Oberlandesgericht Hamm Urteil, 23. Jan. 2014 - 34 U 219/12
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 30.08.2012 – 8 O 1149/11 – teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:
I.
Die Beklagten zu 1 bis 5 werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 5.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 05.10.2011, der Beklagte zu 3 abweichend erst ab dem 14.11.2011 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte und Ansprüche, die der Klägerin aus der Beteiligung an der E GmbH & Co. VII. W KG, nominal: 5.000 €, zustehen.
II.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten zu 1 bis 5 mit der Annahme der Abtretungserklärung gemäß Ziffer 1 in Verzug befinden.
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1 bis 5 zu 5/6 als Gesamtschuldner und zu 1/6 die Klägerin selbst. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 6 sowie jeweils 1/5 der außergerichtlichen Kosten der Streithelferinnen zu 7 und 8 trägt die Klägerin. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
V.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
VI.
Die Beschwer der Klägerin und der Beklagten zu 1 bis 5 übersteigt jeweils 20.000 € nicht.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2A.
3Gemäß § 540 Abs.1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt. Für die Bezeichnung der Anlagen wird auf das von den Parteien erstinstanzlich neben einer Vielzahl von Parallelverfahren als Musterverfahren geführte Verfahren 34 U 227/12 Bezug genommen, auf das sich die Parteien auch hinsichtlich des dort gehaltenen Vortrags bezogen haben; allen hiesigen Parteivertretern sind die in jenem Verfahren vorgelegten Anlagen als Referenzanlagen übersandt worden.
4Die Klägerin beteiligte sich am 15.12.2007 mit einem Betrag von 5.000 € zzgl. 250 € Agio als Treugeber-Kommanditistin an der E GmbH & Co. VII. W KG (im Folgenden: W VII; Beitrittserklärung: Anlage zum Schriftsatz vom 18.11.2013), nachdem sie den von der Beklagten zu 4 herausgegebenen Prospekt erhalten hatte (Anlage Ks 1). Der Prospekt datiert vom 25.6.2008 und wurde am 4.7.2008 veröffentlicht. Die Klägerin hatte sich zuvor bereits an dem W VI beteiligt.
5Die Klägerin rügt diverse Prospektfehler, für die die Beklagten entweder aus Prospekthaftung im weiteren Sinn oder gemäß § 13 VerkProspG iVm §§ 44 ff BörsG aF hafteten und macht zudem eine deliktsrechtliche Verantwortung einzelner Beklagter geltend.
6Die Klage richtet sich gegen folgende Beteiligte:
7Die Beklagte zu 1 ist die Treuhandkommanditistin, über die sich die Anleger an der Gesellschaft beteiligten, sie ist außerdem Gründungsgesellschafterin. Die Anleger, die sich über sie als Treugeberkommanditisten beteiligten, sollten im Innenverhältnis gemäß § 6 Ziff. 4 des Gesellschaftsvertrages wie echte Gesellschafter behandelt werden:
8„Im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und im Verhältnis zur Fondsgesellschaft werden die der Fondsgesellschaft mittelbar beitretenden Treugeber wie Kommanditisten behandelt. Dies gilt insbesondere für die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, am Gewinn und am Verlust, an einem Auseinandersetzungsguthaben, einem Liquidationserlös sowie für die Ausübung gesellschafterlicher Rechte. Die Treugeber sind unter anderem berechtigt, an Gesellschafterversammlungen persönlich teilzunehmen und das ihnen von der Treuhandkommanditistin überlassene Stimmrecht auszuüben.“ (S. 96 des Prospekts).
9Der Beklagte zu 2 ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten zu 4, der Herausgeberin des Beteiligungsprospekts, die zudem Komplementärin des Fonds und Gründungsgesellschafterin ist. Er ist zudem Geschäftsführer und Alleingesellschafter der weiteren Gründungskommanditistin, der Beklagten zu 5 (vgl. S. 73 f. des Prospekts).
10Der Beklagte zu 3 ist der Sohn des Beklagten zu 2 und Geschäftsführer der F sowie der B mit Sitz in C, die wiederum mit 95% Mehrheitsgesellschafterin der F ist.
11Die Beklagte zu 4 ist die Herausgeberin des Beteiligungsprospekts, zudem Komplementärin des Fonds und Gründungsgesellschafterin (S. 73 des Prospekts).
12Die Beklagte zu 5 ist weitere Gründungskommanditistin (S. 74 des Prospekts).
13Der Beklagte zu 6 ist der Geschäftsführer der Beklagten zu 1.
14Bei dem W VII. Fonds handelte es sich um die letzte von insgesamt sieben Beteiligungsgesellschaften, die in kurzer Zeit von der in Gütersloh ansässigen E-Gruppe aufgelegt worden waren.
15Die W Fonds I – V waren als geschlossene Immobilienfonds mit kurzer Laufzeit konzipiert, die als sog. Projektentwicklungsfonds die Errichtung und Vermarktung einer Immobilie zum Gegenstand hatten. Ausweislich des Fondsprospekts zu W VII betrug die Summe der eingeworbenen Anlegergelder bei den Fonds I – V insgesamt 79,9 Mio. €, bei W VI 40 Mio € (vordere Umschlagklappe des Prospekts).
16Der W VII Fonds war – wie der Vorgängerfonds W VI – als vermögensverwaltender Fonds mit kurzer Laufzeit konzipiert, bei dem das Kommanditkapital in den Erwerb von Genussrechten einer Kapitalgesellschaft in C investiert werden sollte. Ebenso wie der W VI, an dem sich die Klägerin zuvor beteiligt hatte, war der W VII konzeptionell darauf ausgerichtet, dass die Anleger über die Genussrechte „indirekt am boomenden Immobilienmarkt der Vereinigten Arabischen Emirate“ teilnehmen (vgl. S. 9 des Prospekts).
17Im Kapitel „Wesentliche Risiken der Beteiligung“, in dem mehrfach auf das Risiko eines Totalverlusts hingewiesen wird, heißt es (S. 15):
18„Bei Nichteintritt der Prognosen kann es zum Totalverlust der gezeichneten Einlage (inkl. Agio) kommen. Das Beteiligungsangebot richtet sich deshalb an erfahrene Anleger, die solche Verluste im Rahmen einer entsprechenden Portfolio-Mischung in Kauf nehmen können.“
19Der Gegenstand der Fondsgesellschaft wird im Gesellschaftsvertrag angegeben als:
20„Beteiligung an Gesellschaften in den Vereinigten Arabischen Emiraten, die den Erwerb und Weiterverkauf von unbebauten und bebauten Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten und/oder von projektierten oder erstellten Wohn- oder Gewerbeimmobilien aller Art sowie allen damit zusammenhängenden Dienstleistungen (wie zum Beispiel Architektur- und Planungsleistungen, Verwaltung, Maklertätigkeit) zum Unternehmensgegenstand haben. Die Beteiligung an solchen Unternehmen kann in jedweder Art, insbesondere auch in schuldrechtlicher Form erfolgen“ (§ 2, S. 93 des Prospekts).
21Auf S. 77 heißt es dazu erläuternd:
22„Anlagegegenstand der Fondsgesellschaft ist eine fremdkapitalähnlich ausgestaltete Genussrechtsbeteiligung an der F in C. Diese Genussrechtsschuldnerin ist eine Körperschaft nach dem Recht der Vereinigten Arabischen Emirate, deren 95 prozentige Anteilseignerin die B ist. Die Fondsgesellschaft kann an den Gewinnen der Genussrechtsschuldnerin partizipieren, indem sie von Zeit zu Zeit Genussrechte verkauft. Die Kaufpreise der Genussrechtsschuldnerin werden in erster Linie von der Höhe der von der Genussrechtsschuldnerin realisierten Gewinne bestimmt. Der erste Verkauf von Genussrechten soll nicht vor Ablauf eines Jahres nach Vollplatzierung bzw. Fondsschließung erfolgen, so dass auf der Ebene des Anlegers steuerfreie Veräußerungsgewinne vereinnahmt werden können.“
23Konzeptgemäß konnte und sollte die Fondsgesellschaft ihre Gewinne allein durch den Handel mit den Genussrechten erzielen. Während der durch die Genussrechte verbriefte Gewinnanspruch gegen die Genussrechtsschuldnerin, die F (im Folgenden: F) erst Ende 2018 fällig wurde (S. 83 des Prospekts), sollte der Fonds selbst hingegen schon Ende 2011 aufgelöst werden.
24S. 12 des Prospekts:
25„Durch Veräußerung von Genussrechten nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist werden auf Ebene des Fonds steuerfreie Veräußerungsgewinne erzielt.“
26S. 15 des Prospekts:
27„Ob und in welchem Umfang der Anleger die prognostizierten Ausschüttungen erhält, hängt im Wesentlichen vom wirtschaftlichen Erfolg der F (in Folgenden Genussrechtsschuldnerin) ab. Alle Risiken, die die Gewinnsituation der Genussrechtsschuldnerin beeinträchtigen, vermindern die Werthaltigkeit der Genussrechte und damit den durch eine Veräußerung der Genussrechte zu erzielenden Gewinn der Fondsgesellschaft.“
28S. 16 des Prospekts:
29„Verkaufsrisiko der Genussrechte
30Die Gewinnberechtigung durch das Genussrecht wird erst zum 31.12.2018 fällig. Während der Fondslaufzeit können deshalb Gewinne in der Fondsgesellschaft nur durch die Veräußerung von Genussrechten realisiert werden. Unabhängig vom Geschäftserfolg der Genussrechtsschuldnerin besteht dadurch stets das Risiko, keinen Erwerber für die Genussrechte zum prognostizierten Preis zu finden.“
31Hintergrund dieser gegenüber den Fonds I – V geänderten Fondskonzeption war das Auslaufen des Doppelbesteuerungsabkommens mit C zum Jahresende 2008. In dem Kapitel des Prospekts „Steuerrechtliche Grundlagen“ wird erläutert, dass durch den Verkauf der Genussrechte frühestens nach einem Jahr eine Einkommenssteuer in Deutschland vermieden werde. Die Anleger erzielten keine gewerblichen Einkünfte, weil die Fondsgesellschaft selbst sich auf das Halten und Veräußern von Genussrechten beschränke, damit nur eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausübe. Die Anleger erzielten aber auch keine Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Vergütung für die Überlassung des Genussrechtskapitals, also der Anlegergelder, werde erst zum Ende der Laufzeit der Genussrechte, nämlich Ende 2018 ausgezahlt. Zwar schreibe die F der Fondsgesellschaft jährlich in ihren Büchern gewinnabhängige Vergütungen zu. Über diese könne aber die Fondsgesellschaft vor Ende 2018 nicht verfügen. Die prospektierten Einnahmen aus dem Verkauf der Genussrechte seien ebenfalls keine Einkünfte aus Kapitalvermögen (vgl. S. 87 des Prospekts). Für die ab 2009 durch das Unternehmenssteuerreformgesetz geltende neue Rechtslage ergebe sich nichts anderes, da zwar an sich jetzt die Erlöse aus dem Verkauf der Genussrechte steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen seien. Dies gelte aber nicht, wenn die Genussrechte vor dem 01.01.2009 erworben worden seien. Bei Einhaltung der einjährigen Spekulationsfrist vor dem Verkauf und seit Erwerb der Fondsbeteiligung falle auch nach 2009 keine Steuer aus privaten Veräußerungsgeschäften an.
32Während der Prospekt bei W VI noch drei Vorabausschüttungen an die Anleger vorsah, ging der Kapitalrückflussplan bei W VII von insgesamt zwei Vorabausschüttungen in Höhe von jeweils 12 % des eingebrachten Eigenkapitals ohne Agio aus. Diese sollten jeweils Anfang 2010 und 2011 erfolgen und ebenso wie die laufenden Fondskosten durch den anteiligen Verkauf von Genussrechten gedeckt werden (S. 61 des Prospekts). Dazu sollte mit dem Verkauf der Genussrechte sofort nach Ablauf der Spekulationsfrist von einem Jahr begonnen werden und immer so viel verkauft werden, dass die laufenden Kosten und die Ausschüttungen gesichert waren (vgl. Sensitivitätsanalyse S. 67 des Prospekts). Die Endausschüttung war nach dem Verkauf des verbliebenen Bestandes der Genussrechte und anschließender Auflösung der Fondsgesellschaft zum 31.12.2011 vorgesehen (S. 61 des Prospekts). Es war kalkuliert, dass die Genussrechte jährlich 22 % (bei W VI noch 20 %) im Wert stiegen, und zwar – während der Laufzeit des Fonds bis Ende 2011 – in vier aufeinanderfolgenden Jahren (vgl. S. 63):
33„Verkaufserlöse der Genussrechte
34Es wird davon ausgegangen, dass die Genussrechte um rd. 22 Prozent p.a. im Wert steigen. Die E GmbH & Co. VII W KG verkauft jährlich jeweils zum angestrebten Ausschüttungszeitpunkt maximal so viele Anteile der Genussrechte, wie zur Ausschüttung von 12 Prozent nominal p.a. Verzinsung des Kommanditkapitals nach Abzug der laufenden Kosten erforderlich sind. Zum Ende der Laufzeit des Fonds wird der gesamte Bestand der Genussrechte verkauft.“
35Die von der Fondsgesellschaft erworbenen Genussrechte sollten dabei nicht am gesamten Gewinn der F partizipieren. Vielmehr war der Gewinnanteil auf maximal 22 % im Jahr beschränkt. Zu dieser Gewinndeckelung heißt es im Prospekt (S. 83 oben):
36„Der maximale Gewinnanteil beträgt jährlich 22 Prozent nominal berechnet auf das von der Gesellschaft begründete Genussrechtskapital und die vorangegangenen Gewinnbeteiligungen.“
37Der Gewinn war im Verhältnis zu den Gesellschaftern nochmals begrenzt und zwar durch den Gesellschaftsvertrag (§ 18 Ziff. 3, S. 100 des Prospekts). Danach konnte jeder Anleger – je nach Beitrittszeitpunkt – nur zwischen 39 und 45 % seines Kapitals als Gewinnanteil erhalten. Der Rest stand gemäß § 18 Ziff. 4 der Beklagten zu 5 als Initiatoren-Kommanditistin zu (S. 100 des Prospekts).
38Zur F heißt es auf S. 40:
39„Die Fondsgesellschaft beteiligt sich über Genussrechte indirekt an der F, C, die dort den Erwerb und den Weiterverkauf von Immobilienprojekten, in unterschiedlichen Entwicklungsstadien, betreibt. Die durch die Fondsgesellschaft erworbenen Genussrechte vermitteln ein Partizipationsrecht an den Gewinnen, die die F durch den An- und Verkauf von Immobilienprojekten erzielt.“
40Weiter wird zum Geschäftsmodell der F auf S. 82 des Prospekts ausgeführt:
41„Die Genussrechtsschuldnerin kann beim Erwerb und Verkauf von Immobilienprojekten grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Vertragspositionen einnehmen: Projektentwickler und Erwerber/Verkäufer von nicht hergestellten Immobilieneinheiten. In der Position als Projektentwickler, auch in Form eines Joint Venture mit einem lokalen Partner, erwirbt die Genussrechtsschuldnerin ein Grundstück und verpflichtet sich zur Durchführung eines bestimmten Bauvorhabens .... . Es ist jedoch auch möglich, die Vertragsposition als Projektentwickler wieder zu übertragen.... Primär möchte die Genussrechtsschuldnerin jedoch nicht als Projektentwickler auftreten, sondern lediglich Einheiten geplanter Immobilienprojekte erwerben und durch Weiterverkauf von der zwischenzeitlichen Wertsteigerung profitieren. Hier findet also ein Handel von Immobilieneinheiten (z.B. einzelne Etagen eines Hochhauses) statt, die noch nicht hergestellt sind. Auch in diesem Fall erlangt der Erwerber kein Eigentum am Objekt. Zum Projektgeschäft der Emittentin gehört auch jede Form der Gewinnbeteiligung an vergleichbaren Geschäften durch Dritte."
42Zur Zusammenarbeit der F mit anderen Unternehmen heißt es auf S. 40:
43„Sie [die F] bedient sich dabei renommierter Unternehmen vor Ort, die sie beim Immobilienhandel, der Projektentwicklung und allen damit zusammenhängenden Dienstleistungen (wie z.B. Architektur und Planungsleistungen, Verwaltung, Maklertätigkeit) unterstützen.“
44Unter der Überschrift „Der Geschäftsbesorger und Immobilienmakler in C“ heißt es auf Seite 41:
45„Die F in Projects hat die B mit der Recherche, Evaluierung, Vermittlung und Abwicklung der Immobiliengeschäfte beauftragt.“
46Unter „Weitere vertragliche Beziehungen und rechtliche Verhältnisse“ heißt es auf S. 83:
47„Managementvertrag
48Die B ist zu 95 Prozent an der F beteiligt. Zwischen den beiden Gesellschaften besteht ein Managementvertrag als Rahmenvereinbarung für den Kauf und Verkauf von Immobilienprojekten. Die F beauftragt die B, bestimmte Immobilienprojekte zu erwerben bzw. zu verkaufen. Für diese Tätigkeit als Stellvertreter bzw. Kommissionär erhält die B eine marktübliche, auf den jeweiligen Kauf- bzw. Verkaufspreis bezogene Provision.“
49Bei dem hier streitgegenständlichen Fonds VII eröffnete der Gesellschaftsvertrag zu Gunsten von Anlegern der W Vorgängerfonds II bis V die Möglichkeit sogenannter Re-Investments. In § 5 des Gesellschaftsvertrages (S. 95 des Prospekts) heißt es dazu:
50„2. Die betreffenden Treugeber und Direktkommanditisten sind zur Einzahlung ihrer Einlage … verpflichtet.
513. Abweichend von Nr. 2 können Treugeber, die in andere Fonds der E Unternehmensgruppe, deren Auflösung zum 31.12.2008 erfolgt, investiert haben, ihre Verpflichtung zur Einzahlung der Einlage durch Abtretung ihres Auseinandersetzungsanspruchs aus der Auflösung des anderen Fonds erfüllen.“
52Die Abtretungen erfolgten jeweils an Erfüllungs Statt. Auf das mit dieser Art der Beteiligung verbundene Risiko der fehlenden Kapitalausstattung wird im Prospekt auf S. 17 wie folgt hingewiesen:
53„Anleger anderer E Fonds können ihre Einlage durch Abtretung ihres Auseinandersetzungsguthabens beim aufzulösenden Fonds erbringen. Insoweit erhält die Genussrechtsschuldnerin Forderungen statt liquide Mittel als Gegenleistung für die Einräumung von Genussrechten. Sollten sich diese Forderungen als nicht vollständig werthaltig erweisen, kann die Genussrechtsschuldnerin auf Grund verminderter Kapitalausstattung nicht im vorgesehenen Umfang wirtschaftlich tätig werden. Insoweit besteht eine mit mangelnder Vollplatzierung vergleichbare Beeinträchtigung der Rendite.“
54Zur Finanzierung der Fondsgesellschaft aus Eigen- oder Fremdkapital heißt es auf S. 62 des Prospektes:
55„Die Fondsgesellschaft beteiligt sich über Genussrechte an der F, C. Dazu investiert sie ihr gesamtes Kapital … Die Nettoeinnahmen sind für die Investition ausreichend. Somit erscheint die Aufnahme von Fremdkapital nicht erforderlich.“
56sowie auf S. 116 des Prospekts:
57„Die Nettoeinnahmen reichen nach der Prognose für die Realisierung der Anlageziele aus. Die Aufnahme von Fremdmitteln ist voraussichtlich nicht erforderlich.“
58Zu dem Vorgängerfonds W VI heißt es in der vorderen Umschlagklappe des Prospekts zu W VII:
59- „Fondsvolumen: 40 Mio. EUR – vollplatziert
- Prognostizierter, rechnerischer Gewinn in Höhe von nominal 12 % p.a.
- Konzeptionsgemäß steuerfreie Gewinne für die Anleger
- Gewinn in Höhe von 30 Mio. AED realisiert“
S. 5:
61„Die drei außergewöhnlichen Tower mit ihren insgesamt rund 100 Stockwerken (exklusive des „K2 Business Centers“) konnten noch vor Fondsplatzierung von der B, C, vollständig verkauft und dadurch ein Gewinn in Höhe von 30.000.000,‑ AED realisiert werden. Dies sicherte frühzeitig die kalkulatorischen Vorabausschüttungen der VI. W KG für 2009 und 2010.“
62Eine ähnliche Aussage über den realisierten Gewinn in Höhe von 30 Mio. AED findet sich auf S. 11 und S. 41 des Prospekts.
63Das Geschäftsmodell des Fonds schlug wirtschaftlich fehl. Laut Angaben des Beklagtenvertreters zu 2, 4 und 5 sind die Fondsgesellschaften W VI und VII ohne Insolvenzverfahren im Handelsregister gelöscht und Liquidationsbilanzen erstellt worden. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld – Az. 6 Js 36/11 – hat gegen die Beklagten zu 2 und 3 sowie gegen den Beklagten zu 6 im Hinblick auf den streitgegenständlichen Fonds Anklage wegen gewerbsmäßiger Untreue in 109 Fällen erhoben. Über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist bislang nicht entschieden.
64Die Klage ist den Beklagten zu 1, 2, 4, 5 und 6 jeweils am 05.10.2011 zugestellt worden (Bl. 51 ff. d.A.). Die Klägerin hat in der am 04.07.2011 beim Landgericht eingegangenen Klageschrift vom selben Tage die öffentliche Zustellung der Klage an den Beklagten zu 3 beantragt, weil er unbekannten Aufenthalts sei. Diese ist im Hinblick auf in einem Parallelverfahren angestellte Ermittlungen (34 U 188/12) mit Beschluss vom 14.09.2011 bewilligt worden (Bl. 38 ff. d.A.). Mit Verfügung vom selben Tage hat das Landgericht die Zustellung der Klage auch an die übrigen Beklagten verfügt. Der Beklagte zu 3 hat mit Schriftsatz vom 17.10.2011 seine Verteidigung angezeigt (Bl. 199 ff. d.A.); das Empfangsbekenntnis seiner Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Zustellung der Klageschrift ist am 15.11.2011 bei Gericht eingegangen (Bl. 208 d.A.).
65Das Landgericht hat seine Zuständigkeit bejaht, die Klage in der Sache aber abgewiesen. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 4, die unstreitig Prospektverantwortliche sei, bestehe weder aus Prospekthaftung im engeren Sinne noch aus ihrer Stellung als Gesellschafterin heraus, da die von der Klägerin gerügten Prospektfehler sämtlich nicht gegeben seien. Auch Ansprüche aus Delikt schieden aus, da kein durch ein pflicht- oder rechtswidriges Handeln der Beklagte kausal verursachter Schaden ersichtlich sei. Die pauschale Inbezugnahme der Strafakten sei unzulässig. Ein Untergraben der Mittelverwendungskontrolle und eine (vorübergehende) zweckwidrige Verwendung der Anlegergelder seien nicht hinreichend dargetan. Damit bestünden auch keine Ansprüche gegen die Beklagten zu 1 bis 3, 5 und 6. Wegen der Einzelheiten wird auf das ausführliche erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
66Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer zulässig erhobenen Berufung, mit der sie die erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Sie trägt zu den einzelnen gerügten Prospektfehlern unter Inbezugnahme des erstinstanzlichen Vortrags weiter vor. Unter anderem rügt sie, dass der Prospekt unzureichend über die mit den Re-Investments verbundenen Risiken, insbesondere die deswegen notwendige Fremdkapitalaufnahme aufkläre. Das Fondskonzept sei mangelhaft dargestellt und ein Gewinn aus dem beabsichtigten Handel mit den Genussrechten gar nicht möglich gewesen. Die Angaben zum Wert der Genussrechte seien ebenso falsch wie die Prospektaussagen über den Erfolg des Vorgängerfonds.
67Die Beklagten zu 2) und 3) hätten als sog. „Hintermänner“ für den fehlerhaften Prospekt einzustehen. Die Haftung der Beklagten zu 2 und 3 sei zudem aus Delikt begründet, da sie wissentlich einen Prospekt in Umlauf gebracht hätten, der mit einer Vielzahl von Fehlern behaftet sei. Der maßgebliche deliktische Vorwurf gehe aber dahin, dass sie planmäßig Anlegergelder dazu verwendet hätten, eine marode deutsche Firma – die Fa. F2 GmbH – zu stützen und die Ausschüttungen in den W Fonds II und III zu finanzieren. Die Gründungsgesellschafter, die Beklagten zu 1, 4 und 5, hafteten als zukünftige Vertragspartner aus §§ 280, 311 BGB für Prospektfehler. Kausalität und Verschulden würden vermutet; die Beklagten hätten insoweit nichts Erhebliches vorgetragen. Auf das Prospektprüfungsgutachten der Streithelferin zu 8, der S GmbH, könnten sich die Beklagten nicht berufen, da diese nicht die nötigen Informationen gehabt habe. Eine Haftung des Beklagten zu 6, die das Landgericht nicht erörtere, ergebe sich aus § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. § 266 StGB wegen der Vortäuschung einer in Wahrheit nicht beabsichtigten und auch nicht durchgeführten Mittelverwendungskontrolle. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.
68Die Klägerin beantragt,
691.
70das Urteil des Landgerichts Dortmund (8 O 149/11) vom 30.08.2012 abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 5.250 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche, die der Klägerin aus der Beteiligung an der E GmbH & Co. VII. W KG, nominal: 5.000 €, zustehen;
712.
72festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Annahme der Abtretungserklärung gemäß Ziffer 1. in Annahmeverzug befinden.
73Die Streithelferin zu 8, die S GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, der seitens der Beklagten zu 1, 2, 4, 5 und 6 der Streit verkündet worden ist, und die Streithelferin zu 7, Anwaltspartnerschaftsgesellschaft M & M LLP, der seitens der Beklagten zu 1, 2, 4, 5 und 6 sowie seitens der Streithelferin zu 8 der Streit verkündet worden ist, sind auf Seiten der streitverkündenden Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten.
74Die Beklagten und die Streithelferinnen beantragen,
75die Berufung zurückzuweisen.
76Die Beklagten, die sich ihren Vortrag wechselseitig zu eigen machen, verteidigen unter Inbezugnahme ihres erstinstanzlichen Vortrags das angegriffene Urteil.
77Die Beklagte zu 1 macht u.a. geltend, dass alle etwaigen Ansprüche verjährt seien. Sie sei nicht prospektverantwortlich. Als Gründungsgesellschafterin hafte sie nicht, weil sie nicht zum Management der Fondsgesellschaft gehört habe. Sie habe keinen Einfluss auf den Prospekt gehabt; sämtliche Vorgänge in C seien ihr unbekannt gewesen. Etwaige Prospektfehler seien ihr nicht bekannt gewesen. Angesichts der professionellen Erstellung und Prüfung des Prospekts einschließlich der Abnahme durch die BaFin habe sich die Beklagte zu 1 in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden (vgl. Bl. 488 R d.A.). Alle Vorgänge, die nach der Zeichnung stattgefunden hätten, seien für den geltend gemachten Zeichnungsschaden ohne Relevanz. Insbesondere die Mittelverwendungskontrolle sei sachgerecht und prospektgemäß durchgeführt worden.
78Die Beklagten zu 2, 4 und 5 lassen u.a. vortragen, dass etwaige Ansprüche verjährt seien. Die erstmals in der Berufungsbegründung aufgestellte Behauptung, die Beklagten zu 2 und 3 seien Fondsinitiatoren, sei verspätet und werde bestritten. Prospektfehler lägen nicht vor; sie seien jedenfalls nicht wesentlich und nicht kausal für die Beitrittsentscheidung gewesen.
79Die aufgeworfenen Fragen zur Finanzierung der Re-Investments hätten nur theoretische Bedeutung. Praktisch seien ausnahmslos alle Einlagebeträge eingezahlt worden aufgrund einer Zwischenfinanzierung. Der Prospekthinweis auf S. 17, in dem für die Folgen von nicht werthaltigen Abfindungsansprüchen auf eine fehlende Vollplatzierung verwiesen werde, sei zutreffend. Der Anleger werde damit darauf hingewiesen, dass der wirtschaftliche Erfolg der Investitionen und der prognostizierten Rendite bis hin zum Totalverlust beeinträchtigt werden könnte. Hinsichtlich der Fremdkapitalaufnahme habe für jeden Prospektleser auf der Hand gelegen, dass zumindest kurzfristig Fremdkapital habe aufgenommen werden müssen, um die Einlagebeträge der Investoren rechtzeitig vor Jahresende 2008 zu investieren. Die Firma B habe den von den Re-Investoren gezeichneten Betrag von insgesamt knapp 30 Millionen € zinslos zur Verfügung gestellt Zug um Zug gegen Weiterabtretung der Ansprüche der Re-Investoren auf Auszahlung ihrer Schlusszahlungsbeträge aus den W II-V (vgl. Vereinbarung über Sicherungsabtretung vom 23.12.2008; Anlage Ks 40). Die W VII Fondsgesellschaft sei aus dieser Finanzierung nicht weiter belastet worden. In dem von der Klägerseite vorgelegten Vertrag vom 23. Dezember 2008 sei ausdrücklich vereinbart, dass das Darlehen zurückzuführen sei mit der Fälligkeit der an die Fondsgesellschaft abgetretenen Ansprüche der Re-Investoren auf Auszahlung der Schlusszahlungsbeträge. Entsprechend habe die B ihre Ansprüche in den Insolvenzverfahren der W II-V angemeldet. Zudem habe die Klägerseite die Anspruchsbegründung nicht auf diesen angeblichen Prospektfehler gestützt, sondern erstmals mit der Replik vorgetragen, damit weit nach Ablauf der Verjährungsfrist.
