Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 03. Nov. 2015 - 27 L 888/15

ECLI:ECLI:DE:VGD:2015:1103.27L888.15.00
bei uns veröffentlicht am03.11.2015

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 13. März 2015 (27 K 2032/15) gegen Ziffer 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 11. Februar 2015 (I-S-5.1-4-8-1/-2, 4 bis 12) zur Zuweisung von 11 UKW-Übertragungskapazitäten an die Beigeladene wird wiederhergestellt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene jeweils zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000 Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80a


(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 46 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern


Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn of

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 169


(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihre

Umweltinformationsgesetz - UIG 2005 | § 9 Schutz sonstiger Belange


(1) Soweit 1. durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden,2. Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von

Informationsfreiheitsgesetz - IFG | § 6 Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen


Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, soweit der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht. Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen darf nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19. März 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladenen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 € festgesetzt.


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Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 26. August 2013 – 7 B 62/13 – (Ziffer 1. des Tenors) wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zuletzt gegen den wasserverkehrsrechtlichen Bescheid der Antragsgegnerin zu 1. vom 04. Februar 2013 über die nach näheren Maßgaben zu Gunsten des Antragsgegners zu 2. erfolgte Genehmigung über Errichtung und Betrieb eines Fahrgastschiffanlegers mit 22 Sportbootliegeplätzen – davon 19 Gast- und 3 Dauerliegeplätzen – in der Gemarkung Schweriner See, Flur .., Flurstück ….

2

Das geplante Vorhaben liegt im Geltungsbereich der Landschaftsschutzgebietsverordnung „Schweriner Innensee und Ziegelaußensee“ vom 05. April 2005 (nachfolgend: LSGVO) sowie innerhalb des Europäischen Vogelschutzgebietes „Schweriner Seen“, DE 2235-402. Mit der durch die Verordnung erfolgten Schutzgebietsausweisung wird ein Teil des Europäischen Vogelschutzgebietes zum Schutzgebiet erklärt und das Vogelschutzgebiet Bestandteil des Europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“ (vgl. § 1 Abs. 3 LSGVO). Die geplante Steganlage soll an der südlichen Seite der Schlossbucht des Schweriner Sees errichtet werden. Der gegenüber dem S. Schloss liegende Stegstandort grenzt östlich an das Vereinsgelände des „B-Stadt e. V.“, der ebenfalls eine Steganlage betreibt, und westlich an eine vorhandene historische Bebauung.

3

Auf den Bauantrag des Antragsgegners zu 2. vom 09. Februar 2011 teilte die Antragsgegnerin zu 1. (Untere Wasserbehörde) Ersterem mit Schreiben vom 07. Juni 2011 „nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Nutzung der Gewässer für den Verkehr und die Sicherheit in den Häfen“ (Wasserverkehrs- und Hafensicherheitsgesetz - WVHaSiG M-V) zunächst lediglich eine „Handlungsrichtlinie“ mit. Da es an einem Außenverhältnis der Beteiligten mangele, werde durch die untere Wasserverkehrsbehörde kein Verwaltungsakt erlassen.

4

Am 30. März 2012 hat der Antragsteller zunächst beim Verwaltungsgericht Schwerin um einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel nachgesucht, den Antragsgegnern den Beginn mit Bauarbeiten zu untersagen. Mit Beschluss vom 30. März 2012 – 7 B 174/12 – hat das Verwaltungsgericht der Antragsgegnerin zu 1. mit sofortiger Wirkung vorläufig bis zu einer abschließenden Entscheidung in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aufgegeben, Bauarbeiten bzw. damit zusammenhängende Vorbereitungsarbeiten für den geplanten Schiffsanleger in der südlichen Schlossbucht des Schweriner Sees einzustellen bzw. – soweit sie von Dritten vorgenommen werden – zu unterbinden.

5

Nachdem die Antragsgegner ihre Absicht mitgeteilt hatten, vor Baubeginn eine FFH-Hauptprüfung durchführen zu lassen, und gegenüber dem Antragsteller zugesichert hatten, diesen gemäß der Regelung in § 30 Abs. 2 NatSchAG M-V durch Übersendung der „FFH-Hauptprüfung“ und Einräumung einer mindestens vierwöchigen Stellungnahmefrist zu beteiligen, was auch für alle sonstigen für das Vorhaben bedeutsamen Unterlagen gelte, soweit sie noch nicht übersandt worden waren, hat das Verwaltungsgericht auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 25. April 2012 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Es hat dabei zur Klarstellung darauf hingewiesen, dass der Beschluss vom 30. März 2012 nach wie vor Gültigkeit beanspruche.

6

Im August 2012 haben die Antragsgegner dem Antragsteller u. a. die FFH-Verträglichkeitsstudie „Schlossbuchtanleger Schwerin“ (Stand: 28.08.2012) und den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag „Schlossbuchtanleger 2012“ (Stand: 28.08.2012), jeweils erstellt vom Büro „P.“ B-Stadt, übermittelt; bei den Verwaltungsvorgängen befinden sich diese Unterlagen (nur) mit Stand: 13. bzw. 08. November 2012.

7

Mit wasserverkehrsrechtlichem Bescheid vom 04. Februar 2013 hat die Antragsgegnerin zu 1. gestützt auf § 6 Abs. 1 Nr. 1 WVHaSiG nach näheren Maßgaben zu Gunsten des Antragsgegners zu 2. die Genehmigung über Errichtung und Betrieb eines Fahrgastschiffanlegers mit 22 Sportbootliegeplätzen – davon 19 Gast- und 3 Dauerliegeplätzen – in der Gemarkung Schweriner See, Flur …, Flurstück … erteilt und den Bescheid mit näherer Begründung für sofort vollziehbar erklärt. Die Antragsgegnerin zu 1. hat zur Begründung des Bescheides u. a. angenommen, unter Berücksichtigung möglicher Summations-effekte mit anderen Plänen/Projekten seien keine erheblichen Beeinträchtigungen des Natura-2000-Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen zu erwarten, weil die vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen inkl. Schadensbegrenzungsmaßnahmen sowie das Risikomanagement geeignet und wirksam seien.

8

Gegen den Bescheid vom 04. Februar 2013 hat der Antragsteller unter dem 6. Februar 2013 Widerspruch eingelegt und die Aussetzung des Sofortvollzugs beantragt. Den Aussetzungsantrag hat die Antragsgegnerin zu 1. unter dem 13. Februar 2013 zurückgewiesen.

9

Mit am 07. Februar 2013 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz haben die Antragsgegner dem Verwaltungsgericht den Genehmigungsbescheid vom 04. Februar 2013 übersandt und beantragt,

10

die Rechtmäßigkeit der Genehmigung festzustellen und

11

den Baueinstellungsbeschluss vom 30. März 2012 aufzuheben.

12

Daraufhin hat das Verwaltungsgericht das ruhende Verfahren unter dem Az. 7 B 62/13 wiedereröffnet.

13

Mit am 08. März 2013 eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsteller beantragt:

14

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 06.02.2013 gegen den wasserverkehrsrechtlichen Bescheid des Antragsgegners zu 1. vom 4.2.2013 – wasserverkehrsrechtlicher Bescheid, hier: Errichtung und Betrieb eines Fahrgastschiffanlegers mit 22 Sportbootliegeplätzen, davon 19 Gastliegeplätze und drei Dauerliegeplätze in Schwerin, F. Weg 19, in der Gemarkung Schweriner See, Flur …, Flurstück … – wird wiederhergestellt.

15

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 26. August 2013 hat das Verwaltungsgericht den Beschluss vom 30. März 2012 – 7 B 174/12 – klarstellend aufgehoben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 06. Februar 2013 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin zu 1. vom 04. Februar 2013 wiederhergestellt (Ziffer 1. des Tenors). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller sei zunächst nach Maßgabe von § 64 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG antragsbefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, weil er das Ergebnis der Verträglichkeitsstudie bzw. diese selbst beanstande und deshalb geltend mache, es sei nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, dass es für die Zulassungsfähigkeit des Vorhabens einer Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 – 5 BNatSchG bedurft hätte. Diese Rüge sei durch sein Beanstandungsrecht gedeckt. Der Antrag sei auch begründet. Das Verwaltungsgericht gehe zunächst davon aus, dass die erteilte Genehmigung mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig sei. Sie leide daran, dass die Antragsgegnerin zu 1. zu Unrecht von einer vollumfänglichen Verwertbarkeit der vom Antragsgegner zu 2. in Auftrag gegebenen Verträglichkeitsstudie vom 13. November 2012 des Büros „P.“ ausgehe. Der Antragsteller habe Mängel der FFH-Verträglichkeitsstudie gerügt, die ihre vollumfängliche Verwertbarkeit zum nach § 34 BNatSchG notwendigen Ausschluss von erheblichen Beeinträchtigungen ausgeschlossen erscheinen ließen. Das gelte auch unter Berücksichtigung der späterhin während des laufenden gerichtlichen Verfahrens von der Antragsgegnerin zu 1. veranlassten Begutachtungen durch das K. Institut, Dr. M.. Dabei könnten sich die Antragsgegner nicht auf die fehlende Notwendigkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung berufen. Deren Notwendigkeit ergebe sich bereits aus der „Abschätzung der Ergebnisse einer FFH-Vorprüfung hinsichtlich des SPA Schweriner Seen (DE 2235-402)“ vom S.-Kooperationsbüro für Umwelt und Landschaftsplanung, Dr. W. S., mit Stand vom 02. April 2012. Für die Verträglichkeitsprüfung gelte, dass ein Projekt, das zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Natura-2000-Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, unzulässig sei, es sei denn es lägen die Abweichungsvoraussetzungen des § 34 Abs. 3 – 5 BNatSchG vor. Die vorliegend erarbeitete FFH-Verträglichkeitsstudie gebe nur in Teilen verwertbare Antworten auf die Frage einer Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes bei einer Umsetzung des hier in Rede stehenden Projekts. Die Studie übersehe zwar die hohen Vorbelastungen im Schweriner See für die maßgeblichen Erhaltungsziele durch den Bootsverkehr nicht, setze sich aber dann nicht hinreichend mit der für das gesamte Schutzgebiet durch das Vorhaben zu erwartenden Zusatzbelastung auseinander bzw. blende diese ohne nachvollziehbare Begründung aus. Für das Gericht sei – was ausführlich begründet wird – nicht mehr nachvollziehbar, dass nach einer Grundprämisse die Studie im Hinblick auf die sog. betriebsbedingten Wirkfaktoren grundsätzlich davon ausgehe, dass sowohl die 19 neuen sogenannten Gastliegeplätze als auch der Fahrgastschiffanleger, der schon von seiner Begrifflichkeit her für Großschiffe, also auch Seekreuzfahrer bzw. Hotelschiffe mit Übernachtungsmöglichkeit, gedacht sei, lediglich von bereits jetzt im See verkehrenden Wasserfahrzeugen angesteuert werde; denklogisch werde an diese Arbeitshypothesen anknüpfend für die weiteren Betrachtungen der Studie davon ausgegangen, dass durch die Projektverwirklichung kein zusätzlich erzeugter Schiffsverkehr, jedenfalls aber nicht ein Mehr an Schiffen im FFH-Gebiet zu erwarten sei. Dieses Manko der Studie werde auch nicht durch den Umstand egalisiert, dass nach der S.-Studie 2011 der vorhandene Bootsbestand bereits eine immense Vorbelastung darstelle; ebenso wenig lasse sich dieses Manko der Studie durch ein fehlendes Überschreiten der Bagatellgrenze relativieren. Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand sei damit davon auszugehen, dass mit dem Vorhaben Auswirkungen bezweckt würden, die zu einer deutlichen Zunahme des Bootsverkehrs und der von diesem zu erwartenden negativen Auswirkungen im Gesamtschutzgebiet führen werde; andere Annahmen wären insoweit – auch unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise – eher lebensfremd und von nur geringerer Wahrscheinlichkeit. Unabhängig von diesen Erwägungen müsse im Übrigen bei unterstellt offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens eine reine Interessenabwägung – was näher ausgeführt wird – zu Lasten der Antragsgegner gehen.

II.

16

Die von beiden Antragsgegnern fristgemäß eingelegte und gleichermaßen fristgemäß begründete Beschwerde gegen Ziffer 1. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 26. August 2013 – 7 B 62/13 – hat keinen Erfolg.

17

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt.

18

Die mit der Beschwerde benannten Gründe rechtfertigen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Sie vermögen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die erteilte Genehmigung sei derzeit mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, daraus resultierend werde der Hauptsacherechtsbehelf voraussichtlichen Erfolg haben, nicht zu erschüttern; die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller sei mit Blick auf die ihm gesetzlich eingeräumten Beteiligungsrechte antragsbefugt, stellt das Beschwerdevorbringen nicht in Frage.

19

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. i. V. m. § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 80a Rn. 17) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Abs. 2 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Die gerichtliche Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ergeht auf der Grundlage einer Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind auf der einen Seite das private Interesse des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug des Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (Aussetzungsinteresse), und auf der anderen Seite das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes (Vollziehungsinteresse) bzw. – im Falle des § 80a VwGO – das entsprechende private Vollziehungsinteresse. Im Rahmen der Interessenabwägung ist der Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bzw. der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. In der Regel überwiegt das öffentliche/private Vollziehungsinteresse, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt nach dem Prüfungsmaßstab des – summarischen – vorläufigen Rechtsschutzverfahrens als rechtmäßig erweist und der Rechtsbehelf in der Hauptsache ohne Aussicht auf Erfolg sein dürfte. Demgegenüber überwiegt grundsätzlich das private Aussetzungsinteresse, wenn sich der Verwaltungsakt nach diesem Maßstab als rechtswidrig erweist und der Rechtsbehelf in der Hauptsache voraussichtlich Erfolg haben wird; an der Vollziehung eines rechtswidrigen Bescheides besteht regelmäßig kein schutzwürdiges öffentliches Interesse. Lässt sich die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht in diesem Sinne klären bzw. ist der Ausgang der Hauptsache offen, bedarf es einer Abwägung der (sonstigen) wechselseitigen Interessen.

20

Diesen Maßstab hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt. Dass die mit der Beschwerde benannten Gründe keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung rechtfertigen, gilt zunächst für das Beschwerdevorbringen, entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei nicht mit einer Zunahme des Fahrgastschiffsverkehrs oder – mit Blick auf die Gastliegeplätze – sonstigen Bootsverkehrs zu rechnen, folglich seien in Einklang mit der FFH-Verträglichkeitsstudie, deren Ergebnisse nachvollziehbar seien, sekundäre Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des Schutzgebiets nicht zu besorgen, folglich habe die Genehmigung in rechtmäßiger Weise erteilt werden dürfen.

21

Damit vermögen die Antragsgegner nicht durchzudringen.

22

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-​Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Durch diese Vorschrift wird Art. 6 Abs. 3 FFH-​RL in nationales Recht umgesetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine FFH-​Verträglichkeitsprüfung erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können, also zumindest vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen. Der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung ist eine Vorprüfung bzw. Erheblichkeitseinschätzung (sog. Screening) vorgeschaltet. Die dabei anzulegenden Maßstäbe sind nicht identisch mit den Maßstäben für die Verträglichkeitsprüfung selbst. Bei der Vorprüfung ist nur zu untersuchen, ob erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebiets ernstlich zu besorgen sind. Erst wenn das zu bejahen ist, schließt sich die Verträglichkeitsprüfung mit ihren Anforderungen an den diese Besorgnis ausräumenden naturschutzfachlichen Gegenbeweis an. Der Ausschluss einer Qualitätseinbuße für das Schutzgebiet setzt voraus, dass hieran aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel besteht, wofür der Planungsträger beweispflichtig ist. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele, also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-​Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II FFH-​RL. Die Erhaltungsziele ergeben sich aus der Schutzerklärung bzw. aus den zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-​Datenbögen. Ob ein Projekt ein FFH-​Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Unerheblich sind demgegenüber nur Beeinträchtigungen, die kein Erhaltungsziel nachteilig berühren (vgl. zum Ganzen – m. w. N. – OVG Greifswald, Beschl. v. 05.07.2013 – 1 M 144/13 –; Beschl. v. 05.11.2012 – 3 M 143/12 –, NordÖR 2013, 120; Urt. v. 30.06.2010 – 3 K 19/06 –, NuR 2011, 136 – zitiert nach juris).

23

Mit Blick auf die Vorbelastung eines Schutzgebietes ist zwar zu berücksichtigen, dass Art. 6 Abs. 3 FFH-​RL und § 34 Abs. 1 und 2 BNatSchG einen projektbezogenen Prüfungsansatz fordern; zu beurteilen sind jedoch die Auswirkungen des jeweiligen konkreten Vorhabens. Diese Beurteilung kann aber nicht losgelöst von dem Zustand des zu schützenden Gebietsbestandteils und der Einwirkungen, denen dieser im Übrigen unterliegt, vorgenommen werden. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele. Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist jedoch nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite unterliegt. So kann eine Vorbelastung bereits zu Vorschädigungen führen, die einen verschlechterten Erhaltungszustand zur Folge haben. Sie kann aber auch Auswirkungen nach sich ziehen, die von dem Lebensraum oder der Art noch ungeschädigt verkraftet werden, die jedoch deren Fähigkeit, Zusatzbelastungen zu tolerieren, einschränken oder ausschließen. Daher liegt es auf der Hand, dass für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar ist. Dementsprechend ist der Einwand, bereits die Vorbelastung bewege sich in einem kritischen Bereich, beachtlich; ein aufgrund der Vorbelastung aktuell ungünstiger Erhaltungszustand rechtfertigt keine zusätzliche Beeinträchtigung (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 10.11.2009 – 9 B 28/09 –, DVBl. 2010, 176 – zitiert nach juris). Befindet sich ein FFH-Gebiet gegenwärtig ganz oder teilweise in einem ungünstigen Erhaltungszustand, ist es grundsätzlich für jegliche Zusatzbelastung gesperrt (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 30.06.2010 – 3 K 19/06 –, NuR 2011, 136 – zitiert nach juris).

24

Kommt es für die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung darauf an, ob diese dem Erhaltungsziel zuwiderläuft, so ist grundsätzlich jede Überschreitung eines Wertes, der die Grenze der nach naturschutzfachlicher Einschätzung für das Erhaltungsziel unbedenklichen Auswirkungen bestimmter Art markiert, als erheblich anzusehen. Critical Loads sind als naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen in diesem Sinne zu verstehen; sie sollen die Gewähr dafür bieten, dass an dem Schutzgut auch langfristig keine signifikant schädlichen Effekte auftreten. Schöpft bereits die Vorbelastung die Belastungsgrenze aus oder überschreitet sie diese sogar, so folgt daraus, dass prinzipiell jede Zusatzbelastung dem Erhaltungsziel zuwiderläuft und deshalb erheblich ist, weil sie die kritische Grenze überschreitet oder schon mit der Vorbelastung verbundene Schadeffekte verstärkt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 10.11.2009 – 9 B 28/09 –, a. a. O.).

25

Unabhängig davon steht auch die festgestellte Zielunverträglichkeit allerdings unter einem Bagatellvorbehalt, der seine Rechtfertigung im gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 3 EG) findet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.2009 – 9 B 28/09 –, a. a. O.; vgl. auch OVG Greifswald, Urt. v. 30.06.2010 – 3 K 19/06 –, NuR 2011, 136 – zitiert nach juris).

26

Vor dem Hintergrund dieses rechtlichen Maßstabes ist zunächst festzuhalten, dass die Antragsgegner mit ihrem Beschwerdevorbringen die rechtliche Notwendigkeit einer Verträglichkeitsprüfung – mit ihren Anforderungen an den die Besorgnis einer erheblichen Beeinträchtigung ausräumenden naturschutzfachlichen Gegenbeweis – gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG nicht in Frage stellen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO); die diesbezüglichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts werden nicht angegriffen. An deren Richtigkeit bestehen im Übrigen nach dem Prüfungsmaßstab des summarischen vorläufigen Rechtsschutzverfahrens auch keine durchgreifenden Zweifel (vgl. im Übrigen auch die Antwort der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern auf eine kleine Anfrage zum geplanten Schiffsanleger, Landtagsdrucksache 6/239).

27

Ohne dass dies unter dem Eindruck des Beschwerdevorbringens solchen Zweifeln ausgesetzt wäre, durfte das Verwaltungsgericht unter den von ihm benannten zutreffenden Gründen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO) zudem davon ausgehen, dass die im Genehmigungsverfahren durchgeführte Verträglichkeitsprüfung – auch unter Berücksichtigung der im gerichtlichen Verfahren von Antragsgegnerseite beigebrachten naturschutzfachlichen Bewertungen – im Ergebnis in dem Sinne nicht verwertbar ist, als sie den erforderlichen Nachweis, dass erhebliche Beeinträchtigungen ausgeschlossen werden können, nicht zu erbringen vermag. Demzufolge konnte das Verwaltungsgericht nach aktuellem Erkenntnisstand die zutreffende Schlussfolgerung ziehen, dass die vor Zulassung oder Durchführung des Vorhabens erforderliche Verträglichkeitsprüfung noch nicht in hinreichendem Maße durchgeführt worden ist und folglich eine Genehmigung jedenfalls noch nicht erfolgen durfte.

28

Mit dieser vom Verwaltungsgericht als entscheidungstragend herausgestellten Erwägung ist zugleich die Frage nach der verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte in naturschutzrechtlichen Verwaltungsstreitverfahren angesprochen. Auch wenn der Behörde im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf bestimmte naturschutzfachliche Fragestellungen eine Einschätzungsprärogative zuzubilligen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299 – zitiert nach juris ), muss sie doch insbesondere den gerichtlich überprüfbaren Anforderungen der Ermittlung der Projekteinwirkungen bzw. Erfassung von Beeinträchtigungen genügen und dazu alle – wissenschaftlichen – Mittel und Quellen ausschöpfen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 – 9 A 3.06 –, BVerwGE 130, 299 – zitiert nach juris ). Das Verwaltungsgericht war folglich verpflichtet zu überprüfen, ob im Gesamtergebnis die Verträglichkeitsprüfung sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichte, um die Behörde in die Lage zu versetzen, erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebiets durch das Vorhaben auszuschließen.

29

Das Verwaltungsgericht kritisiert insoweit zu Recht die Ermittlungstiefe der vorliegenden FFH-Verträglichkeitsstudie hinsichtlich der sekundären Projekteinwirkungen, wenn es darauf hinweist, dass diese zwar die hohen Vorbelastungen im Schweriner See für die maßgeblichen Erhaltungsziele durch den Bootsverkehr nicht übersehe, sich aber dann nicht hinreichend mit der für das gesamte Schutzgebiet durch das Vorhaben zu erwartenden Zusatzbelastung auseinandersetze bzw. diese ohne nachvollziehbare Begründung ausblende. Es trifft zu, dass die Studie in Ansehung der betriebsbedingten Wirkfaktoren schlicht unterstellt, dass sowohl die 19 neuen sogenannten Gastliegeplätze als auch der Fahrgastschiffanleger lediglich von bereits jetzt im See verkehrenden Wasserfahrzeugen angesteuert werden werde (vgl. auch den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag des Büros P. zum Schlossbuchtanleger Schwerin, Stand: 08. November 2012, S. 16). Was die tragfähige bzw. wenigstens plausible Grundlage dieser Annahme sein soll, bleibt offen. In diesem Kontext räumt die Studie (S. 29) im Übrigen selbst „Datenlücken“ ein und führt dazu aus:

30

„Die Auswirkungen der tatsächlichen Zunahme von Bootsverkehr und davon resultierenden Störungen auf Vogelarten können nur grob prognostiziert werden, da weder bekannt ist, wie viele Boote welche Bereiche heute befahren noch wie viele Boote welche Bereiche zu welchen Zeiten zukünftig befahren werden. Zu Vorbelastungen in der Schlossbucht wurden Karten mit Angaben von Steganlagen, Angaben der Homepage der „W.“ und mündliche Aussagen von in diesem Bereich aktiven Wassersportlern ausgewertet.“

31

Hierzu ist zudem anzumerken, dass in Ansehung der Frage nach einem zu erwartenden Verkehr von Fahrgastschiffen ein Blick auf die Homepage der „W.“ offensichtlich zu kurz greift. Die in Bezug genommenen Quellen und ihr Inhalt sind nicht hinreichend konkret benannt bzw. wiedergegeben und/oder in der Studie oder ihren Anlagen nicht hinreichend dokumentiert. Eine Überprüfung ist deshalb nicht möglich.

32

Die vorstehenden Erwägungen treffen im Übrigen auch – worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat – für die von Antragsgegnerseite im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Stellungnahme von Dr. M. vom 10. Juni 2013 zu (vgl. dort S. 8: „Laut vorliegenden Unterlagen kommt es nicht zu einer generellen Zunahme des Bootsverkehrs auf dem Schweriner See“). Jedenfalls in einem gewissen Widerspruch zu der vorerwähnten Annahme der Studie führt diese an anderer Stelle hinsichtlich der zukünftigen Nutzung des geplanten Stegs aus, es werde „neben der voraussichtlichen Nutzung durch eine Flussschifffahrtslinie auch eine häufigere Nutzung durch Fahrgastschifffahrt angenommen“. Ohne nähere Betrachtungen dazu, wie Gastliegeplätze regelmäßig genutzt werden und im Bereich des geplanten Vorhabens voraussichtlich genutzt werden, erscheint es ebenso wenig nachvollziehbar, dass nach Maßgabe der FFH-Studie einerseits die drei neu geplanten Dauerliegeplätze die Stilllegung von vier Dauerliegeplätzen als Kompensation erforderlich machen sollen, um eine Zunahme von Störungen im Schutzgebiet zu vermeiden, andererseits aber 19 Gastliegeplätze keinerlei Kompensationsbedarf begründen können sollen.

33

Abgesehen von den bereits vom Verwaltungsgericht gegen die Richtigkeit einer solchen Annahme angeführten Gesichtspunkte belegt der mit dem Bauantrag vorgelegte „Erläuterungsbericht“ der P. D. GmbH zum Vorhaben der Landeshauptstadt B-Stadt „Anleger Schlossbucht Entwurfs- und Genehmigungsplanung“ deutlich, dass das Vorhaben auf die Generierung zusätzlichen Schifffahrts- und Bootstourismus und damit auf zusätzliche Schiffs- und Bootsbewegungen auf dem Schweriner See zielt. Zur „Veranlassung“ des Vorhabens heißt es nämlich:

34

„Der Schweriner See bietet besonders in den Sommermonaten vielen Erholungssuchenden aus dem umliegenden Territorium sowie Urlaubern und Touristen die Möglichkeit des aktiven Wassersports und der Erholung. In den vergangenen Jahren verzeichnete der Wassertourismus auch mit Flusskreuzfahrten am Schweriner See einen stetigen Zuwachs. Der Bedarf von Anlagen für Fahrgastschiffe und Wasserwanderer mit gewachsenen Ansprüchen an Qualität und Quantität im Revier ist somit gegeben. …“

35

Ebenso wird in der Stellungnahme der Antragsgegnerin zu 1. gegenüber den Fraktionen SPD und Grüne vom 14. Februar 2012 zum „Schiffsanleger in der Schlossbucht“ u. a. auf die Verbesserung der wassertouristischen Infrastruktur und darauf verwiesen, dass „aufgrund der besonders attraktiven Lage … durchaus von einer guten Frequenz ausgegangen werden (kann), u. a. auch bei Rundfahrten die von maritimen Unternehmen und/oder Hotels etc. für ihre Gäste durchgeführt werden, wie z. B. M. Nord oder S. Hotel“. Insbesondere die augenscheinlich von der Antragsgegnerin zu 1. als zukünftig realistisch prognostizierte Nutzung des Schlossbuchtanlegers durch Hotels hat in der FFH-Studie keinerlei Berücksichtigung gefunden.

36

Aufgrund der mit dem Beschwerdevorbringen lediglich behaupteten, nicht aber näher substantiierten Planungen und Absichten von einzelnen Fahrgastschiffbetreibern kann jedenfalls weder die Wahrscheinlichkeit einer Zunahme des Schiffsverkehrs verneint noch die Ausgangshypothese der Verträglichkeitsprüfung, der neue Anleger würde nur von auf dem See schon vorhandenen Schiffen genutzt werden, substantiell belegt bzw. den an einen entsprechenden Nachweis zu stellenden Anforderungen hinreichend Rechnung getragen werden. In Widerspruch zu dieser Behauptung steht zudem die Stellungnahme des Amtes 60 der Landeshauptstadt Schwerin zum Schlossbuchtanleger in Schwerin vom 23. Oktober 2012. Abgesehen davon, dass auch hier – was mit Blick auf die dort vorangestellten Ausführungen unmittelbar einleuchtend ist – hervorgehoben wird, ein Anleger sei für die öffentliche Fährlinie, für Charter- und Kreuzfahrten und öffentliche Gastliegeplätze für Bootsurlauber an diesem Standort erforderlich, sind darin – zwar knapp, aber immerhin – auch “Stellungnahmen potentieller Nutzer des Anlegers“ wiedergegeben: So werde vom Schiffseigner der MS M. u. a. darauf hingewiesen, dass seit vielen Jahren die Kreuzfahrt von Schwerin nach Berlin ermöglicht werde. Im Jahr 2011 habe es zwölf ca. zweitägige Aufenthalte in Schwerin gegeben. Die MS M. habe in den vergangenen Jahren nur deshalb in Z-Stadt angelegt, weil es mit der „W.“ zu keiner Einigung über die Modalitäten bezüglich der Anlegemöglichkeit gekommen sei. Der Schlossbuchtanleger, der öffentlich genutzt werden könne, biete auf jeden Fall erheblich größere touristische Entwicklungsmöglichkeiten für Kreuzfahrer wie auch für Chartertouren etc. Auch das Hotel „S.“ unterstütze danach das Projekt, weil man festgestellt habe, dass die Zahl der Wasserwanderer, die das Hotel über dessen Anleger besuchen, in den letzten Jahren zugenommen habe.

37

Wenn die Antragsgegner hinsichtlich der Gastliegeplätze zudem behaupten, „das zusätzliche Anlocken von Wassertouristen aus anderen Wassersportgebieten ist nicht realistisch“, stellt sich die mehr als naheliegende Frage, wozu es denn dann des geplanten Anlegers überhaupt bedarf. Ebenso wenig nachvollziehbar ist der Vortrag, die Gastliegeplätze sollten von Booten genutzt werden, die bisher an anderen Stellen im Schweriner See geankert hätten, z. B. in Raben Steinfeld. Auf der Grundlage welcher – aktenmäßig dokumentierten – Erkenntnisse dieser Vortrag fußt und wieso es zu der angeblich angestrebten Zentralisierung des Bootsverkehrs in der Schlossbucht und Beruhigung der weniger zentralen Randbereiche kommen können soll, bleibt im Dunkeln.

38

Insoweit folgt der Senat dem Verwaltungsgericht in seiner Schlussfolgerung, dass es Aufgabe der FFH-Studie gewesen wäre, ausgehend von der von ihr selbst zugrunde gelegten Vorbelastung durch Bootsverkehr (vgl. hierzu insbesondere S. 25 und 86; nach S. hätten die derzeit vorhandenen Bootszahlen eine noch verträgliche Schwelle längst überschritten, vgl. insoweit S. 53 der als Anlage 4 zur Studie geführten Brut- und Rastvogelkartierung 2010 Schweriner Innensee und Ziegelaußensee – Endbericht; vgl. auch M. in seiner Stellungnahme vom 10. Juni 2013, S. 2), der als hauptsächliche Störquelle für Wasservögel identifiziert wird (vgl. S. 23 der FFH-Studie), nach wissenschaftlichen Maßstäben insbesondere sekundäre Auswirkungen des Vorhabens in Gestalt einer wahrscheinlichen, nach der Lage der Dinge bezweckten Zunahme des Schiffs- und Bootsverkehrs zu analysieren, um dann ggfs. nachvollziehbar und auf hinreichender Tatsachengrundlage darzulegen, warum eine zusätzliche bzw. erhebliche Belastung bzw. Beeinträchtigung des Schutzgebiets ausgeschlossen werden kann, ggfs. durch welche Kompensationsmaßnahmen. Dazu hätte z. B. mindestens das Touristische Entwicklungskonzept für die Landeshauptstadt Schwerin, auf das sich auch die Begründung des angegriffenen Genehmigungsbescheides bezieht, in eine unabhängige Bewertung einbezogen werden müssen. Die erörterten Defizite der FFH-Verträglichkeitsprüfung sind schließlich nicht recht nachvollziehbar, da in der gutachterlichen Stellungnahme des S.-Kooperationsbüros für Umwelt- und Landschaftsplanung zur „Abschätzung der Ergebnisse einer FFH-Vorprüfung hinsichtlich des SPA Schweriner Seen (DE 2235-402)“ mit Stand: 01. April 2012 gerade im Zusammenhang mit den sekundären Beeinträchtigungen, die von dem Vorhaben ausgehen können, ausgeführt worden ist, diese „sollten daher im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung gründlich untersucht werden“.

39

Nach alledem geht das weitere Beschwerdevorbringen zur Frage der Überschreitung der Belastungsschwelle ins Leere, da seiner Ausgangsprämisse, der Bootsverkehr auf dem Schweriner See steige vorhabenbedingt nicht an, eine belastbare Basis in Gestalt einer insoweit hinreichenden Verträglichkeitsprüfung fehlt. Gleiches gilt für die Frage, ob ausgeschlossen werden kann, dass eine Verbesserung der Situation der Vögel und damit eine Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes durch das Vorhaben verhindert wird, ferner für die Frage, ob eine Bagatellgrenze nicht überschritten wird.

40

Mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen kommt es schon nicht mehr darauf an, ob die im Übrigen vom Verwaltungsgericht unabhängig vorgenommene Interessenabwägung Bedenken begegnet. Sie ist entgegen dem Beschwerdevorbringen aber im Ergebnis auch nicht zu beanstanden.

41

Soweit die Antragsgegner geltend machen, ihnen sei im Rahmen der Interessenabwägung zugute zu halten, dass „das Vorhaben mit Augenmaß geplant worden (sei) und sich harmonisch in die nähere Umgebung (einfüge)“, und dies näher erläutern, ist nicht zu erkennen, inwieweit dieser Umstand dazu geeignet sein könnte, die sofortige Vollziehung des angegriffenen Genehmigungsbescheides zu rechtfertigen bzw. gegen ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung zu sprechen. Auch begegnet die Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Bedenken, in die Betrachtungen seien ggf. schon von Antragsgegnerseite vorgenommene Investitionen nicht einzubeziehen, weil sie vor der Schaffung von vollziehbarem „Baurecht“ und damit auf eigenes wirtschaftliches Risiko erfolgt seien. Warum – so das Beschwerdevorbringen – diese Überlegung auf private Bauherren zutreffen, aber „nicht ohne weiteres auf öffentliche Bauherren übertragen werden“ können soll, begründen die Antragsgegner nicht überzeugend. Soweit sie als zentrales Argument anführen, hier seien nicht private Bauinteressen gegen öffentliche Naturschutzinteressen abzuwägen, sondern öffentliche Naturschutzinteressen gegen haushalterische Interessen der öffentlichen Hand, liegt dies neben der Sache. Der Erwägung des Verwaltungsgerichts liegt ersichtlich der Gedanke zugrunde, dass vor Ergehen eines Genehmigungsbescheides getätigte Investitionen keinen Vertrauensschutz genießen. Diese Überlegung trifft für private Bauinteressen und im öffentlichen Interesse geplante Bauvorhaben der öffentlichen Hand aber grundsätzlich in gleicher Weise zu. Natürlich kann auch entgegen dem Beschwerdevorbringen einem gewichtigen öffentlichen Interesse gegenüber einem weniger gewichtigen öffentlichen Interesse in der Abwägung ein Vorrang eingeräumt werden. Auch wenn dies an sich keiner Erwähnung bedarf, sind offensichtlich nicht alle öffentlichen Interessen gleichrangig. Dem Rechtsstandpunkt der Antragsgegner, jedenfalls hätte der Bau des Anlegers bis zur Hautsacheentscheidung wegen der dann von der Allgemeinheit zu tragenden Kosten nicht „vollständig“ untersagt werden dürfen, es hätte geprüft werden müssen, ob nicht die Kosten eines ggf. erforderlichen Rückbaus hinter den Kosten zurückblieben, die durch eine jahrelange Bauverzögerung entstünden, wobei auch die fristgebundene Bewilligung von Fördermitteln des Landes zu berücksichtigen sei, ist ebenfalls nicht zu folgen. Diese Argumentation berücksichtigt Folgendes nicht: Dürfte der Anleger bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens errichtet werden, obsiegt der Antragsteller aber letztendlich in diesem, würden in die Negativbilanz nicht nur Rückbaukosten einzustellen sein, sondern auch die vorher aufgewandten Baukosten und Bauinvestitionen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Errichtung des Anlegers stehen. Damit verbunden wäre gleichzeitig ein Totalverlust der von den Antragsgegnern reklamierten Fördermittel des Landes, unabhängig von der Frage, ob diese überhaupt für ein nicht bestandskräftig genehmigtes Vorhaben ausgereicht werden könnten. Hinsichtlich der Fördermittel ist zudem zu beachten, dass diese zwar im Hinblick auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers möglicherweise nicht mehr von der Antragsgegnerin zu 2. in Anspruch genommen werden könnten; sie wären jedoch nicht „weg“, anders als in der zuvor beschriebenen Situation. Denn entweder hätten sie dann im öffentlichen Interesse für ein anderes Vorhaben in Anspruch genommen werden können oder wären im Falle des Nichtabrufs jedenfalls im Landeshaushalt verblieben. Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für die Zulassung eines weitestgehend funktionslosen Steges; dass die möglicherweise unbedenkliche teilweise Errichtung ausschließlich der Dauerliegeplätze in Betracht käme, ist nicht ersichtlich. Von den Antragsgegnern angesprochene Schadensersatzforderungen sind zum einen nicht substantiiert vorgetragen bzw. glaubhaft gemacht, zum anderen gilt auch insoweit, dass Schadensersatzansprüche auslösende vertragliche Vereinbarungen vor Ergehen des Genehmigungsbescheides keinen Vertrauensschutz genießen können. Dass ebenfalls geltend gemachte, nicht näher konkretisierte Preissteigerungen ein anderes Ergebnis der Interessenabwägung nach sich ziehen könnten, ist nicht ersichtlich. Schließlich kann auch die gesetzgeberische Grundentscheidung, dass Vorhaben vor ihrer Zulassung einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind und der Ausschluss einer Qualitätseinbuße für das Schutzgebiet voraussetzt, dass hieran aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel besteht, der Vorhabenträger also den entsprechenden Beweis erbringen muss, nicht außer Betracht bleiben. Ist – unterstellt – offen, ob die durchgeführte Verträglichkeitsprüfung den rechtlichen Anforderungen genügt und ob erhebliche Beeinträchtigungen zu befürchten sind, kommt danach vorliegend die Durchführung des Vorhabens noch nicht in Betracht.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

43

Hinweis:

44

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufungen der Kläger werden die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. Februar 2014 - 2 K 3238/12 und 2 K 3104/12 - geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17. September 2012 werden aufgehoben.

Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten durch die Kläger im Vorverfahren werden für notwendig erklärt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die Beklagte.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 (Urkunde Notariat Friedrichshafen II Nr. 53/2001) veräußerte der Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 das mit einem Gebäude bebaute Grundstück Flst.Nr. ..., ..., in ... einem Kaufpreis von 285.000,- EUR. An das Grundstück schließt sich in südöstlicher Richtung das der Beklagten gehörende Grundstück Flst.Nr. ... an, das mit einer Sporthalle (sog. „kleine Turnhalle“) bebaut ist. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des durch Satzung vom 22.09.2008 förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Nach der vorbereitenden Untersuchung zu dem Untersuchungsgebiet besteht u.a. für das Turnhallengebäude ein dringender Sanierungsbedarf bzw. ein Bedarf für die Errichtung eines Neubaus unter Einbeziehung benachbarter Grundstücke. Dem Abschluss des Kaufvertrages zwischen den Klägern waren erfolglos verlaufende Verkaufsverhandlungen zwischen dem Kläger zu 1 und der Beklagten über das Grundstück vorausgegangen.
Mit Schreiben vom 01.07.2011, bei der Beklagten eingegangen am 04.07.2011, übersandte das Notariat Friedrichshafen II eine beglaubigte Abschrift des Kaufvertrages vom 30.06.2011 als Vorkaufsrechtsanzeige. Der Kläger zu 1 teilte der Beklagten unter dem 01.07.2011 gleichfalls den Abschluss des notariellen Kaufvertrages mit.
Der Gemeinderat der Beklagten befasste sich mit der Ausübung eines Vorkaufsrechts hinsichtlich des Grundstücks nach §§ 24 ff. BauGB zunächst in nichtöffentlicher Sitzung am 25.07.2011. Die Einladung vom 15.07.2011 des Bürgermeisters der Beklagten zu der Gemeinderatssitzung am 25.07.2011 sah unter Tagesordnungspunkt 1. für den nichtöffentlichen Teil (Beginn 17.00 Uhr) vor:
„Beratung zum Verwendungszweck der Flurstücke ... (kleine Turnhalle) und ... (...Straße ...) im Rahmen der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme „Östlicher Ortskern“ und Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde zum Erwerb des Grundstücks Flst. ... – (...) Über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die zukünftige öffentliche Nutzung des Grundstücks ist zu beraten. Die Entscheidung über die öffentliche Nutzung und die Ausübung des Vorkaufsrechts hat in öffentlicher Sitzung zu erfolgen.“
Nach kontroverser Diskussion über die Ausübung des Vorkaufsrechtes erging in der nichtöffentlichen Sitzung der Beschluss, vor einer weiteren Entscheidung zum Sachverhalt, die rechtliche Stellungnahme eines Fachanwaltes einzuholen. Nach dieser Stellungnahme solle eine nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats erfolgen, in der eine rechtliche Beratung über das Verfahren zur Ausübung eines Vorkaufsrechtes durch die Gemeinde durch einen Fachanwalt erfolgen solle.
Diese nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats fand am 01.08.2011 unter Teilnahme des Beklagtenvertreters statt. Nachdem der Bürgermeister den Sachverhalt dargelegt und klargestellt hatte, dass keine Sachdiskussion bezüglich der Ausübung des Vorkaufsrechts geführt werde, erläuterte der Beklagtenvertreter umfassend die rechtliche Lage. Er wies hierbei eingangs insbesondere darauf hin, dass Beratung und Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts in öffentlicher Sitzung erfolgen müssten. Dabei reiche es auch nicht aus, wenn in einer nichtöffentlichen Sitzung beraten worden sei und anschließend in öffentlicher Sitzung trotz Gelegenheit zur Wortmeldung keine Aussprache stattfinde, sondern wegen der Vorberatung in öffentlicher Sitzung nur noch die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen werde. Die bisherigen Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung müssten daher als gegenstandslos behandelt werden. Die Beschlussfassung müsse unbefangen und unbeeindruckt von der nichtöffentlichen Beratung in öffentlicher Sitzung erfolgen, da nur so der Fehler der nichtöffentlichen Beratung wieder ausgeräumt werden könne. Nach zahlreichen Wortmeldungen der Gemeinderatsmitglieder und Rückfragen an den Beklagtenvertreter zu den Voraussetzungen, möglichen negativen rechtlichen Folgen sowie einer rechtlich sicheren Vorgehensweise bei der Ausübung des Vorkaufsrechts, fasste der Gemeinderat schließlich den nachfolgenden einstimmigen Beschluss:
1. „Herr Prof. ... wird mit der Begleitung der Ausübung des Vorkaufsrechts beauftragt.
2. Es wird festgestellt, dass die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden wird. Die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 ist als gegenstandslos zu betrachten.“
Mit Schreiben vom 02.08.2011 teilte die Beklagte sowohl dem Kläger zu 1 als auch dem Kläger zu 2 mit, dass beabsichtigt sei, das Sanierungs- und Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortzuschreiben und zu konkretisieren. Die Verwaltung werde dem Gemeinderat vorschlagen, das der Gemeinde gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB zustehende Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst.Nr. ... zum Wohle der Allgemeinheit auszuüben. Den Klägern wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.08.2011 eingeräumt.
10 
In der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 beschloss der Gemeinderat zunächst die Fortschreibung und Konkretisierung des Entwicklungskonzepts im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ u.a. zur Schaffung öffentlicher und privater Stellplätze unter Inanspruchnahme der Flst.Nrn. ... (... Straße ...) und ... (kleine Turnhalle). Danach schilderte der Bürgermeister unter dem nächsten Tagesordnungspunkt „Ausübung des Vorkaufsrechts“ die Situation zum städtebaulichen Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ sowie zum Kaufvertrag über die Veräußerung des Grundstücks ... Straße ... Im Folgenden verwies er auf die Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe. Gemeinderat Z. äußerte, der Gemeinderat müsse in jedem Fall von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Es sei schade, dass das Grundstück nicht bereits im Vorfeld auf „normale Art und Weise“ habe erworben werden können. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei von der Vorgehensweise aber nun rechtlich einwandfrei. Gemeinderat K. wies darauf hin, dass im Sinne des Allgemeinwohls das Vorkaufsrecht entsprechend dem Beschlussvorschlag ausgeübt werden solle. Gemeinderat M. schloss sich seinen Vorrednern an und äußerte, dass „die Sache entsprechend vorberaten“ worden sei. Der Gemeinderat beschloss sodann die Ausübung des Vorkaufsrechts am Grundstück Flst.Nr. ..., ... Straße ...
11 
Mit Bescheid vom 31.08.2011 übte die Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1 das Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst.Nr. ... aus. In ihrer Begründung verwies die Beklagte auf die Satzung über die förmliche Festsetzung des Sanierungsgebiets und den vorangegangenen Ergebnisbericht, der den erheblichen Erneuerungsbedarf der kleinen Halle festgestellt habe. In öffentlicher Sitzung vom 29.08.2011 habe der Gemeinderat das Satzungsziel konkretisiert und auf Grundlage von §§ 28 Abs. 2, 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beschlossen, das Vorkaufsrecht für das Grundstück... Straße ... auszuüben. Die Ausübung sei durch Gründe des Wohls der Allgemeinheit gerechtfertigt. Nach den am 29.08.2011 beschlossenen Satzungszielen sowie dem Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen solle die Halle unter Inanspruchnahme des Grundstücks ... Straße ... saniert oder neu aufgebaut werden. Zudem sei beabsichtigt, das Grundstück auch für die Herstellung öffentlicher und privater Stellplätze zu nutzen.
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Der Ausübungsbescheid wurde dem Kläger zu 2 unter dem 31.08.2011 zur Kenntnisnahme übersandt.
13 
Gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts erhob der Kläger zu 1 mit Schreiben vom 27.09.2011 Widerspruch, den er am 31.10.2011 im Wesentlichen damit begründete, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 29.08.2011 rechtswidrig sei, da dem offenbar Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung vorausgegangen seien. Eine solche nichtöffentliche Vorberatung sei unzulässig und führe zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 29.08.2011.
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Der Kläger zu 2 erhob mit Schreiben vom 05.09.2011 Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011. In der Widerspruchsbegründung vom 18.01.2012 wurde ebenso die Unwirksamkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 wegen vorangegangener Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung geltend gemacht.
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Mit in der Sache identischen Widerspruchsbescheiden vom 17.09.2012, zugestellt am 19.09.2012 und am 20.09.2012, wies das Landratsamt Bodenseekreis die Widersprüche der Kläger zurück. Dem Ausübungsbescheid habe ein wirksamer Beschluss des Gemeinderats in öffentlicher Sitzung vom 29.08.2011 gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO zu Grunde gelegen. In der Sitzung hätten die Gemeinderäte zunächst ausführlich über die Sanierung bzw. den Neubau der Turnhalle und der Verbesserung der Parkplatzsituation diskutiert. Unmittelbar daran sei der Tagesordnungspunkt zum Vorkaufsrecht aufgerufen worden. Es habe drei kurze Wortmeldungen gegeben. Nachdem kein weiterer Beratungsbedarf bestanden habe, sei abgestimmt worden. Ein solches Vorgehen sei nicht unüblich. Auch materiell lägen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB für die Ausübung des Vorkaufsrechts vor.
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Der Kläger zu 2 hat am 12.10.2012 unter dem Aktenzeichen 2 K 3104/12 und der Kläger zu 1 hat am 18.10.2012 unter dem Aktenzeichen 2 K 3238/12 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Die Kläger haben jeweils beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 aufzuheben. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
17 
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klagen jeweils mit in der Begründung identischen Urteilen vom 28.02.2014 abgewiesen. Die Beklagte habe das Vorkaufsrecht in formell und materiell rechtmäßiger Weise ausgeübt. Insbesondere habe der Gemeinderat der Beklagten in seiner Sitzung vom 29.08.2011 verfahrensfehlerfrei über die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen, ein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO liege nicht vor. Die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 25.07.2011 habe zwar den Erfordernissen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO nicht entsprochen. Nach Erkennen seines Fehlers habe der Gemeinderat aber durch das weitere Vorgehen den Anforderungen des Öffentlichkeitsprinzips ausreichend Rechnung getragen. Mit dem Beschluss vom 01.08.2011 habe der Gemeinderat seinen Willen und seine Bereitschaft deutlich zum Ausdruck gebracht, neu in öffentlicher Sitzung zu verhandeln. Die Beratung und Beschlussfassung am 29.08.2011 genüge den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Dass die der Beschlussfassung vorangestellte Beratung weder die Dauer noch die Intensität der Debatte vom 25.07.2011 erreicht habe, sei unerheblich. Eine Beratung setze keine Diskussion um der Diskussion willen voraus. Eine Diskussion könne sich sogar darin erschöpfen, dass die Beteiligten auf Wortmeldungen gänzlich verzichteten, wenn kein Gesprächsbedarf bestehe. Unschädlich sei auch, dass der Bürgermeister auf die Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagtenvertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe, verwiesen habe. Dies bedeute nicht, dass hierdurch nichtöffentliche Beratungen des Gemeinderats Teil der Beratung vom 29.08.2011 geworden seien. Auch die Äußerung des Gemeinderats Ms., die Sache sei „entsprechend vorberaten worden“, ändere nichts an dem Umstand, dass der Gemeinderat im Rahmen der Sitzung den Sachverhalt umfassend beraten habe. Dass eine unzulässige Verlagerung der Beratung in die nichtöffentliche Sitzung nicht stattgefunden habe, zeige auch der Vergleich der Ergebnisse der Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 29.08.2011. Gerade durch den Beschluss vom 01.08.2011 habe der Gemeinderat deutlich gemacht, dass er die Geschehnisse des 25.07.2011 nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen wolle, sondern mit den Kenntnissen aus der rechtlichen Beratung in öffentlicher Sitzung beraten und entscheiden wolle. So wie der Gemeinderat jederzeit einen Beschluss aufheben könne, wenn er dessen Fehlerhaftigkeit erkannt habe, und hierauf den Beschluss unter Beachtung der Verfahrensregeln neu fassen könne, habe der Gemeinderat vorliegend noch vor einer verfahrensfehlerhaften nichtöffentlichen Beschlussfassung sein Vorgehen korrigieren und in öffentlicher Sitzung ordnungsgemäß über die Ausübung des Vorkaufsrechts beraten und dieses beschließen können. Zwar sei den Klägern darin zuzustimmen, dass eine größtmögliche Transparenz durch die Einführung des Inhalts der Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 in der Sitzung vom 29.08.2011 erzielt worden wäre. Dies sei zur Wahrung des Öffentlichkeitsprinzips jedoch nicht zwingend erforderlich gewesen.
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Die Kläger haben die mit Senatsbeschlüssen vom 23.07.2014 zugelassenen Berufungen nachfolgend begründet. Der Senat hat das Verfahren 8 S 1387/14 (Kläger zu 2. gegen die Beklagte) mit dem Verfahren 8 S 1386/14 (Kläger zu 1. gegen die Beklagte) mit Beschluss vom 24.03.2015 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. 8 S 1386/14 fortgeführt.
19 
Zwischenzeitlich wurden am 17.11.2014 in einer öffentlicher Sitzung des - neu gewählten - Gemeinderats der Beklagten unter Teilnahme des Beklagtenvertreters dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit die Grundzüge des Diskussionsinhalts sowie die Beschlüsse der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 zugänglich gemacht. Der Bürgermeister wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die neu gewählten Gemeinderatsmitglieder und er als neuer Bürgermeister hier das gleiche gemeinsame Schicksal hätten. Nachdem außer einer Verständnisfrage keine Wortmeldungen erfolgten, fasste der Gemeinderat den einstimmigen Beschluss:
20 
„1. Der Gemeinderat nimmt den Diskussions- und Beschlussinhalt der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 zur Kenntnis.
2. Der Gemeinderat sieht keinen Anlass, den Beschluss des Gemeinderats vom 29.08.2011 zu ändern.“
21 
Der Kläger zu 1. hat zur Begründung seiner Berufung angeführt:
22 
Eine unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO erfolgte nichtöffentliche Beratung könne im Gegensatz zu einem fehlerhaften Beschluss nicht allein durch einen Aufhebungsbeschluss des Gemeinderats gegenstandslos werden, sondern müsse als zuvor der Öffentlichkeit entzogener Teil des Entscheidungsprozesses nachgeholt oder zumindest transparent gemacht werden. § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO verlange, dass die Sitzungen des Gemeinderats und damit der gesamte Verhandlungsgang öffentlich und insofern transparent und prüfbar für die Bürger sei. Dies könne im Einzelfall eine bloße Information des Gemeinderats durch Verwaltung und Kenntnisnahme bedeuten, im hier interessierenden Fall durch Sachvortrag, Beratung und Beschlussfassung. Dies seien Elemente einer Sitzung i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO, die nicht voneinander getrennt, hinsichtlich des Öffentlichkeitsprinzips nicht unterschiedlich behandelt und auch in ihrer Reihenfolge nicht verändert werden könnten. Die Gemeinderatssitzung sei der organisatorische Rahmen, innerhalb dessen ein Vorgang behandelt und zur Entscheidung gebracht werden müsse. Dies schließe es nicht aus, dass die Entscheidung des Gemeinderates nicht in derselben, sondern etwa in einer folgenden öffentlichen Sitzung gefasst werde. Der Gesetzgeber habe die gewählten Vertreter bewusst unter einen Begründungszwang gestellt, weil der Bürger zumindest ansatzweise erkennen können solle, was sich der einzelne Vertreter bei seiner Entscheidung gedacht habe. Für eine Kontrolle durch die Bürger seien nicht nur das Votum des Repräsentanten, sondern auch seine Gründe hierfür jeweils von maßgeblicher Bedeutung. Bei einer Trennung von Beratung und Beschlussfassung würde der Willkür Tür und Tor geöffnet. Nicht nur würde der Rechtsschutz verkürzt oder erschwert, sondern es könnten auch vollendete Tatsachen geschaffen oder - wie hier - Entscheidungsfristen eingehalten werden, ohne dass sich das dafür zuständige Organ dafür zu rechtfertigen habe.
23 
Eine Begründung könne nicht nachgeschoben werden. Gleichfalls könne ein neu gewählter Gemeinderat in neuer Zusammensetzung nicht darüber befinden, dass und warum der frühere Gemeinderat zu Recht eine bestimmte Entscheidung getroffen habe.
24 
Der Kläger zu 2 hat zur Berufungsbegründung im Wesentlichen vorgetragen, dass eine Vorwegnahme der Sachdiskussion in einer nichtöffentlichen Sitzung auch bei nachfolgender Beschlussfassung in einer öffentlichen Sitzung gegen § 35 Abs. 1 GemO verstoße. Im vorliegenden Fall seien ganz wesentliche Aspekte der Ausübung des Vorkaufsrechts ausschließlich in den nichtöffentlichen Beratungen am 25.07.2011 und am 01.08.2011 besprochen worden, die in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 nicht wieder aufgegriffen worden seien. Der von der Beklagten zur Heilung dieses Verstoßes gewählte Weg eines Beschlusses in einer nichtöffentlichen Sitzung, dass die bisherigen Beratungsgegenstände als gegenstandslos zu betrachten seien, sei gänzlich verfehlt, da er nicht dem Sinn der Öffentlichkeitsbeteiligung entsprochen habe. Eine Heilung setze vielmehr voraus, dass erneut beraten und sodann beschlossen werde. Dabei dürften jedoch die Beratung und die Beschlussfassung in der öffentlichen Sitzung nicht von der nichtöffentlichen Beratung losgelöst betrachtet werden. Die „Heilungsberatung“ müsse zumindest die Auswirkungen der Verletzung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO ungeschehen machen. Nach dem Sinn der Öffentlichkeitsberatung, den Entscheidungsprozess plastisch und transparent zu machen, setze die „Heilungsberatung“ daher als Mindeststandard voraus, dass die bisherige Sachdiskussion offen gelegt werde. Dies könne entweder durch eine Einführung der nichtöffentlichen Sitzungsprotokolle in die öffentliche Sitzung oder jedenfalls durch eine Wiedergabe des wesentlichen Inhalts dieser Protokolle durch den Schriftführer oder durch den Bürgermeister geschehen. Diesen erhöhten Anforderungen genüge die Beratung am 29.08.2011 jedoch nicht, da der Bürgermeister der Beklagten in dieser Sitzung lediglich auf die Vorberatung am 01.08.2011 ohne jegliche Erörterung ihres Gegenstandes verwiesen und die Sitzung vom 25.07.2011 gänzlich unerwähnt gelassen habe, so dass der gesamte Verstoß einschließlich des Heilungsversuchs der Öffentlichkeit unbekannt geblieben sei. Der Öffentlichkeit sei damit ein wesentlicher Teil der Willensbildung vorenthalten worden. Ein solches Vorgehen berge insofern auch eine erhebliche Missbrauchsgefahr. Andernfalls könne stets in nichtöffentlicher Sitzung so lange beraten werden, bis man sich einig sei, anschließend könne man sich durch einen Beschluss hiervon distanzieren und sodann eine öffentliche Sitzung einberufen, in der der Gemeinderat den vorberatenen Beschluss fassen könnte.
25 
Die vorgeschlagene Vorgehensweise einer Veröffentlichung des wesentlichen Inhalts der Protokolle über die nichtöffentliche Sitzung verstoße auch nicht gegen § 35 Abs. 2 GemO, da eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Bürgermeister notwendiger Bestandteil eines entsprechenden Heilungsversuches sei. Ebenso wenig sei das Recht der einzelnen Gemeinderäte auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, da aufgrund des Tätigwerdens der Gemeinderäte nicht als Privatperson sondern als mandatierte Volksvertreter bereits der Schutzbereich nicht eröffnet sei, die Aufhebung der Schweigepflicht nach § 35 Abs. 2 GemO jedenfalls eine zulässige Beschränkung darstelle und darüber hinaus eine zusammenfassende Darstellung ohne Personennennung hiervon ohnehin unberührt bliebe.
26 
Des Weiteren stehe auch nicht § 46 LVwVfG einer Aufhebung des Ausübungsbescheids entgegen, da angesichts der erheblichen Divergenz zwischen der Sitzung vom 25.07.2011 und derjenigen vom 29.08.2011 nicht offensichtlich sei, dass die Verletzung des Öffentlichkeitsprinzips die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe.
27 
Schließlich könne die in der Gemeinderatssitzung am 17.11.2014 vorgenommene Beratung und Beschlussfassung keine nachträgliche Heilung mehr herbeiführen. Die vorgenommene Veröffentlichung sei überdies nicht hinreichend.
28 
Die Kläger beantragen,
29 
die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28.02.2014 - 2 K 3238/12 und - 2 K 3104/12 - abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 aufzuheben;
die Zuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
30 
Die Beklagte beantragt,
31 
die Berufungen zurückzuweisen.
32 
Der in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 gefasste Beschluss sei für sich betrachtet fehlerfrei erfolgt und habe den Vorschriften der Gemeindeordnung entsprochen, da insbesondere eine öffentliche Beratung und Beschlussfassung stattgefunden hätten. Es müsse streng getrennt werden zwischen der Frage, ob der Fehler der nichtöffentlichen Beratung geheilt werden könne und der Frage, ob diese Fehlerbehebung Voraussetzung für eine fehlerfreie Beratung und Beschlussfassung sei und eine Nachwirkung die öffentliche Beratung und Beschlussfassung „infiziere“. Hierfür gebe es jedoch keine Anhaltspunkte. Vielmehr sei der Fehler aus dem vorangegangenen Verhalten schon dadurch geheilt worden, dass dem Gemeinderat deutlich gemacht worden sei, dass er sich von jeglicher Vorbindung aus der nichtöffentlichen Sitzung „frei machen“ müsse. Zudem sei der Stand der Beratung nach der nichtöffentlichen Sitzung so kontrovers gewesen, dass sich daraus kein einheitlicher Willensentschluss ableiten ließe und die einheitliche Willensbildung daher offensichtlich erst nach der nichtöffentlichen Beratung stattgefunden habe. Die nichtöffentliche Vorberatung sei daher als selbstständiger Verfahrensteil zu sehen und rechtlich entsprechend zu bewerten.
33 
Darüber hinaus läge im vorliegenden Fall, selbst wenn man ein entsprechendes Heilungserfordernis bejahte, höchstens ein Verfahrensfehler vor, der gemäß § 46 LVwVfG mangels Kausalität nicht zur Aufhebung des Ausübungsbescheids führen könne. Dies zeige auch der neue Beschluss des Gemeinderats vom 17.11.2014, den Beschluss vom 29.08.2011 nicht zu ändern. Des Weiteren stehe der von den Klägern vorgeschlagene Weg einer Offenlegung der bisherigen Sachdiskussion im Widerspruch zu § 35 Abs. 2 GemO, der im Lichte des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte auszulegen sei. Auch eine anonymisierte zusammenfassende Darstellung des Verlaufs einer unzulässigen nichtöffentlichen Beratung durch den Bürgermeister sei jedoch keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Durchführung einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung. Schließlich habe der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung am 17.11.2014 den Beratungs-, Diskussions- und Beschlussinhalt der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 transparent gemacht, so dass der Fehler in jedem Fall nachträglich geheilt worden sei.
34 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die einschlägigen Behördenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.
36 
Auch wenn der Kläger zu 2 nicht Adressat des angefochtenen Ausübungsbescheides ist, ist er klagebefugt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Gemeinde ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich auch gegenüber dem Käufer als belastender Verwaltungsakt darstellt und gegen den sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann (st. Rspr. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 - BRS 39 Nr. 96, juris Rn. 3, vom 15.02.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris Rn. 5 und vom 30.11.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5).
37 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes fristgebunden. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, d.h. eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, u.a. Urteil vom 22.10.1993 - 6 C 119.92 - juris Rn.16 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, so dass innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB sämtliche für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen (vgl. Paetow in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 28 Rn. 10; Dolde, NJW 1984, 1713,1729; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.1997 - 8 A 12998/96 - juris Rn. 26 zum Vorkaufsrecht nach DSchPflG RP).
39 
2. Rechtsgrundlage des Bescheids der Beklagten vom 31.08.2011 ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu. Das Grundstück Flst.Nr. ..., das mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 vom Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 veräußert wurde, liegt unstreitig im Geltungsbereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, denn die Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrages ging bei der Beklagten am 04.07.2011 ein, so dass der angefochtene Bescheid vom 31.08.2011, der dem Kläger zu 1 am 02.09.2011 zugestellt wurde, die Frist wahrte.
40 
3. Der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist jedoch rechtswidrig, da er einen rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 29.08.2011 vollzieht. Dieser Beschluss verstieß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegen haben, kommt es daher nicht (mehr) an.
41 
a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer auszuüben. Da die Entscheidung hierüber eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung betrifft, ist eine Entscheidung des hierfür zuständigen Gemeindeorgans erforderlich. Dies ist hier der Gemeinderat. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO legt der Gemeinderat die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Hier ist unstreitig weder die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO eröffnet, noch hat eine Zuständigkeitsübertragung an den Bürgermeister der Beklagten stattgefunden.
42 
b) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nach Satz 2 der Vorschrift nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Diese Voraussetzungen lagen offenkundig nicht vor, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
43 
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er ist im demokratischen Rechtsstaat eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen; es soll so bereits der Anschein vermieden werden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17,118 und 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 15, Beschluss vom 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - juris Rn. 9). Der Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO geht daher über eine bloße Unterrichtung des Bürgers hinaus. Vielmehr dient er gerade dem Ziel einer gesetzmäßigen und sachgerechten Arbeit des Gemeinderats sowie der Verhinderung vermeidbarer Missdeutungen seiner Willensbildung und Beschlussfassung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1966 a.a.O.). Die Bürger sollen aufgrund der öffentlichen Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten auch einschätzen können, ob gegebenenfalls eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidungsfindung erforderlich wird (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 - 5 K 1969/12 - juris Rn. 49).
44 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet daher regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung und damit die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2010 a.a.O. m.w.N; vgl. auch für die Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei Satzungsbeschlüssen § 18 Abs. 5 GemO).
45 
Der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes dabei nicht nur, dass der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Sitzung gefasst wird, sondern dass über die Frage auch öffentlich beraten wird (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.06.1980 - III 503/79 - VBlBW 1980, 33, vom 16.06.1981 - 3 S 271/81 und vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; OLG Stuttgart, Urteil vom 11.11.2013 - 102 U 1/13 - juris Rn. 31). Denn das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit im Sinne der § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB den kommunalen Grundstückserwerb erfordert. Angesichts des städtebaulichen Einschätzungsspielraums, ob und in welcher Weise das jeweilige Grundstück für die kommunale Planung von Relevanz ist, kommt danach gerade bereits der öffentlichen Debatte im politischen Willensbildungsorgan eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird im Regelfall die der Beschlussfassung vorausgehende Beratung in ein- und derselben öffentlichen Sitzung des Gemeinderats erfolgen. Fallen im Einzelfall die beiden Schritte auseinander, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit für beide Einzelschritte.
46 
c) Diesen Anforderungen entsprach das Vorgehen der Beklagten nicht.
47 
aa) Der Gemeinderat der Beklagten hat hier zwar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 29.08.2011 den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gefasst. Die (eigentliche) Sachberatung- und diskussion hierüber erfolgte jedoch nicht in dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung, sondern in nichtöffentlicher Sitzung. Da in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die unter Verstoß gegen das Prinzip der Öffentlichkeit durchgeführte Beratung nicht offengelegt wurde, ist auch der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft.
48 
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfolgte in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 29.08.2011 keine Beratung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar fand unmittelbar vor der Beschlussfassung nach der Einführung durch den Bürgermeister eine kurze Aussprache statt, in der drei Gemeinderäte die einstimmige Zustimmung ihrer jeweiligen Fraktionen ankündigten. Allein der Umstand, dass insofern keine streitige Diskussion mit Rede und Gegenrede stattgefunden hat, begründet noch keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Denn auf eine Beratung kann im Einzelfall auch ganz verzichtet werden (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 GemO).
49 
Sowohl den Darlegungen des Bürgermeisters (Verweis auf eine Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe), als auch den Ausführungen der drei Gemeinderäte ist jedoch zu entnehmen, dass auf vorangegangene Beratungen Bezug genommen wurde. Hierdurch ist überhaupt erst offenbar geworden, dass ein Beratungsbedarf nur deshalb nicht mehr bestanden hat, da über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zuvor mehrfach beraten wurde. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, ein weiterer Beratungsbedarf habe sich in der öffentlichen Sitzung nicht ergeben, da unmittelbar vor diesem Tagesordnungspunkt das Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortgeschrieben und konkretisiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Bürgermeister selbst noch die drei Gemeinderäte, die sich hierzu geäußert haben, bei der Befassung des Themas „Vorkaufsrecht“ auf diesen vorangegangen Tagesordnungspunkt berufen haben. Vielmehr hat der Bürgermeister selbst auf eine Vorberatung vom 01.08.2011 Bezug genommen; auch Gemeinderat M. hat auf eine Vorberatung hingewiesen.
50 
bb) Die der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 vorangegangenen Beratungen über die Ausübung des Vorkaufsrechts haben sämtlich in nichtöffentlicher Sitzung stattgefunden.
51 
In der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 hat der Bürgermeister u.a. darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu erfolgen habe. Offenbar ging dieser davon aus, dass es unschädlich sei, hierüber in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten. Danach wurde ausführlich und kontrovers darüber diskutiert, ob für das Grundstück nach den bisher formulierten Sanierungszwecken überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, der Bürgermeister wurde teilweise wegen der gescheiterten Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger zu 1 kritisiert und es bestand insgesamt eine Unsicherheit, ob die rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen. In dieser nichtöffentlichen Sitzung fand danach - unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO - bereits die wesentliche Sachdiskussion und nicht lediglich eine bloße Vorbehandlung einer schwierigen Angelegenheit in einer nichtöffentlichen Sitzung statt, die dann in einer weiteren öffentlichen Sitzung erledigt wird (vgl. dazu Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 35 Rn. 12; vgl. auch zur Zulässigkeit der Vorberatung durch einen Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung: §§ 39 Abs. 5 Satz 2, 41 Abs. 3 GemO; vgl. zur Zulässigkeit der Klärung lediglich einer Einzelfrage im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2011 - 5 S 746/10 - juris Rn. 22). Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 5 Satz 2 GemO kommt entgegen der Ansicht des Beklagten-Vertreters nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Vorberatungen eines beschließenden Ausschusses des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung. Eine nichtöffentliche Vorberatung durch den Gemeinderat widerspricht dagegen bereits grundsätzlich der klaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - juris Rn. 26 ; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 35 Rn. 12), so dass eine solche stets unzulässig ist.
52 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 25.07.2011 umfassend nichtöffentlich beraten und damit gerade die eigentliche und entscheidende Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen, was Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO widerspricht (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - juris Rn. 39; Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur GemO, § 35 Rn. 12).
53 
Durch die Vorwegnahme der Sachdiskussion in der nichtöffentlichen Sitzung ist die der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen zukommende Legitimations-, Kontroll- und Beteiligungsfunktion erheblich beeinträchtigt worden. Hieran vermag auch der in der nachfolgenden nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 gefasste Beschluss, dass die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.07.2011 als gegenstandslos zu betrachten sei und die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden werde, nichts zu ändern. Diese nur „kassatorische“ Maßnahme war zur Verwirklichung des Zwecks des Öffentlichkeitsgebots nicht ausreichend. Denn die bloße förmliche Distanzierung von der vorherigen Beratung änderte jedenfalls nichts daran, dass den Gemeindebürgern der tatsächliche Willensbildungsprozess des Gemeinderats vollständig verborgen blieb. Sowohl die ursprünglichen Kritikpunkte an der Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die spätere Ausräumung dieser Bedenken und die damit verbundene Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen blieben den Gemeindebürgern gänzlich unbekannt. Damit war der Distanzierungsbeschluss nicht geeignet, eine Informationsgrundlage für die Bürger zu schaffen, die ihnen die Wahrnehmung der Kontrolle des Gemeinderats und die Willensbildung im Hinblick auf künftige Wahlen ermöglicht.
54 
Hinzu kommt, dass in der weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 der Gemeinderat, obwohl der Bürgermeister als auch der Beklagten-Vertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, dass in der Sitzung keine Sachdiskussion zur Vorkaufsrechtsausübung geführt werde, in der Sache dann doch konkret über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gesprochen wurde. Der Beklagten-Vertreter hat nach Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts, Fragen einzelner Gemeinderäte beantwortet, die nicht nur allgemeiner Natur waren, sondern die sich konkret auf das Grundstück ... Straße ... bezogen haben. So wurden etwa Fragen nach Chancen für ein Rechtsmittel des Käufers oder Erwerbers beantwortet; auch die Notwendigkeit der Konkretisierung der Sanierungsziele für die kleine Turnhalle wurde angesprochen. Es fand nicht lediglich eine Information über die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechtes statt, wie dies in dem Protokoll (S. 5) vermerkt wird. In Anknüpfung an die vorausgegangene nichtöffentliche Beratung vom 25.07.2011 wurden vielmehr Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, nun durch die rechtliche Beratung zerstreut. In dieser nichtöffentlichen Sitzung wurde zudem der einstimmige Beschluss gefasst, den Beklagtenvertreter mit der Begleitung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ zu beauftragen. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters stellt sich auch dieses Verhalten bereits als eine wesentliche Entscheidung des Gemeinderats dar, das Vorkaufsrechts auszuüben.
55 
Zwar können rechtswidrige Beschlüsse eines Gemeinderates in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung aufgehoben und erneut gefasst werden. Für rechtswidrig nichtöffentliche Beratungen kommt dies - etwa mittels eines Distanzierungsbeschluss - aufgrund der vorgenannten Erwägungen der Sache nach aber nicht in Betracht. Eine wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO rechtswidrige Beratung kann durch einen nachträglichen Beschluss des Gemeinderats daher auch nicht für „gegenstandslos“ erklärt werden.
56 
cc) Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet daher für solche „infizierten“ Beratungen, dass in der öffentlichen Sitzung, in der die Beschlussfassung erfolgen soll, der zugrunde liegende (eigentliche) Willensbildungsprozess des Gemeinderats aus den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen zumindest in seinen Grundzügen offen gelegt wird. Demnach hätte in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 die Öffentlichkeit zumindest über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion sowie über die rechtliche Argumentation in den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 informiert werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
57 
Einer solchen Information stehen – entgegen der Auffassung der Beklagten – grundsätzlich aber weder § 35 Abs. 2 GemO, wonach die Gemeinderäte zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet sind, bis sie der Bürgermeister von der Schweigepflicht entbindet, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gemeinderäte entgegen. Zwar ist anerkannt, dass die Gemeinderäte auch dann zur Verschwiegenheit bezüglich aller in nichtöffentlicher Sitzung bekanntgewordener Angelegenheiten nach § 35 Abs. 2 GemO verpflichtet sind, wenn sie der Auffassung sind, dass öffentlich hätte verhandelt werden müssen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Auflage, § 35 Rn. 17). Die Schweigepflicht der Gemeinderäte gilt jedoch nur so lange, bis der Bürgermeister sie aufhebt. Auf die Aufhebung der Schweigepflicht ist im Interesse der Schaffung klarer Verhältnisse besonderer Wert zu legen. Ihre Aufhebung ist aber auch konkludent möglich. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist daher als notwendiger Bestandteil der Information der Öffentlichkeit durch den Bürgermeister in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeinderats zu sehen. Mit der Information über den Inhalt einer Sitzung in Fällen, in denen die Öffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen wurde, macht der Bürgermeister zugleich deutlich, dass bezüglich dieser Angelegenheiten keine Verschwiegenheit mehr gewahrt werden muss. Dem steht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte nicht entgegen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte keine Auslegung des § 35 Abs. 2 GemO, die zur Unzulässigkeit einer Offenlegung der unberechtigterweise nichtöffentlich beratenen Gegenstände führt. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht kommt zwar im Rahmen des § 35 GemO ein gewichtiger Stellenwert zu (vgl. insofern auch § 48 Abs. 3 GO NRW). Dies bezieht sich jedoch maßgeblich auf die von den Beratungsgegenständen persönlich betroffenen Personen, zu deren Gunsten die Öffentlichkeit gegebenenfalls auszuschließen ist. Die Gemeinderäte, die im Rahmen der Sitzung als mandatierte Volksvertreter und nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen auftreten, sind regelmäßig nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Die Information über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion in unberechtigterweise nichtöffentlichen Sitzungen betrifft in aller Regel nicht die personenbezogenen Daten der Gemeinderäte. Auch im vorliegenden Fall wären bei einer Information durch den Bürgermeister jedenfalls keine personenbezogenen Daten der Gemeinderäte preisgegeben worden. Hiervon geht nunmehr auch die Beklagte aus, da sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 den Sach- und Diskussionsstand aus den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 offengelegt hat.
58 
4. Die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 führt auch zur Rechtswidrigkeit des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Dieser Bescheid stellt den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats dar, der nicht hätte ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - a.a.O).
59 
5. Der wegen Rechtswidrigkeit des Beschlusses bestehende Aufhebungsanspruch der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 46 LVwVfG ausgeschlossen.
60 
Nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zwar muss es sich bei den verletzten Verfahrensvorschriften nicht um solche des Verwaltungsverfahrensgesetzes handeln, auch entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen werden erfasst (für § 46 VwVfG:Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. ,§ 46 Rn. 30).
61 
Die Vorschrift über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen geht jedoch gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG der Vorschrift des § 46 LVwVfG vor. Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit handelt es sich bei dessen Beachtung um ein die Anwendung von § 46 LVwVfG ausschließendes absolutes Verfahrenserfordernis, das unabhängig von der Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung beachtet werden muss (vgl. zum Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden nach § 29 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 - BVerGE 105, 348 <353>). Die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO ist keine lediglich formale Ordnungsvorschrift, deren Adressat allein der Gemeinderat ist. Dies belegen gerade auch die Regelungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO, wonach die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Wirksamkeit einer Satzung stets entgegengehalten werden kann sowie des § 18 Abs. 6 GemO zur Rechtswidrigkeit von Gemeinderatsbeschlüssen unter Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Eine Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet bei einem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO danach von vornherein aus (a.A. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14 Rn. 153). Auf den Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 17.11.2014, der nach den Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gerade auch zeigen sollte, dass in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Kläger sind nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
63 
Gründe für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
64 
Beschluss
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf10.000,- EUR festgesetzt (entsprechend den Streitwertfestsetzungen im ersten Rechtszug).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
35 
Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.
36 
Auch wenn der Kläger zu 2 nicht Adressat des angefochtenen Ausübungsbescheides ist, ist er klagebefugt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Gemeinde ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich auch gegenüber dem Käufer als belastender Verwaltungsakt darstellt und gegen den sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann (st. Rspr. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 - BRS 39 Nr. 96, juris Rn. 3, vom 15.02.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris Rn. 5 und vom 30.11.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5).
37 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes fristgebunden. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, d.h. eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, u.a. Urteil vom 22.10.1993 - 6 C 119.92 - juris Rn.16 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, so dass innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB sämtliche für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen (vgl. Paetow in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 28 Rn. 10; Dolde, NJW 1984, 1713,1729; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.1997 - 8 A 12998/96 - juris Rn. 26 zum Vorkaufsrecht nach DSchPflG RP).
39 
2. Rechtsgrundlage des Bescheids der Beklagten vom 31.08.2011 ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu. Das Grundstück Flst.Nr. ..., das mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 vom Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 veräußert wurde, liegt unstreitig im Geltungsbereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, denn die Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrages ging bei der Beklagten am 04.07.2011 ein, so dass der angefochtene Bescheid vom 31.08.2011, der dem Kläger zu 1 am 02.09.2011 zugestellt wurde, die Frist wahrte.
40 
3. Der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist jedoch rechtswidrig, da er einen rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 29.08.2011 vollzieht. Dieser Beschluss verstieß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegen haben, kommt es daher nicht (mehr) an.
41 
a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer auszuüben. Da die Entscheidung hierüber eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung betrifft, ist eine Entscheidung des hierfür zuständigen Gemeindeorgans erforderlich. Dies ist hier der Gemeinderat. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO legt der Gemeinderat die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Hier ist unstreitig weder die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO eröffnet, noch hat eine Zuständigkeitsübertragung an den Bürgermeister der Beklagten stattgefunden.
42 
b) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nach Satz 2 der Vorschrift nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Diese Voraussetzungen lagen offenkundig nicht vor, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
43 
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er ist im demokratischen Rechtsstaat eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen; es soll so bereits der Anschein vermieden werden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17,118 und 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 15, Beschluss vom 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - juris Rn. 9). Der Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO geht daher über eine bloße Unterrichtung des Bürgers hinaus. Vielmehr dient er gerade dem Ziel einer gesetzmäßigen und sachgerechten Arbeit des Gemeinderats sowie der Verhinderung vermeidbarer Missdeutungen seiner Willensbildung und Beschlussfassung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1966 a.a.O.). Die Bürger sollen aufgrund der öffentlichen Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten auch einschätzen können, ob gegebenenfalls eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidungsfindung erforderlich wird (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 - 5 K 1969/12 - juris Rn. 49).
44 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet daher regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung und damit die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2010 a.a.O. m.w.N; vgl. auch für die Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei Satzungsbeschlüssen § 18 Abs. 5 GemO).
45 
Der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes dabei nicht nur, dass der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Sitzung gefasst wird, sondern dass über die Frage auch öffentlich beraten wird (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.06.1980 - III 503/79 - VBlBW 1980, 33, vom 16.06.1981 - 3 S 271/81 und vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; OLG Stuttgart, Urteil vom 11.11.2013 - 102 U 1/13 - juris Rn. 31). Denn das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit im Sinne der § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB den kommunalen Grundstückserwerb erfordert. Angesichts des städtebaulichen Einschätzungsspielraums, ob und in welcher Weise das jeweilige Grundstück für die kommunale Planung von Relevanz ist, kommt danach gerade bereits der öffentlichen Debatte im politischen Willensbildungsorgan eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird im Regelfall die der Beschlussfassung vorausgehende Beratung in ein- und derselben öffentlichen Sitzung des Gemeinderats erfolgen. Fallen im Einzelfall die beiden Schritte auseinander, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit für beide Einzelschritte.
46 
c) Diesen Anforderungen entsprach das Vorgehen der Beklagten nicht.
47 
aa) Der Gemeinderat der Beklagten hat hier zwar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 29.08.2011 den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gefasst. Die (eigentliche) Sachberatung- und diskussion hierüber erfolgte jedoch nicht in dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung, sondern in nichtöffentlicher Sitzung. Da in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die unter Verstoß gegen das Prinzip der Öffentlichkeit durchgeführte Beratung nicht offengelegt wurde, ist auch der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft.
48 
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfolgte in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 29.08.2011 keine Beratung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar fand unmittelbar vor der Beschlussfassung nach der Einführung durch den Bürgermeister eine kurze Aussprache statt, in der drei Gemeinderäte die einstimmige Zustimmung ihrer jeweiligen Fraktionen ankündigten. Allein der Umstand, dass insofern keine streitige Diskussion mit Rede und Gegenrede stattgefunden hat, begründet noch keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Denn auf eine Beratung kann im Einzelfall auch ganz verzichtet werden (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 GemO).
49 
Sowohl den Darlegungen des Bürgermeisters (Verweis auf eine Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe), als auch den Ausführungen der drei Gemeinderäte ist jedoch zu entnehmen, dass auf vorangegangene Beratungen Bezug genommen wurde. Hierdurch ist überhaupt erst offenbar geworden, dass ein Beratungsbedarf nur deshalb nicht mehr bestanden hat, da über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zuvor mehrfach beraten wurde. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, ein weiterer Beratungsbedarf habe sich in der öffentlichen Sitzung nicht ergeben, da unmittelbar vor diesem Tagesordnungspunkt das Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortgeschrieben und konkretisiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Bürgermeister selbst noch die drei Gemeinderäte, die sich hierzu geäußert haben, bei der Befassung des Themas „Vorkaufsrecht“ auf diesen vorangegangen Tagesordnungspunkt berufen haben. Vielmehr hat der Bürgermeister selbst auf eine Vorberatung vom 01.08.2011 Bezug genommen; auch Gemeinderat M. hat auf eine Vorberatung hingewiesen.
50 
bb) Die der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 vorangegangenen Beratungen über die Ausübung des Vorkaufsrechts haben sämtlich in nichtöffentlicher Sitzung stattgefunden.
51 
In der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 hat der Bürgermeister u.a. darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu erfolgen habe. Offenbar ging dieser davon aus, dass es unschädlich sei, hierüber in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten. Danach wurde ausführlich und kontrovers darüber diskutiert, ob für das Grundstück nach den bisher formulierten Sanierungszwecken überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, der Bürgermeister wurde teilweise wegen der gescheiterten Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger zu 1 kritisiert und es bestand insgesamt eine Unsicherheit, ob die rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen. In dieser nichtöffentlichen Sitzung fand danach - unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO - bereits die wesentliche Sachdiskussion und nicht lediglich eine bloße Vorbehandlung einer schwierigen Angelegenheit in einer nichtöffentlichen Sitzung statt, die dann in einer weiteren öffentlichen Sitzung erledigt wird (vgl. dazu Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 35 Rn. 12; vgl. auch zur Zulässigkeit der Vorberatung durch einen Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung: §§ 39 Abs. 5 Satz 2, 41 Abs. 3 GemO; vgl. zur Zulässigkeit der Klärung lediglich einer Einzelfrage im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2011 - 5 S 746/10 - juris Rn. 22). Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 5 Satz 2 GemO kommt entgegen der Ansicht des Beklagten-Vertreters nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Vorberatungen eines beschließenden Ausschusses des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung. Eine nichtöffentliche Vorberatung durch den Gemeinderat widerspricht dagegen bereits grundsätzlich der klaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - juris Rn. 26 ; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 35 Rn. 12), so dass eine solche stets unzulässig ist.
52 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 25.07.2011 umfassend nichtöffentlich beraten und damit gerade die eigentliche und entscheidende Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen, was Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO widerspricht (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - juris Rn. 39; Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur GemO, § 35 Rn. 12).
53 
Durch die Vorwegnahme der Sachdiskussion in der nichtöffentlichen Sitzung ist die der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen zukommende Legitimations-, Kontroll- und Beteiligungsfunktion erheblich beeinträchtigt worden. Hieran vermag auch der in der nachfolgenden nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 gefasste Beschluss, dass die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.07.2011 als gegenstandslos zu betrachten sei und die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden werde, nichts zu ändern. Diese nur „kassatorische“ Maßnahme war zur Verwirklichung des Zwecks des Öffentlichkeitsgebots nicht ausreichend. Denn die bloße förmliche Distanzierung von der vorherigen Beratung änderte jedenfalls nichts daran, dass den Gemeindebürgern der tatsächliche Willensbildungsprozess des Gemeinderats vollständig verborgen blieb. Sowohl die ursprünglichen Kritikpunkte an der Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die spätere Ausräumung dieser Bedenken und die damit verbundene Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen blieben den Gemeindebürgern gänzlich unbekannt. Damit war der Distanzierungsbeschluss nicht geeignet, eine Informationsgrundlage für die Bürger zu schaffen, die ihnen die Wahrnehmung der Kontrolle des Gemeinderats und die Willensbildung im Hinblick auf künftige Wahlen ermöglicht.
54 
Hinzu kommt, dass in der weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 der Gemeinderat, obwohl der Bürgermeister als auch der Beklagten-Vertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, dass in der Sitzung keine Sachdiskussion zur Vorkaufsrechtsausübung geführt werde, in der Sache dann doch konkret über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gesprochen wurde. Der Beklagten-Vertreter hat nach Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts, Fragen einzelner Gemeinderäte beantwortet, die nicht nur allgemeiner Natur waren, sondern die sich konkret auf das Grundstück ... Straße ... bezogen haben. So wurden etwa Fragen nach Chancen für ein Rechtsmittel des Käufers oder Erwerbers beantwortet; auch die Notwendigkeit der Konkretisierung der Sanierungsziele für die kleine Turnhalle wurde angesprochen. Es fand nicht lediglich eine Information über die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechtes statt, wie dies in dem Protokoll (S. 5) vermerkt wird. In Anknüpfung an die vorausgegangene nichtöffentliche Beratung vom 25.07.2011 wurden vielmehr Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, nun durch die rechtliche Beratung zerstreut. In dieser nichtöffentlichen Sitzung wurde zudem der einstimmige Beschluss gefasst, den Beklagtenvertreter mit der Begleitung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ zu beauftragen. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters stellt sich auch dieses Verhalten bereits als eine wesentliche Entscheidung des Gemeinderats dar, das Vorkaufsrechts auszuüben.
55 
Zwar können rechtswidrige Beschlüsse eines Gemeinderates in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung aufgehoben und erneut gefasst werden. Für rechtswidrig nichtöffentliche Beratungen kommt dies - etwa mittels eines Distanzierungsbeschluss - aufgrund der vorgenannten Erwägungen der Sache nach aber nicht in Betracht. Eine wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO rechtswidrige Beratung kann durch einen nachträglichen Beschluss des Gemeinderats daher auch nicht für „gegenstandslos“ erklärt werden.
56 
cc) Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet daher für solche „infizierten“ Beratungen, dass in der öffentlichen Sitzung, in der die Beschlussfassung erfolgen soll, der zugrunde liegende (eigentliche) Willensbildungsprozess des Gemeinderats aus den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen zumindest in seinen Grundzügen offen gelegt wird. Demnach hätte in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 die Öffentlichkeit zumindest über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion sowie über die rechtliche Argumentation in den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 informiert werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
57 
Einer solchen Information stehen – entgegen der Auffassung der Beklagten – grundsätzlich aber weder § 35 Abs. 2 GemO, wonach die Gemeinderäte zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet sind, bis sie der Bürgermeister von der Schweigepflicht entbindet, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gemeinderäte entgegen. Zwar ist anerkannt, dass die Gemeinderäte auch dann zur Verschwiegenheit bezüglich aller in nichtöffentlicher Sitzung bekanntgewordener Angelegenheiten nach § 35 Abs. 2 GemO verpflichtet sind, wenn sie der Auffassung sind, dass öffentlich hätte verhandelt werden müssen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Auflage, § 35 Rn. 17). Die Schweigepflicht der Gemeinderäte gilt jedoch nur so lange, bis der Bürgermeister sie aufhebt. Auf die Aufhebung der Schweigepflicht ist im Interesse der Schaffung klarer Verhältnisse besonderer Wert zu legen. Ihre Aufhebung ist aber auch konkludent möglich. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist daher als notwendiger Bestandteil der Information der Öffentlichkeit durch den Bürgermeister in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeinderats zu sehen. Mit der Information über den Inhalt einer Sitzung in Fällen, in denen die Öffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen wurde, macht der Bürgermeister zugleich deutlich, dass bezüglich dieser Angelegenheiten keine Verschwiegenheit mehr gewahrt werden muss. Dem steht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte nicht entgegen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte keine Auslegung des § 35 Abs. 2 GemO, die zur Unzulässigkeit einer Offenlegung der unberechtigterweise nichtöffentlich beratenen Gegenstände führt. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht kommt zwar im Rahmen des § 35 GemO ein gewichtiger Stellenwert zu (vgl. insofern auch § 48 Abs. 3 GO NRW). Dies bezieht sich jedoch maßgeblich auf die von den Beratungsgegenständen persönlich betroffenen Personen, zu deren Gunsten die Öffentlichkeit gegebenenfalls auszuschließen ist. Die Gemeinderäte, die im Rahmen der Sitzung als mandatierte Volksvertreter und nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen auftreten, sind regelmäßig nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Die Information über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion in unberechtigterweise nichtöffentlichen Sitzungen betrifft in aller Regel nicht die personenbezogenen Daten der Gemeinderäte. Auch im vorliegenden Fall wären bei einer Information durch den Bürgermeister jedenfalls keine personenbezogenen Daten der Gemeinderäte preisgegeben worden. Hiervon geht nunmehr auch die Beklagte aus, da sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 den Sach- und Diskussionsstand aus den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 offengelegt hat.
58 
4. Die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 führt auch zur Rechtswidrigkeit des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Dieser Bescheid stellt den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats dar, der nicht hätte ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - a.a.O).
59 
5. Der wegen Rechtswidrigkeit des Beschlusses bestehende Aufhebungsanspruch der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 46 LVwVfG ausgeschlossen.
60 
Nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zwar muss es sich bei den verletzten Verfahrensvorschriften nicht um solche des Verwaltungsverfahrensgesetzes handeln, auch entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen werden erfasst (für § 46 VwVfG:Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. ,§ 46 Rn. 30).
61 
Die Vorschrift über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen geht jedoch gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG der Vorschrift des § 46 LVwVfG vor. Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit handelt es sich bei dessen Beachtung um ein die Anwendung von § 46 LVwVfG ausschließendes absolutes Verfahrenserfordernis, das unabhängig von der Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung beachtet werden muss (vgl. zum Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden nach § 29 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 - BVerGE 105, 348 <353>). Die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO ist keine lediglich formale Ordnungsvorschrift, deren Adressat allein der Gemeinderat ist. Dies belegen gerade auch die Regelungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO, wonach die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Wirksamkeit einer Satzung stets entgegengehalten werden kann sowie des § 18 Abs. 6 GemO zur Rechtswidrigkeit von Gemeinderatsbeschlüssen unter Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Eine Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet bei einem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO danach von vornherein aus (a.A. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14 Rn. 153). Auf den Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 17.11.2014, der nach den Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gerade auch zeigen sollte, dass in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Kläger sind nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
63 
Gründe für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
64 
Beschluss
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf10.000,- EUR festgesetzt (entsprechend den Streitwertfestsetzungen im ersten Rechtszug).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2012 - 5 K 1969/12 - geändert. Der Antrag des Antragstellers, im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass das am 9. Januar 2012 eingereichte Bürgerbegehren zu der Frage "Sind Sie dafür, dass das Gelände des Alten Sportplatzes in Leimen im Eigentum der Stadt verbleibt und die dort befindlichen Bäume erhalten werden?" zulässig ist, wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auf 5.000.-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat in der Sache Erfolg. Die von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben dem Senat Veranlassung, den angefochtenen Beschluss zu ändern und den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO auf vorläufige Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens abzulehnen.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend zugrundegelegt hat, kommt die begehrte vorläufige Feststellung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nur dann in Betracht, wenn die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit solcher Wahrscheinlichkeit bejaht werden kann, dass eine gegenteilige Entscheidung im Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen werden kann und der mit dem Hauptsacheverfahren verbundene Zeitablauf voraussichtlich eine Erledigung des Bürgerbegehrens zur Folge hätte. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch müssen in einem das übliche Maß der Glaubhaftmachung übersteigenden deutlichen Grad von Offenkundigkeit auf der Hand liegen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 27.04.2010 - 1 S 2810/09 - VBlBW 2010, 311, m.w.N.). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.
Es kann offen bleiben, ob aufgrund der von der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren vorgelegten notariellen Bewilligung und Beantragung des Vollzugs des Eigentumswechsels am streitigen Grundstück von der Antragsgegnerin auf den Bauträger, an den mit Kaufvertrag vom 30.08.2012 das Grundstück verkauft worden ist, vom 30.11.2012 und der von diesem Bauträger am 01.12.2012 vorgenommenen, von der Antragsgegnerin als Grundstückseigentümerin während des Beschwerdeverfahrens geduldeten Fällung der Bäume auf dem Grundstück ein Anordnungsgrund nicht mehr besteht. Denn jedenfalls fehlt es an einem Anordnungsanspruch. Die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens liegt nicht in einem das übliche Maß der Glaubhaftmachung übersteigenden deutlichen Grad von Offenkundigkeit auf der Hand.
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass es sich um ein so genanntes kassatorisches Bürgerbegehren nach § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 GemO handelt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat hierauf Bezug. Das Bürgerbegehren richtet sich, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, gegen den in nicht-öffentlicher Sitzung gefassten Beschluss des Gemeinderats vom 16.12.2010. Es war daher sechs Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses einzureichen. Die Einhaltung dieser Frist lässt sich nicht mit der hier erforderlichen Offenkundigkeit feststellen.
Ob der Beschluss vom 16.12.2010 in der Sitzung des Gemeinderats vom 27.01.2011 im Wortlaut verlesen wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Das Protokoll über die Sitzung des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 27.01.2011 weist unter dem Tagesordnungspunkt 3 "Gemeinderat Bekanntgabe von Entscheidungen aus nicht-öffentlicher Sitzung" aus: „Oberbürgermeister ... gibt die Entscheidungen bekannt. Es ergeht folgender Beschluss (Kennwort: Gemeinderat). Die bekannt gegebenen Beschlüsse der 10. nicht-öffentlichen Sitzung vom 16.12.2010 werden zur Kenntnis genommen." Die Antragsgegnerin hat hierzu vorgetragen, die aufgeführten Beschlüsse aus der nicht-öffentlichen Sitzung vom 16.12.2010 seien in der Sitzung vom 27.01.2011 wortwörtlich wiedergegeben worden. Der Antragsteller, der in der Sitzung vom 27.01.2011 anwesend war, hat demgegenüber geltend gemacht, er habe keine Bekanntgabe des Beschlusses vom 16.12.2010 vernommen, es sei nur verlesen worden, dass die bekannt gegebenen Beschlüsse zur Kenntnis genommen würden. Die Rhein-Neckar-Zeitung hat am 29.01.2011 unter anderem berichtet, dass die Stadt Leimen ihren Alten Sportplatz zum Zwecke der Bebauung per Anbieterwettbewerb an den meistbietenden Investor veräußern wolle, dem die Kosten für das entsprechende Bebauungsplanverfahren obliegen sollten, und dass der alte Baumbestand nach dem gemeinderätlichen Konsens weitestgehend erhalten bleiben solle.
Zwar handelt es sich bei der Bekanntgabe von in nicht-öffentlicher Sitzung gefassten Beschlüssen nach § 35 Abs. 1 Satz 4 GemO um einen aus der Sphäre der Gemeinde stammenden Umstand, für den im Grundsatz zunächst die Gemeinde die Darlegungslast trifft. Dieser hat die Antragsgegnerin jedoch genügt. Angesichts der Tatsachen, dass der Bericht in der Rhein-Neckar-Zeitung manche Details des beschlossenen Verkaufs berichtete und dass das Protokoll über die Sitzung vom 27.01.2011 wiedergibt, dass die Entscheidungen aus der nicht-öffentlichen Sitzung vom 16.12.2010 bekannt gegeben wurden, ist das Vorbringen der Antragsgegnerin, in dieser Sitzung seien die Beschlüsse aus der nicht-öffentlichen Sitzung wortwörtlich wiedergegeben worden, jedenfalls mindestens so plausibel wie der entgegengesetzte Vortrag des Antragstellers hierzu. Im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann daher nicht von einer fehlenden Bekanntgabe des Beschlusses nach § 35 Abs. 1 Satz 4 GemO ausgegangen werden.
Offen bleiben kann hier, ob zur Bekanntgabe nach § 35 Abs. 1 Satz 4 GemO etwas Weiteres hinzutreten muss, um die 6-Wochen-Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 GemO auszulösen. Der Begriff der Bekanntgabe in § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO ist nicht identisch mit dem der öffentlichen Bekanntmachung in § 4 Abs. 3 Satz 1 GemO. In dem Bereich, in dem der Einzelne nicht durch den Beschluss unmittelbar betroffen ist, bedarf es nicht einer förmlichen Bekanntmachung. Vielmehr reicht hier aus, wenn ohne formelle Bekanntmachung gewährleistet ist, dass der Bürger von der Beschlussfassung Kenntnis erlangen kann. Denn die nichtamtliche Bekanntgabe erfüllt im wesentlichen eine "Anstoßfunktion", die erkennen lässt, dass ein möglicherweise die Ausschlussfrist in Lauf setzender Gemeinderatsbeschluss gefasst wurde, und den Betroffenen auf diese Weise veranlasst, sich rechtzeitig und umfassend über den Inhalt der Beschlussfassung zu vergewissern (st. Rspr. des Senats, vgl. Urt. v. 14.11.1983 - 1 S 1204/83 - NVwZ 1985, 288; Beschl. v. 17.11.1983 - 1 S 2669/83 - BWGZ 1992, 598; Urt. v. 18.06.1990 - 1 S 657/90 - BWGZ 1992, 599; Beschl. v. 27.04.2010, a.a.O.). Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats genügt dabei auch eine Veröffentlichung des wesentlichen Inhalts der Beschlussfassung in der örtlichen Presse oder im redaktionellen Teil des Amtsblattes, die den Bürger hinreichend über den Inhalt des Beschlusses unterrichtet und ihm eine Entscheidung im Hinblick auf ein Bürgerbegehren ermöglicht (a.a.O.). In dieser Rechtsprechung kommt zum Ausdruck, dass der Lauf der Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 GemO nicht an die Beschlussfassung selbst anknüpft. Bereits der Gesetzeswortlaut legt nahe, dass zu der Beschlussfassung ein zusätzliches Ereignis, nämlich die Bekanntgabe hinzutreten muss, um die 6-Wochen-Frist auszulösen, und dass es sich dabei um eine nach außen tretende Verlautbarung handeln muss. Dafür mag auch der Zweck des § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 GemO sprechen, den Fristbeginn davon abhängig zu machen, dass die Einwohner hinreichenden Anlass haben, die Einleitung eines Bürgerbegehrens zu prüfen. Den Begriff der Bekanntgabe i.S.d. § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 GemO hat der Gesetzgeber freilich nicht definiert. Für in nicht-öffentlicher Sitzung gefasste Beschlüsse - die nach der Gemeindeordnung jedoch nicht der Regelfall sind - sieht § 35 Abs. 1 Satz 4 GemO vor, dass diese nach Wiederherstellung der Öffentlichkeit oder in der nächsten öffentlichen Sitzung bekanntzugeben sind. Unter anderem hieran anknüpfend, ist in der Literatur jüngst erörtert worden, ob es vorzugswürdig wäre, künftig grundsätzlich auf die Verlautbarung des Beschlusses in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats abzustellen und nur hilfsweise, sofern eine solche nicht erfolgt, auf die erste Veröffentlichung in der Presse oder in einem Amtsblatt (vgl. Hofmann, VBlBW 2012, 371, 372). Auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof und das Sächsische Oberverwaltungsgericht stellen - für vergleichbare Regelungen, bei denen die Frist für ein kassatorisches Bürgerbegehren mit der Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses beginnt - auf die Beschlussfassung selbst ab (vgl. HessVGH, Urt. v. 02.04.2004 - 8 UE 2529/03 - juris Rn. 36; SächsOVG, Beschl. v. 14.07.2008 - 4 B 196/08 - juris Rn. 10). Diese Fragen können hier offen bleiben. Denn das kassatorische Bürgerbegehren des Antragstellers wahrte unabhängig von der Frage, ob es für das Ingangsetzen der Frist des § 21 Abs. 3 Abs. 3 Halbsatz 2 GemO auf die Bekanntgabe des Beschlusses in der öffentlichen Sitzung am 27.01.2011 oder die Berichterstattung über den wesentlichen Inhalt dieses Beschlusses in der Rhein-Neckar-Zeitung vom 29.01.2011 ankommt, die 6-Wochen-Frist nicht. Es kann mithin nicht mit einem das übliche Maß der Glaubhaftmachung übersteigenden deutlichen Grad von Offenkundigkeit festgestellt werden, dass die 6-Wochen-Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 GemO eingehalten worden ist.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Beschluss führt ein etwaiger Verstoß gegen die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO über die Öffentlichkeit der Sitzungen des Gemeinderats hier nicht dazu, dass die Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 GemO nicht in Lauf gesetzt wurde. Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen (vgl. Senatsurt. v. 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17, 118). Der Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.03.1998 - 5 S 3203/97 - juris, m.w.N.) und begründet daher die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (vgl. Senatsbeschluss vom 22.07.1991 - 1 S 1258/90 - VBlBW 1992, 140; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.06.1980 - III 503/79 - juris; Beschl. v. 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284).
Die Folgen eines solchen Verfahrensverstoßes und der Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses lassen sich nicht für alle Gemeinderatsbeschlüsse einheitlich bestimmen. Ist Gegenstand des Gemeinderatsbeschlusses eine Satzung, so führt der Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO regelmäßig zur Rechtswidrigkeit und damit Unwirksamkeit der Satzung. Für die Satzung als Rechtsnorm führt grundsätzlich, abgesehen von Heilungsvorschriften wie in § 4 Abs. 4 GemO und §§ 214 f. BauGB, jeder Fehler formeller oder materieller Art zur Nichtigkeit der Norm (sog. Nichtigkeitsdogma, vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 07.05.2001 - 2 BvK 1/00 - BVerfGE 103, 332). Ein Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO hat daher regelmäßig die Ungültigkeit und damit Nichtigkeit des als Satzung beschlossenen Bebauungsplans zur Folge (vgl. Senatsurt. v. 09.11.1966, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.01.1971 - II 141/68 - ESVGH 22, 18). Handelt es sich nicht um einen Satzungsbeschluss, führt der Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO dazu, dass ein von der Gemeinde erlassener Bescheid, der den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats darstellt (vgl. § 43 Abs. 1 GemO), ebenfalls rechtswidrig ist. Denn der Bescheid hätte nicht ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 GemO). Jedoch kann ein solcher rechtswidriger Verwaltungsakt gemäß § 46 LVwVfG Bestand haben (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.06.1980, a.a.O., und v. 08.08.1990, a.a.O., jeweils zur Ausübung des Vorkaufsrechts). Ist ein Verwaltungsakt - z.B. ein dinglicher Verwaltungsakt nach § 35 Satz 2 LVwVfG über die Benennung einer Straße - bereits Gegenstand der Beschlussfassung des Gemeinderats selbst, bestimmen sich die Folgen des Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO nach den Regeln über die Wirksamkeit von Verwaltungsakten. Daher ist in solchen Fällen möglich, dass der Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO nach § 46 LVwVfG unbeachtlich ist (vgl. Senatsbeschluss vom 22.07.1991, a.a.O.).
10 
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat im vorliegenden Fall mit dem Beschluss vom 16.12.2010 im wesentlichen beschlossen, dem Verkauf und der Bebauung des Geländes Alter Sportplatz zuzustimmen, die Verwaltung zu beauftragen, das Grundstück auf Verhandlungsbasis von 250,-- EUR pro Quad-ratmeter anzubieten und die Vergabe durch einen Anbieterwettbewerb durchzuführen. Eine unmittelbar rechtsbegründende, -vernichtende oder -gestal-tende Wirkung im Verhältnis zu Dritten hatte dieser Beschluss nicht. Der Beschluss, der Gegenstand der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 27.01.2011 und der Berichterstattung in der Rhein-Neckar-Zeitung vom 29.01.2011 war, bedurfte der Umsetzung durch die Gemeindeverwaltung der Antragsgegnerin und gab dieser hierfür inhaltliche Vorgaben. Dabei war klar, dass für den Verkauf selbst wiederum ein Gemeinderatsbeschluss notwendig sein würde. Bei dieser Ausgangslage war eine Anstoßfunktion für den einzelnen Gemeindeeinwohner gegeben. Die gesetzliche Ausschlussfrist des § 21 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 GemO soll im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit vermeiden, dass die Ausführung von Gemeinderatsbeschlüssen in wichtigen Gemeindeangelegenheiten längere Zeit nicht in Angriff genommen werden kann oder gar mit besonderem Aufwand rückgängig gemacht werden muss. Die Regelung dient damit der Effektivität und Sparsamkeit der Gemeindeverwaltung und ist zugleich Ausdruck eines Vorrangs der Entscheidungsbefugnis des Gemeinderats im System der repräsentativen Demokratie (vgl. Senatsurteil v. 14.11.1983, a.a.O.; ebenso SächsOVG, Beschl. v. 14.07.2008 - 4 B 196/08 - SächsVBl 2008, 218, m.w.N.). Zugleich ist durch die Bekanntgabe der Gemeinderatsbeschlüsse zu gewährleisten, dass die in der Gemeindeordnung vorgesehenen Mittel direkter Demokratie von den Bürgern effektiv wahrgenommen werden können. Der einzelne Gemeindeeinwohner hatte in einer solchen Situation wie hier hinreichenden Anlass und die Möglichkeit, sich über den Inhalt des in nicht-öffentlicher Sitzung gefassten Beschlusses zu unterrichten und eine eigene Entscheidung im Hinblick auf ein Bürgerbegehren zu treffen. Die Anstoßfunktion war mithin gegeben. Ob anderes gelten würde, wenn der Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO offenkundig wäre, kann offen bleiben. Denn eine solche Konstellation liegt hier nicht vor.
11 
Schließlich macht der Antragsteller ohne Erfolg geltend, dass aufgrund des Beschlusses des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 16.12.2010 sich das Vorhaben noch in einem Stadium befunden habe, in dem sich das Für und Wider noch nicht einigermaßen verlässlich habe beurteilen lassen, so dass das Bürgerbegehren nicht verfristet gewesen sei, und dass weniger als etwa die Hälfte des Gemeinderats bei der Beschlussfassung vom 16.12.2010 das Altlastengutachten zum Alten Sportplatz gekannt hätten. Wie der Senat bereits entschieden hat, entfaltet ein die Planung eines Vorhabens einleitender weichenstellender Grundsatzbeschluss des Gemeinderats keine Sperrwirkung gegen ein Bürgerbegehren in derselben Angelegenheit, wenn die Ausgestaltung des Vorhaben noch derart offen war, dass sich das Für und Wider nicht zumindest einigermaßen verlässlich beurteilen ließ (vgl. Senatsbeschluss vom 30.09.2010 - 1 S 1722/10 - VBlBW 2011, 26). Eine solche Kon-stellation ist hier jedoch nicht gegeben. Mit dem Gemeinderatsbeschluss vom 16.12.2010 waren die wesentlichen Punkte zur zukünftigen Nutzung des Alten Sportplatzes, nämlich die Bebauung zu Wohnzwecken, der Verkauf an einen Investor und die Verhandlungsbasis hierfür von 250,-- EUR pro Quadratmeter festgelegt. Ob bei der Einberufung der Gemeinderatssitzung vom 16.12.2010 gegen § 34 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GemO, wonach bei der Einberufung des Gemeinderats die für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen beizufügen sind, verstoßen wurde, kann offen bleiben. § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO ist eine Schutznorm des einzelnen Gemeinderats (vgl. nur Senatsurteil vom 25.03.1999 - 1 S 2059/98 - VBlBW 1999, 304, m.w.N.). Auf eine etwaige Verletzung dieser Norm kann sich der Antragsteller daher nicht berufen.
12 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.
13 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird geändert.

