Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Sept. 2012 - L 6 U 107/07

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2012:0919.L6U107.07.0A
bei uns veröffentlicht am19.09.2012

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt Gerichtskosten in Höhe von 225,00 EUR.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob der Tod des Ehemanns der Klägerin H.-U. J. – geboren am. 1947; verstorben am. 2004 – (nachfolgend: der Versicherte) Folge einer Berufskrankheit (BK) oder einer Erkrankung wie eine BK war.

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Die Klägerin wandte sich am 2. April 2004 an die Wehrbereichsverwaltung Ost und begehrte die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung bei dem Versicherten. Dieser hatte vom 1. November 1966 bis zum 26. April 1968 seinen Grundwehrdienst bei der NVA geleistet. Beim Versicherten sei Lymphdrüsenkrebs festgestellt worden. Er habe ein Gewächs am Ellenbogen gehabt und sich deshalb am 23. November 1999 erstmals bei seiner Hausärztin vorgestellt. Am 19. Januar 2000 sei er operiert worden. Im Juli 2003 seien Metastasen aufgetreten. Als ursächlich sei die Strahlenbelastung des Versicherten während seines Einsatzes als Funkorter an einer Radaranlage anzusehen.

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Die Wehrbereichsverwaltung leitete den Vorgang an die Beklagte weiter. Diese holte von der Praktischen Ärztin Dipl.-Med. M. den Befundbericht vom 19. August 2004 ein, welche u.a. die Arztbriefe vom 4. Dezember 2003 und 12. Januar 2004 beifügte. Hieraus ging beim Versicherten die Diagnose eines Merkelzellkarzinoms der Haut im Bereich des rechten Ellenbogens mit abdominaler Lymphdrüsenmetastasierung hervor.

4

In der von der Beklagten veranlassten Expositionsanalyse vom 16. November 2004 führte die Wehrbereichsverwaltung Ost aus, dass der Versicherte während seines Grundwehrdienstes auf dem Standort G.-R. in der Flugabwehr-Raketenabteilung an einem Radargerät P-12 als Funkorter eingesetzt gewesen sei. Funkorter hätten zum qualifizierten Personal der Radartechniker gehört. Die Radargeräte hätten allerdings an allen Störstrahlern über Abschalteinrichtungen in Form von Interlockschaltern verfügt. Körperbereiche seien von Strahlung nicht betroffen gewesen. Es sei daher auszuschließen, dass der Versicherte als Funkorter ionisierender Strahlung in Form von Röntgenstörstrahlung ausgesetzt gewesen sei. Eine mögliche Exposition gegenüber elektromagnetischen Strahlen könne mangels rekonstruierbarer Expositionsbedingungen nicht beurteilt werden. Nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand könnten hochfrequente elektromagnetische Strahlen (HF-Strahlung) selbst bei hochgradiger Exposition jedoch nur durch thermische Wirkung Schäden hervorrufen.

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Mit Bescheid vom 2. Dezember 2004 lehnte es die Beklagte insbesondere ab, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen zu erbringen, da mangels belegter schädigender Einwirkung schon die Anerkennung der geltend gemachten Erkrankung als BK nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – Erkrankungen durch ionisierende Strahlen – (BK 2402) scheitere. Nach den Darlegungen in der Stellungnahme vom 16. November 2004 und den Kriterien des Berichtes der Radarkommission vom 2. Juli 2003 in Verbindung mit dem Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 4. März 2004 sei beim Versicherten eine gesundheitsgefährdende Einwirkung ionisierender Strahlen aufgrund seiner Wehrdiensttätigkeit auszuschließen. Die Radargeräte, an denen er tätig gewesen sei, hätten an den Türen der Senderschränke über Interlockschalter verfügt, die beim Öffnen der Tür im laufenden Betrieb zur Abschaltung von Sendern bzw. Modulatoren geführt hätten. Somit habe keine Röntgenstrahlung austreten können. Auch sonst seien durch den konstruktiven Aufbau des Gerätes Strahleneinwirkungen ausgeschlossen gewesen. Strahlenmessungen am Gerät hätten einen Nullwert ergeben. Ergänzend führte die Beklagte aus, dass auch die Anerkennung der zum Tode führenden Erkrankung des Versicherten wie eine BK (Wie-BK) nicht möglich sei. Beim Betrieb von Radaranlagen würde von den Radarantennen HF-Strahlung in die Umgebung abgegeben, deren Stärke mit zunehmender Entfernung von der Sendeanlage rasch abnehme. Die unmittelbar neben dieser so genannten Haupt-Keule vorhandenen HF-Felder stammten aus Neben-Keulen, bei denen es sich um ungewollte, aber technisch meist unvermeidbare Abstrahlungsverluste mit wesentlich geringerer Intensität handele. Die Einwirkung durch HF-Felder mit Intensitäten weit oberhalb von Grenzwerten könne zu thermischen Effekten im Sinne von Erwärmungen bzw. Verbrennungen von Körpergeweben führen. HF-Strahlung führe nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand jedoch nicht zu mit Latenzzeit auftretenden Krebserkrankungen. Es lägen auch keine neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber vor, dass bestimmte Personengruppen durch HF-Strahlung in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung gefährdet seien, bestimmte Erkrankungen zu erleiden.

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Hiergegen erhob die Klägerin am 27. Dezember 2004 Widerspruch und machte vor allem geltend, dass an den verwendeten Radargeräten keine Strahlenschutzvorrichtungen vorhanden gewesen seien. Für 79 Radargeräte der NVA lägen 170 Ortsdosisleistungs-Messwerte vor, mit denen 200 verschiedene Röntgenstörstrahler hätten lokalisiert werden können. Bei geöffnetem Sendeschrank seien am Radargerät P-18, das mit dem P-12 im Wesentlichen baugleich sei, in 5 cm Abstand 150 µSv//h gemessen worden, was eine 30fache Überschreitung der Ortsdosisleistung bedeute.

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Mit auf dem Postweg übersandtem Widerspruchsbescheid vom 29. April 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

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Mit der am 31. Mai 2005 vor dem Sozialgericht (SG) Halle erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Anliegen unter Beifügung umfangreicher Unterlagen weiter verfolgt. Eine Vielzahl von Einflussgrößen sei heute nicht mehr rekonstruierbar. Der Versicherte sei während seines Wehrdienstes an durchschnittlich vier Stunden pro Tag an sieben Tagen in der Woche einer unzulässig hohen Strahlenexposition ausgesetzt gewesen und dosimetrisch nicht untersucht worden. Bei Wartungs-, Überprüfungs- oder Reparaturarbeiten, welche zum Teil nur bei Sendebetrieb hätten durchgeführt werden können, habe die Möglichkeit bestanden, die Schutzstromkreise der Radargeräte mit einfachsten Mitteln zu überbrücken, wofür die Klägerin Zeugen benannt hat. Damit sei der in Betrieb befindliche Sender auch bei geöffneten Türen zugänglich gewesen. Der Abstand hierzu könne 10 bis 50 cm betragen haben. An ihrem Begehren auf Feststellung, dass es sich bei der Erkrankung des Versicherten um eine Wehrdienstbeschädigung vergleichbar einer Berufskrankheit der Nr. 92 der Liste der Berufskrankheiten nach der Berufskrankheitenverordnung der DDR (bösartige Neubildungen oder ihre Vorstufen durch ionisierende Strahlung) handele, hat die Klägerin dort nicht mehr festgehalten.

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Die Beklagte hat den Bericht der Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der NVA (Radarkommission) vom 2. Juli 2003 und den Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung zu Versorgungsverfahren der Beklagten bei Radar-Schädigung vom 4. März 2004 vorgelegt. Sie hat hierzu ausgeführt, dass nach dem Bericht der Radarkommission anstelle von Messdaten ein Kriterienkatalog heranzuziehen sei. Vorliegend scheitere die Anerkennung einer BK am Vorhandensein einer Abschaltautomatik am Radargerät P-12 (Nr. 4 der im Erlass vom 4. März 2004 genannten Anerkennungsvoraussetzungen). Danach stehe fest, dass der Versicherte nicht am geöffneten Gerät bei eingeschalteter Betriebsspannung von 5 kV und mehr tätig gewesen sei. Eine Strahlenexposition bei geschlossenem Gerät sei nach den Empfehlungen der Radarkommission nicht möglich gewesen.

10

Das SG hat von dem Leiter des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität G. Privatdozent (PD) Dr. S. das Gutachten nach Aktenlage vom 20. September 2006 eingeholt. Dieser hat eingeschätzt, dass die Voraussetzungen einer BK 2402 nicht hinreichend wahrscheinlich zu machen seien. Für eine Verursachung der Tumorerkrankung durch die Einwirkung ionisierender Strahlung während der Wehrdienstzeit sprächen ein vorverlegtes Erkrankungsalter des Versicherten (52 Jahre gegenüber 63 Jahren) und sein weniger häufig betroffenes Geschlecht (4: 1). Allerdings existierten schon keine gesicherten Erkenntnisse, die auf einen Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und der Entstehung von Merkelzellkarzinomen hindeuten würden, noch seien solche zu erwarten. Gegen eine Ursachenbeziehung spreche bei der Abwägung verschiedener Gesichtspunkte auch, dass eine Einwirkung ionisierender Strahlen vorliegend nicht belegt sei. Abgesehen davon bedingte eine externe Bestrahlung immer eine Exposition der Haut. Ein chronischer Hautschaden äußere sich nach hohen Strahlendosen – mehrere Sv und höher – in einer Atrophie mit pergamentartiger Beschaffenheit der Haut sowie in einer Pigmentverschiebung, ungleichmäßigen Pigmentierung, Trockenheit, Dauerepilation, trockenen Abschürfung, Verhornung und Rhagadenbildung der Haut. Außerdem könnten Wachstumsstörungen mit Längsriffelung und Brüchigkeit der Nägel auftreten; Ekzeme und schmerzhafte Ulzerationen sowie Warzenbildungen seien möglich. Alle diese Symptome seien beim Versicherten nicht beschrieben. Zudem sei die im Gegensatz zu Hautzellen geringe Strahlenempfindlichkeit der Merkelzellen zu beachten. Merkelzellen seien an der Unterseite der Epidermis sowie in der Haarwurzelscheide gelegene, mit feinen Nervenfasern verbundene Zellen, die wahrscheinlich der Neuralleiste entstammten. Das Merkelzellkarzinom sei mit einer Inzidenz von ca. 0,1 bis 0,3 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner im Jahr selten. Anzutreffen seien die Tumoren typischerweise im Bereich der lichtexponierten Areale der Gesichtshaut oder der Extremitäten. Etwa die Hälfte aller Patienten erkranke innerhalb des ersten Jahres nach Entfernung des Primärtumors an einem Lokalrezidiv oder einer Lymphknotenmetastasierung. Wichtigste Risikofaktoren zur Entstehung von Merkelzellkarzinomen seien die UV-Strahlung, eine systemisch medikamentöse Immunsuppression, maligne Lymphome oder eine chronische Arsenexposition. Nach epidemiologischer Datenlage seien auch keine gesicherten neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem Zusammenhang zwischen von Radargeräten ausgehender HF-Strahlung und einem erhöhten Risiko des Auftretens von Merkelzellkarzinomen vorhanden. Die bisher aus dem Bereich des Mobilfunks vorliegenden Untersuchungen lieferten insoweit keine Hinweise. Zudem seien beim Versicherten auch keine chronischen, nicht malignen Strahlenschäden der Haut dokumentiert, wie sie durch die Einwirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder infolge thermischer Effekte auftreten könnten. Eine Wie-BK sei damit ebenfalls nicht wahrscheinlich zu machen.

