Oberlandesgericht München Zwischenurteil, 23. Juni 2016 - 6 U 3129/15

bei uns veröffentlicht am23.06.2016

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 13.08.2015, Az. 11 HK O 12224/14, abgeändert.

2. Die Klage ist zulässig.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten in der Sache darum, ob der Klägerin Ansprüche auf Unterlassung und auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten wegen Markenrechtsverletzung zustehen.

Die Klägerin, ein im Bereich der Herstellung und des Vertriebs von Parfums weltweit tätiges Unternehmen, ist Inhaberin der unter anderem für Parfümeriewaren eingetragenen Unionsmarken 2786713 „Joop!“ und 2950749 „Lancaster“. Ferner nimmt sie exklusive Lizenzrechte an verschiedenen Unionsmarken und IR-Marken wahr, die ebenfalls für Parfümeriewaren registriert sind. Hinsichtlich der Einzelheiten zu den streitgegenständlichen Marken wird auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil (LGU S. 2) sowie auf die Anlagenkon-volute K 1 und K 2 Bezug genommen. Ihre Produkte vertreibt die Klägerin im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems.

Die in P./Italien ansässige Beklagte zu 1), deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte zu 2) ist, handelt mit Parfum- und Kosmetikartikeln. Sie unterhält die auch in deutscher Sprache verfügbare Homepage www. .it, auf der verschiedene Produkte abgebildet und Kontaktdaten angegeben werden, aber keine direkte Bestellmöglichkeit eröffnet wird (Anlagenkonvolut K 3).

Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 03.08.2012 erfolgte eine Kontaktaufnahme zwischen der international tätigen Firma H. Parfüm GmbH (nachfolgend: Firma H.) mit Sitz in Deutschland und der Beklagten zu 1), die zur Auslieferung von 150 Stück Parfums der Marke Davidoff „Cool Water“ in Italien an eine von der Firma H. beauftragte Spedition (vgl. Frachtbrief gem. Anl. CBH 7) am 07.08.2012 führte. Die Waren sind vor der Übergabe an den Spediteur vollständig bezahlt und von letzterem in das Lager der Beklagten zu 1) in . E. verbracht worden.

In diesem Vorgang sieht die Klägerin eine Markenverletzung, da die streitgegenständlichen Parfumwaren ihrem Vorbringen zufolge nicht mit ihrer Zustimmung innerhalb der Europäischen Union erstmalig in Verkehr gebracht worden seien. In erster Instanz hat die Klägerin beantragt (nach Abtrennung des Unterlassungsantrags und des Antrags auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten mit Trennungsbeschlüssen des vormals angerufenen Landgerichts Leipzig vom 23.05.2014 (Bl. 138/141 d.A.) und vom 04.09.2014 (Bl. 166/167 d.A.) und teilweiser Klagerücknahme von Klageantrag 1. in Richtung auf die Verletzung der Marke „Karl Lagerfeld“ mit Schriftsatz vom 18.04.2013, Bl. 48 d.A),

die Beklagten zu verurteilen,

  • 1.es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Parfumprodukte unter den Marken Davidoff, Joop!, Wolfgang Joop, Jil Sander, Chopard, Nikos, J.Lo/Jennifer Lopez, Vivienne Westwood, Calvin Klein, Lancaster, Sarah Jessica Parker Covet, Chloe und Cerruti einzuführen, anzubieten, zu vertreiben oder einführen, anbieten, bewerben oder vertreiben zu lassen, die nicht von der Markeninhaberin oder einem Dritten mit Zustimmung der Markeninhaberin in der Europäischen Union in den Verkehr gebracht worden sind,

  • 2.an die Klägerin EUR 2.080,50 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagten haben in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Endurteil vom 13.08.2015 hat das Landgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme (vgl. Sitzungsniederschrift vom 25.06.2015, Bl. 225/229 d.A.; das Landgericht Leipzig hat seinerseits vor Abtrennung und Verweisung der abgetrennten Teile des Rechtsstreits an das Landgericht München I bereits Beweis erhoben, vgl. Sitzungsniederschrift vom 10.04.2014, Bl. 117/120 d.A.) die Klage wegen mangelnder internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung ist im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, ausgeführt:

Die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte richte sich nach Art. 97 Abs. 5 der Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV). Diese Vorschrift sei autonom auszulegen. Hiernach seien die Gerichte desjenigen Mitgliedstaats, in der sich der der behaupteten Verletzung zugrunde liegende Vorfall ereignet habe oder zu ereignen drohe, international zuständig. Die Beweislast hierfür trage die Klägerin.

Bei Anwendung dieser Maßstäbe könne von einer rechtsverletzenden Handlung der Beklagten im Inland nicht ausgegangen werden. Zwar möge sich die Homepage der Beklagten zu 1) auch an deutsche Kunden richten. Die Klägerin habe allerdings nicht dargetan, dass auf dieser Homepage markenverletzende Produkte zum Kauf angeboten würden. Die Behauptung der Klägerin, dem streitgegenständlichen Geschäftsabschluss sei die Versendung einer E-Mail mit den aktuellen Angeboten der Beklagten zu 1) an die Firma H. in Deutschland vorausgegangen, habe sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht bestätigt. Der klägerseits benannte Zeuge H. habe keine Erinnerung mehr daran, ob seiner Bestellung bei der Beklagten zu 1) deren Angebot zugrunde gelegen habe oder ob er von sich aus angefragt habe. Der Zeuge C. habe demgegenüber ausgesagt, der Zeuge H. habe ihn im Februar 2012 ohne vorheriges Angebot der Beklagten zu 1) kontaktiert. Hinsichtlich des Vertragsabschlusses sei auch unklar, ob dieser telefonisch oder per E-Mail erfolgt sei und ob sich der Zeuge H. zum Zeitpunkt der EMail bzw. des Telefonats überhaupt in Deutschland aufgehalten habe. Unabhängig davon sei der auf Seiten der Beklagten zu 1) auftretende Zeuge C. jedenfalls nicht aktiv im Inland tätig gewesen. Der Eingang seiner E-Mail auf einem Server der Firma H. bzw. die akustische Vernehmbarkeit seiner Stimme am Telefon im Inland stelle sich lediglich als Auswirken seines in Italien stattgefundenen Verhaltens dar und könne im Streitfall die internationale Zuständigkeit -insbesondere auch mit Blick auf die getroffene „ab Werk“-Vereinbarung - nicht begründen. Die Beklagte zu 1) habe auch nicht die streitgegenständlichen Produkte in das Inland eingeführt. Dies treffe vielmehr auf die Firma H. selbst zu. Nach unbestrittenem Vorbringen der Beklagten sei die Ware am Werkstor zur Abholung und Verbringung nach Deutschland durch die von der Klägerin beauftragte Spedition bereitzustellen gewesen. Dieser Vortrag stimme zudem mit den vorgelegten Unterlagen überein (vgl. Anl. CBH 8: „… delivery terms: ex works“). Der von den Vertragsparteien vereinbarte Eigentumsvorbehalt begründe die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ebenfalls nicht, da die Rechnung unstreitig bereits vor Abholung bezahlt worden sei. Der Rechtsaufassung des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Urt. v. 27.06.2008 - 4 HK O 9613/07, nachgewiesen in juris), es bestehe ein von den Beklagten zu widerlegender Anschein für die Annahme eines grenzüberschreitenden Verkehrs, wenn die Lieferadresse im Ausland liege, sei nicht zu folgen. Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Beklagte zu 1) habe gewusst, dass die streitgegenständlichen Parfums nach Deutschland ausgeliefert würden. Eine mögliche Beihilfe zur Markenverletzung könne nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht begründen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, die sie wie folgt begründet:

Das Erstgericht habe den Prüfungsumfang zur Beurteilung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte verkannt. Hierfür sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Klägerin in schlüssiger Form Tatsachen vortrage, aus denen sich das Vorliegen einer im Inland begangenen unerlaubten Handlung ergebe. Der Nachweis der Richtigkeit dieser Tatsachenbehauptung sei der Entscheidung über die Begründetheit der Klage vorbehalten.

Zum Vorliegen einer Verletzungshandlung im Inland habe die Klägerin insoweit ausgeführt, die Beklagte zu 1) spreche in ihrem Internet-Auftritt in deutscher Sprache gezielt gewerbliche Par-fumkäufer in Deutschland an und habe sich dadurch aktiv auf den deutschen Markt begeben (Anl. K 3). Dass es sich bei der deutschsprachigen Webseite der Beklagten zu 1) nicht um einen Online-Shop mit unmittelbarer Bestellmöglichkeit handle, stehe der Annahme der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht entgegen. Zwischen den Parteien sei zudem unstreitig, dass den Beklagten aufgrund früherer Lieferungen an die Firma H. deren deutsche Rechnungs- und Lieferanschrift bekannt gewesen sei und der Zeuge H. die Beklagten hierüber nicht habe unterrichten müssen. Die Klägerin habe ferner unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) unter anderem an Kunden in Deutschland per E-Mail Angebotslisten wie aus Anl. K 5 und K 8 ersichtlich versandt habe.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts liege dem streitgegenständlichen Vertragsschluss über die Auslieferung von 150 Stück Parfums der Marke Davidoff „Cool Water“ ein grenzüberschreitendes Angebot der Beklagten zu 1) an die Firma H. zugrunde. Ein solches habe die Beklagte zu 1) der Firma H. übermittelt, was sich aus der Anlage CBH 8 ergebe. Das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten sei unbeachtlich. Angesichts dessen, dass die Firma Hit die EMail-Korrespondenz mit der Beklagten zu 1) gelöscht habe, letztere jedoch hierüber verfüge, gleichwohl aber nur die erste Seite der Anlage CBH 8 vorlege, hätten die Beklagten die sekundäre Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung zu tragen, dem streitgegenständlichen Vertragsschluss sei kein schriftliches Vertragsangebot durch die Beklagte zu 1) vorausgegangen. Ihnen sei gemäß § 421 ZPO aufzugeben, die vollständige Fassung der als Anlage CBH 8 vorgelegten E-Mail-Korrespondenz vorzulegen. Unabhängig davon habe der Zeuge H. jedenfalls bei der Beklagten zu 1) angerufen und sich nach der Verfügbarkeit der streitgegenständlichen Produkte erkundigt. Auf die telefonische Anfrage des Zeugen H. hätten die Beklagten mit einem konkreten Angebot für die streitgegenständlichen Produkte reagiert und dieses an den deutschen Geschäftssitz des Zeugen H. übermittelt. Hiermit hätten sich die Beklagten ein weiteres Mal (über den Internet-Auftritt hinaus) aktiv auf den inländischen Markt begeben und einen für die Annahme der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug hergestellt. Überdies würde auch ein telefonisch in das Inland übermitteltes Angebot zu einer Benutzung der Klagemarke im Inland führen. Der Auffassung des Landgerichts, der Empfang einer E-Mail bzw. eines Telefonats im Inland stelle sich lediglich als der Erfolg einer ausschließlich auf Italien beschränkten Verletzungshandlung dar, könne nicht gefolgt werden und stehe in Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH GRUR 2014, 283 Tz. 32 - Blomqvist/Rolex).

