien entweder aufgrund des fehlenden Vorkommens dieser Arten im Einwirkungsbereich der Planung oder aufgrund des nichtrelevanten Wirkprozesses ebenfalls keine Beeinträchtigungen erkennbar. Für den Fischotter und die Kegelrobbe sowie den Seehund seien mit den im Rahmen der Bauleitplanung Nr. 12 getroffenen textlichen Festsetzungen zur Eingriffsvermeidung und Minderung, zum Ausgleich/Ersatz und der vor Satzungsbeschluss zu fassenden Vertragsvereinbarung sowie mit Einhaltung der Befahrensregelung erhebliche Beeinträchtigungen offensichtlich ausgeschlossen.

39

Am 11.04.2006 beschloss die Landesregierung, das SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" zu melden und legte die Ausdehnung fest.

40

Die Firma "D." fertigte einen Protokollvermerk einer Besprechung am 26.06.2006 im Umweltministerium zu den Auswirkungen der Meldung der Gebietskulisse des Europäischen Vogelschutzgebietes SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" vom 11.04.2006. Das Umweltministerium habe klargelegt, dass eine kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung ausscheide, sodass für den Bebauungsplan Nr. 12 eine Vorprüfung durchzuführen sei. Aufgrund der allein bei den Fachbehörden des Landes vorliegenden Daten und in Anbetracht möglicher Summationswerte anderer Projekte in der Wismarbucht sei diese Vorprüfung durch die Fachbehörden des Landes erfolgt mit dem Ergebnis, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Weitere Prüfungen seien nicht erforderlich. Hinsichtlich der Sperbergrasmücke, des Neuntöters, der Gänse- und Mittelsäger sowie des Sandregenpfeifers seien ergänzende Maßnahmen vorzusehen, sodass die jeweiligen Beeinträchtigungen nicht als erheblich anzusehen seien. Diese Maßnahmen würden sich aus dem Managementplan ergeben. Die rechtliche Sicherung erfolge im Plangebiet des Bebauungsplans durch bindende Festsetzungen, an anderer Stelle durch Vorlage eines städtebaulichen Vertrags zur Durchführung und Sicherstellung der Maßnahme jeweils vor Satzungsbeschluss.

41

Durch Beschluss vom 13.07.2006 befand die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin über die im Rahmen der öffentlichen Auslegung eingegangenen Anregungen.

42

Der Antragsteller hatte mit Schreiben vom 10.02.2006 vorgetragen: Die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, auf sein - des Antragstellers - Verlangen ein Geh- und Fahrrecht sowie Leitungsrechte in dem im Bebauungsplan Nr. 12 erfassten Gebiet einzuräumen. Sie verweigere nun diese Rechte. Im Bebauungsplan Nr. 12 seien zu seinen Gunsten keine bestehenden Rechte angelegt. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Hauptzufahrtstraßen öffentliche Straßen seien und somit für jedermann benutzbar. Der Antragsteller hatte weiter vorgetragen, die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, einen Sicherheitszaun in Abgrenzung zu seinem Grundstück zu errichten. Anders sehe er nicht gewährleistet, wie in dem Bebauungsplan die Absicherung des kampfmittelbelasteten Gebiets gewährleistet werden solle. Dieser Gesichtspunkt sei in der Abwägung überhaupt nicht berücksichtigt worden. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Errichtung des Sicherheitszaunes mit der Bauleitplanung festgesetzt werde (Teil B, Ziffer 4 (8)). Die Realisierung werde im Rahmen der Durchführung der gesamten Maßnahme vorgenommen.

43

Das Vogelschutzkomitee e.V., X. erhob mit Schreiben vom 10.02.2006 und 17.04.2006 Einwendungen. In der Abwägungsdokumentation führt die Antragsgegnerin hierzu aus: Für den Bebauungsplan Nr.13 sei eine Ergänzungsbearbeitung der FFH-Studie im Jahre 2002 erstellt worden. 2003 sei für das Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 12 eine hierauf bezogene Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999 vorgenommen worden. Das mit Kabinettsbeschluss von Mai 2004 gemeldete und mit der Entscheidung der Kommission am 07.12.2004 in die Liste der von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommenen FFH-Gebiete genannte FFH-Gebiet DE 1934-302 "Wismarbucht" sei bei der Darstellung der durch die Bauvorhaben induzierten möglichen erheblichen Beeinträchtigungen bislang nicht oder in Anbetracht der zwischenzeitlich vorliegenden Managementplanung ungenügend berücksichtigt, sodass der Prüfvorgang mit der erneuten Offenlage des Bebauungsplanes Nr. 12 überarbeitet werden musste. In Anlage 1 des Grünordnungsplans erfolge deshalb eine ergänzende Gesamtprüfung auf der Grundlage des aktuellen Datenmaterials (Managementplanung 2005). Einbezogen im Prüfvorgang seien ebenfalls die genehmigten, jedoch nicht rechtskräftigen Bebauungspläne Nr. 13 und 14. Lediglich für den Bebauungsplan Nr. 12 seien Nutzungsveränderungen gegenüber den bisherigen Planständen zu bewerten. Der Antragsgegnerin sei bekannt, dass ein ökologisch und naturschutzfachlich wertvoller Bereich überplant werde. Dies sei in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet. Die grundsätzlichen Bedenken zum Gesamtvorhaben würden zur Kenntnis genommen. Nach langwierigem Planprozess, in dem sorgsam zwischen den Belangen des Natur- und Umweltschutzes und den übrigen Belangen abgewogen worden sei, komme die Antragsgegnerin zum Ergebnis, mit der Aufstellung entsprechender Bebauungspläne die bauleitplanerischen Voraussetzungen zur Gesamtverwirklichung des Projekts zu schaffen.

44

Die Untere Naturschutzbehörde führte in ihren Stellungnahmen vom 25.01.2006 und vom 25.04.2006 aus: Es sei zu berücksichtigen, dass die im nordöstlichen Plangebiet dargestellte Küstendüne (Dünengebüsch, mesophiles Laubgebüsch) sowie die Vordüne/Weißdüne ein Biotop nach § 20 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz darstellten. Es sei eine Ausnahmegenehmigung hierfür erforderlich. In der Abwägungsdokumentation wird der Inhalt des Grünordnungsplans näher dargelegt und mitgeteilt, dass die Anregungen zur Küstenlinie zur Kenntnis genommen würden. In der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde wird weiter ausgeführt, im Grünordnungsplan seien Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es würden aber keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust von Fledermausquartieren im Rahmen der Umsetzung der Planung getroffen. Die Ersatzquartiere seien vor dem Verlust der tatsächlichen Fledermausquartiere zu schaffen. Hierzu wird durch die Antragsgegnerin ausgeführt, es könnten auf Grund der Artenkenntnisse gezielte Ersatzquartiere geschaffen werden. Dem genügten die jetzt vorgesehenen Festsetzungen. Des Weiteren macht die Untere Naturschutzbehörde geltend, die Einstufung von Wertigkeiten im Rahmen der Eingriffsregelung entspreche in mehreren Punkten nicht den "Hinweisen zur Eingriffsregelung". Insoweit teilt die Antragsgegnerin in der Abwägungsdokumentation mit, dass die Hinweise nur teilweise berücksichtigt würden.

45

Unter dem 07.06.2006 genehmigte die Landesforst Mecklenburg-Vorpommern die vorgesehene Waldumwandlung. Durch Bescheid vom 06.07.2006 erteilte der Landrat des Landkreises Nordwestmecklenburg die naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 20 Abs. 3 des Landesnaturschutzgesetzes zur Nutzung eines Strandabschnittes als öffentlicher Badestrand. Durch Bescheid vom 12.07.2006 erteilte er die Ausnahmegenehmigung vom Bauverbot gemäß § 19 Abs.1 des Landesnaturschutzgesetzes und unter dem 13.07.2006 den wasserrechtlichen Bescheid zur partiellen Wiedervernässung einer ca. 2 ha großen Fläche am Tarnewitzer Bach sowie die Öffnung eines an diesem Abschnitt bislang verrohrten Grabens.

46

Am 30.06.2006 schlossen die vier Beigeladenen mit der Antragsgegnerin einen städtebaulichen Vertrag. Darin verpflichten sie sich, die in den Bebauungsplänen festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen innerhalb und außerhalb der Plangebiete durchführen zu lassen. In § 1 Abs.5 der Vertrags verpflichten sie sich ferner, den als Kompensation für die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft durch die Anlage des Sportboothafens vorgesehenen angemessenen Beitrag zur Realisierung der Befahrensregelung gemäß der freiwilligen Vereinbarung Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht vom 15.07.2005 bezogen auf die Marina Tarnewitz zu leisten, dies in Abstimmung mit dem Umweltministerium entweder nach Maßgabe der Anlage 1 Seite 6 oder durch Sicherstellung einer dauerhaften Gebietsbetreuung nach Maßgabe der freiwilligen Vereinbarung oder durch einen pauschalen Kostenbeitrag für eine dieser Maßnahmen. Durch einen weiteren städtebaulichen Vertrag vom 27.06.2006 verpflichten sich die Beigeladenen, die Bettenkapazität von 1000 Betten nicht zu überschreiten.

47

Am 13.07.2006 beschloss sodann die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 12 als Satzung.

48

Die Begründung des Bebauungsplans erläutert die Zielsetzung, gibt eine Bestandsaufnahme, gibt die Plangrundunterlagen wieder, unter anderem den Stand der 4. Änderung des Flächennutzungsplans und erläutert das städtebauliche Konzept unter den Stichworten Bebauung/Nutzung, Erschließung, öffentliche Ver- und Entsorgung. Unter Ziff. 5 der Begründung werden die bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Festsetzungen begründet. Unter Ziff. 7 wird als Wechselwirkung mit der Umgebung das Verhältnis zum Hochwasserschutzsystem mit der Notwendigkeit angesprochen, die Fundamente der Gebäude tief zu gründen. Die Hinweise unter Ziff. 9 betreffen Bodendenkmäler und Anlagen nach § 34 Bundeswasserstraßengesetz. Hier heißt es: "Dieser Bebauungsplan ist nur vollständig in Verbindung mit dem Grünordnungsplan". Es wird weiter ausgeführt, dass für das Gesamtvorhaben "Marina und Ferienpark Boltenhagen" eine Umweltverträglichkeitsstudie (1999, 2000) mit Nachtrag (2006) und entsprechende Zuarbeiten für FFH-Prüfvorgänge (2005, 2006) erarbeitet worden seien. Sowohl hinsichtlich des FFH-Gebiets Wismarbucht als auch hinsichtlich des EU-Vogelschutzgebiets "Wismarbucht und Salzhaff" sei durch Aufnahme entsprechender Festsetzungen und sonstiger vertraglicher Regelungen und Vereinbarungen eine Verträglichkeit gegeben. Für die nach § 20 Landesnaturschutzgesetz geschützten Strand- und Dünenbereiche im Norden des Plangebiets seien mit Öffnung des Strandabschnitts nachhaltige Biotopveränderungen und -schädigungen zu erwarten. Ein entsprechender Ausnahmeantrag sei gestellt worden. Der Ersatz solle in Kombination mit der erforderlichen Kompensation zum Lebensraumverlust des Fischotters auf einer externen ca. 2 ha großen Ausgleichsfläche im Tarnewitzer Hagen erbracht werden. Die entsprechenden Genehmigungen zur Umnutzung des geschützten Strandbereichs und zur naturgerechten Gewässerumgestaltung in der Ausgleichsfläche sowie die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Eigentümer lägen vor. Die Vorprüfung zur Abschätzung der Umwelterheblichkeit im Rahmen des wasserrechtlichen Verfahrens zur Umgestaltung der Gewässer in der externen Ausgleichsfläche in Tarnewitzer Hagen Flurstücke ..., ... (Teilflächen) Flur ... komme zu dem Ergebnis, dass eine UVP entbehrlich sei. Als weitere Ersatzmaßnahme für nicht im Plangeltungsbereich des Bebauungsplanes auszugleichende Eingriffe werde eine ideelle Flächenzuordnung mit einer Größenordnung von 4,43 ha im Rahmen des Renaturierungsprojektes Neuendorfer Moor bei Gadebusch vorgenommen. Die rechtliche Absicherung erfolge über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Stiftung Biosphäre Schaalsee, die die Umsetzung des Renaturierungsprojektes koordiniere.

49

Der Umweltbericht führt u. a. aus: Bezüglich der artenbiologischen Standortbedingungen könne auf die Erhebungen und Aussagen der UVU und des Grünordnungsplans von 1999 (C.) verwiesen werden. Die seither notwendige Aktualisierung sei im September 2005 durchgeführt und in Karte 1 dargestellt. Unter dem Stichwort "Eingriffsdarstellung" wird einleitend ausgeführt, die schutzgutbezogenen Auswirkungen und Risikoanalysen seien in der UVU Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" umfassend dargestellt und bewertet. Auf diese Aussagen könne im Wesentlichen verwiesen werden. Die nachfolgenden Ausführungen stellten die Eingriffsauswirkungen schutzgutbezogen dar. Dem vorangestellt seien schutzgutbezogene Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und Minderung. Auf die Lage und Größe der Baugebiete könne nur noch bedingt Einfluss genommen werden, da der Bebauungsplan Nr. 12 im engen funktionalen und räumlichen Zusammenhang mit den angrenzenden Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 zu sehen sei. Dort seien bereits Zuordnungen und Straßenanbindungen vorgegeben. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der beigefügten Kopie der Begründung.

50

Dem Grünordnungsplan ist als Anlage 1 die "FFH-Vorprüfung - Überschlägige Prüfung gem. §§10 Abs. 1 Nr. 11 und 12 i.V.m. 34 und 35 BNatSchG zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" und als weitere Anlage der Protokollvermerk der Firma "..." vom 26.06.2006 über das Gespräch beim Umweltministerium beigefügt.

51

Der Bebauungsplan wurde am 15./16.07.2006 öffentlich bekannt gemacht.

52

Am 26.07.2006 hat der Antragsteller Normenkontrollantrag erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend:

53

Er sei antragsbefugt. Dies folge schon daraus, dass etwa 0,7 ha seines Grundstücks 22/19 der Flur 2 im Planbereich lägen und in diesem Bereich öffentlicher Strand festgesetzt sei. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Auf Grund des festgesetzten Zaunes entlang des Flurstücks ... der Flur ... sei ihm ein Betreten seines Eigentums nicht möglich. Ferner betreibe er auf seinem Eigentum einen Forstbetrieb. Diese Nutzungen würden durch die Festsetzungen beeinträchtigt. Der Zaun lasse auch kein Rückzugsgebiet der Tiere auf den Strand mehr zu. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Belange im Abwägungsvorgang beachtet worden seien, obwohl beide für die Antragsgegnerin erkennbar gewesen seien.

54

Ihm stehe auch das Rechtsschutzbedürfnis zu. Es spreche nichts dagegen, dass die Antragsgegnerin einen neuen Bebauungsplan mit für ihn günstigeren Festsetzungen aufstelle, denn es dürfte unproblematisch möglich sein, die Festsetzung als öffentlicher Strand auf das Flurstück ## zu begrenzen, Zugangsmöglichkeiten für ihn über die Wege auf dem Grundstück der Marina zu seinem Grundstück zu schaffen bzw. die Leitungsrechte und das Jagdausübungsrecht sowie den Forstbetrieb in den Abwägungsvorgang einzubeziehen.

55

Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan leide bereits an einem formellen Fehler. Der Beschluss über die Satzung sei unter unzulässigen Bedingungen gefasst worden. Aus dem Protokollauszug der Sitzung vom 13.07.2006 ergebe sich, dass über einen Zusatzantrag abgestimmt worden sei; danach habe die Bürgermeisterin sicherzustellen, dass die Antragsgegnerin durch dieses Projekt keine Kosten trage, dass die Verträge laut Beschluss der Gemeindevertretung vom 01.12.2005 Top 3 wirksam seien, die Finanzierung durch die Investition gesichert sei, dass Fahrten auf Grund veranlasster Baumaßnahmen von und zu den Baugebieten in den Bebauungsplänen 12, 13 und 14 nur im Einzelfall und mit Genehmigung der Gemeinde über die Ostseeallee erfolgten und dass die Bürgermeisterin versichere, dass die zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge existierten und dadurch die Betreibung des Projekts gesichert sei.

56

Der Bebauungsplan leide auch an materiellen Fehlern. Er sei abwägungsfehlerhaft. Es seien weder die Leitungsrechte noch das Jagdausübungsrecht und die Belange des Forstbetriebes berücksichtigt worden.

57

Der Bebauungsplan verstoße auch gegen naturschutzrechtliche Vorgaben. Das geplante Gebiet liege in einem "Natura 2000 Gebiet". Es liege eine Handlung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 11 Bundesnaturschutzgesetz vor, weil ein Eingriff in Natur und Landschaft gegeben sei. Das Vorhaben führe zu einer großflächigen und dauerhaften Flächenveränderung. Bei einigen der betroffenen Vogelarten handele es sich um solche mit besonderem Schutz und Maßnahmeerfordernis. Die Ausführungen zum FFH-Gebiet würden diesen Zusammenhängen nur unzureichend gerecht. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung habe nicht die besten der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse genutzt. Es sei auch nicht erkennbar, wie die Antragsgegnerin die Aspekte des günstigen Erhaltungszustands, der Reaktions- und Belastungsschwellen der geschützten Arten und Lebensraumtypen, der Bagatellschwellen usw. gewürdigt habe. Hinzu komme, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Vogelschutzrichtlinie bereits dann vorliege, wenn die Störungen/Beeinträchtigungen für sich betrachtet geeignet seien, den Erhaltungszielen zuwiderzulaufen. Eine gesamtgebietsbezogene Relativierung, wie sie bei Anwendung des Schutzregimes aus Art. 6 FFH-Richtlinie vorgenommen werde, gelte hier nicht. Bereits der Verlust oder die Beeinträchtigung von einzelnen Brutrevieren einer in Anhang I bezeichneten Art sei als erhebliche Beeinträchtigung anzusehen, ohne dass eine relevante Bestandsbeeinträchtigung nachgewiesen werden müsse. Damit hätte die Antragsgegnerin zwangsläufig in die Hauptprüfung eintreten müssen, sie habe jedoch nur eine Vorprüfung vorgenommen.

58

Unzutreffend sei der Ausgangspunkt der Antragsgegnerin, dass das Plangebiet an das Vogelschutzgebiet unmittelbar angrenze. Vielmehr liege ein Teil des geplanten Gebiets direkt im Vogelschutzgebiet.

59

In Hinblick auf die Kompensationsmaßnahmen werde im Grünordnungsplan auf die Schaffung von Nistplätzen hingewiesen. Nistkästen seien aber weder dauerhafter Ausgleich noch Ersatz.

60

Es sei auch davon auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Hauptprüfung vorliege. Dafür genüge es, dass eines der Schutz- oder Erhaltungsziele erheblich betroffen sei. In dem überplanten Vogelschutzgebiet werde eine ungestörte Naturentwicklung zum Schutz der vielfältigen Besiedelung mit gefährdeten und bedrohten Tier- und Pflanzenarten nicht mehr möglich sein. Damit sei der Schutzzweck nicht mehr gegeben. Auch sei die Erhaltung des störungsarmen Sandstrandes für den Sandregenpfeifer ausgeschlossen, schließlich müsse er umgesiedelt werden. Auch insoweit sei ein Erhaltungsziel beeinträchtigt. Im dritten Schritt hätte eine Ausnahmeprüfung vorgenommen werden müssen. Alternativen seien zwangsläufig nicht geprüft worden. Fraglich sei aber, ob es zwingende Gründe des öffentlichen Wohls gebe. Selbst wenn diese vorlägen, sei ein Kohärenzausgleich durchzuführen. Der status quo des Netzes müsse aufrechterhalten bleiben. Dies habe die Antragsgegnerin zwangsläufig nicht geprüft. Die Voraussetzungen seien auch nicht gegeben. Dabei werde darauf hingewiesen, dass das Gebiet, in dem der Sandregenpfeifer "umziehen" solle, bereits ein Schutzgebiet sei, nämlich zum Schutzgebiet "Tarnewitzer Huk" gehöre. Im Übrigen könne die Antragsgegnerin auf dem Flurstück ### der Flur # keine Ausgleichsmaßnahmen durchführen, da sie hier keine zivilrechtlichen Befugnisse habe, weil die Fläche im Eigentum von ihm - dem Antragsteller - stehe.

