Oberlandesgericht Hamm Urteil, 02. Nov. 2016 - 20 U 19/16
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.11.2015 verkündete Urteil der 115. Zivilkammer des Landgerichts Münster unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.295,38 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.09.2014 und als Nebenforderung weitere 546,50 EUR zu zahlen.
Die Klage bleibt im Übrigen abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e
2I.
3Der Kläger macht aus einer bei dem Beklagten genommenen Teilkaskoversicherung einen Anspruch wegen eines Überschwemmungsschadens geltend.
4Der Vertrag bestimmt unter A.2.2. AKB:
5„Versicherungsschutz besteht bei Beschädigung, Zerstörung oder Verlust des Fahrzeugs einschließlich seiner mitversicherten Teile durch die nachfolgenden Ereignisse:
6[…]
7A.2.2.3 [Satz 1:] Versichert ist die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Blitzschlag, Überschwemmung Lawinen oder Muren auf das Fahrzeug. […]. [Satz 5:] Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. [Satz 6:] Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind.“
8Am Pfingstmontagabend des Jahres 2014 traf der Sturm „Ela“ mit Extremregen u. a. die Stadt X. Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gewesen ist, geschah Folgendes:
9Der versicherte Kastenwagen befuhr den Bereich einer Unterführung. Der Fahrer musste verkehrsbedingt anhalten. Der Wagen wurde dann in kürzester Zeit von Wasser eingeschlossen. Dem Fahrer war es nicht mehr möglich, den Wagen in Sicherheit zu bringen. Das Wasser stieg u. a. bis in die Fahrerzelle und erreichte jedenfalls auch Teile des Motors. Der Motor war schon damit reparaturbedürftig.
10Ein von dem Beklagten beauftragter Gutachter ermittelte später einen Nettowiederbeschaffungsaufwand von – nach Abzug der Selbstbeteiligung – 6.295,38 EUR.
11Diesen Betrag zuzüglich Nebenforderungen hat der Kläger mit seiner Klage geltend gemacht.
12Der Beklagte hatte eine Zahlung zunächst mit der Begründung abgelehnt, dass das Fahrverhalten zu der Überschwemmung des Wagens beigetragen habe; der Fahrer habe sich offenbar nicht auf die besonderen Verhältnisse eingerichtet (Schreiben vom 30.06.2014, GA 25). Der Beklagte hat dann eingewendet, der Motor sei nach der Überschwemmung gestartet worden; dadurch erst sei es – mittelbar – zu einem sogenannten „Wasserschlag“ gekommen.
13Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat als unstreitig angesehen, dass der Motor bei Eintritt der Überschwemmung ausgeschaltet gewesen sei und nach der Überschwemmung (vor Reparatur) gestartet worden sei. Damit fehle es an einer unmittelbaren Beschädigung des Motors durch Überschwemmung.
14Auf das Urteil (GA 120-122) wird – auch wegen der Anträge – Bezug genommen.
15Der Kläger macht mit der Berufung vor allem geltend: Das Gutachten habe keinen „Wasserschlag“ festgestellt. In der Berufungsbegründung heißt es dazu, der Kläger habe bereits in erster Instanz vorgetragen, es sei nach der Überschwemmung lediglich versucht worden, den Motor zu starten; tatsächlich sei dieser aber nicht angesprungen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger erklärt, er könne nicht angeben, ob der Motor bei Einwirken der Überschwemmung noch gelaufen sei; nach der Überschwemmung sei allenfalls versucht worden – ohne Erfolg –, den Motor zu starten.
16Der Kläger beantragt,
17den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 6.295,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit – die Zustellung ist am 29.09.2014 erfolgt – sowie als Nebenforderung weitere 827,80 EUR zu zahlen.
18Der Beklagte beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Auf entsprechenden Hinweis in der Terminsverfügung hat er ausgeführt, auch ein verkehrsgerechter Gebrauch des Fahrzeugs nach einer Überschwemmung sei eine weitere – mittelbare – Schadensursache.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze verwiesen.
22II.
23Die Berufung hat überwiegend Erfolg. Die Klage ist bis auf einen Teil der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten begründet.
241. Der Kläger hat gemäß § 1 Satz 1 VVG in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag Anspruch auf Zahlung von 6.295,38 EUR.
25Dies gilt, auch wenn man zu Gunsten des Beklagten dessen – vom Landgericht als unstreitig angesehenen – Sachvortrag als richtig unterstellt.
26a) Der Versicherungsfall des A.2.2.3 Satz 1 Variante 4 (Überschwemmung) AKB ist eingetreten.
27aa) Die Überschwemmung wird von dem Beklagten nicht in Abrede gestellt.
28bb) Diese wirkte auch unmittelbar auf das Fahrzeug ein und beschädigte es.
29Das Merkmal der Unmittelbarkeit setzt voraus, dass die Naturgewalt einzige oder letzte Ursache sein muss (vgl. BGH, Urt. v. 19.10.1983, IVa ZR 51/82, juris, Rn. 21, VersR 1984, 28; Senat, Urt. v. 15.06.1988, 20 U 261/87, juris, Rn. 22 f., ZfSch 1989, 96; OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.04.1968, 8 U 2/68, VersR 1968, 889; Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, A.2.2 AKB Rn. 38; Stadler, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrzeugversicherung, 18. Aufl. 2010, A.2.2 Rn. 134, 148, 152, 154; Jacobsen, in: Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrzeugversicherung, 3. Auf. 2009, § 12 AKB Rn. 80; Stomper, in: Halm/Kreuter/Schwab, AKB, 3. Aufl. 2015, A.2.2.1 Rn. 256).
30So lag es hier.
31Die Überschwemmung des Fahrzeugs erfolgte ohne Mitwirkung einer anderen Ursache, etwa eines Fahrfehlers. Der Fahrer hatte verkehrsbedingt angehalten. Dann kam unausweichlich die Überschwemmung.
32Die Überschwemmung wirkte auch – ebenso – unmittelbar auf das Fahrzeug ein und beschädigte jedenfalls den Motor. Sie war die letzte Ursache. Denn bereits die Überschwemmung allein (ohne späteren Versuch, den Motor zu starten) machte eine Reparatur des Motors erforderlich.
33Der Beklagte hat bereits in erster Instanz vorgetragen und in der mündlichen vor dem Senat wiederholt, das Fahrzeug hätte in eine Werkstatt gebracht und der Motor dort vor einem ersten Start fachgerecht repariert, nämlich jedenfalls fachgerecht vollständig von Wasser und Feuchtigkeitsrückstanden befreit werden müssen.
34Vorstehendes gilt uneingeschränkt auch dann, wenn der Motor bei Einwirkung der Überschwemmung noch lief. Auch dann war die Überschwemmung die letzte Ursache.