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die im November 2013 ausgeschriebenen zehn Beförderungsplanstellen (Fachlehrer an Förderschulen) der Besoldungsgruppe A 10 LBesO mit den Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Antragsgegner und die Beigeladenen zu 2. und 5. jeweils zu 1/3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsgegner und die Beigeladene zu 2. jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 10. tragen diese in beiden Rechtszügen jeweils selbst.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge jeweils auf die Wertstufe bis 13.000 Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 22 B 15.620

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 22. Juli 2015

(VG Ansbach, Urteil vom 26. August 2014, Az.: AN 4 K 14.386)

22. Senat

Sachgebietsschlüssel: 421

Hauptpunkte: Zulassung zu einem Jahrmarkt; Erschöpfung des Kontingents für eine bestimmte Betriebsart; Auswahlverfahren bei Bewerberüberhang; Verpflichtung des kommunalen Veranstalters zu Neubescheidung; Zulässigkeit der Bescheidungsklage ohne gleichzeitige Anfechtung der Zulassung zumindest eines Konkurrenten; Übergang von der Bescheidungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage; berechtigtes Interesse; Wiederholungsgefahr; beabsichtigte Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Stadt F.,

vertreten durch den Oberbürgermeister, Rechtsamt, S.-Str. ..., F.,

- Beklagte -

wegen Zulassung zu einem Jahrmarkt;

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 26. August 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Demling, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. Juli 2015 am 22. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet war, den Antrag des Klägers auf Zulassung zur Michaelis-Kirchweih 2014 mit seinem Ausschankbetrieb „F.“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger beantragte bei der Beklagten erfolglos die Zulassung mit seinem neuen Ausschankstand „F.“ zu der von der Beklagten vom 3. bis 15. Oktober 2014 veranstalteten und nach § 69 Abs. 1 GewO festgesetzten Michaelis-Kirchweih. Hierfür hatte er sich mit diesem neuen und mit seinem alten Ausschankstand mit unterschiedlichem Platzbedarf (neu: 10-20 m x 3-6 m; alt: 15 m x 3 m) beworben. Die Beklagte hat den Antrag lediglich hinsichtlich des neuen Ausschankstandes beschieden. Vor dem Verwaltungsgericht begehrte der Kläger zuletzt die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung seines Zulassungsantrags bezüglich seines neuen Ausschankstandes.

Für die Vergabe der Standplätze hat die Beklagte „Richtlinien zur Durchführung des Zulassungsverfahrens zur Teilnahme an der Michaelis-Kirchweih F. und anderer Veranstaltungen der Stadt F.“ vom 10. August 2004 erlassen (im Folgenden: RL 2004). Mit Schreiben vom 7. Februar 2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er nicht zum Zuge gekommen sei. Den zum Zuge gekommenen Bewerbern bot sie zeitgleich den Abschluss von Beschickerverträgen an; gesonderte Zulassungsbescheide erließ sie nicht. Mit Bescheid vom 29. April 2014 begründete sie ihre Entscheidung gegenüber dem Kläger und führte aus, um die für den Ausschankstand des Klägers von der Größe her in Betracht kommenden Standplätze hätten sich fünf Beschicker beworben. Vier Bewerber hätten ebenso attraktive Stände wie der Kläger, seien ihm aber aufgrund ihrer langjährigen Präsenz auf der Michaelis-Kirchweih als „bekannt und bewährt“ vorzuziehen. Der Stand des fünften Beschickers, der Firma K., sei attraktiver, was an Hand der fristgerecht eingereichten Fotos habe bewertet werden können, während auf den Fotos des Klägers sein neuer Ausschankstand nur im Rohbau abgebildet sei und sein Stand daher nur nach der textlichen Beschreibung habe bewertet werden können (VG-Akte Bl. 119 f.).

Der Kläger reichte am 2. Juli 2014 Fotos seines fertig gestellten Ausschankstands nach (VG-Akte Bl. 185 f.).

Bereits am 13. März 2014 hatte der Kläger im Hauptantrag Verpflichtungs- und hilfsweise Bescheidungsklage erhoben. Das Verwaltungsgericht wies den Hauptantrag mit Urteil vom 26. August 2014 als unzulässig mangels gleichzeitiger Drittanfechtungsklage ab, gab ihr im Hilfsantrag aber statt und verpflichtete die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 7. Februar 2014 in der Fassung vom 29. April 2014, den Antrag des Klägers vom 7. September 2013 auf Zulassung zur Kirchweih unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung wurde ausgeführt:

Die Klage sei hinsichtlich des Hilfsantrags zulässig, denn die Erhebung einer „isolierten“ Bescheidungsklage sei dem abgelehnten Bewerber z. B. dann nicht verwehrt, wenn über die Klage geraume Zeit vor Marktbeginn entschieden werde und er darauf vertrauen könne und wolle, dass im Falle seines Obsiegens die Standplatzvergabe an einen Konkurrenten von Amts wegen rechtzeitig zurückgenommen werde. Dies sei hier anzunehmen.

Die Klage sei im Hilfsantrag auch begründet, weil die Ablehnung des Zulassungsantrags des Klägers rechtswidrig sei und ihn in seinem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 70 Abs. 3 GewO verletze. Die Auswahlentscheidung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar, weil sie auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage beruhe. So habe die Beklagte 17 Bewerber zugelassen, obwohl entgegen Nr. 2.4 RL 2004 nicht einmal die Hälfte Fotos ihrer Stände vorgelegt, die Beklagte auf die Vorlage auch nicht verzichtet und auch nicht dokumentiert habe, dass die Stände im Vergleich zur letzten Kirchweih ihr Aussehen behalten hätten. Damit seien aber die nach Nr. 7.2 RL 2004 relevanten Tatsachen und etwa ergänzend verwendetes Verwaltungswissen für die Auswahlentscheidung nach Attraktivitätsgesichtspunkten nicht hinreichend dokumentiert und die Auswahlentscheidung sei daher nicht nachprüfbar. Die neue Auswahlentscheidung müsse nicht zwangsläufig zugunsten des Klägers ausfallen.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgt die Beklagte die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils im stattgebenden Teil und die Abweisung der Klage auch insoweit. Sie macht im Wesentlichen geltend:

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Klage auch im Bescheidungsantrag mangels gleichzeitigen Anfechtungsantrags gegen mindestens einen der fünf, dem Kläger mit Bescheid vom 29. April 2014 mitgeteilten begünstigten Konkurrenten unzulässig. Eine Drittanfechtung sei ihm angesichts der überschaubaren Zahl von Konkurrenten und seiner nicht auf eine bloße sachgerechte Neubewertung seiner Bewerbung, sondern auf einen bestimmten, an die Firma K. vergebenen Standplatz zielenden Klage zumutbar. Sie habe ihn so verstanden, dass er sich nur auf diesen oder einen größeren Standplatz beworben habe. Etwaige Fehler im Auswahlverfahren hätten sich auf die Auswahlentscheidung nicht ausgewirkt, denn der Kläger habe allein den der Firma K. zugeteilten Standplatz begehrt. Diese Bewerberin habe aber aussagekräftige Bilder vorgelegt und nicht wie der Kläger nur ein Foto seines Ausschankstandes im Rohbau. Der Kläger habe erst am 2. Juli 2014 aussagekräftige Bilder nachgereicht, die nach Nr. 3.2 RL 2004 als verspätet nicht mehr hätten berücksichtigt werden dürfen. Nr. 2.4 RL 2004 finde nur auf zugelassene Betriebe Anwendung.

Der Kläger habe kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, denn eine Wiederholungsgefahr bestehe wegen der zwischenzeitlichen Änderung der Zulassungsrichtlinien nicht. Auch ein Schadensersatzbegehren wäre nicht aussichtsreich, da sich das Auswahlermessen der Beklagten bei der streitigen Auswahlentscheidung nicht auf Null reduziert habe und sie für eine Neubescheidung ein neues Bewerbungsverfahren hätte durchführen müssen, um allen Bewerbern aus Vertrauensschutzgründen die Vorlage aussagekräftiger Fotos zu ermöglichen.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 26. August 2014 die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt:

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet war, den Antrag des Klägers auf Zulassung zur Michaelis-Kirchweih 2014 mit seinem Ausschankbetrieb „F.“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Eine Anfechtung der von der Beklagten mit den zugelassenen Konkurrenten geschlossenen privatrechtlichen Verträge als deren Zulassung „ins Blaue hinein“ sei dem Kläger unzumutbar gewesen, da er die Gründe für deren Vorzug nicht kenne, weil die Beklagte in ihrem Bescheid vom 29. April 2014 zwar weitere vier Konkurrenten benannt, aber ihre Ermessensentscheidung nur hinsichtlich des Konkurrenten Firma K. mitgeteilt habe. Zudem habe er sich mit seinem neuen und auch mit seinem alten Ausschankstand mit unterschiedlichem Platzbedarf beworben. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse habe er unter dem Blickwinkel eines Schadensersatzbegehrens sowie wegen der Besonderheit der Marktzulassung, bei der eine Erledigung durch Zeitablauf vor Erlangung von Hauptsacherechtsschutz eintrete.

Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte ihre Richtlinien für die Vergabe der Standplätze durch neue „Richtlinien zur Durchführung des Zulassungsverfahrens zur Teilnahme an der Michaelis-Kirchweih F. und anderer Veranstaltungen der Stadt F.“ vom 9. Januar 2015 ersetzt (im Folgenden: RL 2015). Diese wurden auf das Zulassungsverfahren zur Michaelis-Kirchweih 2015 angewendet. Die erneute Bewerbung des Klägers wurde mit Bescheid vom 21. Mai 2015 abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

I. Die Berufung der Beklagten ist trotz Eintritt eines erledigenden Ereignisses zulässig. Die Beklagte hat ein Rechtsschutzbedürfnis an der Aufhebung des angefochtenen Urteils. Dies ergibt sich wohl schon aus dessen Kostenentscheidung, da das Verwaltungsgericht sie zur Neubescheidung des Antrags des Klägers verpflichtet und ihr hälftig die Verfahrenskosten auferlegt hat. Es ergibt sich jedenfalls aus dem Verhalten des Klägers, der das angefochtene Urteil verteidigt und zur Grundlage eines Amtshaftungsanspruchs machen will. Es kann für die Beklagte daher von Nutzen sein, das angefochtene Urteil aus der Welt zu schaffen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt aber ohne Erfolg. Die ursprünglich erhobene Bescheidungsklage ist zwar durch Eintritt eines erledigenden Ereignisses unzulässig geworden, weil das Rechtsschutzbedürfnis entfallen ist. Der Kläger ist jedoch zulässigerweise auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen, die auch begründet ist, weil das Verwaltungsgericht die Beklagte in seinem Urteil vom 26. August 2014 zu Recht verpflichtet hatte, den Antrag des Klägers vom 7. September 2013 auf Zulassung zur Michaelis-Kirchweih 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Allerdings ist nun die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblich.

1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig.

a) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist analog § 42 Abs. 1 Halbs. 2 VwGO statthaft, nachdem sich das ursprüngliche Bescheidungsbegehren mit Ende der Kirchweih am 15. Oktober 2014 erledigt hat. Die Umstellung von einer Verpflichtungs- (hier: Bescheidungs-) auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist als Einschränkung des Klageantrags nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO auch noch in der Berufungsinstanz zulässig (vgl. BVerwG, U. v. 4.12.2014 - 4 C 33/13 - juris Rn. 11).

b) Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage scheitert auch nicht an § 42 Abs. 2 VwGO. Der Kläger ist für die Bescheidungsklage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt gewesen, da er einen möglichen Anspruch auf Neubescheidung als Minus zu einem Zulassungsanspruch nach § 70 Abs. 1 GewO geltend machen konnte.

c) Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage scheitert auch nicht daran, dass für die ursprüngliche Bescheidungsklage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses ohne Drittanfechtungsklage gegen die Zulassung zumindest eines seiner Konkurrenten kein Rechtsschutzbedürfnis bestanden hätte.

Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob eine Bescheidungsklage im tripolaren Konkurrenzverhältnis ohne gleichzeitige Drittanfechtungsklage gegen die Zulassung zumindest eines der dem Kläger vorgezogenen Konkurrenten zulässig ist. Im Kern geht es um die Frage, ob der unterlegene Konkurrent oder der Jahrmarkt-Veranstalter der durch bestandskräftige Vergabe der Standplätze an zugelassene Konkurrenten drohenden Kapazitätserschöpfung - ersterer durch Drittanfechtungsklage, letzterer durch Rücknahme rechtswidriger Zulassungen - entgegenzuwirken hat, um effektiven Rechtsschutz im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG zu erlangen bzw. zu gewähren. Die Erhebung einer Drittanfechtungsklage war in der vorliegenden Fallkonstellation jedoch im Hinblick auf in Art. 19 Abs. 4 GG wurzelnde quantitative und qualitative Unzumutbarkeitserwägungen entbehrlich, so dass es auf die übrigen Fragen zu diesem Problemkreis nicht mehr ankommt.

Einem Bewerber ist die Erhebung einer zusätzlichen Drittanfechtungsklage zum Einen quantitativ unzumutbar, wenn er eine Vielzahl an Zulassungen von Konkurrenten anfechten müsste (eindeutig bei Hunderten von Konzessionen, vgl. BVerwG, U. v. 7.10.1988 - 7 C 65.87 - BVerwGE 80, 270/273). Jedoch kann schon die Anfechtung von siebzehn an Konkurrenten vergebenen Begünstigungen unzumutbar sein. Die für Musterverfahren in § 93a Abs. 1 VwGO gegebene Zahl von mindestens zwanzig Verfahren ist kein geeigneter Maßstab für eine Unzumutbarkeit, weil sie nicht auf die individuelle Zumutbarkeit für einen Kläger, sondern auf die effektive Durchführung eines Musterverfahrens abstellt (vgl. OVG Berlin-Bbg, B. v. 27.3.2012 - OVG 12 N 7.11 - juris Rn. 6). Hier ist dem Kläger die Anfechtung der Zulassung von bis zu siebzehn mit ihm konkurrierenden Beschickern (vgl. Übersicht Ausschankbetriebe Michaelis-Kirchweih 2014, Anlage zum Schriftsatz vom 8.7.2015) bereits zahlenmäßig nicht zumutbar, da auch dann sein Prozessrisiko noch unzumutbar hoch ist. Anders wäre es dann, wenn er sein Begehren allein auf einen ganz bestimmten Standplatz beschränkt hätte, welcher der Firma K. zugeteilt worden ist. Dann hätte es genügt, deren Zulassung anzufechten. Darauf hat der Kläger seine Klage aber nicht beschränkt, wie sein nicht auf einen bestimmten Standplatz beschränkter Klageantrag zeigt (Klageschrift vom 13.3.2014, VG-Akte Bl. 18).

Dagegen steht auch nicht die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, er habe lediglich die Zulassung der Firma K. angefochten, es werde gerade auf diesen Platz abgestellt (Niederschrift der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 26.8.2014, VG-Akte Bl. 294/295 unten). Diese Einlassung darf nicht losgelöst von ihrem Zusammenhang interpretiert werden, in dem sie gefallen ist. Diese Einlassung ist als Verteidigungsvorbringen gegen den Hinweis des Verwaltungsgerichts auf eine erforderliche Drittanfechtungsklage hinsichtlich seines Verpflichtungsbegehrens zu verstehen. Aus dem Gesamtzusammenhang seiner beiden Bewerbungen mit seinem neuen und mit seinem alten Ausschankstand ist aber ersichtlich, dass es dem Kläger vorzugsweise, aber nicht ausschließlich auf den an die Firma K. vergebenen Standplatz ankam. Seine Bewerbung mit zwei unterschiedlich großen Ausschankständen - von denen die Beklagte nur eine beschieden hat - zeigt sein Kernanliegen, überhaupt mit einem Ausschankstand die Kirchweih beschicken zu können, gleich welcher Art und Größe.

Zum Anderen ist dem Kläger die Drittanfechtung von bis zu siebzehn Zulassungen von Konkurrenten auch qualitativ unzumutbar, weil die Beklagte ihre Auswahlentscheidung zu deren Gunsten und zulasten des Klägers nur so unvollständig in ihren Akten dokumentiert hat, dass der Kläger nicht hinreichend die Erfolgsaussichten von Drittanfechtungsklagen abschätzen konnte, also „ins Blaue hinein“ anfechten und ein ihm nicht einschätzbares Prozessrisiko hätte eingehen müssen. Hier hat die Beklagte ihrer Auswahlentscheidung in ihren Akten nicht dokumentiertes Verwaltungswissen zur Gestaltung der Ausschankstände von Konkurrenten des Klägers zugrunde gelegt, so dass deren Zulassung trotz Aktenvorlage nicht nachvollziehbar ist. So hat die Beklagte im Bescheid vom 29. April 2014 mit dem Ausschankstand des Klägers zunächst jene von fünf Beschickern verglichen. Vier Stände hat sie dem Ausschankstand des Klägers für gleichwertig attraktiv erachtet, obwohl mindestens ein Beschicker (Firma M.) - ebenso wie der Kläger - seiner Bewerbung keine Fotos seines (fertig gestellten) Ausschankstandes im Betriebszustand beigefügt hatte (vgl. Heftung „zugelassene Bewerber“), zudem teilweise die Angaben zum Platzbedarf und über Hilfsfahrzeuge fehlten, ein Vergleich an Hand allein der Bewerbungsunterlagen also objektiv nicht möglich war. Selbst wenn die Beklagte hinsichtlich des anderen Beschickers auf vorhandenes Verwaltungswissen über die Gestaltung des Standes in früheren Jahren zurückgegriffen hätte, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat (Urteil S. 16 f.), hat sie dieses nicht dokumentiert. Ebenso wenig hat sie dokumentiert, worauf sie ihre Einschätzung der Attraktivität des zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht fertig gestellten Ausschankstands des Klägers und damit ihre Auswahlentscheidung des Kirchweihausschusses gestützt hat (vgl. Schriftsatz vom 15.4.2014, VG-Akte Bl. 95/97, Beschlussbuchauszug ebenda Bl. 231, 236).

Schließlich hat die Beklagte für ihren Bescheid vom 29. April 2014 nur einen Teil der im Auswahlverfahren zu vergleichenden Bewerber namentlich bezeichnet und bewertet, weil sie nur die Maße des alten Ausschankstandes des Klägers zum Maßstab genommen hat, obwohl sein neuer Ausschankstand flexiblere Maße aufweist und er sich mit beiden Ausschankständen beworben hatte. Die Beklagte geht selbst davon aus, nur den neuen Stand zugrunde gelegt zu haben (Schriftsatz vom 27.11.2014, VGH-Akte Bl. 82/84 und Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2015, S. 4). Im Bescheid vom 29. April 2014 (VG-Akte Bl. 129 ff.) hat sie diese Erkenntnis aber nicht umgesetzt. Jedenfalls wäre ein noch größerer Kreis an Ausschankständen anderer Bewerber mit dem neuen Ausschankstand des Klägers zu vergleichen gewesen als die fünf im Bescheid genannten (Bescheid vom 29.4.2014, VG-Akte Bl. 129 ff.), möglicherweise bis zu siebzehn (Übersicht Ausschankbetriebe Michaelis-Kirchweih 2014, Anlage zum Schriftsatz vom 8.7.2015), mindestens aber zwölf (vgl. Bescheid vom 21.5.2015). Da zu deren Auswahl nichts Näheres ausgeführt ist, war dem Kläger die Anfechtung ihrer Zulassung unzumutbar gewesen.

Dass der Kläger die Datenverwechslung zwischen altem und neuem Ausschankstand möglicherweise dadurch verursacht hat, dass er sie beide identisch und ohne nähere Unterscheidung als „F.“ bezeichnet, aber nur ein Foto seines neuen Ausschankstands im Rohbau, jedoch keines des zweiten beworbenen älteren Ausschankstands beigefügt hat, ändert hieran nichts, weil die Beklagte dies - offenbar aufgrund ihres Verwaltungswissens - nicht beanstandet hat.

d) Für die Fortsetzungsfeststellungsklage liegt ein besonderes Feststellungsinteresse des Klägers als berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO vor.

Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können, wenn der Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat, weil sie seine Rechtsposition noch verbessern kann (BVerwG, U. v. 14.1.1965 - 1 C 68.61 - BVerwGE 20, 146/149 ff., 154 f.; BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - Rn. 11, 23; BVerwG, B. v. 19.12.2013 - 8 B 8/13 - juris Rn. 6).

aa) Der Kläger kann sich für sein besonderes Feststellungsinteresse zwar nicht auf eine Wiederholungsgefahr berufen, weil eine künftige Auswahlentscheidung unter wesentlich veränderten Umständen ergehen wird.

Eine Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn künftig unter im Wesentlichen unveränderten Umständen eine gleichartige behördliche Entscheidung wie der Verwaltungsakt ergehen wird, der Gegenstand des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens ist (vgl. BVerwG, B. v. 16.10.1989 - 7 B 108/89 - NVwZ 1990, 360; BVerwG, B. v. 26.4.1993 - 4 B 31/93 - NVwZ 1994, 282 ff., juris Rn. 26; BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - Rn. 12; BayVGH, U. v. 25.2.2013 - 22 B 11.2587 - Rn. 43 a. E.). Es muss also eine Präjudizwirkung für künftige vergleichbare Rechtsverhältnisse vorliegen (vgl. BVerwG, B. v. 19.12.2013 - 8 B 8/13 - juris Rn. 6), weil sich dieselben kontroversen Rechtsfragen zwischen den Beteiligten in anderer Weise neu stellen werden (in diesem Sinne BVerwG, B. v. 26.4.1993 - 4 B 31/93 - NVwZ 1994, 282 ff., juris Rn. 27).

Daran fehlt es hier, da eine künftige Auswahlentscheidung der Beklagten wegen Änderung ihrer Zulassungs-Richtlinien anderen materiellen Maßstäben folgen muss als die streitgegenständliche Auswahlentscheidung, zwischenzeitlich als sachliche Änderung der neue Ausschankstand des Klägers fertig gestellt und für ein neues Bewerbungsverfahren nicht nur als Rohbau vorhanden ist und die Beklagte nach ihrer neuen Vergabepraxis nach den neuen Richtlinien zur Durchführung des Zulassungsverfahrens künftig Fotos für alle Bewerbungen zu fordern beabsichtigt. Dass die Beklagte rechtswidrig ergangene Zulassungen widerrufen bzw. gekündigt und das Auswahlverfahren neu durchgeführt hat (vgl. den vom Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2015 vorgelegten Bescheid vom 17.7.2015), stellt die hier getroffene Wertung gerade nicht in Frage.

bb) Der Kläger kann sich entgegen seiner Ansicht auch nicht auf ein besonderes Feststellungsinteresse aus dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG deswegen berufen, weil bei Marktzulassungen regelmäßig eine Erledigung vor Abschluss eines Hauptsacherechtsbehelfs eintritt und sonst keine Entscheidung zur Hauptsache erlangt werden könnte.

Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ist zu bejahen, wenn anderenfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (vgl. BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - Rn. 23 m. w. N.; BVerfG, B. v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 u. a. - BVerfGE 104, 220/232 f.; BVerfG, B. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77/86). Dies wurde z. B. bejaht bei Wohnungsdurchsuchungen in Folge richterlicher Anordnung, bei vorläufigen Ingewahrsamnahmen und Inhaftierungen zur Vorbereitung einer Abschiebung sowie bei versammlungsrechtlichen Maßnahmen.

Dies ist bei marktrechtlichen Auswahlentscheidungen zu verneinen. Sie bergen nicht typischerweise die Gefahr, dass vor Beginn eines Marktes die Auswahlentscheidung nicht mehr in einem verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüft werden könnte. Vielmehr hängt es von der Gestaltung des Auswahlverfahrens im Einzelfall ab, wie früh die Auswahlentscheidung getroffen wird und wie rasch das Verwaltungsgericht über einen Hauptsacherechtsbehelf entscheiden kann. Gerade die Rücksichtnahme auf die erforderlichen Dispositionen der Bewerber verlangt, dass eine Auswahlentscheidung möglichst früh fällt. Anders als die genannten Verwaltungsakte, die wegen ihrer Dringlichkeit regelmäßig sofort vollziehbar sind oder für sofort vollziehbar erklärt werden (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2-4 VwGO, Art. 21a Satz 1 BayVwZVG), um unverzüglich ein hoheitliches Einschreiten zu ermöglichen, ist dies bei tripolaren Auswahl- und Zulassungsentscheidungen schon wegen des organisatorisch bedingten zeitlichen Vorlaufs bis zum Veranstaltungsbeginn regelmäßig entbehrlich.

cc) Ein besonderes Feststellungsinteresse liegt für den Kläger aber in der beabsichtigten Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB.

Ein entsprechendes Fortsetzungsfeststellungsinteresse wird regelmäßig angenommen, wenn die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen ernstlich beabsichtigt und nicht völlig aussichtslos ist, ohne dass es darauf ankommt, ob ein Schadensersatzanspruch im Einzelnen besteht. Da Zivilgerichte im Amtshaftungsprozess an die Beurteilung eines Verwaltungsakts durch die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit als rechtmäßig oder rechtswidrig gebunden sind (vgl. BGH, U. v. 23.10.2003 - III ZR 9/03 -NJW 2003, 3693/3696; BayVGH, U. v. 25.2.2013 - 22 B 11.2587 - Rn. 44), ist ein sich hierauf beziehender verwaltungsgerichtlicher Ausspruch geeignet, die Rechtsposition des Klägers in einem solchen künftigen Verfahren zu verbessern. Einen solchen Anspruch kann der Kläger, da die Beklagte die Auswahl der Schausteller für diese Veranstaltung - trotz des Abschlusses privatrechtlicher Beschickerverträge jedenfalls nach § 70 GewO - in Ausübung hoheitlicher Gewalt getroffen hat, zumindest auch auf § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG stützen.

Für die Aussichtslosigkeit genügt nicht die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess, sondern der geltend gemachte Anspruch darf unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt bestehen und dies muss sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängen (vgl. BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - Rn. 34 m. w. N.; BayVGH, U. v. 25.2.2013 - 22 B 11.2587 - Rn. 48).

Eine schuldhaft rechtswidrige Schadensverursachung durch ein hoheitliches Handeln wird bei Ermessensentscheidungen allerdings dann verneint, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre (BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 39/12 - juris Rn. 47 m. w. N.). Ein vergleichbarer Fall liegt hier aber nicht vor. Ob es möglich gewesen wäre, die Zulassung des Klägers bei fehlerfreier Rechtsanwendung abzulehnen, ist im Verfahren offen geblieben und kann nicht weiter aufgeklärt werden. Dies gilt auch für die eigentliche Auswahlentscheidung nach dem Kriterium der Attraktivität nach Nr. 7.2 RL 2004, weil die Beklagte die Anwendung dieses Kriteriums nicht näher aktenkundig dokumentiert und auch nicht näher spezifiziert hat. Selbst nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist weder feststellbar, dass der Kläger unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zugelassen werden konnte, noch dass eine rechtmäßige Handhabung des Ermessens durch die Beklagte auch zu seinem Ausschluss hätte führen können (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2015, S. 3). Vielmehr muss auch in Betracht gezogen werden, dass in einem eventuellen Schadensersatzprozess eine „Ermessensreduzierung auf Null“ festgestellt werden könnte.