61

Hinsichtlich der Sicherstellung der Einhaltung der Befahrensregelung für die Wismarer Bucht sei offen, wie weit die Beigeladenen die zivilrechtlichen Befugnisse hätten, Sicherungsmaßnahmen zu realisieren und durchzusetzen.

62

Selbst wenn ein Kohärenzausgleich möglich sei, stelle sich die weitere Frage, ob sich in dem Gebiet prioritäre Biotope und Arten befänden. Im Grünordnungsplan sei lediglich festgestellt, dass keine prioritären Lebensraumtypen kartiert seien, sodass auch keine Meldung an die EU-Kommission erfolgt sei. Dies sei ein unzutreffender Ausgangspunkt, weil es ausreiche, dass das FFH-Gebiet durch eine Maßnahme betroffen werde, das FFH-Gebiet also einen prioritären Lebensraum einschließe. Dies sei nach den Verwaltungsvorgängen unstreitig hinsichtlich zweier Lebensraumtypen der Fall. Die EU-Kommission sei insoweit noch nicht befragt worden.

63

Der Antragsteller beantragt,

64

den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

65

Die Antragsgegnerin beantragt,

66

den Antrag zurückzuweisen.

67

Sie trägt vor:

68

Dem Antragsteller fehle die Antragsbefugnis. Zwar treffe es zu, dass das Flurstück ... im nördlichsten Planbereich mit einer geringfügigen Teilfläche in das Plangebiet hineinrage. Der Antragsteller werde durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes jedoch nicht nachteilig berührt. Es sei ihm nicht verwehrt, die bisher ausgeübte Nutzung auch weiterhin auf seinen Flächen auszuüben. Außerdem sei die ihm gehörende Fläche im Wesentlichen eine Böschungskante, die faktisch kaum nutzbar sei und offensichtlich nur aus diesem Grunde in das Plangebiet einbezogen worden sei.

69

Die Antragsbefugnis folge auch nicht aus den Rechtswirkungen der Ausnahmegenehmigung nach § 19 Abs. 3 Nr. 4 Landesnaturschutzgesetz. Sie nehme auf das Flurstück des Antragstellers ... keinen Bezug. Insoweit sei der Bescheid des Landkreises Nordwestmecklenburg unter dem 30.01.2007 berichtigt worden.

70

Es sei vorgesehen, dass der Schutzzaun entlang der Grundstücksgrenze geführt werde. Es sei unproblematisch möglich, ihn ohne Verletzung des Grundstücks des Antragstellers zu errichten. Unzutreffend sei der Hinweis, der Zaun solle keine Durchgangsmöglichkeiten zum Grundstück des Antragstellers erhalten. Er sei hergestellt und in Abstimmung mit dem Antragsteller seien drei Öffnungen mit Zufahrten geschaffen worden. Dies habe insoweit allerdings keiner Festsetzung bedurft. Zudem seien Durchlässe für Wildwechsel festgesetzt worden.

71

Der Verweis auf die Leitungs- und Wegerechte gehe fehl. Der Antragsteller könne diese Rechte ausüben. Sie würden durch die Planung nicht erschwert, sondern begünstigt.

72

Dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der Fläche, die Teil des Bebauungsplans und als öffentliche Grünfläche festgesetzt worden sei, würde es dem Antragsteller keinen irgendwie gearteten nachvollziehbaren Vorteil oder Nutzen bringen, wenn der Plan aufgehoben würde. Auch etwaige Zugangsmöglichkeiten von öffentlichen Gemeindestraßen zu Grundstücken außerhalb des Plangebietes seien nicht Gegenstand des Bebauungsplans. Das gelte auch für das Jagdausübungsrecht, das sich nicht auf irgendwelche Flächen im Plangebiet beziehe.

73

Der Antrag sei unbegründet, da der Bebauungsplan wirksam sei. Abwägungsfehler seien nicht ersichtlich, wie sich aus obigen Darlegungen ergebe.

74

Der Plan sei nicht aus Gründen des europäischen Naturschutzrechts unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes käme es für die Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eines Schutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen zu erwarten seien, darauf an, ob nach einer vorrangig naturschutzrechtlichen Fragestellung, die an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden müsse, der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten beeinträchtigt werde. Dies lasse sich anhand der eingeholten Studien und Gutachten ausschließen. Aus ihnen ergebe sich, dass der Küsten- und Strandbereich auf der Nordseite der Halbinsel Tarnewitz etwa 600 m vom Plangebiet entfernt liege, soweit er im Schutzbereich liege, sodass hier direkte oder unmittelbar schädigende Einwirkungen ausgeschlossen seien. Selbst dort, wo das FFH-Gebiet bis zur Uferlinie reiche, seien Einwirkungen auf Grund der Entfernung und der ohnehin nicht gegebenen Zugänglichkeit durch den Tarnewitzer Bach und den Schutzraum unwahrscheinlich und auszuschließen. Insoweit sei auch auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Teil B Ziffer 4 (8) zu verweisen.

75

Es seien zehn Brutpaare der Mittel- und Gänsesäger festgestellt worden. Auch hier handele es sich um eine Art, die umsiedlungswillig und -fähig sei. In Abstimmung mit dem Umweltministerium und dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur sei auf der Grundlage der fachlichen Begutachtung dieses Amtes die Schaffung von jeweils 15 Nisthöhlen und Nistkästen vorgesehen.

76

Für den Sandregenpfeifer sei ein störungsfreies Areal zu gewährleisten gewesen. In Abstimmung mit dem Umweltministerium sei hierzu vereinbart, einen entsprechenden Strandabschnitt auf der Westseite der Halbinsel Tarnewitz und entsprechende bauliche Maßnahmen zu sperren, um hier für diese Art einen geeigneten Lebensraum zu schaffen. Unzutreffend sei der Hinweis des Antragstellers auf den Schutzbereich des Sandregenpfeifers. Als Fläche sei ein Strandbereich vorgesehen, der sich bis zum Grundstück des Antragstellers erstrecke, das selbst nicht erfasst sei. Dies ergebe sich unmittelbar aus der Regelung zu Ziffer 3 des Nachtrags Nr. 1 zum städtebaulichen Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 vom 14.12.2005, der unter dem 30.06.2006 geschlossen sei. Im Übrigen sei auf die geänderte Genehmigung vom 30.01.2007 zu verweisen.

77

Soweit der Antragsteller unter Hinweis auf das Vorhandensein zweier prioritärer Lebensraumtypen im FFH-Gebiet, aber außerhalb des Planbereiches die Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission verlange, dürfte dies nur in Betracht kommen, wenn der Bebauungsplan allein auf der Grundlage einer Abweichungsprüfung hätte zugelassen werden dürfen. Hierauf komme es jedoch nicht an, da eine Beeinträchtigung von Erhaltenszielen der hier in Rede stehenden Gebiete ausgeschlossen sei.

78

Die Beigeladenen haben sich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

79

Am 25.07.2006 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Diesen Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 31.08.2006 - 3 M 94/06 - abgelehnt.

80

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses und des Verfahrens 3 M 94/06 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

81

Der Antrag ist zulässig und begründet.

82

A. Der Antrag ist zulässig.

83

I. Der Antragsteller ist antragsbefugt.

84

Für das Geltendmachen einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in seinem Grundeigentum verletzt wird. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für einen Normenkontrollantrag ist nämlich regelmäßig erfüllt, wenn sich der Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (vgl. BVerwG, B. v. 07.07.1997 - 4 BN 11.97 - BauR 1997, 972; B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 79 = NVwZ 1994, 268). Der Antragsteller macht geltend, etwa 0,7ha seines Flurstücks ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz lägen im Planbereich und in diesem Bereich sei öffentlicher Strand festgesetzt. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Allein durch diese Festsetzung kann der Antragsteller in seinen Rechten verletzt sein, wenn es sich um eine rechtswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG handelt.

85

Dies kann nicht anhand eines Vergleichs der bisherigen Rechtslage mit der durch den Bebauungsplan geschaffenen Rechtslage in Frage gestellt werden. Eine solche Erwägung verkennt die Ambivalenz bauplanerischer Festsetzungen. Auch eine für den Eigentümer im Vergleich zur bisherigen Rechtslage an sich günstige Festsetzung kann ihn zugleich in der baulichen Nutzung seines Grundstücks beschränken und für ihn nachteilig sein. Der Nachteil, den ein Eigentümer dadurch erleidet, dass ihm weitergehende Nutzungsmöglichkeiten vorenthalten werden, kann auf einem Verstoß gegen zwingende gesetzliche Planungsvorgaben oder auf einer fehlerhaften planerischen Abwägung beruhen. Zur ordnungsgemäßen Geltendmachung und zur rechtlichen Begründung einer darin liegenden Verletzung des Grundeigentums bedarf es keines Vergleichs mit der Rechtslage, die ohne den angegriffenen Bebauungsplan bestehen würde. Ob ein Antragsteller ein bestimmtes Vorhaben ausführen dürfte, wenn sich der zur Überprüfung gestellte Bebauungsplan als nichtig erweist, ist keine Frage der Rechtsverletzung, sondern eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für das Normenkontrollverfahren (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6/97 - NVwZ 1998, 732).

86

II. Dem Antrag kommt das notwendige Rechtsschutzbedürfnis zu.

87

Mit dem Erfordernis eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis soll nur vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann (vgl. BVerwG, B. v. 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 <91>; B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <231 f.>). Zur Bejahung des Rechtsschutzinteresses genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird (BVerwG, B. v. 17.12.1992 - 4 N 2.91 - DVBl. 1993, 444 <445>, insoweit in BVerwGE 91, 318 nicht abgedruckt). Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. BVerwG, B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - NVwZ 1994, 268), etwa weil er seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - BRS Bd. 60 Nr. 44 m.w.N.).

88

Danach ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans unterliegen seine einbezogen Flächen nicht mehr der festgesetzten öffentlichen Zweckbindung.

89

Der Umstand, dass die unmittelbar betroffene Fläche nur einen geringen Teil des Plangebiets ausmacht, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. Der gegen den Plan insgesamt gerichtete Normenkontrollantrag darf grundsätzlich nicht deshalb als teilweise unzulässig verworfen werden, weil der Bebauungsplan nur für teilunwirksam zu erklären ist (vgl. BVerwG, B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <230 ff.> und vom 04.06.1991 - 4 NB 35.89 - BVerwGE 88, 268 <271 ff.>; U. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695). Der Antragsteller kann mit seinem Antrag nur dann trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefasste Gesamtregelung darstellen (BVerwG, U. v. 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86 = NVwZ 2008, 902).

90

Die Festsetzungen hinsichtlich der Grundstücke 9/64 der Flur 3 und 22/19 der Flur 2 Gemarkung Tarnewitz sind nicht abtrennbar. Die Ausweisung der öffentlichen Grünfläche - Strand - ist nach dem Planungswillen der Antragsgegnerin integraler Bestandteil des Gesamtprojekts. Hierauf hat sie auch in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.

91

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht wegen Baugenehmigung und der Umsetzung der Nutzungsfestsetzung "öffentlicher Strand". Jedenfalls können die vorgesehenen Nutzungen von Flächen eingestellt oder geändert werden.

92

B. Der Antrag ist begründet. Der Bebauungsplan leidet an Rechtsfehlern, die zu seiner Unwirksamkeit führen.

93

I. Wesentlicher Mangel ist, dass die Antragsgegnerin das Verbot nach Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG des Rats vom 02.04.1979) - VRL - nicht hinreichend beachtet hat. Zudem hat sie eine FFH-Vorprüfung durchgeführt. Der Weg zur Anwendung der Vorschriften über die FFH-Verträglichkeit stand indes insoweit nicht offen, als es um Beeinträchtigungen eines faktischen Vogelschutzgebiets geht.

94

1. Das Plangebiet lag im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Vogelschutzgebiet SPA "Wismarbucht und Salzhaff". Es handelt sich um ein sog. faktisches Vogelschutzgebiet. Es ist davon auszugehen, dass diese Meldung und der Zuschnitt des Gebiets nach fachlichen Kriterien erfolgte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Fassung der Meldung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bebauungsplans insoweit nicht den maßgebenden fachlichen Anforderungen entsprach (dazu BVerwG, U. v. 21.06.2006 - 9 A 28/05 - BVerwGE 126, 166 = NVwZ 2006, 1161 - juris, Rn.24ff.; vgl. Füßer, NVwZ 2005, 144, 147 m.w.N.).

95

2. Ein faktisches, d.h. nicht zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL erklärtes Vogelschutzgebiet unterliegt nach Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG - FFH-RL - dem Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL erklären die Mitgliedstaaten insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind. Solange dies nicht geschehen ist, gilt das strenge Regime des Art. 4 Abs. 4 VRL.

96

Nach Art. 7 FFH-RL gilt: Was die nach Art. 4 Abs. 1 VRL zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Art. 4 Abs. 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, so treten die Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 2, 3 und 4 der FFH-RL ab dem Datum für die Anwendung der vorliegenden Richtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der VRL zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Art. 4 Abs. 4 S. 1 VRL ergeben.

97

Diese Rechtsfolge des Übergangs zum Regime der FFH-RL war zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und ist bis heute nicht eingetreten.

98

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfordert die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet im Sinne von Art. 7 FFH-RL einen "förmlichen Akt" (EuGH, U. v. 07.12.2000 - Rs. C-374/98 - Slg. 2000, I-10799 Rn. 53). Ein Mitgliedstaat erfüllt seine Ausweisungspflicht nach Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL ferner nur dann rechtswirksam, wenn er die besonderen Schutzgebiete "vollständig und endgültig" ausweist (EuGH, U. v. 06.03.2003 - Rs. C-240/00 - Slg. 2003, I-2202 Rn. 21). Die Erklärung muss das Gebiet Dritten gegenüber rechtswirksam abgrenzen und nach nationalem Recht "automatisch und unmittelbar" die Anwendung einer mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen (EuGH, U. v. 27.02.2003 - Rs. C-415/01 - Slg. 2003, I-2089 Rn. 26). Hieraus ergibt sich nach Auffassung des BVerwG, dass die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL, die nach Art. 7 FFH-RL den Wechsel des Schutzregimes auslöst, jedenfalls eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung mit Außenwirkung darstellen muss; deren rechtliche Gestalt wird durch das Recht der Mitgliedstaaten näher bestimmt. Nach § 33 Abs. 2 BNatSchG 2002 erklären die Länder die Europäischen Vogelschutzgebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 22 Abs. 1 BNatSchG 2002. Die Schutzerklärung bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (§ 22 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG 2002).

99

Für das hier betroffene Gebiet fehlt es an einer rechtsverbindlichen, außenwirksamen und endgültigen Gebietsausweisung.

100

Die Kabinettsbeschlüsse der Landesregierung stellen eine ministerielle Auswahlentscheidung dar. Sie dienen der autoritativen Identifizierung der für die Arterhaltung "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL) und bilden als solche zunächst nur ein Verwaltungsinternum. Listenförmige Bekanntmachungen der ausgewählten Gebiete dokumentieren die getroffene Auswahlentscheidung, erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen einer rechtsverbindlichen Gebietserklärung. Diese Rechtsnatur wächst dieser Auswahlentscheidung auch nicht dadurch zu, dass sie nach Herstellung des Benehmens mit dem zuständigen Bundesministerium der Kommission zugeleitet wird. Die "Erklärung" zum Schutzgebiet ist mit der Übermittlung der Gebietsauswahl an die Kommission, zu der Art. 4 Abs. 3 VRL verpflichtet, nicht identisch. Die "Gebietsmeldung" hat eine reine Informationsfunktion und kann eine unterbliebene Gebietsausweisung nicht ersetzen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 31 - 33).

101

Welche rechtliche Bedeutung eine Bekanntgabe im Bundesanzeiger für den Wechsel des Schutzregimes hat, hat das BVerwG offen gelassen (BVerwG a.a.O. Rn. 33 a.E.). Darauf kommt es auch hier nicht an, da eine solche Bekanntmachung für die Meldungen aus Mecklenburg-Vorpommern nicht erfolgt ist.

102

Die erforderliche endgültige, vorbehaltslose, rechtsverbindliche und außenwirksame Schutzgebietserklärung lag zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht vor. Diese Rechtsfolge hat nicht die Landesverordnung zur einstweiligen Sicherung des geplanten Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" vom 21.10.1993 (GVOBl. M-V 1993, S. 899) ausgelöst, obwohl das von ihr erfasste Gebiet in vielen Unterlagen als Naturschutzgebiet bezeichnet wird. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 war das später gemeldete Vogelschutzgebiet hierdurch nicht unter Schutz gestellt. Die Verordnung erklärte in § 1, dass Landschaftsteile der Gemeinde Boltenhagen im Landkreis Grevesmühlen in den in § 2 Abs. 3 genannten Grenzen für die Dauer von zwei Jahren mit der Bezeichnung "Tarnewitzer Huk" einstweilig gesichert werden. Der Geltungsbereich umfasst Teile einer aufgespülten Fläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek in der äußeren Wismarbucht sowie den westlich daran anschließenden Strandabschnitt in der Gemarkung Tarnewitz, Flur 2 und 3. Damit war zum einen nicht die gesamte Halbinsel unter Schutz gestellt, namentlich nicht ein wesentlicher Teil des hier betroffenen Plangebiets. Einer derartigen einstweiligen Sicherstellung (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG 2002) fehlt zudem die inhaltliche Qualität sowie die Dauerhaftigkeit und Festigkeit ("Endgültigkeit"), die für die rechtswirksame Erfüllung der Ausweisungspflicht des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu fordern sind. Sie erfüllt damit auch nicht die rechtlichen Anforderungen, die Art. 7 FFH-RL an die den Regimewechsel herbeiführende "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet stellt (BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 35). Aus diesem Grunde stellen auch die weiteren vorläufigen Unterschutzstellungen keine wirksamen Ausweisungen dar. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Entsprechende Landschaftsschutz- oder Naturschutzverordnungen sind bislang nicht erlassen worden.

103

Die Meldung eines Natura 2000-Gebiets führte auch nicht zu einem gesetzlichen Schutz. Nach § 28 Abs. 2 und 3 LNatG M-V a.F. sind die von der Kommission in die Liste eingetragenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die gemeldeten Vogelschutzgebiete gemäß § 28 Abs. 2 LNatG M-V a.F. entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen durch Gesetz oder Rechtsverordnung zu Schutzgebieten gemäß § 21 Abs. 1 und 2 LNatG M-V a.F. zu erklären. Die Schutzgebietserklärung durch Gesetz oder Rechtsverordnung kann unterbleiben, soweit nach anderen Rechtsvorschriften, nach Verwaltungsvorschriften, durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.

104

3. Nach diesen Grundsätzen musste die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass Art. 4 Abs. 4 VRL eingreift. Danach treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Sie bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.