35b) Der Beklagte ist hiernach zur Leistung verpflichtet. Dies gilt (vorbehaltlich der Frage nach einer Obliegenheitsverletzung und einer Anwendung des § 82 VVG; dazu noch unten) auch, soweit der Umfang des Schadens durch ein Starten des Motors nach der Überschwemmung vergrößert wurde.
36Denn in diesem Sinne ist die Regelung in A.2.2.3 Satz 1 und Satz 6 AKB auszulegen.
37aa) Maßgeblich ist, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Regelung bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urt. v. 22.04.2015, IV ZR 419/13, Rn. 12, VersR 2015, 706). Versicherungsbedingungen sind daher aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, Urt. v. 22.04.2015, IV ZR 419/13, Rn. 12, VersR 2015, 706).
38bb) Der Bundesgerichtshof hat zu der früher üblichen, inhaltsgleichen Regelung in § 12 Nr. 1 Abs. I Buchst. c) Satz 1 und Satz 4 AKB sowie deren Sinn und Zweck ausgeführt (BGH, Urt. v. 26.04.2006, IV ZR 154/05, juris, Rn. 13 m. w. N., VersR 2006, 966): Der Satz über den „Ausschluss“ derjenigen Schäden, welche auf ein durch die Naturgewalt veranlasstes Fahrerverhalten zurückzuführen seien, sei eine Klarstellung des Merkmals „unmittelbar“; er enthalte keinen echten Risikoausschluss; es gehe um die Abgrenzung zu dem allein in der Vollkaskoversicherung geschützten Risiko des Fahrerverhaltens.
39Ähnlich heißt es in der Literatur, dass Unmittelbarkeit nicht beseitigt werde durch einen für den Schaden mitursächlichen „normalen verkehrsgerechten Gebrauch“ (Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, A.2.2 AKB Rn. 40 mit Beispielen aus der Rechtsprechung).
40cc) Unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer diese Zusammenhänge so sehen wird, wird er jedenfalls die Regelung in diesem Sinne verstehen.
41Er wird nicht annehmen, dass der Versicherungsschutz – auch nur teilweise – ausgeschlossen sein soll, wenn das Fahrzeug nach Einwirken von Sturm, Hagel, Blitzschlag oder Überschwemmung lediglich weiterbenutzt wird und dies den Schaden vergrößert. Dies gilt, zumal je nach dem Geschehensablauf im Einzelnen dem Fahrer jedenfalls das Ausmaß der Natureinwirkung gar nicht bekannt sein muss. Eine derartige Begrenzung des Versicherungsschutzes wird in den Bedingungen durch nichts deutlich gemacht. Vielmehr wird der Versicherungsnehmer die Regelung ganz entsprechend dem Wortlaut dahin verstehen, dass er bei einer unmittelbaren Einwirkung der Naturgewalt und so verursachter Beschädigung des Fahrzeugs geschützt ist, soweit nicht die Beschädigung (auch) auf ein durch die Naturgewalt veranlasstes Fahrerverhalten zurückzuführen ist.
42So hat auch das Oberlandesgericht Stuttgart in einem Fall, in welchem der Fahrer bei Einwirken einer Überschwemmung den Motor nicht ausschaltete und dann seine Fahrt fortsetzen wollte, den vom beklagten Versicherer erhobenen Einwand „Wasserschlag“ nicht gelten lassen und dazu ausgeführt (OLG Stuttgart, Urt. v. 18.10.1973, 10 U 83/73, VersR 1974, 234; vgl. dazu auch Stadler, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrzeugversicherung, 18. Aufl. 2010, A.2.2 Rn. 142): „Der Versicherungsschutz würde nur entfallen, wenn die Überschwemmung das Verhalten des Klägers beeinflusst und erst dieses Fahrerverhalten zur Beschädigung des Fahrzeugs geführt hätte.“
43dd) Eine derartiges durch die Überschwemmung veranlasstes Verhalten des Fahrers steht hier nicht in Rede.
44Der Streitfall weicht in diesem Punkt von sonstigen, zu Lasten von Versicherungsnehmern entschiedenen Fällen erheblich ab, in welchen etwa der Fahrer das Fahrzeug in eine Überschwemmung hinein lenkt (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 15.03.2000, 7 U 53/99, juris, Rn. 3, VersR 2001, 187), der Fahrer mit unangepasster Geschwindigkeit durch eine Pfütze fährt (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.04.1968, 8 U 2/68, VersR 1968, 889), der Fahrer sturm- / überschwemmungsbedingt eine zum Schaden führende Ausweichbewegung vornimmt (vgl. BGH, Urt. v. 26.04.2006, IV ZR 154/05, juris, Rn. 13, VersR 2006, 966; Senat, Urt. v. 15.06.1988, 20 U 261/87, juris, Rn. 22 f., ZfSch 1989, 96), der Fahrer wegen zu geringen Sicherheitsabstands auf ein Fahrzeug auffährt, das gegen einen sturmbedingt gestürzten Baum gefahren ist (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 29.06.1971, 7 U 142/70, VersR 1972, 241), oder eine durch einen Sturm ausgelöste Lawine das Fahrzeug trifft (vgl. BGH, Urt. v. 19.10.1983, IVa ZR 51/82, juris, Rn. 21, VersR 1984, 28).
45Auch das Senatsurteil vom 31.05.1989 widerspricht dem Vorstehenden nicht. Dort nahm der Senat zur Überschwemmung im Rahmen des Teilkaskoversicherungsschutzes gar nicht Stellung, sondern ging von einem Unfall im Rahmen der Vollkaskoversicherung aus (Senat, Urt. v. 31.05.1989, 20 U 328/88, juris, Rn. 13 f., VersR 1990, 85; ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 14.12.1965, 14 U 39/65 VersR 1966, 437; OLG Frankfurt, Urt. v. 15.03.2000, 7 U 53/99, juris, Rn. 4, VersR 2001, 187; vgl. auch Stadler, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrzeugversicherung, 18. Aufl. 2010, A.2.2 Rn. 152).
46c) Der zu leistende Entschädigungsbetrag, hier der Wiederbeschaffungsaufwand im Sinne von A.2.6.1, A.2.6.6 AKB abzüglich Selbstbeteiligung, ist unstreitig.
47d) Der Anspruch ist nicht anderweitig ausgeschlossen oder zu kürzen.
48Ein grob fahrlässiger Verstoß des Klägers oder eines Repräsentanten (dessen Verhalten dem Kläger zuzurechnen wäre) gegen § 81 Abs. 2 VVG oder § 82 Abs. 1, Abs. 3 VVG oder eine vertragliche Obliegenheit ist von dem Beklagten – auch bei der Erörterung hierzu im Senatstermin – nicht geltend gemacht worden und im Übrigen auch sonst nicht ersichtlich.
492. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 Satz 1 Halbsatz 1, Satz 2, § 288 Abs. 1 BGB und besteht analog § 187 Abs. 1 BGB ab dem 30.09.2014.
503. Der Anspruch auf Erstattung von den Rechtsanwaltskosten beruht, ausgehend von dem zugesprochenen Betrag als Gegenstandwert, auf § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 249 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 675, 611 BGB sowie mit §§ 2, 13, 14 RVG und Nr. 2300 und 7002 KV RVG.
514. Ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage besteht hingegen nicht. Insoweit ist die Klage abzuweisen.
52a) Es kann dabei offen bleiben, ob ein solcher Anspruch überhaupt im Innenverhältnis zwischen Klägervertreter und Kläger aus §§ 675, 611 BGB besteht.
53Es ist schon im Ansatz streitig, ob die Einholung der Deckungszusage im Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant eine gesonderte Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG darstellt(vgl. mit ausführlicher Darstellung BGH, Urt. v. 13.12.2011, VI ZR 274/10, juris, Rn. 7 f., 10, VersR 2012, 331).
54Das Vorliegen einer eigenen Angelegenheit dürfte aber im Einzelfall jedenfalls zu verneinen sein, wenn sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts in der Anforderung der Deckungszusage bei dem Rechtsschutzversicherer unter Beifügung eines Entwurfs der Klageschrift erschöpft und der Deckungsschutz umstandslos bewilligt wird.
55Denn die Annahme einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne erfordert mehr, als dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Geschädigten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen oder mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, dass der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht, so dass eine Angelegenheit mehrere Gegenstände umfassen kann (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2011, VI ZR 274/10, juris, Rn. 9, VersR 2012, 331).
56Hier trägt der Kläger vor, dass ein erläuterndes Telefonat mit dem Rechtsschutzversicherer erforderlich gewesen sei, um die Abgrenzungsproblematik des vorliegenden Falles zu schildern und Deckung zu erhalten. Diese Schilderung dürfte, nähere Angaben konnte der Klägervertreter im Senatstermin auf Nachfrage nicht machen, inhaltlich nicht über die Übersendung eines Klageentwurfs hinausgehen, in dem die maßgeblichen Probleme für das Gericht ohnehin aufzubereiten waren.
57Damit dürfte im vorliegenden Einzelfall bereits im Innenverhältnis keine gesonderte Angelegenheit vorliegen, was aber letztlich offen bleiben kann.
58b) Denn jedenfalls fehlt es an einer Erstattungsfähigkeit im Außenverhältnis gegenüber dem Beklagten.
59Ob eine solche Erstattungspflicht im Außenverhältnis überhaupt in Betracht kommt, ist wiederum schon im Ansatz streitig (vgl. mit ausführlicher Darstellung BGH, Urt. v. 13.12.2011, VI ZR 274/10, juris, Rn. 15 f., VersR 2012, 331).
60Hierauf kommt es aber nicht an, wenn der in Anspruch genommene „Schädiger“ jedenfalls nicht eintrittspflichtig ist. Denn der „Schädiger“ hat auch unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2011, VI ZR 274/10, juris, Rn. 20, VersR 2012, 331; siehe in anderem Zusammenhang auch BGH, Urt. v. 17.09.2014, IX ZR 280/14, juris, Rn. 8 f., VersR 2016, 874).
61Vorliegend war eine gesonderte Beauftragung der Klägervertreter zur Einholung der Deckungszusage nicht erforderlich und zweckmäßig. Denn auch wenn der Kläger selbst sicherlich nicht bei dem Rechtschutzversicherer anrufen und diesem die maßgeblichen Unterschiede erklären konnte, rechtfertigt es dies dennoch nicht, von der Erforderlichkeit und insbesondere Zweckmäßigkeit des Vorgehens des Klägers und der Klägervertreter auszugehen. Es hätte statt des Telefonates ein sowieso zu fertigender Klageentwurf durch den Kläger persönlich an den Rechtschutzversicherer übersandt werden können, in dem die maßgeblichen Probleme für das Gericht ohnehin aufzubereiten waren.
62III.
63Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 Satz 1, § 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.
64IV.
65Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Es wird aus den genannten Gründen nicht von ober- oder höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.
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Der Versicherer verpflichtet sich mit dem Versicherungsvertrag, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern, die er bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalles zu erbringen hat. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, an den Versicherer die vereinbarte Zahlung (Prämie) zu leisten.
(1) Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt des Versicherungsfalles nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen.
(2) Der Versicherungsnehmer hat Weisungen des Versicherers, soweit für ihn zumutbar, zu befolgen sowie Weisungen einzuholen, wenn die Umstände dies gestatten. Erteilen mehrere an dem Versicherungsvertrag beteiligte Versicherer unterschiedliche Weisungen, hat der Versicherungsnehmer nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln.
(3) Bei Verletzung einer Obliegenheit nach den Absätzen 1 und 2 ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(4) Abweichend von Absatz 3 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.
(1) Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich den Versicherungsfall herbeiführt.
(2) Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.
(1) Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt des Versicherungsfalles nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen.
(2) Der Versicherungsnehmer hat Weisungen des Versicherers, soweit für ihn zumutbar, zu befolgen sowie Weisungen einzuholen, wenn die Umstände dies gestatten. Erteilen mehrere an dem Versicherungsvertrag beteiligte Versicherer unterschiedliche Weisungen, hat der Versicherungsnehmer nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln.
(3) Bei Verletzung einer Obliegenheit nach den Absätzen 1 und 2 ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(4) Abweichend von Absatz 3 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.
(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.
(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).
(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.
(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem
Gegen- standswert bis ... Euro | für jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euro | um ... Euro |
---|---|---|
2 000 | 500 | 39 |
10 000 | 1 000 | 56 |
25 000 | 3 000 | 52 |
50 000 | 5 000 | 81 |
200 000 | 15 000 | 94 |
500 000 | 30 000 | 132 |
über 500 000 | 50 000 | 165 |
Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.
(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.
(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.
(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.
(1) Die Gebühren entgelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit.
(2) Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.
(3) Sind für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden, entstehen für die Teile gesondert berechnete Gebühren, jedoch nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr.
(4) Auf bereits entstandene Gebühren ist es, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, ohne Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist.
(5) Wird der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Ist der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Vergleich mehr als zwei Kalenderjahre nach seinem Abschluss angefochten wird oder wenn mehr als zwei Kalenderjahre nach Zustellung eines Beschlusses nach § 23 Absatz 3 Satz 1 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes der Kläger einen Antrag nach § 23 Absatz 4 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes auf Wiedereröffnung des Verfahrens stellt.