Der Vortrag der Beklagten, sie hätten die streitgegenständlichen Parfums nicht nach Deutschland geliefert, werde weiterhin mit Nichtwissen bestritten. Da es sich hierbei um eine ausschließlich den Beklagten bekannte Tatsache handle, sei ein Bestreiten mit Nichtwissen auch zulässig. Die Beurteilung des Landgerichts, der diesbezügliche Vortrag der Beklagten sei unstreitig, treffe nicht zu.

Die Klägerin habe auch bereits erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten, dass das Eigentum an den streitgegenständlichen Parfums bereits in Italien auf die Firma H. übergegangen sei. Dem stehe der vereinbarte Eigentumsvorbehalt entgegen. Ohne Beweisantritt hätten die Beklagten insoweit behauptet, dass die Firma H. die verfahrensgegenständlichen Produkte bereits vor de ren Lieferung vollständig bezahlt habe. Das Landgericht habe den entgegenstehenden Vortrag der Klägerin auch in diesem Punkt übergangen. Eine Vorab-Zahlung sei ohnehin gänzlich unüblich.

Die klägerseits geltend gemachten Ansprüche seien auch der Sache nach begründet. Insbesondere könnten sich die Beklagten nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die streitgegenständlichen Parfümerieprodukte mit Zustimmung der Klägerin in den Europäischen Wirtschaftsraum gelangt seien, der Einwand der Erschöpfung greife nicht durch. Vielmehr seien die verfahrensgegenständlichen Waren von der Klägerin wie erstinstanzlich vorgetragen und durch die im Verfahren vor dem Landgericht Leipzig durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt erstmals in Hongkong in Verkehr gebracht worden. Demgegenüber habe die Beklagte zu 1) ihren dortigen Vortrag, sie sei von Vertragshändlern der Klägerin, den Firmen L. D. D. und C. P. beliefert worden, nicht beweisen können. Auf die als Anlage CBH 1 vorgelegte Mitteilung der Firma L. D. D. an die Beklagte zu 1) werde ergänzend verwiesen. Die Beklagten könnten sich daher nicht auf eine Zustimmung der Klägerin zum Reimport bzw. zum Weiterverkauf der streitgegenständlichen Waren im Europäischen Wirtschaftsraum berufen.

Die Klägerin beantragt,

das angegriffene erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen wie in erster Instanz beantragt,

mit Ausnahme des Unterlassungsantrags in Richtung auf die Marke „Chopard“, hinsichtlich dessen die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt haben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigen das Ersturteil und führen hierzu ergänzend aus:

Der Klägerin könne nicht darin gefolgt werden, dass die bloße Behauptung des Vorliegens von die internationale Zuständigkeit begründenden Tatsachen zur Zulässigkeit der Klage führe. Bei der Frage des Ortes der vermeintlichen Verletzungshandlung handle es sich nämlich nicht um eine doppelrelevante Tatsache. Hierzu seien vielmehr bereits im Rahmen der Zulässigkeit der Klage Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht zu treffen, deren Nachweis im Bestreitensfalle vom Kläger zu erbringen sei.

Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht geführt. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass sich die Beklagten nicht aktiv auf den deutschen Markt begeben hätten. Sie hätten eine in Italien eingegangene Bestellung der Firma H. schlichtweg bearbeitet, ohne zuvor an dieses Unternehmen herangetreten zu sein, und die Waren sodann in Italien zur Abholung bereitgestellt. Der zu beurteilende Sachverhalt weise daher keine entscheidungsrelevanten Unterschiede zu dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall „Parfumflakon III“ (Anl. CBH 19) auf. Insbesondere könne es keinen Unterschied machen, ob der in Deutschland ansässige Käufer sich persönlich oder telefonisch an einen ausländischen Verkäufer wende und eine Bestellung aufgebe. In beiden Fällen werde der Käufer im Ausland, nicht aber der Verkäufer im Inland aktiv tätig. Hinzu komme, dass die Klägerin wie vom Erstgericht zutreffend festgestellt nicht einmal vorgetragen habe, ob sich der Zeuge H. zum Zeitpunkt der Bestellung überhaupt in Deutschland aufgehalten habe, unbeschadet dessen, dass auch dieser - weiterhin mit Nichtwissen bestrittene - Umstand die internationale Zuständigkeit nicht begründen würde. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne auch das bloße Bereithalten einer Webseite in deutscher Sprache ohne die Einrichtung einer Bestellmöglichkeit oder eine an inländische Verkehrskreise zielgerichtete Werbung keine Verletzungshandlung im Inland begründen. Die Beklagten hätten entgegen der Darstellung der Klägerin die streitgegenständlichen Waren auch nicht grenzüberschreitend der Firma H. angeboten. Die Klägerin habe insoweit nunmehr selbst eingeräumt, dass es die von ihr behauptete Werbe-E-Mail nicht gebe. Die bloße Annahme eines Telefonanrufes begründe kein aktives Verhalten im Inland im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des BGH, zumal auch insoweit gelte, dass nicht vorgetragen sei, ob der Zeuge H. sich damals im Inland befunden habe. Schließlich begründe die Existenz einer weder zeitlich noch inhaltlich näher substantiierten E-Mail-Korrespondenz für sich genommen kein grenzüberschreitendes Angebot. Der Vorlageantrag der Klägerin sei bereits aus formellen Gründen zurückzuweisen. Die Beklagten träfe auch keine sekundäre Beweislast für die von der Klägerin behauptete Verletzungshandlung im Inland.

Das pauschale Bestreiten des Vortrags der Beklagten, wonach die Firma H. selbst die streitgegenständlichen Parfums nach Deutschland eingeführt habe, durch die Klägerin mit Nichtwissen gehe ins Leere, nachdem letztere die Beweislast für die behauptete Verletzungshandlung im Inland trage. Zudem sei auf die Anlagen CBH 7 und CBH 8 zu verweisen, denen zufolge die Waren der Firma H. in Italien zur Abholung bereitzustellen gewesen seien („ex works“).

Die vorstehenden Ausführungen gälten entsprechend für die Behauptung der Klägerin, die Übereignung der streitgegenständlichen Produkte habe erst in Deutschland stattgefunden. Insoweit habe die Klägerin selbst die Anl. K 8 vorgelegt, der zu entnehmen sei, dass die Waren bei Abholung bereits bezahlt gewesen seien. Ohnehin läge in der Übereignung der Waren auch kein aktives Verhalten der Beklagten im Inland. Für eine Einfuhr komme es nämlich nicht auf die rechtlichen Eigentumsverhältnisse, sondern auf die tatsächliche Verfügungsgewalt an den streitgegenständlichen Waren an. Diese habe der von der Firma H. beauftragte Spediteur mit der Entgegennahme der Parfums ausgeübt und folglich selbst die Waren nach Deutschland eingeführt.

Die Berufung sei aber auch der Sache nach unbegründet. Die Markenrechte der Klägerin an den streitgegenständlichen Waren seien nämlich erschöpft. Die Beklagte zu 1) habe diese in Italien von autorisierten Händlern der Klägerin erworben. Der Vertrieb der Waren in Italien durch von der Klägerin autorisierte Vertriebspartner stelle gleichzeitig eine Zustimmung der Klägerin zum Inverkehrbringen der Waren in der Europäischen Union dar.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und auf das Protokoll des Termins vom 12.05.2016 (Bl. 303/305 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin gegen das angegriffene Urteil des Landgerichts vom 13.08.2015 ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 517, § 519 ZPO) und begründet (§ 520 Abs. 2 ZPO) worden.

Sie führt auch insoweit zum Erfolg, als in Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Zulässigkeit der Klage auch im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu bejahen ist. Über den von den Parteien hierüber geführten Streit entscheidet der Senat nach Maßgabe der § 280 Abs. 2 Satz 1, § 525 Satz 1 ZPO durch Zwischenurteil (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 280 Rn. 7 und § 303, Rn. 5; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 37. Aufl. 2016, § 280 Rn. 5 ff.).

1. Die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte (deren Überprüfung abweichend von § 513 Abs. 2 ZPO der Überprüfung durch den Senat unterliegt, vgl. Zöller/Heßler a.a.O., § 513 Rn. 8) richtet sich im Streitfall in Richtung auf den klägerseits unter dem Gesichtspunkt der aufgrund Vorliegens einer begangenen Verletzungshandlung begründeten Wiederholungsgefahr verfolgten Unterlassungsanspruch wegen Verletzung der Unionsmarke 876874 „Davidoff“ (nebst Annexanspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten) sowie unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr in Richtung auf die Verletzung der weiteren im Tatbestand dieses Urteils wiedergegebenen Klagemarken (mit Ausnahme der Klagemarke „Covet“, bei der es sich nicht um eine Unionsmarke, sondern um eine IR-Marke handelt, vgl. insoweit die nachfolgenden Ausführungen unter 4., sowie der Klagemarke „Chopard“, hinsichtlich derer die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben) nach Art. 97 Abs. 5 der am 23.03.2016 in Kraft getretenen Unionsmarkenverordnung (UMV, vormals Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV)), wonach (insoweit unverändert im Vergleich zur Vorschrift des § 97 Abs. 5 GMV) Verfahren, in denen durch die in Artikel 96 UMV genannten Klagen (hierzu zählen nach Art. 96 lit. a) UMV Klagen wegen Verletzung einer Unionsmarke) und Widerklagen anhängig gemacht werden (neben in den hier nicht vorliegenden Fällen der Art. 97 Abs. 1 bis Abs. 4 UMV) auch bei den Gerichten eines Mitgliedstaates anhängig gemacht werden können, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht (Gerichtsstand der Verletzungshandlung bzw. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung).

2. Der in Art. 97 Abs. 5 UMV enthaltene, als lex specialis gegenüber Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F. (Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, sog. „Brüssel-Ia-Verordnung“) autonom auszulegende (vgl. EuGH GRUR 2014, 806 Tz. 27, 31 -Coty/First Note) Begriff des „Mitgliedstaats, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht“ setzt ein aktives Verhalten des Verletzers voraus. Hiernach sind im Sinne von Art. 97 Abs. 5 UMV die Gerichte des Mitgliedstaats international zuständig, in dem sich der Vorfall, der der behaupteten Verletzung zugrunde liegt, ereignet hat oder zu ereignen droht. Nicht zuständig sind dagegen die Gerichte der Mitgliedstaaten, in dem die behauptete Verletzung lediglich ihre Wirkungen entfaltet (EuGH a.a.O. - Coty/First Note; BGH GRUR 2015, 689, Tz. 23 - Parfumflakon III).