80Das Geschäftsmodell der Genussrechtsschuldnerin sei richtig und vollständig dargestellt worden. Auf Seite 82 des Prospekts heiße es, dass die Genussrechtsschuldnerin die Gewinne aus dem Erwerb und Verkauf von Immobilienprojekten erzielen solle. Ausführlicher lasse sich das Geschäftsmodell kaum beschreiben. Wie und auf welche Art und Weise die Genussrechtsschuldnerin die Geschäfte konkret ausführen sollte, sei für den einzelnen Anleger von untergeordneter Bedeutung. Zudem werde im Prospekt auf den Seiten 11, 40 und 41 auf die Zusammenarbeit mit der Firma B hingewiesen und auf Seite 83 des Prospektes der Managementvertrag erläutert. Die Genussrechtsschuldnerin habe ohne bzw. unabhängig von ihren eigenen Lizenzen Grundstücke erwerben und verkaufen können, wenn dies wie prospektiert und geschehen durch Dritte z.B. als Kommissionär erfolgte. Unstreitig habe die Firma B über entsprechend umfassende Lizenzen für den Immobilienbereich verfügt.
81Bei der Angabe, dass die Genussrechte einen 22 % igen Anspruch gegen die F vermittelten, handele es sich um einen Druckfehler. Entgegen der Berufungsbegründung sei auch bei einer tatsächlich nur 20-prozentigen Gewinnberechtigung der Genussrechte der prospektierte Gewinn von 12 % für die Fondsgesellschafter möglich gewesen. Der Fehler habe sich daher nicht ausgewirkt. Die Gewinndeckelung auf 20 % habe für einen potenziellen Erwerber der Genussrechte vor dem Jahr 2018 keine Rolle gespielt, da er jederzeit die Genussrechte gegebenenfalls mit Gewinn habe weiterverkaufen können. Für den Weiterverkauf habe eine Gewinndeckelung nicht gegolten.
82Bis zum Eintritt der Banken- und Immobilienkrisen im Frühjahr 2009 habe es einen boomenden Markt in C gegeben, der auch den Gewinn bringenden Verkauf der Genussrechte ermöglicht hätte und prognostizieren ließ. Auf das Risiko, keinen Erwerber für die Genussrechte zum prognostizierten Preis zu finden, werde auf Seite 16 des Prospekts ausführlich hingewiesen.
83Es werde bestritten, dass ein Gewinn aus dem Handel mit den Genussrechten von vornherein ausgeschlossen gewesen sei, weil die Genussrechte zum Nominalpreis vorab an die B verkauft worden seien (vgl. Anlage B 7). Die Klägerin missverstehe den Vertrag. Die unter (iii) im Vertrag in Bezug genommene Anlage 1 liege nur für den W VI Fonds vor (Anlage B 10). Aus der ursprünglichen Genussrechtsvereinbarung seien Unklarheiten entstanden. Die W VII Fondsgesellschaft habe nicht verpflichtet werden sollen, für 400 Mio. AED = 80 Mio. € Genussrechte zu kaufen. Die Fondsgesellschaft habe vielmehr mit der neuen Vereinbarung lediglich die Option erhalten, maximal in dieser Höhe Genussrechte zu beziehen. Die B habe ebenso nur die Option erhalten, Genussrechte in Höhe des Nennwertes von 49.895.825 € zu erwerben und sei verpflichtet gewesen, neben dem Nennwert auch die entstandenen Gewinne an die W VII zu zahlen. Es habe sich nur um eine Absicherung handeln sollen, falls sich kein dritter Käufer der Genussrechte finde. Zu einem Kauf durch die B sei es letztlich nicht gekommen. Es liege schon deswegen kein Prospektfehler vor, weil ein solcher Vertrag für W VII nicht von Anfang an geplant gewesen sei, auch wenn es ihn am 18.06.2008 für W VI gegeben habe (Anlage Ks 27). Soweit die Klägerin einen Vertrag bezüglich W VII vom 18.06.2008 vorlege (Anlage Ks 26), habe man den Vertrag für W VI übernommen und versehentlich das alte Datum belassen (vgl. Anlage Ks 27). Der daraufhin neu abgeschlossene Vertrag trage das richtige Datum 18. Dezember 2008 (Anlage Ks 24). Auch der Klägerin müsse einleuchten, dass der im Vertrag genannte Kaufpreis 49.895.825 € - der Betrag, mit dem Genussrechte erworben worden seien - im Juni 2008 noch nicht bekannt gewesen sei und daher der Vertrag nicht vom Juni 2008 stammen könne.
84Die Prospektangaben zum Vorgängerfonds seien nicht fehlerhaft. Sie seien im Übrigen auch nicht wesentlich, da sie keinen Einfluss auf den Wert der Beteiligung an dem hier streitgegenständlichen Fonds gehabt hätten. Die Aussage im Prospekt, dass ein Gewinn i.H.v. 30.000.000 AED realisiert worden sei und dies frühzeitig die kalkulatorischen Vorabausschüttungen der VI. W KG für 2009 und 2010 gesichert habe, sei im Zusammenhang zu sehen. Es habe kein Zweifel daran bestanden, dass die Gewinne nicht bereits vereinnahmt worden seien, sondern nach Erbringung der erforderlichen Gegenleistungen, insbesondere der Fertigstellung der Tower-Gebäude anfielen und zunächst immerhin kalkulatorisch, also lt. Finanzplan die versprochenen Ausschüttungen hätte einkalkulieren lassen, sofern die übrigen Prämissen vorlägen (Baugenehmigungen, Erstellung bis Fertigstellung der Tower Gebäude, Zahlung der fälligen Kaufpreisraten durch die Käufer). Diese Selbstverständlichkeit, die sich aus der Art der betriebenen Geschäfte und aus dem Sachzusammenhang ergäbe, hätten an diesen Prospektstellen nicht noch zusätzlich aufgeführt werden müssen. An keiner der drei Prospektstellen sei zu lesen, dass die Gewinne bereits angefallen oder gar ausgezahlt worden seien. Es ergebe sich lediglich, dass die Gewinne (wo immer sie auch anfielen, nämlich in der Tat bei der F) die versprochenen Ausschüttungen rechnerisch/kalkulatorisch absicherten, weil die enormen bei der Genussrechtsschuldnerin aus den Verkäufen einkalkulierten Gewinne einen entsprechend erfolgreichen Verkauf der Genussrechte, deren Marktwert sich nach dem Gewinn der Genussrechtsschuldnerin gerichtet habe, erwarten ließen.
85Überdies seien alle gerügten etwaigen Prospektfehler nicht wesentlich, da sich der Kläger auch vom prospektierten Risiko des Totalverlustes nicht habe abhalten lassen, die Beteiligung zu zeichnen. Im Übrigen hätten die Beklagten nicht schuldhaft gehandelt. Der Prospekt sei inhaltlich von einem international anerkannten Experten (RA Q, seinerzeit Partner bei der Streithelferin zu 7) ausgearbeitet worden und schon während der Prospektentwicklung von der Streithelferin zu 8, der Wirtschaftsprüfergesellschaft S begleitet worden. Der Beklagte zu 2 habe auf die Formulierungen im Prospekt keinen Einfluss ausgeübt. Es habe dem Beklagten daher aufgrund der eingeholten sachverständigen Beratung in jedem Fall das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit gefehlt. Die zugezogenen Experten seien stets mit allen angeforderten Informationen versorgt worden.
86Eine deliktische Haftung scheide ebenfalls aus. Bei dem Konto des Beklagten zu 3 in C, auf das die Anlegergelder überwiesen worden seien, handele es sich um ein Clearing-Konto. Aus den Anlegergeldern seien weder Zahlungen an die F2-GmbH noch Ausschüttungen in den Vorgängerfonds finanziert worden. Mit den Anlegergeldern seien Genussrechte erworben worden. Die F habe 248.509.275 AED in Immobilienprojekte investiert (vgl. Bestätigung M2, Anlagen zum Schriftsatz des Beklagten zu 2 vom 16.5.2012, Bl. 364 ff.). Zur Haftung der Beklagten zu 4 und 5 sei die Begründung der Klägerin unzureichend. Die Beklagte zu 5 habe keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der Fondsgesellschaft genommen und eine völlig untergeordnete Rolle gespielt.
87Der Feststellungsantrag zum Annahmeverzug sei unbegründet, da die Gegenleistung nicht ordnungsgemäß angeboten worden sei, erst recht nicht außergerichtlich.
88Der Beklagte zu 3 macht u.a. geltend, dass die öffentliche Zustellung unzulässig gewesen sei, so dass die Klage ihm gegenüber nicht wirksam, jedenfalls nicht in unverjährter Zeit, erhoben worden sei, da die Zustellung nicht demnächst i.S.d. § 167 ZPO erfolgt sei. Sämtlicher Vortrag, der nach Ablauf der spezialgesetzlichen Verjährungsfrist gehalten worden sei, könne zur Anspruchsbegründung nicht mehr herangezogen werden. Der Beklagte zu 2 sei nicht prospektverantwortlich und er, der Beklagte zu 3, erst recht nicht. Er sei nicht Anspruchsgegner im Sinne von § 13 VerkProspG, insbesondere sei er weder Hintermann noch faktischer Geschäftsführer. Prospektfehler lägen nicht vor. Soweit das Konsolidierungskonzept, das Rechtsanwalt Q erstellt habe, ihn als maßgebenden Akteur ausweise (Anlage Ks 13), sei der Inhalt eines nicht autorisierten Aktenvermerks nicht bedeutsam (Bl. 111 d.A.). Die gerügten Prospektfehler seien nicht wesentlich i.S.d. § 44 BörsG aF; zudem habe der nicht involvierte Beklagte zu 3 keine Kenntnis gehabt (Hinweis auf § 45 BörsG aF). Etwaige Prospektfehler seien nicht ursächlich geworden, § 45 Abs. 2 Nr. 2 BörsG aF. Eine deliktische Haftung scheide aus.
89Der Beklagte zu 6 verweist u.a. darauf, dass eine Kontrolle der Verwendung der Anlegergelder in C nicht prospektiert gewesen sei und nimmt auf die Senatsentscheidung in 34 U 240/12 betreffend den Fonds W V Bezug. Kein einziges Tatbestandsmerkmal eines Betruges sei verwirklicht worden.
90Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird im Übrigen auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat den Kläger und den Beklagten zu 2 persönlich angehört. Es wird auf das Sitzungsprotokoll vom 26.11.2013 nebst Anlage (Bl. 735 ff. d.A.) und den sämtlichen Parteien übermittelten Berichterstattervermerk vom selben Tage Bezug genommen (vgl. Bl. 740 f. d.A.).
91B.
92Die zulässig erhobene Berufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg.
93Der Prospekt des W VII ist mangelhaft (vgl. I.). Der Klägerin steht deswegen ein Anspruch auf Ersatz des Anlagebetrages mitsamt Agio nebst Rechtshängigkeitszinsen gegen die Beklagten zu 2 und 3 aus § 13 VerkProspG i.V.m. §§ 44 ff. BörsG aF zu (vgl. II.). Gegen die Beklagten zu 1, 4 und 5 beruht der Anspruch auf Prospekthaftung im weiteren Sinne (c.i.c., jetzt §§ 280, 311 BGB, vgl. III.). Die Berufung bezüglich des Beklagten zu 6 war hingegen zurückzuweisen (vgl. IV.).
94I. Mängel des Prospekts
95Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig, verständlich und vollständig aufgeklärt werden, wozu auch eine Aufklärung über Umstände gehört, die den Vertragszweck vereiteln können (BGH, Urteil vom 09.07.2013 – II ZR 9/12, juris Rn. 33). Die Aufklärungspflicht erstreckt sich auch auf solche Umstände, von denen zwar noch nicht feststeht, die es aber wahrscheinlich machen, dass sie den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden. Für die Frage, ob ein Emissionsprospekt unrichtig oder unvollständig ist, kommt es nicht allein auf die darin wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern wesentlich auch darauf an, welches Gesamtbild er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt (BGH, Urteil vom 14.05.2013 – XI ZR 335/11, juris Rn. 25 mwN).
96Auf diese im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung entwickelten Grundsätze kann auch im Rahmen von § 13 VerkProspG a.F. zurückgegriffen werden. § 13 VerkProspG a.F. begründet die Haftung des Prospektverantwortlichen für unrichtige oder unvollständige, für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlicher Angaben. Hierbei sind solche Angaben als wesentlich im Sinne von § 13 Abs. 1 VerkProspG aF anzusehen, die ein Anleger "eher als nicht" bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde (BGH, Urteil vom 14.05.2013 – XI ZR 335/11, juris Rn. 26 mwN). Die Darlegungs- und Beweislast für einen wesentlichen Prospektfehler trifft den Anspruchsteller.
97Entgegen der Auffassung der Streithelferin zu 7 sind europarechtliche Vorgaben zur Bestimmung des maßgeblichen Beurteilungsmaßstabs nicht einschlägig. Die Prospektpflicht und Prospekthaftung für nicht in Wertpapieren verbriefte Anlageformen des Grauen Kapitalmarkts, die im Rahmen des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes erstmals zum 1.7.2005 eingeführt worden ist, ist nicht in Umsetzung einer EG-Richtlinie normiert, sondern „rein auf nationaler Ebene“ entwickelt worden (vgl. Referentenentwurf eines Anlegerschutzverbesserungsgesetzes, ZBB 2004, S. 168, 169, 191).
98Im Übrigen sind die Maßstäbe geklärt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines durchschnittlichen Anlegers abzustellen, der als Adressat des Prospekts in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 14.05.2013 aaO Rn. 27 mwN; vgl. auch Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl. 2010, §§ 44, 45 BörsG Rn. 27: „Bezugspunkt ist die objektivierte Sicht eines Erwerbers der Wertpapiere.“; Groß in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2009 BoersG 2007 § 45 Rn. IX405: „durchschnittlicher, verständiger Anleger“).
99Der hiesige Anlageprospekt hat sich auf den sog. Grauen Kapitalmarkt bezogen und wendet sich in seinem Vorwort an Anleger, die „Interesse an einer Investition in einem faszinierenden Land mit dynamischer Wirtschaftkraft haben“. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Prospekt nur einem bestimmten ausgewählten Publikum zugänglich gemacht worden wäre. Die Mindestbeteiligungshöhe betrug 10.000 € (S. 123 des Prospekts); es ist aus den zahlreichen anhängigen Parallelverfahren gerichtsbekannt, dass sich eine Reihe von Anlegern mit eher niedrigen Summen beteiligten. Gleichwohl heißt es auf S. 15 des Prospekts:
100„Bei Nichteintritt der Prognosen kann es zum Totalverlust der gezeichneten Einlage (inkl. Agio) kommen. Das Beteiligungsangebot richtet sich deshalb an erfahrene Anleger, die solche Verluste im Rahmen einer entsprechenden Portfolio-Mischung in Kauf nehmen können.“
101Aus den auf 15 ff. dargestellten Risiken kann der den Prospekt mit der gebotenen Sorgfalt studierende Leser erkennen, dass es sich um eine spekulative Anlage mit einem Totalverlustrisiko handelte, so dass die Beteiligung nur für solche Anleger in Betracht kam, die bereit waren, ein solches Risiko einzugehen. Das führt entgegen der zuletzt von den Beklagten bzw. der Streithelferin zu 7 angedeuteten Auffassung indes nicht dazu, dass die Risiken der Beteiligung verkürzt, beschönigend oder unzutreffend dargestellt werden dürften. Auch Anleger, die ein erkanntes Risiko einzugehen bereit sind, sollen durch die Prospekthaftung davor geschützt werden, eine Beteiligung in Unkenntnis weiterer, nicht offenbarter Risiken einzugehen. Die Prospektverantwortlichen sollen mittels der Haftungsandrohung angehalten werden, ein wahrheitsgetreues, vollständiges und auch realistisches Bild der beworbenen Beteiligung zu zeichnen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dadurch der Absatz der Anlage leidet (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.1982 – II ZR 175/81, juris Rn. 31). Ob risikobereite Anleger in Kenntnis eines im Prospekt nicht oder nicht vollständig dargestellten Risikos die Beteiligung trotzdem gezeichnet hätten, ist keine Frage der Wesentlichkeit eines Prospektmangels, sondern der – individuell zu bestimmenden – Kausalität. Für die Frage der Wesentlichkeit kommt es danach auf eine typisierende Betrachtung aus der Sicht des Adressaten des Beteiligungsangebots nach der vom Bundesgerichtshof aufgegriffenen Formel „eher als nicht“ (BGH, Urteil vom 14.05.2013, aaO) an.
102Danach erweist sich der Prospekt für den W VII Fonds – in mehrfacher Hinsicht – als mangelhaft:
1031. Unzureichende Risikohinweise zu Re-Investments und Fremdfinanzierungsbedarf
104Die Klägerin rügt zu Recht, dass die Risikohinweise zur Möglichkeit der Re-Investments und dem sich daraus ergebenden Fremdfinanzierungsbedarf unzureichend sind.
105In einem Verkaufsprospekt für Vermögensanlagen muss gemäß § 9 Abs. 1 Verkaufsprospektverordnung insbesondere angegeben werden, für welche konkreten Projekte die Nettoeinnahmen aus dem Angebot genutzt werden sollen, und, ob die Nettoeinnahmen allein für die Realisierung des Projektes ausreichen. Die Angaben im vorliegenden Prospekt, die Nettoeinnahmen reichten für die Investition aus und eine Aufnahme von Fremdkapital sei „voraussichtlich“ bzw. „scheine“ nicht erforderlich, waren bereits im Zeitpunkt der Prospektherausgabe erkennbar unzutreffend.
106Mit den Anlegergeldern sollten – und mussten im Hinblick auf die Änderung der steuerrechtlichen Rechtslage – bis spätestens zum 31.12.2008 die Genussrechte erworben werden. Die Möglichkeit zum Re-Investment bestand für Anleger früherer W-Fonds, deren Auflösung zum 31.12.2008 erfolgte (W II bis V). Dass die Abfindungsguthaben aus diesen Beteiligungen indes nicht schon zum 31.12.2008 zur Verfügung standen, ist unstreitig. Keiner der Vorgängerfonds befand sich bis zum Jahresende 2008 in einem Stadium, in dem die Schlussausschüttung an die Anleger tatsächlich erfolgen konnte. Schließlich war unter Berücksichtigung der bis zum 31.12.2008 erzielten Erlöse erst die Schlussbilanz zu erstellen, auf deren Grundlage die Ergebnisbeteiligung vorgenommen und das Auseinandersetzungsguthaben eines Anlegers errechnet werden konnte. Insoweit stand fest, dass aus den Re-Investitionen zum Jahresende 2008 kein Kapital für Investitionen der W VII Fondsgesellschaft fließen würde, die aus steuerrechtlichen Gründen jedoch zwingend bis zum 31.12.2008 vorzunehmen waren. Es ist daher schlicht falsch und stellt nach der Überzeugung des Senats eine bloße Schutzbehauptung dar, wenn die Beklagten sich nunmehr in zweiter Instanz pauschal darauf zurück ziehen, man sei davon ausgegangen, dass die Einlagenzahlung auch bei den Re-Investments rechtzeitig vor dem 31.12.2008 erfolgen würde. Die Beklagten setzen sich damit über die von ihnen selbst zugestandene Tatsache der mangelnden Auszahlungsreife der Auseinandersetzungsguthaben aus den Vorgängerfonds hinweg und begeben sich zugleich in offenen Widerspruch mit ihrem früheren Verteidigungsvorbringen.
107So haben die Beklagten erstinstanzlich konsequent ausgeführt, die Genussrechtsschuldnerin, also die F, habe von Anfang an einkalkuliert, diese Einlagen vorfinanzieren zu müssen gegen Weiterabtretung der von den Re-Investoren an sie abgetretenen Auseinandersetzungsguthaben (vgl. z.B. SS der Beklagten zu 2, 4 und 5 vom 11.10.2011, S. 30, Bl. 93 d.A.). In erster Instanz haben die Beklagten damit einen aus den Re-Investments resultierenden Finanzierungsbedarf selbst eingeräumt. Es trifft allerdings nicht zu, dass die Genussrechtsschuldnerin die durch die Re-Investments notwendig gewordene Vorfinanzierung übernahm. Vielmehr trug die Finanzierungslast und das sich daraus ergebende Risiko allein die Fondsgesellschaft. Ausweislich der Anlage Ks 40 ist die „Vereinbarung über Sicherungsabtretung“ vom 23.12.2008 – deren Abschluss und Inhalt ist unstreitig – nicht zwischen der Fondsgesellschaft und der Genussrechtsschuldnerin, sondern zwischen der Fondsgesellschaft und der B geschlossen worden. Entgegen der Bezeichnung handelte es sich bei dieser Vereinbarung in erster Linie um einen Darlehensvertrag. Die B verpflichtete sich darin, das im Umfang der Re-Investitionen fehlende Investitionskapital der Fondsgesellschaft als Darlehen zunächst zinslos zur Verfügung zu stellen. Wie aus Ziff. 1 des Vertrages hervor geht, hatte ca. die Hälfte der Gesellschafter das Beteiligungskapital nicht in bar erbracht. Um die rechtzeitige Anschaffung von Genussrechten durch die W VII Fondsgesellschaft zu gewährleisten, sollte die B das Fehlkapital in Höhe von 29.835.000 € – dieses entsprach etwa 50 % des Anlagekapitals – vor dem 31.12.2008 an die Genussrechtsschuldnerin leisten. Das Darlehen sollte mit Fälligkeit der Abfindungsansprüche zurückgeführt und spätestens ab dem 01.01.2010 „in angemessener Höhe“ verzinst werden. Eine Fremdkapitalaufnahme war damit – unabhängig von einer eventuell fehlenden Werthaltigkeit der Auseinandersetzungsansprüche – vorhersehbar unausweichlich, da die Abfindungsansprüche nicht zum 31.12.2008 fällig waren.
108Dementsprechend stand schon im Zeitpunkt der Prospekterstellung fest, dass der Fondsgesellschaft aus den Abtretungen im Jahr 2008 kein Kapital für den Genussrechtserwerb zur Verfügung stehen und sich damit im Umfang der Re-Investments zwangsläufig eine Liquiditätslücke ergeben würde. Diese musste – wie ebenfalls von vornherein feststand – durch eine Zwischenfinanzierung überbrückt werden, weil das Genussrechtskapital im Hinblick auf die anderenfalls ab dem 01.01.2009 anfallende Abgeltungssteuer zwingend im Jahr 2008 zu bilden war. Hinzu kommt, dass die Re-Investments nicht auf eine Quote beschränkt waren. Je mehr Anleger reinvestierten, desto größer waren daher der Liquiditätsengpass, der Finanzierungsbedarf und das damit verbundene Finanzierungsrisiko auf Seiten der Fondsgesellschaft. Wie vorstehend dargelegt, haben tatsächlich ca. die Hälfte der Anleger von der Möglichkeit einer Re-Investition Gebrauch gemacht. Dies steht nicht im Einklang mit den Prospektangaben, denen zufolge eine Fremdkapitalaufnahme voraussichtlich nicht erforderlich sein würde (vgl. Prospekt S. 62). Die Fondsgesellschaft hat vielmehr ein – zudem erhebliches, etwa 50 % der tatsächlich eingeworbenen Anlagergelder von etwa 60 Mio. Euro ausmachendes – Darlehen aufnehmen müssen. Bei fehlender Werthaltigkeit der abgetretenen Auseinandersetzungsansprüche hätte die Fondsgesellschaft die Mittel für die nicht gezahlten Einlagen aus eigenem Vermögen zurückzahlen müssen, ohne dafür bei den Re-Investoren Regress erlangen zu können. Auch wenn die Anleger ihren Abfindungsanspruch an Erfüllungs statt einbringen konnten, galt dies ausweislich der „Vereinbarung über Sicherungsabtretung“ (Anlage Ks 40) nicht für das Darlehen, bei dem die Abfindungsansprüche nur zur Sicherheit an die Darlehensgeberin, die B, abgetreten worden sind. Die Fondsgesellschaft blieb ausweislich der vertraglichen Vereinbarung vom 23.12.2008 im Falle einer mangelnden Werthaltigkeit der abgetretenen Forderungen – entgegen der Auffassung der Beklagten – sehr wohl zur Darlehensrückzahlung verpflichtet und hatte in Konsequenz dessen das beträchtliche Risiko eines Forderungsausfalls zu tragen. Auf diese mit den Re-Investments verbundenen speziellen Risiken, namentlich auf die Liquiditätslücke und das daraus resultierende erhebliche Finanzierungsrisiko, weist der Prospekt an keiner Stelle hin.
109Dass der Vertrag vom 23.12.2008 zwischen der Fondsgesellschaft und der B über die Zurverfügungstellung eines Darlehens erst nach Prospektveröffentlichung und Beitritt der Klägerin geschlossen wurde, ist unerheblich. Der Fehler liegt in der fehlenden Prospektierung des vorhersehbaren Liquiditätsengpasses und der damit erforderlichen Belastung der Fondsgesellschaft mit einer Darlehensverbindlichkeit und einer – hier spätestens für den 01.01.2010 vereinbarten – Zinslast. Dem wird der Prospekthinweis auf die Vergleichbarkeit mit einer fehlenden Vollplatzierung nicht ansatzweise gerecht, im Gegenteil verharmlost dieser die tatsächlich bestehenden Risiken. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch der im Prospekt als möglich ausgewiesene Totalverlust kein Freibrief dafür, andere Risiken unzutreffend oder unvollständig darzustellen. Denn der Anleger soll gerade durch eine umfassende und richtige Darstellung der Risikofaktoren in die Lage versetzt werden, Anlagerisiken zu erkennen, diese einzuschätzen und im Rahmen einer eigenverantwortlichen Abwägung bestehender Chancen und Risiken darüber zu entscheiden, ob er trotz der generellen Möglichkeit eines Totalverlustes die Anlage zeichnet. Nicht zuletzt muss ein Anleger auch beurteilen können, ob das prospektierte Totalverlustrisiko real besteht oder eher rein theoretischer Natur ist. Dementsprechend ist es selbst aus der Sicht eines risikofreudigen Anlegers ein wesentlicher Umstand, wenn der Prospekt verschweigt, dass konzeptbedingt durch Re-Investments eine Zwischenfinanzierung in erheblicher Höhe zwingend erforderlich ist, die das Risiko eines späteren Forderungsausfalls allein auf die Fondsgesellschaft und damit letztlich auf den Anleger abwälzt.
110Verjährung liegt nicht vor. Den Vorwurf der mangelnden Prospektierung der aus den Re-Investments resultierenden Liquiditätsengpässen und den diesbezüglich fehlenden Risikohinweisen hat die Klägerin in der Klageschrift und damit rechtzeitig vorgetragen.
1112. Mangelhafte Darstellung des Fondskonzepts
112Ebenfalls in einem für die Anlageentscheidung wesentlichen Punkt mangelhaft ist die Darstellung des Geschäftsmodells der F. Im Prospekt wird der zentrale Tätigkeitsbereich der Genussrechtsschuldnerin (Fs in projects), durch deren – erfolgreiche – Geschäftstätigkeit letztlich über die Genussrechte die Gewinne der Fondsgesellschaft W VII erzielt werden sollten, unzureichend und irreführend dargestellt.
113Die Klägerin beanstandet zu Recht, dass der Schwerpunkt der geschäftlichen Tätigkeit verschleiert und suggeriert wird, die Genussrechtsschuldnerin führe vorwiegend Käufer/Verkäufertätigkeiten auf dem Immobilienmarkt aus. Zum eigenen Erwerb von Immobilien habe der F in projects unstreitig bereits die notwendige Lizenz gefehlt. Sie sei nur auf dem Geschäftsfeld „Gewinnbeteiligungen an vergleichbaren Geschäften Dritter“ tätig geworden. Sie habe dazu sogenannte „profit participation agreements“ geschlossen, die ihr einen bestimmten Betrag als Gewinnbeteiligung zusicherten. Dieses dritte Geschäftsfeld - „Gewinnbeteiligung an vergleichbaren Geschäften Dritter“ - werde im ganzen Prospekt nicht näher beschrieben.
114Zu den für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umständen gehört, sofern die Anlagegesellschaft - wie hier - in eine Beteiligung an einem dritten Unternehmen investiert, die Darstellung des Geschäftsmodells dieses Unternehmens sowie der damit verbundenen Chancen und Risiken (vgl. BGH, Urteil vom 7.12.2009 – II ZR 15/08, zitiert nach juris, Rn. 18).
115Bei dem W VII Fonds bildeten die Genussrechte den einzigen Investitionsgegenstand. Die Fondsgesellschaft sollte ausschließlich durch den Verkauf der Genussrechte Einnahmen erzielen (vgl. S. 12, 16, 77 des Prospekts). Ein gewinnbringender Handel mit den Genussrechten war indes nur im Falle einer erfolgreichen Geschäftstätigkeit der Genussrechtsschuldnerin möglich, schließlich hing davon ab, ob überhaupt und zu welchem Preis sich Käufer für die Genussrechte finden lassen würden. Für das wirtschaftliche Gelingen des W VII Fonds war dementsprechend die Geschäftstätigkeit der Genussrechtsschuldnerin von zentraler Bedeutung, weil hierdurch der Marktwert der Genussrechte bestimmt wurde. Damit ein Anleger sich ein ausreichendes Bild von der Kapitalanlage – insbesondere von der Investitionstätigkeit des W VII – machen konnte, war es damit zwingend erforderlich, auch das Geschäftsmodell der F darzustellen. Mit diesem stand und fiel der Erfolg des Fonds, so dass ein Anleger die Chancen und Risiken der Genussrechtsbeteiligung nur dann beurteilen konnte, wenn er sich auch einen Überblick über die Geschäftstätigkeit der Genussrechtsschuldnerin anhand des Anlageprospekts verschaffen konnte.