Die Prüfung, wie hoch der entstandene Schaden ist, obliegt der alleinigen Beurteilung des zuständigen Zivilgerichts. Gleiches gilt für die Beantwortung der Frage, ob es dem Kläger (z. B. unter dem Blickwinkel des § 254 Abs. 2 BGB) zum Nachteil gereichen würde, sollte er es in vorwerfbarer Weise unterlassen haben, sich vorsorglich um eine Zulassung zu anderen während der gleichen Zeit stattfindenden Volksfesten zu bemühen.

Soweit ein Feststellungsinteresse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses davon abhängig gemacht wird, dass ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, umgekehrt die bloße Behauptung, einen Schadensersatzprozess führen zu wollen, für ein Feststellungsinteresse nicht genügt (vgl. BayVGH, B. v. 30.9.2014 - 20 ZB 11.1890 - juris Rn. 22 mit Verweis auf OVG NRW, U. v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m. w. N.), dürfen an die Darlegung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (so auch BayVGH, B. v. 30.9.2014 - 20 ZB 11.1890 - juris Rn. 22). Bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kann und muss ein seine Prozesschancen sorgfältig wägender Geschädigter zum Einen dartun, dass und in welcher Höhe ihm Schaden entstanden ist. Dies hat der Kläger getan und darauf verwiesen, dass sein Ausschankstand mangels anderweitiger Aufstellmöglichkeit für die Dauer der Michaelis-Kirchweih ungenutzt geblieben und ihm dadurch ein Gewinn von 10.000 Euro entgangen sei (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2015, S. 3). Das erscheint nicht unplausibel. Zudem hat der Kläger der Beklagten die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs schriftsätzlich angekündigt (Schriftsätze vom 28.11.2014, 16.2.2015 und 13.7.2015, VGH-Akte Bl. 74 f., 115/116, 180 f.).

2. In der Sache ist die Beklagte zu Recht zur Neubescheidung durch das Verwaltungsgericht nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO verpflichtet worden, da ihre Auswahlentscheidung rechtswidrig war und der Kläger Anspruch auf eine fehlerfreie Neubescheidung hatte.

Nicht nur die Kriterien, von denen sich eine Behörde bei Entscheidungen nach § 70 Abs. 3 GewO leiten lässt, müssen transparent und nachvollziehbar sein (BayVGH, B. v. 12.8.2013 - 22 CE 13.970 - GewArch 2013, 445/447 Rn. 31 mit Verweis auf NdsOVG, B. v. 17.11.2009 - 7 ME 116/09 - GewArch 2010, 245/246). Auch der konkrete Auswahlvorgang selbst muss diesen Erfordernissen genügen (BayVGH a. a. O. m. w. N.). Dies ist besonders bedeutsam bei einem Auswahlkriterium wie der Attraktivität, bei dem die Gewichtung einzelner Merkmale subjektive Elemente enthält und letztlich das Ergebnis höchstpersönlicher Wertungen darstellt. Die Verwaltungsgerichte könnten bei einer solchen Gewichtung nur ihre eigenen - nicht notwendig richtigeren - Einschätzungen an die Stelle derjenigen der Behörde setzen, was insoweit zur Anerkennung eines Gestaltungs- und Ermessensspielraums bzw. Auswahlermessens der Behörde geführt hat (BayVGH, B. v. 20.7.2011 - 22 ZB 10.1135 - BayVBl. 2012, 118 Rn. 13; BayVGH, B. v. 6.5.2013 - 22 CE 13.923 - juris Rn. 18). Bisweilen wird ohne nennenswerten sachlichen Unterschied von einer „Einschätzungsprärogative“ (OVG NW, B. v. 2.7.2010 - 4 B 643/10 - juris Rn. 5) oder von einem „Beurteilungsspielraum“ (SächsOVG, B. v. 26.11.2013 - 3 B 494/13 - GewArch 2014, 128 Rn. 13) gesprochen. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich insofern darauf, ob die Beurteilung aufgrund zutreffender Tatsachen erfolgt ist, ob nicht gegen Denkgesetze oder allgemein gültige Wertmaßstäbe verstoßen wurde, ob in die Entscheidung sachwidrige Erwägungen eingeflossen sind und sie frei von Verfahrensfehlern ergangen ist (vgl. zuletzt BayVGH, B. v. 28.7.2015 - 22 ZB 14.1261). Gerade weil hier der Rechtsschutz nicht durch eine umfassende gerichtliche Kontrolle der Anwendung der Auswahlkriterien sichergestellt werden kann, sondern nur durch die Kontrolle der Ausfüllung von Spielräumen, kommt der Transparenz des Auswahlverfahrens entscheidende Bedeutung zu (vgl. zuletzt BayVGH, B. v. 14.7.2015 - 22 ZB 14.1728 - Rn. 28; BVerwG, B. v. 28.5.2014 - 8 B 6.13 - Rn. 13).

Wie ausgeführt (oben II.1.c)), hat die Beklagte ihrer Auswahlentscheidung nicht nachprüfbare Tatsachengrundlagen und in ihren Akten nicht dokumentiertes Verwaltungswissen zur Gestaltung der Ausschankstände von Konkurrenten des Klägers zugrunde gelegt, desgleichen Erkenntnisse auch über den Platzbedarf von Hilfsfahrzeugen, so dass deren Zulassung nicht nachvollziehbar ist. Eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung, ob die Beurteilung aufgrund zutreffender Tatsachen erfolgt ist, ob nicht gegen Denkgesetze oder allgemein gültige Wertmaßstäbe verstoßen wurde, ob in die Entscheidung sachwidrige Erwägungen eingeflossen sind und sie frei von Verfahrensfehlern ergangen ist, war so nicht möglich. So hat die Beklagte erstens unter den mit dem Ausschankstand des Klägers verglichenen Ausschankständen auch einen für gleich attraktiv erachtet (Bescheid vom 29.4.2014, VG-Akte Bl. 129 f.), obwohl der Beschicker (Firma M.) - ebenso wie der Kläger - seiner Bewerbung keine Fotos seines Ausschankstandes im Betriebszustand beigefügt hatte (vgl. Heftung „zugelassene Bewerber“), so dass ein Vergleich an Hand allein der Bewerbungsunterlagen also objektiv nicht möglich war. Selbst wenn die Beklagte hinsichtlich dieses Beschickers auf vorhandenes Verwaltungswissen über die Gestaltung des Standes in früheren Jahren zurückgegriffen haben sollte, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat (Urteil S. 16 f.), hat sie dieses nicht dokumentiert. Zweitens hat die Beklagte nicht dokumentiert, worauf sie ihre Einschätzung des zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht fertig gestellten Ausschankstands des Klägers als mit den anderen vier Ausschankständen als gleichwertig attraktiv gestützt hat, obwohl ihr hierzu außer einem Rohbaufoto keine Unterlagen zur Verfügung standen und sie bezüglich dieses erst im Bau befindlichen neuen Ausschankstandes auch auf keinerlei Erfahrungen aus früheren Jahren zurückgreifen konnte. Solches Wissen konnte sie allenfalls bezüglich des alten, hier nicht streitgegenständlichen Ausschankstands des Klägers haben, dessen gesonderte Bewerbung sie jedoch nicht beschieden hat und den sie nach eigenem Vorbringen auch nicht verglichen haben will (vgl. Schriftsatz vom 27.11.2014, VGH-Akte Bl. 82/84). Ihr Verweis auf die textliche Betriebsbeschreibung als „F.“ genügt als Ersatz nicht. Dass der Kläger aber für eine erfolgversprechende Bewerbung nicht lediglich ein Duplikat seines vorhandenen Ausschankstandes neu errichten würde, sondern diesem eine - worin auch immer liegende - größere Attraktivität zumaß, ergab sich bereits aus der Tatsache seiner doppelten Bewerbung. Demgegenüber hat die Beklagte offenbar dem neuen Ausschankstand schlicht dieselbe Attraktivität zugemessen wie dem alten Ausschankstand. Dieser Fehler führt zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf ein rechtsfehlerfreies Bewerbungsverfahren (§ 114 VwGO).

Auf bloße Hilfserwägungen im Bescheid vom 29. April 2014, die für die Auswahlentscheidung nicht tragend waren, und nur bei Gleichstand der Konkurrenten unter dem Gesichtspunkt der Attraktivität hätten Bedeutung erlangen können, braucht nicht eingegangen zu werden.

Nach allem ist die Berufung der Beklagten erfolglos und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe gegeben ist.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt, da der Neubescheidungsantrag im Verpflichtungsantrag als Minus enthalten ist und das rechtliche Interesse des Klägers daran - auch mit Blick auf seinen zur Begründung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses bezifferten Schadensersatzanspruch - nicht geringer einzuschätzen ist (§ 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GG).

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, mit der die Tendenzeigenschaft der Beschwerdeführerin im Sinne von § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verneint wurde.

2

Die Beteiligten des Ausgangsverfahrens streiten um die Bildung eines Wirtschaftsausschusses nach §§ 106 ff. BetrVG. Die steuerrechtlich als gemeinnützig anerkannte und den internationalen Grundsätzen der Rotkreuz- und Rothalbmond-bewegung verpflichtete Beschwerdeführerin betreibt einen Blutspendedienst. Ihr Unternehmenszweck ist die Förderung des Blutspendewesens und der Trans-fusionsmedizin; dieser Zweck wird insbesondere durch die Entnahme, Sammlung und Aufbereitung von menschlichem Blut und Blutbestandteilen, die Versorgung mit menschlichem Blut und Blutbestandteilen zum Zwecke der Heilung, die Erbringung von transfusionsmedizinischen Labor- und Serviceleistungen sowie die wissenschaftliche Betätigung und Fortentwicklung des Blutspendewesens verwirklicht. Die Blutspenden werden durch die Beschäftigten der Beschwerdeführerin medizinisch getestet, aufbereitet und anschließend entgeltlich an Krankenhäuser oder Ärzte abgegeben.

3

Das Arbeitsgericht stellte fest, dass die Beschwerdeführerin kein Tendenzunternehmen sei und ein Wirtschaftsausschuss gebildet werden müsse. Die Beschwerdeführerin diene keinen karitativen Bestimmungen im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG, denn sie erbringe keinen unmittelbaren sozialen Dienst am leidenden Menschen. Die Sicherstellung der allgemeinen Grundversorgung mit Blutpräparaten genüge nicht.

4

Auf die Beschwerde wies das Landesarbeitsgericht den Antrag des Gesamtbetriebsrats ab. Die Beschwerdeführerin sei ein Tendenzunternehmen, denn sie diene einer karitativen Bestimmung. Sie verfolge freiwillig ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Mit der Förderung des Blutspendewesens und der Transfusionsmedizin habe sie sich in den sozialen Dienst an körperlich leidenden Menschen gestellt. Unerheblich sei, dass dies zugleich der Daseinsfürsorge diene, denn sie leiste gleichwohl Dienst am einzelnen Menschen. Die Beschwerdeführerin beschäftige sich auch nicht lediglich mit der Beschaffung und dem Verkaufen von Blut. Das Blutspendewesen sei vielmehr durch Besonderheiten geprägt; es diene unmittelbar dazu, die medizinische Versorgung von Patienten zu ermöglichen. Unerheblich sei deshalb auch, dass sich zunächst noch Krankenhäuser oder Ärzte der Blutprodukte bedienen müssten, damit sie den Hilfsbedürftigen zukommen könnten.

5

Das Bundesarbeitsgericht sah die Beschwerdeführerin hingegen nicht als Tendenzunternehmen im Sinne von § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG an. Ein Unternehmen müsse nach dem Wortlaut der Vorschrift den karitativen Bestimmungen unmittelbar dienen. Das sei nur der Fall, wenn die Hilfe gegenüber den leidenden Menschen direkt erbracht werde. Das tue die Beschwerdeführerin nicht, denn ihre Leistungen seien nicht unmittelbar auf die Heilung, Milderung oder die vorbeugende Abwehr von Nöten Hilfsbedürftiger gerichtet. Es sei insbesondere nicht ausreichend, dass Blutspenden für die Krankenversorgung notwendig seien, denn das gelte für alle Beiträge zu dieser. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin erfordere, dass eine - nicht nur untergeordnete - ärztliche Heilbehandlung hinzutrete.

6

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin in erster Linie eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts. Darüber hinaus seien Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Sie ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

8

1. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG mit der Begründung rügt, ihre karitative Betätigung sei weltanschaulich fundiert, ist die Verfassungsbeschwerde nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechend substantiiert.

9

a) Der Schutz des Art. 4 GG zielt nicht nur auf Religion, sondern auch auf die Weltanschauung. Der grundrechtliche Schutz bezieht sich dabei nicht nur auf die der Kirche oder Weltanschauung zugeordnete Organisation im Sinne einer juristischen Person, sondern erstreckt sich auch auf die von ihr getragenen Einrichtungen, also auf die Funktionseinheit, durch die der je selbst gewählte Auftrag unabhängig von der jeweiligen Rechtsform seine Wirkung entfalten soll (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 -, www.bverfg.de, Rn. 91 f.).

10

b) Dass die Beschwerdeführerin als Einrichtung einer Religion oder Religionsgemeinschaft tätig würde, behauptet sie selbst nicht; Anhaltspunkte dafür sind auch nicht ersichtlich. Ebenso wenig ist dargelegt, inwieweit das Grundrecht des Art. 4 Abs. 1 GG die Arbeitsgerichte dazu zwingen würde, die Beschwerdeführerin als Weltanschauungsgemeinschaft zu qualifizieren. Der Einsatz für eine ausreichende und qualitativ hochwertige Blutversorgung ist ein bedeutendes humanitäres Anliegen, für das die Beschwerdeführerin erhebliche Leistungen erbringt. Auch orientiert sie sich an den Grundsätzen der internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-bewegung. Diese können eine Weltanschauung und auch eine Religion mit prägen, enthalten jedoch keine insofern spezifische Aussage zur Gesamtheit des menschlichen Lebens, weil weder der Mensch im Kern seiner Persönlichkeit angesprochen noch auf umfassende Weise der Sinn der Welt und des menschlichen Lebens erklärt wird (vgl. BVerfGE 105, 279 <293>). Die Beschwerdeführerin wird vielmehr - wie sie selbst ausführt - von einer übergreifend karitativ-humanitären Bestimmung geleitet; eine religiöse oder weltanschauliche Dimension ist kein bestimmendes Element ihrer Tätigkeit, das sie von anderen Unternehmen unterscheiden würde.

11

2. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot liegt nicht vor.

12

a) Gegen den Gleichheitssatz wird nicht bereits dann verstoßen, wenn die angegriffene Rechtsanwendung eines Fachgerichts fehlerhaft ist. Hinzukommen muss vielmehr, dass die Rechtsanwendung unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 83, 82 <84>; stRspr).

13

b) Danach begegnet die Auslegung des § 118 Abs. 1 BetrVG durch das Bundesarbeitsgericht keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

14

aa) Zwar ergibt sich aus dem Grundgesetz kein zwingendes Gebot betrieblicher Mitbestimmung (vgl. BVerfGE 50, 290 <349>; 52, 283 <298>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 729/92 -, juris, Rn. 18). Doch gestaltet der Gesetzgeber mit den Regelungen zur betrieblichen Mitbestimmung das Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG aus. Er muss dabei den grundrechtlich geschützten Kernbereich unternehmerischen Handelns (Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) ebenso achten wie die grundrechtlichen Belange der Beschäftigten. Zudem soll die Einschränkung der betrieblichen Mitbestimmung nach § 118 Abs. 1 BetrVG die Grundrechtsentfaltung von Tendenzbetrieben zugunsten unternehmerischer Interessen mit spezifisch grundrechtsgeschützter, geistig-ideeller oder politischer Zielsetzung gewährleisten (Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BTDrucks VI/2729, S. 17; vgl. auch BVerfGE 52, 283 <299>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 505/95 -, Rn. 26; stRspr BAG seit BAG, Beschluss vom 22. April 1975 - 1 ABR 604/73 -, juris, Rn. 13; Beschluss vom 14. September 2010 - 1 ABR 29/09 -, juris, Rn. 24). Hinter solchen bereichsspezifischen Grundrechten muss das Sozialstaatsprinzip zurücktreten; der Tendenzschutz ist insoweit eine grundrechtsausgestaltende Regelung (vgl. BVerfGE 52, 283 <299>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 505/95 -, Rn. 26). Daneben werden mit § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG bestimmte geistig-ideelle Zielsetzungen privilegiert, an denen ein Interesse der Allgemeinheit besteht (BAG, Beschluss vom 31. Januar 1995 - 1 ABR 35/94 -, juris, Rn. 56; Beschluss vom 14. September 2010 - 1 ABR 29/09 -, juris, Rn. 24).

15

bb) Dies wird vom Bundesarbeitsgericht nicht verkannt. Die enge Auslegung des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG folgt anerkannten Grundsätzen, denn die Regelung normiert eine Ausnahme von der gesetzgeberischen Entscheidung zugunsten betrieblicher Mitbestimmung; daraus folgt ganz regelmäßig ein restriktives Verständnis der Norm. Das rechtfertigt die enge Auslegung des Merkmals der karitativen Tätigkeit im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG (vgl. Fitting, BetrVG, Handkommentar, 27. Aufl. 2014, § 118 Rn. 2; Weber, in: GK-BetrVG, 10. Aufl. 2014, Bd. 2, § 118 Rn. 33 f.; Kania, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015, BetrVG, § 118 Rn. 2; zum Ausnahmecharakter: Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BTDrucks VI/2729, S. 17). Es ist insofern nicht zu beanstanden, wenn das Bundesarbeitsgericht davon ausgeht, die Ausnahme von der Mitbestimmung greife nur, wenn bei einer karitativen Tätigkeit der Dienst an leidenden Menschen direkt erbracht wird (vgl. BAG, Beschluss vom 31. Januar 1995 - 1 ABR 35/94 -, juris, Rn. 56; Beschluss vom 14. September 2010 - 1 ABR 29/09 -, juris, Rn. 24; Lakies, in: Düwell, BetrVG, 4. Aufl. 2014, § 118 Rn. 2; Lunk, in: Hümmerich/Boecken/Düwell, Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2010, § 118 Rn. 2; Weber, in: GK-BetrVG, 10. Aufl. 2014, Bd. 2, § 118, Rn. 21).

16

Die Beschwerdeführerin kann der hohen Gewichtung des Sozialstaatsprinzips auch keine speziellen Freiheitsrechte entgegenhalten, die zu einer Ausnahme von der betrieblichen Mitbestimmung zwingen würden. Nur diejenigen karitativen Betriebe, die durch die Inanspruchnahme des Art. 4 GG geprägt sind, hat der Gesetzgeber in § 118 Abs. 2 BetrVG gänzlich von der Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommen. Es ist dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, die weitere Ausnahmeregelung des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG nur anzuwenden, wenn Betriebe nicht nur allgemein eine ideelle Zielsetzung verfolgen, sondern diese das betriebliche Handeln auch ausnahmsweise ganz unmittelbar prägt.

17

3. Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Die betriebliche Mitbestimmung beschränkt zwar das Direktionsrecht, die Vertragsfreiheit und die sonstigen unternehmerischen Dispositionen des Arbeitgebers. Die Vorgabe zur Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses ist allerdings von geringer Intensität, denn dieser organisiert Mitwirkung, vermittelt aber keinen ausschlaggebenden Einfluss. Die Beschwerdeführerin behält ihr unternehmerisches Letztentscheidungsrecht. Insoweit ist die im Betriebsverfassungsgesetz normierte Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Blick auf den sozialen Bezug des Unternehmerberufs, der nur mithilfe anderer ausgeübt werden kann, durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 50, 290 <365>). Vorliegend fehlen auch jedwede Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit der Beschwerdeführerin durch die Bildung eines Wirtschaftsausschusses in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würde. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwieweit die geistig-ideelle Zielsetzung der Beschwerdeführerin der Bildung eines Wirtschaftsausschusses entgegenstünde.

18

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufungen der Kläger werden die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. Februar 2014 - 2 K 3238/12 und 2 K 3104/12 - geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17. September 2012 werden aufgehoben.

Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten durch die Kläger im Vorverfahren werden für notwendig erklärt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die Beklagte.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 (Urkunde Notariat Friedrichshafen II Nr. 53/2001) veräußerte der Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 das mit einem Gebäude bebaute Grundstück Flst.Nr. ..., ..., in ... einem Kaufpreis von 285.000,- EUR. An das Grundstück schließt sich in südöstlicher Richtung das der Beklagten gehörende Grundstück Flst.Nr. ... an, das mit einer Sporthalle (sog. „kleine Turnhalle“) bebaut ist. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des durch Satzung vom 22.09.2008 förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Nach der vorbereitenden Untersuchung zu dem Untersuchungsgebiet besteht u.a. für das Turnhallengebäude ein dringender Sanierungsbedarf bzw. ein Bedarf für die Errichtung eines Neubaus unter Einbeziehung benachbarter Grundstücke. Dem Abschluss des Kaufvertrages zwischen den Klägern waren erfolglos verlaufende Verkaufsverhandlungen zwischen dem Kläger zu 1 und der Beklagten über das Grundstück vorausgegangen.
Mit Schreiben vom 01.07.2011, bei der Beklagten eingegangen am 04.07.2011, übersandte das Notariat Friedrichshafen II eine beglaubigte Abschrift des Kaufvertrages vom 30.06.2011 als Vorkaufsrechtsanzeige. Der Kläger zu 1 teilte der Beklagten unter dem 01.07.2011 gleichfalls den Abschluss des notariellen Kaufvertrages mit.
Der Gemeinderat der Beklagten befasste sich mit der Ausübung eines Vorkaufsrechts hinsichtlich des Grundstücks nach §§ 24 ff. BauGB zunächst in nichtöffentlicher Sitzung am 25.07.2011. Die Einladung vom 15.07.2011 des Bürgermeisters der Beklagten zu der Gemeinderatssitzung am 25.07.2011 sah unter Tagesordnungspunkt 1. für den nichtöffentlichen Teil (Beginn 17.00 Uhr) vor:
„Beratung zum Verwendungszweck der Flurstücke ... (kleine Turnhalle) und ... (...Straße ...) im Rahmen der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme „Östlicher Ortskern“ und Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde zum Erwerb des Grundstücks Flst. ... – (...) Über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die zukünftige öffentliche Nutzung des Grundstücks ist zu beraten. Die Entscheidung über die öffentliche Nutzung und die Ausübung des Vorkaufsrechts hat in öffentlicher Sitzung zu erfolgen.“
Nach kontroverser Diskussion über die Ausübung des Vorkaufsrechtes erging in der nichtöffentlichen Sitzung der Beschluss, vor einer weiteren Entscheidung zum Sachverhalt, die rechtliche Stellungnahme eines Fachanwaltes einzuholen. Nach dieser Stellungnahme solle eine nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats erfolgen, in der eine rechtliche Beratung über das Verfahren zur Ausübung eines Vorkaufsrechtes durch die Gemeinde durch einen Fachanwalt erfolgen solle.
Diese nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats fand am 01.08.2011 unter Teilnahme des Beklagtenvertreters statt. Nachdem der Bürgermeister den Sachverhalt dargelegt und klargestellt hatte, dass keine Sachdiskussion bezüglich der Ausübung des Vorkaufsrechts geführt werde, erläuterte der Beklagtenvertreter umfassend die rechtliche Lage. Er wies hierbei eingangs insbesondere darauf hin, dass Beratung und Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts in öffentlicher Sitzung erfolgen müssten. Dabei reiche es auch nicht aus, wenn in einer nichtöffentlichen Sitzung beraten worden sei und anschließend in öffentlicher Sitzung trotz Gelegenheit zur Wortmeldung keine Aussprache stattfinde, sondern wegen der Vorberatung in öffentlicher Sitzung nur noch die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen werde. Die bisherigen Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung müssten daher als gegenstandslos behandelt werden. Die Beschlussfassung müsse unbefangen und unbeeindruckt von der nichtöffentlichen Beratung in öffentlicher Sitzung erfolgen, da nur so der Fehler der nichtöffentlichen Beratung wieder ausgeräumt werden könne. Nach zahlreichen Wortmeldungen der Gemeinderatsmitglieder und Rückfragen an den Beklagtenvertreter zu den Voraussetzungen, möglichen negativen rechtlichen Folgen sowie einer rechtlich sicheren Vorgehensweise bei der Ausübung des Vorkaufsrechts, fasste der Gemeinderat schließlich den nachfolgenden einstimmigen Beschluss:
1. „Herr Prof. ... wird mit der Begleitung der Ausübung des Vorkaufsrechts beauftragt.
2. Es wird festgestellt, dass die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden wird. Die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 ist als gegenstandslos zu betrachten.“
Mit Schreiben vom 02.08.2011 teilte die Beklagte sowohl dem Kläger zu 1 als auch dem Kläger zu 2 mit, dass beabsichtigt sei, das Sanierungs- und Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortzuschreiben und zu konkretisieren. Die Verwaltung werde dem Gemeinderat vorschlagen, das der Gemeinde gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB zustehende Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst.Nr. ... zum Wohle der Allgemeinheit auszuüben. Den Klägern wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.08.2011 eingeräumt.
10 
In der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 beschloss der Gemeinderat zunächst die Fortschreibung und Konkretisierung des Entwicklungskonzepts im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ u.a. zur Schaffung öffentlicher und privater Stellplätze unter Inanspruchnahme der Flst.Nrn. ... (... Straße ...) und ... (kleine Turnhalle). Danach schilderte der Bürgermeister unter dem nächsten Tagesordnungspunkt „Ausübung des Vorkaufsrechts“ die Situation zum städtebaulichen Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ sowie zum Kaufvertrag über die Veräußerung des Grundstücks ... Straße ... Im Folgenden verwies er auf die Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe. Gemeinderat Z. äußerte, der Gemeinderat müsse in jedem Fall von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Es sei schade, dass das Grundstück nicht bereits im Vorfeld auf „normale Art und Weise“ habe erworben werden können. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei von der Vorgehensweise aber nun rechtlich einwandfrei. Gemeinderat K. wies darauf hin, dass im Sinne des Allgemeinwohls das Vorkaufsrecht entsprechend dem Beschlussvorschlag ausgeübt werden solle. Gemeinderat M. schloss sich seinen Vorrednern an und äußerte, dass „die Sache entsprechend vorberaten“ worden sei. Der Gemeinderat beschloss sodann die Ausübung des Vorkaufsrechts am Grundstück Flst.Nr. ..., ... Straße ...
11 
Mit Bescheid vom 31.08.2011 übte die Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1 das Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst.Nr. ... aus. In ihrer Begründung verwies die Beklagte auf die Satzung über die förmliche Festsetzung des Sanierungsgebiets und den vorangegangenen Ergebnisbericht, der den erheblichen Erneuerungsbedarf der kleinen Halle festgestellt habe. In öffentlicher Sitzung vom 29.08.2011 habe der Gemeinderat das Satzungsziel konkretisiert und auf Grundlage von §§ 28 Abs. 2, 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beschlossen, das Vorkaufsrecht für das Grundstück... Straße ... auszuüben. Die Ausübung sei durch Gründe des Wohls der Allgemeinheit gerechtfertigt. Nach den am 29.08.2011 beschlossenen Satzungszielen sowie dem Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen solle die Halle unter Inanspruchnahme des Grundstücks ... Straße ... saniert oder neu aufgebaut werden. Zudem sei beabsichtigt, das Grundstück auch für die Herstellung öffentlicher und privater Stellplätze zu nutzen.
12 
Der Ausübungsbescheid wurde dem Kläger zu 2 unter dem 31.08.2011 zur Kenntnisnahme übersandt.
13 
Gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts erhob der Kläger zu 1 mit Schreiben vom 27.09.2011 Widerspruch, den er am 31.10.2011 im Wesentlichen damit begründete, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 29.08.2011 rechtswidrig sei, da dem offenbar Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung vorausgegangen seien. Eine solche nichtöffentliche Vorberatung sei unzulässig und führe zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 29.08.2011.
14 
Der Kläger zu 2 erhob mit Schreiben vom 05.09.2011 Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011. In der Widerspruchsbegründung vom 18.01.2012 wurde ebenso die Unwirksamkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 wegen vorangegangener Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung geltend gemacht.
15 
Mit in der Sache identischen Widerspruchsbescheiden vom 17.09.2012, zugestellt am 19.09.2012 und am 20.09.2012, wies das Landratsamt Bodenseekreis die Widersprüche der Kläger zurück. Dem Ausübungsbescheid habe ein wirksamer Beschluss des Gemeinderats in öffentlicher Sitzung vom 29.08.2011 gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO zu Grunde gelegen. In der Sitzung hätten die Gemeinderäte zunächst ausführlich über die Sanierung bzw. den Neubau der Turnhalle und der Verbesserung der Parkplatzsituation diskutiert. Unmittelbar daran sei der Tagesordnungspunkt zum Vorkaufsrecht aufgerufen worden. Es habe drei kurze Wortmeldungen gegeben. Nachdem kein weiterer Beratungsbedarf bestanden habe, sei abgestimmt worden. Ein solches Vorgehen sei nicht unüblich. Auch materiell lägen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB für die Ausübung des Vorkaufsrechts vor.
16 
Der Kläger zu 2 hat am 12.10.2012 unter dem Aktenzeichen 2 K 3104/12 und der Kläger zu 1 hat am 18.10.2012 unter dem Aktenzeichen 2 K 3238/12 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Die Kläger haben jeweils beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 aufzuheben. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
17 
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klagen jeweils mit in der Begründung identischen Urteilen vom 28.02.2014 abgewiesen. Die Beklagte habe das Vorkaufsrecht in formell und materiell rechtmäßiger Weise ausgeübt. Insbesondere habe der Gemeinderat der Beklagten in seiner Sitzung vom 29.08.2011 verfahrensfehlerfrei über die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen, ein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO liege nicht vor. Die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 25.07.2011 habe zwar den Erfordernissen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO nicht entsprochen. Nach Erkennen seines Fehlers habe der Gemeinderat aber durch das weitere Vorgehen den Anforderungen des Öffentlichkeitsprinzips ausreichend Rechnung getragen. Mit dem Beschluss vom 01.08.2011 habe der Gemeinderat seinen Willen und seine Bereitschaft deutlich zum Ausdruck gebracht, neu in öffentlicher Sitzung zu verhandeln. Die Beratung und Beschlussfassung am 29.08.2011 genüge den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Dass die der Beschlussfassung vorangestellte Beratung weder die Dauer noch die Intensität der Debatte vom 25.07.2011 erreicht habe, sei unerheblich. Eine Beratung setze keine Diskussion um der Diskussion willen voraus. Eine Diskussion könne sich sogar darin erschöpfen, dass die Beteiligten auf Wortmeldungen gänzlich verzichteten, wenn kein Gesprächsbedarf bestehe. Unschädlich sei auch, dass der Bürgermeister auf die Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagtenvertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe, verwiesen habe. Dies bedeute nicht, dass hierdurch nichtöffentliche Beratungen des Gemeinderats Teil der Beratung vom 29.08.2011 geworden seien. Auch die Äußerung des Gemeinderats Ms., die Sache sei „entsprechend vorberaten worden“, ändere nichts an dem Umstand, dass der Gemeinderat im Rahmen der Sitzung den Sachverhalt umfassend beraten habe. Dass eine unzulässige Verlagerung der Beratung in die nichtöffentliche Sitzung nicht stattgefunden habe, zeige auch der Vergleich der Ergebnisse der Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 29.08.2011. Gerade durch den Beschluss vom 01.08.2011 habe der Gemeinderat deutlich gemacht, dass er die Geschehnisse des 25.07.2011 nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen wolle, sondern mit den Kenntnissen aus der rechtlichen Beratung in öffentlicher Sitzung beraten und entscheiden wolle. So wie der Gemeinderat jederzeit einen Beschluss aufheben könne, wenn er dessen Fehlerhaftigkeit erkannt habe, und hierauf den Beschluss unter Beachtung der Verfahrensregeln neu fassen könne, habe der Gemeinderat vorliegend noch vor einer verfahrensfehlerhaften nichtöffentlichen Beschlussfassung sein Vorgehen korrigieren und in öffentlicher Sitzung ordnungsgemäß über die Ausübung des Vorkaufsrechts beraten und dieses beschließen können. Zwar sei den Klägern darin zuzustimmen, dass eine größtmögliche Transparenz durch die Einführung des Inhalts der Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 in der Sitzung vom 29.08.2011 erzielt worden wäre. Dies sei zur Wahrung des Öffentlichkeitsprinzips jedoch nicht zwingend erforderlich gewesen.
18 
Die Kläger haben die mit Senatsbeschlüssen vom 23.07.2014 zugelassenen Berufungen nachfolgend begründet. Der Senat hat das Verfahren 8 S 1387/14 (Kläger zu 2. gegen die Beklagte) mit dem Verfahren 8 S 1386/14 (Kläger zu 1. gegen die Beklagte) mit Beschluss vom 24.03.2015 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. 8 S 1386/14 fortgeführt.
19 
Zwischenzeitlich wurden am 17.11.2014 in einer öffentlicher Sitzung des - neu gewählten - Gemeinderats der Beklagten unter Teilnahme des Beklagtenvertreters dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit die Grundzüge des Diskussionsinhalts sowie die Beschlüsse der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 zugänglich gemacht. Der Bürgermeister wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die neu gewählten Gemeinderatsmitglieder und er als neuer Bürgermeister hier das gleiche gemeinsame Schicksal hätten. Nachdem außer einer Verständnisfrage keine Wortmeldungen erfolgten, fasste der Gemeinderat den einstimmigen Beschluss:
20 
„1. Der Gemeinderat nimmt den Diskussions- und Beschlussinhalt der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 zur Kenntnis.
2. Der Gemeinderat sieht keinen Anlass, den Beschluss des Gemeinderats vom 29.08.2011 zu ändern.“
21 
Der Kläger zu 1. hat zur Begründung seiner Berufung angeführt:
22 
Eine unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO erfolgte nichtöffentliche Beratung könne im Gegensatz zu einem fehlerhaften Beschluss nicht allein durch einen Aufhebungsbeschluss des Gemeinderats gegenstandslos werden, sondern müsse als zuvor der Öffentlichkeit entzogener Teil des Entscheidungsprozesses nachgeholt oder zumindest transparent gemacht werden. § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO verlange, dass die Sitzungen des Gemeinderats und damit der gesamte Verhandlungsgang öffentlich und insofern transparent und prüfbar für die Bürger sei. Dies könne im Einzelfall eine bloße Information des Gemeinderats durch Verwaltung und Kenntnisnahme bedeuten, im hier interessierenden Fall durch Sachvortrag, Beratung und Beschlussfassung. Dies seien Elemente einer Sitzung i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO, die nicht voneinander getrennt, hinsichtlich des Öffentlichkeitsprinzips nicht unterschiedlich behandelt und auch in ihrer Reihenfolge nicht verändert werden könnten. Die Gemeinderatssitzung sei der organisatorische Rahmen, innerhalb dessen ein Vorgang behandelt und zur Entscheidung gebracht werden müsse. Dies schließe es nicht aus, dass die Entscheidung des Gemeinderates nicht in derselben, sondern etwa in einer folgenden öffentlichen Sitzung gefasst werde. Der Gesetzgeber habe die gewählten Vertreter bewusst unter einen Begründungszwang gestellt, weil der Bürger zumindest ansatzweise erkennen können solle, was sich der einzelne Vertreter bei seiner Entscheidung gedacht habe. Für eine Kontrolle durch die Bürger seien nicht nur das Votum des Repräsentanten, sondern auch seine Gründe hierfür jeweils von maßgeblicher Bedeutung. Bei einer Trennung von Beratung und Beschlussfassung würde der Willkür Tür und Tor geöffnet. Nicht nur würde der Rechtsschutz verkürzt oder erschwert, sondern es könnten auch vollendete Tatsachen geschaffen oder - wie hier - Entscheidungsfristen eingehalten werden, ohne dass sich das dafür zuständige Organ dafür zu rechtfertigen habe.
23 
Eine Begründung könne nicht nachgeschoben werden. Gleichfalls könne ein neu gewählter Gemeinderat in neuer Zusammensetzung nicht darüber befinden, dass und warum der frühere Gemeinderat zu Recht eine bestimmte Entscheidung getroffen habe.
24 
Der Kläger zu 2 hat zur Berufungsbegründung im Wesentlichen vorgetragen, dass eine Vorwegnahme der Sachdiskussion in einer nichtöffentlichen Sitzung auch bei nachfolgender Beschlussfassung in einer öffentlichen Sitzung gegen § 35 Abs. 1 GemO verstoße. Im vorliegenden Fall seien ganz wesentliche Aspekte der Ausübung des Vorkaufsrechts ausschließlich in den nichtöffentlichen Beratungen am 25.07.2011 und am 01.08.2011 besprochen worden, die in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 nicht wieder aufgegriffen worden seien. Der von der Beklagten zur Heilung dieses Verstoßes gewählte Weg eines Beschlusses in einer nichtöffentlichen Sitzung, dass die bisherigen Beratungsgegenstände als gegenstandslos zu betrachten seien, sei gänzlich verfehlt, da er nicht dem Sinn der Öffentlichkeitsbeteiligung entsprochen habe. Eine Heilung setze vielmehr voraus, dass erneut beraten und sodann beschlossen werde. Dabei dürften jedoch die Beratung und die Beschlussfassung in der öffentlichen Sitzung nicht von der nichtöffentlichen Beratung losgelöst betrachtet werden. Die „Heilungsberatung“ müsse zumindest die Auswirkungen der Verletzung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO ungeschehen machen. Nach dem Sinn der Öffentlichkeitsberatung, den Entscheidungsprozess plastisch und transparent zu machen, setze die „Heilungsberatung“ daher als Mindeststandard voraus, dass die bisherige Sachdiskussion offen gelegt werde. Dies könne entweder durch eine Einführung der nichtöffentlichen Sitzungsprotokolle in die öffentliche Sitzung oder jedenfalls durch eine Wiedergabe des wesentlichen Inhalts dieser Protokolle durch den Schriftführer oder durch den Bürgermeister geschehen. Diesen erhöhten Anforderungen genüge die Beratung am 29.08.2011 jedoch nicht, da der Bürgermeister der Beklagten in dieser Sitzung lediglich auf die Vorberatung am 01.08.2011 ohne jegliche Erörterung ihres Gegenstandes verwiesen und die Sitzung vom 25.07.2011 gänzlich unerwähnt gelassen habe, so dass der gesamte Verstoß einschließlich des Heilungsversuchs der Öffentlichkeit unbekannt geblieben sei. Der Öffentlichkeit sei damit ein wesentlicher Teil der Willensbildung vorenthalten worden. Ein solches Vorgehen berge insofern auch eine erhebliche Missbrauchsgefahr. Andernfalls könne stets in nichtöffentlicher Sitzung so lange beraten werden, bis man sich einig sei, anschließend könne man sich durch einen Beschluss hiervon distanzieren und sodann eine öffentliche Sitzung einberufen, in der der Gemeinderat den vorberatenen Beschluss fassen könnte.
25 
Die vorgeschlagene Vorgehensweise einer Veröffentlichung des wesentlichen Inhalts der Protokolle über die nichtöffentliche Sitzung verstoße auch nicht gegen § 35 Abs. 2 GemO, da eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Bürgermeister notwendiger Bestandteil eines entsprechenden Heilungsversuches sei. Ebenso wenig sei das Recht der einzelnen Gemeinderäte auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, da aufgrund des Tätigwerdens der Gemeinderäte nicht als Privatperson sondern als mandatierte Volksvertreter bereits der Schutzbereich nicht eröffnet sei, die Aufhebung der Schweigepflicht nach § 35 Abs. 2 GemO jedenfalls eine zulässige Beschränkung darstelle und darüber hinaus eine zusammenfassende Darstellung ohne Personennennung hiervon ohnehin unberührt bliebe.
26 
Des Weiteren stehe auch nicht § 46 LVwVfG einer Aufhebung des Ausübungsbescheids entgegen, da angesichts der erheblichen Divergenz zwischen der Sitzung vom 25.07.2011 und derjenigen vom 29.08.2011 nicht offensichtlich sei, dass die Verletzung des Öffentlichkeitsprinzips die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe.
27 
Schließlich könne die in der Gemeinderatssitzung am 17.11.2014 vorgenommene Beratung und Beschlussfassung keine nachträgliche Heilung mehr herbeiführen. Die vorgenommene Veröffentlichung sei überdies nicht hinreichend.
28 
Die Kläger beantragen,
29 
die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28.02.2014 - 2 K 3238/12 und - 2 K 3104/12 - abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 aufzuheben;
die Zuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
30 
Die Beklagte beantragt,
31 
die Berufungen zurückzuweisen.
32 
Der in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 gefasste Beschluss sei für sich betrachtet fehlerfrei erfolgt und habe den Vorschriften der Gemeindeordnung entsprochen, da insbesondere eine öffentliche Beratung und Beschlussfassung stattgefunden hätten. Es müsse streng getrennt werden zwischen der Frage, ob der Fehler der nichtöffentlichen Beratung geheilt werden könne und der Frage, ob diese Fehlerbehebung Voraussetzung für eine fehlerfreie Beratung und Beschlussfassung sei und eine Nachwirkung die öffentliche Beratung und Beschlussfassung „infiziere“. Hierfür gebe es jedoch keine Anhaltspunkte. Vielmehr sei der Fehler aus dem vorangegangenen Verhalten schon dadurch geheilt worden, dass dem Gemeinderat deutlich gemacht worden sei, dass er sich von jeglicher Vorbindung aus der nichtöffentlichen Sitzung „frei machen“ müsse. Zudem sei der Stand der Beratung nach der nichtöffentlichen Sitzung so kontrovers gewesen, dass sich daraus kein einheitlicher Willensentschluss ableiten ließe und die einheitliche Willensbildung daher offensichtlich erst nach der nichtöffentlichen Beratung stattgefunden habe. Die nichtöffentliche Vorberatung sei daher als selbstständiger Verfahrensteil zu sehen und rechtlich entsprechend zu bewerten.
33 
Darüber hinaus läge im vorliegenden Fall, selbst wenn man ein entsprechendes Heilungserfordernis bejahte, höchstens ein Verfahrensfehler vor, der gemäß § 46 LVwVfG mangels Kausalität nicht zur Aufhebung des Ausübungsbescheids führen könne. Dies zeige auch der neue Beschluss des Gemeinderats vom 17.11.2014, den Beschluss vom 29.08.2011 nicht zu ändern. Des Weiteren stehe der von den Klägern vorgeschlagene Weg einer Offenlegung der bisherigen Sachdiskussion im Widerspruch zu § 35 Abs. 2 GemO, der im Lichte des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte auszulegen sei. Auch eine anonymisierte zusammenfassende Darstellung des Verlaufs einer unzulässigen nichtöffentlichen Beratung durch den Bürgermeister sei jedoch keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Durchführung einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung. Schließlich habe der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung am 17.11.2014 den Beratungs-, Diskussions- und Beschlussinhalt der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 transparent gemacht, so dass der Fehler in jedem Fall nachträglich geheilt worden sei.
34 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die einschlägigen Behördenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.
36 
Auch wenn der Kläger zu 2 nicht Adressat des angefochtenen Ausübungsbescheides ist, ist er klagebefugt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Gemeinde ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich auch gegenüber dem Käufer als belastender Verwaltungsakt darstellt und gegen den sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann (st. Rspr. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 - BRS 39 Nr. 96, juris Rn. 3, vom 15.02.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris Rn. 5 und vom 30.11.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5).
37 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes fristgebunden. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, d.h. eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, u.a. Urteil vom 22.10.1993 - 6 C 119.92 - juris Rn.16 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, so dass innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB sämtliche für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen (vgl. Paetow in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 28 Rn. 10; Dolde, NJW 1984, 1713,1729; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.1997 - 8 A 12998/96 - juris Rn. 26 zum Vorkaufsrecht nach DSchPflG RP).
39 
2. Rechtsgrundlage des Bescheids der Beklagten vom 31.08.2011 ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu. Das Grundstück Flst.Nr. ..., das mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 vom Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 veräußert wurde, liegt unstreitig im Geltungsbereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, denn die Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrages ging bei der Beklagten am 04.07.2011 ein, so dass der angefochtene Bescheid vom 31.08.2011, der dem Kläger zu 1 am 02.09.2011 zugestellt wurde, die Frist wahrte.
40 
3. Der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist jedoch rechtswidrig, da er einen rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 29.08.2011 vollzieht. Dieser Beschluss verstieß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegen haben, kommt es daher nicht (mehr) an.
41 
a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer auszuüben. Da die Entscheidung hierüber eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung betrifft, ist eine Entscheidung des hierfür zuständigen Gemeindeorgans erforderlich. Dies ist hier der Gemeinderat. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO legt der Gemeinderat die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Hier ist unstreitig weder die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO eröffnet, noch hat eine Zuständigkeitsübertragung an den Bürgermeister der Beklagten stattgefunden.
42 
b) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nach Satz 2 der Vorschrift nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Diese Voraussetzungen lagen offenkundig nicht vor, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
43 
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er ist im demokratischen Rechtsstaat eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen; es soll so bereits der Anschein vermieden werden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17,118 und 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 15, Beschluss vom 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - juris Rn. 9). Der Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO geht daher über eine bloße Unterrichtung des Bürgers hinaus. Vielmehr dient er gerade dem Ziel einer gesetzmäßigen und sachgerechten Arbeit des Gemeinderats sowie der Verhinderung vermeidbarer Missdeutungen seiner Willensbildung und Beschlussfassung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1966 a.a.O.). Die Bürger sollen aufgrund der öffentlichen Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten auch einschätzen können, ob gegebenenfalls eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidungsfindung erforderlich wird (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 - 5 K 1969/12 - juris Rn. 49).
44 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet daher regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung und damit die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2010 a.a.O. m.w.N; vgl. auch für die Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei Satzungsbeschlüssen § 18 Abs. 5 GemO).
45 
Der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes dabei nicht nur, dass der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Sitzung gefasst wird, sondern dass über die Frage auch öffentlich beraten wird (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.06.1980 - III 503/79 - VBlBW 1980, 33, vom 16.06.1981 - 3 S 271/81 und vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; OLG Stuttgart, Urteil vom 11.11.2013 - 102 U 1/13 - juris Rn. 31). Denn das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit im Sinne der § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB den kommunalen Grundstückserwerb erfordert. Angesichts des städtebaulichen Einschätzungsspielraums, ob und in welcher Weise das jeweilige Grundstück für die kommunale Planung von Relevanz ist, kommt danach gerade bereits der öffentlichen Debatte im politischen Willensbildungsorgan eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird im Regelfall die der Beschlussfassung vorausgehende Beratung in ein- und derselben öffentlichen Sitzung des Gemeinderats erfolgen. Fallen im Einzelfall die beiden Schritte auseinander, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit für beide Einzelschritte.
46 
c) Diesen Anforderungen entsprach das Vorgehen der Beklagten nicht.
47 
aa) Der Gemeinderat der Beklagten hat hier zwar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 29.08.2011 den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gefasst. Die (eigentliche) Sachberatung- und diskussion hierüber erfolgte jedoch nicht in dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung, sondern in nichtöffentlicher Sitzung. Da in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die unter Verstoß gegen das Prinzip der Öffentlichkeit durchgeführte Beratung nicht offengelegt wurde, ist auch der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft.
48 
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfolgte in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 29.08.2011 keine Beratung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar fand unmittelbar vor der Beschlussfassung nach der Einführung durch den Bürgermeister eine kurze Aussprache statt, in der drei Gemeinderäte die einstimmige Zustimmung ihrer jeweiligen Fraktionen ankündigten. Allein der Umstand, dass insofern keine streitige Diskussion mit Rede und Gegenrede stattgefunden hat, begründet noch keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Denn auf eine Beratung kann im Einzelfall auch ganz verzichtet werden (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 GemO).
49 
Sowohl den Darlegungen des Bürgermeisters (Verweis auf eine Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe), als auch den Ausführungen der drei Gemeinderäte ist jedoch zu entnehmen, dass auf vorangegangene Beratungen Bezug genommen wurde. Hierdurch ist überhaupt erst offenbar geworden, dass ein Beratungsbedarf nur deshalb nicht mehr bestanden hat, da über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zuvor mehrfach beraten wurde. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, ein weiterer Beratungsbedarf habe sich in der öffentlichen Sitzung nicht ergeben, da unmittelbar vor diesem Tagesordnungspunkt das Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortgeschrieben und konkretisiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Bürgermeister selbst noch die drei Gemeinderäte, die sich hierzu geäußert haben, bei der Befassung des Themas „Vorkaufsrecht“ auf diesen vorangegangen Tagesordnungspunkt berufen haben. Vielmehr hat der Bürgermeister selbst auf eine Vorberatung vom 01.08.2011 Bezug genommen; auch Gemeinderat M. hat auf eine Vorberatung hingewiesen.
50 
bb) Die der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 vorangegangenen Beratungen über die Ausübung des Vorkaufsrechts haben sämtlich in nichtöffentlicher Sitzung stattgefunden.
51 
In der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 hat der Bürgermeister u.a. darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu erfolgen habe. Offenbar ging dieser davon aus, dass es unschädlich sei, hierüber in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten. Danach wurde ausführlich und kontrovers darüber diskutiert, ob für das Grundstück nach den bisher formulierten Sanierungszwecken überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, der Bürgermeister wurde teilweise wegen der gescheiterten Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger zu 1 kritisiert und es bestand insgesamt eine Unsicherheit, ob die rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen. In dieser nichtöffentlichen Sitzung fand danach - unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO - bereits die wesentliche Sachdiskussion und nicht lediglich eine bloße Vorbehandlung einer schwierigen Angelegenheit in einer nichtöffentlichen Sitzung statt, die dann in einer weiteren öffentlichen Sitzung erledigt wird (vgl. dazu Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 35 Rn. 12; vgl. auch zur Zulässigkeit der Vorberatung durch einen Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung: §§ 39 Abs. 5 Satz 2, 41 Abs. 3 GemO; vgl. zur Zulässigkeit der Klärung lediglich einer Einzelfrage im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2011 - 5 S 746/10 - juris Rn. 22). Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 5 Satz 2 GemO kommt entgegen der Ansicht des Beklagten-Vertreters nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Vorberatungen eines beschließenden Ausschusses des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung. Eine nichtöffentliche Vorberatung durch den Gemeinderat widerspricht dagegen bereits grundsätzlich der klaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - juris Rn. 26 ; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 35 Rn. 12), so dass eine solche stets unzulässig ist.
52 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 25.07.2011 umfassend nichtöffentlich beraten und damit gerade die eigentliche und entscheidende Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen, was Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO widerspricht (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - juris Rn. 39; Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur GemO, § 35 Rn. 12).
53 
Durch die Vorwegnahme der Sachdiskussion in der nichtöffentlichen Sitzung ist die der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen zukommende Legitimations-, Kontroll- und Beteiligungsfunktion erheblich beeinträchtigt worden. Hieran vermag auch der in der nachfolgenden nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 gefasste Beschluss, dass die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.07.2011 als gegenstandslos zu betrachten sei und die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden werde, nichts zu ändern. Diese nur „kassatorische“ Maßnahme war zur Verwirklichung des Zwecks des Öffentlichkeitsgebots nicht ausreichend. Denn die bloße förmliche Distanzierung von der vorherigen Beratung änderte jedenfalls nichts daran, dass den Gemeindebürgern der tatsächliche Willensbildungsprozess des Gemeinderats vollständig verborgen blieb. Sowohl die ursprünglichen Kritikpunkte an der Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die spätere Ausräumung dieser Bedenken und die damit verbundene Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen blieben den Gemeindebürgern gänzlich unbekannt. Damit war der Distanzierungsbeschluss nicht geeignet, eine Informationsgrundlage für die Bürger zu schaffen, die ihnen die Wahrnehmung der Kontrolle des Gemeinderats und die Willensbildung im Hinblick auf künftige Wahlen ermöglicht.
54 
Hinzu kommt, dass in der weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 der Gemeinderat, obwohl der Bürgermeister als auch der Beklagten-Vertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, dass in der Sitzung keine Sachdiskussion zur Vorkaufsrechtsausübung geführt werde, in der Sache dann doch konkret über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gesprochen wurde. Der Beklagten-Vertreter hat nach Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts, Fragen einzelner Gemeinderäte beantwortet, die nicht nur allgemeiner Natur waren, sondern die sich konkret auf das Grundstück ... Straße ... bezogen haben. So wurden etwa Fragen nach Chancen für ein Rechtsmittel des Käufers oder Erwerbers beantwortet; auch die Notwendigkeit der Konkretisierung der Sanierungsziele für die kleine Turnhalle wurde angesprochen. Es fand nicht lediglich eine Information über die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechtes statt, wie dies in dem Protokoll (S. 5) vermerkt wird. In Anknüpfung an die vorausgegangene nichtöffentliche Beratung vom 25.07.2011 wurden vielmehr Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, nun durch die rechtliche Beratung zerstreut. In dieser nichtöffentlichen Sitzung wurde zudem der einstimmige Beschluss gefasst, den Beklagtenvertreter mit der Begleitung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ zu beauftragen. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters stellt sich auch dieses Verhalten bereits als eine wesentliche Entscheidung des Gemeinderats dar, das Vorkaufsrechts auszuüben.
55 
Zwar können rechtswidrige Beschlüsse eines Gemeinderates in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung aufgehoben und erneut gefasst werden. Für rechtswidrig nichtöffentliche Beratungen kommt dies - etwa mittels eines Distanzierungsbeschluss - aufgrund der vorgenannten Erwägungen der Sache nach aber nicht in Betracht. Eine wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO rechtswidrige Beratung kann durch einen nachträglichen Beschluss des Gemeinderats daher auch nicht für „gegenstandslos“ erklärt werden.
56 
cc) Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet daher für solche „infizierten“ Beratungen, dass in der öffentlichen Sitzung, in der die Beschlussfassung erfolgen soll, der zugrunde liegende (eigentliche) Willensbildungsprozess des Gemeinderats aus den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen zumindest in seinen Grundzügen offen gelegt wird. Demnach hätte in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 die Öffentlichkeit zumindest über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion sowie über die rechtliche Argumentation in den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 informiert werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
57 
Einer solchen Information stehen – entgegen der Auffassung der Beklagten – grundsätzlich aber weder § 35 Abs. 2 GemO, wonach die Gemeinderäte zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet sind, bis sie der Bürgermeister von der Schweigepflicht entbindet, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gemeinderäte entgegen. Zwar ist anerkannt, dass die Gemeinderäte auch dann zur Verschwiegenheit bezüglich aller in nichtöffentlicher Sitzung bekanntgewordener Angelegenheiten nach § 35 Abs. 2 GemO verpflichtet sind, wenn sie der Auffassung sind, dass öffentlich hätte verhandelt werden müssen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Auflage, § 35 Rn. 17). Die Schweigepflicht der Gemeinderäte gilt jedoch nur so lange, bis der Bürgermeister sie aufhebt. Auf die Aufhebung der Schweigepflicht ist im Interesse der Schaffung klarer Verhältnisse besonderer Wert zu legen. Ihre Aufhebung ist aber auch konkludent möglich. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist daher als notwendiger Bestandteil der Information der Öffentlichkeit durch den Bürgermeister in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeinderats zu sehen. Mit der Information über den Inhalt einer Sitzung in Fällen, in denen die Öffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen wurde, macht der Bürgermeister zugleich deutlich, dass bezüglich dieser Angelegenheiten keine Verschwiegenheit mehr gewahrt werden muss. Dem steht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte nicht entgegen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte keine Auslegung des § 35 Abs. 2 GemO, die zur Unzulässigkeit einer Offenlegung der unberechtigterweise nichtöffentlich beratenen Gegenstände führt. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht kommt zwar im Rahmen des § 35 GemO ein gewichtiger Stellenwert zu (vgl. insofern auch § 48 Abs. 3 GO NRW). Dies bezieht sich jedoch maßgeblich auf die von den Beratungsgegenständen persönlich betroffenen Personen, zu deren Gunsten die Öffentlichkeit gegebenenfalls auszuschließen ist. Die Gemeinderäte, die im Rahmen der Sitzung als mandatierte Volksvertreter und nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen auftreten, sind regelmäßig nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Die Information über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion in unberechtigterweise nichtöffentlichen Sitzungen betrifft in aller Regel nicht die personenbezogenen Daten der Gemeinderäte. Auch im vorliegenden Fall wären bei einer Information durch den Bürgermeister jedenfalls keine personenbezogenen Daten der Gemeinderäte preisgegeben worden. Hiervon geht nunmehr auch die Beklagte aus, da sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 den Sach- und Diskussionsstand aus den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 offengelegt hat.
58 
4. Die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 führt auch zur Rechtswidrigkeit des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Dieser Bescheid stellt den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats dar, der nicht hätte ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - a.a.O).
59 
5. Der wegen Rechtswidrigkeit des Beschlusses bestehende Aufhebungsanspruch der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 46 LVwVfG ausgeschlossen.
60 
Nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zwar muss es sich bei den verletzten Verfahrensvorschriften nicht um solche des Verwaltungsverfahrensgesetzes handeln, auch entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen werden erfasst (für § 46 VwVfG:Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. ,§ 46 Rn. 30).
61 
Die Vorschrift über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen geht jedoch gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG der Vorschrift des § 46 LVwVfG vor. Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit handelt es sich bei dessen Beachtung um ein die Anwendung von § 46 LVwVfG ausschließendes absolutes Verfahrenserfordernis, das unabhängig von der Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung beachtet werden muss (vgl. zum Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden nach § 29 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 - BVerGE 105, 348 <353>). Die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO ist keine lediglich formale Ordnungsvorschrift, deren Adressat allein der Gemeinderat ist. Dies belegen gerade auch die Regelungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO, wonach die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Wirksamkeit einer Satzung stets entgegengehalten werden kann sowie des § 18 Abs. 6 GemO zur Rechtswidrigkeit von Gemeinderatsbeschlüssen unter Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Eine Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet bei einem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO danach von vornherein aus (a.A. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14 Rn. 153). Auf den Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 17.11.2014, der nach den Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gerade auch zeigen sollte, dass in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Kläger sind nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
63 
Gründe für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
64 
Beschluss
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf10.000,- EUR festgesetzt (entsprechend den Streitwertfestsetzungen im ersten Rechtszug).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
35 
Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.
36 
Auch wenn der Kläger zu 2 nicht Adressat des angefochtenen Ausübungsbescheides ist, ist er klagebefugt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Gemeinde ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich auch gegenüber dem Käufer als belastender Verwaltungsakt darstellt und gegen den sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann (st. Rspr. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 - BRS 39 Nr. 96, juris Rn. 3, vom 15.02.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris Rn. 5 und vom 30.11.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5).
37 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes fristgebunden. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, d.h. eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, u.a. Urteil vom 22.10.1993 - 6 C 119.92 - juris Rn.16 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, so dass innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB sämtliche für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen (vgl. Paetow in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 28 Rn. 10; Dolde, NJW 1984, 1713,1729; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.1997 - 8 A 12998/96 - juris Rn. 26 zum Vorkaufsrecht nach DSchPflG RP).
39 
2. Rechtsgrundlage des Bescheids der Beklagten vom 31.08.2011 ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu. Das Grundstück Flst.Nr. ..., das mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 vom Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 veräußert wurde, liegt unstreitig im Geltungsbereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, denn die Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrages ging bei der Beklagten am 04.07.2011 ein, so dass der angefochtene Bescheid vom 31.08.2011, der dem Kläger zu 1 am 02.09.2011 zugestellt wurde, die Frist wahrte.
40 
3. Der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist jedoch rechtswidrig, da er einen rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 29.08.2011 vollzieht. Dieser Beschluss verstieß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegen haben, kommt es daher nicht (mehr) an.
41 
a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer auszuüben. Da die Entscheidung hierüber eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung betrifft, ist eine Entscheidung des hierfür zuständigen Gemeindeorgans erforderlich. Dies ist hier der Gemeinderat. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO legt der Gemeinderat die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Hier ist unstreitig weder die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO eröffnet, noch hat eine Zuständigkeitsübertragung an den Bürgermeister der Beklagten stattgefunden.
42 
b) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nach Satz 2 der Vorschrift nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Diese Voraussetzungen lagen offenkundig nicht vor, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
43 
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er ist im demokratischen Rechtsstaat eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen; es soll so bereits der Anschein vermieden werden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17,118 und 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 15, Beschluss vom 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - juris Rn. 9). Der Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO geht daher über eine bloße Unterrichtung des Bürgers hinaus. Vielmehr dient er gerade dem Ziel einer gesetzmäßigen und sachgerechten Arbeit des Gemeinderats sowie der Verhinderung vermeidbarer Missdeutungen seiner Willensbildung und Beschlussfassung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1966 a.a.O.). Die Bürger sollen aufgrund der öffentlichen Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten auch einschätzen können, ob gegebenenfalls eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidungsfindung erforderlich wird (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 - 5 K 1969/12 - juris Rn. 49).
44 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet daher regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung und damit die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2010 a.a.O. m.w.N; vgl. auch für die Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei Satzungsbeschlüssen § 18 Abs. 5 GemO).
45 
Der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes dabei nicht nur, dass der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Sitzung gefasst wird, sondern dass über die Frage auch öffentlich beraten wird (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.06.1980 - III 503/79 - VBlBW 1980, 33, vom 16.06.1981 - 3 S 271/81 und vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; OLG Stuttgart, Urteil vom 11.11.2013 - 102 U 1/13 - juris Rn. 31). Denn das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit im Sinne der § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB den kommunalen Grundstückserwerb erfordert. Angesichts des städtebaulichen Einschätzungsspielraums, ob und in welcher Weise das jeweilige Grundstück für die kommunale Planung von Relevanz ist, kommt danach gerade bereits der öffentlichen Debatte im politischen Willensbildungsorgan eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird im Regelfall die der Beschlussfassung vorausgehende Beratung in ein- und derselben öffentlichen Sitzung des Gemeinderats erfolgen. Fallen im Einzelfall die beiden Schritte auseinander, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit für beide Einzelschritte.
46 
c) Diesen Anforderungen entsprach das Vorgehen der Beklagten nicht.
47 
aa) Der Gemeinderat der Beklagten hat hier zwar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 29.08.2011 den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gefasst. Die (eigentliche) Sachberatung- und diskussion hierüber erfolgte jedoch nicht in dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung, sondern in nichtöffentlicher Sitzung. Da in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die unter Verstoß gegen das Prinzip der Öffentlichkeit durchgeführte Beratung nicht offengelegt wurde, ist auch der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft.
48 
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfolgte in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 29.08.2011 keine Beratung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar fand unmittelbar vor der Beschlussfassung nach der Einführung durch den Bürgermeister eine kurze Aussprache statt, in der drei Gemeinderäte die einstimmige Zustimmung ihrer jeweiligen Fraktionen ankündigten. Allein der Umstand, dass insofern keine streitige Diskussion mit Rede und Gegenrede stattgefunden hat, begründet noch keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Denn auf eine Beratung kann im Einzelfall auch ganz verzichtet werden (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 GemO).
49 
Sowohl den Darlegungen des Bürgermeisters (Verweis auf eine Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe), als auch den Ausführungen der drei Gemeinderäte ist jedoch zu entnehmen, dass auf vorangegangene Beratungen Bezug genommen wurde. Hierdurch ist überhaupt erst offenbar geworden, dass ein Beratungsbedarf nur deshalb nicht mehr bestanden hat, da über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zuvor mehrfach beraten wurde. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, ein weiterer Beratungsbedarf habe sich in der öffentlichen Sitzung nicht ergeben, da unmittelbar vor diesem Tagesordnungspunkt das Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortgeschrieben und konkretisiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Bürgermeister selbst noch die drei Gemeinderäte, die sich hierzu geäußert haben, bei der Befassung des Themas „Vorkaufsrecht“ auf diesen vorangegangen Tagesordnungspunkt berufen haben. Vielmehr hat der Bürgermeister selbst auf eine Vorberatung vom 01.08.2011 Bezug genommen; auch Gemeinderat M. hat auf eine Vorberatung hingewiesen.
50 
bb) Die der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 vorangegangenen Beratungen über die Ausübung des Vorkaufsrechts haben sämtlich in nichtöffentlicher Sitzung stattgefunden.
51 
In der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 hat der Bürgermeister u.a. darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu erfolgen habe. Offenbar ging dieser davon aus, dass es unschädlich sei, hierüber in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten. Danach wurde ausführlich und kontrovers darüber diskutiert, ob für das Grundstück nach den bisher formulierten Sanierungszwecken überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, der Bürgermeister wurde teilweise wegen der gescheiterten Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger zu 1 kritisiert und es bestand insgesamt eine Unsicherheit, ob die rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen. In dieser nichtöffentlichen Sitzung fand danach - unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO - bereits die wesentliche Sachdiskussion und nicht lediglich eine bloße Vorbehandlung einer schwierigen Angelegenheit in einer nichtöffentlichen Sitzung statt, die dann in einer weiteren öffentlichen Sitzung erledigt wird (vgl. dazu Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 35 Rn. 12; vgl. auch zur Zulässigkeit der Vorberatung durch einen Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung: §§ 39 Abs. 5 Satz 2, 41 Abs. 3 GemO; vgl. zur Zulässigkeit der Klärung lediglich einer Einzelfrage im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2011 - 5 S 746/10 - juris Rn. 22). Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 5 Satz 2 GemO kommt entgegen der Ansicht des Beklagten-Vertreters nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Vorberatungen eines beschließenden Ausschusses des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung. Eine nichtöffentliche Vorberatung durch den Gemeinderat widerspricht dagegen bereits grundsätzlich der klaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - juris Rn. 26 ; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 35 Rn. 12), so dass eine solche stets unzulässig ist.
52 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 25.07.2011 umfassend nichtöffentlich beraten und damit gerade die eigentliche und entscheidende Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen, was Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO widerspricht (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - juris Rn. 39; Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur GemO, § 35 Rn. 12).
53 
Durch die Vorwegnahme der Sachdiskussion in der nichtöffentlichen Sitzung ist die der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen zukommende Legitimations-, Kontroll- und Beteiligungsfunktion erheblich beeinträchtigt worden. Hieran vermag auch der in der nachfolgenden nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 gefasste Beschluss, dass die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.07.2011 als gegenstandslos zu betrachten sei und die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden werde, nichts zu ändern. Diese nur „kassatorische“ Maßnahme war zur Verwirklichung des Zwecks des Öffentlichkeitsgebots nicht ausreichend. Denn die bloße förmliche Distanzierung von der vorherigen Beratung änderte jedenfalls nichts daran, dass den Gemeindebürgern der tatsächliche Willensbildungsprozess des Gemeinderats vollständig verborgen blieb. Sowohl die ursprünglichen Kritikpunkte an der Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die spätere Ausräumung dieser Bedenken und die damit verbundene Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen blieben den Gemeindebürgern gänzlich unbekannt. Damit war der Distanzierungsbeschluss nicht geeignet, eine Informationsgrundlage für die Bürger zu schaffen, die ihnen die Wahrnehmung der Kontrolle des Gemeinderats und die Willensbildung im Hinblick auf künftige Wahlen ermöglicht.
54 
Hinzu kommt, dass in der weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 der Gemeinderat, obwohl der Bürgermeister als auch der Beklagten-Vertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, dass in der Sitzung keine Sachdiskussion zur Vorkaufsrechtsausübung geführt werde, in der Sache dann doch konkret über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gesprochen wurde. Der Beklagten-Vertreter hat nach Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts, Fragen einzelner Gemeinderäte beantwortet, die nicht nur allgemeiner Natur waren, sondern die sich konkret auf das Grundstück ... Straße ... bezogen haben. So wurden etwa Fragen nach Chancen für ein Rechtsmittel des Käufers oder Erwerbers beantwortet; auch die Notwendigkeit der Konkretisierung der Sanierungsziele für die kleine Turnhalle wurde angesprochen. Es fand nicht lediglich eine Information über die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechtes statt, wie dies in dem Protokoll (S. 5) vermerkt wird. In Anknüpfung an die vorausgegangene nichtöffentliche Beratung vom 25.07.2011 wurden vielmehr Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, nun durch die rechtliche Beratung zerstreut. In dieser nichtöffentlichen Sitzung wurde zudem der einstimmige Beschluss gefasst, den Beklagtenvertreter mit der Begleitung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ zu beauftragen. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters stellt sich auch dieses Verhalten bereits als eine wesentliche Entscheidung des Gemeinderats dar, das Vorkaufsrechts auszuüben.
55 
Zwar können rechtswidrige Beschlüsse eines Gemeinderates in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung aufgehoben und erneut gefasst werden. Für rechtswidrig nichtöffentliche Beratungen kommt dies - etwa mittels eines Distanzierungsbeschluss - aufgrund der vorgenannten Erwägungen der Sache nach aber nicht in Betracht. Eine wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO rechtswidrige Beratung kann durch einen nachträglichen Beschluss des Gemeinderats daher auch nicht für „gegenstandslos“ erklärt werden.
56 
cc) Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet daher für solche „infizierten“ Beratungen, dass in der öffentlichen Sitzung, in der die Beschlussfassung erfolgen soll, der zugrunde liegende (eigentliche) Willensbildungsprozess des Gemeinderats aus den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen zumindest in seinen Grundzügen offen gelegt wird. Demnach hätte in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 die Öffentlichkeit zumindest über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion sowie über die rechtliche Argumentation in den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 informiert werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
57 
Einer solchen Information stehen – entgegen der Auffassung der Beklagten – grundsätzlich aber weder § 35 Abs. 2 GemO, wonach die Gemeinderäte zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet sind, bis sie der Bürgermeister von der Schweigepflicht entbindet, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gemeinderäte entgegen. Zwar ist anerkannt, dass die Gemeinderäte auch dann zur Verschwiegenheit bezüglich aller in nichtöffentlicher Sitzung bekanntgewordener Angelegenheiten nach § 35 Abs. 2 GemO verpflichtet sind, wenn sie der Auffassung sind, dass öffentlich hätte verhandelt werden müssen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Auflage, § 35 Rn. 17). Die Schweigepflicht der Gemeinderäte gilt jedoch nur so lange, bis der Bürgermeister sie aufhebt. Auf die Aufhebung der Schweigepflicht ist im Interesse der Schaffung klarer Verhältnisse besonderer Wert zu legen. Ihre Aufhebung ist aber auch konkludent möglich. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist daher als notwendiger Bestandteil der Information der Öffentlichkeit durch den Bürgermeister in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeinderats zu sehen. Mit der Information über den Inhalt einer Sitzung in Fällen, in denen die Öffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen wurde, macht der Bürgermeister zugleich deutlich, dass bezüglich dieser Angelegenheiten keine Verschwiegenheit mehr gewahrt werden muss. Dem steht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte nicht entgegen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte keine Auslegung des § 35 Abs. 2 GemO, die zur Unzulässigkeit einer Offenlegung der unberechtigterweise nichtöffentlich beratenen Gegenstände führt. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht kommt zwar im Rahmen des § 35 GemO ein gewichtiger Stellenwert zu (vgl. insofern auch § 48 Abs. 3 GO NRW). Dies bezieht sich jedoch maßgeblich auf die von den Beratungsgegenständen persönlich betroffenen Personen, zu deren Gunsten die Öffentlichkeit gegebenenfalls auszuschließen ist. Die Gemeinderäte, die im Rahmen der Sitzung als mandatierte Volksvertreter und nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen auftreten, sind regelmäßig nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Die Information über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion in unberechtigterweise nichtöffentlichen Sitzungen betrifft in aller Regel nicht die personenbezogenen Daten der Gemeinderäte. Auch im vorliegenden Fall wären bei einer Information durch den Bürgermeister jedenfalls keine personenbezogenen Daten der Gemeinderäte preisgegeben worden. Hiervon geht nunmehr auch die Beklagte aus, da sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 den Sach- und Diskussionsstand aus den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 offengelegt hat.
58 
4. Die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 führt auch zur Rechtswidrigkeit des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Dieser Bescheid stellt den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats dar, der nicht hätte ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - a.a.O).
59 
5. Der wegen Rechtswidrigkeit des Beschlusses bestehende Aufhebungsanspruch der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 46 LVwVfG ausgeschlossen.
60 
Nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zwar muss es sich bei den verletzten Verfahrensvorschriften nicht um solche des Verwaltungsverfahrensgesetzes handeln, auch entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen werden erfasst (für § 46 VwVfG:Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. ,§ 46 Rn. 30).
61 
Die Vorschrift über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen geht jedoch gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG der Vorschrift des § 46 LVwVfG vor. Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit handelt es sich bei dessen Beachtung um ein die Anwendung von § 46 LVwVfG ausschließendes absolutes Verfahrenserfordernis, das unabhängig von der Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung beachtet werden muss (vgl. zum Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden nach § 29 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 - BVerGE 105, 348 <353>). Die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO ist keine lediglich formale Ordnungsvorschrift, deren Adressat allein der Gemeinderat ist. Dies belegen gerade auch die Regelungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO, wonach die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Wirksamkeit einer Satzung stets entgegengehalten werden kann sowie des § 18 Abs. 6 GemO zur Rechtswidrigkeit von Gemeinderatsbeschlüssen unter Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Eine Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet bei einem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO danach von vornherein aus (a.A. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14 Rn. 153). Auf den Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 17.11.2014, der nach den Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gerade auch zeigen sollte, dass in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Kläger sind nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
63 
Gründe für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
64 
Beschluss
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf10.000,- EUR festgesetzt (entsprechend den Streitwertfestsetzungen im ersten Rechtszug).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Artikel 1 Nummer 7 und Artikel 1 Nummer 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24. Oktober 2008 werden für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz, durch die die Mitgliedschaft in den beratenden Ausschüssen nicht mehr durch Wahlen, sondern aufgrund einer Bestellung durch den Senat auf Vorschlag des Rektors erfolgt.
Der Antragsteller ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich ... der Universität Konstanz angestellt und als Promotionsstudent eingeschrieben. Er bemühte sich bereits im Oktober 2008 um eine Bestellung als Mitglied des Ausschusses für Forschungsfragen und strebt künftig eine Mitgliedschaft im Ausschuss für Kommunikation und Information an.
Der Auswahlmodus für die Mitglieder der Ausschüsse für Forschungsfragen, für Lehre und Weiterbildung sowie für Kommunikation und Information ist durch die Erste Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24.10.2008 (Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz Nr. 53/2008) geändert worden. Während die Grundordnung der Universität Konstanz in der Fassung vom 30.09.2006 neben den Mitgliedern kraft Amtes eine Auswahl „aufgrund von Wahlen“ vorsah, bestimmt die Änderungssatzung nunmehr, dass die zusätzlichen Hochschullehrer, akademischen Mitarbeiter und Studierenden „aufgrund einer Bestellung durch den Senat auf Vorschlag des Rektors“ bestimmt werden.
Art. 1 Nr. 7 der Änderungssatzung vom 24.10.2008 lautet:
In § 9 Absatz 2 Nummer 2, § 10 Absatz 2 Nummer 2 und in § 11 Absatz 2 Nummer 2 werden die Worte „aufgrund von Wahlen“ durch die Worte „aufgrund einer Bestellung durch den Senat auf Vorschlag des Rektors“ ersetzt und danach als folgender Satz jeweils eingefügt:
„Der Vorschlag des Rektors für die Mitglieder gemäß Nr. 2a) erfolgt im Benehmen mit den Dekanen, für die Mitglieder gemäß Nr. 2b) im Benehmen mit den Vertretern nach § 6 Abs. 2 Nr. 2b) sowie für die Mitglieder gemäß Nr. 2c) im Benehmen mit dem AStA.“
Als Folgeänderung ist in Art. 1 Nr. 8 der Änderungssatzung bestimmt, dass in den geänderten Paragraphen jeweils das Wort „Wahlmitglieder“ durch die Worte „Mitglieder kraft Bestellung“ ersetzt wird. Die Novellierung ist vom Senat der Antragsgegnerin in der Sitzung vom 11.06.2008 einstimmig beschlossen, durch das Wissenschaftsministerium mit Schreiben vom 15.10.2008 genehmigt und mit Aushang im Schaukasten „Amtliche Bekanntmachungen“ vom 27.10.2008 bekannt gemacht worden.
Gegen diese Neuregelung der Mitgliederauswahl hat der Antragsteller am 23.10.2009 Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Neufassung des Auswahlmodus führe faktisch zu einem unüberwindbaren Bestimmungsrecht des Rektors und entwerte damit die Mitwirkungsrechte aus § 9 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Hochschulen in Baden-Württemberg vom 01.01.2005 (GBl. S. 1; zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.12.2009, GBl. S. 809 - LHG -). Kritische Universitätsmitglieder, deren Mitwirkung in den Ausschüssen dem Rektor nicht genehm sei - wie dies im Falle des Antragstellers angesichts der bestehenden Auseinandersetzungen zwischen ihm und dem Rektor angenommen werden müsse -, seien damit faktisch von der Mitwirkung in den Gremien ausgeschlossen. Ein derartiges Bestimmungsrecht des Rektors sei mit geltendem Recht jedoch nicht vereinbar. Nach § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG handle es sich bei den beratenden Ausschüssen vielmehr um solche des Senats. Eine (faktische) Mitgliederauswahl durch den Rektor sei daher unzulässig. Dies gelte umso mehr, als es ständiger Praxis der Antragsgegnerin entspreche, in den beratenden Ausschüssen abgelehnte Anträge im Senat nicht mehr zur Abstimmung zu stellen, sodass den Gremien jedenfalls faktisch eine Beschlusskompetenz zufalle.
Überdies leide die Änderungssatzung auch an formellen Mängeln. So seien weder die öffentliche Anhörung vom 07.05.2008 noch die Senatssitzungen vom 13.02.2008 und vom 11.06.2008 ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Dies folge bereits daraus, dass ein Hinweis auf die Sitzungen nicht im Schaukasten „Amtliche Bekanntmachungen“ ausgehängt worden sei, auf den Universitätsmitglieder hinsichtlich wichtiger Angelegenheiten vertrauen dürften. Die bloße Einstellung auf der Homepage der Universität dagegen sei für die erforderliche ortsübliche Bekanntmachung nicht ausreichend. Auch das am Tag der öffentlichen Anhörung versandte Rundmail erfülle die an eine ordnungsgemäße Bekanntmachung zu stellenden Anforderungen nicht. Einerseits sei der Hinweis am selben Tag zu kurzfristig, andererseits sei diese Nachricht auch nicht an Mitarbeiter und Studenten versandt worden. Im Übrigen sei die öffentliche Anhörung dadurch zur Formalie entwertet worden, dass alle wesentlichen Fragen bereits vorab in einer - nicht öffentlichen - Arbeitsgruppe festgezurrt worden seien. Schließlich sei die maßgebliche Beschlussfassung in der Sitzung vom 11.06.2008 unter Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz erfolgt. Weder die Ladung noch das Protokoll enthielten einen Hinweis auf die Öffentlichkeit der Sitzung. Entgegen der von der Antragsgegnerin vorgetragenen Auffassung könne es sich insoweit auch nicht um ein Redaktionsversehen handeln. Es fehle nicht nur die Feststellung der Öffentlichkeit der Sitzung, vielmehr sei weder die sonst übliche Begrüßung der Öffentlichkeit noch deren Verabschiedung festgehalten. Aus dem Vermerk vom 18.06.2008 ergebe sich nichts anderes. Naheliegend sei vielmehr, dass die Antragsgegnerin unzutreffend davon ausgegangen sei, dass dem Erfordernis der Öffentlichkeit der Sitzung bereits dadurch Genüge getan werden könne, dass die Türen nicht verschlossen wurden. Im Übrigen spreche viel dafür, dass der Vermerk nachträglich erstellt und rückdatiert worden sei.
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Der Antragsteller beantragt,
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Art. 1 Nr. 7 und Nr. 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24.10.2008 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Sie führt aus, die vorgetragenen Einwände gegen das Zustandekommen der Norm seien nicht begründet. Weder das Landeshochschulgesetz noch die Verfahrensordnung der Universität sähen eine bestimmte Form der ortsüblichen Bekanntmachung für Senatssitzungen oder Anhörungen vor. Der Einwand fehlender „Ordnungsgemäßheit“ entbehre daher bereits der Grundlage. Insoweit verkenne der Antragsteller auch die Funktion von Mitteilungen auf der Homepage der Universität. Entgegen den Angaben des Antragstellers seien die Einladungen auch wie üblich am dazu vorgesehenen Schaukasten ausgehängt worden. Die zweite Lesung des Änderungsantrags am 11.06.2008 sei in öffentlicher Sitzung behandelt worden. Zwar fehle im Protokoll Nr. 7/2008 vom 18.06.2006 eine entsprechende Klarstellung; hieraus ergebe sich jedoch nicht der vom Antragsteller behauptete Mangel. Die fehlerhafte Protokollierung sei vielmehr nachträglich erkannt und mit Vermerk vom 18.06.2008 richtiggestellt worden. Das Fehlen einer formellen Protokollberichtigung ändere hieran nichts. Schließlich sei der Diskussion und Beratung des Senats auch nicht durch Arbeitsgruppen vorgegriffen worden; diese hätten lediglich Vorschläge erarbeitet, die bereits im Vorfeld der ersten Lesung mit Rundschreiben vom 29.11.2007 versandt worden seien.
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Die angegriffenen Bestimmungen seien auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Entgegen der vom Antragsteller vertretenen Auffassung handle es sich bei den in Rede stehenden Ausschüssen bereits nicht um Ausschüsse des Senats nach § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG. Aufgabe der Gremien sei gemäß §§ 9, 10 und 11 der Grundordnung vielmehr auch die Beratung des Rektorats, sodass der Zuständigkeitsbereich nicht auf den Senat beschränkt sei. Unabhängig hiervon sei die getroffene Bestimmung auch bei Annahme von Senatsausschüssen nicht zu beanstanden, weil der Senat selbst das Bestellungsverfahren normiert habe. Auch im Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG stehe es dem Senat jedoch frei, dem Rektor ein Vorschlagsrecht für die Ausschussmitglieder einzuräumen. Im Übrigen sei mit der Novellierung lediglich die ohnehin bestehende Praxis in die Grundordnung übernommen worden. Denn das Bestellungsverfahren habe sich auch seither schon aus den vom Senat am 21.02.2001 verabschiedeten Geschäftsordnungen der zentralen Ausschüsse ergeben.
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Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die beigezogene Verfahrensakte der Antragsgegnerin Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

