Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 04. Aug. 2016 - 2 (4) Ss 356/16; 2 (4) Ss 356/16 - AK 124/16
Tenor
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen vom 12. August 2015 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagten verurteilt wurden.
Soweit der Angeklagte M wegen Hehlerei verurteilt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Sache im Umfang der Aufhebung zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgericht Waldshut-Tiengen zurückverwiesen.
Gründe
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Urteil einreichenOberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 04. Aug. 2016 - 2 (4) Ss 356/16; 2 (4) Ss 356/16 - AK 124/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Ein Urteil, gegen das Berufung zulässig ist, kann statt mit Berufung mit Revision angefochten werden.
(2) Über die Revision entscheidet das Gericht, das zur Entscheidung berufen wäre, wenn die Revision nach durchgeführter Berufung eingelegt worden wäre.
(3) Legt gegen das Urteil ein Beteiligter Revision und ein anderer Berufung ein, so wird, solange die Berufung nicht zurückgenommen oder als unzulässig verworfen ist, die rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form eingelegte Revision als Berufung behandelt. Die Revisionsanträge und deren Begründung sind gleichwohl in der vorgeschriebenen Form und Frist anzubringen und dem Gegner zuzustellen (§§ 344 bis 347). Gegen das Berufungsurteil ist Revision nach den allgemein geltenden Vorschriften zulässig.
Die Eröffnung einer gerichtlichen Untersuchung ist durch die Erhebung einer Klage bedingt.
Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.
Tenor
Das Verfahren wird hinsichtlich der wahlweisen Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei zugrundeliegenden Tat vom 08.07.2015 (Ziffer 1. der Anklageschrift vom 24.10.2014) eingestellt.
Die Kosten des Revisionsverfahrens und die der Angeklagten hierin entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
1
Gründe
2I.
3Die Staatsanwaltschaft legt der Angeklagten mit Anklageschrift vom 24.10.2014 zur Last,
4am 08.07.2014
5durch 4 selbständige Handlungen
6eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht weggenommen zu haben, die Sache sich rechtswidrig zuzueignen
7in 3 Fällen
8in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen durch unbefugte Verwendung von Daten beschädigt zu haben.
9Die Anklagevorwürfe beziehen sich auf die Taten zu Ziffer 1. (Entwendung der Brieftasche der Zeugin M), zu Ziffer 2. (Geldabhebung um 14:42 Uhr in der Filiale Q der T L in Höhe von 415,- € vom Konto der Zeugin bei der E), zu Ziffer 3. (Geldabhebung um 14:42 Uhr in der Filiale Q der T L in Höhe von 500,- € vom Konto der Zeugin bei der E) und zu Ziffer 4. (Geldabhebung um 15:05 Uhr in der Filiale der E in C in Höhe von 600,- € vom Konto der Zeugin bei der E).
10Das Amtsgericht Bonn hat – nach zwischenzeitlichem Erlass eines Strafbefehls gemäß §§ 407, 408a StPO und dagegen gerichtetem Einspruch der Angeklagten - diese mit Urteil vom 02.07.2015 wegen der Tat zu 1. wegen wahlweise begangenen Diebstahls oder Hehlerei sowie wegen der Taten zu 2. und 3. wegen tateinheitlich begangenen Computerbetrugs zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt; der Gesamtstrafe liegen Einzelstrafen von 50 Tagessätzen (für die Tat zu 1.) und 60 Tagessätzen (für die Taten zu 2. und 3.) zugrunde.
11Der wahlweisen Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei liegen folgende Feststellungen zugrunde:
12„Am 08.07.2014 gelangte die Angeklagte unberechtigt in den Besitz von 4 EC-Karten der Geschädigten M, die sich in einer Brieftasche befanden. Die Angeklagte hatte die 4 EC-Karten entweder aus der Brieftasche der Zeugin M im M2- Einkaufsmarkt in C an jenem Tattag entwendet oder sie erhielt sie von einem unbekannten Dritten, wissend, dass die EC-Karten zuvor der Berechtigten M entwendet oder sonst unberechtigt ihr entzogen worden waren.“
13Zu Beweiswürdigung hat das Gericht folgendes ausgeführt:
14„Die Angeklagte hat über ihren Verteidiger die beiden Taten gestanden, allerdings geleugnet, die EC-Karten gestohlen zu haben.“
15Hiergegen hat die Angeklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 09.07.2015, eingegangen beim Amtsgericht am selben Tag, Rechtsmittel eingelegt, dieses nach Zustellung des Urteils an ihren Verteidiger am 22.07.2015 mit weiterem anwaltlichen Schriftsatz vom 24.08.2015, eingegangen beim Amtsgericht am selben Tag als Revision bezeichnet und diese auf die wahlweise Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei beschränkt.