116Diesen Anforderungen wird die Prospektdarstellung nicht gerecht. Auf S. 82 heißt es:
117„Die Genussrechtsschuldnerin kann beim Erwerb und Verkauf von Immobilienprojekten grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Vertragspositionen einnehmen: Projektentwickler und Erwerber/Verkäufer von nicht hergestellten Immobilieneinheiten. In der Position als Projektentwickler, auch in Form eines Joint Venture mit einem lokalen Partner, erwirbt die Genussrechtsschuldnerin ein Grundstück und verpflichtet sich zur Durchführung eines bestimmten Bauvorhabens ..... Es ist jedoch auch möglich, die Vertragsposition als Projektentwickler wieder zu übertragen.... Primär möchte die Genussrechtsschuldnerin jedoch nicht als Projektentwickler auftreten, sondern lediglich Einheiten geplanter Immobilienprojekte erwerben und durch Weiterverkauf von der zwischenzeitlichen Wertsteigerung profitieren. . .. Zum Projektgeschäft der Emittentin gehört auch jede Form der Gewinnbeteiligung an vergleichbaren Geschäften durch Dritte."
118Diese Beschreibung ist schon deswegen inhaltlich unrichtig und unklar, weil im letzten Satz nicht die Emittentin, sondern die Genussrechtsschuldnerin gemeint ist wie der Beklagte zu 2 bei seiner persönlichen Anhörung bestätigt hat. Darüber hinaus ist nach Überzeugung des Senats die Darstellung der Geschäftstätigkeit der Genussrechtsschuldnerin aber insbesondere deshalb irreführend, weil die F selbst gar keine Immobilien erwerben konnte. Hierzu fehlte ihr – unstreitig – die in C erforderliche Lizenz. Auf diesen erheblichen Aspekt der fehlenden Erlaubnis für den Immobilienhandel, der die Genussrechtsschuldnerin beim Immobilienhandel stets von anderen Unternehmen abhängig machte und sie in die Rolle eines nur „mittelbaren Akteurs“ verwies, wird im Prospekt ebenso wie auf die damit verbundenen Risiken einschließlich der Auswirkungen auf die eigene Gewinnmarge an keiner Stelle hingewiesen. Insoweit vermitteln die vorzitierten Prospektangaben in zweifacher Hinsicht einen unzutreffenden Eindruck von der Geschäftstätigkeit der Genussrechtsschuldnerin. Zum einen wird beim Anleger die unzutreffende Vorstellung geweckt, die Genussrechtsschuldnerin könne selbst Immobilien erwerben. Zum anderen wird als primär beabsichtigte Geschäftstätigkeit der Erwerb und Weiterverkauf geplanter, aber noch nicht errichteter Immobilienprojekte beschrieben. Erst im Zusammenhang mit der knappen Prospektaussage auf Seite 11 und der Darstellung des Managementvertrags zwischen der Genussrechtsschuldnerin und der B wird im Prospekt insoweit zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass für sie die B tätig wird. Indes ist auch die prospektierte Behauptung, dabei trete die B als Stellvertreter oder Kommissionär gegen eine marktübliche Vergütung auf (vgl. S. 83 des Prospekts), unzutreffend.
119Faktisch ist an Stelle der avisierten Vertreter- und Kommissionsgeschäfte ausschließlich die auf Seite 82 des Prospekts angeführte dritte Variante einer Geschäftstätigkeit der Genussrechtsschuldnerin in Form einer „Gewinnbeteiligung an vergleichbaren Geschäften durch Dritte“ praktiziert worden. Diese wird indes durch die Formulierung „zum Projektgeschäft der Emittentin gehört auch“ als nachrangig dargestellt und nicht weiter erläutert, so dass die nähere Ausgestaltung dieses Geschäftsmodells vollkommen offen bleibt. Wie sich aus den zur Akte gereichten sog. „profit participation agreements“ ergibt, erschöpfte sich diese dritte Geschäftsvariante in dem Abschluss bloßer Finanzierungs- und Gewinn-Partizipationsverträge. So waren bei Prospekterstellung mehrere „profit participation agreements“ zwischen der F und der B abgeschlossen worden, denen zufolge die F ausschließlich an den Gewinnen der B beteiligt wurde und weder selbst noch durch einen Stellvertreter oder Kommissionär Immobilien erwarb oder damit handelte. Die Streithelferin zu 8 führt unter den ihr für das Prospektgutachten für W VII vorliegenden Unterlagen fünf „profit participation agreements“ auf (bei denen allerdings nur drei Daten genannt sind, nämlich 02.10.2007, 16.10.2007 und 25.6.2008; Anlage B 5, dort S. 6). Vorgelegt ist ein „profit participation agreement“ vom 02.10.2007 zwischen der F und der B bezüglich der Y Twin Towers (Anlage Ks 65) und ein „profit participation agreement“ vom 16.10.2007 zwischen der F und der B bezüglich des X Towers (Anlage Ks 66). Von dem Abschluss eines „profit participation agreements“ für W VII berichtet der Fonds selbst in einer Pressemitteilung, nach der diese Vereinbarung bereits Ende Juni 2008 unterzeichnet worden sei (Anlage KS 29). In der Pressemitteilung heißt es unter dem Datum 4. Juli 2008
120„VII. W KG – Gewinn-Partizipationsregelung über insgesamt 40.000.000,- AED für das erste Trading-Objekt, dem ESCAN- Tower, unterzeichnet
121Mit Weiterverkauf der oben genannten fünf Büroetagen wird die F für die VII. W KG einen Gewinn in Höhe von 20.000.000 AED realisieren – und würde damit bei einem Fondsvolumen von 25. Mio EUR bereits die erste kalkulatorische Vorabausschüttung in 2010 sicherstellen. Gleiches gilt auch für den Fall dass die B die Apartmentflächen in den Stockwerken 36 bis 40 vollständig verkauft. Der dadurch realisierte Gewinn würde dann schon die zweite kalkulatorische Vorabausschüttung in 2011 sicherstellen. Diese Gewinnbeteiligungs-Regelung wurde Ende Juni in C unterzeichnet.“
122In der Gesamtschau ist die Beschreibung des Geschäftsmodells der Genussrechtsschuldnerin unvollständig und irreführend. Selbst wenn der Anleger bei gründlicher Lektüre dem Anlageprospekt noch zu entnehmen vermag, dass die Genussrechtsschuldnerin am Immobilienmarkt nicht selbst tätig werden würde, muss er aufgrund der Prospektdarstellung auf Seite 82 und des Managementagreements davon ausgehen, die Genussrechtsschuldnerin würde schwerpunktmäßig jedenfalls im Rahmen von Kommissions- und Stellvertretergeschäften Sachwerte oder zumindest Anwartschaften erwerben. Tatsächlich war dies nicht der Fall und – wie die im Zeitpunkt der Erstellung des Prospektprüfungsgutachtens bereits vorliegenden „profit participation agreements“ belegen – von Anfang an auch nicht beabsichtigt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es für den Anlageentschluss von entscheidender Bedeutung, ob der Prospekt eine zumindest mittelbare Investition der Anlegergelder in Sachwerte suggeriert, während tatsächlich nur in Gewinnbeteiligungen an Projekten anderer Gesellschaften investiert wurde. Wie prospektiert hing der Fondserfolg wesentlich vom wirtschaftlichen Erfolg der Genussrechtsschuldnerin ab (vgl. S. 15 des Prospekts). Soweit im Prospekt im Rahmen der Erläuterung der zweiten „Art von Vertragsposition“ der Genussrechtsschuldnerin als Erwerber/Verkäufer von nicht hergestellten Immobilieneinheiten aufgeführt ist, dass diese als Erwerber in diesem Fall kein Eigentum am Objekt erlangt, ändert dies nichts. In diesem Falle scheitert ein Eigentumserwerb der Genussrechtsschulderin allein daran, dass konzeptgemäß bereits vor Fertigstellung der Gesamtimmobilie ein Verkauf einzelner Einheiten erfolgen sollte. Der Genussrechtsschuldnerin würde aber bei diesem Geschäftsmodell bis zum gewinnbringenden Verkauf der Immobilieneinheiten zumindest eine mittelbare dingliche Rechtsposition erwachsen. Eine klare und vollständige Darstellung des tatsächlich praktizierten Geschäftsmodells der Genussrechtsschuldnerin im Prospekt war demnach wesentlich, um dem Anleger vor der Anlageentscheidung überhaupt erst ein vollständiges Bild von der Beteiligung zu verschaffen.
123Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung des Beklagtenvertreters zu 3 besteht eine dahingehende Aufklärungspflicht nicht erst seit Bekanntwerden der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7.12.2009. Die Anforderungen an die geschuldete vorvertragliche Aufklärung des zukünftigen Vertragspartners werden durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zwar konkretisiert, die Aufklärungspflicht über alle wesentlichen Umstände jedoch nicht erst begründet. Zur Darstellung sämtlicher für die Anlageentscheidung wesentlicher Umstände (vgl. schon BGH, Urteil vom 05.07.1993 – II ZR 194/92 = BGHZ 123, 106) gehörte hier die Darstellung des Geschäftsmodells der Genussrechtsschuldnerin, genauso wie bei einem Immobilienfonds nicht auf die Beschreibung der Immobilie verzichtet werden kann. Denn in beiden Fällen stellen sie das einzige Anlageobjekt des Fonds dar. Unabhängig davon ist eine wie hier unzutreffende Darstellung, selbst wenn sie nicht geschuldet gewesen wäre, stets pflichtwidrig.
1243. Fehlerhafte Angabe zum Wert der Genussrechte
125Unstreitig ist der Prozentsatz, auf den die Genussrechte einen Anspruch gegen die F vermitteln, im Prospekt mit 22 % unzutreffend angegeben (S. 83 des Prospekts):
126„Der maximale Gewinnanteil beträgt jährlich 22 % nominal berechnet auf das von der Gesellschaft begründete Genussrechtskapital und die vorangegangenen Gewinnbeteiligungen.“
127Tatsächlich bestand nur ein Anspruch in Höhe von 20 %. Dies ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deswegen irrelevant, weil den Gesellschaftern nur eine Vorabausschüttung in Höhe von 12 % nominal berechnet auf die von ihnen geleistete Einlage in Aussicht gestellt wurde und dafür auch eine nur 20 % Gewinnbeteiligung rechnerisch tatsächlich ausreichend war. Es liegt auf der Hand, dass es für den Marktwert und die Verkaufsmöglichkeit der Genussrechte – und einzig und allein davon hing der Fondserfolg ab – eine Rolle spielte, ob das Genussrecht einen Anspruch auf 20 oder 22 % nominal berechnet auf das Genussrechtskapital und die vorangegangenen Gewinnbeteiligungen vermittelte, wobei sich die zunächst mit zwei Prozentpunkten eher geringfügige Abweichung von Jahr zu Jahr potenzierte. Der Hinweis der Beklagten, die Gewinndeckelung auf 20 % habe für den Handel mit den Genussrechten nicht gegolten und sich erst Ende 2018 bei Fälligkeit der Ansprüche gegen die F ausgewirkt, verkennt die Zusammenhänge. Es ist schlicht unplausibel, dass der Handel mit den Genussrechten zu Preisen erfolgen soll, die selbst im günstigsten Fall von den darin verbrieften Gewinnansprüchen nicht gedeckt werden. Warum sollte ein Erwerber der Genussrechte dafür mehr zahlen, als er maximal bei der Fälligkeit Ende 2018 dafür von der F erhalten kann? Dass er das Genussrecht vor 2018 weiterverkaufen kann, ändert nichts daran, dass er schwerlich einen Käufer finden wird, der ihm dafür mehr zahlt als darin verbrieft ist. Die entgegenstehenden Behauptungen der Beklagten zu 2, 4 und 5 im Schriftsatz vom 18.12.2013, S. 4 („geringe Differenz wird in einem boomenden Markt um ein Vielfaches ausgeglichen“) verfangen daher nicht. Die falsche Prospektangabe zur Gewinnberechtigung der Genussrechtsgläubiger ist daher relevant, da sie eine für die Wertentwicklung der Genussrechte und damit letztlich für die Gewinnerwartung des Anlegers wesentliche Aussage beinhaltet.
1284. Falsche Angaben zum Erfolg der Vorgängerfonds
129Grob irreführend ist auch die mehrfach prospektierte Aussage, der Vorgängerfonds W VI habe zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe bereits 30 Mio. AED Gewinne realisiert.
130In dem Verkaufsprospekt zum VII. Fonds heißt es im Vorwort auf S. 5 bezüglich des werbemäßig angeführten VI. Fonds: „Die drei außergewöhnlichen Tower mit ihren insgesamt rund 100 Stockwerken (exklusive des „K2 Business Centers“) konnten noch vor Fondsplatzierung von der B, C, vollständig verkauft und dadurch ein Gewinn in Höhe von 30.000.000,- AED realisiert werden. Dies sicherte frühzeitig die kalkulatorischen Vorabausschüttungen der VI. W KG für 2009 und 2010.“ Die gleiche Äußerung findet sich auf S. 11 und auf S. 41 des Prospekts sowie in dem Internetauftritt der Fondsgesellschaft. Der Kläger rügt zu Recht, dass bei dem Fonds VI die Gewinne des Fonds nur aus dem Handel mit den Genussrechten resultieren konnten, mit dem aber erst nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist überhaupt begonnen werden konnte. Der Hinweis auf die Sicherung der kalkulatorischen Vorabausschüttung erweist sich daher ebenfalls als falsch.
131Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten, waren Grundlage für die Gewinnansprüche der F beim W VI Fonds drei „profit participation agreements“. Zwei der drei „profit participation agreements“ sind vorgelegt als Anlage Ks 65 ff.. Daraus ergibt sich – wie von der Klägerin vorgetragen – dass die F an den Projekten Y Twin Towers 13 Mio. AED und an dem X Tower 15 Mio. AED verdienen sollte. Die Ansprüche sollten zwölf (Y Twin Towers) bzw. vierundzwanzig Monate (X Tower) nach vollständigem Verkauf der Towerflächen fällig werden. Außerdem soll eine Gewinnbeteiligung von 2 Mio. AED aus einem dritten „profit participation agreement“ resultieren (vorgelegt in 34 U 188/12).
132Wie die Beklagten selbst eingestehen, waren die Gewinne nicht bereits vereinnahmt, sondern konnten erst nach Erbringung der erforderlichen Gegenleistung anfallen. Nach der Berufungserwiderung der Beklagten zu 2, 4 und 5 (Bl. 557 ff. d.A.) hing die Vereinnahmung der Gewinne durch die F tatsächlich davon ab, dass
133- 134
die erforderliche Gegenleistung erbracht werden würde, insbesondere der Fertigstellung der Towergebäude und
- 135
die übrigen Prämissen vorliegen:
- Baugenehmigungen
137- Zahlung der fälligen Kaufpreisraten durch Endverkäufer.
138Noch hinzu kommt, dass der Gewinn der F den Handel mit den Genussrechten nur mittelbar beeinflusste und daher die Ausschüttungen bei W VI tatsächlich davon abhingen, dass ein etwaig realisierter Gewinn die Nachfrage nach den Genussrechten der W VI stimulierte. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich dabei nicht um „Selbstverständlichkeiten, die sich aus der Art der betriebenen Geschäfte und aus dem Sachzusammenhang ergeben“ (vgl. Berufungserwiderung der Beklagten zu 2, 4 und 5, Bl. 557). Auch wenn der Anleger das Fondsmodell verstanden hatte, suggeriert doch die Formulierung, ein Gewinn sei „realisiert“ worden, dass ein realer Zufluss mindestens bei der Genussrechtsschuldnerin stattgefunden hat. Dies gilt umso mehr, als an anderer Stelle des Pospekts mit der Formulierung „realisierte Gewinne“ eindeutig tatsächlich zugeflossene Einnahmen bezeichnet werden (vgl. beispielhaft S. 83 des Prospekts). Die diversen weiteren Voraussetzungen für einen Erfolg des Vorgängerfonds ergaben sich aus der gerügten Formulierung nicht ansatzweise. Diese ist geeignet, dem Anleger den unzutreffenden Eindruck zu vermitteln, dass der Vorgängerfonds bereits kurz vor der Ausschüttung stand. Davon war zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe für Fonds VII im Juli 2008 schon planmäßig keine Rede, da der Verkauf der Genussrechte beim W VI Fonds erst frühestens Ende 2008 beginnen sollte (vgl. Fondsprospekt VI S. 65 „Der erste Verkauf von Genussrechten soll nicht vor Ablauf eines Jahres nach Vollplatzierung bzw. Fondsschließung erfolgen,…“).
139Die vorstehend erörterten Prospektaussagen bewegen sich auch nicht mehr im Rahmen einer in Emissionsprospekten durchaus zulässigen werbenden Anpreisung. Die Aussagen zu einem angeblich bereits eingetretenen Geschäftserfolg des Vorgängerfonds W VI sind inhaltlich unrichtig und irreführend. Gerade der Hinweis auf die gute Performance eines parallel strukturierten Vorgängerfonds ist für viele Anleger ein durchgreifendes Verkaufsargument und besänftigt etwaige Zweifel am Fondskonzept oder Bedenken hinsichtlich der Beteiligungsrisiken. Der im Prospekt besonders herausgestellte Erfolg eines Vorgängerfonds hat Einfluss auf die mit der Beteiligung verbundene Ertragserwartung und stellt einen wesentlichen Aspekt für die Anlageentscheidung gerade auch eines risikofreudigen Anlegers dar.
1405. Handelbarkeit der Genussrechte
141Schließlich ist das für den erfolgreichen Fondsverlauf alles entscheidende Risiko, keinen Abnehmer für die Genussrechte zu finden, im Prospekt unzureichend dargestellt.
142Im Prospekt findet sich zwar die Angabe, dass ein Risiko bestehe, keinen Erwerber zum prognostizierten Preis zu finden (S. 16 des Prospekts). Dieser Hinweis ist indes vor dem Hintergrund des für den parallel konstruierten Vorgängerfonds W VI bereits am 18.06.2008 abgeschlossenen „Veräußerungs- und Übertragungsvertrag“ (Anlage Ks 27) unzulänglich und nicht geeignet, dem Anleger das tatsächlich bestehende Marktrisiko aufzuzeigen.
143Zwar spricht hier entgegen der Behauptung der Klägerin mehr dafür, dass dieser Vertrag für den W VII Fonds entgegen der englischsprachigen Fassung, die auf den 18.06.2008 datiert ist (Anlage Ks 26), tatsächlich erst am 18.12.2008, also nach Prospekterstellung und Beitritt des Klägers, geschlossen wurde (Anlage Ks 24). Auch hat die Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass dieser Vertrag nur die Interpretation zulasse, die Genussrechte seien noch vor Schließung des Fonds zum Nennwert an die B veräußert worden mit der Folge, dass ein Gewinn aus dem Handel damit denklogisch ausgeschlossen gewesen wäre. Träfe dies zu, wäre das Fondskonzept schlicht betrügerisch gewesen. Auch mag es unter Berücksichtigung der von den Beklagten überreichten Anlage zum Vertrag (Anlage B 10) zutreffen, dass es sich zum einen nur um eine Kaufoption handelte und zum anderen die B verpflichtet gewesen wäre, einen aus einem Gewinn der F resultierenden Wertzuwachs der Genussrechte der Fondsgesellschaft zu vergüten.
144Gleichwohl stellt die Tatsache, dass der unstreitig am 18.06.2008 erfolgte Abschluss eines solchen Vertrages für den parallel konstruierten Vorgängerfonds nicht bei W VII prospektiert worden ist, schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten einen gravierenden Mangel dar. Diese haben selbst geltend gemacht, es habe sich bei dem Vertrag um eine Absicherung gehandelt, falls sich kein dritter Käufer der Genussrechte finde. Dies steht nicht nur im Widerspruch zu ihrer Behauptung, der entsprechende Markt für den Handel mit Genussrechten habe sich 2008 aus dem boomenden Immobilienmarktgeschehen ergeben. Bis zum Eintritt der Banken- und Immobilienkrise im Frühjahr 2009 habe es diesen boomenden Markt gegeben, der auch den gewinnbringenden Verkauf der Genussrechte ermöglicht habe und prognostizieren ließ. Durch den Vertrag über den Ankauf der Genussrechte durch die B und die dahinter stehende Errichtung eines „künstlichen Handels“ offenbaren die Beklagten vielmehr selbst erhebliche Zweifel an der tragenden Säule des Fondskonzepts – dem gewinnbringenden Handel mit den Genussrechten – ohne dies dem Beitrittsinteressenten gegenüber offenzulegen.
145Soweit die Beklagten bestritten haben, dass für W VII von Anfang an ein solcher Vertrag geplant gewesen sei, auch wenn es ihn am 18.06.2008 für W VI gegeben habe, ist dies schon angesichts des parallel konstruierten W VI, der dafür am 18.06.2008 geschlossenen Vereinbarung und der unstreitigen Tatsache, dass die Vereinbarung für W VII wortgleich ist, unplausibel. Aus dem als Anlage Ks 30 vorgelegten Konzept, das offenbar RA Q erstellt hat, ergibt sich, dass bei der Auflegung von W VI der Verkauf der Genussrechte an die B auf der Basis sog. „Put-Optionen“ fest eingeplant war.
146Vor allem hat der Beklagte zu 2 bei seiner persönlichen Anhörung eingeräumt, dass der Rückkauf der Genussrechte durch die F geplant gewesen sei, und dies mit der Bemerkung versehen, wer sonst die Genussrechte hätte kaufen sollen. Der Rückkauf sei nicht erst zum Fälligkeitstermin Ende 2018 geplant gewesen, sondern bereits vorher in Tranchen, um die prospektierten Ausschüttungen von 12 % jährlich zu sichern. Zusätzlich zu der Tatsache, dass von dieser Planung, deren Auswirkungen auf die propagierte Steuerfreiheit der Einkünfte der Anleger zweifelhaft ist, nichts im Prospekt steht, offenbart sie gleichermaßen, dass ernsthafte, offenbarungspflichtige Zweifel an dem Konzept des freien Handels mit den Genussrechten, nach dem sogar noch jährliche Wertzuwächse von 20 % des Nominalwerts der Genussrechte erwirtschaftet werden sollten, von Anfang an bestanden. Die unterbliebene Darstellung dieser Zweifel an der tatsächlichen Handelbarkeit der Genussrechte und der zu ihrer Ausräumung von vornherein beabsichtigten Absicherung durch einen „Veräußerungs- und Übertragungsvertrag“ mit einer weiteren B-Gesellschaft stellt einen wesentlichen Prospektfehler dar, der für die Anlageentscheidung eines Anlegers von zentraler Bedeutung ist.
147II.
148Die Beklagten zu 2 und 3 haften gemäß § 13 VerkProspG iVm §§ 44 ff. BörsG aF für die unter I. dargestellten Prospektmängel als prospektverantwortliche Initiatoren bzw. Hintermänner der Fondsgesellschaft.
1491.
150a) Die Klägerin hat geltend gemacht, dass der Beklagte zu 2 als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer in zahlreichen Gesellschaften der B Gruppe fungiere und daher für den Prospekt verantwortlich sei. Der Beklagte zu 2 ist der Darstellung der Klägerseite nicht substantiiert entgegen getreten, sondern er hat sich vor allem darauf berufen, dass die Klägerin seine Initiatoreneigenschaft nicht hinreichend dargelegt habe. Diese Auffassung teilt der erkennende Senat nicht.
151Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften als so genannte Hintermänner alle Personen, die hinter der Gesellschaft stehen und auf ihr Geschäftsgebaren oder die Gestaltung des konkreten Modells besonderen Einfluss ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen. § 13 VerkProspG bestimmt eine Prospekthaftung derjenigen, „von denen der Prospekt ausgeht“ und trifft damit u.a. die Verwaltungsmitglieder der emittierenden Gesellschaft (BGH, Urteil vom 02.06.2008 – II ZR 210/06, juris Rn. 15 mwN). Dabei kommt es bei der sog. Prospekthaftung im engeren Sinne nicht darauf an, ob sie in dieser Einflussnahme nach außen in Erscheinung getreten sind oder nicht. Anknüpfungspunkt für die Haftung ist, da vertragliche oder persönliche vorvertragliche Beziehungen zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Anleger und diesem Personenkreis nicht zustande kommen, dessen Einfluss auf die Gesellschaft bei der Initiierung des in Frage stehenden Projekts (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, juris Rn. 19 mwN). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Anleger um die Initiatoreneigenschaft der in Anspruch genommenen Person wusste und ob diese Initiatoreneigenschaft bei seiner Anlageentscheidung irgendeine Rolle spielte (vgl. BGH, Urteil vom 24.06.2010 – III ZR 262/09, juris Rn. 9).
152Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist; ausschlaggebend ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist (BGH, Urteil vom 18. September 2012 - XI ZR 344/11, WM 2012, 2147 Rn. 37 mwN; BGH, Urteil vom 14.5.2013 – XI ZR 335/11, juris Rn. 39).
153Danach ist die Prospektverantwortlichkeit des Beklagten zu 2 offensichtlich gegeben. Der Beklagte zu 2 unterliegt der irrigen Vorstellung, Initiatorinnen bzw. Hintermänner der Fondsgesellschaft seien allein die diversen juristischen Personen bzw. Kommanditgesellschaften, die als Prospektherausgeberin bzw. Gründungsgesellschafter verantwortlich zeichnen. Damit verkennt er grundlegend die Zielrichtung der Prospekthaftung im engeren Sinne, die in § 13 VerkProspG kodifiziert worden ist und die gerade die hinter der Gesellschaft stehenden Personen in die Verantwortung nehmen will.
154Der Beklagte zu 2 war ausweislich des Prospekts – Stichwort „Vertragspartner“, S. 73/74 – an allen in Deutschland tätigen Gesellschaften beteiligt, die direkt oder indirekt mit der Fondsleitung, dem Vertrieb oder der Prospektherausgabe befasst waren mit Ausnahme der Treuhandkommanditistin Z GmbH, die aber ausweislich des Treuhandvertrages auf das Fondskonzept keinen Einfluss hatte. Die Beteiligung an diesen Gesellschaften bestand regelmäßig in der Eigenschaft als alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer (so z.B. bei der Fondskomplementärin und Fondsgeschäftsführerin = Beklagte zu 4; ebenso bei der Fondsgründungskommanditistin = Beklagte zu 5 und auch bei der Vertriebsbeauftragten). Hinter der B-Unternehmensgruppe, die nach den eigenen Angaben auf S. 5 des Prospekts alle Fonds platziert hatte, stand der Beklagte zu 2. Er lässt selbst vortragen, dass er die Komplementärgesellschaften geführt und beherrscht habe (Bl. 60 d.A.; vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 7.12.2009 – II ZR 15/08, juris Rn. 21). Das von der Klägerin als Anlage Ks 52 vorgelegte „Unternehmensprofil“ der B2 GmbH, das der Beklagte zu 2 im Rahmen eines email Verkehrs einer Bank in D übersandt hat, belegt dies nachdrücklich:
155„Das Unternehmen wurde 2004 von N (61), Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter, und seinem Sohn N2 (31), Geschäftsführer der B GmbH in C, gegründet. N, der lange Zeit ein Versicherungsdienstleistungsunternehmen besaß, beschäftigte sich während seiner gesamten beruflichen Laufbahn immer mit Analysen zu den Kapitalmärkten. Mit seinem Sohn N2, Finanzspezialist für Fonds, suchte er am Kapitalmarkt nach Alternativen zu den üblichen Geldanlagen. Sie entdeckten den Immobilienmarkt C für sich und entwickelten gemeinsam die Idee und das Konzept einer kurzfristigen und lukrativen Kapitalanlage. Ihre Idee basiert auf dem Modell, das Anleger ihr Kapital in die Projektentwicklungs- und Bauphase eine Immobilie investieren. Bonus der Idee ist der Standort C, der es ermöglicht, eine weitgehend steuerfreie Rendite zu erzielen. Vorteil für den Anleger ist die kurze Laufzeit und das minimierte Risiko gegenüber Immobilien, die ihre Rendite über die Mieteinnahmen erzielen. Direkt vor Ort in C wurden von der B alle notwendigen Rahmenbedingungen geprüft. N2 ist seit Beginn der Unternehmensgründung als Geschäftsführer in C ansässig.“
156b) Nach eingehender Würdigung der von dem Beklagten zu 3) entfaltenen Geschäftstätigkeit und seiner zentralen Rolle bei der Umsetzung der Fondsvorhaben bestehen an seiner Prospektverantwortlichkeit ebenfalls keine Zweifel. Zwar bestreitet der Beklagte zu 3, dass er die Geschäfte des Fonds geführt oder auf Managemententscheidungen Einfluss genommen habe (vgl. Bl. 120 ff. d.A.). Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 3 ist es indes nicht erforderlich, dass er faktischer Geschäftsführer der Fondsgesellschaft war; die Ausführungen dazu sind irrelevant.
157Nach den oben dargelegten Kriterien, die die höchstrichterliche Rechtsprechung für die Annahme der Initiatoren- oder Hintermanneigenschaft aufstellt, reicht es aus, dass der Beklagte zu 3 auf das Geschäftsgebaren der Fondsgesellschaft oder die Gestaltung des konkreten Modells besonderen Einfluss ausgeübt hat und deshalb Mitverantwortung trägt.