(6) Ist der Rechtsanwalt nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt, erhält er nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin macht gegen den beklagten Haftpflichtversicherer restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend. Die volle Einstandspflicht der Beklagten ist unstreitig. Die Parteien streiten - soweit dies für die Rechtsmittelverfahren noch von Interesse ist - darum, ob die Beklagte auch die Rechtsanwaltskosten für die Herbeiführung der Deckungszusage durch den Rechtsschutzversicherer der Klägerin in Höhe von 83,54 € zu ersetzen hat.
- 2
- Das Amtsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte auch insoweit verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Hinsichtlich der Herbeiführung der Deckungszusage liege ein selbstständiger Auftrag der Klägerin an ihren Rechtsanwalt vor, der zu einer besonderen Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 1 RVG führe. Diese vorgerichtlichen Kosten zählten zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten, wenn sich der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer in Verzug befinde, was hier der Fall gewesen sei. Da es im Streitfall um die Abrechnung von Mietwagenkosten nach Unfallersatztarifen gegangen sei, deren äußerst umstrittene Abrechnungsfragen und Berechnungsgrundlagen für einen juristischen Laien nicht überschaubar seien, seien die Rechtsanwaltskosten als zweckmäßige Kosten der Rechtsverfolgung anzusehen.
II.
- 4
- Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des die Klage teilweise abweisenden Urteils des Amtsgerichts.
- 5
- Allerdings werden zu der Frage, ob für die Herbeiführung der Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers durch den Rechtsanwalt des Geschädig- ten im Innenverhältnis Anwaltskosten entstehen und ob diese vom Schädiger bzw. seinem Haftpflichtversicherer im Außenverhältnis zu ersetzen sind, in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten.
- 6
- 1. Teilweise wird bereits auf das Innenverhältnis zwischen dem geschädigten Mandanten und seinem Rechtsanwalt abgestellt.
- 7
- a) Insoweit wird nicht "dieselbe", sondern eine besondere Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG überwiegend angenommen, sofern der Anwalt hinsichtlich der Einholung der Deckungszusage gesondert beauftragt wird (vgl. OLG Celle, Urteil vom 12. Januar 2011 - 14 U 78/10, Schaden-Praxis 2011, 265, 226; LG Duisburg, Urteil vom 3. Mai 2010 - 2 O 229/09, zfs 2010, 520; LG München I, Urteil vom 6. Mai 2008 - 30 O 16917/07, zfs 2010, 521; LG Ulm, Urteil vom 8. April 2010 - 6 O 244/09, zfs 2010, 521; LG Wuppertal, Urteil vom 7. April 2010 - 8 S 92/09, zfs 2010, 519; N. Schneider in Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, 5. Aufl., § 15 Rn. 65; Winkler in Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz , 4. Aufl., § 15 Rn. 56; Bierschenk, zfs 2011, 603; Hansens, RVGreport 2010, 241; 321, 323; Lensing, AnwBl 2010, 688; Meinel, zfs 2010, 312 f.; Niehren, AnwBl 2011, 135; dahingestellt bei KG, Urteil vom 19. März 2010 - 5 U 42/08, AnwBl 2010, 445, 447; ablehnend Tomson, VersR 2010, 1428).
- 8
- b) Von anderen wird "dieselbe" Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG bejaht (vgl. etwa OLG München, Urteil vom 4. Dezember 1990 - 13 U 3085/90, JurBüro 1993, 163 noch zu § 118 BRAGO; LG Koblenz, Urteil vom 2. Februar 2010 - 6 S 236/09, VersR 2010, 1331, 1332; LG Schweinfurt, Urteil vom 20. März 2009 - 23 O 313/08, NJW-RR 2009, 1251, 1252; AG Schwäbisch Hall, Urteil vom 6. Mai 2010 - 6 C 20/10, juris Rn. 20; zweifelnd auch Geigel/Freymann, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 41 Rn. 30). Dies wird überwiegend damit begründet, die Einholung der Deckungszusage sei als Annex zur Hauptsache anzusehen und deshalb nicht gesondert zu vergüten. Die weit verbreitete Praxis kostenloser Deckungsanfragen soll wettbewerbsrechtlich nicht als unzulässige Gebührenunterschreitung verfolgbar sein (KG, Urteil vom 19. März 2010 - 5 U 42/08, AnwBl 2010, 445, 447 f.).
- 9
- c) Nach Ansicht des erkennenden Senats spricht viel dafür, dass das Vorliegen einer eigenen Angelegenheit zu verneinen ist, wenn sich - wie es das Berufungsgericht für den Streitfall feststellt - die Tätigkeit des Rechtsanwalts in der Anforderung der Deckungszusage bei dem Rechtsschutzversicherer unter Beifügung eines Entwurfs der Klageschrift erschöpft und der Deckungsschutz umstandslos bewilligt wird. Denn die Annahme einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne setzt nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Geschädigten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen bzw. mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht, so dass eine Angelegenheit mehrere Gegenstände umfassen kann (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, VersR 2009, 1269 Rn. 23 ff.; vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10, NJW 2011, 3167 Rn. 9 ff.).
- 10
- d) Erwägenswert ist auch die Ansicht, nach der der Anwalt den Mandanten darüber zu belehren hat, dass für die Einholung der Deckungszusage eine besondere Gebühr entsteht, wenn er diese Leistung abrechnen will (dafür etwa OLG Celle, Urteil vom 12. Januar 2011 - 14 U 78/10, Schaden-Praxis 2011, 265, 266; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 9. September 2010 - 8 O 1617/10, juris Rn. 37 f. m. Anm. von Schöller, jurisPR-VerkR 21/2010 Anm. 3; AG Brühl, Urteil vom 14. Oktober 2010 - 28 C 539/09, AGS 2011, 361; Meinel, zfs 2010, 312, 313; Niehren, AnwBl 2011, 135; Schöller, jurisPR-VerkR 21/2010 Anm. 3; dagegen etwa Hansens, RVGreport 2010, 241, 243; Lensing, AnwBl 2010, 688, 689). Greift - wie dies im Streitfall möglicherweise der Fall ist - der Einwand des Geschädigten, nicht belehrt worden und daher in dem Gebührenanspruch freizustellen zu sein, gegenüber seinem Anwalt durch, so ist der Geschädigte schon im Innenverhältnis nicht zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet mit der Folge, dass ein Erstattungsanspruch gegen den Schädiger nicht besteht (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2009 aaO Rn. 20).
- 11
- e) Die aufgeworfenen Rechtsfragen müssen indes im vorliegenden Fall nicht abschließend beantwortet werden, da der geltend gemachte Anspruch jedenfalls aus den nachfolgend (unter 3) erörterten Gründen zu verneinen ist.