1. 3. Nach diesen Maßstäben liegt entgegen der Auffassung des Landgerichts dem Streitfall eine Handlung im Inland zugrunde, die einen Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bietet, weshalb im Ergebnis die Berufung der Klägerin Erfolg hat:

a) Ohne Erfolg rügt die Klägerin allerdings die angegriffene erstinstanzliche Entscheidung insoweit, als das Erstgericht ihrer Auffassung nach bereits deshalb die internationale Zuständigkeit mit Verweis darauf hätte bejahen müssen, dass die Klägerin eine im Inland begangene Verletzungshandlung schlüssig behauptet habe, deren Nachweis indessen der Entscheidung über die Begründetheit der Klage vorzubehalten sei. Für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte kommt es zwar grundsätzlich darauf an, ob der Kläger eine im Inland begangene Verletzungshandlung des Beklagten im Sinne von § 97 Abs. 5 UMV behauptet hat und diese nicht von vorneherein ausgeschlossen werden kann (vgl. - zu Art. 5 Abs. 3 EuGVVO a.F. -BGH GRUR 2012, 621 Tz. 18 - OSCAR; BGH a.a.O. - Parfumflakon III, Tz. 19). Im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.11.2014 ist allerdings hierzu ergänzend ausgeführt (BGH a.a.O. -Parfumflakon III, Tz. 21): „Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe die Parfümflakons nach Deutschland geliefert, während die Beklagte vorgetragen hat, die Parfümflakons Stefan P. in Belgien übergeben zu haben. Damit ist zwischen den Parteien der Ort der Verletzungshandlung, der Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit ist, streitig. Zur Begründung der internationalen Zuständigkeit ist nicht allein auf den Vortrag der Klägerin abzustellen. Der Ort der Verletzungshandlung ist kein Umstand, der für die Zuständigkeitsbestimmung maßgeblich ist und gleichzeitig ein notwendiges Tatbestandsmerkmal des geltend gemachten Anspruchs darstellt (sogenannte doppelt relevante Tatsache). Ob der Ort der Verletzungshandlung in Belgien oder in Deutschland liegt, ist nur für die Zuständigkeitsbestimmung und damit für die Zu-lässigkeitsprüfung von Bedeutung. In einem solchen Fall trifft die Klägerin die Beweislast, dass die Beklagte die Parfümflakons nach Deutschland geliefert hat. .“

b) Ebenfalls macht die Klägerin ohne Erfolg geltend, die Beklagte zu 1) begebe sich bereits dadurch im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung aktiv auf den deutschen Markt, dass sie mit ihrem in deutscher Sprache gehaltenen Internet-Auftritt wie aus Anlage K 3 ersichtlich gezielt gewerbliche Parfumkäufer in Deutschland anspreche. Unabhängig von der Frage, ob die Tatortzuständigkeit deutscher Gerichte bei Geltendmachung einer Kennzeichenverletzung im Internet nur dann zu bejahen ist, wenn sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß im Inland auswirken soll (so die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. BGH a.a.O. - a) OSCAR, Tz. 21; BGH GRUR 2006, 513 Tz. 21 f. - Arzneimittelwerbung im Internet (zum UWG); BGH GRUR 2005, 431, 432 - HOTEL MARITIME; s.a. OLG München Mitt 2010, 400 - REFODERM) oder bereits durch die bloße Abrufbarkeit des betreffenden Angebots im Inland begründet wird (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 140 Rn. 20 unter Hinweis auf die Vorlageentscheidung des EuGH „Wintersteiger“ (EuGH GRUR Int 2012, 526 Tz. 2529)), ist daran festzuhalten, dass die internationale Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedsstaates in derartigen Fällen nur bei Vorliegen eines hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezugs begründet ist, wovon etwa auszugehen ist, wenn der Internetauftritt Bestellmöglichkeiten im Inland bietet oder sich eine Internetwerbung erkennbar an inländische Verkehrskreise richtet (vgl. BGH GRUR 2007, 871 - Wagenfeld-Leuchte; BGH a.a.O. - HOTEL MARITIME, S. 433; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, Einleitung Rn. 59, 60 m.w.N.). Unbeschadet des Umstands, dass die als Anlagenkonvolut K 3 vorgelegten Internetauszüge in deutscher Sprache gehalten sind, erfüllt die darin gehaltene pauschale Selbstdarstellung des Unternehmens der Beklagten zu 1) unter bildlicher Wiedergabe einzelner Parfumprodukte namhafter Hersteller ohne Preisangaben und die Angabe von Bestellmöglichkeiten diese Voraussetzungen nicht und ist von daher nicht geeignet, einen für die Annahme der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ausreichenden Inlandsbezug zu begründen.

c) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte lässt sich auch nicht auf die Behauptung der Klägerin stützen, die Beklagte zu 1) habe sich in der Vergangenheit von sich aus an Kunden in Deutschland gewendet, indem sie an diese per E-Mail-Versand Angebotslisten übermittelt habe. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, die von der Klägerin insoweit nicht angegriffen, insbesondere auch nicht zum Gegenstand eines Tatbestandsberichtigungsantrags nach § 320 ZPO gemacht wurden, der Senat diese somit gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, sind seitens der Beklagten zu 1) derartige Angebotslisten wie beispielsweise aus den Anlagen K 5 und K 8 ersichtlich bis zum Jahresende 2011 an Kunden in Deutschland versandt worden (LGU S. 3, 2. Abs.), ein vergleichbares Tätigwerden im Jahr 2012, namentlich im Zeitpunkt der vermeintlichen Verletzungshandlung (vgl. LGU S. 3, 4. Abs.: „Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 03.08.2012 …“) hat das Landgericht nicht festgestellt, was zu Lasten der für das Tatbestandsmerkmal des Ortes der Verletzungshandlung im Sinne von § 97 Abs. 5 UMV als Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin geht (vgl. vorstehend unter a)).

d) Soweit die Klägerin rügt, das Landgericht habe bei seiner Entscheidung rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass sie, die Klägerin, das Vorbringen der Beklagten, wonach diese die streitgegenständlichen „Davidoff'-Parfums nicht nach Deutschland geliefert hätten, mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) bestritten habe, verhilft dies ihrer Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg. Dieser Berufungsangriff trägt bereits dem unter a) aufgeführten Umstand, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des Ortes der Verletzungshandlung im Inland nach § 97 Abs. 5 UMV trägt, nicht hinreichend Rechnung. Ein Bestritten mit Nichtwissen kann hier auch nicht deshalb als erheblich angesehen werden, weil nach der Rechtsauffassung der Klägerin unter Hinweis auf die vermeintlich unvollständige Anlage CBH 8 die Beklagten die sekundäre Darlegungslast für deren Behauptung, ein Verletzungsort sei im Inland nicht begründet, träfe. Abgesehen davon, dass der Streitfall keinen Anlass bietet, von der vorstehend dargestellten Beweislastverteilung abzuweichen, ist auch insoweit auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil und auf § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu verweisen: Auf dessen Seite 8, letzter Absatz unter „4.“ ist ausgeführt: „Nicht die Beklagte zu 1), sondern die Firma H. hat die streitgegenständlichen Parfums in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Die Beklagte hat unbestritten vorgetragen, der Vertragsinhalt sei darauf gerichtet gewesen, die Ware am Werkstor bereitzustellen. Die Spedition sei nicht von ihr, sondern von der Firma H. mit der Abholung und Verbringung nach Deutschland beauftragt worden. .“. Die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Tatsachenfeststellung unterliegt auch keinen Zweifeln (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Zutreffend hat das Landgericht insoweit darauf verwiesen, dass der Sachvortrag der Beklagten mit dem Inhalt der vorgelegten Unterlagen, namentlich dem als Anl. CBH 7 vorgelegten Frachtbrief und der E-Mail-Korrespondenz gemäß Anl. CBH 8 in Einklang stehe und belege, dass es sich um einen „ex works“-Verkauf gehandelt habe, in dessen Rahmen die Firma H. die Ware durch einen von ihr beauftragten Spediteur in Italien habe abholen lassen.

e) Die vorstehenden Ausführungen unter d) gelten entsprechend, soweit die Klägerin geltend macht, sie habe bereits erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten, dass das Eigentum an den streitgegenständlichen Parfums bereits in Italien auf den Käufer, die Firma H., übergegangen sei, und insoweit auf den vereinbarten Eigentumsvorbehalt verweist. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Eigentumsübergang im Inland nach Auslieferung der Ware im Ausland und dem damit verbundenen Übergang der tatsächlichen Sachherrschaft in rechtlicher Hinsicht einen Verletzungsort im Inland begründete, da auch insoweit nach den tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil, an die der Senat gemäß § 314 ZPO gebunden ist, da kein Antrag

d) auf Berichtigung des Tatbestands gestellt wurde (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2015 - VI ZR 102/14, Tz. 14; BGH, Beschluss vom 02.12.2015 - VII ZB 48/13, Tz. 14), bereits vor Auslieferung der streitgegenständlichen Waren diese vollständig bezahlt wurden (vgl. LGU S. 3, 4. Abs.: „Die Rechnung vom 3.8.2012 zu dem streitgegenständlichen Kaufvertrag liegt als Anlage K9 [vor] und wurde vor der Übergabe an den Spediteur vollständig bezahlt“ sowie LGU S. 9, 1. Abs. unter „4.“).

f) Die internationale Zuständigkeit ist im Streitfall entgegen der Auffassung des Landgerichts gleichwohl zu bejahen, weil sich die Beklagte zu 1) im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des BGH aktiv im Inland am Zustandekommen des Kaufvertrags über die streitgegenständlichen „Davidoff“-Parfums beteiligt hat. Zwar ist mit dem Erstgericht davon auszugehen, dass die Klägerin nicht den Nachweis führen konnte, dass sich die Beklagte zu 1) unaufgefordert per E-Mail an die Firma H. gewandt und an diese ihre aktuellen Warenangebote nach Deutschland verschickt habe. Ebenso lässt die Feststellung des Landgerichts, nach der Beweisaufnahme bleibe ungeklärt, ob die Kontaktaufnahme der Beklagten zu 1) mit der Firma H. telefonisch oder per E-Mail erfolgt sei und ob sich im Falle eines Telefonats der Zeuge H. im Inland befunden habe, einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Klägerin hat insoweit vermeintliche Mängel der vom Landgericht erfolgten Beweiswürdigung weder hinreichend dargetan, noch lässt diese erkennen, dass sie unvollständig sei oder Verstößen gegen die Denkgesetze unterliege bzw. allgemeinen Erfahrungssätzen widerspreche oder die Würdigung der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen zu beanstanden wäre.

Allerdings hat das Landgericht das eigene Vorbringen der Beklagten nicht umfassend gewürdigt, als diese in erster Instanz mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.09.2014 (dort S. 3) zur Frage des Zustandekommens des Kaufvertrages über die streitgegenständlichen Parfumwaren vorgetragen haben, zwar hätten sie sich nicht selbst an die Klägerin [richtig: die Firma H.] gewandt, vielmehr sei diese selbst per E-Mail an die Beklagte zu 1) in Italien herangetreten (so auch die Aussage des Zeugen C., Sitzungsniederschrift vom 25.06.2015, Bl. 225/229 d.A.) und habe bei dieser nach verschiedenen Waren, unter anderem nach Parfums der Marke Davidoff, angefragt. Die Beklagte zu 1) habe daraufhin der Firma H. per E-Mail den Lagerbestand sowie die Preise der angefragten Produkte mitgeteilt, woraufhin die Firma H. per E-Mail u.a. 142 Davidoff Parfums bestellt habe (Bl. 157 d.A.).