11

Die Klägerin hat die Kompetenz des Sachverständigen und die Wissenschaftlichkeit seines Gutachtens angezweifelt. Die Beauftragung eines Nuklearmediziners wäre wohl günstiger gewesen. Nach der von der Strahlenmessstelle der Bundeswehr bei der Wehrbereichsverwaltung Nord in M. am 21. März 2002 im Bereich der Senderöhre eines P-18 durchgeführten Messung seien im Abstand von 5 cm des als "offen" deklarierten Einbauortes 150 µSv/h und im Abstand von 40 cm 6 µSv/h aufgetreten. Auch eine Belastung durch radioaktive Leuchtfarbe sei in Betracht zu ziehen.

12

Nach dem von der Klägerin u.a. vorgelegten Teilbericht der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse am Radargerät P-12 vom 7. Juni 2002 diente dieses zur Erfassung von Flugzielen bis zu einer Entfernung von 250 km. Es bestand aus einem Geräte- sowie einem Aggregatehänger. An der Außenwand des Gerätehängers war der Antennenmast mit dem Antennenantrieb montiert. Im Gerätehänger waren der Sender (Senderöhre mit Betriebsspannung von 14 kV), der Modulator (Thyratron mit Betriebsspannung von 7 kV), der Empfänger sowie die Sichtgeräte, an denen sich die Arbeitsplätze der Funkorter befanden, untergebracht. Wartungs- und Reparaturarbeiten seien von der gesamten Besatzung durchgeführt worden, die aus einem Stationsleiter (Leutnant), einem Gruppenführer Funkorter (Unteroffizier), einem Funkorter (Wehrpflichtiger), einem Gruppenführer Elektromechaniker (Unteroffizier) sowie einem Elektromechaniker (Wehrpflichtiger) bestanden habe. Arbeiten im elektronischen Bereich seien überwiegend vom Stationsleiter und dem Gruppenführer Funkorter vorgenommen worden. Die technische Ausbildung der Funkorter habe nicht für eine selbständige Arbeit am Gerät ausgereicht. Sie seien hauptsächlich für Arbeiten im Bereich Mechanik und Pflege eingesetzt worden und hätten den Stationsleiter bei Wartungs- und Reparaturarbeiten unterstützt. Der Gruppenführer Elektromechaniker sowie der Kraftfahrer/Elektromechaniker seien für die Wartung und technische Einsatzbereitschaft der zum Gerät gehörenden Kfz, Stromerzeugungsaggregate und Frequenzumformer zuständig gewesen. Während des Betriebs des Radargerätes seien ständig ein bis zwei Besatzungsmitglieder im Gerätehänger an den Sichtgeräten tätig gewesen. Arbeiten im Sender oder Modulator seien bei eingeschalteter Hochspannung nicht möglich gewesen. Im P-18 seien der gleiche Modulator und der gleiche Sender verwendet worden. Nach den in der Luftwaffenwerft Trollenhagen durchgeführten Messungen seien weder am Modulator noch am Sender Werte der Ortsdosisleistung über dem Wert des Untergrundes festgestellt worden. Eine eventuell vom Thyratron ausgehende Röntgenstrahlung sei durch das Gerätegehäuse abgeschirmt worden. Eine Gefährdung des Personals durch ionisierende Strahlung sei somit nicht erkennbar; radioaktive Leuchtfarben seien nicht feststellbar gewesen.

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Mit Urteil vom 26. Juli 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Eine Exposition des Versicherten gegenüber ionisierenden Strahlen sei nicht nachgewiesen. Jedenfalls spreche nach den schlüssigen, überzeugenden und auch verwertbaren gutachtlichen Ausführungen nicht mehr dafür als dagegen, dass sein Tod durch die Einwirkung ionisierender Strahlen bedingt sei. Auch die Anerkennung einer Wie-BK scheide aus. Wie der Sachverständige erläutert habe, sei bei einer Belastung durch HF-Strahlen bislang kein erhöhtes Krebsrisiko nachgewiesen.

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Gegen das ihr am 5. September 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt im selben Monat Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie umfangreich ihre Sicht der Rechtsentwicklung dargestellt sowie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend ist sie der Ansicht, die Entscheidung der Beklagten beruhe auf bewusster und vorsätzlich falscher Rechtsanwendung, da die Exposition unvollständig ermittelt worden sei und die Beklagte dabei gegen ihre eigenen Richtlinien verstoßen habe. Der Wehrdienst des Versicherten sei eine versicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne der Sozialversicherung der DDR gewesen. Schließlich rüge sie eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

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Die Klägerin beantragt,

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zum Beweis der Tatsache, dass ein Merkelzellkarzinom durch ionisierende Strahlung oder durch Mikrowellenstrahlung verursacht werden kann und im Falle des Versicherten wahrscheinlich verursacht worden ist, nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von Prof. Dr. H., B ... 25, B., einzuholen;
hilfsweise,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchspruchsbescheides vom 29. April 2005 nichtig ist,
festzustellen, dass für die im NVA-Wehrdienst des Versicherten durch Einwirkung unzulässig hoher ionisierender Strahlung i.V.m. Mikrowellenstrahlung und die unter wehrdiensteigentümlichen Umständen und Einwirkungen zugefügten Gesundheitsschäden und infolge schädigungsbedingt eingetretenen Erkrankungen mit Todesfolge Merkelzellkarzinom bzw. Morbus Hodgkin die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung und damit der Sozialversicherung der DDR zuständig ist,
festzustellen, dass (für) die im NVA-Wehrdienst des Versicherten durch Einwirkung unzulässig hoher ionisierender Strahlung i.V.m. Mikrowellenstrahlung und die unter wehrdiensteigentümlichen Umständen und Einwirkungen zugefügten Gesundheitsschäden und infolge schädigungsbedingt eingetretenen Erkrankungen mit Todesfolge Merkelzellkarzinom bzw. Morbus Hodgkin (die) Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 92 und 52 der Berufskrankheitenverordnung der DDR, hilfsweise einer BK 2402, hilfsweise (einer Erkrankung) wie eine Berufskrankheit sind,
festzustellen, dass zwischen ihr und der Beklagten in deren Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung und damit der Sozialversicherung der DDR ein Rechtsverhältnis besteht,
festzustellen, dass zwischen ihr und der Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der Staatlichen Versicherung der DDR ein Rechtsverhältnis besteht,
die Staatliche Versicherung der DDR in Abwicklung beizuladen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr vom Zeitpunkt der Erkrankung des Versicherten an Unfallrente und vom Zeitpunkt seines Todes an Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die zu gewährenden Leistungen sowie alle Kostenerstattung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu verzinsen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr gemäß dem Arbeitsgesetzbuch der DDR den Verlust von auf Arbeit beruhendem Einkommen des Versicherten zu ersetzen,
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr gemäß dem Arbeitsgesetzbuch der DDR die Minderung der Rentenansprüche des Versicherten zu ersetzen sowie
die Beklagte und die Beizuladende gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr gemäß dem Arbeitsgesetzbuch der DDR schädigungsbedingt notwendige Mehraufwendungen des Versicherten vollständig zu ersetzen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie schließt sich dem Urteil des SG an und bleibt bei ihrer Ansicht.

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Neben weiteren Unterlagen hat die Klägerin das im Auftrag des Landgerichts F. (Oder) gefertigte Gutachten des TÜV R. von Juni 2006 über das Radargerät P-12 übersandt. Hierin war der Sachverständige Dr. S. zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bildröhren der Sichtgeräte keinen nennenswerten Beitrag zu einer Personen- oder Organdosis leisteten. Strahlenexpositionen durch andere Störstrahlquellen (insbesondere Sender und Modulator) seien ebenfalls nicht zu erwarten, weil diese durch ihre Bauweise selbstabschirmend seien und/oder in Schränken betrieben würden, deren Wände die Strahlung abschirmten. Zusätzliche Strahlenschutzmaßnahmen zur Arbeit an den geschlossenen Geräten seien nicht erforderlich gewesen. Im Vergleich zur Röntgenstrahlung, die in einem Thyratron entstehe, sei die Quellstärke der Strahlung, die durch die zu betrachtenden Sichtgeräte bedingt sei, aufgrund der geringeren Spannung, der geringeren Ströme sowie der geringeren Ordnungszahl des Materials, in dem die Strahlung produziert werde, um mindestens zwei Größenordnungen geringer. Wegen der Schwächung in den starken Glaskolben der Röhren sei die Strahlung bei den Sichtgeräten gegenüber derjenigen des Thyratrons noch einmal stark reduziert. Die Messungen hätten diese Überlegungen bestätigt. An keinem Ort außerhalb der Schränke seien nennenswerte Dosisleistungen festzustellen gewesen. Zum technischen Aufbau des P-12 hatte der Sachverständige ausgeführt, dass im Senderschrank des Gerätes drei Elektronenröhren, die aufgrund ihrer Betriebsspannung Röntgenstrahlung emittieren könnten, untergebracht waren (eine Scheibentriode mit 14 kV, eine Thyratronröhre mit 7 kV und ein Kenotron mit 7 kV). In einem weiteren Schrank befänden sich sechs Gleichrichterröhren mit 4 kV sowie vier Kenotrone mit 3 kV. In den Sichtgeräten (Rundsichtgerät, Höhensichtgerät und Kontrollsichtgerät) seien drei Elektronenstrahlbildröhren mit Betriebsspannungen von je maximal 5 bzw. 3,2 kV untergebracht. Schließlich seien in einem weiteren Schrank sechs Gleichrichterröhren mit 4 kV und vier Kenotrone mit 3 kV enthalten. Die Messungen seien am 30. November und 1. Dezember 2005 auf dem Fliegerhorst T. durchgeführt worden. Zur Bestimmung der Dosisleistung ohne Abschirmung durch das Metallgehäuse des Senders sei unmittelbar hinter der Klappe im Inneren des Senders eine Stunde lang eine Bestrahlung erfolgt. Im Ergebnis habe sich bei den Sichtgeräten, außerhalb des Senders sowie bei geöffneter Senderklappe und 50%iger Leistung jeweils ein Nulleffekt ergeben (zulässiger Wert: 1 µSv/h). Innerhalb des Senders bei geschlossener Klappe sei ein Wert von ( 200 µSv/h erreicht worden. Bei eingeschalteter HF hätten sich innerhalb des Wagens Werte zwischen 0,1 und 0,2 µSv/h ergeben. Am Sende-/Empfangsumschalter seien bei geöffneter Klappe ein Nulleffekt bzw. ein Wert von 0,16 µSv/h erreicht worden. Am Modulator hätten die Dosimeter 0,11 µSv/h registriert.