16Die Generalstaatsanwaltschaft hat u.a. die Ansicht vertreten, die dem Schuldspruch zu Grunde gelegten tatrichterlichen Feststellungen hinsichtlich des wahlweise abgeurteilten Diebstahls würde nicht von einer rechtsfehlerfreien Beweisgrundlage getragen; sie hat insoweit Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das Landgericht beantragt
17II.
18Die zulässige Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
191.
20Zwar ist in der Revisionsbegründung entgegen § 344 Abs. 2 StPO nicht ausdrücklich angegeben, ob das Urteil wegen der Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen der Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Aus dem Inhalt der Revisionsbegründung geht jedoch hervor, dass eine Sachrüge erhoben wird. Die Angeklagte beanstandet, dass das angefochtene Urteil keine hinreichenden Feststellungen zur wahlweisen Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei enthält
212.
22Die Beschränkung der Revision auf die wahlweise Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei ist wirksam. Bei mehreren Taten im materiellen Sinne ist die Beschränkung auf eine dieser Taten in der Regel möglich (vgl. BGHSt 21, 256, 258; Senat in ständiger Rechtsprechung, vgl. SenE v. 05.05.200 – Ss 187/00). Der Schuldspruch wegen Computerbetruges (Taten zu Ziffer 2. und 3. der Anklageschrift) und die dafür verhängte Einsatzstrafe sind somit rechtskräftig.
233.
24Das Urteil kann, soweit es bezüglich der Tat zu Ziffer 1. der Anfechtung unterliegt, keinen Bestand haben, weil das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen ist. Es fehlt zu der wahlweise erfolgten Verurteilung wegen Hehlerei an einer Anklage und damit an der Verfahrensvoraussetzung eines Eröffnungsbeschlusses. Damit besteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis (vgl. BGH NJW 57, 1244, 1250; BGH NStZ 86, 276; SenE vom 09.08.2005 – 8 Ss 34/05; SenE v. 12.01.2007 – 83 Ss 109/06).
25Eine Verurteilung auf wahldeutiger Tatsachengrundlage im Wege der echten ungleichartigen Wahlfeststellung setzt voraus, dass beide Sachverhaltsalternativen Gegenstand des Verfahrens sind, § 264 Abs. 1 StPO. Dazu wäre die Erfassung lediglich einer Sachverhaltsalternative – vorliegend: des Diebstahls – in der Anklage nur ausreichend, wenn beide Sachverhaltsvarianten eine prozessuale Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO bildeten. Wahlfeststellung zwischen einer angeklagten und einer nicht angeklagten verfahrensrechtlich selbständigen Tat ist nicht zulässig (BGHSt 32, 146). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können zwar Diebstahl und Hehlerei eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinne bilden mit der Folge, dass der in der Anklage nach Objekt, Ort und Zeit der Handlung konkretisierte Diebstahl Grundlage einer Verurteilung wegen Hehlerei bleibt (BGH NStZ 99, 363; BGH NStZ 99, 523; Meyer-Goßner, StPO, 58. Aufl., § 264 Rn. 2 a; vgl. auch schon BGHSt 35, 60, 65; BGHSt 35, 86, 88; BGHSt 35, 172, 174); ebenso verhält es sich auch umgekehrt. Das gilt aber nur dann, wenn Diebstahl und Hehlerei nach Tatzeit, Tatort, Tatobjekt und Tatbild einen einheitlichen geschichtlichen Vorgang bilden (vgl. hierzu BGHSt 36, 151, 154), so dass nach Auffassung des täglichen Lebens eine Aufspaltung in zwei Taten unnatürlich wäre, so etwa bei der Aufteilung der Beute sogleich nach der Tat in Tatortnähe (BGH NStZ 99, 363/364; Meyer-Goßner a.a.O.).
