Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 26. Nov. 2015 - 4 Bf 29/14

bei uns veröffentlicht am26.11.2015

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 31. Januar 2014 geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.901,50 Euro zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 19. Dezember 2012 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Kosten der Jugendhilfe zu erstatten, die ihr in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2013 im Jugendhilfefall L… entstandenen sind.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens tragen die Klägerin zu 3/5 und die Beklagte zu 2/5.

Das Urteil ist wegen der Zahlungsverpflichtung sowie wegen der Kosten des Verfahrens vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der jeweilige Kostengläubiger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Kosten zu erstatten, die sie seit dem 1. Oktober 2008 für die Hilfe zur Erziehung im Fall eines Kindes aufgewendet hat und künftig aufwenden wird.

2

Die - nicht miteinander verheirateten - Eltern des … 2006 geborenen L… lebten zunächst in Wiesbaden. Die Vaterschaft war seinerzeit weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt. Die Kindesmutter hatte das alleinige Sorgerecht. Anfang September 2006 verzog sie mit dem Kind nach Hamburg. Da sie mit der Pflege und Erziehung des Kindes überfordert war, lebt das Kind seit dem 5. September 2006 bei seiner Großmutter in Siegen. Die Kindesmutter blieb in Hamburg, wo sie seither lebt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg - Familiengericht - vom 18. Juli 2007 wurde der Großmutter die elterliche Sorge für das Kind übertragen.

3

Die Beklagte bewilligte der Großmutter ab dem 23. August 2007 Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege nach §§ 33, 39 SGB VIII. Ab dem 1. Oktober 2008 übernahm die Klägerin die Zuständigkeit für den Hilfefall nach § 86 Abs. 6 SGB VIII.

4

Mit Beschluss vom 25. August 2008 stellte das Amtsgericht Siegen die Vaterschaft für das Kind fest. Der Beschluss wurde am 2. Oktober 2008 rechtskräftig. Der Vater lebte zu dieser Zeit in Wiesbaden-Klarenthal.

5

Nach umfänglichen Korrespondenzen erkannte die Beklagte ihre Kostenerstattungspflicht gegenüber der Klägerin bis einschließlich dem 1. Oktober 2008 an. In weiteren umfänglichen Korrespondenzen bleib zwischen den Beteiligten streitig, ob die Klägerin auch nach der rechtskräftig gewordenen Feststellung der Vaterschaft erstattungspflichtig war.

6

Am 19. Dezember 2012 hat die Klägerin Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht: Mit der rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft sei die örtliche Zuständigkeit neu zu bestimmen. Da die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besäßen, ergebe sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 9.12.2010, 5 C 17.09, und v. 15.11.2011, 5 C 25.10) die Zuständigkeit aus § 86 Abs. 5 SGB VIII. Sie sei danach bei der Beklagten verblieben.

7

Die Klägerin hat beantragt,

8

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die ihr im Jugendhilfefall L… vom 1. Oktober 2008 bis 31. Dezember 2008 entstandenen Kosten in Höhe von 1.901,50 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basissatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch die ab dem 1. Januar 2009 entstandenen Kosten der Jugendhilfe für L… zu erstatten.

9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Es sei unstreitig, dass sie ohne die nach § 86 Abs. 6 SGB VIII erfolgte Übernahme der Zuständigkeit durch die Klägerin bis zum 1. Oktober 2008 nach § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII zuständig gewesen wäre. Für allein den 1. Oktober 2009 scheide eine Erstattung der an diesem Tag entstandenen Kosten im Hinblick auf die Bagatellgrenze nach § 89f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII aus. Ab dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft am 2. Oktober 2008 richte sich die örtliche Zuständigkeit ohne die Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII nicht nach § 86 Abs. 5 SGB VIII, da es bei den Eltern nach Leistungsbeginn nicht zu einem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts gekommen sei. Vielmehr sei gemäß § 86 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 SGB VIII die Klägerin zuständig, da die Eltern schon vor Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besessen hätten, kein Elternteil personensorgeberechtigt sei und das Kind vor Leistungsbeginn bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe.

12

Das Verwaltungsgericht hat mit im schriftlichen Verfahren ergangenem Urteil vom 31. Januar 2014 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Für die am 1. Oktober 2008 angefallenen Kosten von 23,82 Euro könne die Klägerin einen Erstattungsanspruch nicht durchsetzen, da die Bagatellgrenze nicht überschritten werde. Ab dem 2. Oktober 2008 sei die Beklagte nicht zur Erstattung der Leistungen verpflichtet. Mit Eintritt der Rechtskraft des die Vaterschaft feststellenden Urteils habe die Zuständigkeit der Beklagten nach § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII geendet. Da beide Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte hätten, die Personensorge keinem Elternteil zustehe und das Kind während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt besessen habe, sei die Klägerin nach § 86 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 SGB VIII als örtlicher Träger zuständig. Denn das Kind habe zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der Großmutter in Siegen gehabt. § 86 Abs. 5 SGB VIII sei nicht einschlägig. Dessen Satz 1 regele nach dem eindeutigen Wortlaut den Fall, dass die Elternteile vor Beginn der Leistung einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt besessen und erst nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet hätten. Soweit das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 14.11.2013, 5 C 34.12) § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII immer dann für anwendbar halte, wenn die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besäßen, sei dies wenig überzeugend. Außerdem habe der Gesetzgeber mit seiner Änderung des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII klargestellt, dass sich Satz 2 auf sämtliche Tatbestände des Satzes 1 beziehe.

13

Das Urteil ist der Klägerin am 7. Februar 2014 zugestellt worden. Am 5. März 2014 hat sie die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und am 4. April 2014 im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beklagte sei zur Kostenerstattung verpflichtet, da sich ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII aus § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII der Fortbestand ihrer vorherigen Zuständigkeit ergebe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts komme es für die Anwendung des § 86 Abs. 5 SGB VIII gerade nicht darauf an, dass die Elternteile erst nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet hätten. Die Regelung sei vielmehr in allen Fällen anwendbar, in denen die Eltern nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besäßen.

14

Die Klägerin beantragt,

15

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 31. Januar 2014 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Der Sachverhalt sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Unstreitig sei auch, dass bis zur Rechtskraft des die Vaterschaft feststellenden Urteils sie, die Beklagte, ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewesen wäre. Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft führe dazu, dass die Zuständigkeit neu geklärt werden müsse. Erstmals sei von zwei Elternteilen auszugehen. Da diese nicht personensorgeberechtigt seien und schon zu Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besessen hätten, bestimme sich die Zuständigkeit nach § 86 Abs. 3 SGB VIII. Entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts sei § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII nicht anwendbar. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Regelung und seiner Systematik. Wenn die Elternteile nicht personensorgeberechtigt seien, dann könne auch das Ziel des Gesetzes, die Erziehungsfähigkeit der Eltern zu stärken, nicht mehr erreicht werden. Dem trage § 86 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII Rechnung, nach dem dann nur noch auf den Aufenthalt des Kindes bzw. der Pflegeperson abgestellt werde. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers. Mit seiner Änderung des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII habe er deutlich gemacht, wie er die Regelung verstanden wissen wolle. Da das Kind seit der Feststellung der Vaterschaft zwei Elternteile habe, die beide nicht personensorgeberechtigt seien und unterschiedliche gewöhnliche Aufenthalte hätten, ergebe sich die Zuständigkeit aus § 86 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 SGB VIII. Hiernach sei die Klägerin zuständig, da das Kind während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei seiner Großmutter gelebt habe. Dieses Ergebnis sei auch deshalb sachgerecht, weil Klägerin unmittelbar nach diesen Regelungen auch dann zuständig gewesen wäre, wenn die Vaterschaft des Kindes von Anfang an bekannt gewesen wäre. In diesem Fall wäre sie, die Beklagte, nie zuständig geworden.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakten der Klägerin und der Beklagten Bezug genommen. Die Akten haben dem Gericht bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

20

Das Berufungsgericht kann über die Berufung der Klägerin im schriftlichen Verfahren entscheiden, da die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

A

21

Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Leistungsklage und zum Teil auch die Feststellungsklage zu Unrecht abgewiesen. Im Übrigen ist die Feststellungsklage unbegründet. Insoweit hat das Verwaltungsgericht sie im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

22

Die Klage ist zulässig. Das gilt unproblematisch für die Leistungsklage, aber auch für die erhobene Feststellungsklage. Auch wenn in der vorliegenden Konstellation die Rechtsverfolgung durch eine Leistungsklage - gerichtet auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung bezifferter Aufwendungen - möglich ist (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO), bestehen gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage keine Bedenken, wenn - wie hier - öffentlich-rechtliche Körperschaften vor den Verwaltungsgerichten ihre Zuständigkeit bzw. ihre Pflicht zur Kostenerstattung (dem Grunde nach) klären lassen wollen (BVerwG, Urt. v. 22.2.2001, 5 C 34/00, BVerwGE 114, 61, juris Rn. 8.; Urt. v. 27.10.1970, VI C 8/69, BVerwGE 36, 181, juris Rn. 12; OVG Hamburg, Urt. v. 1.9.2005, 4 Bf 441/01).

23

Rechtsgrundlage für das Leistungsbegehren der Klägerin sowie für die Feststellung der darüber hinausgehenden Kostenerstattungspflicht der Beklagten ist § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Danach sind Kosten, die ein örtlicher Träger auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Diese Erstattungsregelung ist einschlägig. Die Klägerin hat zum 1. Oktober 2008 die Zuständigkeit für den Hilfefall nach § 86 Abs. 6 SGB VIII übernommen. Die Klägerin war hiernach zuständig geworden, weil das Kind seit September 2006 und damit seit mehr als zwei Jahren bei seiner in Siegen wohnhaften Großmutter lebte. Diese war Pflegeperson im Sinne des § 86 Abs. 6 SGB VIII, da sie ihren Enkel ab dem 5. September 2006 über Tag und Nacht in ihren Haushalt aufgenommen hatte (vgl. die Legaldefinition in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 1.9.2011, 5 C 20/10, BVerwGE 140, 305, juris Rn. 12 ff.). Der Verbleib des Kindes dort war auch auf Dauer zu erwarten (§ 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII).

24

Hiernach ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die geltend gemachten Kosten in Höhe von 1.901,50 Euro sowie die Kosten zu erstatten, die der Klägerin bis zum 31. Dezember 2013 für den Hilfefall entstanden sind (hierzu unter I.). Hinsichtlich der Kosten, die seit dem 1. Januar 2014 angefallen sind und noch anfallen werden, ist die Beklagte hingegen nicht erstattungspflichtig (hierzu unter II.).

I.

25

Die Klägerin hat gegen die Beklagte nach § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII einen Anspruch auf Erstattung von 1.901,50 Euro. Diese Kosten sind der Klägerin - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - in der Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008 für den Jugendhilfefall L… entstanden. Diese Kosten sind Teil der laufend über diesen Zeitraum hinaus anfallenden Leistungen der Jugendhilfe und überschreiten zudem für sich genommen die Bagatellgrenze des § 89f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII. Nach § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin auch über den genannten Zeitraum hinaus die Kosten zu erstatten, die ihr für diesen Jugendhilfefall bis zum 31. Dezember 2013 entstanden sind.

26

Bis zur Übernahme des Hilfefalls durch die Klägerin war die Beklagte für den Hilfefall nach § 86 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 SGB VIII zuständig, da die Vaterschaft weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt war und die Mutter des Kindes in Hamburg ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hiervon gehen auch die Beteiligten aus. Ohne den Zuständigkeitswechsel nach § 86 Abs. 6 SGB VIII wäre die Beklagte für den Hilfefall zuständig geblieben, sodass ihre Erstattungspflicht über den 1. Oktober 2008 hinaus fortbestand.

27

Die am 2. Oktober 2008 rechtskräftig gewordene gerichtliche Feststellung der Vaterschaft hat an der Zuständigkeit der Beklagten nichts geändert. Das ergibt sich aus Folgendem:

28

1. Die rechtskräftige Feststellung der Vaterschaft ist allerdings ein Umstand, der dazu führen kann, die Zuständigkeit neu zu bestimmen (BVerwG, Urt. v. 14.11.2013, 5 C 31/12, NVwZ-RR 2014, 390, juris Rn. 22).

29

Entgegen der Auffassung der Beteiligten ist im vorliegenden Fall nicht unmittelbar § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII anwendbar. Denn es geht hier nicht um die Frage, ob sich die tatsächliche Zuständigkeit für einen Hilfefall ändert. Vielmehr geht es um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen im Fall einer fortbestehenden Zuständigkeit des räumlich der Pflegestelle zugeordneten Trägers nach § 86 Abs. 6 SGB VIII die Erstattungspflicht auf einen anderen Träger übergeht. Das regelt § 89a Abs. 3 SGB VIII. Danach wird dann, wenn sich während der Gewährung der Leistung nach Absatz 1 der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt ändert, der örtliche Träger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig geworden wäre. Dieser Wechsel in der Kostenerstattungspflicht hängt also von der hypothetischen Zuständigkeit ab, die sich aus einem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts ergäbe.

30

Nach dem Wortlaut des § 89a Abs. 3 SGB VIII entfällt die hypothetische Zuständigkeit der Beklagten durch die Feststellung der Vaterschaft allerdings nicht. Geändert hat sich zum 2. Oktober 2008 nämlich nicht der gewöhnliche Aufenthalt der maßgeblichen Personen. Geändert hat sich der im Rahmen des § 86 Abs. 1 SGB VIII relevante Umstand, dass die Vaterschaft bislang nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt war, was zur Folge hatte, dass es deshalb nach § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen nicht auf die Eltern, sondern allein auf die Mutter ankam. Auch die Änderung dieses Umstands ist allerdings im Rahmen des § 89a Abs. 3 SGB VIII zu berücksichtigen. Die Norm ist über den Wortlaut hinaus auf alle Fälle anzuwenden, in denen sich Umstände ändern, die für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgeblich sind (vgl. u.a. VGH Mannheim, Urt. v. 31.5.2013, 12 S 2346/11, JAmt 2013, 475, juris Rn. 60; OVG Münster, Beschl. v. 20.9.2012, 12 A 1857/12, juris Rn. 3 ff.; Kunkel/Pattar in LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 89a Rn. 20; Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 89a Rn. 10; Stähr in Hauck/Noftz, SGB VIII, § 89a Rn. 8a; a.A., auf den Wortlaut abstellend: VG Magdeburg, Urt. v. 17.1.2012, 4 A 453/09, juris Rn. 29; VG Würzburg, Urt. v. 24.3.2005, W 6 K 05.173, juris Rn.13; offengelassen: BVerwG, Urt. v. 9.12.2010, 5 C 17/09, NVwZ-RR 2011, 203, juris Rn. 17 ff.).

31

Diese erweiternde Auslegung über den reinen Wortlaut der Norm hinaus ist durch den Zweck der Regelung geboten. Geht im Fall einer Dauerpflege die Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII auf den räumlich der Pflegestelle zugeordneten örtlichen Träger über, so erwirbt dieser einen Erstattungsanspruch gegen den bislang zuständigen Träger. Das dient dem Schutz der „Pflegeorte“, damit die Bereitschaft bestehen bleibt, Pflegestellen anzubieten. Dass der bisher zuständige örtliche Träger zur Erstattung der Kosten verpflichtet ist, trägt dem Umstand Rechnung, dass er durch den Wechsel der Zuständigkeit für den Hilfefall keinen Vorteil erlangen soll. Er soll im Ergebnis so gestellt werden, als wäre er weiterhin zuständig geblieben. Das verlangt zugleich aber auch, dass er durch den Wechsel der Zuständigkeit auf den der Pflegestelle zugeordneten örtlichen Träger keinen Nachteil erleidet (vgl. Kunkel/Pattar, a.a.O, Rn. 17; Wiesner, a.a.O., Rn. 10). Wäre die Zuständigkeit nicht nach § 86 Abs. 6 SGB VIII auf den örtlichen Träger am Ort der Pflegestelle übergegangen, so hätte er seine Zuständigkeit verloren, wenn sich die Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII geändert hätte und die Zuständigkeit für den Hilfefall „gewandert“ wäre. Diesen Vorteil hätte er nicht nur dann gehabt, wenn sich ein für die örtliche Zuständigkeit maßgeblicher gewöhnlicher Aufenthalt geändert hätte, sondern auch dann, wenn sich ein anderer zuständigkeitsrelevanter Umstand geändert hätte. Endete seine Erstattungspflicht hingegen nur dann, wenn - dem Wortlaut des § 89a Abs. 3 SGB VIII entsprechend - sich die (hypothetische) Zuständigkeit aufgrund eines Wechsels des gewöhnlichen Aufenthalts änderte, nicht jedoch dann, wenn sie sich beispielsweise aufgrund einer Änderung der Personensorge änderte, so wäre er dadurch benachteiligt, dass die tatsächliche Zuständigkeit auf den Träger des Pflegeortes übergegangen ist. Eine derartige Benachteiligung ließe sich nicht rechtfertigen und ist mit der gesetzlichen Regelung einer Kostenerstattungspflicht auch nicht beabsichtigt.

32

2. Durch die Feststellung der Vaterschaft hat sich die zuvor bestehende Zuständigkeit der Beklagten allerdings bis zum 31. Dezember 2013 nicht geändert.

33

Bis zu diesem Zeitpunkt wäre § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden alten Fassung anzuwenden gewesen. Nach dieser Norm bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen, solange die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam (Alt. 1) oder keinem Elternteil (Alt. 2) zusteht. Hier liegt ein Fall der 2. Alternative vor, denn die Personensorge stand keinem Elternteil zu. Für diese 2. Alternative des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII a.F. ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 14.11.2013, 5 C 34/12, BVerwGE 148, 242, juris Rn. 23 ff.), der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat (Beschl. v. 4.3.2015, 4 Bf 129/13), geklärt, dass sie trotz ihrer Stellung im Gesetz nicht am Begriff des „Begründens“ in § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII anknüpft und deshalb nicht voraussetzt, dass die Elternteile ihre verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalte erst nach Beginn der Leistung begründet haben. Die Vorschrift setzt auch nicht voraus, dass sich der gewöhnliche Aufenthalt eines Elternteils geändert hat. Vielmehr ist sie auch dann einschlägig, wenn sich ein anderer zuständigkeitsrelevanter Umstand geändert (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.10.2011, 5 C 25/10, BVerwGE 141, 77, juris Rn. 34, dort: Entzug des Sorgerechts). Vielmehr erfasst § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII a.F. alle Fälle, in denen die nichtsorgeberechtigten Eltern nach Leistungsbeginn unterschiedliche Aufenthalte besitzen (BVerwG, Urt. v. 14.11.2013, a.a.O., juris Rn. 23).. Das war hier nach der Feststellung der Vaterschaft der Fall, da es nunmehr erstmals zwei Elternteile mit unterschiedlichen gewöhnlichen Aufenthalten gab.

34

Dieses Ergebnis entspricht der Konzeption der gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen in § 86 SGB VIII. Diese Konzeption gründet auf dem Umstand, dass die individuellen Jugendhilfeleistungen darauf ausgerichtet sind, die Erziehungsfähigkeit der Elternteile zu stärken und ihre erzieherische Kompetenz zu fördern, um auf diese Weise eine eigenständige Wahrnehmung der elterlichen Erziehungsverantwortung zu ermöglichen. Dieser Situation Rechnung tragend verfolgen die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit das Ziel, eine effektive Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen, indem grundsätzlich an den gewöhnlichen Aufenthalt der Erziehungsverantwortlichen angeknüpft wird. Die räumliche Nähe zwischen dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe und den Eltern begünstigt es, die Aufgaben effektiv wahrzunehmen. Dieser räumlichen Nähe bedarf es hingegen nicht, wenn kein Elternteil das Sorgerecht hat. In Fällen, in denen - wie hier - die Erziehungsverantwortung infolge des Entzugs der elterlichen Sorge nicht mehr bei den Eltern liegt und sich das Kind auch nicht bei einem Elternteil aufhält, besteht keine Notwendigkeit, die örtliche Zuständigkeit weiterhin an den (künftigen) gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils zu binden und sie mit diesem „mitwandern“ zu lassen (BVerwG, Urt. v. 14.11.2013, a.a.O., juris Rn. 25).

35

So liegt es auch hier, sodass der vorliegende Fall keinen Anlass bietet, die Auslegung des Gesetzes infrage zu stellen. Zwar führt die Regelung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII a.F. im vorliegenden Fall dazu, dass die (hypothetische) örtliche Zuständigkeit bei dem örtlichen Träger verbleibt, der wegen des gewöhnlichen Aufenthalts der Mutter für den Hilfefall zuständig war, obwohl die Mutter nicht mehr über das Sorgerecht verfügt und es nicht darum gehen kann, ihre Erziehungsfähigkeit zu stärken. Allerdings gibt es auch keinen anderen örtlichen Träger, bei dem das in Betracht käme. Denn der Vater des Kindes besitzt ebenfalls kein Sorgerecht. Es macht deshalb fachlich keinen Sinn, die örtliche Zuständigkeit allein aufgrund der rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft „wandern“ lassen.

36

Diesem Verständnis der Norm steht schließlich nicht entgegen, dass durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Verwaltungsvereinfachung in der Kinder- und Jugendhilfe vom 29. August 2013 (BGBl. I S. 3464) in § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII nach dem Wort „Solange“ die Wörter „in diesen Fällen“ eingefügt worden sind und dass in der Gesetzesbegründung u.a. von einer Klarstellung die Rede ist (BR-Drs. 17/1351, S. 8). Allein der Umstand, dass der Gesetzgeber im Nachherein erklärt, er wolle seine frühere Regelung anders verstanden wissen, als sie in der Rechtsprechung verstanden wird, genügt nicht, um die Auslegung des früheren Rechts zu ändern. An den Gründen, die diese Auslegung tragen, hat sich nichts geändert. Vielmehr hat der Gesetzgeber hierauf reagiert und das Gesetz in einem - wie noch auszuführen sein wird - wesentlichen Punkt geändert, damit es auf dieser geänderten Grundlage anders ausgelegt werden kann.

37

3. Begründet ist die Klage schließlich auch wegen der Nebenforderung. Der geltend gemachte Anspruch auf Prozesszinsen für die mit der Zahlungsklage begehrte Kostenerstattung in Höhe von 1.901,50 Euro folgt aus der entsprechenden Anwendung der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

II.

38

Mit Wirkung vom 1. Januar 2014 hat sich die für die Erstattungspflicht nach § 89a Abs. 3 SGB VIII maßgebliche hypothetische Zuständigkeit geändert. Von diesem Tag an wäre die Klägerin auch ohne Anwendung des § 80 Abs. 6 SGB VIII zuständig geworden. Insoweit bleibt ihre Feststellungsklage deshalb ohne Erfolg.

39

Die bereits angesprochene Änderung des § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII ist am 1. Januar 2014 in Kraft getreten (Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 29.8.2013, BGBl. I S. 3464, 3466). Das Änderungsgesetz enthält keine Übergangsvorschriften in Bezug auf laufende Hilfefälle. Das führt dazu, dass die für die Erstattungspflicht wesentliche (hypothetische) örtliche Zuständigkeit erneut zu prüfen ist. Hiernach ergibt sich die örtliche Zuständigkeit nunmehr aus § 80 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 SGB VIII. Dabei ist § 80 Abs. 3 SGB VIII analog anzuwenden, da es für die Neubewertung der örtlichen Zuständigkeit eines Leistungsträgers in diesem Fall an einer gesetzlichen Regelung fehlt. Im Einzelnen:

40

1. Wie ausgeführt, sind in § 86 Abs. 5 Satz 2 nach dem Wort „Solange“ die Wörter „in diesen Fällen“ eingefügt worden. Aufgrund dieser Gesetzesänderung ist es nicht mehr möglich, § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII - ganz oder teilweise - unabhängig von dem vorstehenden Satz 1 zu betrachten. Vielmehr knüpft der gesamte Absatz 2 nunmehr sowohl vom Wortlaut als auch von der Binnensystematik der Norm her eindeutig an Satz 1 an und setzt damit für beide in Satz 2 geregelten Alternativen voraus, dass die Elternteile (erst) nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet haben.

41

2. Diese Gesetzesänderung hilft für die hier maßgebliche Frage, nämlich ob sich durch die rechtskräftige Feststellung der Vaterschaft die (hypothetische) örtliche Zuständigkeit ändert, unmittelbar nicht weiter. Dieser Umstand stellt nach dem Wortlaut der maßgeblichen Regelungen weder einen Fall § 86 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB VIII oder des § 86 Abs. 3 SGB VIII noch des § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII dar. Die dadurch auftretende Gesetzeslücke ist durch eine entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 3 SGB VIII zu schließen.

42

a) Die Zuständigkeit ergibt sich dann, wenn - wie hier - nach Leistungsbeginn die Vaterschaft gerichtlich festgestellt wird, die Eltern verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und kein Elternteil das Sorgerecht besitzt, nicht aus § 86 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB VIII.

43

Bei der Bewertung der Zuständigkeit ist vom Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft an nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern abzustellen. Es kommt nicht mehr - wie zuvor - auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Mutter an. Das ist nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII nur solange der Fall, wie die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist.

44

Auf dieser Grundlage liegt hier im Zeitpunkt der erforderlichen Neubestimmung der Zuständigkeit aufgrund der gesetzlichen Änderung zum 1. Januar 2014 kein Fall des § 86 Abs. 2 SGB VIII vor. Dessen Sätze 1 und 2 scheiden aus, weil kein Elternteil sorgeberechtigt ist. Damit liegen auch die Voraussetzungen der Sätze 3 und 4 nicht vor, da sie an Satz 2 anknüpfen und mithin voraussetzen, dass die Personensorge den Eltern gemeinsam zusteht.

45

b) Die (hypothetische) Zuständigkeit des örtlichen Trägers ergibt sich auch nicht unmittelbar aus § 86 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB VIII.

46

§ 86 Abs. 3 SGB VIII betrifft den Fall, dass die Personensorge keinem Elternteil zusteht und dass die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben. In diesem Fall ergibt sich die Zuständigkeit aus dem entsprechend anwendbaren § 86 Abs. 2 Satz 2 und 4 SGB VIII. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Zwar haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte. Voraussetzung ist es jedoch weiter, dass diese verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalte bereits vor oder bei Beginn der Leistung bestehen (BVerwG, Urt. v. 14.11.2013, 5 C 34/12, BVerwGE 148, 242, juris Rn. 20; vgl. auch Kunkel/Kepert in LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 86 Rn. 30). Das ergibt sich auch aus der Abgrenzung zu § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII, der ausdrücklich den Fall regelt, dass die Elternteile erst nach Hilfebeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen.

47

Bei Beginn der Leistung, hier also im August 2007, bestanden keine verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalte der Elternteile im Sinne dieser Regelung. Denn bei Leistungsbeginn gab es im Rechtssinne noch keinen Vater, auf dessen gewöhnlichen Aufenthalt hätte abgestellt werden können. Bis zur Anerkennung oder - wie hier - gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft gibt es im System des § 86 SGB VIII rechtlich keinen Vater. Das zeigt die Regelung des § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII, die den biologischen Vater ausblendet und nur auf die Mutter abstellt, „solange“ der Vater nicht anerkannt oder festgestellt worden ist. Erst mit der Anerkennung oder gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft tritt der Vater im Rechtssinne neu, also mit Wirkung ab jetzt für die Zukunft, hinzu (vgl. Kunkel/Kepert in LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 86 Rn. 20; Lange in Schlegel/Voelzke, JurisPK-SGB VIII, 1. aufl. 2004, § 86 Rn. 70). Das schließt es aus, zugleich einen Fall des § 86 Abs. 3 SGB VIII anzunehmen und auf den gewöhnlichen Aufenthalt abzustellen, den der - biologische - Vater vor Feststellung seiner Vaterschaft hatte (so aber Lange, a.a.O.).

48

c) Es liegt schließlich auch kein Fall des § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII vor. Diese Regelung setzt voraus, dass bei Beginn der Leistung (noch) ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt der Eltern innerhalb des Zuständigkeitsbereichs desselben Trägers bestand und dass erst nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet werden (BVerwG, Urt. v. 14.11.2013, 5 C 34/12, BVerwGE 148, 242, juris Rn. 18). Einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten die Elternteile vor Beginn der Leistung im Rechtssinne nicht, weil der Vater rechtlich erst nach Leistungsbeginn durch die Feststellung seiner Vaterschaft hinzugetreten ist.

49

3. Damit besteht eine gesetzliche Regelungslücke. Wie die Regelung des § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII zeigt, stellt das Gesetz ausdrücklich darauf ab, ob die Vaterschaft anerkannt bzw. gerichtlich festgestellt worden ist oder nicht. Da hiernach allein auf die Mutter abzustellen ist, „solange“ die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt worden ist, geht das Gesetz - wie ausgeführt - davon aus, dass die Anerkennung der Vaterschaft oder ihre gerichtliche Feststellung Auswirkungen auf die örtliche Zuständigkeit soll haben können. Dem werden die weiteren Regelungen jedoch nicht in vollem Umfang gerecht. Sie berücksichtigen nicht den Fall, dass die Vaterschaft erst nach Leistungsbeginn gerichtlich festgestellt wird und kein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt der Eltern besteht.

50

Diese Regelungslücke ist durch eine entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 3 SGB VIII zu schließen. Dies wird der heutigen Rechtslage am ehesten gerecht und es ist deshalb anzunehmen, dass der Gesetzgeber - hätte er die Regelungslücke erkannt - sie in diesem Sinne geschlossen hätte.

51

Sowohl § 86 Abs. 3 SGB VIII als auch § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII kommen vom jeweiligen Regelungsansatz dem vorliegenden Fall nahe und bieten sich deshalb für eine analoge Anwendung an. Beide Regelungen betreffen den Fall, dass die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und keinem Elternteil die Personensorge für das Kind zusteht. Nach dem Regelungskonzept liegt es näher, zur Analogiebildung den Absatz 3 heranzuziehen als den Absatz 5. Der vorliegende Fall entspricht von der Lebenswirklichkeit her eher dem Fall, den Absatz 3 vor Augen hat. Wie in Absatz 3 gibt es bei Leistungsbeginn keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern, während Absatz 5 gerade das voraussetzt, wenn er Regelungen für den Fall trifft, dass die Eltern nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen. Einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben die Eltern des Kindes jedoch schon seit längerer Zeit nicht besessen.

52

Für eine analoge Anwendung des § 86 Abs. 3 SGB VIII statt des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII spricht überdies der Zweck der letzten gesetzlichen Änderung. In der Begründung zur Änderung des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII (BT-Drs. 17/13531, S.8) wird maßgeblich auf den Grundsatz der dynamischen Zuständigkeit abgestellt. Dieser Grundsatz soll ausdrücklich gestärkt und eine Ausweitung der Regelung des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII verhindert werden. Diese Regelung, nach der die bisherige Zuständigkeit erhalten bleibt und damit „versteinert“ wird, soll ausdrücklich auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt werden. Dem liefe es zuwider, wenn diese Regelung im Wege einer Analogiebildung auf bislang von ihr nicht erfasste Fälle erstreckt würde. Zwar kann die Dynamik der Zuständigkeit dazu führen, dass eine Behörde zuständig wird, ohne dass dies fachlich begründbar ist, so z.B., wenn die Zuständigkeit mit dem maßgeblichen Elternteil „wandert“, obwohl dieser kein Sorgerecht hat und demzufolge der neu zuständig werdende örtliche Träger mit dem Hilfefall tatsächlich nicht berührt ist. Dies spricht jedoch nicht dagegen, auch im vorliegenden Fall eine dynamische Zuständigkeit anzunehmen. Denn derartige Ergebnisse hat der Gesetzgeber mit dem Vorrang des Prinzips der dynamischen Zuständigkeit im Ergebnis, wenn auch möglicherweise nicht bewusst, in Kauf genommen.

53

4. Wendet man § 80 Abs. 3 SGB VIII auf den vorliegenden Fall analog an, so ergibt sich, dass mit der gesetzlichen Feststellung der Vaterschaft ab dem 1. Januar 2014 die Klägerin für den Hilfefall auch dann zuständig geworden wäre, wenn kein Fall des § 86 Abs. 6 SGB VIII vorläge. Das ergibt sich aus § 86 Abs. 2 SGB VIII, dessen Sätze 2 und 4 entsprechend heranzuziehen sind. Hier ist § 86 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII einschlägig, da das Kind während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung, dem 23. August 2007, bei keinem Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Das Kind lebte bereits seit September 2006 bei seiner Großmutter, der später die elterliche Sorge übertragen wurde. In diesem Fall ist nach § 86 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Das war in Siegen, mithin im Zuständigkeitsbereich der Klägerin.

B

54

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO und nimmt im Übrigen die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts - soweit die Berufung zurückgewiesen wird - auf. Die Kostenquote entspricht dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen (insgesamt geht es um 200 Leistungsmonate bis zur Volljährigkeit des Kindes, von denen die Klägerin 124 und die Beklagte 76 zu übernehmen hat).

55

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

56

Die Revision wird nach § 132 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 26. Nov. 2015 - 4 Bf 29/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 26. Nov. 2015 - 4 Bf 29/14

Referenzen - Gesetze

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 26. Nov. 2015 - 4 Bf 29/14 zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 125


(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung. (2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 86 Örtliche Zuständigkeit für Leistungen an Kinder, Jugendliche und ihre Eltern


(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt ode

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 39 Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen


(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für di

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 33 Vollzeitpflege


Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kind

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 44 Erlaubnis zur Vollzeitpflege


(1) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will (Pflegeperson), bedarf der Erlaubnis. Einer Erlaubnis bedarf nicht, wer ein Kind oder einen Jugendlichen 1. im Rahmen von Hilfe zur Erziehung oder von Eingl

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 89a Kostenerstattung bei fortdauernder Vollzeitpflege


(1) Kosten, die ein örtlicher Träger auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 6 aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Die Kostenerstattungspflicht bleibt bestehen, wenn die Pfleg

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 89f Umfang der Kostenerstattung


(1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften dieses Buches entspricht. Dabei gelten die Grundsätze, die im Bereich des tätig gewordenen örtlichen Trägers zur Zeit des Tätigwerdens angewandt werden

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 85 Sachliche Zuständigkeit


(1) Für die Gewährung von Leistungen und die Erfüllung anderer Aufgaben nach diesem Buch ist der örtliche Träger sachlich zuständig, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist. (2) Der überörtliche Träger ist sachlich zuständig f

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 80 Jugendhilfeplanung


(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben im Rahmen ihrer Planungsverantwortung 1. den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen,2. den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und de

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 26. Nov. 2015 - 4 Bf 29/14 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 26. Nov. 2015 - 4 Bf 29/14 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 14. Nov. 2013 - 5 C 34/12

bei uns veröffentlicht am 14.11.2013

Tatbestand 1 Die beteiligten Landkreise streiten in ihrer Eigenschaft als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe um die Erstattung von Kosten, die der Kläger ab de

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 14. Nov. 2013 - 5 C 31/12

bei uns veröffentlicht am 14.11.2013

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger als überörtlicher Träger der Jugendhilfe die Rückerstattung der Kosten verlangen kann, die er der Beklagten

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 31. Mai 2013 - 12 S 2346/11

bei uns veröffentlicht am 31.05.2013

Tenor Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. Juli 2011 - 4 K 1014/09 - wirkungslos.Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Okt. 2011 - 5 C 25/10

bei uns veröffentlicht am 19.10.2011

Tatbestand 1 Der Kläger und der Beklagte sind Landkreise und örtliche Träger der Jugendhilfe. Als solcher begehrt der Kläger vom Beklagten die Erstattung von Kosten in H

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 01. Sept. 2011 - 5 C 20/10

bei uns veröffentlicht am 01.09.2011

Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass der Beklagte für den Jugendhilfefall F. nach § 86 Abs. 6 SGB VIII örtlich zuständig geworden ist.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 09. Dez. 2010 - 5 C 17/09

bei uns veröffentlicht am 09.12.2010

Tatbestand 1 Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten in Höhe von 25 387,40 €, die er vom 1. Dezember 2003 bis zum 30. September 2007 für die Vollz
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 26. Nov. 2015 - 4 Bf 29/14.

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 26. Sept. 2017 - 4 Bf 146/16

bei uns veröffentlicht am 26.09.2017

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 23. März 2016 insoweit geändert, als die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Teilbet

Referenzen

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften dieses Buches entspricht. Dabei gelten die Grundsätze, die im Bereich des tätig gewordenen örtlichen Trägers zur Zeit des Tätigwerdens angewandt werden.

(2) Kosten unter 1 000 Euro werden nur bei vorläufigen Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (§ 89b), bei fortdauernder oder vorläufiger Leistungsverpflichtung (§ 89c) und bei Gewährung von Jugendhilfe nach der Einreise (§ 89d) erstattet. Verzugszinsen können nicht verlangt werden.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 6 aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Die Kostenerstattungspflicht bleibt bestehen, wenn die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt ändert oder wenn die Leistung über die Volljährigkeit hinaus nach § 41 fortgesetzt wird.

(2) Hat oder hätte der nach Absatz 1 kostenerstattungspflichtig werdende örtliche Träger während der Gewährung einer Leistung selbst einen Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen oder den überörtlichen Träger, so bleibt oder wird abweichend von Absatz 1 dieser Träger dem nunmehr nach § 86 Absatz 6 zuständig gewordenen örtlichen Träger kostenerstattungspflichtig.