- 12
- 2. Von denjenigen, die einen Gebührenanspruch des Anwalts bejahen (oben 1 a) oder dahinstehen lassen (etwa BGH, Urteil vom 9. März 2011 - VIII ZR 132/10, NJW 2011, 1222 Rn. 21 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 1 U 105/11, juris Rn. 16), wird ein Ersatzanspruch im Außenverhältnis mit unterschiedlichen Argumenten bejaht oder verneint.
- 13
- a) Teilweise wird ein Anspruch ohne nähere Begründung bejaht (etwa OLG Köln, Beschluss vom 12. Januar 2011 - I-11 U 209/10, juris Rn. 5; LG Ulm, Urteil vom 8. April 2010 - 6 O 244/09, zfs 2010, 521; LG Amberg, Urteil vom 26. Mai 1993 - 24 S 1492/92, AGS 1993, 58), teilweise werden die Aufwendungen als erforderlich und zweckmäßig angesehen (etwa LG Duisburg, Urteil vom 3. Mai 2010 - 2 O 229/09, zfs 2010, 520 f.; LG Amberg, Urteil vom 19. Februar 2009 - 24 O 826/08, juris Rn. 35; AG Hersbruck, Urteil vom 26. November 2009 - 2 C 474/09, AGS 2010, 257 f.; AG Karlsruhe Urteil vom 9. April 2009 - 1 C 36/09, AGS 2009, 355, 356). Einige Gerichte - wie hier das Berufungsgericht - bejahen einen entsprechenden Anspruch jedenfalls bei Verzug des Haftpflichtversicherers (LG Berlin, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 42 O 162/09, juris; LG Duisburg, aaO; AG Oberndorf, Urteil vom 12. November 2009 - 3 C 698/08, juris; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 8. September 2009 - 2 O 9658/08, AGS 2010, 257; AG Schwandorf, Urteil vom 11. Juni 2008 - 2 C 189/08, zfs 2010, 524).
- 14
- b) Verneint wird ein Ersatzanspruch unter zwei unterschiedlichen Gesichtspunkten.
- 15
- aa) Teilweise wird darauf abgestellt, ob im konkreten Einzelfall die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe bei der Einholung der Deckungszusage zur Wahrung und Durchsetzung der Rechte unter den Umständen des Falles erforderlich und zweckmäßig ist (etwa BGH, Urteil vom 9. März 2011 - VIII ZR 132/10, aaO, Rn. 23; LG Münster, Urteil vom 4. Mai 2010 - 3 S 12/10, VersR 2011, 411 f. mit Anm. von Nugel, jurisPR-VerkR 8/2011 Anm. 3), was nach teilweise vertretener Ansicht nur äußerst selten der Fall sein soll (vgl. Geigel /Freymann, aaO; auch Meinel, aaO, S. 314 f.).
- 16
- bb) Andere verneinen den Ersatzanspruch aus der grundsätzlichen Erwägung , dass Rechtsanwaltskosten für die Einholung einer Deckungszusage nicht vom Schutzzweck der Haftungsnormen erfasst seien (vgl. etwa KG, Urteil vom 19. April 2004 - 12 U 325/02, VersR 2004, 1571, 1572; OLG Celle, Urteil vom 12. Januar 2011 - 14 U 78/10, aaO; OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 1 U 105/11, aaO Rn. 15 f.; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 9. September 2010 - 8 O 1617/10, juris Rn. 31 ff. mit zust. Anm. von Schöller, jurisPR-VerkR 21/2010 Anm. 3; Tomson, VersR 2010, 1428).
- 17
- 3. Nach Ansicht des erkennenden Senats ist hinsichtlich der Haftung im Außenverhältnis zu differenzieren.
- 18
- a) Auf Schutzzweckerwägungen (oben 2 b, bb) kann nicht abgestellt werden, soweit sich der auf Schadensersatz in Anspruch genommene Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer in Verzug befindet. Dann kann sich der Anspruch aus § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 BGB ergeben. Insoweit ist ohne Bedeutung , ob der Vermögensschaden, den der durch einen Verkehrsunfall Geschädigte infolge der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe bei der Einholung der Deckungszusage erleidet, vom Schutzzweck des § 823 Abs. 1 BGB, § 7 Abs. 1 StVG erfasst wird. Kosten für die Einholung einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung sind Rechtsverfolgungskosten, die unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens ersetzt werden können (BGH, Urteil vom 9. März 2011 - VIII ZR 132/10, aaO, Rn. 23).
- 19
- Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts befand sich der beklagte Haftpflichtversicherer bereits in Verzug mit dem Ersatz der verlangten Mietwagenkosten , als der Anwalt der Klägerin mit der Vorbereitung der Klage und der Einholung der Deckungszusage für die damit verbundenen Kosten betraut wurde.
- 20
- b) Allerdings hat der Schädiger auch unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. etwa Senatsurteile vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350 ff.; vom 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05, VersR 2006, 521 f.; BGH, Urteil vom 9. März 2011 - VIII ZR 132/10, aaO, Rn. 23).
- 21
- Dies ist hier nicht der Fall. Der Anwalt der Klägerin hat bei seiner informatorischen Anhörung durch das Berufungsgericht erklärt, er habe die Übernahme des Deckungsschutzes abklären sollen, habe dann die Rechtsschutzversicherung am 28. August 2009 mit einem Klageentwurf angeschrieben, woraufhin der Deckungsschutz am 14. September 2009 bewilligt worden sei. Das ist das übliche Verfahren, wenn der Deckungsschutz ohne weiteres gewährt werden kann (vgl. z.B. Tomson, VersR 2010, 1428, 1429). Bei einer solchen Sachlage ist aber die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die Einholung der Deckungszusage nicht erforderlich; vielmehr ist es dem Geschädigten in der Regel zuzumuten, sie selbst anzufordern. Die Überlegungen des Berufungsgerichts zur Komplexität der Mietwagenfälle haben im Streitfall für die Anforderung der Deckungszusage ersichtlich keine Rolle gespielt. Die für den Rechtsschutzversicherer für die Gewährung von Deckungsschutz maßgeblichen Gesichtspunkte ergaben sich insoweit auch nicht aus der Anfrage, sondern aus dem Klageentwurf, dessen Fertigung bereits mit der Geschäftsgebühr bzw. der Verfahrensgebühr abgegolten ist. Dass die Klägerin aufgrund bestimmter Umstände nicht in der Lage gewesen sein könnte, eine einfache Anfrage unter Beifügung des vom Anwalt gefertigten Klageentwurfs an den Versicherer zu senden, ist nicht ersichtlich.