26Die Feststellungen des Amtsgerichts verhalten sich nicht dazu, in welchem tatsächlichen räumlich-zeitlichen Verhältnis in dem zu Ziffer 1. abgeurteilten Tatkomplex die Entwendung der Brieftasche der Geschädigten M und das Sich-Verschaffen der hierin enthaltenen EC-Karten zueinander standen. Nach dem durch die Anklage zur Kognition des Gerichts unterbreiteten Sachverhalt kann ein prozessual einheitliches Tatgeschehen von Diebstahl und Hehlerei nicht unterstellt werden. Der angeklagte Diebstahl umfasst von der Tatbeschreibung her nicht auch die Besitzverschaffung von einem unbekannten Dritten in dem Wissen, dass die EC-Karten zuvor der Berechtigten entwendet worden waren. Identisch ist lediglich das Tatobjekt. Hinsichtlich Tatzeit, Tatort und Tatbild kann hingegen von einer prozessualen Tatidentität zwischen dem angeklagten Diebstahl und der wahlweise mit abgeurteilten Hehlerei nicht ohne weiteres ausgegangen werden.
27Mangelt es somit der Anklage schon an der Darstellung des Sachverhalts zu einem der beiden alternativ in Frage kommenden Delikte, nämlich hier an der Erfassung der Hehlerei, und ist dieses vom Eröffnungsbeschluss nicht umfasst ist, so besteht ein Verfahrenshindernis und eine wahlweise Verurteilung hätte nicht erfolgen dürfen (BGHSt 32, 146). Es bedarf insoweit keiner weiteren Ausführungen, dass die diesbezüglichen Feststellungen – entsprechend den zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Vorlageverfügung vom 12.10.2015 – auch nicht von einer rechtsfehlerfreien Beweisgrundlage getragen sind.
28Der Senat trifft die Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens nach § 206 a Abs. 1 StPO als Revisionsgericht selbst (vgl. BGHSt 24, 208; BGHSt 32, 275, 290; BGH NStZ 86, 276; ebenso auch schon Senatsentscheidungen vom 20.05.2005 – 8 Ss 66/05, vom 09.08.2005 – 8 Ss 34/05 und vom 12.01.2007 – 83 Ss 109/06; gegen die Anwendbarkeit dieser Vorschrift im Rechtsmittelverfahren bei bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils eingetretenem Verfahrenshindernis: Meyer-Goßner, a.a.O. § 206 a Rn. 6f m.w.N.).
294.
30Der Senat weist auf die Möglichkeit einer neuen Anklageerhebung bzgl. der Tat zu Ziffer 1. hin und bemerkt im Übrigen, für das weitere Verfahren Folgendes:
31a.
32Das Urteil muss die Anklage bzw. den Eröffnungsbeschluss ausschöpfen. Soweit das Urteil die Anklage nicht ausschöpft und es an einer Sachentscheidung fehlt, erfasst das Rechtsmittel des Angeklagten, da es sich nur gegen das ergangene Urteil richten kann, diese Tat nicht (vgl. SenE v. 30.04.2004 – Ss 113/04). Bezüglich der nicht erfassten Tat – vorliegend bezüglich der Tat zu Ziffer 4. der Anklage - bleibt das Verfahren bei dem Tatgericht anhängig; insoweit besteht für das Revisionsgericht keine Entscheidungsbefugnis (vgl. OLG Celle NStZ 2008, 118).
33b.
34Bei der Verhängung einer Geldstrafe sind konkrete Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere zu den monatlich erzielten Einkünften eines Angeklagten zu treffen (vgl. BGH bei Detter NStZ 2000, 188; SenE v. 24.03.2009 – 83 Ss 13/09 = StV 2009, 592). Solche sind auch bei Sozialhilfeempfängern und diesen vergleichbaren Personen für die Bemessung der Tagessatzhöhe und für die Entscheidung über etwaige Zahlungserleichterungen (§ 42 StGB) erforderlich (SenE a.a.O.; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2001, 109 [110]).