(3) Ändert sich während der Gewährung der Leistung nach Absatz 1 der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Absatz 1 bis 5 maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt, so wird der örtliche Träger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung des § 86 Absatz 6 örtlich zuständig geworden wäre.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will (Pflegeperson), bedarf der Erlaubnis. Einer Erlaubnis bedarf nicht, wer ein Kind oder einen Jugendlichen

1.
im Rahmen von Hilfe zur Erziehung oder von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche auf Grund einer Vermittlung durch das Jugendamt,
2.
als Vormund oder Pfleger im Rahmen seines Wirkungskreises,
3.
als Verwandter oder Verschwägerter bis zum dritten Grad,
4.
bis zur Dauer von acht Wochen,
5.
im Rahmen eines Schüler- oder Jugendaustausches,
6.
in Adoptionspflege (§ 1744 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
über Tag und Nacht aufnimmt.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist. § 72a Absatz 1 und 5 gilt entsprechend.

(3) Das Jugendamt soll den Erfordernissen des Einzelfalls entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiter bestehen. Ist das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle gefährdet und ist die Pflegeperson nicht bereit oder in der Lage, die Gefährdung abzuwenden, so ist die Erlaubnis zurückzunehmen oder zu widerrufen.

(4) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen in erlaubnispflichtige Familienpflege aufgenommen hat, hat das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen betreffen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass der Beklagte für den Jugendhilfefall F. nach § 86 Abs. 6 SGB VIII örtlich zuständig geworden ist.

2

Die 1998 geborene F. lebte bei ihrer allein personensorgeberechtigten Mutter, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Stadt D. hatte. Mitte Juli 2002 wurde der Mutter das Sorgerecht entzogen und das Jugendamt der Stadt D. als Vormund eingesetzt.

3

Am 20. September 2002 wurde F. in einer im Nachbarkreis des Beklagten gelegenen Einrichtung untergebracht. Am 1. Dezember 2002 wurde sie im Anschluss an den in dieser Einrichtung üblichen Aufenthalt im einrichtungseigenen Clearingzentrum von den Eheleuten H. in deren Haushalt aufgenommen. Die Eheleute H. wohnen im Gebiet des Beklagten. Herr H. ist bei der Einrichtung als pädagogische Fachkraft angestellt. Seine Frau ist Leiterin eines Kindergartens. Das Jugendamt der Stadt D. gewährte für die Unterbringung der F. auf der Grundlage des § 27 i.V.m. § 34 SGB VIII Hilfe zur Erziehung.

4

Nach dem Tod der Mutter Mitte August 2005 übernahm die Klägerin, in deren Gebiet der Vater der F. seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, den Hilfefall und zahlte ab dem 1. Mai 2006 die Unterbringungskosten.

5

Mitte Mai 2007 bat die Klägerin den Beklagten unter Hinweis auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute H. um Übernahme des Hilfefalles gemäß § 86 Abs. 6 SGB VIII. Die Eheleute H. seien Pflegepersonen im Sinne dieser Vorschrift. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster (vgl. Urteil vom 7. Juni 2005 - 12 A 2677/02 - JAmt 2006, 95) sei im Rahmen des § 86 Abs. 6 SGB VIII auf die Legaldefinition des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zurückzugreifen. Entscheidend für eine Pflegeperson in diesem Sinne sei, dass die gewährte Leistung auf eine dauerhafte Einbindung des Kindes oder Jugendlichen in eine andere (Pflege-)Familie und die damit typischerweise einhergehende Ausbildung besonderer persönlicher und familiärer Bindungen zwischen dem Kind oder Jugendlichen und den Pflegeeltern als den zentralen und längerfristig zur Verfügung stehenden Bezugspersonen abziele. Diese Voraussetzungen erfülle auch die konkret gewährte Hilfe zur Erziehung in Form der Unterbringung der F. im Haushalt der Eheleute H. Unerheblich sei, dass diese Unterbringung auf § 27 i.V.m. § 34 SGB VIII gestützt werde.

6

Der Beklagte lehnte die Übernahme des Hilfefalls ab. Pflegeperson im Sinne des § 86 Abs. 6 SGB VIII sei nur, wer der Sache nach Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege nach § 27 i.V.m. § 33 SGB VIII leiste. Dies täten die Eheleute H. nicht. Für die hier in Rede stehende institutionalisierte Unterbringung nach § 34 SGB VIII sehe das Gesetz einen Wechsel der örtlichen Zuständigkeit nicht vor.

7

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Definition des Begriffs der Pflegeperson im Sinne des § 86 Abs. 6 SGB VIII hat es sich der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz (vgl. Urteil vom 24. Oktober 2008 - 7 A 10444/08 - JAmt 2009, 92) angeschlossen. Danach sei der in § 86 Abs. 6 SGB VIII verwandte Begriff der Pflegeperson mit dem in § 44 SGB VIII legal definierten Begriff der Pflegeperson identisch. Da der Anwendungsbereich des § 44 SGB VIII seit der Neufassung dieser Vorschrift durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe - KICK - vom 8. September 2005 (BGBl I S. 2729) von denen des § 43 SGB VIII und des § 45 bzw. § 48a SGB VIII abzugrenzen sei, sei Pflegeperson im Sinne des § 44 SGB VIII und damit auch des § 86 Abs. 6 SGB VIII nur, wer der Sache nach Vollzeitpflege im Sinne des § 33 SGB VIII leiste. Eine solche liege in Abgrenzung von familienähnlich ausgestalteten Hilfeformen nach § 34 SGB VIII vor, wenn das Kind oder der Jugendliche vom Jugendamt an die betreuende Person selbst vermittelt worden sei, die deshalb umfassend allein persönlich verantwortlich sei. Ergänzend könne darauf abgestellt werden, dass die Bewilligung der Hilfe ihre Rechtsgrundlage in § 33 SGB VIII finde, für die Betreuung Leistungen nach § 39 SGB VIII, insbesondere in Form von Pauschalbeträgen, unmittelbar an die betreuende Person erbracht würden und der betreuenden Person für das betreute Kind oder den betreuten Jugendlichen eine Erlaubnis zur Vollzeitpflege nach § 44 SGB VIII erteilt worden sei. Ausgehend von diesen Kriterien sei hier keine Vollzeitpflege im Sinne des § 33 SGB VIII gegeben. Denn die Klägerin habe die Einrichtung und nicht unmittelbar die Eheleute H. mit der Betreuung der F. betraut. Sollten diese als Betreuungsfamilie ausfallen, müsste die Einrichtung eine anderweitige Betreuung der F. sicherstellen. Darüber hinaus werde die gewährte Hilfe auf § 27 i.V.m. § 34 SGB VIII als Rechtsgrundlage gestützt. Außerdem habe die Klägerin die Kosten für die Inanspruchnahme der Betreuungsfamilie direkt mit der Einrichtung entsprechend der geschlossenen Entgeltvereinbarung in Form von Tagessätzen - ebenso wie das Taschengeld - abgerechnet.

8

Mit ihrer Sprungrevision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie rügt eine Verletzung des § 86 Abs. 6 SGB VIII i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG.

9

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Feststellungsklage unter Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgewiesen. Es hat den Begriff der Pflegeperson im Sinne des § 86 Abs. 6 SGB VIII zu eng ausgelegt, soweit es angenommen hat, Pflegeperson im Sinne dieser Vorschrift sei nur, wer der Sache nach Vollzeitpflege im Sinne des § 33 SGB VIII leiste. Dieser Begriff wird vielmehr allein durch die Merkmale der Legaldefinition des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ausgefüllt (1.). Da die Eheleute H. die Kriterien dieser Vorschrift und die weiteren Voraussetzungen der Zuständigkeitsbestimmung des § 86 Abs. 6 SGB VIII erfüllen (2.) ist - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - festzustellen, dass der Beklagte für den Jugendhilfefall F. örtlich zuständig ist.

11

1. Nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII wird, abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn das Kind oder der Jugendliche zwei Jahre bei der Pflegeperson lebt und sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten ist. Der in § 86 Abs. 6 SGB VIII verwendete Begriff der Pflegeperson wird in § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gesetzlich definiert. Danach ist Pflegeperson, wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinen Haushalt aufnimmt. Diese gesetzliche Begriffsbestimmung ist so allgemein gehalten, dass sie - obgleich sie nicht im Allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuches Achtes Buch steht - grundsätzlich für den gesamten Anwendungsbereich des Kinder- und Jugendhilferechts Geltung beansprucht. Sie ist als solche auch von dem engeren systematischen Zusammenhang des § 44 SGB VIII gelöst, sodass sie wegen ihrer Stellung in der Vorschrift über die Erlaubnis zur Vollzeitpflege nicht auf solche Personen beschränkt ist, die der Sache nach Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege im Sinne des § 27 i.V.m. § 33 SGB VIII leisten (1.1). Eine derartige Einschränkung ergibt sich auch nicht aus der Verwendung des Begriffs im speziellen Regelungskontext der örtlichen Zuständigkeit (1.2).

12

1.1 Die Vorschrift des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII enthält eine leistungsunabhängige Begriffsbestimmung. Die Erläuterung des Begriffs der Pflegeperson ist nach Wortlaut und systematischer Stellung der Regelung über den Erlaubnisvorbehalt bei Vollzeitpflege vorangestellt. Die Qualifikation einer Person als Pflegeperson ist (notwendige) Voraussetzung für eine nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 Satz 2 erforderliche und unter den Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 SGB VIII zu versagende Erlaubnis. Sie ist nicht erst die Folge einer im Einzelfall für die Vollzeitpflege auf der Grundlage des § 44 SGB VIII erteilten Erlaubnis.

13

1.2 Zwar dürfte es sich bei der Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII in der Praxis um den Regelfall des § 86 Abs. 6 SGB VIII handeln, der auch dem Gesetzgeber als Leitbild gedient hat (vgl. z.B. Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen - Bundeskinderschutzgesetz - vom 15. April 2011, BTDrucks 17/6256 S. 28). Dafür spricht auch die an § 86 Abs. 6 SGB VIII anknüpfende Kostenerstattungsregelung des § 89a SGB VIII, die mit "Kostenerstattung bei fortdauernder Vollzeitpflege" überschrieben ist. Jedoch ist der Begriff der Pflegeperson im Anwendungsbereich des § 86 Abs. 6 SGB VIII deshalb nicht zwangsläufig auf solche Personen begrenzt. Die Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege nach § 27 i.V.m. § 33 SGB VIII ist in § 86 Abs. 6 SGB VIII nicht erwähnt. Auch Systematik sowie Gesetzeszweck enthalten keinen Anhaltspunkt, dass der Begriff der Pflegeperson in § 86 Abs. 6 SGB VIII an die Gewährung dieser speziellen Leistung gebunden ist. Vielmehr entspricht es, auch angesichts der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 86 Abs. 6 SGB VIII, dem gesetzgeberischen Anliegen, für den Begriff der Pflegeperson allein auf die Merkmale der Legaldefinition des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII abzustellen.

14

Nach dem Regelungskonzept des § 86 SGB VIII ist der Zuständigkeitswechsel nach § 86 Abs. 6 SGB VIII als Folge der Begründung eines neuen familiär oder familienähnlich strukturierten Pflegeverhältnisses veranlasst. Die Vorschrift des § 86 SGB VIII orientiert sich am Wohl des Kindes oder Jugendlichen (vgl. § 1 Abs. 1 und 3 SGB VIII) als Ausgangspunkt und Ziel jeder Jugendhilfemaßnahme und soll eine effektive Aufgabenwahrnehmung sicherstellen (Urteil vom 30. September 2009 - BVerwG 5 C 18.08 - BVerwGE 135, 58 = Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 9 jeweils Rn. 23). Zu diesem Zweck knüpft sie die örtliche Zuständigkeit losgelöst von der konkreten Leistung an eine räumliche Nähe zu dem Ort, an dem das Kind oder der Jugendliche (primär) seinen Lebensmittelpunkt hat. Sie ist mithin eine rein aufenthaltsbezogene Bestimmung. Dabei berücksichtigt sie, dass ein Kind oder Jugendlicher aus rechtlicher und pädagogischer Sicht im Zusammenhang mit den Personen zu sehen ist, die für es oder ihn die Erziehungsverantwortung innehaben (vgl. Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, Vor § 86 Rn. 7). Dementsprechend bindet § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich an den gewöhnlichen Aufenthalt(sort) der Eltern bzw. des maßgeblichen Elternteils (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG), weil diese bzw. dieser im Regelfall auch die Nähe zur Lebenswelt des Kindes oder Jugendlichen vermitteln bzw. vermittelt. § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII durchbricht diese Regel in den Fällen, in denen ein Kind oder Jugendlicher auf Dauer in eine andere Familie eingebunden ist (vgl. BTDrucks 11/5948 S. 104). Lebt ein Kind oder Jugendlicher längere Zeit mit anderen Personen in einer familienähnlich strukturierten Gemeinschaft zusammen, verschiebt sich gewöhnlich dessen Lebensmittelpunkt. Das Kind oder der Jugendliche bildet typischerweise (auch) zu den dort als zentrale und langfristig zur Verfügung stehenden Bezugspersonen persönliche und familiäre Bindungen aus. In Anerkennung dieser allgemeinen psychosozialen Realität will § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII die örtliche Zuständigkeit - abweichend von § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII - an den gewöhnlichen Aufenthalt dieser Bezugspersonen binden. Dadurch wird die im Interesse des Kindes oder Jugendlichen liegende enge und kontinuierliche Zusammenarbeit des Jugendamtes mit der Person oder den Personen ermöglicht und begünstigt, die faktisch die Funktion der Eltern wahrnimmt oder wahrnehmen.

15

Für den erforderlichen familiären oder familienähnlichen Charakter ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass das Kind oder der Jugendliche gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII über Tag und Nacht in den Haushalt der Pflegeperson aufgenommen wird. Denn eine derartige Aufnahme ist ihrer Art nach typischerweise auf die Begründung familiärer oder familienähnlicher Beziehungen angelegt. Haushalt im Sinne dieser Vorschrift ist der private Haushalt der Pflegeperson. Die Pflegeperson muss also den Haushalt eigenverantwortlich führen. Eine Haushaltsaufnahme über Tag und Nacht ist gegeben, wenn das Kind oder der Jugendliche dort sein Zuhause hat. Das Kind oder der Jugendliche muss sich grundsätzlich durchgängig und nicht nur zeitweise im Haushalt der Pflegeperson aufhalten. Eine zeitweilige auswärtige Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen von vorübergehender Dauer (z.B. zur Schul- oder Berufsausbildung) ist dabei unschädlich, sofern es oder er im Rahmen der Möglichkeiten regelmäßig in den Haushalt der Pflegeperson zurückkehrt.

16

Die darüber hinaus geforderte Beständigkeit der Beziehung wird hingegen allein aus einem zweijährigen Aufenthalt bei der Pflegeperson und der positiven Prognose zum weiteren Verbleib bei dieser Person hergeleitet. Dem liegt die Erfahrung zugrunde, dass sich persönliche und emotionale Bindungen mit der Dauer des Zusammenlebens verfestigen. Für die Bestimmung der Zuständigkeit nicht erforderlich ist hingegen die Feststellung, dass eine derartige Verfestigung im konkreten Pflegeverhältnis tatsächlich eingetreten ist und sich eine der Eltern-Kind-Beziehung vergleichbare Bindung entwickelt hat. Denn die Bewertung der tatsächlichen Qualität von Bindungen in einem konkreten Pflegeverhältnis hängt im Wesentlichen von inneren Tatsachen ab und kann mit beträchtlichen Unsicherheiten belastet sein. Dies steht dem Bedürfnis nach Zuständigkeits- und Rechtssicherheit entgegen. Der Träger der örtlichen Jugendhilfe, der gegenwärtig zur Gewährung der Jugendhilfeleistung berechtigt und verpflichtet ist und dem damit die Verantwortung für die Gewährung einer einzelnen Jugendhilfemaßnahme zukommt, muss sich ohne intensivere Nachforschungen und Entscheidungen klar und eindeutig bestimmen lassen (vgl. BTDrucks 11/5948 S. 104).

17

Für eine von den Voraussetzungen der Vollzeitpflege im Sinne des § 33 SGB VIII unabhängige Begriffsbestimmung spricht zudem, dass die Zweijahresfrist des § 86 Abs. 6 SGB VIII üblicherweise auch bei solchen Zeiten angerechnet wird, in denen das Kind oder der Jugendliche bei einer Pflegeperson lebt, ohne dass eine Leistung der Jugendhilfe im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VIII erbracht wird (vgl. z.B. Wiesner a.a.O. § 86 Rn. 35 f.; Reisch, in: Jans/Happe/Saurbier/Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, Stand Januar 2010, KJHG Art. 1 Erl. § 86 Rn. 74; Krug, in: Krug/Riehle, SGB VIII, Stand Dezember 2008, § 86 S. 19; W. Schellhorn, in: Schellhorn/Fischer/Mann, SGB VIII/KJHG, 3. Aufl. 2007, § 86 Rn. 49; Kunkel, in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 86 Rn. 49; Grube, in: Hauck, SGB VIII, Stand November 2004, K § 86 Rn. 29; VG Darmstadt, Urteil vom 25. September 2001 - 6 E 1879/00 (4) - ZfJ 2002, 360; VG Freiburg, Beschluss vom 24. Juli 2001 - 8 K 1273/00 - JAmt 2001, 600).

18

2. In Anwendung der vorstehenden Begriffsbestimmung sind die Eheleute H. Pflegepersonen im Sinne des § 86 Abs. 6 SGB VIII. Sie haben die F. - was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - über Tag und Nacht in ihren Haushalt aufgenommen. Auch die weiteren Voraussetzungen dieser Zuständigkeitsregelung sind - was unter den Beteiligten ebenfalls nicht im Streit steht - erfüllt. Nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) lebt die Hilfeempfängerin seit dem 1. Dezember 2002 und damit mehr als zwei Jahre bei den im Bereich des Beklagten wohnenden Eheleuten H. und wird auch voraussichtlich bei diesen bis zu ihrer Verselbständigung verbleiben.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 6 aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Die Kostenerstattungspflicht bleibt bestehen, wenn die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt ändert oder wenn die Leistung über die Volljährigkeit hinaus nach § 41 fortgesetzt wird.

(2) Hat oder hätte der nach Absatz 1 kostenerstattungspflichtig werdende örtliche Träger während der Gewährung einer Leistung selbst einen Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen oder den überörtlichen Träger, so bleibt oder wird abweichend von Absatz 1 dieser Träger dem nunmehr nach § 86 Absatz 6 zuständig gewordenen örtlichen Träger kostenerstattungspflichtig.

(3) Ändert sich während der Gewährung der Leistung nach Absatz 1 der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Absatz 1 bis 5 maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt, so wird der örtliche Träger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung des § 86 Absatz 6 örtlich zuständig geworden wäre.

(1) Die aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften dieses Buches entspricht. Dabei gelten die Grundsätze, die im Bereich des tätig gewordenen örtlichen Trägers zur Zeit des Tätigwerdens angewandt werden.

(2) Kosten unter 1 000 Euro werden nur bei vorläufigen Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (§ 89b), bei fortdauernder oder vorläufiger Leistungsverpflichtung (§ 89c) und bei Gewährung von Jugendhilfe nach der Einreise (§ 89d) erstattet. Verzugszinsen können nicht verlangt werden.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 6 aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Die Kostenerstattungspflicht bleibt bestehen, wenn die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt ändert oder wenn die Leistung über die Volljährigkeit hinaus nach § 41 fortgesetzt wird.

(2) Hat oder hätte der nach Absatz 1 kostenerstattungspflichtig werdende örtliche Träger während der Gewährung einer Leistung selbst einen Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen oder den überörtlichen Träger, so bleibt oder wird abweichend von Absatz 1 dieser Träger dem nunmehr nach § 86 Absatz 6 zuständig gewordenen örtlichen Träger kostenerstattungspflichtig.

(3) Ändert sich während der Gewährung der Leistung nach Absatz 1 der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Absatz 1 bis 5 maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt, so wird der örtliche Träger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung des § 86 Absatz 6 örtlich zuständig geworden wäre.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger als überörtlicher Träger der Jugendhilfe die Rückerstattung der Kosten verlangen kann, die er der Beklagten als örtlicher Trägerin der Jugendhilfe im Fall des Kindes M. für die Zeit vom 18. Juni 2004 bis 15. Juni 2005 und vom 25. Juni 2007 bis 28. November 2007 erstattet hat.

2

M. wurde am 31. Juli 1996 in einem Krankenhaus im Bereich der beklagten Stadt geboren. Ihre zu diesem Zeitpunkt noch minderjährige drogenabhängige Mutter hatte ihren Wohnsitz ebenfalls im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Das Kind wurde nach der Geburt zunächst im Krankenhaus weiterbehandelt. Ab dem 16. September 1996 brachte es die Beklagte in einem Kinderheim unter und leistete hierfür Hilfe zur Erziehung. Ab dem 11. Dezember 1996 kam Michelle zu einer in K. lebenden Pflegefamilie.

3

Das Amtsgericht entzog der Mutter mit Beschluss vom 21. März 1997 das Personensorgerecht. Der Vater des Kindes, der ebenfalls drogenabhängig war und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in K. hatte, erkannte am 27. März 1997 die Vaterschaft an. Am 2. April 1997 heirateten die Eltern des Kindes. Mit Beschluss vom 4. April 1997 erweiterte das Amtsgericht die Entziehung des Personensorgerechts auf den Vater. Die Pflegefamilie, die das Kind aufgenommen hatte, verzog am 1. Juni 1997 nach M. Am 14. September 2000 kehrte sie nach K. zurück.

4

Die Mutter des Kindes lebte ab 2. November 1998 im H.er Raum. Vom 31. Juli 1999 bis zu ihrem Tod am 18. November 2005 war ihr Aufenthalt unbekannt. Der Vater des Kindes befand sich von Februar 1998 bis April 1999 und erneut von April 2000 bis Februar 2002 in Haft in der Justizvollzugsanstalt S. Zwischenzeitlich, von April 1999 bis April 2000, lebte er wieder in K. Ab Februar 2002 hielt er sich in C. sowie in einer Drogeneinrichtung in A. auf. Von Januar bis Juni 2004 war er erneut in K. gemeldet. In dem Zeitraum vom 18. Juni 2004 bis zum 15. Juni 2005 war sein Aufenthalt unbekannt. Anschließend hatte er eine Meldeadresse in K. Im Zeitraum vom 25. Juni 2007 bis zum 28. November 2007 ließ sich sein Aufenthalt erneut nicht feststellen. Danach hielt er sich wieder in K. auf.

5

Für die Leistungszeiträume, in denen der Aufenthalt beider Eltern bzw. nach dem Tod der Mutter der des Vaters unbekannt war, erkannte der Kläger die Kostenerstattungspflicht nach § 89 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) an. Dementsprechend erstattete er der Beklagten für die Zeiträume vom 18. Juni 2004 bis zum 15. Juni 2005 und vom 25. Juni 2007 bis zum 28. November 2007 insgesamt 13 297,61 €.

6

Später zog der Kläger die Kostenanerkenntnisse zurück und begehrte Rückerstattung. Die Beklagte verweigerte diese mit der Begründung, ihr habe für die strittigen Zeiträume ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger aus § 89a Abs. 2 SGB VIII zugestanden.

7

Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben und die Beklagte verurteilt, den streitigen Betrag an den Kläger zurückzuzahlen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Rückerstattung wegen zu Unrecht erstatteter Leistungen. Denn der Beklagten habe weder nach § 89 SGB VIII noch nach § 89a Abs. 2 SGB VIII ein Kostenerstattungsanspruch zugestanden. Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten habe sich ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII unter anderem aus § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 SGB VIII ergeben. Danach sei auf den (gewöhnlichen oder tatsächlichen) Aufenthalt abzustellen, den das Kind oder der Jugendliche bei Eintritt eines der in Absatz 4 erfassten Sachverhalte gehabt habe. Die von § 86 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII angeordnete entsprechende Anwendung des Absatzes 4 führe zu einer Verschiebung der tatbestandlichen Merkmale auf die zeitliche Ebene des Absatzes 5 mit der Folge, dass sich der örtlich zuständige Träger in allen Fällen, in denen die Eltern ihren bzw. der zuvor maßgebliche Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland aufgegeben hätten, dieser nicht feststellbar sei oder sie verstorben seien, anhand des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes im Zeitpunkt dieser Veränderung bestimme.

8

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 89a Abs. 2 SGB VIII sowie des § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 SGB VIII.

9

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil steht zwar insoweit mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) nicht in Einklang, als das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass nach § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Achtes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachungen vom 8. Dezember 1998 (BGBl I S. 3546) bzw. vom 14. Dezember 2006 (BGBl I S. 3134) - SGB VIII - die örtliche Zuständigkeit nach dem (gewöhnlichen oder tatsächlichen) Aufenthalt zu bestimmen ist, den das Kind oder der Jugendliche bei Eintritt eines der in Absatz 4 erfassten Sachverhalte gehabt hat. Die Entscheidung stellt sich indes im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO im Ergebnis als richtig dar.

11

Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückerstattung des im Streit stehenden Betrages zusteht. Die Voraussetzungen des Rückerstattungsanspruchs nach § 112 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130) - SGB X - als der allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage liegen vor. Nach dieser Vorschrift sind die gezahlten Beträge zurückzuerstatten, soweit eine Erstattung zu Unrecht erfolgt ist. Dies ist hier der Fall.

12

Der Beklagten stand kein Erstattungsanspruch gegen den Kläger zu. Ein Anspruch auf Kostenerstattung ergab sich weder aus § 89 SGB VIII (1.) noch aus einer unmittelbaren Anwendung des § 89a Abs. 2 i.V.m. § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (2.). Eine entsprechende Anwendung des § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (i.V.m. § 89a Abs. 2 SGB VIII) auf Fälle der Trägeridentität kommt nicht in Betracht (3.). Die Voraussetzungen eines Anspruchs analog § 89a Abs. 2 i.V.m. § 89a Abs. 3 SGB VIII lagen nicht vor (4.). Schließlich schied als Anspruchsgrundlage eine analoge Anwendung sowohl des § 89a Abs. 2 SGB VIII als auch des § 89a Abs. 3 SGB VIII aus (5.).

13

1. Nach § 89 SGB VIII steht dem örtlichen Träger der Jugendhilfe gegen den überörtlichen Träger, zu dessen Bereich er gehört, ein Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten Kosten zu, wenn für seine Zuständigkeit nach den §§ 86, 86a oder 86b SGB VIII der tatsächliche Aufenthalt maßgeblich ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht zugunsten der Beklagten erfüllt gewesen. Denn die örtliche Zuständigkeit bestimmte sich in den beiden entscheidungserheblichen Zeiträumen (vom 18. Juni 2004 bis zum 15. Juni 2005 und vom 25. Juni 2007 bis zum 28. November 2007) nach der Sonderregelung des § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII, für die nicht der tatsächliche Aufenthalt maßgeblich ist, sondern die auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Pflegeperson abstellt.

14

Nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn das Kind oder der Jugendliche zwei Jahre bei der Pflegeperson lebt und sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten ist. Die Vorinstanzen wie auch die Beteiligten gehen zu Recht übereinstimmend davon aus, dass die Beklagte seit dem 14. September 2000 nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII örtlich zuständig war. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist das Kind M. bereits seit 11. Dezember 1996 in der Pflegefamilie betreut worden, wo es seither geblieben ist. Weil die Eltern beide im Drogenmilieu lebten und eine Betreuung des Kindes durch diese von Anfang an nicht zu erwarten war, ging das Jugendamt der Beklagten davon aus, dass M.s Aufenthalt in der Pflegefamilie langfristig angelegt war. Da das Kind bereits am 11. Dezember 1998 zwei Jahre bei der Pflegefamilie lebte und weiter verbleiben sollte, richtete sich die örtliche Zuständigkeit seither nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Pflegeperson (§ 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII). Die Pflegefamilie war am 1. Juni 1997 von K. nach M. gezogen, so dass die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers in M. gemäß § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII ab 11. Dezember 1998 begründet war. Da die Pflegefamilie ab dem 14. September 2000 wieder in K. wohnte, war die Beklagte seither - und damit auch für die streitigen Zeiträume von 2004 bis 2005 sowie von Juni bis November 2007 - nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII örtlich zuständig.

15

2. Das Oberverwaltungsgericht hat weiter zutreffend entschieden, dass der Beklagten kein Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger in unmittelbarer Anwendung des § 89a Abs. 2 i.V.m. § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zugestanden hat.

16

§ 89a Abs. 2 SGB VIII räumt dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen örtlichen Träger der Jugendhilfe einen (Durchgriffs-)Anspruch u.a. gegen den überörtlichen Träger ein, wenn ein nach § 89a Abs. 1 SGB VIII kostenerstattungspflichtig werdender örtlicher Träger vorhanden ist und dieser Träger während der Gewährung einer Leistung selbst einen Kostenerstattungsanspruch gegen den überörtlichen Träger hat oder hätte. Hier fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung. Der nach § 89a Abs. 1 SGB VIII kostenerstattungspflichtig werdende örtliche Träger muss - entgegen der Auffassung der Beklagten - ein anderer Leistungsträger (vgl. § 12 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung vom 4. November 1982 - SGB I -) sein als der nunmehr nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordene örtliche Träger (a). Hier hatte die Beklagte keinen Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen Träger (b).

17

a) Die Durchgriffserstattung nach § 89a Abs. 2 SGB VIII setzt ein Kostenerstattungsverhältnis im Sinne des § 89a Abs. 1 SGB VIII voraus. Dies ergibt sich bereits klar aus dem Wortlaut der Bestimmung. Nur ein örtlicher Träger, gegen den nach § 89a Abs. 1 SGB VIII ein Anspruch besteht, kann im Sinne des § 89a Abs. 2 SGB VIII nach Absatz 1 kostenerstattungspflichtig werden. Nach allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen, die auch im öffentlichen Recht Geltung beanspruchen, kann ein Anspruch nicht gegen sich selbst entstehen oder bestehen. Insoweit ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz in § 194 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - enthalten, der den Anspruch definiert als das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Ein Schuldverhältnis setzt also voraus, dass Gläubiger und Schuldner verschiedene Personen sind. Ist dies nicht der Fall, entsteht kein Anspruch. Treffen Gläubiger und Schuldner einer Forderung nach der Entstehung eines Anspruchs zusammen, führt dies in der Regel zum Erlöschen der Forderung (vgl. etwa Grüneberg, in: Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, Überbl. vor § 362 Rn. 4 m.w.N.).

18

Auch die systematische Stellung des § 89a Abs. 2 SGB VIII weist deutlich in diese Richtung. Der Durchgriff nach § 89a Abs. 2 SGB VIII baut auf dem in Absatz 1 geregelten Erstattungsanspruch auf. Bezogen auf § 89a Abs. 1 SGB VIII ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass dieser Erstattungsanspruch einen Wechsel des örtlich zuständigen Trägers im Zeitpunkt der Aufnahme der Leistungsgewährung nach § 86 Abs. 6 SGB VIII erfordert (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 25.11 - BVerwGE 145, 257 Rn. 22 m.w.N.).

19

Die mit § 89a Abs. 2 SGB VIII verfolgte Zielsetzung spricht ebenfalls dafür, dass die Vorschrift das Bestehen eines durch eine Trägerverschiedenheit gekennzeichneten Kostenerstattungsverhältnisses im Sinne von § 89a Abs. 1 SGB VIII voraussetzt. § 89a Abs. 2 SGB VIII soll bei Erstattungsketten unter Beteiligung eines nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen örtlichen Trägers Erstattungen in Folge verhindern. Solche stehen nur zu erwarten, wenn der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordene örtliche Träger nach § 89a Abs. 1 SGB VIII einen Anspruch gegen einen anderen örtlichen Träger hat, der seinerseits einen Erstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen oder den überörtlichen Träger besitzt. Für diesen Fall wird dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen Träger unter Verkürzung der Erstattungskette ein unmittelbarer Anspruch gegen den dritten Jugendhilfeträger eingeräumt (vgl. Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 5 C 12.09 - BVerwGE 136, 185 = Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 10 jeweils Rn. 33). An einer solchen Erstattungskette fehlt es jedoch, wenn der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordene örtliche Träger und der örtliche Träger, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre, identisch sind.

20

b) In Anwendung der dargelegten rechtlichen Vorgaben hat das Oberverwaltungsgericht die Erstattungspflicht des Klägers nach § 89a Abs. 2 i.V.m. § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zu Recht verneint, weil die Beklagte bereits vor Eintritt der Voraussetzungen des § 86 Abs. 6 SGB VIII für die Gewährung der Hilfe zur Erziehung durchgängig die nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII zuständige und kostenpflichtige Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe gewesen ist.

21

Beginn der Leistung im Sinne von § 86 SGB VIII war hier das tatsächliche Einsetzen der Hilfe durch Gewährung von Hilfe zur Erziehung ab 16. September 1996 in Gestalt der Unterbringung des Kindes in einem Kinderheim. Für diese von der Beklagten erbrachte Leistung war diese gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VIII örtlich zuständig. Denn nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist für die Gewährung von Leistungen der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, wobei nach § 86 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII die Mutter an die Stelle der Eltern tritt, wenn und solange - wie hier zu diesem Zeitpunkt - die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Den gewöhnlichen Aufenthalt hatte die Mutter nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in K. An dieser Zuständigkeit hat sich weder dadurch etwas geändert, dass das Kind ab 11. Dezember 1996 in eine Pflegefamilie gegeben wurde und die Beklagte fortan Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege geleistet hat, noch dadurch, dass der Mutter am 21. März 1997 das Sorgerecht entzogen wurde.

22

Mit der Anerkennung der Vaterschaft am 27. März 1997 richtete sich die örtliche Zuständigkeit der Beklagten nach dem gewöhnlichen Aufenthalt beider Elternteile (§ 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII), den diese im Zuständigkeitsbereich der Beklagten hatten. Die Entziehung des Sorgerechts des Vaters änderte nichts an der örtlichen Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, weil hierfür allein maßgeblich ist, dass beide Elternteile (weiterhin) ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich der Beklagten hatten. Auch durch die Inhaftierung des Vaters in der Justizvollzugsanstalt S. ab April 1998 sind keine für die örtliche Zuständigkeit maßgeblichen Veränderungen eingetreten. Denn dieser hat, wovon sowohl die Vorinstanzen als auch die Beteiligten zu Recht übereinstimmend ausgegangen sind, während der Haftzeit am Haftort nur einen tatsächlichen Aufenthalt begründet und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in K. nicht aufgegeben. Dies hat sich daran gezeigt, dass er nach Verbüßung der Haft im April 1999 wieder an seinen bisherigen Lebensmittelpunkt in K. zurückgekehrt ist.

23

Mit der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts der Mutter am 2. November 1998 in den Raum H. richtete sich die örtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII. Denn damit haben die Elternteile - der Vater hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in K. beibehalten - erstmals nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet (§ 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII). Da die Personensorge für das Kind keinem Elternteil zustand, ist § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII einschlägig, der als Rechtsfolge anordnet, dass die bisherige Zuständigkeit bestehen bleibt.

24

Ab dem 11. Dezember 1998 richtete sich die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII. Denn zu diesem Zeitpunkt hielt sich das Kind seit zwei Jahren in der Pflegefamilie auf, wo sein weiterer Verbleib zu erwarten war. Da die Pflegefamilie zu diesem Zeitpunkt in M. wohnte, ist der dortige Jugendhilfeträger örtlich zuständig geworden. Mit dem Umzug der Pflegefamilie nach K. am 14. September 2000 ging die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII auf die Beklagte über. Da diese zu diesem Zeitpunkt und darüber hinaus bei Außerachtlassung des § 86 Abs. 6 SGB VIII die nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII zuständige örtliche Trägerin war, fehlte es an der Trägerverschiedenheit im Sinne von § 89a Abs. 1 SGB VIII, so dass kein Kostenerstattungsanspruch der Beklagten nach dieser Vorschrift (i.V.m. § 89a Abs. 2 SGB VIII) entstehen konnte.

25

3. Ein Kostenerstattungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger ergibt sich auch nicht aus § 89a Abs. 2 i.V.m. § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII analog.

26

Eine analoge Anwendung des § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII auf Fälle, in denen der Träger, der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig wird, mit dem Träger, der zuvor nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII zuständig war, identisch ist, scheidet aus. Die Analogie setzt eine Gesetzeslücke, also eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes voraus, die plangemäß durch die herangezogene Norm geschlossen werden kann (vgl. Urteile vom 12. September 2013 - BVerwG 5 C 35.12 - UA Rn. 27 m.w.N. und vom 15. November 2012 - BVerwG 3 C 12.12 - LKV 2013, 78 Rn. 19). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

27

Es fehlt bereits an der Planwidrigkeit der Regelungslücke. Die von § 89a Abs. 2 SGB VIII in Bezug genommene Regelung des § 89a Abs. 1 SGB VIII dient nicht dem Ausgleich zwischen Pflegestellenorten und überörtlichen Trägern, sondern dem Ausgleich zwischen örtlichen Trägern. Die Vorschrift bezweckt den Schutz der Pflegestellenorte, die Kinder oder Jugendliche aus dem Zuständigkeitsbereich anderer Jugendhilfeträger aufnehmen. Es ging dem Gesetzgeber insbesondere darum, dass die Bereitschaft von Landkreisen im Umfeld großer Städte, Pflegefamilien zu finden und zu vermitteln, nicht wegen drohender Kostennachteile verloren geht (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 25.11 - BVerwGE 145, 257 Rn. 21 unter Bezugnahme auf BTDrucks 12/2866 S. 24). Demzufolge erkennt § 89a Abs. 1 SGB VIII nur denjenigen als Pflegestellenorte nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig werdenden Trägern, die nicht ohnehin nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII örtlich zuständig wären, einen Erstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen Träger zu. § 89a Abs. 2 SGB VIII dient in Ergänzung dieser Regelung dazu, aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung Erstattungsketten abzukürzen. Beide Vorschriften bezwecken nicht den Schutz derjenigen Pflegestellenorte, die - wie hier - Kinder oder Jugendliche aus dem eigenen Zuständigkeitsbereich betreuen.

