Bundesgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2017 - I ZR 164/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:091117UIZR164.16.0
bei uns veröffentlicht am09.11.2017
vorgehend
Landgericht München I, 11 HKO 12224/14, 13.08.2015
Oberlandesgericht München, 6 U 3129/15, 23.06.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 164/16 Verkündet am:
9. November 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Parfummarken
VO (EG) Nr. 207/2009 Art. 97 Abs. 5

a) Bei der Bestimmung des für die internationale Zuständigkeit nach Art. 97 Abs. 5 der
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 maßgeblichen schadensbegründenden Ereignisses
in Fällen, in denen demselben Beklagten in verschiedenen Mitgliedstaaten begangene
Verletzungshandlungen in Form der "Benutzung" im Sinne von Art. 9 Abs. 1
der Verordnung Nr. 207/2009 vorgeworfen werden, ist nicht auf jede einzelne Verletzungshandlung
abzustellen, sondern es ist eine Gesamtwürdigung seines Verhaltens
vorzunehmen, um den Ort zu bestimmen, an dem die ursprüngliche Verletzungshandlung
, auf die das vorgeworfene Verhalten zurückgeht, begangen worden
ist oder droht.

b) Bietet ein Wirtschaftsteilnehmer auf seiner Internetseite, die sich an Abnehmer in
anderen Mitgliedstaaten richtet, unter Verletzung der Rechte aus einer Unionsmarke
Waren zum Kauf an, die auf dem Bildschirm betrachtet und über die Internetseite
bestellt werden können, ist der Ort des für die internationale Zuständigkeit maßgeblichen
schadensbegründenden Ereignisses im Sinne von Art. 97 Abs. 5 der Verordnung
(EG) Nr. 207/2009 der Ort, an dem der Prozess der Veröffentlichung des Angebots
durch den Wirtschaftsteilnehmer auf seiner Internetseite in Gang gesetzt
worden ist, und nicht der Ort, an dem die Internetseite abgerufen werden kann.
Kommt der Kontakt zu Abnehmern in anderen Mitgliedstaaten dadurch zustande,
dass der Händler Produkt- und Preislisten per E-Mail versendet, ist der Ort des
schadensbegründenden Ereignisses der Ort, an dem die Versendung der E-Mail
veranlasst wird.
BGH, Urteil vom 9. November 2017 - I ZR 164/16 - OLG München
LG München I
ECLI:DE:BGH:2017:091117UIZR164.16.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Koch, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Zwischenurteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. Juni 2016 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels aufgehoben , soweit das Berufungsgericht hinsichtlich der auf die Marken "Davidoff", "Joop!", "Wolfgang Joop", "Jil Sander", "Nikos", "J.Lo/Jennifer Lopez", "Vivienne Westwood", "Calvin Klein", "Lancaster" , "Chloé" und "Cerruti" gestützten Ansprüche auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I - 11. Kammer für Handelssachen - vom 13. August 2015 zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin stellt Parfums her und vertreibt sie weltweit. Sie ist Inhaberin oder exklusive Lizenznehmerin der für Parfümeriewaren eingetragenen Unionsmarken "Calvin Klein", "Cerruti", "Jennifer Lopez", "Vivienne Westwood", "Joop!", "Lancaster", "Jil Sander", "Chloé" und "Nikos" sowie der IR-Marken "Davidoff", "Wolfgang Joop" und "Covet". Der Schutz der IR-Marken "Davidoff" und "Wolfgang Joop" erstreckt sich auf die Europäische Union, die IR-Marke "Covet" beansprucht Schutz für Deutschland.
2
Die Beklagte zu 1, deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte zu 2 ist, hat ihren Geschäftssitz in Italien. Die Beklagte handelt mit Parfum- und Kosmetikartikeln und unterhält einen Internetauftritt unter der Internetadresse www. .it, der auch in deutscher Sprache verfügbar ist. Der Internetauftritt eröffnet keine direkte Bestellmöglichkeit; es werden jedoch Kontaktdaten angegeben.
3
Nach einer Abmahnung vom 1. März 2012 verpflichtete sich die Beklagte am 23. Mai 2012 gegenüber der Klägerin, es zu unterlassen, Parfüm-Produkte verschiedener Marken - darunter die Marke "Davidoff" - nach Deutschland einzuführen oder in Deutschland zum Kauf anzubieten, zu bewerben oder zu vertreiben , soweit diese nicht mit Zustimmung der Klägerin in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden waren.
4
Das international tätige Unternehmen H. P. GmbH (im Folgenden: H. P. ) mit Sitz in Deutschland kam vor dem 3. August 2012 in Kontakt mit der Beklagten. Am 7. August 2012 übergab die Beklagte in Italien 150 Parfums der Marke Davidoff "Cool Water" einer von H. P. beauftragten Spedition. Die vor der Übergabe an den Spediteur vollständig bezahlten Waren wurden in das Lager von H. P. in E. in Sachsen verbracht.
5
Die Klägerin sieht darin eine Markenrechtsverletzung der Beklagten, weil die Parfumwaren nicht mit ihrer Zustimmung innerhalb der Europäischen Union in Verkehr gebracht worden seien.
6
Die Klägerin hat - soweit noch von Interesse - beantragt, die Beklagten unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Parfumprodukte unter den Marken Davidoff, Joop!, Wolfgang Joop, Jil Sander, Nikos, J.Lo/Jennifer Lopez, Vivienne Westwood, Calvin Klein, Lancaster, Sarah Jessica Parker Covet, Chloé und Cerruti einzuführen, zu bewerben, anzubieten, zu vertreiben oder einführen, anbieten, bewerben oder vertreiben zu lassen, die nicht von der Markeninhaberin oder einem Dritten mit Zustimmung der Markeninhaberin in der Europäischen Union in den Verkehr gebracht worden sind.
7
Die Klägerin stützt das Unterlassungsbegehren im Hinblick auf die Marke "Davidoff" auf Wiederholungsgefahr, im Übrigen auf Erstbegehungsgefahr. Außerdem hat sie die Beklagten auf Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 2.080,50 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
8
Die Beklagten haben vorgetragen, H. P. sei per E-Mail an die Beklagte herangetreten und habe nach verschiedenen Waren, unter anderem nach Parfums der Marke "Davidoff" gefragt. Die Beklagte habe per E-Mail den Lagerbestand und die Preise der angefragten Produkte mitgeteilt. Daraufhin habe H. P. per E-Mail unter anderem 142 Parfums der Marke "Davidoff" bestellt. Die Beklagten machen geltend, die deutschen Gerichte seien international nicht zuständig.
9
Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin hat gegen das landgerichtliche Urteil Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Klage festgestellt (OLG München, Zwischenurteil vom 23. Juni 2016 - 6 U 3129/15, juris).
10
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