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Weiterhin hat die Klägerin das Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung zum Radargerät P-15 an die Beklagte vom 14. Juli 2010 vorgelegt und hierzu gemeint, der Versicherte sei zu völlig vergleichbaren Bedingungen dienstverwendet worden. Im genannten Schreiben wird die Empfehlung gegeben, bei Personen in der Zuständigkeit der Beklagten, die Schädigungen durch Tätigkeiten am Radargerät P-15 geltend machten bzw. geltend gemacht hätten, in jedem Einzelfall die individuellen Verhältnisse zu prüfen. Die Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar/ Strahlenmessstelle der Bundeswehr bei der Wehrbereichsverwaltung Nord habe festgestellt, dass die bislang maßgeblichen Gutachten des TÜV nur in den jeweils konkreten Fällen anwendbar seien und die dort getroffenen Klassifizierungen mit "strahlungssicher" nicht generell für das Radargerät P-15 gelten könnten. Eine pauschale Ablehnung entsprechender Anträge unter Hinweis auf die Strahlungssicherheit dieses Radargerätes sei daher nicht mehr als sachgerecht anzusehen.

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Schließlich hat die Klägerin u.a. eine eidesstattliche Versicherung des Dipl.-Ing. F. vom 1. Februar 2012 übermittelt, wonach dieser während der Wehrdienstzeit des Versicherten auf Grundlage bereits vorliegender Unterlagen von einer Gesamtstrahlenexposition von 0,156 Sv (= 156 mSv = 156.000 µSv) ausgeht.

23

Der Senat hat u.a. am 15. Februar 2012 mündlich verhandelt, das Ablehnungsgesuch der Klägerin als unzulässig und rechtsmissbräuchlich verworfen sowie die Verhängung von Mutwillenskosten wegen der notwendigen Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins vorbehalten.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Beiakten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe

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Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist unbegründet.

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1. Der Antrag der Klägerin auf Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. H. war nach § 109 Abs. 2 SGG als verspätet abzulehnen. Indem die Klägerin mit dem Antrag bis zur mündlichen Verhandlung wartete und ihn nicht in angemessener Frist davor gestellt hat, handelte sie grob nachlässig. Bereits mit gerichtlicher Verfügung vom 12. Mai 2009 wurde die Klägerin auf die Möglichkeit des § 109 SGG hingewiesen. In ihrer unmittelbaren Reaktion hierauf hat sie mit Schreiben vom 12. Juni 2009 ausdrücklich erklärt, eine Sachaufklärung nach dieser Vorschrift für entbehrlich zu halten. Unter dem 4. November 2011 hatte der Senat nochmals auf den fehlenden medizinischen Beleg einer Beeinflussung der Krebserkrankung des Versicherten durch ionisierende Strahlen hingewiesen. Auch daraus wurde deutlich, dass der Senat auf der bisherigen Basis zu entscheiden beabsichtigte. Spätestens nach Erhalt der Ladung am 14. Juni 2012 musste die anwaltlich vertretene Klägerin dann jedenfalls erkennen, dass die von Amts wegen durchzuführende Beweiserhebung beendet war. Erkennt aber ein Beteiligter oder musste er erkennen, dass dies der Fall ist, so hat er den Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG innerhalb angemessener Frist zu stellen, sofern eine Ablehnung als verspätet vermieden werden soll. Eine Antragstellung mehr als drei Monate nach Erhalt der Ladung liegt jedenfalls außerhalb angemessener Frist. Da der Antrag nach § 109 SGG sowohl schriftlich als auch mündlich gestellt werden kann, kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, sie habe mit ihrem Antrag bis zur mündlichen Verhandlung warten können (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10. Dezember 1958 – 4 RJ 143/58 – SozR Nr. 24 zu § 109 SGG). Abgesehen davon ist der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung behauptete Grund der verspäteten Antragstellung erwiesenermaßen falsch. Denn die nochmals vorgelegten Unterlagen sind der Klägerin nicht erst vor kurzem bekannt geworden, sondern seit Jahren Aktenbestandteil. Den Lehrbrief 3 zum Strahlenschutz hatte die Klägerin bereits als Anlage K 15 ihrem Schriftsatz vom 2. März 2006 beigefügt (Bl. 105 der Gerichtsakten). Das Schreiben der Wehrbereichsverwaltung Ost an die Beklagte vom 7. Juli 2004 hatte die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 8. Januar 2007 als Anlage 24 vorgelegt (Bl. 191 der Gerichtsakten).

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2. Soweit die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides begehrt, ist der entsprechende Antrag zulässig (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 4 SGG), jedoch unbegründet. Einen Nichtigkeitsgrund nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) hat die Klägerin weder nachvollziehbar aufgezeigt noch ist ein solcher sonst ersichtlich. Insbesondere verlangt der rein ablehnende Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 schon kein positives Tun im Sinne von Nr. 5 dieser Norm, dessen Befolgung einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen könnte. Allein eine aus Sicht der Klägerin unzureichende Sachverhaltsermittlung seitens der Beklagten würde unter Berücksichtigung aller Umstände bei verständiger Würdigung keinen besonders schwerwiegenden Fehler darstellen, der offensichtlich ist (§ 40 Abs. 1 SGB X).

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3. Unzulässig ist die Klage, soweit die Klägerin die Feststellung einer Zuständigkeit der Beklagten ihr gegenüber erstrebt. Hierfür ist schon deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis ersichtlich, weil die Beklagte ihre Zuständigkeit niemals bestritten hat (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz SGG). Zudem ist auch deshalb nicht ersichtlich, wozu die bloße Feststellung einer Zuständigkeit in Rechtsnachfolge den Rechtsschutz fördern soll, weil insoweit direkte Feststellungs- bzw. Leistungsansprüche geltend gemacht werden können und von der Klägerin mit den Hilfsanträgen zu 3. bzw. 7. auch verfolgt werden.

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4. Zulässig ist die Klage, soweit die Klägerin in der Sache die Feststellung begehrt, dass die zum Tode des Versicherten führenden Erkrankungen Folgen einer BK bzw. Wie-BK sind (Hilfsantrag zu 3). Soweit innerhalb dessen auch die Feststellung von Ursachen der Erkrankungen verfolgt wird, ist die Klage dagegen unzulässig. Denn diese Frage ist kein selbständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, über den durch Verwaltungsakt zu entscheiden wäre, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitigen Anspruchs (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 29. November 2011 – B 2 U 26/10 R – juris).

30

Die im bezeichneten Umfang zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2005 beschwert die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Das beim Versicherten diagnostizierte Merkelzellkarzinom mit abdominaler Lymphdrüsenmetastasierung erfüllt nicht die Anerkennungsvoraussetzungen einer BK bzw. Wie-BK. Im Hinblick auf einen Morbus Hodgkin ist die Klage schon deshalb unbegründet, weil eine solche Diagnose in keinem vorliegenden ärztlichen Bericht oder Gutachten gestellt worden ist und es somit bereits am Vollbeweis einer entsprechenden Erkrankung fehlt (siehe zu den inhaltlichen Anforderungen dieses Beweismaßstabs etwa BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86 – SozR § 548 Nr. 84; Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).

31

Die Beklagte war nach Anlage I, Kap. VIII, Sachgebiet I, Abschn. III, Nr. 1, Buchst. c, Abs. 8, Nr. 2, Buchst. dd, zweiter Spiegelstrich des Vertrages zwischen der BRD und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands (EinigVtr) vom 31. August 1990 (BGBl. II, 889) zur Entscheidung berufen. Nach dem EinigVtr sind die Ansprüche, die nicht im inneren Zusammenhang mit Verrichtungen im engeren Staatsdienst der DDR standen, nämlich in die gesetzliche Unfallversicherung überführt worden, wenn ihnen Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten im Sinne der allgemeinen Sozialversicherung der DDR zugrunde lagen. Um einen solchen Fall geht es hier. Denn nach § 5 Abs. 1 der während der Wehrdienstzeit des Versicherten gültigen Verordnung über die Besoldung der Wehrpflichtigen für die Dauer des Dienstes in der Nationalen Volksarmee vom 24. Januar 1962 (GBl. DDR II 49 – WPflBesVO) galten durch Ausübung des Dienstes erlittene Körper- und Gesundheitsschäden als Folge von Arbeitsunfällen bzw. Berufserkrankungen, die nach Ausscheiden aus dem Wehrdienst gemäß § 5 Abs. 2 WPflBesVO gegebenenfalls durch die allgemeine Sozialversicherung der DDR zu entschädigen waren. Gleiches galt nach Einführung von § 220 Abs. 4 des Arbeitsgesetzbuches der DDR (AGB) vom 16. Juni 1977 (GBl. DDR I 185) i.V.m. § 11 der Verordnung zur Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977 (GBl. DDR I 373).