105

a) Der Schutzstandard, der in einem faktischen (nicht: erklärten) Vogelschutzgebiet zu wahren ist, beurteilt sich nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL. Das Erheblichkeitskriterium bezieht sich nicht nur auf die Belästigung der Vögel, sondern auch auf die Verschmutzung und Beeinträchtigung ihrer Lebensräume. Die Abgrenzung zwischen erheblichen und unerheblichen Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich gemäß Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL nach den "Zielsetzungen dieses Artikels" (vgl. dazu Art. 4 Abs. 1 VRL). Mangels konkretisierender Festlegung gebietsspezifischer Erhaltungsziele im faktischen Vogelschutzgebiet ist ergänzend auf die allgemeinen Zielsetzungen in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 VRL zurückzugreifen. Danach dient die Richtlinie u.a. dem Zweck, durch die Einrichtung von Schutzgebieten eine ausreichende Artenvielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten und wiederherzustellen. Das Gewicht von Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich jeweils nach Art und Ausmaß der negativen Auswirkungen auf diese Zielsetzungen. Die Schwelle zur Erheblichkeit ist nicht erst dann erreicht, wenn die Verwirklichung von Erhaltungszielen unmöglich oder unwahrscheinlich gemacht wird. Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus Art. 3 und 4 VRL bestehen bereits, bevor eine Verringerung der Anzahl von Vögeln oder die konkrete Gefahr des Aussterbens einer geschützten Art nachgewiesen wird. Die Verkleinerung eines besonderen Schutzgebiets durch den Bau einer Straße o.ä., die zum Verlust von Rückzugs-, Ruhe- und Nistgebieten der zu schützenden Vogelvorkommen führt, ebenso Aquakulturvorhaben und die Einleitung von Abwässern, ist jeweils für sich betrachtet als erhebliche Beeinträchtigungen der Richtlinienziele anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Eingriffe jeweils für sich oder in ihrer Gesamtheit geeignet gewesen wären, die Erhaltungsziele zu vereiteln oder Kernbestandteile des Gebiets unwiederbringlich zu zerstören (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).

106

b) Die Antragsgegnerin musste davon ausgehen, dass die für das faktische Vogelschutzgebiet maßgeblichen Erhaltungsziele durch das Vorhaben mehr als nur in einem so geringen Ausmaß beeinträchtigt werden, dass dessen Zulassung mit Art. 4 Abs. 4 VRL vereinbar wäre.

107

aa) Zunächst werden Vögel nach Anhang I beeinträchtigt.

108

Zwischen den am Planungsprozess Beteiligten besteht laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 Einigkeit darüber, dass in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Gebiet drei aktuelle Brutnachweise der Sperbergrasmücke vorliegen; die Realisierung der Planung sei unweigerlich mit der Beseitigung der Standorte verbunden. Auch nach dem Grünordnungsplan (Seite 17) gehen innerhalb der in den Ruderalfluren eingestreuten Gehölzgruppen Bruthabitate für die geschützten Arten Sperbergrasmücke und Neuntöter verloren. Beide Arten sind in Anlage I der RL 79/409/EWG - VRL - genannt.

109

Allerdings geht die Antragsgegnerin davon aus, dass diese erheblichen Beeinträchtigungen der Sperbergrasmücke durch Ersatzanpflanzungen von Dornensträuchern zu nicht erheblichen Beeinträchtigungen herabgestuft werden können und damit der Planung nicht entgegenstehen. Dieses Vorgehen ist in einem faktischen Vogelschutzgebiet ausgeschlossen. Der baubedingte Wegfall mehrerer Brut- und Nahrungsreviere, die einem Hauptvorkommen einer der Vogelarten in Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie dienen und innerhalb eines faktischen Vogelschutzgebiets liegen, reduziert den nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu erhaltenden Lebensraum dieser Arten und wirkt sich deshalb unmittelbar und grundsätzlich in erheblicher Weise auf die Zielsetzung der Vogelschutz-Richtlinie aus, das Überleben der Vogelart und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - a.a.O.).

110

bb) Es sind auch Vögel im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VRL betroffen. Danach treffen die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten. Zu diesem Zweck messen die Mitgliedstaaten dem Schutz der Feuchtgebiete und ganz besonders der international bedeutsamen Feuchtgebiete besondere Bedeutung bei.

111

Insoweit geht der Vermerk vom 26.06.2006 davon aus, dass eine Beeinträchtigung des Sandregenpfeifers besteht, die "jedenfalls nicht erheblich" ist; es wird eine Ersatzmaßnahme vorgesehen. Auch im Grünordnungsplan (S. 17) wird darauf hingewiesen, dass ein Brutstandort des Sandregenpfeifers direkt betroffen ist. Der Sandregenpfeifer ist als regelmäßig vorkommender, nicht in Anlage I der RL 79/409/EWG-VRL - genannter Vogel in der Meldung des SPA 47 genannt. Hier geht die Antragsgegnerin davon aus, dass für den Sandregenpfeifer andere Nistplätze geschaffen werden können, indem Teile des bisherigen Bade- und Hundestrandes dauerhaft gesperrt werden. Auch diese Maßnahme beseitigt nicht die wesentliche Beeinträchtigung i.S.v. Art.4 Abs. 4 VRL.

112

Auch Gänse- und Mittelsäger fallen unter Art. 4 Abs. 2 VRL. Sie sind ebenfalls in der Meldung des SPA 47 genannt. Für sie geht die Planung davon aus, dass zwar die Beeinträchtigungen "jedenfalls nicht erheblich", jeweils aber 15 Ersatznisthilfen zu schaffen seien (Protokoll vom 26.06.2006), die in Ziff. 4 Abs. 10 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auch vorgesehen sind. Damit ist auch hier eine im Zusammenhang mit Art. 4 Abs.4 VRL nicht zulässige Bewertung vorgenommen worden, indem Ersatzmaßnahmen zur Begründung der Nichterheblichkeit der Beeinträchtigung herangezogen worden sind.

113

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind nur überragende Gemeinwohlbelange, wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit, geeignet, das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL zu überwinden (vgl. EuGH, U. v. 28.02.1991 C 57/89 - EuGHE I 1991 S. 883 Rn. 22). Sie sind nicht ersichtlich.

114

4. Hinzu kommt, dass die Durchführung einer FFH-Vorprüfung in Hinblick auf die Beeinträchtigung der durch die VRL geschützten Vogelarten schon deswegen ausscheidet, weil aus den oben dargelegten Gründen der Weg zur Anwendung der FFH-RL nicht eröffnet war.

115

5. Alledem steht nicht entgegen, dass der Großteil des Gebiets des Bebauungsplans Nr. 12, das im durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 gemeldeten Gebiet liegt, nicht mehr Gegenstand der Meldung auf Grund Kabinettbeschlusses vom 25.09.2007 ist. Zunächst liegt der südöstliche Teil des Strandes der Halbinsel Tarnewitz nach wie in dem durch Kabinettsbeschluss vom 25.09.2007 gemeldeten Vogelschutzgebiet. Dies wird aus der Karte deutlich, die die Antragsgegnerin überreicht hat. Im übrigen ist für die Beurteilung des Bebauungsplans Nr. 12 die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 geltende Meldung maßgebend. Wie ausgeführt geht der Senat davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt die Meldung den vorgegebenen fachlichen Kriterien entsprach. Für die Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses hat das BVerwG allerdings angenommen, dass von dem Grundsatz, dass für die Beurteilung der Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen ist, insoweit eine Ausnahme gelte, als Änderungen zum Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes des Planfeststellungsbeschlusses führten. Denn es könne keinen Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Beschluss aufgrund dieser Änderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (BVerwG, U. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 = NuR 2008, 633 - juris Rn. 256). Das OVG Lüneburg hat in Frage gestellt, ob diese Rechtsprechung auch auf Normenkontrollverfahren übertragen werden kann. Es hat dies für den Fall verneint, dass eine Gebietsnachmeldung vorliegt und die dadurch bewirkte Netzschließung im Kern nur die Bestätigung bereits bei Satzungsbeschluss zugrunde gelegter fachlicher Annahmen darstellt, die von vornherein plausibel waren (OVG Lüneburg, U. v. 22.05.2008 - 1 KN 149/05 - NuR 2008, 805 - juris Rn. 79). Dem folgt der Senat. Die Überlegung des BVerwG kann für ein Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan nicht gelten. Hier geht es nicht um die Feststellung, ob der Plan Rechte des Antragstellers verletzt, sondern es findet ein objektives Beanstandungsverfahren auf der Grundlage eines zulässigen Antrags statt. Das BVerwG hat im Übrigen die Revision gegen das o.a. Urteil des OVG Lüneburg zugelassen mit der Begründung, das Revisionsverfahren könne zur weiteren Klärung der Frage beitragen, ob ein Bebauungsplan für eine Umgehungsstraße, der beschlossen wurde, ohne zu klären, ob die Trasse in einem faktischen Vogelschutzgebiet lag, allein deshalb als wirksam betrachtet werden kann, weil das Land der Europäischen Kommission das fragliche Gebiet nach der ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplans als Europäisches Vogelschutzgebiet nachgemeldet hat, ohne das Plangebiet in die Meldung einzubeziehen (BVerwG, B. v. 17.06.2009 - 4 BN 28/08 - juris). Der Senat ist im Übrigen der Auffassung, dass ein solcher Grundsatz der Relevanz einer Änderung der Sach- und Rechtslage jedenfalls dann nicht angewendet werden könnte, wenn ein von der Landesregierung zum Europäischen Vogelschutzgebiet ausersehenes geeignetstes Gebiet i.S. von Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL, dessen Erklärung zum besonderen Schutzgebiet i.S. von Art. 7 noch aussteht, gemeldet, dann aber dessen Gebiet nach Wirksamwerden eines Bebauungsplans verkleinert wird. Das gilt um so mehr dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Änderung in Richtung Reduzierung der Meldung darauf beruht, dass zwischenzeitlich die Planung und Realisierung des betroffenen Vorhabens, zu dem hier auch die angrenzenden Bebauungspläne gehören, soweit gediehen ist, dass die Meldung dem Vorhaben wesentliche Schwierigkeiten bereiten würde oder durch Baumaßnahmen der Schutzstatus tatsächlich bereits beseitigt ist. Für Letzteres spricht einerseits, dass laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 eine "kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung" auf Grund des Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 ausscheide. Andererseits sind die Antragsgegnerin bzw. die Beigeladenen unmittelbar nach Wirksamwerden des Bebauungsplans Nr. 12 zu dessen Realisierung geschritten. Baubeginn war am 11.09.2006, am 06.07.2007 Richtfest. Der Verlust schutzwürdiger Flächen durch Realisierung des angegriffenen Bebauungsplans kann nicht dazu führen, dass im Rahmen des objektiven Beanstandungsverfahrens nun von einer rechtmäßigen Planung auszugehen ist.

116

II. Im übrigen liegt ein weiterer Mangel des Bebauungsplans Nr. 12 darin, dass die Antragsgegnerin nicht von der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung absehen durfte.

117

1. Die Gemeinde hat vor Erlass eines Bebauungsplanes grundsätzlich dessen Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines möglicherweise betroffenen FFH-Gebiets zu überprüfen. § 34 BNatSchG a.F. setzt Art. 6 Abs. 3 und Abs. 4 FFH-RL national in eine Verträglichkeitsprüfung um; hierauf verweist § 1a Abs. 4 BauGB. Nach Art. 6 Abs. 3 S. 1 FFH-RL sind Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des FFH-Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür notwendig sind, einer Prüfung auf ihre Verträglichkeit mit den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu unterziehen, wenn sie das FFH-Gebiet einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten "erheblich beeinträchtigen" könnten.

118

Es muss zwischen der FFH-Vorprüfung und der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung unterschieden werden. Daher können entgegen der Ansicht des Antragstellers die rechtlichen Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.01.2007 (- 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1)an die FFH-Verträglichkeitsprüfung stellt (a.a.O. Rn. 61 f. - "Beste einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse"), auf die FFH-Vorprüfung nicht ohne weiteres übertragen werden. Damit würden die rechtlichen Anforderungen, die das Europäische Gemeinschaftsrecht nach dem Urteil vom 17.01.2007 an die Prüfschwelle stellt, die für eine Vorprüfung (sog. Screening) maßgeblich sind, verkannt. Sind erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes schon nach einer Vorprüfung "offensichtlich" ausgeschlossen, erübrigt sich nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL eine Verträglichkeitsprüfung. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob "nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen" besteht. Ist das der Fall, kann dieser Verdacht nur durch eine - die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse verwertende - schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden (vgl. BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46/07 - NVwZ 2008, 210). Unter Berücksichtigung insbesondere des Vorsorgegrundsatzes liegt eine solche Gefahr dann vor, wenn anhand objektiver Informationen nicht ausgeschlossen werden kann, dass der betreffende Plan oder das betreffende Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt (Ziff. 1.2.1.des Auslegungsleitfadens zu Artikel 6 Absatz4 der 'Habitat-Richtlinie' 92/43/EW der Europäischen Kommission). Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL reicht für das vorab zu prüfende Erfordernis einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aus, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr besteht, dass sie das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigen. Der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit ist dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Vorhaben das fragliche Gebiet in dieser Weise beeinträchtigt (vgl. EuGH, U. v. 07.09.2004 - C-127/02 - [sog. Muschelfischer-Urteil], NuR 2004, 788; vom 20.10.2005 - C-6/04 - und vom 10.01.2006 - C-98/03 -, NVwZ 2006, 319).

119

Nur bei einem offensichtlichen Ausschluss derartiger Beeinträchtigungen durch eine Vorprüfung wird die FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich (BVerwG, U. v. 17.01.2007 - BVerwGE 128, 1 = NVwZ 2007, 1054). In dieser Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht unter dem Stichpunkt "Theoretische Besorgnisse, Nullrisiko" unter der Gliederungsnummer - Glnr. - 1.9 aus: "Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip verlangt danach nicht, die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf ein "Nullrisiko" auszurichten. Dies wäre im Gegenteil schon deswegen unzulässig, weil dafür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte (...). Schon bei der Vorprüfung, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung geboten ist, müssen zumindest "vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen" (...). Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist somit nur erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht "offensichtlich ausgeschlossen werden können (so Nr. 2.2.1 der Empfehlungen der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung zu "Anforderungen an die Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Natura 2000-Gebiete gemäß § 34 BNatSchG im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung" = LANA -Empfehlungen)". Eine solche Beeinträchtigung muss allerdings nur eintreten können, so dass - im Sinne des Vorsorgeprinzips (Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV) - auch eine Gefahr oder ein Risiko ausreichend für die Auslösung der Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ist, so dass die Beeinträchtigung gerade nicht bereits sicher erwiesen sein muss.

120

2. Zugleich stellt das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung klar, dass Pläne oder Projekte im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL das Gebiet erheblich beeinträchtigen können, wenn sie drohen, die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden. Grundsätzlich ist somit jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich und muss als Beeinträchtigung des Gebiets als solches gewertet werden. Als geeignetes Bewertungskriterium für die Prüfung, ob ein Plan oder ein Projekt nach dem so konkretisierten Prüfungsmaßstab zu "erheblichen Beeinträchtigungen" führen kann, ist mit Blick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets auf den günstigen Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten abzustellen (BVerwG, U. v. 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.3). Es ist also zu fragen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird, wobei die Ökosystemforschung unter Stabilität die Fähigkeit versteht, nach einer Störung wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Gemäß den Legaldefinitionen in Art. 1 lit e) und i) FFH-RL geht es beim günstigen Erhaltungszustand einer vom Erhaltungsziel des FFH-Gebietes umfassten Tier- oder Pflanzenart um deren Verbreitungsgebiet und die Populationsgröße; in beiden Bereichen soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden (BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.4).

121

Dies wiederum setzt voraus, dass hieran aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel besteht. Hierfür ist der Planungsträger beweispflichtig. Der ihm obliegende Gegenbeweis ist in der Regel nur dann geführt, wenn eine relevante Beeinträchtigung ausscheidet. Befindet sich das FFH-Gebiet gegenwärtig ganz oder teilweise in einem ungünstigen Erhaltungszustand, ist es grundsätzlich für jegliche Zusatzbelastung gesperrt (vgl. dazu BVerwG, U. v. 17.1.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 ff.; EuGH, U. v. 10.1.2006 - C 98/03 - DVBl. 2006, 429 ff.; OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - DVBl. 2009, 1385; nachfolgend BVerwG, B. v. 16.03.2010 - 4 BN 66/09 - zit. nach juris).

122

Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II der FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist jedoch nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite unterliegt. So kann eine Vorbelastung bereits zu Vorschädigungen führen, die einen verschlechterten Erhaltungszustand zur Folge haben. Sie kann aber auch Auswirkungen nach sich ziehen, die von dem Lebensraum oder der Art noch ungeschädigt verkraftet werden, die jedoch deren Fähigkeit, Zusatzbelastungen zu tolerieren, einschränken oder ausschließen. Daher ist die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar. Dementsprechend ist der Einwand, bereits die Vorbelastung bewege sich in einem kritischen Bereich, beachtlich, weil ein aufgrund der Vorbelastung aktuell ungünstiger Erhaltungszustand keine zusätzliche Beeinträchtigung rechtfertigt (BVerwG, U. v. 10.11.2009 - 9 B 28/09 - NVwZ 2010, 319).

123

Solange ein FFH-Gebiet - wie hier - noch nicht unter Festlegung des Schutzzwecks zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt worden ist, sind die Erhaltungsziele durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen zu ermitteln, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (vgl. BVerwG, U. v. 12.3.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 <326> [Rn. 72]; U. v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - NVwZ 2007, 1054 <1062> [Rn. 75] unter Bezugnahme auf EuGH vom 14.9.2006 - NVwZ 2007, S. 61 <63> [Rn. 39, 45 und 51]). Maßgebliche - den Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung bildende - Gebietsbestandteile sind hiernach in der Regel die Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der "darin vorkommenden charakteristischen Arten" (vgl. Art. 1 Buchst. e FFH-RL) sowie die Arten des Anhangs II der Richtlinie, die für die Gebietsauswahl bestimmend waren. Lebensraumtypen und Arten, die im Standard-Datenbogen nicht genannt sind, können dagegen kein Erhaltungsziel des Gebiets darstellen (vgl. BVerwG, U. v. 17.1.2007 a.a.O. RdNr. 77). Ob dabei eine erhebliche Beeinträchtigung in Betracht kommt, ist in einer Vorprüfung zu ermitteln (vgl. Storost, DVBl 2009, 673/674).

124

Ob bei Flächeninanspruchnahme eine Bagatellgrenze angenommen werden kann, richtet sich danach, ob Anlage I oder II der FFH-RL betroffen ist: Bei dem Verlust von Lebensraumtyp-Flächen nach Anlage I ist im Regelfall jeder Flächenverlust erheblich. Bei einem Verlust von Habitatflächen geschützter Arten nach Anlage II ist danach zu fragen, ob eine Population nach einer Störung dazu in der Lage ist, wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren (vgl. Art. 1 Buchst. i FFH-RL). Ist dies der Fall, sei es, dass die Population für ihren dauerhaften Bestand in der bisherigen Qualität und Quantität auf die verlorenen Flächen nicht angewiesen ist, sei es, dass sie auf andere Flächen ohne Qualitäts- und Quantitätseinbuße ausweichen kann, so bleibt ein günstiger Erhaltungszustand erhalten und ist demgemäß eine erhebliche Beeinträchtigung zu verneinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 30/6 - Rn. 132, v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - Rn.43).

125

3. Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht durch Berücksichtigung geplanter bzw. behördlich angeordneter Schutz- und Kompensationsmaßnahmen von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen.

126

Das BVerwG hat in der Entscheidung vom 17.01.2007 zur FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgeführt: "Wenn durch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten stabil bleibt, bewegen sich die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle. Das Schutzkonzept erlaubt dann die Zulassung des Vorhabens. Es macht aus der Sicht des Habitatschutzes nämlich keinen Unterschied, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst dadurch erlangen, dass Schutzvorkehrungen angeordnet und getroffen werden." (vgl. OVG Koblenz. U. v. 10.03.2009 - 8 C 10435/08 - NuR 2009, 636). In der FFH-Vorprüfung haben indes i.d.R. Kompensationsmaßnahmen bei der Beurteilung der Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eintreten können, außer Betracht zu bleiben (ebenso Fischer-Hüftle u.a., Bundesnaturschutzgesetz, Komm. § 34 Rn. 16; Gellermann NuR 2009, 8, 10; a.A. VGH Kassel, U. v. 05.07.2007 - 4 N 867/06 - NuR 2008, 258, dazu BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46.07 - NuR 2008, 115; Mitschang in Berliner Komm. zum BauGB (Stand April 2010) § 1a Rn. 521). Hierfür spricht, dass für Vermeidungsmaßnahmen, die bei der Prüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL relevant sind, der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit erbracht sein muss. Nur durch diesen Nachweis lässt sich die notwendige Gewissheit über die Verträglichkeit eines Plans oder Projekts gewinnen (vgl. BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - Rn. 54 ff.; Thyssen NuR 2010, 9, 15). Diese Beurteilung ist aber der summarischen Prüfung im Rahmen der FFH-Vorprüfung fremd. Das gebotene Offensichtlichkeitsurteil kann in diesem Fall nicht getroffen werden.