11
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei zulässig. Die deutschen Gerichte seien international zuständig. Zur Begründung hat es ausgeführt :
12
Die internationale Zuständigkeit sei nach Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Unionsmarke für den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch wegen einer Verletzung der Marke "Davidoff" aufgrund von Wiederholungsgefahr sowie wegen der Verletzung weiterer Unionsmarken unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr gegeben. Hinsichtlich der Verletzung der IR-Marke "Covet" ergebe sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus Art. 7 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-Ia-VO).
13
B. Die Revision der Beklagten gegen das gemäß § 280 Abs. 2 ZPO ergangene Zwischenurteil des Berufungsgerichts ist zulässig und überwiegend begründet.
14
I. Der Zulässigkeit des Rechtsmittels steht § 545 Abs. 2 ZPO nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann die Revision nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Die Bestimmung, durch die eine Nachprüfung der Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz durch das Revisionsgericht ausge- schlossen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2016 - I ZR 93/15, WRP 2017, 179 Rn. 15), gilt nicht für die Frage der internationalen Zuständigkeit (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 203/02, NJW 2003, 2916; Urteil vom 22. Februar 2005 - KZR 28/03, NJW 2005, 1660, 1661).
15
II. Das Rechtsmittel der Beklagten hat überwiegend Erfolg. Die deutschen Gerichte sind für die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit nicht zuständig, soweit die Klägerin die Beklagten wegen einer Verletzung der IRMarke "Davidoff" unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr in Anspruch nimmt (dazu B II 1). Für den auf eine drohende Verletzung der Unionsmarken "Calvin Klein", "Cerruti", "Jennifer Lopez", "Vivienne Westwood", "Joop!", "Lancaster", "Jil Sander", "Chloé" und "Nikos" und der IR-Marke "Wolfgang Joop" gestützten Unterlassungsantrag besteht ebenfalls keine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte (dazu B II 2). Nur soweit die Klägerin den Unterlassungsanspruch mit einer drohenden Verletzung der IR-Marke "Covet" begründet, ist eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben (dazu B II 3). Zur Entscheidung über den auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten gerichteten Antrag sind die deutschen Gerichte nicht berufen (dazu B II 4).
16
1. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , dass die deutschen Gerichte im Streitfall gemäß Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 für den Unterlassungsanspruch wegen einer Verletzung der Marke "Davidoff" zuständig sind.
17
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin trage die Darlegungs - und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Die schlüssige Behauptung einer im Inland begangenen Markenrechtsverletzung reiche hierfür nicht aus. Der Internetauftritt der Beklagten in deutscher Sprache begründe die internationale Zu- ständigkeit der deutschen Gerichte nicht, weil es sich dabei lediglich um eine Selbstdarstellung der Beklagten unter bildlicher Wiedergabe einzelner Parfumprodukte ohne Preisangabe und ohne Bestellmöglichkeit handele. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte lasse sich auch nicht auf die Behauptung der Klägerin stützen, die Beklagte habe sich in der Vergangenheit an Kunden in Deutschland gewandt und ihnen per E-Mail Angebotslisten übermittelt. Derartige Angebotslisten seien nur bis zum Ende des Jahres 2011 an Kunden in Deutschland versandt worden. Ein vergleichbares Tätigwerden zum Zeitpunkt der behaupteten Verletzungshandlung im Jahr 2012 habe das Landgericht nicht festgestellt.
18
Die Beklagten hätten allerdings vorgetragen, die H. P. sei per EMail an die Beklagte herangetreten und habe nach verschiedenen Waren, unter anderem nach Parfums der Marke "Davidoff" angefragt. Die Beklagte habe daraufhin per E-Mail den Lagerbestand und die Preise der angefragten Produkte mitgeteilt. Daraufhin habe die H. P. per E-Mail 142 Parfums der Marke "Davidoff" bestellt. Aus diesem Grund sei die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu bejahen. Die Mitteilung des Lagerbestands sowie der Preise stelle eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots dar, mit dem sich die Beklagte im Inland aktiv um einen Vertragsschluss bemüht habe. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
19
b) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte wegen einer Verletzung der Marke "Davidoff" kann sich im Streitfall nur aus Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 ergeben.
20
aa) Bei der Marke "Davidoff" handelt es sich entgegen den Ausführungen im Tatbestand des Landgerichts, auf den das Berufungsgericht verwiesen hat, nicht um eine Unionsmarke, sondern um eine internationale Registrierung, deren Schutz sich auf die Union erstreckt. Dies ergibt sich aus dem Registeraus- zug, auf den sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht jeweils im Tatbestand verwiesen haben. Damit ist der Tatbestand widersprüchlich, so dass ihm insoweit weder Beweiskraft (§ 314 ZPO) noch Bindungswirkung für die Revisionsinstanz (§ 559 Abs. 1 ZPO) zukommt (BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 381/03, NJW-RR 2005, 962, 963). Dies steht im Streitfall einer rechtlichen Nachprüfung des Berufungsurteils im Revisionsverfahren nicht entgegen , weil sich der wirkliche Sachstand zweifelsfrei aus dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Registerauszug ergibt (vgl. Ball in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 559 Rn. 18). Der Umstand, dass die internationale Registrierung "Davidoff" Schutz für das Gebiet der Union beansprucht, führt nach Art. 145 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 dazu, dass diese Verordnung zur Anwendung gelangt und damit für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte die Voraussetzungen des Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 vorliegen müssen.
21
bb) Die internationale Zuständigkeit beurteilt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht nach Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 in der Fassung, die sie durch das Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 2015/2424 am 23. März 2016 erhalten hat. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft ein Verhalten der Beklagten, das im Jahr 2012 stattgefunden hat, und ist im selben Jahr eingeleitet worden. Für die internationale Zuständigkeit ist deshalb die Vorschrift des Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 in der Fassung maßgeblich, die sie bei Einleitung des Verfahrens hatte. Im Ergebnis macht dies jedoch keinen Unterschied, weil die Verordnung (EU) Nr. 2015/2424 die Vorschrift des Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 nur redaktionell insoweit geändert hat, als der Begriff "Gemeinschaftsmarke" durch "Unionsmarke" ersetzt worden ist. Nach Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 aF können die Verfahren, die durch die in Art. 96 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 aF genannten Klagen und Widerklagen - ausgenommen Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung einer Gemeinschaftsmarke - anhängig gemacht werden, auch bei den Gerichten des Mitgliedstaats anhängig gemacht werden, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht oder in dem eine Handlung nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 begangen worden ist.
22
cc) Eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 97 Abs. 1 bis 3 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 aF scheidet aus, weil die Beklagten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union geschäftsansässig sind. Die internationale Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 97 Abs. 4 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 aF begründet worden. Die Beklagten haben in ihrem ersten Verteidigungsvorbringen die mangelnde internationale Zuständigkeit des zunächst angerufenen Landgerichts Leipzig geltend gemacht.
23
dd) Die internationale Zuständigkeit beurteilt sich nicht nach Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-I-VO). Zwar ist die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 auf Klagen anzuwenden , die eine Gemeinschaftsmarke betreffen, sofern in der Gemeinschaftsmarkenverordnung nichts anderes bestimmt ist (Art. 94 Abs. 1 der Verordnung [EG] Nr. 207/2009 aF). Nach Art. 94 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 aF ist die Anwendung des Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO auf Verfahren , welche durch die in Art. 96 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 aF genannten Klagen und Widerklagen anhängig gemacht werden, jedoch ausgeschlossen. Die Zuständigkeit der Unionsmarkengerichte für die Entscheidung über die in Art. 96 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 aF genannten Klagen und Widerklagen ergibt sich unmittelbar aus deren Art. 97 und 98, die als lex specialis den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vorgehen (EuGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - C-360/12, GRUR 2014, 806 Rn. 26 f. = WRP 2014, 1047 - Coty/First Note Perfumes).
24
c) Die Voraussetzungen des Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 aF liegen nicht vor. Die vom Berufungsgericht festgestellten Handlungen der Beklagten zu 1 begründen die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht.
25
aa) Bei dem von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch handelt es sich um eine Klage wegen Verletzung einer Gemeinschaftsmarke nach Art. 96 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 aF. Nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 aF kann der Markeninhaber Dritten verbieten, ein sein Markenrecht verletzendes Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union liegt eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr bei Benutzungen vor, die im Rahmen einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich erfolgen (EuGH, Urteil vom 12. November 2002 - C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Rn. 39 f. - Arsenal Football Club; Urteil vom 11. September 2007 - C-17/06, Slg. 2007, I-7041 = GRUR 2007, 791 Rn. 17 - Céline; Beschluss vom 19. Februar 2009 - C-62/08, Slg. 2009, I-1279 = GRUR 2009, 1156 Rn. 44 - UDV/Brandtraders). Nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 aF kann insbesondere verboten werden, das Zeichen auf Waren oder deren Aufmachung anzubringen, unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen, Waren unter dem Zeichen einzuführen oder auszuführen, oder das Zeichen in den Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen. Die in Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie (EG) Nr. 207/2009 aF enthaltene Aufzählung von Benutzungsformen, die der Markeninhaber verbieten kann, ist nicht abschließend. Insbesondere können elektronische Formen des Geschäftsverkehrs und der Werbung durch die Anwendung der Informationstechnik typischerweise zu Benutzungshandlungen führen, die über die Katalogbeispiele hinausgehen (zu Art. 9 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 40/94: EuGH, Urteil vom 23. März 2010 - C-236/08 bis 238/08, Slg. 2010, I-2417 = GRUR 2010, 445 Rn. 65 f. - Google France/Louis Vuitton).
26
bb) Für die Prüfung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte kommt es grundsätzlich darauf an, ob die Klägerin eine im Inland begangene Verletzungshandlung der Beklagten im Sinne des Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 behauptet hat und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (BGH, Urteil vom 27. November 2014 - I ZR 1/11, GRUR 2015, 689 Rn. 19 = WRP 2015, 735 - Parfumflakon III). Hiervon ist das Berufungsgericht ausgegangen.
27
cc) Nach Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 ist Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit der Mitgliedstaat, "in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht". Dieser Anknüpfungspunkt stellt auf ein aktives Verhalten des Verletzers ab und zielt auf den Mitgliedstaat , in dem sich der Vorfall, der der behaupteten Verletzung zugrunde liegt, ereignet hat oder zu ereignen droht, und nicht auf den Mitgliedstaat, in dem die Verletzung ihre Wirkungen entfaltet (zu der mit Art. 97 Abs. 5 der Verordnung [EG] Nr. 207/2009 inhaltsgleichen Regelung in Art. 93 Abs. 5 der Verordnung [EG] 40/94: EuGH, GRUR 2014, 806 Rn. 34 - Coty/First Note Perfumes ). Der Verkauf und die Lieferung einer Ware, durch die das Markenrecht verletzt wird, in einem Mitgliedstaat, die anschließend durch den Erwerber in einem anderen Mitgliedstaat weiterverkauft wird, führt danach nicht zu einer internationalen Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die Ware letztlich vertrieben wird, für Klagen gegen den ursprünglichen Verkäufer, der in dem Mitgliedstaat, dem das angerufene Gericht angehört, selbst keine Handlung vorgenommen hat (EuGH, GRUR 2014, 806 Rn. 38 - Coty/First Note Perfumes ).
28
dd) Der Sachverhalt liegt im Streitfall anders als der Fall, über den der Gerichtshof der Europäischen Union in der Entscheidung "Coty/First Note Perfumes" zu befinden hatte. Im Streitfall unterhält die Beklagte einen deutschsprachigen Internetauftritt. Außerdem haben der Verkauf und die Auslieferung der als markenverletzend beanstandeten Ware nicht allein in Italien stattgefunden. H. P. hat die von der Klägerin als markenverletzend beanstandeten Waren nicht in Italien erworben. Die in Italien ansässige Beklagte undH. P. , die ihren Sitz in Deutschland hat, haben vielmehr auf elektronischem Weg einen Vertrag geschlossen und die Erwerberin hat erst anschließend die Ware in Italien abholen lassen.
29
ee) Der deutschsprachige Internetauftritt der Beklagten rechtfertigt es nicht anzunehmen, dass die Verletzungshandlung im Sinne von Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 in Deutschland begangen worden ist.
30
(1) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, der deutschsprachige Internetauftritt der Beklagten begründe die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht. Dabei kommt es allerdings entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht darauf an, dass die Internetseite der Beklagten keine Bestellmöglichkeit enthält und sich auf eine pauschale Darstellung des Unternehmens der Beklagten beschränkt. Selbst wenn sie eine solche Bestellmöglichkeit enthielte oder - wie die Revisionserwiderung geltend macht - sich gezielt an gewerbliche Parfumkäufer in Deutschland wendete, führte dies nicht zur Begründung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Dies ergibt sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 27. September 2017 (C-24/16, juris - Nintendo/BigBen). Dieses Urteil ist zwar zur Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGV) ergangen. Wegen der inhaltlichen Übereinstimmungen der einschlägigen Vorschriften dieser Verordnung mit denjenigen über die Gemeinschaftsmarke und die Unionsmarke ist die Entscheidung des Gerichtshofs der Euro- päischen Union auf das Markenrecht übertragbar (vgl. EuGH, Urteil vom 27. September 2017 - C-24/16 Rn. 53 f., juris - Nintendo/BigBen und Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 1. März 2017 - C-24/16 Rn. 33, juris).
31
(2) Bietet ein Wirtschaftsteilnehmer auf seiner Internetseite, die sich an Abnehmer in anderen Mitgliedstaaten richtet, unter Verletzung der Rechte aus der Gemeinschaftsmarke Waren zum Kauf an, die auf dem Bildschirm betrachtet und über die Internetseite bestellt werden können, fällt ein solches Verhalten zwar unter den Begriff "Benutzung" im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 aF (zu Art. 19 Abs. 1 GGV: EuGH, Urteil vom 27. September 2017 - C-24/16 Rn. 107, juris - Nintendo/BigBen). Darin liegt zudem ein schadensbegründendes Ereignis. Der Ort des schadensbegründenden Ereignisses im Sinne von Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 ist in einem derartigen Fall allerdings nicht der Ort, an dem die Internetseite abgerufen werden kann, sondern der Ort, an dem der Prozess der Veröffentlichung des Angebots durch den Wirtschaftsteilnehmer auf seiner Internetseite in Gang gesetzt worden ist (zu Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 864/2007: EuGH, Urteil vom 27. September 2017 - C-24/16 Rn. 108, juris - Nintendo/BigBen). Selbst wenn in dem Internetauftritt der Beklagten ein Anbieten von Ware liegen würde, wäre im Streitfall mangels abweichender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Prozess der Veröffentlichung des Angebots der Beklagten in Italien erfolgt ist.
32
(3) Auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union "Hejduk/EnergieAgentur" (Urteil vom 22. Januar 2015 - C-441/13, GRUR 2015, 296 Rn. 38 = WRP 2015, 332) kann sich die Revisionserwiderung nicht mit Erfolg berufen. In dieser Entscheidung hat der Gerichtshof der Europäischen Union angenommen, für die Begründung der internationalen Zuständigkeit im Fall der Geltendmachung einer Verletzung von Urheber- und verwandten Schutzrechten könnten die Gerichte eines Mitgliedstaats in Anknüpfung an den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs für eine Klage auf Schadensersatz wegen Verletzung dieser Rechte zuständig sein, wenn in diesem Mitgliedstaat die maßgebliche Internetseite aufgerufen werden könne. Im Streitfall kommt es nicht auf den Ort des Schadenserfolgs an, sondern darauf, ob der Handlungsort in Deutschland liegt. Dies ist bei dem Internetauftritt der Beklagten nicht der Fall.
33
ff) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gemäß Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 nicht dadurch begründet, dass die Beklagte von Italien aus der Hit Parfum per E-Mail eine Produkt- und Preisliste nach Deutschland übersandt hat.
34
(1) Bei Rechtsstreitigkeiten über Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums kommt es nicht selten vor, dass demselben Beklagten mehrere Verletzungshandlungen vorgeworfen werden und deshalb an mehreren Orten ein schadensbegründendes Ereignis eingetreten ist. Bei der Bestimmung des schadensbegründenden Ereignisses in Fällen, in denen demselben Beklagten verschiedene, in mehreren Mitgliedstaaten begangene Verletzungshandlungen im Sinne von Art. 9 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 vorgeworfen werden, ist nicht auf jede einzelne Verletzungshandlung abzustellen, sondern eine Gesamtwürdigung des Verhaltens vorzunehmen, um den Ort zu bestimmen , an dem die ursprüngliche Verletzungshandlung, auf die das vorgeworfene Verhalten zurückgeht, begangen worden ist oder droht (vgl. EuGH, Urteil vom 27. September 2017 - C-24/16 Rn. 103, juris - Nintendo/BigBen). Insoweit gelten die Erwägungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Auslegung der sprachlich ähnlich wie Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 gefassten Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-VO) entsprechend (vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 1. März 2017 - C-24/16 Rn. 56-66, juris).
35
Die Begründung, dass das angerufene Gericht das anwendbare Recht anhand eines einheitlichen Anknüpfungskriteriums - des Orts, an dem die Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht, auf die mehrere einem Beklagten vorgeworfene Handlungen zurückgehen - leicht zu bestimmen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 27. September 2017 - C-24/16 Rn. 104, juris - Nintendo/ BigBen), gilt gleichermaßen für die Auslegung von Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009. Die Parteien und das Gericht können dann ohne Schwierigkeiten das Gericht des Mitgliedstaats bestimmen, in dem eine Verletzungshandlung im Sinne von Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 begangen worden ist.
36
(2) Damit ist nicht auf einzelne Verletzungshandlungen abzustellen, sondern eine Gesamtwürdigung des Verhaltens der Beklagten vorzunehmen, um den Ort zu bestimmen, an dem die ursprüngliche Verletzungshandlung, auf die das vorgeworfene Verhalten zurückgeht, begangen worden ist oder droht.
37
Sollte - wie die Revisionserwiderung geltend macht - in dem Internetauftritt der Beklagten bereits ein Angebot liegen, wäre dieses als schadensbegründendes Ereignis anzusehen. Auf die Versendung einer E-Mail mit einer Produktliste käme es dann nicht mehr an. Der Ort des schadensbegründenden Ereignisses bei einem Internetangebot ist der Ort, an dem seine Veröffentlichung in Gang gesetzt worden ist. Dafür, dass die Veröffentlichung der Internetseite in Deutschland veranlasst worden ist, ist nichts festgestellt oder sonst ersichtlich.
38
Das schadensbegründende Ereignis liegt, wenn der Internetauftritt der Beklagten nicht als Angebot gewertet wird, im Übersenden von Produkt- und Preislisten per E-Mail. In diesem Fall liegt der Ort des schadensbegründenden Ereignisses ebenfalls nicht in Deutschland. Die Anwendung der für den Fall einer Bestellmöglichkeit über das Internet geltenden Grundätze führt zu dem Er- gebnis, dass der Ort des schadensbegründenden Ereignisses in diesem Fall der Ort ist, an dem die Versendung der E-Mail veranlasst wird. Mangels abweichender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dies in Italien geschehen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 27. September 2017 - C-24/16 Rn. 108, juris - Nintendo /BigBen). Auf die Frage, ob die Beklagte aus eigenem Antrieb oder auf Anfrage auf elektronischem Weg Kontakt zu H. P. aufgenommen hat, kommt es nicht an.
39
gg) Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf die vom Landgericht getroffenen Feststellungen angenommen, nicht die Beklagte, sondern H. P. habe die Parfums der Marke "Davidoff" nach Deutschland eingeführt. Dagegen wendet sich die Revisionserwiderung nicht.
40
2. Damit erweist sich auch die Annahme des Berufungsgerichts, die deutschen Gerichte seien gemäß Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 für den auf Erstbegehungsgefahr gestützten Unterlassungsanspruch wegen einer Verletzung der Unionsmarken "Joop!", "Jil Sander", "Nikos", "J.Lo/Jennifer Lopez", "Vivienne Westwood", "Calvin Klein", "Lancaster", "Chloé" und "Cerruti" zuständig, als unzutreffend. Dies gilt entsprechend für die behauptete Verletzung der Marke "Wolfgang Joop", die nach den das Revisionsgericht nicht bindenden Feststellungen im Berufungsurteil keine Unionsmarke ist (s. o. B II 1 b aa Rn. 20), sondern eine IR-Marke, die Schutz für das Gebiet der Europäischen Union beansprucht.
41
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, hinsichtlich der auf die IR-Marke "Covet" gestützten und mit einer Erstbegehungsgefahr begründeten Klage sei die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Soweit die Klägerin im Unterlassungsantrag die Marke mit "Sarah Jessica Parker Covet" bezeichnet hat, handelt es sich um einen offenkundigen Schreibfehler.
42
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte sei auch gegeben, soweit die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr wegen einer drohenden Verletzung der IR-Marke "Covet" Unterlassung beanspruche. Insoweit sei auf Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO zurückzugreifen. In dessen Anwendungsbereich sei - anders als in Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 - entweder auf den Ort des ursprünglichen Geschehens oder auf den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs abzustellen. Hinsichtlich des Orts des ursprünglichen Geschehens gälten die Ausführungen zu den übrigen Klagemarken entsprechend. Ob unter dem Gesichtspunkt des Erfolgsorts im Inland die internationale Zuständigkeit zu bejahen sei, könne offen bleiben. Diese Beurteilung hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
43
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist maßgeblich für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit nicht Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO, sondern Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO. Die Brüssel-Ia-VO ist nach deren Art. 81 am 10. Januar 2015 und damit erst nach Einleitung des vorliegenden Rechtsstreits im Jahr 2012 in Kraft getreten. Nach Art. 66 Abs. 1 dieser Verordnung gilt sie nur für Verfahren, die nach dem 9. Januar 2015 eingeleitet worden sind. Da die Klägerin die Klage vorher erhoben hat, bestimmt sich die internationale Zuständigkeit weiter nach der Brüssel-I-VO. In der Sache macht dies keinen Unterschied , weil der Wortlaut von Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO und Art. 7 Nr. 2 BrüsselIa -VO identisch ist.
44
c) Die Regelung des Art. 2 Abs. 1 Brüssel-I-VO weist die internationale Zuständigkeit grundsätzlich den Gerichten des Mitgliedstaats zu, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat. Die Regelung in deren Art. 5 Nr. 3 sieht eine besondere Zuständigkeit für die Gerichte des Ortes vor, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Diese Vor- schrift ist eng auszulegen und erlaubt keine Auslegung, die über die ausdrücklich in der Verordnung Brüssel-I-VO vorgesehenen Fälle hinausgeht. Die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“ in Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO meint sowohl den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs als auch den Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens , so dass die Beklagten nach Wahl der Klägerin vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagt werden können (EuGH, GRUR 2014, 806 Rn. 44 ff. - Coty/First Note Perfumes).
45
d) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht bejaht werden. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte mit denselben Erwägungen bejaht, mit denen es eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte wegen einer Verletzung oder einer drohenden Verletzung der übrigen Klagemarken - Unionsmarken und IR-Marken, die Schutz für die Europäische Union beanspruchen - angenommen hat. Diese Begründung ist nicht tragfähig, weil Deutschland nicht der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens ist.
46
e) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für den Unterlassungsanspruch wegen drohender Verletzung der Marke "Covet" ist jedoch deshalb gegeben, weil Deutschland der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs im Sinne von Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO ist.
47
aa) Gemäß Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Der Gerichtsstand hängt nicht davon ab, dass tatsächlich eine Verletzung des nationalen Rechts erfolgt ist. Es reicht aus, dass eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 75/10, GRUR 2012, 621 Rn. 18 = WRP 2012, 716 - OSCAR, mwN). Ob tatsächlich ein schädigendes Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, ist eine Frage der Begründetheit der Klage, die vom zuständigen Gericht anhand des anwendbaren nationalen Rechts zu prüfen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. April 2012 - C-523/10, GRUR 2012, 654 Rn. 26 - Wintersteiger ; Urteil vom 3. April 2014 - C-387/12, GRUR 2014, 599 Rn. 20 f. - Hi Hotel /Spoering; BGH, GRUR 2015, 689 Rn. 25 - Parfumflakon III).
48
bb) Die internationale Zuständigkeit für die Entscheidung über eine behauptete Verletzung einer nationalen Marke unter dem Gesichtspunkt der Verwirklichung des Schadenserfolgs ist den Gerichten des Mitgliedstaats zugewiesen , in dem die Marke geschützt ist (vgl. EuGH, GRUR 2012, 654 Rn. 26 ff. - Wintersteiger). Dies ist im Streitfall Deutschland. Danach sind die deutschen Gerichte wegen der von der von der Klägerin behaupteten Verletzung der IRMarke "Covet", deren Schutz sich auf Deutschland erstreckt, zuständig.
49
4. Die deutschen Gerichte sind international für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erstattung von vorgerichtlichen Abmahnkosten nicht zuständig. Eine Zuständigkeit käme für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nur insoweit in Betracht, als sie durch die von der Klägerin behauptete Verletzung der Schutz für Deutschland beanspruchenden IR-Marke "Covet" entstanden sind. Auf diese Marke war die Abmahnung aber nicht gestützt.
50
Soweit Abmahnkosten durch von der Klägerin behauptete Verletzungen von Unionsmarken oder IR-Marken, die Schutz für das Gebiet der Europäischen Union beanspruchen, entstanden sind, besteht keine internationale Zu- ständigkeit. Maßgeblich insoweit ist ebenfalls Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009, dessen Voraussetzungen im Streitfall nicht vorliegen. Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten gehört zu den in Art. 96 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 genannten Klagen. Wegen der Sachnähe zur Verletzung oder drohenden Verletzung der Gemeinschaftsmarke erfasst die ausschließliche sachliche Zuständigkeit nach Art. 96 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 auch Klagen über Nebenansprüche, die aus einer Verletzung der Gemeinschaftsmarke erwachsen (vgl. zu Art. 92 Buchst. a der Verordnung [EG] Nr. 40/94: BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - I ZR 11/04, GRUR 2007, 705 Rn. 14 = WRP 2007, 960 - Aufarbeitung von Fahrzeugkomponenten ; Müller in BeckOK UMV/Büscher/Kochendörfer, 6. Edition, Stand: 26.06.2017, Art. 96 Rn. 6). Hierzu gehören Ansprüche auf Erstattung von vorgerichtlichen Abmahnkosten.
51
III. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.
52
Es ist nicht zweifelhaft, dass die Erwägungen im Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 27. September 2017 (C-24/16, juris - Nintendo/ BigBen) für die Auslegung von Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 heranzuziehen sind. Die Wendung in Art. 89 Abs. 1 Buchst. d GGV des "Mitgliedstaats …, in dem die Verletzungshandlungen begangen worden sind oder drohen", ist ebenso auszulegen wie der Begriff des "Mitgliedstaats , in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht" im Sinne von Art. 93 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 und Art. 97 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009, und wie der Begriff des Rechts des "Mitgliedstaats , in dem die Verletzung des gemeinschaftsweit einheitlichen Rechts des geistigen Eigentums begangen wurde" in Art. 8 Abs. 2 der Rom-II-Verordnung. Eine unterschiedliche Auslegung dieser Vorschriften würde dem Grundsatz der Rechtssicherheit in Rechtsstreitigkeiten zuwiderlaufen, in denen die Komplexität und die Vielzahl von Orten, an denen die Wirkungen des mit der Verletzungshandlung in Zusammenhang stehenden Schadens auftreten können, mehr Rechtssicherheit verlangen (Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 1. März 2017 - C-24/16 Rn. 55-61, 64, juris). Deshalb ist die Bestimmung des Ortes, an dem die Verletzungshandlung stattgefunden hat, auf ein einheitliches Ereignis zurückzuführen (Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 1. März 2017 - C-24/16 Rn. 58, juris). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf diese Schlussanträge Bezug genommen und in Übereinstimmung hiermit den Ort, an dem die Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht, auf die mehrere einem Beklagten vorgeworfene Handlungen zurückgehen, als einheitliches Anknüpfungskriterium bestimmt (Urteil vom 27. September 2017 - C-24/16 Rn. 99, 103 f., juris - Nintendo/BigBen).
53
IV. Das Verfahren war nicht entsprechend dem Antrag der Beklagten im Hinblick auf das Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union in Sachen "Nintendo/BigBen" (C-24/16) auszusetzen. Auf die Frage, ob für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte an den Schwerpunkt der Verletzungshandlungen anzuknüpfen ist, sind die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen worden und sie haben vor der Senatsentscheidung die Gelegenheit erhalten, zur Bedeutung jenes Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union für den vorliegenden Rechtsstreit vorzutragen.
Büscher Schaffert Koch
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 13.08.2015 - 11 HKO 12224/14 -
OLG München, Entscheidung vom 23.06.2016 - 6 U 3129/15 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 545 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. (2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 280 Abgesonderte Verhandlung über Zulässigkeit der Klage