- 22
- 4. Die Klage ist danach hinsichtlich der Kosten für die Einholung der Deckungszusage unbegründet. Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, weist der Senat die Berufung gegen das die Klage hinsichtlich der Kosten für die Deckungszusage abweisende Urteil des Amtsgerichts unter Aufhebung des Berufungsurteils zurück (§ 563 Abs. 3 ZPO). Galke Zoll Pauge Stöhr von Pentz
AG Würzburg, Entscheidung vom 31.03.2010 - 12 C 2767/09 -
LG Würzburg, Entscheidung vom 29.09.2010 - 43 S 1138/10 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verlangt von dem Beklagten aus abgetretenem Recht seiner Mandantin (im Folgenden: Zedentin) die Erstattung von Rechtsanwaltskosten unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadensersatzes.
- 2
- Nachdem der Beklagte der Zedentin die Bezahlung von Restbeträgen zweier Rechnungen für die Reparatur eines Kraftfahrzeugs vom 7. und 11. März 2011 schuldig geblieben und auf eine Zahlungsaufforderung sowie eine Mahnung nicht reagiert hatte, beauftragte die Zedentin den Kläger mit der außergerichtlichen Wahrnehmung ihrer Interessen. Mit anwaltlichem Mahnschreiben vom 20. Juli 2011 forderte der Kläger den Beklagten zunächst zum Ausgleich der einen Rechnung nebst einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer auf. Mit anwaltlichem Mahnschreiben vom 30. August 2011 verlangte der Kläger Entsprechendes mit Blick auf die andere Rechnung. Im September 2011 beglich der Beklagte die Rechnungen der Zedentin, die eingeforderten Rechtsanwaltskosten zahlte er nicht.
- 3
- Aus abgetretenem Recht der Zedentin verfolgt der Kläger die Erstattung der Rechtsanwaltskosten. Das Amtsgericht hat ihm zwei 0,3 Geschäftsgebühren nach Nr. 2302 VV RVG aF (= Nr. 2301 VV RVG) nebst Auslagenpauschalen und Umsatzsteuer für jeweils ein Schreiben einfacher Art zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Die vom Amtsgericht zugelassene und auf die Differenz zu zwei 0,8-Geschäftsgebühren gemäß Nr. 2300 VV RVG zuzüglich Auslagenpauschalen und Umsatzsteuer beschränkte Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein vorinstanzliches Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Da der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 ff; vom 4. Juli 2013 - IX ZR 229/12, WM 2013, 1615 Rn. 6, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 198, 77).
- 5
- Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Gläubiger, der aus Gründen der sich aus § 254 BGB ergebenden Schadensminderungspflicht gehalten sei, den Schaden möglichst gering zu halten, habe den Umfang der Einschaltung eines Rechtsanwalts an den objektiven Erfordernissen der Rechtsverfolgung zu orientieren. Wenn, wovon im vorliegenden Fall auch mangels entgegenstehendem , den konkreten Fall betreffenden Vortrags des Klägers auszugehen sei, über ein einfaches Mahnschreiben hinaus keine weiteren anwaltlichen Tätigkeiten geboten seien, sei der Gläubiger gehalten, seinen Auftrag entsprechend zu begrenzen.
II.
- 7
- Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Der aus abgetretenem Recht der Zedentin geltend gemachte materielle Kostenerstattungsanspruch aus § 280 Abs. 2, § 286 BGB ist nicht auf die 0,3 Geschäftsgebühr nach Nr.2302 VV RVG aF (= Nr. 2301 VV RVG) beschränkt.
- 8
- 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteil vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 350; vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446; vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04, NJW 2005, 1112; vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 271/09, WuM 2010, 740; vom 23. Januar 2014 - III ZR 37/13, BGHZ 200, 20 Rn. 48). Maßgeblich ist die ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2012 - VIII ZR 277/11, NZM 2012, 607 Rn. 4). Dabei sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt (BGH, Urteil vom 8. November 1994, aaO S. 351; vom 18. Januar 2005, aaO).
- 9
- Ein Schadensfall in diesem Sinne liegt auch vor, wenn der Schuldner einer Entgeltforderung (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 259/09, NJW 2010, 3226 Rn. 12; vom 17. Juli 2013 - VIII ZR 334/12, NJW 2014, 1171 Rn. 13) in Zahlungsverzug gerät (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 2010, aaO; vom 31. Januar 2012, aaO; vom 16. Juli 2015 - IX ZR 197/14, zVb). Zur Beitreibung einer solchen Forderung ist dann regelmäßig selbst in einfach gelagerten Fällen die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 1994, aaO S. 353). Das seinerseits Erforderliche tut der Gläubiger dadurch, dass er den Schuldner in Verzug setzt. Eine weitere Verzögerung der Erfüllung seiner Forderung muss er nicht hinnehmen. Vielmehr kann er seinem Erfüllungsverlangen durch Einschaltung eines Rechtsanwalts Nachdruck verleihen.
- 11
- a) Gerät der Schuldner in Verzug, ist er zur Zahlung regelmäßig entweder nicht willens oder nicht in der Lage. Dies kann für den Gläubiger offen zutage treten, wenn der Schuldner Einwendungen gegen die geltend gemachte Forderung erhebt oder auf seine Zahlungsunfähigkeit hinweist. Hingegen bleibt der Grund für die Nichtzahlung für den Gläubiger im Dunkeln, wenn der Schuldner auch auf eine Mahnung nicht reagiert. In jedem Fall darf eine rechtliche Beratung für erforderlich und zweckmäßig halten, die sich zunächst mit dem weiteren Vorgehen zu befassen hat. Ist der Schuldner zahlungsunfähig oder liegt eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung vor, können außergerichtliche Zahlungsaufforderungen durch den Rechtsanwalt als nicht erfolgversprechend und daher als nicht zweckmäßig anzusehen sein (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 1974 - IV ZR 2/72, VersR 1974, 639, 641 f; MünchKommBGB /Ernst, 6. Aufl., § 286 Rn. 156; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 286 Rn. 45). Dann kommt eine sofortige Titulierung der Forderung in Betracht. Anders ist dies, wenn der Schuldner weitere Verhandlungsbereitschaft zu erkennen gegeben oder bislang gar nicht reagiert hat. Hier kann sich der Versuch einer außergerichtlichen Erledigung unter Zuhilfenahme des Rechtsanwalts anbieten.
- 12
- aa) All dies weiß der Gläubiger grundsätzlich nicht, denn er ist in der Regel nicht rechtskundig. Die Konsequenzen der Zahlungsunfähigkeit oder der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung kennt er nicht. Er vermag allenfalls laienhaft zu erkennen, dass der Schuldner nicht zahlen kann oder will.