32

Anzuwenden sind vorliegend die Vorschriften des SGB VII, weil der angeschuldigte Versicherungsfall (BK 2402 bzw. Wie-BK), zu dem vor allem auch das Vorliegen einer Erkrankung gehört, erst nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten sein könnte (vgl. Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7. August 1996, BGBl. I 1996, 1254 ff.; § 212 SGB VII). Denn an dem von der Klägerin als BK bzw. Wie-BK geltend gemachten Leiden, dem im Bereich des rechten Ellenbogens aufgetretenen Primärtumor, ist der Versicherte nach ihrem Vorbringen erst im Herbst 1999 erkrankt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er bereits vor dem 1. Januar 1997 an einem Tumor litt. Die Feststellung (von Folgen) einer BK nach Nr. 92 bzw. 52 der Berufskrankheitenverordnung der DDR kommt damit von vornherein nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 2010 – B 2 U 14/09 R – juris).

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Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Bken Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (BKV) mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleidet. Die näheren Einzelheiten zum Erlass der BKV regeln § 9 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 SGB VII. Voraussetzung für die Anerkennung einer Erkrankung als BK 2402 ist nach deren Tatbestand das Vorliegen einer durch ionisierende Strahlen hervorgerufenen Gesundheitsstörung. Ein Betroffener muss also aufgrund seiner versicherten Tätigkeit Einwirkungen durch ionisierende Strahlen ausgesetzt gewesen sein, die bei ihm eine Erkrankung verursacht haben. Gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII erfordert die Feststellung einer Wie-BK, dass im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Abs. 1 Satz 2 der Norm erfüllt sind. Es muss sich mithin um eine Erkrankung handeln, die durch besondere Einwirkungen, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind, verursacht wird. Sowohl bei der Anerkennung einer Erkrankung als BK als auch wie eine BK müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (so genannter Vollbeweis) belegt sein. Der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Einwirkung sowie zwischen der Einwirkung und der Erkrankung beurteilt sich dagegen nach dem Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).

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Hiervon ausgehend sind vorliegend weder die Voraussetzungen zur Feststellung einer BK 2402 (nachfolgend unter a) noch einer Wie-BK erfüllt (hierzu unter b).

35

a) Nach § 215 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII fiel der Versicherte für die hier als Schädigungszeitraum geltend gemachte Ableistung seines Wehrdienstes bei der NVA unter den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung. Es kann offen bleiben, ob er währenddessen ionisierenden Strahlen ausgesetzt war, oder sich vernünftige Zweifel hieran im Sinne des insoweit geltenden Maßstabs des Vollbeweises etwa aus den Angaben im Teilbericht der Arbeitsgruppe Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse vom 7. Juni 2002 sowie im Gutachten des Dr. S. von Juni 2006 ergeben. Denn immerhin konnten die am 21. März 2002 in Munster festgestellten Messwerte bei den am 7. Juni 2002 sowie 30. November und 1. Dezember 2005 in T. durchgeführten Messungen nicht bestätigt werden.

36

Diese Frage kann dahinstehen, weil der Senat zugunsten der Klägerin unterstellt, dass das vorliegend eingesetzte Radargerät P-12 entsprechend ihrem Vortrag den Geräten P-15 bzw. P-18 gleich zu behandeln ist und der Versicherte während der Zeit vom 1. November 1966 bis zum 26. April 1968 einer Gesamtstrahlenexposition von 0,156 Sv ausgesetzt war, wie Dipl.-Ing. F. es annimmt. Beweiserhebungen hierzu bedurfte es damit nicht. Selbst wenn nämlich hiervon ausgegangen wird, sind die Voraussetzungen einer BK 2402 deshalb nicht erfüllt, weil sich ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen einer solchen (oder höheren) Exposition und der Krebserkrankung des Versicherten nicht hinreichend wahrscheinlich machen lässt.

37

Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei muss die versicherte Einwirkung nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden "Theorie der wesentlichen Bedingung" an der Verursachung der geltend gemachten Erkrankung wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden/Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind z.B. das Ausmaß der versicherten Einwirkung, das Gewicht konkurrierender Ursachen oder aber die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der geltenden medizinischen Erkenntnisse. Erst wenn feststeht, dass eine bestimmte Einwirkung eine naturwissenschaftliche Ursache für einen Erfolg ist, stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage nach einer wesentlichen Verursachung des Erfolgs (der Erkrankung) durch das Ereignis/die Einwirkung (vgl. nur BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 17. Februar 2009 – B 2 U 18/07 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 31; Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 31/11 R – juris).

38

Gemessen daran liegt keine ernste Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass zwischen der angenommenen Strahlenexposition und dem Krebsleiden des Versicherten ein wesentlicher Ursachenzusammenhang besteht. Ein solcher ist nur möglich. Gewichtige Bedenken an ihm werden beim Senat deshalb hervorgerufen, weil nach den schlüssigen Darlegungen von PD Dr. S. schon keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse existieren, die auf einen Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und der Entstehung eines Merkelzellkarzinoms (aus dem sich dann vorliegend der Lymphdrüsenkrebs entwickelt hat) hindeuten. Dabei ist der Sachverständige nicht lediglich bei den Expositionsermittlungen der Beklagten stehen geblieben, wie seine Ausführungen zu Schäden der Haut belegen. Insoweit hat er nämlich darauf hingewiesen, dass eine externe Bestrahlung (wie sie beim Versicherten allein in Frage kommt) immer zu einer Einwirkung auf die Haut führt, die hierauf mit bestimmten Veränderungen – etwa pergamentartiger Beschaffenheit, ungleichmäßiger Pigmentierung, Trockenheit, Dauerepilation oder Verhornung und Rhagadenbildung – reagiert. Auch Ekzeme und schmerzhafte Ulzerationen sowie Warzenbildungen sind laut PD Dr. S. möglich. Sind für den Versicherten derartige Hinweise aber nicht beschrieben, leuchtet der auch hieraus vom Sachverständigen gezogene Schluss auf die Unwahrscheinlichkeit des geltend gemachten Ursachenzusammenhangs ein. Dies gilt angesichts der von der Klägerin angeschuldigten extrem hohen Strahlenbelastung umso mehr. Hinzu kommt laut PD Dr. S. die geringe Strahlenempfindlichkeit der Merkelzellen. Gegen einen Kausalzusammenhang zwischen der versicherten Einwirkung und der Tumorerkrankung des Versicherten spricht schließlich, dass eine von der (unterstellten) Strahlenexposition gänzlich unabhängige naturwissenschaftliche Erklärung seines Krankheitsbildes nahe liegt. Auch hierauf hat der Sachverständige nachvollziehbar hingewiesen. Denn nach ihm sind Merkelzellkarzinome typischerweise vor allem im Bereich lichtexponierter Extremitätenareale anzutreffen. Einer der wichtigsten Risikofaktoren für ihre Entstehung ist die UV-Strahlung. Gegenteilige medizinische Einschätzungen sind im Verfahren von keinem Arzt vertreten worden und werden auch von der Klägerin – auch im Rahmen ihrer Antragstellung nach § 109 SGG – nicht behauptet.

39

b) Auch die Voraussetzungen einer Wie-BK liegen nicht vor.

40

Zur Feststellung einer Wie-BK ist zunächst erforderlich, dass es bei dem geltend gemachten Leiden um eine Erkrankung geht, die ihrer Art nach noch nicht von einer Listen-BK erfasst wird. Zusätzlich muss die Erkrankung abstrakt nach neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen durch besondere Einwirkungen verursacht werden, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Schließlich muss neben dieser Erkrankung auch eine nach der zweiten Voraussetzung einschlägige versicherte Exposition im konkreten Einzelfall vorliegen und beim Betroffenen überdies ein wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen diesen Einwirkungen und seiner Krankheit hinreichend wahrscheinlich sein (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1986 – 2 RU 80/84 – SozR 2200 § 551 Nr. 27; Urteil vom 4. Juni 2002 – B 2 U 16/01 R – juris; Urteil vom 20. Juli 2010 – B 2 U 19/09 R – juris).

41

Danach steht jedenfalls nicht fest, dass der Versicherte einer bestimmten Personengruppe angehörte, die durch ihre Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt war, die nach neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen generell geeignet sind, Merkelzellkarzinome im Bereich der Extremitäten zu verursachen.

42

Eine Risikoerhöhung im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII würde zunächst das Vorhandensein ausreichender medizinischer Erkenntnisse dafür erfordern, dass bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit Einwirkungen ausgesetzt wären, mit denen die übrige Bevölkerung nicht in diesem Maße in Kontakt käme, und die geeignet wären, die genannten Tumoren hervorzurufen. Unter Heranziehung der von PD Dr. S. ausgewerteten Studien lässt sich nicht belegen, dass das beim Versicherten entstandene Krebsleiden überhaupt infolge der Einwirkung von HF-Strahlung erheblich häufiger aufzutreten pflegt als bei der übrigen Bevölkerung. Im Gegenteil hat der Sachverständige dargelegt, dass sich auf epidemiologischer Datenlage gerade keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem Zusammenhang zwischen von Radargeräten ausgehender HF-Strahlung und einem erhöhten Risiko des Auftretens von Merkelzellkarzinomen sichern lassen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für davon abweichende neue Erkenntnisse vor. Das Tatbestandsmerkmal "neu” im Sinne von § 9 Abs. 2 SGB VII ist nur dann erfüllt, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch feststeht, dass die betroffenen Erkenntnisse bei der letzten Änderung der BKV – vorliegend die Zweite Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl. I S. 1273) – noch nicht berücksichtigt wurden. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn sie erst nach der letzten BKV-Novelle bekannt geworden sind (näher hierzu BSG, Urteil vom 14. November 1996 – 2 RU 9/96 – SozR 3-2200 § 551 Nr. 9, Urteil vom 4. Juni 2002 – B 2 U 20/01 R – juris). Für den Verordnungsgeber bei der letzten Änderung der BKV berücksichtigungsfähige Erkenntnisse, denen zufolge die Entstehung von Merkelzellkarzinomen überhaupt durch bestimmte versicherte Einwirkungen beeinflusst wird, sind für den Senat nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Im Rahmen ihrer Antragstellung nach § 109 SGG hat die Klägerin nicht einmal behauptet, dass der von ihr benannte Prof. Dr. H. insoweit überhaupt über neue Erkenntnisse verfügt.

43

Lässt sich damit aber schon abstrakt kein Ursachenzusammenhang wahrscheinlich machen, entfällt die Frage der Kausalität zwischen angeschuldigter Exposition und Tumorerkrankung im konkreten Einzelfall des Versicherten.