35Die (bloße) Feststellung, der Angeklagte lebe von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, lässt die Höhe der tatsächlichen Einkünfte offen.
36Der Senat hat dazu in seiner Entscheidung vom 17.06.2015 (Az. III-1RVs 101/15 = NStZ-RR 2015, 336) ausgeführt:
37„So unterscheidet etwa § 3 AsylbLG zunächst grundsätzlich zwischen solchen Leistungsberechtigten, die in einer Aufnahmeeinrichtung im Sinne von § 44 AsylVfG untergebracht sind, und solchen, bei welchen dies nicht der Fall ist. Bei Ersteren wird der notwendige Bedarf für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts durch Sachleistungen sichergestellt. Zusätzlich erhalten sie, soweit sie alleinstehend sind, nach § 3 Abs. 1 S. 5 Ziff. 1 AsylbLG idF der Bekanntmachung über die Höhe der Leistungssätze nach § 14 des Asylbewerberleistungsgesetzes (BGBl. 2015 I, S. 25) derzeit einen Geldbetrag in Höhe von 143,-- € monatlich. Bei letzteren wird (nur) der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat als Geld- oder Sachleistung separat erbracht; zusätzlich erhalten diese Personen 216,-- € monatlich, wobei dieser Geldbetrag wiederum ganz oder teilweise auch in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder (sonstigen) Sachleistungen erbracht werden kann (§ 3 Abs. 2 S. 3 AsylbLG). Da nach der Rechtsprechung des Senats auch der Bezug von Sachleistungen zum Einkommen im Sinne des § 40 Abs. 2 S. 2 StGB zählt (SenE v. 24.03.2009 – 83 Ss 13/09 = StV 2009, 592; vgl. a. Fischer, StGB, 62. Auflage 2015, § 40 Rz. 7), kommt es für die Bemessung des einzelnen Tagessatzes zunächst auf die Höhe der dem Angeklagten insgesamt zufließenden (baren und unbaren) Zuwendungen an.“
38Lebt der Angeklagte von Bezügen am Rande des Existenzminimums, z.B. von Sozialhilfe, so kann es darüber hinaus geboten sein, unter Berücksichtigung der nach § 42 StGB möglichen, zeitlich grundsätzlich nicht beschränkten Zahlungserleichterungen und unter Beachtung der Notwendigkeit der Wahrung der Strafe als ernsthaft fühlbares Übel die Tagessatzhöhe unterhalb eines Dreißigstels der monatlichen, sich aus Geldzahlungen und etwaigen Sachmittelzuwendungen zusammensetzenden Bezüge festzusetzen, wobei sich auch dieser ermessensähnlich ausgestaltete Strafzumessungsakt einer schematischen Behandlung entzieht (SenE v. 24.03.2009 – 83 Ss 13/09 = StV 2009, 592; SenE v. 30.10.2007 - 82 Ss 123/07 -; OLG Stuttgart, StV 2009, 131; OLG Hamburg VRS 101, 106 = NStZ 2001, 655; OLG Stuttgart, NJW 1994, 745; OLG Celle NStZ-RR 1998, 272; Fischer a.a.O. § 40 Rz. 24; Schönke/Schröder-Stree/Kinzig, StGB, 29. Auflage 2014, § 40 Rz. 8).
395.
40Die Kosten - und Auslagenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Erstreckt der Staatsanwalt in der Hauptverhandlung die Anklage auf weitere Straftaten des Angeklagten, so kann das Gericht sie durch Beschluß in das Verfahren einbeziehen, wenn es für sie zuständig ist und der Angeklagte zustimmt.
(2) Die Nachtragsanklage kann mündlich erhoben werden. Ihr Inhalt entspricht dem § 200 Abs. 1. Sie wird in das Sitzungsprotokoll aufgenommen. Der Vorsitzende gibt dem Angeklagten Gelegenheit, sich zu verteidigen.
(3) Die Verhandlung wird unterbrochen, wenn es der Vorsitzende für erforderlich hält oder wenn der Angeklagte es beantragt und sein Antrag nicht offenbar mutwillig oder nur zur Verzögerung des Verfahrens gestellt ist. Auf das Recht, die Unterbrechung zu beantragen, wird der Angeklagte hingewiesen.