127

4. Die Untersuchungen setzten durchgehend kompensatorische Maßnahmen voraus, um die Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets zu verneinen.

128

Nach dem Protokollvermerk vom 26.06.2006 sind hinsichtlich der 3 aktuellen Brutnachweise für die Sperbergrasmücke Ersatzpflanzungen von Dornensträuchern vorgesehen. Für Gänse- und Mittelsäger sollen mindestens je 15 künstliche Ersatznisthilfen geschaffen werden, deren Standorte in Abstimmung mit den Fachbehörden zu wählen sind. Für den Sandregenpfeifer ist als "Ersatzmaßnahme" die Zugänglichkeit des bislang als Bade- und Hundestrand genutzten Abschnitts an der Westseite der Tarnewitzer Halbinsel dauerhaft zu sperren. Gleiches gilt für etliche Fledermausarten. Hier wird im Umweltbericht zum Bebauungsplan (S. 10) davon ausgegangen, dass für den potenziellen Verlust von Wochenstuben und Sommerquartieren Ersatzquartiere zu schaffen seien. Dazu seien an den Flugrouten der Jagdgebiete Kunstquartiere als Holzkästen und Holzbetonkästen eines Spezialherstellers anzubringen. Dementsprechend bestimmt der Bebauungsplan in Nr. 4 Abs. 10 und 11 der textlichen Festsetzungen, dass 15 Kästen für Fledermäuse und je mindestens 15 Nisthöhlen für Mittel- und Gänsesäger zu schaffen sind.

129

5. Die FFH-Vorprüfung stößt schließlich auch auf methodische Bedenken.

130

Die Vorprüfung ist schichtweise durchgeführt worden. Für den Bebauungsplan Nr. 12 wurde im Mai 1999 eine FFH-Verträglichkeitsstudie für den gesamten Bereich des Vorhabens (Bebauungspläne Nr. 12, 13, 14) erstellt. Sie wurde im Oktober 2002 hinsichtlich der betriebsbedingten Störungen durch touristische Aktivitäten im Bereich des Bebauungsplans Nr. 13 ergänzt. Die FFH-Studie 1999 wurde im September 2003 hinsichtlich des Bebauungsplans Nr. 12 ergänzt sowie nochmals im Oktober 2005 als Anhang zum Umweltbericht des Bebauungsplans Nr.12. Ein Protokollvermerk vom 26.06.2006 gibt wieder, dass die Vorprüfung als abgeschlossen anzusehen sei und fasst das Prüfergebnis zu 5 Tierarten zusammen. Der Aufbau der Studien ist so zu verstehen, dass die früheren Ergebnisse Bestand haben sollen, soweit sie nicht durch die nachfolgenden Studien modifiziert werden. Zwar dürfte ein solches Verfahren nicht grundsätzlich auf Bedenken stoßen. Voraussetzung muss aber sein, dass das Ergebnis insgesamt nachvollziehbar ist. Eine zusammenfassende, in sich konsistente Darstellung fehlt. Dies betrifft zum einen die Rückverweise auf frühere Studien, deren Ergebnisse teilweise modifiziert werden. Zum anderen betrifft dies den Umstand, dass die Untersuchungen sich auch auf die angrenzenden Bebauungspläne beziehen. Das gilt schließlich auch wegen des Umstandes, dass sich wesentliche Erwägungen im Umweltbericht und nicht im Abschnitt über die FFH-Vorprüfung befinden. Die Begründung des Bebauungsplans misst dem Protokoll vom 26.06.2006 wesentliche Bedeutung zu, ohne dass dies deutlich macht, ob es ein abgestimmtes Papier darstellt. Zudem handelt es sich lediglich um ein Ergebnisprotokoll, das nachvollziehbare Begründungen nicht enthält.

131

6. Der Umstand, dass die FFH-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt worden ist und daher zu Unrecht von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen worden ist, stellt einen beachtlichen Verfahrensfehler dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die FFH-Verträglichkeitsprüfung als eigenständiges Verfahren oder im Zusammenhang mit der Umweltprüfung durchgeführt worden ist (vgl. Mitschang, a.a.O., Rn. 529).

132

III. Der Bebauungsplan leidet zudem an einem erheblichen Abwägungsmangel.

133

1. Nach § 1 Abs. 6 BauGB a. F. sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot wird verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, U. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66, E 34, 301; U. v. 14.02.1975 - 4 C 21.74, E 48, 56). Innerhalb des vorstehend beschriebenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde bei einer Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendiger Weise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Innerhalb jenes Rahmens ist nämlich das Vorziehen oder Zurücksetzen bestimmter Belange überhaupt kein nachvollziehbarer Vorgang der Abwägung, sondern eine geradezu elementare planerische Entscheidung, die zum Ausdruck bringt, wie und in welche Richtung sich eine Gemeinde städtebaulich geordnet fortentwickeln will. Damit ist notwendig der Planungskontrolle der Verwaltungsgerichte eine Grenze gezogen (BVerwG, U. v. 12.12.1969, a.a.O.).

134

2. Der Bebauungsplan Nr. 12 leidet schon deshalb an einem Abwägungsdefizit, weil er auf einer FFH-Vorprüfung beruht, die den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Es lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Verwirklichung der Bauleitplanung keine nachteiligen Auswirkungen auf die gemeldeten FFH- und SPA-Gebiete hat (vgl. OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - Rn. 228).

135

3. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin die allgemeinen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Bodenschutzes nicht hinreichend berücksichtigt. Diese Belange waren bei der Abwägung nach Maßgabe der besonderen Anforderungen zu beachten, die sich aus § 1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F. ergeben.

136

Den Verwaltungsvorgängen ist nicht zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin eine derartige Abwägung vorgenommen hat. Die Begründung des Bebauungsplans beschränkt sich unter Ziff. 4.1 auf eine kurze Zusammenfassung des städtebaulichen Konzepts und unter Ziff. 5 auf die Begründung der Festsetzungen. Eine Abwägung mit den Belangen, die für die Durchführung dieses Vorhabens - auch in der hier ermöglichten Dimension im Zusammenhang mit dem Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 - und den entgegenstehenden Belangen, namentlich denen nach §1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F., findet nicht statt. Eine solche Abwägung kann auch nicht dem Abwägungsbeschluss entnommen werden, in dem über die Einwendungen und Anregungen befunden wird. Die Antragsgegnerin ist offenbar davon ausgegangen, dass die Auswirkungen der Überplanung eines ökologisch und naturschutzfachlich wertvollen Bereichs in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet worden seien und sie damit nicht mehr als abwägungserhebliche Belange im eigentlichen Abwägungsvorgang zu berücksichtigen seien. So wird unter Ziff. 3 hinsichtlich der Einwendungen des Vogelschutzkomitees e. V. ausgeführt: "Die Verträglichkeit mit den Schutzzielen ist unter der Maßgabe, dass die durch Satzungs- oder Vertragsrecht gesicherten Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und -minderung eingehalten werden, gewährleistet. ... Der durch den Bebauungsplan Nr. 12 induzierte Lebensraumverlust ist im Grünordnungsplan dargestellt und hinsichtlich der Eingriffsregelung genügend abgearbeitet." Auch den Ausführungen zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - unter Ziff. 25.4 sind Abwägungselemente nicht zu entnehmen. In der Stellungnahme zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - SG Bauordnung und Bauleitplanung - Ziff. 25.14 heißt es auch nur: "Mit der vorgelegten Planung wird der Tourismus in besonderem Maße entwickelt. Touristische Angebote werden bedarfsgerecht und vielfältig unterbreitet mit dem Ziel, die Aufenthaltsdauer der Gäste zu verlängern und eine möglichst ganzjährige Auslastung zu erreichen. Die Gemeinde ist der Meinung, dass die Planung unter Berücksichtigung der aufgeführten Änderungen den vorgenannten Zielen gerecht wird. Da es sich hier um ein naturräumlich sensibles Gebiet handelt, sind insbesondere naturschutzrechtliche Belange aufzunehmen und zu berücksichtigen. In allen Konfliktpunkten ist im Rahmen des Planverfahrens Übereinstimmung zu erzielen. Die Umweltverträglichkeit der Planung wird belegt. Zu den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes wird auf die Auswertung der Stellungnahmen des Staatlichen Amtes für Natur und Umwelt sowie der Unteren Naturschutzbehörde verwiesen".

137

Diesen Ausführungen kann keine konkrete Abwägung der einander gegenüberstehenden Belange insbesondere hinsichtlich der Ausgestaltung im Einzelnen, etwa der hier angesprochenen intensiven Bebauung unmittelbar an der Wasserfläche, entnommen werden.

138

4. Die Abwägungsfehler sind beachtlich, denn sie sind offensichtlich und von Einfluss auf das Ergebnis (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Offensichtlichkeit der Mängel folgt daraus, dass sie sich aus den Planvorgängen ergeben.

139

Die Ergebnisrelevanz der Abwägungsfehler liegt auf der Hand. Ein Abwägungsmangel hat im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB Einfluss auf das Abwägungsergebnis, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre; eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planungsunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (vgl. BVerwG, U. v. 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33, 39; U. v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -, UPR 2009, 59, 61). Danach waren die Planungsfehler ergebnisrelevant.

140

Eine Berücksichtigung der Störungen, die von der Gesamtanlage, die durch den Bebauungsplan Nr.12 ermöglicht werden soll, sowie der von dem Bebauungsplan ausgelösten Konflikte hätte zu einer Modifizierung des Plankonzeptes führen können. Es besteht jedenfalls die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel im Planungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre. So hätte eine Verkleinerung des Vorhabens oder der Verzicht auf den öffentlichen Strand erwogen werden können.

141

IV. Auf die weiteren, von dem Antragsteller angeführten Gesichtspunkte, die in der mündlichen Verhandlung am 22.08.2008 ausführlich erörtert worden sind, kommt es nach alledem nicht an.

142

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

143

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 707 ff. ZPO.

144

Die Revision ist nicht zuzulassen.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

Tenor

Der Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn der Antragsteller nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer der Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. Er wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin. Das Flurstück ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz ragt zu einer Fläche von 0,7 ha mit einem schmalen Streifen in das Plangebiet hinein.

2

Im Bereich des Bebauungsplans Nr. 12 wurde auf Grund des Kabinettsbeschlusses vom Dezember 1992 das Vogelschutzgebiet (SPA-Gebiet) "Küstenlandschaft Wismarbucht" (DE 2034-401) gemeldet. Die SPA-Grenze wurde durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 für das SPA "Wismarbucht und Salzhaff" (SPA 47) vergrößert und umfasste nun wesentliche Teile des Bebauungsplangebiets. Durch Kabinettsbeschluss vom 25.07.2007 wurde das Gebiet (DE 1943-401) verkleinert und betrifft nun einen geringen Teil des Plangebiets. Der Kabinettsbeschluss vom 25.05.2004 legte die Gebietsgrenze der Meldung des FFH-Gebiets "Wismarbucht" (DE 1943-302) fest.

3

Das Plangebiet befindet sich auf der Halbinsel Tarnewitz östlich vom Ortszentrum Boltenhagen sowie nord-östlich des Ortsteils Tarnewitz. Der Bebauungsplan ist Teil der Planung eines Marina Ferienparks. Westlich vom Plangebiet grenzt der Bebauungsplan Nr. 14 (Bootswerft mit Winterlager), der infrastrukturelle Einrichtungen der Marina beinhaltet, südlich der Bebauungsplan Nr. 13 (Sportboothafen) an, im Übrigen reicht das Plangebiet im Osten bis an die Ostsee heran. Für die Zufahrtsstraßen bestehen die Bebauungspläne Nr. 19 und 156 der Stadt Klütz.

4

Durch Landesverordnung vom 21.10.1993 wurde der Landschaftsteil "Tarnewitzer Huk" einstweilig als geplantes Naturschutzgebiet gesichert (GVOBl. M-V 1993 S. 899). Das Gebiet umfasst Teile einer aufgeschütteten Spülfläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek und den westlich daran anschließenden Strandabschnitt. Die Geltungsdauer wurde auf zwei Jahre bestimmt. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Nach § 3 Abs. 1 der Sicherungsverordnung dient diese dem Schutz des Küstensaumes als Lebensraum für zahlreiche zum Teil in ihrem Bestand gefährdete Vorgelarten und dem Erhalt der Sicherung der Wohlenberger Wiek als europaweit bedeutendes Vogelschutzgebiet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Gemäß § 3 Abs. 1 dieser Sicherungsverordnung ist die Erhaltung einer strukturreichen Landschaft mit Söllen, Hecken, Waldparzellen und Wasserläufen Schutzzweck der künftigen Landschaftsschutzverordnung. Die beiden Landschaftsschutzgebietsräume sind im regionalen Raumordnungsprogramm Westmecklenburg als "Vorsorgeraum Naturschutz und Landschaftspflege" dargestellt. Zu endgültigen Unterschutzstellungen durch naturschutzrechtliche Verordnungen ist es bis 2006 nicht gekommen.

5

Bereits seit Anfang der 90iger Jahre plante die Antragsgegnerin, die am östlichen Ortsrand gelegene Halbinsel der Tarnewitzer Huk, die im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stand und ein ehemaliges Militärgelände darstellte, für die Errichtung einer Marina und eines Ferienparks zu überplanen.

6

Die Firma A. GmbH erstellte im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie "Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz". Die Studie diskutiert zwei Varianten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass auch die deutlich günstigere Variante 2 mit erheblichen Eingriffen in den Naturhaushalt verbunden sein werde.

7

Für das Projekt erstellte das Büro B. im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie. Die A. GmbH fertigte im Oktober 1995 hierzu einen Nachtrag und im Juli 1996 eine ornithologische Sonderuntersuchung.

8

Das Ministerium für Bau-, Landesentwicklung und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern gab am 05.11.1996 eine landesplanerische Beurteilung des Vorhabens ab. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass nach dem langen und umfangreichen Abstimmungsprozess mit allen betroffenen Belangen und der daraufhin erfolgten erheblichen Veränderung der ursprünglichen Planungsabsichten das Vorhaben den Zielen der Raumordnung und Landesplanung entspreche. Wenn auf der Grundlage der durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchung vermeidbare Beeinträchtigungen unterlassen und unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert würden, seien unvertretbare Belastungen des Naturhaushaltes nicht zu befürchten.

9

Am 15.05.1997 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 12. Planziel ist danach der Bau einer Ferienanlage, die ein Hotel, touristische Infrastruktureinrichtungen wie zum Beispiel Tennis-, Squash- und weitere Freizeitsportanlagen, sowie Appartementhäuser mit erdgeschossig hafentypischen Gewerbe- und Handelseinrichtungen, darüber hinaus eine Schwimmhalle umfasst.

10

Die Beigeladene zu 1 erwarb durch Kaufvertrag vom 05.06.1998 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Flurstücke ..., ... und ... der Flur ... sowie ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In diesem Kaufvertrag verpflichtete sich die Beigeladene zu 1, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben für Personen, die von ihr benannt werden, auf Verlangen Geh- und Fahrrechte sowie Leitungsrechte auf dem Kaufgrundstück unentgeltlich einzuräumen.

11

Im Februar 1999 erstellt die C. GmbH einen "Fachbeitrag zur Beurteilung von Auswirkungen des Projekts gemäß § 19c BNatSchG" - "Zufahrtstraße Boltenhagen". Dem Gutachten angefügt ist eine "avifaunistische Erhebung" von November 1998. Das Gutachten bezieht sich auf die Auswirkung des SPA-Gebiets "Küstenlandschaft Wismarer Bucht".

12

Die Firma C. erstellte im Mai 1999 eine "FFH-Verträglichkeitsstudie". Sie befasst sich mit den Auswirkungen auf das SPA-Gebiet "Küstenlandschaft Wismarbucht". Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Projekt an sich die Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigen kann. Wenn hinsichtlich des Teilprojekts "Bau der Ferienanlage, des Hotels und des Jachthafens" im einzelnen genannte eingriffsmindernde Maßnahmen durchgeführt würden, könnten Beeinträchtigungen von Arten, für die das SPA-Gebiet ausgewiesen worden sei, vermieden werden.

13

Die Firma C. erstellte im Juli 2000 eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung - UVU - "Marina Boltenhagen - Tarnewitzer Huk". Gegenstand ist, als zweite Stufe der UVU festzustellen, ob die Planung mit den Erfordernissen nach der landesplanerischen Beurteilung von 05.11.1996 übereinstimmt und wie die Planungen untereinander abgestimmt und durchgeführt werden können. In der zusammenfassenden Bewertung werden im Einzelnen eingriffsmindernde und die Beeinträchtigung des SPA-Gebiets mindernde Maßnahmen vorgeschlagen.

14

Am 11.09.2003 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Entwurfs- und Auslegungsbeschluss des Bebauungsplans. Der Begründung ist ein Grünordnungsplan "Umweltbericht" sowie als Anlage 2 eine "ergänzende Bearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" der C. 1999" aus September 2003 beigefügt, außerdem eine Bestandskarte aus dem Jahre 1999. In Anlage 2 wird ausgeführt: Durch C. sei 1999 auf der Grundlage der raumordnerischen Beurteilung (Ordnungsziffern 12, 13 und 14) eine Prüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen für das SPA-Gebiet Wismarbucht für alle Teilprojekte des Vorhabens mit Ferienanlage, Hotelkomplex, Jachthafen, Hochwasserschutz und für die Zufahrtsstraße im Einzelnen und im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten erarbeitet worden. Diese Einschätzungen könnten für den Bebauungsplan Nr. 12 - mit Überarbeitungs- und Ergänzungsbedarf - übernommen werden. Die hier vorgenommene Ergänzung bilde eine auf den Bebauungsplan Nr. 12 bezogene Auswertung und Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999, da sich aufgrund der geringen Anzahl von Zielarten eine Überarbeitung der Definition von Schutzzweck und Erhaltungsziel für das SPA Küstenlandschaft Wismarbucht ergeben habe und für den Bebauungsplan Nr. 12 in einzelnen Bereichen geänderte Flächenzuweisungen vorgenommen worden seien. Für die Beurteilung würden folgende Planwerke herangezogen:

15

- Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995 neu)

16

- Ornithologisches Sondergutachten zum geplanten Projekt "Marina und Ferienpark Boltenhagen" (A., 1996)

17

- Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995)

18

- Umweltverträglichkeitsuntersuchung UVU Zufahrtsstraße Boltenhagen (C. 1999)

19

- Umweltverträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen (C. 1999)

20

- FFH-Verträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999)

21

- Ergänzungsbearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie (C. 2002).

22

Die Ergänzung kommt zu folgendem Ergebnis: Die Überbauung von geeigneten Brut- und Nahrungshabitaten der Sperbergrasmücke sei in Anbetracht der Größe des betroffenen Gebiets mit direktem Biotopsverlust und den genügend vorhandenen Ausweichmöglichkeiten nicht mit einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungsziels verbunden, vorausgesetzt, dass die angrenzenden Ausweichlebensräume von Störungen freigehalten werden könnten. So seien nördlich an das Plangebiet angrenzende Flächen wirksam gegen Beunruhigung abzuschirmen, ebenso die für die Sperbergrasmücke interessanten küstenbegleitenden Gebüschstrukturen südlich des Tarnewitzer Bachs. Desweiteren sollten alle im Plangebiet vorkommenden und nicht direkt überbauten Gebüschflächen erhalten und in neue Anpflanzungsflächen integriert und durch Neuanpflanzungen mit dornenreichen Gehölzflächen ergänzt werden.

23

Weitere erhebliche Beeinträchtigungen des SPA-Gebiets könnten verhindert werden, wenn folgende Vorgaben beachtet würden:

24

- Die Bauzeiten seien auf den Zeitraum von Mitte April bis September zu beschränken.