(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird. (2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur H

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Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 13.08.2015, Az. 11 HK O 12224/14, abgeändert.

2. Die Klage ist zulässig.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten in der Sache darum, ob der Klägerin Ansprüche auf Unterlassung und auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten wegen Markenrechtsverletzung zustehen.

Die Klägerin, ein im Bereich der Herstellung und des Vertriebs von Parfums weltweit tätiges Unternehmen, ist Inhaberin der unter anderem für Parfümeriewaren eingetragenen Unionsmarken 2786713 „Joop!“ und 2950749 „Lancaster“. Ferner nimmt sie exklusive Lizenzrechte an verschiedenen Unionsmarken und IR-Marken wahr, die ebenfalls für Parfümeriewaren registriert sind. Hinsichtlich der Einzelheiten zu den streitgegenständlichen Marken wird auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil (LGU S. 2) sowie auf die Anlagenkon-volute K 1 und K 2 Bezug genommen. Ihre Produkte vertreibt die Klägerin im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems.

Die in P./Italien ansässige Beklagte zu 1), deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte zu 2) ist, handelt mit Parfum- und Kosmetikartikeln. Sie unterhält die auch in deutscher Sprache verfügbare Homepage www. .it, auf der verschiedene Produkte abgebildet und Kontaktdaten angegeben werden, aber keine direkte Bestellmöglichkeit eröffnet wird (Anlagenkonvolut K 3).

Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 03.08.2012 erfolgte eine Kontaktaufnahme zwischen der international tätigen Firma H. Parfüm GmbH (nachfolgend: Firma H.) mit Sitz in Deutschland und der Beklagten zu 1), die zur Auslieferung von 150 Stück Parfums der Marke Davidoff „Cool Water“ in Italien an eine von der Firma H. beauftragte Spedition (vgl. Frachtbrief gem. Anl. CBH 7) am 07.08.2012 führte. Die Waren sind vor der Übergabe an den Spediteur vollständig bezahlt und von letzterem in das Lager der Beklagten zu 1) in . E. verbracht worden.

In diesem Vorgang sieht die Klägerin eine Markenverletzung, da die streitgegenständlichen Parfumwaren ihrem Vorbringen zufolge nicht mit ihrer Zustimmung innerhalb der Europäischen Union erstmalig in Verkehr gebracht worden seien. In erster Instanz hat die Klägerin beantragt (nach Abtrennung des Unterlassungsantrags und des Antrags auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten mit Trennungsbeschlüssen des vormals angerufenen Landgerichts Leipzig vom 23.05.2014 (Bl. 138/141 d.A.) und vom 04.09.2014 (Bl. 166/167 d.A.) und teilweiser Klagerücknahme von Klageantrag 1. in Richtung auf die Verletzung der Marke „Karl Lagerfeld“ mit Schriftsatz vom 18.04.2013, Bl. 48 d.A),

die Beklagten zu verurteilen,

  • 1.es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Parfumprodukte unter den Marken Davidoff, Joop!, Wolfgang Joop, Jil Sander, Chopard, Nikos, J.Lo/Jennifer Lopez, Vivienne Westwood, Calvin Klein, Lancaster, Sarah Jessica Parker Covet, Chloe und Cerruti einzuführen, anzubieten, zu vertreiben oder einführen, anbieten, bewerben oder vertreiben zu lassen, die nicht von der Markeninhaberin oder einem Dritten mit Zustimmung der Markeninhaberin in der Europäischen Union in den Verkehr gebracht worden sind,

  • 2.an die Klägerin EUR 2.080,50 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagten haben in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Endurteil vom 13.08.2015 hat das Landgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme (vgl. Sitzungsniederschrift vom 25.06.2015, Bl. 225/229 d.A.; das Landgericht Leipzig hat seinerseits vor Abtrennung und Verweisung der abgetrennten Teile des Rechtsstreits an das Landgericht München I bereits Beweis erhoben, vgl. Sitzungsniederschrift vom 10.04.2014, Bl. 117/120 d.A.) die Klage wegen mangelnder internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung ist im Ersturteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, ausgeführt:

Die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte richte sich nach Art. 97 Abs. 5 der Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV). Diese Vorschrift sei autonom auszulegen. Hiernach seien die Gerichte desjenigen Mitgliedstaats, in der sich der der behaupteten Verletzung zugrunde liegende Vorfall ereignet habe oder zu ereignen drohe, international zuständig. Die Beweislast hierfür trage die Klägerin.

Bei Anwendung dieser Maßstäbe könne von einer rechtsverletzenden Handlung der Beklagten im Inland nicht ausgegangen werden. Zwar möge sich die Homepage der Beklagten zu 1) auch an deutsche Kunden richten. Die Klägerin habe allerdings nicht dargetan, dass auf dieser Homepage markenverletzende Produkte zum Kauf angeboten würden. Die Behauptung der Klägerin, dem streitgegenständlichen Geschäftsabschluss sei die Versendung einer E-Mail mit den aktuellen Angeboten der Beklagten zu 1) an die Firma H. in Deutschland vorausgegangen, habe sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht bestätigt. Der klägerseits benannte Zeuge H. habe keine Erinnerung mehr daran, ob seiner Bestellung bei der Beklagten zu 1) deren Angebot zugrunde gelegen habe oder ob er von sich aus angefragt habe. Der Zeuge C. habe demgegenüber ausgesagt, der Zeuge H. habe ihn im Februar 2012 ohne vorheriges Angebot der Beklagten zu 1) kontaktiert. Hinsichtlich des Vertragsabschlusses sei auch unklar, ob dieser telefonisch oder per E-Mail erfolgt sei und ob sich der Zeuge H. zum Zeitpunkt der EMail bzw. des Telefonats überhaupt in Deutschland aufgehalten habe. Unabhängig davon sei der auf Seiten der Beklagten zu 1) auftretende Zeuge C. jedenfalls nicht aktiv im Inland tätig gewesen. Der Eingang seiner E-Mail auf einem Server der Firma H. bzw. die akustische Vernehmbarkeit seiner Stimme am Telefon im Inland stelle sich lediglich als Auswirken seines in Italien stattgefundenen Verhaltens dar und könne im Streitfall die internationale Zuständigkeit -insbesondere auch mit Blick auf die getroffene „ab Werk“-Vereinbarung - nicht begründen. Die Beklagte zu 1) habe auch nicht die streitgegenständlichen Produkte in das Inland eingeführt. Dies treffe vielmehr auf die Firma H. selbst zu. Nach unbestrittenem Vorbringen der Beklagten sei die Ware am Werkstor zur Abholung und Verbringung nach Deutschland durch die von der Klägerin beauftragte Spedition bereitzustellen gewesen. Dieser Vortrag stimme zudem mit den vorgelegten Unterlagen überein (vgl. Anl. CBH 8: „… delivery terms: ex works“). Der von den Vertragsparteien vereinbarte Eigentumsvorbehalt begründe die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ebenfalls nicht, da die Rechnung unstreitig bereits vor Abholung bezahlt worden sei. Der Rechtsaufassung des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Urt. v. 27.06.2008 - 4 HK O 9613/07, nachgewiesen in juris), es bestehe ein von den Beklagten zu widerlegender Anschein für die Annahme eines grenzüberschreitenden Verkehrs, wenn die Lieferadresse im Ausland liege, sei nicht zu folgen. Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Beklagte zu 1) habe gewusst, dass die streitgegenständlichen Parfums nach Deutschland ausgeliefert würden. Eine mögliche Beihilfe zur Markenverletzung könne nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht begründen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, die sie wie folgt begründet:

Das Erstgericht habe den Prüfungsumfang zur Beurteilung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte verkannt. Hierfür sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Klägerin in schlüssiger Form Tatsachen vortrage, aus denen sich das Vorliegen einer im Inland begangenen unerlaubten Handlung ergebe. Der Nachweis der Richtigkeit dieser Tatsachenbehauptung sei der Entscheidung über die Begründetheit der Klage vorbehalten.

Zum Vorliegen einer Verletzungshandlung im Inland habe die Klägerin insoweit ausgeführt, die Beklagte zu 1) spreche in ihrem Internet-Auftritt in deutscher Sprache gezielt gewerbliche Par-fumkäufer in Deutschland an und habe sich dadurch aktiv auf den deutschen Markt begeben (Anl. K 3). Dass es sich bei der deutschsprachigen Webseite der Beklagten zu 1) nicht um einen Online-Shop mit unmittelbarer Bestellmöglichkeit handle, stehe der Annahme der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht entgegen. Zwischen den Parteien sei zudem unstreitig, dass den Beklagten aufgrund früherer Lieferungen an die Firma H. deren deutsche Rechnungs- und Lieferanschrift bekannt gewesen sei und der Zeuge H. die Beklagten hierüber nicht habe unterrichten müssen. Die Klägerin habe ferner unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) unter anderem an Kunden in Deutschland per E-Mail Angebotslisten wie aus Anl. K 5 und K 8 ersichtlich versandt habe.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts liege dem streitgegenständlichen Vertragsschluss über die Auslieferung von 150 Stück Parfums der Marke Davidoff „Cool Water“ ein grenzüberschreitendes Angebot der Beklagten zu 1) an die Firma H. zugrunde. Ein solches habe die Beklagte zu 1) der Firma H. übermittelt, was sich aus der Anlage CBH 8 ergebe. Das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten sei unbeachtlich. Angesichts dessen, dass die Firma Hit die EMail-Korrespondenz mit der Beklagten zu 1) gelöscht habe, letztere jedoch hierüber verfüge, gleichwohl aber nur die erste Seite der Anlage CBH 8 vorlege, hätten die Beklagten die sekundäre Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung zu tragen, dem streitgegenständlichen Vertragsschluss sei kein schriftliches Vertragsangebot durch die Beklagte zu 1) vorausgegangen. Ihnen sei gemäß § 421 ZPO aufzugeben, die vollständige Fassung der als Anlage CBH 8 vorgelegten E-Mail-Korrespondenz vorzulegen. Unabhängig davon habe der Zeuge H. jedenfalls bei der Beklagten zu 1) angerufen und sich nach der Verfügbarkeit der streitgegenständlichen Produkte erkundigt. Auf die telefonische Anfrage des Zeugen H. hätten die Beklagten mit einem konkreten Angebot für die streitgegenständlichen Produkte reagiert und dieses an den deutschen Geschäftssitz des Zeugen H. übermittelt. Hiermit hätten sich die Beklagten ein weiteres Mal (über den Internet-Auftritt hinaus) aktiv auf den inländischen Markt begeben und einen für die Annahme der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug hergestellt. Überdies würde auch ein telefonisch in das Inland übermitteltes Angebot zu einer Benutzung der Klagemarke im Inland führen. Der Auffassung des Landgerichts, der Empfang einer E-Mail bzw. eines Telefonats im Inland stelle sich lediglich als der Erfolg einer ausschließlich auf Italien beschränkten Verletzungshandlung dar, könne nicht gefolgt werden und stehe in Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH GRUR 2014, 283 Tz. 32 - Blomqvist/Rolex).

Der Vortrag der Beklagten, sie hätten die streitgegenständlichen Parfums nicht nach Deutschland geliefert, werde weiterhin mit Nichtwissen bestritten. Da es sich hierbei um eine ausschließlich den Beklagten bekannte Tatsache handle, sei ein Bestreiten mit Nichtwissen auch zulässig. Die Beurteilung des Landgerichts, der diesbezügliche Vortrag der Beklagten sei unstreitig, treffe nicht zu.