Tenor
Das Verfahren wird hinsichtlich der wahlweisen Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei zugrundeliegenden Tat vom 08.07.2015 (Ziffer 1. der Anklageschrift vom 24.10.2014) eingestellt.
Die Kosten des Revisionsverfahrens und die der Angeklagten hierin entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
1
Gründe
2I.
3Die Staatsanwaltschaft legt der Angeklagten mit Anklageschrift vom 24.10.2014 zur Last,
4am 08.07.2014
5durch 4 selbständige Handlungen
6eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht weggenommen zu haben, die Sache sich rechtswidrig zuzueignen
7in 3 Fällen
8in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen durch unbefugte Verwendung von Daten beschädigt zu haben.
9Die Anklagevorwürfe beziehen sich auf die Taten zu Ziffer 1. (Entwendung der Brieftasche der Zeugin M), zu Ziffer 2. (Geldabhebung um 14:42 Uhr in der Filiale Q der T L in Höhe von 415,- € vom Konto der Zeugin bei der E), zu Ziffer 3. (Geldabhebung um 14:42 Uhr in der Filiale Q der T L in Höhe von 500,- € vom Konto der Zeugin bei der E) und zu Ziffer 4. (Geldabhebung um 15:05 Uhr in der Filiale der E in C in Höhe von 600,- € vom Konto der Zeugin bei der E).
10Das Amtsgericht Bonn hat – nach zwischenzeitlichem Erlass eines Strafbefehls gemäß §§ 407, 408a StPO und dagegen gerichtetem Einspruch der Angeklagten - diese mit Urteil vom 02.07.2015 wegen der Tat zu 1. wegen wahlweise begangenen Diebstahls oder Hehlerei sowie wegen der Taten zu 2. und 3. wegen tateinheitlich begangenen Computerbetrugs zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt; der Gesamtstrafe liegen Einzelstrafen von 50 Tagessätzen (für die Tat zu 1.) und 60 Tagessätzen (für die Taten zu 2. und 3.) zugrunde.
11Der wahlweisen Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei liegen folgende Feststellungen zugrunde:
12„Am 08.07.2014 gelangte die Angeklagte unberechtigt in den Besitz von 4 EC-Karten der Geschädigten M, die sich in einer Brieftasche befanden. Die Angeklagte hatte die 4 EC-Karten entweder aus der Brieftasche der Zeugin M im M2- Einkaufsmarkt in C an jenem Tattag entwendet oder sie erhielt sie von einem unbekannten Dritten, wissend, dass die EC-Karten zuvor der Berechtigten M entwendet oder sonst unberechtigt ihr entzogen worden waren.“
13Zu Beweiswürdigung hat das Gericht folgendes ausgeführt:
14„Die Angeklagte hat über ihren Verteidiger die beiden Taten gestanden, allerdings geleugnet, die EC-Karten gestohlen zu haben.“
15Hiergegen hat die Angeklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 09.07.2015, eingegangen beim Amtsgericht am selben Tag, Rechtsmittel eingelegt, dieses nach Zustellung des Urteils an ihren Verteidiger am 22.07.2015 mit weiterem anwaltlichen Schriftsatz vom 24.08.2015, eingegangen beim Amtsgericht am selben Tag als Revision bezeichnet und diese auf die wahlweise Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei beschränkt.
16Die Generalstaatsanwaltschaft hat u.a. die Ansicht vertreten, die dem Schuldspruch zu Grunde gelegten tatrichterlichen Feststellungen hinsichtlich des wahlweise abgeurteilten Diebstahls würde nicht von einer rechtsfehlerfreien Beweisgrundlage getragen; sie hat insoweit Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das Landgericht beantragt
17II.
18Die zulässige Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
191.
20Zwar ist in der Revisionsbegründung entgegen § 344 Abs. 2 StPO nicht ausdrücklich angegeben, ob das Urteil wegen der Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen der Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Aus dem Inhalt der Revisionsbegründung geht jedoch hervor, dass eine Sachrüge erhoben wird. Die Angeklagte beanstandet, dass das angefochtene Urteil keine hinreichenden Feststellungen zur wahlweisen Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei enthält
212.