Die Reaktion der Beklagten zu 1) auf die Anfrage der Firma H., letzterer per E-Mail nach Deutschland den Lagerbestand mitzuteilen und dieser die aktuelle Preisliste zu übermitteln, stellt sich als Aufforderung zur Abgabe eines Angebots („invitatio ad offerendum“) dar, darauf gerichtet, ein Rechtsgeschäft über den Verkauf von Parfums aus dem aktuellen Warenangebot an einen Kunden, mit dem schon in früherer Zeit ähnlich gelagerte Verkäufe stattgefunden haben und von dem bekannt war, dass er seinen Sitz in Deutschland habe, abzuschließen. Das Vorgehen der Beklagten zu 1) war daher nach seiner Zielrichtung darauf gerichtet, sich im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des BGH aktiv im Inland um den Abschluss des beabsichtigten Vertragsschlusses zu bemühen und eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung herbeizuführen. Der Streitfall ist daher anders gelagert als der Sachverhalt, über den der EuGH in seinem Urteil „Coty/First Note“ und der BGH in seinem Urteil „Parfumflakon III“ zu entscheiden hatten und der einen vergleichbaren Anknüpfungspunkt für eine Verletzungshandlung im Inland nicht aufweist. Die Darstellung der Beklagten zum Ablauf des Geschehens nach der von ihnen geschilderten Anfrage der Firma H. stellt sich als aktives Verhalten im Inland dar, das geeignet ist, einen hinreichenden Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu begründen; nicht hingegen beschränkt sich die vermeintliche Verletzungshandlung entgegen der Auffassung der Beklagten darauf, im Inland lediglich ihre Wirkungen zu entfalten.

4. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist auch begründet, soweit die Klägerin ihre Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auf eine vermeintlich drohende Verletzung der mit Schutzerstreckung auf Deutschland eingetragenen IR-Marke 919277 „Covet“ (vgl. Klagebegründung S. 3 und Anlagenkonvolut K 1) stützt. Insoweit ist für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit nicht die Vorschrift des Art. 97 Abs. 5 UMV heranzuziehen, sondern auf Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F. zurückzugreifen. Hiernach kann eine Person, die ihren Wohnsitz (bzw. in Richtung auf die Beklagte zu 1) ihren Sitz, vgl. Art. 63 Abs. 1 EuGVVO n.F.) im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung den Gegenstand des Verfahrens bildet, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Im Anwendungsbereich des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F. (vormals Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001, EuGVVO a.F. = „Brüssel-I-Verordnung“) gilt eine Dualität der Anknüpfungspunkte sowohl in Richtung auf den Ort des ursprünglichen Geschehens als auch auf den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (vgl. EuGH a.a.O. - Coty/First Note, Tz. 32, 45 ff. m.w.N.; Zöller/Geimer a.a.O., Art. 7 EuGVVO, Rn. 54 ff., insbes. Rn. 96 ff.). Hier nach gelten die vorstehenden Ausführungen unter 3. entsprechend, ob auch unter dem Gesichtspunkt des Erfolgsortes im Inland die internationale Zuständigkeit im Streitfall zu bejahen ist (bzw. unter dem Gesichtspunkt der Gehilfenhaftung, die - anders als im Rahmen von Art. 97 Abs. 5 UMV, vgl. EuGH a.a.O. - Coty/First Note, LS 2 und Tz. 59 - im nationalen Recht eine deliktische Verantwortlichkeit im Rahmen einer festgestellten Markenverletzung im Inland begründen kann), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

III.

1. Eine Kostenentscheidung ist bei einem Zwischenurteil nicht veranlasst (vgl. Thomas/Putzo/Reichold a.a.O., § 303 Rn. 4).

3. Zur Frage, ob sich das Vorgehen der Beklagten im Streitfall als ein aktives Verhalten des Verletzers im Inland im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH a.a.O. - Coty/First Note, Tz. 34) und des Bundesgerichtshofs (BGH a.a.O. - Parfumflakon III, Tz. 23) darstellt, ist die Revision zuzulassen. Der Streitfall weist die unter II.3.f) dargestellten Besonderheiten im Vergleich zur bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auf; er ist von grundsätzlicher Bedeutung und erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO).

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Oberlandesgericht München Zwischenurteil, 23. Juni 2016 - 6 U 3129/15 zitiert 15 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 513 Berufungsgründe


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 320 Berichtigung des Tatbestandes


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung ein

Zivilprozessordnung - ZPO | § 525 Allgemeine Verfahrensgrundsätze


Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedar

Zivilprozessordnung - ZPO | § 280 Abgesonderte Verhandlung über Zulässigkeit der Klage


(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird. (2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur H

Zivilprozessordnung - ZPO | § 421 Vorlegung durch den Gegner; Beweisantritt


Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung des Beweisführers in den Händen des Gegners, so wird der Beweis durch den Antrag angetreten, dem Gegner die Vorlegung der Urkunde aufzugeben.

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 164/16 Verkündet am: 9. November 2017 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

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Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung des Beweisführers in den Händen des Gegners, so wird der Beweis durch den Antrag angetreten, dem Gegner die Vorlegung der Urkunde aufzugeben.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird.

(2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur Hauptsache zu verhandeln ist.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.

(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 102/14 Verkündet am:
12. Mai 2015
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zum Verbreiten unrichtiger Informationen im Sinne des § 264a Abs. 1 StGB.

b) Die Beweiskraft des Tatbestands kann grundsätzlich nur durch das Protokoll über
die Verhandlung entkräftet werden, auf Grund derer das Urteil ergangen ist.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2015 - VI ZR 102/14 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner
sowie die Richterinnen von Pentz, Dr. Oehler und Dr. Roloff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Teil- und Grundurteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 5. Februar 2014 aufgehoben, soweit über die Klage gegen den Beklagten zu 3 entschieden und die Revision zugelassen worden ist. Die weitergehende Revision der Klägerin wird, soweit sie sich gegen den Beklagten zu 3 richtet, als unzulässig verworfen. Die gegen den Beklagten zu 4 gerichtete Revision wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Aberkennung von Ansprüchen aus § 823 Abs. 2 BGB, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG und wegen von Anfang an gegebener Prospektmängel richtet. Im Übrigen wird die gegen den Beklagten zu 4 gerichtete Revision zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, die Beklagten zu 3 und 4 auf Schadensersatz im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der V. C. GmbH & Co. KG (nachfolgend: V. KG) in Anspruch.
2
Die im November 2000 gegründete V. KG bietet Kapitalanlagemöglichkeiten an. Ihre Komplementärin ist die Beklagte zu 2. Treuhandkommanditistin ist die Beklagte zu 1. Der Beklagte zu 3 war bis zum 31. Juli 2001 Geschäftsführer der Beklagten zu 2. Der Beklagte zu 4 war Geschäftsführer der Beklagten zu 1.
3
Die Klägerin schloss am 17. Dezember 2001 durch Unterzeichnung eines als "Beitrittserklärung und Treuhandvertrag" bezeichneten Vertragsformulars mit der Beklagten zu 1 einen Treuhandvertrag. Danach sollte die Beklagte zu 1 mittelbar die Beteiligung der Klägerin an der V. KG bewirken, indem sie im eigenen Namen, aber für Rechnung der Klägerin eine Kommanditbeteiligung an der Gesellschaft erwarb und als Treuhänderin verwaltete. Die Klägerin verpflichtete sich, eine Einlage in Höhe von 9.532,68 € (inklusive Ratenausgabeaufschlag von 5 %) zu erbringen. Die Beteiligungssumme war in 226 monatlichen Raten von je 40,17 € zuzüglich 2,01 € als Ratenzahlungsaufschlag zu zahlen. Bei der Zeichnung durch die Klägerin lag der Emissionsprospekt der V. KG vom 5. Januar 2001 vor. Danach war der Unternehmensgegenstand der Gesellschaft der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von offenen Immobilienfonds -, Unternehmensbeteiligungsfonds- und sonstigen Fondsanteilen sowie von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen als direkte Investition jeweils für eigene Rechnung und im eigenen Namen. Unter Punkt E II 2 des Prospektes wurde der Vertriebs-Rahmen-Vertrag der V. KG mit dem Vertriebsunternehmen C. GmbH dargestellt. Zur Stornohaftung ist u.a. ausgeführt :
4
"Stellt ein durch die C. GmbH vermittelter Treugeber bei einer Kombination mit mindestens 10 % Sofortzahlungsquote die Zahlung zwischen der ersten und fünfzehnten Monatsrate ein, ist durch die C. GmbH die vorschüssig ausgezahlte Vermittlungsprovision für den Vertrag mit Ratenzahlung anteilig bis auf einen Betrag von 1/x, wobei für x die jeweils individualvertraglich vereinbarte Ratenzahlungsdauer (max. 240 Monate ) einzusetzen ist, für jede geleistete Monatsrate zurückzuzahlen.
5
Stellt ein durch die C. GmbH vermittelter Treugeber bei einem Vertrag mit einer Rateneinlage die Zahlung zwischen der ersten und dreißigsten Rate ein, ist durch die C. GmbH die vorschüssig ausgezahlte Vermittlungsprovision anteilig bis auf einen Betrag von 1/x, wobei für x die jeweils individualvertraglich vereinbarte Ratenzahlungsdauer (max. 240 Monate) einzusetzen ist, für jede geleistete Monatsrate zurückzuzahlen."
6
Die vorstehend zitierte Stornohaftungsregelung änderten die V. KG und die C. GmbH durch Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 mit Wirkung vom 1. April 2001 u.a. wie folgt ab:
7
"Stellt ein durch die Auftragnehmerin vermittelter Treugeber bei einer Kombination von monatlichen Rateneinlagen mit mindestens 10 % Sofortzahlungsquote die Zahlung zwischen der 1. und der 15. Monatsrate ein, ist durch die Auftragnehmerin die vorschüssig ausgezahlte Vermittlungsprovision für den Ratenzahlungsanteil anteilig bis auf einen Betrag von 1/15 für jede geleistete Monatsrate zurückzuzahlen.
8
Stellt ein durch die Auftragnehmerin vermittelter Treugeber bei einem Vertrag mit monatlichen Rateneinlagen die Zahlung zwischen der 1. und der 30. Monatsrate ein, ist durch die Auftragnehmerin die vorschüssig ausgezahlte Vermittlungsprovision anteilig bis auf einen Betrag von 1/30 für jede geleistete Monatsrate zurückzuzahlen."
9
Die Klägerin verlangt unter Berufung auf mehrere Prospektmängel die Rückabwicklung der Beteiligung und entgangenen Gewinn. Sie begehrt die Zahlung von 2.242,30 € nebst Zinsen und die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die Klägerin von ihrer Kommanditistenhaftung freizustellen, beides Zug um Zug gegen Übertragung ihrer Rechte aus der Beteiligung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat - nach Aufhebung eines Beschlusses gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch das Bundesverfassungsgericht - die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, soweit die Klage gegen die Beklagten zu 3 und 4 abgewiesen worden ist. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge gegen die Beklagten zu 3 und 4 weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