Die Klägerin habe auch bereits erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten, dass das Eigentum an den streitgegenständlichen Parfums bereits in Italien auf die Firma H. übergegangen sei. Dem stehe der vereinbarte Eigentumsvorbehalt entgegen. Ohne Beweisantritt hätten die Beklagten insoweit behauptet, dass die Firma H. die verfahrensgegenständlichen Produkte bereits vor de ren Lieferung vollständig bezahlt habe. Das Landgericht habe den entgegenstehenden Vortrag der Klägerin auch in diesem Punkt übergangen. Eine Vorab-Zahlung sei ohnehin gänzlich unüblich.

Die klägerseits geltend gemachten Ansprüche seien auch der Sache nach begründet. Insbesondere könnten sich die Beklagten nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die streitgegenständlichen Parfümerieprodukte mit Zustimmung der Klägerin in den Europäischen Wirtschaftsraum gelangt seien, der Einwand der Erschöpfung greife nicht durch. Vielmehr seien die verfahrensgegenständlichen Waren von der Klägerin wie erstinstanzlich vorgetragen und durch die im Verfahren vor dem Landgericht Leipzig durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt erstmals in Hongkong in Verkehr gebracht worden. Demgegenüber habe die Beklagte zu 1) ihren dortigen Vortrag, sie sei von Vertragshändlern der Klägerin, den Firmen L. D. D. und C. P. beliefert worden, nicht beweisen können. Auf die als Anlage CBH 1 vorgelegte Mitteilung der Firma L. D. D. an die Beklagte zu 1) werde ergänzend verwiesen. Die Beklagten könnten sich daher nicht auf eine Zustimmung der Klägerin zum Reimport bzw. zum Weiterverkauf der streitgegenständlichen Waren im Europäischen Wirtschaftsraum berufen.

Die Klägerin beantragt,

das angegriffene erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen wie in erster Instanz beantragt,

mit Ausnahme des Unterlassungsantrags in Richtung auf die Marke „Chopard“, hinsichtlich dessen die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt haben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigen das Ersturteil und führen hierzu ergänzend aus:

Der Klägerin könne nicht darin gefolgt werden, dass die bloße Behauptung des Vorliegens von die internationale Zuständigkeit begründenden Tatsachen zur Zulässigkeit der Klage führe. Bei der Frage des Ortes der vermeintlichen Verletzungshandlung handle es sich nämlich nicht um eine doppelrelevante Tatsache. Hierzu seien vielmehr bereits im Rahmen der Zulässigkeit der Klage Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht zu treffen, deren Nachweis im Bestreitensfalle vom Kläger zu erbringen sei.

Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht geführt. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass sich die Beklagten nicht aktiv auf den deutschen Markt begeben hätten. Sie hätten eine in Italien eingegangene Bestellung der Firma H. schlichtweg bearbeitet, ohne zuvor an dieses Unternehmen herangetreten zu sein, und die Waren sodann in Italien zur Abholung bereitgestellt. Der zu beurteilende Sachverhalt weise daher keine entscheidungsrelevanten Unterschiede zu dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall „Parfumflakon III“ (Anl. CBH 19) auf. Insbesondere könne es keinen Unterschied machen, ob der in Deutschland ansässige Käufer sich persönlich oder telefonisch an einen ausländischen Verkäufer wende und eine Bestellung aufgebe. In beiden Fällen werde der Käufer im Ausland, nicht aber der Verkäufer im Inland aktiv tätig. Hinzu komme, dass die Klägerin wie vom Erstgericht zutreffend festgestellt nicht einmal vorgetragen habe, ob sich der Zeuge H. zum Zeitpunkt der Bestellung überhaupt in Deutschland aufgehalten habe, unbeschadet dessen, dass auch dieser - weiterhin mit Nichtwissen bestrittene - Umstand die internationale Zuständigkeit nicht begründen würde. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne auch das bloße Bereithalten einer Webseite in deutscher Sprache ohne die Einrichtung einer Bestellmöglichkeit oder eine an inländische Verkehrskreise zielgerichtete Werbung keine Verletzungshandlung im Inland begründen. Die Beklagten hätten entgegen der Darstellung der Klägerin die streitgegenständlichen Waren auch nicht grenzüberschreitend der Firma H. angeboten. Die Klägerin habe insoweit nunmehr selbst eingeräumt, dass es die von ihr behauptete Werbe-E-Mail nicht gebe. Die bloße Annahme eines Telefonanrufes begründe kein aktives Verhalten im Inland im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des BGH, zumal auch insoweit gelte, dass nicht vorgetragen sei, ob der Zeuge H. sich damals im Inland befunden habe. Schließlich begründe die Existenz einer weder zeitlich noch inhaltlich näher substantiierten E-Mail-Korrespondenz für sich genommen kein grenzüberschreitendes Angebot. Der Vorlageantrag der Klägerin sei bereits aus formellen Gründen zurückzuweisen. Die Beklagten träfe auch keine sekundäre Beweislast für die von der Klägerin behauptete Verletzungshandlung im Inland.

Das pauschale Bestreiten des Vortrags der Beklagten, wonach die Firma H. selbst die streitgegenständlichen Parfums nach Deutschland eingeführt habe, durch die Klägerin mit Nichtwissen gehe ins Leere, nachdem letztere die Beweislast für die behauptete Verletzungshandlung im Inland trage. Zudem sei auf die Anlagen CBH 7 und CBH 8 zu verweisen, denen zufolge die Waren der Firma H. in Italien zur Abholung bereitzustellen gewesen seien („ex works“).

Die vorstehenden Ausführungen gälten entsprechend für die Behauptung der Klägerin, die Übereignung der streitgegenständlichen Produkte habe erst in Deutschland stattgefunden. Insoweit habe die Klägerin selbst die Anl. K 8 vorgelegt, der zu entnehmen sei, dass die Waren bei Abholung bereits bezahlt gewesen seien. Ohnehin läge in der Übereignung der Waren auch kein aktives Verhalten der Beklagten im Inland. Für eine Einfuhr komme es nämlich nicht auf die rechtlichen Eigentumsverhältnisse, sondern auf die tatsächliche Verfügungsgewalt an den streitgegenständlichen Waren an. Diese habe der von der Firma H. beauftragte Spediteur mit der Entgegennahme der Parfums ausgeübt und folglich selbst die Waren nach Deutschland eingeführt.

Die Berufung sei aber auch der Sache nach unbegründet. Die Markenrechte der Klägerin an den streitgegenständlichen Waren seien nämlich erschöpft. Die Beklagte zu 1) habe diese in Italien von autorisierten Händlern der Klägerin erworben. Der Vertrieb der Waren in Italien durch von der Klägerin autorisierte Vertriebspartner stelle gleichzeitig eine Zustimmung der Klägerin zum Inverkehrbringen der Waren in der Europäischen Union dar.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und auf das Protokoll des Termins vom 12.05.2016 (Bl. 303/305 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin gegen das angegriffene Urteil des Landgerichts vom 13.08.2015 ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 517, § 519 ZPO) und begründet (§ 520 Abs. 2 ZPO) worden.

Sie führt auch insoweit zum Erfolg, als in Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Zulässigkeit der Klage auch im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu bejahen ist. Über den von den Parteien hierüber geführten Streit entscheidet der Senat nach Maßgabe der § 280 Abs. 2 Satz 1, § 525 Satz 1 ZPO durch Zwischenurteil (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 280 Rn. 7 und § 303, Rn. 5; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 37. Aufl. 2016, § 280 Rn. 5 ff.).

1. Die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte (deren Überprüfung abweichend von § 513 Abs. 2 ZPO der Überprüfung durch den Senat unterliegt, vgl. Zöller/Heßler a.a.O., § 513 Rn. 8) richtet sich im Streitfall in Richtung auf den klägerseits unter dem Gesichtspunkt der aufgrund Vorliegens einer begangenen Verletzungshandlung begründeten Wiederholungsgefahr verfolgten Unterlassungsanspruch wegen Verletzung der Unionsmarke 876874 „Davidoff“ (nebst Annexanspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten) sowie unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr in Richtung auf die Verletzung der weiteren im Tatbestand dieses Urteils wiedergegebenen Klagemarken (mit Ausnahme der Klagemarke „Covet“, bei der es sich nicht um eine Unionsmarke, sondern um eine IR-Marke handelt, vgl. insoweit die nachfolgenden Ausführungen unter 4., sowie der Klagemarke „Chopard“, hinsichtlich derer die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben) nach Art. 97 Abs. 5 der am 23.03.2016 in Kraft getretenen Unionsmarkenverordnung (UMV, vormals Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV)), wonach (insoweit unverändert im Vergleich zur Vorschrift des § 97 Abs. 5 GMV) Verfahren, in denen durch die in Artikel 96 UMV genannten Klagen (hierzu zählen nach Art. 96 lit. a) UMV Klagen wegen Verletzung einer Unionsmarke) und Widerklagen anhängig gemacht werden (neben in den hier nicht vorliegenden Fällen der Art. 97 Abs. 1 bis Abs. 4 UMV) auch bei den Gerichten eines Mitgliedstaates anhängig gemacht werden können, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht (Gerichtsstand der Verletzungshandlung bzw. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung).

2. Der in Art. 97 Abs. 5 UMV enthaltene, als lex specialis gegenüber Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F. (Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, sog. „Brüssel-Ia-Verordnung“) autonom auszulegende (vgl. EuGH GRUR 2014, 806 Tz. 27, 31 -Coty/First Note) Begriff des „Mitgliedstaats, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht“ setzt ein aktives Verhalten des Verletzers voraus. Hiernach sind im Sinne von Art. 97 Abs. 5 UMV die Gerichte des Mitgliedstaats international zuständig, in dem sich der Vorfall, der der behaupteten Verletzung zugrunde liegt, ereignet hat oder zu ereignen droht. Nicht zuständig sind dagegen die Gerichte der Mitgliedstaaten, in dem die behauptete Verletzung lediglich ihre Wirkungen entfaltet (EuGH a.a.O. - Coty/First Note; BGH GRUR 2015, 689, Tz. 23 - Parfumflakon III).

1. 3. Nach diesen Maßstäben liegt entgegen der Auffassung des Landgerichts dem Streitfall eine Handlung im Inland zugrunde, die einen Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bietet, weshalb im Ergebnis die Berufung der Klägerin Erfolg hat:

a) Ohne Erfolg rügt die Klägerin allerdings die angegriffene erstinstanzliche Entscheidung insoweit, als das Erstgericht ihrer Auffassung nach bereits deshalb die internationale Zuständigkeit mit Verweis darauf hätte bejahen müssen, dass die Klägerin eine im Inland begangene Verletzungshandlung schlüssig behauptet habe, deren Nachweis indessen der Entscheidung über die Begründetheit der Klage vorzubehalten sei. Für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte kommt es zwar grundsätzlich darauf an, ob der Kläger eine im Inland begangene Verletzungshandlung des Beklagten im Sinne von § 97 Abs. 5 UMV behauptet hat und diese nicht von vorneherein ausgeschlossen werden kann (vgl. - zu Art. 5 Abs. 3 EuGVVO a.F. -BGH GRUR 2012, 621 Tz. 18 - OSCAR; BGH a.a.O. - Parfumflakon III, Tz. 19). Im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.11.2014 ist allerdings hierzu ergänzend ausgeführt (BGH a.a.O. -Parfumflakon III, Tz. 21): „Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe die Parfümflakons nach Deutschland geliefert, während die Beklagte vorgetragen hat, die Parfümflakons Stefan P. in Belgien übergeben zu haben. Damit ist zwischen den Parteien der Ort der Verletzungshandlung, der Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit ist, streitig. Zur Begründung der internationalen Zuständigkeit ist nicht allein auf den Vortrag der Klägerin abzustellen. Der Ort der Verletzungshandlung ist kein Umstand, der für die Zuständigkeitsbestimmung maßgeblich ist und gleichzeitig ein notwendiges Tatbestandsmerkmal des geltend gemachten Anspruchs darstellt (sogenannte doppelt relevante Tatsache). Ob der Ort der Verletzungshandlung in Belgien oder in Deutschland liegt, ist nur für die Zuständigkeitsbestimmung und damit für die Zu-lässigkeitsprüfung von Bedeutung. In einem solchen Fall trifft die Klägerin die Beweislast, dass die Beklagte die Parfümflakons nach Deutschland geliefert hat. .“

b) Ebenfalls macht die Klägerin ohne Erfolg geltend, die Beklagte zu 1) begebe sich bereits dadurch im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung aktiv auf den deutschen Markt, dass sie mit ihrem in deutscher Sprache gehaltenen Internet-Auftritt wie aus Anlage K 3 ersichtlich gezielt gewerbliche Parfumkäufer in Deutschland anspreche. Unabhängig von der Frage, ob die Tatortzuständigkeit deutscher Gerichte bei Geltendmachung einer Kennzeichenverletzung im Internet nur dann zu bejahen ist, wenn sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß im Inland auswirken soll (so die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. BGH a.a.O. - a) OSCAR, Tz. 21; BGH GRUR 2006, 513 Tz. 21 f. - Arzneimittelwerbung im Internet (zum UWG); BGH GRUR 2005, 431, 432 - HOTEL MARITIME; s.a. OLG München Mitt 2010, 400 - REFODERM) oder bereits durch die bloße Abrufbarkeit des betreffenden Angebots im Inland begründet wird (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 140 Rn. 20 unter Hinweis auf die Vorlageentscheidung des EuGH „Wintersteiger“ (EuGH GRUR Int 2012, 526 Tz. 2529)), ist daran festzuhalten, dass die internationale Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedsstaates in derartigen Fällen nur bei Vorliegen eines hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezugs begründet ist, wovon etwa auszugehen ist, wenn der Internetauftritt Bestellmöglichkeiten im Inland bietet oder sich eine Internetwerbung erkennbar an inländische Verkehrskreise richtet (vgl. BGH GRUR 2007, 871 - Wagenfeld-Leuchte; BGH a.a.O. - HOTEL MARITIME, S. 433; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, Einleitung Rn. 59, 60 m.w.N.). Unbeschadet des Umstands, dass die als Anlagenkonvolut K 3 vorgelegten Internetauszüge in deutscher Sprache gehalten sind, erfüllt die darin gehaltene pauschale Selbstdarstellung des Unternehmens der Beklagten zu 1) unter bildlicher Wiedergabe einzelner Parfumprodukte namhafter Hersteller ohne Preisangaben und die Angabe von Bestellmöglichkeiten diese Voraussetzungen nicht und ist von daher nicht geeignet, einen für die Annahme der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ausreichenden Inlandsbezug zu begründen.

c) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte lässt sich auch nicht auf die Behauptung der Klägerin stützen, die Beklagte zu 1) habe sich in der Vergangenheit von sich aus an Kunden in Deutschland gewendet, indem sie an diese per E-Mail-Versand Angebotslisten übermittelt habe. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, die von der Klägerin insoweit nicht angegriffen, insbesondere auch nicht zum Gegenstand eines Tatbestandsberichtigungsantrags nach § 320 ZPO gemacht wurden, der Senat diese somit gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, sind seitens der Beklagten zu 1) derartige Angebotslisten wie beispielsweise aus den Anlagen K 5 und K 8 ersichtlich bis zum Jahresende 2011 an Kunden in Deutschland versandt worden (LGU S. 3, 2. Abs.), ein vergleichbares Tätigwerden im Jahr 2012, namentlich im Zeitpunkt der vermeintlichen Verletzungshandlung (vgl. LGU S. 3, 4. Abs.: „Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 03.08.2012 …“) hat das Landgericht nicht festgestellt, was zu Lasten der für das Tatbestandsmerkmal des Ortes der Verletzungshandlung im Sinne von § 97 Abs. 5 UMV als Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin geht (vgl. vorstehend unter a)).