22Die Beschränkung der Revision auf die wahlweise Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei ist wirksam. Bei mehreren Taten im materiellen Sinne ist die Beschränkung auf eine dieser Taten in der Regel möglich (vgl. BGHSt 21, 256, 258; Senat in ständiger Rechtsprechung, vgl. SenE v. 05.05.200 – Ss 187/00). Der Schuldspruch wegen Computerbetruges (Taten zu Ziffer 2. und 3. der Anklageschrift) und die dafür verhängte Einsatzstrafe sind somit rechtskräftig.
233.
24Das Urteil kann, soweit es bezüglich der Tat zu Ziffer 1. der Anfechtung unterliegt, keinen Bestand haben, weil das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen ist. Es fehlt zu der wahlweise erfolgten Verurteilung wegen Hehlerei an einer Anklage und damit an der Verfahrensvoraussetzung eines Eröffnungsbeschlusses. Damit besteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis (vgl. BGH NJW 57, 1244, 1250; BGH NStZ 86, 276; SenE vom 09.08.2005 – 8 Ss 34/05; SenE v. 12.01.2007 – 83 Ss 109/06).
25Eine Verurteilung auf wahldeutiger Tatsachengrundlage im Wege der echten ungleichartigen Wahlfeststellung setzt voraus, dass beide Sachverhaltsalternativen Gegenstand des Verfahrens sind, § 264 Abs. 1 StPO. Dazu wäre die Erfassung lediglich einer Sachverhaltsalternative – vorliegend: des Diebstahls – in der Anklage nur ausreichend, wenn beide Sachverhaltsvarianten eine prozessuale Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO bildeten. Wahlfeststellung zwischen einer angeklagten und einer nicht angeklagten verfahrensrechtlich selbständigen Tat ist nicht zulässig (BGHSt 32, 146). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können zwar Diebstahl und Hehlerei eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinne bilden mit der Folge, dass der in der Anklage nach Objekt, Ort und Zeit der Handlung konkretisierte Diebstahl Grundlage einer Verurteilung wegen Hehlerei bleibt (BGH NStZ 99, 363; BGH NStZ 99, 523; Meyer-Goßner, StPO, 58. Aufl., § 264 Rn. 2 a; vgl. auch schon BGHSt 35, 60, 65; BGHSt 35, 86, 88; BGHSt 35, 172, 174); ebenso verhält es sich auch umgekehrt. Das gilt aber nur dann, wenn Diebstahl und Hehlerei nach Tatzeit, Tatort, Tatobjekt und Tatbild einen einheitlichen geschichtlichen Vorgang bilden (vgl. hierzu BGHSt 36, 151, 154), so dass nach Auffassung des täglichen Lebens eine Aufspaltung in zwei Taten unnatürlich wäre, so etwa bei der Aufteilung der Beute sogleich nach der Tat in Tatortnähe (BGH NStZ 99, 363/364; Meyer-Goßner a.a.O.).
26Die Feststellungen des Amtsgerichts verhalten sich nicht dazu, in welchem tatsächlichen räumlich-zeitlichen Verhältnis in dem zu Ziffer 1. abgeurteilten Tatkomplex die Entwendung der Brieftasche der Geschädigten M und das Sich-Verschaffen der hierin enthaltenen EC-Karten zueinander standen. Nach dem durch die Anklage zur Kognition des Gerichts unterbreiteten Sachverhalt kann ein prozessual einheitliches Tatgeschehen von Diebstahl und Hehlerei nicht unterstellt werden. Der angeklagte Diebstahl umfasst von der Tatbeschreibung her nicht auch die Besitzverschaffung von einem unbekannten Dritten in dem Wissen, dass die EC-Karten zuvor der Berechtigten entwendet worden waren. Identisch ist lediglich das Tatobjekt. Hinsichtlich Tatzeit, Tatort und Tatbild kann hingegen von einer prozessualen Tatidentität zwischen dem angeklagten Diebstahl und der wahlweise mit abgeurteilten Hehlerei nicht ohne weiteres ausgegangen werden.