10
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagten zu 3 und 4 ein Schadensersatzanspruch nicht zusteht. Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne seien verjährt, Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG seien nicht gegeben.
11
Der Klägerin ständen gegen die Beklagten zu 3 und 4 auch keine Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB zu. Der Emissionsprospekt sei nicht deswegen fehlerhaft gewesen, weil darin nicht auf eine mögliche Erlaubnispflicht des Geschäftsmodells der V. KG nach § 32 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG bzw. auf ein mögliches Einschreiten des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen hingewiesen worden sei. Zum Zeitpunkt der Abgabe der Beitrittserklärung durch die Klägerin habe die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nur so verstanden werden können, dass damit die sogenannten Eigengeschäfte nicht hätten erfasst werden sollen. Diese Auslegung entspreche mittlerweile der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Annahme , dass die zuständige Aufsichtsbehörde das Gesetz unzutreffend anwenden würde, sei zum Zeitpunkt der Zeichnung der Anlage fernliegend gewesen.
12
Der Prospekt sei auch nicht deswegen fehlerhaft gewesen, weil darin nicht auf das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft B. gegen die Verantwortlichen der G. Gruppe hingewiesen worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nachdrücklich gegen die Beklagten zu 3 und 4 gerichtet hätten. Der Umstand, dass der Beklagte zu 3 in der EDV der Staatsanwaltschaft als einer der Vorstände der Gesellschaften, die den Gegenstand der Ermittlungen gebildet hätten, erfasst gewesen sei, reiche nicht aus. Ermittlungen konkreter Art hätten in Bezug auf den Beklagten zu 3 nicht stattgefunden. Dass sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Beklagten zu 4 gerichtet hätten, sei nicht vorgetragen worden.
13
Der Emissionsprospekt sei zwar insoweit fehlerhaft gewesen als darin die geänderte Stornohaftungsregelung nicht wiedergegeben worden sei. Nach der zwischen der V. KG und der Vertriebsgesellschaft C. GmbH getroffenen Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 hätten die an die C. GmbH vorschüssig ausgezahlten Provisionen im Falle von Vertragsstornierungen in geringerem Umfang an die V. KG zurückgezahlt werden sollen, als dies aus dem Prospekt ersichtlich gewesen sei. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 264a StGB seien von den Beklagten zu 3 und 4 indes nicht erfüllt worden. Dabei könne offen bleiben, zu welchem Zeitpunkt der Prospekt der V. KG in den Verkehr gebracht worden sei. Wenn er vor dem 15. Januar 2001 in den Verkehr gebracht worden sei, sei die mögliche Tathandlung der Beklagten zu 3 und 4 nach § 264a StGB vollendet und beendet gewesen, weil der Prospekt bereits vor Abschluss der Nachtragsvereinbarung einem größeren Personenkreis zur Kenntnis gelangt sei. Für den Straftatbestand des § 264a StGB komme es nicht auf die zivilrechtliche Pflicht an, einen einmal verbreiteten Prospekt zu aktualisieren , wenn sich der für die Anlageentscheidung maßgebliche Sachverhalt wesentlich ändere.
14
Sei der Prospekt dagegen erst nach Abschluss der Nachtragsvereinbarung in den Verkehr gebracht worden, sei zwar die mögliche Tathandlung der Beklagten zu 3 und 4 nach § 264a StGB nicht beendet, weil der Prospekt bereits bei erstmaliger Verbreitung fehlerhaft gewesen sei. Der subjektive Tatbestand des § 264a StGB sei aber nicht erfüllt. Das Wissen des Beklagten zu 3 über die falsche Darstellung der Stornohaftungsregelung im Prospekt begründe nicht den erforderlichen Vorsatz. Dieser könne nur dann bejaht werden, wenn der Beklagte zu 3 auch erkannt hätte, dass die Stornohaftungsregelung für den durchschnittlichen Anleger bei der Zeichnung der Beteiligung von Bedeutung gewesen sei. Es sei aber weder naheliegend noch bewiesen, dass sich der Beklagte zu 3 der Erheblichkeit der Stornohaftänderung für die Anlageentscheidung bewusst gewesen sei. Der Differenzbetrag, um den sich die Investitionssumme unter Berücksichtigung der Nachtragsvereinbarung verringert habe, habe unter 18,61 Mio. € gelegen. Die Änderung der Stornohaftungsregelungen habe damit lediglich ca. 1 % der prospektierten Investitionssumme von 995,55 Mio. € betroffen. Das Wissen des Beklagten zu 3 um die Erheblichkeit folge auch nicht aus seiner angeblichen Kenntnis von einer Stornoquote von nahezu 53 %. Insoweit handele es sich um eine willkürliche Behauptung der Klägerin ins Blaue hinein, der nicht weiter nachzugehen sei. Dem Beklagten zu 4 fehle bereits deshalb der erforderliche Vorsatz, weil er die Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 nicht gekannt habe.
15
Die Beklagten zu 3 und 4 hafteten auch nicht nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 BGB, weil ihnen der insoweit erforderliche Vorsatz gefehlt habe. Hinsichtlich des Beklagten zu 4 folge dies bereits daraus, dass er die Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 nicht gekannt habe. Der Beklagte zu 3 habe die Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 und damit die Unrichtigkeit des Prospekts zwar gekannt. Es sei jedoch nicht anzunehmen, dass er auch erkannt habe, dass die Klägerin bei Kenntnis der tatsächlichen Stornohaftungsregelung von der Beteiligung abgesehen hätte. Die im Zivilrecht entwickelte Fiktion des aufklärungsrichtigen Verhaltens von Anlegern sei auf die Prüfung von Straftatbeständen nicht übertragbar.
16
Die Haftung der Beklagten zu 3 und 4 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB scheitere ebenfalls daran, dass die Klägerin das vorsätzliche Handeln der Beklagten zu 3 und 4 nicht habe beweisen können.

B.

I.

17
Die Revision ist zulässig, soweit sie sich gegen die Abweisung der Ansprüche der Klägerin wegen der (weiteren) Verwendung des Emissionsprospekts vom 5. Januar 2001 ungeachtet der am 15. Januar 2001 geänderten und vom prospektierten Inhalt abweichenden Stornohaftungsregelung bzw. wegen unterbliebenen Hinweises auf diesen Gesichtspunkt richtet. Im Übrigen ist sie nicht statthaft und damit unzulässig. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Frage beschränkt, ob der Klägerin Schadensersatzansprüche zustehen, weil der Prospekt vom 5. Januar 2001 in Bezug auf die durch die Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 geänderte Storno- haftungsregelung nicht aktualisiert, sondern unverändert weiterverwendet worden ist. Die Beschränkung der Revisionszulassung hat zur Folge, dass der Streitstoff, soweit er von der Zulassung nicht erfasst wird, nicht der Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts unterliegt (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11, VersR 2012, 1140 Rn. 2; Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, VersR 2014, 381 Rn. 58; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 17).
18
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines selbständig anfechtbaren Teil- oder Zwischenurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 7; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, VersR 2014, 381 Rn. 59; BGH, Urteil vom 30. März 2007 - V ZR 179/06, VersR 2007, 1230 Rn. 6, jeweils mwN).
19
2. Von einer derartigen beschränkten Revisionszulassung ist vorliegend auszugehen. Zwar enthält die Entscheidungsformel des Berufungsurteils keinen Zusatz, der die dort ausgesprochene Zulassung der Revision einschränkt. Die Beschränkung der Rechtsmittelzulassung kann sich aber auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Tenor im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen und deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung auszugehen ist, wenn sich die Beschränkung aus den Gründen klar ergibt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 19 mwN).
20
Dies ist hier der Fall. Aus den Gründen des Berufungsurteils ergibt sich zweifelsfrei, dass das Berufungsgericht eine die Anrufung des Revisionsgerichts rechtfertigende Rechtsfrage nur darin gesehen hat, ob den Prospektverantwortlichen strafrechtlich sanktionierte Pflichten zur Aktualisierung seines Prospektes treffen, wenn sich der für die Anlageentscheidung maßgebliche Sachverhalt nachträglich wesentlich geändert hat. Diese Rechtsfrage ist aber nur für die von der Klägerin geltend gemachten Ersatzansprüche wegen der (weiteren) Verwendung des Emissionsprospekts vom 5. Januar 2001 ungeachtet der am 15. Januar 2001 geänderten und vom prospektierten Inhalt abweichenden Stornohaftungsregelung bzw. wegen unterbliebenen Hinweises auf diesen Gesichtspunkt von Bedeutung. Sie berührt hingegen nicht die sachlich davon zu trennenden Ansprüche der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG und wegen weiterer, dem Prospekt von Anfang an anhaftender Unrichtigkeiten (unterlassener Hinweis auf das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft B. gegen die Verantwortlichen der G. Gruppe, unterlassener Hinweis auf eine etwaige Erlaubnispflicht des Geschäftsmodells der V. KG nach §§ 32, 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG sowie auf ein mögliches Einschreiten des früheren Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen). Der Vorwurf des unterbliebenen Hinweises auf die nachträgliche Änderung der prospektierten Stornohaftungsregelung kann eindeutig von den übrigen angeblich unrichtigen Angaben abgegrenzt und in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht selbständig beurteilt werden. Dementsprechend hätte die Klägerin ihre Revision selbst auf den Anspruch wegen unrichtiger Angaben über die Stornohaftungsregelung beschränken können (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 20).

II.