44

Der Senat vermag auch keinen – von der Klägerin nicht näher begründeten – Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu erkennen. Für Versorgungsempfänger und frühere Wehrpflichtige der NVA galten entsprechend ihrer sachlichen Unterschiede schon nach DDR-Recht verschiedene Regelungssysteme. Während Wehrpflichtige unfallversichert waren (s.o.), gehörten die aktiven Angehörigen der bewaffneten Organe und der Zollverwaltung der DDR Sonderversorgungssystemen an. Es ist aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber tendenzfrei hieran angeknüpft und die Regelungen der Sonderversorgungssysteme u.a. über Renten aufgrund von Dienstunfällen in das Sachgebiet "Rentenversicherung" (im Sinne des EinigVtr) überführt und Wehrpflichtige wie den Versicherten (gemäß § 215 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VII rückwirkend) der Unfallversicherung zugeordnet hat.

45

5. Soweit die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag zu 4. die Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen ihr und der Beklagten erstrebt, ist die Klage unzulässig. Eine zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG setzt den Bezug auf ein konkretes Rechtsverhältnis, aus dem bestimmte Rechte in Anspruch genommen werden, voraus. Trotzdem der Senat unter dem 12. September 2012 auch hierauf hingewiesen hat, ist die Klägerin bei ihrem nicht ausreichend konkretisierten Antrag geblieben.

46

6. Die mit dem Hilfsantrag zu 5. verfolgte Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung (SinA) beinhaltet eine völlig neue Klage, die unzulässig ist (§ 99 Abs. 1 SGG). Sachdienlichkeit der Klageänderung ist nicht gegeben, weil sie in keinem Zusammenhang zum bisherigen Verfahren steht. Eine Einwilligung der Beizuladenden liegt nicht vor, wobei eine Beiladung der SinA (Hilfsantrag zu 6.) nicht in Betracht kam, weil es insoweit schon an dem von § 75 Abs. 2 und 5 SGG vorausgesetzten Alternativverhältnis zwischen dieser und der Beklagten fehlt. Von der Klägerin wird weder behauptet noch ist sonst ersichtlich, dass die SinA ein anderer Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist, gegenüber dem die von der Klägerin verfolgten Ansprüche durchgreifen könnten. Die mit den Hilfsanträgen zu 3. und 7. (zu letzterem sogleich nachfolgend) geltend gemachten Ansprüche scheitern nicht mangels Zuständigkeit der Beklagten, sondern daran, dass beim Versicherten die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls nicht erfüllt waren.

47

7. Die Klage auf Verurteilung, der Klägerin vom Zeitpunkt der Erkrankung des Versicherten an Unfallrente und vom Zeitpunkt seines Todes an Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen (Hilfsantrag zu 7.), ist im Hinblick auf die SinA unzulässig. Die Klägerin behauptet schon selbst nicht, dass die SinA eine Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung ist, die die nach Bundesrecht begehrten Leistungen zu erbringen und einen Leistungsanspruch abgelehnt hätte. Insofern liegt bereits keine Verwaltungsentscheidung vor, die einer Prüfung durch den Senat zugänglich wäre oder ist sonst erkennbar, weshalb sich die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes aufdrängen sollte. Eine Beiladung hatte nicht zu erfolgen, weil wiederum kein Alternativverhältnis ersichtlich ist, wonach die SinA anstatt der Beklagten leistungspflichtig ist, wenn dieser gegenüber die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.

48

In Bezug auf die Beklagte ist die Klage zulässig. Die Beklagte hat im Bescheid vom 2. Dezember 2004 nicht nur Hinterbliebenenleistungen, sondern insgesamt Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt. Dies beinhaltet auch die Ablehnung eines Leistungsanspruchs des Versicherten nach § 56 SGB VII, den die Klägerin als dessen (Sonder-)Rechtsnachfolgerin geltend machen kann. In der Sache ist die Klage jedoch nicht begründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2005 beschwert die Klägerin deshalb nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Beklagte darin zutreffend Ansprüche auf Verletztenrente sowie Hinterbliebenenrente abgelehnt hat. Voraussetzung eines Anspruchs auf Verletztenrente ist nämlich die Minderung der Erwerbsfähigkeit "infolge eines Versicherungsfalls" (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Auch ein Leistungsanspruch der Klägerin als Witwe des Versicherten nach § 65 SGB VII setzt den Eintritt dessen Todes infolge eines Versicherungsfalls voraus (§ 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Eine insoweit nur in Frage kommende BK 2402 bzw. Wie-BK (vgl. § 7 Abs. 1, 2. Fall SGB VII) lag beim Versicherten aber nicht vor (s.o. unter 4.).

49

8. Die zum Hilfsantrag 8. erhobene Klage ist sowohl bezüglich der Beklagten als auch der SinA mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Zu Zinsansprüchen nach § 44 Sozialgesetzbuch Erstes Buch kann vor Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes in einem Verwaltungsverfahren einfacher eine Entscheidung herbeigeführt werden.

50

9. Was schließlich die Hilfsanträge zu 9. bis 11. anbelangt, sind die entsprechenden Klagen gegen die Beklagte unzulässig, wobei der Senat die Begehren der Klägerin zu ihren Gunsten als Verfolgung sozialrechtlicher Rechtspositionen auslegt. Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt und keine Entscheidung über Ansprüche nach dem AGB getroffen, für die im Rahmen des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung auch kein normativer Ansatz existiert. In Bezug auf die SinA gelten die Ausführungen unter 6. und 7. entsprechend.

51

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

52

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die von der Klägerin zu tragenden Gerichtskosten auf § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sowie Sätze 2 und 3 SGG. Der Senat hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, weil die Klägerin, der ihr Prozessbevollmächtigter gleich steht, durch Verschulden die Vertagung der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2012 sowie die Anberaumung des neuen Termins verursacht hat. Schon mit Verfügung vom 28. September 2011 hat der Senat im Hinblick auf den für den 29. September 2011 bestimmten Termin den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bevollmächtigten Bund zur Unterstützung Strahlengeschädigter e.V. auf den Hintergrund der Ladung der Klägerin hingewiesen. Ihr Erscheinen war zur Besprechung notwendig, welche Anträge zulässig und sachdienlich gestellt werden können, um ihr Anliegen zu verfolgen; ihr Fernbleiben würde zu einer Vertagung führen. Diese Begründung hat die Klägerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 9. November 2011 auch zur Kenntnis genommen. An diesen Umständen hatte sich auch bis zu dem auf den 15. Februar 2012 bestimmten Termin nichts geändert. Der Klägerin war also bewusst, dass ihr Nichterscheinen bzw. dasjenige ihres (neuen) Prozessbevollmächtigten die Anberaumung eines neuen Termins notwendig machen würde, weil dadurch keine Hinweismöglichkeit zur sachdienlichen Antragstellung verblieb. Indem für sie niemand zum Termin erschien, hat sie durch ihr Verschulden die Vertagung der mündlichen Verhandlung verursacht. Bei der Höhe der Missbrauchskosten hat der Senat lediglich den Mindestbetrag von 225 EUR (§ 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG) angesetzt, obgleich die tatsächlich durch das Verhalten der anwaltlich vertretenen Klägerin verursachten Kosten für die Senatstermine deutlich höher sind. Da die Kosten bei verständigem Handeln vermeidbar gewesen wären, sind sie durch die Klägerin zu erstatten (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1994 – 10 RAr 10/93 – juris).

53

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor. Die Entscheidung beruht auf gesicherter Rechtsauslegung und tatsächlicher Einzelfallbeurteilung ohne dass der Senat von einem der in der genannten Vorschrift bezeichneten Gerichte abweicht.


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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 19. Sept. 2012 - L 6 U 107/07 zitiert 30 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

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(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

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(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änd

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(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

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(1) Mit der Klage kann begehrt werden 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörun

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(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit

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Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen.

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(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen d

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt,
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt,
3.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann,
4.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
5.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. August 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung als Hinterbliebene ihres im Dezember 1999 an den Folgen eines Bronchialkarzinoms verstorbenen Ehemanns (des Versicherten).

2

Der im Jahre 1939 geborene Versicherte war von 1966 bis 1996 als Schlosser bei der Firma B. beschäftigt, die Schlosser- und Schmiedearbeiten für das Baunebengewerbe und kleine Stahlkonstruktionen fertigte. In etwa 30 % seiner Arbeitszeit verrichtete der Versicherte Schweißarbeiten. Bis Ende der 70er Jahre wurden meist unlegierte Baustähle überwiegend im Lichtbogenhandverfahren (LBH) mit Elektrode geschweißt, seit Anfang der 80er Jahre überwiegend im Schutzgasschweißverfahren (Metallaktivgasverfahren - MAG), wobei thoriumhaltige Schweißelektroden beim WIG (Wolfram-Inertgas-Verfahren) verwandt wurden. Ab Anfang der 80er Jahre wurde gelegentlich Edelstahl verschweißt. Dabei kamen basische Elektroden zum Einsatz. Beim Anschleifen der Elektroden fand eine Thorium-Belastung statt. In geringerem Umfang wurde öliges Material verschweißt. Der Versicherte führte auch Schweißarbeiten an verzinkten Teilen aus, wobei er Zinkrauchen ausgesetzt war. Für die Dauer von vier Wochen hatte der Versicherte Umgang mit Asbestzementplatten. Asbestkontakt bestand auch bei der Montage zugeschnittener Eternitplatten und bei einer dreimonatigen Tätigkeit im Klinikum M. Während seines gesamten Berufslebens rauchte der Versicherte zumindest 15 Zigaretten täglich. Die Gesamtnikotinbelastung belief sich von 1960 bis 1999 auf 29,25 Packungsjahre.

3

Der Versicherte verstarb am 18.12.1999 an den Folgen eines im April 1999 erstmals diagnostizierten Bronchialkarzinoms. Die Klägerin beantragte bei der Beklagten am 5.12.2000 sinngemäß die Anerkennung und Entschädigung des Bronchialkarzinoms als Berufskrankheit (BK) ihres verstorbenen Ehemanns, sowie Hinterbliebenenleistungen aus Anlass des Todes. Die Beklagte führte Ermittlungen durch, ua durch Befragung des Arbeitgebers, die Beiziehung von Krankenakten, Ermittlungen des TAD und die Einholung ärztlicher Gutachten (Prof. Dr. R.). Im Bescheid vom 20.11.2001 lehnte die Beklagte sodann die Anerkennung des metastasierenden Bronchialkarzinoms des Versicherten als BK und die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5.6.2002). Es liege weder eine BK nach Nr 1103, noch nach 4104 oder 4109, noch eine Wie-BK gemäß § 9 Abs 2 SGB VII vor.