d) Soweit die Klägerin rügt, das Landgericht habe bei seiner Entscheidung rechtsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass sie, die Klägerin, das Vorbringen der Beklagten, wonach diese die streitgegenständlichen „Davidoff'-Parfums nicht nach Deutschland geliefert hätten, mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) bestritten habe, verhilft dies ihrer Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg. Dieser Berufungsangriff trägt bereits dem unter a) aufgeführten Umstand, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des Ortes der Verletzungshandlung im Inland nach § 97 Abs. 5 UMV trägt, nicht hinreichend Rechnung. Ein Bestritten mit Nichtwissen kann hier auch nicht deshalb als erheblich angesehen werden, weil nach der Rechtsauffassung der Klägerin unter Hinweis auf die vermeintlich unvollständige Anlage CBH 8 die Beklagten die sekundäre Darlegungslast für deren Behauptung, ein Verletzungsort sei im Inland nicht begründet, träfe. Abgesehen davon, dass der Streitfall keinen Anlass bietet, von der vorstehend dargestellten Beweislastverteilung abzuweichen, ist auch insoweit auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil und auf § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu verweisen: Auf dessen Seite 8, letzter Absatz unter „4.“ ist ausgeführt: „Nicht die Beklagte zu 1), sondern die Firma H. hat die streitgegenständlichen Parfums in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Die Beklagte hat unbestritten vorgetragen, der Vertragsinhalt sei darauf gerichtet gewesen, die Ware am Werkstor bereitzustellen. Die Spedition sei nicht von ihr, sondern von der Firma H. mit der Abholung und Verbringung nach Deutschland beauftragt worden. .“. Die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Tatsachenfeststellung unterliegt auch keinen Zweifeln (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Zutreffend hat das Landgericht insoweit darauf verwiesen, dass der Sachvortrag der Beklagten mit dem Inhalt der vorgelegten Unterlagen, namentlich dem als Anl. CBH 7 vorgelegten Frachtbrief und der E-Mail-Korrespondenz gemäß Anl. CBH 8 in Einklang stehe und belege, dass es sich um einen „ex works“-Verkauf gehandelt habe, in dessen Rahmen die Firma H. die Ware durch einen von ihr beauftragten Spediteur in Italien habe abholen lassen.

e) Die vorstehenden Ausführungen unter d) gelten entsprechend, soweit die Klägerin geltend macht, sie habe bereits erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten, dass das Eigentum an den streitgegenständlichen Parfums bereits in Italien auf den Käufer, die Firma H., übergegangen sei, und insoweit auf den vereinbarten Eigentumsvorbehalt verweist. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Eigentumsübergang im Inland nach Auslieferung der Ware im Ausland und dem damit verbundenen Übergang der tatsächlichen Sachherrschaft in rechtlicher Hinsicht einen Verletzungsort im Inland begründete, da auch insoweit nach den tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil, an die der Senat gemäß § 314 ZPO gebunden ist, da kein Antrag

d) auf Berichtigung des Tatbestands gestellt wurde (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2015 - VI ZR 102/14, Tz. 14; BGH, Beschluss vom 02.12.2015 - VII ZB 48/13, Tz. 14), bereits vor Auslieferung der streitgegenständlichen Waren diese vollständig bezahlt wurden (vgl. LGU S. 3, 4. Abs.: „Die Rechnung vom 3.8.2012 zu dem streitgegenständlichen Kaufvertrag liegt als Anlage K9 [vor] und wurde vor der Übergabe an den Spediteur vollständig bezahlt“ sowie LGU S. 9, 1. Abs. unter „4.“).

f) Die internationale Zuständigkeit ist im Streitfall entgegen der Auffassung des Landgerichts gleichwohl zu bejahen, weil sich die Beklagte zu 1) im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des BGH aktiv im Inland am Zustandekommen des Kaufvertrags über die streitgegenständlichen „Davidoff“-Parfums beteiligt hat. Zwar ist mit dem Erstgericht davon auszugehen, dass die Klägerin nicht den Nachweis führen konnte, dass sich die Beklagte zu 1) unaufgefordert per E-Mail an die Firma H. gewandt und an diese ihre aktuellen Warenangebote nach Deutschland verschickt habe. Ebenso lässt die Feststellung des Landgerichts, nach der Beweisaufnahme bleibe ungeklärt, ob die Kontaktaufnahme der Beklagten zu 1) mit der Firma H. telefonisch oder per E-Mail erfolgt sei und ob sich im Falle eines Telefonats der Zeuge H. im Inland befunden habe, einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Klägerin hat insoweit vermeintliche Mängel der vom Landgericht erfolgten Beweiswürdigung weder hinreichend dargetan, noch lässt diese erkennen, dass sie unvollständig sei oder Verstößen gegen die Denkgesetze unterliege bzw. allgemeinen Erfahrungssätzen widerspreche oder die Würdigung der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen zu beanstanden wäre.

Allerdings hat das Landgericht das eigene Vorbringen der Beklagten nicht umfassend gewürdigt, als diese in erster Instanz mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.09.2014 (dort S. 3) zur Frage des Zustandekommens des Kaufvertrages über die streitgegenständlichen Parfumwaren vorgetragen haben, zwar hätten sie sich nicht selbst an die Klägerin [richtig: die Firma H.] gewandt, vielmehr sei diese selbst per E-Mail an die Beklagte zu 1) in Italien herangetreten (so auch die Aussage des Zeugen C., Sitzungsniederschrift vom 25.06.2015, Bl. 225/229 d.A.) und habe bei dieser nach verschiedenen Waren, unter anderem nach Parfums der Marke Davidoff, angefragt. Die Beklagte zu 1) habe daraufhin der Firma H. per E-Mail den Lagerbestand sowie die Preise der angefragten Produkte mitgeteilt, woraufhin die Firma H. per E-Mail u.a. 142 Davidoff Parfums bestellt habe (Bl. 157 d.A.).

Die Reaktion der Beklagten zu 1) auf die Anfrage der Firma H., letzterer per E-Mail nach Deutschland den Lagerbestand mitzuteilen und dieser die aktuelle Preisliste zu übermitteln, stellt sich als Aufforderung zur Abgabe eines Angebots („invitatio ad offerendum“) dar, darauf gerichtet, ein Rechtsgeschäft über den Verkauf von Parfums aus dem aktuellen Warenangebot an einen Kunden, mit dem schon in früherer Zeit ähnlich gelagerte Verkäufe stattgefunden haben und von dem bekannt war, dass er seinen Sitz in Deutschland habe, abzuschließen. Das Vorgehen der Beklagten zu 1) war daher nach seiner Zielrichtung darauf gerichtet, sich im Sinne der Rechtsprechung des EuGH und des BGH aktiv im Inland um den Abschluss des beabsichtigten Vertragsschlusses zu bemühen und eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung herbeizuführen. Der Streitfall ist daher anders gelagert als der Sachverhalt, über den der EuGH in seinem Urteil „Coty/First Note“ und der BGH in seinem Urteil „Parfumflakon III“ zu entscheiden hatten und der einen vergleichbaren Anknüpfungspunkt für eine Verletzungshandlung im Inland nicht aufweist. Die Darstellung der Beklagten zum Ablauf des Geschehens nach der von ihnen geschilderten Anfrage der Firma H. stellt sich als aktives Verhalten im Inland dar, das geeignet ist, einen hinreichenden Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu begründen; nicht hingegen beschränkt sich die vermeintliche Verletzungshandlung entgegen der Auffassung der Beklagten darauf, im Inland lediglich ihre Wirkungen zu entfalten.

4. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist auch begründet, soweit die Klägerin ihre Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auf eine vermeintlich drohende Verletzung der mit Schutzerstreckung auf Deutschland eingetragenen IR-Marke 919277 „Covet“ (vgl. Klagebegründung S. 3 und Anlagenkonvolut K 1) stützt. Insoweit ist für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit nicht die Vorschrift des Art. 97 Abs. 5 UMV heranzuziehen, sondern auf Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F. zurückzugreifen. Hiernach kann eine Person, die ihren Wohnsitz (bzw. in Richtung auf die Beklagte zu 1) ihren Sitz, vgl. Art. 63 Abs. 1 EuGVVO n.F.) im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung den Gegenstand des Verfahrens bildet, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Im Anwendungsbereich des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F. (vormals Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001, EuGVVO a.F. = „Brüssel-I-Verordnung“) gilt eine Dualität der Anknüpfungspunkte sowohl in Richtung auf den Ort des ursprünglichen Geschehens als auch auf den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (vgl. EuGH a.a.O. - Coty/First Note, Tz. 32, 45 ff. m.w.N.; Zöller/Geimer a.a.O., Art. 7 EuGVVO, Rn. 54 ff., insbes. Rn. 96 ff.). Hier nach gelten die vorstehenden Ausführungen unter 3. entsprechend, ob auch unter dem Gesichtspunkt des Erfolgsortes im Inland die internationale Zuständigkeit im Streitfall zu bejahen ist (bzw. unter dem Gesichtspunkt der Gehilfenhaftung, die - anders als im Rahmen von Art. 97 Abs. 5 UMV, vgl. EuGH a.a.O. - Coty/First Note, LS 2 und Tz. 59 - im nationalen Recht eine deliktische Verantwortlichkeit im Rahmen einer festgestellten Markenverletzung im Inland begründen kann), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

III.

1. Eine Kostenentscheidung ist bei einem Zwischenurteil nicht veranlasst (vgl. Thomas/Putzo/Reichold a.a.O., § 303 Rn. 4).

3. Zur Frage, ob sich das Vorgehen der Beklagten im Streitfall als ein aktives Verhalten des Verletzers im Inland im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH a.a.O. - Coty/First Note, Tz. 34) und des Bundesgerichtshofs (BGH a.a.O. - Parfumflakon III, Tz. 23) darstellt, ist die Revision zuzulassen. Der Streitfall weist die unter II.3.f) dargestellten Besonderheiten im Vergleich zur bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auf; er ist von grundsätzlicher Bedeutung und erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO).

(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird.

(2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur Hauptsache zu verhandeln ist.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

Tenor

Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, seine zugelassene Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 9. April 2015 gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

1

I. Der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb, mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 15. Juli 2009 wegen Werbeaussagen im Internet ab, die er als irreführend beanstandete. Der Beklagte gab am 20. Juli 2009 eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, die der Kläger mit Schreiben vom 14. August 2009 annahm. Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger vom Beklagten wegen eines Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 2.500 € nebst Zinsen.

2

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt (OLG Schleswig, GRUR-RR 2015, 359 = WRP 2015, 1147). Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit der Klage die Revision zugelassen. Mit der Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

3

II. Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Ein Vorgehen nach § 552a ZPO ist im Streitfall zulässig (dazu II 1). Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (dazu II 2). Die Revision hat zudem keine Aussicht auf Erfolg (dazu II 3).

4

1. Der Umstand, dass der Senat dem Kläger für das Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und zunächst Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt hat, steht einem Vorgehen nach § 552a ZPO nicht entgegen.

5

a) Allerdings ging der Gesetzgeber bei Einführung der prozessualen Möglichkeit einer Zurückweisung des Rechtsmittels der Berufung durch einstimmigen Beschluss in § 522 Abs. 2 ZPO zum 1. Januar 2002 davon aus, dass eine vorherige Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Berufungsführer einem Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO entgegensteht, weil in einem derartigen Fall nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Berufung von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg ist (Regierungsbegründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 97). Der Umstand, dass einer Berufung von vornherein die Erfolgsaussicht fehlt, stellt dabei eine verfahrensrechtliche Sicherung dar, von der die Verfassungsmäßigkeit des § 522 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO im Hinblick auf die Grundrechte auf effektiven Rechtsschutz und gleichen Zugang zu den Gerichten abhängt (BVerfG, NJW 2008, 3419 f.; NJW 2011, 3356, 3357 zu § 522 Abs. 2 ZPO aF).

6

b) Diese Überlegungen zu § 522 Abs. 2 ZPO aF stehen einer Anwendung der mit Wirkung zum 1. September 2004 eingeführten Regelung des § 552a ZPO im Streitfall nicht entgegen.

7

aa) Maßgeblich für die vorstehend wiedergegebenen Erwägungen des Gesetzgebers und die verfassungsrechtliche Beurteilung der Regelung von § 522 Abs. 2 ZPO aF ist der Umstand, dass mit der Einführung der Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO eine Beschränkung des Rechtsmittelzugs einherging; der die Berufung zurückweisende Beschluss war bis zu der Gesetzesänderung mit Wirkung vom 21. Oktober 2011 zunächst unanfechtbar (§ 522 Abs. 3 ZPO aF). Damit konnte das Berufungsgericht durch die Wahl des Verfahrens auf die Anfechtbarkeit seiner Entscheidungen Einfluss nehmen. Dieser Gesichtspunkt spielt für die letztinstanzlichen Entscheidungen des Revisionsgerichts keine Rolle. Überlegungen, dass die Gewährung von Prozesskostenhilfe einem Vorgehen nach § 552a ZPO entgegenstehen soll, sind deshalb - anders als bei der Einführung der Berufungszurückweisung im Beschlusswege durch § 522 Abs. 2 ZPO - im Gesetzgebungsverfahren nicht angestellt worden.

8

bb) Da die Voraussetzungen für eine Rechtsmittelzurückweisung im Beschlusswege nach § 522 Abs. 2 ZPO und § 552a ZPO nicht vollständig identisch sind, hindert eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Revisionskläger ein Vorgehen nach § 552a ZPO nicht.

9

(1) Das Berufungsgericht darf nach der mit Wirkung vom 21. Oktober 2011 neu eingefügten Regelung des § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO die Berufung nur dann durch Beschluss zurückweisen, wenn eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Dies gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. dazu Regierungsbegründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 522 der Zivilprozessordnung, BT-Drucks. 17/5334, S. 9 sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 17/6406, S. 4). Eine entsprechende Prüfung hat der Gesetzgeber für das Revisionsgericht bei einem Vorgehen nach § 552a ZPO nicht vorgesehen.

10

(2) Weiter setzt nach § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in der seit dem 21. Oktober 2011 geltenden Fassung eine Berufungszurückweisung durch Beschluss voraus, dass das Rechtsmittel "offensichtlich" keine Aussicht auf Erfolg hat. Dieses Erfordernis hat das Ziel, eine Zurückweisung der Berufung im Beschlusswege nur dann zu ermöglichen, wenn das Berufungsgericht die von der Berufung aufgeworfenen Tat- und Rechtsfragen nicht nur einstimmig, sondern auch - soweit erforderlich nach gründlicher Prüfung - zweifelsfrei beantworten kann (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 17/6406, S. 9). Für eine Revisionszurückweisung im Beschlusswege ist es nicht erforderlich, dass die Aussichtslosigkeit der Revision offensichtlich ist.

11

cc) Die Vorschrift des § 552a ZPO dient dem Zweck, aussichtslose Revisionen, deren Durchführung keinen Ertrag für die Fortentwicklung des Rechts verspricht, ohne den Aufwand einer mündlichen Verhandlung zurückzuweisen. Eines aufwändigen Revisionsverfahrens einschließlich einer mündlichen Verhandlung bedarf es dann nicht, wenn ein Zulassungsgrund nicht (mehr) besteht und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat (Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/3482, S. 19). Erst recht muss dies gelten, wenn die Zulassungsfrage - wie im Streitfall - im Revisionsverfahren nicht geklärt werden kann.