25

- Südlich des Auslaufes des Tarnewitzer Bachs sei eine Absperrung vorzusehen, die das Betreten des südlich angrenzenden Strandabschnitts bis Wohlenberg unterbinde.

26

- Ebenso seien entlang der Planstraße A und B Absperrungen vorzusehen, die das Betreten der hochwertig angrenzenden Gebüschzonen und des Naturschutzgebietes wirksam unterbinden könnten. Im westlichen Abschnitt seien Durchlässe zu belassen, um den Wildwechsel in Nord-Süd-Richtung nicht zu unterbinden.

27

- Die gesamte Außenbeleuchtung der Verkehrsfläche und an den Gebäuden habe unter Beachtung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse so zu erfolgen, dass eine möglichst geringe Störung auf nachtaktive Insekten und weitere nachtaktive Wasservögel eintrete. Auch die seeseitig ausgerichteten Gebäudeseiten seien mit möglichst gering reflektierenden Glasscheiben auszustatten. Der Fahrzeugverkehr mit zusätzlichen Lichteinwirkungen sei im Einwirkungsbereich des Hafens zu begrenzen.

28

Zur Prüfung der Verträglichkeit im Zusammenhang mit anderen Plänen und Projekten könne auf die entsprechenden Aussagen in Kapitel 2.5 der FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999) sowie auf Kapitel V der Ergänzungsbearbeitung (C. 2002) verwiesen werden.

29

Am 17.11.2003 zeigte die Antragsgegnerin das Planvorhaben gemäß § 17 Landesplanungsgesetz dem Landkreis an.

30

Auf die Auslegung des Bebauungsplans bis zum 17.11.2003 gingen keine Einwendungen Privater ein. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur Schwerin wies in seiner Stellungnahme vom 17.11.2003 darauf hin, dass die übermittelten Unterlagen nicht geeignet seien, eine mögliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des vorgeschlagenen FFH-Gebiets abschließend zu beurteilen. In einer weiteren Stellungnahme vom 02.12.2003 wird ausgeführt, dass in dem Umweltbericht nicht sämtliche zu erwartenden erheblichen nachteiligen Auswirkungen beschrieben worden seien. Insbesondere fehle eine Beschreibung der Umweltauswirkungen auf das Küstenwasser, die sich in Folge der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen und möglicher Freizeitnutzungen ergäben. Die Grenze des SPA "Küstenlandschaft Wismarer Bucht" sei fehlerhaft dargestellt. Im Bereich der "Tarnewitzer Huk" würde die Uferlinie die Grenze des SPA werden. Auch seien die Eingriffe in das Küstengewässer im Grünordnungsplan nicht berücksichtigt worden. Schließlich sei nicht berücksichtigt, dass der Bebauungsplan teilweise unmittelbar an das zur Nachmeldung von FFH-Gebieten vorgesehene Gebiet "Wismarer Bucht" angrenze. Der Landkreis Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - machte in seiner Stellungnahme vom 11.12.2003 geltend: Der Entwurf lege nicht dar, wie die in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung geforderte Sperrung der Strandabschnitte südlich des Tarnewitzer Bachs realisiert werden solle. Auch fänden sich keinerlei Aussagen hinsichtlich möglicher Auswirkungen des Vorhabens in Hinblick auf eine Beeinträchtigung der Schutz- und Erhaltungsziele des FFH-Meldegebietes N 080 "Wismarer Bucht". Für den landseitigen Planbereich könne allerdings davon ausgegangen werden, dass bei Absicherung der Nichtzugänglichkeit des FFH-Gebiets (unter anderem durch eine feste Einzäunung) nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung der im Gebiet vorkommenden Lebensraumtypen sowie der Schutz und Erhaltungsziele ausgegangen werden könne. Erhebliche Bedenken bestünden auch gegen die Abarbeitung der Eingriffsregelung. Die im Grünordnungsplan enthaltene Eingriffsbewertung weise etliche Defizite auf.

31

Am 07.05.2004 schloss der Antragsteller mit der Bundesrepublik Deutschland (Finanzverwaltung) den Kaufvertrag über die Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In § 1 Abs. 4 heißt es:

32

"Bei dem Grundstück handelt es sich um kampfmittelbelastete Teilflächen eines ehemals militärisch genutzten Flugplatzgeländes. .... Eine ca. 68 ha große Teilfläche des Kaufgegenstandes, vorwiegend auf dem Flurstück ... wurde 1993 als geplantes Naturschutzgebiet "Tarnewitzer Huk" einstweilig sichergestellt."

33

Am 15.07.2005 wurde eine freiwillige Vereinbarung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" unterzeichnet, der weitere Beteiligte, unter anderem die Antragsgegnerin, das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, die Beigeladene zu 1 und die Projektgruppe Wismarbucht am 16.02.2006 beitraten. Ziel der Vereinbarung ist es, die Wismarbucht als Teil des Netzes "Natura 2000" hinsichtlich der Anforderungen des Vogelschutzes in einem guten Zustand zu erhalten. Für den sensiblen Bereich werden Nutzungsregelungen räumlicher und zeitlicher Art getroffen.

34

Am 29.09.2005 fand zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros eine Besprechung zu Fragen des Umweltschutzes hinsichtlich der Planungen der Antragsgegnerin statt.

35

Am 01.12.2005 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den geänderten Entwurf erneut auszulegen. Die Träger öffentlicher Belange nahmen wie folgt Stellung:

36

Das Amt für Raumordnung und Landesplanung Westmecklenburg teilte mit, die Vereinbarkeit des Bebauungsplans mit den Erfordernissen der Raumordnung und der Landesplanung könne bewirkt werden, wenn mehrere Maßgaben erfüllt würden. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur führte unter dem 20.01.2006 aus: Mit dem Bebauungsplan Nr. 12 würden keine festgesetzten oder einstweilig sichergestellten Naturschutzgebiete sowie keine durch das Land Mecklenburg-Vorpommern geförderten Flächen und Maßnahmen des Naturschutzes überplant. Erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzzwecks und der Erhaltungsziele der nicht zum Gebiet der Antragsgegnerin gehörenden Bereiche des FFH-Gebiets "Wismarbucht" und des Europäischen Vogelschutzgebietes "Küstenlandschaft Wismarbucht" seien nach derzeitigem Kenntnisstand nicht unmittelbar erkennbar. Entsprechend dem Protokoll vom 29.09.2005 über die oben genannte Besprechung zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros seien sämtliche Vogelschutzbelange geklärt und eine Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen und dem Schutzzweck sei zu erreichen. Dazu sei allerdings unter anderem erforderlich, dass die freiwillige Vereinbarung über Befahrensregelungen für den Bootsverkehr etc. in der Wismarbucht von allen maßgeblichen Beteiligten, so auch vom Projektträger mitgetragen und unterschrieben werden müsse, um deren Umsetzung und Einhaltung sicherzustellen. Das gelte insbesondere für störungsintensive Freizeitnutzungen. Nach dem genannten Protokoll seien durch dauerhafte Maßnahmen (Bau eines dauerhaften Zaunes) Störungen und Beeinträchtigungen des angrenzenden Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" sowie der sich nördlich und südlich des Satzungsbereichs angrenzenden FFH-Lebensraumtypen innerhalb des FFH-Gebiets auszuschließen. Der Zaun entlang der nördliche Satzungsgrenze im Bereich des Strandes sei dergestalt zu errichten, dass eine Nutzung des Strandes außerhalb der Satzungsgrenze des Bebauungsplans wirksam ausgeschlossen werde. Desweiteren sei eine aktive Aufklärungsarbeit über Inhalt und Ziele der angrenzenden Schutzgebiete erforderlich, um ungewollte Störungen, z. B. durch Anlanden von Surfern im Uferbereich des Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" zu vermeiden. In ähnlicher Weise äußerte sich der Landkreis Nordwestmecklenburg unter dem 25.01.2006. Auch er bezog sich auf die Erörterung am 29.09.2005. Die Umsetzung der freiwilligen Vereinbarung der Befahrensregelung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" vom 15.07.2005 sowie die Einhaltung der Maßgabe Nr. 7 der landesplanerischen Beurteilung vom 05.11.1996 seien Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der Umsetzung des Bebauungsplanes Nr. 13 wie Nr. 12 mit den Erhaltszielen und dem Schutzzweck des SPA "Küstenlandschaft Wismarbucht". Die im nordöstlichen Plangebiet des Bebauungsplans dargestellte Küstendüne sei ein gesetzlich geschütztes Biotop. Die beabsichtigte Ausweisung als Badestrand sei daher unzulässig. Im Grünordnungsplan würden Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es seien jedoch keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust der Fledermausquartiere enthalten. In den Pappelbeständen am Hafen Tarnewitz gebe es Vorkommen des breitblättrigen Sitters, einer besonders geschützten Pflanzenart. Im Rahmen der Eingriffsbewertung entspreche die Einstufung etlicher Biotoptypen nicht dem "Hinweis zur Eingriffsregelung" des Landesamts für Umwelt und Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern.

37

Mit Schreiben vom 10.02.2006 erhob der Antragsteller Bedenken.

38

Am 22.03.2006 wurde der wiederum geänderte Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 12 erneut öffentlich ausgelegt. Die Änderungen wurden im Bereich des Sondergebiets Hotel und der anschließenden nördlichen Verkehrsfläche sowie in Teilen der textlichen Festsetzungen vorgenommen. Darüber hinaus wurde ein Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie beigefügt. Ersichtlich ist der Umweltbericht gegenüber der Fassung von Oktober 2005 in der nunmehrigen Fassung von März 2006 unverändert. Die "FFH-Vorprüfung" als Anlage 2 kommt nach wie vor zu dem Ergebnis, dass für die betroffenen terrestrischen oder marinen Lebensraumtypen bzw. die sonstigen terrestrischen Lebensräume der zum Schutzgebiet gehörenden Tarnewitzer Halbinsel keine erheblichen Beeinträchtigungen erkennbar seien. Für die meisten Anhang II-Arten seien entweder aufgrund des fehlenden Vorkommens dieser Arten im Einwirkungsbereich der Planung oder aufgrund des nichtrelevanten Wirkprozesses ebenfalls keine Beeinträchtigungen erkennbar. Für den Fischotter und die Kegelrobbe sowie den Seehund seien mit den im Rahmen der Bauleitplanung Nr. 12 getroffenen textlichen Festsetzungen zur Eingriffsvermeidung und Minderung, zum Ausgleich/Ersatz und der vor Satzungsbeschluss zu fassenden Vertragsvereinbarung sowie mit Einhaltung der Befahrensregelung erhebliche Beeinträchtigungen offensichtlich ausgeschlossen.

39

Am 11.04.2006 beschloss die Landesregierung, das SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" zu melden und legte die Ausdehnung fest.

40

Die Firma "D." fertigte einen Protokollvermerk einer Besprechung am 26.06.2006 im Umweltministerium zu den Auswirkungen der Meldung der Gebietskulisse des Europäischen Vogelschutzgebietes SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" vom 11.04.2006. Das Umweltministerium habe klargelegt, dass eine kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung ausscheide, sodass für den Bebauungsplan Nr. 12 eine Vorprüfung durchzuführen sei. Aufgrund der allein bei den Fachbehörden des Landes vorliegenden Daten und in Anbetracht möglicher Summationswerte anderer Projekte in der Wismarbucht sei diese Vorprüfung durch die Fachbehörden des Landes erfolgt mit dem Ergebnis, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Weitere Prüfungen seien nicht erforderlich. Hinsichtlich der Sperbergrasmücke, des Neuntöters, der Gänse- und Mittelsäger sowie des Sandregenpfeifers seien ergänzende Maßnahmen vorzusehen, sodass die jeweiligen Beeinträchtigungen nicht als erheblich anzusehen seien. Diese Maßnahmen würden sich aus dem Managementplan ergeben. Die rechtliche Sicherung erfolge im Plangebiet des Bebauungsplans durch bindende Festsetzungen, an anderer Stelle durch Vorlage eines städtebaulichen Vertrags zur Durchführung und Sicherstellung der Maßnahme jeweils vor Satzungsbeschluss.

41

Durch Beschluss vom 13.07.2006 befand die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin über die im Rahmen der öffentlichen Auslegung eingegangenen Anregungen.

42

Der Antragsteller hatte mit Schreiben vom 10.02.2006 vorgetragen: Die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, auf sein - des Antragstellers - Verlangen ein Geh- und Fahrrecht sowie Leitungsrechte in dem im Bebauungsplan Nr. 12 erfassten Gebiet einzuräumen. Sie verweigere nun diese Rechte. Im Bebauungsplan Nr. 12 seien zu seinen Gunsten keine bestehenden Rechte angelegt. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Hauptzufahrtstraßen öffentliche Straßen seien und somit für jedermann benutzbar. Der Antragsteller hatte weiter vorgetragen, die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, einen Sicherheitszaun in Abgrenzung zu seinem Grundstück zu errichten. Anders sehe er nicht gewährleistet, wie in dem Bebauungsplan die Absicherung des kampfmittelbelasteten Gebiets gewährleistet werden solle. Dieser Gesichtspunkt sei in der Abwägung überhaupt nicht berücksichtigt worden. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Errichtung des Sicherheitszaunes mit der Bauleitplanung festgesetzt werde (Teil B, Ziffer 4 (8)). Die Realisierung werde im Rahmen der Durchführung der gesamten Maßnahme vorgenommen.

43

Das Vogelschutzkomitee e.V., X. erhob mit Schreiben vom 10.02.2006 und 17.04.2006 Einwendungen. In der Abwägungsdokumentation führt die Antragsgegnerin hierzu aus: Für den Bebauungsplan Nr.13 sei eine Ergänzungsbearbeitung der FFH-Studie im Jahre 2002 erstellt worden. 2003 sei für das Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 12 eine hierauf bezogene Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999 vorgenommen worden. Das mit Kabinettsbeschluss von Mai 2004 gemeldete und mit der Entscheidung der Kommission am 07.12.2004 in die Liste der von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommenen FFH-Gebiete genannte FFH-Gebiet DE 1934-302 "Wismarbucht" sei bei der Darstellung der durch die Bauvorhaben induzierten möglichen erheblichen Beeinträchtigungen bislang nicht oder in Anbetracht der zwischenzeitlich vorliegenden Managementplanung ungenügend berücksichtigt, sodass der Prüfvorgang mit der erneuten Offenlage des Bebauungsplanes Nr. 12 überarbeitet werden musste. In Anlage 1 des Grünordnungsplans erfolge deshalb eine ergänzende Gesamtprüfung auf der Grundlage des aktuellen Datenmaterials (Managementplanung 2005). Einbezogen im Prüfvorgang seien ebenfalls die genehmigten, jedoch nicht rechtskräftigen Bebauungspläne Nr. 13 und 14. Lediglich für den Bebauungsplan Nr. 12 seien Nutzungsveränderungen gegenüber den bisherigen Planständen zu bewerten. Der Antragsgegnerin sei bekannt, dass ein ökologisch und naturschutzfachlich wertvoller Bereich überplant werde. Dies sei in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet. Die grundsätzlichen Bedenken zum Gesamtvorhaben würden zur Kenntnis genommen. Nach langwierigem Planprozess, in dem sorgsam zwischen den Belangen des Natur- und Umweltschutzes und den übrigen Belangen abgewogen worden sei, komme die Antragsgegnerin zum Ergebnis, mit der Aufstellung entsprechender Bebauungspläne die bauleitplanerischen Voraussetzungen zur Gesamtverwirklichung des Projekts zu schaffen.

44

Die Untere Naturschutzbehörde führte in ihren Stellungnahmen vom 25.01.2006 und vom 25.04.2006 aus: Es sei zu berücksichtigen, dass die im nordöstlichen Plangebiet dargestellte Küstendüne (Dünengebüsch, mesophiles Laubgebüsch) sowie die Vordüne/Weißdüne ein Biotop nach § 20 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz darstellten. Es sei eine Ausnahmegenehmigung hierfür erforderlich. In der Abwägungsdokumentation wird der Inhalt des Grünordnungsplans näher dargelegt und mitgeteilt, dass die Anregungen zur Küstenlinie zur Kenntnis genommen würden. In der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde wird weiter ausgeführt, im Grünordnungsplan seien Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es würden aber keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust von Fledermausquartieren im Rahmen der Umsetzung der Planung getroffen. Die Ersatzquartiere seien vor dem Verlust der tatsächlichen Fledermausquartiere zu schaffen. Hierzu wird durch die Antragsgegnerin ausgeführt, es könnten auf Grund der Artenkenntnisse gezielte Ersatzquartiere geschaffen werden. Dem genügten die jetzt vorgesehenen Festsetzungen. Des Weiteren macht die Untere Naturschutzbehörde geltend, die Einstufung von Wertigkeiten im Rahmen der Eingriffsregelung entspreche in mehreren Punkten nicht den "Hinweisen zur Eingriffsregelung". Insoweit teilt die Antragsgegnerin in der Abwägungsdokumentation mit, dass die Hinweise nur teilweise berücksichtigt würden.

45

Unter dem 07.06.2006 genehmigte die Landesforst Mecklenburg-Vorpommern die vorgesehene Waldumwandlung. Durch Bescheid vom 06.07.2006 erteilte der Landrat des Landkreises Nordwestmecklenburg die naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 20 Abs. 3 des Landesnaturschutzgesetzes zur Nutzung eines Strandabschnittes als öffentlicher Badestrand. Durch Bescheid vom 12.07.2006 erteilte er die Ausnahmegenehmigung vom Bauverbot gemäß § 19 Abs.1 des Landesnaturschutzgesetzes und unter dem 13.07.2006 den wasserrechtlichen Bescheid zur partiellen Wiedervernässung einer ca. 2 ha großen Fläche am Tarnewitzer Bach sowie die Öffnung eines an diesem Abschnitt bislang verrohrten Grabens.

46

Am 30.06.2006 schlossen die vier Beigeladenen mit der Antragsgegnerin einen städtebaulichen Vertrag. Darin verpflichten sie sich, die in den Bebauungsplänen festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen innerhalb und außerhalb der Plangebiete durchführen zu lassen. In § 1 Abs.5 der Vertrags verpflichten sie sich ferner, den als Kompensation für die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft durch die Anlage des Sportboothafens vorgesehenen angemessenen Beitrag zur Realisierung der Befahrensregelung gemäß der freiwilligen Vereinbarung Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht vom 15.07.2005 bezogen auf die Marina Tarnewitz zu leisten, dies in Abstimmung mit dem Umweltministerium entweder nach Maßgabe der Anlage 1 Seite 6 oder durch Sicherstellung einer dauerhaften Gebietsbetreuung nach Maßgabe der freiwilligen Vereinbarung oder durch einen pauschalen Kostenbeitrag für eine dieser Maßnahmen. Durch einen weiteren städtebaulichen Vertrag vom 27.06.2006 verpflichten sich die Beigeladenen, die Bettenkapazität von 1000 Betten nicht zu überschreiten.

47

Am 13.07.2006 beschloss sodann die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 12 als Satzung.