158Dies ist schon angesichts der überragenden Bedeutung des Beklagten zu 3 bei der Verwirklichung des Fondskonzepts in C nicht im Ansatz zweifelhaft. Dass der Beklagte zu 3 eine „Schlüsselperson“ für den Erfolg des Fonds ist, ergibt sich unmittelbar aus dem Prospekt. Dieser weist namentlich in Bezug auf den Beklagten zu 3 auf das bestehende „Schlüsselpersonenrisiko“ hin (S. 15 f. des Prospekts). Bei allen in C tätigen Gesellschaften war der Beklagte zu 3 allein geschäftsführend tätig. Alle Fondsgelder – allein bei W VII etwa 60 Mio. Euro – wurden planmäßig auf sein persönliches Konto, über das nur er verfügen konnte, überwiesen. Hinzu kommt, dass bei W VII die Investitionsobjekte der Genussrechtsschuldnerin noch nicht feststanden, es sich also zumindest teilweise um einen mittelbaren blind pool handelte. Die Auswahl der Investitionsobjekte und Immobilienprojekte sollte laut Prospekt die B C vornehmen, deren alleiniger Geschäftsführer der Beklagte zu 3 war (vgl. S. 74 des Prospekts). Die Genussrechtsschuldnerin, deren Gewinne für die Fungibilität der Genussrechtsscheine entscheidend waren, wurde ebenfalls allein von ihm geführt. Der Beklagte zu 3 hat den Genussrechtsvertrag vom 02.10.2007 und den Vertrag über den Eintritt der Fondsgesellschaft vom 19.05.2008 unterzeichnet. Er hat die „profit participation agreements“ ebenso abgeschlossen wie den Kreditvertrag zwischen der Fondsgesellschaft und der Real Estate bezüglich der Zwischenfinanzierung der Re-Investments. Das Fondskonzept basierte auf seinem „Know-how“ und war ersichtlich auf seine Person als „Erfolgsgarant“ der von der B aufgelegten W zugeschnitten. Die Umsetzung des Fondsmodells lag sowohl bezüglich der rechtlichen Rahmenbedingungen als auch geschäftlich in seiner Verantwortung. Unbeschadet seines maßgeblichen Einflusses auf die Geschicke der Fondsgesellschaft – schon dadurch wird seine Prospektverantwortlichkeit begründet – hat der Beklagte zu 3 auch Einfluss auf die Prospektdarstellung gehabt, indem die darin enthaltenen Prognosen auf seiner Marktkenntnis und seinem Marktzugang beruhten. Dies ergibt sich ausdrücklich aus den Prospektinformationen auf S. 15.
159Soweit der Beklagte zu 3 sich darauf zurückziehen will, zum Fondskonzept allein die Idee des „Towerbrandings“ – also der Verknüpfung der zu vermarktenden Immobilien mit den Namen berühmter Sportler – beigesteuert zu haben, wird dies seiner Bedeutung für die Gestaltung und Umsetzung des konkreten Modells schon nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien nicht gerecht. Der Beklagte zu 3 hat bei seiner staatsanwaltschaftlichen Beschuldigtenvernehmung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens selbst eingeräumt, dass er 2004 nach C gegangen sei, um den Immobilienmarkt zu erkunden und in der Folge in Deutschland Immobilienfonds aufzulegen und die vereinnahmten Gelder für Immobilienprojekte in C zu nutzen (vgl. Anlage Ks 1). Die Klägerin hat ein „Memorandum of Understanding“ vom 4.11.2008 vorgelegt (Anlage Ks 42), an dem Rechtsanwalt Q, der Beklagte zu 3 und die B Group, insbesondere die B vertreten durch den Beklagten zu 3 die Grundlage für die weitere Zusammenarbeit legen. Dieses hat der Beklagte zu 3 unterzeichnet; darin wird er als „rechtlicher und/oder wirtschaftlicher Eigentümer der B Group in C“ bezeichnet. Das bereits oben zitierte „Unternehmensprofil“ (Anlage Ks 52) belegt seine von Anfang gegebene Einbindung in die Errichtung der Fondsgesellschaften.
1602.
161a) Die Klägerin hat die Anlage aufgrund des zuvor überreichten Prospekts innerhalb von sechs Monaten nach der Veröffentlichung des Prospekts (04.07.2008) gezeichnet (§ 44 BörsG aF). Die dadurch begründete Vermutung, dass die Klägerin die Beteiligung aufgrund des Prospekts erworben hat, haben die Beklagten nicht widerlegt (§ 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG aF).
162Für die haftungsbegründende Kausalität reicht zunächst der zeitliche Zusammenhang zwischen Prospektherausgabe und Geldanlage. Erwirbt der Anleger die Vermögensanlage innerhalb von 6 Monaten nach Prospektveröffentlichung, wird die Kausalität vermutet (vgl. Drittes Finanzmarktförderungsgesetz, Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs 13/8933 S. 76 f.; BGH, Urteil vom 18.09.2012 - XI ZR 344/11, juris Rn. 42; Schwark/Zimmer, aaO §§ 44, 45 BörsG Rn. 38). Den Beklagten ist der Nachweis, dass der Erwerb der Fondsbeteiligung allein auf anderen Ursachen beruht – etwa der Beratung durch einen Vermittler – nicht gelungen, zumal die Tatsache, dass der Prospekt Grundlage der Anlageentscheidung war, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht einmal bestritten war und die Anleger in der Beitrittserklärung bestätigten, den Prospekt erhalten zu haben. Dass die Kaufentscheidung auch auf andere Beweggründe zurückgeht, reicht für die Widerlegung der Vermutung nicht (vgl. Schwark/Zimmer, aaO §§ 44, 45 BörsG Rn. 46 mwN).
163b) Hinsichtlich etwaiger Prospektfehler berufen sich die Beklagten vergeblich auf fehlende Kenntnis gemäß § 45 Abs. 1 BörsG a.F. Die Beklagten zu 2 und 3 reklamieren, sie hätten mit dem Prospekt nichts zu tun gehabt. Verschulden scheide wegen der Prüfung durch die BaFin, die Beauftragung von Rechtsanwalt Q sowie wegen des Prospektprüfungsgutachtens der Streithelferin zu 8 aus.
164Verschulden setzt im Bereich der gesetzlichen Prospekthaftung Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraus, wobei diese vermutet wird und sich der Schädiger entlasten muss. Die Verschuldensvermutung haben die Beklagten nicht widerlegt.
165Die BaFin-Prüfung entlastet nicht, weil die diesbezügliche Prüfung nach § 8 Buchst. a Abs. 1 Verkaufsprospektgesetz alte Fassung keine inhaltliche Richtigkeitsgewähr bot (vergleiche BGH, Urteil vom 18. September 2012 – XI ZR 374/11, WM 2012, 2147 Rn. 45 mwN; BGH, Urteil vom 14.05.2013 – XI ZR 335/11, juris Rn. 47).
166Ein unvermeidbarer Rechtsirrtum im Hinblick auf die zugezogenen Experten scheidet ebenfalls aus. Die Beklagten durften bei der immer erforderlichen eigenen Bewertung und Plausibilitätskontrolle (BGH, Urteil vom 14. Mai 2007 – II ZR 48/06, WM 2007, 1174 Rn. 18) nicht ohne grobe Fahrlässigkeit davon ausgehen, dass der Prospekt ordnungsgemäß sei (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14.05.2013 – XI ZR 335/11, juris Rn. 46).
167Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss (vgl. BGHZ 89, 296, 303; Urteile vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 und vom 4. Juli 2001 - VIII ZR 279/00, WM 2001, 2012, 2014). Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt (vgl. BGHZ 131, 346, 353 f. mwN; zitiert nach BGH, Beschluss vom 29.6.2010 – XI ZR 308/09, juris Rn. 3, jeweils für einfache Fahrlässigkeit).
168Bezüglich der hier festgestellten erheblichen Prospektmängel, die für die Beklagten zu 2 und 3 als Hintermänner ohne weiteres erkennbar waren, ist schon nicht ersichtlich, dass die Prospektgutachterin oder der für die steuerliche Konzeption und die Prospektgestaltung zugezogene Rechtsanwalt Q, seinerzeit Partner der Streithelferin zu 7, überhaupt die notwendigen Informationen hatten, um diese erkennen und beanstanden zu können.
169Auf wessen Veranlassung hin im Prospekt unzutreffend angegeben worden ist, dass die Genussrechte einen Gewinnanteil von 22 % an Stelle von tatsächlich nur 20 % vermitteln, kann dahin stehen. Die Beklagten zu 2 und 3 wussten aufgrund ihrer Beteiligung an den Genussrechtsvereinbarungen (vgl. Anlage Ks 24 und Ks 38), dass diese Prospektangabe falsch war.
170Für die Frage, ob die Entwicklung des Vorgängerfonds zutreffend dargestellt ist, können die Beklagten nicht die Streithelferinnen verantwortlich machen, da diese mit der laufenden Fondsgeschäftsführung früherer Fonds nichts zu tun hatten. Wie die Beklagten selbst ausführen, lag es für sie selbst hingegen auf der Hand, dass vor der tatsächlichen Realisierung der Gewinne diverse weitere Zwischenschritte (s.o.) erforderlich waren. In welcher Weise die F letztlich vor Ort in C tätig werden sollte und bereits tätig geworden war, konnten weder die S GmbH noch Rechtsanwalt Q beantworten, da dies der alleinige Geschäftsführer, der Beklagte zu 3, entschied. Der Beklagte zu 2 war als Fondsinitiator besser als jeder beauftragte Anwalt über das Konzept im Bilde und musste daher bei der geschuldeten eigenen Plausibilitätsprüfung erkennen, dass die Darstellung zur Tätigkeit der F unvollständig und irreführend war. Wie er bei seiner persönlichen Anhörung angegeben hat, bestand das Konzept eigentlich sogar darin, dass die F laufend die von ihr ausgegebenen Genussrechte zurückkaufen sollte. Das konnte die Streithelferin zu 8 schon mangels entsprechender Informationen nicht beanstanden. Dass – so die Beklagten – die zugezogenen Streithelferinnen stets alle Informationen erhalten hätten, wenn sie diese angefordert hätten, ändert nichts. Ein Informationsbedürfnis setzt Problembewusstsein voraus. Beide Streithelferinnen waren an dem – der Absicherung des Genussrechtshandels dienenden - „Veräusserungs- und Übertragungsvertrag“ zwischen der W VI und der B nicht beteiligt (Anlage Ks 27).
171Ebenso verhält es sich mit der „Vereinbarung über Sicherungsabtretung“ (Anlage Ks 40). Dass die Re-Investments zur Aufnahme von Fremdkapital nötigten, war ohne detaillierte Kenntnis des Verlaufs der früheren Fonds nicht erkennbar. Entsprechend geht die Streithelferin zu 8 in ihrem Prospektprüfungsgutachten von den Prospektangaben aus, ausweislich derer eine Fremdkapitalaufnahme nicht erforderlich sei (Anlage B 5, S. 28). Für die Beklagten zu 2 und 3 hingegen war evident, dass mangels rechtzeitiger Auszahlung etwaiger Guthaben aus früheren Fondsbeteiligungen die für den Erwerb der Genussrechte notwendige Liquidität zwischenfinanziert werden musste und diese Prospektangabe daher ebenso offensichtlich falsch war wie die überhöhte Angabe zur Gewinnberechtigung der Genussrechte.
172Ob die Beklagten konkret auf die Prospektformulierungen Einfluss ausgeübt haben, ist unerheblich. Selbst unterstellt, dass maßgeblich Rechtsanwalt Q den Prospekt formuliert hat, verlangt die Plausibilitätsprüfung und eigene Bewertungsverpflichtung den Beklagten gerade diese Einflussnahme ab. Die Beklagten haben schon nichts konkret dazu vorgetragen, wie sie die Plausibilitätsprüfung vorgenommen haben. Ebenso ist unerheblich, ob die Beklagten die Prospektfehler kannten, da sie für die jedenfalls gegebene grob fahrlässige Unkenntnis haften.
173c) Der Klägerin ist ein Schaden entstanden. Ansprüche gegen die Fondsgesellschaft sind wertlos. Die Fondsgesellschaft W VII ist nach den Angaben des Beklagtenvertreters zu 2, 4 und 5 ohne Insolvenzverfahren im Handelsregister gelöscht und eine Liquidationsbilanz erstellt worden (Protokoll der mündlichen Verhandlung in 34 U 227/12). Die haftungsausfüllende Kausalität wird gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 2 BörsG vermutet. Es genügt eine Mitursächlichkeit, von der sich der Schädiger entlasten müsste (vgl. Hopt, in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012, § 45 BörsG Rn. 2 aE). Zwar kommt es für die haftungsausfüllende Kausalität – anders als bei der Prospekthaftung im weiteren Sinne – nach dem Wortlaut des Gesetzes, der auf die ursprünglich vom Börsengesetz nur erfassten börslich gehandelten Wertpapiere zugeschnitten ist, nicht darauf an, ob sich die Prospektfehler auf die Anlageentscheidung des Anspruchstellers ausgewirkt haben (vgl. Schwark/Zimmer, aaO §§ 44, 45 Rn. 58; Groß in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, aaO BoersG 2007 § 45 Rn. IX 431). Ansprüche sind gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 2 BörsG aF ausgeschlossen, wenn die Anspruchsgegner nachweisen können, dass der fehlerhafte Prospekt nicht zu einer Minderung des – aktuellen (vgl. Heidelbach in Schwark/Zimmer, aaO., § 13 VerkProspG, Rn. 26) – Erwerbspreises geführt oder wenigstens dazu beigetragen hat. Die Beklagten haben die Vermutung nicht widerlegt. Die Fondsgesellschaft ist gelöscht, die Fondsbeteiligung der Klägerin wertlos. Dass dazu die dargestellten erheblichen Prospektfehler nicht beigetragen haben, haben die Beklagten nicht dargelegt. Die Beklagten verweisen pauschal und unsubstantiiert auf die Weltwirtschaftskrise von Oktober 2008, die sich im Frühjahr 2009 als vorher nicht vorhersehbare Immobilien- und Wirtschaftskrise in C gezeigt habe. Ein Beweisantritt ersetzt den Sachvortrag nicht. Wäre ein Hinweis auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung ausreichend, liefe die gesetzliche Prospekthaftung faktisch leer, die gerade „die Regelungslücke für Unternehmensbeteiligungen und Anteile an Treuhandvermögen … [schließen sollte], für die sich in der Vergangenheit anhand von erlittenen Schäden bis hin zum Totalverlust ein besonderer Regelungsbedarf gezeigt hat“ (Referentenentwurf eines Anlegerschutzverbesserungsgesetzes, ZBB 2004, S. 168 (191)).
1743.
175Der Anspruch aus § 13 VerkProspG verjährt gemäß § 46 BörsG aF in einem Jahr seit dem Zeitpunkt, zu dem der Erwerber von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben des Prospekts Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch in drei Jahren seit der Veröffentlichung des Prospekts. Der Emissionsprospekt zum W VII Fonds ist am 04.07.2008 veröffentlicht worden.
176Der Ablauf der Verjährungsfrist ist durch die am 04.07.2011 erhobene Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt worden.
177Zwar ist dem Beklagten zu 2 die Klage erst am 05.10.2011 zugestellt worden (Bl. 52 d.A.). Eine Klageerhebung ist indes auch dann noch rechtzeitig, wenn die Klage vor Fristablauf bei Gericht eingeht und "demnächst" zugestellt wird, denn in diesem Fall wirkt die außerhalb der Frist erfolgte Klagezustellung auf den Zeitpunkt des Klageeingangs zurück, § 167 ZPO. So liegt es hier. Die Klägerin hat alles ihr Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan. Die Zustellung wirkt daher gemäß § 167 ZPO auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage zurück.
178Auch bezüglich des Beklagten zu 3 ist die tatsächliche Zustellung erst nach Ablauf der Verjährungsfrist im November 2011 erfolgt (Bl. 208 d.A.). Dies muss die Klägerin ebenfalls nicht gegen sich gelten lassen, § 167 ZPO. Die Klägerin hat in der Klageschrift die öffentliche Zustellung der Klage bezüglich des Beklagten zu 3 beantragt. Die öffentliche Zustellung war entgegen der Auffassung des Beklagten zu 3 zulässig und ist „demnächst“ i.S.d. § 167 ZPO erfolgt.
179Der Beklagte zu 3 macht zwar geltend, dass er seinen Wohnsitz nach einem Umzug in C von der Anschrift Z2 zum fraglichen Zeitpunkt und noch heute unter der Adresse Q2, Q3, Q4, P.O.Box ##### C unterhalte. Dass eine förmliche Zustellung unter dieser Adresse im Wege eines Rechtshilfeersuchens ein Jahr oder ein wenig länger dauern könne, sei kein Grund, eine öffentliche Zustellung zu bewilligen, da diese Dauer zumutbar sei (Hinweis auf BGH, Beschluss vom 20.1.2009 – VIII ZB 47/08, juris Rn. 13 ff.). Soweit in der Vergangenheit die Übersendung von Schriftstücken gescheitert sein sollte, habe dies an der unvollständigen Wiedergabe der Adresse – ohne P.O.Box – gelegen. Erst kürzlich sei die „Zustellung“ einer Rechnung der Oberjustizkasse Hamm erfolgt, weil bei der Adressierung die P.O.Box korrekt wiedergegeben worden sei (Anlage BB 3.3).
180Aufgrund der von der Klägerin und dem Landgericht angestellten Ermittlungen durfte das Landgericht im Zeitpunkt der Bewilligung der öffentlichen Zustellung gemäß § 185 ZPO davon ausgehen, dass die Voraussetzungen der § 185 Nr. 1 und 3 ZPO vorlagen.
181„Einen unbekannten Aufenthalt der Partei“ durfte das Landgericht aufgrund der angestellten Ermittlungen, für die es in dem die Zustellung anordnenden Beschluss auf das insoweit als Musterverfahren geführte Parallelverfahren 34 U 188/12 (= LG Dortmund 25 O 75/11) Bezug genommen hat, annehmen. Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dem die Zustellung anordnenden Beschluss (Bl. 38 ff. d.A.) Bezug genommen.
182Die Rügen des Beklagten zu 3 greifen nicht durch. Zum klägerseits vorgelegten Haftbefehl aus 2010, aus dem die Klägerin schlussfolgert, dass der Beklagte zu 3 deswegen nicht nach C reisen könne (Anlage Ks 2), äußert sich der Beklagte schon nicht konkret. Der Beklagte setzt der öffentlichen Zustellung vor allem entgegen, dass er tatsächlich einen Wohnsitz in C habe und legt einen Mietvertrag und Versicherungen von Nachbarn und der Vermieterin vor (vgl. Bl. 123 ff, Bl. 135 ff. d.A.). Für die Annahme, dass eine ladungsfähige Anschrift vorliegt, muss indes die Überzeugung bestehen, dass sich der Beklagte zu 3 unter der angegebenen Adresse tatsächlich aufhält. Dies hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise wegen der Ergebnisse der Recherche der beauftragten Kanzlei in C als nicht gesichert angesehen. Die Auskunft der vor Ort in C an der angegebenen Adresse angetroffenen Dame, ihr sei der Namen N2 bekannt, aber weitere Auskünfte gebe sie nicht, berechtigt zu der Annahme, dass eine Zustellung dort nicht erfolgversprechend war, obwohl die Frau zunächst geleugnet hat, N2 zu kennen. Da sie unter der angegebenen Adresse angetroffen wurde, hat sie jedenfalls nicht bestätigt, dass er dort wohnhaft sei. Die Befunde der Kanzlei vor Ort in C will der Beklagte erfolglos anders gewürdigt sehen, dass nämlich die an der Adresse Q2 angetroffene Dame gerade nicht bestätigt habe, dass er dort nicht wohne. Das ändert nichts an der möglichen Würdigung der ermittelten Ergebnisse durch das Landgericht, der sich der erkennende Senat vollumfänglich anschließt.
183Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass die ordnungsgemäße Einhaltung der Zustellungsvorschriften der Verwirklichung rechtlichen Gehörs dient. Dabei kann offenbleiben, ob jeder Zustellungsmangel zu einer Verfehlung dieses verfassungsrechtlich gebotenen Zweckes führt: Jedenfalls ist Art 103 Abs. 1 GG verletzt, wenn eine öffentliche Zustellung erfolgt, ohne dass ihre Voraussetzungen gegeben waren und obwohl eine andere Form der Zustellung ohne weiteres möglich gewesen wäre (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16.10.1987 – 1 BvR 198/87, NJW 1988, 2361).
184Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte hier von Anfang an wegen der laufenden Ermittlungen und der zahlreichen Parallelverfahren im Bilde über die Versuche war, ihm eine Klage zustellen zu lassen, bestehen in Bezug auf die Versagung des rechtlichen Gehörs keine Bedenken. Der Beklagte zu 3 hat in Parallelverfahren über seine späteren Prozessbevollmächtigten bei Gericht anfragen lassen, ob die öffentliche Zustellung bereits bewilligt sei, weil damit das Mandat erteilt werde. Es erscheint vor diesem Hintergrund und angesichts der Rechercheergebnisse sehr viel unwahrscheinlicher, dass der Beklagte von der Klage im Wege einer Zustellung in C mittels Rechtshilfeersuchens erfahren hätte.
185Auch die Voraussetzungen des § 185 Nr. 3 ZPO sind erfüllt. Eine förmliche Zustellung in den Vereinigten Arabischen Emiraten, mit denen kein förmliches Rechtshilfeabkommen besteht, und die zur Verjährung der Ansprüche des Klägers geführt hätte, widerspräche dem Gebot effektiven Rechtsschutzes (vgl. BGH, Beschluss vom 20.1.2009 – VIII ZB 47/08, juris Rn. 17 mwN; Saenger/Eichele, ZPO, 5. Aufl. 2013, § 185 Rn. 7).
186Der Klägerin ist keine von ihr allein verursachte Zustellungsverzögerung vorzuwerfen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 167 Rn. 11). Im hiesigen Verfahren ist die öffentliche Zustellung zwar erst mit Beschluss vom 14.09.2011 bewilligt worden; die Klägerin hat dies aber bereits in der Klageschrift vom 04.07.2011 beantragt.
187Damit hat bereits die Klageerhebung, mit der die Klägerin die vom Senat festgestellten Prospektfehler bereits der Sache nach geltend gemacht hat, den Ablauf der Verjährungsfrist rechtzeitig gehemmt und Verjährung scheidet aus. Eine frühere Kenntnis haben die Beklagten nicht dargelegt und bewiesen. Die Prospektlektüre, auf die die Beklagten nunmehr abstellen wollen, war ungeeignet, dem Anleger die notwendige Kenntnis zu verschaffen, da die Prospektfehler gerade in der unvollständigen oder unzutreffenden Darstellung des Anlagekonzepts und weiterer Risiken liegen.
188III.
189Die Beklagten zu 1, 4 und 5 haben aus Prospekthaftung im weiteren Sinne für die genannten Prospektfehler einzustehen.
190Die Prospekthaftung im weiteren Sinne ist ein Anwendungsfall der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB (st. Rspr., s. etwa BGH, Urteile vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, juris Rn. 9 und II ZR 211/09, juris Rn. 23). Danach obliegen dem, der selbst oder durch einen Verhandlungsgehilfen einen Vertragsschluss anbahnt, gewisse Schutz- und Aufklärungspflichten gegenüber seinem Verhandlungspartner, bei deren Verletzung er auf Schadensersatz haftet (MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rn. 112). Diese Haftung wird durch die spezialgesetzlichen Formen der Prospekthaftung nicht außer Kraft gesetzt (Suchomel, NJW 2013, 1126, 1129 ff.; Nobbe, WM 2013, 193, 204; Wagner in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 15 Rn. 187, aA Reinelt, NJW 2009, 1, 3; zitiert nach BGH, Urteil vom 9.7.2013 – II ZR 9/12, juris Rn. 26).
1911.
192Die Beklagten zu 1, 4 und 5 sind Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft W VII und waren Gesellschafter im Zeitpunkt des Beitritts der Klägerin. Sie gehören damit zum Kreis derjenigen, die den Beitretenden über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, aufzuklären haben (st. Rspr., BGH, Urteil vom 9.7.2013 – II ZR 9/12, juris Rn. 33 mwN). Wenn die Anlage wie hier planmäßig mittels eines Prospekts vertrieben wird, haften die schon beigetretenen Gesellschafter daher auch für fehlerhafte Angaben des Emissionsprospekts. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1 muss dazu nichts weiter hinzutreten. Dies ergibt sich auch nicht aus der zitierten Entscheidung des BGH vom 30.7.2013 (X ARZ 320/13, juris Rn. 16). Die Entscheidung bezieht sich auf die Prospekthaftung im engeren Sinne. Hier geht es aber um die Haftung aus c.i.c. wegen der Stellung als zukünftiger Vertragspartner des Beitretenden, die aus der Eigenschaft als Gesellschafter resultiert (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 9.7.2013 – II ZR 9/12, juris Rn. 26 ff.). Die Anleger, die sich über die Beklagte zu 1 als Treugeberkommanditisten beteiligten, sollten im Innenverhältnis gemäß § 6 Ziff. 4 des Gesellschaftsvertrages wie echte Gesellschafter behandelt werden (vgl. BGH, Urteil vom 23.4.2012 – II ZR 211/09, juris, Rn. 10).
1932.
194Kausalität und Verschulden werden vermutet; beides haben die Beklagten nicht widerlegt.
195a) Vorliegend streitet für die Klägerin ob der feststehenden Pflichtverletzung der Beklagten eine Kausalitätsvermutung im Sinne einer Beweislastumkehr (vgl. BGH Urteil vom 02.03.2009 – II ZR 266/07, juris Rn. 6; Urteil vom 08.05.2012 – XI ZR 262/10, juris Rn. 28 f; BGH Beschluss vom 09.03.2011 XI ZR 191/19, juris Rn. 33 m.w.N.).
196Dem von den Beklagten angetretenen Beweis zur Widerlegung der Kausalität durch Parteivernehmung der Klägerin war entgegen der Auffassung der Berufung nachzugehen. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt insoweit erst dann vor, wenn der Beweisführer ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt. (BGH Urteil vom 26.02.2013 – XI ZR 240/10; BGH Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 39 mwN). Dem Vortrag der Beklagten lässt sich ein noch eben hinreichender Bezug zur Person der Klägerin entnehmen. Dem Beklagtenvortrag ist die Behauptung zu entnehmen, die Klägerin hätte angesichts der zahlreichen Prospekthinweise auf wesentliche Risiken und insbesondere das Totalverlustrisiko die Anlage auch bei Kenntnis einzelner, evtl. bestehender Prospektfehler gezeichnet.
197Der Senat hat die Klägerin im Termin ausführlich angehört. Die Anhörung der Klägerin hat den Beleg dafür, dass sie die Fondsbeteiligung auch erworben hätte, wenn sie über die festgestellten Prospektmängel aufgeklärt worden wäre, nicht zur Überzeugung des Senats erbracht. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung angegeben, dass ihr der W VII Fonds gerade unter Hinweis auf den erfolgreichen Verlauf des Vorgängerfonds angeboten und empfohlen worden sei. In Anbetracht der ihr in Aussicht gestellten Rendite von 12 % p.a., des zum damaligen Zeitpunkt boomenden Immobilienmarkts in C und des guten Verlaufs der Vorgängerfonds ist die Klägerin – wie sie bei ihrer Anhörung klar zum Ausdruck gebracht hat – davon ausgegangen, dass ihr Geld in dem streitgegenständlichen Fonds gut angelegt gewesen sei. Ihr sei es seinerzeit auf eine sichere Geldanlage mit einer guten Rendite angenommen. Das Geschäftsmodell habe sie so verstanden, dass Immobilien gekauft und wieder mit Gewinn verkauft werden sollten. Die festgestellten Prospektfehler betreffen indes allesamt Mängel, die sich entweder gerade auf den Erfolg des Vorgängerfonds oder die Plausibilität des Gesamtkonzepts beziehen. Wie die Klägerin bekundet hat, sind ihr im Beratungsgespräch die Schwerpunkte des Fonds anhand des Prospekts erklärt worden; ausweislich ihrer Beitrittserklärung hat sie den Prospekt vor Zeichnung erhalten. Dadurch, dass die Klägerin bei ihrer Anlageentscheidung individuell beraten worden ist, wird entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1, 4 und 5 die Kausalitätsvermutung nicht widerlegt. Vielmehr sind – wie die persönliche Anhörung der Klägerin ergeben hat – die aufgezeigten Prospektmängel in die mündliche Beratung eingeflossen und haben maßgeblich ihren Anlageentschluss beeinflusst. Die Teilhabe am Immobilienhandel in C, die darauf basierende Renditeerwartung und der Erfolg der Vorgängerfonds waren für sie entscheidende Anlagekriterien. Auf Frage des Senats hat die Klägerin deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie auch in Kenntnis der Re-Investments und der damit verbundenen Gefahren, insbesondere des Liquiditätsengpasses, „stutzig geworden“ geworden wäre und das Anlagegeschäft „bestimmt nicht“ abgeschlossen hätte. Die Beklagten zu 1, 4 und 5 haben demnach nicht bewiesen, dass die oben dargelegten Fehler des Anlageprospekts für die Anlageentscheidung der Klägerin nicht kausal geworden sind.
198b) Wegen des Verschuldens wird auf die Ausführungen zur Haftung der Beklagten zu 2 und 3 verwiesen. Die Beklagten zu 1, 4 und 5 haften im Übrigen im Rahmen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß § 278 BGB für das Verschulden der zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten eingesetzten Erfüllungsgehilfen (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2013 – II ZR 9/12, juris Rn. 37), so auch für einen Erfüllungsgehilfen, der den als Aufklärungsmittel im Rahmen der Beitrittsverhandlungen verwendeten Fondsprospekt gestaltet hat.