 
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Die zulässige Normenkontrolle (I.) hat in der Sache Erfolg (II.). Das ordnungsgemäße Zustandekommen der angegriffenen Bestimmungen der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz kann nicht festgestellt werden (II.1.), auch wenn die Regelungen materiell nicht zu beanstanden sein dürften (II.2.).
I.
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Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
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Die Grundordnung der Antragsgegnerin (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO) ist als „andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift“ nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthafter Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt, weil der Normenkontrollantrag am 23.10.2009 und damit innerhalb eines Jahres nach der am 27.10.2008 durch Aushang erfolgten Bekanntmachung der Änderungssatzung gestellt wurde. Der Antragsteller kann auch geltend machen, durch die angegriffenen Rechtsvorschriften in absehbarer Zeit in seinen Rechten verletzt zu werden, weil die von ihm angestrebte Mitgliedschaft in einem der Ausschüsse künftig einen Vorschlag des Rektors voraussetzt und das ihm in § 9 Abs. 2 Satz 1 LHG gewährleistete Mitwirkungsrecht damit erschwert werden kann.
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Auch das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Zwar gilt der vom Antragsteller gerügte Bestellungsmodus für die Mitglieder der Ausschüsse für Forschungsfragen, für Lehre und Weiterbildung sowie für Kommunikation und Information auch unabhängig von der Wirksamkeit der mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Bestimmungen der Universitäts-Grundordnung. Denn das Auswahlverfahren ist weitgehend wortgleich in den jeweiligen Geschäftsordnungen der Ausschüsse vom 21.02.2001 geregelt. In § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Ausschusses für Kommunikation und Information der Universität Konstanz etwa ist bestimmt:
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Die Mitglieder und Stellvertreter nach § 11 Abs. 2 Zi. 2 der Grundordnung werden auf Vorschlag des Rektors vom Senat bestellt. Der Vorschlag des Rektors für die Mitglieder gemäß § 11 Abs. 2 Zi. 2 a) und b) der Grundordnung wird im Benehmen mit den Fachbereichssprechern und für die Mitglieder gemäß § 11 Abs. 2 Zi. 2 c) im Benehmen mit dem AStA erfolgen. Wiederbestellungen als Ausschussmitglied sind zulässig.
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Hinsichtlich der unmittelbar geltenden Rechtslage vermag der Normenkontrollantrag daher selbst im Erfolgsfalle die vom Antragsteller erstrebte Wirkung nicht zu erzielen. Dementsprechend ist auch in der Entwurfsbegründung vom 21.01.2008 ausgeführt, die Neuregelung folge „den Geschäftsordnungen der Ausschüsse und der bisherigen Praxis“ (Bl. 18 der Verfahrensakte). Diese Geschäftsordnungen aber sind - unbeschadet einer etwaigen Rechtswidrigkeit - einer gerichtlichen Normenkontrolle entzogen, weil die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hierfür längst verstrichen ist. Die Regelungen hätten einem Beanstandungsverfahren nach § 47 VwGO auch unterzogen werden können, weil Geschäftsordnungen jedenfalls insoweit im Anwendungsbereich der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle liegen, als sie abstrakt-generelle Konkretisierungen der mitgliedschaftlichen Rechte in der Art einer Rechtsnorm enthalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.09.1987 - 7 N 1/87 -, NVwZ 1988, 1119; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Die hier maßgeblichen Bestimmungen zum Bestellungsmodus künftiger Mitglieder wären daher selbst dann statthafter Antragsgegenstand einer Normenkontrolle gewesen, wenn man sie als Innenrechtssätze qualifizieren würde.
23 
Allerdings erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich die Rechtsstellung des Antragstellers im Falle der begehrten Unwirksamkeitserklärung gleichwohl verbessern kann. Denn unbeschadet der fehlenden Möglichkeit einer prinzipalen Normenkontrolle kann die entsprechende Geschäftsordnung in einem vom Antragsteller betriebenen Verwaltungsstreitverfahren inzident einer Überprüfung unterzogen und die hierauf basierende Bestellung des Ausschussmitglieder beanstandet werden. Die für das Normenkontrollverfahren geltende Ausschlussfrist ist insoweit nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.2006 - 4 BN 29/06 -, ZfBR 2007, 149). Insoweit erscheint nicht fernliegend, dass der Rechtscharakter des Regelungssystems, in dem der Bestellungsmodus angeordnet wird, von Bedeutung ist. Denn falls die Geschäftsordnungsautonomie für Regelungen, die die Auswahl und Bestellung der (künftigen) Mitglieder zum Gegenstand haben, nicht ausreicht, oder sonstige Unwirksamkeitsgründe hinsichtlich der Geschäftsordnung vorliegen würden, wäre die Unwirksamkeit der Grundordnung für den Erfolg eines etwaigen Rechtsmittels des Antragstellers ausschlaggebend.
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Trotz der in den Geschäftsordnungen der betroffenen Ausschüsse bestehenden Regelungen zum Bestellungsmodus der Mitglieder ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für das Begehren, die entsprechenden Regelungen in der novellierten Grundordnung für unwirksam erklären zu lassen, daher gegeben.
II.
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Der Normenkontrollantrag ist auch begründet, weil Zweifel am ordnungsgemäßen Zustandekommen der Vorschriften nicht ausgeräumt werden können (1.). Inhaltlich sind die angegriffenen Regelungen der Grundordnung dagegen nicht zu beanstanden (2.).
26 
1. Formelle Fehler der Satzung können - angesichts der fehlenden Dokumentierung wesentlicher Verfahrensschritte in der Behördenakte - nicht ausgeschlossen werden.
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a) Allerdings war der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG für die Beschlussfassung über die Grundordnung und ihre Änderungen zuständig und hat auch mit dem in § 20 Abs. 2 der Grundordnung vorgesehen Quorum entschieden. Der Aufsichtsrat wurde entsprechend der Vorgabe aus § 20 Abs. 1 Satz 3 Nr. 13 LHG beteiligt und gab in der Sitzung vom 10.06.2008 eine befürwortende Stellungnahme ab. Die darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 LHG erforderliche Zustimmung des Wissenschaftsministeriums ist mit Schreiben vom 15.10.2008 erteilt worden.
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b) Die Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung leidet aber möglicherweise an Verfahrensfehlern; insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die maßgebliche Senatssitzung vom 11.06.2008 ordnungsgemäß einberufen und dem Öffentlichkeitsgrundsatz damit Rechnung getragen wurde.
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aa) Zutreffend hat der Antragsteller zunächst darauf hingewiesen, dass ein in nicht ordnungsgemäß einberufener Sitzung gefasster Beschluss wegen des vorausgegangenen Einberufungsmangels rechtswidrig ist. Die fehlerhafte Einberufung schlägt auf die Rechtmäßigkeit des in der Sitzung gefassten Beschlusses durch (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119 m.w.N.). Maßgeblich ist jedoch grundsätzlich nur die abschließende Sitzung. Verfahrensfehler im Vorfeld des eigentlichen Satzungsbeschlusses dagegen führen regelmäßig nicht zur Rechtswidrigkeit des in einer nachfolgenden Sitzung gefassten Beschlusses (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 03.12.1999 - 3 S 2702/98 -). Die vorgetragenen formellen Mängel der vorbereitenden Sitzungen entfalten deshalb keine „Fortwirkung“. Anhaltspunkte dafür, dass ein untrennbarer Zusammenhang der Sitzungen bestanden haben könnte, sind nicht ersichtlich.
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Bei der Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung hat der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG auch öffentlich zu tagen. Die Sitzungsöffentlichkeit stellt sicher, dass die betroffenen Körperschaftsmitglieder Einblick in die Tätigkeit des Vertretungsorgans und ihrer einzelnen Mitglieder erhalten und sich dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik verschaffen können (vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 04.07.2007 - 2 BvE 1/06 u.a. -, BVerfGE 118, 277 [353]; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 17. Aufl. 1990, Rn. 152). Zugleich unterzieht der Öffentlichkeitsgrundsatz die Organtätigkeit der allgemeinen Kontrolle und trägt so dazu bei, der Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen sowie dem Anschein vorzubeugen, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten. Mit dem Zweck, eine gesetzmäßige und sachgerechte Arbeit zu ermöglichen und Missdeutungen der Willensbildung und Beschlussfassung zu vermeiden, dient der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit damit dem öffentlichen Interesse an demokratischer Legitimation und mitgliedschaftlicher Begleitung und Kontrolle (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375 für die kommunale Selbstverwaltung). Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit sogar von einem „allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie“ gesprochen (BVerfG, Urteil vom 14.01.1986 - 2 BvE 14/83 u.a. -, BVerfGE 70, 324 [358]). Gerade die Verabschiedung der Grundordnung, die als „Hochschulverfassung“ die grundlegenden Organisations- und Verfahrensfragen regelt, bedarf daher einer öffentlichen Verhandlung.
31 
bb) Inhalt des Öffentlichkeitsgrundsatzes ist indes nicht nur, dass die Sitzung selbst öffentlich abgehalten, es also grundsätzlich allen Interessierten nach einheitlichen Grundsätzen ermöglicht wird, den Sitzungsraum zu betreten und dem Sitzungsablauf zu folgen. Denn wenn die Betroffenen keine Kenntnis von der Sitzung erhalten, läuft der Schutzzweck auch dann leer, wenn nachfolgend die Sitzung selbst frei zugänglich abgehalten wird. Der Grundsatz der Öffentlichkeit beinhaltet daher auch, dass die Sitzung rechtzeitig bekannt gemacht wird (vgl. auch Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl. 2005, Rn. 253). Sofern hierfür normative Vorgaben fehlen, sind für die Bekanntgabe die in der Körperschaft „ortsüblichen“, also herkömmlicherweise verwendeten Publikationswege zu benutzen. Nur so kann die Funktion der Bekanntgabe sichergestellt werden, dass die Betroffenen in zumutbarer Weise Kenntnis von der Mitteilung erlangen können (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11.02.1972 - II 51/72 -, BWVBl 1972, 61).
32 
Aus rechtstaatlichen Gründen ist überdies erforderlich, dass der Interessierte weiß, wo er sich über alle wesentlichen Bekanntmachungen informieren kann (vgl. auch Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Stand: Juli 2008, § 4 Rn. 25). Er muss sich darauf verlassen können, dass die Veröffentlichungen durchgängig in derselben Weise vorgenommen werden. Nur so wird der Interessierte in die Lage versetzt, rechtzeitig Kenntnis von öffentlichen Bekanntgaben zu erhalten. Eine Bekanntmachungspraxis, die alternativ unterschiedliche Verkündungsarten wählt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie gibt selbst demjenigen kein lückenloses Bild vom Inhalt der Bekanntmachungen, der ein Forum im Auge behält. Es kann den Betroffenen aber nicht zugemutet werden, laufend zwei oder mehrere Verkündungsorgane zu überwachen (vgl. zur st.Rspr. bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.12.1967 - II 128/65 -, ESVGH 19, 25 sowie Beschluss vom 11.02.1972 - II 51/72 -, BWVBl 1972, 61; hierzu auch Dolde, NJW 1975, 21 [25]).
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cc) Spezielle Regelungen über die Gestaltung der öffentlichen Bekanntgabe einer Senatssitzung der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich. Die Verfahrensordnung der Universität Konstanz in der Fassung vom 22.09.2006 enthält keine diesbezüglichen Anordnungen und die Satzung über Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz in der Fassung vom 22.07.2002 betrifft nur Satzungen (§ 2) sowie Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und Allgemeinverfügungen (§ 6). Allerdings liegt nahe, die dort in § 3 getroffene Anordnung des Aushangs an der Anschlagtafel „Öffentliche Bekanntmachungen“ als einzige Rechtsvorgabe auch auf andere Bekanntgaben zu erstrecken. Auch die Antragsgegnerin selbst hat vorgetragen, dass heute entsprechend verfahren werde.
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Jedenfalls ist kein anderes, von der Antragsgegnerin üblicherweise verwendetes Publikationsmedium erkennbar. Vielmehr hat der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die Entscheidung darüber, ob entsprechende Bekanntgaben im Internet, im Intranet oder durch Mailinglisten zu erfolgen hätten, sei „unsystematisch“ und „auf Zuruf“ erfolgt. Eine etablierte Praxis, nach der universitätsinterne Angelegenheiten stets durch Einstellung ins Intranet bekannt gemacht würden, kann demnach nicht festgestellt werden. Dem entspricht, dass zwar die öffentliche Anhörung vom 07.05.2008, nicht aber die Senatssitzung vom 11.06.2008 auf der Homepage angekündigt war. Nachdem die Antragsgegnerin unstreitig eine Schautafel „Amtliche Bekanntmachungen“ unterhält und für die Veröffentlichung wesentlicher Verlautbarungen - wie etwa Satzungen, Richtlinien oder Verwaltungsvorschriften - auch verwendet, kann nur diese Publikationsform als ortsüblich bewertet werden. Hiermit stimmt überein, dass auch die Antragsgegnerin selbst vorgetragen hat, die Senatssitzungen vom 13.02.2008 und vom 11.06.2008 seien durch Aushang an der Schautafel bekannt gemacht worden.
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Damit muss die Antragsgegnerin eine fehlende Bekanntgabe in diesem, von ihr selbst als amtlich ausgewiesenen Bekanntmachungsorgan auch gegen sich gelten lassen. Das von ihr begründete Vertrauen beinhaltet auch den Schutz der negativen Publizität; Universitätsmitglieder dürfen sich also - mit anderen Worten - auch auf das Schweigen dieses Bekanntmachungsorgans verlassen. Auf die Frage, ob die fragliche Senatssitzung vom 11.06.2008 in sonstiger Weise bekannt gegeben war, kommt es deshalb nicht an.
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dd) Ob die das Rechtsetzungsverfahren abschließende Sitzung des Senats vom 11.06.2008 in dem hierfür maßgeblichen Schaukasten bekannt gegeben worden ist - und ggf. mit welchem Wortlaut und wie lange -, kann zum heutigen Zeitpunkt aber nicht mehr festgestellt werden. Entgegen der nach Angaben der Antragsgegnerin heute üblichen Praxis ist zum damaligen Zeitpunkt weder das Datum des Aushangs noch dessen Beendigung vermerkt und archiviert worden. Sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin sind daher nicht in der Lage, für ihre sich widersprechenden Angaben substantiierte Anhaltspunkte, Belege oder auch nur Zeugen zu benennen. Eine Beweisaufnahme für das über zwei Jahre zurückliegende Geschehen könnte damit nicht mehr als schlichte Behauptungen ergeben. Konkretisierte Anknüpfungspunkte in tatsächlicher Hinsicht, mit denen eine Entscheidungsgewissheit begründet werden könnte, sind nicht ersichtlich.
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Allerdings sind Zweifel an der von der Antragsgegnerin abgegebenen Darstellung nicht von der Hand zu weisen, denn der von ihr geschilderte Geschehensablauf weist eine Reihe von Ungereimtheiten auf. Dies folgt zunächst schon daraus, dass die in den Akten befindliche Einladung der Senatsmitglieder vom 02.06.2008 zwar eine nachrichtliche Übermittlung an die Fachbereiche, Sektionen und Zentralen Einrichtungen enthält, ein Hinweis auf eine Öffentlichkeitsbeteiligung indes nicht ersichtlich ist. Dementsprechend sind auch dem vom Antragsteller vorgelegten Internet-Auszug vom 11.06.2008 zwar verschiedene Hochschulveranstaltungen zu entnehmen, nicht aber die streitige Sitzung des Senats. Auch das Sitzungsprotokoll Nr. 7/2008 selbst weist eine öffentliche Sitzung nicht aus; sie kann auch dem Inhalt des Protokolls nicht entnommen werden. Allein der nachträglich erstellte Vermerk vom 18.06.2008 gibt an, dass die Öffentlichkeit „nicht ausgeschlossen war“. Woraus sich die tatsächliche Öffentlichkeit der Senatssitzung vom 11.06.2008 ergab und in welcher Weise diese sichergestellt wurde, ist indes auch dem Vermerk des Protokollführers nicht zu entnehmen.
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c) Die Nichtaufklärbarkeit des ordnungsgemäßen Zustandekommens geht hier zu Lasten der Antragsgegnerin. Denn diese hat es unterlassen, eine Dokumentation der behaupteten Bekanntgabe zu den Akten zu nehmen.
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Anders als im Falle der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses kann den vorgelegten Verfahrensakten nicht entnommen werden, ob - und ggf. mit welchem Text und wie lange - ein Aushang im Schaukasten erfolgte. Dies wäre der Antragsgegnerin durch ein Abheften des Aushangs mit einem Vermerk der Zeitdauer leicht möglich gewesen. Ohne eine entsprechende Dokumentation ist die spätere Beweisführung indes - wie der vorliegende Fall zeigt - kaum möglich (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178, zum Erfordernis der Aktenkundigkeit, um nachträgliche Darlegungen nicht unzumutbar zu erschweren, sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.1970 - III 316/70 -, BWVBl 1971, 109, zur bei Bekanntmachungen erforderlichen Missbrauchskontrolle). Dementsprechend enthält auch die Verwaltungsvorschrift betreffend Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz vom 10.12.2001 in Nr. 5 die Verpflichtung, den ausgehängten Text mit entsprechenden Aushangvermerken zu archivieren, „da ansonsten ein Nachweis über den Aushang nicht geführt werden kann“.
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Die Unaufklärbarkeit wurzelt somit maßgeblich in dem Unterlassen einer ordnungsgemäßen Aktenführung. Es entspricht daher den Grundsätzen der an Rechtssphären orientierten Beweisverteilung, Behörden im Falle einer Verletzung der ihnen obliegenden Verpflichtung, die Einhaltung wesentlicher Verfahrensschritte in der Verfahrensakte zu dokumentieren, die Beweislast für das ordnungsgemäße Verfahren zu überbürden. Möglichkeiten für einen positiven Gegenbeweis kommen betroffenen Antragstellern regelmäßig nicht zu.
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Bei Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann vorliegend nicht von einer ordnungsgemäßen, der Anstoßfunktion für die betroffene Öffentlichkeit genügenden Einberufung der Senatssitzung vom 11.06.2008 ausgegangen werden.
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d) Da mit der Bekanntmachung die Effektivität des Öffentlichkeitsgrundsatzes gewährleistet werden soll, kann der Mangel auch nicht durch den in einer Abstimmung liegenden konkludenten Verzicht (vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.02.2010 - 3 S 3064/07 -) oder das sonstige Verhalten der Organmitglieder geheilt werden. Denn das Öffentlichkeitsprinzip dient dem Schutz der Öffentlichkeit und damit dem Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375). Der hier wegen der fehlenden Dokumentation nicht auszuschließende Fehler in der ortsüblichen Bekanntgabe der Senatssitzung vom 11.06.2008 ist daher beachtlich.
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2. Materielle Bedenken gegen die angegriffenen Bestimmungen bestehen dagegen nicht.
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Rechtsgrundlage für die in Art. 1 Nr. 7 und Nr. 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24.10.2008 enthaltenen Regelungen sind §§ 8 Abs. 4 Satz 1, 9 Abs. 4 Satz 3 LHG, wonach die von der Hochschule erlassene Grundordnung auch die Rechte und Pflichten der Angehörigen regelt, an der Selbstverwaltung und der Erfüllung der Aufgaben der Hochschule mitzuwirken. Als „Hochschulverfassung“ kommt der Grundordnung insbesondere die Aufgabe zu, Organe und Gliederungen der Hochschule zu konstituieren (vgl. Eiselstein, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, S. 36; Bay. VerfGH, Entscheidung vom 07.05.2008 - Vf. 19-VII-06 -, NVwZ 2009, 177). Die Grundordnung hat daher auch die Aufgabe, Zusammensetzung und Bestellung der Organmitglieder festzuschreiben.
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Dies folgt im Übrigen schon daraus, dass eine entsprechende Regelung durch die jeweilige Geschäftsordnung ausscheidet. Geschäftsordnungen sind Binnenrechtssätze zur Regelung der inneren Organisation des jeweiligen Organs und seiner Verfahrensabläufe (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Regelungen über den Bestellungsmodus künftiger Mitglieder - wie die hier in Rede stehenden Vorschriften der Grundordnung - betreffen aber nicht die Binnenorganisation und entspringen damit auch nicht der auf die Strukturierung „innerer Angelegenheiten“ bezogenen Geschäftsordnungsautonomie. Vielmehr geht es insoweit erst um die Bildung des Organs, das nachfolgend geschäftsordnende Organisationsakte erlässt.
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Entgegen der von der Antragsgegnerin vorgebrachten Meinung sind die von der Änderung betroffenen Ausschüsse auch als Senatsausschüsse im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG einzuordnen. Dies ergibt sich - trotz der den Ausschüssen zugewiesenen Aufgabe, auch das Rektorat zu beraten - bereits aus der unmissverständlichen Anordnung in §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 10 Abs. 1 Satz 1 und 11 Abs. 1 Satz 1 der Grundordnung. Danach werden die benannten Ausschüsse vom Senat gebildet. Dementsprechend ist auch die Beschlussfassung über die jeweiligen Geschäftsordnungen dem Senat übertragen worden.
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Hieraus folgt jedoch nicht, dass diese Ausschussmitglieder stets gewählt werden müssten. Vielmehr bestimmt § 10 Abs. 2 Satz 1 LHG, dass die Mitglieder eines Gremiums, deren Zugehörigkeit nicht bereits kraft Amtes bestimmt ist, für eine bestimmte Amtszeit „bestellt oder gewählt“ werden. Sonderbestimmungen ergeben sich insoweit zwar für die Mitglieder des Senats, die gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2 LHG „auf Grund von Wahlen“ zu bestimmen sind. Entsprechendes gilt indes nicht für beratende Ausschüsse, die das Hauptorgan durch eine (ggf. durch externe Sachkunde verstärkte) Vorberatung entlasten und eine Entscheidungsgrundlage für die nachfolgende Beschlussfassung nur vorbereiten sollen. Insoweit ordnet § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG lediglich an, dass derartige Ausschüsse vom Senat gebildet werden können. Auf welche Weise deren Mitglieder zu bestimmen sind, gibt das Gesetz jedoch nicht vor. Zwar liegt in einem demokratischen Staatswesen grundsätzlich die Wahl der Mitglieder als Bestellungsmodus nahe, die regelmäßig auch gesetzlich vorgeschrieben ist. Zwingend vorgegeben ist dies indes für nur beratende Vorbereitungsgremien nicht. Denn durch derartige Unterausschüsse werden Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse des Hauptorgans nicht vorweggenommen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10.12.2003 - 8 C 18/03 -, BVerwGE 119, 305 [308]).
48 
Durch die fehlende Festlegung des Gesetzgebers in § 10 Abs. 2 Satz 1 LHG, der § 37 Abs. 2 Satz 1 HRG inhaltsgleich wiederholt, ist die Auswahl des Bestellungsmodus für die Mitglieder beratender Senatsausschüsse damit der autonomen Entscheidung der Hochschule unterstellt. Diese verfügt im Rahmen ihrer Selbstorganisation über ein weites Ermessen. Mit dem Vorschlagsrecht des Rektors wird dieser Gestaltungsspielraum nicht überschritten (vgl. zum Vorschlagsrecht auch BVerfG, Beschluss vom 26.10.2004 - 1 BvR 911/00 u.a. -, BVerfGE 111, 333 [363 ff.]). Dies folgt schon daraus, dass es ungeachtet dessen der Senat ist, der über die Bestellung der Ausschussmitglieder befindet. Insoweit kommt den bestellten Mitgliedern auch eine durch den Senat vermittelte demokratische Legitimation zu (vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 07.05.2008 - Vf. 19-VII-06 -, NVwZ 2009, 177, der sogar eine hälftige Bestellung des die Grundordnung erlassenden Hochschulrats durch den Wissenschaftsminister für zulässig hält). Im Übrigen kommt dem Ausschuss nicht die Möglichkeit zu, eine Entscheidung gegen oder ohne den Willen des Senats selbst herbeizuführen. Schließlich stünde dem Senat im Konfliktfall letztlich sogar die Möglichkeit zur Seite, den in der Grundordnung festgeschriebenen Bestellungsmodus selbst zu ändern.
49 
Zweifel an der materiellen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht bestehen daher nicht.
III.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
51 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.
52 
Beschluss vom 3. August 2010
53 
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
54 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
17 
Die zulässige Normenkontrolle (I.) hat in der Sache Erfolg (II.). Das ordnungsgemäße Zustandekommen der angegriffenen Bestimmungen der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz kann nicht festgestellt werden (II.1.), auch wenn die Regelungen materiell nicht zu beanstanden sein dürften (II.2.).
I.
18 
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
19 
Die Grundordnung der Antragsgegnerin (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO) ist als „andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift“ nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthafter Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt, weil der Normenkontrollantrag am 23.10.2009 und damit innerhalb eines Jahres nach der am 27.10.2008 durch Aushang erfolgten Bekanntmachung der Änderungssatzung gestellt wurde. Der Antragsteller kann auch geltend machen, durch die angegriffenen Rechtsvorschriften in absehbarer Zeit in seinen Rechten verletzt zu werden, weil die von ihm angestrebte Mitgliedschaft in einem der Ausschüsse künftig einen Vorschlag des Rektors voraussetzt und das ihm in § 9 Abs. 2 Satz 1 LHG gewährleistete Mitwirkungsrecht damit erschwert werden kann.
20 
Auch das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Zwar gilt der vom Antragsteller gerügte Bestellungsmodus für die Mitglieder der Ausschüsse für Forschungsfragen, für Lehre und Weiterbildung sowie für Kommunikation und Information auch unabhängig von der Wirksamkeit der mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Bestimmungen der Universitäts-Grundordnung. Denn das Auswahlverfahren ist weitgehend wortgleich in den jeweiligen Geschäftsordnungen der Ausschüsse vom 21.02.2001 geregelt. In § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Ausschusses für Kommunikation und Information der Universität Konstanz etwa ist bestimmt:
21 
Die Mitglieder und Stellvertreter nach § 11 Abs. 2 Zi. 2 der Grundordnung werden auf Vorschlag des Rektors vom Senat bestellt. Der Vorschlag des Rektors für die Mitglieder gemäß § 11 Abs. 2 Zi. 2 a) und b) der Grundordnung wird im Benehmen mit den Fachbereichssprechern und für die Mitglieder gemäß § 11 Abs. 2 Zi. 2 c) im Benehmen mit dem AStA erfolgen. Wiederbestellungen als Ausschussmitglied sind zulässig.
22 
Hinsichtlich der unmittelbar geltenden Rechtslage vermag der Normenkontrollantrag daher selbst im Erfolgsfalle die vom Antragsteller erstrebte Wirkung nicht zu erzielen. Dementsprechend ist auch in der Entwurfsbegründung vom 21.01.2008 ausgeführt, die Neuregelung folge „den Geschäftsordnungen der Ausschüsse und der bisherigen Praxis“ (Bl. 18 der Verfahrensakte). Diese Geschäftsordnungen aber sind - unbeschadet einer etwaigen Rechtswidrigkeit - einer gerichtlichen Normenkontrolle entzogen, weil die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hierfür längst verstrichen ist. Die Regelungen hätten einem Beanstandungsverfahren nach § 47 VwGO auch unterzogen werden können, weil Geschäftsordnungen jedenfalls insoweit im Anwendungsbereich der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle liegen, als sie abstrakt-generelle Konkretisierungen der mitgliedschaftlichen Rechte in der Art einer Rechtsnorm enthalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.09.1987 - 7 N 1/87 -, NVwZ 1988, 1119; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Die hier maßgeblichen Bestimmungen zum Bestellungsmodus künftiger Mitglieder wären daher selbst dann statthafter Antragsgegenstand einer Normenkontrolle gewesen, wenn man sie als Innenrechtssätze qualifizieren würde.
23 
Allerdings erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich die Rechtsstellung des Antragstellers im Falle der begehrten Unwirksamkeitserklärung gleichwohl verbessern kann. Denn unbeschadet der fehlenden Möglichkeit einer prinzipalen Normenkontrolle kann die entsprechende Geschäftsordnung in einem vom Antragsteller betriebenen Verwaltungsstreitverfahren inzident einer Überprüfung unterzogen und die hierauf basierende Bestellung des Ausschussmitglieder beanstandet werden. Die für das Normenkontrollverfahren geltende Ausschlussfrist ist insoweit nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.2006 - 4 BN 29/06 -, ZfBR 2007, 149). Insoweit erscheint nicht fernliegend, dass der Rechtscharakter des Regelungssystems, in dem der Bestellungsmodus angeordnet wird, von Bedeutung ist. Denn falls die Geschäftsordnungsautonomie für Regelungen, die die Auswahl und Bestellung der (künftigen) Mitglieder zum Gegenstand haben, nicht ausreicht, oder sonstige Unwirksamkeitsgründe hinsichtlich der Geschäftsordnung vorliegen würden, wäre die Unwirksamkeit der Grundordnung für den Erfolg eines etwaigen Rechtsmittels des Antragstellers ausschlaggebend.
24 
Trotz der in den Geschäftsordnungen der betroffenen Ausschüsse bestehenden Regelungen zum Bestellungsmodus der Mitglieder ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für das Begehren, die entsprechenden Regelungen in der novellierten Grundordnung für unwirksam erklären zu lassen, daher gegeben.
II.
25 
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet, weil Zweifel am ordnungsgemäßen Zustandekommen der Vorschriften nicht ausgeräumt werden können (1.). Inhaltlich sind die angegriffenen Regelungen der Grundordnung dagegen nicht zu beanstanden (2.).
26 
1. Formelle Fehler der Satzung können - angesichts der fehlenden Dokumentierung wesentlicher Verfahrensschritte in der Behördenakte - nicht ausgeschlossen werden.
27 
a) Allerdings war der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG für die Beschlussfassung über die Grundordnung und ihre Änderungen zuständig und hat auch mit dem in § 20 Abs. 2 der Grundordnung vorgesehen Quorum entschieden. Der Aufsichtsrat wurde entsprechend der Vorgabe aus § 20 Abs. 1 Satz 3 Nr. 13 LHG beteiligt und gab in der Sitzung vom 10.06.2008 eine befürwortende Stellungnahme ab. Die darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 LHG erforderliche Zustimmung des Wissenschaftsministeriums ist mit Schreiben vom 15.10.2008 erteilt worden.
28 
b) Die Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung leidet aber möglicherweise an Verfahrensfehlern; insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die maßgebliche Senatssitzung vom 11.06.2008 ordnungsgemäß einberufen und dem Öffentlichkeitsgrundsatz damit Rechnung getragen wurde.
29 
aa) Zutreffend hat der Antragsteller zunächst darauf hingewiesen, dass ein in nicht ordnungsgemäß einberufener Sitzung gefasster Beschluss wegen des vorausgegangenen Einberufungsmangels rechtswidrig ist. Die fehlerhafte Einberufung schlägt auf die Rechtmäßigkeit des in der Sitzung gefassten Beschlusses durch (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119 m.w.N.). Maßgeblich ist jedoch grundsätzlich nur die abschließende Sitzung. Verfahrensfehler im Vorfeld des eigentlichen Satzungsbeschlusses dagegen führen regelmäßig nicht zur Rechtswidrigkeit des in einer nachfolgenden Sitzung gefassten Beschlusses (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 03.12.1999 - 3 S 2702/98 -). Die vorgetragenen formellen Mängel der vorbereitenden Sitzungen entfalten deshalb keine „Fortwirkung“. Anhaltspunkte dafür, dass ein untrennbarer Zusammenhang der Sitzungen bestanden haben könnte, sind nicht ersichtlich.
30 
Bei der Beschlussfassung über die Änderung der Grundordnung hat der Senat der Antragsgegnerin gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 LHG auch öffentlich zu tagen. Die Sitzungsöffentlichkeit stellt sicher, dass die betroffenen Körperschaftsmitglieder Einblick in die Tätigkeit des Vertretungsorgans und ihrer einzelnen Mitglieder erhalten und sich dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik verschaffen können (vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 04.07.2007 - 2 BvE 1/06 u.a. -, BVerfGE 118, 277 [353]; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 17. Aufl. 1990, Rn. 152). Zugleich unterzieht der Öffentlichkeitsgrundsatz die Organtätigkeit der allgemeinen Kontrolle und trägt so dazu bei, der Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen sowie dem Anschein vorzubeugen, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten. Mit dem Zweck, eine gesetzmäßige und sachgerechte Arbeit zu ermöglichen und Missdeutungen der Willensbildung und Beschlussfassung zu vermeiden, dient der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit damit dem öffentlichen Interesse an demokratischer Legitimation und mitgliedschaftlicher Begleitung und Kontrolle (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375 für die kommunale Selbstverwaltung). Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit sogar von einem „allgemeinen Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie“ gesprochen (BVerfG, Urteil vom 14.01.1986 - 2 BvE 14/83 u.a. -, BVerfGE 70, 324 [358]). Gerade die Verabschiedung der Grundordnung, die als „Hochschulverfassung“ die grundlegenden Organisations- und Verfahrensfragen regelt, bedarf daher einer öffentlichen Verhandlung.
31 
bb) Inhalt des Öffentlichkeitsgrundsatzes ist indes nicht nur, dass die Sitzung selbst öffentlich abgehalten, es also grundsätzlich allen Interessierten nach einheitlichen Grundsätzen ermöglicht wird, den Sitzungsraum zu betreten und dem Sitzungsablauf zu folgen. Denn wenn die Betroffenen keine Kenntnis von der Sitzung erhalten, läuft der Schutzzweck auch dann leer, wenn nachfolgend die Sitzung selbst frei zugänglich abgehalten wird. Der Grundsatz der Öffentlichkeit beinhaltet daher auch, dass die Sitzung rechtzeitig bekannt gemacht wird (vgl. auch Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl. 2005, Rn. 253). Sofern hierfür normative Vorgaben fehlen, sind für die Bekanntgabe die in der Körperschaft „ortsüblichen“, also herkömmlicherweise verwendeten Publikationswege zu benutzen. Nur so kann die Funktion der Bekanntgabe sichergestellt werden, dass die Betroffenen in zumutbarer Weise Kenntnis von der Mitteilung erlangen können (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11.02.1972 - II 51/72 -, BWVBl 1972, 61).
32 
Aus rechtstaatlichen Gründen ist überdies erforderlich, dass der Interessierte weiß, wo er sich über alle wesentlichen Bekanntmachungen informieren kann (vgl. auch Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Stand: Juli 2008, § 4 Rn. 25). Er muss sich darauf verlassen können, dass die Veröffentlichungen durchgängig in derselben Weise vorgenommen werden. Nur so wird der Interessierte in die Lage versetzt, rechtzeitig Kenntnis von öffentlichen Bekanntgaben zu erhalten. Eine Bekanntmachungspraxis, die alternativ unterschiedliche Verkündungsarten wählt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie gibt selbst demjenigen kein lückenloses Bild vom Inhalt der Bekanntmachungen, der ein Forum im Auge behält. Es kann den Betroffenen aber nicht zugemutet werden, laufend zwei oder mehrere Verkündungsorgane zu überwachen (vgl. zur st.Rspr. bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.12.1967 - II 128/65 -, ESVGH 19, 25 sowie Beschluss vom 11.02.1972 - II 51/72 -, BWVBl 1972, 61; hierzu auch Dolde, NJW 1975, 21 [25]).
33 
cc) Spezielle Regelungen über die Gestaltung der öffentlichen Bekanntgabe einer Senatssitzung der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich. Die Verfahrensordnung der Universität Konstanz in der Fassung vom 22.09.2006 enthält keine diesbezüglichen Anordnungen und die Satzung über Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz in der Fassung vom 22.07.2002 betrifft nur Satzungen (§ 2) sowie Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und Allgemeinverfügungen (§ 6). Allerdings liegt nahe, die dort in § 3 getroffene Anordnung des Aushangs an der Anschlagtafel „Öffentliche Bekanntmachungen“ als einzige Rechtsvorgabe auch auf andere Bekanntgaben zu erstrecken. Auch die Antragsgegnerin selbst hat vorgetragen, dass heute entsprechend verfahren werde.
34 
Jedenfalls ist kein anderes, von der Antragsgegnerin üblicherweise verwendetes Publikationsmedium erkennbar. Vielmehr hat der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, die Entscheidung darüber, ob entsprechende Bekanntgaben im Internet, im Intranet oder durch Mailinglisten zu erfolgen hätten, sei „unsystematisch“ und „auf Zuruf“ erfolgt. Eine etablierte Praxis, nach der universitätsinterne Angelegenheiten stets durch Einstellung ins Intranet bekannt gemacht würden, kann demnach nicht festgestellt werden. Dem entspricht, dass zwar die öffentliche Anhörung vom 07.05.2008, nicht aber die Senatssitzung vom 11.06.2008 auf der Homepage angekündigt war. Nachdem die Antragsgegnerin unstreitig eine Schautafel „Amtliche Bekanntmachungen“ unterhält und für die Veröffentlichung wesentlicher Verlautbarungen - wie etwa Satzungen, Richtlinien oder Verwaltungsvorschriften - auch verwendet, kann nur diese Publikationsform als ortsüblich bewertet werden. Hiermit stimmt überein, dass auch die Antragsgegnerin selbst vorgetragen hat, die Senatssitzungen vom 13.02.2008 und vom 11.06.2008 seien durch Aushang an der Schautafel bekannt gemacht worden.
35 
Damit muss die Antragsgegnerin eine fehlende Bekanntgabe in diesem, von ihr selbst als amtlich ausgewiesenen Bekanntmachungsorgan auch gegen sich gelten lassen. Das von ihr begründete Vertrauen beinhaltet auch den Schutz der negativen Publizität; Universitätsmitglieder dürfen sich also - mit anderen Worten - auch auf das Schweigen dieses Bekanntmachungsorgans verlassen. Auf die Frage, ob die fragliche Senatssitzung vom 11.06.2008 in sonstiger Weise bekannt gegeben war, kommt es deshalb nicht an.
36 
dd) Ob die das Rechtsetzungsverfahren abschließende Sitzung des Senats vom 11.06.2008 in dem hierfür maßgeblichen Schaukasten bekannt gegeben worden ist - und ggf. mit welchem Wortlaut und wie lange -, kann zum heutigen Zeitpunkt aber nicht mehr festgestellt werden. Entgegen der nach Angaben der Antragsgegnerin heute üblichen Praxis ist zum damaligen Zeitpunkt weder das Datum des Aushangs noch dessen Beendigung vermerkt und archiviert worden. Sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin sind daher nicht in der Lage, für ihre sich widersprechenden Angaben substantiierte Anhaltspunkte, Belege oder auch nur Zeugen zu benennen. Eine Beweisaufnahme für das über zwei Jahre zurückliegende Geschehen könnte damit nicht mehr als schlichte Behauptungen ergeben. Konkretisierte Anknüpfungspunkte in tatsächlicher Hinsicht, mit denen eine Entscheidungsgewissheit begründet werden könnte, sind nicht ersichtlich.
37 
Allerdings sind Zweifel an der von der Antragsgegnerin abgegebenen Darstellung nicht von der Hand zu weisen, denn der von ihr geschilderte Geschehensablauf weist eine Reihe von Ungereimtheiten auf. Dies folgt zunächst schon daraus, dass die in den Akten befindliche Einladung der Senatsmitglieder vom 02.06.2008 zwar eine nachrichtliche Übermittlung an die Fachbereiche, Sektionen und Zentralen Einrichtungen enthält, ein Hinweis auf eine Öffentlichkeitsbeteiligung indes nicht ersichtlich ist. Dementsprechend sind auch dem vom Antragsteller vorgelegten Internet-Auszug vom 11.06.2008 zwar verschiedene Hochschulveranstaltungen zu entnehmen, nicht aber die streitige Sitzung des Senats. Auch das Sitzungsprotokoll Nr. 7/2008 selbst weist eine öffentliche Sitzung nicht aus; sie kann auch dem Inhalt des Protokolls nicht entnommen werden. Allein der nachträglich erstellte Vermerk vom 18.06.2008 gibt an, dass die Öffentlichkeit „nicht ausgeschlossen war“. Woraus sich die tatsächliche Öffentlichkeit der Senatssitzung vom 11.06.2008 ergab und in welcher Weise diese sichergestellt wurde, ist indes auch dem Vermerk des Protokollführers nicht zu entnehmen.
38 
c) Die Nichtaufklärbarkeit des ordnungsgemäßen Zustandekommens geht hier zu Lasten der Antragsgegnerin. Denn diese hat es unterlassen, eine Dokumentation der behaupteten Bekanntgabe zu den Akten zu nehmen.
39 
Anders als im Falle der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses kann den vorgelegten Verfahrensakten nicht entnommen werden, ob - und ggf. mit welchem Text und wie lange - ein Aushang im Schaukasten erfolgte. Dies wäre der Antragsgegnerin durch ein Abheften des Aushangs mit einem Vermerk der Zeitdauer leicht möglich gewesen. Ohne eine entsprechende Dokumentation ist die spätere Beweisführung indes - wie der vorliegende Fall zeigt - kaum möglich (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178, zum Erfordernis der Aktenkundigkeit, um nachträgliche Darlegungen nicht unzumutbar zu erschweren, sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.07.1970 - III 316/70 -, BWVBl 1971, 109, zur bei Bekanntmachungen erforderlichen Missbrauchskontrolle). Dementsprechend enthält auch die Verwaltungsvorschrift betreffend Amtliche Bekanntmachungen der Universität Konstanz vom 10.12.2001 in Nr. 5 die Verpflichtung, den ausgehängten Text mit entsprechenden Aushangvermerken zu archivieren, „da ansonsten ein Nachweis über den Aushang nicht geführt werden kann“.
40 
Die Unaufklärbarkeit wurzelt somit maßgeblich in dem Unterlassen einer ordnungsgemäßen Aktenführung. Es entspricht daher den Grundsätzen der an Rechtssphären orientierten Beweisverteilung, Behörden im Falle einer Verletzung der ihnen obliegenden Verpflichtung, die Einhaltung wesentlicher Verfahrensschritte in der Verfahrensakte zu dokumentieren, die Beweislast für das ordnungsgemäße Verfahren zu überbürden. Möglichkeiten für einen positiven Gegenbeweis kommen betroffenen Antragstellern regelmäßig nicht zu.
41 
Bei Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann vorliegend nicht von einer ordnungsgemäßen, der Anstoßfunktion für die betroffene Öffentlichkeit genügenden Einberufung der Senatssitzung vom 11.06.2008 ausgegangen werden.
42 
d) Da mit der Bekanntmachung die Effektivität des Öffentlichkeitsgrundsatzes gewährleistet werden soll, kann der Mangel auch nicht durch den in einer Abstimmung liegenden konkludenten Verzicht (vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.02.2010 - 3 S 3064/07 -) oder das sonstige Verhalten der Organmitglieder geheilt werden. Denn das Öffentlichkeitsprinzip dient dem Schutz der Öffentlichkeit und damit dem Interesse der Allgemeinheit (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 -, VBlBW 1992, 375). Der hier wegen der fehlenden Dokumentation nicht auszuschließende Fehler in der ortsüblichen Bekanntgabe der Senatssitzung vom 11.06.2008 ist daher beachtlich.
43 
2. Materielle Bedenken gegen die angegriffenen Bestimmungen bestehen dagegen nicht.
44 
Rechtsgrundlage für die in Art. 1 Nr. 7 und Nr. 8 der Ersten Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Konstanz vom 24.10.2008 enthaltenen Regelungen sind §§ 8 Abs. 4 Satz 1, 9 Abs. 4 Satz 3 LHG, wonach die von der Hochschule erlassene Grundordnung auch die Rechte und Pflichten der Angehörigen regelt, an der Selbstverwaltung und der Erfüllung der Aufgaben der Hochschule mitzuwirken. Als „Hochschulverfassung“ kommt der Grundordnung insbesondere die Aufgabe zu, Organe und Gliederungen der Hochschule zu konstituieren (vgl. Eiselstein, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, S. 36; Bay. VerfGH, Entscheidung vom 07.05.2008 - Vf. 19-VII-06 -, NVwZ 2009, 177). Die Grundordnung hat daher auch die Aufgabe, Zusammensetzung und Bestellung der Organmitglieder festzuschreiben.
45 
Dies folgt im Übrigen schon daraus, dass eine entsprechende Regelung durch die jeweilige Geschäftsordnung ausscheidet. Geschäftsordnungen sind Binnenrechtssätze zur Regelung der inneren Organisation des jeweiligen Organs und seiner Verfahrensabläufe (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.06.2002 - 1 S 896/00 -, VBlBW 2003, 119). Regelungen über den Bestellungsmodus künftiger Mitglieder - wie die hier in Rede stehenden Vorschriften der Grundordnung - betreffen aber nicht die Binnenorganisation und entspringen damit auch nicht der auf die Strukturierung „innerer Angelegenheiten“ bezogenen Geschäftsordnungsautonomie. Vielmehr geht es insoweit erst um die Bildung des Organs, das nachfolgend geschäftsordnende Organisationsakte erlässt.
46 
Entgegen der von der Antragsgegnerin vorgebrachten Meinung sind die von der Änderung betroffenen Ausschüsse auch als Senatsausschüsse im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG einzuordnen. Dies ergibt sich - trotz der den Ausschüssen zugewiesenen Aufgabe, auch das Rektorat zu beraten - bereits aus der unmissverständlichen Anordnung in §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 10 Abs. 1 Satz 1 und 11 Abs. 1 Satz 1 der Grundordnung. Danach werden die benannten Ausschüsse vom Senat gebildet. Dementsprechend ist auch die Beschlussfassung über die jeweiligen Geschäftsordnungen dem Senat übertragen worden.
47 
Hieraus folgt jedoch nicht, dass diese Ausschussmitglieder stets gewählt werden müssten. Vielmehr bestimmt § 10 Abs. 2 Satz 1 LHG, dass die Mitglieder eines Gremiums, deren Zugehörigkeit nicht bereits kraft Amtes bestimmt ist, für eine bestimmte Amtszeit „bestellt oder gewählt“ werden. Sonderbestimmungen ergeben sich insoweit zwar für die Mitglieder des Senats, die gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2 LHG „auf Grund von Wahlen“ zu bestimmen sind. Entsprechendes gilt indes nicht für beratende Ausschüsse, die das Hauptorgan durch eine (ggf. durch externe Sachkunde verstärkte) Vorberatung entlasten und eine Entscheidungsgrundlage für die nachfolgende Beschlussfassung nur vorbereiten sollen. Insoweit ordnet § 19 Abs. 1 Satz 3 LHG lediglich an, dass derartige Ausschüsse vom Senat gebildet werden können. Auf welche Weise deren Mitglieder zu bestimmen sind, gibt das Gesetz jedoch nicht vor. Zwar liegt in einem demokratischen Staatswesen grundsätzlich die Wahl der Mitglieder als Bestellungsmodus nahe, die regelmäßig auch gesetzlich vorgeschrieben ist. Zwingend vorgegeben ist dies indes für nur beratende Vorbereitungsgremien nicht. Denn durch derartige Unterausschüsse werden Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse des Hauptorgans nicht vorweggenommen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10.12.2003 - 8 C 18/03 -, BVerwGE 119, 305 [308]).
48 
Durch die fehlende Festlegung des Gesetzgebers in § 10 Abs. 2 Satz 1 LHG, der § 37 Abs. 2 Satz 1 HRG inhaltsgleich wiederholt, ist die Auswahl des Bestellungsmodus für die Mitglieder beratender Senatsausschüsse damit der autonomen Entscheidung der Hochschule unterstellt. Diese verfügt im Rahmen ihrer Selbstorganisation über ein weites Ermessen. Mit dem Vorschlagsrecht des Rektors wird dieser Gestaltungsspielraum nicht überschritten (vgl. zum Vorschlagsrecht auch BVerfG, Beschluss vom 26.10.2004 - 1 BvR 911/00 u.a. -, BVerfGE 111, 333 [363 ff.]). Dies folgt schon daraus, dass es ungeachtet dessen der Senat ist, der über die Bestellung der Ausschussmitglieder befindet. Insoweit kommt den bestellten Mitgliedern auch eine durch den Senat vermittelte demokratische Legitimation zu (vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 07.05.2008 - Vf. 19-VII-06 -, NVwZ 2009, 177, der sogar eine hälftige Bestellung des die Grundordnung erlassenden Hochschulrats durch den Wissenschaftsminister für zulässig hält). Im Übrigen kommt dem Ausschuss nicht die Möglichkeit zu, eine Entscheidung gegen oder ohne den Willen des Senats selbst herbeizuführen. Schließlich stünde dem Senat im Konfliktfall letztlich sogar die Möglichkeit zur Seite, den in der Grundordnung festgeschriebenen Bestellungsmodus selbst zu ändern.
49 
Zweifel an der materiellen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht bestehen daher nicht.
III.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
51 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.
52 
Beschluss vom 3. August 2010
53 
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
54 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig. Die Tonübertragung in einen Arbeitsraum für Personen, die für Presse, Hörfunk, Fernsehen oder für andere Medien berichten, kann von dem Gericht zugelassen werden. Die Tonübertragung kann zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens teilweise untersagt werden. Im Übrigen gilt für den in den Arbeitsraum übertragenen Ton Satz 2 entsprechend.

(2) Tonaufnahmen der Verhandlung einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse können zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken von dem Gericht zugelassen werden, wenn es sich um ein Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland handelt. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen teilweise untersagt werden. Die Aufnahmen sind nicht zu den Akten zu nehmen und dürfen weder herausgegeben noch für Zwecke des aufgenommenen oder eines anderen Verfahrens genutzt oder verwertet werden. Sie sind vom Gericht nach Abschluss des Verfahrens demjenigen zuständigen Bundes- oder Landesarchiv zur Übernahme anzubieten, das nach dem Bundesarchivgesetz oder einem Landesarchivgesetz festzustellen hat, ob den Aufnahmen ein bleibender Wert zukommt. Nimmt das Bundesarchiv oder das jeweilige Landesarchiv die Aufnahmen nicht an, sind die Aufnahmen durch das Gericht zu löschen.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 kann das Gericht für die Verkündung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in besonderen Fällen Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts zulassen. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter sowie eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen oder deren Übertragung teilweise untersagt oder von der Einhaltung von Auflagen abhängig gemacht werden.

(4) Die Beschlüsse des Gerichts nach den Absätzen 1 bis 3 sind unanfechtbar.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, soweit der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht. Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen darf nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit

1.
durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden,
2.
Rechte am geistigen Eigentum, insbesondere Urheberrechte, durch das Zugänglichmachen von Umweltinformationen verletzt würden oder
3.
durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen,
ist der Antrag abzulehnen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in den Nummern 1 und 3 genannten Gründe abgelehnt werden. Vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch Satz 1 Nummer 1 bis 3 geschützten Informationen sind die Betroffenen anzuhören. Die informationspflichtige Stelle hat in der Regel von einer Betroffenheit im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. Soweit die informationspflichtige Stelle dies verlangt, haben mögliche Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt.

(2) Umweltinformationen, die private Dritte einer informationspflichtigen Stelle übermittelt haben, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein oder rechtlich verpflichtet werden zu können, und deren Offenbarung nachteilige Auswirkungen auf die Interessen der Dritten hätte, dürfen ohne deren Einwilligung anderen nicht zugänglich gemacht werden, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen kann nicht unter Berufung auf die in Satz 1 genannten Gründe abgelehnt werden.

Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, soweit der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht. Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen darf nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2012 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2010 (gemeint 2011) wird zu Ziff. 1 und Ziff. 2 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt die Beklagte.

Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2012 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2010 (gemeint 2011) wird zu Ziff. 1 und Ziff. 2 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt die Beklagte.

Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 22 B 15.620

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 22. Juli 2015

(VG Ansbach, Urteil vom 26. August 2014, Az.: AN 4 K 14.386)

22. Senat

Sachgebietsschlüssel: 421

Hauptpunkte: Zulassung zu einem Jahrmarkt; Erschöpfung des Kontingents für eine bestimmte Betriebsart; Auswahlverfahren bei Bewerberüberhang; Verpflichtung des kommunalen Veranstalters zu Neubescheidung; Zulässigkeit der Bescheidungsklage ohne gleichzeitige Anfechtung der Zulassung zumindest eines Konkurrenten; Übergang von der Bescheidungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage; berechtigtes Interesse; Wiederholungsgefahr; beabsichtigte Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Stadt F.,

vertreten durch den Oberbürgermeister, Rechtsamt, S.-Str. ..., F.,

- Beklagte -

wegen Zulassung zu einem Jahrmarkt;

hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 26. August 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Demling, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. Juli 2015 am 22. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet war, den Antrag des Klägers auf Zulassung zur Michaelis-Kirchweih 2014 mit seinem Ausschankbetrieb „F.“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger beantragte bei der Beklagten erfolglos die Zulassung mit seinem neuen Ausschankstand „F.“ zu der von der Beklagten vom 3. bis 15. Oktober 2014 veranstalteten und nach § 69 Abs. 1 GewO festgesetzten Michaelis-Kirchweih. Hierfür hatte er sich mit diesem neuen und mit seinem alten Ausschankstand mit unterschiedlichem Platzbedarf (neu: 10-20 m x 3-6 m; alt: 15 m x 3 m) beworben. Die Beklagte hat den Antrag lediglich hinsichtlich des neuen Ausschankstandes beschieden. Vor dem Verwaltungsgericht begehrte der Kläger zuletzt die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung seines Zulassungsantrags bezüglich seines neuen Ausschankstandes.