28

Entgegen der Ansicht der Beklagten geht der Zweck des § 89a SGB VIII nicht dahin, die Pflegestellenorte in allen Fällen von den Kosten freizustellen. Anderes könnte nur angenommen werden, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung getroffen hätte, wonach sich der Pflegestellenort, sofern kein (anderer) örtlicher Träger kostenerstattungspflichtig ist, immer an den überörtlichen Träger halten kann. Eine solche Regelung hat der Gesetzgeber jedoch in § 89a SGB VIII gerade nicht vorgesehen, während er in § 89b Abs. 2, § 89c Abs. 3 und § 89e Abs. 2 SGB VIII ausdrücklich normiert hat, dass in den dortigen Fällen die Kosten vom überörtlichen Träger zu erstatten sind, wenn ein kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger nicht vorhanden ist. Daraus ist zu schließen, dass der Gesetzgeber die Problematik der (hilfsweisen) Inanspruchnahme des überörtlichen Trägers auch im Bereich der Pflegestellenorte gesehen, dort aber eine andere, diese nicht umfassend absichernde (bzw. von Kosten freistellende) Regelung getroffen hat.

29

Dies mag zwar vor dem Hintergrund der Befürchtung der Beklagten, dass es in bestimmten Konstellationen für einen örtlichen Träger finanziell günstiger sein könnte, den Sorgeberechtigten eines Kindes oder Jugendlichen im eigenen Zuständigkeitsbereich Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung anstatt der Vollzeitpflege zu gewähren, zu bemängeln sein. Diese rechtspolitische Erwägung rechtfertigt jedoch angesichts der geltenden Rechtslage kein anderes Ergebnis. Entsprechende Änderungen vorzunehmen, obläge nicht der Rechtsprechung, sondern wäre dem Gesetzgeber vorbehalten.

30

4. Der Kläger war der Beklagten auch nicht in analoger Anwendung des § 89a Abs. 2 i.V.m. § 89a Abs. 3 SGB VIII erstattungspflichtig.

31

Der Anwendungsbereich des § 89a Abs. 2 SGB VIII ist zwar im Wege der Analogie auf die Fälle zu erstrecken, in denen dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen örtlichen Träger gegen einen anderen örtlichen Träger ein Kostenerstattungsanspruch nach § 89a Abs. 3 SGB VIII zusteht (a). Der Beklagten stand für die streitgegenständlichen Zeiträume jedoch kein Anspruch gegen einen anderen örtlichen Träger nach § 89a Abs. 3 SGB VIII auf Erstattung der Kosten zu, die sie aufgrund ihrer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII für die Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege aufgewendet hat (b).

32

a) Die für eine analoge Anwendung des § 89a Abs. 2 SGB VIII erforderliche Gesetzeslücke liegt vor (aa). Die Fälle des Kostenerstattungsanspruchs nach § 89a Abs. 3 SGB VIII sind auch mit dem von § 89a Abs. 2 SGB VIII erfassten Fall des § 89a Abs. 1 SGB VIII sachlich vergleichbar (bb).

33

(aa) Die Regelung des § 89a Abs. 2 SGB VIII erweist sich insoweit als lückenhaft, als sie nicht auf die Vorschrift des § 89a Abs. 3 SGB VIII Bezug nimmt. Mit der Bestimmung des § 89a SGB VIII verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die Pflegestellenorte von den Kosten zu entlasten, die durch die Aufnahme von Kindern oder Jugendlichen aus dem Zuständigkeitsbereich eines anderen örtlichen Trägers verursacht werden, und hierdurch die finanziellen Rahmenbedingungen für die Sicherstellung eines ausreichenden Angebotes an Pflegestellen zu schaffen sowie im Falle einer möglichen Erstattungskette einen Durchgriff zu ermöglichen. Diesem Ziel liefe es zuwider, örtliche Träger, die zunächst nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII leistungspflichtig waren und infolge der Vermittlung eines Kindes oder Jugendlichen in eine Pflegestelle innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereiches nach § 86 Abs. 6 SGB VIII leistungspflichtig blieben, bei einem bestehenden Kostenerstattungsanspruch nach § 89a Abs. 3 SGB VIII von dem Anwendungsbereich des § 89a Abs. 2 SGB VIII auszunehmen und ihnen damit die Finanzierungslast für einen Zeitraum aufzubürden, in dem sie - ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII - wegen der Änderung des nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgeblichen gewöhnlichen Aufenthalts nicht mehr zur Leistung verpflichtet wären (vgl. zu § 89a Abs. 3 SGB VIII bereits Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O.).

34

(bb) In Anbetracht des angestrebten weitreichenden Schutzes der Pflegestellenorte (für die Fälle der Trägerverschiedenheit) entspricht es dem Plan des Gesetzgebers, die von ihm in § 89a Abs. 2 SGB VIII angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt zu erstrecken. Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Wertung, die Pflegestellenorte vor einer unangemessenen Kostenbelastung zu schützen, besteht kein sachlicher Unterschied, ob im Zeitpunkt der Begründung der Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII ein Kostenerstattungsanspruch nach § 89a Abs. 1 SGB VIII entsteht, oder ob ein Erstattungsanspruch nach § 89a Abs. 3 SGB VIII während der Leistungsgewährung nach § 86 Abs. 6 SGB VIII begründet wird. In beiden Fällen rechtfertigt der Grundgedanke, dass der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständige Träger nach der Vorstellung des Gesetzgebers von den Kosten zu befreien ist, die er - ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII - in Anknüpfung an den nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgeblichen gewöhnlichen Aufenthalt nicht zu tragen hätte, den Erstattungsdurchgriff nach § 89a Abs. 2 SGB VIII.

35

b) Nach § 89a Abs. 3 SGB VIII wird, wenn sich während der Gewährung der Leistung nach Absatz 1 der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt ändert, der örtliche Träger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII örtlich zuständig geworden wäre. Die Vorschrift setzt daher - vergleichbar mit § 89a Abs. 1 SGB VIII - ebenfalls voraus, dass es sich bei dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständigen Pflegestellenort und einem später fiktiv nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII zuständig werdenden Träger um verschiedene Träger handelt. Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr bestand durchweg Trägeridentität. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass es an einem nach § 89a Abs. 3 SGB VIII nachträglich erstattungspflichtig gewordenen anderen örtlichen Träger fehlt, weil die Beklagte auch nach Eintritt der Voraussetzungen des § 86 Abs. 6 SGB VIII die (fiktiv) nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII örtlich zuständige Trägerin der Jugendhilfe geblieben ist.

36

Nach der am 11. Dezember 1998 (zunächst in M.) begründeten örtlichen Zuständigkeit des Pflegestellenortes nach § 86 Abs. 6 SGB VIII ist die Beklagte - ohne Anwendung dieser Vorschrift - zunächst nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII weiter (fiktiv) örtlich zuständig gewesen. Denn auch in der Zeit von April bis Juli 1999, als der Vater nach der Haftentlassung wieder in K. wohnte, blieb es - da weiterhin keinem Elternteil die Personensorge zustand - bei der bisherigen örtlichen Zuständigkeit der Beklagten (§ 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII).

37

Daran änderte sich auch dadurch nichts, dass der Aufenthaltsort der Mutter ab 31. Juli 1999 unbekannt war. Denn die Grundkonstellation verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte der Eltern, die hier nach Beginn der Leistung begründet worden sind, blieb weiter erhalten. Eine rechtlich maßgebliche Veränderung, die nach § 86 Abs. 5 SGB VIII zu einer Neubewertung der örtlichen Zuständigkeit führen müsste, ist nicht eingetreten.

38

Die Beteiligten gehen weiterhin zu Recht davon aus, dass durch die erneute Haft des Vaters des Kindes in der Justizvollzugsanstalt S. (bis Februar 2002) sowie durch dessen Aufenthalt in einer Drogeneinrichtung in A. bis Januar 2004 keine zuständigkeitsrechtlich bedeutsame Änderung eingetreten ist. Auch für diese Zeit gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Vater seinen gewöhnlichen Aufenthalt in K. aufgegeben hat. Vielmehr spricht für die Beibehaltung seines dortigen gewöhnlichen Aufenthalts, dass er im Anschluss an die vorgenannten, von vornherein zeitlich begrenzten Unterbringungen in den besagten Einrichtungen wieder nach K. zurückgekehrt und dort seinen Wohnsitz genommen hat. Weil er dort von Januar bis Juni 2004 wieder eine Meldeadresse hatte, richtete sich die (fiktive) Zuständigkeit der Beklagten weiter nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII.

39

In dem streitigen Zeitraum vom 18. Juni 2004 bis zum 15. Juni 2005, als sowohl der Aufenthalt des Vaters als auch derjenige der Mutter unbekannt und damit ein gewöhnlicher Aufenthalt beider Elternteile nicht feststellbar war, richtete sich die örtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 86 Abs. 4 SGB VIII. Diese Vorschrift, die eingreift, wenn die Eltern im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar ist oder sie verstorben sind, ist hier über die Regelung des § 86 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII entsprechend anwendbar.

40

Das Oberverwaltungsgericht hat zwar unter Verletzung von Bundesrecht angenommen, dass nach § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 SGB VIII die örtliche Zuständigkeit nach dem (gewöhnlichen oder tatsächlichen) Aufenthalt zu bestimmen ist, den das Kind oder der Jugendliche bei Eintritt eines der in Absatz 4 erfassten Sachverhalte hat. Denn auch bei der in § 86 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII angeordneten entsprechenden Geltung des § 86 Abs. 4 SGB VIII ist - wie die Beklagte zu Recht geltend macht - auf die Aufenthaltsverhältnisse des Kindes oder Jugendlichen vor Beginn der Leistung abzustellen (aa). Auf dieser Rechtsverletzung beruht das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts jedoch nicht. Sie wirkte sich im Ergebnis nicht aus, weil die (fiktive) örtliche Zuständigkeit der Beklagten auch nach Maßgabe des durch § 86 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII voll in Bezug genommenen § 86 Abs. 4 SGB VIII gegeben war (bb).

41

(aa) Für eine unveränderte Übertragung der in § 86 Abs. 4 SGB VIII angeordneten Rechtsfolge im Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII spricht in gewichtiger Weise bereits der Gesetzeswortlaut. Entsprechende Geltung bedeutet, dass die örtliche Zuständigkeit nach dem Maßstab der herangezogenen Norm zu bestimmen ist. Nach § 86 Abs. 4 SGB VIII ist dies der Ort des gewöhnlichen oder tatsächlichen Aufenthalts des Kindes oder Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

42

Die klare Tendenz der Wortlautauslegung wird durch gesetzessystematische und teleologische Erwägungen gestützt. § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII knüpft die örtliche Zuständigkeit, ausgehend davon, dass ein Kind oder Jugendlicher aus rechtlicher und pädagogischer Sicht im Zusammenhang mit den Personen zu sehen ist, die für es oder ihn die Erziehungsverantwortung innehaben, grundsätzlich an den gewöhnlichen Aufenthalt(sort) der Eltern bzw. des maßgeblichen Elternteils (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII lässt darüber hinaus die örtliche Zuständigkeit dem Grundsatz der dynamischen Verweisung entsprechend im Regelfall mit den Eltern bzw. dem maßgeblichen Elternteil "mitwandern", wenn diese bzw. dieser ihren bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthalt wechseln bzw. wechselt. Denn die Eltern bzw. der maßgebliche Elternteil vermitteln bzw. vermittelt im Regelfall auch die Nähe zur Lebenswelt des Kindes oder Jugendlichen. Die Vorschrift des § 86 Abs. 6 SGB VIII unterstreicht dieses Regelungskonzept, indem sie anerkennt, dass sich bei einer fortdauernden Vollzeitpflege ab einem bestimmten Zeitpunkt die psychosoziale Realität ändert und nicht mehr die Eltern oder der maßgebliche Elternteil die Nähe zur Lebenswelt des Kindes oder Jugendlichen vermitteln, sondern die Pflegeperson, und infolgedessen die örtliche Zuständigkeit an den gewöhnlichen Aufenthalt der Pflegeperson und dessen Veränderungen knüpft (vgl. Urteil vom 1. September 2011 - BVerwG 5 C 20.10 - BVerwGE 140, 305 = Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 14 jeweils Rn. 14 m.w.N.). Ist eine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern bzw. des maßgeblichen Elternteils oder einer etwaigen Pflegeperson nicht möglich, richtet sich sie örtliche Zuständigkeit nach dem Aufenthalt des Kindes vor Leistungsbeginn (vgl. § 86 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII, § 86 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 SGB VIII). Dementsprechend ist auch für den Fall, dass die Eltern oder der nach § 86 Abs. 1 bis 3 SGB VIII maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder hat oder ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar ist oder sie verstorben sind, für die örtliche Zuständigkeit der gewöhnliche oder tatsächliche Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen vor Beginn der Leistung maßgeblich (§ 86 Abs. 4 SGB VIII). Nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 86 SGB VIII kommt somit dem (gewöhnlichen oder tatsächlichen) Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen nach Beginn der Leistung für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit keine Bedeutung zu.

43

Dem widerspricht die Auslegung des Oberverwaltungsgerichts, bei § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 SGB VIII auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen im Zeitpunkt der Veränderung (hier der Nichtfeststellung des gewöhnlichen Aufenthalts der Eltern im Inland) abzustellen. Sie führt der Sache nach dazu, dass § 86 Abs. 4 SGB VIII entgegen dem ausdrücklichen Gesetzesbefehl in § 86 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII nicht entsprechend angewandt wird. Denn sie misst dem nach Leistungsbeginn durch die Hilfeleistung des Jugendhilfeträgers bedingten Ortswechsel des Kindes oder Jugendlichen eine zuständigkeitsbestimmende Wirkung zu. Gewichtige Gründe, die dies rechtfertigen, bestehen nicht. Vielmehr ist die gesetzgeberische Entscheidung, auf den Aufenthalt vor Beginn der Leistung abzustellen, auch wenn sie nicht allen Anliegen gerecht zu werden vermag, als solche zu respektieren.

44

bb) Nach § 86 Abs. 4 SGB VIII richtet sich die örtliche Zuständigkeit entweder nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen vor Beginn der Leistung (Satz 1), oder es ist, wenn das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, dessen tatsächlicher Aufenthalt vor Beginn der Leistung maßgeblich (Satz 2). Danach war hier, unabhängig davon, ob auf den gewöhnlichen oder den tatsächlichen Aufenthalt des Kindes vor Leistungsbeginn abgestellt wird, die Beklagte örtlich zuständig.

45

Das Kind M. befand sich vor Beginn der Leistung am 16. September 1996 durchweg (nämlich seit seiner Geburt am 31. Juli 1996) in einem Krankenhaus im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Geht man davon aus, dass es dennoch den gemeinsamen Aufenthalt der in K. lebenden Mutter teilte, so ergab sich die örtliche Zuständigkeit der Beklagten aus § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII entsprechend. Nimmt man an, dass das Kind noch keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat, sondern nur einen tatsächlichen Aufenthalt im Krankenhaus hatte, ist die Beklagte ebenfalls - und zwar entsprechend § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII - örtlich zuständig gewesen, weil das Krankenhaus in ihrem Zuständigkeitsbereich lag.

46

5. Ein Kostenerstattungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger ergibt sich schließlich auch nicht aus § 89a Abs. 2 analog i.V.m. § 89a Abs. 3 SGB VIII analog.

47

Zwar ist - wie soeben (unter 4.a) dargelegt - die Regelung des § 89a Abs. 2 SGB VIII insoweit entsprechend anwendbar, als sie planwidrig den Absatz 3 der Vorschrift nicht in Bezug nimmt. Allerdings kommt die von der Beklagten der Sache nach weiter befürwortete analoge Anwendung des § 89a Abs. 3 SGB VIII auf Fälle der Trägeridentität nicht in Betracht. Unabhängig davon, ob die von der Beklagten damit eingeforderte doppelte Analogie - nämlich sowohl im Hinblick auf Absatz 2 als auch auf Absatz 3 der Vorschrift - zulässig sein könnte, scheidet in dieser Kombination jedenfalls die entsprechende Anwendung des Absatzes 3 in der von der Beklagten vertretenen Form aus.

48

Eine analoge Anwendung des Absatzes 3 auf Fälle, in denen der Träger, der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig ist, mit dem örtlichen Träger, der später fiktiv nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII zuständig wird, identisch ist, kommt aus den gleichen Gründen nicht in Betracht, die gegen eine analoge Anwendung des Absatzes 1 auf Fälle der Trägeridentität sprechen. Auch für eine entsprechende Anwendung des § 89a Abs. 3 SGB VIII fehlt es an einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes. Wie oben (3.) dargelegt, ging es dem Gesetzgeber darum, denjenigen als Pflegestellenort nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständigen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe, die nicht ohnehin nach anderen Vorschriften (§ 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII) örtlich zuständig wären, einen Erstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen Träger zuzuerkennen. Auch der Kostenerstattungsanspruch nach § 89a Abs. 3 SGB VIII setzt daher nach dem Plan des Gesetzgebers eine Trägerverschiedenheit voraus und ist deshalb nicht auf Fälle anwendbar, in denen - wie hier - der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständige Träger mit demjenigen örtlichen Träger identisch ist, der ohne Anwendung dieser Vorschrift (nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII) zuständig wäre.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 6 aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Die Kostenerstattungspflicht bleibt bestehen, wenn die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt ändert oder wenn die Leistung über die Volljährigkeit hinaus nach § 41 fortgesetzt wird.

(2) Hat oder hätte der nach Absatz 1 kostenerstattungspflichtig werdende örtliche Träger während der Gewährung einer Leistung selbst einen Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen oder den überörtlichen Träger, so bleibt oder wird abweichend von Absatz 1 dieser Träger dem nunmehr nach § 86 Absatz 6 zuständig gewordenen örtlichen Träger kostenerstattungspflichtig.

(3) Ändert sich während der Gewährung der Leistung nach Absatz 1 der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Absatz 1 bis 5 maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt, so wird der örtliche Träger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung des § 86 Absatz 6 örtlich zuständig geworden wäre.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 6 aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Die Kostenerstattungspflicht bleibt bestehen, wenn die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt ändert oder wenn die Leistung über die Volljährigkeit hinaus nach § 41 fortgesetzt wird.

(2) Hat oder hätte der nach Absatz 1 kostenerstattungspflichtig werdende örtliche Träger während der Gewährung einer Leistung selbst einen Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen oder den überörtlichen Träger, so bleibt oder wird abweichend von Absatz 1 dieser Träger dem nunmehr nach § 86 Absatz 6 zuständig gewordenen örtlichen Träger kostenerstattungspflichtig.

(3) Ändert sich während der Gewährung der Leistung nach Absatz 1 der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Absatz 1 bis 5 maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt, so wird der örtliche Träger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung des § 86 Absatz 6 örtlich zuständig geworden wäre.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 6 aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Die Kostenerstattungspflicht bleibt bestehen, wenn die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt ändert oder wenn die Leistung über die Volljährigkeit hinaus nach § 41 fortgesetzt wird.

(2) Hat oder hätte der nach Absatz 1 kostenerstattungspflichtig werdende örtliche Träger während der Gewährung einer Leistung selbst einen Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen oder den überörtlichen Träger, so bleibt oder wird abweichend von Absatz 1 dieser Träger dem nunmehr nach § 86 Absatz 6 zuständig gewordenen örtlichen Träger kostenerstattungspflichtig.

(3) Ändert sich während der Gewährung der Leistung nach Absatz 1 der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Absatz 1 bis 5 maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt, so wird der örtliche Träger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung des § 86 Absatz 6 örtlich zuständig geworden wäre.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

Tenor

Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. Juli 2011 - 4 K 1014/09 - wirkungslos.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. Juli 2011 - 4 K 1014/09 - zurückgewiesen.