4

Hiergegen hat die Klägerin am 3.7.2002 Klage zum SG Marburg erhoben, das ein internistisch-pneumologisches Gutachten des Prof. G. eingeholt und die Klage durch Urteil vom 31.5.2005 abgewiesen hat. Die Klägerin hat Berufung eingelegt. Das LSG hat gemäß § 109 SGG ein Gutachten des Arbeitsmediziners und Internisten Prof. W. und ergänzende Stellungnahmen des Prof. G. und wiederum von Prof. W. eingeholt.

5

Das LSG hat sodann durch Urteil vom 31.8.2010 die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Versicherte sei 1999 an einem Bronchialkarzinom des linken Lungenunterlappens verstorben. Seiner Überzeugung nach sei der Versicherte von 1966 bis 1996 als Schlosser bei der Firma B. infolge seiner versicherten Tätigkeit der lungenschädigenden Einwirkung Chrom VI- und nickeloxidhaltiger Schweißrauche, zinkchromathaltiger Tröpfchenaerosole, von Asbestfaserstaub, ionisierenden Thorium-Verfallsprodukten sowie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen mit der Leitsubstanz Benzo(a)pyren (BaP) ausgesetzt gewesen, so dass insoweit die Einwirkungskausalität zu bejahen sei. Ohne die Einwirkung dieser Berufsschadstoffe wäre es nicht zum Auftreten der Bronchialkrebserkrankung des Schweregrads und im Alter von 60 Jahren gekommen. Als weitere Ursache trete aus dem privaten Bereich der Nikotinkonsum des Versicherten hinzu. Alle diese Lungenschadstoffe beruflicher wie privater Herkunft stünden nach Überzeugung des Senats als naturwissenschaftliche Ursachen im Sinne der conditio sine qua non Formel fest.

6

BK Nr 4104 scheide aus, weil der Nachweis einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis von 25 Faserjahren nicht erfüllt, BK Nr 4113, weil die dort geforderte Einwirkung von mindestens 100 BaP-Jahren nicht feststellbar sei. Ein Versicherungsfall der BK Nr 4114 (Lungenkrebs durch das Zusammenwirken von Asbestfaserstaub und polyzyklischen Kohlenwasserstoffen …) liege schon deshalb nicht vor, weil nach § 6 Abs 1 BKV hiervon nur Versicherungsfälle ab 1.10.2002 erfasst würden.

7

Keine der übrigen Berufsnoxen habe nach der Theorie der wesentlichen Bedingung allein das Lungenkrebsleiden des Versicherten bewirkt, so dass für die weiteren BK-Ziffern 2402, 4109 und 1103 nicht von einer monokausalen, durch den jeweiligen Schadstoff hervorgerufenen Entstehungsursache auszugehen sei. Die Thorium-Belastung beim WIG-Schweißen habe zu keiner im Rahmen der BK-Ziffer 2402 wesentlichen, lungenschädigenden ionisierenden Strahlenbelastung geführt. Die haftungsbegründende Kausalität sei im Allgemeinen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit monokausal zu begründen, wenn Intensität und Dauer der Einwirkung des jeweiligen Listenstoffes zu einer Risikoverdoppelung geführt hätten. Die Verdoppelungsdosis liege für Lungentumore bei Erwachsenen bei 2 Millionen Mikro-Sievert. Dieser Wert werde nicht erreicht. Dasselbe gelte für die BK Nr 4109 (bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lunge durch Nickel). Der Senat gehe von 288 bzw 540 µg Nickel/m³ x Jahre aus. Damit werde der Wert von 5000 µg Nickel/m³ x Jahre (Verdoppelungsdosis) nicht erreicht. Dasselbe gelte für die Belastung des Versicherten mit Chrom und seinen Verbindungen im Rahmen der BK Nr 1103. Auch hier werde die Verdoppelungsdosis von 2000 µg/m³ x Jahre nicht erreicht.

8

Der Versicherungsfall einer BK Nr 1103 sei auch nicht im Wege einer synkanzerogenen Kombinationswirkung von zumindest fünf lungenschädlichen Berufsschadstoffen zugunsten des Versicherten festzustellen. Denn auch unter Berücksichtigung der allein quantifizierbaren Lungenschadstoffe Chrom VI, Nickel und Asbest sei eine Risikoverdoppelung bzw ein relatives Risiko (RR) von zwei entsprechend einer Verursachungswahrscheinlichkeit (VW) von 0,5 nicht zu begründen, so dass berufliche Kausalfaktoren als wesentliche (Mit-)Ursache der Bronchialkrebserkrankung des Versicherten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwiesen seien. Grundsätzlich sei von einer synkanzerogenen Wirkung der Stoffe auszugehen, wobei die Bewertung nach der führenden Schweißrauchkomponente, der Chrom VI-Belastung erfolge. Beim Versicherten sei jedoch keine BK Nr 1103 durch Chrom VI-haltige Schweißrauchbestandteile bei synkanzerogener Mitbeteiligung der übrigen Lungenschadstoffe festzustellen. Die Gerichte müssten hier die streitigen Kausalzusammenhänge auf der Grundlage freier Beweiswürdigung mit der geforderten hinreichenden Wahrscheinlichkeit feststellen. Auszugehen sei von der sog Wichmann'schen Formel, nach der das RR und die resultierende VW ermittelt werden könnten. Beim Zusammenwirken mehrerer Noxen errechne sich bei Erreichen eines RR von mehr als zwei eine VW von mehr als 50 % entsprechend einer Risikoverdoppelung. Die den Versicherten treffenden Schadstoffe wirkten hier auf dasselbe Organ (Lunge) im Rahmen einer linearen Dosis-Wirkungsbeziehung nach einem additiven Modell ein, so dass die für jeden Stoff ermittelten Bruchteile der Verdoppelungsdosis zu addieren seien. Die Sachverständigen kämen jedoch zu RR-Werten von unter zwei und damit von VW-Werten von unter 0,50, so dass die für eine wesentliche berufliche Mitverursachung zu fordernde Risikoverdopplung hinsichtlich der quantifizierbaren Stoffe Chrom, Nickel und Asbest deutlich verfehlt werde. Eine Anknüpfung an niedrigere Werte, wie etwa das sog Krasney'sche Drittel werde in der herrschenden Literatur und Rechtsprechung zu Recht abgelehnt.

9

Der Versicherte sei darüber hinaus nicht quantifizierbaren Noxen ausgesetzt gewesen, die es allerdings nicht erlaubten, die fehlende Lücke zur Risikoverdopplung zu schließen. Um zur Risikoverdopplung zu gelangen, hätten die nicht quantifizierbaren Belastungen beim Schweißen von Baustahl, durch Zinkchromat, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Thorium sowie für die Bystander-Belastung zusätzlich ein RR von 1,57 ergeben müssen, was nicht begründbar sei.

10

Beweiserleichterungen bzw eine Umkehr der Beweislast zugunsten der Klägerin kämen nicht in Betracht. Zwar seien dem Arbeitgeber schwere Versäumnisse anzulasten und die Arbeitsbedingungen nur noch schwer zu rekonstruieren. Eine Abkehr von dem in der UV generell zu fordernden Beweisgrad oder gar eine Umkehr der Beweislast lasse sich hieraus aber nicht ableiten. Dem Berufungsbegehren hätte nur dann entsprochen werden können, wenn der Senat infolge einer Beweiserleichterung die anspruchsbegründende (Mit-)Ursächlichkeit lungenbelastender Berufsschadstoffe für das Auftreten des todesursächlichen Bronchialkarzinoms als erwiesen hätte ansehen können, wovon er sich aus mehreren Gründen nicht habe überzeugen können. Zu den fünf bis sechs synkanzerogenen Lungenschadstoffen seien keine belastbaren Dosis-Wirkungs-Beziehungen veröffentlicht. Falls ein Gericht hier dennoch das Erreichen der Verdoppelungsdosis unterstellen würde, so käme dies einer Umkehr der Beweislast gleich. Aber auch diese würde nicht zum Erfolg führen, weil der private Zigarettenkonsum des Versicherten zu berücksichtigen sei. Es wäre dann immer noch die Frage zu entscheiden, welche Bedeutung der beruflichen Verdoppelung des Risikos im Verhältnis zum durch den privaten Zigarettenkonsum vielfach erhöhten Erkrankungsrisikos zukomme. Der Senat halte für die Zeit vom 21. Lebensjahr (1960) bis zum Todesjahr (1999) des Versicherten den Konsum von mindestens 15 Zigaretten täglich für erwiesen. Aufgrund dieser 29,25 Packungsjahre ergebe sich ein 11-fach erhöhtes Lungenkrebsrisiko.

11

Die Bronchialkrebserkrankung habe schließlich auch nicht als Wie-BK nach § 9 Abs 2 SGB VII anerkannt werden können.

12

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision. Sie rügt eine Verletzung des § 9 Abs 1 SGB VII. Das LSG habe bei den BKen Nr 1103, 2402 und 4109 eine monokausale Verursachung des Bronchialkarzinoms abgelehnt. Es sei jedoch in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch bei fehlender Monokausalität eine oder mehrere dieser Listen-BKen vorliegen könnte (Hinweis auf BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 5/08 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 17), wenn der Schadstoff eine wesentliche Teilursache gewesen sei. Es stelle sich die Rechtsfrage, welche Anforderungen an die Kombinationswirkung von lungenkrebsauslösenden Noxen zu stellen seien. Es seien hier keinesfalls nur quantifizierbare Lungenschadstoffe (wie Chrom VI, Nickel und Asbest) zu berücksichtigen. Zudem könne aus § 9 Abs 1 SGB VII das vom LSG geforderte Kriterium eines Verdoppelungsrisikos nicht abgeleitet werden. Für das Erfordernis eines solchen Verdoppelungsrisikos gebe der Gesetzeswortlaut keinerlei Anhalt. Im Übrigen hätten die Gutachter auch die nicht quantifizierbaren Risiken abgeschätzt. Das LSG habe gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung verstoßen, indem es nur quantifizierbare Einwirkungen berücksichtigt habe. Es hätte zudem aufgeklärt werden müssen, ob der Synergismus auch nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen immer noch als additives Modell zu beschreiben sei. Mit Krasney sei davon auszugehen, dass eine berufliche Teilursache bei einer VW von 0,33 bestehe. Das LSG habe nicht alle zu berücksichtigenden Tatsachen für die Beweisermittlung berücksichtigt. Der vorliegende Fall werde durch eine Kumulation von Besonderheiten (Verschulden des Arbeitgebers; Versäumnisse der beklagten BG) geprägt. Es hätten hier Anknüpfungstatsachen für einen Beweisnotstand ermittelt werden müssen, was ein Vergleich zur zivilrechtlichen Rechtsprechung zum Arzthaftungsrecht zeige.