27Mangelt es somit der Anklage schon an der Darstellung des Sachverhalts zu einem der beiden alternativ in Frage kommenden Delikte, nämlich hier an der Erfassung der Hehlerei, und ist dieses vom Eröffnungsbeschluss nicht umfasst ist, so besteht ein Verfahrenshindernis und eine wahlweise Verurteilung hätte nicht erfolgen dürfen (BGHSt 32, 146). Es bedarf insoweit keiner weiteren Ausführungen, dass die diesbezüglichen Feststellungen – entsprechend den zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Vorlageverfügung vom 12.10.2015 – auch nicht von einer rechtsfehlerfreien Beweisgrundlage getragen sind.
28Der Senat trifft die Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens nach § 206 a Abs. 1 StPO als Revisionsgericht selbst (vgl. BGHSt 24, 208; BGHSt 32, 275, 290; BGH NStZ 86, 276; ebenso auch schon Senatsentscheidungen vom 20.05.2005 – 8 Ss 66/05, vom 09.08.2005 – 8 Ss 34/05 und vom 12.01.2007 – 83 Ss 109/06; gegen die Anwendbarkeit dieser Vorschrift im Rechtsmittelverfahren bei bereits vor Erlass des angefochtenen Urteils eingetretenem Verfahrenshindernis: Meyer-Goßner, a.a.O. § 206 a Rn. 6f m.w.N.).
294.
30Der Senat weist auf die Möglichkeit einer neuen Anklageerhebung bzgl. der Tat zu Ziffer 1. hin und bemerkt im Übrigen, für das weitere Verfahren Folgendes:
31a.
32Das Urteil muss die Anklage bzw. den Eröffnungsbeschluss ausschöpfen. Soweit das Urteil die Anklage nicht ausschöpft und es an einer Sachentscheidung fehlt, erfasst das Rechtsmittel des Angeklagten, da es sich nur gegen das ergangene Urteil richten kann, diese Tat nicht (vgl. SenE v. 30.04.2004 – Ss 113/04). Bezüglich der nicht erfassten Tat – vorliegend bezüglich der Tat zu Ziffer 4. der Anklage - bleibt das Verfahren bei dem Tatgericht anhängig; insoweit besteht für das Revisionsgericht keine Entscheidungsbefugnis (vgl. OLG Celle NStZ 2008, 118).
33b.
34Bei der Verhängung einer Geldstrafe sind konkrete Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen und insbesondere zu den monatlich erzielten Einkünften eines Angeklagten zu treffen (vgl. BGH bei Detter NStZ 2000, 188; SenE v. 24.03.2009 – 83 Ss 13/09 = StV 2009, 592). Solche sind auch bei Sozialhilfeempfängern und diesen vergleichbaren Personen für die Bemessung der Tagessatzhöhe und für die Entscheidung über etwaige Zahlungserleichterungen (§ 42 StGB) erforderlich (SenE a.a.O.; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2001, 109 [110]).
35Die (bloße) Feststellung, der Angeklagte lebe von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, lässt die Höhe der tatsächlichen Einkünfte offen.
36Der Senat hat dazu in seiner Entscheidung vom 17.06.2015 (Az. III-1RVs 101/15 = NStZ-RR 2015, 336) ausgeführt:
37„So unterscheidet etwa § 3 AsylbLG zunächst grundsätzlich zwischen solchen Leistungsberechtigten, die in einer Aufnahmeeinrichtung im Sinne von § 44 AsylVfG untergebracht sind, und solchen, bei welchen dies nicht der Fall ist. Bei Ersteren wird der notwendige Bedarf für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts durch Sachleistungen sichergestellt. Zusätzlich erhalten sie, soweit sie alleinstehend sind, nach § 3 Abs. 1 S. 5 Ziff. 1 AsylbLG idF der Bekanntmachung über die Höhe der Leistungssätze nach § 14 des Asylbewerberleistungsgesetzes (BGBl. 2015 I, S. 25) derzeit einen Geldbetrag in Höhe von 143,-- € monatlich. Bei letzteren wird (nur) der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat als Geld- oder Sachleistung separat erbracht; zusätzlich erhalten diese Personen 216,-- € monatlich, wobei dieser Geldbetrag wiederum ganz oder teilweise auch in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder (sonstigen) Sachleistungen erbracht werden kann (§ 3 Abs. 2 S. 3 AsylbLG). Da nach der Rechtsprechung des Senats auch der Bezug von Sachleistungen zum Einkommen im Sinne des § 40 Abs. 2 S. 2 StGB zählt (SenE v. 24.03.2009 – 83 Ss 13/09 = StV 2009, 592; vgl. a. Fischer, StGB, 62. Auflage 2015, § 40 Rz. 7), kommt es für die Bemessung des einzelnen Tagessatzes zunächst auf die Höhe der dem Angeklagten insgesamt zufließenden (baren und unbaren) Zuwendungen an.“