Unter Aufhebung der Kostenentscheidung im Urteil des Verwaltungsgerichts tragen der Kläger 1/10 und die Beklagte 9/10 der Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser auf sich behält.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten für die Durchführung einer jugendhilferechtlichen Maßnahme.
Die am 05.09.1996 geborene J. H. wurde durch das Jugendamt der Stadt K. in der Pflegefamilie H. untergebracht, die bis März 1999 in K. und hernach in T. wohnhaft war. J. H. hatte zuvor bei ihren nicht verheirateten, damals zusammen lebenden Eltern J. L. und H. M. in K. gelebt. J. L. wurde ihr alleiniges Sorgerecht für die Tochter J. am 22.11.1996 entzogen; Vormund war zunächst das Jugendamt der Stadt K., ab dem 06.12.1999 das Jugendamt der Stadt T.. Am 16.09.1998 gab die Kindsmutter die notarielle Freigabeerklärung zur Adoption ab; zur Adoption von J. durch ihre Pflegeeltern kam es in der Folge jedoch nicht.
Die Stadt K. übernahm seit dem 23.12.1996 die Gewährung des Pflegegeldes für Vollzeitpflege an die Familie H.; unter dem 26.03.1999 sicherte sie der Stadt T. Kostenerstattung gemäß § 89a SGB VIII zu.
Zum 01.08.2003 verzog die Familie H. mit J. nach N. im Zuständigkeitsbereich des Klägers. Am 27.11.2003 wurde das Jugendamt des Klägers zum Vormund für J. bestellt. Zum 01.01.2004 übernahm sodann der Kläger den Hilfefall. Die Stadt K. sicherte mit Schreiben vom 01.04.2004 zunächst auch dem Kläger Kostenerstattung gemäß § 89a SGB VIII ab dem 01.01.2004 zu.
Die Kindsmutter verließ K. im September 2004 und befand sich seit dem 23.03.2006 im Wesentlichen in Justizvollzugsanstalten bzw. stationär in psychiatrischen Kliniken. Zum 12.03.2011 wurde sie aus einer stationären Einrichtung entlassen und nahm sodann ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Kreisjugendamts E.. Zwischen Mai 2005 und März 2006 war sie - unterbrochen durch einen Gefängnisaufenthalt in der JVA B. - in Freiburg ohne festen Wohnsitz gemeldet und bezog dort vom 01.01.2005 bis 10.08.2005 sowie vom 29.11.2005 bis 31.05.2006 Leistungen von der ARGE F..
Mit Schreiben vom 04.04.2008 teilte die Stadt K. dem Kläger mit, dass der Kindsvater, H. M., der bis dahin in K. wohnhaft gewesen war, am 03.11.2007 verstorben sei. Die örtliche Zuständigkeit richte sich seitdem nach § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII, weshalb Kostenerstattungsanträge an die nunmehr zuständige Behörde zu richten seien.
Die Höhe des den Pflegeeltern von J. H. vom Kläger ausgezahlten Pflegegeldes betrug für die Monate November und Dezember 2007 je 633,-- EUR zzgl. Weihnachtsbeihilfe 2007 i.H.v. 34,-- EUR, für die Monate Januar bis August 2008 je 668,-- EUR, für September bis Dezember 2008 je 747,-- EUR zzgl. einer Weihnachtsbeihilfe i.H.v. 36,-- EUR und seit Januar bis Dezember 2009 766,--/Monat zzgl. einer Weihnachtsbeihilfe i.H.v. 36,-- EUR, für das Jahr 2010 monatlich 756,-- EUR zzgl. einer Weihnachtsbeihilfe i.H.v. 36,-- EUR und für das Jahr 2011 monatlich 764,-- EUR.
Mit Schreiben vom Mai 2008 begehrte der Kläger von der Beklagten Kostenerstattung gemäß § 89a i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII ab dem 03.11.2007, was diese ablehnte.
Der Kläger erhob am 22.06.2009 Klage und stützte den geltend gemachten Erstattungsanspruch auf § 89a Abs. 3 SGB VIII. Im vorliegenden Fall habe sich der maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt insoweit geändert, als dieser aufgrund des Todes des Vaters nicht mehr an den gewöhnlichen Aufenthalt beider Eltern in K. i.S.d. § 86 Abs. 1 S. 1 SGB VIII anknüpfe, um nach § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII eine fortbestehende Zuständigkeit der Stadt K. auch nach dem Wegzug der Mutter nach F. festzulegen. Nach dem Tod des Vaters richte sich die für die Kostenerstattung einschlägige hypothetische Zuständigkeit bei Nichtanwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII vielmehr nach § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII. Danach sei in Fällen, in denen nur ein Elternteil lebe, dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend. Es sei daher der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter von J. maßgeblich. Entscheidend sei dabei deren gewöhnlicher Aufenthalt in der Zeit vom 24.11.2005 bis zum 23.03.2006, da sie sich ab dem 23.03.2006 jeweils in nach § 89e SGB VIII geschützten Einrichtungen aufgehalten habe. Davor sei Frau L. ohne festen Wohnsitz in F. gemeldet gewesen. § 30 SGB I sei so auszulegen, dass jemand dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Dieses Merkmal sei erfüllt, wenn der Betroffene sich an dem Ort oder dem Gebiet „bis auf Weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhalte und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehung habe. Ein fester Wohnsitz müsse dafür nicht genommen werden. Frau L. habe am 08.08.2008 schriftlich erklärt, sich in der fraglichen Zeit ohne festen Wohnsitz dauerhaft im Gebiet der Stadt F. aufgehalten zu haben. Darüber hinaus habe Frau L. Leistungen nach dem SGB II von der ARGE F. erhalten.
10 
Trotz der Freigabeerklärung der Kindsmutter zur Adoption habe das Jugendamt K. aufgrund beginnender Eheschwierigkeiten bei den Pflegeeltern H. von einer solchen Abstand genommen. Die Pflegeeltern hätten zwar gerne auch nach Erlöschen der Freigabeerklärung J. adoptiert, die Adoption habe aber aus sozialpädagogischer Sicht nicht befürwortet werden können. Anfang 2009 hätten sich die Pflegeeltern dann auch getrennt.
11 
Soweit die Beklagte meine, ihre Inanspruchnahme aus § 89a Abs. 3 SGB VIII scheide aus, irre sie. Denn bis zum Tod des Vaters wäre ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII die Stadt K. nach § 86 Abs. 1 S. 1 SGB VIII und nach dem Wegzug der Mutter nach § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII zuständig gewesen. Mit dem Tod des Vaters von J. sei es zu einem Wechsel der bisherigen fiktiven Zuständigkeit gekommen, denn seither richte sich die fiktive Zuständigkeit gem. § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII nach dem gewöhnlichen Aufenthaltsort der Kindsmutter, der eben F. gewesen sei.
12 
Der Kläger beantragte,
13 
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die für J. H. in der Zeit vom 03.11.2007 bis 30.04.2009 aufgewendeten Jugendhilfekosten in Höhe von 12.689,80 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.06.2009 zu erstatten
14 
sowie (aufgrund einer Klageerweiterung)
15 
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die für J. H. in der Zeit vom 01.05.2009 bis 31.05.2011 aufgewendeten Jugendhilfekosten in Höhe von 19.092,-- EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 12.05.2011 zu erstatten.
16 
Die Beklagte beantragte Klagabweisung.
17 
Auch aufgrund eigener Ermittlungen sei ein gewöhnlicher Aufenthalt der Kindsmutter im streitgegenständlichen Zeitraum in F. wahrscheinlich. Dies führe aber nicht dazu, dass der Stadtkreis auch kostenerstattungspflichtig sei. J. sei am 23.12.1996 in die Pflegefamilie aufgenommen worden, die seinerzeit in K. ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, so dass im für die Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII maßgeblichen 2-Jahres-Zeitraum die Stadt K. sowohl aus den allgemeinen Bestimmungen des § 86 Abs. 1 - 5 SGB VIII als auch gemäß der Sonderzuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständiger Leistungsträger gewesen sei. Ein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit als Voraussetzung für die Eröffnung eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 89a SGB VIII sei damit nicht einhergegangen. Erst mit dem Wegzug der Pflegefamilie im März 1999 sei das Jugendamt T. örtlich zuständig geworden. Im August 2003 sei sodann die Klägerin durch den Zuzug der Pflegeeltern in die Gemeinde N. aus § 86 Abs. 6 SGB VIII örtlich zuständig geworden. Der Anspruch aus § 89a SGB VIII erfordere aber nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs einen Wechsel in der örtlichen Zuständigkeit, der aus dem 2-jährigen Pflegestellenaufenthalt resultiere. Dieser sei vorliegend nicht gegeben. Damit scheide eine Inanspruchnahme der Beklagten aus § 89a Abs. 3 SGB VIII aus.
18 
Zudem stehe der geltend gemachten Kostenerstattung § 89f SGB VIII entgegen, denn die Pflegeeltern hätten J. gerne adoptiert. Spätestens seit 2003 seien auch keine Hinderungsgründe ersichtlich, die gegen eine Adoption des Kindes gesprochen hätten. Mit einer solchen Adoption aber wäre das Erfordernis einer erzieherischen Hilfe entfallen und mithin kein Aufwand entstanden.
19 
Der beigeladene Landkreis stellte keinen Antrag. Er trug vor, es gebe keinerlei Hinweise dafür, dass Frau L. einen gewöhnlichen Aufenthalt als Lebensmittelpunkt im Landkreis B.-H. begründet habe. Vielmehr habe die Kindsmutter nach ihrem Wegzug aus K. unzweifelhaft ihren Lebensmittelpunkt in der Stadt F. gehabt.
20 
Mit Urteil vom 20.07.2011- 4 K 1014/09 - gab das Verwaltungsgericht der Klage vollumfänglich statt und erlegte die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen der Beklagten auf.
21 
Zur Begründung führte es aus, der Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 89a Abs. 3 SGB VIII. Dessen Voraussetzungen lägen vor, da der Kläger die J. H. betreffenden jugendhilferechtlichen Leistungen (Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII) im streitgegenständlichen Zeitraum auf der Grundlage von § 86 Abs. 6 SGB VIII erbracht habe mit der Folge, dass ihm grundsätzlich Ersatzansprüche gemäß § 89a SGB VIII zustünden. Infolge des Todes des leiblichen Vaters von J. am 03.11.2007 habe sich der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt der Kindsmutter mit der Folge geändert, dass ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII nunmehr die Beklagte zuständig wäre, so dass sich der Ersatzanspruch seit diesem Zeitpunkt gegen diese richte.
22 
Der Hinweis der Beklagten auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gehe fehl, da dieser einen anderen Sachverhalt beurteilt habe. Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg jedenfalls sei der Anwendungsbereich des § 89a SGB VIII auch dann eröffnet, wenn sich die Zuständigkeit desselben Jugendhilfeträgers zunächst aus § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII und - nach Ablauf der Zweijahresfrist des § 86 Abs. 6 SGB VIII - aus § 86 Abs. 6 SGB VIII ergebe. Auch sei kein sachlicher Grund dafür erkennbar, Fälle einer „Vermittlung von außen" erstattungsrechtlich anders zu behandeln als Fälle, in denen das Pflegekind in eine Pflegestelle innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des zuvor örtlich zuständigen Jugendhilfeträgers vermittelt worden sei, zumal die Entscheidung, welcher Pflegeperson ein Pflegekind zugewiesen werde, allein von fachlichen und nicht von zuständigkeitsrechtlichen Erwägungen geleitet werden sollte (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.02.2011 - 12 S 1608/08 -). Im Gegenteil würde jedenfalls für den Fall eines nachträglichen Umzugs der leiblichen Eltern in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Jugendamts der Zweck des § 89a SGB VIII - umfassender Schutz der Pflegestellenorte durch Schaffung eines Äquivalents zu der durch § 86 Abs. 6 SGB VIII systemabweichend geschaffenen Kostenbelastung der Pflegestellenorte - ausgehöhlt, käme er nicht zum Tragen, wenn mit dem Beginn der örtlichen Zuständigkeit eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zunächst kein Zuständigkeitswechsel verbunden sei (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.2004 - 12 A 11224/08 -).
23 
Mit dem Tod des Kindsvaters sei sodann die Sperre des § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII entfallen. Dies habe zur Folge gehabt, dass nicht mehr die Stadt K. gemäß § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII zuständig gewesen sei, sondern gemäß § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII derjenige örtliche Träger, in dessen Bereich die Kindsmutter ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Diese sei zwar am 03.11.2007 in der M. in Z. im Landkreis R. gewesen. Dabei handele es sich jedoch um eine Einrichtung i.S.d. § 89e Abs. 1 SGB VIII. § 89e SGB VIII sei im Rahmen der Prüfung der fiktiven Zuständigkeit i.S.d. §§ 89a Abs. 3, 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII mit in den Blick zu nehmen. Deshalb sei vorliegend nicht der Landkreis R., sondern der örtliche Träger zur Kostenerstattung verpflichtet, in dessen Bereich die Person vor der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Nachdem insoweit zunächst Streit zwischen den Beteiligten bestanden habe, gingen Kläger wie Beklagte aufgrund der inzwischen vorliegenden Nachweise nunmehr übereinstimmend und nachvollziehbar davon aus, dass die Kindsmutter nach ihrem Wegzug aus K. im Jahr 2004 ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb geschützter Einrichtungsorte i.S.d. § 89e SGB VIII im Stadtkreis F. gehabt habe.
24 
Der Fall der Änderung der (hypothetischen) Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII durch Wegfall der Sperrwirkung des § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII - falle auch unter die Regelung des § 89a Abs. 3 SGB VIII. Dies gelte ungeachtet des Umstands, dass unmittelbarer Auslöser für die Änderung der örtlichen Zuständigkeit der Tod des Kindsvaters und nicht eine Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts i.S.d. § 89a Abs. 3 SGB VIII der Kindsmutter sei. Zwar habe § 89a Abs. 3 SGB VIII in erster Linie den Fall einer aktiven Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts der Eltern bzw. des maßgeblichen Elternteils im Blick. Tatsächlich aber habe es eine Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts der Kindsmutter - nämlich von K. nach F. - bereits 2004 gegeben; der Tod des Kindsvaters habe lediglich bewirkt, dass diese bereits zuvor erfolgte Aufenthaltsänderung nunmehr habe rechtlich relevant werden können, indem die Sperre des § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII entfallen sei und sich die Frage des gewöhnlichen Aufenthalts wieder allein nach § 86 Abs. 1 SGB VIII gerichtet habe. Die Zielsetzung des § 89a Abs. 3 SGB VIII - nämlich zu verhindern, dass ein erstattungspflichtiger örtlicher Träger aufgrund der Regelung des § 86 Abs. 6 SGB VIII länger kostenerstattungspflichtig bleibe, als er es ohne Anwendung von § 86 Abs. 6 SGB VIII allein auf Grundlage von § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII wäre (vgl. etwa Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl., § 89a Rn. 10) - gebiete es, auch den hier gegebenen Fall einer Zuständigkeitsänderung infolge der Nichtanwendbarkeit des § 86 Abs. 5 S. 2 SGB III unter § 89a Abs. 3 SGB VIII zu fassen.
25 
Die zugunsten der J. H. gewährte Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege entspreche i.S.d. § 89f SGB VIII auch dem Gesetz. Einwände gegen die Höhe der geltend gemachten Leistungen seien von Beklagtenseite nicht erhoben und auch ansonsten nicht ersichtlich.
26 
Die Beklagte sei auf den Antrag des Klägers hin, wie sich aus sinngemäßer Anwendung der §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB ergebe, darüber hinaus zur Zahlung von Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verurteilen (BVerwG, Urteil vom 22.02.2001 - 5 C 34/00 -); der Beginn der Verzinsung beginne mit Klageerhebung bei Gericht bzw. mit Rechtshängigkeit der erfolgten Klageerweiterung.
27 
Gegen das der Beklagten am 04.08.2011 zugestellte Urteil hat diese mit am 11.08.2011 eingegangenem Schriftsatz die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und sodann fristgerecht begründet.
28 
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 23.02.2012 mitgeteilt, dass für die Zeit ab dem 12.03.2011 der Landkreis E. seine Zuständigkeit bzw. seine Kostenerstattungsverpflichtung im Hinblick auf die Unterbringung der J. H. anerkannt habe. Dieses sowie zwischenzeitlich gewährte Leistungen aus der Halbwaisenrente führten zu einer Begrenzung der Klagforderung. Die Klage werde deshalb insoweit teilweise zurückgenommen. Es werde nunmehr nur noch beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
29 
1. dem Kläger die für J. H. in der Zeit vom 03.11.2007 bis 30.04.2009 aufgewendeten Jugendhilfekosten in Höhe von 12.689,80 EUR abzüglich Erstattung von 737,57 EUR, mithin 11.952,23 EUR, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.06.2009 zu erstatten,
30 
2. dem Kläger die für J. H. in der Zeit vom 01.05.2009 bis 11.03.2011 aufgewendeten Jugendhilfekosten in Höhe von 17.071,10 EUR abzüglich Erstattung in Höhe von 931,14 EUR, mithin 16.139,96 EUR, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.05.2011 zu erstatten.
31 
Nach Ergehen des Grundsatzurteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.12.2012 - 5 C 25.11 - (zur Begründung eines eigenständigen Kostenerstattungsanspruchs durch § 89a Abs. 3 SGB VIII und zur Reichweite des Schutzes der Einrichtungsorte vor unangemessenen Kostenbelastungen nach § 89e Abs. 1 S. 1 SGB VIII) macht die Beklagte zur Begründung der Berufung lediglich noch Folgendes geltend:
32 
Die Grundannahme des Verwaltungsgerichts, beim Tod des Kindsvaters sei es zu einem Zuständigkeitswechsel gekommen, sei nicht haltbar. Diese Auffassung widerspreche insbesondere dem Inhalt des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2010 - 5 C 17.09 -. Der Wortlaut von § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII bestätige dies. Danach bleibe die bisherige Zuständigkeit bestehen, solange die Personensorge keinem Elternteil zustehe. Im vorliegenden Fall stehe die Personensorge gerade keinem Elternteil zu. Dennoch nehme das Verwaltungsgericht an, dass die Zuständigkeit - entgegen dem Wortlaut - mit dem Tod des Vaters gewechselt habe, weil die „Sperre“ des § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII beseitigt worden sei. § 86 Abs. 5 SGB VIII beinhalte indessen gar keine „Sperre“. Die Vorschrift trage zum einen der Lösung eines möglichen Konkurrenzverhältnisses zwischen zwei Leistungsträgern Rechnung, zum anderen sei sie Ausdruck des Gedankens, dass der Anknüpfungspunkt für die Erbringung der Hilfeleistung die größte Nähe zum Kind sei. Die Vorschrift diene daher insbesondere dem Interesse des Kindes an der Kontinuität des Hilfeprozesses. Nach der Systematik von § 86 SGB VIII solle jeweils das Jugendamt zuständig sein, in dessen Bezirk das Kind zuletzt einen gewöhnlichen Aufenthalt bei einem Elternteil gehabt habe. An diesem Ort sei noch Erziehungsverantwortung gelebt worden, ganz gleich, ob eine Personensorge bestanden habe oder nicht. Ein dementsprechender Anknüpfungspunkt fehle aber, wenn gar kein Elternteil die Sorge innehabe und auch kein gewöhnlicher Aufenthaltsort mehr vorhanden sei, an welchem einmal gemeinsam mit dem Kind gelebt worden sei. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe dazu, dass der andere nicht sorgeberechtigte Elternteil gemäß § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII schlicht durch seinen gewöhnlichen Aufenthalt an einem völlig anderen Ort eine ganz neue Zuständigkeit begründen könne, wodurch sämtliche Grundsätze der Kontinuität der Anknüpfung der Zuständigkeit an die Erziehungsverantwortung und den Hilfeprozess aufgegeben würden. Diese Deutung würde zudem die Frage der Zuständigkeit dem reinen Zufall überlassen. Die Auffassung wäre nur dann gerechtfertigt, wenn den Zuständigkeitsregelungen der Gedanke des „Verursacherprinzips“ zugrunde liegen würde. Eine solche Auffassung entspreche aber nicht dem Willen des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber knüpfe ausdrücklich an das Kontinuitätsprinzip im Hilfeprozess an. So habe etwa die Vorgängerregelung des § 86 Abs. 5 SGB VIII für den Fall der Trennung nach Einleitung einer Maßnahme in Verbindung mit der Tatsache, dass keinem Elternteil das Sorgerecht zustehe, keinerlei Regelung vorgesehen. Die Neufassung sei dann damit begründet worden, dass im Hinblick auf die Schwierigkeit, bei gemeinsamer elterlicher Sorge den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes festzustellen, im Falle nachträglicher Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte durch die beiden Elternteile die bisher bestehende Zuständigkeit beibehalten bleiben solle. Dies sollte ausdrücklich auch für den Fall gelten, in dem die Personensorge nach der Trennung der Eltern keinem Elternteil (sondern einem Vormund) zustehe.
33 
Alles in allem bleibe es daher im vorliegenden Fall nach dem Versterben des Kindsvaters bei der Zuständigkeit nach § 86 Abs. 5 S. 2 i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 1 SGB VIII im Sinne einer „statischen“ Zuständigkeit für die Dauer des Zeitraums, in welchem keinem Elternteil das Sorgerecht zustehe, und zwar unabhängig davon, ob beide Elternteile noch lebten. Zuständig und damit kostenerstattungspflichtig sei deshalb auch nach dem Versterben des Kindesvaters die Stadt K..
34 
Selbst bei der Annahme eines Zuständigkeitswechsels käme aber § 89a Abs. 3 SGB VIII in dem vorliegenden Fall nicht zur Anwendung. Hiergegen spreche bereits der Wortlaut des § 89a Abs. 3 SGB VIII, der ausdrücklich den Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts zur Voraussetzung mache. Im Übrigen gehe aber auch die Annahme fehl, man benötige eine dem ursprünglichen Gedanken und dem Wortlaut widersprechende Interpretation der Vorschrift zum Schutz des nach § 86 Abs. 6 SGB VIII erstattungspflichtigen Trägers. Wie der vorliegende Fall deutlich mache, bliebe der Kläger auch dann geschützt, wenn kein Wechsel in der Erstattungspflicht eintrete. Denn erstattungspflichtig wäre dann weiterhin die Stadt K.. Ein Verbleib der Kosten bei dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständigen Träger komme gar nicht in Betracht bzw. jedenfalls nur dann, wenn die Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII mit einer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII einhergehe und dann ohnehin kein Fall des § 89 a SGB VIII gegeben sei.
35 
Notwendig für die Annahme eines Zuständigkeitswechsels i.S.v. § 89a Abs. 3 SGB VIII sei deshalb die tatsächliche Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts im Zeitpunkt des zu prüfenden Zuständigkeitswechsels. Ein solcher habe aber nicht stattgefunden, denn mit dem Verlassen der Einrichtung und ihrem weiteren Verbleib in F. habe Frau L. keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet.
36 
Die Beklagte willigt in die erfolgte Klagrücknahme ein und beantragt im Übrigen,
37 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. Juli 2011 - 4 K 1014/09 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
38 
Der Kläger ist dem entgegengetreten und beantragt,
39 
die Berufung zurückzuweisen.
40 
Er führt im Wesentlichen aus, das Verwaltungsgericht habe im Einklang mit dem Gesetz einen Wechsel der vorherigen Zuständigkeit nach § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII mit dem Tod des Kindsvaters bejaht. Denn mit dem Tod sei die Dauerzuständigkeit nach § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII entfallen. Hernach habe sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des überlebenden Elternteils im Rahmen der allgemeinen Zuständigkeitsregelung nach § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII gerichtet. Die seitens der Beklagten hiergegen angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2010 sei nicht geeignet, eine weiter bestehende Zuständigkeit nach § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII zu bejahen. Denn der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene Sachverhalt sei nicht mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar. Dort seien aufgrund des Entzugs des Sorgerechts beide Elternteile nicht mehr sorgeberechtigt gewesen, weshalb sich die Zuständigkeit nach § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII gerichtet habe. Als der dortige Kindsvater verzogen sei, habe dies auf die Zuständigkeit nach § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII keine Auswirkungen gehabt, da allein auf die fehlende Sorgeberechtigung beider Elternteile abzustellen sei. In dem zu entscheidenden Fall habe sich unter Berücksichtigung des fehlenden Sorgerechts beider Elternteile bis zum Tod des Vaters die Zuständigkeit zwar auch nach § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII gerichtet. Mit dem Tod des Vaters sei allerdings diese Zuständigkeit erloschen, da für die Anwendung der Vorschrift Voraussetzung sei, dass beide Elternteile lebten und ihnen entweder das Sorgerecht gemeinsam zustehe oder keinem von ihnen. Die gesamte Regelung des § 86 Abs. 5 SGB VIII stelle auf „Elternteile“ ab, unterstelle also, dass beide Elternteile lebten und nach Beginn der Leistung sodann verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründeten. Nachdem der Vater verstorben sei, sei die Mutter der einzige noch lebende Elternteil, weshalb die Anwendbarkeit von § 86 Abs. 5 SGB VIII seit diesem Zeitpunkt beendet gewesen sei. Vielmehr sei sodann in Einklang mit der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Zuständigkeit nach der allgemeinen Zuständigkeitsvorschrift des § 86 Abs. 1 SGB VIII, hier § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII, eröffnet gewesen.
41 
Das Verwaltungsgericht gehe daher zu Recht davon aus, dass in Anwendung von § 89a Abs. 3 SGB VIII die Beklagte derjenige Jugendhilfeträger sei, der nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII für den Hilfefall - hypothetisch - zuständig wäre. Die Zuständigkeit ergebe sich nach § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII aus dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Kindesmutter in F..
42 
Schließlich habe das Verwaltungsgericht die Anwendung von § 89a Abs. 3 SGB VIII auf den vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei bejaht. Zu Recht habe es darauf verwiesen, dass mittelbare Ursache der Änderung der Zuständigkeit die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts der Kindsmutter von K. nach F. im Jahr 2004 gewesen sei, die allerdings erst aufgrund der Unanwendbarkeit der Zuständigkeitsvorschrift des § 86 Abs. 5 SGB VIII nach dem Tod des Vaters Relevanz erlangt habe.
43 
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
44 
Er lässt ausführen, die Beklagte habe schon im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht erkannt, dass die Kindsmutter im Landkreis keinen kostenrechtlich relevanten gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Insoweit habe die Beklagte nicht mehr an einer möglichen kostenrechtlichen Zuständigkeit oder Erstattungsverpflichtung des Beigeladenen festgehalten.
45 
Dem Senat liegen die einschlägigen Behördenakten und die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Akten und die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
46 
Der Senat kann über die Berufung ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§§ 125 Abs. 1 S. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
47 
1. Das Verfahren ist gemäß § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen, soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 23.02.2012 die Klage zurückgenommen hat. Insoweit ist die Vorentscheidung wirkungslos (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO).
48 
2. Soweit die Berufung infolge der Teilklagerücknahme nicht gegenstandslos geworden ist, ist sie zulässig, jedoch unbegründet.
49 
Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Leistungsklage des Klägers - in dem nunmehr noch aufrecht erhaltenen Umfang - zu Recht stattgegeben, weil dem Kläger gegen die Beklagte der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch aus § 89a Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII zukommt.
50 
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht deshalb von einer ausführlichen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 130b S. 2 VwGO). Er merkt ergänzend nur das Folgende an:
51 
a) Dass die Bestimmung des § 89a Abs. 3 SGB VIII einen eigenständigen Kostenerstattungsanspruch begründet, ist seitens des Bundesverwaltungsgerichts zwischenzeitlich geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 5 C 25.11 - juris) und bedarf daher keiner weiteren Erörterung mehr (vgl. ebenso bereits das Senatsurteil vom 10.02.2011 - 12 S 1608/08 - VBlBW 2011, 360).
52 
b) Dasselbe gilt im Hinblick auf die von den Beteiligten ursprünglich in unterschiedlicher Weise aufgefasste Bestimmung des § 89e Abs. 1 S. 1 SGB VIII. Mit seinem Urteil vom 13.12.2012 - 5 C 25.11 - (a.a.O.) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass diese Bestimmung den Einrichtungsorten Schutz vor unangemessenen Kostenbelastungen nur für denjenigen Zeitraum vermittelt, in dem die nach dieser Vorschrift maßgebende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einer Einrichtung, anderen Familie oder sonstigen Wohnform hatte (vgl. ebenso das Senatsurteil vom 10.02.2011 - 12 S 1608/08 - a.a.O.).
53 
c) Soweit die Beteiligten im Berufungsverfahren noch im Wesentlichen die Frage aufwerfen, ob der Tod des Vaters der untergebrachten J. die Anwendung von § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII beendet, trifft dieses auch nach der Auffassung des Senats in der Tat zu. Der gegenteiligen Auffassung der Beklagtenseite ist nicht zu folgen.
54 
Die Zuständigkeitsnorm des § 86 SGB VIII geht in ihrem Absatz 1 von dem Grundsatz aus, dass für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB VIII derjenige örtliche Träger zuständig ist, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 86 Abs. 1 S. 1 SGB VIII). Ist die Vaterschaft des Kindes noch nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt, tritt an die Stelle der Eltern die Mutter (§ 86 Abs. 1 S. 2 SGB VIII). Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend (§ 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII). § 86 Abs. 1 SGB VIII als zuständigkeitsrechtliche Grundnorm knüpft somit stets an den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Eltern bzw. des (nur) einen noch vorhandenen Elternteils an. Das Gesetz sieht danach das Kind nicht als singuläres Rechtssubjekt, sondern stets im Kontext mit seinen Eltern, weshalb die örtliche Zuständigkeit primär nicht an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen, sondern an das Bezugssystem Eltern-Kind anknüpft, das es nach der Zielsetzung des Gesetzes zu unterstützen und zu fördern gilt, und zwar unabhängig davon, ob die Eltern sorgeberechtigt sind oder nicht, weil auch der Entzug der elterlichen Sorge im Grundsatz keine Dauermaßnahme sein soll (vgl. Wiesner, SGB VIII, Komm., 4. Aufl., RdNr. 8 vor § 86). Wechselt der gewöhnliche Aufenthalt der Eltern bzw. des (nur) einen Elternteils, sieht das Gesetz demzufolge - auch um einen möglichst engen Kontakt zwischen Jugendamt und Eltern zu halten - im Grundsatz auch einen Wechsel der örtlichen Zuständigkeit des Jugendamts im Sinne einer sog. „wandernden“ Zuständigkeit vor (vgl. Wiesner, a.a.O., § 86 RdNr. 11), was die Berufungsbegründung verkennt, wenn sie zum Zweck der „Kontinuität“ des Hilfeprozesses eher eine sog. „statische“ Zuständigkeit favorisiert.
55 
Sämtliche in den Absätzen 2 bis 7 des § 86 SGB VIII enthaltenen Bestimmungen stellen bloße Ausnahmeregelungen zu § 86 Abs. 1 SGB VIII dar. Hierzu rechnet auch § 86 Abs. 5 SGB VIII, der entgegen der Auffassung der Beklagten - wie sich dies bereits aus dem Wortlaut seines Satzes 1 ergibt - zur Voraussetzung hat, dass beide Elternteile (noch) leben. Begründen danach die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Solange die Personensorge indes beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit, also die Zuständigkeit die Geltung hatte, als die Elternteile noch nicht verschiedene gewöhnliche Aufenthalte hatten, bestehen (§ 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII). Nur insoweit spricht sich das Gesetz aus Gründen der Kontinuität für eine Beibehaltung der (vorherigen) Zuständigkeit aus, wofür ein Grund aber auch darin liegt, dass bei beiderseitiger elterlicher Sorge bzw. bei beiderseitiger fehlender elterlicher Sorge gar kein Anknüpfungspunkt für eine Zuständigkeitsverlagerung vorhanden wäre.
56 
Entsprechend § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII war - ohne Berücksichtigung der weiteren Ausnahmebestimmung des § 86 Abs. 6 SGB VIII (Zuständigkeit des örtlichen Trägers, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat) - auch nach dem Umzug der Mutter der J. H. von K. nach F. nach wie vor die Stadt K. als zuständiger örtlicher Jugendhilfeträger aufzufassen, denn beide Elternteile verfügten nicht über die Personensorge für das Kind. Mit dem Tod des Kindsvaters am 03.11.2007 entfiel indes der für eine Anwendung von § 86 Abs. 5 SGB VIII gesetzlich normierte Anknüpfungspunkt, nämlich der Umstand, dass beide Elternteile noch leben. Hernach bestimmte sich die örtliche Zuständigkeit für den fraglichen Hilfefall - wie ausgeführt ohne Anwendung der Sonderbestimmung des § 86 Abs. 6 SGB VIII - wiederum nach der Ausgangsbestimmung des § 86 Abs. 1 SGB VIII und hier insbesondere nach § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII, der gerade den vorliegenden Fall betrifft, dass nur noch ein Elternteil lebt. In diesem Fall ist Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeitsbestimmung dessen gewöhnlicher Aufenthalt, welcher sich - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - jedenfalls zu Beginn der Leistungsverpflichtung des Klägers aus § 86 Abs. 6 SGB VIII in der Stadt F. befand. Sich hieran anschließende Aufenthalte der Kindsmutter in Einrichtungen nach § 89e SGB VIII stellten sich wegen des mit dieser Bestimmung geregelten Schutzes der Einrichtungsorte als in kostenerstattungsrechtlicher Hinsicht unschädlich dar.
57 
Dass § 86 Abs. 5 SGB VIII zur Voraussetzung hat, dass beide Elternteile noch leben, lässt sich für den Senat insbesondere der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen. So sieht das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 09.12.2010 - 5 C 17.09 - (DVBl 2011, 236 = NVwZ-RR 2011, 203) § 86 Abs. 5 SGB VIII als diejenige Vorschrift an, die „entsprechend ihrem Charakter als umfassende Regelung für verschiedene gewöhnliche Aufenthalte der Eltern nach Leistungsbeginn“ eingreife. Nach dem Tod eines Elternteils bestehen indes keine verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalte der Eltern mehr. Noch deutlicher führt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 12.05.2011 - 5 C 4.10 - (BVerwGE 139, 378 = NVwZ-RR 2011, 768) aus, die bisherige Zuständigkeit nach § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII sei - wie dies in dem Wort „solange“ zum Ausdruck komme - auf den Zeitraum gemeinsamer oder fehlender Personensorgebeider Elternteile beschränkt. Etwa mit der Übertragung der Personensorge auf einen Elternteil entfalle deshalb die Notwendigkeit, auf die bisherige Zuständigkeit zurückzugreifen. Stattdessen sei die örtliche Zuständigkeit (wieder) an den gewöhnlichen Aufenthaltsort des personensorgeberechtigten Elternteils gebunden und „wandere“ bei künftigen Aufenthaltsänderungen mit diesem mit. Das Bundesverwaltungsgericht betont weiter, dieses vom Gesetzeswortlaut umfasste Normverständnis entspreche vor allem dem gesetzlichen Regelungszweck. Die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit sollten eine effektive Aufgabenwahrnehmung sicherstellen, weshalb § 86 SGB VIII die örtliche Zuständigkeit vorrangig und in der Regel an eine räumliche Nähe zum Erziehungsverantwortlichen knüpfe. Die dem Jugendamt im Interesse des Kindes oder Jugendlichen obliegende Aufgabe der Förderung und Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenzen erfordere eine enge und kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Eltern oder dem maßgeblichen Elternteil. Diese werde durch die räumliche Nähe zum Aufenthaltsort der Eltern oder des maßgeblichen Elternteils ermöglicht und begünstigt (BVerwG, Urt. v. 12.05.2011, a.a.O.). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, geht die Befürwortung einer „statischen“ Zuständigkeit seitens der Beklagten jedenfalls für den hier zu beurteilenden Fall, in welchem nur noch ein Elternteil lebt, fehl. Eine solche Sachlage lag auch weder der Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 09.12.2010 - 5 C 17.09 - (a.a.O.), auf das sich die Beklagte bezieht, zugrunde, noch hatte einen solchen Fall die von der ihr angeführte Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 12/2866, S. 22) im Blick.
58 
§ 86 SGB VIII soll nach allem in erster Linie den engen Kontakt zwischen den Eltern und dem verantwortlichen Jugendamt gewährleisten. Grundsätzlich soll aus Gründen der Kontaktpflege das Jugendamt örtlich zuständig sein, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Vor diesem Hintergrund stellt sich § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII als eine Ausnahmevorschrift dar, die allein den Sonderfall regeln soll, dass die Eltern verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und beiden oder keinem Elternteil die Personensorge zusteht. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass es in diesen Fällen auch dann bei der örtlichen Zuständigkeit verbleibt, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht mehr vorliegen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.03.2001 - 2 L 68/01 - FEVS 53, 25). Lebt nur noch ein Elternteil, ist nur noch mit diesem der Kontakt möglich. Dies kann am Leichtesten durch das Jugendamt geschehen, in dessen Bereich der überlebende Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Vorschrift des § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII ist daher auch dann anzuwenden, wenn sich die Zuständigkeit vor dem Tod des Elternteils nicht nach § 86 Abs. 1 S. 1, sondern etwa nach § 86 Abs. 5 SGB VIII gerichtet hat (Hess. VGH, Urteil vom 26.04.2005 - 10 UE 514/05 - FEVS 56, 529; VG Augsburg, Urteil vom 22.06.2006 - 3 K 05.274 - juris; vgl. auch Kunkel, Sozialgesetzbuch VIII, Lehr- und Praxiskommentar, 4. Aufl., § 86 RdNr. 21 und 50; Jans/Happe/Saurbier/Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, Komm., 3. Aufl., § 86 SGB VIII RdNr. 66 f.; Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl., § 86 RdNr. 14; Wiesner, a.a.O., § 86 RdNr. 10; Schellhorn u.a., SGB VIII, Komm., 4. Aufl., § 86 RdNr. 33).
59 
d) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht schließlich die Anwendung von § 89a Abs. 3 SGB VIII auf den vorliegenden Fall bejaht.
60 
Zwar setzt § 89a Abs. 3 SGB VIII voraus, dass sich während der Gewährung der Leistung nach § 89 Abs. 1 SGB VIII „der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt“ ändert, was im Fall des Todes eines Elternteils zunächst nicht ohne Weiteres gegeben wäre. Indes stellt in dem vorliegenden Fall - wie ausgeführt - der Wegzug der Kindsmutter aus K. hin nach F., der zu Lebzeiten der Eltern aufgrund der Bestimmung des § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII noch keine Relevanz hatte, nach dem Wegfall der Anwendbarkeit von § 86 Abs. 5 SGB VIII durch den Tod des Kindsvaters durchaus einen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes auch i.S.v. § 89a Abs. 3 SGB VIII dar. Das Verwaltungsgericht weist in diesem Zusammenhang zu Recht auf die Zielsetzung des § 89a Abs. 3 SGB VIII hin, auch zu verhindern, dass ein erstattungspflichtiger örtlicher Träger länger als dies sachgerecht wäre kostenerstattungspflichtig bleibt. Diese Argumentation missversteht die Berufungsbegründung ersichtlich, indem sie allein auf die Situation des erstattungsberechtigten Klägers und nicht des erstattungspflichtigen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe - hier zunächst die Stadt Köln und sodann die Beklagte - abhebt.
61 
Die teilweise Klagrücknahme sowie die Entscheidung über die Berufung führen aufgrund der §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO zu der ausgesprochenen verhältnismäßigen Kostenteilung.
62 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
63 
Beschluss
64 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 40, 52 Abs. 3 GKG auf 31.781,80 EUR festgesetzt.
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
46 
Der Senat kann über die Berufung ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§§ 125 Abs. 1 S. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
47 
1. Das Verfahren ist gemäß § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen, soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 23.02.2012 die Klage zurückgenommen hat. Insoweit ist die Vorentscheidung wirkungslos (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO).
48 
2. Soweit die Berufung infolge der Teilklagerücknahme nicht gegenstandslos geworden ist, ist sie zulässig, jedoch unbegründet.
49 
Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Leistungsklage des Klägers - in dem nunmehr noch aufrecht erhaltenen Umfang - zu Recht stattgegeben, weil dem Kläger gegen die Beklagte der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch aus § 89a Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII zukommt.
50 
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht deshalb von einer ausführlichen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 130b S. 2 VwGO). Er merkt ergänzend nur das Folgende an:
51 
a) Dass die Bestimmung des § 89a Abs. 3 SGB VIII einen eigenständigen Kostenerstattungsanspruch begründet, ist seitens des Bundesverwaltungsgerichts zwischenzeitlich geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 5 C 25.11 - juris) und bedarf daher keiner weiteren Erörterung mehr (vgl. ebenso bereits das Senatsurteil vom 10.02.2011 - 12 S 1608/08 - VBlBW 2011, 360).
52 
b) Dasselbe gilt im Hinblick auf die von den Beteiligten ursprünglich in unterschiedlicher Weise aufgefasste Bestimmung des § 89e Abs. 1 S. 1 SGB VIII. Mit seinem Urteil vom 13.12.2012 - 5 C 25.11 - (a.a.O.) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass diese Bestimmung den Einrichtungsorten Schutz vor unangemessenen Kostenbelastungen nur für denjenigen Zeitraum vermittelt, in dem die nach dieser Vorschrift maßgebende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einer Einrichtung, anderen Familie oder sonstigen Wohnform hatte (vgl. ebenso das Senatsurteil vom 10.02.2011 - 12 S 1608/08 - a.a.O.).
53 
c) Soweit die Beteiligten im Berufungsverfahren noch im Wesentlichen die Frage aufwerfen, ob der Tod des Vaters der untergebrachten J. die Anwendung von § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII beendet, trifft dieses auch nach der Auffassung des Senats in der Tat zu. Der gegenteiligen Auffassung der Beklagtenseite ist nicht zu folgen.
54 
Die Zuständigkeitsnorm des § 86 SGB VIII geht in ihrem Absatz 1 von dem Grundsatz aus, dass für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB VIII derjenige örtliche Träger zuständig ist, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 86 Abs. 1 S. 1 SGB VIII). Ist die Vaterschaft des Kindes noch nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt, tritt an die Stelle der Eltern die Mutter (§ 86 Abs. 1 S. 2 SGB VIII). Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend (§ 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII). § 86 Abs. 1 SGB VIII als zuständigkeitsrechtliche Grundnorm knüpft somit stets an den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Eltern bzw. des (nur) einen noch vorhandenen Elternteils an. Das Gesetz sieht danach das Kind nicht als singuläres Rechtssubjekt, sondern stets im Kontext mit seinen Eltern, weshalb die örtliche Zuständigkeit primär nicht an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen, sondern an das Bezugssystem Eltern-Kind anknüpft, das es nach der Zielsetzung des Gesetzes zu unterstützen und zu fördern gilt, und zwar unabhängig davon, ob die Eltern sorgeberechtigt sind oder nicht, weil auch der Entzug der elterlichen Sorge im Grundsatz keine Dauermaßnahme sein soll (vgl. Wiesner, SGB VIII, Komm., 4. Aufl., RdNr. 8 vor § 86). Wechselt der gewöhnliche Aufenthalt der Eltern bzw. des (nur) einen Elternteils, sieht das Gesetz demzufolge - auch um einen möglichst engen Kontakt zwischen Jugendamt und Eltern zu halten - im Grundsatz auch einen Wechsel der örtlichen Zuständigkeit des Jugendamts im Sinne einer sog. „wandernden“ Zuständigkeit vor (vgl. Wiesner, a.a.O., § 86 RdNr. 11), was die Berufungsbegründung verkennt, wenn sie zum Zweck der „Kontinuität“ des Hilfeprozesses eher eine sog. „statische“ Zuständigkeit favorisiert.
55 
Sämtliche in den Absätzen 2 bis 7 des § 86 SGB VIII enthaltenen Bestimmungen stellen bloße Ausnahmeregelungen zu § 86 Abs. 1 SGB VIII dar. Hierzu rechnet auch § 86 Abs. 5 SGB VIII, der entgegen der Auffassung der Beklagten - wie sich dies bereits aus dem Wortlaut seines Satzes 1 ergibt - zur Voraussetzung hat, dass beide Elternteile (noch) leben. Begründen danach die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Solange die Personensorge indes beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit, also die Zuständigkeit die Geltung hatte, als die Elternteile noch nicht verschiedene gewöhnliche Aufenthalte hatten, bestehen (§ 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII). Nur insoweit spricht sich das Gesetz aus Gründen der Kontinuität für eine Beibehaltung der (vorherigen) Zuständigkeit aus, wofür ein Grund aber auch darin liegt, dass bei beiderseitiger elterlicher Sorge bzw. bei beiderseitiger fehlender elterlicher Sorge gar kein Anknüpfungspunkt für eine Zuständigkeitsverlagerung vorhanden wäre.
56 
Entsprechend § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII war - ohne Berücksichtigung der weiteren Ausnahmebestimmung des § 86 Abs. 6 SGB VIII (Zuständigkeit des örtlichen Trägers, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat) - auch nach dem Umzug der Mutter der J. H. von K. nach F. nach wie vor die Stadt K. als zuständiger örtlicher Jugendhilfeträger aufzufassen, denn beide Elternteile verfügten nicht über die Personensorge für das Kind. Mit dem Tod des Kindsvaters am 03.11.2007 entfiel indes der für eine Anwendung von § 86 Abs. 5 SGB VIII gesetzlich normierte Anknüpfungspunkt, nämlich der Umstand, dass beide Elternteile noch leben. Hernach bestimmte sich die örtliche Zuständigkeit für den fraglichen Hilfefall - wie ausgeführt ohne Anwendung der Sonderbestimmung des § 86 Abs. 6 SGB VIII - wiederum nach der Ausgangsbestimmung des § 86 Abs. 1 SGB VIII und hier insbesondere nach § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII, der gerade den vorliegenden Fall betrifft, dass nur noch ein Elternteil lebt. In diesem Fall ist Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeitsbestimmung dessen gewöhnlicher Aufenthalt, welcher sich - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - jedenfalls zu Beginn der Leistungsverpflichtung des Klägers aus § 86 Abs. 6 SGB VIII in der Stadt F. befand. Sich hieran anschließende Aufenthalte der Kindsmutter in Einrichtungen nach § 89e SGB VIII stellten sich wegen des mit dieser Bestimmung geregelten Schutzes der Einrichtungsorte als in kostenerstattungsrechtlicher Hinsicht unschädlich dar.
57 
Dass § 86 Abs. 5 SGB VIII zur Voraussetzung hat, dass beide Elternteile noch leben, lässt sich für den Senat insbesondere der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen. So sieht das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 09.12.2010 - 5 C 17.09 - (DVBl 2011, 236 = NVwZ-RR 2011, 203) § 86 Abs. 5 SGB VIII als diejenige Vorschrift an, die „entsprechend ihrem Charakter als umfassende Regelung für verschiedene gewöhnliche Aufenthalte der Eltern nach Leistungsbeginn“ eingreife. Nach dem Tod eines Elternteils bestehen indes keine verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalte der Eltern mehr. Noch deutlicher führt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 12.05.2011 - 5 C 4.10 - (BVerwGE 139, 378 = NVwZ-RR 2011, 768) aus, die bisherige Zuständigkeit nach § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII sei - wie dies in dem Wort „solange“ zum Ausdruck komme - auf den Zeitraum gemeinsamer oder fehlender Personensorgebeider Elternteile beschränkt. Etwa mit der Übertragung der Personensorge auf einen Elternteil entfalle deshalb die Notwendigkeit, auf die bisherige Zuständigkeit zurückzugreifen. Stattdessen sei die örtliche Zuständigkeit (wieder) an den gewöhnlichen Aufenthaltsort des personensorgeberechtigten Elternteils gebunden und „wandere“ bei künftigen Aufenthaltsänderungen mit diesem mit. Das Bundesverwaltungsgericht betont weiter, dieses vom Gesetzeswortlaut umfasste Normverständnis entspreche vor allem dem gesetzlichen Regelungszweck. Die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit sollten eine effektive Aufgabenwahrnehmung sicherstellen, weshalb § 86 SGB VIII die örtliche Zuständigkeit vorrangig und in der Regel an eine räumliche Nähe zum Erziehungsverantwortlichen knüpfe. Die dem Jugendamt im Interesse des Kindes oder Jugendlichen obliegende Aufgabe der Förderung und Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenzen erfordere eine enge und kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Eltern oder dem maßgeblichen Elternteil. Diese werde durch die räumliche Nähe zum Aufenthaltsort der Eltern oder des maßgeblichen Elternteils ermöglicht und begünstigt (BVerwG, Urt. v. 12.05.2011, a.a.O.). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, geht die Befürwortung einer „statischen“ Zuständigkeit seitens der Beklagten jedenfalls für den hier zu beurteilenden Fall, in welchem nur noch ein Elternteil lebt, fehl. Eine solche Sachlage lag auch weder der Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 09.12.2010 - 5 C 17.09 - (a.a.O.), auf das sich die Beklagte bezieht, zugrunde, noch hatte einen solchen Fall die von der ihr angeführte Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 12/2866, S. 22) im Blick.
58 
§ 86 SGB VIII soll nach allem in erster Linie den engen Kontakt zwischen den Eltern und dem verantwortlichen Jugendamt gewährleisten. Grundsätzlich soll aus Gründen der Kontaktpflege das Jugendamt örtlich zuständig sein, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Vor diesem Hintergrund stellt sich § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII als eine Ausnahmevorschrift dar, die allein den Sonderfall regeln soll, dass die Eltern verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und beiden oder keinem Elternteil die Personensorge zusteht. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass es in diesen Fällen auch dann bei der örtlichen Zuständigkeit verbleibt, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht mehr vorliegen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.03.2001 - 2 L 68/01 - FEVS 53, 25). Lebt nur noch ein Elternteil, ist nur noch mit diesem der Kontakt möglich. Dies kann am Leichtesten durch das Jugendamt geschehen, in dessen Bereich der überlebende Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Vorschrift des § 86 Abs. 1 S. 3 SGB VIII ist daher auch dann anzuwenden, wenn sich die Zuständigkeit vor dem Tod des Elternteils nicht nach § 86 Abs. 1 S. 1, sondern etwa nach § 86 Abs. 5 SGB VIII gerichtet hat (Hess. VGH, Urteil vom 26.04.2005 - 10 UE 514/05 - FEVS 56, 529; VG Augsburg, Urteil vom 22.06.2006 - 3 K 05.274 - juris; vgl. auch Kunkel, Sozialgesetzbuch VIII, Lehr- und Praxiskommentar, 4. Aufl., § 86 RdNr. 21 und 50; Jans/Happe/Saurbier/Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, Komm., 3. Aufl., § 86 SGB VIII RdNr. 66 f.; Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl., § 86 RdNr. 14; Wiesner, a.a.O., § 86 RdNr. 10; Schellhorn u.a., SGB VIII, Komm., 4. Aufl., § 86 RdNr. 33).
59 
d) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht schließlich die Anwendung von § 89a Abs. 3 SGB VIII auf den vorliegenden Fall bejaht.
60 
Zwar setzt § 89a Abs. 3 SGB VIII voraus, dass sich während der Gewährung der Leistung nach § 89 Abs. 1 SGB VIII „der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt“ ändert, was im Fall des Todes eines Elternteils zunächst nicht ohne Weiteres gegeben wäre. Indes stellt in dem vorliegenden Fall - wie ausgeführt - der Wegzug der Kindsmutter aus K. hin nach F., der zu Lebzeiten der Eltern aufgrund der Bestimmung des § 86 Abs. 5 S. 2 SGB VIII noch keine Relevanz hatte, nach dem Wegfall der Anwendbarkeit von § 86 Abs. 5 SGB VIII durch den Tod des Kindsvaters durchaus einen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes auch i.S.v. § 89a Abs. 3 SGB VIII dar. Das Verwaltungsgericht weist in diesem Zusammenhang zu Recht auf die Zielsetzung des § 89a Abs. 3 SGB VIII hin, auch zu verhindern, dass ein erstattungspflichtiger örtlicher Träger länger als dies sachgerecht wäre kostenerstattungspflichtig bleibt. Diese Argumentation missversteht die Berufungsbegründung ersichtlich, indem sie allein auf die Situation des erstattungsberechtigten Klägers und nicht des erstattungspflichtigen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe - hier zunächst die Stadt Köln und sodann die Beklagte - abhebt.
61 
Die teilweise Klagrücknahme sowie die Entscheidung über die Berufung führen aufgrund der §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO zu der ausgesprochenen verhältnismäßigen Kostenteilung.
62 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
63 
Beschluss
64 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 40, 52 Abs. 3 GKG auf 31.781,80 EUR festgesetzt.
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten in Höhe von 25 387,40 €, die er vom 1. Dezember 2003 bis zum 30. September 2007 für die Vollzeitpflege einer Hilfeempfängerin in einer in seinem Kreisgebiet lebenden Pflegefamilie aufgewandt hat.

2

Die am 23. Juni 1989 geborene Hilfeempfängerin wohnte bis zum 14. Oktober 1999 bei ihrer nicht sorgeberechtigten Mutter in Frankfurt am Main. Der allein personensorgeberechtigte Vater lebte zu diesem Zeitpunkt im Gebiet der Beklagten. Am 15. Oktober 1999 zog die Hilfeempfängerin aufgrund einer Vereinbarung zwischen ihrem Vater und dessen Halbschwester zu ihrer Tante und ihrem Onkel in die im Gebiet des Klägers gelegene Stadt N.

3

Auf Antrag des Vaters der Hilfeempfängerin gewährte die Beklagte ab dem 5. November 1999 Hilfe zur Erziehung in Form eines monatlichen Tagespflegegeldes und ab dem 19. Juni 2000 Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege.

4

Mit Beschluss vom 5. April 2002 entzog das Amtsgericht R. dem Vater die elterliche Sorge für die Hilfeempfängerin und übertrug sie auf deren Tante und Onkel. Ab dem 1. Dezember 2003 übernahm der Kläger den Jugendhilfefall in seine Zuständigkeit. Am 1. Oktober 2003 war der Vater der Hilfeempfängerin nach der im Gebiet B. gelegenen Stadt M. verzogen und ab 1. Januar 2006 wohnte er in der im Gebiet M. gelegenen Stadt B.