12

dd) Ein Vorgehen des Revisionsgerichts nach § 552a ZPO beschränkt das Recht des Revisionsführers auf rechtliches Gehör und auf wirkungsvollen Rechtsschutz nicht. Die Regelung des § 552a ZPO eröffnet lediglich eine weniger aufwändige Art der Behandlung einer Revision unter Wahrung der verfassungsmäßigen Rechte des Rechtsmittelführers (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1485).

13

2. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Insbesondere kann eine Entscheidung des Senats keine einheitliche Rechtsprechung in der vom Berufungsgericht als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfrage sichern, ob nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG die Landgerichte für die Entscheidung über Ansprüche auf Grund von Vertragsstrafeversprechen und Unterlassungsverträgen streitwertunabhängig ausschließlich zuständig sind.

14

a) Nach § 545 Abs. 2 ZPO kann die Revision nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Die Vorschrift gilt - mit Ausnahme der internationalen Zuständigkeit - für alle Fragen der Zuständigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2005 - KZR 28/03, NJW 2005, 1660, 1661; Beschluss vom 16. März 2010 - VIII ZR 341/09, NJW-RR 2011, 72 Rn. 1 f.), also auch für die Frage der ausschließlichen sachlichen Zuständigkeit nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG (vgl. Büscher in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 13 Rn. 23; MünchKomm.UWG/Ehrike, 2. Aufl., § 13 UWG Rn. 25; Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 13 Rn. 5).

15

b) Nach seinem Wortlaut erfasst § 545 Abs. 2 ZPO den vorliegenden Fall nicht. Der Beklagte wendet sich nicht dagegen, dass das Landgericht seine sachliche Zuständigkeit verneint hat, sondern greift das der Klage stattgebende Urteil des Berufungsgerichts an. Im Blick auf die Entstehungsgeschichte und den Sinn und Zweck von § 545 Abs. 2 ZPO ist allerdings eine weitergehende Auslegung der Bestimmung angezeigt. Der Gesetzgeber wollte damit zur Verfahrensbeschleunigung und Entlastung des Revisionsgerichts Rechtsmittelstreitigkeiten vermeiden, die allein auf die Frage der Zuständigkeit des Gerichts gestützt werden (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 106). Die Regelung des § 545 Abs. 2 ZPO schließt die Prüfung der Zuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszuges durch das Revisionsgericht schlechthin aus (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2000 - I ZR 189/98, GRUR 2001, 368; Beschluss vom 26. Juni 2003 - III ZR 91/03, NJW 2003, 2917 f.; BGH, NJW 2005, 1660, 1662; BGH, Urteil vom 7. März 2006 - VI ZR 42/05, NJW-RR 2006, 930 Rn. 11; Beschluss vom 5. März 2007 - II ZR 287/05, NJW-RR 2007, 1509 Rn. 2; Beschluss vom 5. November 2008 - XII ZR 103/07, NJW-RR 2009, 434 Rn. 8; BGH, NJW-RR 2011, 72 Rn. 1 f.). Das gilt auch, wenn - wie vorliegend - das Berufungsgericht die Revision zur Klärung der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts zugelassen hat (vgl. BGH, GRUR 2001, 368; NJW-RR 2006, 930 Rn. 11; NJW-RR 2007, 1509 Rn. 2; NJW-RR 2011, 72 Rn. 2).

16

3. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

17

a) Ob die Annahme des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft ist, das Landgericht sei gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG für die Vertragsstrafeklage sachlich zuständig, kann vom Senat gemäß § 545 Abs. 2 ZPO nicht nachgeprüft werden. Das bedeutet, dass er die vom Berufungsgericht angenommene Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts ungeprüft zugrunde zu legen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - VIII ZR 73/06, WuM 2006, 697).

18

b) Selbst wenn eine Prüfungskompetenz des Senats bestünde, ergäbe sich nichts anderes. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG sind die Landgerichte für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten ausschließlich zuständig, in denen ein Anspruch auf Grund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geltend gemacht wird. Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich um eine wettbewerbsrechtliche Rechtsstreitigkeit im Sinne dieser Vorschrift.

19

aa) Allerdings ist die Frage, ob Ansprüche auf Grund von Vertragsstrafeversprechen und Unterlassungsverträgen von der Zuständigkeitsregelung des § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG erfasst werden, in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

20

(1) Nach einer Ansicht wird die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte für derartige Ansprüche nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG wegen des Wortlauts der Vorschrift verneint (OLG Rostock, GRUR-RR 2005, 176; GRUR 2014, 304; OLG Köln, Urteil vom 5. Juni 2014 - 8 AR 68/14, juris Rn. 10; Ahrens/Bähr, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 17 Rn. 38; Retzer in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 13 Rn. 9; jurisPK-UWG/Hess, 3. Aufl., § 13 Rn. 11; Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 13 UWG Rn. 2; vgl. auch Schaub in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 45 Rn. 5).

21

(2) Nach anderer Auffassung wird durch § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG unabhängig von der Höhe des geltend gemachten Anspruchs die erstinstanzliche landgerichtliche Zuständigkeit auch bei Vertragsstrafeansprüchen begründet, die ihren Ursprung in einem auf einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung beruhenden Unterlassungsvertrag haben (OLG Jena, GRUR-RR 2011, 199; Götting/Nordemann/Albert, UWG, 3. Aufl., § 13 Rn. 10; MünchKomm.UWG/Ehricke aaO § 13 Rn. 10; MünchKomm.UWG/Ottofülling aaO § 12 Rn. 270; Großkomm.UWG/Zülch, 2. Aufl., § 13 Rn. 9 ff.; Sosnitza in Ohly/Sosnitza aaO § 13 Rn. 2; Büscher in Fezer/Büscher/Obergfell aaO § 13 Rn. 7; Goldbeck, WRP 2006, 37, 38 f.).

22

bb) Die zuletzt genannte und vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Ansicht trifft zu. Dies ergibt sich aus einer am Gesetzeszweck orientierten Auslegung von § 13 Abs. 1 UWG.

23

(1) Der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG setzt voraus, dass Ansprüche "auf Grund" des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geltend gemacht werden. Durch den wettbewerbsrechtlichen Vertrag, mit dem sich der Schuldner gegenüber dem Gläubiger strafbewehrt zur Unterlassung einer nach § 3 oder § 7 UWG unzulässigen geschäftlichen Handlung verpflichtet, werden derartige Ansprüche begründet. Die vertragliche Unterlassungsverpflichtung lässt die Wiederholungsgefahr für den gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG entfallen, wobei die vertragliche Verpflichtung in Form eines abstrakten Schuldanerkenntnisses im Wege der Schuldumschaffung an die Stelle des gesetzlichen Anspruchs tritt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1995 - I ZR 176/93, BGHZ 130, 288, 292 - Kurze Verjährungsfrist; Urteil vom 5. März 1998 - I ZR 202/95, GRUR 1998, 953, 954 = WRP 1998, 743 - Altunterwerfung III).

24

(2) Dieses Verständnis entspricht dem mit der Neuregelung der gerichtlichen Zuständigkeit in Wettbewerbssachen in § 13 Abs. 1 UWG verfolgten Gesetzeszweck. Der Gesetzgeber hatte das Ziel, statt der bisher gegebenen streitwertabhängigen Zuständigkeit von Amts- und Landgerichten (vgl. § 27 Abs. 1 UWG in der bis zum 7. Juli 2004 geltenden Fassung in Verbindung mit § 23 Nr. 1, § 73 Abs. 1 GVG) eine ausschließliche, streitwertunabhängige sachliche Zuständigkeit der Landgerichte in Wettbewerbssachen einzuführen, weil bei den Landgerichten aufgrund der dort streitwertbedingt überwiegend anfallenden Wettbewerbssachen der für die Behandlung dieser Sachen erforderliche Sachverstand und das notwendige Erfahrungswissen vorhanden sind. Insbesondere sollten Rechtsstreitigkeiten, in denen Abmahnkosten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG geltend gemacht werden und bei denen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Unterschreitung der die Zuständigkeit bestimmende Streitwertgrenze von 5.000 € vorhanden ist, in die Zuständigkeit der Landgerichte fallen, weil bei ihnen als Vorfragen sämtliche einschlägigen wettbewerbsrechtlichen Fragen geprüft werden müssen. Zudem sollte mit der Alleinzuständigkeit der Landgerichte der inhaltliche Gleichklang mit § 140 Abs. 1 MarkenG, § 15 Abs. 1 GeschmMG aF, § 27 Abs. 1 GebrMG, § 143 Abs. 1 PatG und § 6 Abs. 1 UKlaG hergestellt werden (Begründung der Bundesregierung und Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 15/1487, S. 36, 44). Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für die Behandlung von Streitigkeiten aufgrund von Vertragsstrafeversprechen und Unterlassungsverträgen, in denen ähnliche, spezifisch wettbewerbsrechtliche Probleme auftreten wie bei originären Ansprüchen aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

25

(3) Zwar heißt es in der Zuständigkeitsregelung in § 140 Abs. 1 MarkenG, ebenso wie in § 52 Abs. 1 DesignG (früher § 15 Abs. 1 GeschmMG), § 27 Abs. 1 GebrMG und § 143 Abs. 1 PatG, dass sie für alle Klagen gilt, durch die ein "Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse" geltend gemacht wird, während § 13 Abs. 1 UWG auf alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten anzuwenden ist, in denen ein "Anspruch auf Grund dieses Gesetzes" in Streit steht. § 6 UKlaG stellt dagegen ähnlich wie § 13 Abs. 1 Satz 2 UWG auf "Klagen nach diesem Gesetz" ab. Angesichts des erklärten gesetzgeberischen Ziels, mit § 13 Abs. 1 UWG einen inhaltlichen Gleichklang mit anderen die streitwertunabhängige, ausschließliche erstinstanzliche Zuständigkeit der Landgerichte begründenden Vorschriften im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und nach dem Unterlassungsklagengesetz herzustellen, steht der geringfügig abweichende Wortlaut der Vorschriften einer übereinstimmenden Auslegung nicht entgegen.

26

(4) Die Vorschriften, auf die die Gesetzesbegründung Bezug nimmt, werden weit ausgelegt (BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - I ZR 50/03, GRUR 2004, 622 f.; Beschluss vom 22. Februar 2011 - X ZB 4/09, GRUR 2011, 662 Rn. 9). Sie begründen nach nahezu einhelliger Meinung eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Landgerichte für Klagen aus strafbewehrten Unterlassungserklärungen. Dies gilt für § 140 MarkenG (OLG München, GRUR-RR 2004, 190; Fezer, MarkenG, 4. Aufl., § 140 Rn. 6; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 140 Rn. 13; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 140 Rn. 6; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 140 MarkenG Rn. 11), für § 143 Abs. 1 PatG (OLG Düsseldorf, GRUR 1984, 650), für § 52 DesignG (Eichmann in Eichmann/von Falckenstein/Kühne, DesignG, 5. Aufl., § 52 Rn. 9), für § 27 GebrMG (Grabinski/Zülch in Benkard, PatG, 11. Aufl., § 27 GebrMG Rn. 2) und für § 6 UKlaG (Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 6 UKlaG Rn. 1; MünchKomm.ZPO/Micklitz, 4. Aufl., § 6 UKlaG Rn. 4; zu § 14 AGBG LG München I, NJW-RR 1991, 1143; LG Karlsruhe, VuR 1992, 130). Dies muss auch für § 13 Abs. 1 UWG gelten.

27

III. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

28

IV. Streitwert der Revision: 2.500 €

Büscher                         Schaffert                           Kirchhoff

                   Löffler                          Schwonke

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 203/02
Verkündet am:
27. Mai 2003
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Revision kann auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform
des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 1887) darauf gestützt werden,
daß das Gericht des ersten Rechtszuges seine internationale Zuständigkeit
zu Unrecht verneint habe (im Anschluß an BGH, Urt. v. 28. November 2002
- III ZR 102/02, ZIP 2003, 685, 686 f).
ZPO § 19a; EGInsO Art. 102; EuInsVO Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2
§ 19a ZPO begründet weder eine örtliche noch eine deutsche internationale
Zuständigkeit für Klagen des Insolvenzverwalters am Sitz des Insolvenzgerichts.
BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 203/02 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Dr. Fischer, Raebel und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. Juli 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Juni 1999 vom Amtsgericht Pforzheim eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des H. H. und nimmt die in Thailand wohnende Beklagte aufgrund folgenden Vorbringens in Anspruch: Der Insolvenzschuldner - ihr Schwager - habe ihr am 7. April 1999 zwei ihm gehörende, bebaute Grundstücke in Spanien mit einem Wert von 2,5 bis 3 Mio. DM veräußert. Der vereinbarte Kaufpreis von nur 500.000 DM sei nicht gezahlt, sondern gegen eine angebliche Darlehensforderung der Beklagten verrechnet worden. Die Übertragung sei gemäß §§ 129 ff InsO anfechtbar.
Die auf Rückübereignung der Grundstücke gerichtete Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel ist nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht begründet und deshalb entsprechend § 539 Abs. 2 Satz 2 ZPO zurückzuweisen , obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten war.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Deutsche Gerichte seien nicht zuständig. Ein zwischenstaatlicher Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand oder ein internationales Abkommen, das die internationale Zuständigkeit vorrangig regele, bestehe nicht. Die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates der Europäischen Union über Insolvenzverfahren vom 29. Mai 2000 sei erst am 31. Mai 2002 in Kraft getreten und finde nach Art. 43 nur auf solche Insolvenzverfahren Anwendung, die nach ihrem Inkrafttreten eröffnet wurden.
Die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts folge auch nicht aus den innerstaatlichen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit. Insbesondere erstrecke sich § 19a ZPO - demzufolge der allgemeine Gerichtsstand eines Insolvenzverwalters für Klagen, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen, durch den Sitz des Insolvenzgerichts bestimmt wird - ausschließlich auf massebezogene Passivprozesse des Insolvenzverwalters, während es für dessen Aktivprozesse bei den allgemeinen Vorschriften verbleibe. Schon dem Wortlaut nach kennzeichne der "allgemeine Gerichtsstand" einer Person nach der Systematik der Zivilprozeßordnung das Gericht, das für alle gegen sie ge-
richteten Klagen zuständig ist (§ 12 ZPO). Der Regierungsentwurf zum Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung habe die Einführung eines § 31a ZPO mit folgendem Wortlaut vorgesehen: "Für Klagen gegen den Insolvenzverwalter, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Insolvenzgericht seinen Sitz hat" (BT-Drucks. 12/3803, S. 17). Nach der Begründung habe die neue Norm nur klarstellen sollen, daß sich der Gerichtsstand für derartige Klagen nicht nach dem Wohnsitz des Verwalters bestimme (aaO S. 67). Auf den ergänzenden Vorschlag des Bundesrates, dieses Ziel durch einen ausdrücklichen Ausschluß des § 13 ZPO klarzustellen (aaO S. 122), sei § 19a ZPO in der später Gesetz gewordenen Fassung entworfen worden (aaO S. 133). Der Rechtsausschuß des Bundestages habe diesem Vorschlag zugestimmt, weil er dem Anliegen Rechnung trage, den allgemeinen Gerichtsstand am Wohnsitz des Insolvenzverwalters für Klagen auszuschließen , die sich auf die Insolvenzmasse beziehen (BT-Drucks. 12/7303, S. 108).
Diese Entscheidung des Gesetzgebers könne nicht durch die vom Kläger angeführten Belange des Insolvenzverwalters und der Insolvenzgläubiger, die auf eine Erleichterung der Rechtsverfolgung zielen, entkräftet werden, zumal ihnen ebenso schutzwürdige Belange des in Anspruch Genommenen entgegenstünden.

II.