13

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 31.08.2010 und des Sozialgerichts Marburg vom 31.05.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Regelungen in dem Bescheid vom 20.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2002 zu verurteilen, der Klägerin Leistungen aus Anlass des Todes des Versicherten K. zu gewähren.

14

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

15

Sie beruft sich auf das angefochtene Urteil. Das LSG habe allerdings, nachdem es die monokausale Verursachung aller BKen abgelehnt habe, die BK Nr 1103 zusätzlich unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob Chrom im Zusammenwirken mit anderen Schadstoffen eine wesentliche Teilursache der Lungenerkrankung des Versicherten darstellen könne. Das LSG habe dabei fälschlicherweise die sog Wichmann'sche Formel benutzt. Das Wichmann'sche Berechnungsmodell dürfe nur auf eine konkrete Stoffkombination angewandt werden, wenn sowohl für die gesundheitsschädigende kanzerogene Wirkung der einzelnen Stoffe als auch für das synergetische Zusammenwirken ausreichende und gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse vorlägen. Das BSG habe aber am 12.1.2010 (B 2 U 5/08 R - aaO) bereits klargestellt, dass es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die synkanzerogene Wirkung von Chromat, Nickeloxid, Asbest und ionisierenden Strahlen gebe.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung der Entscheidung des LSG und der Zurückverweisung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

17

Der Senat kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend darüber befinden, ob bei dem Verstorbenen die BKen Nr 1103, 4109 oder 2402 der Anlage 1 zur BKV vorlagen und die Klägerin deshalb einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente hat (im Einzelnen unter 4.). Das LSG ist bei der Prüfung, ob einer der in diesen BKen genannten Arbeitsstoffe wesentliche (Teil-)Ursache der Lungenkrebserkrankung des Versicherten war, von einem Erfahrungssatz (der sog Wichmann'schen Formel) ausgegangen, der für die Frage der (teil-)wesentlichen Verursachung der Erkrankung durch eine der Noxen (isoliert) schon wissenschaftlich/ denklogisch von seinem Ansatz her nicht einschlägig ist. Das LSG hat allerdings zu Recht das Vorliegen einer BK nach Nr 4104, 4113 und 4114 der Anlage 1 zur BKV abschließend verneint (vgl unter 2.). Ebenso hat es das Vorliegen einer sog Wie-BK gemäß § 9 Abs 2 SGB VII mit zutreffenden Erwägungen verneint (hierzu unter 3.).

18

1. Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl Urteil vom 12.1.2010 - B 2 U 5/08 R - aaO, RdNr 26 ff) umfasst der von der Klägerin bestimmte Streitgegenstand das Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Witwenrente unter jedem rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkt. Diesen Anspruch hat die Beklagte mit den Ablehnungsentscheidungen in ihren Bescheiden verneint. Nach § 63 Abs 1 SGB VII ist Voraussetzung eines jeden Hinterbliebenenrechts(§§ 64 bis 71 SGB VII), dass in der Person des Versicherten ein Versicherungsfall eingetreten war und er infolgedessen verstorben ist. Die Frage, ob ein Versicherungsfall vorgelegen hat und welcher es genau war, ist kein selbstständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, über den durch Verwaltungsakt entschieden werden dürfte, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitgegenständlichen Anspruchs. Wird dieser Anspruch durch negativ feststellenden Verwaltungsakt verneint, ist die Äußerung des Trägers, ein Versicherungsfall, zB eine bestimmte BK oder Wie-BK habe nicht vorgelegen, nur ein unselbstständiges Begründungselement des Verwaltungsakts. Der Hinterbliebene kann sich daher darauf beschränken vorzutragen, beim Versicherten habe irgendein Versicherungsfall (Arbeitsunfall, Listen-BK, Wie-BK) vorgelegen, der dessen Tod herbeigeführt habe. Der Träger muss dann allein darüber entscheiden, ob das vom Hinterbliebenen verfolgte Recht auf Hinterbliebenenleistungen besteht oder nicht besteht.

19

Hingegen ist er schon mangels einer gesetzlichen Ermächtigung nicht befugt, einen feststellenden Verwaltungsakt darüber zu erlassen, ob der Versicherte einen Versicherungsfall erlitten hatte. Es gibt auch keine Anspruchsgrundlage für einen Anspruch des Hinterbliebenen auf eine isolierte Vorabentscheidung des Trägers über das frühere Vorliegen eines Versicherungsfalles beim Versicherten. Hierfür besteht im Übrigen auch kein Bedürfnis, weil nach dem Tod des Versicherten der Eintritt weiterer Versicherungsfälle, deren Folgen voneinander abzugrenzen sein könnten, ausgeschlossen ist. Hier hat die Beklagte zwar mehrfach im Hinblick auf verschiedene Sachverhalte, aber jeweils einheitlich festgestellt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Witwenrente habe.

20

2. Die Klägerin hat zunächst keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente wegen des Todes des Versicherten infolge des Versicherungsfalls einer BK Nr 4104, 4113 oder 4114, weil die in den Tatbeständen dieser Normen der Anlage 1 zur BKV explizit benannten Voraussetzungen der jeweiligen BK nicht vorgelegen haben. Aus § 9 Abs 1 SGB VII lassen sich für eine Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oä auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben(haftungsbegründende Kausalität; vgl zuletzt BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R und B 2 U 25/10 R; BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 5/08 R - aaO, RdNr 14; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr 14).

21

Die BK Nr 4104 lautet: "Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs - in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder - in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder - bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren". Die BK Nr 4104 scheidet schon deswegen aus, weil bei dem Versicherten nach dem Gesamtzusammenhang der tatsächlichen Feststellungen des LSG weder das Bild einer Asbestose noch einer durch Asbeststaub verursachten Erkrankung der Pleura noch eine Einwirkung von 25 Asbestfaserjahren vorgelegen hat (vgl auch BSG vom 4.12.2001 - B 2 U 37/00 R - SozR 3-5671 Anl 1 Nr 4104 Nr 1).

22

Die BK Nr 4113: "Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens 100 Benzo(a)pyren-Jahren [(µg/m³) x Jahre]" scheidet ebenfalls aus, weil der in der Norm selbst genannte Einwirkungswert von 100 BaP-Jahren nicht erreicht ist.

23

Schließlich scheidet auch BK Nr 4114 "Lungenkrebs durch das Zusammenwirken von Asbestfaserstaub und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen" schon deshalb aus, weil der Versicherungsfall nicht gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 BKV nach dem 30.9.2002 eingetreten ist.

24

3. Der Versicherte ist am 18.12.1999 auch nicht infolge des Versicherungsfalls einer Wie-BK gemäß § 9 Abs 2 SGB VII verstorben.

25

Nach § 9 Abs 2 SGB VII haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK (Wie-BK) als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind. Diese "Öffnungsklausel" des § 9 Abs 2 SGB VII soll nur die Regelungslücken in der BKV schließen, die sich aus den zeitlichen Abständen zwischen den Änderungen der BKV ergeben. Die Regelung ist aber keine allgemeine Härteklausel, für deren Anwendung es genügen würde, dass im Einzelfall berufsbedingte Einwirkungen die rechtlich wesentliche Ursache einer nicht in der BK-Liste bezeichneten Krankheit sind (vgl BSG vom 30.1.1986 - 2 RU 80/84 - BSGE 59, 295 = SozR 2200 § 551 Nr 27). Vielmehr soll die Anerkennung einer Wie-BK nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der BKen (vgl § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII) erfüllt sind, der Verordnungsgeber aber noch nicht tätig geworden ist (vgl BT-Drucks 13/2204, 77 f).

26

Der Versicherungsfall einer Wie-BK ist eingetreten, wenn neben den Voraussetzungen der schädigenden Einwirkungen aufgrund der versicherten Tätigkeit, der Erkrankung und der haftungsbegründenden Kausalität im Einzelfall auch die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der BKen nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen erfüllt sind. Der Versicherungsfall der Wie-BK lässt sich zwar nachträglich feststellen, er ist aber objektiv zu dem Zeitpunkt eingetreten, zu dem die Voraussetzungen des § 9 Abs 2 SGB VII gegeben sind(vgl noch zu § 551 Abs 1 Satz 2 RVO: BSG vom 2.12.2008 - B 2 KN 1/08 U R - BSGE 102, 121 = SozR 4-2700 § 9 Nr 12, RdNr 23). Im vorliegenden Fall kam es also entscheidend darauf an, ob es spätestes am 18.12.1999 wissenschaftliche Erkenntnisse gab, nach denen die Erkrankung Lungenkrebs, wenn sie durch die Einwirkungen von Chrom VI- und nickeloxidhaltigen Schweißrauchen, zinkchromathaltigen Tröpfchenaerosolen, Asbest und ionisierenden Thorium-Verfallsprodukten gemeinsam verursacht worden ist, die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die BKV erfüllte. Dies hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 12.1.2010 (aaO, RdNr 32 mwN aus der wissenschaftlichen Literatur) für den dort maßgebenden Zeitpunkt des 8.8.2000 verneint. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die hier angefochtene Entscheidung des LSG für den Todeszeitpunkt 18.12.1999 unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden ist.

27

4. Ob der Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalls nach § 9 Abs 1 SGB VII iVm Nr 1103, 2402 oder 4109 der Anlage 1 zur BKV eingetreten ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

28

Diesen BK-Tatbeständen ist gemeinsam, dass sie selbst keine numerische Einwirkungsgröße der jeweiligen Noxe vorsehen. Erfüllen die Einwirkungen eines bestimmten Arbeitsstoffes bereits nicht die in einem BK-Tatbestand selbst genannten Einwirkungsvoraussetzungen, wie hier bei den BKen Nr 4104 und 4113 (soeben unter 2.), so können sie zwar eine Krankheit mitverursacht haben, eine Anerkennung der jeweiligen BK scheidet aber von vornherein aus, weil schon die Mindestanforderungen des jeweiligen BK-Tatbestands nach dessen expliziter Ausformulierung nicht gegeben sind (vgl BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 5/08 R - aaO , RdNr 37).