- 13
- bb) Einen gesonderten Gebührentatbestand für eine solche Zweckmäßigkeitsberatung kennt das RVG nicht. Es setzt den bereits informierten Mandanten voraus, der sich von vornherein mit einem bestimmten Auftrag, etwa zur isolierten Beratung, zur außergerichtlichen oder gerichtlichen Vertretung an den Rechtsanwalt wendet. Aus dem Fehlen eines gesonderten Gebührentatbestands darf aber nicht geschlossen werden, der Rechtsanwalt habe die Zweckmäßigkeitsberatung kostenlos zu erbringen. Sie ist Bestandteil sowohl eines unbeschränkten Auftrags zur außergerichtlichen Vertretung im Sinne der Nr. 2300 VV RVG als auch eines solchen zur gerichtlichen Vertretung, der die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG auslöst. Beide Gebühren entstehen für das Betreiben des (jeweiligen) Geschäfts einschließlich der Information (Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 und 3 Abs. 2 VV RVG). Mit Blick auf dieBeratung über die Möglichkeiten eines weiteren Vorgehens sind sie deckungsgleich. Bis zu deren Abschluss kann der dem Anwalt erteilte Auftrag ohne Gebührennachteile für den Mandanten geändert werden. Erfolgt etwa die Zweckmäßigkeitsberatung zunächst unter dem Gesichtspunkt einer außergerichtlichen Vertretung, stellt sich dabei aber heraus, dass eine ernsthafte und endgültige Erfüllungs- verweigerung vorliegt und eine außergerichtliche Geltendmachung durch den Rechtsanwalt nicht zweckmäßig erscheint, kann der Rechtsanwalt von dem Gläubiger neben den Gebühren für das ratsame gerichtliche Vorgehen nicht auch eine solche für die außergerichtliche Vertretung verlangen.
- 14
- cc) Ist der Auftrag gemäß Nr. 2302 VV RVG aF (= Nr. 2301 VV RVG) auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt, umfasst er keine Zweckmäßigkeitsberatung. Aus der Regelungssystematik der Nr. 2300 ff VV RVG ergibt sich allerdings , dass es sich bei der Nr. 2302 VV RVG aF nicht um eine eigenständige Gebühr, sondern um einen Ermäßigungstatbestand für die Geschäftsgebühr nach der Nr. 2300 VV RVG handelt ("Die Gebühr 2300 beträgt…"). Auch die im Sinne der Nr. 2301 VV RVG ermäßigte Gebühr entsteht daher für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 VV RVG). Dies zeigt, dass der Rechtsanwalt auch das Schreiben einfacher Art nicht ungeprüft versenden darf. Er muss vielmehr prüfen, ob nach der ihm geschilderten Sachlage ein solches Schreiben rechtlich in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 23. Juni 1983 - III ZR 157/82, NJW 1983, 2451, 2452). Wegen der niedrigen Gebühr in Höhe von 0,3 hat es damit aber sein Bewenden. Der Rechtsanwalt muss nicht beurteilen, ob ein Schreiben einfacher Art zur Wahrnehmung der Rechte des Gläubigers ausreichend und zweckmäßig ist. Will der Mandant in der Angelegenheit umfassend vertreten werden, geht die Verantwortung des Anwalts weiter, auch der Umfang der von ihm zu entfaltenden Tätigkeit , mag es nach außen auch bei einem einfachen Schreiben bewenden (BGH, aaO). Dann kommt Nr. 2302 VV RVG aF (= Nr. 2301 VV RVG) nicht zur Anwendung (BT-Drucks. 15/1971 S. 207 zu Nr. 2402-E).
- 15
- b) Auch wenn der Gläubiger ausnahmsweise nicht auf eine Beratung über die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens angewiesen ist, weil er selbst über entsprechende Kenntnisse verfügt und diese auf den konkreten Fall anzuwenden weiß, ist die Erstattungsfähigkeit der Kosten für eine außergerichtliche Vertretung durch einen Rechtsanwalt regelmäßig nicht auf eine Gebühr nach Nr. 2302 VV RVG aF (= Nr. 2301 VV RVG) beschränkt.
- 16
- Die nunmehr in Nr. 2300 VV RVG geregelte einheitliche Geschäftsgebühr ist an die Stelle des § 118 BRAGO getreten, soweit dieser für die außergerichtliche Vertretung anwendbar war (BT-Drucks. 15/1971 S. 206 zu Nr. 2400-E). Der weite Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 soll das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und der Teilnahme an Besprechungen sowie das Mitwirken bei der Gestaltung eines Vertrags abgelten und dadurch die außergerichtliche Erledigung einer Angelegenheit fördern (BT-Drucks. 15/1971 S. 207). Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur außergerichtlichen Vertretung im Sinne der Nr. 2300 VV RVG soll schnelle und einverständliche Regelungen ohne Einschaltung der Gerichte ermöglichen. Sie ist daher zweckmäßig , wenn der Versuch einer außergerichtlichen Beitreibung nicht schon von vornherein ausscheidet, wie etwa im Falle einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 1974 - IV ZR 2/72, VersR 1974, 639, 641 f; MünchKomm-BGB/Ernst, 6. Aufl., § 286 Rn. 156; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 286 Rn. 45).
- 17
- Dann ist die Beauftragung zur außergerichtlichen Vertretung aus der maßgeblichen ex ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person regelmäßig auch erforderlich, weil der Gläubiger bei Auftragserteilung nicht absehen kann, wie sich der Schuldner verhalten wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn dieser auf Mahnungen des Gläubigers nicht reagiert hat. Der Gläubiger ist deshalb grundsätzlich nicht gehalten, seinen Auftrag zunächst auf ein Schreiben einfacher Art zu beschränken und diesen im Bedarfsfall zu erweitern.
- 18
- 3. Nach diesen Grundsätzen kommt eine Beschränkung des aus abgetretenem Recht geltend gemachten materiellen Kostenerstattungsanspruchs nicht in Betracht. Der Beklagte hatte auf mehrere Zahlungsaufforderungen nicht reagiert und befand sich mit der Begleichung zweier Rechnungen für die Reparatur eines Kraftfahrzeugs im Zahlungsverzug, als die Zedentin den Kläger mit der außergerichtlichen Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragte. Dass sie hierbei auf eine Beratung über sinnvolle Möglichkeiten des weiteren Vorgehens nicht angewiesen und nur ein im Sinne der Nr. 2302 VV RVG aF beschränkter Auftrag zweckmäßig und erforderlich war, ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
III.