21
Soweit die Revision zulässig ist und sich gegen den Beklagten zu 3 richtet , hat sie in der Sache Erfolg.
22
1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts , dass Schadensersatzansprüche der Klägerin aus Prospekthaftung im engeren Sinne verjährt sind und der Klägerin gegen den Beklagten zu 3 mangels Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens keine Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen zustehen. Diese Annahme des Berufungsgerichts lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
23
2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin ständen keine Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB, § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB gegen den Beklagten zu 3 zu.
24
a) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Bestimmung des § 264a StGB Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers ist (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 24 mwN).
25
b) Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Verstoß des Beklagten zu 3 gegen dieses auch den Schutz der Klägerin als Kapitalanlegerin bezweckende Gesetz nicht verneint werden.
26
aa) Gemäß § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich strafbar, wer im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen , die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten über den Vermö- gensstand hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb oder die Erhöhung erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt. Gemäß § 264a Abs. 2 StGB gilt Abs. 1 entsprechend, wenn sich die Tat auf Anteile an einem Vermögen bezieht, das ein Unternehmen im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung verwaltet.
27
bb) Für das Revisionsverfahren ist mangels entgegenstehender Feststellungen davon auszugehen, dass der Beklagte zu 3 als Täter eines Kapitalanlagebetrugs gemäß § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB in Betracht kommt. Der Kapitalanlagebetrug ist kein Sonderdelikt. Täter kann jeder sein, der im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Kapitalanlagen falsche Angaben macht, sofern nach strafrechtlichen Kriterien eine Zurechnung täterschaftlicher Verantwortlichkeit gerechtfertigt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Februar 2010 - VI ZR 254/08, juris Rn. 7; vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 27; BT-Drucks. 10/318, S. 24; MünchKommStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264a Rn. 16, 95 ff. mwN; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 264a Rn. 101 mwN).
28
cc) Nach den getroffenen Feststellungen fällt der Emissionsprospekt in den Anwendungsbereich des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Denn der Prospekt bezieht sich auf den Erwerb von Kommanditanteilen an der V. KG und steht damit im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen; die Einschaltung eines Treuhänders steht der Anwendung des § 264a Abs. 1 StGB gemäß § 264a Abs. 2 StGB nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 28; OLG München, Urteil vom 18. Juli 2007 - 20 U 2052/07, juris Rn. 33; BT-Drucks. 10/318, S. 22 f.; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 264a Rn. 8, 19; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 264a Rn. 46 ff., 52 ff.; MünchKommStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264a Rn. 46, 50 ff.; siehe auch BVerfG, NJW 2008, 1726).
29
dd) Für das Revisionsverfahren ist ferner davon auszugehen, dass der Prospekt unrichtige vorteilhafte Angaben hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb der Anlage erheblichen Umstände gemäß § 264a Abs. 1 StGB enthielt. Nach den insoweit auch von der Revisionserwiderung mit der Gegenrüge nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war der Prospekt insofern fehlerhaft, als die darin wiedergegebene Regelung über die Stornohaftung im Verhältnis zum Vertriebsunternehmen C. GmbH mit Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 zum Nachteil der V. KG geändert worden ist. Die Revisionserwiderung räumt ausdrücklich ein, dass der der V. KG gegen die C. GmbH im Falle von Vertragsstornierungen zustehende Provisionsrückzahlungsanspruch durch die Nachtragsvereinbarung abweichend vom Prospektinhalt reduziert worden ist. Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang geltend, daraus resultierende Mehraufwendungen gingen im Ergebnis ausschließlich zu Lasten der Beklagten zu 2, da es sich um im Rahmen der Geschäftsführung anfallende Kosten handle, die gemäß § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages die Komplementärin trage. Die Revisionserwiderung zeigt nicht auf, inwiefern dieser Umstand die Unrichtigkeit des Prospekts in Frage stellen könnte. Er ändert nichts daran, dass die C. GmbH aufgrund der Nachtragsvereinbarung die vorschüssig ausgezahlten Provisionen im Falle von Vertragsstornierungen in geringerem Umfang an die V. KG zurückzahlen musste, als dies im Prospekt ausgewiesen ist. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, "das Behaltendürfen bereits ausbezahlter Provisionen" sei lediglich "geringfügig" geändert worden, betrifft dies die Frage der Erheblichkeit des Prospektfehlers, zu der das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat und die deshalb zugunsten der Revision zu unterstellen ist.
30
ee) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die (alternative) Annahme des Berufungsgerichts, die mögliche Tathandlung des Beklagten zu 3 nach § 264a StGB sei, sofern der Prospekt bereits vor dem 15. Januar 2001 in den Verkehr gebracht worden sei, zum Zeitpunkt des Abschlusses der Nachtragsvereinbarung schon beendet gewesen, weil er dann bereits zuvor einem größeren Personenkreis zur Kenntnis gelangt sei, und wonach die Weiterverwendung des Prospekts nach dessen erstmaliger Veröffentlichung nicht mehr zur tatbestandsmäßigen Handlung gehöre.
31
(1) Der objektive Tatbestand des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter durch Äußerungen in einem der dort genannten Werbemittel tatsächliche Informationen verbreitet, die aufgrund ihres unrichtigen Inhalts geeignet sind, bei potentiellen Anlegern Fehlvorstellungen über die mit einem bestimmten Anlageobjekt verbundenen Risiken zu erzeugen (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 31; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 264a Rn. 13; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 264a Rn. 64 f.; 84). Dabei muss er die unrichtigen oder unvollständigen Werbemittel gegenüber einem größeren Kreis von Personen verwenden. Die Bestimmung soll potentielle Kapitalanleger vor möglichen Schädigungen schützen und zugleich die Funktion des Kapitalmarkts sichern. Unter einem größeren Kreis von Personen ist deshalb eine so große Zahl potentieller Anleger zu verstehen, dass deren Individualität gegenüber dem sie zu einem Kreis verbindenden potentiell gleichen Interesse an der Kapitalanlage zurücktritt. Erfasst werden öffentlich gemachte Angebote gegenüber einem zahlenmäßig unbestimmten Anlegerpublikum wie im Falle der Medienwerbung oder durch das Auslegen oder Aushängen der Werbemittel in öffentlich zugänglichen Räumen. Unter den Tatbestand fällt aber auch die Direktwerbung durch Post, Fax, E-Mail und dergleichen, wenn sie massenhaft erfolgt (vgl. Entwurf eines Zweiten Ge- setzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, BT-Drucks. 10/318, S. 23 f.; Fischer, aaO, Rn. 17; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, aaO, Rn. 65 f.). Erforderlich ist, dass die in der Bestimmung genannten Werbemittel den der Anlagegesellschaft und ihrer Vertriebsorganisation zuzurechnenden "internen" Bereich verlassen haben und einem größeren Kreis potentieller Anleger zugänglich gemacht wurden (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 31; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, aaO Rn. 82, 84, 90; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 264a Rn. 37; Fischer, aaO, Rn. 13, 18; SK-StGB/Hoyer, § 264a Rn. 17 [Stand: Juni 2014]; MünchKommStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264a Rn. 101; Bosch in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 264a Rn. 20; Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, BT-Drucks. 10/318, S. 23 r. Sp. Abs. 2 a.E.).
32
(2) Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang rechtsfehlerhaft die aus dem Sitzungsprotokoll vom 28. November 2012 ersichtliche und von der Revision ausdrücklich in Bezug genommene Darstellung des Beklagten zu 3 nicht berücksichtigt, wonach die von der Vertriebsgesellschaft C. GmbH mit dem Vertrieb der Beteiligungen beauftragten selbständigen Handelsvertreter die im Prospekt vom 5. Januar 2001 vorgesehene Stornohaftungsregelung nicht akzeptiert hätten. Aus diesem Grund habe der Geschäftsführer der Vertriebsgesellschaft , Dr. H., beim Beklagten zu 3 darauf gedrungen, diese Regelung abzuändern, "sonst verkauft das keiner". Nach Abänderung der Stornohaftungsregelung hätten sich der Beklagte zu 3 und Dr. H. die Frage gestellt, ob sie den Prospekt zurückziehen sollten. Das sei allerdings nicht in Betracht gekommen, weil sie "dann den Vertrieb ohne Arbeit gelassen hätten". Es sei notwendig gewesen , dass der Fonds schnell platziert würde und dazu hätte es der Prospekte bedurft. Diese Darstellung hat sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2012 ausdrücklich zu Eigen gemacht. Auf das Sitzungsprotokoll vom 28. November 2012 hat das Berufungsgericht in der letzten mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2013 ausdrücklich hingewiesen.
33
Diesen Vortrag der Klägerin hätte das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nicht außer Betracht lassen dürfen. Denn waren die Prospekte vor Abschluss der Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 nur den mit dem Vertrieb der Beteiligung beauftragten Handelsvertretern zugänglich gemacht worden und hatten diese eine Vermittlung der Anlage unter Berufung auf die ungünstige Stornohaftungsregelung abgelehnt, so wäre der Prospekt vom 5. Januar 2001 vor der Nachtragsvereinbarung noch nicht dem Anlegerpublikum zugänglich gemacht worden. Waren vor Abschluss der Nachtragsvereinbarung erst vereinzelt potentielle Anleger angesprochen worden, so wäre die mögliche Tathandlung mangels Erreichens eines größeren Kreises potentieller Anleger jedenfalls nicht vollendet (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 34 f.; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, aaO Rn. 84; Perron in Schönke/Schröder, aaO Rn. 37; Fischer, aaO, Rn. 13, 18; MünchKommStGB/Wohlers/Mühlbauer, aaO Rn. 101; Bosch in Satzger /Schluckebier/Widmaier, aaO § 264a Rn. 20).
34
(3) Aber auch wenn der Prospekt vor Abschluss der Nachtragsvereinbarung bereits einem größeren Kreis potentieller Anleger zugänglich gemacht worden sein sollte, kann ein Verstoß des Beklagten zu 3 gegen § 264a Abs. 1 StGB mit der Begründung des Berufungsgerichts nicht verneint werden.
35
(a) Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass auch derjenige unrichtige Informationen im Sinne des § 264a Abs. 1 StGB verbreitet, der nachträglich unrichtig gewordene Werbemittel im Sinne des § 264a Abs. 1 StGB gegenüber einem größeren Kreis anderer, bislang noch nicht angesprochener Anleger (weiter) verwendet, indem er sie nach Eintritt der Unrichtigkeit zusendet, auslegt , verteilt oder sonst zugänglich macht (vgl. OLG München, OLGR 2004, 239, 240; NK-StGB/Hellmann, 4. Aufl., § 264a Rn. 41 a.E.; Joecks in Achenbach /Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., 10. Teil 1. Kap. Rn. 45; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, aaO § 264a Rn. 82 mit Fn. 91; MünchKommStGB/Wohlers/Mühlbauer, aaO § 264a Rn. 62; siehe auch OLG München, Urteil vom 9. Februar 2011 - 15 U 3789/10, juris Rn. 58; SKStGB /Hoyer, § 264a Rn. 17 f. [Stand: Juni 2014]; aA OLG Naumburg, Urteil vom 5. August 2004 - 2 U 42/04, juris Rn. 13 ff.). Die Verwirklichung des Tatbestandes wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Prospekt bereits zu einem Zeitpunkt, als er noch richtig war, gegenüber einem größeren Kreis potentieller Anleger verwendet worden ist. In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht darauf an, wann ein durch Verbreitung gedruckter Prospekte begangener Kapitalanlagebetrug beendet ist (vgl. dazu OLG Köln, NJW 2000, 598, 599; OLG München, OLGR 2004, 239, 240; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 264a Rn. 42; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, 12. Aufl., § 264a Rn. 127; MünchKommStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264a Rn. 111; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 264a Rn. 18; NK-StGB/Hellmann, 4. Aufl., § 264a Rn. 73, 88). Denn durch die Verwendung eines (noch) richtigen Prospekts wird der Tatbestand des § 264a StGB nicht verwirklicht. Eine Straftat, die vollendet oder beendet sein könnte, liegt nicht vor.
36
(b) Das Berufungsgericht wird deshalb die Darstellung des Beklagten zu 3 in der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2012, die sich die Klägerin zu Eigen gemacht hat, zu berücksichtigen haben, wonach die mit dem Vertrieb der Beteiligung beauftragten Handelsvertreter die aufgrund der zwischenzeitlich getroffenen Nachtragsvereinbarung unrichtig gewordenen Prospekte im ausdrücklichen Einverständnis des Beklagten zu 3 und auf dessen Veranlassung gegenüber einem verbleibenden größeren Kreis anderer Anleger weiter verwendet haben, um den Fonds schnell zu platzieren.
37
ff) Das Berufungsurteil wird auch nicht von der (alternativen) Begründung des Berufungsgerichts getragen, der Beklagte zu 3 habe nicht vorsätzlich gehandelt , weil er sich der Erheblichkeit der Stornohaftungsänderung für die Anlageentscheidung nicht bewusst gewesen sei.
38
(1) Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung erhebliches Vorbringen der Klägerin nicht berücksichtigt hat. Diese hatte vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die im Prospekt ausgewiesene Stornohaftungsregelung durch die Nachtragsvereinbarung den entsprechenden Regelungen in den Anlagemodellen der Gesellschaften der G. Gruppe angeglichen worden sei, obwohl diese Anlagemodelle an der vergleichbaren Ausgestaltung der Stornoregelungen gescheitert seien. Die Stornoquote habe dort 30 - 60 % betragen. Von diesen Umständen habe der Beklagte zu 3 Kenntnis gehabt. Die Änderung des im Prospekt ausgewiesenen Vertriebs-Rahmen-Vertrags sei gerade zu dem Zweck erfolgt, dem Vertrieb im Hinblick auf die befürchtete hohe Stornoquote auch bei dem streitgegenständlichen Beteiligungsmodell die Provisionen zu sichern.
39
Unter Hinweis auf das Protokoll der Sitzung der "TOP 6" vom 11. September 2001, an der der Beklagte zu 3 teilgenommen hatte, hatte die Klägerin weiter vorgetragen, der Beklagte zu 3 habe gewusst, dass Stornierungen aller Voraussicht nach nicht nur im prospektierten Umfang, sondern "in erheblichstem Ausmaß" erfolgen und damit die zur Investition zur Verfügung stehenden Mittel nach der Nachtragsvereinbarung ganz erheblich verringern würden; der Beklagte zu 3 habe Kenntnis von einer Stornoquote von nahezu 53 % gehabt. Nachdem das Berufungsgericht in der letzten mündlichen Verhandlung auf die vermeintlich fehlende Nachvollziehbarkeit dieses Vorbringens hingewiesen hatte , hatte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung und im nachgelassenen Schriftsatz vom 10. Januar 2014 ergänzt, dass die im Protokoll festgehaltene Stornoquote naturgemäß nicht für noch zu konzipierende Produkte gelte; es werde aber deutlich, dass sich die Teilnehmer der Sitzung derartiger Stornoquoten bewusst gewesen seien und damit auch für zukünftige Beteiligungen gerechnet hätten.
40
Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag rechtsfehlerhaft als prozessual unbeachtlich und einer Beweisaufnahme nicht zugänglich gewürdigt. Entgegen seiner Auffassung war es einer Beweiserhebung nicht deshalb enthoben, weil die Klägerin ihre Behauptung ohne jegliche Anhaltspunkte aufgestellt hätte. Die darlegungsbelastete Partei ist grundsätzlich nicht gehindert, Tatsachen zu behaupten , über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen erst dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (vgl. Senatsurteile vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94, VersR 1995, 852, 853; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 36; Senatsbeschluss vom 18. März 2014 - VI ZR 128/13, juris Rn. 6; BGH, Urteile vom 4. März 1991 - II ZR 90/90, NJW-RR 1991, 888, 890 f.; vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 40; vom 4. Februar 2014 - XI ZR 398/12, BKR 2014, 200 Rn. 16; BVerfG, WM 2012, 492, 493, jeweils mwN; Hk-ZPO/Saenger, 6. Aufl., § 284 Rn. 47; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., Vor § 284 Rn. 5). Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte vorliegen (vgl. Senatsurteile vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94, aaO; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 36; BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, aaO).
41
Danach durfte das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin nicht als unbeachtliche Behauptung "ins Blaue" ansehen. Vielmehr ergaben sich aus dem Protokoll der Sitzung der "TOP 6" vom 11. September 2001, an derder Beklagte zu 3 teilgenommen hatte, Anhaltspunkte für ihr Vorbringen. Darin heißt es in Ziffer 13 "Neue Produkte KG ff." unter Punkt 6 "Konzeptionsgebühr": "Die Konzeptionsgebühr ist aus Sicht des Vertriebs zu hoch…. Warum erhalten die Personen, die verantwortlich für das Desaster sind, 1,5 % aus den neuen Bereichen? ...Der Vertrieb differenziert deutlich zwischen "Vertrieb" und "G. - ". Fraglich ist, ob der Vertrieb sich freizeichnen kann von allen alten Problemen. Die Vertriebsleistung hat 700 Mio. DM gekostet, heute haben wir nahezu 53 % Stornoquote."
42
(2) Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung rechtsfehlerhaft auch nicht berücksichtigt, dass nach dem Vortrag des Beklagten zu 3 zwischen dem Fonds und dem Vertriebsunternehmen vereinbart gewesen sei, nach der im Prospekt ausgewiesenen Stornohaftungsregelung abzurechnen, solange der alte Prospekt im Umlauf gewesen sei. Dies könnte - ebenso wie der bereits unter ee) (2) erwähnte Umstand, dass der Beklagte zu 3 nach seinen Angaben die Rücknahme des unrichtig gewordenen Prospekts erwogen hatte - dafür sprechen , dass er der Regelung erhebliche Bedeutung beigemessen hat.
43
3. Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist eine Haftung des Beklagten zu 3 nicht bereits deshalb zu verneinen, weil er im Zeitpunkt des Beitritts der Klägerin nicht mehr Geschäftsführer der Beklagten zu 2 war. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann der objektive Tatbestand des § 264a StGB im Streitfall nicht allein durch Unterlassen verwirklicht worden sein. Es steht nicht fest, dass die Prospekte bereits vor ihrem Unrichtigwerden den Anlegern ausgehändigt worden und erst durch Zeitablauf fehlerhaft geworden sind. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann vielmehr nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 3 fehlerhafte Prospekte verwendet hat oder hat verwenden lassen, damit den Tatbestand des § 264a StGB durch positives Tun verwirklicht und eine - trotz der Beendigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beklagten zu 2 fortwirkende - Ursache für den Schaden der Klägerin gesetzt hat. Denn das Berufungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen , zu welchem Zeitpunkt die Prospekte in den Verkehr gebracht worden sind. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist der Prospekt auch nicht erst durch das Inkrafttreten der Nachtragsvereinbarung am 1. April 2001, sondern bereits durch ihren Abschluss am 15. Januar 2001 fehlerhaft geworden. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, stand mit dem Abschluss der Nachtragsvereinbarung fest, dass von ihrem Inkrafttreten an eine andere Stornohaftungsregelung als im Prospekt wiedergegeben gelten würde. Die neue und für die V. KG nachteilige Regelung erfasste dabei alle Stornierungen , die nach dem Inkrafttreten der Nachtragsvereinbarung erfolgten.