5

Eine gegen die Stadt Frankfurt am Main gerichtete Klage des Klägers auf Erstattung der von ihm seit der Übernahme des Hilfefalls in die eigene Zuständigkeit aufgewandten Kosten wurde vom Verwaltungsgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 4. Februar 2008 - 7 E 741/07 - rechtskräftig abgewiesen. Die Stadt Frankfurt am Main sei nicht die zuvor zuständige Trägerin der örtlichen Jugendhilfe im Sinne des § 89a Abs. 1 SGB VIII. Bei Beginn der Leistung - unabhängig davon, ob dieser auf den 5. November 1999 oder den 19. Juni 2000 zu datieren sei - sei die Beklagte gemäß § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII örtlich zuständig gewesen. Diese Zuständigkeit sei auch in der Folgezeit bestehen geblieben. Eine nach § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII begründete Zuständigkeit müsse sich nur dann verändern, wenn der gewöhnliche Aufenthalt des personensorgeberechtigten Elternteils wechsle oder die Personensorge auf den anderen Elternteil übergehe. Werde hingegen - wie hier - die Personensorge dem allein sorgeberechtigten Elternteil entzogen, berühre dies die Zuständigkeit nach § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII nicht. Auch die anschließenden Veränderungen des gewöhnlichen Aufenthalts des Vaters der Hilfeempfängerin habe die Zuständigkeit der Beklagten nicht entfallen lassen. Eine räumliche Nähe zu dessen Aufenthaltsort sei entbehrlich, da infolge fehlenden Personensorgerechts kein Bedarf an einer engen Zusammenarbeit des Jugendamtes mit dem Vater bestehe.

6

Unter Hinweis auf dieses Urteil begehrte der Kläger von der Beklagten die Erstattung der von ihm für die Vollzeitpflege der Hilfeempfängerin aufgewandten Kosten. Die Beklagte lehnte eine Erstattung ab. Ihrer Ansicht nach sei die örtliche Zuständigkeit des Klägers nach § 86 Abs. 3 i.V.m. § 86 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII begründet. Es sei nicht erforderlich, dass die Personensorge bereits vor Beginn der Leistung, d.h. der Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege, keinem Elternteil zugestanden habe. Denn § 86 Abs. 3 SGB VIII sehe lediglich eine entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII vor.

7

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und sich der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main angeschlossen, dass § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII in der vorliegenden Konstellation als statische Vorschrift aufzufassen sei. Zusätzlich hat es sich auf § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII gestützt, der ebenfalls für einen Verbleib der Zuständigkeit beim Beklagten spreche.

8

Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei nicht die zuvor zuständige Trägerin der örtlichen Jugendhilfe im Sinne des § 89a Abs. 1 SGB VIII. Die ursprünglich nach § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII begründete Zuständigkeit der Beklagten sei mit dem Entzug des Sorgerechts und seiner Übertragung auf die Tante und den Onkel der Hilfeempfängerin nachträglich entfallen. Denn für die örtliche Zuständigkeit gelte nunmehr § 86 Abs. 3 i.V.m. § 86 Abs. 2 Satz 2 und 4 SGB VIII entsprechend. Danach werde jedenfalls eine Zuständigkeit der Beklagten nicht begründet. Werde für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit auf den Beginn der Vollzeitpflege abgestellt, sei die Klägerin originär zuständig gewesen, weil die Hilfeempfängerin während der letzten sechs Monate vor der Vollzeitpflege ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht bei einem Elternteil, sondern bei ihrer Tante und ihrem Onkel gehabt habe, die im Gebiet des Klägers wohnten. Werde der Beginn der Tagespflege 1999 zugrunde gelegt, sei eine Zuständigkeit der Stadt Frankfurt am Main gegeben, da sich die Hilfeempfängerin vor der Bewilligung der Tagespflege zuletzt bei ihrer Mutter aufgehalten habe. Der von § 89a SGB VIII bezweckte Schutz der Pflegestellenorte werde damit nicht unterlaufen. Dass der Kläger die Stadt Frankfurt am Main aufgrund des rechtskräftigen Urteils des dortigen Verwaltungsgerichts tatsächlich nicht mehr in Anspruch nehmen könne, ändere daran nichts.

9

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Kostenerstattung weiter. Er rügt eine Verletzung der §§ 86 und 89a SGB VIII.

10

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil es zu Unrecht die Erstattungspflicht der Beklagten nach § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII als der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage verneint hat, und ist daher unter Zurückweisung der Berufung aufzuheben (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

12

1. Nach § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind Kosten, die ein örtlicher Träger aufgrund einer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Grund für diese Erstattungsregelung ist, dass der Gesetzgeber mit § 86 Abs. 6 SGB VIII aus Gründen der Praktikabilität die örtliche Zuständigkeit an den gewöhnlichen Aufenthalt der Pflegeperson binden wollte, dass aber, wie § 89a SGB VIII zeigt, letztlich ein anderer als der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständige Träger verpflichtet sein sollte, die Kosten zu tragen (Urteil vom 30. September 2009 - BVerwG 5 C 18.08 - BVerwGE 135, 58 = Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 9 jeweils Rn. 31 m.w.N.). Dementsprechend ist der Anwendungsbereich des § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ab dem Zeitpunkt eröffnet, zu dem die örtliche Zuständigkeit eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nach § 86 Abs. 6 SGB VIII begründet wird (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 17. Dezember 2004 - 12 A 11228/04 - FEVS 56, 420; Wiesner, SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 89a Rn. 3; Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2006, § 89a Rn. 2; s.a. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 5 C 14.09 - juris Rn. 13 m.w.N.). Die Kostenerstattungspflicht bleibt gemäß § 89a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII auch bestehen, wenn die Leistung über die Volljährigkeit hinaus nach § 41 SGB VIII fortgesetzt wird.

13

Wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert, gehen diese zu Recht übereinstimmend davon aus, dass die örtliche Zuständigkeit des Klägers am 15. Oktober 2001 nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII begründet wurde und der Kläger dementsprechend die Kosten für die Vollzeitpflege der Hilfeempfängerin in dem streitbefangenen Zeitraum vom 1. Dezember 2003 bis zum 30. September 2007 im Sinne des § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII "aufgrund einer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 aufgewendet hat". Des Weiteren steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit, dass die Beklagte im Sinne des § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII "zuvor" nach § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII zuständig war, weil der bei Leistungsbeginn (siehe dazu 2.1) allein personensorgeberechtigte Vater der Hilfeempfängerin bis zum Zuständigkeitswechsel nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII seinen gewöhnlichen Aufenthalt in deren Gebiet hatte. Ebenso ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass sich der Eintritt der Volljährigkeit der Hilfeempfängerin am 23. Juni 2007 auf die Kostenerstattungspflicht nicht auswirkt. Auch die Höhe des geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist nicht umstritten. Zu entscheiden ist allein, ob die Kostenerstattungspflicht der Beklagten nach § 89a Abs. 3 SGB VIII durch den Entzug des Sorgerechts des Vaters der Hilfeempfängerin oder dessen nachfolgende Aufenthaltsänderungen entfallen ist. Dies ist nicht der Fall.

14

2. Nach § 89a Abs. 3 SGB VIII wird, wenn sich während der Gewährung der Leistung nach Absatz 1 der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt ändert, der örtliche Träger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII örtlich zuständig geworden wäre. Die Leistung, auf deren Gewährung nach § 89a Abs. 3 i.V.m. § 89a Abs. 1 SGB VIII abzustellen ist, ist die ab dem 5. November 1999 bis zum 30. September 2007 als einheitliche Leistung erbrachte Jugendhilfe zunächst in Form des Tagespflegegeldes, dann in Form der Vollzeitpflege und zuletzt in Form der Hilfe für junge Volljährige (2.1). Es kann hier offenbleiben, ob § 89a Abs. 3 SGB VIII den Wechsel der Kostenerstattungspflicht auf die Fälle beschränkt, in denen sich während der Gewährung dieser Leistung der nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt ändert oder ob § 89a Abs. 3 SGB VIII auch Anwendung findet, wenn sich andere für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgebliche Umstände ändern. Denn in beiden Fällen ist die Kostenerstattungspflicht der Beklagten nicht entfallen (2.2).

15

2.1 Die Leistung im Sinne des § 89a Abs. 3 i.V.m. § 89a Abs. 1 SGB VIII bestimmt sich nach dem zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriff des Kinder- und Jugendhilferechts. Danach sind alle zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen eine einheitliche Leistung, zumal wenn sie im Einzelfall nahtlos aneinander anschließen, also ohne beachtliche (vgl. § 86a Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB VIII) zeitliche Unterbrechung gewährt werden. Dies gilt auch dann, wenn bei dem vielfach auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess sich die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfes verschieben und für die Ausgestaltung der Hilfe Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bis hin zu einem Wechsel der Hilfeart erforderlich werden, die Hilfegewährung im Verlauf des ununterbrochenen Hilfeprozesses also einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII zuzuordnen oder innerhalb des Sozialgesetzbuches Achtes Buch nach einer anderen Rechtsgrundlage zu gewähren ist (stRspr, grundlegend Urteil vom 29. Januar 2004 - BVerwG 5 C 9.03 - BVerwGE 120, 116 <119> = Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 2; vgl. zuletzt Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 5 C 12.09 - juris Rn. 22).

16

In Anwendung dieses Begriffes sind das ab dem 5. November 1999 gewährte Tagespflegegeld (§ 23 SGB VIII), die im Anschluss daran ohne zeitliche Unterbrechung ab dem 19. Juni 2000 gewährte Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§§ 27, 33 SGB VIII), die über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus bis zum 30. September 2007 der Sache nach als Hilfe für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII) fortgesetzt wird, als einheitliche Leistung zu werten. Denn sie beruhen - wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt haben - auf einem qualitativ unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarf.

17

2.2 Der Entzug des Sorgerechts des bis dahin allein personensorgeberechtigten Vaters und die Begründung neuer gewöhnlicher Aufenthalte durch ihn außerhalb des Gebietes der Beklagten in der Folgezeit führen nicht dazu, dass die Kostenerstattungspflicht gemäß § 89a Abs. 3 SGB VIII auf einen anderen örtlichen Träger übergangen ist.

18

a) Ist § 89a Abs. 3 SGB VIII seinem Wortlaut entsprechend dahingehend auszulegen, dass ausschließlich eine Änderung des nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgeblichen gewöhnlichen Aufenthalts zu einem Wechsel der Kostenerstattungspflicht führt (vgl. z.B. Verwaltungsgericht Würzburg, Urteil vom 24. März 2005 - W 6 K 05.173 - juris Rn. 13 f.; etwa auch W. Schellhorn, in: Schellhorn/Fischer/Mann, SGB VIII, 3. Aufl. 2007, § 89a Rn. 9; Wiesner, a.a.O. § 89a Rn. 10 und Kunkel, a.a.O. § 89a Rn. 7), wäre die Erstattungspflicht der Beklagten mit dem Entzug des Sorgerechts des Vaters durch den Beschluss des Amtsgerichts R. vom 5. April 2002 mangels Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 89a Abs. 3 SGB VIII nicht entfallen. Denn der Vater der Hilfeempfängerin hat zu diesem Zeitpunkt nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt geändert. Er hat diesen vielmehr zunächst im Gebiet der Beklagten aufrechterhalten.

19

Die Kostenerstattungspflicht der Beklagten würde bei dieser engen Auslegung auch nicht dadurch enden, dass der Vater der Hilfeempfängerin am 1. Oktober 2003 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in die im Gebiet B. gelegene Stadt M. verlegt und am 1. Januar 2006 in der im Gebiet M. gelegenen Stadt B. einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat. Durch den vorherigen Entzug des Sorgerechts ist der gewöhnliche Aufenthalt des Vaters der Hilfeempfängerin in der Folgezeit für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nicht (mehr) maßgeblich gewesen. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Vater der Hilfeempfängerin (erneut) einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII mit der Mutter der Hilfeempfängerin begründet hätte, was hier nicht der Fall ist.

20

b) Im Ergebnis gilt nichts Anderes, wenn § 89a Abs. 3 SGB VIII dahingehend auszulegen ist, dass die Verweisung auf § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII - der generellen Zielsetzung der Kostenerstattungsregelungen folgend, eine gleichmäßige Kostenverteilung zwischen den einzelnen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe zu gewährleisten - als allgemeine und umfassende Verweisung in diese Zuständigkeitsregelungen zu verstehen und demzufolge jede Änderung der für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgeblichen Umstände im Rahmen des § 89a Abs. 3 SGB VIII zu berücksichtigen ist. Bei einem derartigen Normverständnis würde der Entzug des Sorgerechts des Vaters am 5. April 2002 keinen Wechsel des erstattungspflichtigen Trägers nach § 89a Abs. 3 SGB VIII herbeiführen, da die Änderung des Personensorgerechts - wie im Folgenden zu zeigen ist - gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII gerade bewirkt, dass die bisherige Zuständigkeit der Beklagten nach § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII bestehen geblieben ist.

21

Der Fall, dass die Elternteile - wie hier - vor und nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen und dem allein personensorgeberechtigten Elternteil nach Beginn der Leistung das Sorgerecht entzogen wird, sodass keinem Elternteil (mehr) die Personensorge zusteht, fällt nach der Rechtsprechung des Senats in den Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 SGB VIII. Die Zuständigkeitsregelung des § 86 Abs. 3 SGB VIII ist insoweit nicht anwendbar. Der Senat hat in seinem dem Oberverwaltungsgericht im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung noch nicht bekannten Urteil vom 30. September 2009 entschieden, dass § 86 Abs. 5 SGB VIII alle Fallgestaltungen erfasst, in denen die Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen. Satz 1 ist dabei anwendbar, wenn die elterliche Sorge einem Elternteil zusteht, Satz 2 regelt die Fälle gemeinsamer oder - wie hier - fehlender Personensorge. Die zeitliche Abfolge der zuständigkeitsrelevanten Kriterien ("Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte" oder "gemeinsame oder fehlende Personensorge beider Elternteile") hat auf die Bestimmung der Zuständigkeit nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII keinen Einfluss. Mit der "bisherigen Zuständigkeit" im Sinne des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII ist die Zuständigkeit gemeint, die vor dem Zeitpunkt, zu dem eine Prüfung und gegebenenfalls Neubestimmung der örtlichen Zuständigkeit veranlasst ist, zuletzt bestanden hat (Urteil vom 30. September 2009 a.a.O. jeweils Rn. 22 ff.). Daran hält der Senat fest.

22

Der Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 SGB VIII ist nicht auf die in jener Entscheidung ausdrücklich erwähnten Fallgestaltungen beschränkt, in denen die Eltern erstmals nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen und gegebenenfalls im Anschluss daran ihren Aufenthalt unter Aufrechterhaltung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte erneut verändern (Urteil vom 30. September 2009 a.a.O. jeweils Rn. 22). Vielmehr greift die Vorschrift entsprechend ihrem Charakter als umfassende Regelung für verschiedene gewöhnliche Aufenthalte der Eltern nach Leistungsbeginn auch ein, wenn die Eltern - wie hier - bereits vor bzw. bei Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und solche während des Leistungsbezugs beibehalten. § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII greift nur so lange, als sich weder an dem gewöhnlichen Aufenthalt des allein personensorgeberechtigten Elternteils noch an der Zuordnung/Übertragung der Personensorge etwas ändert. Die Anwendbarkeit des § 86 Abs. 5 SGB VIII endet erst mit der Einstellung der Leistung bzw. der Gewährung einer (zuständigkeitsrechtlich) neuen Leistung oder der (erneuten) Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne von § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (s. insoweit auch Urteil vom 30. September 2009 a.a.O. jeweils Rn. 24). Daraus ergibt sich zugleich, dass § 86 Abs. 3 SGB VIII nur die Fälle erfasst, in denen die Eltern vor bzw. bei Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und schon in diesem Zeitpunkt keinem Elternteil die Personensorge zusteht.

23

Aufgrund der zuständigkeitsbestimmenden Wirkung des Personensorgerechts im Falle verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte der Eltern während eines Leistungsbezugs im Sinne des § 86 Abs. 5 SGB VIII ist eine Überprüfung der örtlichen Zuständigkeit und gegebenenfalls ein Wechsel der diesbezüglichen Rechtsgrundlage auch bei einer alleinigen Änderung des Personensorgerechts ohne zeitgleiche Änderung des (zuständigkeitsrelevanten) Aufenthalts veranlasst (offengelassen im Urteil vom 30. September 2009 a.a.O. jeweils Rn. 28).

24

Nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen liegt hier ein Fall des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII vor, weil nach dem Entzug des Sorgerechts des Vaters kein Elternteil mehr personensorgeberechtigt war. Dies hat zur Folge, dass die bisherige Zuständigkeit der Beklagten nach § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII bestehen geblieben ist.

25

Auch die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts des Vaters der Hilfeempfängerin am 1. Oktober 2003 in der Stadt M. bzw. am 1. Januar 2006 in der Stadt B. würde die Erstattungspflicht der Beklagten nicht nach § 89a Abs. 3 SGB VIII entfallen lassen. Als Folge der Festschreibung der bisherigen Zuständigkeit der Beklagten nach § 86 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII zum 5. April 2002 wären die zeitlich nachfolgenden Aufenthaltsänderungen des Vaters der Hilfeempfängerin zuständigkeits- und damit auch kostenerstattungsrechtlich unbeachtlich.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 6 aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Die Kostenerstattungspflicht bleibt bestehen, wenn die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt ändert oder wenn die Leistung über die Volljährigkeit hinaus nach § 41 fortgesetzt wird.

(2) Hat oder hätte der nach Absatz 1 kostenerstattungspflichtig werdende örtliche Träger während der Gewährung einer Leistung selbst einen Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen oder den überörtlichen Träger, so bleibt oder wird abweichend von Absatz 1 dieser Träger dem nunmehr nach § 86 Absatz 6 zuständig gewordenen örtlichen Träger kostenerstattungspflichtig.

(3) Ändert sich während der Gewährung der Leistung nach Absatz 1 der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Absatz 1 bis 5 maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt, so wird der örtliche Träger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung des § 86 Absatz 6 örtlich zuständig geworden wäre.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

Tatbestand

1

Die beteiligten Landkreise streiten in ihrer Eigenschaft als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe um die Erstattung von Kosten, die der Kläger ab dem 1. September 2011 für die Gewährung von Jugendhilfeleistungen in dem Fall "T. K." aufgewendet hat.

2

Die Ehe der Eltern des im Januar 1996 geborenen T. wurde im November 2009 rechtskräftig geschieden. Die elterliche Sorge für ihren Sohn steht beiden Eltern gemeinsam zu. T.s Vater wohnte bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht im Kreis E. T. und seine Mutter verzogen zum 1. Oktober 2009 aus dem Kreis E. in den Zuständigkeitsbereich des Klägers. Zum 1. September 2011 zogen beide in das Kreisgebiet des Beklagten um, innerhalb dessen sie zum 1. November 2011 erneut den Wohnort wechselten.

3

Nachdem T. bereits im Jahr 2007 durch einen sehr unregelmäßigen Schulbesuch aufgefallen und es in diesem Jahr wie auch in den Folgejahren immer wieder zu erheblichen Fehlzeiten gekommen war, bewilligte der Kläger der Kindesmutter ab dem 20. Juni 2011 sozialpädagogische Familienhilfe. Ab dem 1. Januar 2012 gewährte er ihr zudem Leistungen in Form des Erziehungsbeistands. Die Hilfeleistung wurde zum 31. März 2013 bzw. 30. Juni 2013 eingestellt, nachdem ein weiterer Hilfebedarf nicht mehr bestand.

4

Ohne Erfolg ersuchte der Kläger den Beklagten aus Anlass der Ummeldung T.s und seiner Mutter zum 1. September 2011, den Fall in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen und ein Kostenanerkenntnis ab Zuzug zu erteilen.

5

Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verurteilt, dem Kläger die in dem Zeitraum vom 1. September 2011 bis zum 31. Mai 2012 aufgewendeten Jugendhilfeleistungen in Höhe von 4 912,89 € zu erstatten, wobei der Betrag mit fünf Prozent über dem Basiszinssatz ab Klageerhebung aus einem Betrag von 2 392,84 € und ab dem 12. Juli 2009 aus einem Betrag von 4 912,89 € zu verzinsen sei. Zugleich hat es festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, den Fall in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen. Wegen weitergehend beantragter Prozesszinsen hat es die Klage abgewiesen.

6

Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 89c Abs. 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VIII - nicht zu. Es fehle bereits an dem hiernach erforderlichen Wechsel der örtlichen Zuständigkeit. Der Kläger sei gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII selbst zuständig geblieben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfasse diese Vorschrift sämtliche Fallgestaltungen, in denen Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besäßen. Im Übrigen stehe einem Erstattungsanspruch des Klägers auch § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII entgegen. Die Erfüllung der Aufgaben in dem betreffenden Jugendhilfefall habe nicht den Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch entsprochen. Die Gewährung sozialpädagogischer Familienhilfe habe zumindest das Einverständnis von T.s Vater erfordert. Dieser habe jedoch weder die Bewilligung der Hilfe zur Erziehung beantragt noch deren Gewährung zugestimmt.

7

Im November 2012 hat T.s Vater rückwirkend seine Zustimmung zu den bislang gewährten Jugendhilfeleistungen erklärt und die Fortführung der bewilligten Maßnahmen beantragt.

8

Mit Schriftsätzen vom 28. Oktober 2013 und 4. November 2013 haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Feststellungsbegehrens übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

9

Im Übrigen verfolgt der Kläger sein Erstattungsbegehren im Revisionsverfahren weiter. Er ist der Auffassung, das Berufungsurteil verletze § 89c Abs. 1 i.V.m. § 86c i.V.m. § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII. In Fällen, in denen der sorgeberechtigte Elternteil in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe verziehe, sei die durch § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII bewirkte Festschreibung der örtlichen Zuständigkeit für eine effektive Aufgabenwahrnehmung der Jugendämter kontraproduktiv, da sie dem Gebot zuwiderlaufe, die räumliche Nähe zwischen dem maßgeblichen sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind einerseits und dem Jugendamt andererseits zu wahren. Während die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf Fallgestaltungen gründe, in denen beide Elternteile nicht mehr sorgeberechtigt gewesen seien, werde ihre Erstreckung auf den Fall, dass beide Elternteile weiterhin die Personensorge ausüben würden, dem Zweck der Sicherstellung einer effektiven Aufgabenwahrnehmung durch die Jugendämter nicht gerecht. In einer solchen Konstellation könne das zuständige Jugendamt seiner Verantwortung auf Grund der räumlichen Entfernung zu dem sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind im Wege der hierdurch erforderlich werdenden Inanspruchnahme von Amtshilfe nicht mehr in der gebotenen Weise gerecht werden. Eine entsprechende Festschreibung der örtlichen Zuständigkeit stünde zudem in Widerspruch zu § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, der von einer grundsätzlich dynamischen Zuständigkeit ausgehe. § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII widerstreite einer Erstattung nicht. Ungeachtet der zwischenzeitlich abgegebenen Zustimmungserklärung des Kindesvaters sei die Beantragung ambulanter Hilfen nach § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB eine Angelegenheit des täglichen Lebens. Eine Fremdunterbringung habe nicht in Rede gestanden. Durch die Gewährung sozialpädagogischer Familienhilfe in geringem Umfang und die Bewilligung der Erziehungsbeistandschaft seien erhebliche Entscheidungen nicht getroffen worden. Deren Auswirkungen seien zudem ohne Weiteres abänderbar.

10

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

11

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Feststellungsbegehrens übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren gemäß § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Umfang der Teilerledigung sind das erstinstanzliche und das Berufungsurteil wirkungslos geworden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

12

Im Übrigen hat die Revision des Klägers Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Erstattungsklage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der Kosten, die ihm in dem Jugendhilfefall im Zeitraum vom 1. September 2011 bis zum 31. Mai 2012 entstanden sind, aus § 89c Abs. 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Art. 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990, BGBl I S. 1163) - SGB VIII - i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) zu. Danach sind Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86c SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, der nach dem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zuständig geworden ist.

13

Der Kläger hat als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe im maßgeblichen Zeitraum vom 1. September 2011 bis zum 31. Mai 2012 der Kindesmutter Hilfe zur Erziehung in Form der sozialpädagogischen Familienhilfe gemäß § 31 SGB VIII gewährt und Leistungen in Form der Erziehungsbeistandschaft gemäß § 30 SGB VIII erbracht und dafür die Kosten getragen, deren Höhe zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht. Er hat die Kosten im Rahmen einer Verpflichtung nach § 86c SGB VIII i.d.F. der Bekanntmachungen vom 14. Dezember 2006 (BGBl I S. 3134) bzw. vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) aufgewendet. § 86c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII verpflichtet den bisher zuständigen örtlichen Jugendhilfeträger, die Leistung so lange zu gewähren, bis der infolge des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit nunmehr zuständige örtliche Jugendhilfeträger die Leistung fortsetzt. Der bei Beginn der Leistung am 20. Juni 2011 (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - BVerwGE 141, 77 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 15 jeweils Rn. 18 m.w.N.) nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständige Kläger war im maßgeblichen Zeitraum nicht mehr örtlich zuständig.

14

Das Oberverwaltungsgericht hat unter Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) angenommen, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Klägers mit dem Umzug der Kindesmutter in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten am 1. September 2011 auf § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i.d.F. der Bekanntmachungen vom 14. Dezember 2006 (BGBl I S. 3134) bzw. vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) gründe (1.). Auf diesem Rechtsverstoß beruht das Berufungsurteil, weil der Beklagte zu diesem Zeitpunkt nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständig geworden und bis zum Ende des entscheidungserheblichen Zeitraums geblieben ist (2.).

15

1. Gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII in der vorstehenden Fassung - die Änderung der Norm durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Verwaltungsvereinfachung in der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfevereinfachungsgesetz - KJVVG) vom 29. August 2013 (BGBl I S. 3464) beansprucht Geltung erst mit Wirkung vom 1. Januar 2014 - bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen, solange die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht. Die Regelung knüpft tatbestandlich an § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII an (a). Hinsichtlich der Reichweite dieser Anknüpfung ist zwischen den Fallgestaltungen des Bestehens einer gemeinsamen elterlichen Sorge einerseits und des Nichtzustehens der elterlichen Sorge andererseits zu differenzieren (b).

16

a) Nach § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII wird für den Fall, dass die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt nach § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 SGB VIII auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind.

17

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 SGB VIII weit verstanden worden. Die Zuständigkeitsregelung erfasse sämtliche Fallgestaltungen, in denen Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen. Ihr Anwendungsbereich sei nicht auf Fälle beschränkt, in denen die Eltern erstmals nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründeten und gegebenenfalls im Anschluss daran ihren Aufenthalt unter Aufrechterhaltung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte erneut veränderten. Vielmehr greife die Vorschrift entsprechend ihrem Charakter als umfassende Regelung für verschiedene gewöhnliche Aufenthalte der Eltern nach Leistungsbeginn auch ein, wenn die Eltern bereits vor bzw. bei Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und solche während des Leistungsbezugs beibehielten (Urteile vom 30. September 2009 - BVerwG 5 C 18.08 - BVerwGE 135, 58 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 9 jeweils Rn. 22 ff., vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 5 C 17.09 - Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 12 Rn. 21, vom 12. Mai 2011 - BVerwG 5 C 4.10 - BVerwGE 139, 378 = Buchholz 436.511 § 88 SGB VIII/KJHG Nr. 1 jeweils Rn. 17 und vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - BVerwGE 141, 77 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 15 jeweils Rn. 35 ff.).

18

Obgleich diese Entscheidungen allein zu Fallkonstellationen ergangen sind, in denen die Eltern vor und nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besaßen und keinem Elternteil das Sorgerecht zustand (vgl. § 86 Abs. 3 SGB VIII), sind die genannten Rechtssätze des Senats weiter gefasst worden. Soweit der Anwendungsbereich der zu § 86 Abs. 5 SGB VIII formulierten Rechtssätze auch § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII einschloss, hält der Senat daran nicht fest. § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII bezieht sich vielmehr nur auf solche Fallgestaltungen, in denen Eltern nach Leistungsbeginn erstmals verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen und in der Folge beibehalten (vgl. Leitsatz 1 des Urteils vom 30. September 2009 a.a.O.).

19

Hierfür spricht grammatikalisch eine Gesamtbetrachtung der Wörter "Begründen", "nach Beginn der Leistung" und "wird" in § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII. Das Wort "Begründen" impliziert nach seinem Wortsinn, dass die Elternteile vor der zuständigkeitsrelevanten Veränderung des gewöhnlichen Aufenthalts eines oder beider Elternteile einen gewöhnlichen Aufenthalt innerhalb des Zuständigkeitsbereichs desselben Trägers der öffentlichen Jugendhilfe hatten, sei es, dass sie zusammenlebten, sei es, dass sie innerhalb des Jugendamtsbezirks getrennt lebten, und nunmehr erstmals nach Beginn der Leistung gewöhnliche Aufenthalte in den Zuständigkeitsbereichen verschiedener Jugendhilfeträger nehmen. Dieser Wortsinn erschließt sich gerade aus dem Vergleich mit demjenigen des § 86 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 Satz 1 SGB VIII ("Haben", "ist").

20

Die Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII auf die Fälle der erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte von Elternteilen, die sich zuvor innerhalb des Zuständigkeitsbereichs desselben Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gewöhnlich aufhielten und damit von § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erfasst waren, trägt auch der Systematik des § 86 SGB VIII Rechnung. Sie wird dadurch gestützt, dass diese erstmalige Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte in § 86 SGB VIII keine anderweitige Regelung erfahren hat. § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII knüpft die örtliche Zuständigkeit für Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe nach diesem Buch an den gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern im Zuständigkeitsbereich eines einzigen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe an. Die Norm ist zuständigkeitsbestimmend in den Fällen sowohl des Innehabens des gewöhnlichen Aufenthalts beider Elternteile im Bezirk eines Jugendhilfeträgers vor und bei Beginn der Leistung als auch der Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts beider Elternteile im Zuständigkeitsbereich eines einzigen (anderen) Jugendhilfeträgers nach Beginn der Leistung. Der zeitliche Geltungsbereich des § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII endet mit der erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte im Sinne des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII. Demgegenüber wird die Fallgestaltung, dass beide Eltern bereits bei Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte im Zuständigkeitsbereich verschiedener Träger der öffentlichen Jugendhilfe hatten und diese in der Folge entweder beibehalten oder in die Bezirke anderer Jugendhilfeträger verlagern, grundsätzlich von § 86 Abs. 2 und 3 SGB VIII erfasst. § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII findet in diesen letztgenannten Fällen keine Anwendung, da verschiedene gewöhnliche Aufenthalte nicht erstmals "begründet" werden.

21

Für das vorstehende Verständnis spricht auch die Entstehungsgeschichte der Rechtsnorm. Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom 16. Februar 1993 (BGBl I S. 239) wollte der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung Schwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten bei der Auslegung und Anwendung einzelner Bestimmungen des Gesetzes in der Praxis begegnen und Regelungslücken und wenig praktikablen Lösungen bei der Anwendung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen, unter anderem auch der Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit, begegnen (BTDrucks 12/2866 S. 15). Zu § 86 Abs. 5 SGB VIII führte die Entwurfsbegründung aus, die Norm solle § 85 Abs. 4 SGB VIII in der Ursprungsfassung des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom 26. Juni 1990 (BGBl I S. 1163 - SGB VIII 1990) ersetzen (BTDrucks 12/2866 S. 22). Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII 1990 wurde für den Fall, dass sich die Eltern nach der Einleitung der Maßnahme trennen, das Jugendamt zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder nimmt. Die Norm ging auf § 76 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (- Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts - BTDrucks 11/5948 S. 25) zurück. Zu dessen Begründung führte die seinerzeitige Entwurfsbegründung aus, die Vorschrift solle den Fällen Rechnung tragen, in denen die Eltern sich nach der Einleitung der Maßnahme trennen (BTDrucks 11/5948 S. 103 f.). Dies lässt erkennen, dass § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII nach dem Willen des Gesetzgebers - ebenso wie § 85 Abs. 4 SGB VIII 1990 an § 85 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII 1990 anknüpfte - in unmittelbarem Bezug zu § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII stehen sollte. Anders lassen sich die Hinweise auf die "nachträgliche Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte durch die beiden Elternteile" und die "Trennung der Eltern" nicht deuten (in diesem Sinne auch Eschelbach, JAmt 2011, 233 <235>).

22

b) § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII, der die Fälle des fehlenden Sorgerechts beider Elternteile nach Leistungsbeginn regelt, findet auch dann Anwendung, wenn die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen (aa). Anders verhält es sich für die Fälle des gemeinsamen Sorgerechts der Eltern, weil § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII dahin auszulegen ist, dass die Vorschrift auf die Voraussetzungen des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII in vollem Umfang Bezug nimmt und damit auch ein (erstmaliges) Begründen verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte nach Leistungsbeginn voraussetzt (bb).

23

aa) Das Bundesverwaltungsgericht ist bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass sich § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII allein auf das Merkmal "nach Beginn der Leistung" und nicht auf das Wort "Begründen" im Sinne des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII bezieht. Die Regelung über das fehlende Sorgerecht beider Elternteile (§ 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII) erfasst mithin alle Fallgestaltungen, in denen die Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen (Urteile vom 30. September 2009 a.a.O. jeweils Rn. 22, vom 9. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 21, vom 12. Mai 2011 a.a.O. und vom 19. Oktober 2011 a.a.O. jeweils Rn. 35). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

24

Dem Wortlaut des Satzes 2 des § 86 Abs. 5 SGB VIII ist bei gesonderter Betrachtung nicht zu entnehmen, welche Merkmale des Satzes 1 der Vorschrift in Bezug genommen werden. Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, die Tatbestandsmerkmale des Satzes 1 ganz oder teilweise in Satz 2 zu wiederholen. Zwar spricht die systematische Stellung des Satzes 2 innerhalb des Absatzes 5 in gewichtiger Weise dafür, dass sich dieser nachfolgende Satz 2 auf sämtliche Tatbestandsmerkmale des vorangehenden Satzes 1 bezieht. Allerdings ist dies nicht zwingend. Vielmehr kann etwa der Sinn und Zweck einer Vorschrift mit noch größerem Gewicht eine Auslegung des nachfolgenden Satzes dahin gebieten, dass dieser nur teilweise an die Voraussetzungen des vorangehenden Satzes anknüpft. So liegt es hier.

25

Der § 86 SGB VIII zugrunde liegenden Konzeption liefe es zuwider, den Geltungsbereich des Absatzes 5 Satz 2 Alt. 2 durch eine entsprechende Inbezugnahme nicht nur des Merkmals "nach Beginn der Leistung" im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Halbs. 1, sondern auch der darin vorgesehenen weiteren Anknüpfungstatsache der erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte der Elternteile auf die zuvor allein von Absatz 1 Satz 1 erfassten Fallgestaltungen zu reduzieren. Die Konzeption des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII gründet auf dem Umstand, dass die individuellen Jugendhilfeleistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch, die Eltern in Anerkennung ihrer in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG beruhenden Verantwortung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Mai 1986 - 1 BvR 1542/84 - BVerfGE 72, 155 <172> m.w.N.) gewährt werden, darauf ausgerichtet sind, die Erziehungsfähigkeit der Elternteile zu stärken und ihre erzieherische Kompetenz zu fördern, um auf diese Weise eine eigenständige Wahrnehmung der elterlichen Erziehungsverantwortung zu ermöglichen (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Dieser Situation Rechnung tragend verfolgen die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit das Ziel, durch eine grundsätzliche Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt der Erziehungsverantwortlichen eine effektive Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen. Die regelmäßig erforderliche enge und kontinuierliche Zusammenarbeit des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe mit den Eltern wird gerade durch dessen räumliche Nähe zu ihrem Aufenthaltsort ermöglicht und begünstigt. Hingegen bedarf es eben dieser räumlichen Nähe im Falle, dass kein Elternteil (mehr) das Sorgerecht hat (§ 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII), regelmäßig nicht. Diese Fallkonstellation ist vielfach dadurch geprägt, dass die betroffenen Kinder und Jugendlichen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Einrichtungen oder Pflegestellen haben und nicht selten das Jugendamt am Ort der bisherigen Zuständigkeit zum Vormund bestellt wurde (vgl. auch BTDrucks 12/2866 S. 22). Gerade in Fällen, in denen die Erziehungsverantwortung (vgl. § 1626 Abs. 1, § 1631 Abs. 1 BGB) infolge des Entzugs der elterlichen Sorge nicht bei den Eltern liegt und sich das Kind oder der Jugendliche regelmäßig auch nicht bei einem Elternteil aufhält, besteht keine Notwendigkeit mehr, die örtliche Zuständigkeit weiterhin an den (künftigen) gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils zu binden und sie mit diesem "mitwandern" zu lassen (Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - BVerwGE 141, 77 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 15 jeweils Rn. 38).

26

bb) Demgegenüber nimmt die Regelung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII, die an das gemeinsame Sorgerecht der Eltern anknüpft, die Tatbestandsvoraussetzungen des Satzes 1 Halbs. 1 umfänglich in Bezug. Soweit aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu § 86 Abs. 5 SGB VIII etwas anderes gefolgert werden konnte, hält der Senat daran nicht mehr fest.

27

Infolgedessen beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII auf die Fälle der erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte der Elternteile nach Beginn der Leistung sowie gegebenenfalls auf die Verlagerung dieser verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalte in der Folgezeit. Für dieses Verständnis einer umfassenden Inbezugnahme der Voraussetzungen des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII durch den in seinem Wortlaut neutralen § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII streiten neben der Gesetzessystematik auch der Sinn und Zweck und die Entstehungsgeschichte der Norm.

28

In den Fällen des gemeinsamen Sorgerechts gebietet es der oben näher dargelegte Zweck der Vorschrift, möglichst ein Näheverhältnis des Jugendamtes zu einem sorgeberechtigten Elternteil beizubehalten und zu bewirken, dass im Falle des Umzugs dieses Elternteils, bei dem das Kind regelmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben wird, auch die örtliche Zuständigkeit mit diesem "mitwandert" (vgl. Eschelbach, JAmt 2011, 233 <234>; Jung, JAmt 2011, 383 <383, 385>).