48

Die Begründung des Bebauungsplans erläutert die Zielsetzung, gibt eine Bestandsaufnahme, gibt die Plangrundunterlagen wieder, unter anderem den Stand der 4. Änderung des Flächennutzungsplans und erläutert das städtebauliche Konzept unter den Stichworten Bebauung/Nutzung, Erschließung, öffentliche Ver- und Entsorgung. Unter Ziff. 5 der Begründung werden die bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Festsetzungen begründet. Unter Ziff. 7 wird als Wechselwirkung mit der Umgebung das Verhältnis zum Hochwasserschutzsystem mit der Notwendigkeit angesprochen, die Fundamente der Gebäude tief zu gründen. Die Hinweise unter Ziff. 9 betreffen Bodendenkmäler und Anlagen nach § 34 Bundeswasserstraßengesetz. Hier heißt es: "Dieser Bebauungsplan ist nur vollständig in Verbindung mit dem Grünordnungsplan". Es wird weiter ausgeführt, dass für das Gesamtvorhaben "Marina und Ferienpark Boltenhagen" eine Umweltverträglichkeitsstudie (1999, 2000) mit Nachtrag (2006) und entsprechende Zuarbeiten für FFH-Prüfvorgänge (2005, 2006) erarbeitet worden seien. Sowohl hinsichtlich des FFH-Gebiets Wismarbucht als auch hinsichtlich des EU-Vogelschutzgebiets "Wismarbucht und Salzhaff" sei durch Aufnahme entsprechender Festsetzungen und sonstiger vertraglicher Regelungen und Vereinbarungen eine Verträglichkeit gegeben. Für die nach § 20 Landesnaturschutzgesetz geschützten Strand- und Dünenbereiche im Norden des Plangebiets seien mit Öffnung des Strandabschnitts nachhaltige Biotopveränderungen und -schädigungen zu erwarten. Ein entsprechender Ausnahmeantrag sei gestellt worden. Der Ersatz solle in Kombination mit der erforderlichen Kompensation zum Lebensraumverlust des Fischotters auf einer externen ca. 2 ha großen Ausgleichsfläche im Tarnewitzer Hagen erbracht werden. Die entsprechenden Genehmigungen zur Umnutzung des geschützten Strandbereichs und zur naturgerechten Gewässerumgestaltung in der Ausgleichsfläche sowie die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Eigentümer lägen vor. Die Vorprüfung zur Abschätzung der Umwelterheblichkeit im Rahmen des wasserrechtlichen Verfahrens zur Umgestaltung der Gewässer in der externen Ausgleichsfläche in Tarnewitzer Hagen Flurstücke ..., ... (Teilflächen) Flur ... komme zu dem Ergebnis, dass eine UVP entbehrlich sei. Als weitere Ersatzmaßnahme für nicht im Plangeltungsbereich des Bebauungsplanes auszugleichende Eingriffe werde eine ideelle Flächenzuordnung mit einer Größenordnung von 4,43 ha im Rahmen des Renaturierungsprojektes Neuendorfer Moor bei Gadebusch vorgenommen. Die rechtliche Absicherung erfolge über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Stiftung Biosphäre Schaalsee, die die Umsetzung des Renaturierungsprojektes koordiniere.

49

Der Umweltbericht führt u. a. aus: Bezüglich der artenbiologischen Standortbedingungen könne auf die Erhebungen und Aussagen der UVU und des Grünordnungsplans von 1999 (C.) verwiesen werden. Die seither notwendige Aktualisierung sei im September 2005 durchgeführt und in Karte 1 dargestellt. Unter dem Stichwort "Eingriffsdarstellung" wird einleitend ausgeführt, die schutzgutbezogenen Auswirkungen und Risikoanalysen seien in der UVU Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" umfassend dargestellt und bewertet. Auf diese Aussagen könne im Wesentlichen verwiesen werden. Die nachfolgenden Ausführungen stellten die Eingriffsauswirkungen schutzgutbezogen dar. Dem vorangestellt seien schutzgutbezogene Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und Minderung. Auf die Lage und Größe der Baugebiete könne nur noch bedingt Einfluss genommen werden, da der Bebauungsplan Nr. 12 im engen funktionalen und räumlichen Zusammenhang mit den angrenzenden Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 zu sehen sei. Dort seien bereits Zuordnungen und Straßenanbindungen vorgegeben. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der beigefügten Kopie der Begründung.

50

Dem Grünordnungsplan ist als Anlage 1 die "FFH-Vorprüfung - Überschlägige Prüfung gem. §§10 Abs. 1 Nr. 11 und 12 i.V.m. 34 und 35 BNatSchG zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" und als weitere Anlage der Protokollvermerk der Firma "..." vom 26.06.2006 über das Gespräch beim Umweltministerium beigefügt.

51

Der Bebauungsplan wurde am 15./16.07.2006 öffentlich bekannt gemacht.

52

Am 26.07.2006 hat der Antragsteller Normenkontrollantrag erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend:

53

Er sei antragsbefugt. Dies folge schon daraus, dass etwa 0,7 ha seines Grundstücks 22/19 der Flur 2 im Planbereich lägen und in diesem Bereich öffentlicher Strand festgesetzt sei. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Auf Grund des festgesetzten Zaunes entlang des Flurstücks ... der Flur ... sei ihm ein Betreten seines Eigentums nicht möglich. Ferner betreibe er auf seinem Eigentum einen Forstbetrieb. Diese Nutzungen würden durch die Festsetzungen beeinträchtigt. Der Zaun lasse auch kein Rückzugsgebiet der Tiere auf den Strand mehr zu. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Belange im Abwägungsvorgang beachtet worden seien, obwohl beide für die Antragsgegnerin erkennbar gewesen seien.

54

Ihm stehe auch das Rechtsschutzbedürfnis zu. Es spreche nichts dagegen, dass die Antragsgegnerin einen neuen Bebauungsplan mit für ihn günstigeren Festsetzungen aufstelle, denn es dürfte unproblematisch möglich sein, die Festsetzung als öffentlicher Strand auf das Flurstück ## zu begrenzen, Zugangsmöglichkeiten für ihn über die Wege auf dem Grundstück der Marina zu seinem Grundstück zu schaffen bzw. die Leitungsrechte und das Jagdausübungsrecht sowie den Forstbetrieb in den Abwägungsvorgang einzubeziehen.

55

Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan leide bereits an einem formellen Fehler. Der Beschluss über die Satzung sei unter unzulässigen Bedingungen gefasst worden. Aus dem Protokollauszug der Sitzung vom 13.07.2006 ergebe sich, dass über einen Zusatzantrag abgestimmt worden sei; danach habe die Bürgermeisterin sicherzustellen, dass die Antragsgegnerin durch dieses Projekt keine Kosten trage, dass die Verträge laut Beschluss der Gemeindevertretung vom 01.12.2005 Top 3 wirksam seien, die Finanzierung durch die Investition gesichert sei, dass Fahrten auf Grund veranlasster Baumaßnahmen von und zu den Baugebieten in den Bebauungsplänen 12, 13 und 14 nur im Einzelfall und mit Genehmigung der Gemeinde über die Ostseeallee erfolgten und dass die Bürgermeisterin versichere, dass die zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge existierten und dadurch die Betreibung des Projekts gesichert sei.

56

Der Bebauungsplan leide auch an materiellen Fehlern. Er sei abwägungsfehlerhaft. Es seien weder die Leitungsrechte noch das Jagdausübungsrecht und die Belange des Forstbetriebes berücksichtigt worden.

57

Der Bebauungsplan verstoße auch gegen naturschutzrechtliche Vorgaben. Das geplante Gebiet liege in einem "Natura 2000 Gebiet". Es liege eine Handlung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 11 Bundesnaturschutzgesetz vor, weil ein Eingriff in Natur und Landschaft gegeben sei. Das Vorhaben führe zu einer großflächigen und dauerhaften Flächenveränderung. Bei einigen der betroffenen Vogelarten handele es sich um solche mit besonderem Schutz und Maßnahmeerfordernis. Die Ausführungen zum FFH-Gebiet würden diesen Zusammenhängen nur unzureichend gerecht. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung habe nicht die besten der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse genutzt. Es sei auch nicht erkennbar, wie die Antragsgegnerin die Aspekte des günstigen Erhaltungszustands, der Reaktions- und Belastungsschwellen der geschützten Arten und Lebensraumtypen, der Bagatellschwellen usw. gewürdigt habe. Hinzu komme, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Vogelschutzrichtlinie bereits dann vorliege, wenn die Störungen/Beeinträchtigungen für sich betrachtet geeignet seien, den Erhaltungszielen zuwiderzulaufen. Eine gesamtgebietsbezogene Relativierung, wie sie bei Anwendung des Schutzregimes aus Art. 6 FFH-Richtlinie vorgenommen werde, gelte hier nicht. Bereits der Verlust oder die Beeinträchtigung von einzelnen Brutrevieren einer in Anhang I bezeichneten Art sei als erhebliche Beeinträchtigung anzusehen, ohne dass eine relevante Bestandsbeeinträchtigung nachgewiesen werden müsse. Damit hätte die Antragsgegnerin zwangsläufig in die Hauptprüfung eintreten müssen, sie habe jedoch nur eine Vorprüfung vorgenommen.

58

Unzutreffend sei der Ausgangspunkt der Antragsgegnerin, dass das Plangebiet an das Vogelschutzgebiet unmittelbar angrenze. Vielmehr liege ein Teil des geplanten Gebiets direkt im Vogelschutzgebiet.

59

In Hinblick auf die Kompensationsmaßnahmen werde im Grünordnungsplan auf die Schaffung von Nistplätzen hingewiesen. Nistkästen seien aber weder dauerhafter Ausgleich noch Ersatz.

60

Es sei auch davon auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Hauptprüfung vorliege. Dafür genüge es, dass eines der Schutz- oder Erhaltungsziele erheblich betroffen sei. In dem überplanten Vogelschutzgebiet werde eine ungestörte Naturentwicklung zum Schutz der vielfältigen Besiedelung mit gefährdeten und bedrohten Tier- und Pflanzenarten nicht mehr möglich sein. Damit sei der Schutzzweck nicht mehr gegeben. Auch sei die Erhaltung des störungsarmen Sandstrandes für den Sandregenpfeifer ausgeschlossen, schließlich müsse er umgesiedelt werden. Auch insoweit sei ein Erhaltungsziel beeinträchtigt. Im dritten Schritt hätte eine Ausnahmeprüfung vorgenommen werden müssen. Alternativen seien zwangsläufig nicht geprüft worden. Fraglich sei aber, ob es zwingende Gründe des öffentlichen Wohls gebe. Selbst wenn diese vorlägen, sei ein Kohärenzausgleich durchzuführen. Der status quo des Netzes müsse aufrechterhalten bleiben. Dies habe die Antragsgegnerin zwangsläufig nicht geprüft. Die Voraussetzungen seien auch nicht gegeben. Dabei werde darauf hingewiesen, dass das Gebiet, in dem der Sandregenpfeifer "umziehen" solle, bereits ein Schutzgebiet sei, nämlich zum Schutzgebiet "Tarnewitzer Huk" gehöre. Im Übrigen könne die Antragsgegnerin auf dem Flurstück ### der Flur # keine Ausgleichsmaßnahmen durchführen, da sie hier keine zivilrechtlichen Befugnisse habe, weil die Fläche im Eigentum von ihm - dem Antragsteller - stehe.

61

Hinsichtlich der Sicherstellung der Einhaltung der Befahrensregelung für die Wismarer Bucht sei offen, wie weit die Beigeladenen die zivilrechtlichen Befugnisse hätten, Sicherungsmaßnahmen zu realisieren und durchzusetzen.

62

Selbst wenn ein Kohärenzausgleich möglich sei, stelle sich die weitere Frage, ob sich in dem Gebiet prioritäre Biotope und Arten befänden. Im Grünordnungsplan sei lediglich festgestellt, dass keine prioritären Lebensraumtypen kartiert seien, sodass auch keine Meldung an die EU-Kommission erfolgt sei. Dies sei ein unzutreffender Ausgangspunkt, weil es ausreiche, dass das FFH-Gebiet durch eine Maßnahme betroffen werde, das FFH-Gebiet also einen prioritären Lebensraum einschließe. Dies sei nach den Verwaltungsvorgängen unstreitig hinsichtlich zweier Lebensraumtypen der Fall. Die EU-Kommission sei insoweit noch nicht befragt worden.

63

Der Antragsteller beantragt,

64

den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

65

Die Antragsgegnerin beantragt,

66

den Antrag zurückzuweisen.

67

Sie trägt vor:

68

Dem Antragsteller fehle die Antragsbefugnis. Zwar treffe es zu, dass das Flurstück ... im nördlichsten Planbereich mit einer geringfügigen Teilfläche in das Plangebiet hineinrage. Der Antragsteller werde durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes jedoch nicht nachteilig berührt. Es sei ihm nicht verwehrt, die bisher ausgeübte Nutzung auch weiterhin auf seinen Flächen auszuüben. Außerdem sei die ihm gehörende Fläche im Wesentlichen eine Böschungskante, die faktisch kaum nutzbar sei und offensichtlich nur aus diesem Grunde in das Plangebiet einbezogen worden sei.

69

Die Antragsbefugnis folge auch nicht aus den Rechtswirkungen der Ausnahmegenehmigung nach § 19 Abs. 3 Nr. 4 Landesnaturschutzgesetz. Sie nehme auf das Flurstück des Antragstellers ... keinen Bezug. Insoweit sei der Bescheid des Landkreises Nordwestmecklenburg unter dem 30.01.2007 berichtigt worden.

70

Es sei vorgesehen, dass der Schutzzaun entlang der Grundstücksgrenze geführt werde. Es sei unproblematisch möglich, ihn ohne Verletzung des Grundstücks des Antragstellers zu errichten. Unzutreffend sei der Hinweis, der Zaun solle keine Durchgangsmöglichkeiten zum Grundstück des Antragstellers erhalten. Er sei hergestellt und in Abstimmung mit dem Antragsteller seien drei Öffnungen mit Zufahrten geschaffen worden. Dies habe insoweit allerdings keiner Festsetzung bedurft. Zudem seien Durchlässe für Wildwechsel festgesetzt worden.

71

Der Verweis auf die Leitungs- und Wegerechte gehe fehl. Der Antragsteller könne diese Rechte ausüben. Sie würden durch die Planung nicht erschwert, sondern begünstigt.

72

Dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der Fläche, die Teil des Bebauungsplans und als öffentliche Grünfläche festgesetzt worden sei, würde es dem Antragsteller keinen irgendwie gearteten nachvollziehbaren Vorteil oder Nutzen bringen, wenn der Plan aufgehoben würde. Auch etwaige Zugangsmöglichkeiten von öffentlichen Gemeindestraßen zu Grundstücken außerhalb des Plangebietes seien nicht Gegenstand des Bebauungsplans. Das gelte auch für das Jagdausübungsrecht, das sich nicht auf irgendwelche Flächen im Plangebiet beziehe.

73

Der Antrag sei unbegründet, da der Bebauungsplan wirksam sei. Abwägungsfehler seien nicht ersichtlich, wie sich aus obigen Darlegungen ergebe.

74

Der Plan sei nicht aus Gründen des europäischen Naturschutzrechts unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes käme es für die Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eines Schutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen zu erwarten seien, darauf an, ob nach einer vorrangig naturschutzrechtlichen Fragestellung, die an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden müsse, der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten beeinträchtigt werde. Dies lasse sich anhand der eingeholten Studien und Gutachten ausschließen. Aus ihnen ergebe sich, dass der Küsten- und Strandbereich auf der Nordseite der Halbinsel Tarnewitz etwa 600 m vom Plangebiet entfernt liege, soweit er im Schutzbereich liege, sodass hier direkte oder unmittelbar schädigende Einwirkungen ausgeschlossen seien. Selbst dort, wo das FFH-Gebiet bis zur Uferlinie reiche, seien Einwirkungen auf Grund der Entfernung und der ohnehin nicht gegebenen Zugänglichkeit durch den Tarnewitzer Bach und den Schutzraum unwahrscheinlich und auszuschließen. Insoweit sei auch auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Teil B Ziffer 4 (8) zu verweisen.

75

Es seien zehn Brutpaare der Mittel- und Gänsesäger festgestellt worden. Auch hier handele es sich um eine Art, die umsiedlungswillig und -fähig sei. In Abstimmung mit dem Umweltministerium und dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur sei auf der Grundlage der fachlichen Begutachtung dieses Amtes die Schaffung von jeweils 15 Nisthöhlen und Nistkästen vorgesehen.

76

Für den Sandregenpfeifer sei ein störungsfreies Areal zu gewährleisten gewesen. In Abstimmung mit dem Umweltministerium sei hierzu vereinbart, einen entsprechenden Strandabschnitt auf der Westseite der Halbinsel Tarnewitz und entsprechende bauliche Maßnahmen zu sperren, um hier für diese Art einen geeigneten Lebensraum zu schaffen. Unzutreffend sei der Hinweis des Antragstellers auf den Schutzbereich des Sandregenpfeifers. Als Fläche sei ein Strandbereich vorgesehen, der sich bis zum Grundstück des Antragstellers erstrecke, das selbst nicht erfasst sei. Dies ergebe sich unmittelbar aus der Regelung zu Ziffer 3 des Nachtrags Nr. 1 zum städtebaulichen Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 vom 14.12.2005, der unter dem 30.06.2006 geschlossen sei. Im Übrigen sei auf die geänderte Genehmigung vom 30.01.2007 zu verweisen.

77

Soweit der Antragsteller unter Hinweis auf das Vorhandensein zweier prioritärer Lebensraumtypen im FFH-Gebiet, aber außerhalb des Planbereiches die Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission verlange, dürfte dies nur in Betracht kommen, wenn der Bebauungsplan allein auf der Grundlage einer Abweichungsprüfung hätte zugelassen werden dürfen. Hierauf komme es jedoch nicht an, da eine Beeinträchtigung von Erhaltenszielen der hier in Rede stehenden Gebiete ausgeschlossen sei.

78

Die Beigeladenen haben sich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

79

Am 25.07.2006 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Diesen Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 31.08.2006 - 3 M 94/06 - abgelehnt.

80

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses und des Verfahrens 3 M 94/06 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

81

Der Antrag ist zulässig und begründet.

82

A. Der Antrag ist zulässig.

83

I. Der Antragsteller ist antragsbefugt.

84

Für das Geltendmachen einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in seinem Grundeigentum verletzt wird. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für einen Normenkontrollantrag ist nämlich regelmäßig erfüllt, wenn sich der Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (vgl. BVerwG, B. v. 07.07.1997 - 4 BN 11.97 - BauR 1997, 972; B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 79 = NVwZ 1994, 268). Der Antragsteller macht geltend, etwa 0,7ha seines Flurstücks ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz lägen im Planbereich und in diesem Bereich sei öffentlicher Strand festgesetzt. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Allein durch diese Festsetzung kann der Antragsteller in seinen Rechten verletzt sein, wenn es sich um eine rechtswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG handelt.

85

Dies kann nicht anhand eines Vergleichs der bisherigen Rechtslage mit der durch den Bebauungsplan geschaffenen Rechtslage in Frage gestellt werden. Eine solche Erwägung verkennt die Ambivalenz bauplanerischer Festsetzungen. Auch eine für den Eigentümer im Vergleich zur bisherigen Rechtslage an sich günstige Festsetzung kann ihn zugleich in der baulichen Nutzung seines Grundstücks beschränken und für ihn nachteilig sein. Der Nachteil, den ein Eigentümer dadurch erleidet, dass ihm weitergehende Nutzungsmöglichkeiten vorenthalten werden, kann auf einem Verstoß gegen zwingende gesetzliche Planungsvorgaben oder auf einer fehlerhaften planerischen Abwägung beruhen. Zur ordnungsgemäßen Geltendmachung und zur rechtlichen Begründung einer darin liegenden Verletzung des Grundeigentums bedarf es keines Vergleichs mit der Rechtslage, die ohne den angegriffenen Bebauungsplan bestehen würde. Ob ein Antragsteller ein bestimmtes Vorhaben ausführen dürfte, wenn sich der zur Überprüfung gestellte Bebauungsplan als nichtig erweist, ist keine Frage der Rechtsverletzung, sondern eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für das Normenkontrollverfahren (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6/97 - NVwZ 1998, 732).

86

II. Dem Antrag kommt das notwendige Rechtsschutzbedürfnis zu.

87

Mit dem Erfordernis eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis soll nur vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann (vgl. BVerwG, B. v. 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 <91>; B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <231 f.>). Zur Bejahung des Rechtsschutzinteresses genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird (BVerwG, B. v. 17.12.1992 - 4 N 2.91 - DVBl. 1993, 444 <445>, insoweit in BVerwGE 91, 318 nicht abgedruckt). Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. BVerwG, B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - NVwZ 1994, 268), etwa weil er seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - BRS Bd. 60 Nr. 44 m.w.N.).

88

Danach ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans unterliegen seine einbezogen Flächen nicht mehr der festgesetzten öffentlichen Zweckbindung.