1993.
200Verjährung scheidet aus, da die Verjährungsfrist mangels nachgewiesener früherer Kenntnis der Klägerin von den Prospektmängeln zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2011 gemäß §§ 195, 199 BGB nF i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB noch nicht abgelaufen war.
201IV.
202Bezüglich des Beklagten zu 6 sind die vorgetragenen Berufungsgründe nicht geeignet, eine vom Urteil des Landgerichts abweichende und der Klägerin günstigere Entscheidung zu tragen. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einem Verfahrensmangel und lässt auch im Übrigen keinen entscheidungserheblichen Rechtsfehler zu seinem Nachteil erkennen (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Solche zeigt auch das Berufungsvorbringen nicht auf. Ebenso bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts begründen, so die Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben und eine neue Tatsachenfeststellung gebieten (vgl. BGH, Urt. v. 09.03.2008 – VIII ZR 266/03, zit. nach juris Rn. 5, 7).
203Das Landgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 6 zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht im Hinblick auf seine Beteiligung an dem W VII Fonds unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 6 zu. Es wird vollumfänglich auf das angegriffene Urteil Bezug genommen, soweit sich nicht aus den nachstehenden Ausführungen etwas anderes ergibt.
204Ansprüche gegen den Beklagten zu 6, die die Klägerin auf § 826 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 266 StGB stützt, bestehen nicht. Im Prospekt wird weder ein unzutreffender Eindruck über die vom Beklagten zu 6 als Geschäftsführer der Beklagten zu 1 durchzuführenden Mittelverwendungskontrolle erweckt noch ist erkennbar, dass die Anlegergelder entgegen der prospektierten Zwecke verwandt worden sind.
205Allein durch die schlagwortartige Verwendung der Begrifflichkeiten „Mittelverwendungskontrolle“ in § 2 Abs. 6 S. 4 des Treuhandvertrages und „Mittelverwendungskontrolleur“ in der Beitrittserklärung wird dem Anlageinteressenten nicht suggeriert, dass durch Abschluss des Vertrages nach dem vorgelegten Muster eine effektive Mittelverwendung erreicht werde und ein Missbrauch des eingesammelten Kapitals ausgeschlossen sei (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 22.03.2007 – III ZR 98/06, juris). Insoweit lässt die Berufung außer Acht, dass der Begriff der „Mittelverwendungskontrolle“ für sich genommen zunächst ohne konkreten Inhalt ist und der näheren Ausfüllung durch die im Einzelfall vereinbarten Bestimmungen bedarf (vgl. BGH, aaO, Rn. 19). Das gilt schon deshalb, weil bei Kapitalanlagemodellen vollkommen unterschiedliche Arten der Mittelverwendungskontrolle denkbar sind und in der Praxis vorkommen. So muss sich die Kontrolltätigkeit nicht zwangsläufig auf die gesamte Laufzeit eines Fonds erstrecken und eine laufende Überprüfung der Zahlungsflüsse von der Platzierungs- über die Betriebsphase bis hin zur Abwicklung der Beteiligung vorsehen. Denkbar ist ebenfalls, dass sich die Mittelverwendungskontrolle auf die Platzierungsphase oder aber auf eine nachträgliche Überprüfung der bestimmungsgemäßen Mittelverwendung beschränkt.
206Im Streitfall ist ein gesonderter Mittelverwendungskontrollvertrag, aus dem sich konkrete Vorgaben für die von der Beklagten zu 1 durchzuführende Kontrolltätigkeit oder bestimmte Überprüfungsakte ergeben hätten, unstreitig nicht geschlossen worden. Ebenso geht aus der von der Klägerin auszugsweise zitierten Beitrittserklärung nichts zu Art und Umfang der von der Beklagten zu 1 als „Mittelverwendungskontrolleur“ zu leistenden Kontrolltätigkeit hervor. Maßgeblich für die Ausgestaltung der Mittelverwendungskontrolle ist daher der Treuhandvertrag sowie ergänzend der Anlageprospekt (so auch OLG Köln zum B V. Fonds, Urt. v. 23.05.2013, 24 U 202/12).
207Aus den Bestimmungen des Treuhandvertrages geht klar und deutlich hervor, dass die offenbar von der Klägerin gewünschte und nunmehr zum Aufhänger einer Haftung der Beklagten zu 1 gemachte „umfassende“ Mittelverwendungskontrolle durch die Treuhandkommanditistin mit einer ständigen Überprüfung der Zahlungsflüsse in C gerade nicht vereinbart worden ist. Vielmehr beschränkte sich nach § 2 Abs. 6 TreuhandV. die Kontrolltätigkeit der Beklagten zu 1 ausschließlich auf die Platzierungsphase. Nach Abs. 6 S. 1 der vorgenannten Bestimmung hatte die Treuhandkommanditistin die Anlegergelder zunächst auf einem Treuhandkonto in Deutschland zu sammeln, was unstreitig geschehen ist. Mit der Vollplatzierung/Einwerbung des im Investitionsplan genannten Eigenkapitals endete – wie in § 2 Abs. 6 S. 3 und 4 TreuhandV. eindeutig und unmissverständlich geregelt ist – die Mittelverwendungskontrolle. Nach dem Treuhandvertrag war die Beklagte zu 1 damit gerade nicht verpflichtet, die prospektgemäße Verwendung der Mittel durch Kontrollen in C oder anhand von Zahlungsbelegen oder sonstiger Urkunden zu überprüfen.
208Soweit die Treuhandkommanditistin nach § 2 Abs. 6 S. 2 TreuhandV. verpflichtet war, während der Platzierungsphase die auf dem Treuhandkonto eingegangenen Beträge der Anleger „auf Abruf der Fondsgesellschaft zu der im Investitionsplan entsprechenden Verwendung freizugeben“, beschränkte sich die Mittelverwendungskontrolle ersichtlich darauf, lediglich Mittel freizugeben, deren Abruf nach dem Investitionsplan plausibel war. Insoweit ergibt sich im Rahmen der gemäß §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung zweifelsfrei, dass der Mittelverwendungskontrolle im vorliegenden Fall nur eine sehr eingeschränkte Schutzfunktion zukommen konnte. Denn § 2 Abs. 6 S. 2 TreuhandV. stellte für die Mittelfreigabe keine Prüfkriterien oder Kontrollschritte auf. Ebenso waren danach die Freigabe der Mittel und der Transfer der Gelder nach C nicht davon abhängig, dass die Fondsgesellschaft den Mittelbedarf und den Verwendungszweck durch Vorlage fälliger Rechnungen oder sonstiger Belege nachwies. Durch die Formulierung - „auf Abruf“ der Fondsgesellschaft - ging dies für Anlageinteressenten verständlich und eindeutig aus dem Treuhandvertrag hervor. Zu vergegenwärtigen ist auch, dass die Treuhandkommanditistin nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 6 S. 2 TreuhandV. zur Freigabe der Mittel „verpflichtet“ war. Unbeschadet dessen lag schon unter praktischen Gesichtspunkten für jeden Anleger auf der Hand, dass die Beklagte zu 1 in der Investitionsphase und zudem noch von Deutschland aus schon rein tatsächlich keinen wirksamen Schutz des Anlagekapitals gewährleisten konnte.
209Ein besonderer Schutz des Anlegerkapitals, etwa durch laufende Überprüfungen oder eine Abschlusskontrolle, wurde den Anlegern ebenfalls an keiner anderen Stelle des Treuhandvertrages zugesagt. Im Gegenteil war aus § 14 Abs. 2 und Abs. 4 TreuhandV. für Anlageinteressenten klar zu ersehen, dass die Treuhandkommanditistin keine Haftung dafür übernahm, dass die Geschäftsführer und Vertragspartner der Fondsgesellschaft die ihnen obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen würden. Im Ergebnis findet damit das Vorbringen der Klägerin zu angeblich im Treuhandvertrag versprochenen Schutzmechanismen in dem gesamten Vertragswerk keinerlei Stütze, sondern wird vielmehr durch die maßgeblichen Bestimmungen widerlegt.
210Darüber hinaus wurde auch im Emissionsprospekt weder mit einer umfassenden Mittelverwendungskontrolle oder mit sonstigen besonderen Schutzmechanismen gegen eine missbräuchliche Verwendung des Anlagekapitals geworben noch wurde darin eine Mittelverwendungskontrolle überhaupt als ein besonderes, „für“ die Beteiligung sprechendes Investitionskriterium heraus gestellt.
211Anderes ergibt sich auch nicht aus der Formulierung in der Beitrittserklärung (Anlage KI 1), ausweislich der der Mittelverwendungskontrolleur hinsichtlich des Agios nur Inkassostelle ist, die das Agio nach Rechnungsstellung an den „zentralen Anbieter“ weiterleiten wird. In Zusammenhang mit den übrigen Textpassagen und Bestimmungen im Treuhandvertrag, in denen Regelungen über eine Mittelverwendungskontrolle Erwähnung finden, ergibt sich im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung aus Empfängersicht gerade nicht der zwingende Rückschluss, dass ein Anleger mehr als die allein prospektierte Freigabe der Mittel entsprechend dem im Investitionsplan angeführten Verwendungszweck durch die Beklagte zu 1) zu erwarten hatte.
212V.
213Hinsichtlich der weiteren von der Klägerin gerügten Prospektfehler und einer etwaigen Haftung aus Delikt wird vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil, mit denen eine Haftung insoweit abgelehnt worden ist, Bezug genommen. Die zweitinstanzlichen Ausführungen der Klägerin geben insoweit keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
214VI.
2151.
216Der Klägerin steht nach § 249 Abs. 1 BGB gegen die Beklagten zu 1 bis 5 als Gesamtschuldner zunächst ein Anspruch auf Erstattung ihres Anlagekapitals von 5.000,00 € zzgl. des von ihr gezahlten Agios in Höhe von 250,00 € zu.
217Entgegen der zuletzt geäußerten Auffassung der Streithelferin zu 7 muss sich die Klägerin dabei kein etwaiges Verschulden eines ihr die Anlage vermittelnden Beraters im Verhältnis zu den Gründungsgesellschaftern und den Prospektverantwortlichen als eigenes (Mit-)Verschulden zurechnen lassen. Eine Zurechnungsgrundlage ist weder dargetan noch ansatzweise ersichtlich. Falls weitere Anspruchsgegner in Betracht kommen sollten, hafteten diese neben den Beklagten als Gesamtschuldner.
2182.
219Zum Zwecke der Vorteilsausgleichung hat die Klägerin den Beklagten zu 1 bis 5 ihrerseits das Erlangte Zug um Zug herauszugeben. Dies betrifft die Treuhandbeteiligung am W VII. Insoweit ist die Abtretung aller Rechte und Ansprüche aus dieser Beteiligung ausreichend. Für die Abtretung ihrer Rechte aus der Beteiligung hat die Klägerin durch das mit der Klage abgegebene Angebot auf Übertragung alles ihrerseits Erforderliche getan. Mit der Annahme befinden sich die Beklagten zu 1 bis 5 spätestens seit Klageerhebung in Verzug.
220Auf etwaige Beschränkungen der Übertragbarkeit im Gesellschaftsvertrag kommt es nicht an. Besteht die Kapitalanlage - wie hier - in der Rechtsposition als Treuhandkommanditist, genügt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn der Geschädigte im Rahmen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs als Zug um Zug zu gewährende Leistung die Abtretung sämtlicher Rechte aus der Beteiligung bzw. dem Treuhandvertrag anbietet (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2012 – XI ZR 272/10, juris Rn. 11 f; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, WM 2010, 262 Rn. 29; Beschlüsse vom 6. Juli 2010 - XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rn. 14 und vom 20. Dezember 2011 - XI ZR 295/11, juris Rn. 1). Denn das Gegenrecht des Schädigers kann sich nur auf die Rechtsposition beziehen, die der geschädigte Kapitalanleger aufgrund der Zeichnung der - mittelbaren oder unmittelbaren - Fondsbeteiligung erworben hat (BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 - XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rn. 14). Dies gilt auch dann, wenn die Übertragung der Fondsanteile von der Zustimmung Dritter abhängig ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. November 2007 - III ZR 214/06, juris Rn. 3, vom 6. Juli 2010 - XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rn. 14 und vom 20. Dezember 2011 - XI ZR 295/11, juris Rn. 1 mwN). Etwaige gesellschaftsrechtliche Schwierigkeiten bei der Übertragung der Fondsbeteiligung der Klägerin auf die Beklagte stehen der angeordneten Zug-um-Zug-Leistung nicht entgegen. Diese Schwierigkeiten fallen in den Risikobereich der schadensersatzpflichtigen Beklagten und nicht in denjenigen des geschädigten Anlegers (vgl. BGH Beschluss vom 8. Mai 2012 - XI ZR 286/11, juris Rn. 3 mwN).
2213.
222Neben dem Anspruch auf Rückzahlung des Anlagekapitals stehen der Klägerin (Prozess-) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 ZPO zu.
223VII.
224Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs.1, 100 Abs. 4, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
225VIII.
226Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Dass eine Vielzahl von teilweise revisiblen Parallelverfahren anhängig ist, ist kein Kriterium für die Zulassung der Revision. Es handelt sich vielmehr um die Anwendung der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in tatrichterlicher Würdigung auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls (vgl. auch BGH, Urteil vom 16.09.2010 – III ZR 333/09).
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Urteil einreichenOberlandesgericht Hamm Urteil, 23. Jan. 2014 - 34 U 219/12 zitiert oder wird zitiert von 18 Urteil(en).
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.
Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 zu tragen.
Im Übrigen wird die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Kläger Der zeichnete am 5. November 2000 eine Kommanditeinlage über 100.000 DM zuzüglich 5.000 DM Agio an dem Filmfonds Vif Babelsberger Filmproduktion GmbH & Co. Dritte KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft). Die Fondsgesellschaft geriet im Jahr 2002 im Zusammenhang mit der Insolvenz der TiMe Film- und TV-Produktions GmbH, der Produktionsdienstleisterin der Vifund VIP-Fondsgesellschaften, in eine wirtschaftliche Schieflage. Es stellte sich heraus, dass an die Produktionsdienstleisterin überwiesene Gelder nicht zurückzuerlangen waren und Erlösausfallversicherungen für aufgenommene Produktionen nicht abgeschlossen waren. In der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Fondsgesellschaft vom 5. September 2002 stimmten die Gesellschafter für ein Vergleichsangebot des britischen Versicherungsunternehmens Royal & Sun Alliance, das eine Freistellung des Versicherers von allen tatsächlich und möglicherweise bestehenden Ansprüchen gegen Zahlung von 6,171 Mio. € für vier verschiedene Fonds, darunter die Fondsgesellschaft, vorsah. Im Zuge der genannten Schwierigkeiten wurde in die Fondsgesellschaft anstelle der Vif Filmproduktion GmbH eine neue Komplementärin, die Vif Distribution GmbH, aufgenommen. Der Kläger erhielt auf sein eingezahltes Kapital von dem ihn seinerzeit beratenden Anlagevermittler dessen Provision in Höhe von 9.141,60 DM vorprozessual erstattet.
- 2
- WegenbehaupteterMängel des Prospekts begehrt der Kläger Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung Rückzahlung des eingezahlten Betrags von - unter Berücksichtigung der genannten Erstattung - 49.011,62 € nebst Zinsen. Im Hinblick auf eine Ausschüttung von 1.533,88 € im November 2005 hat der Kläger die Hauptsache insoweit für erledigt erklärt. Der Kläger hält die Beklagte zu 1 - Tochtergesellschaft einer international tätigen Großbank - als (Mit-)Initiatorin und Hintermann für prospektverantwortlich. Sie war von der Fondsgesellschaft mit der Beratung bei der Auswahl und Heranziehung potentieller Vertragspartner und der Optimierung des gesamten Vertragswerks sowie der gesamten Koordination des Eigenkapitalvertriebs und von der Vif Medienkonzeptions GmbH, der Herausgeberin des Prospekts, mit der Erstellung eines Prospektentwurfs beauftragt worden und nahm als Einzahlungstreuhänderin für die Fondsgesellschaft die Gelder der Anleger entgegen. Die Beklagte zu 2, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, nimmt der Kläger wegen behaupteter Fehler bei der ihr von der Beklagten zu 1 aufgetragenen Prüfung des Prospekts sowie im Zusammenhang mit der von ihr wahrgenommenen Mittelverwendungskontrolle in Anspruch.
- 3
- Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
- 4
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage betrifft. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Beklagte zu 1 als "Hintermann" im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Prospekthaftung zu den Prospektverantwortlichen zähle. Es führt hierfür an, dass die Beklagte zu 1 mit der Optimierung des gesamten Vertragswerks beauftragt worden und als Koordinator des Eigenkapitalvertriebs und als Einzahlungstreuhänder aufgetreten sei. An sie sei der Zeichnungsschein zu senden gewesen und sie habe den Beteiligungsbetrag vom Konto des Klägers abgebucht. Damit habe sie ihr Mitwirken am Emissionsprospekt als Teil des Vertragswerks nach außen kundgetan und einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Die Vereinbarung mit der Vif Medienkonzeptions GmbH belege, dass sie zu den Personen gehöre, die hinter der Gesellschaft stünden und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausgeübt hätten. Das verdeutliche auch die im Zusammenhang mit der Prospektgestaltung von ihr geführte Korrespondenz. Das Berufungsgericht hält sie im Hinblick auf die im Einzelnen mit der Fondsgesellschaft geschlossenen Verträge , ihr Auftreten gegenüber verschiedenen Vertriebspartnern und die vertragsgemäß an sie fließenden Vergütungen für die Vermittlung von Anlegern für prospektverantwortlich.
- 6
- Das Berufungsgericht verneint gleichwohl Schadensersatzansprüche des Klägers, weil der Prospekt nicht unrichtig oder unvollständig sei. Mehrfach werde der Anleger auf das unternehmerische Risiko hingewiesen. In der Vorbemerkung werde davon abgeraten, sich aus steuerlichen Motiven zu beteiligen. Dass der Kläger den Prospekt wohl nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gelesen habe, erhelle daraus, dass seiner Kapitalanlage auch steuerliche Motive zugrunde gelegen hätten. Berücksichtige man den Inhalt des Prospekts insgesamt , entstehe nicht der Eindruck, dass das Sicherheitsnetz für die Beteiligung lückenlos sei und das Verlustrisiko maximal 21,6 v.H. des angelegten Betrags ausmache. Bei verständiger Würdigung ergebe sich insbesondere, dass das Unternehmenskonzept den (künftigen) Abschluss von Erlösausfallversicherungen vorsehe und nicht, dass solche Versicherungen bereits abgeschlossen seien. Der Kläger habe nicht substantiiert behauptet, dass zum Zeitpunkt seines Beitritts für die Prospektverantwortlichen konkret absehbar gewesen wäre, dass es praktisch keine Möglichkeit gebe, entsprechende Erlösausfallversicherungen abzuschließen. Soweit er seinen Vortrag in den Schriftsätzen vom 30. Januar und 6. Februar 2006 unter Bezugnahme auf ein vor dem Landgericht Frankfurt am Main anhängiges Verfahren nachgebessert habe, sei dieses Vorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Mangels eines Prospektfehlers könne von einer fehlerhaften Prospektprüfung durch die Beklagte zu 2 nicht gesprochen werden. Auch aus der Mittelverwendungskontrolle lasse sich eine Haftung der Beklagten zu 2 nicht herleiten, da eine Pflichtverletzung weder nachvollziehbar vorgetragen noch ein hierdurch verursachter Schaden schlüssig dargelegt worden sei.
- 7
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
II.
- 8
- Der Senat teilt nicht die Auffassung der Vorinstanzen, dass der Prospekt nicht zu beanstanden sei.
- 9
- 1. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen , die das Berufungsgericht zutreffend wiedergibt, hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGHZ 79, 337, 344; 116, 7, 12; 123, 106, 109 f; BGH, Urteile vom 29. Mai 2000 - II ZR 280/98 - NJW 2000, 3346; vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 7). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können (vgl. BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89 - NJW 1992, 228, 230
). Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen , das er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81 - NJW 1982, 2823, 2824). Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen allerdings eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - NJW-RR 1992, 879, 881).
- 10
- 2. Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Bei seiner Sicht berücksichtigt es nämlich nicht hinreichend den sich für einen durchschnittlichen Anleger aufdrängenden Gesamteindruck, dass er mit seiner Beteiligung ein begrenztes Risiko eingehe.
- 11
- a) Geht man von verschiedenen Einzelaussagen des Prospekts zu den Risiken des Filmfonds aus, gewinnt eine positive Grundstimmung für den Anleger die Oberhand, die das Gesamtbild eines insgesamt nur begrenzten wirtschaftlichen Risikos vermittelt.
- 12
- In den Leitgedanken des Prospekts (S. 3) wird hervorgehoben, dass der Zeichner eines unternehmerischen Medienfonds in eine faszinierende Welt mit einzigartigen Gewinnperspektiven einsteige. Nicht ohne Grund werde der Film als das Öl des 21. Jahrhunderts bezeichnet, ein Vergleich, der allerdings auch üblicherweise für das Verlustrisiko gelte, nicht jedoch bei diesem Unternehmen.
- 13
- Der Senat folgt dem Berufungsgericht in seiner Beurteilung, dass aus der Verwendung des Präteritums (wurde … getroffen) der Anleger bei verständiger Würdigung des weiteren Prospektinhalts nicht schließen kann, dass eine solche Versicherung bereits im Zeitpunkt seiner Anlageentscheidung abgeschlossen war. Denn auf Seite 10 wird im Abschnitt "Investitionskriterien" unter anderem die "Erlös-Ausfallversicherung" näher behandelt. Dort heißt es, dass die Gesellschaft für die von ihr investierten Mittel in der Regel bei einer Versicherung mit guter Bonität für jede Co-Produktion eine gesonderte Erlös-Versicherung abschließen werde, wobei der Gegenstand dieser Versicherung und der Betrag des versicherten Risikos näher beschrieben werden. Derselbe Abschnitt enthält hinsichtlich weiterer Einzelheiten zum Unternehmenskonzept und zu den Investitionskriterien eine Bezugnahme auf die §§ 9 und 19 des Gesellschaftsvertrages , aus deren Lektüre sich (noch einmal) ergibt, dass für jede Filmproduktion eine Erlösausfallversicherung abzuschließen ist, was die persönlich haftende Gesellschafterin sicherzustellen hat. Soweit diese im Gesellschaftsvertrag vor- gesehenen Mechanismen der Sicherung nach der Beitrittsentscheidung des Anlegers nicht beachtet worden sind, begründet dies - für sich genommen - eine Haftung der Prospektverantwortlichen nicht.
- 14
- b) Unberührt hiervon bleibt jedoch der Eindruck, dass die Erlösausfallversicherung in dem Prospekt als ein zentrales Sicherungsmittel herausgestellt wird, um Anleger für den Medienfonds zu gewinnen. Auch wenn der Prospekt bereits auf Seite 4 in einer Vorbemerkung verdeutlicht, sinnvollerweise solle dieses Angebot von Anlegern mit hohem Einkommen bzw. Vermögen als Beimischung zu einem insgesamt breit gestreuten Anlageportfolio gezeichnet werden - und damit bei einer Mindesteinlage von 100.000 DM und dem Hinweis auf eine breite Streuung offenbar nur "Millionäre" ansprechen will -, stellt er dem ein Sicherungskonzept entgegen, das das übliche Risiko solcher Unternehmungen bei diesem Fonds durch ein Sicherheitsnetz begrenzt (S. 3). Ebenso klar ist, dass die Erlösausfallversicherung die ihr zugedachte Sicherungsfunktion nur dann voll erfüllen kann, wenn sie vor einem Abfluss der Mittel für die Co-Produktionen aus der Fondsgesellschaft abgeschlossen ist. Die wesentliche Bedeutung der Erlösausfallversicherung in diesem Zusammenhang wird ferner dadurch besonders herausgestellt, dass der Prospekt im Abschnitt "Risiken der Beteiligung" auf der Grundlage einer Beteiligung von 100.000 DM und einem persönlichen Steuersatz von 51 v.H./48,5 v.H. (2000/2003) eine "Restrisiko-Betrachtung" anstellt, die als "worst-case-Szenario" bezeichnet wird und mit dem Ergebnis schließt, nach Ansicht des Prospektherausgebers werde das Vermögensverlustrisiko des Anlegers in diesem ungünstigsten Fall auf ein Maximum von ca. 21,6 v.H. beschränkt (S. 38). In diesem Abschnitt werden zwar auch andere Risiken angesprochen, darunter das Produktionskostenrisiko, das Risiko , dass gebundenes Kapital erst verzögert investiert werden kann, weil im laufenden Geschäftsjahr nicht genügend aussichtsreiche Projekte zur Verfügung stehen, das als von untergeordneter Bedeutung bezeichnete Wechselkursrisiko, Managementfehler in Bezug auf Fehlentscheidungen bei künftigen Projekten und der allgemeine Risiko-Hinweis, nicht vorhersehbare zukünftige Entwicklungen und Ereignisse könnten die geplanten Ergebnisse negativ beeinflussen und zu einer möglichen Minderung der erwarteten Erträge und im Extremfall auch zu Vermögensverlusten führen (S. 36, 37).
- 15
- c) Der Senat hält diese Risikodarstellung aber - anders als das Berufungsgericht - nicht für hinreichend eindeutig. Der im Abschnitt "Projekt im Überblick" enthaltene Hinweis (S. 7), das Risiko der Beteiligung liege im Wesentlichen darin, dass die Produktionen nicht die erwarteten Einspielergebnisse erbringen könnten und dadurch im Extremfall das eingesetzte Kapital vollständig verloren sei, wird in dieser Form bei der Betrachtung der Risiken der Beteiligung (S. 36 f) nicht wiederholt, obwohl hier der Platz für eine entsprechende Klarstellung gewesen wäre. Der Senat hält eine solche Klarstellung deshalb für geboten, weil bei der Darstellung des Projekts im Überblick (S. 7) und bei den Leitgedanken (S. 3) zugleich Sicherungsmaßnahmen angeführt werden, die für eine Risikobegrenzung, also das Gegenteil eines Totalverlustes, sprechen. Diese Risikobegrenzung ist auch der vorherrschende Eindruck, wenn man den Abschnitt "Risiken der Beteiligung" liest. Denn nach der Einzeldarstellung verschiedener Risiken, die an keiner Stelle einen Hinweis auf die Möglichkeit eines Totalverlustes enthält, wird an das Ende dieses Abschnitts - eingeleitet durch die Wendung "Zusammenfassend bleibt festzuhalten" - das worst-case-Szenario mit der angeführten Restrisikobetrachtung entwickelt. Das löst bei einem hinreichend sorgfältigen und kritischen Leser des Prospekts die nächstliegende Vorstellung aus, im Extremfall (worst case, ungünstigster Fall) müsse er mit einem Vermögensverlust in der angegebenen Größenordnung rechnen. Dass sich bei einer am Buchstaben haftenden Betrachtung das Rechenbeispiel auf den Verwertungserfolg der Produktionen und damit auf das Verwertungsrisiko beschränkt, tritt bei der Art der gewählten Darstellung nicht hinreichend deutlich hervor.
- 16
- 3. Angesichts des vorstehend beschriebenen Prospektmangels kann offen bleiben, ob der Vortrag des Klägers zutrifft, schon im Zeitpunkt seines Beitritts sei eine eintrittsbereite Erlösausfallversicherung kaum zu erlangen gewesen.
III.
- 17
- Eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1 für diesen Prospektmangel lässt sich nach dem derzeitigen Sachstand nicht ausschließen.
- 18
- 1. Nach Ziffer 3.4.1 und 3.5 des Prospekts (S. 18, 21) ist die Beklagte zu 1 allerdings nicht dessen Herausgeber. Vielmehr ist die Vif Medienkonzeptions GmbH von der Fondsgesellschaft mit am 9./10. Oktober 2000 unterzeichneten Vertrag mit der Konzeption eines Investoren-Modells zur Einwerbung des erforderlichen Eigenkapitals und mit der Konzeption, textlichen Redaktion, graphischen Gestaltung und Herstellung eines Beteiligungsprospekts beauftragt worden. Sie durfte zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflicht Dritte einschalten. Dies und die hierfür vereinbarte Vergütung von 0,7 v.H. des Kommanditkapitals (Investitionsvolumens ) sind im Prospekt unter dem Stichwort Projektaufbereitung (Ziffer 3.4.1) ausgewiesen. Darüber hinaus wird die Vif Medienkonzeptions GmbH unter Ziffer 3.5 (Partner im Überblick) als für die Prospektherausgabe verantwortlich bezeichnet. Sie ist daher - neben der ursprünglichen Komplementärin der Fondsgesellschaft, der Vif Filmproduktion GmbH, die in dem ange- führten Vertrag als "Initiator" genannt wird - für den Inhalt des Prospekts verantwortlich.