29

Auch die historisch-genetische Auslegung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII spricht für eine entsprechende umfängliche Inbezugnahme der Voraussetzungen des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII. Die Rechtsfolge des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII, also die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nach der bisherigen Zuständigkeit, ist Ausdruck der Einschätzung des Gesetzgebers, die örtliche Zuständigkeit könne in den Fällen gemeinsam personensorgeberechtigter Eltern, die vor Beginn der Leistung einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten und nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, nicht verlässlich dynamisch an den gewöhnlichen Aufenthalt eines der beiden Elternteile geknüpft werden, da sich insoweit nicht abstrakt-generell feststellen lasse, welcher Elternteil künftig der Unterstützung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bei der Wahrnehmung der Erziehungsverantwortung bedürfe (BTDrucks 12/2866 S. 21). Anders als in den von § 86 Abs. 2 und 3 SGB VIII geregelten Fällen, bei denen die Zuständigkeitsbestimmung an vorgefundene Aufenthalte angelehnt werden kann und in denen es dem gesetzgeberischen Regelungskonzept regelmäßig zuwiderliefe, die räumliche Nähe des Jugendhilfeträgers zu dem Elternteil, bei dem das Kind oder der Jugendliche seinen gewöhnlichen Aufenthalt bereits in der Vergangenheit genommen hat, durch eine Anknüpfung an die bisherige Zuständigkeit zu beenden, ist eine solche räumliche Nähe in der Konstellation einer erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte beider Elternteile nicht abstrakt-generell herzustellen, ohne besorgen zu müssen, dass die betreffende Anknüpfung nur einen Teil der denkbaren Fallgestaltungen sachgerecht erfasst.

30

cc) Gemessen an diesen Maßstäben war die Regelung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII hier nicht einschlägig. Zwar stand beiden Elternteilen nach Beginn der Leistung das Sorgerecht gemeinsam zu. Allerdings ist die von § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII in Bezug genommene Voraussetzung des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII, dass die gewöhnlichen Aufenthalte der Eltern (erstmals) nach Beginn der Leistung "begründet" worden sein müssen, nicht erfüllt. Vielmehr hatten die Eltern bereits vor Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, weil der Kindesvater im Kreis E. verblieben, die Mutter jedoch mit dem Kind in den Zuständigkeitsbereich des Klägers verzogen war. Diese Konstellation wird von § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII erfasst.

31

2. Auf der nach alledem unrichtigen Anwendung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII beruht das Berufungsurteil. Der Beklagte war in dem streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständiger Jugendhilfeträger (a) und dem Kläger gemäß § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII i.V.m. § 86c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zur Kostenerstattung verpflichtet, ohne dass dem die Regelung des § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) entgegenstand (b).

32

a) Gemäß § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wenn die Personensorge für den Fall, dass die Elternteile - wie hier - bereits vor und bei Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben, jenen gemeinsam zusteht. So verhält es sich hier.

33

Ausweislich der den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) hatte T. seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor Beginn der Leistung, mithin dem Zeitpunkt, ab dem die konkrete Hilfeleistung tatsächlich gegenüber dem Hilfeempfänger erbracht worden ist (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - BVerwGE 141,77 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG jeweils Rn. 18 m.w.N.), hier am 20. Juni 2011, bei seiner Mutter. Diese hatte im streitgegenständlichen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.

34

b) § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII i.d.F. der Bekanntmachungen vom 14. Dezember 2006 (BGBl I S. 3134) bzw. vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) steht einer Verurteilung des Beklagten zur Kostenerstattung nicht entgegen, da die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch entsprach. Die Hilfegewährung bedurfte des Einvernehmens beider personensorgeberechtigter Elternteile (aa). Von dessen Vorliegen war hier jedenfalls auf der Grundlage der Erklärung des Kindesvaters vom 12. November 2012 auszugehen (bb).

35

aa) Die Gewährung von Hilfe zur Erziehung im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB VIII setzt grundsätzlich das Einverständnis der Personensorgeberechtigten voraus. Damit trägt die Vorschrift dem Umstand Rechnung, dass ein originär öffentliches Erziehungsrecht im Kinder- und Jugendhilferecht abgesehen von den Fällen der §§ 42 und 43 SGB VIII nur in den engen Grenzen des § 1666 BGB besteht (Urteil vom 21. Juni 2001 - BVerwG 5 C 6.00 - Buchholz 436.511 § 39 SGB VIII/KJHG Nr. 2 S. 4 f.). Hier setzte die Hilfegewährung materiellrechtlich neben dem Antrag eines Personensorgeberechtigten, hier der Kindesmutter, auch das Einvernehmen des anderen Personensorgeberechtigten, hier des Kindesvaters, voraus.

36

Personensorgeberechtigter im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII ist, wem allein oder gemeinsam mit einer anderen Person nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Personensorge zusteht. Dementsprechend beurteilt sich die Frage, ob in den Fällen der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge die Gewährung von Hilfe zur Erziehung des Einvernehmens beider Elternteile bedarf oder der Alleinentscheidungsbefugnis eines Elternteils unterliegt, nach familienrechtlichen Maßstäben. Leben Eltern, denen - wie hier - die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Die Alleinentscheidungsbefugnis des Elternteils, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, beschränkt sich gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Angelegenheiten des täglichen Lebens. Maßstab für die Entscheidung, ob ein Elternteil - trotz fortbestehender gemeinsamer Sorge - im Sinne des § 1687 Abs. 1 BGB allein oder nur im gegenseitigen Einvernehmen handeln kann, ist die Qualität der zu treffenden Entscheidung und die Erheblichkeit ihrer Bedeutung für das Kindeswohl. Danach sind Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, im Sinne des § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig solche, die für die künftige Entwicklung und Sozialisation des Kindes, aber auch für sein Sozialisationsumfeld von erheblicher Bedeutung sind (Salgo, in: v. Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 2006, § 1687 Rn. 30). Demgegenüber sind nach der Legaldefinition des § 1687 Abs. 1 Satz 3 BGB Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben.

37

Die Frage, ob die Entscheidung über die Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung gemäß den §§ 27 ff. SGB VIII zu den Angelegenheiten zählt, deren Regelung für das Kind von grundsätzlicher Bedeutung ist und damit gegenseitiges Einvernehmen erfordert, oder eine Angelegenheit des täglichen Lebens darstellt, bedarf mit Blick auf die unterschiedliche Relevanz der einzelnen Arten der Hilfe zur Erziehung, ihre Dauer und die Intensität der Einflussnahme auf die Lebenssituation des Kindes einer differenzierenden Betrachtung unter Berücksichtigung insbesondere der Qualität der zu treffenden Entscheidung (Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 7 Rn. 11). Zielt die beantragte Hilfe auf eine Unterbringung des Kindes außerhalb der elterlichen Familie, so ist die Antragstellung als Angelegenheit einzustufen, deren Regelung für das Kind von grundsätzlicher Bedeutung ist. Nichts anderes gilt grundsätzlich für den Fall, dass ambulante Hilfen, insbesondere solche therapeutischer Art, längerfristig in Anspruch genommen werden sollen (DIJuF-Rechtsgutachten vom 2. April 2007 - J 8.110 Kü -, JAmt 2007, 351; Schmid-Obkirchner, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 27 Rn. 11). Dieser Form der ambulanten Hilfen unterfallen regelmäßig, so auch hier, sowohl die sozialpädagogische Familienhilfe als auch die Erziehungsbeistandschaft. Beide sind zumeist auf längere Dauer angelegt (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII) und zeitigen unmittelbare Auswirkungen auf das Kind oder den Jugendlichen und dessen Entwicklung (DIJuF-Rechtsgutachten vom 2. April 2007 - J 8.110 Kü -, JAmt 2007, 351; Salgo, in: v. Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 2006, § 1687 Rn. 46).

38

bb) Davon, dass zwischen den Personensorgeberechtigten gegenseitiges Einvernehmen (vgl. § 1627 Satz 1 BGB) über die Beantragung und Gewährung der Hilfe bestand, ist hier auf der Grundlage der Erklärung des Kindesvaters vom 12. November 2012 auszugehen ((1)). Der Senat ist nicht gehindert, diese Erklärung im revisionsgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen ((2)).

39

(1) Die Willensäußerung der Personensorgeberechtigten unterliegt den allgemeinen Regelungen für Willenserklärungen entsprechend den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand: Juli 2013, § 27 Rn. 66). Danach steht hier die Tatsache, dass der Kindesvater sein Einvernehmen mit der Hilfegewährung erst nachträglich erklärt hat, der Annahme, dass die Hilfe zur Erziehung im gegenseitigen Einvernehmen beider Personensorgeberechtigten beantragt wurde, nicht entgegen. Die Erklärung des Kindesvaters vom 12. November 2012 gibt vielmehr Anlass zu der Annahme, dass zwischen den Personensorgeberechtigten von Anfang an Einvernehmen hinsichtlich der Beantragung und Gewährung der sozialpädagogischen Familienhilfe und der Erziehungsbeistandschaft bestand.

40

Der Kindesvater hat in seiner Erklärung nicht nur die Fortgewährung der bewilligten Hilfe beantragt, sondern ausdrücklich auch rückwirkend seine Zustimmung zu den bislang gewährten Jugendhilfeleistungen erteilt. Diese Erklärung steht im Einklang mit dem Umstand, dass er, obwohl er Kenntnis von der Gewährung der sozialpädagogischen Familienhilfe und der Erziehungsbeistandschaft hatte, der Leistung zu keinem Zeitpunkt widersprochen hat. Zwar erlaubt allein die Tatsache einer entsprechenden Kenntnis nicht, auf das anfängliche Bestehen des erforderlichen Einvernehmens zu schließen. Im Lichte der Erklärung vom 12. November 2012 ist ihr jedoch eine gewisse Indizwirkung nicht abzusprechen.

41

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist auch nicht gehindert, die Erklärung des Einvernehmens im revisionsgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen.

42

Zwar ist es in seiner Funktion als Revisionsgericht im Einklang mit den Revisionszwecken der Rechtsvereinheitlichung, der Rechtsfortbildung und der Verfahrenskontrolle grundsätzlich auf die Rechtsanwendung, insbesondere die Überprüfung des vorinstanzlichen Urteils auf eine Verletzung revisiblen Rechts beschränkt, weshalb es grundsätzlich weder Tatsachen erheben noch im Revisionsverfahren neu vorgebrachte Tatsachen berücksichtigen darf. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist indes für den Fall anerkannt, dass ein nachträglich eingetretener oder nicht festgestellter einzelner Umstand völlig unstreitig ist, seine Verwertung einer endgültigen Streiterledigung dient und schützenswerte Interessen der Beteiligten dadurch nicht berührt werden (Urteile vom 20. Oktober 1992 - BVerwG 9 C 77.91 - BVerwGE 91, 104 <106 f.> und vom 23. Februar 1993 - BVerwG 1 C 16.87 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 64 S. 22). So liegt es hier.

43

Die neue Tatsache des Einvernehmens von T.s Vater mit der Hilfebeantragung und -gewährung im Revisionsverfahren ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Einer Beweiserhebung bedarf es insoweit nicht. Schützenswerte Interessen des Beklagten werden durch eine Berücksichtigung nicht berührt. Vielmehr hat dieser die Zustimmung durch den Kindesvater in seiner Revisionserwiderungsschrift "begrüßt". Die Berücksichtigung der Erklärung dient auch der endgültigen Streiterledigung, weil sie einen objektiv drohenden weiteren Rechtsstreit in dieser Sache vermeidet. Würde der nachträglich eingetretene Umstand des Einvernehmens des Vaters nicht berücksichtigt und die Revision mit Blick auf § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zurückgewiesen, wäre der Kläger nicht gehindert, unter Hinweis auf das nunmehr vorliegende Einvernehmen einen neuen Prozess anzustrengen. Die Rechtskraft des abgeschlossenen Verfahrens stände der Berücksichtigung der hier in Rede stehenden neuen Tatsache nicht entgegen (vgl. Urteil vom 23. November 1999 - BVerwG 9 C 16.99 - BVerwGE 110, 111 <117> = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 5 S. 2<5>).

44

c) Der Zinsanspruch des Klägers rechtfertigt sich aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB (Urteil vom 22. November 2001 - BVerwG 5 C 42.01 - BVerwGE 115, 251 <256> = Buchholz 436.511 § 89e SGB VIII/KJHG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

Tatbestand

1

Der Kläger und der Beklagte sind Landkreise und örtliche Träger der Jugendhilfe. Als solcher begehrt der Kläger vom Beklagten die Erstattung von Kosten in Höhe von 264 672,68 €, die er in den Jahren 2004 und 2005 für die Heimerziehung von vier Kindern einer Familie aufgewandt hat.

2

Die Familie lebte ursprünglich in einem gemeinsamen Haushalt in der beigeladenen Stadt. Im Verlauf des Jahres 2001 erhielt das Jugendamt der Beigeladenen davon Kenntnis, dass die Kinder nicht ausreichend versorgt wurden und die familiäre Situation durch starke Spannungen zwischen den Eltern geprägt war. Die Eltern lehnten es jedoch ab, einen Antrag auf Gewährung von Jugendhilfeleistungen zu stellen.

3

Mit Schreiben vom 5. März 2002 beantragte das Jugendamt der Beigeladenen bei dem Amtsgericht, den Eltern im Wege einer einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Beantragung von Hilfe zur Erziehung zu entziehen und diese Befugnisse dem Jugendamt zu übertragen. Diesem Antrag entsprach das Amtsgericht mit Beschluss vom 8. März 2002.

4

Am 11. März 2002 kam es wegen massiver Auseinandersetzungen der Eheleute in ihrer Wohnung zu einem Polizeieinsatz. Die Mutter der Kinder verließ die Ehewohnung und zog zu ihrem Freund nach M.

5

Als gerichtlich bestellter Pfleger beantragte das Jugendamt der Beigeladenen am 25. März 2002, den vier Kindern Hilfe zur Erziehung in Form einer sozialpädagogischen Familienhilfe zu gewähren. Die Beigeladene erbrachte diese Hilfe in der Zeit vom 26. März 2002 bis zum 18. Juli 2002, ohne dass sich damit die familiäre Situation der Kinder, die weiter bei ihrem Vater wohnten, wesentlich verbessern ließ.

6

Mit Beschluss vom 18. Juli 2002 entzog das Amtsgericht den Eltern das Sorgerecht für ihre vier Kinder. Am selben Tag brachte das Jugendamt der Beigeladenen die Kinder in einem Kinderheim in der benachbarten Stadt R. unter, wo sie fortan verblieben. Am 30. Juli 2002 wurde das Jugendamt der Beigeladenen zum Vormund der Kinder bestellt.

7

Mitte März 2003 zog der Vater der Kinder in den Zuständigkeitsbereich des Klägers. Ab dem 24. September 2003 übernahm der Kläger den Hilfefall und gewährte für die vier Kinder Hilfe zur Erziehung in Form von vollstationärer Heimunterbringung.

8

Im November 2003 zog der Vater der Kinder in den Zuständigkeitsbereich des beklagten Kreises.

9

Nachdem der Kläger den Beklagten vergeblich zur Kostenerstattung aufgefordert hatte, verfolgte er dieses Begehren im Klagewege weiter. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Dem Kläger stehe für die von ihm in den Jahren 2004 und 2005 gemachten Aufwendungen ein Kostenerstattungsanspruch nach § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zu. Der Beklagte sei ab November 2003 gemäß § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII der örtlich zuständige Jugendhilfeträger gewesen, weil der gewöhnliche Aufenthalt des Vaters maßgeblich sei. Die Mutter habe bereits mit ihrem Auszug aus der Ehewohnung am 11. März 2002 einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in M. begründet, so dass die Eltern bereits vor Beginn der Leistung - dies sei hier die Beantragung der Leistung am 25. März 2002 gewesen - verschiedene gewöhnliche Aufenthalte gehabt hätten.

10

Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht zu. Es fehle bereits an dem von der Vorschrift vorausgesetzten Wechsel der örtlichen Zuständigkeit. Der Kläger sei gemäß § 86 Abs. 5 SGB VIII selbst zuständig geblieben. Die Regelung des § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII greife nicht ein, weil der Beginn der Leistung bereits am 5. März 2002 gewesen sei und zu diesem Zeitpunkt noch beide Elternteile ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beigeladenen gehabt hätten. Für den Leistungsbeginn sei es maßgeblich, wann ein konkretes Leistungsbegehren an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe herangetragen werde. "Beginn der Leistung" sei der Zeitpunkt, zu dem das zuständige Jugendamt die formellen und materiellen Leistungsvoraussetzungen prüfe, indem es zum Beispiel zur Klärung des individuellen Bedarfs Hilfeplangespräche aufnehme oder Anträge auf Sorgerechtsentzug stelle.

11

Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Kostenerstattung weiter. Er rügt eine Verletzung des § 86 SGB VIII im Hinblick auf den Begriff des Beginns der Leistung. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sei - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe - für den Beginn der Leistung allein der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem die Gewährung einer Leistung im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII beantragt werde. Mit dem Antrag beim Amtsgericht am 5. März 2002 sei hier lediglich ein anderes Verwaltungsverfahren abgeschlossen worden, das auf den teilweisen Entzug des Sorgerechts gerichtet gewesen sei und damit der Erfüllung einer anderen Aufgabe der Jugendhilfe im Sinne von § 2 Abs. 3 SGB VIII gedient habe.

12

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) entschieden, dass dem Kläger kein Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten zusteht. Soweit das Oberverwaltungsgericht den Beginn der Leistung im Sinne von § 86 SGB VIII mit dem Beginn des Verwaltungsverfahrens (im Sinne von § 18 SGB X) bzw. mit dem Zeitpunkt gleichsetzt, zu dem eine Prüfung der örtlichen Zuständigkeit erstmals stattfindet, ist dies zwar mit Bundesrecht nicht vereinbar. Dies wirkt sich aber im Ergebnis nicht aus, weil sich die Entscheidung aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers folgt weder aus § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (1.) noch aus § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X (2.).

14

1. Nach der Regelung des § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, die sowohl die Vorinstanzen wie auch die Beteiligten allein als Rechtsgrundlage in Erwägung gezogen haben, sind die Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86c SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, der nach dem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zuständig geworden ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

15

Der Kläger hat zwar als örtlicher Träger der Jugendhilfe im maßgeblichen Zeitraum von 2004 bis 2005 für die vier Kinder der Familie Hilfe zur Erziehung in Form der vollstationären Heimerziehung (§§ 27, 34 SGB VIII) erbracht und dafür die Kosten getragen. Auch die Höhe der in dem genannten Zeitraum angefallenen Kosten steht nicht im Streit.

16

Der Kläger ist aber nicht anspruchsberechtigt nach § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, weil er die Kosten nicht im Rahmen einer Verpflichtung nach § 86c SGB VIII aufgewandt hat. § 86c Satz 1 SGB VIII verpflichtet den bisher zuständigen örtlichen Träger, die Leistung solange zu gewähren, bis der infolge des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit nunmehr zuständige örtliche Träger die Leistung fortsetzt. Der Kläger ist jedoch nicht der bisher zuständige Träger, der trotz Wechsels der örtlichen Zuständigkeit (auf den Beklagten) weiter geleistet hat. Vielmehr ist weder der Kläger noch der Beklagte örtlich zuständig geworden, weil die Beigeladene bereits zu Beginn der Leistung der örtlich zuständige Jugendhilfeträger war (1.1) und dies auch in dem hier im Streit stehenden Zeitraum von 2004 bis 2005 geblieben ist (1.2).

17

1.1 Beginn der Leistung im Sinne von § 86 SGB VIII war hier jedenfalls und spätestens das tatsächliche Einsetzen der Hilfe zur Erziehung in Form der sozialpädagogischen Familienhilfe am 26. März 2002 (a). Die Beigeladene war zu diesem Zeitpunkt nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII oder nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständig (b).

18

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist "Beginn der Leistung" im Sinne von § 86 SGB VIII das Einsetzen der Hilfegewährung und damit grundsätzlich der Zeitpunkt, ab dem die konkrete Hilfeleistung tatsächlich gegenüber dem Hilfeempfänger erbracht wird (vgl. Urteile vom 29. Januar 2004 - BVerwG 5 C 9.03 - BVerwGE 120, 116 <119>, vom 7. Juli 2005 - BVerwG 5 C 9.04 - Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 3 und vom 25. März 2010 - BVerwG 5 C 12.09 - BVerwGE 136, 185 <192>; ebenso nunmehr OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. April 2010 - 4 LC 266/08 - FEVS 62, 110 ff. = juris Rn. 42; Kunkel, in: ders. , SGB VIII, Lehr- und Praxiskommentar, 4. Aufl. 2011, § 86 Rn. 9; DIJuF-Rechtsgutachten, JAmt 2008, 582).

19

Daran hält der Senat fest. Er vermag sich nicht der Rechtsansicht des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 13 f.) anzuschließen, soweit es sich im Anschluss an eine in Rechtsprechung und Schrifttum verbreitete Auffassung dafür ausspricht, den Begriff des Beginns der Leistung auf das Vorfeld der tatsächlichen Leistungsgewährung auszudehnen und auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem ein Antrag auf Jugendhilfeleistungen gestellt bzw. die örtliche Zuständigkeit vom Leistungsträger erstmals geprüft wird (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 12 B 1717/09 - juris Rn. 6, Urteil vom 6. Juni 2008 - 12 A 576/07 - NDV-RD 2009, 51; VGH München, Urteil vom 20. Mai 2009 - 12 B 08.2007 - juris Rn. 29; Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek , Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 6. Aufl. 2009, § 86 Rn. 11 m.w.N. zum Streitstand).

20

Ausgangspunkt für die Frage nach dem "Beginn" der Leistung ist der Begriff der Leistung (im Sinne von § 86 SGB VIII) selbst. Unter einer Leistung, an deren Beginn § 86 Abs. 2 Satz 2 bis 4 und Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB VIII für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit anknüpfen, sind unabhängig von der Hilfeart und -form im Rahmen einer Gesamtbetrachtung alle zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen zu verstehen, sofern sie ohne Unterbrechung gewährt worden sind (stRspr, vgl. Urteile vom 29. Januar 2004 a.a.O. S. 116 und vom 25. März 2010 a.a.O. S. 192 Rn. 22). Das Abstellen auf die vom jugendhilferechtlichen Bedarf abhängigen Maßnahmen und Hilfen beim Leistungsbegriff ist auch bei der Bestimmung, was als Beginn der Leistung anzusehen ist, zu berücksichtigen. Bereits aus diesem Zusammenhang folgt, dass es auf das Beginnen bzw. tatsächliche Einsetzen der die Leistung ausmachenden Maßnahmen und Hilfen gegenüber dem Bedürftigen ankommt.

21

Dieses Verständnis wird sowohl durch den Wortlaut als auch die mit dem Leistungsbeginn verbundene Zwecksetzung bestätigt. Der Begriff der Leistung und damit der ihres Beginns ist im Sinne einer zweckgerichteten Zuwendung auf die Erbringung einer Hilfe gegenüber einem Empfänger zugeschnitten. Hinsichtlich der Erbringung der Leistung ist maßgeblich auf den Leistungsempfänger, d.h. auf denjenigen abzustellen, der die Leistung erhält und dessen Interesse sie nach der Konzeption des Sozialgesetzbuches Achtes Buch zu dienen bestimmt ist. Leistungs- oder Hilfeempfänger ist danach das Kind oder der Jugendliche. Denn die Leistungserbringung ist - unabhängig von der Anspruchsinhaberschaft - stets auf das Kind oder den Jugendlichen ausgerichtet, dessen Wohl (vgl. § 1 Abs. 1 und 3 SGB VIII) Ausgangspunkt und Ziel jeder Jugendhilfemaßnahme ist (Urteil vom 12. Mai 2011 - BVerwG 5 C 4.10 - NVwZ-RR 2011, 768 Rn. 21).

22

Mit der Beantragung einer Leistung beginnt diese - insbesondere aus der Sicht des (potenziellen) Leistungsempfängers - noch nicht. Vielmehr wird damit regelmäßig nur die Prüfung durch das Jugendamt in Gang oder fortgesetzt, ob eine solche und - wenn ja - welche konkrete Leistung der Jugendhilfe zu gewähren ist. Gleiches gilt, wenn ein Jugendhilfeträger davon Kenntnis erlangt, dass ein jugendhilferechtlicher Bedarf besteht und infolgedessen seine Zuständigkeit und Leistungsverpflichtung prüft. Auch in diesem Fall ist die Leistungsgewährung (oder -versagung) erst das Ergebnis der Prüfung durch das Jugendamt.

23

Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts kann deshalb der Beginn der Leistung nicht mit dem Beginn des Verwaltungsverfahrens (im Sinne von § 18 SGB X) oder mit dem Zeitpunkt gleichgesetzt werden, zu dem eine Prüfung der örtlichen Zuständigkeit erstmals stattzufinden hat. Dem Argument für diese (und jede andere) "Vorverlagerung", ansonsten könne eine verzögerte Behandlung des Falles durch das Jugendamt dazu führen, dass sich der zuständigkeitsbestimmende Zeitpunkt (etwa bei einem bevorstehenden Umzug der maßgeblichen Personen) verschieben lasse (vgl. Schindler, a.a.O. m.w.N.), vermag der Senat nicht zu folgen. Die Möglichkeit des Missbrauchs im Einzelfall kann es jedenfalls nicht rechtfertigen, dem Begriff des Leistungsbeginns generell einen mit seinem Wortlaut nicht zu vereinbarenden Sinn zuzuschreiben, zumal es für die Notwendigkeit einer derartig weiten Vorverlagerung des Leistungsbeginns auch in den Gesetzesmaterialien keinen Anhalt gibt (vgl. BTDrucks 12/2866 S. 22 ff.).

24

Ob für den Fall, dass eine objektive Verzögerung der Leistungsbewilligung bzw. eine im Anschluss an eine Bewilligung verzögerte tatsächliche Gewährung durch den Jugendhilfeträger feststellbar ist und dies zu einer anderen Zuständigkeit bzw. Kostenträgerschaft führen würde, von dem grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungsgewährung eine Ausnahme zu machen ist, bedarf hier keiner Klärung. Ebenso wenig ist abschließend zu prüfen, ob als Einsetzen der Hilfegewährung und damit als Beginn der Leistung die Bewilligung bzw. der Zugang des Bewilligungsbescheids oder stets die tatsächliche Erbringung der Hilfe maßgeblich ist. Denn hier liegt ein Fall einer (die Zuständigkeit beeinflussenden) Verzögerung nicht vor. Vielmehr ist die am 25. März 2002 beantragte Hilfe zur Erziehung in Form der sozialpädagogischen Familienhilfe bereits ab dem 26. März 2002 tatsächlich erbracht worden.

25

b) Zu diesem Zeitpunkt des Beginns der Leistung war die Beigeladene der örtlich zuständige Jugendhilfeträger, ohne dass es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene, aber vom Oberverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht nicht geklärte Frage ankommt, ob die Mutter der Kinder zu dieser Zeit noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Ehewohnung im Bereich der Beigeladenen hatte oder ob sie diesen - wovon das Verwaltungsgericht ausgegangen ist - bereits am 11. März 2002 durch einen Umzug nach M. aufgegeben und dort neu begründet hat.

26

Sofern mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass die Mutter der Kinder zu dieser Zeit noch keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, sondern ihren bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt (in der Ehewohnung) im Zuständigkeitsbereich der beigeladenen Stadt noch bis zum 26. März 2002 beibehalten hat, ergäbe sich die örtliche Zuständigkeit der Beigeladenen für die Leistungsgewährung aus § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Denn dann hätten zu Beginn der Leistung noch beide Elternteile ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beigeladenen gehabt.

27

Nimmt man dagegen an, dass die Mutter der Kinder bereits am 11. März 2002 oder jedenfalls noch vor dem 26. März 2002 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beigeladenen aufgegeben und einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in M. begründet hat, so ergibt sich die örtliche Zuständigkeit der Beigeladenen für die ab 26. März 2002 gewährte Jugendhilfeleistung aus § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII. Danach richtet sich, wenn die Elternteile (bei Beginn der Leistung) verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und ihnen - wie hier noch am 26. März 2002 - die Personensorge gemeinsam zusteht, die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Weil die vier Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt bei dem in der Familienwohnung verbliebenen Vater hatten, ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt für die örtliche Zuständigkeit maßgeblich und damit die Beigeladene örtlich zuständig.

28

1.2 Auch in der Folgezeit ist die örtliche Zuständigkeit - jedenfalls bis zum Ablauf des hier streitbefangenen Leistungszeitraums von Anfang 2004 bis Ende 2005 - nicht auf den Kläger oder den Beklagten übergegangen. Vielmehr ist die Beigeladene gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII zuständig geblieben. Nach dieser Regelung bleibt im Falle verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte der Eltern nach Beginn der Leistung die bisherige Zuständigkeit bestehen, solange keinem Elternteil die elterliche Sorge zusteht. Ein Zuständigkeitswechsel ist hier weder dadurch eingetreten, dass den vier Kindern ab dem 18. Juli 2002 Hilfe zur Erziehung in Form der Heimunterbringung gewährt worden ist (a) und den Eltern an diesem Tag das Sorgerecht entzogen wurde (b), noch dadurch, dass der Vater der Kinder im Jahre 2003 seinen gewöhnlichen Aufenthalt zunächst in den Bereich des Klägers und dann in den des Beklagten verlegt hat (c).

29

a) Die Umstellung der Hilfe auf die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung (§§ 27, 34 SGB VIII) hat als solche die Zuständigkeitsfrage nicht neu aufgeworfen. Denn dabei handelte es sich nicht um eine zuständigkeitsrechtlich andere oder neue Leistung.

30

Für den Begriff der "Leistung" im Sinne von § 86 SGB VIII ist - wie bereits ausgeführt - eine Gesamtbetrachtung der verschiedenen Maßnahmen und Hilfen zugrunde zu legen, die zur Deckung eines qualitativ unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlich sind. Dabei beginnt eine zuständigkeitsrechtlich "neue" Leistung bei einer geänderten Hilfegewährung im Rahmen eines einheitlichen, ununterbrochenen Hilfeprozesses nicht allein deswegen, weil die geänderte oder neu hinzutretende Jugendhilfemaßnahme oder ein Teil davon einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII zugeordnet ist (Urteile vom 29. Januar 2004 a.a.O. S. 116, 123 f. und vom 25. März 2010 a.a.O. Rn. 22). Das gilt erst recht, wenn sich der Wechsel der Hilfeform innerhalb derselben Ziffer des § 2 Abs. 2 SGB VIII vollzieht. So liegt es hier, weil sowohl die bis zum 18. Juli 2002 gewährte Hilfe zur Erziehung in Form der sozialpädagogischen Familienhilfe als auch die seither gewährte Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung von § 2 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII erfasst werden.

31

Eine Gesamtbetrachtung ergibt, dass die Beigeladene mit der Umstellung auf die Heimerziehung ab dem 18. Juli 2002 keine neue Leistung im vorgenannten Sinne gewährt hat, weil die neue Hilfe nahtlos an die bisherige anknüpfte und ein unveränderter jugendhilferechtlicher Bedarf bestand. Dieser Bedarf war nicht qualitativ neu oder verändert. An der tatsächlichen Lebenssituation der Kinder, die bis dahin noch bei dem mit der Erziehung überforderten Vater gelebt hatten, und ihrem Hilfebedarf hatte sich nichts geändert. Vielmehr war das Jugendamt der Beigeladenen zu dem Ergebnis gelangt, dass die vorangehende Hilfe zur Erziehung in Form der sozialpädagogischen Familienhilfe nicht genügte, um diesen weiter bestehenden Bedarf zu decken.

32

b) Ein Zuständigkeitswechsel ist auch nicht dadurch eingetreten, dass den Eltern am 18. Juli 2002 das Sorgerecht entzogen worden ist. Die Eltern der Kinder hatten jedenfalls zu diesem Zeitpunkt - und damit nach Beginn der Leistung - verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet (aa), so dass sich an der Zuständigkeit der Beigeladenen durch den Sorgerechtsentzug gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII nichts geändert hat (bb).

33

aa) Die Mutter der Kinder hatte - wovon auch die Beteiligten, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, übereinstimmend ausgehen - jedenfalls noch vor dem Entzug des Sorgerechts am 18. Juli 2002 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beigeladenen aufgegeben und einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in M. begründet, während der Vater der Kinder mit diesen im Bereich der Beigeladenen verblieben war. Ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 86 SGB VIII hat eine Person an dem Ort oder in dem Gebiet, an oder in dem sie sich bis auf Weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen hat (stRspr, vgl. etwa Urteil vom 25. März 2010 a.a.O. Rn. 25). Über vier Monate nach ihrem Auszug aus der Ehewohnung am 11. März 2002 sprach nichts mehr dafür, dass der Aufenthalt der Mutter bei ihrem Freund in M. nur in der Weise als vorübergehend angelegt war, dass sie noch vorhatte, in die Familienwohnung oder sonst in den Bereich der Beigeladenen zurückzukehren.

34

bb) Der Entzug des elterlichen Sorgerechts nach Beginn der Leistung warf zwar die Zuständigkeitsfrage neu auf; er führte aber dazu, dass die Zuständigkeit der Beigeladenen gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII bestehen blieb.

35

Nach der Rechtsprechung des Senats erfasst § 86 Abs. 5 SGB VIII alle Fallgestaltungen, in denen die Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen (Urteile vom 30. September 2009 - BVerwG 5 C 18.08 - BVerwGE 135, 58 , vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 5 C 17.09 - DVBl 2011, 236 ff. = NVwZ-RR 2011, 203 ff. Rn. 21 und vom 12. Mai 2011 a.a.O. Rn. 17). Der Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 SGB VIII ist dabei nicht auf Fälle beschränkt, in denen die Eltern erstmals nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen und gegebenenfalls im Anschluss daran ihren Aufenthalt unter Aufrechterhaltung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte erneut verändern. Vielmehr greift die Vorschrift des § 86 Abs. 5 SGB VIII entsprechend ihrem Charakter als umfassende Regelung für verschiedene gewöhnliche Aufenthalte der Eltern nach Leistungsbeginn auch ein, wenn die Eltern bereits vor bzw. bei Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und solche während des Leistungsbezugs beibehalten. Satz 1 ist dabei anwendbar, wenn die elterliche Sorge einem Elternteil zusteht, Satz 2 regelt die Fälle gemeinsamer oder fehlender Personensorge. Die zeitliche Abfolge der zuständigkeitsrelevanten Kriterien ("Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte" oder "gemeinsame oder fehlende Personensorge beider Elternteile") hat auf die Bestimmung der Zuständigkeit nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII keinen Einfluss.

36

Nach diesen Grundsätzen kommt es für die Anwendbarkeit des § 86 Abs. 5 SGB VIII hier nicht darauf an, ob die Eltern der vier Kinder bereits vor Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte hatten oder ob sie diese erst danach begründeten. Weil es sich bei dem Entzug des Sorgerechts am 18. Juli 2002 um eine Veränderung nach Beginn der Leistung handelt, ist nicht mehr die Regelung des § 86 Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII anzuwenden, bei der es auf die Zeit vor Beginn der Leistung ankommt, sondern die grundsätzlich für alle Fallgestaltungen nach Leistungsbeginn heranzuziehende Regelung des § 86 Abs. 5 SGB VIII. Da beiden Elternteilen das Sorgerecht entzogen wurde, greift Satz 2 dieser Vorschrift ein. Dies hat zur Folge, dass die bisherige Zuständigkeit der Beigeladenen, die sich bis zum Sorgerechtsentzug aus § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII ergab, bestehen geblieben ist.

37

Nach der Rechtsprechung des Senats endet die durch den beiderseitigen Sorgerechtsentzug nach Beginn der Leistung bedingte Anwendbarkeit des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII erst, wenn einem der Elternteile wieder die elterliche Sorge übertragen wird (dann wäre bei verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalten der Eltern nach Leistungsbeginn § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII anzuwenden), wenn die Leistung eingestellt oder eine zuständigkeitsrechtlich neue Leistung gewährt wird (und deshalb bei verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalten der Eltern wiederum eine neue, auf die Zeit vor Beginn dieser Leistung abstellende Zuständigkeitsprüfung nach § 86 Abs. 2 bzw. Abs. 3 SGB VIII vorzunehmen ist) oder wenn die Eltern nach Leistungsbeginn (erneut) einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt begründen und damit § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII als Zuständigkeitsregelung, die sowohl für die Zeit vor als auch nach Beginn der Leistung einschlägig ist, zur Anwendung gelangt (vgl. Urteile vom 30. September 2009 a.a.O. Rn. 24, vom 9. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 22 ff. und vom 12. Mai 2011 a.a.O. Rn. 25 f.).

38

An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest (vgl. ablehnend, aber maßgeblich zu anderen Fallgestaltungen Eschelbach, JAmt 2011, 233 und Jung, JAmt 2011, 383). Gerade in Fällen, in denen - wie hier - die Erziehungsverantwortung infolge des Entzugs der elterlichen Sorge nicht mehr bei den Eltern liegt (vgl. § 1626 Abs. 1, § 1631 Abs. 1 BGB), besteht keine Notwendigkeit mehr, die örtliche Zuständigkeit weiterhin an den (künftigen) gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils zu binden und sie mit diesem "mitwandern" zu lassen. Für eine Festschreibung der Zuständigkeit am letzten Aufenthaltsort der Eltern bzw. des maßgeblichen Elternteils spricht in diesen Fällen auch, dass in der Praxis häufig - wie auch im vorliegenden Fall - das dortige Jugendamt nach Entzug des Sorgerechts zum Vormund bestellt wird. Im Übrigen ist, worauf der Senat ebenfalls bereits hingewiesen hat (Urteil vom 30. September 2009 a.a.O. Rn. 26) nach gegenwärtiger Gesetzeslage eine für alle Fallgestaltungen gleichermaßen gerecht erscheinende Zuständigkeits- und Kostenverteilung durch Auslegung des § 86 SGB VIII nicht zu erreichen.