III.

44
Soweit die Revision zulässig ist und sich gegen den Beklagten zu 4 richtet , ist sie unbegründet.
45
1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 4 aus Prospekthaftung im engeren Sinne und aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen verneint.
46
2. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Klägerin ständen keine Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 826 BGB gegen den Beklagten zu 4 zu, weil letzterer mangels Kenntnis von der Nachtragsvereinbarung nicht vorsätzlich gehandelt habe. Die Rüge, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang unter Beweis gestelltes Vorbringen der Klägerin rechtsfehlerhaft übergangen, geht bereits deshalb fehl, weil sie sich gegen eine tatbestandliche Feststellung wendet, die auch im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist.
47
Ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen im Berufungsurteil hat die Klägerin Beweis für ihre bestrittene Behauptung, der Beklagte zu 4 habe Kenntnis von der Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 gehabt, nicht angeboten. Diese tatbestandliche Feststellung des Berufungsgerichts ist bindend. Sie erbringt gemäß § 314 ZPO Beweis für das Vorbringen der Parteien am Schluss der mündlichen Verhandlung (vgl. Senatsurteil vom 2. Februar 1999 - VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335, 339 mwN). Unter Vorbringen in diesem Sinne fällt auch die Bezeichnung der Beweismittel (vgl. § 282 Abs. 1 ZPO; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 314 Rn. 3; Prütting/Gehrlein/Thole, ZPO, 6. Aufl., § 314 Rn. 3).
48
Entgegen der Auffassung der Revision entfällt die Beweiskraft der tatbestandlichen Feststellungen nicht deshalb, weil die Klägerin schriftsätzlich vorgetragen und unter Beweis gestellt hatte, dass sämtlichen Beklagten die Nachtragsvereinbarung bekannt gewesen sei, und das Berufungsgericht im angefochtenen Urteil zur Ergänzung des Sach- und Streitstands gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen hat. Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass dem Tatbestand keine Beweiskraft zukommt, wenn und soweit er Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten aufweist (vgl. Senatsurteile vom 2. Februar 1999 - VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335, 339; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 42). Solche Mängel müssen sich allerdings aus dem Urteil selbst ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 277/10, VersR 2012, 1265 Rn. 12). Diesem Erfordernis ist genügt, wenn ein Widerspruch zwischen den tatbestandlichen Feststellungen und einem konkret in Bezug genommenen schriftsätzlichen Vorbringen einer Partei besteht (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 42; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08 - Satan der Rache, NJW 2011, 1513 Rn. 12 mwN). Lassen sich die Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten dagegen nur durch Rückgriff auf - gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO allgemein in Bezug genommene - vorbereitende Schriftsätze darstellen, bleibt es bei der Beweiswirkung des § 314 ZPO und dem Grundsatz, dass der durch den Tatbestand des Urteils erbrachte Beweis nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden kann (vgl. Senatsurteil vom 2. Februar 1999 - VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335, 339; BGH, Urteile vom 8. November 2007 - I ZR 99/05, NJW-RR 2008, 1566, 1567; vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10, BGHZ 190, 120 Rn. 7; vom 15. Juli 2011 - V ZR 277/10, VersR 2012, 1265 Rn. 12; Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 314 Rn. 5; Zöller /Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 314 Rn. 6). So verhält es sich im Streitfall.
49
Die Beweiskraft der tatbestandlichen Feststellungen wird auch nicht durch das Sitzungsprotokoll entkräftet. Unter Sitzungsprotokoll in diesem Sinne ist nur das Protokoll über die Verhandlung zu verstehen, auf Grund derer das Urteil ergangen ist (vgl. RGZ 15, 348, 353); durch den widersprechenden Inhalt eines früheren Sitzungsprotokolls wird die Beweiskraft des Tatbestands nicht entkräftet (vgl. Zöller/Vollkommer, aaO, § 314 Rn. 6; Prütting/Gehrlein/Thole, aaO Rn. 9; Hk-ZPO/Saenger, 6. Aufl., § 314 Rn. 11). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn ein im Tatbestand aufgeführtes Vorbringen ausdrücklich ei- nem bestimmten Verhandlungstermin zugeordnet wird und diese Feststellung dem Protokoll über diese Sitzung widerspricht (vgl. Zöller/Vollkommer, aaO, § 314 Rn. 6). Eine derartige Ausnahmekonstellation ist vorliegend nicht gegeben. In der letzten mündlichen Verhandlung hat der Vorsitzende die Klägerin vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nach wie vor an einem Beweisantritt für die Behauptung fehle, dem Beklagten zu 4 sei die Nachtragsvereinbarung bekannt gewesen. Die Klägerin hat auf diesen Hinweis nicht reagiert. Sie hat auch keinen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt. Eine etwaige Unrichtigkeit tatbestandlicher Darstellungen im Berufungsurteil kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden. Eine Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO kommt zur Richtigstellung eines derartigen Mangels nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 42; BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 12 mwN; vom 8. Mai 2013 - IV ZR 233/11, VersR 2013, 853 Rn. 19).

IV.