- 19
- 2. a) Im Ausgangspunkt zutreffend zieht das Berufungsgericht aber eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1 als "Hintermann" in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften neben den Gründern, Initiatoren und Gestaltern der Gesellschaft - soweit sie das Management bilden oder beherrschen - als sogenannte Hintermänner ebenso alle Personen, die hinter der Gesellschaft stehen und auf ihr Geschäftsgebaren oder die Gestaltung des konkreten Modells besonderen Einfluss ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen (vgl. BGHZ 79, 337, 340; 115, 213, 217 f; Senatsurteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93 - NJW 1995, 1025; BGH, Urteil vom 27. Januar 2004 - XI ZR 37/03 - NJW 2004, 1376, 1379; Senatsurteil BGHZ 158, 110, 115). Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie in dieser Einflussnahme nach außen in Erscheinung getreten sind oder nicht (vgl. BGHZ 72, 382, 387; 79, 337, 340). Anknüpfungspunkt für die Haftung ist, da vertragliche oder persönliche vorvertragliche Beziehungen zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Anleger und diesem Personenkreis nicht zustande kommen, dessen Einfluss auf die Gesellschaft bei der Initiierung des in Frage stehenden Projekts (vgl. BGHZ 115, 213, 227; Senatsurteil vom 1. Dezember 1994 aaO). Als in diesem Sinn Verantwortliche kommen in erster Linie Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter in Betracht, weil diese die Geschicke der Initiatorengesellschaft bestimmen (vgl. BGHZ 111, 314, 318 f). In der Rechtsprechung sind auch schon mit ähnlichem Einfluss versehene Personen, etwa ein Generalbevollmächtigter (vgl. BGHZ 79, 337, 343) und der Leiter einer für die Baubetreuung zuständigen "Planungsgemeinschaft" (vgl. BGHZ 76, 231, 233 f), der Prospekthaftung unterworfen worden. Die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung der wahrgenommenen Funktion ist nicht ausschlaggebend, sondern der "Leitungs- gruppe" (vgl. BGHZ 79, 337, 341) können alle Personen zugerechnet werden, denen ähnliche Schlüsselfunktionen zukommen. Das im jeweiligen Fall festzustellen , ist eine im Wesentlichen tatrichterliche Aufgabe.
- 20
- Ausgehend b) hiervon ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts , dass die Beklagte zu 1 im Zusammenhang mit der Auflegung dieses Filmfonds wesentliche Aufgaben wahrzunehmen hatte. Nach Ziffer 3.4.3 (S. 18 des Prospekts) war sie von der Fondsgesellschaft mit der Beratung bei der Auswahl und Heranziehung potentieller Vertragspartner sowie der Optimierung des gesamten Vertragswerks beauftragt worden, wofür ihr im Vertrag vom 19./22. Mai 2000 eine Vergütung von 1,8 v.H. des Kommanditkapitals versprochen war. Darüber hinaus war sie - ebenfalls durch am 19./22. Mai 2000 geschlossenen Vertrag - mit der Vermittlung des Eigenkapitals betraut, wofür sie eine Provision von 9,8 v.H. der Kommanditeinlage und das Agio von 5 v.H. erhielt , wie sich aus einem nachträglichen Ergänzungsblatt vom 14. Juli 2000 zum Prospekt ergibt. Mit der Vif Medienkonzeptions GmbH schloss sie einen undatierten Vertrag, nach welchem sie gegen eine Vergütung von 0,35 v.H des eingeworbenen Kommanditkapitals einen Prospektentwurf zur Einwerbung von Eigenkapital erstellen sollte. Sie erteilte auch der Beklagten zu 2 den von dieser mit Schreiben vom 2. Juni 2000 bestätigten Auftrag, den von ihr erarbeiteten Prospekt zu prüfen, obwohl der zwischen der Fondsgesellschaft und der Vif Medienkonzeptions GmbH geschlossene Vertrag vorsah, dass die Fondsgesellschaft eine entsprechende Prospektprüfung in Auftrag geben sollte. Gegenüber Vertriebspartnern wie der Commerzbank und der BHF-Bank übernahm die Beklagte zu 1 neben der Fondsgesellschaft die Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihr zur Verfügung gestellten Unterlagen, Daten und Fakten , insbesondere für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Fondsprospekts, und verpflichtete sich zu deren Freistellung von Haftungsansprüchen für den Fall der Unrichtigkeit, Unvollständigkeit oder irreführender Wirkungen des Prospekts. Gegenüber den Anlegern trat sie als Einzahlungstreuhänderin in Erscheinung , die für die Abbuchung der geschuldeten Kommanditeinlagen Sorge trug.
- 21
- Wenn auch jedes einzelne der genannten Elemente für sich gesehen nicht ausreicht, um den für die Verantwortlichkeit des Hintermanns erforderlichen bestimmenden Einfluss auf die Initiierung des Projekts zu belegen - der Bundesgerichtshof hat die bloße Mitwirkung an der Herausgabe des Prospekts (vgl. BGHZ 79, 337, 348 f) oder an dessen Gestaltung für ebenso wenig ausreichend erachtet wie die nur in Teilbereichen ausgeübte Einflussnahme (Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - NJW-RR 1992, 879, 883 f) -, liegt hier doch eine Verbindung mehrerer wesentlicher Tätigkeiten vor, die zunächst einmal auf eine erhebliche Einwirkung in tatsächlicher Hinsicht hinweisen. Es treten Umstände hinzu, die indiziell dafür sprechen, dass die Beklagte zu 1 in Bezug auf die Erstellung des Prospekts nicht darauf beschränkt war, Vorarbeiten für die Vif Medienkonzeptions GmbH zu leisten. Hierzu fällt insbesondere auf, dass der Vertrag zwischen der Fondsgesellschaft und der Vif Medienkonzeptions GmbH erst am 9./10. Oktober 2000 und damit zu einem Zeitpunkt unterzeichnet worden ist, als der Prospekt längst erstellt und durch die Beklagte zu 2 überprüft war. Auf den Umstand, dass die Beklagte zu 2 den Prüfauftrag durch die Beklagte zu 1 erhielt und nicht - wie im Vertrag vom 9./10. Oktober 2000 vorgesehen - durch die Fondsgesellschaft, ist bereits hingewiesen worden. Gegen eine normale geschäftsmäßige Behandlung spricht auch der undatierte Vertrag zwischen der Vif Medienkonzeptions GmbH und der Beklagten zu 1 über die Erstellung eines Prospektentwurfs, der nur eine Seite umfasst und neben der Vergütungsregelung (0,35 v.H. des Kommanditkapitals) den geschuldeten Leistungsinhalt nur in der Art eines Schlagworts enthält. Zu Recht weist das Berufungsgericht auch auf die indizielle Wirkung einiger Presseveröffentlichungen und ein Schreiben der Beklagten zu 1 an die S. GmbH hin, in denen davon gesprochen wird, die Beklagte zu 1 habe den Filmfonds "aufgelegt".
- 22
- Auch wenn aufgrund der genannten Umstände und Indizien die Annahme einer Prospektverantwortlichkeit der Beklagten zu 1 nahe liegt, kann die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht bestehen bleiben. Denn die Beklagte zu 1 hat - neben dem gleichfalls noch nicht berücksichtigten Beweisvorbringen des Klägers - Beweis dafür angetreten, dass sie auf die Gestaltung des Prospekts keinen bestimmenden Einfluss gehabt hat. Darüber hinaus hat der Kläger für eine Prospektverantwortlichkeit der Beklagten zu 1 weiter angeführt und unter Beweis gestellt, die Vif Medienkonzeptions GmbH sei eigens zu dem Zweck aus einem GmbH-Mantel entwickelt worden, um anstelle der Beklagten zu 1 für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich zu zeichnen. Hierüber muss im gegebenen Fall ebenfalls Beweis erhoben werden.
- 23
- 3. Schließlich kommt nach dem gegenwärtigen Sachstand auch eine Haftung der Beklagten zu 1 nach §§ 31, 826, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB in Betracht. Denn der Kläger hat in seinem in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht übergebenen Schriftsatz vom 6. Februar 2006 unter Bezugnahme auf eine Beweisaufnahme in einem Verfahren von Anlegern gegen die hiesige Beklagte zu 1 vor dem Landgericht Frankfurt am Main behauptet, schon bei dem Schwesterfonds, der VIP Babelsberger Filmproduktion GmbH & Co. KG, sei im Jahr 1999 mit Produktionen begonnen worden, ehe Einzelpolicen einer Erlösausfallversicherung vorgelegen hätten; ein Abschluss von Einzelversicherungen sei daran gescheitert, dass seitens der Versicherung Bedingungen nachgeschoben worden seien. Die Beklagte zu 1 habe von der Tatsache, dass mit den Produktionen bereits vor Abschluss einer Erlösausfall- versicherung begonnen worden sei, Kenntnis gehabt. Sollte dieser Vortrag, für den der Kläger Beweis angetreten hat, richtig sein, läge nicht nur ein weiterer Prospektmangel vor, weil dieser Umstand das gesamte der vorgesehenen Tätigkeit der Fondsgesellschaft zugrunde liegende Konzept verändert hätte und im Prospekt klar und eindeutig hätte dargestellt werden müssen. Vielmehr dürfte bei der behaupteten Kenntnis der Beklagten zu 1 - unabhängig vom Grad ihrer Einflussnahme auf die Gestaltung des Prospekts - ihre deliktsrechtliche Verantwortlichkeit nahe liegen.
- 24
- Der Kläger ist mit diesem Vorbringen auch nicht, wie das Berufungsgericht meint, nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Die zum Gegenstand seines Beweisantritts gemachten Tatsachen sind dem Kläger, wie er belegt hat, erst am 3. Februar 2006 zur Kenntnis gelangt. Er hat ferner sein Bemühen hinreichend dargelegt, von den Vorgängen aus dem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis zu erhalten. Wenn der Kläger nicht Gefahr laufen wollte, Behauptungen ohne eine hinreichende Grundlage in das laufende Verfahren einzuführen - sein erstinstanzliches Vorbringen hat das Berufungsgericht nicht für hinreichend substantiiert erachtet -, war er auf eine Akteneinsicht oder eine Übersendung von Protokollen angewiesen. Beide Wege entsprachen einer sachgerechten Prozessführung und verletzten die prozessuale Sorgfalts- und Förderungspflicht nicht.
IV.
- 25
- Dagegen haftet die Beklagte zu 2 aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt.
- 26
- 1. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass der Prospekthaftung im engeren Sinn auch diejenigen unterliegen, die mit Rücksicht auf ihre allgemein anerkannte und hervorgehobene berufliche und wirtschaftliche Stellung oder ihre Eigenschaft als berufsmäßige Sachkenner eine Garantenstellung einnehmen, sofern sie durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken am Emissionsprospekt einen besonderen - zusätzlichen - Vertrauenstatbestand schaffen und Erklärungen abgeben. Dabei ist ihre Einstandspflicht freilich auf die ihnen selbst zuzurechnenden Prospektaussagen beschränkt (vgl. BGHZ 77, 172, 176 ff; Urteil vom 21. November 1983 - II ZR 27/83 - NJW 1984, 865, 866; Senatsurteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93 - NJW 1995, 1025; BGHZ 145, 187, 196; Urteil vom 27. Januar 2004 - XI ZR 37/03 - NJW 2004, 1376, 1379; Senatsurteile BGHZ 158, 110, 115; vom 15. Dezember 2005 - III ZR 424/04 - NJW-RR 2006, 611, 613 Rn. 15, 19). Die Beklagte zu 2 gehört zwar als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu dem Personenkreis , dessen berufliche Sachkunde und persönliche Zuverlässigkeit Grundlage für eine entsprechende Vertrauenshaftung bilden kann. Eine Prospekthaftung als Garant scheidet hier jedoch schon deshalb aus, weil der Prospekt keine Erklärungen enthält, an die eine solche Haftung wegen typisierten Vertrauens angeknüpft werden könnte. Im Prospekt heißt es auf Seite 39 unter Ziffer 6.7 (Prospektbeurteilung): "Eine namhafte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist mit der Beurteilung des Prospektes beauftragt worden und wird über das Ergebnis einen Bericht erstellen. Der Bericht wird nach Fertigstellung den von den Vertriebspartnern vorgeschlagenen ernsthaften Interessenten auf Anforderung zur Verfügung gestellt." Mit dieser Formulierung machen die Prospektherausgeber zwar deutlich, dass sie eine Prüfung des Prospekts nicht scheuen müssen , so dass sich mancher Anleger überlegen wird, der Prospekt werde die Prüfung auch überstanden haben, weil sonst nicht mit ihm Kapital eingeworben würde. Eine entsprechende Unbedenklichkeitserklärung der Wirtschaftsprü- fungsgesellschaft enthält der Prospekt jedoch gerade nicht. Der Senat hält es daher nicht für möglich, an die oben wiedergegebene Erklärung, die nicht einmal eine solche der Beklagten zu 2 selbst ist, eine Garantenhaftung anzuknüpfen , mag auch im Zeitpunkt der Beitrittsentscheidung des Anlegers das Prospektprüfungsgutachten erstattet worden sein.
- 27
- 2. a) Daraus folgt jedoch nicht, dass eine fehlerhafte Prospektprüfung für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft immer dann folgenlos bleibt, wenn der Prospekt ihre Tätigkeit nur ankündigt. Zum einen macht sich der Prüfer gegenüber seinem Auftraggeber, der die Prüfung des Prospekts zu dem Zweck vornehmen lassen wird, um Prospekthaftungsansprüche gegenüber den Anlegern wegen eines unrichtigen Prospekts zu vermeiden, schadensersatzpflichtig. Darüber hinaus kommt auch nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter eine Einbeziehung der Anleger in den Schutzbereich des Prüfvertrags in Betracht. Die Schaffung eines Vertrauenstatbestands durch den Experten setzt nicht notwendigerweise dessen Namensnennung, die auch hier fehlt, voraus, weil es dem Anlageinteressenten regelmäßig maßgebend auf dessen berufliche Qualifikation ankommt (vgl. BGHZ 111, 314, 320). Die Beklagte zu 2 wird auch, was für die Einbeziehung der Anleger in den Schutzbereich des Prospektprüfungsvertrags entscheidend ist, durch die oben wiedergegebene Formulierung hinreichend darauf hingewiesen, dass ihr Bericht ernsthaften Interessenten auf Anforderung zur Verfügung gestellt wird, um - was sich hieraus ohne weiteres ergibt - Grundlage für deren Anlageentscheidung zu werden (vgl. auch BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - X ZR 283/02 - NJW 2004, 3420, 3421 für eine ähnliche Formulierung im Prospekt). Der Anspruch aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kann auch dann bestehen, wenn der Anleger einen in der Sache nicht gleichwertigen Prospekthaftungsanspruch gegen den Prospekther- ausgeber hat. Insoweit schließt sich der Senat den vom X. Zivilsenat hierfür angeführten Gründen an (vgl. Urteil vom 8. Juni 2004 aaO).
- 28
- Eine b) Haftung der Beklagten zu 2 kommt gegenüber dem Kläger gleichwohl nicht in Betracht, weil seine Anlageentscheidung nicht auf dem erstatteten Prospektprüfungsgutachten beruht. Der Kläger gehört nicht zu den Anlegern, die vor ihrem Beitritt das Gutachten angefordert haben, um Informationen für ihre Anlageentscheidung zu gewinnen. Seinem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass er sein Vertrauen auf den Inhalt des Prospektprüfungsgutachtens gestützt hätte. Für die Erstreckung der Schutzwirkung und die Haftung nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kommt es im Bereich der Expertenhaftung aber entscheidend darauf an, dass der Anleger von dem Gutachten Gebrauch macht und hierdurch ein Vertrauen des Anlegers erzeugt und auf seinen Willensentschluss Einfluss genommen wird (vgl. BGHZ 145, 187, 197 f). Hierfür genügt die allgemeine Erwägung des Anlegers nicht, der Vertrieb werde das Gutachten zur Kenntnis nehmen und, sofern es den Prospekt nicht für unbedenklich halte, von einer Vermittlung der entsprechenden Anlage absehen.
- 29
- Im vorliegenden Fall hat der Kläger lediglich behauptet, er habe darauf vertraut, dass seinem Vermittler der Inhalt des Prüfberichts bekannt sei und dieser ihn über etwaige Unzulänglichkeiten des Prospekts aufklären würde, falls Beanstandungen in dem Gutachten enthalten seien. Die Vertriebspartner hätten von der Vermittlung Abstand genommen, wenn die Beklagte zu 2 in ihrem Gutachten die Angaben des Prospekts zum Verlustrisiko und zum Abschluss einer Erlösausfallversicherung beanstandet hätte. Danach hat sich der Kläger wohl auf die Kompetenz seines Vermittlers verlassen. In Bezug auf den Inhalt des Prospektprüfungsgutachtens fehlt es jedoch an einem konkreten Ver- trauen, wie es für die Einbeziehung in die Schutzwirkung eines zwischen Dritten geschlossenen Vertrags erforderlich ist. Die Anknüpfung an ein typisiertes Vertrauen , das im Bereich der Prospekthaftung im engeren Sinn haftungsbegründend wirkt, genügt insoweit nicht.
Dörr Wöstmann
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 01.02.2005 - 28 O 17823/04 -
OLG München, Entscheidung vom 13.03.2006 - 17 U 2374/05 -
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte unter anderem auf die Übertragung von "Eigentumsrechten des Anteils am Stammkapital der Betreibergesellschaft" eines Gasfeldes, hilfsweise auf Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung in Anspruch. Sie hat ihre Klage beim Landgericht Berlin eingereicht und die öffentliche Zustellung mit der Begründung beantragt, die Zustellung sei im Ausland nicht möglich und eine Erledigung des Rechtshilfegesuchs innerhalb absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Das Landgericht hat den Antrag der Klägerin abgelehnt. Das Kammergericht hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Rechtsbeschwerde hat die Klägerin ihren Antrag auf öffentliche Zustellung der Klage weiterverfolgt.
II.
- 2
- Der Antrag, die Erledigung des Rechtsbeschwerdeverfahrens festzustellen , ist unbegründet, weil die Rechtsbeschwerde von Anfang an unbegründet war.
- 3
- 1. Die Rechtsbeschwerdeführerin hat allerdings in zulässiger Weise das Rechtsbeschwerdeverfahren für erledigt erklärt.
- 4
- a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar nicht abschließend geklärt, ob ein Rechtsmittel schlechthin Gegenstand einer Erledigungserklärung sein kann. Sie ist aber jedenfalls dann möglich, wenn hierfür ein besonderes Bedürfnis besteht, weil nur auf diese Weise eine angemessene Kostenentscheidung zu erzielen ist (BGH, Beschluss vom 11. Januar 2001 - V ZB 40/99, NJW-RR 2001, 1007, unter II 1 a; Urteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 219/97, NJW 1998, 2453, unter II 2; Beschluss vom 17. September 2008 - IV ZB 17/08, FamRZ 2009, 41, Tz. 4). Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine einseitige Erledigungserklärung handelt (BGH, Urteil vom 12. Mai 1998, aaO; Beschluss vom 10. Juli 2003 - VII ZB 32/02, NJW 2003, 3057, unter II). So verhält es sich hier.
- 5
- Eine Rücknahme des Rechtsmittels liegt nicht im Interesse der Klägerin, denn dies hätte zur Folge, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsmittels unabhängig davon zu tragen hätte, ob die Rechtsbeschwerde ursprünglich begründet war oder nicht. Es besteht auch nicht die Möglichkeit, die Hauptsache für erledigt zu erklären, denn die Rechtsgrundsätze über die Erledigung der Hauptsache finden nur auf solche Verfahren Anwendung, in denen eine Kostengrundentscheidung ergehen kann (BGH, Beschluss vom 17. September 2008, aaO; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 91a Rdnr. 7; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91a Rdnr. 3; MünchKommZPO/Lindacher, 3. Aufl., § 91a Rdnr. 8; Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, 2007, S. 278). Diese Voraussetzung erfüllt das Verfahren über den Antrag auf öffentliche Zustellung nicht, denn es handelt sich um ein gebührenfreies Verfahren, in dem keine Kostenentscheidung ergeht.
- 6
- b) Die Erledigung kann vom Beschwerdeführer im Rechtsbeschwerdeverfahren einseitig erklärt werden, wenn das erledigende Ereignis als solches außer Streit steht (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2005 - VII ZB 10/05, WM 2005, 1991, unter 1 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Nach Zustellung der Klage an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten besteht kein Bedürfnis für eine öffentliche Zustellung mehr, so dass das Interesse der Klägerin an der Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens entfallen ist. Dass die Zustellung auf Betreiben der Klägerin erfolgt ist, berührt entgegen der Auffassung der Beklagten die Wirksamkeit der Zustellung nicht.
- 7
- 2. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde war jedoch von Anfang an nicht begründet.
- 8
- a) Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 9
- Die Voraussetzungen, unter denen die öffentliche Zustellung einer Klage nach § 185 ZPO bewilligt werden könne, seien nicht gegeben. Eine öffentliche Zustellung der Klage komme in Fällen, in denen die ladungsfähige Anschrift des Beklagten im Ausland bekannt sei, nur dann in Betracht, wenn eine Zustellung im Ausland nicht möglich sei oder keinen Erfolg verspreche. Beides sei hier nicht der Fall. Es sei zwar anzunehmen, dass die öffentliche Zustellung (richtig: die Zustellung im Wege der Rechtshilfe) einer Klage auch dann keinen Erfolg verspreche, wenn erfahrungsgemäß eine so außergewöhnlich langsame Erledigung der Zustellung auf dem Rechtshilfeweg zu erwarten sei, dass der betreffenden Partei ein Zuwarten billigerweise nicht zugemutet werden könne. Davon könne hier jedoch nicht ausgegangen werden.
- 10
- Der Antrag auf öffentliche Zustellung könne auch nicht darauf gestützt werden, dass bei Rechtshilfeersuchen an die Russische Föderation generell mit einer unzumutbar langen Bearbeitungsdauer zu rechnen sei. Darüber, ob es im vorliegenden Fall zu Verzögerungen kommen werde, ließen sich derzeit nur Vermutungen anstellen, denn ein Rechtshilfeersuchen sei den russischen Behörden noch nicht einmal übersandt worden. Für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung müssten konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass das Rechtshilfeersuchen undurchführbar sei oder erfolglos bleibe.
- 11
- Nichts anderes gelte mit Rücksicht darauf, dass die Klägerin die Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte befürchte. Soweit sich der geltend gemachte Anspruch nach deutschem materiellem Recht richte, habe die Klägerin nicht zu befürchten, dass die Rückwirkungsfiktion des § 167 ZPO nicht zu ihren Gunsten greifen werde, so dass schon die Einreichung der Klage zu einer Unterbrechung der Verjährung führe. Soweit die Klägerin vertragliche Erfüllungsansprüche geltend mache, die nach russischem Recht zu beurteilen seien, sei ebenfalls nicht ersichtlich, dass die Verjährung der Ansprüche drohe. Nach dem insoweit anzuwendenden russischen Recht sei für die Unterbrechungswirkung der Klageerhebung von vornherein auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung abzustellen.
- 12
- b) Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde hätten keine andere Entscheidung gerechtfertigt.
- 13
- Nach § 185 Nr. 3 ZPO kann eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn sie im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht. Das ist allerdings nicht erst dann der Fall, wenn feststeht, dass eine Zustellung im Wege der Rechtshilfe endgültig nicht erfolgen wird. Der Zweck dieser Vorschrift liegt darin, den Anspruch auf Justizgewährung für die Partei zu sichern, wenn auf anderem Wege eine Zustellung nicht durchführbar ist (Stein/Jonas/Roth, aaO, § 185 Rdnr. 1; Zöller/Stöber, aaO, § 185 Rdnr. 1). Das Gebot, einen wirkungsvollen Rechtsschutz zu gewähren, erfordert, dass dieser in angemessener Zeit zu erlangen ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1989 - X ZR 23/87, NJW 1989, 1477, unter I 4). Keinen Erfolg verspricht die Zustellung daher schon dann, wenn die Durchführung einen derart langen Zeitraum in Anspruch nehmen würde, dass ein Zuwarten der betreibenden Partei billigerweise nicht zugemutet werden kann. Allerdings ist andererseits zu beachten, dass eine Bewilligung der öffentlichen Zustellung den Anspruch auf rechtliches Gehör des Prozessgegners aus Art. 103 Abs. 1 GG gefährdet. Für die Entscheidung der Frage, ob die Dauer einer Zustellung im Wege der Rechtshilfe nicht mehr zumutbar ist, bedarf es daher einer Abwägung der beiderseitigen Interessen, wobei es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt (vgl. OLG Köln, MDR 2008, 1061; OLG Düsseldorf, OLGR 2004, 456 f.; OLG Hamburg, NJWE-WettbR 1997, 284; MünchKommZPO/Häublein, aaO, § 185 Rdnr. 9; Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 185 Rdnr. 6; Wieczorek/Schütze/Rohe, ZPO, 3. Aufl., § 185 Rdnr. 2, 28 ff.; Fischer, ZZP 107 (1994), 163, 171; Geimer, NJW 1989, 2204). Diese Interessenabwägung fällt in den Bereich der tatrichterlichen Würdigung, die vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler geprüft werden kann. Das Beschwerdegericht hat bei seiner Entscheidungsfindung alle wesentlichen Umstände rechtsfehlerfrei berücksichtigt und gewürdigt.
- 14
- aa) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Anspruch der Klägerin auf Justizgewährung nicht schon deshalb verletzt, weil die Zustellung möglicherweise einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten erfordert. In Rechtsprechung und Literatur wird allerdings zum Teil in Anlehnung an Art. 15 Abs. 2 des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 14. November 1965 eine Dauer von sechs Monaten generell als Grenze angesehen (OLG Köln, NJW-RR 1998, 1683, 1684; Geimer, aaO, S. 2204 f.; Stein/Jonas/Roth, aaO, Rdnr. 10; Hk-ZPO/Eichele, 2. Aufl., § 185 Rdnr. 6). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Da eine Bewilligung der öffentlichen Zustellung den Anspruch des Prozessgegners auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG gefährdet, sind insoweit strenge Anforderungen zu stellen. Sie ist nur dann zu rechtfertigen, wenn eine andere Art der Zustellung aus sachlichen Gründen nicht oder nur schwer durchführbar ist (BVerfG, NJW 1988, 2361; BGH, Urteil vom 6. April 1992 - II ZR 242/91, NJW 1992, 2280, unter II 1). Insoweit ist zu beachten, dass eine Dauer von bis zu einem Jahr für eine Zustellung im Ausland nicht ungewöhnlich ist (vgl. dazu Rahm/Künkel/Breuer, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, Stand: November 2008, Kap. VIII Rdnr. 42). Ein Zeitraum von sechs bis neun Monaten überschreitet danach nicht den Zeitrahmen für Rechtshilfeverfahren, wie er auch sonst im internationalen Rechtsverkehr üblich ist. Dies steht der Annahme entgegen, es handele sich um einen Zeitraum, bei dem ein Zuwarten der betreibenden Partei billigerweise nicht zugemutet werden könne (ebenso Linke, Internationales Zivilprozessrecht, 4. Aufl., Rdnr. 231; Pfennig, Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen , 1988, S. 122; Fischer, aaO; Mansel, IPrax 1987, 210, 212).
- 15
- bb) Die Bewilligung der öffentlichen Zustellung war auch nicht deswegen geboten, weil - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - sich die Zustellungsdauer in Russland nach den von der Klägerin eingeholten Auskünften auf zwei Jahre belaufen könne. Dieser Umstand könnte die öffentliche Zustellung nur dann rechtfertigen, wenn mit Sicherheit zu erwarten wäre, dass eine Zustellung einen derart langen Zeitraum in Anspruch nehmen wird. Denn die Bewilligung der öffentlichen Zustellung setzt voraus, dass konkrete Feststellungen getroffen werden können, aus denen sich ergibt, dass eine Zustellung in anderer Weise keinen Erfolg verspricht. Solche Feststellungen lassen sich aber nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht treffen, weil es danach auch möglich ist, dass die Zustellung der Klage im Wege der Rechtshilfe innerhalb von (nur) sechs bis neun Monaten erfolgt.
- 16
- cc) Die Rechtsbeschwerde meint, der Klägerin habe wegen drohender Verjährung ein längeres Zuwarten nicht zugemutet werden können. Die vom Beschwerdegericht geäußerte Auffassung, eine Verjährung sei nicht zu befürchten , weil nach Art. 194 Abs. 2, Art. 203 Abs. 2 ZGB der Russischen Föderation für die Unterbrechung der Verjährung auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klage bei Gericht abzustellen sei, entfalte für das Hauptsacheverfahren keine Bindungswirkung. Es sei nicht auszuschließen, dass aufgrund neuer Erkenntnisse die Gerichte in den Tatsacheninstanzen den Eintritt der Verjährungsunterbrechung nach russischem Recht abweichend beurteilten, weil die Auswir- kungen von Rechtshandlungen im Ausland in der russischen Rechtspraxis nicht geklärt seien. Dieses Risiko müsse die Klägerin, soweit es um die Anwendbarkeit des § 185 ZPO gehe, nicht hinnehmen, weswegen eine öffentliche Zustellung geboten sei. Damit dringt die Rechtsbeschwerde nicht durch.