- 19
- Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang ist es aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgende Gesichtspunkte hin:
- 20
- 1. Dass die Zedentin eine unbeschränkte Beauftragung des Klägers zu ihrer außergerichtlichen Vertretung für zweckmäßig und erforderlich halten durf- te, begründet den materiellen Kostenerstattungsanspruch noch nicht. Ein solcher Auftrag müsste auch erteilt worden sein. Hierzu fehlt es bislang an Feststellungen. Der Inhalt des Auftrags bestimmt auch, ob der Kläger von der Zedentin zwei Geschäftsgebühren gemäß Nr. 2300 VV RVG verlangen konnte. Dies wäre der Fall, wenn es sich um zwei Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinne handelte (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1995 - IX ZR 207/94, NJW 1995, 1431; vom 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00, WM 2004, 1792,
1794).
- 21
- Sollte aus dem Innenverhältnis zwischen dem Kläger und der Zedentin auf zwei Angelegenheiten im Sinne des § 15 RVG zu schließen sein, stellte sich im Verhältnis zum Beklagten die Frage der Erstattungsfähigkeit. Die beiden Rechnungen, mit deren Ausgleich sich der Beklagte im Verzug befand, betrafen Reparaturarbeiten für ein und dasselbe Kraftfahrzeug, die im Abstand von nur vier Tagen erstellt wurden. Die Forderungen, die der Kläger außergerichtlich geltend gemacht hat, könnten daher aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsen sein. Gegebenenfalls hätte die Zedentin die Aufspaltung der Forderungen in zwei Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinne ohne einen sachlichen Grund kaum für zweckmäßig und erforderlich halten dürfen. Hätte sie die Forderungen in getrennten Prozessen verfolgt, wäre ein Antrag auf Festsetzung dadurch entstandener Mehrkosten als rechtsmissbräuchlich anzusehen (BGH, Beschluss vom 11. September 2012 - VI ZB 59/11, MDR 2012, 1314; vom 20. November 2012 - VI ZB 3/12, MDR 2013, 247 Rn. 9 f).
- 22
- 2. Die Höhe der Gebühr nach der Nr. 2300 VV RVG bemisst sich nach § 14 Abs. 1 RVG. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt bei Rahmengebühren der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen.
- 23
- a) Mit Blick auf die Rahmengebühr nach Nr. 2300 VV RVG besteht das aus § 14 Abs. 1 RVG folgende Bestimmungsrecht des Rechtsanwalts nicht unbeschränkt. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann er nur fordern, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies ist von dem Rechtsanwalt darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen. Erst dann besteht das Bestimmungsrecht unter Ausschöpfung des ganzen Gebührenrahmens, dessen Ausübung einer vollen gerichtlichen Nachprüfung entzogen ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - VIII ZR 323/11, NJW 2012, 2813 Rn. 8 ff).
- 24
- b) Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, trägt die Darlegungsund Beweislast für die Unbilligkeit der getroffenen Bestimmung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG der ersatzpflichtige Dritte (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 - V ZB 216/10, ASR 2011, 211 Rn. 8 ff).
- 25
- Die Regelung entspricht § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO. Ursprünglich sah § 12 BRAGO ein Bestimmungsrecht des Rechtsanwalts nicht ausdrücklich vor. Daraus wurde geschlossen, die Gebühr entstehe kraft Gesetzes, ohne dass es dazu einer Bestimmungshandlung bedürfe, und sei gerichtlich voll nachprüfbar (Riedel/Sußbauer, BRAGO, § 12 Rn. 2). Mit Gesetz zur Änderung des Gerichtskostengesetzes , des Gesetzes über Kosten der Gerichtsvollzieher, der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und anderer Vorschriften vom 20. August 1975 (BGBl. I S. 2189) wurde klargestellt, dass bei Rahmengebühren die im Einzelfall geschuldete Gebühr vom Rechtsanwalt zu bestimmen ist. Dies sollte bewirken, dass zahlreiche Meinungsverschiedenheiten über oft nur geringfügige Beträge nicht entstehen können (BT-Drucks. 7/3243 S. 8). Im Verhältnis zum Mandanten war eine gerichtliche Überprüfung der von dem Rechtsanwalt vorgenommenen Bestimmung der Gebühr nunmehr im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB beschränkt. Mit der Erwähnung des ersatzpflichtigen Dritten in § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO wurde hervorgehoben, dass dieser ein selbständiges Rügerecht gegenüber unbilligen Gebührenbestimmungen hat (Riedel/Sußbauer /Fraunholz, BRAGO, 7. Aufl., § 12 Rn. 6).
- 26
- Der auf Ersatz in Anspruch genommene Dritte muss auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes die Unbilligkeit der Gebührenhöhe geltend machen. Dass er die Tatsachen, aus denen die Unbilligkeit folgt, darlegen und beweisen muss, ergibt sich nunmehr aus der Formulierung von § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG ("…nicht verbindlich, wenn…"). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass dem Dritten die für die Bestimmung der Gebühr maßgeblichen Umstände häufig nicht vollständig zur Kenntnis gelangen. Selbst der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wird ihm regelmäßig nur insoweit bekannt, als diese nach außen gerichtet ist. Seinen Gegner trifft daher eine sekundäre Darlegungslast. Diese entsteht allerdings erst dann, wenn der Dritte die Unbilligkeit der getroffenen Bestimmung geltend gemacht und den ihm möglichen Tatsachenvortrag gehalten hat.
- 27
- Diese Grundsätze gelten auch für den materiellen Kostenerstattungsanspruch. Der Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG unterscheidet nicht zwischen dem prozessualen und einem materiellen Kostenerstattungsanspruch. Insbesondere setzt er keine gerichtliche Kostengrundentscheidung voraus. Für eine Differenzierung ist auch sonst kein Grund ersichtlich. Das mit dem anwaltlichen Bestimmungsrecht und der aus diesem - auch gegenüber ersatzpflichtigen Dritten - folgenden eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung verfolgte Ziel der Vermeidung von Streitigkeiten über geringfügige Beträge ist auch im Rechtsstreit über einen materiellen Kostenerstattungsanspruch beachtenswert (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603 Rn. 15, 18; Jungbauer in Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curkovic/Klipstein/Klüsener/Uher, RVG, 6. Aufl., § 14 Rn. 126). Aus dem Umstand, dass der V. Zivilsenat die Regelung auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch angewandt hat (Beschluss vom 20. Januar 2011 - V ZB 216/10, ASR 2011, 211 Rn. 10) lässt sich kein Gegenschluss für materielle Kostenerstattungsansprüche ziehen. Der X. Zivilsenat hat mitgeteilt, dass er an seiner gegenteiligen Ansicht mit Urteil vom 13. November 2013 (X ZR 171/12, GRUR 2014, 206 Rn. 27) nicht festhält.
- 28
- Rechtsbehelfsbelehrung
- 29
- Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Barmbek, Entscheidung vom 31.01.2014 - 821 C 147/13 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.11.2014 - 332 S 11/14 -
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.