89

Der Umstand, dass die unmittelbar betroffene Fläche nur einen geringen Teil des Plangebiets ausmacht, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. Der gegen den Plan insgesamt gerichtete Normenkontrollantrag darf grundsätzlich nicht deshalb als teilweise unzulässig verworfen werden, weil der Bebauungsplan nur für teilunwirksam zu erklären ist (vgl. BVerwG, B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <230 ff.> und vom 04.06.1991 - 4 NB 35.89 - BVerwGE 88, 268 <271 ff.>; U. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695). Der Antragsteller kann mit seinem Antrag nur dann trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefasste Gesamtregelung darstellen (BVerwG, U. v. 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86 = NVwZ 2008, 902).

90

Die Festsetzungen hinsichtlich der Grundstücke 9/64 der Flur 3 und 22/19 der Flur 2 Gemarkung Tarnewitz sind nicht abtrennbar. Die Ausweisung der öffentlichen Grünfläche - Strand - ist nach dem Planungswillen der Antragsgegnerin integraler Bestandteil des Gesamtprojekts. Hierauf hat sie auch in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.

91

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht wegen Baugenehmigung und der Umsetzung der Nutzungsfestsetzung "öffentlicher Strand". Jedenfalls können die vorgesehenen Nutzungen von Flächen eingestellt oder geändert werden.

92

B. Der Antrag ist begründet. Der Bebauungsplan leidet an Rechtsfehlern, die zu seiner Unwirksamkeit führen.

93

I. Wesentlicher Mangel ist, dass die Antragsgegnerin das Verbot nach Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG des Rats vom 02.04.1979) - VRL - nicht hinreichend beachtet hat. Zudem hat sie eine FFH-Vorprüfung durchgeführt. Der Weg zur Anwendung der Vorschriften über die FFH-Verträglichkeit stand indes insoweit nicht offen, als es um Beeinträchtigungen eines faktischen Vogelschutzgebiets geht.

94

1. Das Plangebiet lag im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Vogelschutzgebiet SPA "Wismarbucht und Salzhaff". Es handelt sich um ein sog. faktisches Vogelschutzgebiet. Es ist davon auszugehen, dass diese Meldung und der Zuschnitt des Gebiets nach fachlichen Kriterien erfolgte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Fassung der Meldung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bebauungsplans insoweit nicht den maßgebenden fachlichen Anforderungen entsprach (dazu BVerwG, U. v. 21.06.2006 - 9 A 28/05 - BVerwGE 126, 166 = NVwZ 2006, 1161 - juris, Rn.24ff.; vgl. Füßer, NVwZ 2005, 144, 147 m.w.N.).

95

2. Ein faktisches, d.h. nicht zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL erklärtes Vogelschutzgebiet unterliegt nach Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG - FFH-RL - dem Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL erklären die Mitgliedstaaten insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind. Solange dies nicht geschehen ist, gilt das strenge Regime des Art. 4 Abs. 4 VRL.

96

Nach Art. 7 FFH-RL gilt: Was die nach Art. 4 Abs. 1 VRL zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Art. 4 Abs. 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, so treten die Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 2, 3 und 4 der FFH-RL ab dem Datum für die Anwendung der vorliegenden Richtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der VRL zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Art. 4 Abs. 4 S. 1 VRL ergeben.

97

Diese Rechtsfolge des Übergangs zum Regime der FFH-RL war zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und ist bis heute nicht eingetreten.

98

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfordert die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet im Sinne von Art. 7 FFH-RL einen "förmlichen Akt" (EuGH, U. v. 07.12.2000 - Rs. C-374/98 - Slg. 2000, I-10799 Rn. 53). Ein Mitgliedstaat erfüllt seine Ausweisungspflicht nach Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL ferner nur dann rechtswirksam, wenn er die besonderen Schutzgebiete "vollständig und endgültig" ausweist (EuGH, U. v. 06.03.2003 - Rs. C-240/00 - Slg. 2003, I-2202 Rn. 21). Die Erklärung muss das Gebiet Dritten gegenüber rechtswirksam abgrenzen und nach nationalem Recht "automatisch und unmittelbar" die Anwendung einer mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen (EuGH, U. v. 27.02.2003 - Rs. C-415/01 - Slg. 2003, I-2089 Rn. 26). Hieraus ergibt sich nach Auffassung des BVerwG, dass die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL, die nach Art. 7 FFH-RL den Wechsel des Schutzregimes auslöst, jedenfalls eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung mit Außenwirkung darstellen muss; deren rechtliche Gestalt wird durch das Recht der Mitgliedstaaten näher bestimmt. Nach § 33 Abs. 2 BNatSchG 2002 erklären die Länder die Europäischen Vogelschutzgebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 22 Abs. 1 BNatSchG 2002. Die Schutzerklärung bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (§ 22 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG 2002).

99

Für das hier betroffene Gebiet fehlt es an einer rechtsverbindlichen, außenwirksamen und endgültigen Gebietsausweisung.

100

Die Kabinettsbeschlüsse der Landesregierung stellen eine ministerielle Auswahlentscheidung dar. Sie dienen der autoritativen Identifizierung der für die Arterhaltung "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL) und bilden als solche zunächst nur ein Verwaltungsinternum. Listenförmige Bekanntmachungen der ausgewählten Gebiete dokumentieren die getroffene Auswahlentscheidung, erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen einer rechtsverbindlichen Gebietserklärung. Diese Rechtsnatur wächst dieser Auswahlentscheidung auch nicht dadurch zu, dass sie nach Herstellung des Benehmens mit dem zuständigen Bundesministerium der Kommission zugeleitet wird. Die "Erklärung" zum Schutzgebiet ist mit der Übermittlung der Gebietsauswahl an die Kommission, zu der Art. 4 Abs. 3 VRL verpflichtet, nicht identisch. Die "Gebietsmeldung" hat eine reine Informationsfunktion und kann eine unterbliebene Gebietsausweisung nicht ersetzen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 31 - 33).

101

Welche rechtliche Bedeutung eine Bekanntgabe im Bundesanzeiger für den Wechsel des Schutzregimes hat, hat das BVerwG offen gelassen (BVerwG a.a.O. Rn. 33 a.E.). Darauf kommt es auch hier nicht an, da eine solche Bekanntmachung für die Meldungen aus Mecklenburg-Vorpommern nicht erfolgt ist.

102

Die erforderliche endgültige, vorbehaltslose, rechtsverbindliche und außenwirksame Schutzgebietserklärung lag zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht vor. Diese Rechtsfolge hat nicht die Landesverordnung zur einstweiligen Sicherung des geplanten Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" vom 21.10.1993 (GVOBl. M-V 1993, S. 899) ausgelöst, obwohl das von ihr erfasste Gebiet in vielen Unterlagen als Naturschutzgebiet bezeichnet wird. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 war das später gemeldete Vogelschutzgebiet hierdurch nicht unter Schutz gestellt. Die Verordnung erklärte in § 1, dass Landschaftsteile der Gemeinde Boltenhagen im Landkreis Grevesmühlen in den in § 2 Abs. 3 genannten Grenzen für die Dauer von zwei Jahren mit der Bezeichnung "Tarnewitzer Huk" einstweilig gesichert werden. Der Geltungsbereich umfasst Teile einer aufgespülten Fläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek in der äußeren Wismarbucht sowie den westlich daran anschließenden Strandabschnitt in der Gemarkung Tarnewitz, Flur 2 und 3. Damit war zum einen nicht die gesamte Halbinsel unter Schutz gestellt, namentlich nicht ein wesentlicher Teil des hier betroffenen Plangebiets. Einer derartigen einstweiligen Sicherstellung (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG 2002) fehlt zudem die inhaltliche Qualität sowie die Dauerhaftigkeit und Festigkeit ("Endgültigkeit"), die für die rechtswirksame Erfüllung der Ausweisungspflicht des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu fordern sind. Sie erfüllt damit auch nicht die rechtlichen Anforderungen, die Art. 7 FFH-RL an die den Regimewechsel herbeiführende "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet stellt (BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 35). Aus diesem Grunde stellen auch die weiteren vorläufigen Unterschutzstellungen keine wirksamen Ausweisungen dar. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Entsprechende Landschaftsschutz- oder Naturschutzverordnungen sind bislang nicht erlassen worden.

103

Die Meldung eines Natura 2000-Gebiets führte auch nicht zu einem gesetzlichen Schutz. Nach § 28 Abs. 2 und 3 LNatG M-V a.F. sind die von der Kommission in die Liste eingetragenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die gemeldeten Vogelschutzgebiete gemäß § 28 Abs. 2 LNatG M-V a.F. entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen durch Gesetz oder Rechtsverordnung zu Schutzgebieten gemäß § 21 Abs. 1 und 2 LNatG M-V a.F. zu erklären. Die Schutzgebietserklärung durch Gesetz oder Rechtsverordnung kann unterbleiben, soweit nach anderen Rechtsvorschriften, nach Verwaltungsvorschriften, durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.

104

3. Nach diesen Grundsätzen musste die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass Art. 4 Abs. 4 VRL eingreift. Danach treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Sie bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.

105

a) Der Schutzstandard, der in einem faktischen (nicht: erklärten) Vogelschutzgebiet zu wahren ist, beurteilt sich nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL. Das Erheblichkeitskriterium bezieht sich nicht nur auf die Belästigung der Vögel, sondern auch auf die Verschmutzung und Beeinträchtigung ihrer Lebensräume. Die Abgrenzung zwischen erheblichen und unerheblichen Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich gemäß Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL nach den "Zielsetzungen dieses Artikels" (vgl. dazu Art. 4 Abs. 1 VRL). Mangels konkretisierender Festlegung gebietsspezifischer Erhaltungsziele im faktischen Vogelschutzgebiet ist ergänzend auf die allgemeinen Zielsetzungen in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 VRL zurückzugreifen. Danach dient die Richtlinie u.a. dem Zweck, durch die Einrichtung von Schutzgebieten eine ausreichende Artenvielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten und wiederherzustellen. Das Gewicht von Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich jeweils nach Art und Ausmaß der negativen Auswirkungen auf diese Zielsetzungen. Die Schwelle zur Erheblichkeit ist nicht erst dann erreicht, wenn die Verwirklichung von Erhaltungszielen unmöglich oder unwahrscheinlich gemacht wird. Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus Art. 3 und 4 VRL bestehen bereits, bevor eine Verringerung der Anzahl von Vögeln oder die konkrete Gefahr des Aussterbens einer geschützten Art nachgewiesen wird. Die Verkleinerung eines besonderen Schutzgebiets durch den Bau einer Straße o.ä., die zum Verlust von Rückzugs-, Ruhe- und Nistgebieten der zu schützenden Vogelvorkommen führt, ebenso Aquakulturvorhaben und die Einleitung von Abwässern, ist jeweils für sich betrachtet als erhebliche Beeinträchtigungen der Richtlinienziele anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Eingriffe jeweils für sich oder in ihrer Gesamtheit geeignet gewesen wären, die Erhaltungsziele zu vereiteln oder Kernbestandteile des Gebiets unwiederbringlich zu zerstören (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).

106

b) Die Antragsgegnerin musste davon ausgehen, dass die für das faktische Vogelschutzgebiet maßgeblichen Erhaltungsziele durch das Vorhaben mehr als nur in einem so geringen Ausmaß beeinträchtigt werden, dass dessen Zulassung mit Art. 4 Abs. 4 VRL vereinbar wäre.

107

aa) Zunächst werden Vögel nach Anhang I beeinträchtigt.

108

Zwischen den am Planungsprozess Beteiligten besteht laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 Einigkeit darüber, dass in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Gebiet drei aktuelle Brutnachweise der Sperbergrasmücke vorliegen; die Realisierung der Planung sei unweigerlich mit der Beseitigung der Standorte verbunden. Auch nach dem Grünordnungsplan (Seite 17) gehen innerhalb der in den Ruderalfluren eingestreuten Gehölzgruppen Bruthabitate für die geschützten Arten Sperbergrasmücke und Neuntöter verloren. Beide Arten sind in Anlage I der RL 79/409/EWG - VRL - genannt.

109

Allerdings geht die Antragsgegnerin davon aus, dass diese erheblichen Beeinträchtigungen der Sperbergrasmücke durch Ersatzanpflanzungen von Dornensträuchern zu nicht erheblichen Beeinträchtigungen herabgestuft werden können und damit der Planung nicht entgegenstehen. Dieses Vorgehen ist in einem faktischen Vogelschutzgebiet ausgeschlossen. Der baubedingte Wegfall mehrerer Brut- und Nahrungsreviere, die einem Hauptvorkommen einer der Vogelarten in Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie dienen und innerhalb eines faktischen Vogelschutzgebiets liegen, reduziert den nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu erhaltenden Lebensraum dieser Arten und wirkt sich deshalb unmittelbar und grundsätzlich in erheblicher Weise auf die Zielsetzung der Vogelschutz-Richtlinie aus, das Überleben der Vogelart und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - a.a.O.).

110

bb) Es sind auch Vögel im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VRL betroffen. Danach treffen die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten. Zu diesem Zweck messen die Mitgliedstaaten dem Schutz der Feuchtgebiete und ganz besonders der international bedeutsamen Feuchtgebiete besondere Bedeutung bei.

111

Insoweit geht der Vermerk vom 26.06.2006 davon aus, dass eine Beeinträchtigung des Sandregenpfeifers besteht, die "jedenfalls nicht erheblich" ist; es wird eine Ersatzmaßnahme vorgesehen. Auch im Grünordnungsplan (S. 17) wird darauf hingewiesen, dass ein Brutstandort des Sandregenpfeifers direkt betroffen ist. Der Sandregenpfeifer ist als regelmäßig vorkommender, nicht in Anlage I der RL 79/409/EWG-VRL - genannter Vogel in der Meldung des SPA 47 genannt. Hier geht die Antragsgegnerin davon aus, dass für den Sandregenpfeifer andere Nistplätze geschaffen werden können, indem Teile des bisherigen Bade- und Hundestrandes dauerhaft gesperrt werden. Auch diese Maßnahme beseitigt nicht die wesentliche Beeinträchtigung i.S.v. Art.4 Abs. 4 VRL.

112

Auch Gänse- und Mittelsäger fallen unter Art. 4 Abs. 2 VRL. Sie sind ebenfalls in der Meldung des SPA 47 genannt. Für sie geht die Planung davon aus, dass zwar die Beeinträchtigungen "jedenfalls nicht erheblich", jeweils aber 15 Ersatznisthilfen zu schaffen seien (Protokoll vom 26.06.2006), die in Ziff. 4 Abs. 10 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auch vorgesehen sind. Damit ist auch hier eine im Zusammenhang mit Art. 4 Abs.4 VRL nicht zulässige Bewertung vorgenommen worden, indem Ersatzmaßnahmen zur Begründung der Nichterheblichkeit der Beeinträchtigung herangezogen worden sind.

113

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind nur überragende Gemeinwohlbelange, wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit, geeignet, das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL zu überwinden (vgl. EuGH, U. v. 28.02.1991 C 57/89 - EuGHE I 1991 S. 883 Rn. 22). Sie sind nicht ersichtlich.

114

4. Hinzu kommt, dass die Durchführung einer FFH-Vorprüfung in Hinblick auf die Beeinträchtigung der durch die VRL geschützten Vogelarten schon deswegen ausscheidet, weil aus den oben dargelegten Gründen der Weg zur Anwendung der FFH-RL nicht eröffnet war.

115

5. Alledem steht nicht entgegen, dass der Großteil des Gebiets des Bebauungsplans Nr. 12, das im durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 gemeldeten Gebiet liegt, nicht mehr Gegenstand der Meldung auf Grund Kabinettbeschlusses vom 25.09.2007 ist. Zunächst liegt der südöstliche Teil des Strandes der Halbinsel Tarnewitz nach wie in dem durch Kabinettsbeschluss vom 25.09.2007 gemeldeten Vogelschutzgebiet. Dies wird aus der Karte deutlich, die die Antragsgegnerin überreicht hat. Im übrigen ist für die Beurteilung des Bebauungsplans Nr. 12 die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 geltende Meldung maßgebend. Wie ausgeführt geht der Senat davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt die Meldung den vorgegebenen fachlichen Kriterien entsprach. Für die Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses hat das BVerwG allerdings angenommen, dass von dem Grundsatz, dass für die Beurteilung der Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen ist, insoweit eine Ausnahme gelte, als Änderungen zum Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes des Planfeststellungsbeschlusses führten. Denn es könne keinen Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Beschluss aufgrund dieser Änderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (BVerwG, U. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 = NuR 2008, 633 - juris Rn. 256). Das OVG Lüneburg hat in Frage gestellt, ob diese Rechtsprechung auch auf Normenkontrollverfahren übertragen werden kann. Es hat dies für den Fall verneint, dass eine Gebietsnachmeldung vorliegt und die dadurch bewirkte Netzschließung im Kern nur die Bestätigung bereits bei Satzungsbeschluss zugrunde gelegter fachlicher Annahmen darstellt, die von vornherein plausibel waren (OVG Lüneburg, U. v. 22.05.2008 - 1 KN 149/05 - NuR 2008, 805 - juris Rn. 79). Dem folgt der Senat. Die Überlegung des BVerwG kann für ein Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan nicht gelten. Hier geht es nicht um die Feststellung, ob der Plan Rechte des Antragstellers verletzt, sondern es findet ein objektives Beanstandungsverfahren auf der Grundlage eines zulässigen Antrags statt. Das BVerwG hat im Übrigen die Revision gegen das o.a. Urteil des OVG Lüneburg zugelassen mit der Begründung, das Revisionsverfahren könne zur weiteren Klärung der Frage beitragen, ob ein Bebauungsplan für eine Umgehungsstraße, der beschlossen wurde, ohne zu klären, ob die Trasse in einem faktischen Vogelschutzgebiet lag, allein deshalb als wirksam betrachtet werden kann, weil das Land der Europäischen Kommission das fragliche Gebiet nach der ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplans als Europäisches Vogelschutzgebiet nachgemeldet hat, ohne das Plangebiet in die Meldung einzubeziehen (BVerwG, B. v. 17.06.2009 - 4 BN 28/08 - juris). Der Senat ist im Übrigen der Auffassung, dass ein solcher Grundsatz der Relevanz einer Änderung der Sach- und Rechtslage jedenfalls dann nicht angewendet werden könnte, wenn ein von der Landesregierung zum Europäischen Vogelschutzgebiet ausersehenes geeignetstes Gebiet i.S. von Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL, dessen Erklärung zum besonderen Schutzgebiet i.S. von Art. 7 noch aussteht, gemeldet, dann aber dessen Gebiet nach Wirksamwerden eines Bebauungsplans verkleinert wird. Das gilt um so mehr dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Änderung in Richtung Reduzierung der Meldung darauf beruht, dass zwischenzeitlich die Planung und Realisierung des betroffenen Vorhabens, zu dem hier auch die angrenzenden Bebauungspläne gehören, soweit gediehen ist, dass die Meldung dem Vorhaben wesentliche Schwierigkeiten bereiten würde oder durch Baumaßnahmen der Schutzstatus tatsächlich bereits beseitigt ist. Für Letzteres spricht einerseits, dass laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 eine "kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung" auf Grund des Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 ausscheide. Andererseits sind die Antragsgegnerin bzw. die Beigeladenen unmittelbar nach Wirksamwerden des Bebauungsplans Nr. 12 zu dessen Realisierung geschritten. Baubeginn war am 11.09.2006, am 06.07.2007 Richtfest. Der Verlust schutzwürdiger Flächen durch Realisierung des angegriffenen Bebauungsplans kann nicht dazu führen, dass im Rahmen des objektiven Beanstandungsverfahrens nun von einer rechtmäßigen Planung auszugehen ist.

116

II. Im übrigen liegt ein weiterer Mangel des Bebauungsplans Nr. 12 darin, dass die Antragsgegnerin nicht von der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung absehen durfte.