Demgegenüber rügt die Revision: Der Wortlaut des § 19a ZPO lasse es zu, die Vorschrift auch auf Aktivprozesse zu beziehen. Das sei mindestens für die internationale Zuständigkeit geboten, weil sonst keine Zuständigkeit in dem
Staat zu begründen sei, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Interessenlagen bei der internationalen Zuständigkeit sei wesentlich vielschichtiger als diejenige bei der örtlichen. Das ausländische Verfahrensrecht könne erhebliche Erschwerungen für die Prozeßführung mit sich bringen. Zudem entscheide die internationale Zuständigkeit mittelbar über das anzuwendende Kollisionsrecht und über das anzuwendende materielle Recht. Ferner führten gerade Auslandsprozesse des Insolvenzverwalters nicht nur zu einer erheblichen Zeitverzögerung, sondern auch zu erhöhten Kosten, so daß die Interessen der Gläubiger hierdurch nicht hinreichend gewahrt werden könnten.

III.


Diesen Erwägungen vermag der Senat nicht zu folgen.
1. Er ist allerdings nicht durch § 545 Abs. 2 ZPO n.F. gehindert, die deutsche internationale Zuständigkeit zu überprüfen (ebenso BGH, Urt. v. 28. November 2002 - III ZR 102/02, ZIP 2003, 685, 686 f m.w.N.; Leible NJW 2003, 407, 408 f; a.M. Emde EWiR 2003, 495, 496). Der uneingeschränkte Wortlaut der Vorschrift allein ergibt nicht hinreichend, daß nicht nur die örtliche und sachliche (nationale), sondern auch die internationale Zuständigkeit nicht mehr revisibel sein soll. Denn auf diese trifft die nur auf eine Vereinfachung abstellende Begründung des Gesetzgebers nicht zu, die eine Gleichwertigkeit der angerufenen erstinstanzlichen Gerichte voraussetzt. Gerichte aller anderen Staaten können nicht ohne weiteres in diesem Sinne als gleichwertig angesehen werden. Insbesondere ist gegenüber der beantragten Anerkennung eines ausländischen Urteils die Rüge der fehlenden Zuständigkeit (§ 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oft die einzige wirksame Verteidigungsmöglichkeit. Wäre sie nicht mehr
revisibel, so wären deutsche Beklagte in wesentlich höherem Maße als bisher gehalten, sich auf Klagen im Ausland vor an sich international unzuständigen Gerichten einzulassen und auch die daraus folgenden prozessualen und sachlich -rechtlichen Nachteile hinzunehmen.
2. Mit dem Berufungsgericht geht der Senat davon aus, daß § 19a ZPO eine örtliche Zuständigkeit des (deutschen) Gerichts am Sitz des Insolvenzgerichts - als Anknüpfungspunkt für eine internationale Zuständigkeit - nur für Klagen gegen einen Insolvenzverwalter bestimmt. Die Begründung des Berufungsgerichts hierfür trifft zu; der Senat macht sie sich zu eigen. Die mögliche Arbeitserleichterung für den Insolvenzverwalter, die mit der gegenteiligen Auslegung verbunden wäre, hat der Gesetzgeber zum Schutz der möglichen Beklagten gerade nicht ausreichen lassen (vgl. auch Gerhardt, in Festschrift für Brandner, 1996, S. 605, 614).
3. Für die deutsche internationale Zuständigkeit gilt nichts anderes. Die von der Revision vorgebrachten Zweckmäßigkeitserwägungen vermögen keine weitergehende Zuständigkeit für Klagen eines Insolvenzverwalters am Sitz des Insolvenzgerichts zu begründen. Sie berücksichtigen nicht, daß eine einseitige Zuständigkeitserweiterung im internationalen Rechtsverkehr zu Spannungen führen und die Anerkennungsfähigkeit deutscher Urteile im Ausland gefährden kann.

a) Zwar kennen einige ausländische Staaten eine Allzuständigkeit des Insolvenzgerichts für sämtliche mit einem Insolvenzverfahren zusammenhängenden Streitigkeiten (vis attractiva concursus, vgl. Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs -, Konkurs- und Vergleichsrecht Bd. II 12. Aufl. Rn. 39.46 für Italien, Rn. 39.67 für Österreich). International anerkannt ist aber weder diese noch
allgemein eine Zuständigkeit anderer Gerichte des Eröffnungsstaats für alle aus einem Insolvenzverfahren hervorgehenden Prozesse. Bedenken gegen die Anknüpfung einer umfassenden Zuständigkeit an den Sitz des Insolvenzgerichts bestehen in besonderem Maße, wenn - wie hier - dingliche Rechte an einem im Ausland belegenen Grundstück übertragen werden sollen (vgl. § 24 ZPO, Art. 16 Nr. 1 Buchst. a EuGVÜ, Art. 22 Nr. 1 EuGVVO). Auch Thailand kennt - nach den dem Senat verfügbaren Unterlagen (Wenk, Gerichtsverfassung und Zivilprozeß in Thailand, 1960, S. 22 f) - eine vorrangige Zuständigkeit des Gerichts der belegenen Sache für Klagen betreffend unbewegliches oder bewegliches Eigentum oder Rechte, die sich auf Eigentum beziehen.

b) In Spanien käme allerdings in Insolvenzverfahren, die nach dem 31. Mai 2002 in Deutschland eröffnet werden (vgl. Art. 43, 47 EuInsVO), die Anerkennung eines deutschen Anfechtungsurteils auf der Grundlage des Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2 EuInsVO in Betracht. Danach werden auch Entscheidungen anerkannt, die unmittelbar aufgrund eines anzuerkennenden Insolvenzverfahrens ergehen und in engem Zusammenhang damit stehen, sogar wenn diese Entscheidungen von einem anderen Gericht als dem Insolvenzgericht getroffen werden. Ob diese Vorschrift auch Anfechtungsklagen erfaßt (so MünchKomm-InsO/Reinhart, Art. 25 EuInsVO Rn. 5; Duursma-Kepplinger, in Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, EuInsVO Art. 25 Rn. 54, 56 m.w.N.; Haubold IPRax 2002, 157, 160; vgl. auch Kemper ZIP 2001, 1609, 1614), braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2 EuInsVO zieht nur Folgerungen für denjenigen Fall, daß ein Mitgliedstaat eine Zuständigkeit für solche Verfahren für sich in Anspruch nimmt. Die europarechtliche Norm begründet aber nicht selbst eine entsprechende internationale Zuständigkeit der Einzelstaaten (vgl. Leible/Staudinger KTS 2000, 533, 566 Fn. 230; ferner MünchKomm-InsO/Reinhart, Art. 25 EuInsVO Rn. 6; Lüke ZZP
111 [1998] S. 275, 291 ff und Diskussionsbeitrag S. 354 f; Lüke in Festschrift für Schütze [1999], S. 467, 481 f; Herchen, Das Übereinkommen über Insolvenzverfahren der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 23. November 1995 [2000], S. 228 ff).
Eine solche Zuständigkeit hat der deutsche Gesetzgeber sogar mit dem durch Gesetz vom 14. März 2003 (BGBl. I 345) neu gefaßten Art. 102 EGInsO nicht in Anspruch genommen, der nunmehr zur Durchführung der Europäischen Insolvenzverordnung dienen soll; Art. 102 § 1 EGInsO regelt nur die Zuständigkeit der Insolvenzgerichte, nicht aber von Prozeßgerichten. Im Gegenteil bestätigt die Amtliche Begründung zu § 343 InsO n.F. (BT-Drucks. 15/16, S. 21) den Gleichklang von internationaler und örtlicher Zuständigkeit der Insolvenzgerichte im deutschen Recht. Eine internationale Zuständigkeit ohne entsprechende örtliche Zuständigkeit wäre nutzlos. Zwischenstaatliche Regeln über die mögliche Anerkennung einer internationalen Zuständigkeit können allein nicht als Maßstab für die Auslegung der örtlichen Zuständigkeit in den Einzelstaaten dienen.
Es kommt deshalb nicht mehr entscheidend darauf an, daß die erst später in Kraft getretene Regelung des Art. 25 EuInsVO nicht rückwirkend die Auslegung des älteren § 19a ZPO bestimmen kann.
Kreft Kirchhof Fischer Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bergmann ist wegen Urlaubs verhindert, seine Unterschrift beizufügen Raebel Kreft

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 28/03 Verkündet am:
22. Februar 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bezugsbindung
ZPO §§ 513, 565; EG Art. 81; VO (EG) Nr. 1475/95 Art. 4, 6

a) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, daß das Berufungsgericht
seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe.

b) Eine im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems getroffene Vereinbarung
über Verkaufsziele zwischen einem Automobil-Vertragshändler (A-Händler)
und einem ihm zugeordneten B-Händler, die dem B-Händler eine Bezugsbindung
auferlegt, ist auch dann nicht vom Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG freigestellt
und demzufolge gemäß Art. 81 Abs. 2 EG nichtig, wenn die Bezugspflicht
des B-Händlers nur dahin geht, sich um die Abnahme einer bestimmten
Anzahl von Neufahrzeugen zu bemühen.
BGH, Urteil vom 22. Februar 2005 - KZR 28/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Dezember 2004 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch und die Richter Prof. Dr. Goette, Ball, Prof. Dr. Bornkamm und
Prof. Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 12. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien schlossen am 26. September 1996 einen Renault-Servicevertrag über den Vertrieb von Renault-Neufahrzeugen und -Originalersatzteilen. Die Beklagte war seinerzeit Renault-Vertragshändlerin - sogenannte A-Händlerin -, die im Vertrag als "Service" bezeichnete Klägerin war ihr als sogenannte B-Händlerin zugeordnet. Unmittelbare Vertragsbeziehungen zu der Deutschen Renault AG unterhielt die Klägerin nicht.
In Art. III des Renault-Servicevertrages ist unter der Überschrift "Verkaufsziele" unter Ziffer 3.2 folgende Regelung enthalten:
"Der Service bemüht sich, außer bei höherer Gewalt (insbesondere durch Arbeitskampf) rechtzeitig so viele Fahrzeuge zu bestellen , daß die in der jährlichen Anlage I festgelegten Verkaufsziele erreicht werden können. Der Händler bemüht sich, außer bei höherer Gewalt, die betreffende Vertragsware zu liefern, sofern DR (= Deutsche Renault AG) ihm diese geliefert hat. Die Verpflichtungen laut diesem Art. 3.2 sind im Sinne von Art. 12.2.1 für Service und die Händler wesentliche Pflichten."
Art. XII sieht unter Ziffer 12.2.1 ein außerordentliches Kündigungsrecht beider Vertragsteile für den Fall vor, daß die andere Vertragspartei eine der ihr obliegenden wesentlichen Verpflichtungen nicht erfüllt. Die Anlage 1 zum Renault-Servicevertrag enthält die von den Parteien jährlich einvernehmlich festzusetzende Absatzzielmenge an Neuwagen, Lager- und Ausstellungsfahrzeugen sowie Vorführwagen, ferner eine Absatzzielsetzung für Originalersatzteile. In einem "Formular A zur Anlage I - 1999" ist für das dritte Quadrimester 1999 ein nach Fahrzeugtypen aufgeschlüsseltes Absatzziel von 54 RenaultNeufahrzeugen festgelegt.
Im Juni 1999 sprach die Deutsche Renault AG gegenüber der Beklagten die ordentliche Kündigung des A-Händlervertrages zum 30. Juni 2001 aus. Die Klägerin ging ab September 1999 dazu über, die von ihr verkauften RenaultNeufahrzeuge über einen anderen Renault A-Händler zu beziehen, mit dem sie nach Ablauf des mit der Beklagten geschlossenen Servicevertrages zum 30. Juni 2001 einen neuen B-Händlervertrag abschloß. Im dritten Quadrimester
1999 nahm sie weniger als 54 Renault-Neufahrzeuge von der Beklagten ab, wodurch dieser unstreitig ein Einnahmeausfall in Höhe von 47.491,75 DM (24.282,15 €) entstand. Seit September 1999 bezog die Klägerin von der Beklagten keine Neufahrzeuge mehr. Die Zahl der von ihr im dritten Quadrimester 1999 verkauften Renault-Neufahrzeuge lag über 54. Ähn lich verhielt es sich nach Darstellung der Beklagten hinsichtlich des Verkaufs von Renault-Originalersatzteilen , deren Bezug über die Beklagte die Klägerin gleichfalls im September 1999 einstellte.
Die Beklagte hat gegen die zuletzt in Höhe von 34.162,11 € unstreitige Klageforderung mit einem Schadensersatzanspruch wegen ihres Einnahmeausfalls für das dritte Quadrimester 1999 in Höhe von 24.282,15 € aufgerechnet und im Wege der Widerklage Auskunft über die von der Klägerin in der Zeit vom 1. September 1999 bis 30. Juni 2001 verkauften und nicht über sie, die Beklagte , bestellten Renault-Neufahrzeuge und Renault-Ersatzteile begehrt. Das Landgericht Braunschweig hat die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung für begründet erachtet und der Klage daher nur in Höhe von 9.879,96 € nebst Zinsen stattgegeben. Die weitergehende Zahlungsklage und die Widerklage hat es abgewiesen.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien beim Oberlandesgericht Braunschweig Berufung eingelegt. Auf die Berufung der Klägerin, die hilfsweise die Verweisung an das für Kartellsachen zuständige Oberlandesgericht Celle beantragt hatte, hat das Oberlandesgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben ; die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die in den Vorinstanzen erfolglose Auskunftswiderklage weiter. Hinsichtlich der Zahlungsklage erstrebt sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils mit der Maßgabe, daß der die
Aufrechnungsforderung übersteigende Teil der Klageforderung der Klägerin nur Zug um Zug gegen Erfüllung der mit der Widerklage begehrten Auskunft zuerkannt werde. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Berufungen, die Klage und die Widerklage seien zulässig. Gemäß § 513 Abs. 2 ZPO komme es auf eine etwaige Unzuständigkeit des Landgerichts Braunschweig und damit auf den Hilfsantrag der Klägerin nicht an.
Die Berufung der Klägerin sei auch begründet. Die Absatzzielvereinbarung in Art. III des Renault Servicevertrages der Parteien sei unter Berücksichtigung der EG-Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 1475/95 auszulegen. Nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 3 dieser Verordnung dürften aus einer Absatzzielvereinbarung nur "Bemühensverpflichtungen", dagegen keine einklagbare Pflicht des Händlers auf Abnahme von Vertragswaren hergeleitet werden. Art. 6 Abs. 1 Nr. 7 der Verordnung stehe ferner einem Verbot des Querbezugs von Vertragsware innerhalb des Vertriebssystems im gemeinsamen Markt entgegen. Die vertragliche Regelung der Parteien entspreche daher nur dann der Verordnung, wenn aus dem Verfehlen des vereinbarten Absatzziels keine Schadensersatzpflicht der Klägerin hergeleitet werden könne. In Ermangelung einer sonstigen An-
spruchsgrundlage stehe der Beklagten auch der mit der Widerklage verfolgte Auskunftsanspruch nicht zu. Deren Berufung sei daher unbegründet.

II.


Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
1. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, das Oberlandesgericht Braunschweig sei für die Entscheidung über die Berufung nicht zuständig gewesen , weil die zweitinstanzliche Zuständigkeit für Kartellsachen in Niedersachsen bei dem Oberlandesgericht Celle konzentriert sei.

a) Die Rüge scheitert allerdings nicht bereits daran, daß ein etwaiger Zuständigkeitsmangel in der Berufungsinstanz gemäß § 295 ZPO durch rügelose Verhandlung zur Sache geheilt worden wäre. Die Bestimmung des § 295 ZPO, die gemäß § 525 ZPO im Berufungsverfahren entsprechend anwendbar ist, gilt nach ihrem Absatz 2 nicht für die Verletzung von Vorschriften, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann. Das ist, wie sich aus § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 ZPO ergibt, bei der ausschließlichen Zuständigkeit, auch bei der hier in Betracht kommenden ausschließlichen sachlichen Zuständigkeit des Kartellgerichts nach § 87 Abs. 1 GWB (Musielak/Heinrich, ZPO, 4. Aufl., § 40 Rdn. 4, 5 m.w.Nachw.; Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 95 GWB Rdn. 2), der Fall.

b) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887, ZPO-Reformgesetz) wäre die Rüge aber in der Revisi-
onsinstanz deswegen unbeachtlich, weil die Unzuständigkeit des Oberlandesgerichts Braunschweig weder von der Klägerin noch von der Beklagten in der Berufungsinstanz beanstandet worden ist. Denn danach konnte die Rüge, daß im vorhergehenden Rechtszug ein für Kartellsachen zuständiger Spruchkörper hätte entscheiden müssen, im Berufungs- oder Revisionsrechtszug nur dann mit Erfolg erhoben werden, wenn - was hier nicht der Fall ist - die Partei glaubhaft machte, daß sie ohne ihr Verschulden außerstande war, die Rüge bereits in der Vorinstanz zu erheben (BGHZ 36, 105, 108 - Export ohne WBS; Bornkamm aaO § 91 GWB Rdn. 16). Diese auf das Jahr 1961 zurückgehende Rechtsprechung stützt sich auf die damals in § 528 ZPO enthaltene und mit Wirkung vom 1. Juli 1977 in § 529 Abs. 2 ZPO übernommene Regelung, daß in vermögensrechtlichen Streitigkeiten das Berufungsgericht die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz nicht von Amts wegen prüft und daß eine Rüge des Beklagten ausgeschlossen ist, wenn er im ersten Rechtszug ohne die Rüge zur Hauptsache verhandelt hat und dies nicht genügend entschuldigt.

c) Diese Bestimmung, deren entsprechende Geltung für das Revisionsverfahren aus § 566 ZPO a.F. hergeleitet wurde (BGHZ 36, 105, 108 - Export ohne WBS), ist indessen durch das ZPO-Reformgesetz als Folgeänderung zu § 513 Abs. 2 ZPO n.F. gestrichen worden (Begründung des Regierungsentwurfs zum ZPO-Reformgesetz, BT-Drucks. 14/4722 S. 102). Nach dieser Vorschrift kann die Berufung nicht darauf gestützt werden, daß das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Das gilt auch für den Fall, daß es sich bei der vom Erstrichter mißachteten Zuständigkeit eines anderen Gerichts um eine ausschließliche Zuständigkeit handelt. Darauf, ob in erster Instanz eine Zuständigkeitsrüge erhoben worden oder ohne Verschulden unterblieben ist, kommt es nicht mehr an.

d) Die Zuständigkeitsrüge der Revision bleibt aber deswegen ohne Erfolg , weil § 513 Abs. 2 ZPO gemäß § 565 ZPO auf die Revision entsprechende Anwendung findet.
aa) Das ergibt sich allerdings nicht bereits aus dem Wortlaut der dem § 566 ZPO a.F. entsprechenden Bestimmung des § 565 ZPO n.F.
Verzichtbare Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen (§ 529 Abs. 1 ZPO a.F.) und zu denen auch die in § 529 Abs. 2 a.F. geregelte Zuständigkeitsrüge gezählt wurde, sind nicht Regelungsgegenstand des § 513 Abs. 2 ZPO n.F. Weggefallen ist mit der Streichung des § 529 Abs. 2 ZPO a.F. ferner die dort getroffene Ausnahmeregelung (näher Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 529 Rdn. 2, 11), nach der die ausschließliche Zuständigkeit vom Berufungsgericht nicht von Amts wegen zu prüfen war. Die Bestimmung des § 532 ZPO n.F., die den Regelungsgehalt der Absätze 1 und 4 des § 529 ZPO a.F. übernimmt und auf die sich die Verweisung in § 565 ZPO n.F. bezieht, betrifft nur verzichtbare Zulässigkeitsrügen, zu denen die Rüge der Unzuständigkeit wegen ausschließlicher Zuständigkeit eines anderen Gerichts nicht gehört (arg. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 ZPO).
Nach dem Wortlaut der Neuregelung würde es damit für das Revisionsverfahren bei dem Grundsatz bewenden, daß Zuständigkeitsfragen vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen sind, soweit die Prüfung der Zuständigkeit nicht durch § 545 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen ist (so MünchKomm/Wenzel, ZPO, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 557 Rdn. 23). Letzteres ist indessen nur für die Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz der Fall, der in dem hier erörterten Zusammenhang keine Bedeutung zukommt.
bb) Ein solches Ergebnis wäre indessen mit dem Willen des Gesetzgebers , wie er aus dem Regelungskonzept des ZPO-Reformgesetzes deutlich wird, nicht zu vereinbaren. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 513 Abs. 2 und § 545 Abs. 2 ZPO (BT-Drucks. 14/4722 S. 94, 106) soll die Nachprüfung der Zuständigkeit des vorinstanzlichen Gerichts durch das Rechtsmittelgericht nicht ausgeweitet, sondern im Gegenteil im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung der Rechtsmittelgerichte deutlich eingeschränkt und damit zugleich vermieden werden, daß die von dem vorinstanzlichen Gericht geleistete Sacharbeit wegen fehlender Zuständigkeit hinfällig wird. § 513 Abs. 2 ZPO schließt deshalb die Nachprüfung der vom Gericht erster Instanz angenommenen Zuständigkeit durch das Berufungsgericht nicht mehr nur für den Fall einer in erster Instanz schuldhaft versäumten Rüge, sondern generell aus. Entsprechendes gilt für § 545 Abs. 2 ZPO, nach dessen Wortlaut - eine Ausnahme gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die internationale Zuständigkeit (BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urt. v. 27.5.2003 - IX ZR 203/02, WM 2003, 1542 für die Revision; ebenso für § 513 Abs. 2 ZPO BGH, Urt. v. 16.12.2003 - XI ZR 474/02, NJW 2004, 1456 unter II 1) - die Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz der Nachprüfung durch das Revisionsgericht schlechthin entzogen sein soll.
Es ist auch kein Grund erkennbar, der dafür sprechen könnte, die Entscheidung des Berufungsgerichts über seine Zuständigkeit einer weitergehenden Kontrolle zu unterwerfen als die entsprechende Entscheidung des Gerichts erster Instanz. In Anbetracht dessen hält es der Senat für ausgeschlossen, daß der Gesetzgeber mit dem ZPO-Reformgesetz die bis zu dessen Inkrafttreten bestehende Beschränkung der Möglichkeit, in der Revisionsinstanz die Unzuständigkeit des Berufungsgerichts zu rügen, beseitigen und die positive Entscheidung des Berufungsgerichts über seine Zuständigkeit einer unbeschränk-
ten Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterwerfen wollte. Er versteht die Verweisung des § 565 ZPO n.F. vielmehr dahin, daß zu den für die Berufungsinstanz geltenden und auf die Revision entsprechend anzuwendenden Vorschriften über "die Rügen der Unzulässigkeit der Klage" auch die Vorschrift des § 513 Abs. 2 ZPO zu zählen ist. Die Revision kann folglich nicht darauf gestützt werden, daß das Berufungsgericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
2. Auch in der Sache bleiben die Rügen der Revision ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat eine Schadensersatzpflicht der Klägerin wegen Verstoßes gegen die in Art. III Ziffer 3.2 des Servicevertrages getroffene Verkaufszielvereinbarung im Ergebnis zu Recht verneint.

a) Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Vertragsklausel an Art. 85 EGV (jetzt Art. 81 EG) zu messen ist. Der Servicevertrag der Parteien ist Teil eines Vertriebsnetzes der Deutschen Renault AG, das sich auf das gesamte Territorium der Bundesrepublik Deutschland erstreckt. Schon aus diesem Grunde sind die Wettbewerbsbeschränkungen in dem Servicevertrag , dessen Inhalt von der Deutschen Renault AG vorgegeben ist und der hinsichtlich der für ein selektives Vertriebssystem typischen Wettbewerbsbeschränkungen inhaltlich weitgehend mit dem Renault-A-Händlervertrag übereinstimmt , geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen.

b) Die in Art. III Ziffer 3.2 des Servicevertrages getroffene Verkaufszielvereinbarung verstößt gegen das Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG und ist deshalb nach Art. 81 Abs. 2 EG nichtig, soweit sie Grundlage einer Schadensersatzpflicht der Klägerin wegen des von der Beklagten beanstandeten Verhaltens sein könnte.
aa) Gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 3 der auf das hier zu beurteilende Rechtsverhältnis noch anzuwendenden Verordnung (EG) Nr. 1475/95 über die Anwendung von Art. 85 Abs. 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge (fortan: Verordnung Nr. 1475/95) ist zwar eine Verpflichtung des Händlers, sich zu bemühen, in einem bestimmten Zeitraum innerhalb des Vertragsgebiets Vertragswaren mindestens in dem Umfang abzusetzen, der von den Vertragspartnern einvernehmlich oder bei fehlendem Einverständnis durch einen sachverständigen Dritten festgesetzt worden ist, vom Verbot des Art. 85 Abs. 1 EGV freigestellt. Damit stimmt Art. III Nr. 3.2 des Servicevertrages insofern überein, als dem B-Händler keine Abnahmepflicht, sondern nur eine "Bemühenspflicht" im Hinblick auf den Fahrzeugabsatz auferlegt wird.
Die Klausel kommt aber insoweit nicht in den Genuß der Freistellung nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung Nr. 1475/95, als sie nicht lediglich eine Pflicht des B-Händlers statuiert, sich um den Absatz einer bestimmten Anzahl von Renault-Neufahrzeugen zu bemühen, sondern darüber hinaus auch die Bestellung dieser Fahrzeuge bei dem A-Händler, der Partner des Servicevertrages ist, zum Gegenstand der "Bemühenspflicht" des B-Händlers macht. Denn dadurch wird zugleich eine Bezugsbindung des B-Händlers wenn nicht bezweckt, so doch jedenfalls bewirkt, die geeignet ist, ihn daran zu hindern, Renault-Neufahrzeuge für seinen Absatz von anderen Mitgliedern des selektiven Renault-Vertriebssystems, auch solchen im europäischen Ausland, zu beziehen. Für eine derartige Beschränkung der Freiheit des Kraftfahrzeughändlers , innerhalb des Gemeinsamen Marktes Vertragswaren bei einem Unternehmen des Vertriebsnetzes seiner Wahl zu erwerben, gilt die Gruppenfreistellung durch die Verordnung Nr. 1475/95 nach deren Art. 6 Abs. 1 Nr. 7 nicht.
bb) Allein eine Bezugsbindung der Klägerin kommt als Grundlage des Schadensersatzbegehrens der Beklagten in Betracht. Das von den Parteien für das dritte Quadrimester 1999 einvernehmlich festgelegte Absatzziel von 54 Neufahrzeugen hat die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unstreitig übertroffen. Die vom Berufungsgericht erwogene Frage, welche Sanktionen an die Verfehlung eines einvernehmlich festgelegten Absatzziels zulässigerweise geknüpft werden können, stellt sich im Streitfall daher nicht. Die Beklagte begründet ihr Schadensersatzbegehren auch nicht mit mangelnden Absatzbemühungen der Klägerin. Der Schaden, den sie geltend macht, besteht vielmehr ausschließlich in dem Einnahmeausfall, den sie dadurch erlitten hat, daß die Klägerin seit September 1999 Renault-Neufahrzeuge nicht mehr von ihr, der Beklagten, sondern von einem anderen A-Händler bezogen hat.
Entgegen der von der Revision geteilten Auffassung des Landgerichts läßt sich eine Schadensersatzpflicht der Klägerin auch nicht damit begründen, daß die Klägerin, obwohl sie in der Lage gewesen wäre, die vereinbarte Anzahl von Fahrzeugen bei der Beklagten zu bestellen und diese abzusetzen, ohne anerkennenswerten Grund Fahrzeuge von dritter Seite bezogen und dadurch die Erreichung des gemeinsamen Absatzziels der Parteien vereitelt habe. Denn auch diese Begründung setzt denknotwendig eine - wenn auch eingeschränkte - Bezugsbindung der Klägerin voraus, die, wie dargelegt, mangels Freistellung von dem Verbot des Art. 81 EG nicht wirksam vereinbart werden konnte. Eine Bezugspflicht gegenüber der Beklagten, von der die Klägerin sich nicht ohne vernünftigen Grund hätte lossagen dürfen, bestand somit nicht.

III.


Die Revision der Beklagten ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Hirsch Goette Ball
Bornkamm Meier-Beck

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

19
b) Nach Art. 93 Abs. 5 GMV können die Verfahren, die durch die in Art. 92 GMV genannten Klagen und Widerklagen - ausgenommen Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung einer Gemeinschaftsmarke - anhängig gemacht werden , auch bei den Gerichten des Mitgliedstaats anhängig gemacht werden, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht oder in dem eine Handlung nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GMV begangen worden ist. Für die in- ternationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte kommt es daher grundsätzlich darauf an, ob der Kläger eine im Inland begangene Verletzungshandlung des Beklagten im Sinne des Art. 93 Abs. 5 GMV behauptet hat und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 75/10, GRUR 2012, 621 Rn. 18 = WRP 2012, 716 - OSCAR, mwN). Das hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
18
Danach kann eine Person, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Unter die Zuständigkeit des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO fallen auch Klagen, die Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche wegen Kennzeichenrechtsverletzungen zum Gegenstand haben (vgl. BGH, GRUR 2005, 431, 432 - HOTEL MARITIME zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ; MünchKomm.ZPO/Gottwald, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 56). Der Ort des schädigenden Ereignisses meint sowohl den Ort des ursächlichen Geschehens als auch den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (vgl. EuGH, Urteil vom 7. März 1995 - C-68/93, Slg. 1995, I-415 = GRUR Int. 1998, 298 Rn. 20 - Shevill). Der Gerichtsstand hängt nicht davon ab, dass tatsächlich eine Verletzung des nationalen Rechts erfolgt ist. Es reicht aus, dass eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (BGH, GRUR 2005, 431, 432 - HOTEL MARITIME ; BGH, Urteil vom 30. März 2006 - I ZR 24/03, BGHZ 167, 91 Rn. 21 - Arzneimittelwerbung im Internet; Urteil vom 15. Februar 2007 - I ZR 114/04, BGHZ 171, 151 Rn. 18 - Wagenfeld-Leuchte).
b) Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit bejaht und
14
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt aus Art. 90 Abs. 1, Art. 92 lit. a GMV i. V. mit Art. 6 Nr. 1 Brüssel-I-VO bzw. Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ. Die Anwendung dieser Gerichtsstandsregelungen ist in Klageverfahren wegen (drohender) Verletzung einer Gemeinschaftsmarke nicht ausgeschlossen (vgl. Art. 90 Abs. 2 GMV). Danach können mehrere Personen mit Wohnsitz in verschiedenen Vertrags- bzw. Mitgliedstaaten gemeinsam vor dem Wohnsitzoder Sitzgericht (vgl. Art. 53 EuGVÜ, Art. 60 Abs. 1 Brüssel-I-VO) eines Streitgenossen verklagt werden, wenn zwischen den Klagen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren bei derselben Sachund Rechtslage widersprechende Entscheidungen ergehen (Konnexität, vgl. EuGH, Urt. v. 13.7.2006 - C-539/03, GRUR Int. 2006, 836 Tz 19 ff. - Roche Nederland BV/Primus u. a.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.