- 17
- Bei der Frage, ob eine öffentliche Zustellung bewilligt werden kann, ist zwar auch zu berücksichtigen, ob Umstände vorliegen, die bei einer Durchführung des zeitaufwändigen Rechtshilfeverfahrens zu einer Vereitelung des Rechts der betreibenden Partei führen können. Es widerspräche in einem solchen Fall dem Gebot des wirkungsvollen Rechtsschutzes, die betreibende Partei auf das Rechtshilfeverfahren zu verweisen (vgl. OLG Düsseldorf, aaO; OLG Hamm, MDR 1988, 589; OLG Hamburg, MDR 1970, 426; MünchKommZPO/ Häublein, aaO; vgl. auch Musielak/Wolst, aaO; Wieczorek/Schütze/Rohe, aaO, Rdnr. 33). So liegt es hier aber nicht. Die Risiken, die sich daraus ergeben, dass die Unterbrechung der Verjährung nach russischem Recht zu beurteilen ist, hat das Beschwerdegericht in Betracht gezogen, indem es die Rechtslage nach dem anzuwendenden russischen Recht ermittelt hat. Da die Rechtsbeschwerde nicht die fehlerhafte Ermittlung ausländischen Rechts gemäß § 293 ZPO gerügt hat, ist der Senat an die Beurteilung des Beschwerdegerichts gebunden (§ 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Danach ist zugrunde zu legen, dass die Unterbrechung der Verjährung nicht davon abhängt, dass die Klage der Beklagten zugestellt wird. Das abstrakte Prozessrisiko, dass die Tatsacheninstanzen bei Fortgang des Verfahrens die Frage der Unterbrechung der Verjährung durch Erhebung der Klage nach russischem Recht anders beurteilen, als dies bisher geschehen ist, stellt keinen ausreichenden Grund für eine öffentliche Zustellung dar. Ball Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger Dr. Hessel
LG Berlin, Entscheidung vom 09.04.2008 - 33 O 433/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 28.05.2008 - 2 W 78/08 -
Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) erfolgen, wenn
- 1.
der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist, - 2.
bei juristischen Personen, die zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift zum Handelsregister verpflichtet sind, eine Zustellung weder unter der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift einer für Zustellungen empfangsberechtigten Person oder einer ohne Ermittlungen bekannten anderen inländischen Anschrift möglich ist, - 3.
eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht oder - 4.
die Zustellung nicht erfolgen kann, weil der Ort der Zustellung die Wohnung einer Person ist, die nach den §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Gerichtsbarkeit nicht unterliegt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte unter anderem auf die Übertragung von "Eigentumsrechten des Anteils am Stammkapital der Betreibergesellschaft" eines Gasfeldes, hilfsweise auf Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung in Anspruch. Sie hat ihre Klage beim Landgericht Berlin eingereicht und die öffentliche Zustellung mit der Begründung beantragt, die Zustellung sei im Ausland nicht möglich und eine Erledigung des Rechtshilfegesuchs innerhalb absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Das Landgericht hat den Antrag der Klägerin abgelehnt. Das Kammergericht hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Rechtsbeschwerde hat die Klägerin ihren Antrag auf öffentliche Zustellung der Klage weiterverfolgt.
II.
- 2
- Der Antrag, die Erledigung des Rechtsbeschwerdeverfahrens festzustellen , ist unbegründet, weil die Rechtsbeschwerde von Anfang an unbegründet war.
- 3
- 1. Die Rechtsbeschwerdeführerin hat allerdings in zulässiger Weise das Rechtsbeschwerdeverfahren für erledigt erklärt.
- 4
- a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar nicht abschließend geklärt, ob ein Rechtsmittel schlechthin Gegenstand einer Erledigungserklärung sein kann. Sie ist aber jedenfalls dann möglich, wenn hierfür ein besonderes Bedürfnis besteht, weil nur auf diese Weise eine angemessene Kostenentscheidung zu erzielen ist (BGH, Beschluss vom 11. Januar 2001 - V ZB 40/99, NJW-RR 2001, 1007, unter II 1 a; Urteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 219/97, NJW 1998, 2453, unter II 2; Beschluss vom 17. September 2008 - IV ZB 17/08, FamRZ 2009, 41, Tz. 4). Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine einseitige Erledigungserklärung handelt (BGH, Urteil vom 12. Mai 1998, aaO; Beschluss vom 10. Juli 2003 - VII ZB 32/02, NJW 2003, 3057, unter II). So verhält es sich hier.
- 5
- Eine Rücknahme des Rechtsmittels liegt nicht im Interesse der Klägerin, denn dies hätte zur Folge, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsmittels unabhängig davon zu tragen hätte, ob die Rechtsbeschwerde ursprünglich begründet war oder nicht. Es besteht auch nicht die Möglichkeit, die Hauptsache für erledigt zu erklären, denn die Rechtsgrundsätze über die Erledigung der Hauptsache finden nur auf solche Verfahren Anwendung, in denen eine Kostengrundentscheidung ergehen kann (BGH, Beschluss vom 17. September 2008, aaO; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 91a Rdnr. 7; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91a Rdnr. 3; MünchKommZPO/Lindacher, 3. Aufl., § 91a Rdnr. 8; Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, 2007, S. 278). Diese Voraussetzung erfüllt das Verfahren über den Antrag auf öffentliche Zustellung nicht, denn es handelt sich um ein gebührenfreies Verfahren, in dem keine Kostenentscheidung ergeht.
- 6
- b) Die Erledigung kann vom Beschwerdeführer im Rechtsbeschwerdeverfahren einseitig erklärt werden, wenn das erledigende Ereignis als solches außer Streit steht (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2005 - VII ZB 10/05, WM 2005, 1991, unter 1 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Nach Zustellung der Klage an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten besteht kein Bedürfnis für eine öffentliche Zustellung mehr, so dass das Interesse der Klägerin an der Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens entfallen ist. Dass die Zustellung auf Betreiben der Klägerin erfolgt ist, berührt entgegen der Auffassung der Beklagten die Wirksamkeit der Zustellung nicht.
- 7
- 2. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde war jedoch von Anfang an nicht begründet.
- 8
- a) Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 9
- Die Voraussetzungen, unter denen die öffentliche Zustellung einer Klage nach § 185 ZPO bewilligt werden könne, seien nicht gegeben. Eine öffentliche Zustellung der Klage komme in Fällen, in denen die ladungsfähige Anschrift des Beklagten im Ausland bekannt sei, nur dann in Betracht, wenn eine Zustellung im Ausland nicht möglich sei oder keinen Erfolg verspreche. Beides sei hier nicht der Fall. Es sei zwar anzunehmen, dass die öffentliche Zustellung (richtig: die Zustellung im Wege der Rechtshilfe) einer Klage auch dann keinen Erfolg verspreche, wenn erfahrungsgemäß eine so außergewöhnlich langsame Erledigung der Zustellung auf dem Rechtshilfeweg zu erwarten sei, dass der betreffenden Partei ein Zuwarten billigerweise nicht zugemutet werden könne. Davon könne hier jedoch nicht ausgegangen werden.
- 10
- Der Antrag auf öffentliche Zustellung könne auch nicht darauf gestützt werden, dass bei Rechtshilfeersuchen an die Russische Föderation generell mit einer unzumutbar langen Bearbeitungsdauer zu rechnen sei. Darüber, ob es im vorliegenden Fall zu Verzögerungen kommen werde, ließen sich derzeit nur Vermutungen anstellen, denn ein Rechtshilfeersuchen sei den russischen Behörden noch nicht einmal übersandt worden. Für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung müssten konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass das Rechtshilfeersuchen undurchführbar sei oder erfolglos bleibe.
- 11
- Nichts anderes gelte mit Rücksicht darauf, dass die Klägerin die Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte befürchte. Soweit sich der geltend gemachte Anspruch nach deutschem materiellem Recht richte, habe die Klägerin nicht zu befürchten, dass die Rückwirkungsfiktion des § 167 ZPO nicht zu ihren Gunsten greifen werde, so dass schon die Einreichung der Klage zu einer Unterbrechung der Verjährung führe. Soweit die Klägerin vertragliche Erfüllungsansprüche geltend mache, die nach russischem Recht zu beurteilen seien, sei ebenfalls nicht ersichtlich, dass die Verjährung der Ansprüche drohe. Nach dem insoweit anzuwendenden russischen Recht sei für die Unterbrechungswirkung der Klageerhebung von vornherein auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung abzustellen.
- 12
- b) Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde hätten keine andere Entscheidung gerechtfertigt.
- 13
- Nach § 185 Nr. 3 ZPO kann eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn sie im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht. Das ist allerdings nicht erst dann der Fall, wenn feststeht, dass eine Zustellung im Wege der Rechtshilfe endgültig nicht erfolgen wird. Der Zweck dieser Vorschrift liegt darin, den Anspruch auf Justizgewährung für die Partei zu sichern, wenn auf anderem Wege eine Zustellung nicht durchführbar ist (Stein/Jonas/Roth, aaO, § 185 Rdnr. 1; Zöller/Stöber, aaO, § 185 Rdnr. 1). Das Gebot, einen wirkungsvollen Rechtsschutz zu gewähren, erfordert, dass dieser in angemessener Zeit zu erlangen ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1989 - X ZR 23/87, NJW 1989, 1477, unter I 4). Keinen Erfolg verspricht die Zustellung daher schon dann, wenn die Durchführung einen derart langen Zeitraum in Anspruch nehmen würde, dass ein Zuwarten der betreibenden Partei billigerweise nicht zugemutet werden kann. Allerdings ist andererseits zu beachten, dass eine Bewilligung der öffentlichen Zustellung den Anspruch auf rechtliches Gehör des Prozessgegners aus Art. 103 Abs. 1 GG gefährdet. Für die Entscheidung der Frage, ob die Dauer einer Zustellung im Wege der Rechtshilfe nicht mehr zumutbar ist, bedarf es daher einer Abwägung der beiderseitigen Interessen, wobei es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt (vgl. OLG Köln, MDR 2008, 1061; OLG Düsseldorf, OLGR 2004, 456 f.; OLG Hamburg, NJWE-WettbR 1997, 284; MünchKommZPO/Häublein, aaO, § 185 Rdnr. 9; Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 185 Rdnr. 6; Wieczorek/Schütze/Rohe, ZPO, 3. Aufl., § 185 Rdnr. 2, 28 ff.; Fischer, ZZP 107 (1994), 163, 171; Geimer, NJW 1989, 2204). Diese Interessenabwägung fällt in den Bereich der tatrichterlichen Würdigung, die vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler geprüft werden kann. Das Beschwerdegericht hat bei seiner Entscheidungsfindung alle wesentlichen Umstände rechtsfehlerfrei berücksichtigt und gewürdigt.
- 14
- aa) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Anspruch der Klägerin auf Justizgewährung nicht schon deshalb verletzt, weil die Zustellung möglicherweise einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten erfordert. In Rechtsprechung und Literatur wird allerdings zum Teil in Anlehnung an Art. 15 Abs. 2 des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 14. November 1965 eine Dauer von sechs Monaten generell als Grenze angesehen (OLG Köln, NJW-RR 1998, 1683, 1684; Geimer, aaO, S. 2204 f.; Stein/Jonas/Roth, aaO, Rdnr. 10; Hk-ZPO/Eichele, 2. Aufl., § 185 Rdnr. 6). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Da eine Bewilligung der öffentlichen Zustellung den Anspruch des Prozessgegners auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG gefährdet, sind insoweit strenge Anforderungen zu stellen. Sie ist nur dann zu rechtfertigen, wenn eine andere Art der Zustellung aus sachlichen Gründen nicht oder nur schwer durchführbar ist (BVerfG, NJW 1988, 2361; BGH, Urteil vom 6. April 1992 - II ZR 242/91, NJW 1992, 2280, unter II 1). Insoweit ist zu beachten, dass eine Dauer von bis zu einem Jahr für eine Zustellung im Ausland nicht ungewöhnlich ist (vgl. dazu Rahm/Künkel/Breuer, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, Stand: November 2008, Kap. VIII Rdnr. 42). Ein Zeitraum von sechs bis neun Monaten überschreitet danach nicht den Zeitrahmen für Rechtshilfeverfahren, wie er auch sonst im internationalen Rechtsverkehr üblich ist. Dies steht der Annahme entgegen, es handele sich um einen Zeitraum, bei dem ein Zuwarten der betreibenden Partei billigerweise nicht zugemutet werden könne (ebenso Linke, Internationales Zivilprozessrecht, 4. Aufl., Rdnr. 231; Pfennig, Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen , 1988, S. 122; Fischer, aaO; Mansel, IPrax 1987, 210, 212).
- 15
- bb) Die Bewilligung der öffentlichen Zustellung war auch nicht deswegen geboten, weil - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - sich die Zustellungsdauer in Russland nach den von der Klägerin eingeholten Auskünften auf zwei Jahre belaufen könne. Dieser Umstand könnte die öffentliche Zustellung nur dann rechtfertigen, wenn mit Sicherheit zu erwarten wäre, dass eine Zustellung einen derart langen Zeitraum in Anspruch nehmen wird. Denn die Bewilligung der öffentlichen Zustellung setzt voraus, dass konkrete Feststellungen getroffen werden können, aus denen sich ergibt, dass eine Zustellung in anderer Weise keinen Erfolg verspricht. Solche Feststellungen lassen sich aber nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht treffen, weil es danach auch möglich ist, dass die Zustellung der Klage im Wege der Rechtshilfe innerhalb von (nur) sechs bis neun Monaten erfolgt.
- 16
- cc) Die Rechtsbeschwerde meint, der Klägerin habe wegen drohender Verjährung ein längeres Zuwarten nicht zugemutet werden können. Die vom Beschwerdegericht geäußerte Auffassung, eine Verjährung sei nicht zu befürchten , weil nach Art. 194 Abs. 2, Art. 203 Abs. 2 ZGB der Russischen Föderation für die Unterbrechung der Verjährung auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klage bei Gericht abzustellen sei, entfalte für das Hauptsacheverfahren keine Bindungswirkung. Es sei nicht auszuschließen, dass aufgrund neuer Erkenntnisse die Gerichte in den Tatsacheninstanzen den Eintritt der Verjährungsunterbrechung nach russischem Recht abweichend beurteilten, weil die Auswir- kungen von Rechtshandlungen im Ausland in der russischen Rechtspraxis nicht geklärt seien. Dieses Risiko müsse die Klägerin, soweit es um die Anwendbarkeit des § 185 ZPO gehe, nicht hinnehmen, weswegen eine öffentliche Zustellung geboten sei. Damit dringt die Rechtsbeschwerde nicht durch.
- 17
- Bei der Frage, ob eine öffentliche Zustellung bewilligt werden kann, ist zwar auch zu berücksichtigen, ob Umstände vorliegen, die bei einer Durchführung des zeitaufwändigen Rechtshilfeverfahrens zu einer Vereitelung des Rechts der betreibenden Partei führen können. Es widerspräche in einem solchen Fall dem Gebot des wirkungsvollen Rechtsschutzes, die betreibende Partei auf das Rechtshilfeverfahren zu verweisen (vgl. OLG Düsseldorf, aaO; OLG Hamm, MDR 1988, 589; OLG Hamburg, MDR 1970, 426; MünchKommZPO/ Häublein, aaO; vgl. auch Musielak/Wolst, aaO; Wieczorek/Schütze/Rohe, aaO, Rdnr. 33). So liegt es hier aber nicht. Die Risiken, die sich daraus ergeben, dass die Unterbrechung der Verjährung nach russischem Recht zu beurteilen ist, hat das Beschwerdegericht in Betracht gezogen, indem es die Rechtslage nach dem anzuwendenden russischen Recht ermittelt hat. Da die Rechtsbeschwerde nicht die fehlerhafte Ermittlung ausländischen Rechts gemäß § 293 ZPO gerügt hat, ist der Senat an die Beurteilung des Beschwerdegerichts gebunden (§ 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Danach ist zugrunde zu legen, dass die Unterbrechung der Verjährung nicht davon abhängt, dass die Klage der Beklagten zugestellt wird. Das abstrakte Prozessrisiko, dass die Tatsacheninstanzen bei Fortgang des Verfahrens die Frage der Unterbrechung der Verjährung durch Erhebung der Klage nach russischem Recht anders beurteilen, als dies bisher geschehen ist, stellt keinen ausreichenden Grund für eine öffentliche Zustellung dar. Ball Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger Dr. Hessel
LG Berlin, Entscheidung vom 09.04.2008 - 33 O 433/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 28.05.2008 - 2 W 78/08 -
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger erklärten am 3. Dezember 1997 ihren Beitritt zum Immobilienfonds "B.
in B. , das langfristig vermietet war. Die B. -Bau GmbH gab für beide Grundstücke eine befristete Mietgarantie ab. Das Grundstück in B. war im Prospekt mit der richtigen Anschrift angegeben, seine Lage auf einer Planskizze falsch eingezeichnet. Die Kläger haben vom Beklagten wegen unrichtiger Angaben der Lage des Grundstücks bei B. und des Werts für Grund und Boden des Grundstücks in W. die Rückabwicklung ihres Beitritts verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Dagegen richten sich die vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen der Kläger.
Entscheidungsgründe:
- 2
- Die Revisionen haben Erfolg.
- 3
- I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger hafte als Gründungsgesellschafter und Treuhandkommanditist für unrichtige Prospektangaben aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen. Der Ersatzanspruch sei nach § 195 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB auch nicht verjährt. Die Kläger hätten aber nicht schlüssig dargelegt, dass sie durch den Prospekt über wesentliche bzw. erhebliche Umstände, die für ihre Entschließung von Bedeutung gewesen seien, fehlerhaft oder unvollständig informiert worden seien. Aufgrund der Art der Immobilie, des mit dem langfristigen Mietvertrag für 15 Jahre festgelegten Nutzungszwecks und der Mietgarantie sei der konkrete Standort des Grundstücks bei Bremen von untergeordneter Bedeutung gewesen. Der Nutzungszweck habe zudem eher eine Stadtrandlage als eine Innenstadtlage vorgegeben. Aber selbst wenn der graphisch falsch dargestellte Standort als ein wesentlicher Umstand für die Anlageentscheidung angesehen würde, fehle es an der Ursächlichkeit des Fehlers für den Beitritt der Kläger. Sie könnten sich auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht stützen, weil die Vermutung nicht gelte, wenn mehrere Verhaltensvarianten in Frage kämen. Die Kläger hätten selbst vorgetragen, dass sie den Emissionsprospekt von ihrem Steuerberater und der D. Bank in B. hätten überprüfen lassen, dass von dort keine Einwände erhoben worden seien und die Bank sogar erklärt habe , sie könne kein mit diesen Konditionen und Sicherheiten vergleichbar gutes Angebot unterbreiten. Eine gehörige Aufklärung hätte bei den Klägern daher einen Entscheidungskonflikt ausgelöst, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben habe. Das gelte auch für die von den Klägern behauptete falsche Angabe zum Bodenwert des Grundstücks in W. Zu ihren Gunsten gelte auch insoweit keine Kausalitätsvermutung, weil sie sich angesichts der sonstigen mit der Anlage verbundenen Vorteile in einem Entscheidungskonflikt befunden hätten.
- 4
- II. Dies hält in mehrfacher Hinsicht der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 5
- 1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die Ursächlichkeit der unstreitigen bzw. behaupteten Prospektmängel für die Anlageentscheidung verneint , weil sich die Kläger in einem Entscheidungskonflikt befunden hätten und die falsche Lageangabe für das Grundstück bei B. wegen der Mietgarantie sowie der langfristigen Vermietung ohne Bedeutung sei.
- 6
- a) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass bei einer unrichtigen oder unvollständigen Darstellung von für die Anlageentscheidung wesentlichen Umständen eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass die mangelhafte Prospektdarstellung für die Anlageentscheidung ursächlich war (st.Rspr. BGHZ 79, 337, 346; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 16; v. 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104; v. 15. Dezember 2003 - II ZR 244/01, ZIP 2004, 312; v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651). Durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts wird in das Recht des Anlegers eingegriffen, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Projekt investieren will oder nicht. Das Bestehen von Handlungsvarianten ist nicht geeignet, diese auf der Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung für die Ursächlichkeit fehlerhafter Prospektdarstellungen für die Anlageentscheidung bei Immobilien zu entkräften, bei denen es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz geht (BGH, Urt. v. 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568). Eine Ausnahme kommt allenfalls bei - hier nicht vorliegenden - von vornherein spekulativen Geschäften in Betracht, bei denen es nur um das Maß der Sicherheit geht (vgl. BGHZ 160, 58, 66). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Kläger hätten sich wegen der Einschätzung der D. Bank, kein mit den Konditionen und Sicherheiten des Fonds vergleichbar gutes Angebot machen zu können, in einem Entscheidungskonflikt befunden, beruht außerdem auf einem Denkfehler. Es hat verkannt , dass diese Bewertung auf den Angaben im Prospekt beruht, die die D. Bank für richtig gehalten hat, während zumindest zu unterstellen ist, dass sie nicht zutreffen.
- 7
- b) Zu Unrecht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die falsche Angabe zur Lage des Grundstücks bei B. kein für die Anlageentscheidung wesentlicher Umstand gewesen sei, weil eine Mietgarantie abgegeben und das Grundstück langfristig vermietet worden sei. Die Lage ist ein für die Bewertung einer Immobilie maßgebender Umstand, weil sie sich auf den Vermietungserfolg auswirkt. Daran ändern weder die hier gegebene Mietgarantie noch der Umstand etwas, dass ein langfristiger Mietvertrag geschlossen worden ist. Eine befristete Mietgarantie ist keine nachhaltige Sicherung des Erwerbers , die von der Verpflichtung zur Aufklärung über die tatsächlichen Umstände der Vermietung und der erzielbaren Miete befreit (vgl. BGH Urt. v. 10. Oktober 2008 - V ZR 175/07, NJW 2008, 3699; Urt. v. 15. Juni 2000 - III ZR 305/98, ZIP 2000, 1392). Sie kann - was allgemein bekannt ist und gerade bei Anlagemodellen immer wieder deutlich wird - infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Vertragspartners jederzeit ausfallen. Ebenso kann sich schnell erweisen, dass der langfristige Mieter seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann, weil er seine wirtschaftlichen Aussichten falsch eingeschätzt hat. Sowohl für die Möglichkeit der Wiedervermietung als solche als auch für den erzielbaren Mietzins gewinnt die Lage des Grundstücks dann entscheidende Bedeutung.
- 8
- c) Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Das Berufungsgericht ist zu Recht und von der Revisionserwiderung nicht angegriffen davon ausgegangen, dass eine Haftung des Beklagten aus vorvertraglichem Verschulden in Betracht kommt, weil er Gründungsgesellschafter ist, und dass der Schadensersatzanspruch nicht verjährt ist.
- 9
- 2. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Beklagte kann die tatsächliche Vermutung, dass eine fehlerhafte Prospektdarstellung für die Anlageentscheidung ursächlich war, widerlegen (vgl. Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 16). Die Vermutung ist grundsätzlich erschüttert, wenn dem Anleger der Prospektmangel beim Beitritt bekannt ist. Der Beklagte hat behauptet, die tatsächliche Lage des Grundstücks sei den Klägern bei ihrem Beitritt bekannt gewesen, weil sie es besichtigt hätten. Den dazu angebotenen Beweis hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - bisher nicht erhoben. Die Ursächlichkeit eines Prospektfehlers für die Anlageentscheidung kann nach der Lebenserfahrung auch fehlen, wenn er für die Werthaltigkeit des Anlageobjekts objektiv keine Bedeutung hat (Senat BGHZ 123, 106, 114). Der Beklagte hat sich darauf berufen, der falsche Lageplan sei für die Grundstücksbewertung belanglos, weil die tatsächliche Lage der eingezeichneten Lage mindestens gleichwertig sei. Auch dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
- 10
- Sollte das Berufungsgericht wieder zu dem Ergebnis gelangen, dass die falsche Lagezeichnung für die Anlageentscheidung nicht ursächlich war, ist der Behauptung der Kläger nachzugehen, der Prospekt sei auch hinsichtlich der Wertangabe für das Grundstück in W. falsch; im Übrigen haben die Parteien Gelegenheit, ihr Vorbringen zu den unterbliebenen Verlustzuweisungen zu ergänzen und zu konkretisieren. Goette Kurzwelly Kraemer Reichart Drescher
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.09.2006 - 10 O 96/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.11.2007 - I-6 U 216/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung einer Beteiligung an der V. 4 GmbH & Co. KG (im Folgenden : V 4) in Anspruch.
- 2
- Der Kläger zeichnete nach vorheriger Beratung durch die Mitarbeiterin L. der Beklagten am 1. Dezember 2004 eine Beteiligung an V 4 im Nennwert von 25.000 € zuzüglich Agio in Höhe von 1.250 €, die er in Höhe von 11.375 € durch ein Darlehen der B. AG finanzierte.
- 3
- Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts sollten 8,9% der Zeichnungssumme und außerdem das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung, Platzierungsgarantie und Finanzierungsvermittlung durch die V. AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut Prospekt ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile Provisionen in Höhe von 8,45% bis 8,72% der Zeichnungssumme, ohne dass dies dem Kläger im Beratungsgespräch offengelegt wurde.
- 4
- Der Kläger verlangt mit seiner Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs - und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen die Abgabe des Angebots auf Übertragung der Beteiligung und Abtretung aller Rechte aus der Beteiligung, Rückzahlung des eingesetzten Kapitals in Höhe von 14.875 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 4% p.a. von der Zeichnung der Anlage bis zur Rechtshängigkeit der Klage sowie Prozesszinsen. Des Weiteren verlangt der Kläger die Freistellung von allen Verbindlichkeiten aus dem Finanzierungsdarlehen. Schließlich begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen Nachteilen im Zusammenhang mit der Beteiligung an V 4 freizustellen, sowie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt, jedoch unter der Einschränkung, dass der Kläger neben den Rechten aus der Beteiligung auch die Abtretung seiner Rechte gegen die Rechtsnachfolgerin der B. AG Zug um Zug anzubieten habe. Hinsichtlich der geltend gemachten vorprozessualen Zinsen blieb die Berufung ohne Erfolg.
- 5
- Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht , soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Aufgrund des zwischen den Parteien zustande gekommenen Beratungsvertrags habe die Beklagte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass sie für die Vermittlung der Beteiligung des Klägers eine Rückvergütung in Höhe von 8,45% bis 8,72% erhalte. Hierbei handele es sich um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung, auf die der Kläger durch die Beraterin nicht hingewiesen worden sei. Die Beklagte sei auch im Prospekt weder als Empfängerin von Vertriebskosten benannt noch habe sich daraus die Höhe der an die Beklagte fließenden Provision ergeben.
- 9
- Es sei ferner davon auszugehen, dass die Pflichtverletzung der Beklagten für die Anlageentscheidung des Klägers kausal gewesen sei. Stehe eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streite für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, weshalb der Aufklärungspflichtige beweisen müsse, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hät- te. Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens setze nicht voraus, dass es nur eine bestimmte Möglichkeit "aufklärungsrichtigen" Verhaltens gebe, weil durch eine unzutreffende oder unvollständige Information in das Recht des Anlegers eingegriffen werde, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider über die Investition zu befinden. Das Ansprechen bestimmter Anlageziele im Beratungsgespräch lasse keine Rückschlüsse darüber zu, ob der Anleger die Kapitalanlage auch bei einem Hinweis auf die Rückvergütung erworben hätte. Den entsprechenden Beweisangeboten der Beklagten sei deshalb nicht nachzugehen gewesen, da sie auf eine Ausforschung innerer Haltungen des Klägers in einer hypothetischen Entscheidungssituation hinausliefen. Für die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens spreche überdies, dass die Rückvergütung im Prospekt verheimlicht worden sei, weshalb ein Anleger weitere Verheimlichungen zu befürchten habe.
- 10
- Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt. Insbesondere habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 19. Dezember 2000 (XI ZR 349/99) klargestellt, dass eine Bank Rückvergütungen, die sie dem Vermögensverwalter ihres Kunden gewähre, wegen des damit verbundenen Interessenkonflikts offen legen müsse. Die Beklagte habe deshalb im Zeitpunkt der Beratung damit rechnen müssen, dass sie auch zur Offenbarung eigener Rückvergütungen verpflichtet sei. Ein Mitverschulden sei dem Kläger nicht anzulasten.
- 11
- Der Kläger könne Ersatz des für die Beteiligung aufgewendeten Eigenkapitals und Freistellung von der zur Finanzierung eingegangenen Darlehensverbindlichkeit verlangen. Ferner könne er, entsprechend seinem Feststellungsantrag , Freistellung von steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen aus der streitgegenständlichen Beteiligung verlangen. Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns in Form von Zinsen für die Zeit von der Anlageentscheidung bis zur Rechtshängigkeit der Klage habe der Kläger dagegen nicht.
II.
- 12
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 13
- 1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus dem Beratungsvertrag folgende Pflicht, den Kläger über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,45% bis 8,72% des Zeichnungskapitals aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.
- 14
- Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 17, für BGHZ bestimmt).
- 15
- a) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128) zustande gekommen.
- 16
- b) Bei den von der Beklagten empfangenen Provisionen handelte es sich des Weiteren, wie der Senat für die Parallelfonds V 3 und V 4 bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26; Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 18). Wie der Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers über diese Rückvergütungen durch die Übergabe des streitgegenständlichen Fondsprospekts nicht erfolgen, weil die Beklagte in diesem nicht als Empfängerin der dort ausgewiesenen Provisionen genannt ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 22 mwN).
- 17
- c) Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der Beklagten angenommen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. und vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. sowie Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 25, jeweils mwN).
- 18
- 2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Kläger bejaht hat.
- 19
- a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Kläger hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.
- 20
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 28 ff. mwN).
- 21
- Das Berufungsgericht hat des Weiteren im Ergebnis zutreffend angenommen , dass von dieser Beweislastumkehr nicht nur dann auszugehen ist, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 30 ff. mwN), ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.
- 22
- b) Die Revision rügt allerdings - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils zu einem Parallelfall und entgegen seiner ursprünglichen Einschätzung im Schreiben vom 20. September 2011 entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 37 ff.) - zu Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, ihr Provisionsinteresse habe keinen Einfluss auf die Anlageentscheidung des Klägers gehabt, insgesamt als unbeachtlich angesehen und angebotene Beweise nicht erhoben hat.
- 23
- aa) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Vernehmung des Klägers als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) für ihre Behauptung , dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen sei, unberücksichtigt gelassen.