38Lebt der Angeklagte von Bezügen am Rande des Existenzminimums, z.B. von Sozialhilfe, so kann es darüber hinaus geboten sein, unter Berücksichtigung der nach § 42 StGB möglichen, zeitlich grundsätzlich nicht beschränkten Zahlungserleichterungen und unter Beachtung der Notwendigkeit der Wahrung der Strafe als ernsthaft fühlbares Übel die Tagessatzhöhe unterhalb eines Dreißigstels der monatlichen, sich aus Geldzahlungen und etwaigen Sachmittelzuwendungen zusammensetzenden Bezüge festzusetzen, wobei sich auch dieser ermessensähnlich ausgestaltete Strafzumessungsakt einer schematischen Behandlung entzieht (SenE v. 24.03.2009 – 83 Ss 13/09 = StV 2009, 592; SenE v. 30.10.2007 - 82 Ss 123/07 -; OLG Stuttgart, StV 2009, 131; OLG Hamburg VRS 101, 106 = NStZ 2001, 655; OLG Stuttgart, NJW 1994, 745; OLG Celle NStZ-RR 1998, 272; Fischer a.a.O. § 40 Rz. 24; Schönke/Schröder-Stree/Kinzig, StGB, 29. Auflage 2014, § 40 Rz. 8).
395.
40Die Kosten - und Auslagenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
- 2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder - 3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Ist die Revision rechtzeitig eingelegt und sind die Revisionsanträge rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form angebracht, so ist die Revisionsschrift dem Gegner des Beschwerdeführers zuzustellen. Diesem steht frei, binnen einer Woche eine schriftliche Gegenerklärung einzureichen. Wird das Urteil wegen eines Verfahrensmangels angefochten, so gibt der Staatsanwalt in dieser Frist eine Gegenerklärung ab, wenn anzunehmen ist, dass dadurch die Prüfung der Revisionsbeschwerde erleichtert wird. Der Angeklagte kann die Gegenerklärung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle abgeben.
(2) Nach Eingang der Gegenerklärung oder nach Ablauf der Frist sendet die Staatsanwaltschaft die Akten an das Revisionsgericht.
Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden.
(2) Zuständig für den Beschluß ist das Gericht höherer Ordnung, wenn die übrigen Gerichte zu seinem Bezirk gehören. Fehlt ein solches Gericht, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.
(1) Hält der Vorsitzende des Schöffengerichts die Zuständigkeit des Strafrichters für begründet, so gibt er die Sache durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft an diesen ab; der Beschluß ist für den Strafrichter bindend, der Staatsanwaltschaft steht sofortige Beschwerde zu. Hält der Strafrichter die Zuständigkeit des Schöffengerichts für begründet, so legt er die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dessen Vorsitzenden zur Entscheidung vor.
(2) Erachtet der Richter den Angeschuldigten nicht für hinreichend verdächtig, so lehnt er den Erlaß eines Strafbefehls ab. Die Entscheidung steht dem Beschluß gleich, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden ist (§§ 204, 210 Abs. 2, § 211).
(3) Der Richter hat dem Antrag der Staatsanwaltschaft zu entsprechen, wenn dem Erlaß des Strafbefehls keine Bedenken entgegenstehen. Er beraumt Hauptverhandlung an, wenn er Bedenken hat, ohne eine solche zu entscheiden, oder wenn er von der rechtlichen Beurteilung im Strafbefehlsantrag abweichen oder eine andere als die beantragte Rechtsfolge festsetzen will und die Staatsanwaltschaft bei ihrem Antrag beharrt. Mit der Ladung ist dem Angeklagten eine Abschrift des Strafbefehlsantrags ohne die beantragte Rechtsfolge mitzuteilen.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.