39

c) Der Umzug des Vaters der Kinder in den Zuständigkeitsbereich des Klägers am 15. März 2003 und die damit verbundene Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts hat nicht zu einem Wechsel der Zuständigkeit auf den Kläger geführt. Da die Personensorge zum Zeitpunkt des Umzugs des Vaters keinem Elternteil zustand, blieb nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII die bisherige Zuständigkeit bestehen. Mit der "bisherigen Zuständigkeit" im Sinne dieser Vorschrift ist die Zuständigkeit gemeint, die vor dem Zeitpunkt, zu dem eine Prüfung und gegebenenfalls Neubestimmung der örtlichen Zuständigkeit veranlasst ist, zuletzt bestanden hat.

40

Auch der Umstand, dass der Vater im November 2003 im Zuständigkeitsbereich des Beklagten einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat, ändert daran nichts. Als Folge der Festschreibung ("solange...") der bisherigen Zuständigkeit der Beigeladenen nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII ist auch diese zeitlich nachfolgende Aufenthaltsänderung des Vaters der Hilfeempfänger zuständigkeits- und damit auch kostenerstattungsrechtlich unbeachtlich.

41

2. Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten ergibt sich auch nicht aus § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X.

42

Zwar hat der Kläger - wie es diese Vorschrift voraussetzt - als unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, weil im streitbefangenen Zeitraum nicht er, sondern die Beigeladene für die Erbringung der Jugendhilfeleistung örtlich zuständig war. Ein Erstattungsanspruch des Klägers aus § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X scheidet jedoch aus, weil der Beklagte - wie dargelegt - in diesem Zeitraum nicht für die Leistungserbringung zuständig gewesen ist.

43

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil dies nicht der Billigkeit gemäß § 162 Abs. 3 VwGO entspricht. Die Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Gerichtskostenfreiheit besteht nach § 188 Satz 2 Halbs. 2 VwGO nicht.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Kosten, die ein örtlicher Träger auf Grund einer Zuständigkeit nach § 86 Absatz 6 aufgewendet hat, sind von dem örtlichen Träger zu erstatten, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Die Kostenerstattungspflicht bleibt bestehen, wenn die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt ändert oder wenn die Leistung über die Volljährigkeit hinaus nach § 41 fortgesetzt wird.

(2) Hat oder hätte der nach Absatz 1 kostenerstattungspflichtig werdende örtliche Träger während der Gewährung einer Leistung selbst einen Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen oder den überörtlichen Träger, so bleibt oder wird abweichend von Absatz 1 dieser Träger dem nunmehr nach § 86 Absatz 6 zuständig gewordenen örtlichen Träger kostenerstattungspflichtig.

(3) Ändert sich während der Gewährung der Leistung nach Absatz 1 der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Absatz 1 bis 5 maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt, so wird der örtliche Träger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung des § 86 Absatz 6 örtlich zuständig geworden wäre.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben im Rahmen ihrer Planungsverantwortung

1.
den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen,
2.
den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Erziehungsberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und
3.
die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu planen; dabei ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann.

(2) Einrichtungen und Dienste sollen so geplant werden, dass insbesondere

1.
Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können,
2.
ein möglichst wirksames, vielfältiges, inklusives und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen gewährleistet ist,
3.
ein dem nach Absatz 1 Nummer 2 ermittelten Bedarf entsprechendes Zusammenwirken der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien sichergestellt ist,
4.
junge Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte junge Menschen mit jungen Menschen ohne Behinderung gemeinsam unter Berücksichtigung spezifischer Bedarfslagen gefördert werden können,
5.
junge Menschen und Familien in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen besonders gefördert werden,
6.
Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können.

(3) Die Planung insbesondere von Diensten zur Gewährung niedrigschwelliger ambulanter Hilfen nach Maßgabe von § 36a Absatz 2 umfasst auch Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung.

(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe in allen Phasen ihrer Planung frühzeitig zu beteiligen. Zu diesem Zwecke sind sie vom Jugendhilfeausschuss, soweit sie überörtlich tätig sind, im Rahmen der Jugendhilfeplanung des überörtlichen Trägers vom Landesjugendhilfeausschuss zu hören. Das Nähere regelt das Landesrecht.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen darauf hinwirken, dass die Jugendhilfeplanung und andere örtliche und überörtliche Planungen aufeinander abgestimmt werden und die Planungen insgesamt den Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen und ihrer Familien Rechnung tragen.

(1) Für die Gewährung von Leistungen und die Erfüllung anderer Aufgaben nach diesem Buch ist der örtliche Träger sachlich zuständig, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.

(2) Der überörtliche Träger ist sachlich zuständig für

1.
die Beratung der örtlichen Träger und die Entwicklung von Empfehlungen zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch,
2.
die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den örtlichen Trägern und den anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe, insbesondere bei der Planung und Sicherstellung eines bedarfsgerechten Angebots an Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und Hilfen für junge Volljährige,
3.
die Anregung und Förderung von Einrichtungen, Diensten und Veranstaltungen sowie deren Schaffung und Betrieb, soweit sie den örtlichen Bedarf übersteigen; dazu gehören insbesondere Einrichtungen, die eine Schul- oder Berufsausbildung anbieten, sowie Jugendbildungsstätten,
4.
die Planung, Anregung, Förderung und Durchführung von Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe,
5.
die Beratung der örtlichen Träger bei der Gewährung von Hilfe nach den §§ 32 bis 35a, insbesondere bei der Auswahl einer Einrichtung oder der Vermittlung einer Pflegeperson in schwierigen Einzelfällen,
6.
die Wahrnehmung der Aufgaben zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen (§§ 45 bis 48a),
7.
die Beratung der Träger von Einrichtungen während der Planung und Betriebsführung,
8.
die Fortbildung von Mitarbeitern in der Jugendhilfe,
9.
die Gewährung von Leistungen an Deutsche im Ausland (§ 6 Absatz 3), soweit es sich nicht um die Fortsetzung einer bereits im Inland gewährten Leistung handelt,
10.
die Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54).

(3) Für den örtlichen Bereich können die Aufgaben nach Absatz 2 Nummer 3, 4, 7 und 8 auch vom örtlichen Träger wahrgenommen werden.

(4) Unberührt bleiben die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes geltenden landesrechtlichen Regelungen, die die in den §§ 45 bis 48a bestimmten Aufgaben einschließlich der damit verbundenen Aufgaben nach Absatz 2 Nummer 2 bis 5 und 7 mittleren Landesbehörden oder, soweit sie sich auf Kindergärten und andere Tageseinrichtungen für Kinder beziehen, unteren Landesbehörden zuweisen.

(5) Ist das Land überörtlicher Träger, so können durch Landesrecht bis zum 30. Juni 1993 einzelne seiner Aufgaben auf andere Körperschaften des öffentlichen Rechts, die nicht Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind, übertragen werden.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben im Rahmen ihrer Planungsverantwortung

1.
den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen,
2.
den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Erziehungsberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und
3.
die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu planen; dabei ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann.

(2) Einrichtungen und Dienste sollen so geplant werden, dass insbesondere

1.
Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können,
2.
ein möglichst wirksames, vielfältiges, inklusives und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen gewährleistet ist,
3.
ein dem nach Absatz 1 Nummer 2 ermittelten Bedarf entsprechendes Zusammenwirken der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien sichergestellt ist,
4.
junge Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte junge Menschen mit jungen Menschen ohne Behinderung gemeinsam unter Berücksichtigung spezifischer Bedarfslagen gefördert werden können,
5.
junge Menschen und Familien in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen besonders gefördert werden,
6.
Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können.

(3) Die Planung insbesondere von Diensten zur Gewährung niedrigschwelliger ambulanter Hilfen nach Maßgabe von § 36a Absatz 2 umfasst auch Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung.

(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe in allen Phasen ihrer Planung frühzeitig zu beteiligen. Zu diesem Zwecke sind sie vom Jugendhilfeausschuss, soweit sie überörtlich tätig sind, im Rahmen der Jugendhilfeplanung des überörtlichen Trägers vom Landesjugendhilfeausschuss zu hören. Das Nähere regelt das Landesrecht.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen darauf hinwirken, dass die Jugendhilfeplanung und andere örtliche und überörtliche Planungen aufeinander abgestimmt werden und die Planungen insgesamt den Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen und ihrer Familien Rechnung tragen.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

Tatbestand

1

Die beteiligten Landkreise streiten in ihrer Eigenschaft als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe um die Erstattung von Kosten, die der Kläger ab dem 1. September 2011 für die Gewährung von Jugendhilfeleistungen in dem Fall "T. K." aufgewendet hat.

2

Die Ehe der Eltern des im Januar 1996 geborenen T. wurde im November 2009 rechtskräftig geschieden. Die elterliche Sorge für ihren Sohn steht beiden Eltern gemeinsam zu. T.s Vater wohnte bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht im Kreis E. T. und seine Mutter verzogen zum 1. Oktober 2009 aus dem Kreis E. in den Zuständigkeitsbereich des Klägers. Zum 1. September 2011 zogen beide in das Kreisgebiet des Beklagten um, innerhalb dessen sie zum 1. November 2011 erneut den Wohnort wechselten.

3

Nachdem T. bereits im Jahr 2007 durch einen sehr unregelmäßigen Schulbesuch aufgefallen und es in diesem Jahr wie auch in den Folgejahren immer wieder zu erheblichen Fehlzeiten gekommen war, bewilligte der Kläger der Kindesmutter ab dem 20. Juni 2011 sozialpädagogische Familienhilfe. Ab dem 1. Januar 2012 gewährte er ihr zudem Leistungen in Form des Erziehungsbeistands. Die Hilfeleistung wurde zum 31. März 2013 bzw. 30. Juni 2013 eingestellt, nachdem ein weiterer Hilfebedarf nicht mehr bestand.

4

Ohne Erfolg ersuchte der Kläger den Beklagten aus Anlass der Ummeldung T.s und seiner Mutter zum 1. September 2011, den Fall in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen und ein Kostenanerkenntnis ab Zuzug zu erteilen.

5

Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verurteilt, dem Kläger die in dem Zeitraum vom 1. September 2011 bis zum 31. Mai 2012 aufgewendeten Jugendhilfeleistungen in Höhe von 4 912,89 € zu erstatten, wobei der Betrag mit fünf Prozent über dem Basiszinssatz ab Klageerhebung aus einem Betrag von 2 392,84 € und ab dem 12. Juli 2009 aus einem Betrag von 4 912,89 € zu verzinsen sei. Zugleich hat es festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, den Fall in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen. Wegen weitergehend beantragter Prozesszinsen hat es die Klage abgewiesen.

6

Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 89c Abs. 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VIII - nicht zu. Es fehle bereits an dem hiernach erforderlichen Wechsel der örtlichen Zuständigkeit. Der Kläger sei gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII selbst zuständig geblieben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfasse diese Vorschrift sämtliche Fallgestaltungen, in denen Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besäßen. Im Übrigen stehe einem Erstattungsanspruch des Klägers auch § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII entgegen. Die Erfüllung der Aufgaben in dem betreffenden Jugendhilfefall habe nicht den Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch entsprochen. Die Gewährung sozialpädagogischer Familienhilfe habe zumindest das Einverständnis von T.s Vater erfordert. Dieser habe jedoch weder die Bewilligung der Hilfe zur Erziehung beantragt noch deren Gewährung zugestimmt.

7

Im November 2012 hat T.s Vater rückwirkend seine Zustimmung zu den bislang gewährten Jugendhilfeleistungen erklärt und die Fortführung der bewilligten Maßnahmen beantragt.

8

Mit Schriftsätzen vom 28. Oktober 2013 und 4. November 2013 haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Feststellungsbegehrens übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

9

Im Übrigen verfolgt der Kläger sein Erstattungsbegehren im Revisionsverfahren weiter. Er ist der Auffassung, das Berufungsurteil verletze § 89c Abs. 1 i.V.m. § 86c i.V.m. § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII. In Fällen, in denen der sorgeberechtigte Elternteil in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe verziehe, sei die durch § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII bewirkte Festschreibung der örtlichen Zuständigkeit für eine effektive Aufgabenwahrnehmung der Jugendämter kontraproduktiv, da sie dem Gebot zuwiderlaufe, die räumliche Nähe zwischen dem maßgeblichen sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind einerseits und dem Jugendamt andererseits zu wahren. Während die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf Fallgestaltungen gründe, in denen beide Elternteile nicht mehr sorgeberechtigt gewesen seien, werde ihre Erstreckung auf den Fall, dass beide Elternteile weiterhin die Personensorge ausüben würden, dem Zweck der Sicherstellung einer effektiven Aufgabenwahrnehmung durch die Jugendämter nicht gerecht. In einer solchen Konstellation könne das zuständige Jugendamt seiner Verantwortung auf Grund der räumlichen Entfernung zu dem sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind im Wege der hierdurch erforderlich werdenden Inanspruchnahme von Amtshilfe nicht mehr in der gebotenen Weise gerecht werden. Eine entsprechende Festschreibung der örtlichen Zuständigkeit stünde zudem in Widerspruch zu § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, der von einer grundsätzlich dynamischen Zuständigkeit ausgehe. § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII widerstreite einer Erstattung nicht. Ungeachtet der zwischenzeitlich abgegebenen Zustimmungserklärung des Kindesvaters sei die Beantragung ambulanter Hilfen nach § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB eine Angelegenheit des täglichen Lebens. Eine Fremdunterbringung habe nicht in Rede gestanden. Durch die Gewährung sozialpädagogischer Familienhilfe in geringem Umfang und die Bewilligung der Erziehungsbeistandschaft seien erhebliche Entscheidungen nicht getroffen worden. Deren Auswirkungen seien zudem ohne Weiteres abänderbar.

10

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

11

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Feststellungsbegehrens übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren gemäß § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Umfang der Teilerledigung sind das erstinstanzliche und das Berufungsurteil wirkungslos geworden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

12

Im Übrigen hat die Revision des Klägers Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Erstattungsklage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der Kosten, die ihm in dem Jugendhilfefall im Zeitraum vom 1. September 2011 bis zum 31. Mai 2012 entstanden sind, aus § 89c Abs. 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Art. 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990, BGBl I S. 1163) - SGB VIII - i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) zu. Danach sind Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86c SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, der nach dem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zuständig geworden ist.

13

Der Kläger hat als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe im maßgeblichen Zeitraum vom 1. September 2011 bis zum 31. Mai 2012 der Kindesmutter Hilfe zur Erziehung in Form der sozialpädagogischen Familienhilfe gemäß § 31 SGB VIII gewährt und Leistungen in Form der Erziehungsbeistandschaft gemäß § 30 SGB VIII erbracht und dafür die Kosten getragen, deren Höhe zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht. Er hat die Kosten im Rahmen einer Verpflichtung nach § 86c SGB VIII i.d.F. der Bekanntmachungen vom 14. Dezember 2006 (BGBl I S. 3134) bzw. vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) aufgewendet. § 86c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII verpflichtet den bisher zuständigen örtlichen Jugendhilfeträger, die Leistung so lange zu gewähren, bis der infolge des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit nunmehr zuständige örtliche Jugendhilfeträger die Leistung fortsetzt. Der bei Beginn der Leistung am 20. Juni 2011 (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - BVerwGE 141, 77 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 15 jeweils Rn. 18 m.w.N.) nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständige Kläger war im maßgeblichen Zeitraum nicht mehr örtlich zuständig.

14

Das Oberverwaltungsgericht hat unter Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) angenommen, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Klägers mit dem Umzug der Kindesmutter in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten am 1. September 2011 auf § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i.d.F. der Bekanntmachungen vom 14. Dezember 2006 (BGBl I S. 3134) bzw. vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) gründe (1.). Auf diesem Rechtsverstoß beruht das Berufungsurteil, weil der Beklagte zu diesem Zeitpunkt nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständig geworden und bis zum Ende des entscheidungserheblichen Zeitraums geblieben ist (2.).

15

1. Gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII in der vorstehenden Fassung - die Änderung der Norm durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Verwaltungsvereinfachung in der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfevereinfachungsgesetz - KJVVG) vom 29. August 2013 (BGBl I S. 3464) beansprucht Geltung erst mit Wirkung vom 1. Januar 2014 - bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen, solange die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht. Die Regelung knüpft tatbestandlich an § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII an (a). Hinsichtlich der Reichweite dieser Anknüpfung ist zwischen den Fallgestaltungen des Bestehens einer gemeinsamen elterlichen Sorge einerseits und des Nichtzustehens der elterlichen Sorge andererseits zu differenzieren (b).

16

a) Nach § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII wird für den Fall, dass die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt nach § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 SGB VIII auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind.

17

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 SGB VIII weit verstanden worden. Die Zuständigkeitsregelung erfasse sämtliche Fallgestaltungen, in denen Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen. Ihr Anwendungsbereich sei nicht auf Fälle beschränkt, in denen die Eltern erstmals nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründeten und gegebenenfalls im Anschluss daran ihren Aufenthalt unter Aufrechterhaltung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte erneut veränderten. Vielmehr greife die Vorschrift entsprechend ihrem Charakter als umfassende Regelung für verschiedene gewöhnliche Aufenthalte der Eltern nach Leistungsbeginn auch ein, wenn die Eltern bereits vor bzw. bei Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und solche während des Leistungsbezugs beibehielten (Urteile vom 30. September 2009 - BVerwG 5 C 18.08 - BVerwGE 135, 58 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 9 jeweils Rn. 22 ff., vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 5 C 17.09 - Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 12 Rn. 21, vom 12. Mai 2011 - BVerwG 5 C 4.10 - BVerwGE 139, 378 = Buchholz 436.511 § 88 SGB VIII/KJHG Nr. 1 jeweils Rn. 17 und vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - BVerwGE 141, 77 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 15 jeweils Rn. 35 ff.).

18

Obgleich diese Entscheidungen allein zu Fallkonstellationen ergangen sind, in denen die Eltern vor und nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besaßen und keinem Elternteil das Sorgerecht zustand (vgl. § 86 Abs. 3 SGB VIII), sind die genannten Rechtssätze des Senats weiter gefasst worden. Soweit der Anwendungsbereich der zu § 86 Abs. 5 SGB VIII formulierten Rechtssätze auch § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII einschloss, hält der Senat daran nicht fest. § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII bezieht sich vielmehr nur auf solche Fallgestaltungen, in denen Eltern nach Leistungsbeginn erstmals verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen und in der Folge beibehalten (vgl. Leitsatz 1 des Urteils vom 30. September 2009 a.a.O.).

19

Hierfür spricht grammatikalisch eine Gesamtbetrachtung der Wörter "Begründen", "nach Beginn der Leistung" und "wird" in § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII. Das Wort "Begründen" impliziert nach seinem Wortsinn, dass die Elternteile vor der zuständigkeitsrelevanten Veränderung des gewöhnlichen Aufenthalts eines oder beider Elternteile einen gewöhnlichen Aufenthalt innerhalb des Zuständigkeitsbereichs desselben Trägers der öffentlichen Jugendhilfe hatten, sei es, dass sie zusammenlebten, sei es, dass sie innerhalb des Jugendamtsbezirks getrennt lebten, und nunmehr erstmals nach Beginn der Leistung gewöhnliche Aufenthalte in den Zuständigkeitsbereichen verschiedener Jugendhilfeträger nehmen. Dieser Wortsinn erschließt sich gerade aus dem Vergleich mit demjenigen des § 86 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 Satz 1 SGB VIII ("Haben", "ist").

20

Die Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII auf die Fälle der erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte von Elternteilen, die sich zuvor innerhalb des Zuständigkeitsbereichs desselben Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gewöhnlich aufhielten und damit von § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erfasst waren, trägt auch der Systematik des § 86 SGB VIII Rechnung. Sie wird dadurch gestützt, dass diese erstmalige Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte in § 86 SGB VIII keine anderweitige Regelung erfahren hat. § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII knüpft die örtliche Zuständigkeit für Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe nach diesem Buch an den gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern im Zuständigkeitsbereich eines einzigen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe an. Die Norm ist zuständigkeitsbestimmend in den Fällen sowohl des Innehabens des gewöhnlichen Aufenthalts beider Elternteile im Bezirk eines Jugendhilfeträgers vor und bei Beginn der Leistung als auch der Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts beider Elternteile im Zuständigkeitsbereich eines einzigen (anderen) Jugendhilfeträgers nach Beginn der Leistung. Der zeitliche Geltungsbereich des § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII endet mit der erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte im Sinne des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII. Demgegenüber wird die Fallgestaltung, dass beide Eltern bereits bei Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte im Zuständigkeitsbereich verschiedener Träger der öffentlichen Jugendhilfe hatten und diese in der Folge entweder beibehalten oder in die Bezirke anderer Jugendhilfeträger verlagern, grundsätzlich von § 86 Abs. 2 und 3 SGB VIII erfasst. § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII findet in diesen letztgenannten Fällen keine Anwendung, da verschiedene gewöhnliche Aufenthalte nicht erstmals "begründet" werden.

21

Für das vorstehende Verständnis spricht auch die Entstehungsgeschichte der Rechtsnorm. Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom 16. Februar 1993 (BGBl I S. 239) wollte der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung Schwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten bei der Auslegung und Anwendung einzelner Bestimmungen des Gesetzes in der Praxis begegnen und Regelungslücken und wenig praktikablen Lösungen bei der Anwendung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen, unter anderem auch der Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit, begegnen (BTDrucks 12/2866 S. 15). Zu § 86 Abs. 5 SGB VIII führte die Entwurfsbegründung aus, die Norm solle § 85 Abs. 4 SGB VIII in der Ursprungsfassung des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom 26. Juni 1990 (BGBl I S. 1163 - SGB VIII 1990) ersetzen (BTDrucks 12/2866 S. 22). Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII 1990 wurde für den Fall, dass sich die Eltern nach der Einleitung der Maßnahme trennen, das Jugendamt zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder nimmt. Die Norm ging auf § 76 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (- Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts - BTDrucks 11/5948 S. 25) zurück. Zu dessen Begründung führte die seinerzeitige Entwurfsbegründung aus, die Vorschrift solle den Fällen Rechnung tragen, in denen die Eltern sich nach der Einleitung der Maßnahme trennen (BTDrucks 11/5948 S. 103 f.). Dies lässt erkennen, dass § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII nach dem Willen des Gesetzgebers - ebenso wie § 85 Abs. 4 SGB VIII 1990 an § 85 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII 1990 anknüpfte - in unmittelbarem Bezug zu § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII stehen sollte. Anders lassen sich die Hinweise auf die "nachträgliche Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte durch die beiden Elternteile" und die "Trennung der Eltern" nicht deuten (in diesem Sinne auch Eschelbach, JAmt 2011, 233 <235>).

22

b) § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII, der die Fälle des fehlenden Sorgerechts beider Elternteile nach Leistungsbeginn regelt, findet auch dann Anwendung, wenn die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen (aa). Anders verhält es sich für die Fälle des gemeinsamen Sorgerechts der Eltern, weil § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII dahin auszulegen ist, dass die Vorschrift auf die Voraussetzungen des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII in vollem Umfang Bezug nimmt und damit auch ein (erstmaliges) Begründen verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte nach Leistungsbeginn voraussetzt (bb).

23

aa) Das Bundesverwaltungsgericht ist bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass sich § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII allein auf das Merkmal "nach Beginn der Leistung" und nicht auf das Wort "Begründen" im Sinne des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII bezieht. Die Regelung über das fehlende Sorgerecht beider Elternteile (§ 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII) erfasst mithin alle Fallgestaltungen, in denen die Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen (Urteile vom 30. September 2009 a.a.O. jeweils Rn. 22, vom 9. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 21, vom 12. Mai 2011 a.a.O. und vom 19. Oktober 2011 a.a.O. jeweils Rn. 35). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

24

Dem Wortlaut des Satzes 2 des § 86 Abs. 5 SGB VIII ist bei gesonderter Betrachtung nicht zu entnehmen, welche Merkmale des Satzes 1 der Vorschrift in Bezug genommen werden. Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, die Tatbestandsmerkmale des Satzes 1 ganz oder teilweise in Satz 2 zu wiederholen. Zwar spricht die systematische Stellung des Satzes 2 innerhalb des Absatzes 5 in gewichtiger Weise dafür, dass sich dieser nachfolgende Satz 2 auf sämtliche Tatbestandsmerkmale des vorangehenden Satzes 1 bezieht. Allerdings ist dies nicht zwingend. Vielmehr kann etwa der Sinn und Zweck einer Vorschrift mit noch größerem Gewicht eine Auslegung des nachfolgenden Satzes dahin gebieten, dass dieser nur teilweise an die Voraussetzungen des vorangehenden Satzes anknüpft. So liegt es hier.

25

Der § 86 SGB VIII zugrunde liegenden Konzeption liefe es zuwider, den Geltungsbereich des Absatzes 5 Satz 2 Alt. 2 durch eine entsprechende Inbezugnahme nicht nur des Merkmals "nach Beginn der Leistung" im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Halbs. 1, sondern auch der darin vorgesehenen weiteren Anknüpfungstatsache der erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte der Elternteile auf die zuvor allein von Absatz 1 Satz 1 erfassten Fallgestaltungen zu reduzieren. Die Konzeption des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII gründet auf dem Umstand, dass die individuellen Jugendhilfeleistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch, die Eltern in Anerkennung ihrer in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG beruhenden Verantwortung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Mai 1986 - 1 BvR 1542/84 - BVerfGE 72, 155 <172> m.w.N.) gewährt werden, darauf ausgerichtet sind, die Erziehungsfähigkeit der Elternteile zu stärken und ihre erzieherische Kompetenz zu fördern, um auf diese Weise eine eigenständige Wahrnehmung der elterlichen Erziehungsverantwortung zu ermöglichen (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Dieser Situation Rechnung tragend verfolgen die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit das Ziel, durch eine grundsätzliche Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt der Erziehungsverantwortlichen eine effektive Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen. Die regelmäßig erforderliche enge und kontinuierliche Zusammenarbeit des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe mit den Eltern wird gerade durch dessen räumliche Nähe zu ihrem Aufenthaltsort ermöglicht und begünstigt. Hingegen bedarf es eben dieser räumlichen Nähe im Falle, dass kein Elternteil (mehr) das Sorgerecht hat (§ 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII), regelmäßig nicht. Diese Fallkonstellation ist vielfach dadurch geprägt, dass die betroffenen Kinder und Jugendlichen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Einrichtungen oder Pflegestellen haben und nicht selten das Jugendamt am Ort der bisherigen Zuständigkeit zum Vormund bestellt wurde (vgl. auch BTDrucks 12/2866 S. 22). Gerade in Fällen, in denen die Erziehungsverantwortung (vgl. § 1626 Abs. 1, § 1631 Abs. 1 BGB) infolge des Entzugs der elterlichen Sorge nicht bei den Eltern liegt und sich das Kind oder der Jugendliche regelmäßig auch nicht bei einem Elternteil aufhält, besteht keine Notwendigkeit mehr, die örtliche Zuständigkeit weiterhin an den (künftigen) gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils zu binden und sie mit diesem "mitwandern" zu lassen (Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - BVerwGE 141, 77 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 15 jeweils Rn. 38).

26

bb) Demgegenüber nimmt die Regelung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII, die an das gemeinsame Sorgerecht der Eltern anknüpft, die Tatbestandsvoraussetzungen des Satzes 1 Halbs. 1 umfänglich in Bezug. Soweit aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu § 86 Abs. 5 SGB VIII etwas anderes gefolgert werden konnte, hält der Senat daran nicht mehr fest.

27

Infolgedessen beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII auf die Fälle der erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte der Elternteile nach Beginn der Leistung sowie gegebenenfalls auf die Verlagerung dieser verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalte in der Folgezeit. Für dieses Verständnis einer umfassenden Inbezugnahme der Voraussetzungen des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII durch den in seinem Wortlaut neutralen § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII streiten neben der Gesetzessystematik auch der Sinn und Zweck und die Entstehungsgeschichte der Norm.

28

In den Fällen des gemeinsamen Sorgerechts gebietet es der oben näher dargelegte Zweck der Vorschrift, möglichst ein Näheverhältnis des Jugendamtes zu einem sorgeberechtigten Elternteil beizubehalten und zu bewirken, dass im Falle des Umzugs dieses Elternteils, bei dem das Kind regelmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben wird, auch die örtliche Zuständigkeit mit diesem "mitwandert" (vgl. Eschelbach, JAmt 2011, 233 <234>; Jung, JAmt 2011, 383 <383, 385>).

29

Auch die historisch-genetische Auslegung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII spricht für eine entsprechende umfängliche Inbezugnahme der Voraussetzungen des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII. Die Rechtsfolge des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII, also die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nach der bisherigen Zuständigkeit, ist Ausdruck der Einschätzung des Gesetzgebers, die örtliche Zuständigkeit könne in den Fällen gemeinsam personensorgeberechtigter Eltern, die vor Beginn der Leistung einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten und nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, nicht verlässlich dynamisch an den gewöhnlichen Aufenthalt eines der beiden Elternteile geknüpft werden, da sich insoweit nicht abstrakt-generell feststellen lasse, welcher Elternteil künftig der Unterstützung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bei der Wahrnehmung der Erziehungsverantwortung bedürfe (BTDrucks 12/2866 S. 21). Anders als in den von § 86 Abs. 2 und 3 SGB VIII geregelten Fällen, bei denen die Zuständigkeitsbestimmung an vorgefundene Aufenthalte angelehnt werden kann und in denen es dem gesetzgeberischen Regelungskonzept regelmäßig zuwiderliefe, die räumliche Nähe des Jugendhilfeträgers zu dem Elternteil, bei dem das Kind oder der Jugendliche seinen gewöhnlichen Aufenthalt bereits in der Vergangenheit genommen hat, durch eine Anknüpfung an die bisherige Zuständigkeit zu beenden, ist eine solche räumliche Nähe in der Konstellation einer erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte beider Elternteile nicht abstrakt-generell herzustellen, ohne besorgen zu müssen, dass die betreffende Anknüpfung nur einen Teil der denkbaren Fallgestaltungen sachgerecht erfasst.

30

cc) Gemessen an diesen Maßstäben war die Regelung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII hier nicht einschlägig. Zwar stand beiden Elternteilen nach Beginn der Leistung das Sorgerecht gemeinsam zu. Allerdings ist die von § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII in Bezug genommene Voraussetzung des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII, dass die gewöhnlichen Aufenthalte der Eltern (erstmals) nach Beginn der Leistung "begründet" worden sein müssen, nicht erfüllt. Vielmehr hatten die Eltern bereits vor Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, weil der Kindesvater im Kreis E. verblieben, die Mutter jedoch mit dem Kind in den Zuständigkeitsbereich des Klägers verzogen war. Diese Konstellation wird von § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII erfasst.

31

2. Auf der nach alledem unrichtigen Anwendung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII beruht das Berufungsurteil. Der Beklagte war in dem streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständiger Jugendhilfeträger (a) und dem Kläger gemäß § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII i.V.m. § 86c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zur Kostenerstattung verpflichtet, ohne dass dem die Regelung des § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) entgegenstand (b).

32

a) Gemäß § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wenn die Personensorge für den Fall, dass die Elternteile - wie hier - bereits vor und bei Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben, jenen gemeinsam zusteht. So verhält es sich hier.

33

Ausweislich der den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) hatte T. seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor Beginn der Leistung, mithin dem Zeitpunkt, ab dem die konkrete Hilfeleistung tatsächlich gegenüber dem Hilfeempfänger erbracht worden ist (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - BVerwGE 141,77 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG jeweils Rn. 18 m.w.N.), hier am 20. Juni 2011, bei seiner Mutter. Diese hatte im streitgegenständlichen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.

34

b) § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII i.d.F. der Bekanntmachungen vom 14. Dezember 2006 (BGBl I S. 3134) bzw. vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) steht einer Verurteilung des Beklagten zur Kostenerstattung nicht entgegen, da die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch entsprach. Die Hilfegewährung bedurfte des Einvernehmens beider personensorgeberechtigter Elternteile (aa). Von dessen Vorliegen war hier jedenfalls auf der Grundlage der Erklärung des Kindesvaters vom 12. November 2012 auszugehen (bb).

35

aa) Die Gewährung von Hilfe zur Erziehung im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB VIII setzt grundsätzlich das Einverständnis der Personensorgeberechtigten voraus. Damit trägt die Vorschrift dem Umstand Rechnung, dass ein originär öffentliches Erziehungsrecht im Kinder- und Jugendhilferecht abgesehen von den Fällen der §§ 42 und 43 SGB VIII nur in den engen Grenzen des § 1666 BGB besteht (Urteil vom 21. Juni 2001 - BVerwG 5 C 6.00 - Buchholz 436.511 § 39 SGB VIII/KJHG Nr. 2 S. 4 f.). Hier setzte die Hilfegewährung materiellrechtlich neben dem Antrag eines Personensorgeberechtigten, hier der Kindesmutter, auch das Einvernehmen des anderen Personensorgeberechtigten, hier des Kindesvaters, voraus.

36

Personensorgeberechtigter im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII ist, wem allein oder gemeinsam mit einer anderen Person nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Personensorge zusteht. Dementsprechend beurteilt sich die Frage, ob in den Fällen der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge die Gewährung von Hilfe zur Erziehung des Einvernehmens beider Elternteile bedarf oder der Alleinentscheidungsbefugnis eines Elternteils unterliegt, nach familienrechtlichen Maßstäben. Leben Eltern, denen - wie hier - die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Die Alleinentscheidungsbefugnis des Elternteils, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, beschränkt sich gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Angelegenheiten des täglichen Lebens. Maßstab für die Entscheidung, ob ein Elternteil - trotz fortbestehender gemeinsamer Sorge - im Sinne des § 1687 Abs. 1 BGB allein oder nur im gegenseitigen Einvernehmen handeln kann, ist die Qualität der zu treffenden Entscheidung und die Erheblichkeit ihrer Bedeutung für das Kindeswohl. Danach sind Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, im Sinne des § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig solche, die für die künftige Entwicklung und Sozialisation des Kindes, aber auch für sein Sozialisationsumfeld von erheblicher Bedeutung sind (Salgo, in: v. Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 2006, § 1687 Rn. 30). Demgegenüber sind nach der Legaldefinition des § 1687 Abs. 1 Satz 3 BGB Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben.

37

Die Frage, ob die Entscheidung über die Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung gemäß den §§ 27 ff. SGB VIII zu den Angelegenheiten zählt, deren Regelung für das Kind von grundsätzlicher Bedeutung ist und damit gegenseitiges Einvernehmen erfordert, oder eine Angelegenheit des täglichen Lebens darstellt, bedarf mit Blick auf die unterschiedliche Relevanz der einzelnen Arten der Hilfe zur Erziehung, ihre Dauer und die Intensität der Einflussnahme auf die Lebenssituation des Kindes einer differenzierenden Betrachtung unter Berücksichtigung insbesondere der Qualität der zu treffenden Entscheidung (Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 7 Rn. 11). Zielt die beantragte Hilfe auf eine Unterbringung des Kindes außerhalb der elterlichen Familie, so ist die Antragstellung als Angelegenheit einzustufen, deren Regelung für das Kind von grundsätzlicher Bedeutung ist. Nichts anderes gilt grundsätzlich für den Fall, dass ambulante Hilfen, insbesondere solche therapeutischer Art, längerfristig in Anspruch genommen werden sollen (DIJuF-Rechtsgutachten vom 2. April 2007 - J 8.110 Kü -, JAmt 2007, 351; Schmid-Obkirchner, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 27 Rn. 11). Dieser Form der ambulanten Hilfen unterfallen regelmäßig, so auch hier, sowohl die sozialpädagogische Familienhilfe als auch die Erziehungsbeistandschaft. Beide sind zumeist auf längere Dauer angelegt (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII) und zeitigen unmittelbare Auswirkungen auf das Kind oder den Jugendlichen und dessen Entwicklung (DIJuF-Rechtsgutachten vom 2. April 2007 - J 8.110 Kü -, JAmt 2007, 351; Salgo, in: v. Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 2006, § 1687 Rn. 46).

38

bb) Davon, dass zwischen den Personensorgeberechtigten gegenseitiges Einvernehmen (vgl. § 1627 Satz 1 BGB) über die Beantragung und Gewährung der Hilfe bestand, ist hier auf der Grundlage der Erklärung des Kindesvaters vom 12. November 2012 auszugehen ((1)). Der Senat ist nicht gehindert, diese Erklärung im revisionsgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen ((2)).

39

(1) Die Willensäußerung der Personensorgeberechtigten unterliegt den allgemeinen Regelungen für Willenserklärungen entsprechend den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand: Juli 2013, § 27 Rn. 66). Danach steht hier die Tatsache, dass der Kindesvater sein Einvernehmen mit der Hilfegewährung erst nachträglich erklärt hat, der Annahme, dass die Hilfe zur Erziehung im gegenseitigen Einvernehmen beider Personensorgeberechtigten beantragt wurde, nicht entgegen. Die Erklärung des Kindesvaters vom 12. November 2012 gibt vielmehr Anlass zu der Annahme, dass zwischen den Personensorgeberechtigten von Anfang an Einvernehmen hinsichtlich der Beantragung und Gewährung der sozialpädagogischen Familienhilfe und der Erziehungsbeistandschaft bestand.