- 24
- Dem Vortrag der Beklagten lässt sich noch ein hinreichender Bezug zur Person des Klägers entnehmen. Dem Beklagtenvortrag ist die Behauptung zu entnehmen, der Kläger hätte die Anlage auch bei Kenntnis von Rückvergütungen erworben. Damit wird die entscheidungserhebliche Tatsache - Fehlen der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden - unmittelbar selbst zum Gegenstand des Beweisantrags gemacht. Stellte sich der Sachvortrag in der Beweisaufnahme als richtig heraus, stünde die fehlende Kausalität der Pflichtverletzung ohne weiteres fest. Weitere Einzelheiten oder Erläuterungen sind zur Substantiierung des Beweisantrags daher grundsätzlich nicht erforderlich. Das gilt nicht nur für den Zeugenbeweis, sondern auch - wie vorliegend - für die Parteivernehmung nach § 445 ZPO. Für diese unmittelbare Beweisführung steht der Beklagten auch kein weiteres Beweismittel zur Verfügung , so dass der Grundsatz der Subsidiarität der Parteivernehmung nicht entgegensteht. Die Parteivernehmung nach § 445 Abs. 1 ZPO setzt keinen vorherigen sonstigen Beweis und auch nicht die Wahrscheinlichkeit der unter Beweis gestellten Behauptung voraus (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 39 mwN).
- 25
- Da bei der Parteivernehmung ein Missbrauch zur Ausforschung besonders naheliegt, ist zu prüfen, ob ein unbeachtlicher Beweisermittlungsantrag vorliegt. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt erst dann vor, wenn der Beweisführer ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hin- ein" aufstellt (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 40 mwN). Eine Ausforschung in diesem Sinne ist vorliegend zu verneinen. Die Beklagte hat Anhaltspunkte vorgetragen, die nach ihrer Auffassung zumindest in der Gesamtschau dafür sprechen, dass der Kläger auch in Kenntnis der Rückvergütungen V 4 gezeichnet hätte. Hierzu gehört das behauptete Anlageziel des Klägers, dass es ihm allein auf die Steuerersparnis und allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept der Schuldübernahme ankam (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 41).
- 26
- bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch den von der Beklagten vorgetragenen Hilfstatsachen (Indizien) keine Bedeutung beigemessen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 42 ff. mwN).
- 27
- Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings der Tatsache, dass sich der Kläger vor Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung in einem sogenannten Vermögensanlage-Bogen mit Provisionszahlungen bei Wertpapiergeschäften an die Beklagte einverstanden erklärt hat, keine Bedeutung beigemessen (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 48 mwN).
- 28
- Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht aber dem unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten zum Motiv des Klägers, sich an V 4 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept ), nicht nachgegangen.
- 29
- Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 53 mwN).
- 30
- Dem Vortrag der Beklagten kann entnommen werden, dass sie behauptet , dem Kläger sei es vordringlich um die bei V 4 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Unrecht nicht gewürdigt und den insoweit angetretenen Beweis durch Vernehmung der Beraterin L. als Zeugin unbeachtet gelassen. In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht auch nicht gewürdigt , dass der Kläger erst auf Empfehlung seines Steuerberaters die Beklagte zum Zwecke der Anlageberatung aufsuchte (vgl. zu diesem Aspekt im Kontext mit dem Zustandekommen eines Beratungsvertrages auch Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft , 4. Aufl. Rn. 1038).
- 31
- c) Schließlich hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft zuungunsten der Beklagten angeführt, dass die Rückvergütungen im Prospekt verheimlicht gewesen seien, weshalb Anleger weitere Verheimlichungen zu befürchten gehabt hätten. Das ist bereits deswegen rechtsfehlerhaft, weil der Prospekt nach den Grundsätzen der zivilrechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne in Bezug auf Vertriebsprovisionen nicht fehlerhaft ist. Die Vertriebsprovisionen sind im Prospekt offen ausgewiesen und der Höhe nach korrekt angegeben. Dass von der als Empfängerin der Provisionen im Prospekt aufgeführten V. AG ein Teil dieser Vertriebsprovisionen an die Beklagte rückvergütet wurde, musste im Prospekt nach den zivilrechtlichen Prospekthaftungsgrundsätzen nicht ausgewiesen werden. Zu einer solchen Aufklärung war allein die Beklagte als anlageberatende Bank verpflichtet. Diese Pflicht, über erhaltene Rückvergütungen auf- zuklären, kann die beratende Bank zwar durch rechtzeitige Übergabe eines Prospektes, in dem sie als Empfängerin der korrekt ausgewiesenen Provisionen ausdrücklich genannt ist, erfüllen (vgl. Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/ Clouth/Lang, Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 4. Aufl. Rn. 1061 mwN). Enthält der Prospekt diese Angabe jedoch nicht, muss die beratende Bank die Aufklärung mündlich oder durch eine anderweitige schriftliche Information leisten. Von einer "Verheimlichung" der Rückvergütungen im Prospekt kann daher keine Rede sein.
III.
- 32
- Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird den Kläger als Partei (§ 445 Abs. 1 ZPO) zu der Behauptung der Beklagten, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung war, zu vernehmen haben. Gegebenenfalls wird es die Behauptung der Beklagten zu würdigen haben, dem Kläger sei es allein um die bei V 4 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Gegebenenfalls wird es dazu die Zeugin L. und - soweit § 445 Abs. 2 ZPO nicht entgegensteht - gegebenenfalls den Kläger als Partei zu vernehmen haben (vgl. auch Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 42 ff.) und zu würdigen haben, dass der Kläger die Beklagte erst auf Empfehlung seines Steuerberaters aufsuchte.
- 33
- Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung die Kausalitätsvermutung in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen als widerlegt ansehen , wird es einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie nachzugehen haben (vgl. Henning, WM 2012, 153 ff. mwN; auch Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff.). Sollte das Berufungsgericht insoweit eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, dem Kläger sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.
- 34
- Bezüglich des Feststellungsantrags hinsichtlich der wirtschaftlichen und steuerlichen Nachteile aus der Beteiligung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass der Antrag dahingehend ausgelegt werden kann und auszulegen ist, dass die Freistellungs- bzw. Ersatzpflicht der Beklagten nicht jene steuerlichen Nachteile umfasst, die aus der Einkommensbesteuerung der Ersatzleistung resultieren. Diese Nachteile wurden bereits abschließend (und zutreffend) im Rahmen der Bemessung der Ersatzleistung aufgrund pauschalisierender Betrachtungsweise der steuerlichen Vor- und Nachteile berücksichtigt (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, WM 2011, 740 Rn. 8 f. und vom 23. April 2012 - II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 40).
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 11.05.2009 - 21 O 12/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.05.2010 - 26 U 127/09 -
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Der Kläger erwarb durch auf Abschluss einer "Beitrittsvereinbarung" gerichtete Erklärungen vom 20. Dezember 1998 und vom 3. März 1999 Beteiligungen an der C. Gesellschaft für Internationale Filmproduktion mbH & Co. Zweite Medienbeteiligungs KG (im Folgenden: C. II) in Höhe von insgesamt 100.000 DM und vom 30. Dezember 2000 an der C. Gesellschaft für Internationale Filmproduktion mbH & Co. Vierte Medienbeteiligungs KG (im Folgenden: C. IV) in Höhe von 25.000 DM. Gegenstand der Anlegergesellschaften ist die Entwicklung, die Herstellung und der Erwerb sowie die Beteiligung an Film- und Fernsehproduktionen im In- und Ausland, die Auswertung von Verleihrechten und der Lizenzhandel sowie die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an Unternehmen, die Geschäfte auf dem gleichen Gebiet tätigen. Die für C. II und C. IV im Wesentlichen gleichartigen Anlagemodelle, die in den jeweils von der persönlich haftenden Gesellschafterin der Anlegergesellschaft herausgegebenen Prospekten - unter Beifügung von Mustern der von den Beteiligten abzuschließenden Verträge - beschrieben wurden, gingen dahin, dass die Beteiligung der Anleger an der Kommanditgesellschaft jeweils über die beklagte Wirtschaftsprüfergesellschaft als Treuhandkommanditistin erfolgen sollte. Dementsprechend hatte der Anleger unter anderem mit der Beklagten einen "Treuhandvertrag" abzuschließen. Da zum prospektierten Angebot auch gehörte , dass die Zahlungen zur Filmproduktion sowie der Gebühren von der Freigabe durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft abhängig sein sollten (Mittelfreigabe), schloss der Anleger darüber hinaus mit der Beklagten bei C. II einen "Mittelverwendungskontrollvertrag", für C. IV war ein einheitliches Vertragswerk "Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrolle" konzipiert.
- 2
- Der Mittelverwendungskontrollvertrag für C. II enthält unter anderem folgende Bestimmungen: § 1 Gegenstand des Mittelverwendungskontrollvertrages 1. Die Mittelverwendungskontrolleurin wird beauftragt, eine Mittelverwendungskontrolle der von den Anlegern zu leistenden Einlagen in dem in diesem Vertrag näher bestimmten Umfang durchzuführen.
§ 2 Aufgaben der Mittelverwendungskontrolleurin/Mittelfreigabe/ Risiken aus vorzeitiger Mittelfreigabe 1. Die Mittelverwendungskontrolleurin hat die von den Treugebern an die Treuhandkommanditistin geleisteten Einlagen inkl. Agio nach Maßgabe dieses Vertrages freizugeben, sofern und soweit die Gesellschaft die Zustimmung zur Produktion des jeweiligen Projektes im Rahmen der Koproduktionsgemeinschaft schriftlich gegenüber der Mittelverwendungskontrolleurin erteilt hat. Die Mittelverwendungskontrolleurin überprüft hierbei nicht, ob die in dem Kooperationsvertrag im einzelnen geregelten Voraussetzungen eingehalten sind und die Mittel tatsächlich entsprechend den vorgegebenen Budgets verwendet werden. 2. Die Mittelverwendungskontrolleurin darf die eingegangenen Zahlungen der Treugeber erst dann zur weiteren Verwendung durch die Gesellschaft freigeben, wenn - der Treuhandvertrag zwischen der Treuhandkommanditistin und dem Treugeber sowie der Mittelverwendungskontrollvertrag zwischen der Mittelverwendungskontrolleurin und dem Treugeber wirksam zustande gekommen und nicht wieder (z.B. durch Widerruf oder Rücktritt vom Vertrag) aufgelöst sind und
- die besonderen Voraussetzungen gemäß § 2 Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 5 dieses Vertrages vorliegen. 3. Die Mittelverwendungskontrolleurin gibt die mit der Gründung der Gesellschaft zusammenhängenden sowie folgende Gebühren , nämlich: … jeweils bezogen auf den Zeichnungsbetrag des einzelnen Treugebers nach Ablauf der auf der Beitrittsvereinbarung vorgesehenen Widerrufsfrist und Einzahlung von 30 % der gezeichneten Einlage sowie des Agios durch den Treugeber auf das Anderkonto frei … 4. Die Mittelfreigabe für die Produktion von Filmprojekten auf ein von der C. und der jeweiligen Koproduzentin eröffnetes Konto oder auf Weisung der C. unmittelbar auf ein Konto eines Vertragspartners erfolgt in Abhängigkeit von dem jeweiligen Projekt nur bei Vorliegen folgender zusätzlicher Voraussetzungen: (1) Vorlage eines Produktionsvertrages bzw. Koproduktionsvertrages zwischen der C. und dem jeweiligen Koproduzenten , der den folgenden Voraussetzungen nicht entgegensteht. (2) Vorlage eines von den Beteiligten, die eine Garantie oder Kreditzusage gegeben oder übernommen haben, gebilligten Produktionskostenbudgets; (3) Vorlage einer Fertigstellungsgarantie (Completion-Bond) eines Major Studios, einer Versicherungsgesellschaft oder einer Completion-Bond-Gesellschaft; (4) Finanzierungsnachweis über die Erbringung der Einlage durch den jeweiligen Koproduzenten oder Nachweis, daß die Erbringung der Einlage sichergestellt ist; (5) Vorlage einer Auszahlungsgarantie eines Kreditinstitutes, einer Versicherungsgesellschaft oder eines Major-Studios, die die Rückführung von mindestens 80 % des Anteils der Gesellschaft an den Produktionskosten entsprechend dem Produktionskostenbudget spätestens 24 Monate nach Lieferung des Films sicherstellt.
Hierzu genügt die Vorlage einer entsprechenden Verpflichtungserklärung eines Kreditinstitutes, einer Versicherungsgesellschaft oder eines Major-Studios, etwa in Form einer Versicherungspolice oder einer Garantieübernahmeerklärung , auch wenn die endgültige Übernahme der Verpflichtung durch die Garanten noch unter Bedingungen steht …
§ 3 Haftung 1. Die Mittelverwendungskontrolleurin wird die ihr in § 2 übertragenen Aufgaben mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns durchführen. … … 5. Die Mittelverwendungskontrolleurin übernimmt keine Haftung für den Eintritt der vom Treugeber oder der Gesellschaft gegebenenfalls angestrebten wirtschaftlichen und/oder steuerlichen Ergebnisse oder Erfolge. Ferner übernimmt die Mittelverwendungskontrolleurin keine Haftung für die Bonität der Vertragspartner der Gesellschaft, die Durchführbarkeit der Investition oder dafür, dass die Vertragspartner der Gesellschaft die eingegangenen vertraglichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllen. Unter anderem haftet die Mittelverwendungskontrolleurin nicht für die Erfolge der von der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar geplanten Investitionen sowie den Eintritt der vom Treugeber oder der Gesellschaft verfolgten sonstigen wirtschaftlichen Ziele. Sie überprüft nicht die Fragen des unternehmerischen Ermessens der Gesellschaft und der Zweckmäßigkeit der Investitionsentscheidung. Die Mittelverwendungskontrolleurin hat an der Konzeption und der Stellung des der Beitrittsvereinbarung des Treugebers zugrundeliegenden Emissionsprospektes nicht mitgewirkt und dessen Aussagen nicht auf ihre Übereinstimmung mit den tatsächlichen Gegebenheiten überprüft. Der Treugeber erkennt an, dass die Mittelverwendungskontrolleurin zu einer solchen Prüfung auch nicht verpflichtet war. …
- 3
- Das Vertragswerk "Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrolle" für C. IV ist - in § 3 Abs. 3 und 4 sowie § 4 - inhaltlich ähnlich gestaltet.
- 4
- Verschiedene Filme sind, jedenfalls bei C. II, inzwischen Versicherungsfälle , und der für diesen Anlagefonds von der Anlegergesellschaft mit der Versicherung betraute ausländische Versicherer bzw. Versicherungskonzern , die N. E. I. S. Inc. (im folgenden: NEIS), hat sich als zahlungsunfähig erwiesen.
- 5
- Der Kläger hat von der Beklagten Schadensersatz in Höhe seiner Einzahlungen , abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen, Zug um Zug gegen Rückgabe der beiden Anlagebeteiligungen, verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der - soweit hier von Interesse - auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 37.324,31 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus C. II und auf Zahlung von 8.078,41 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus C. IV, gerichteten Berufung des Klägers stattgegeben. Diese Entscheidung bekämpft die Beklagte mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
- 6
- Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht führt aus, der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus Verschulden bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo), aufgrund dessen er so zu stellen sei wie er stünde, wenn er sich nicht an C. II und C. IV beteiligt hätte. Zwar habe, wie das erstinstanzliche Gericht zutreffend ausgeführt habe, die Beklagte nach den Mittelverwendungskontrollverträgen jeweils lediglich eine "formale" Prüfung geschuldet , weshalb eine positive Vertragsverletzung der Mittelverwendungskontrollverträge durch die Beklagte ausscheide. Wohl aber habe die Beklagte die vorvertragliche Verpflichtung gehabt, dem Kläger jeweils vor Abschluss des Treuhandvertrages und des Mittelverwendungskontrollvertrages darauf hinzuweisen , dass die Mittelverwendung nach dem Mittelverwendungskontrollvertrag ausschließlich nach formalen Kriterien, insbesondere ohne jede Bonitätsprüfung des vorgesehenen Garantiegebers, erfolgen werde. Diese Hinweispflicht habe sich daraus ergeben, dass das Wort Mittelverwendungskontrollvertrag dem an einem Investment Interessierten "suggeriere", durch Abschluss eines solchen Vertrages werde eine effektive Kontrolle der Mittelverwendung erreicht; die Verpflichtung der Beklagten sei dahin gegangen, dem Kläger vor Abschluss des Mittelverwendungskontrollvertrages auf dessen "ganz überwiegend die Haftung ausschließenden Inhalt“, mit dem der potentielle Kapitalanleger angesichts der Bezeichnung des Vertrages nicht habe rechnen müssen, hinzuweisen.
- 8
- An einem schlüssigen Vortrag der Beklagten dazu, dass sie im Rahmen der Beitrittsgespräche der Anlagevermittler mit dem Kläger in diesem Sinne über die Bedeutung des Mittelverwendungskontrollvertrages gesprochen habe, fehle es. Die Pflichtverletzung der Beklagten sei auch kausal dafür gewesen, dass der Kläger sich an C. II und C. IV beteiligt habe; die tatsächliche Vermutung streite dafür, dass der Kläger bei einem Hinweis, der vorgesehene Mittelverwendungskontrollvertrag sehe nur eine "formale" Prüfung vor, von der Zeichnung Abstand genommen hätte. Der daraus resultierende Schadensersatzanspruch des Klägers sei auch nicht verjährt.
II.
- 9
- Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der Argumentation des Berufungsgerichts lässt sich eine Schadensersatzpflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger aus culpa in contrahendo nicht begründen.
- 10
- 1. a) Ausgangspunkt ist, dass nach den vom Kläger mit der Beklagten entsprechend dem prospektierten Beteiligungsangebot abzuschließenden und abgeschlossenen Mittelverwendungskontrollverträgen die von der Beklagten geschuldete Mittelverwendungskontrolle ausschließlich nach den im Vertrag festgelegten ("formalen") Kriterien erfolgen sollte und keine Prüfung der Bonität der Partner der Anlagegesellschaft, einschließlich des vorgesehenen Garantiegebers , durch die Mittelverwendungskontrolleurin erforderte. Diese Vertragsauslegung hat das Berufungsgericht als zutreffend aus dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts übernommen, das sich seinerseits hierfür auf § 2 Abs. 2 des Mittelverwendungskontrollvertrages für C. II bzw. die inhaltsgleichen Bestimmungen in § 4 Abs. 1 bis 4 des (Treuhand- und) Mittelverwendungskontrollvertrages für C. IV in einer Gesamtschau mit anderen Klauseln dieser beiden Vertragswerke gestützt hat. Es ist allerdings eher missverständlich , wenn die Vorinstanzen die Grenzen des Umfangs der von der Beklagten vertraglich geschuldeten Prüfungen mit der Formulierung beschreiben, es sei nur eine formale Prüfung vorzunehmen gewesen. Die Beklagte hatte mit berufsüblicher Sorgfalt zu prüfen, ob die im Vertrag im Einzelnen genannten Voraussetzungen für eine Freigabe der Mittel für die Filmproduktion vorlagen. Soweit es um bestimmte rechtsgeschäftliche Erklärungen Dritter (etwa Zahlungsgarantien und/oder –zusagen) ging, hatte die Beklagte nach dem Wissensstand und mit dem rechtlichen und wirtschaftlichen Durchblick, der von einem Wirtschaftsprüfer erwartet werden konnte, die ihr vorgelegten Unterlagen darauf zu prüfen, ob sie ordnungsgemäße, in sich schlüssige, rechtsgeschäftliche Erklärungen enthielten. Die Beklagte durfte sich zwar grundsätzlich darauf verlassen, dass die Anlagegesellschaft sich seriöse Geschäftspartner ausgesucht hatte, und sie brauchte deshalb regelmäßig bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Mittelverwendungskontrolleurin den rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen dieser - zumal ausländischen - Firmen nicht näher nachzugehen; sollten aber diesbezügliche Bedenken und Vorbehalte in Wirtschaftskreisen aufgekommen sein oder sich der Beklagten aufgedrängt haben, so durfte sie sich diesen nicht verschließen.
- 11
- Bei diesem Verständnis lässt die Auslegung des Berufungsgerichts keinen Rechtsfehler erkennen. Da es nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die Beklagte die von ihr geschuldete Prüfung vor der Mittelfreigabe für C. II und C. IV nicht vorgenommen hat, geht das Berufungsgericht mit Recht davon aus, dass eine (positive) Vertragsverletzung des Mittelverwendungskontrollvertrages durch die Beklagte ausscheidet.
- 12
- Das b) vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Vertragsverständnis nach der objektiven Bedeutung des Textes der Vertragswerke betreffend die Mittelverwendungskontrolle indiziert jedoch zugleich, dass ein durchschnittlicher Anlageinteressent die in die Anlageprospekte für C. II und C. IV aufgenommenen Vereinbarungen über die Mittelverwendungskontrolle ebenfalls in demselben Sinne verstehen konnte wie die damit im vorliegenden Prozess befassten Gerichte sie verstanden haben. Voraussetzung dafür war nur, dass der Anlageinteressent die Vertragstexte im Einzelnen durchlas und - verständig - zur Kenntnis nahm. Hierzu hatte der Kläger Gelegenheit.
- 13
- Die beklagte Wirtschaftsprüfergesellschaft hatte deshalb allein aufgrund ihrer Funktion als Mittelverwendungstreuhänderin ohne besonderen Anlass keinen Grund, die Seriosität der von der insoweit allein verantwortlichen Anlagegesellschaft aufgrund ihrer geschäftlichen Beziehungen über einen englischen Broker als Versicherung für C. II ausgewählten und verpflichteten , im Ausland ansässigen, NEIS zu überprüfen.
- 14
- 2. Bei dieser Sachlage gibt es aber auch für die Annahme einer vorvertraglichen Hinweis-(Warn-)Pflicht der Beklagten in Bezug auf den Umfang und die Grenzen der ihr als Mittelverwendungskontrolleurin vertraglich obliegenden Prüfung keine rechtliche Grundlage.
- 15
- a) Zwar ist es nicht, wie die Revision meint, nach der Art der durch das vorliegende Anlagemodell unter Verwendung v on - nicht von der Beklagten herausgegebenen - Prospekten angebahnten vertraglichen Beziehungen ausgeschlossen , dass auch die Beklagte als angehende Mittelverwendungskontrolleurin bereits vorvertragliche Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich derjeni- gen Umstände, die für den Vertragsentschluss der Anleger von besonderer Bedeutung waren, treffen konnten; solche Hinweispflichten konnten sich auch und gerade dann ergeben, wenn der Mittelverwendungskontrolleur, wie hier, in dem Anlagemodell zugleich als Treuhandkommanditist fungierte (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04 - ZIP 2006, 849, 850 und Senatsurteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04 - ZIP 2006, 1631 f; für den Abwicklungsbevollmächtigten s. Senatsurteil vom 28. Juli 2005 - III ZR 290/04 - ZIP 2005, 1599, 1601 ff; vgl. auch - zu Prüfungspflichten des als Mittelverwendungstreuhänder vorgesehenen Treuhandkommanditisten - Senatsurteil vom 24. Juli 2003 - III ZR 390/02 - NJW-RR 2003, 1342 f).
- 16
- Ob derartige vorvertragliche Hinweispflichten bestehen und wie weit sie gehen, hängt vom Einzelfall ab. Sie sind beeinflusst und begrenzt durch das Aufklärungsbedürfnis des Anlageinteressenten. Ein Aufklärungsbedürfnis des Anlageinteressenten besteht aber - im Verhältnis zu den jeweils im Anlagemodell vorgesehenen Vertragspartnern – jedenfalls grundsätzlich (typischerweise) nicht in Bezug auf den Inhalt der abzuschließenden Verträge, wenn und soweit ein durchschnittlicher Anlageinteressent die (zukünftige) Vertragslage anhand der ihm mit dem Anlageprospekt vorgelegten Vertragstexte hinreichend deutlich erfassen kann. Denn von diesem muss erwartet werden, dass er die ihm vorgelegten Verträge (Vertragsentwürfe) durchliest und sich mit ihrem Inhalt vertraut macht.
- 17
- Eine b) Verpflichtung der sich in Vertragsverhandlungen befindlichen Partei, der Gegenseite den Inhalt und Sinn eines vorgeschlagenen - für einen verständigen Leser ohne weiteres verständlichen - Vertragstextes zu erläutern, gibt es danach im Regelfall nicht. Besondere Umstände, die eine solche vorvertragliche Pflicht im Streitfall ausnahmsweise begründet haben könnten, sind weder dem angefochtenen Urteil zu entnehmen, noch sind sie nach dem im Berufungsurteil festgestellten Sachverhalt sonst ersichtlich.
- 18
- aa) Das Berufungsgericht führt als einzige Begründung für die von ihm angenommene Hinweispflicht der Beklagten an, das Wort "Mittelverwendungskontrollvertrag" suggeriere dem an einem Investment Interessierten entgegen den Tatsachen, dass durch Abschluss eines Vertrages nach dem vorgelegten Muster eine effektive Mittelverwendung erreicht werde. Ähnliches klingt in dem weiteren Satz an, angesichts "der Bezeichnung" des Vertrages habe der potentielle Kapitalanleger nicht mit dem "ganz überwiegend die Haftung der Beklagten ausschließenden Inhalt" des Vertrages rechnen müssen.
- 19
- Diese Begründung überzeugt schon deshalb nicht, weil in aller Regel die bloße Überschrift eines Vertrages, insbesondere auch eines solchen, um den es hier geht, nur eine schlagwortartige Zusammenfassung dessen darstellen kann, was im Einzelnen im Vertragstext geregelt ist. Begriffe wie "Mittelverwendungskontrolle" oder die - vom Berufungsgericht angeführte - "effektive Kontrolle der Mittelverwendung" deuten auf kompliziertere wirtschaftliche Vorgänge hin. Sie sind im Zusammenhang mit Anlagemodellen der vorliegenden Art unter Verwendung komplexer Vertragsgeflechte für sich zunächst einmal ohne konkreten Inhalt und bedürfen erkennbar der näheren Ausfüllung durch detaillierte Einzelbestimmungen.
- 20
- Entgegen dem, was im Berufungsurteil anklingt, waren die im vorliegenden Mittelverwendungskontrollvertrag im Einzelnen vorgesehenen Überprüfungsakte auch keineswegs von vornherein "ineffektiv". Selbst wenn noch weitere als die im Vertragstext aufgeführten Kontrollschritte denkbar gewesen sein mögen, handelt es sich um sinnvolle Schritte. Der Umstand, dass im Streitfall die vorgesehene Art der Prüfung sich im Nachhinein als nicht ausreichend gezeigt und das "Sicherheitssystem" des Anlagemodells sich als lückenhaft herausgestellt haben mag, weil einer der Mitwirkenden - der ausländische Filmversicherer bei C. II - betrügerisch agierte, besagt nicht, dass die mit der Beklagten vereinbarte Mittelverwendungskontrolle als Ganze von vornherein wirkungs- und wertlos war.
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- bb) Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit die Revisionserwiderung als Grund für eine besondere Aufklärungspflicht der Beklagten zu dem hier in Rede stehenden Punkt anführt, der Inhalt des abzuschließenden Mittelverwendungskontrollvertrages sei, da die vorgesehenen Kontrollmaßnahmen ineffektiv gewesen seien, überraschend gewesen. "Überraschend" sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht (vgl. § 305c Abs. 1 BGB). Dieser Gesichtspunkt kann hier, auch wenn die in Rede stehenden, im Anlageprospekt vorformulierten Vertragsklauseln Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen, jedoch schon deshalb nicht (unmittelbar) ausschlaggebend sein, weil, wie ausgeführt, der konkrete Inhalt der vertraglich versprochenen - wie bereits dargelegt, auch keineswegs insgesamt nutzlosen - Mittelverwendungskontrolle sich erst aus den einzelnen Bestimmungen dieses Vertrages, nicht schon aus einem vorgegebenen, klaren "Leitbild" für solche Kontrollmaßnahmen ergibt.
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- cc) Soweit die Revisionserwiderung gleichwohl eine besondere Schutzund Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers als Anlageinteressent sieht, weil dieser mit den sonstigen Prospektangaben "gerade in die Irre geführt" werde, kann ihr nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt eben- falls nicht gefolgt werden. Das angefochtene Urteil enthält diesbezüglich keine Feststellungen. Die Revisionserwiderung verweist unter anderem darauf, dass es im Prospekt C. II in Teil A (S. 11) heißt: "Die optimale Sicherheit Die Mittelfreigabe erfolgt durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Mittelverwendungskontrolleurin"; und (S. 13) nach Beschreibung einer Herstellungsgarantie und der verschiedenen Möglichkeiten einer Rückflussgarantie: "Die Mittel für die Filmprojekte werden erst dann frei gegeben, wenn ein Completion-Bond und eine der oben beschriebenen Ab- sicherungen vorliegen."
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- Auch diese - werbenden - Hinweise verschleiern einem verständigen Leser , der den Prospekt und die beigefügten Unterlagen insgesamt liest, nicht, dass der konkrete Inhalt der Mittelverwendungskontrolle sich nach dem abzuschließenden Mittelverwendungskontrollvertrag richtet.
III.
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- Da nach allem die vom Berufungsgericht angenommene Pflichtverletzung der Beklagten entfällt, kommt es auf die weiteren sich hieran anschließenden Ausführungen im angefochtenen Urteil und die hiergegen von der Revision erhobenen Rügen nicht an. Das Urteil muss aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung des dem Berufungsgericht von den Parteien unterbreiteten Verfahrensstoffs an dieses zurückverwiesen werden.
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 16.09.2005 - 15 O 25146/04 -
OLG München, Entscheidung vom 10.04.2006 - 21 U 5051/05 -
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.
(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind.
(2) Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses ist dessen Annahme nicht erforderlich.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.