Für die Vergabe der Standplätze hat die Beklagte „Richtlinien zur Durchführung des Zulassungsverfahrens zur Teilnahme an der Michaelis-Kirchweih F. und anderer Veranstaltungen der Stadt F.“ vom 10. August 2004 erlassen (im Folgenden: RL 2004). Mit Schreiben vom 7. Februar 2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er nicht zum Zuge gekommen sei. Den zum Zuge gekommenen Bewerbern bot sie zeitgleich den Abschluss von Beschickerverträgen an; gesonderte Zulassungsbescheide erließ sie nicht. Mit Bescheid vom 29. April 2014 begründete sie ihre Entscheidung gegenüber dem Kläger und führte aus, um die für den Ausschankstand des Klägers von der Größe her in Betracht kommenden Standplätze hätten sich fünf Beschicker beworben. Vier Bewerber hätten ebenso attraktive Stände wie der Kläger, seien ihm aber aufgrund ihrer langjährigen Präsenz auf der Michaelis-Kirchweih als „bekannt und bewährt“ vorzuziehen. Der Stand des fünften Beschickers, der Firma K., sei attraktiver, was an Hand der fristgerecht eingereichten Fotos habe bewertet werden können, während auf den Fotos des Klägers sein neuer Ausschankstand nur im Rohbau abgebildet sei und sein Stand daher nur nach der textlichen Beschreibung habe bewertet werden können (VG-Akte Bl. 119 f.).

Der Kläger reichte am 2. Juli 2014 Fotos seines fertig gestellten Ausschankstands nach (VG-Akte Bl. 185 f.).

Bereits am 13. März 2014 hatte der Kläger im Hauptantrag Verpflichtungs- und hilfsweise Bescheidungsklage erhoben. Das Verwaltungsgericht wies den Hauptantrag mit Urteil vom 26. August 2014 als unzulässig mangels gleichzeitiger Drittanfechtungsklage ab, gab ihr im Hilfsantrag aber statt und verpflichtete die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 7. Februar 2014 in der Fassung vom 29. April 2014, den Antrag des Klägers vom 7. September 2013 auf Zulassung zur Kirchweih unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung wurde ausgeführt:

Die Klage sei hinsichtlich des Hilfsantrags zulässig, denn die Erhebung einer „isolierten“ Bescheidungsklage sei dem abgelehnten Bewerber z. B. dann nicht verwehrt, wenn über die Klage geraume Zeit vor Marktbeginn entschieden werde und er darauf vertrauen könne und wolle, dass im Falle seines Obsiegens die Standplatzvergabe an einen Konkurrenten von Amts wegen rechtzeitig zurückgenommen werde. Dies sei hier anzunehmen.

Die Klage sei im Hilfsantrag auch begründet, weil die Ablehnung des Zulassungsantrags des Klägers rechtswidrig sei und ihn in seinem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 70 Abs. 3 GewO verletze. Die Auswahlentscheidung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar, weil sie auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage beruhe. So habe die Beklagte 17 Bewerber zugelassen, obwohl entgegen Nr. 2.4 RL 2004 nicht einmal die Hälfte Fotos ihrer Stände vorgelegt, die Beklagte auf die Vorlage auch nicht verzichtet und auch nicht dokumentiert habe, dass die Stände im Vergleich zur letzten Kirchweih ihr Aussehen behalten hätten. Damit seien aber die nach Nr. 7.2 RL 2004 relevanten Tatsachen und etwa ergänzend verwendetes Verwaltungswissen für die Auswahlentscheidung nach Attraktivitätsgesichtspunkten nicht hinreichend dokumentiert und die Auswahlentscheidung sei daher nicht nachprüfbar. Die neue Auswahlentscheidung müsse nicht zwangsläufig zugunsten des Klägers ausfallen.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgt die Beklagte die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils im stattgebenden Teil und die Abweisung der Klage auch insoweit. Sie macht im Wesentlichen geltend:

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei die Klage auch im Bescheidungsantrag mangels gleichzeitigen Anfechtungsantrags gegen mindestens einen der fünf, dem Kläger mit Bescheid vom 29. April 2014 mitgeteilten begünstigten Konkurrenten unzulässig. Eine Drittanfechtung sei ihm angesichts der überschaubaren Zahl von Konkurrenten und seiner nicht auf eine bloße sachgerechte Neubewertung seiner Bewerbung, sondern auf einen bestimmten, an die Firma K. vergebenen Standplatz zielenden Klage zumutbar. Sie habe ihn so verstanden, dass er sich nur auf diesen oder einen größeren Standplatz beworben habe. Etwaige Fehler im Auswahlverfahren hätten sich auf die Auswahlentscheidung nicht ausgewirkt, denn der Kläger habe allein den der Firma K. zugeteilten Standplatz begehrt. Diese Bewerberin habe aber aussagekräftige Bilder vorgelegt und nicht wie der Kläger nur ein Foto seines Ausschankstandes im Rohbau. Der Kläger habe erst am 2. Juli 2014 aussagekräftige Bilder nachgereicht, die nach Nr. 3.2 RL 2004 als verspätet nicht mehr hätten berücksichtigt werden dürfen. Nr. 2.4 RL 2004 finde nur auf zugelassene Betriebe Anwendung.

Der Kläger habe kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, denn eine Wiederholungsgefahr bestehe wegen der zwischenzeitlichen Änderung der Zulassungsrichtlinien nicht. Auch ein Schadensersatzbegehren wäre nicht aussichtsreich, da sich das Auswahlermessen der Beklagten bei der streitigen Auswahlentscheidung nicht auf Null reduziert habe und sie für eine Neubescheidung ein neues Bewerbungsverfahren hätte durchführen müssen, um allen Bewerbern aus Vertrauensschutzgründen die Vorlage aussagekräftiger Fotos zu ermöglichen.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 26. August 2014 die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt:

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet war, den Antrag des Klägers auf Zulassung zur Michaelis-Kirchweih 2014 mit seinem Ausschankbetrieb „F.“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Eine Anfechtung der von der Beklagten mit den zugelassenen Konkurrenten geschlossenen privatrechtlichen Verträge als deren Zulassung „ins Blaue hinein“ sei dem Kläger unzumutbar gewesen, da er die Gründe für deren Vorzug nicht kenne, weil die Beklagte in ihrem Bescheid vom 29. April 2014 zwar weitere vier Konkurrenten benannt, aber ihre Ermessensentscheidung nur hinsichtlich des Konkurrenten Firma K. mitgeteilt habe. Zudem habe er sich mit seinem neuen und auch mit seinem alten Ausschankstand mit unterschiedlichem Platzbedarf beworben. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse habe er unter dem Blickwinkel eines Schadensersatzbegehrens sowie wegen der Besonderheit der Marktzulassung, bei der eine Erledigung durch Zeitablauf vor Erlangung von Hauptsacherechtsschutz eintrete.

Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte ihre Richtlinien für die Vergabe der Standplätze durch neue „Richtlinien zur Durchführung des Zulassungsverfahrens zur Teilnahme an der Michaelis-Kirchweih F. und anderer Veranstaltungen der Stadt F.“ vom 9. Januar 2015 ersetzt (im Folgenden: RL 2015). Diese wurden auf das Zulassungsverfahren zur Michaelis-Kirchweih 2015 angewendet. Die erneute Bewerbung des Klägers wurde mit Bescheid vom 21. Mai 2015 abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

I. Die Berufung der Beklagten ist trotz Eintritt eines erledigenden Ereignisses zulässig. Die Beklagte hat ein Rechtsschutzbedürfnis an der Aufhebung des angefochtenen Urteils. Dies ergibt sich wohl schon aus dessen Kostenentscheidung, da das Verwaltungsgericht sie zur Neubescheidung des Antrags des Klägers verpflichtet und ihr hälftig die Verfahrenskosten auferlegt hat. Es ergibt sich jedenfalls aus dem Verhalten des Klägers, der das angefochtene Urteil verteidigt und zur Grundlage eines Amtshaftungsanspruchs machen will. Es kann für die Beklagte daher von Nutzen sein, das angefochtene Urteil aus der Welt zu schaffen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt aber ohne Erfolg. Die ursprünglich erhobene Bescheidungsklage ist zwar durch Eintritt eines erledigenden Ereignisses unzulässig geworden, weil das Rechtsschutzbedürfnis entfallen ist. Der Kläger ist jedoch zulässigerweise auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen, die auch begründet ist, weil das Verwaltungsgericht die Beklagte in seinem Urteil vom 26. August 2014 zu Recht verpflichtet hatte, den Antrag des Klägers vom 7. September 2013 auf Zulassung zur Michaelis-Kirchweih 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Allerdings ist nun die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs maßgeblich.

1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig.

a) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist analog § 42 Abs. 1 Halbs. 2 VwGO statthaft, nachdem sich das ursprüngliche Bescheidungsbegehren mit Ende der Kirchweih am 15. Oktober 2014 erledigt hat. Die Umstellung von einer Verpflichtungs- (hier: Bescheidungs-) auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist als Einschränkung des Klageantrags nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO auch noch in der Berufungsinstanz zulässig (vgl. BVerwG, U. v. 4.12.2014 - 4 C 33/13 - juris Rn. 11).

b) Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage scheitert auch nicht an § 42 Abs. 2 VwGO. Der Kläger ist für die Bescheidungsklage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt gewesen, da er einen möglichen Anspruch auf Neubescheidung als Minus zu einem Zulassungsanspruch nach § 70 Abs. 1 GewO geltend machen konnte.

c) Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage scheitert auch nicht daran, dass für die ursprüngliche Bescheidungsklage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses ohne Drittanfechtungsklage gegen die Zulassung zumindest eines seiner Konkurrenten kein Rechtsschutzbedürfnis bestanden hätte.

Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob eine Bescheidungsklage im tripolaren Konkurrenzverhältnis ohne gleichzeitige Drittanfechtungsklage gegen die Zulassung zumindest eines der dem Kläger vorgezogenen Konkurrenten zulässig ist. Im Kern geht es um die Frage, ob der unterlegene Konkurrent oder der Jahrmarkt-Veranstalter der durch bestandskräftige Vergabe der Standplätze an zugelassene Konkurrenten drohenden Kapazitätserschöpfung - ersterer durch Drittanfechtungsklage, letzterer durch Rücknahme rechtswidriger Zulassungen - entgegenzuwirken hat, um effektiven Rechtsschutz im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG zu erlangen bzw. zu gewähren. Die Erhebung einer Drittanfechtungsklage war in der vorliegenden Fallkonstellation jedoch im Hinblick auf in Art. 19 Abs. 4 GG wurzelnde quantitative und qualitative Unzumutbarkeitserwägungen entbehrlich, so dass es auf die übrigen Fragen zu diesem Problemkreis nicht mehr ankommt.

Einem Bewerber ist die Erhebung einer zusätzlichen Drittanfechtungsklage zum Einen quantitativ unzumutbar, wenn er eine Vielzahl an Zulassungen von Konkurrenten anfechten müsste (eindeutig bei Hunderten von Konzessionen, vgl. BVerwG, U. v. 7.10.1988 - 7 C 65.87 - BVerwGE 80, 270/273). Jedoch kann schon die Anfechtung von siebzehn an Konkurrenten vergebenen Begünstigungen unzumutbar sein. Die für Musterverfahren in § 93a Abs. 1 VwGO gegebene Zahl von mindestens zwanzig Verfahren ist kein geeigneter Maßstab für eine Unzumutbarkeit, weil sie nicht auf die individuelle Zumutbarkeit für einen Kläger, sondern auf die effektive Durchführung eines Musterverfahrens abstellt (vgl. OVG Berlin-Bbg, B. v. 27.3.2012 - OVG 12 N 7.11 - juris Rn. 6). Hier ist dem Kläger die Anfechtung der Zulassung von bis zu siebzehn mit ihm konkurrierenden Beschickern (vgl. Übersicht Ausschankbetriebe Michaelis-Kirchweih 2014, Anlage zum Schriftsatz vom 8.7.2015) bereits zahlenmäßig nicht zumutbar, da auch dann sein Prozessrisiko noch unzumutbar hoch ist. Anders wäre es dann, wenn er sein Begehren allein auf einen ganz bestimmten Standplatz beschränkt hätte, welcher der Firma K. zugeteilt worden ist. Dann hätte es genügt, deren Zulassung anzufechten. Darauf hat der Kläger seine Klage aber nicht beschränkt, wie sein nicht auf einen bestimmten Standplatz beschränkter Klageantrag zeigt (Klageschrift vom 13.3.2014, VG-Akte Bl. 18).

Dagegen steht auch nicht die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, er habe lediglich die Zulassung der Firma K. angefochten, es werde gerade auf diesen Platz abgestellt (Niederschrift der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 26.8.2014, VG-Akte Bl. 294/295 unten). Diese Einlassung darf nicht losgelöst von ihrem Zusammenhang interpretiert werden, in dem sie gefallen ist. Diese Einlassung ist als Verteidigungsvorbringen gegen den Hinweis des Verwaltungsgerichts auf eine erforderliche Drittanfechtungsklage hinsichtlich seines Verpflichtungsbegehrens zu verstehen. Aus dem Gesamtzusammenhang seiner beiden Bewerbungen mit seinem neuen und mit seinem alten Ausschankstand ist aber ersichtlich, dass es dem Kläger vorzugsweise, aber nicht ausschließlich auf den an die Firma K. vergebenen Standplatz ankam. Seine Bewerbung mit zwei unterschiedlich großen Ausschankständen - von denen die Beklagte nur eine beschieden hat - zeigt sein Kernanliegen, überhaupt mit einem Ausschankstand die Kirchweih beschicken zu können, gleich welcher Art und Größe.

Zum Anderen ist dem Kläger die Drittanfechtung von bis zu siebzehn Zulassungen von Konkurrenten auch qualitativ unzumutbar, weil die Beklagte ihre Auswahlentscheidung zu deren Gunsten und zulasten des Klägers nur so unvollständig in ihren Akten dokumentiert hat, dass der Kläger nicht hinreichend die Erfolgsaussichten von Drittanfechtungsklagen abschätzen konnte, also „ins Blaue hinein“ anfechten und ein ihm nicht einschätzbares Prozessrisiko hätte eingehen müssen. Hier hat die Beklagte ihrer Auswahlentscheidung in ihren Akten nicht dokumentiertes Verwaltungswissen zur Gestaltung der Ausschankstände von Konkurrenten des Klägers zugrunde gelegt, so dass deren Zulassung trotz Aktenvorlage nicht nachvollziehbar ist. So hat die Beklagte im Bescheid vom 29. April 2014 mit dem Ausschankstand des Klägers zunächst jene von fünf Beschickern verglichen. Vier Stände hat sie dem Ausschankstand des Klägers für gleichwertig attraktiv erachtet, obwohl mindestens ein Beschicker (Firma M.) - ebenso wie der Kläger - seiner Bewerbung keine Fotos seines (fertig gestellten) Ausschankstandes im Betriebszustand beigefügt hatte (vgl. Heftung „zugelassene Bewerber“), zudem teilweise die Angaben zum Platzbedarf und über Hilfsfahrzeuge fehlten, ein Vergleich an Hand allein der Bewerbungsunterlagen also objektiv nicht möglich war. Selbst wenn die Beklagte hinsichtlich des anderen Beschickers auf vorhandenes Verwaltungswissen über die Gestaltung des Standes in früheren Jahren zurückgegriffen hätte, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat (Urteil S. 16 f.), hat sie dieses nicht dokumentiert. Ebenso wenig hat sie dokumentiert, worauf sie ihre Einschätzung der Attraktivität des zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht fertig gestellten Ausschankstands des Klägers und damit ihre Auswahlentscheidung des Kirchweihausschusses gestützt hat (vgl. Schriftsatz vom 15.4.2014, VG-Akte Bl. 95/97, Beschlussbuchauszug ebenda Bl. 231, 236).

Schließlich hat die Beklagte für ihren Bescheid vom 29. April 2014 nur einen Teil der im Auswahlverfahren zu vergleichenden Bewerber namentlich bezeichnet und bewertet, weil sie nur die Maße des alten Ausschankstandes des Klägers zum Maßstab genommen hat, obwohl sein neuer Ausschankstand flexiblere Maße aufweist und er sich mit beiden Ausschankständen beworben hatte. Die Beklagte geht selbst davon aus, nur den neuen Stand zugrunde gelegt zu haben (Schriftsatz vom 27.11.2014, VGH-Akte Bl. 82/84 und Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2015, S. 4). Im Bescheid vom 29. April 2014 (VG-Akte Bl. 129 ff.) hat sie diese Erkenntnis aber nicht umgesetzt. Jedenfalls wäre ein noch größerer Kreis an Ausschankständen anderer Bewerber mit dem neuen Ausschankstand des Klägers zu vergleichen gewesen als die fünf im Bescheid genannten (Bescheid vom 29.4.2014, VG-Akte Bl. 129 ff.), möglicherweise bis zu siebzehn (Übersicht Ausschankbetriebe Michaelis-Kirchweih 2014, Anlage zum Schriftsatz vom 8.7.2015), mindestens aber zwölf (vgl. Bescheid vom 21.5.2015). Da zu deren Auswahl nichts Näheres ausgeführt ist, war dem Kläger die Anfechtung ihrer Zulassung unzumutbar gewesen.

Dass der Kläger die Datenverwechslung zwischen altem und neuem Ausschankstand möglicherweise dadurch verursacht hat, dass er sie beide identisch und ohne nähere Unterscheidung als „F.“ bezeichnet, aber nur ein Foto seines neuen Ausschankstands im Rohbau, jedoch keines des zweiten beworbenen älteren Ausschankstands beigefügt hat, ändert hieran nichts, weil die Beklagte dies - offenbar aufgrund ihres Verwaltungswissens - nicht beanstandet hat.

d) Für die Fortsetzungsfeststellungsklage liegt ein besonderes Feststellungsinteresse des Klägers als berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO vor.

Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können, wenn der Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat, weil sie seine Rechtsposition noch verbessern kann (BVerwG, U. v. 14.1.1965 - 1 C 68.61 - BVerwGE 20, 146/149 ff., 154 f.; BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - Rn. 11, 23; BVerwG, B. v. 19.12.2013 - 8 B 8/13 - juris Rn. 6).

aa) Der Kläger kann sich für sein besonderes Feststellungsinteresse zwar nicht auf eine Wiederholungsgefahr berufen, weil eine künftige Auswahlentscheidung unter wesentlich veränderten Umständen ergehen wird.

Eine Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn künftig unter im Wesentlichen unveränderten Umständen eine gleichartige behördliche Entscheidung wie der Verwaltungsakt ergehen wird, der Gegenstand des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens ist (vgl. BVerwG, B. v. 16.10.1989 - 7 B 108/89 - NVwZ 1990, 360; BVerwG, B. v. 26.4.1993 - 4 B 31/93 - NVwZ 1994, 282 ff., juris Rn. 26; BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - Rn. 12; BayVGH, U. v. 25.2.2013 - 22 B 11.2587 - Rn. 43 a. E.). Es muss also eine Präjudizwirkung für künftige vergleichbare Rechtsverhältnisse vorliegen (vgl. BVerwG, B. v. 19.12.2013 - 8 B 8/13 - juris Rn. 6), weil sich dieselben kontroversen Rechtsfragen zwischen den Beteiligten in anderer Weise neu stellen werden (in diesem Sinne BVerwG, B. v. 26.4.1993 - 4 B 31/93 - NVwZ 1994, 282 ff., juris Rn. 27).

Daran fehlt es hier, da eine künftige Auswahlentscheidung der Beklagten wegen Änderung ihrer Zulassungs-Richtlinien anderen materiellen Maßstäben folgen muss als die streitgegenständliche Auswahlentscheidung, zwischenzeitlich als sachliche Änderung der neue Ausschankstand des Klägers fertig gestellt und für ein neues Bewerbungsverfahren nicht nur als Rohbau vorhanden ist und die Beklagte nach ihrer neuen Vergabepraxis nach den neuen Richtlinien zur Durchführung des Zulassungsverfahrens künftig Fotos für alle Bewerbungen zu fordern beabsichtigt. Dass die Beklagte rechtswidrig ergangene Zulassungen widerrufen bzw. gekündigt und das Auswahlverfahren neu durchgeführt hat (vgl. den vom Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2015 vorgelegten Bescheid vom 17.7.2015), stellt die hier getroffene Wertung gerade nicht in Frage.

bb) Der Kläger kann sich entgegen seiner Ansicht auch nicht auf ein besonderes Feststellungsinteresse aus dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG deswegen berufen, weil bei Marktzulassungen regelmäßig eine Erledigung vor Abschluss eines Hauptsacherechtsbehelfs eintritt und sonst keine Entscheidung zur Hauptsache erlangt werden könnte.

Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ist zu bejahen, wenn anderenfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (vgl. BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - Rn. 23 m. w. N.; BVerfG, B. v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 u. a. - BVerfGE 104, 220/232 f.; BVerfG, B. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77/86). Dies wurde z. B. bejaht bei Wohnungsdurchsuchungen in Folge richterlicher Anordnung, bei vorläufigen Ingewahrsamnahmen und Inhaftierungen zur Vorbereitung einer Abschiebung sowie bei versammlungsrechtlichen Maßnahmen.

Dies ist bei marktrechtlichen Auswahlentscheidungen zu verneinen. Sie bergen nicht typischerweise die Gefahr, dass vor Beginn eines Marktes die Auswahlentscheidung nicht mehr in einem verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüft werden könnte. Vielmehr hängt es von der Gestaltung des Auswahlverfahrens im Einzelfall ab, wie früh die Auswahlentscheidung getroffen wird und wie rasch das Verwaltungsgericht über einen Hauptsacherechtsbehelf entscheiden kann. Gerade die Rücksichtnahme auf die erforderlichen Dispositionen der Bewerber verlangt, dass eine Auswahlentscheidung möglichst früh fällt. Anders als die genannten Verwaltungsakte, die wegen ihrer Dringlichkeit regelmäßig sofort vollziehbar sind oder für sofort vollziehbar erklärt werden (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2-4 VwGO, Art. 21a Satz 1 BayVwZVG), um unverzüglich ein hoheitliches Einschreiten zu ermöglichen, ist dies bei tripolaren Auswahl- und Zulassungsentscheidungen schon wegen des organisatorisch bedingten zeitlichen Vorlaufs bis zum Veranstaltungsbeginn regelmäßig entbehrlich.

cc) Ein besonderes Feststellungsinteresse liegt für den Kläger aber in der beabsichtigten Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB.

Ein entsprechendes Fortsetzungsfeststellungsinteresse wird regelmäßig angenommen, wenn die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen ernstlich beabsichtigt und nicht völlig aussichtslos ist, ohne dass es darauf ankommt, ob ein Schadensersatzanspruch im Einzelnen besteht. Da Zivilgerichte im Amtshaftungsprozess an die Beurteilung eines Verwaltungsakts durch die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit als rechtmäßig oder rechtswidrig gebunden sind (vgl. BGH, U. v. 23.10.2003 - III ZR 9/03 -NJW 2003, 3693/3696; BayVGH, U. v. 25.2.2013 - 22 B 11.2587 - Rn. 44), ist ein sich hierauf beziehender verwaltungsgerichtlicher Ausspruch geeignet, die Rechtsposition des Klägers in einem solchen künftigen Verfahren zu verbessern. Einen solchen Anspruch kann der Kläger, da die Beklagte die Auswahl der Schausteller für diese Veranstaltung - trotz des Abschlusses privatrechtlicher Beschickerverträge jedenfalls nach § 70 GewO - in Ausübung hoheitlicher Gewalt getroffen hat, zumindest auch auf § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG stützen.

Für die Aussichtslosigkeit genügt nicht die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess, sondern der geltend gemachte Anspruch darf unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt bestehen und dies muss sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängen (vgl. BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 20/12 - Rn. 34 m. w. N.; BayVGH, U. v. 25.2.2013 - 22 B 11.2587 - Rn. 48).

Eine schuldhaft rechtswidrige Schadensverursachung durch ein hoheitliches Handeln wird bei Ermessensentscheidungen allerdings dann verneint, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre (BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 39/12 - juris Rn. 47 m. w. N.). Ein vergleichbarer Fall liegt hier aber nicht vor. Ob es möglich gewesen wäre, die Zulassung des Klägers bei fehlerfreier Rechtsanwendung abzulehnen, ist im Verfahren offen geblieben und kann nicht weiter aufgeklärt werden. Dies gilt auch für die eigentliche Auswahlentscheidung nach dem Kriterium der Attraktivität nach Nr. 7.2 RL 2004, weil die Beklagte die Anwendung dieses Kriteriums nicht näher aktenkundig dokumentiert und auch nicht näher spezifiziert hat. Selbst nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist weder feststellbar, dass der Kläger unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zugelassen werden konnte, noch dass eine rechtmäßige Handhabung des Ermessens durch die Beklagte auch zu seinem Ausschluss hätte führen können (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2015, S. 3). Vielmehr muss auch in Betracht gezogen werden, dass in einem eventuellen Schadensersatzprozess eine „Ermessensreduzierung auf Null“ festgestellt werden könnte.

Die Prüfung, wie hoch der entstandene Schaden ist, obliegt der alleinigen Beurteilung des zuständigen Zivilgerichts. Gleiches gilt für die Beantwortung der Frage, ob es dem Kläger (z. B. unter dem Blickwinkel des § 254 Abs. 2 BGB) zum Nachteil gereichen würde, sollte er es in vorwerfbarer Weise unterlassen haben, sich vorsorglich um eine Zulassung zu anderen während der gleichen Zeit stattfindenden Volksfesten zu bemühen.

Soweit ein Feststellungsinteresse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses davon abhängig gemacht wird, dass ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, umgekehrt die bloße Behauptung, einen Schadensersatzprozess führen zu wollen, für ein Feststellungsinteresse nicht genügt (vgl. BayVGH, B. v. 30.9.2014 - 20 ZB 11.1890 - juris Rn. 22 mit Verweis auf OVG NRW, U. v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m. w. N.), dürfen an die Darlegung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (so auch BayVGH, B. v. 30.9.2014 - 20 ZB 11.1890 - juris Rn. 22). Bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kann und muss ein seine Prozesschancen sorgfältig wägender Geschädigter zum Einen dartun, dass und in welcher Höhe ihm Schaden entstanden ist. Dies hat der Kläger getan und darauf verwiesen, dass sein Ausschankstand mangels anderweitiger Aufstellmöglichkeit für die Dauer der Michaelis-Kirchweih ungenutzt geblieben und ihm dadurch ein Gewinn von 10.000 Euro entgangen sei (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2015, S. 3). Das erscheint nicht unplausibel. Zudem hat der Kläger der Beklagten die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs schriftsätzlich angekündigt (Schriftsätze vom 28.11.2014, 16.2.2015 und 13.7.2015, VGH-Akte Bl. 74 f., 115/116, 180 f.).

2. In der Sache ist die Beklagte zu Recht zur Neubescheidung durch das Verwaltungsgericht nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO verpflichtet worden, da ihre Auswahlentscheidung rechtswidrig war und der Kläger Anspruch auf eine fehlerfreie Neubescheidung hatte.

Nicht nur die Kriterien, von denen sich eine Behörde bei Entscheidungen nach § 70 Abs. 3 GewO leiten lässt, müssen transparent und nachvollziehbar sein (BayVGH, B. v. 12.8.2013 - 22 CE 13.970 - GewArch 2013, 445/447 Rn. 31 mit Verweis auf NdsOVG, B. v. 17.11.2009 - 7 ME 116/09 - GewArch 2010, 245/246). Auch der konkrete Auswahlvorgang selbst muss diesen Erfordernissen genügen (BayVGH a. a. O. m. w. N.). Dies ist besonders bedeutsam bei einem Auswahlkriterium wie der Attraktivität, bei dem die Gewichtung einzelner Merkmale subjektive Elemente enthält und letztlich das Ergebnis höchstpersönlicher Wertungen darstellt. Die Verwaltungsgerichte könnten bei einer solchen Gewichtung nur ihre eigenen - nicht notwendig richtigeren - Einschätzungen an die Stelle derjenigen der Behörde setzen, was insoweit zur Anerkennung eines Gestaltungs- und Ermessensspielraums bzw. Auswahlermessens der Behörde geführt hat (BayVGH, B. v. 20.7.2011 - 22 ZB 10.1135 - BayVBl. 2012, 118 Rn. 13; BayVGH, B. v. 6.5.2013 - 22 CE 13.923 - juris Rn. 18). Bisweilen wird ohne nennenswerten sachlichen Unterschied von einer „Einschätzungsprärogative“ (OVG NW, B. v. 2.7.2010 - 4 B 643/10 - juris Rn. 5) oder von einem „Beurteilungsspielraum“ (SächsOVG, B. v. 26.11.2013 - 3 B 494/13 - GewArch 2014, 128 Rn. 13) gesprochen. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich insofern darauf, ob die Beurteilung aufgrund zutreffender Tatsachen erfolgt ist, ob nicht gegen Denkgesetze oder allgemein gültige Wertmaßstäbe verstoßen wurde, ob in die Entscheidung sachwidrige Erwägungen eingeflossen sind und sie frei von Verfahrensfehlern ergangen ist (vgl. zuletzt BayVGH, B. v. 28.7.2015 - 22 ZB 14.1261). Gerade weil hier der Rechtsschutz nicht durch eine umfassende gerichtliche Kontrolle der Anwendung der Auswahlkriterien sichergestellt werden kann, sondern nur durch die Kontrolle der Ausfüllung von Spielräumen, kommt der Transparenz des Auswahlverfahrens entscheidende Bedeutung zu (vgl. zuletzt BayVGH, B. v. 14.7.2015 - 22 ZB 14.1728 - Rn. 28; BVerwG, B. v. 28.5.2014 - 8 B 6.13 - Rn. 13).

Wie ausgeführt (oben II.1.c)), hat die Beklagte ihrer Auswahlentscheidung nicht nachprüfbare Tatsachengrundlagen und in ihren Akten nicht dokumentiertes Verwaltungswissen zur Gestaltung der Ausschankstände von Konkurrenten des Klägers zugrunde gelegt, desgleichen Erkenntnisse auch über den Platzbedarf von Hilfsfahrzeugen, so dass deren Zulassung nicht nachvollziehbar ist. Eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung, ob die Beurteilung aufgrund zutreffender Tatsachen erfolgt ist, ob nicht gegen Denkgesetze oder allgemein gültige Wertmaßstäbe verstoßen wurde, ob in die Entscheidung sachwidrige Erwägungen eingeflossen sind und sie frei von Verfahrensfehlern ergangen ist, war so nicht möglich. So hat die Beklagte erstens unter den mit dem Ausschankstand des Klägers verglichenen Ausschankständen auch einen für gleich attraktiv erachtet (Bescheid vom 29.4.2014, VG-Akte Bl. 129 f.), obwohl der Beschicker (Firma M.) - ebenso wie der Kläger - seiner Bewerbung keine Fotos seines Ausschankstandes im Betriebszustand beigefügt hatte (vgl. Heftung „zugelassene Bewerber“), so dass ein Vergleich an Hand allein der Bewerbungsunterlagen also objektiv nicht möglich war. Selbst wenn die Beklagte hinsichtlich dieses Beschickers auf vorhandenes Verwaltungswissen über die Gestaltung des Standes in früheren Jahren zurückgegriffen haben sollte, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat (Urteil S. 16 f.), hat sie dieses nicht dokumentiert. Zweitens hat die Beklagte nicht dokumentiert, worauf sie ihre Einschätzung des zu jenem Zeitpunkt noch gar nicht fertig gestellten Ausschankstands des Klägers als mit den anderen vier Ausschankständen als gleichwertig attraktiv gestützt hat, obwohl ihr hierzu außer einem Rohbaufoto keine Unterlagen zur Verfügung standen und sie bezüglich dieses erst im Bau befindlichen neuen Ausschankstandes auch auf keinerlei Erfahrungen aus früheren Jahren zurückgreifen konnte. Solches Wissen konnte sie allenfalls bezüglich des alten, hier nicht streitgegenständlichen Ausschankstands des Klägers haben, dessen gesonderte Bewerbung sie jedoch nicht beschieden hat und den sie nach eigenem Vorbringen auch nicht verglichen haben will (vgl. Schriftsatz vom 27.11.2014, VGH-Akte Bl. 82/84). Ihr Verweis auf die textliche Betriebsbeschreibung als „F.“ genügt als Ersatz nicht. Dass der Kläger aber für eine erfolgversprechende Bewerbung nicht lediglich ein Duplikat seines vorhandenen Ausschankstandes neu errichten würde, sondern diesem eine - worin auch immer liegende - größere Attraktivität zumaß, ergab sich bereits aus der Tatsache seiner doppelten Bewerbung. Demgegenüber hat die Beklagte offenbar dem neuen Ausschankstand schlicht dieselbe Attraktivität zugemessen wie dem alten Ausschankstand. Dieser Fehler führt zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf ein rechtsfehlerfreies Bewerbungsverfahren (§ 114 VwGO).

Auf bloße Hilfserwägungen im Bescheid vom 29. April 2014, die für die Auswahlentscheidung nicht tragend waren, und nur bei Gleichstand der Konkurrenten unter dem Gesichtspunkt der Attraktivität hätten Bedeutung erlangen können, braucht nicht eingegangen zu werden.

Nach allem ist die Berufung der Beklagten erfolglos und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe gegeben ist.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt, da der Neubescheidungsantrag im Verpflichtungsantrag als Minus enthalten ist und das rechtliche Interesse des Klägers daran - auch mit Blick auf seinen zur Begründung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses bezifferten Schadensersatzanspruch - nicht geringer einzuschätzen ist (§ 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GG).

Tenor

Auf die Berufungen der Kläger werden die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. Februar 2014 - 2 K 3238/12 und 2 K 3104/12 - geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17. September 2012 werden aufgehoben.

Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten durch die Kläger im Vorverfahren werden für notwendig erklärt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die Beklagte.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 (Urkunde Notariat Friedrichshafen II Nr. 53/2001) veräußerte der Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 das mit einem Gebäude bebaute Grundstück Flst.Nr. ..., ..., in ... einem Kaufpreis von 285.000,- EUR. An das Grundstück schließt sich in südöstlicher Richtung das der Beklagten gehörende Grundstück Flst.Nr. ... an, das mit einer Sporthalle (sog. „kleine Turnhalle“) bebaut ist. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des durch Satzung vom 22.09.2008 förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Nach der vorbereitenden Untersuchung zu dem Untersuchungsgebiet besteht u.a. für das Turnhallengebäude ein dringender Sanierungsbedarf bzw. ein Bedarf für die Errichtung eines Neubaus unter Einbeziehung benachbarter Grundstücke. Dem Abschluss des Kaufvertrages zwischen den Klägern waren erfolglos verlaufende Verkaufsverhandlungen zwischen dem Kläger zu 1 und der Beklagten über das Grundstück vorausgegangen.
Mit Schreiben vom 01.07.2011, bei der Beklagten eingegangen am 04.07.2011, übersandte das Notariat Friedrichshafen II eine beglaubigte Abschrift des Kaufvertrages vom 30.06.2011 als Vorkaufsrechtsanzeige. Der Kläger zu 1 teilte der Beklagten unter dem 01.07.2011 gleichfalls den Abschluss des notariellen Kaufvertrages mit.
Der Gemeinderat der Beklagten befasste sich mit der Ausübung eines Vorkaufsrechts hinsichtlich des Grundstücks nach §§ 24 ff. BauGB zunächst in nichtöffentlicher Sitzung am 25.07.2011. Die Einladung vom 15.07.2011 des Bürgermeisters der Beklagten zu der Gemeinderatssitzung am 25.07.2011 sah unter Tagesordnungspunkt 1. für den nichtöffentlichen Teil (Beginn 17.00 Uhr) vor:
„Beratung zum Verwendungszweck der Flurstücke ... (kleine Turnhalle) und ... (...Straße ...) im Rahmen der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme „Östlicher Ortskern“ und Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde zum Erwerb des Grundstücks Flst. ... – (...) Über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die zukünftige öffentliche Nutzung des Grundstücks ist zu beraten. Die Entscheidung über die öffentliche Nutzung und die Ausübung des Vorkaufsrechts hat in öffentlicher Sitzung zu erfolgen.“
Nach kontroverser Diskussion über die Ausübung des Vorkaufsrechtes erging in der nichtöffentlichen Sitzung der Beschluss, vor einer weiteren Entscheidung zum Sachverhalt, die rechtliche Stellungnahme eines Fachanwaltes einzuholen. Nach dieser Stellungnahme solle eine nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats erfolgen, in der eine rechtliche Beratung über das Verfahren zur Ausübung eines Vorkaufsrechtes durch die Gemeinde durch einen Fachanwalt erfolgen solle.
Diese nichtöffentliche Sondersitzung des Gemeinderats fand am 01.08.2011 unter Teilnahme des Beklagtenvertreters statt. Nachdem der Bürgermeister den Sachverhalt dargelegt und klargestellt hatte, dass keine Sachdiskussion bezüglich der Ausübung des Vorkaufsrechts geführt werde, erläuterte der Beklagtenvertreter umfassend die rechtliche Lage. Er wies hierbei eingangs insbesondere darauf hin, dass Beratung und Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts in öffentlicher Sitzung erfolgen müssten. Dabei reiche es auch nicht aus, wenn in einer nichtöffentlichen Sitzung beraten worden sei und anschließend in öffentlicher Sitzung trotz Gelegenheit zur Wortmeldung keine Aussprache stattfinde, sondern wegen der Vorberatung in öffentlicher Sitzung nur noch die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen werde. Die bisherigen Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung müssten daher als gegenstandslos behandelt werden. Die Beschlussfassung müsse unbefangen und unbeeindruckt von der nichtöffentlichen Beratung in öffentlicher Sitzung erfolgen, da nur so der Fehler der nichtöffentlichen Beratung wieder ausgeräumt werden könne. Nach zahlreichen Wortmeldungen der Gemeinderatsmitglieder und Rückfragen an den Beklagtenvertreter zu den Voraussetzungen, möglichen negativen rechtlichen Folgen sowie einer rechtlich sicheren Vorgehensweise bei der Ausübung des Vorkaufsrechts, fasste der Gemeinderat schließlich den nachfolgenden einstimmigen Beschluss:
1. „Herr Prof. ... wird mit der Begleitung der Ausübung des Vorkaufsrechts beauftragt.
2. Es wird festgestellt, dass die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden wird. Die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 ist als gegenstandslos zu betrachten.“
Mit Schreiben vom 02.08.2011 teilte die Beklagte sowohl dem Kläger zu 1 als auch dem Kläger zu 2 mit, dass beabsichtigt sei, das Sanierungs- und Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortzuschreiben und zu konkretisieren. Die Verwaltung werde dem Gemeinderat vorschlagen, das der Gemeinde gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB zustehende Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst.Nr. ... zum Wohle der Allgemeinheit auszuüben. Den Klägern wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.08.2011 eingeräumt.
10 
In der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 beschloss der Gemeinderat zunächst die Fortschreibung und Konkretisierung des Entwicklungskonzepts im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ u.a. zur Schaffung öffentlicher und privater Stellplätze unter Inanspruchnahme der Flst.Nrn. ... (... Straße ...) und ... (kleine Turnhalle). Danach schilderte der Bürgermeister unter dem nächsten Tagesordnungspunkt „Ausübung des Vorkaufsrechts“ die Situation zum städtebaulichen Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ sowie zum Kaufvertrag über die Veräußerung des Grundstücks ... Straße ... Im Folgenden verwies er auf die Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe. Gemeinderat Z. äußerte, der Gemeinderat müsse in jedem Fall von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen. Es sei schade, dass das Grundstück nicht bereits im Vorfeld auf „normale Art und Weise“ habe erworben werden können. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei von der Vorgehensweise aber nun rechtlich einwandfrei. Gemeinderat K. wies darauf hin, dass im Sinne des Allgemeinwohls das Vorkaufsrecht entsprechend dem Beschlussvorschlag ausgeübt werden solle. Gemeinderat M. schloss sich seinen Vorrednern an und äußerte, dass „die Sache entsprechend vorberaten“ worden sei. Der Gemeinderat beschloss sodann die Ausübung des Vorkaufsrechts am Grundstück Flst.Nr. ..., ... Straße ...
11 
Mit Bescheid vom 31.08.2011 übte die Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1 das Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst.Nr. ... aus. In ihrer Begründung verwies die Beklagte auf die Satzung über die förmliche Festsetzung des Sanierungsgebiets und den vorangegangenen Ergebnisbericht, der den erheblichen Erneuerungsbedarf der kleinen Halle festgestellt habe. In öffentlicher Sitzung vom 29.08.2011 habe der Gemeinderat das Satzungsziel konkretisiert und auf Grundlage von §§ 28 Abs. 2, 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beschlossen, das Vorkaufsrecht für das Grundstück... Straße ... auszuüben. Die Ausübung sei durch Gründe des Wohls der Allgemeinheit gerechtfertigt. Nach den am 29.08.2011 beschlossenen Satzungszielen sowie dem Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen solle die Halle unter Inanspruchnahme des Grundstücks ... Straße ... saniert oder neu aufgebaut werden. Zudem sei beabsichtigt, das Grundstück auch für die Herstellung öffentlicher und privater Stellplätze zu nutzen.
12 
Der Ausübungsbescheid wurde dem Kläger zu 2 unter dem 31.08.2011 zur Kenntnisnahme übersandt.
13 
Gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts erhob der Kläger zu 1 mit Schreiben vom 27.09.2011 Widerspruch, den er am 31.10.2011 im Wesentlichen damit begründete, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 29.08.2011 rechtswidrig sei, da dem offenbar Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung vorausgegangen seien. Eine solche nichtöffentliche Vorberatung sei unzulässig und führe zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 29.08.2011.
14 
Der Kläger zu 2 erhob mit Schreiben vom 05.09.2011 Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011. In der Widerspruchsbegründung vom 18.01.2012 wurde ebenso die Unwirksamkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 wegen vorangegangener Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung geltend gemacht.
15 
Mit in der Sache identischen Widerspruchsbescheiden vom 17.09.2012, zugestellt am 19.09.2012 und am 20.09.2012, wies das Landratsamt Bodenseekreis die Widersprüche der Kläger zurück. Dem Ausübungsbescheid habe ein wirksamer Beschluss des Gemeinderats in öffentlicher Sitzung vom 29.08.2011 gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO zu Grunde gelegen. In der Sitzung hätten die Gemeinderäte zunächst ausführlich über die Sanierung bzw. den Neubau der Turnhalle und der Verbesserung der Parkplatzsituation diskutiert. Unmittelbar daran sei der Tagesordnungspunkt zum Vorkaufsrecht aufgerufen worden. Es habe drei kurze Wortmeldungen gegeben. Nachdem kein weiterer Beratungsbedarf bestanden habe, sei abgestimmt worden. Ein solches Vorgehen sei nicht unüblich. Auch materiell lägen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB für die Ausübung des Vorkaufsrechts vor.
16 
Der Kläger zu 2 hat am 12.10.2012 unter dem Aktenzeichen 2 K 3104/12 und der Kläger zu 1 hat am 18.10.2012 unter dem Aktenzeichen 2 K 3238/12 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Die Kläger haben jeweils beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 aufzuheben. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
17 
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klagen jeweils mit in der Begründung identischen Urteilen vom 28.02.2014 abgewiesen. Die Beklagte habe das Vorkaufsrecht in formell und materiell rechtmäßiger Weise ausgeübt. Insbesondere habe der Gemeinderat der Beklagten in seiner Sitzung vom 29.08.2011 verfahrensfehlerfrei über die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen, ein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO liege nicht vor. Die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 25.07.2011 habe zwar den Erfordernissen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO nicht entsprochen. Nach Erkennen seines Fehlers habe der Gemeinderat aber durch das weitere Vorgehen den Anforderungen des Öffentlichkeitsprinzips ausreichend Rechnung getragen. Mit dem Beschluss vom 01.08.2011 habe der Gemeinderat seinen Willen und seine Bereitschaft deutlich zum Ausdruck gebracht, neu in öffentlicher Sitzung zu verhandeln. Die Beratung und Beschlussfassung am 29.08.2011 genüge den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Dass die der Beschlussfassung vorangestellte Beratung weder die Dauer noch die Intensität der Debatte vom 25.07.2011 erreicht habe, sei unerheblich. Eine Beratung setze keine Diskussion um der Diskussion willen voraus. Eine Diskussion könne sich sogar darin erschöpfen, dass die Beteiligten auf Wortmeldungen gänzlich verzichteten, wenn kein Gesprächsbedarf bestehe. Unschädlich sei auch, dass der Bürgermeister auf die Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagtenvertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe, verwiesen habe. Dies bedeute nicht, dass hierdurch nichtöffentliche Beratungen des Gemeinderats Teil der Beratung vom 29.08.2011 geworden seien. Auch die Äußerung des Gemeinderats Ms., die Sache sei „entsprechend vorberaten worden“, ändere nichts an dem Umstand, dass der Gemeinderat im Rahmen der Sitzung den Sachverhalt umfassend beraten habe. Dass eine unzulässige Verlagerung der Beratung in die nichtöffentliche Sitzung nicht stattgefunden habe, zeige auch der Vergleich der Ergebnisse der Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 29.08.2011. Gerade durch den Beschluss vom 01.08.2011 habe der Gemeinderat deutlich gemacht, dass er die Geschehnisse des 25.07.2011 nicht zur Grundlage seiner Entscheidung machen wolle, sondern mit den Kenntnissen aus der rechtlichen Beratung in öffentlicher Sitzung beraten und entscheiden wolle. So wie der Gemeinderat jederzeit einen Beschluss aufheben könne, wenn er dessen Fehlerhaftigkeit erkannt habe, und hierauf den Beschluss unter Beachtung der Verfahrensregeln neu fassen könne, habe der Gemeinderat vorliegend noch vor einer verfahrensfehlerhaften nichtöffentlichen Beschlussfassung sein Vorgehen korrigieren und in öffentlicher Sitzung ordnungsgemäß über die Ausübung des Vorkaufsrechts beraten und dieses beschließen können. Zwar sei den Klägern darin zuzustimmen, dass eine größtmögliche Transparenz durch die Einführung des Inhalts der Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 in der Sitzung vom 29.08.2011 erzielt worden wäre. Dies sei zur Wahrung des Öffentlichkeitsprinzips jedoch nicht zwingend erforderlich gewesen.
18 
Die Kläger haben die mit Senatsbeschlüssen vom 23.07.2014 zugelassenen Berufungen nachfolgend begründet. Der Senat hat das Verfahren 8 S 1387/14 (Kläger zu 2. gegen die Beklagte) mit dem Verfahren 8 S 1386/14 (Kläger zu 1. gegen die Beklagte) mit Beschluss vom 24.03.2015 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem Az. 8 S 1386/14 fortgeführt.
19 
Zwischenzeitlich wurden am 17.11.2014 in einer öffentlicher Sitzung des - neu gewählten - Gemeinderats der Beklagten unter Teilnahme des Beklagtenvertreters dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit die Grundzüge des Diskussionsinhalts sowie die Beschlüsse der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 zugänglich gemacht. Der Bürgermeister wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die neu gewählten Gemeinderatsmitglieder und er als neuer Bürgermeister hier das gleiche gemeinsame Schicksal hätten. Nachdem außer einer Verständnisfrage keine Wortmeldungen erfolgten, fasste der Gemeinderat den einstimmigen Beschluss:
20 
„1. Der Gemeinderat nimmt den Diskussions- und Beschlussinhalt der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 zur Kenntnis.
2. Der Gemeinderat sieht keinen Anlass, den Beschluss des Gemeinderats vom 29.08.2011 zu ändern.“
21 
Der Kläger zu 1. hat zur Begründung seiner Berufung angeführt:
22 
Eine unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO erfolgte nichtöffentliche Beratung könne im Gegensatz zu einem fehlerhaften Beschluss nicht allein durch einen Aufhebungsbeschluss des Gemeinderats gegenstandslos werden, sondern müsse als zuvor der Öffentlichkeit entzogener Teil des Entscheidungsprozesses nachgeholt oder zumindest transparent gemacht werden. § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO verlange, dass die Sitzungen des Gemeinderats und damit der gesamte Verhandlungsgang öffentlich und insofern transparent und prüfbar für die Bürger sei. Dies könne im Einzelfall eine bloße Information des Gemeinderats durch Verwaltung und Kenntnisnahme bedeuten, im hier interessierenden Fall durch Sachvortrag, Beratung und Beschlussfassung. Dies seien Elemente einer Sitzung i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO, die nicht voneinander getrennt, hinsichtlich des Öffentlichkeitsprinzips nicht unterschiedlich behandelt und auch in ihrer Reihenfolge nicht verändert werden könnten. Die Gemeinderatssitzung sei der organisatorische Rahmen, innerhalb dessen ein Vorgang behandelt und zur Entscheidung gebracht werden müsse. Dies schließe es nicht aus, dass die Entscheidung des Gemeinderates nicht in derselben, sondern etwa in einer folgenden öffentlichen Sitzung gefasst werde. Der Gesetzgeber habe die gewählten Vertreter bewusst unter einen Begründungszwang gestellt, weil der Bürger zumindest ansatzweise erkennen können solle, was sich der einzelne Vertreter bei seiner Entscheidung gedacht habe. Für eine Kontrolle durch die Bürger seien nicht nur das Votum des Repräsentanten, sondern auch seine Gründe hierfür jeweils von maßgeblicher Bedeutung. Bei einer Trennung von Beratung und Beschlussfassung würde der Willkür Tür und Tor geöffnet. Nicht nur würde der Rechtsschutz verkürzt oder erschwert, sondern es könnten auch vollendete Tatsachen geschaffen oder - wie hier - Entscheidungsfristen eingehalten werden, ohne dass sich das dafür zuständige Organ dafür zu rechtfertigen habe.
23 
Eine Begründung könne nicht nachgeschoben werden. Gleichfalls könne ein neu gewählter Gemeinderat in neuer Zusammensetzung nicht darüber befinden, dass und warum der frühere Gemeinderat zu Recht eine bestimmte Entscheidung getroffen habe.
24 
Der Kläger zu 2 hat zur Berufungsbegründung im Wesentlichen vorgetragen, dass eine Vorwegnahme der Sachdiskussion in einer nichtöffentlichen Sitzung auch bei nachfolgender Beschlussfassung in einer öffentlichen Sitzung gegen § 35 Abs. 1 GemO verstoße. Im vorliegenden Fall seien ganz wesentliche Aspekte der Ausübung des Vorkaufsrechts ausschließlich in den nichtöffentlichen Beratungen am 25.07.2011 und am 01.08.2011 besprochen worden, die in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 nicht wieder aufgegriffen worden seien. Der von der Beklagten zur Heilung dieses Verstoßes gewählte Weg eines Beschlusses in einer nichtöffentlichen Sitzung, dass die bisherigen Beratungsgegenstände als gegenstandslos zu betrachten seien, sei gänzlich verfehlt, da er nicht dem Sinn der Öffentlichkeitsbeteiligung entsprochen habe. Eine Heilung setze vielmehr voraus, dass erneut beraten und sodann beschlossen werde. Dabei dürften jedoch die Beratung und die Beschlussfassung in der öffentlichen Sitzung nicht von der nichtöffentlichen Beratung losgelöst betrachtet werden. Die „Heilungsberatung“ müsse zumindest die Auswirkungen der Verletzung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO ungeschehen machen. Nach dem Sinn der Öffentlichkeitsberatung, den Entscheidungsprozess plastisch und transparent zu machen, setze die „Heilungsberatung“ daher als Mindeststandard voraus, dass die bisherige Sachdiskussion offen gelegt werde. Dies könne entweder durch eine Einführung der nichtöffentlichen Sitzungsprotokolle in die öffentliche Sitzung oder jedenfalls durch eine Wiedergabe des wesentlichen Inhalts dieser Protokolle durch den Schriftführer oder durch den Bürgermeister geschehen. Diesen erhöhten Anforderungen genüge die Beratung am 29.08.2011 jedoch nicht, da der Bürgermeister der Beklagten in dieser Sitzung lediglich auf die Vorberatung am 01.08.2011 ohne jegliche Erörterung ihres Gegenstandes verwiesen und die Sitzung vom 25.07.2011 gänzlich unerwähnt gelassen habe, so dass der gesamte Verstoß einschließlich des Heilungsversuchs der Öffentlichkeit unbekannt geblieben sei. Der Öffentlichkeit sei damit ein wesentlicher Teil der Willensbildung vorenthalten worden. Ein solches Vorgehen berge insofern auch eine erhebliche Missbrauchsgefahr. Andernfalls könne stets in nichtöffentlicher Sitzung so lange beraten werden, bis man sich einig sei, anschließend könne man sich durch einen Beschluss hiervon distanzieren und sodann eine öffentliche Sitzung einberufen, in der der Gemeinderat den vorberatenen Beschluss fassen könnte.
25 
Die vorgeschlagene Vorgehensweise einer Veröffentlichung des wesentlichen Inhalts der Protokolle über die nichtöffentliche Sitzung verstoße auch nicht gegen § 35 Abs. 2 GemO, da eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Bürgermeister notwendiger Bestandteil eines entsprechenden Heilungsversuches sei. Ebenso wenig sei das Recht der einzelnen Gemeinderäte auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, da aufgrund des Tätigwerdens der Gemeinderäte nicht als Privatperson sondern als mandatierte Volksvertreter bereits der Schutzbereich nicht eröffnet sei, die Aufhebung der Schweigepflicht nach § 35 Abs. 2 GemO jedenfalls eine zulässige Beschränkung darstelle und darüber hinaus eine zusammenfassende Darstellung ohne Personennennung hiervon ohnehin unberührt bliebe.
26 
Des Weiteren stehe auch nicht § 46 LVwVfG einer Aufhebung des Ausübungsbescheids entgegen, da angesichts der erheblichen Divergenz zwischen der Sitzung vom 25.07.2011 und derjenigen vom 29.08.2011 nicht offensichtlich sei, dass die Verletzung des Öffentlichkeitsprinzips die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe.
27 
Schließlich könne die in der Gemeinderatssitzung am 17.11.2014 vorgenommene Beratung und Beschlussfassung keine nachträgliche Heilung mehr herbeiführen. Die vorgenommene Veröffentlichung sei überdies nicht hinreichend.
28 
Die Kläger beantragen,
29 
die Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28.02.2014 - 2 K 3238/12 und - 2 K 3104/12 - abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 aufzuheben;
die Zuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
30 
Die Beklagte beantragt,
31 
die Berufungen zurückzuweisen.
32 
Der in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 gefasste Beschluss sei für sich betrachtet fehlerfrei erfolgt und habe den Vorschriften der Gemeindeordnung entsprochen, da insbesondere eine öffentliche Beratung und Beschlussfassung stattgefunden hätten. Es müsse streng getrennt werden zwischen der Frage, ob der Fehler der nichtöffentlichen Beratung geheilt werden könne und der Frage, ob diese Fehlerbehebung Voraussetzung für eine fehlerfreie Beratung und Beschlussfassung sei und eine Nachwirkung die öffentliche Beratung und Beschlussfassung „infiziere“. Hierfür gebe es jedoch keine Anhaltspunkte. Vielmehr sei der Fehler aus dem vorangegangenen Verhalten schon dadurch geheilt worden, dass dem Gemeinderat deutlich gemacht worden sei, dass er sich von jeglicher Vorbindung aus der nichtöffentlichen Sitzung „frei machen“ müsse. Zudem sei der Stand der Beratung nach der nichtöffentlichen Sitzung so kontrovers gewesen, dass sich daraus kein einheitlicher Willensentschluss ableiten ließe und die einheitliche Willensbildung daher offensichtlich erst nach der nichtöffentlichen Beratung stattgefunden habe. Die nichtöffentliche Vorberatung sei daher als selbstständiger Verfahrensteil zu sehen und rechtlich entsprechend zu bewerten.
33 
Darüber hinaus läge im vorliegenden Fall, selbst wenn man ein entsprechendes Heilungserfordernis bejahte, höchstens ein Verfahrensfehler vor, der gemäß § 46 LVwVfG mangels Kausalität nicht zur Aufhebung des Ausübungsbescheids führen könne. Dies zeige auch der neue Beschluss des Gemeinderats vom 17.11.2014, den Beschluss vom 29.08.2011 nicht zu ändern. Des Weiteren stehe der von den Klägern vorgeschlagene Weg einer Offenlegung der bisherigen Sachdiskussion im Widerspruch zu § 35 Abs. 2 GemO, der im Lichte des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte auszulegen sei. Auch eine anonymisierte zusammenfassende Darstellung des Verlaufs einer unzulässigen nichtöffentlichen Beratung durch den Bürgermeister sei jedoch keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Durchführung einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung. Schließlich habe der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung am 17.11.2014 den Beratungs-, Diskussions- und Beschlussinhalt der nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 transparent gemacht, so dass der Fehler in jedem Fall nachträglich geheilt worden sei.
34 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die einschlägigen Behördenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.
36 
Auch wenn der Kläger zu 2 nicht Adressat des angefochtenen Ausübungsbescheides ist, ist er klagebefugt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Gemeinde ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich auch gegenüber dem Käufer als belastender Verwaltungsakt darstellt und gegen den sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann (st. Rspr. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 - BRS 39 Nr. 96, juris Rn. 3, vom 15.02.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris Rn. 5 und vom 30.11.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5).
37 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes fristgebunden. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, d.h. eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, u.a. Urteil vom 22.10.1993 - 6 C 119.92 - juris Rn.16 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, so dass innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB sämtliche für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen (vgl. Paetow in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 28 Rn. 10; Dolde, NJW 1984, 1713,1729; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.1997 - 8 A 12998/96 - juris Rn. 26 zum Vorkaufsrecht nach DSchPflG RP).
39 
2. Rechtsgrundlage des Bescheids der Beklagten vom 31.08.2011 ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu. Das Grundstück Flst.Nr. ..., das mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 vom Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 veräußert wurde, liegt unstreitig im Geltungsbereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, denn die Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrages ging bei der Beklagten am 04.07.2011 ein, so dass der angefochtene Bescheid vom 31.08.2011, der dem Kläger zu 1 am 02.09.2011 zugestellt wurde, die Frist wahrte.
40 
3. Der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist jedoch rechtswidrig, da er einen rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 29.08.2011 vollzieht. Dieser Beschluss verstieß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegen haben, kommt es daher nicht (mehr) an.
41 
a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer auszuüben. Da die Entscheidung hierüber eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung betrifft, ist eine Entscheidung des hierfür zuständigen Gemeindeorgans erforderlich. Dies ist hier der Gemeinderat. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO legt der Gemeinderat die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Hier ist unstreitig weder die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO eröffnet, noch hat eine Zuständigkeitsübertragung an den Bürgermeister der Beklagten stattgefunden.
42 
b) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nach Satz 2 der Vorschrift nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Diese Voraussetzungen lagen offenkundig nicht vor, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
43 
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er ist im demokratischen Rechtsstaat eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen; es soll so bereits der Anschein vermieden werden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17,118 und 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 15, Beschluss vom 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - juris Rn. 9). Der Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO geht daher über eine bloße Unterrichtung des Bürgers hinaus. Vielmehr dient er gerade dem Ziel einer gesetzmäßigen und sachgerechten Arbeit des Gemeinderats sowie der Verhinderung vermeidbarer Missdeutungen seiner Willensbildung und Beschlussfassung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1966 a.a.O.). Die Bürger sollen aufgrund der öffentlichen Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten auch einschätzen können, ob gegebenenfalls eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidungsfindung erforderlich wird (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 - 5 K 1969/12 - juris Rn. 49).
44 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet daher regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung und damit die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2010 a.a.O. m.w.N; vgl. auch für die Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei Satzungsbeschlüssen § 18 Abs. 5 GemO).
45 
Der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes dabei nicht nur, dass der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Sitzung gefasst wird, sondern dass über die Frage auch öffentlich beraten wird (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.06.1980 - III 503/79 - VBlBW 1980, 33, vom 16.06.1981 - 3 S 271/81 und vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; OLG Stuttgart, Urteil vom 11.11.2013 - 102 U 1/13 - juris Rn. 31). Denn das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit im Sinne der § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB den kommunalen Grundstückserwerb erfordert. Angesichts des städtebaulichen Einschätzungsspielraums, ob und in welcher Weise das jeweilige Grundstück für die kommunale Planung von Relevanz ist, kommt danach gerade bereits der öffentlichen Debatte im politischen Willensbildungsorgan eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird im Regelfall die der Beschlussfassung vorausgehende Beratung in ein- und derselben öffentlichen Sitzung des Gemeinderats erfolgen. Fallen im Einzelfall die beiden Schritte auseinander, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit für beide Einzelschritte.
46 
c) Diesen Anforderungen entsprach das Vorgehen der Beklagten nicht.
47 
aa) Der Gemeinderat der Beklagten hat hier zwar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 29.08.2011 den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gefasst. Die (eigentliche) Sachberatung- und diskussion hierüber erfolgte jedoch nicht in dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung, sondern in nichtöffentlicher Sitzung. Da in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die unter Verstoß gegen das Prinzip der Öffentlichkeit durchgeführte Beratung nicht offengelegt wurde, ist auch der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft.
48 
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfolgte in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 29.08.2011 keine Beratung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar fand unmittelbar vor der Beschlussfassung nach der Einführung durch den Bürgermeister eine kurze Aussprache statt, in der drei Gemeinderäte die einstimmige Zustimmung ihrer jeweiligen Fraktionen ankündigten. Allein der Umstand, dass insofern keine streitige Diskussion mit Rede und Gegenrede stattgefunden hat, begründet noch keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Denn auf eine Beratung kann im Einzelfall auch ganz verzichtet werden (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 GemO).
49 
Sowohl den Darlegungen des Bürgermeisters (Verweis auf eine Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe), als auch den Ausführungen der drei Gemeinderäte ist jedoch zu entnehmen, dass auf vorangegangene Beratungen Bezug genommen wurde. Hierdurch ist überhaupt erst offenbar geworden, dass ein Beratungsbedarf nur deshalb nicht mehr bestanden hat, da über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zuvor mehrfach beraten wurde. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, ein weiterer Beratungsbedarf habe sich in der öffentlichen Sitzung nicht ergeben, da unmittelbar vor diesem Tagesordnungspunkt das Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortgeschrieben und konkretisiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Bürgermeister selbst noch die drei Gemeinderäte, die sich hierzu geäußert haben, bei der Befassung des Themas „Vorkaufsrecht“ auf diesen vorangegangen Tagesordnungspunkt berufen haben. Vielmehr hat der Bürgermeister selbst auf eine Vorberatung vom 01.08.2011 Bezug genommen; auch Gemeinderat M. hat auf eine Vorberatung hingewiesen.
50 
bb) Die der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 vorangegangenen Beratungen über die Ausübung des Vorkaufsrechts haben sämtlich in nichtöffentlicher Sitzung stattgefunden.
51 
In der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 hat der Bürgermeister u.a. darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu erfolgen habe. Offenbar ging dieser davon aus, dass es unschädlich sei, hierüber in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten. Danach wurde ausführlich und kontrovers darüber diskutiert, ob für das Grundstück nach den bisher formulierten Sanierungszwecken überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, der Bürgermeister wurde teilweise wegen der gescheiterten Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger zu 1 kritisiert und es bestand insgesamt eine Unsicherheit, ob die rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen. In dieser nichtöffentlichen Sitzung fand danach - unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO - bereits die wesentliche Sachdiskussion und nicht lediglich eine bloße Vorbehandlung einer schwierigen Angelegenheit in einer nichtöffentlichen Sitzung statt, die dann in einer weiteren öffentlichen Sitzung erledigt wird (vgl. dazu Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 35 Rn. 12; vgl. auch zur Zulässigkeit der Vorberatung durch einen Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung: §§ 39 Abs. 5 Satz 2, 41 Abs. 3 GemO; vgl. zur Zulässigkeit der Klärung lediglich einer Einzelfrage im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2011 - 5 S 746/10 - juris Rn. 22). Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 5 Satz 2 GemO kommt entgegen der Ansicht des Beklagten-Vertreters nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Vorberatungen eines beschließenden Ausschusses des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung. Eine nichtöffentliche Vorberatung durch den Gemeinderat widerspricht dagegen bereits grundsätzlich der klaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - juris Rn. 26 ; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 35 Rn. 12), so dass eine solche stets unzulässig ist.
52 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 25.07.2011 umfassend nichtöffentlich beraten und damit gerade die eigentliche und entscheidende Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen, was Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO widerspricht (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - juris Rn. 39; Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur GemO, § 35 Rn. 12).
53 
Durch die Vorwegnahme der Sachdiskussion in der nichtöffentlichen Sitzung ist die der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen zukommende Legitimations-, Kontroll- und Beteiligungsfunktion erheblich beeinträchtigt worden. Hieran vermag auch der in der nachfolgenden nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 gefasste Beschluss, dass die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.07.2011 als gegenstandslos zu betrachten sei und die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden werde, nichts zu ändern. Diese nur „kassatorische“ Maßnahme war zur Verwirklichung des Zwecks des Öffentlichkeitsgebots nicht ausreichend. Denn die bloße förmliche Distanzierung von der vorherigen Beratung änderte jedenfalls nichts daran, dass den Gemeindebürgern der tatsächliche Willensbildungsprozess des Gemeinderats vollständig verborgen blieb. Sowohl die ursprünglichen Kritikpunkte an der Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die spätere Ausräumung dieser Bedenken und die damit verbundene Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen blieben den Gemeindebürgern gänzlich unbekannt. Damit war der Distanzierungsbeschluss nicht geeignet, eine Informationsgrundlage für die Bürger zu schaffen, die ihnen die Wahrnehmung der Kontrolle des Gemeinderats und die Willensbildung im Hinblick auf künftige Wahlen ermöglicht.
54 
Hinzu kommt, dass in der weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 der Gemeinderat, obwohl der Bürgermeister als auch der Beklagten-Vertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, dass in der Sitzung keine Sachdiskussion zur Vorkaufsrechtsausübung geführt werde, in der Sache dann doch konkret über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gesprochen wurde. Der Beklagten-Vertreter hat nach Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts, Fragen einzelner Gemeinderäte beantwortet, die nicht nur allgemeiner Natur waren, sondern die sich konkret auf das Grundstück ... Straße ... bezogen haben. So wurden etwa Fragen nach Chancen für ein Rechtsmittel des Käufers oder Erwerbers beantwortet; auch die Notwendigkeit der Konkretisierung der Sanierungsziele für die kleine Turnhalle wurde angesprochen. Es fand nicht lediglich eine Information über die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechtes statt, wie dies in dem Protokoll (S. 5) vermerkt wird. In Anknüpfung an die vorausgegangene nichtöffentliche Beratung vom 25.07.2011 wurden vielmehr Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, nun durch die rechtliche Beratung zerstreut. In dieser nichtöffentlichen Sitzung wurde zudem der einstimmige Beschluss gefasst, den Beklagtenvertreter mit der Begleitung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ zu beauftragen. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters stellt sich auch dieses Verhalten bereits als eine wesentliche Entscheidung des Gemeinderats dar, das Vorkaufsrechts auszuüben.
55 
Zwar können rechtswidrige Beschlüsse eines Gemeinderates in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung aufgehoben und erneut gefasst werden. Für rechtswidrig nichtöffentliche Beratungen kommt dies - etwa mittels eines Distanzierungsbeschluss - aufgrund der vorgenannten Erwägungen der Sache nach aber nicht in Betracht. Eine wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO rechtswidrige Beratung kann durch einen nachträglichen Beschluss des Gemeinderats daher auch nicht für „gegenstandslos“ erklärt werden.
56 
cc) Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet daher für solche „infizierten“ Beratungen, dass in der öffentlichen Sitzung, in der die Beschlussfassung erfolgen soll, der zugrunde liegende (eigentliche) Willensbildungsprozess des Gemeinderats aus den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen zumindest in seinen Grundzügen offen gelegt wird. Demnach hätte in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 die Öffentlichkeit zumindest über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion sowie über die rechtliche Argumentation in den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 informiert werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
57 
Einer solchen Information stehen – entgegen der Auffassung der Beklagten – grundsätzlich aber weder § 35 Abs. 2 GemO, wonach die Gemeinderäte zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet sind, bis sie der Bürgermeister von der Schweigepflicht entbindet, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gemeinderäte entgegen. Zwar ist anerkannt, dass die Gemeinderäte auch dann zur Verschwiegenheit bezüglich aller in nichtöffentlicher Sitzung bekanntgewordener Angelegenheiten nach § 35 Abs. 2 GemO verpflichtet sind, wenn sie der Auffassung sind, dass öffentlich hätte verhandelt werden müssen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Auflage, § 35 Rn. 17). Die Schweigepflicht der Gemeinderäte gilt jedoch nur so lange, bis der Bürgermeister sie aufhebt. Auf die Aufhebung der Schweigepflicht ist im Interesse der Schaffung klarer Verhältnisse besonderer Wert zu legen. Ihre Aufhebung ist aber auch konkludent möglich. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist daher als notwendiger Bestandteil der Information der Öffentlichkeit durch den Bürgermeister in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeinderats zu sehen. Mit der Information über den Inhalt einer Sitzung in Fällen, in denen die Öffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen wurde, macht der Bürgermeister zugleich deutlich, dass bezüglich dieser Angelegenheiten keine Verschwiegenheit mehr gewahrt werden muss. Dem steht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte nicht entgegen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte keine Auslegung des § 35 Abs. 2 GemO, die zur Unzulässigkeit einer Offenlegung der unberechtigterweise nichtöffentlich beratenen Gegenstände führt. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht kommt zwar im Rahmen des § 35 GemO ein gewichtiger Stellenwert zu (vgl. insofern auch § 48 Abs. 3 GO NRW). Dies bezieht sich jedoch maßgeblich auf die von den Beratungsgegenständen persönlich betroffenen Personen, zu deren Gunsten die Öffentlichkeit gegebenenfalls auszuschließen ist. Die Gemeinderäte, die im Rahmen der Sitzung als mandatierte Volksvertreter und nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen auftreten, sind regelmäßig nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Die Information über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion in unberechtigterweise nichtöffentlichen Sitzungen betrifft in aller Regel nicht die personenbezogenen Daten der Gemeinderäte. Auch im vorliegenden Fall wären bei einer Information durch den Bürgermeister jedenfalls keine personenbezogenen Daten der Gemeinderäte preisgegeben worden. Hiervon geht nunmehr auch die Beklagte aus, da sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 den Sach- und Diskussionsstand aus den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 offengelegt hat.
58 
4. Die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 führt auch zur Rechtswidrigkeit des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Dieser Bescheid stellt den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats dar, der nicht hätte ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - a.a.O).
59 
5. Der wegen Rechtswidrigkeit des Beschlusses bestehende Aufhebungsanspruch der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 46 LVwVfG ausgeschlossen.
60 
Nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zwar muss es sich bei den verletzten Verfahrensvorschriften nicht um solche des Verwaltungsverfahrensgesetzes handeln, auch entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen werden erfasst (für § 46 VwVfG:Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. ,§ 46 Rn. 30).
61 
Die Vorschrift über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen geht jedoch gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG der Vorschrift des § 46 LVwVfG vor. Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit handelt es sich bei dessen Beachtung um ein die Anwendung von § 46 LVwVfG ausschließendes absolutes Verfahrenserfordernis, das unabhängig von der Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung beachtet werden muss (vgl. zum Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden nach § 29 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 - BVerGE 105, 348 <353>). Die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO ist keine lediglich formale Ordnungsvorschrift, deren Adressat allein der Gemeinderat ist. Dies belegen gerade auch die Regelungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO, wonach die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Wirksamkeit einer Satzung stets entgegengehalten werden kann sowie des § 18 Abs. 6 GemO zur Rechtswidrigkeit von Gemeinderatsbeschlüssen unter Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Eine Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet bei einem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO danach von vornherein aus (a.A. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14 Rn. 153). Auf den Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 17.11.2014, der nach den Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gerade auch zeigen sollte, dass in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Kläger sind nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
63 
Gründe für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
64 
Beschluss
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf10.000,- EUR festgesetzt (entsprechend den Streitwertfestsetzungen im ersten Rechtszug).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
35 
Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.
36 
Auch wenn der Kläger zu 2 nicht Adressat des angefochtenen Ausübungsbescheides ist, ist er klagebefugt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch eine Gemeinde ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der sich auch gegenüber dem Käufer als belastender Verwaltungsakt darstellt und gegen den sich dieser mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann (st. Rspr. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 - BRS 39 Nr. 96, juris Rn. 3, vom 15.02.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris Rn. 5 und vom 30.11.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5).
37 
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 31.08.2011 über die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts Bodenseekreis vom 17.09.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes fristgebunden. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, d.h. eine vom materiellen Recht gesetzte Frist, deren Nichteinhaltung den Verlust einer materiell-rechtlichen Rechtsposition zur Folge hat. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte (BVerwG, u.a. Urteil vom 22.10.1993 - 6 C 119.92 - juris Rn.16 m.w.N.). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, so dass innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB sämtliche für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen (vgl. Paetow in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 28 Rn. 10; Dolde, NJW 1984, 1713,1729; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.1997 - 8 A 12998/96 - juris Rn. 26 zum Vorkaufsrecht nach DSchPflG RP).
39 
2. Rechtsgrundlage des Bescheids der Beklagten vom 31.08.2011 ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Danach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ein Vorkaufsrecht zu. Das Grundstück Flst.Nr. ..., das mit notariellem Kaufvertrag vom 30.06.2011 vom Kläger zu 1 an den Kläger zu 2 veräußert wurde, liegt unstreitig im Geltungsbereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „Östlicher Ortskern“ der Beklagten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer zu erfolgen. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt, denn die Mitteilung über den Abschluss des Kaufvertrages ging bei der Beklagten am 04.07.2011 ein, so dass der angefochtene Bescheid vom 31.08.2011, der dem Kläger zu 1 am 02.09.2011 zugestellt wurde, die Frist wahrte.
40 
3. Der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist jedoch rechtswidrig, da er einen rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 29.08.2011 vollzieht. Dieser Beschluss verstieß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Auf die Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegen haben, kommt es daher nicht (mehr) an.
41 
a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer auszuüben. Da die Entscheidung hierüber eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung betrifft, ist eine Entscheidung des hierfür zuständigen Gemeindeorgans erforderlich. Dies ist hier der Gemeinderat. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 GemO legt der Gemeinderat die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt. Hier ist unstreitig weder die Zuständigkeit des Bürgermeisters nach § 44 GemO eröffnet, noch hat eine Zuständigkeitsübertragung an den Bürgermeister der Beklagten stattgefunden.
42 
b) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich. Nichtöffentlich darf nach Satz 2 der Vorschrift nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Diese Voraussetzungen lagen offenkundig nicht vor, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
43 
Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen gehört zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen des Gemeinderechts. Er ist im demokratischen Rechtsstaat eines der wichtigsten Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Selbstverwaltung zu wecken und zu erhalten. Er hat die Funktion, dem Gemeindebürger Einblick in die Tätigkeit der Vertretungskörperschaften und ihrer einzelnen Mitglieder zu ermöglichen und dadurch eine auf eigener Kenntnis und Beurteilung beruhende Grundlage für eine sachgerechte Kritik sowie die Willensbildung zu schaffen, den Gemeinderat der allgemeinen Kontrolle der Öffentlichkeit zu unterziehen und dazu beizutragen, der unzulässigen Einwirkung persönlicher Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung des Gemeinderats vorzubeugen; es soll so bereits der Anschein vermieden werden, dass „hinter verschlossenen Türen“ unsachliche Motive für die Entscheidung maßgebend gewesen sein könnten (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 09.11.1966 - I 5/65 - ESVGH 17,118 und 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 15, Beschluss vom 25.02.2013 - 1 S 2155/12 - juris Rn. 9). Der Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO geht daher über eine bloße Unterrichtung des Bürgers hinaus. Vielmehr dient er gerade dem Ziel einer gesetzmäßigen und sachgerechten Arbeit des Gemeinderats sowie der Verhinderung vermeidbarer Missdeutungen seiner Willensbildung und Beschlussfassung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.1966 a.a.O.). Die Bürger sollen aufgrund der öffentlichen Beratung wichtiger Gemeindeangelegenheiten auch einschätzen können, ob gegebenenfalls eine unmittelbare Beteiligung der Bürgerschaft an der Entscheidungsfindung erforderlich wird (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2012 - 5 K 1969/12 - juris Rn. 49).
44 
Ein Verstoß gegen das Gebot der Öffentlichkeit der Gemeinderatssitzungen begründet daher regelmäßig eine schwerwiegende Verfahrensrechtsverletzung und damit die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2010 a.a.O. m.w.N; vgl. auch für die Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei Satzungsbeschlüssen § 18 Abs. 5 GemO).
45 
Der Öffentlichkeitsgrundsatz verlangt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes dabei nicht nur, dass der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Sitzung gefasst wird, sondern dass über die Frage auch öffentlich beraten wird (vgl. st. Rspr. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 18.06.1980 - III 503/79 - VBlBW 1980, 33, vom 16.06.1981 - 3 S 271/81 und vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - NVwZ 1991, 284; OLG Stuttgart, Urteil vom 11.11.2013 - 102 U 1/13 - juris Rn. 31). Denn das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit im Sinne der § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB den kommunalen Grundstückserwerb erfordert. Angesichts des städtebaulichen Einschätzungsspielraums, ob und in welcher Weise das jeweilige Grundstück für die kommunale Planung von Relevanz ist, kommt danach gerade bereits der öffentlichen Debatte im politischen Willensbildungsorgan eine besondere Bedeutung zu. Dabei wird im Regelfall die der Beschlussfassung vorausgehende Beratung in ein- und derselben öffentlichen Sitzung des Gemeinderats erfolgen. Fallen im Einzelfall die beiden Schritte auseinander, gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit für beide Einzelschritte.
46 
c) Diesen Anforderungen entsprach das Vorgehen der Beklagten nicht.
47 
aa) Der Gemeinderat der Beklagten hat hier zwar in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vom 29.08.2011 den Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gefasst. Die (eigentliche) Sachberatung- und diskussion hierüber erfolgte jedoch nicht in dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung, sondern in nichtöffentlicher Sitzung. Da in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats die unter Verstoß gegen das Prinzip der Öffentlichkeit durchgeführte Beratung nicht offengelegt wurde, ist auch der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts fehlerhaft.
48 
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts erfolgte in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vom 29.08.2011 keine Beratung über die Ausübung des Vorkaufsrechts. Zwar fand unmittelbar vor der Beschlussfassung nach der Einführung durch den Bürgermeister eine kurze Aussprache statt, in der drei Gemeinderäte die einstimmige Zustimmung ihrer jeweiligen Fraktionen ankündigten. Allein der Umstand, dass insofern keine streitige Diskussion mit Rede und Gegenrede stattgefunden hat, begründet noch keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO. Denn auf eine Beratung kann im Einzelfall auch ganz verzichtet werden (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 GemO).
49 
Sowohl den Darlegungen des Bürgermeisters (Verweis auf eine Vorberatung, die zusammen mit dem Beklagten-Vertreter bereits am 01.08.2011 stattgefunden habe), als auch den Ausführungen der drei Gemeinderäte ist jedoch zu entnehmen, dass auf vorangegangene Beratungen Bezug genommen wurde. Hierdurch ist überhaupt erst offenbar geworden, dass ein Beratungsbedarf nur deshalb nicht mehr bestanden hat, da über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zuvor mehrfach beraten wurde. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgeht, ein weiterer Beratungsbedarf habe sich in der öffentlichen Sitzung nicht ergeben, da unmittelbar vor diesem Tagesordnungspunkt das Entwicklungskonzept im Sanierungsgebiet „Östlicher Ortskern“ fortgeschrieben und konkretisiert worden sei, ist dem entgegenzuhalten, dass weder der Bürgermeister selbst noch die drei Gemeinderäte, die sich hierzu geäußert haben, bei der Befassung des Themas „Vorkaufsrecht“ auf diesen vorangegangen Tagesordnungspunkt berufen haben. Vielmehr hat der Bürgermeister selbst auf eine Vorberatung vom 01.08.2011 Bezug genommen; auch Gemeinderat M. hat auf eine Vorberatung hingewiesen.
50 
bb) Die der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 29.08.2011 vorangegangenen Beratungen über die Ausübung des Vorkaufsrechts haben sämtlich in nichtöffentlicher Sitzung stattgefunden.
51 
In der nichtöffentlichen Sitzung am 25.07.2011 hat der Bürgermeister u.a. darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in öffentlicher Gemeinderatssitzung zu erfolgen habe. Offenbar ging dieser davon aus, dass es unschädlich sei, hierüber in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten. Danach wurde ausführlich und kontrovers darüber diskutiert, ob für das Grundstück nach den bisher formulierten Sanierungszwecken überhaupt die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, der Bürgermeister wurde teilweise wegen der gescheiterten Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger zu 1 kritisiert und es bestand insgesamt eine Unsicherheit, ob die rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen. In dieser nichtöffentlichen Sitzung fand danach - unter Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO - bereits die wesentliche Sachdiskussion und nicht lediglich eine bloße Vorbehandlung einer schwierigen Angelegenheit in einer nichtöffentlichen Sitzung statt, die dann in einer weiteren öffentlichen Sitzung erledigt wird (vgl. dazu Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur Gemeindeordnung, § 35 Rn. 12; vgl. auch zur Zulässigkeit der Vorberatung durch einen Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung: §§ 39 Abs. 5 Satz 2, 41 Abs. 3 GemO; vgl. zur Zulässigkeit der Klärung lediglich einer Einzelfrage im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.03.2011 - 5 S 746/10 - juris Rn. 22). Eine analoge Anwendung des § 39 Abs. 5 Satz 2 GemO kommt entgegen der Ansicht des Beklagten-Vertreters nicht in Betracht. Die Vorschrift betrifft Vorberatungen eines beschließenden Ausschusses des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung. Eine nichtöffentliche Vorberatung durch den Gemeinderat widerspricht dagegen bereits grundsätzlich der klaren Regelung des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - juris Rn. 26 ; Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 35 Rn. 12), so dass eine solche stets unzulässig ist.
52 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 25.07.2011 umfassend nichtöffentlich beraten und damit gerade die eigentliche und entscheidende Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen, was Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO widerspricht (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2000 - 14 S 237/99 - juris Rn. 39; Kunze/Bronner/Katz, Kommentar zur GemO, § 35 Rn. 12).
53 
Durch die Vorwegnahme der Sachdiskussion in der nichtöffentlichen Sitzung ist die der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen zukommende Legitimations-, Kontroll- und Beteiligungsfunktion erheblich beeinträchtigt worden. Hieran vermag auch der in der nachfolgenden nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 gefasste Beschluss, dass die Beratung in der nichtöffentlichen Sitzung vom 25.07.2011 als gegenstandslos zu betrachten sei und die Beratung und die Beschlussfassung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erstmals in einer weiteren Gemeinderatssitzung stattfinden werde, nichts zu ändern. Diese nur „kassatorische“ Maßnahme war zur Verwirklichung des Zwecks des Öffentlichkeitsgebots nicht ausreichend. Denn die bloße förmliche Distanzierung von der vorherigen Beratung änderte jedenfalls nichts daran, dass den Gemeindebürgern der tatsächliche Willensbildungsprozess des Gemeinderats vollständig verborgen blieb. Sowohl die ursprünglichen Kritikpunkte an der Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die spätere Ausräumung dieser Bedenken und die damit verbundene Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen blieben den Gemeindebürgern gänzlich unbekannt. Damit war der Distanzierungsbeschluss nicht geeignet, eine Informationsgrundlage für die Bürger zu schaffen, die ihnen die Wahrnehmung der Kontrolle des Gemeinderats und die Willensbildung im Hinblick auf künftige Wahlen ermöglicht.
54 
Hinzu kommt, dass in der weiteren nichtöffentlichen Sitzung am 01.08.2011 der Gemeinderat, obwohl der Bürgermeister als auch der Beklagten-Vertreter ausdrücklich darauf hingewiesen hatten, dass in der Sitzung keine Sachdiskussion zur Vorkaufsrechtsausübung geführt werde, in der Sache dann doch konkret über die Ausübung des Vorkaufsrechtes gesprochen wurde. Der Beklagten-Vertreter hat nach Darlegung der allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen über die Ausübung eines Vorkaufsrechts, Fragen einzelner Gemeinderäte beantwortet, die nicht nur allgemeiner Natur waren, sondern die sich konkret auf das Grundstück ... Straße ... bezogen haben. So wurden etwa Fragen nach Chancen für ein Rechtsmittel des Käufers oder Erwerbers beantwortet; auch die Notwendigkeit der Konkretisierung der Sanierungsziele für die kleine Turnhalle wurde angesprochen. Es fand nicht lediglich eine Information über die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechtes statt, wie dies in dem Protokoll (S. 5) vermerkt wird. In Anknüpfung an die vorausgegangene nichtöffentliche Beratung vom 25.07.2011 wurden vielmehr Zweifel daran, dass die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes vorliegen, nun durch die rechtliche Beratung zerstreut. In dieser nichtöffentlichen Sitzung wurde zudem der einstimmige Beschluss gefasst, den Beklagtenvertreter mit der Begleitung „zur Ausübung des Vorkaufsrechts“ zu beauftragen. Aus der Sicht eines objektiven Beobachters stellt sich auch dieses Verhalten bereits als eine wesentliche Entscheidung des Gemeinderats dar, das Vorkaufsrechts auszuüben.
55 
Zwar können rechtswidrige Beschlüsse eines Gemeinderates in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung aufgehoben und erneut gefasst werden. Für rechtswidrig nichtöffentliche Beratungen kommt dies - etwa mittels eines Distanzierungsbeschluss - aufgrund der vorgenannten Erwägungen der Sache nach aber nicht in Betracht. Eine wegen Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO rechtswidrige Beratung kann durch einen nachträglichen Beschluss des Gemeinderats daher auch nicht für „gegenstandslos“ erklärt werden.
56 
cc) Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet daher für solche „infizierten“ Beratungen, dass in der öffentlichen Sitzung, in der die Beschlussfassung erfolgen soll, der zugrunde liegende (eigentliche) Willensbildungsprozess des Gemeinderats aus den vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzungen zumindest in seinen Grundzügen offen gelegt wird. Demnach hätte in der öffentlichen Sitzung am 29.08.2011 die Öffentlichkeit zumindest über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion sowie über die rechtliche Argumentation in den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und vom 01.08.2011 informiert werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
57 
Einer solchen Information stehen – entgegen der Auffassung der Beklagten – grundsätzlich aber weder § 35 Abs. 2 GemO, wonach die Gemeinderäte zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet sind, bis sie der Bürgermeister von der Schweigepflicht entbindet, noch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gemeinderäte entgegen. Zwar ist anerkannt, dass die Gemeinderäte auch dann zur Verschwiegenheit bezüglich aller in nichtöffentlicher Sitzung bekanntgewordener Angelegenheiten nach § 35 Abs. 2 GemO verpflichtet sind, wenn sie der Auffassung sind, dass öffentlich hätte verhandelt werden müssen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, 4. Auflage, § 35 Rn. 17). Die Schweigepflicht der Gemeinderäte gilt jedoch nur so lange, bis der Bürgermeister sie aufhebt. Auf die Aufhebung der Schweigepflicht ist im Interesse der Schaffung klarer Verhältnisse besonderer Wert zu legen. Ihre Aufhebung ist aber auch konkludent möglich. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist daher als notwendiger Bestandteil der Information der Öffentlichkeit durch den Bürgermeister in seiner Funktion als Vorsitzender des Gemeinderats zu sehen. Mit der Information über den Inhalt einer Sitzung in Fällen, in denen die Öffentlichkeit rechtswidrig ausgeschlossen wurde, macht der Bürgermeister zugleich deutlich, dass bezüglich dieser Angelegenheiten keine Verschwiegenheit mehr gewahrt werden muss. Dem steht auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte nicht entgegen. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten gebietet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Gemeinderäte keine Auslegung des § 35 Abs. 2 GemO, die zur Unzulässigkeit einer Offenlegung der unberechtigterweise nichtöffentlich beratenen Gegenstände führt. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht kommt zwar im Rahmen des § 35 GemO ein gewichtiger Stellenwert zu (vgl. insofern auch § 48 Abs. 3 GO NRW). Dies bezieht sich jedoch maßgeblich auf die von den Beratungsgegenständen persönlich betroffenen Personen, zu deren Gunsten die Öffentlichkeit gegebenenfalls auszuschließen ist. Die Gemeinderäte, die im Rahmen der Sitzung als mandatierte Volksvertreter und nicht in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen auftreten, sind regelmäßig nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Die Information über die wesentlichen Grundzüge der Sachdiskussion in unberechtigterweise nichtöffentlichen Sitzungen betrifft in aller Regel nicht die personenbezogenen Daten der Gemeinderäte. Auch im vorliegenden Fall wären bei einer Information durch den Bürgermeister jedenfalls keine personenbezogenen Daten der Gemeinderäte preisgegeben worden. Hiervon geht nunmehr auch die Beklagte aus, da sie in der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 17.11.2014 den Sach- und Diskussionsstand aus den nichtöffentlichen Sitzungen vom 25.07.2011 und 01.08.2011 offengelegt hat.
58 
4. Die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.08.2011 führt auch zur Rechtswidrigkeit des Ausübungsbescheides vom 31.08.2011. Dieser Bescheid stellt den Vollzug des Beschlusses des Gemeinderats dar, der nicht hätte ergehen dürfen, weil der Bürgermeister nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen darf (§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GemO; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.08.1990 - 3 S 132/90 - a.a.O).
59 
5. Der wegen Rechtswidrigkeit des Beschlusses bestehende Aufhebungsanspruch der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 46 LVwVfG ausgeschlossen.
60 
Nach § 46 LVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Zwar muss es sich bei den verletzten Verfahrensvorschriften nicht um solche des Verwaltungsverfahrensgesetzes handeln, auch entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen werden erfasst (für § 46 VwVfG:Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. ,§ 46 Rn. 30).
61 
Die Vorschrift über die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen geht jedoch gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG der Vorschrift des § 46 LVwVfG vor. Aufgrund der dargestellten Bedeutung des Prinzips der Öffentlichkeit handelt es sich bei dessen Beachtung um ein die Anwendung von § 46 LVwVfG ausschließendes absolutes Verfahrenserfordernis, das unabhängig von der Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Entscheidung beachtet werden muss (vgl. zum Beteiligungsrecht von Naturschutzverbänden nach § 29 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12.11.1997 - 11 A 49.96 - BVerGE 105, 348 <353>). Die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GemO ist keine lediglich formale Ordnungsvorschrift, deren Adressat allein der Gemeinderat ist. Dies belegen gerade auch die Regelungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO, wonach die Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Wirksamkeit einer Satzung stets entgegengehalten werden kann sowie des § 18 Abs. 6 GemO zur Rechtswidrigkeit von Gemeinderatsbeschlüssen unter Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Eine Anwendung des § 46 LVwVfG scheidet bei einem Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO danach von vornherein aus (a.A. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 14 Rn. 153). Auf den Gemeinderatsbeschluss der Beklagten vom 17.11.2014, der nach den Darlegungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gerade auch zeigen sollte, dass in der Sache keine andere Entscheidung getroffen worden wäre, braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Hinzuziehungen der Bevollmächtigten im Vorverfahren durch die Kläger sind nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.
63 
Gründe für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
64 
Beschluss
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf10.000,- EUR festgesetzt (entsprechend den Streitwertfestsetzungen im ersten Rechtszug).
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.