117

1. Die Gemeinde hat vor Erlass eines Bebauungsplanes grundsätzlich dessen Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines möglicherweise betroffenen FFH-Gebiets zu überprüfen. § 34 BNatSchG a.F. setzt Art. 6 Abs. 3 und Abs. 4 FFH-RL national in eine Verträglichkeitsprüfung um; hierauf verweist § 1a Abs. 4 BauGB. Nach Art. 6 Abs. 3 S. 1 FFH-RL sind Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des FFH-Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür notwendig sind, einer Prüfung auf ihre Verträglichkeit mit den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu unterziehen, wenn sie das FFH-Gebiet einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten "erheblich beeinträchtigen" könnten.

118

Es muss zwischen der FFH-Vorprüfung und der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung unterschieden werden. Daher können entgegen der Ansicht des Antragstellers die rechtlichen Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.01.2007 (- 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1)an die FFH-Verträglichkeitsprüfung stellt (a.a.O. Rn. 61 f. - "Beste einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse"), auf die FFH-Vorprüfung nicht ohne weiteres übertragen werden. Damit würden die rechtlichen Anforderungen, die das Europäische Gemeinschaftsrecht nach dem Urteil vom 17.01.2007 an die Prüfschwelle stellt, die für eine Vorprüfung (sog. Screening) maßgeblich sind, verkannt. Sind erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes schon nach einer Vorprüfung "offensichtlich" ausgeschlossen, erübrigt sich nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL eine Verträglichkeitsprüfung. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob "nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen" besteht. Ist das der Fall, kann dieser Verdacht nur durch eine - die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse verwertende - schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden (vgl. BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46/07 - NVwZ 2008, 210). Unter Berücksichtigung insbesondere des Vorsorgegrundsatzes liegt eine solche Gefahr dann vor, wenn anhand objektiver Informationen nicht ausgeschlossen werden kann, dass der betreffende Plan oder das betreffende Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt (Ziff. 1.2.1.des Auslegungsleitfadens zu Artikel 6 Absatz4 der 'Habitat-Richtlinie' 92/43/EW der Europäischen Kommission). Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL reicht für das vorab zu prüfende Erfordernis einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aus, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr besteht, dass sie das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigen. Der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit ist dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Vorhaben das fragliche Gebiet in dieser Weise beeinträchtigt (vgl. EuGH, U. v. 07.09.2004 - C-127/02 - [sog. Muschelfischer-Urteil], NuR 2004, 788; vom 20.10.2005 - C-6/04 - und vom 10.01.2006 - C-98/03 -, NVwZ 2006, 319).

119

Nur bei einem offensichtlichen Ausschluss derartiger Beeinträchtigungen durch eine Vorprüfung wird die FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich (BVerwG, U. v. 17.01.2007 - BVerwGE 128, 1 = NVwZ 2007, 1054). In dieser Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht unter dem Stichpunkt "Theoretische Besorgnisse, Nullrisiko" unter der Gliederungsnummer - Glnr. - 1.9 aus: "Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip verlangt danach nicht, die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf ein "Nullrisiko" auszurichten. Dies wäre im Gegenteil schon deswegen unzulässig, weil dafür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte (...). Schon bei der Vorprüfung, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung geboten ist, müssen zumindest "vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen" (...). Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist somit nur erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht "offensichtlich ausgeschlossen werden können (so Nr. 2.2.1 der Empfehlungen der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung zu "Anforderungen an die Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Natura 2000-Gebiete gemäß § 34 BNatSchG im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung" = LANA -Empfehlungen)". Eine solche Beeinträchtigung muss allerdings nur eintreten können, so dass - im Sinne des Vorsorgeprinzips (Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV) - auch eine Gefahr oder ein Risiko ausreichend für die Auslösung der Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ist, so dass die Beeinträchtigung gerade nicht bereits sicher erwiesen sein muss.

120

2. Zugleich stellt das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung klar, dass Pläne oder Projekte im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL das Gebiet erheblich beeinträchtigen können, wenn sie drohen, die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden. Grundsätzlich ist somit jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich und muss als Beeinträchtigung des Gebiets als solches gewertet werden. Als geeignetes Bewertungskriterium für die Prüfung, ob ein Plan oder ein Projekt nach dem so konkretisierten Prüfungsmaßstab zu "erheblichen Beeinträchtigungen" führen kann, ist mit Blick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets auf den günstigen Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten abzustellen (BVerwG, U. v. 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.3). Es ist also zu fragen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird, wobei die Ökosystemforschung unter Stabilität die Fähigkeit versteht, nach einer Störung wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Gemäß den Legaldefinitionen in Art. 1 lit e) und i) FFH-RL geht es beim günstigen Erhaltungszustand einer vom Erhaltungsziel des FFH-Gebietes umfassten Tier- oder Pflanzenart um deren Verbreitungsgebiet und die Populationsgröße; in beiden Bereichen soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden (BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.4).

121

Dies wiederum setzt voraus, dass hieran aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel besteht. Hierfür ist der Planungsträger beweispflichtig. Der ihm obliegende Gegenbeweis ist in der Regel nur dann geführt, wenn eine relevante Beeinträchtigung ausscheidet. Befindet sich das FFH-Gebiet gegenwärtig ganz oder teilweise in einem ungünstigen Erhaltungszustand, ist es grundsätzlich für jegliche Zusatzbelastung gesperrt (vgl. dazu BVerwG, U. v. 17.1.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 ff.; EuGH, U. v. 10.1.2006 - C 98/03 - DVBl. 2006, 429 ff.; OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - DVBl. 2009, 1385; nachfolgend BVerwG, B. v. 16.03.2010 - 4 BN 66/09 - zit. nach juris).

122

Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II der FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist jedoch nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite unterliegt. So kann eine Vorbelastung bereits zu Vorschädigungen führen, die einen verschlechterten Erhaltungszustand zur Folge haben. Sie kann aber auch Auswirkungen nach sich ziehen, die von dem Lebensraum oder der Art noch ungeschädigt verkraftet werden, die jedoch deren Fähigkeit, Zusatzbelastungen zu tolerieren, einschränken oder ausschließen. Daher ist die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar. Dementsprechend ist der Einwand, bereits die Vorbelastung bewege sich in einem kritischen Bereich, beachtlich, weil ein aufgrund der Vorbelastung aktuell ungünstiger Erhaltungszustand keine zusätzliche Beeinträchtigung rechtfertigt (BVerwG, U. v. 10.11.2009 - 9 B 28/09 - NVwZ 2010, 319).

123

Solange ein FFH-Gebiet - wie hier - noch nicht unter Festlegung des Schutzzwecks zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt worden ist, sind die Erhaltungsziele durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen zu ermitteln, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (vgl. BVerwG, U. v. 12.3.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 <326> [Rn. 72]; U. v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - NVwZ 2007, 1054 <1062> [Rn. 75] unter Bezugnahme auf EuGH vom 14.9.2006 - NVwZ 2007, S. 61 <63> [Rn. 39, 45 und 51]). Maßgebliche - den Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung bildende - Gebietsbestandteile sind hiernach in der Regel die Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der "darin vorkommenden charakteristischen Arten" (vgl. Art. 1 Buchst. e FFH-RL) sowie die Arten des Anhangs II der Richtlinie, die für die Gebietsauswahl bestimmend waren. Lebensraumtypen und Arten, die im Standard-Datenbogen nicht genannt sind, können dagegen kein Erhaltungsziel des Gebiets darstellen (vgl. BVerwG, U. v. 17.1.2007 a.a.O. RdNr. 77). Ob dabei eine erhebliche Beeinträchtigung in Betracht kommt, ist in einer Vorprüfung zu ermitteln (vgl. Storost, DVBl 2009, 673/674).

124

Ob bei Flächeninanspruchnahme eine Bagatellgrenze angenommen werden kann, richtet sich danach, ob Anlage I oder II der FFH-RL betroffen ist: Bei dem Verlust von Lebensraumtyp-Flächen nach Anlage I ist im Regelfall jeder Flächenverlust erheblich. Bei einem Verlust von Habitatflächen geschützter Arten nach Anlage II ist danach zu fragen, ob eine Population nach einer Störung dazu in der Lage ist, wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren (vgl. Art. 1 Buchst. i FFH-RL). Ist dies der Fall, sei es, dass die Population für ihren dauerhaften Bestand in der bisherigen Qualität und Quantität auf die verlorenen Flächen nicht angewiesen ist, sei es, dass sie auf andere Flächen ohne Qualitäts- und Quantitätseinbuße ausweichen kann, so bleibt ein günstiger Erhaltungszustand erhalten und ist demgemäß eine erhebliche Beeinträchtigung zu verneinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 30/6 - Rn. 132, v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - Rn.43).

125

3. Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht durch Berücksichtigung geplanter bzw. behördlich angeordneter Schutz- und Kompensationsmaßnahmen von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen.

126

Das BVerwG hat in der Entscheidung vom 17.01.2007 zur FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgeführt: "Wenn durch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten stabil bleibt, bewegen sich die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle. Das Schutzkonzept erlaubt dann die Zulassung des Vorhabens. Es macht aus der Sicht des Habitatschutzes nämlich keinen Unterschied, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst dadurch erlangen, dass Schutzvorkehrungen angeordnet und getroffen werden." (vgl. OVG Koblenz. U. v. 10.03.2009 - 8 C 10435/08 - NuR 2009, 636). In der FFH-Vorprüfung haben indes i.d.R. Kompensationsmaßnahmen bei der Beurteilung der Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eintreten können, außer Betracht zu bleiben (ebenso Fischer-Hüftle u.a., Bundesnaturschutzgesetz, Komm. § 34 Rn. 16; Gellermann NuR 2009, 8, 10; a.A. VGH Kassel, U. v. 05.07.2007 - 4 N 867/06 - NuR 2008, 258, dazu BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46.07 - NuR 2008, 115; Mitschang in Berliner Komm. zum BauGB (Stand April 2010) § 1a Rn. 521). Hierfür spricht, dass für Vermeidungsmaßnahmen, die bei der Prüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL relevant sind, der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit erbracht sein muss. Nur durch diesen Nachweis lässt sich die notwendige Gewissheit über die Verträglichkeit eines Plans oder Projekts gewinnen (vgl. BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - Rn. 54 ff.; Thyssen NuR 2010, 9, 15). Diese Beurteilung ist aber der summarischen Prüfung im Rahmen der FFH-Vorprüfung fremd. Das gebotene Offensichtlichkeitsurteil kann in diesem Fall nicht getroffen werden.

127

4. Die Untersuchungen setzten durchgehend kompensatorische Maßnahmen voraus, um die Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets zu verneinen.

128

Nach dem Protokollvermerk vom 26.06.2006 sind hinsichtlich der 3 aktuellen Brutnachweise für die Sperbergrasmücke Ersatzpflanzungen von Dornensträuchern vorgesehen. Für Gänse- und Mittelsäger sollen mindestens je 15 künstliche Ersatznisthilfen geschaffen werden, deren Standorte in Abstimmung mit den Fachbehörden zu wählen sind. Für den Sandregenpfeifer ist als "Ersatzmaßnahme" die Zugänglichkeit des bislang als Bade- und Hundestrand genutzten Abschnitts an der Westseite der Tarnewitzer Halbinsel dauerhaft zu sperren. Gleiches gilt für etliche Fledermausarten. Hier wird im Umweltbericht zum Bebauungsplan (S. 10) davon ausgegangen, dass für den potenziellen Verlust von Wochenstuben und Sommerquartieren Ersatzquartiere zu schaffen seien. Dazu seien an den Flugrouten der Jagdgebiete Kunstquartiere als Holzkästen und Holzbetonkästen eines Spezialherstellers anzubringen. Dementsprechend bestimmt der Bebauungsplan in Nr. 4 Abs. 10 und 11 der textlichen Festsetzungen, dass 15 Kästen für Fledermäuse und je mindestens 15 Nisthöhlen für Mittel- und Gänsesäger zu schaffen sind.

129

5. Die FFH-Vorprüfung stößt schließlich auch auf methodische Bedenken.

130

Die Vorprüfung ist schichtweise durchgeführt worden. Für den Bebauungsplan Nr. 12 wurde im Mai 1999 eine FFH-Verträglichkeitsstudie für den gesamten Bereich des Vorhabens (Bebauungspläne Nr. 12, 13, 14) erstellt. Sie wurde im Oktober 2002 hinsichtlich der betriebsbedingten Störungen durch touristische Aktivitäten im Bereich des Bebauungsplans Nr. 13 ergänzt. Die FFH-Studie 1999 wurde im September 2003 hinsichtlich des Bebauungsplans Nr. 12 ergänzt sowie nochmals im Oktober 2005 als Anhang zum Umweltbericht des Bebauungsplans Nr.12. Ein Protokollvermerk vom 26.06.2006 gibt wieder, dass die Vorprüfung als abgeschlossen anzusehen sei und fasst das Prüfergebnis zu 5 Tierarten zusammen. Der Aufbau der Studien ist so zu verstehen, dass die früheren Ergebnisse Bestand haben sollen, soweit sie nicht durch die nachfolgenden Studien modifiziert werden. Zwar dürfte ein solches Verfahren nicht grundsätzlich auf Bedenken stoßen. Voraussetzung muss aber sein, dass das Ergebnis insgesamt nachvollziehbar ist. Eine zusammenfassende, in sich konsistente Darstellung fehlt. Dies betrifft zum einen die Rückverweise auf frühere Studien, deren Ergebnisse teilweise modifiziert werden. Zum anderen betrifft dies den Umstand, dass die Untersuchungen sich auch auf die angrenzenden Bebauungspläne beziehen. Das gilt schließlich auch wegen des Umstandes, dass sich wesentliche Erwägungen im Umweltbericht und nicht im Abschnitt über die FFH-Vorprüfung befinden. Die Begründung des Bebauungsplans misst dem Protokoll vom 26.06.2006 wesentliche Bedeutung zu, ohne dass dies deutlich macht, ob es ein abgestimmtes Papier darstellt. Zudem handelt es sich lediglich um ein Ergebnisprotokoll, das nachvollziehbare Begründungen nicht enthält.

131

6. Der Umstand, dass die FFH-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt worden ist und daher zu Unrecht von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen worden ist, stellt einen beachtlichen Verfahrensfehler dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die FFH-Verträglichkeitsprüfung als eigenständiges Verfahren oder im Zusammenhang mit der Umweltprüfung durchgeführt worden ist (vgl. Mitschang, a.a.O., Rn. 529).

132

III. Der Bebauungsplan leidet zudem an einem erheblichen Abwägungsmangel.

133

1. Nach § 1 Abs. 6 BauGB a. F. sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot wird verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, U. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66, E 34, 301; U. v. 14.02.1975 - 4 C 21.74, E 48, 56). Innerhalb des vorstehend beschriebenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde bei einer Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendiger Weise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Innerhalb jenes Rahmens ist nämlich das Vorziehen oder Zurücksetzen bestimmter Belange überhaupt kein nachvollziehbarer Vorgang der Abwägung, sondern eine geradezu elementare planerische Entscheidung, die zum Ausdruck bringt, wie und in welche Richtung sich eine Gemeinde städtebaulich geordnet fortentwickeln will. Damit ist notwendig der Planungskontrolle der Verwaltungsgerichte eine Grenze gezogen (BVerwG, U. v. 12.12.1969, a.a.O.).

134

2. Der Bebauungsplan Nr. 12 leidet schon deshalb an einem Abwägungsdefizit, weil er auf einer FFH-Vorprüfung beruht, die den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Es lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Verwirklichung der Bauleitplanung keine nachteiligen Auswirkungen auf die gemeldeten FFH- und SPA-Gebiete hat (vgl. OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - Rn. 228).

135

3. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin die allgemeinen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Bodenschutzes nicht hinreichend berücksichtigt. Diese Belange waren bei der Abwägung nach Maßgabe der besonderen Anforderungen zu beachten, die sich aus § 1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F. ergeben.

136

Den Verwaltungsvorgängen ist nicht zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin eine derartige Abwägung vorgenommen hat. Die Begründung des Bebauungsplans beschränkt sich unter Ziff. 4.1 auf eine kurze Zusammenfassung des städtebaulichen Konzepts und unter Ziff. 5 auf die Begründung der Festsetzungen. Eine Abwägung mit den Belangen, die für die Durchführung dieses Vorhabens - auch in der hier ermöglichten Dimension im Zusammenhang mit dem Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 - und den entgegenstehenden Belangen, namentlich denen nach §1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F., findet nicht statt. Eine solche Abwägung kann auch nicht dem Abwägungsbeschluss entnommen werden, in dem über die Einwendungen und Anregungen befunden wird. Die Antragsgegnerin ist offenbar davon ausgegangen, dass die Auswirkungen der Überplanung eines ökologisch und naturschutzfachlich wertvollen Bereichs in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet worden seien und sie damit nicht mehr als abwägungserhebliche Belange im eigentlichen Abwägungsvorgang zu berücksichtigen seien. So wird unter Ziff. 3 hinsichtlich der Einwendungen des Vogelschutzkomitees e. V. ausgeführt: "Die Verträglichkeit mit den Schutzzielen ist unter der Maßgabe, dass die durch Satzungs- oder Vertragsrecht gesicherten Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und -minderung eingehalten werden, gewährleistet. ... Der durch den Bebauungsplan Nr. 12 induzierte Lebensraumverlust ist im Grünordnungsplan dargestellt und hinsichtlich der Eingriffsregelung genügend abgearbeitet." Auch den Ausführungen zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - unter Ziff. 25.4 sind Abwägungselemente nicht zu entnehmen. In der Stellungnahme zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - SG Bauordnung und Bauleitplanung - Ziff. 25.14 heißt es auch nur: "Mit der vorgelegten Planung wird der Tourismus in besonderem Maße entwickelt. Touristische Angebote werden bedarfsgerecht und vielfältig unterbreitet mit dem Ziel, die Aufenthaltsdauer der Gäste zu verlängern und eine möglichst ganzjährige Auslastung zu erreichen. Die Gemeinde ist der Meinung, dass die Planung unter Berücksichtigung der aufgeführten Änderungen den vorgenannten Zielen gerecht wird. Da es sich hier um ein naturräumlich sensibles Gebiet handelt, sind insbesondere naturschutzrechtliche Belange aufzunehmen und zu berücksichtigen. In allen Konfliktpunkten ist im Rahmen des Planverfahrens Übereinstimmung zu erzielen. Die Umweltverträglichkeit der Planung wird belegt. Zu den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes wird auf die Auswertung der Stellungnahmen des Staatlichen Amtes für Natur und Umwelt sowie der Unteren Naturschutzbehörde verwiesen".

137

Diesen Ausführungen kann keine konkrete Abwägung der einander gegenüberstehenden Belange insbesondere hinsichtlich der Ausgestaltung im Einzelnen, etwa der hier angesprochenen intensiven Bebauung unmittelbar an der Wasserfläche, entnommen werden.

138

4. Die Abwägungsfehler sind beachtlich, denn sie sind offensichtlich und von Einfluss auf das Ergebnis (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Offensichtlichkeit der Mängel folgt daraus, dass sie sich aus den Planvorgängen ergeben.

139

Die Ergebnisrelevanz der Abwägungsfehler liegt auf der Hand. Ein Abwägungsmangel hat im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB Einfluss auf das Abwägungsergebnis, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre; eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planungsunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (vgl. BVerwG, U. v. 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33, 39; U. v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -, UPR 2009, 59, 61). Danach waren die Planungsfehler ergebnisrelevant.

140

Eine Berücksichtigung der Störungen, die von der Gesamtanlage, die durch den Bebauungsplan Nr.12 ermöglicht werden soll, sowie der von dem Bebauungsplan ausgelösten Konflikte hätte zu einer Modifizierung des Plankonzeptes führen können. Es besteht jedenfalls die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel im Planungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre. So hätte eine Verkleinerung des Vorhabens oder der Verzicht auf den öffentlichen Strand erwogen werden können.

141

IV. Auf die weiteren, von dem Antragsteller angeführten Gesichtspunkte, die in der mündlichen Verhandlung am 22.08.2008 ausführlich erörtert worden sind, kommt es nach alledem nicht an.

142

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

143

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 707 ff. ZPO.

144

Die Revision ist nicht zuzulassen.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.