50
Das Berufungsurteil war aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren Einwänden der Parteien - insbesondere zum Vorliegen des für Schadensersatzansprüche der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB erforderlichen Vorsatzes des Beklagten zu 3 und den von der Revisionserwiderung im Schriftsatz vom 18. September 2014 erhobenen Gegenrügen - zu befassen. Es wird dabei zu berücksichtigen haben, dass die von der Rechtsprechung entwickelte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens (vgl. BGH, Urteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 29 mwN) nicht für die Feststellung der Voraussetzungen eines Straftatbestandes gilt (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 46 mwN). Galke Wellner von Pentz Oehler Roloff
Vorinstanzen:
LG Göttingen, Entscheidung vom 02.10.2008 - 2 O 2294/07 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 05.02.2014 - 3 U 184/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 48/13
vom
2. Dezember 2015
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2015:021215BVIIZB48.13.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, die Richter Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Wimmer
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 8. Juli 2013 wird als unzulässig verworfen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Gegenstandswert: 1.182.155,56 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin führte für die Beklagte Fassaden- und Verkleidungsarbeiten an einem Bauvorhaben in N. durch. Nach Abschluss der Arbeiten begehrt die Klägerin aufgrund von ihr geltend gemachter 36 Nachträge die Zahlung eines Restwerklohns von 926.287,56 € sowie die Herausgabe einer Vertragserfüllungsbürgschaft. Die Beklagte, die von einer Überzahlung der Klägerin in Höhe von 253.781,18 € ausgeht, begehrt widerklagend die Herausgabe zweier von ihr nach § 648a BGB gestellter Bürgschaften.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht unter anderem ausgeführt:
3
Zu den von der Klägerin für ihre Arbeiten noch geforderten Summen fehle ausreichender und schlüssiger Vortrag. Dieser sei weder den beiden Schriftsätzen noch den zu den Akten eingereichten Anlagen zu entnehmen. Die dortigen Erläuterungen der Klägerin zu ihren (etwaigen) zusätzlichen Leistungen sowie zu den Kosten aus (behaupteten) Behinderungen (Anlagen 1 und 2 zur Schlussrechnung vom 14. Dezember 2011 sowie K 14) seien weder aus sich heraus noch bei gesamter Betrachtung verständlich. Dazu fehle eine (nach Zeit, Ort und Umständen) genaue Schilderung der ursächlichen und maßgeblichen Umstände für die von der Klägerin geltend gemachten (36) Nachträge sowie eine erläuternde Darstellung, dass diese zusätzlichen Leistungen nicht von der im (Haupt-)Auftrag vom 30. März 2011 vereinbarten Pauschale erfasst seien. Zwar könnten die von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Sachverständigen H. belegen, dass die Ausführung einzelner von der Klägerin zu erbringender Leistungen zu bestimmten Zeitpunkten durch bauliche Umstände erschwert oder behindert gewesen sein mögen. Jedoch fehle jegliche Zuordnung der bei der Klägerin aufgrund des jeweils dokumentierten Zustands (angeblichen zusätzlich) angefallenen Kosten. Wegen des fehlenden Vortrags der Klägerin zu ihrer Vergütung könne nur von der Abrechnung durch die Beklagte gemäß deren Prüfung vom 17. Februar 2012 ausgegangen werden. Danach sei die Klägerin überzahlt. Deshalb sei die Beklagte auch nicht verpflichtet, die ihr von der Klägerin gestellte Bürgschaft herauszugeben. Das bewirke zugleich, dass die zulässige Widerklage begründet sei. Da die Beklagte eine der Klägerin zustehende Vergütung in vollem Umfang beglichen habe, sei deren Forderung erloschen und damit der Anspruch auf Sicherung entfallen.
4
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung hat das Berufungsgericht antragsgemäß bis 18. März 2013 verlängert. Mit Schriftsatz vom 18. März 2013 hat die Klägerin beantragt, das landgerichtliche Urteil aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt :
5
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht sei dem Klägervertreter die vollständige Unkenntnis des Vorsitzenden Richters rasch erkennbar gewesen. Um die überaus peinliche Situation für diesen zu entschärfen, habe der Klägervertreter Schriftsatzfrist beantragt, um dem Vorsitzenden Richter Gelegenheit zu geben, sich in den Sachverhalt einzulesen. Zur völligen Überraschung habe der Vorsitzende Richter die Schriftsatzfrist abgelehnt mit der Begründung , dass die Klägerin die begehrte Zahlung in allen strittigen Positionen klar und nachvollziehbar hätte darlegen müssen und können. Das unmittelbar danach formulierte Endurteil gebe einen vollkommen falschen Sachverhalt wieder. Der Tatbestand des angefochtenen Urteils stimme mit dem tatsächlichen Klägervorbringen in nicht einem Punkt überein. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt , dass die Beklagte für sämtliche 36 Nachträge dem Grunde nach beauftragt gewesen sei und dass es sich um zusätzliche durch Planungsänderung ausgelöste Mehrleistungen gehandelt habe. Das Landgericht habe auch nicht erfasst, dass alle Nachträge von dem Pauschalhonorar nicht umfasst gewesen seien. Weiter habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass sich die Parteien über die Höhe der abzuarbeitenden Nachträge klargewesen seien und deshalb die voraussichtliche Höhe des der Klägerin zustehenden zusätzlichen Werklohns durch Bürgschaften abgesichert worden sei. In den Anlagen K 12 bis K 17 seien der Anspruchsgrund und die Anspruchshöhe schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Die Beklagte habe die von ihr pauschal und willkürlich vorgenommenen Streichungen der Schlussrechnung mit keinem Satz begründet.
6
Nach Eingang der Berufungserwiderung hat das Berufungsgericht die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Berufung mangels ausreichender Be- gründung unzulässig sei. Dazu hat die Klägerin erwidert, dass der Schriftsatz vom 18. März 2013 in der Tat keine Berufungsbegründung, sondern vielmehr der Antrag auf Rückverweisung des Verfahrens an die Kammer für Handelssachen sei. Rein vorsorglich für den Fall, dass das Berufungsgericht einer Zurückverweisung an die Kammer für Handelssachen nicht folgen wolle, werde die Berufung jetzt begründet.
7
Mit Beschluss vom 8. Juli 2013 hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin verworfen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.

II.

8
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
9
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass der Schriftsatz vom 18. März 2013 den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nicht genüge. Daraufhin habe der Klägervertreter mitgeteilt, dass der Schriftsatz vom 18. März 2013 keine Berufungsbegründung , vielmehr den Antrag auf Rückverweisung des Verfahrens beinhalte. Ungeachtet des Umstandes, dass der Klägervertreter mit seiner Berufungseinlegung und seinem Schriftsatz mit dem Antrag, die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern, die Vorlage einer Berufungsbegründung angekündigt gehabt hätte, sei spätestens mit der vorzitierten Erklärung im Schriftsatz vom 24. Juni 2013 dem Schriftsatz vom 18. März 2013 die Eignung zur Wahrung der Berufungsbegründungsfrist entzogen. Der Berufungsbegründungspflicht sei nämlich nicht schon dann genügt, wenn innerhalb der Begründungsfrist ein Schriftsatz der Berufungsklägerin bei Gericht eingehe, der - wie hier nicht - Berufungsrügen enthalte. Vielmehr sei zusätzlich erforderlich, dass der Schriftsatz auch zur Begründung bestimmt sei.
10
Soweit der Schriftsatz vom 24. Juni 2013 "rein vorsorglich" eine Berufungsbegründung beinhalte, sei diese nicht mehr zu berücksichtigen, da die Berufungsbegründungsfrist bereits am 18. März 2013 abgelaufen gewesen sei.
11
2. Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist zwar kraft Gesetzes statthaft, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO, im Übrigen jedoch unzulässig. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts , § 574 Abs. 2 Nr. 2 2. Fall ZPO, weil das Berufungsgericht § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO rechtsfehlerfrei angewendet hat und die Klägerin weder in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz, Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, noch in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, verletzt ist.
12
a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen nicht; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Jedoch muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Rede- wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (BGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2015 - VI ZB 18/15 Rn. 8; vom 22. Mai 2014 - IX ZB 46/12 Rn. 7; vom 23. Oktober 2012 - XI ZB 25/11, NZBau 2013, 34 Rn. 10; jeweils m.w.N.).
13
b) Diesen Anforderungen genügt - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - der am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist eingereichte Schriftsatz vom 18. März 2013 nicht.
14
aa) Soweit in diesem Schriftsatz zunächst allgemein gerügt wird, der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils gebe einen vollkommen falschen Sachverhalt wieder, kann dies wegen der Regelungen in §§ 314, 320 ZPO eine Berufung nicht begründen. Nach § 314 Satz 1 ZPO liefert der Tatbestand des Urteils Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Etwaige Unrichtigkeiten der tatbestandlichen Feststellungen können nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden (BGH, Urteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 11). Deshalb ist es ebenfalls unerheblich, ob - wie die Rechtsbeschwerde meint - die Klägerin mit dem Hinweis auf pauschale und willkürliche Streichungen von Rechnungspositionen durch die Beklagte ausgeführt habe, ihr Vortrag zur Berechtigung von Nachträgen sei unstreitig gewesen.
15
bb) Soweit die Klägerin ausführt, das Landgericht habe nicht berücksichtigt , sämtliche 36 Nachträge seien dem Grunde nach beauftragt, es handele sich um zusätzliche durch Planungsänderungen ausgelöste Mehrleistungen, die Nachträge seien von dem Pauschalhonorar nicht umfasst gewesen, Anspruchsgrund und Anspruchshöhe seien schlüssig und nachvollziehbar in den Anlagen K 12 bis K 17 dargelegt, die Streichungen der Beklagten seien willkürlich und die Absicherung durch Bürgschaften spreche für die Berechtigung ihrer Forderung, liegen darin keine hinreichenden Angriffe gegen das landgerichtli- che Urteil. Im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen des landgerichtlichen Urteils findet sich der entsprechende Vortrag der Klägerin wieder. Das Landgericht hat aber die Klage abgewiesen, weil es eine nach Zeit, Ort und Umständen genaue Schilderung der ursächlichen und maßgeblichen Umstände für die von der Klägerin geltend gemachten Nachträge sowie eine erläuternde Darstellung, dass diese zusätzlichen Leistungen nicht von der vereinbarten Pauschale erfasst sind, vermisste. Mit diesen Erwägungen hat sich die Klägerin nicht auseinandergesetzt. Die Klägerin hat vielmehr pauschal auf Anlagen zur Klageschrift verwiesen, ohne darzulegen, welcher Sachvortrag sich zur Begründung berechtigter Nachtragsforderungen aus den in Bezug genommenen Anlagen ergibt.
16
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzen diese Anforderungen an die Berufungsbegründung die Klägerin weder in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz noch in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör. Das Begründungserfordernis des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ist sachlich gerechtfertigt, da es der Verfahrenskonzentration dient, indem es den Berufungsführer anhält, die angegriffene Entscheidung nicht nur im Ergebnis, sondern in der konkreten Begründung zu überprüfen und im Einzelnen darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Dies stellt eine anwaltlich vertretene Partei, wie hier die Klägerin, vor keine erheblichen oder gar unzumutbaren Anforderungen (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 - XI ZB 25/11, NZBau 2013, 34 Rn. 18; vgl. BVerfG, NJW-RR 2002, 135 f., juris Rn. 4).
17
d) Da der Schriftsatz vom 18. März 2013 den an eine Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen nicht entspricht, bedarf es keiner Entschei- dung zu der Frage, ob dieser zur Berufungsbegründung bestimmt war (vgl. BGH, Beschluss vom 14. März 2005 - II ZB 31/03, MDR 2005, 944, juris Rn. 5).

III.

18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Eick Halfmeier Jurgeleit Graßnack Wimmer

Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 08.11.2012 - 9 O 2537/12 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 08.07.2013 - 13 U 112/13 -

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.