40

Der Kindesvater hat in seiner Erklärung nicht nur die Fortgewährung der bewilligten Hilfe beantragt, sondern ausdrücklich auch rückwirkend seine Zustimmung zu den bislang gewährten Jugendhilfeleistungen erteilt. Diese Erklärung steht im Einklang mit dem Umstand, dass er, obwohl er Kenntnis von der Gewährung der sozialpädagogischen Familienhilfe und der Erziehungsbeistandschaft hatte, der Leistung zu keinem Zeitpunkt widersprochen hat. Zwar erlaubt allein die Tatsache einer entsprechenden Kenntnis nicht, auf das anfängliche Bestehen des erforderlichen Einvernehmens zu schließen. Im Lichte der Erklärung vom 12. November 2012 ist ihr jedoch eine gewisse Indizwirkung nicht abzusprechen.

41

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist auch nicht gehindert, die Erklärung des Einvernehmens im revisionsgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen.

42

Zwar ist es in seiner Funktion als Revisionsgericht im Einklang mit den Revisionszwecken der Rechtsvereinheitlichung, der Rechtsfortbildung und der Verfahrenskontrolle grundsätzlich auf die Rechtsanwendung, insbesondere die Überprüfung des vorinstanzlichen Urteils auf eine Verletzung revisiblen Rechts beschränkt, weshalb es grundsätzlich weder Tatsachen erheben noch im Revisionsverfahren neu vorgebrachte Tatsachen berücksichtigen darf. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist indes für den Fall anerkannt, dass ein nachträglich eingetretener oder nicht festgestellter einzelner Umstand völlig unstreitig ist, seine Verwertung einer endgültigen Streiterledigung dient und schützenswerte Interessen der Beteiligten dadurch nicht berührt werden (Urteile vom 20. Oktober 1992 - BVerwG 9 C 77.91 - BVerwGE 91, 104 <106 f.> und vom 23. Februar 1993 - BVerwG 1 C 16.87 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 64 S. 22). So liegt es hier.

43

Die neue Tatsache des Einvernehmens von T.s Vater mit der Hilfebeantragung und -gewährung im Revisionsverfahren ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Einer Beweiserhebung bedarf es insoweit nicht. Schützenswerte Interessen des Beklagten werden durch eine Berücksichtigung nicht berührt. Vielmehr hat dieser die Zustimmung durch den Kindesvater in seiner Revisionserwiderungsschrift "begrüßt". Die Berücksichtigung der Erklärung dient auch der endgültigen Streiterledigung, weil sie einen objektiv drohenden weiteren Rechtsstreit in dieser Sache vermeidet. Würde der nachträglich eingetretene Umstand des Einvernehmens des Vaters nicht berücksichtigt und die Revision mit Blick auf § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zurückgewiesen, wäre der Kläger nicht gehindert, unter Hinweis auf das nunmehr vorliegende Einvernehmen einen neuen Prozess anzustrengen. Die Rechtskraft des abgeschlossenen Verfahrens stände der Berücksichtigung der hier in Rede stehenden neuen Tatsache nicht entgegen (vgl. Urteil vom 23. November 1999 - BVerwG 9 C 16.99 - BVerwGE 110, 111 <117> = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 5 S. 2<5>).

44

c) Der Zinsanspruch des Klägers rechtfertigt sich aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB (Urteil vom 22. November 2001 - BVerwG 5 C 42.01 - BVerwGE 115, 251 <256> = Buchholz 436.511 § 89e SGB VIII/KJHG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

Tatbestand

1

Die beteiligten Landkreise streiten in ihrer Eigenschaft als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe um die Erstattung von Kosten, die der Kläger ab dem 1. September 2011 für die Gewährung von Jugendhilfeleistungen in dem Fall "T. K." aufgewendet hat.

2

Die Ehe der Eltern des im Januar 1996 geborenen T. wurde im November 2009 rechtskräftig geschieden. Die elterliche Sorge für ihren Sohn steht beiden Eltern gemeinsam zu. T.s Vater wohnte bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht im Kreis E. T. und seine Mutter verzogen zum 1. Oktober 2009 aus dem Kreis E. in den Zuständigkeitsbereich des Klägers. Zum 1. September 2011 zogen beide in das Kreisgebiet des Beklagten um, innerhalb dessen sie zum 1. November 2011 erneut den Wohnort wechselten.

3

Nachdem T. bereits im Jahr 2007 durch einen sehr unregelmäßigen Schulbesuch aufgefallen und es in diesem Jahr wie auch in den Folgejahren immer wieder zu erheblichen Fehlzeiten gekommen war, bewilligte der Kläger der Kindesmutter ab dem 20. Juni 2011 sozialpädagogische Familienhilfe. Ab dem 1. Januar 2012 gewährte er ihr zudem Leistungen in Form des Erziehungsbeistands. Die Hilfeleistung wurde zum 31. März 2013 bzw. 30. Juni 2013 eingestellt, nachdem ein weiterer Hilfebedarf nicht mehr bestand.

4

Ohne Erfolg ersuchte der Kläger den Beklagten aus Anlass der Ummeldung T.s und seiner Mutter zum 1. September 2011, den Fall in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen und ein Kostenanerkenntnis ab Zuzug zu erteilen.

5

Auf seine Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verurteilt, dem Kläger die in dem Zeitraum vom 1. September 2011 bis zum 31. Mai 2012 aufgewendeten Jugendhilfeleistungen in Höhe von 4 912,89 € zu erstatten, wobei der Betrag mit fünf Prozent über dem Basiszinssatz ab Klageerhebung aus einem Betrag von 2 392,84 € und ab dem 12. Juli 2009 aus einem Betrag von 4 912,89 € zu verzinsen sei. Zugleich hat es festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, den Fall in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen. Wegen weitergehend beantragter Prozesszinsen hat es die Klage abgewiesen.

6

Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 89c Abs. 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VIII - nicht zu. Es fehle bereits an dem hiernach erforderlichen Wechsel der örtlichen Zuständigkeit. Der Kläger sei gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII selbst zuständig geblieben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfasse diese Vorschrift sämtliche Fallgestaltungen, in denen Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besäßen. Im Übrigen stehe einem Erstattungsanspruch des Klägers auch § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII entgegen. Die Erfüllung der Aufgaben in dem betreffenden Jugendhilfefall habe nicht den Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch entsprochen. Die Gewährung sozialpädagogischer Familienhilfe habe zumindest das Einverständnis von T.s Vater erfordert. Dieser habe jedoch weder die Bewilligung der Hilfe zur Erziehung beantragt noch deren Gewährung zugestimmt.

7

Im November 2012 hat T.s Vater rückwirkend seine Zustimmung zu den bislang gewährten Jugendhilfeleistungen erklärt und die Fortführung der bewilligten Maßnahmen beantragt.

8

Mit Schriftsätzen vom 28. Oktober 2013 und 4. November 2013 haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Feststellungsbegehrens übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

9

Im Übrigen verfolgt der Kläger sein Erstattungsbegehren im Revisionsverfahren weiter. Er ist der Auffassung, das Berufungsurteil verletze § 89c Abs. 1 i.V.m. § 86c i.V.m. § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII. In Fällen, in denen der sorgeberechtigte Elternteil in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe verziehe, sei die durch § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII bewirkte Festschreibung der örtlichen Zuständigkeit für eine effektive Aufgabenwahrnehmung der Jugendämter kontraproduktiv, da sie dem Gebot zuwiderlaufe, die räumliche Nähe zwischen dem maßgeblichen sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind einerseits und dem Jugendamt andererseits zu wahren. Während die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf Fallgestaltungen gründe, in denen beide Elternteile nicht mehr sorgeberechtigt gewesen seien, werde ihre Erstreckung auf den Fall, dass beide Elternteile weiterhin die Personensorge ausüben würden, dem Zweck der Sicherstellung einer effektiven Aufgabenwahrnehmung durch die Jugendämter nicht gerecht. In einer solchen Konstellation könne das zuständige Jugendamt seiner Verantwortung auf Grund der räumlichen Entfernung zu dem sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind im Wege der hierdurch erforderlich werdenden Inanspruchnahme von Amtshilfe nicht mehr in der gebotenen Weise gerecht werden. Eine entsprechende Festschreibung der örtlichen Zuständigkeit stünde zudem in Widerspruch zu § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, der von einer grundsätzlich dynamischen Zuständigkeit ausgehe. § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII widerstreite einer Erstattung nicht. Ungeachtet der zwischenzeitlich abgegebenen Zustimmungserklärung des Kindesvaters sei die Beantragung ambulanter Hilfen nach § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB eine Angelegenheit des täglichen Lebens. Eine Fremdunterbringung habe nicht in Rede gestanden. Durch die Gewährung sozialpädagogischer Familienhilfe in geringem Umfang und die Bewilligung der Erziehungsbeistandschaft seien erhebliche Entscheidungen nicht getroffen worden. Deren Auswirkungen seien zudem ohne Weiteres abänderbar.

10

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

11

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Feststellungsbegehrens übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren gemäß § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Umfang der Teilerledigung sind das erstinstanzliche und das Berufungsurteil wirkungslos geworden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

12

Im Übrigen hat die Revision des Klägers Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Erstattungsklage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der Kosten, die ihm in dem Jugendhilfefall im Zeitraum vom 1. September 2011 bis zum 31. Mai 2012 entstanden sind, aus § 89c Abs. 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Art. 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990, BGBl I S. 1163) - SGB VIII - i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) zu. Danach sind Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86c SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, der nach dem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zuständig geworden ist.

13

Der Kläger hat als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe im maßgeblichen Zeitraum vom 1. September 2011 bis zum 31. Mai 2012 der Kindesmutter Hilfe zur Erziehung in Form der sozialpädagogischen Familienhilfe gemäß § 31 SGB VIII gewährt und Leistungen in Form der Erziehungsbeistandschaft gemäß § 30 SGB VIII erbracht und dafür die Kosten getragen, deren Höhe zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht. Er hat die Kosten im Rahmen einer Verpflichtung nach § 86c SGB VIII i.d.F. der Bekanntmachungen vom 14. Dezember 2006 (BGBl I S. 3134) bzw. vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) aufgewendet. § 86c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII verpflichtet den bisher zuständigen örtlichen Jugendhilfeträger, die Leistung so lange zu gewähren, bis der infolge des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit nunmehr zuständige örtliche Jugendhilfeträger die Leistung fortsetzt. Der bei Beginn der Leistung am 20. Juni 2011 (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - BVerwGE 141, 77 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 15 jeweils Rn. 18 m.w.N.) nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständige Kläger war im maßgeblichen Zeitraum nicht mehr örtlich zuständig.

14

Das Oberverwaltungsgericht hat unter Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) angenommen, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Klägers mit dem Umzug der Kindesmutter in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten am 1. September 2011 auf § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i.d.F. der Bekanntmachungen vom 14. Dezember 2006 (BGBl I S. 3134) bzw. vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) gründe (1.). Auf diesem Rechtsverstoß beruht das Berufungsurteil, weil der Beklagte zu diesem Zeitpunkt nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständig geworden und bis zum Ende des entscheidungserheblichen Zeitraums geblieben ist (2.).

15

1. Gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII in der vorstehenden Fassung - die Änderung der Norm durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Verwaltungsvereinfachung in der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfevereinfachungsgesetz - KJVVG) vom 29. August 2013 (BGBl I S. 3464) beansprucht Geltung erst mit Wirkung vom 1. Januar 2014 - bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen, solange die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht. Die Regelung knüpft tatbestandlich an § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII an (a). Hinsichtlich der Reichweite dieser Anknüpfung ist zwischen den Fallgestaltungen des Bestehens einer gemeinsamen elterlichen Sorge einerseits und des Nichtzustehens der elterlichen Sorge andererseits zu differenzieren (b).

16

a) Nach § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII wird für den Fall, dass die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt nach § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 SGB VIII auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind.

17

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 SGB VIII weit verstanden worden. Die Zuständigkeitsregelung erfasse sämtliche Fallgestaltungen, in denen Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen. Ihr Anwendungsbereich sei nicht auf Fälle beschränkt, in denen die Eltern erstmals nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründeten und gegebenenfalls im Anschluss daran ihren Aufenthalt unter Aufrechterhaltung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte erneut veränderten. Vielmehr greife die Vorschrift entsprechend ihrem Charakter als umfassende Regelung für verschiedene gewöhnliche Aufenthalte der Eltern nach Leistungsbeginn auch ein, wenn die Eltern bereits vor bzw. bei Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und solche während des Leistungsbezugs beibehielten (Urteile vom 30. September 2009 - BVerwG 5 C 18.08 - BVerwGE 135, 58 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 9 jeweils Rn. 22 ff., vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 5 C 17.09 - Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 12 Rn. 21, vom 12. Mai 2011 - BVerwG 5 C 4.10 - BVerwGE 139, 378 = Buchholz 436.511 § 88 SGB VIII/KJHG Nr. 1 jeweils Rn. 17 und vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - BVerwGE 141, 77 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 15 jeweils Rn. 35 ff.).

18

Obgleich diese Entscheidungen allein zu Fallkonstellationen ergangen sind, in denen die Eltern vor und nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besaßen und keinem Elternteil das Sorgerecht zustand (vgl. § 86 Abs. 3 SGB VIII), sind die genannten Rechtssätze des Senats weiter gefasst worden. Soweit der Anwendungsbereich der zu § 86 Abs. 5 SGB VIII formulierten Rechtssätze auch § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII einschloss, hält der Senat daran nicht fest. § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII bezieht sich vielmehr nur auf solche Fallgestaltungen, in denen Eltern nach Leistungsbeginn erstmals verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen und in der Folge beibehalten (vgl. Leitsatz 1 des Urteils vom 30. September 2009 a.a.O.).

19

Hierfür spricht grammatikalisch eine Gesamtbetrachtung der Wörter "Begründen", "nach Beginn der Leistung" und "wird" in § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII. Das Wort "Begründen" impliziert nach seinem Wortsinn, dass die Elternteile vor der zuständigkeitsrelevanten Veränderung des gewöhnlichen Aufenthalts eines oder beider Elternteile einen gewöhnlichen Aufenthalt innerhalb des Zuständigkeitsbereichs desselben Trägers der öffentlichen Jugendhilfe hatten, sei es, dass sie zusammenlebten, sei es, dass sie innerhalb des Jugendamtsbezirks getrennt lebten, und nunmehr erstmals nach Beginn der Leistung gewöhnliche Aufenthalte in den Zuständigkeitsbereichen verschiedener Jugendhilfeträger nehmen. Dieser Wortsinn erschließt sich gerade aus dem Vergleich mit demjenigen des § 86 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 Satz 1 SGB VIII ("Haben", "ist").

20

Die Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII auf die Fälle der erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte von Elternteilen, die sich zuvor innerhalb des Zuständigkeitsbereichs desselben Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gewöhnlich aufhielten und damit von § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erfasst waren, trägt auch der Systematik des § 86 SGB VIII Rechnung. Sie wird dadurch gestützt, dass diese erstmalige Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte in § 86 SGB VIII keine anderweitige Regelung erfahren hat. § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII knüpft die örtliche Zuständigkeit für Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe nach diesem Buch an den gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern im Zuständigkeitsbereich eines einzigen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe an. Die Norm ist zuständigkeitsbestimmend in den Fällen sowohl des Innehabens des gewöhnlichen Aufenthalts beider Elternteile im Bezirk eines Jugendhilfeträgers vor und bei Beginn der Leistung als auch der Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts beider Elternteile im Zuständigkeitsbereich eines einzigen (anderen) Jugendhilfeträgers nach Beginn der Leistung. Der zeitliche Geltungsbereich des § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII endet mit der erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte im Sinne des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII. Demgegenüber wird die Fallgestaltung, dass beide Eltern bereits bei Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte im Zuständigkeitsbereich verschiedener Träger der öffentlichen Jugendhilfe hatten und diese in der Folge entweder beibehalten oder in die Bezirke anderer Jugendhilfeträger verlagern, grundsätzlich von § 86 Abs. 2 und 3 SGB VIII erfasst. § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII findet in diesen letztgenannten Fällen keine Anwendung, da verschiedene gewöhnliche Aufenthalte nicht erstmals "begründet" werden.

21

Für das vorstehende Verständnis spricht auch die Entstehungsgeschichte der Rechtsnorm. Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom 16. Februar 1993 (BGBl I S. 239) wollte der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung Schwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten bei der Auslegung und Anwendung einzelner Bestimmungen des Gesetzes in der Praxis begegnen und Regelungslücken und wenig praktikablen Lösungen bei der Anwendung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen, unter anderem auch der Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit, begegnen (BTDrucks 12/2866 S. 15). Zu § 86 Abs. 5 SGB VIII führte die Entwurfsbegründung aus, die Norm solle § 85 Abs. 4 SGB VIII in der Ursprungsfassung des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom 26. Juni 1990 (BGBl I S. 1163 - SGB VIII 1990) ersetzen (BTDrucks 12/2866 S. 22). Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII 1990 wurde für den Fall, dass sich die Eltern nach der Einleitung der Maßnahme trennen, das Jugendamt zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder nimmt. Die Norm ging auf § 76 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (- Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts - BTDrucks 11/5948 S. 25) zurück. Zu dessen Begründung führte die seinerzeitige Entwurfsbegründung aus, die Vorschrift solle den Fällen Rechnung tragen, in denen die Eltern sich nach der Einleitung der Maßnahme trennen (BTDrucks 11/5948 S. 103 f.). Dies lässt erkennen, dass § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII nach dem Willen des Gesetzgebers - ebenso wie § 85 Abs. 4 SGB VIII 1990 an § 85 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII 1990 anknüpfte - in unmittelbarem Bezug zu § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII stehen sollte. Anders lassen sich die Hinweise auf die "nachträgliche Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte durch die beiden Elternteile" und die "Trennung der Eltern" nicht deuten (in diesem Sinne auch Eschelbach, JAmt 2011, 233 <235>).

22

b) § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII, der die Fälle des fehlenden Sorgerechts beider Elternteile nach Leistungsbeginn regelt, findet auch dann Anwendung, wenn die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen (aa). Anders verhält es sich für die Fälle des gemeinsamen Sorgerechts der Eltern, weil § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII dahin auszulegen ist, dass die Vorschrift auf die Voraussetzungen des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII in vollem Umfang Bezug nimmt und damit auch ein (erstmaliges) Begründen verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte nach Leistungsbeginn voraussetzt (bb).

23

aa) Das Bundesverwaltungsgericht ist bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass sich § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII allein auf das Merkmal "nach Beginn der Leistung" und nicht auf das Wort "Begründen" im Sinne des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII bezieht. Die Regelung über das fehlende Sorgerecht beider Elternteile (§ 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII) erfasst mithin alle Fallgestaltungen, in denen die Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen (Urteile vom 30. September 2009 a.a.O. jeweils Rn. 22, vom 9. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 21, vom 12. Mai 2011 a.a.O. und vom 19. Oktober 2011 a.a.O. jeweils Rn. 35). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

24

Dem Wortlaut des Satzes 2 des § 86 Abs. 5 SGB VIII ist bei gesonderter Betrachtung nicht zu entnehmen, welche Merkmale des Satzes 1 der Vorschrift in Bezug genommen werden. Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, die Tatbestandsmerkmale des Satzes 1 ganz oder teilweise in Satz 2 zu wiederholen. Zwar spricht die systematische Stellung des Satzes 2 innerhalb des Absatzes 5 in gewichtiger Weise dafür, dass sich dieser nachfolgende Satz 2 auf sämtliche Tatbestandsmerkmale des vorangehenden Satzes 1 bezieht. Allerdings ist dies nicht zwingend. Vielmehr kann etwa der Sinn und Zweck einer Vorschrift mit noch größerem Gewicht eine Auslegung des nachfolgenden Satzes dahin gebieten, dass dieser nur teilweise an die Voraussetzungen des vorangehenden Satzes anknüpft. So liegt es hier.

25

Der § 86 SGB VIII zugrunde liegenden Konzeption liefe es zuwider, den Geltungsbereich des Absatzes 5 Satz 2 Alt. 2 durch eine entsprechende Inbezugnahme nicht nur des Merkmals "nach Beginn der Leistung" im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Halbs. 1, sondern auch der darin vorgesehenen weiteren Anknüpfungstatsache der erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte der Elternteile auf die zuvor allein von Absatz 1 Satz 1 erfassten Fallgestaltungen zu reduzieren. Die Konzeption des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII gründet auf dem Umstand, dass die individuellen Jugendhilfeleistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch, die Eltern in Anerkennung ihrer in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG beruhenden Verantwortung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Mai 1986 - 1 BvR 1542/84 - BVerfGE 72, 155 <172> m.w.N.) gewährt werden, darauf ausgerichtet sind, die Erziehungsfähigkeit der Elternteile zu stärken und ihre erzieherische Kompetenz zu fördern, um auf diese Weise eine eigenständige Wahrnehmung der elterlichen Erziehungsverantwortung zu ermöglichen (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Dieser Situation Rechnung tragend verfolgen die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit das Ziel, durch eine grundsätzliche Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt der Erziehungsverantwortlichen eine effektive Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen. Die regelmäßig erforderliche enge und kontinuierliche Zusammenarbeit des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe mit den Eltern wird gerade durch dessen räumliche Nähe zu ihrem Aufenthaltsort ermöglicht und begünstigt. Hingegen bedarf es eben dieser räumlichen Nähe im Falle, dass kein Elternteil (mehr) das Sorgerecht hat (§ 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 SGB VIII), regelmäßig nicht. Diese Fallkonstellation ist vielfach dadurch geprägt, dass die betroffenen Kinder und Jugendlichen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Einrichtungen oder Pflegestellen haben und nicht selten das Jugendamt am Ort der bisherigen Zuständigkeit zum Vormund bestellt wurde (vgl. auch BTDrucks 12/2866 S. 22). Gerade in Fällen, in denen die Erziehungsverantwortung (vgl. § 1626 Abs. 1, § 1631 Abs. 1 BGB) infolge des Entzugs der elterlichen Sorge nicht bei den Eltern liegt und sich das Kind oder der Jugendliche regelmäßig auch nicht bei einem Elternteil aufhält, besteht keine Notwendigkeit mehr, die örtliche Zuständigkeit weiterhin an den (künftigen) gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils zu binden und sie mit diesem "mitwandern" zu lassen (Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - BVerwGE 141, 77 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG Nr. 15 jeweils Rn. 38).

26

bb) Demgegenüber nimmt die Regelung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII, die an das gemeinsame Sorgerecht der Eltern anknüpft, die Tatbestandsvoraussetzungen des Satzes 1 Halbs. 1 umfänglich in Bezug. Soweit aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu § 86 Abs. 5 SGB VIII etwas anderes gefolgert werden konnte, hält der Senat daran nicht mehr fest.

27

Infolgedessen beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII auf die Fälle der erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte der Elternteile nach Beginn der Leistung sowie gegebenenfalls auf die Verlagerung dieser verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalte in der Folgezeit. Für dieses Verständnis einer umfassenden Inbezugnahme der Voraussetzungen des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII durch den in seinem Wortlaut neutralen § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII streiten neben der Gesetzessystematik auch der Sinn und Zweck und die Entstehungsgeschichte der Norm.

28

In den Fällen des gemeinsamen Sorgerechts gebietet es der oben näher dargelegte Zweck der Vorschrift, möglichst ein Näheverhältnis des Jugendamtes zu einem sorgeberechtigten Elternteil beizubehalten und zu bewirken, dass im Falle des Umzugs dieses Elternteils, bei dem das Kind regelmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben wird, auch die örtliche Zuständigkeit mit diesem "mitwandert" (vgl. Eschelbach, JAmt 2011, 233 <234>; Jung, JAmt 2011, 383 <383, 385>).

29

Auch die historisch-genetische Auslegung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII spricht für eine entsprechende umfängliche Inbezugnahme der Voraussetzungen des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII. Die Rechtsfolge des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII, also die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nach der bisherigen Zuständigkeit, ist Ausdruck der Einschätzung des Gesetzgebers, die örtliche Zuständigkeit könne in den Fällen gemeinsam personensorgeberechtigter Eltern, die vor Beginn der Leistung einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten und nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, nicht verlässlich dynamisch an den gewöhnlichen Aufenthalt eines der beiden Elternteile geknüpft werden, da sich insoweit nicht abstrakt-generell feststellen lasse, welcher Elternteil künftig der Unterstützung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bei der Wahrnehmung der Erziehungsverantwortung bedürfe (BTDrucks 12/2866 S. 21). Anders als in den von § 86 Abs. 2 und 3 SGB VIII geregelten Fällen, bei denen die Zuständigkeitsbestimmung an vorgefundene Aufenthalte angelehnt werden kann und in denen es dem gesetzgeberischen Regelungskonzept regelmäßig zuwiderliefe, die räumliche Nähe des Jugendhilfeträgers zu dem Elternteil, bei dem das Kind oder der Jugendliche seinen gewöhnlichen Aufenthalt bereits in der Vergangenheit genommen hat, durch eine Anknüpfung an die bisherige Zuständigkeit zu beenden, ist eine solche räumliche Nähe in der Konstellation einer erstmaligen Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte beider Elternteile nicht abstrakt-generell herzustellen, ohne besorgen zu müssen, dass die betreffende Anknüpfung nur einen Teil der denkbaren Fallgestaltungen sachgerecht erfasst.

30

cc) Gemessen an diesen Maßstäben war die Regelung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII hier nicht einschlägig. Zwar stand beiden Elternteilen nach Beginn der Leistung das Sorgerecht gemeinsam zu. Allerdings ist die von § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB VIII in Bezug genommene Voraussetzung des § 86 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII, dass die gewöhnlichen Aufenthalte der Eltern (erstmals) nach Beginn der Leistung "begründet" worden sein müssen, nicht erfüllt. Vielmehr hatten die Eltern bereits vor Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, weil der Kindesvater im Kreis E. verblieben, die Mutter jedoch mit dem Kind in den Zuständigkeitsbereich des Klägers verzogen war. Diese Konstellation wird von § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII erfasst.

31

2. Auf der nach alledem unrichtigen Anwendung des § 86 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Satz 1 Halbs. 1 SGB VIII beruht das Berufungsurteil. Der Beklagte war in dem streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständiger Jugendhilfeträger (a) und dem Kläger gemäß § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII i.V.m. § 86c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zur Kostenerstattung verpflichtet, ohne dass dem die Regelung des § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) entgegenstand (b).

32

a) Gemäß § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wenn die Personensorge für den Fall, dass die Elternteile - wie hier - bereits vor und bei Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben, jenen gemeinsam zusteht. So verhält es sich hier.

33

Ausweislich der den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) hatte T. seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor Beginn der Leistung, mithin dem Zeitpunkt, ab dem die konkrete Hilfeleistung tatsächlich gegenüber dem Hilfeempfänger erbracht worden ist (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 25.10 - BVerwGE 141,77 = Buchholz 436.511 § 86 SGB VIII/KJHG jeweils Rn. 18 m.w.N.), hier am 20. Juni 2011, bei seiner Mutter. Diese hatte im streitgegenständlichen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.

34

b) § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII i.d.F. der Bekanntmachungen vom 14. Dezember 2006 (BGBl I S. 3134) bzw. vom 11. September 2012 (BGBl I S. 2022) steht einer Verurteilung des Beklagten zur Kostenerstattung nicht entgegen, da die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch entsprach. Die Hilfegewährung bedurfte des Einvernehmens beider personensorgeberechtigter Elternteile (aa). Von dessen Vorliegen war hier jedenfalls auf der Grundlage der Erklärung des Kindesvaters vom 12. November 2012 auszugehen (bb).

35

aa) Die Gewährung von Hilfe zur Erziehung im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB VIII setzt grundsätzlich das Einverständnis der Personensorgeberechtigten voraus. Damit trägt die Vorschrift dem Umstand Rechnung, dass ein originär öffentliches Erziehungsrecht im Kinder- und Jugendhilferecht abgesehen von den Fällen der §§ 42 und 43 SGB VIII nur in den engen Grenzen des § 1666 BGB besteht (Urteil vom 21. Juni 2001 - BVerwG 5 C 6.00 - Buchholz 436.511 § 39 SGB VIII/KJHG Nr. 2 S. 4 f.). Hier setzte die Hilfegewährung materiellrechtlich neben dem Antrag eines Personensorgeberechtigten, hier der Kindesmutter, auch das Einvernehmen des anderen Personensorgeberechtigten, hier des Kindesvaters, voraus.

36

Personensorgeberechtigter im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII ist, wem allein oder gemeinsam mit einer anderen Person nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Personensorge zusteht. Dementsprechend beurteilt sich die Frage, ob in den Fällen der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge die Gewährung von Hilfe zur Erziehung des Einvernehmens beider Elternteile bedarf oder der Alleinentscheidungsbefugnis eines Elternteils unterliegt, nach familienrechtlichen Maßstäben. Leben Eltern, denen - wie hier - die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Die Alleinentscheidungsbefugnis des Elternteils, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, beschränkt sich gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Angelegenheiten des täglichen Lebens. Maßstab für die Entscheidung, ob ein Elternteil - trotz fortbestehender gemeinsamer Sorge - im Sinne des § 1687 Abs. 1 BGB allein oder nur im gegenseitigen Einvernehmen handeln kann, ist die Qualität der zu treffenden Entscheidung und die Erheblichkeit ihrer Bedeutung für das Kindeswohl. Danach sind Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, im Sinne des § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig solche, die für die künftige Entwicklung und Sozialisation des Kindes, aber auch für sein Sozialisationsumfeld von erheblicher Bedeutung sind (Salgo, in: v. Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 2006, § 1687 Rn. 30). Demgegenüber sind nach der Legaldefinition des § 1687 Abs. 1 Satz 3 BGB Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben.

37

Die Frage, ob die Entscheidung über die Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung gemäß den §§ 27 ff. SGB VIII zu den Angelegenheiten zählt, deren Regelung für das Kind von grundsätzlicher Bedeutung ist und damit gegenseitiges Einvernehmen erfordert, oder eine Angelegenheit des täglichen Lebens darstellt, bedarf mit Blick auf die unterschiedliche Relevanz der einzelnen Arten der Hilfe zur Erziehung, ihre Dauer und die Intensität der Einflussnahme auf die Lebenssituation des Kindes einer differenzierenden Betrachtung unter Berücksichtigung insbesondere der Qualität der zu treffenden Entscheidung (Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 7 Rn. 11). Zielt die beantragte Hilfe auf eine Unterbringung des Kindes außerhalb der elterlichen Familie, so ist die Antragstellung als Angelegenheit einzustufen, deren Regelung für das Kind von grundsätzlicher Bedeutung ist. Nichts anderes gilt grundsätzlich für den Fall, dass ambulante Hilfen, insbesondere solche therapeutischer Art, längerfristig in Anspruch genommen werden sollen (DIJuF-Rechtsgutachten vom 2. April 2007 - J 8.110 Kü -, JAmt 2007, 351; Schmid-Obkirchner, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 27 Rn. 11). Dieser Form der ambulanten Hilfen unterfallen regelmäßig, so auch hier, sowohl die sozialpädagogische Familienhilfe als auch die Erziehungsbeistandschaft. Beide sind zumeist auf längere Dauer angelegt (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII) und zeitigen unmittelbare Auswirkungen auf das Kind oder den Jugendlichen und dessen Entwicklung (DIJuF-Rechtsgutachten vom 2. April 2007 - J 8.110 Kü -, JAmt 2007, 351; Salgo, in: v. Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 2006, § 1687 Rn. 46).

38

bb) Davon, dass zwischen den Personensorgeberechtigten gegenseitiges Einvernehmen (vgl. § 1627 Satz 1 BGB) über die Beantragung und Gewährung der Hilfe bestand, ist hier auf der Grundlage der Erklärung des Kindesvaters vom 12. November 2012 auszugehen ((1)). Der Senat ist nicht gehindert, diese Erklärung im revisionsgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen ((2)).

39

(1) Die Willensäußerung der Personensorgeberechtigten unterliegt den allgemeinen Regelungen für Willenserklärungen entsprechend den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand: Juli 2013, § 27 Rn. 66). Danach steht hier die Tatsache, dass der Kindesvater sein Einvernehmen mit der Hilfegewährung erst nachträglich erklärt hat, der Annahme, dass die Hilfe zur Erziehung im gegenseitigen Einvernehmen beider Personensorgeberechtigten beantragt wurde, nicht entgegen. Die Erklärung des Kindesvaters vom 12. November 2012 gibt vielmehr Anlass zu der Annahme, dass zwischen den Personensorgeberechtigten von Anfang an Einvernehmen hinsichtlich der Beantragung und Gewährung der sozialpädagogischen Familienhilfe und der Erziehungsbeistandschaft bestand.

40

Der Kindesvater hat in seiner Erklärung nicht nur die Fortgewährung der bewilligten Hilfe beantragt, sondern ausdrücklich auch rückwirkend seine Zustimmung zu den bislang gewährten Jugendhilfeleistungen erteilt. Diese Erklärung steht im Einklang mit dem Umstand, dass er, obwohl er Kenntnis von der Gewährung der sozialpädagogischen Familienhilfe und der Erziehungsbeistandschaft hatte, der Leistung zu keinem Zeitpunkt widersprochen hat. Zwar erlaubt allein die Tatsache einer entsprechenden Kenntnis nicht, auf das anfängliche Bestehen des erforderlichen Einvernehmens zu schließen. Im Lichte der Erklärung vom 12. November 2012 ist ihr jedoch eine gewisse Indizwirkung nicht abzusprechen.

41

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist auch nicht gehindert, die Erklärung des Einvernehmens im revisionsgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen.

42

Zwar ist es in seiner Funktion als Revisionsgericht im Einklang mit den Revisionszwecken der Rechtsvereinheitlichung, der Rechtsfortbildung und der Verfahrenskontrolle grundsätzlich auf die Rechtsanwendung, insbesondere die Überprüfung des vorinstanzlichen Urteils auf eine Verletzung revisiblen Rechts beschränkt, weshalb es grundsätzlich weder Tatsachen erheben noch im Revisionsverfahren neu vorgebrachte Tatsachen berücksichtigen darf. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist indes für den Fall anerkannt, dass ein nachträglich eingetretener oder nicht festgestellter einzelner Umstand völlig unstreitig ist, seine Verwertung einer endgültigen Streiterledigung dient und schützenswerte Interessen der Beteiligten dadurch nicht berührt werden (Urteile vom 20. Oktober 1992 - BVerwG 9 C 77.91 - BVerwGE 91, 104 <106 f.> und vom 23. Februar 1993 - BVerwG 1 C 16.87 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 64 S. 22). So liegt es hier.

43

Die neue Tatsache des Einvernehmens von T.s Vater mit der Hilfebeantragung und -gewährung im Revisionsverfahren ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Einer Beweiserhebung bedarf es insoweit nicht. Schützenswerte Interessen des Beklagten werden durch eine Berücksichtigung nicht berührt. Vielmehr hat dieser die Zustimmung durch den Kindesvater in seiner Revisionserwiderungsschrift "begrüßt". Die Berücksichtigung der Erklärung dient auch der endgültigen Streiterledigung, weil sie einen objektiv drohenden weiteren Rechtsstreit in dieser Sache vermeidet. Würde der nachträglich eingetretene Umstand des Einvernehmens des Vaters nicht berücksichtigt und die Revision mit Blick auf § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zurückgewiesen, wäre der Kläger nicht gehindert, unter Hinweis auf das nunmehr vorliegende Einvernehmen einen neuen Prozess anzustrengen. Die Rechtskraft des abgeschlossenen Verfahrens stände der Berücksichtigung der hier in Rede stehenden neuen Tatsache nicht entgegen (vgl. Urteil vom 23. November 1999 - BVerwG 9 C 16.99 - BVerwGE 110, 111 <117> = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 5 S. 2<5>).

44

c) Der Zinsanspruch des Klägers rechtfertigt sich aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB (Urteil vom 22. November 2001 - BVerwG 5 C 42.01 - BVerwGE 115, 251 <256> = Buchholz 436.511 § 89e SGB VIII/KJHG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben im Rahmen ihrer Planungsverantwortung

1.
den Bestand an Einrichtungen und Diensten festzustellen,
2.
den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Erziehungsberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und
3.
die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu planen; dabei ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann.

(2) Einrichtungen und Dienste sollen so geplant werden, dass insbesondere

1.
Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können,
2.
ein möglichst wirksames, vielfältiges, inklusives und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen gewährleistet ist,
3.
ein dem nach Absatz 1 Nummer 2 ermittelten Bedarf entsprechendes Zusammenwirken der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien sichergestellt ist,
4.
junge Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte junge Menschen mit jungen Menschen ohne Behinderung gemeinsam unter Berücksichtigung spezifischer Bedarfslagen gefördert werden können,
5.
junge Menschen und Familien in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen besonders gefördert werden,
6.
Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können.

(3) Die Planung insbesondere von Diensten zur Gewährung niedrigschwelliger ambulanter Hilfen nach Maßgabe von § 36a Absatz 2 umfasst auch Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung.

(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe in allen Phasen ihrer Planung frühzeitig zu beteiligen. Zu diesem Zwecke sind sie vom Jugendhilfeausschuss, soweit sie überörtlich tätig sind, im Rahmen der Jugendhilfeplanung des überörtlichen Trägers vom Landesjugendhilfeausschuss zu hören. Das Nähere regelt das Landesrecht.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen darauf hinwirken, dass die Jugendhilfeplanung und andere örtliche und überörtliche Planungen aufeinander abgestimmt werden und die Planungen insgesamt den Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen und ihrer Familien Rechnung tragen.

(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.

(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.

(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.

(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.

(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.

(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.

(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.