29

BK Nr 1103 lautet: "Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen". BK Nr 2402: "Erkrankungen durch ionisierende Strahlungen" und BK Nr 4109: "Bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch Nickel". Nach den Feststellungen des LSG ist der Versicherte während seines Arbeitslebens berufsbedingt schädigenden Einwirkungen durch Chrom VI- und nickeloxidhaltige Schweißrauche sowie ionisierenden Thorium-Verfallsprodukten ausgesetzt gewesen. Allerdings hat das LSG für jeden der in den drei genannten Listen-BKen bezeichneten Arbeitsstoffe isoliert betrachtet die haftungsbegründende Kausalität verneint, weil die Einwirkungen nicht die Schwelle des sog Verdoppelungsrisikos überschritten. Hierzu hat die Revision zunächst zu Recht gerügt, dass das LSG mit dem Verdoppelungsrisiko ein nicht unmittelbar aus dem Gesetz abgeleitetes Kriterium zugrunde gelegt hat, ohne im Einzelnen die wissenschaftliche Basis dieses Kriteriums in den Prozess einzuführen (vgl hierzu auch Urteil des Senats vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - RdNr 31). Das LSG wird daher nach einer Zurückverweisung zunächst klarzustellen haben, auf welchem medizinischen Erfahrungssatz die Annahme der jeweiligen Verdoppelungsgrenzwerte für die hier betroffenen BKen beruht (kritisch zur Zugrundelegung des Verdoppelungsrisikos als notwendiges Kriterium für die Einführung einer BK, BSG vom 23.3.1999 - B 2 U 12/98 R - BSGE 84, 30, 37 = SozR 3-2200 § 551 Nr 12 S 42). Nur dann kann auch revisionsrechtlich die Aussage des LSG nachvollzogen werden, dass keiner der Stoffe allein die (ggf in der jeweiligen Listen-BK bezeichnete) Erkrankung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verursacht habe.

30

Der Senat hat allerdings in seinem Urteil vom 12.1.2010 (B 2 U 5/08 R - aaO, RdNr 34) zu erkennen gegeben, dass für die BK Nr 1103 eine Einwirkung in der Größenordnung von 2000 µg/m³ x Jahre erforderlich sein könnte, die bei dem Versicherten nach den Feststellungen des LSG bei weitem nicht erreicht wurde. Bei der Einwirkung durch ionisierende Strahlen (BK Nr 2402) wird anhand der Einwirkungsdosen die VW in Prozent ermittelt, die bei dem Versicherten nach den Feststellungen des LSG bei 1 vH lag. Bei der BK Nr 4109 könnte eine berufliche Einwirkung durch Nickel von 5000 µg/m³ x Jahre erforderlich sein (vgl BSG Urteil vom 12.1.2010 - B 2 U 5/08 R - aaO, RdNr 34, wo allerdings die entsprechenden Feststellungen des LSG von der Revision nicht gerügt worden waren).

31

Der Senat hat zudem mehrfach klargestellt, dass eine der Listen-BKen (Nr 1103, 2402 und 4109) nicht nur dann vorliegen kann, wenn die in ihrem Tatbestand genannten Einwirkungen durch einen bestimmten Stoff auf die Gesundheit schon bei isolierter Betrachtungsweise nur je eines Stoffes die im Einzelnen zu definierenden Voraussetzungen erfüllen (grundlegend BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 5/08 R - aaO, RdNr 35). Denn selbst wenn diese Einwirkungen bei isolierter Betrachtung - und ggf nicht zu beanstandender Zugrundelegung des sog Verdoppelungsrisikos oder eines anderen aufgrund wissenschaftlicher Erfahrungssätze begründbaren Kriteriums - die Voraussetzungen an die Einwirkungsdauer, -intensität, -häufigkeit oder -weise nicht erfüllen, können sie dennoch eine wesentliche Teilursache der als BK anerkannten Krankheit nach der Theorie der wesentlichen Bedingung sein (vgl zur Prüfung des Versicherungsfalls einer Listen-BK: BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 33/07 R - BSGE 103, 54 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 5; zur Theorie der wesentlichen Bedingung: zuletzt eingehend BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - RdNr 28 ff; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 13 ff).

32

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht zunächst auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jedes Ereignis (jede Bedingung) Ursache eines Erfolges ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Erst wenn feststeht, dass ein bestimmtes Ereignis - hier Einwirkungen durch einen Arbeitsstoff - eine naturphilosophische Teilursache der Krankheit ist, stellt sich die Frage nach einer rechtlich wesentlichen Verursachung des Erfolgs durch das Ereignis. Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist in diesem zweiten Schritt zwischen Ursachen zu unterscheiden, denen der Erfolg zugerechnet wird und die für den Erfolg rechtlich unerheblich sind. Als kausal und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zur konkreten Krankheitsentstehung zum Eintritt des Erfolgs wesentlich mitgewirkt haben. Bei der rein rechtlichen Zurechnungsprüfung der "Wesentlichkeit" einer Bedingung für die Entstehung (oder wesentliche Verschlimmerung) der Krankheit sind also nicht alle Bedingungen zu berücksichtigen, sondern nur jene, die nach den im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt anerkannten wissenschaftlichen Erfahrungssätzen notwendige oder hinreichende Bedingungen für den Eintritt einer Krankheit dieser Art sind. Welche Ursache im Einzelfall rechtlich wesentlich ist und welche nicht, muss nach der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs wertend entschieden werden (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 13 f mwN; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31 RdNr 12).

33

Auch für die Arbeitsstoffe der hier in Betracht kommenden BKen Nr 1103, 2402, 4109, deren Bezeichnung keine Dosis enthält, ist daher zuerst festzustellen, ob die durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursachte konkret festgestellte Einwirkung des Stoffes auf den Versicherten nach den derzeit in der Wissenschaft anerkannten Erfahrungssätzen ihrer Art nach eine notwendige (oder hinreichende) Bedingung (unter Umständen neben anderen notwendigen oder hinreichenden Bedingungen) für die Entstehung einer Krankheit der beim Versicherten festgestellten Art ist. Nur dann ist im konkreten Einzelfall die Krankheit des Versicherten tatsächlich Folge (ggf auch) der durch die versicherte Tätigkeit verursachten Einwirkung. Mithin ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der Stoff des jeweiligen BK-Tatbestands nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass das Entstehen der Erkrankung entfiele.

34

Ist ein Listenstoff in diesem Sinne ursächlich geworden, ist weiter zu prüfen, ob er eine wesentliche (Teil-)Ursache für den Eintritt der Erkrankung gesetzt hat. Denn die Theorie der wesentlichen Bedingung verlangt bei der Prüfung, ob eine Einwirkung einen wesentlichen Kausalbeitrag gesetzt hat, nicht abstrakt eine mindestens gleichwertige Bedeutung für den Erfolg. Vielmehr lässt sie es zu, ihre "Wesentlichkeit" für die festgestellte Erkrankung auch bei einem naturphilosophisch notwendigen Zusammenwirken mehrerer in der Anlage zur BKV bezeichneter schädigender Einwirkungen zu bejahen. Dem Zusammenwirken einzelner Mitbedingungen in einer Gruppe, die als Kollektiv für einen Erfolg wesentlich ist, kann so viel Eigenbedeutung zukommen, dass auch dem einzelnen Listenstoff des Einwirkungsgemischs wesentliche Bedeutung für den Erfolg im Sinne eines BK-Tatbestands zukommt (vgl BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 5/08 R - aaO, RdNr 38, 21; Becker in MedSach 2005).

35

Falls die Krankheit des Versicherten nach wissenschaftlichen Erfahrungssätzen allein deshalb entstanden ist (Tatsachenfrage), weil mehrere in verschiedenen Tatbeständen der BKV genannte Stoffe nebeneinander als notwendige (oder hinreichende) Bedingungen infolge der Verrichtung einer versicherten Tätigkeit eingewirkt haben, kommt es für jeden einschlägigen BK-Tatbestand darauf an, ob die in ihm genannte und konkret festgestellte (Tatsachenfrage) Stoffeinwirkung im Einzelfall im oben genannten Sinn rechtlich "wesentlich" war.

36

Das LSG hat diesen Zusammenhang erkannt und unter Berufung auf das Urteil des erkennenden Senats vom 12.1.2010 (aaO) geprüft, ob bei dem Versicherten die BK Nr 1103 (Chrom) vorliegt. Im Ansatz richtig ist es davon ausgegangen, dass aufgrund des Zusammenwirkens von Stoffen keine außergesetzliche, neue Gesamt-BK gebildet werden kann. Vielmehr ist jeweils stoffbezogen zu prüfen, ob nicht die Einwirkungen nach jeder der in Betracht kommenden BKen eine rechtlich wesentliche Teilursache für die Lungenerkrankung bilden.

37

Das LSG hat auf der ersten Stufe der Kausalitätsprüfung eine naturwissenschaftlich-philosophisch vorliegende Verursachungsbeziehung (ua) zwischen dem Lungenkrebs des Versicherten und den Noxen Chrom, Nickel und Thorium bejaht, ohne geklärt zu haben, welche Stoffeinwirkungen nach den wissenschaftlich anerkannten Erfahrungssätzen notwendige oder hinreichende Bedingungen der Krankheit des Versicherten waren. Es wendet sich sodann ausschließlich der Prüfung der BK Nr 1103 zu, weil Chrom die "führende Schweißrauchkomponente" gewesen sei. Sodann wird geprüft, ob eine BK Nr 1103 bei "synkanzerogener Mitbeteiligung der übrigen Lungenschadstoffe" festzustellen sei (Urteil S 27). In der Folge wird unter Anwendung der sog Wichmann'schen Formel versucht, den relativen Beitrag der einzelnen Noxen additiv zu ermitteln, um bei Vorliegen einer VW von 0,50 (aller Noxen zusammengenommen) dann ein Vorliegen der BK Nr 1103 (Chrom) in Erwägung zu ziehen.

38

Das LSG hat dabei verkannt, dass das von ihm mehrfach zustimmend zitierte Urteil des LSG Schleswig-Holstein (13.9.2007 - L 1 U 44/03 - Breithaupt 2008, 308) Gegenstand des Revisionsverfahrens B 2 U 5/08 R (Urteil vom 12.1.2010 - aaO) gewesen und von seinem rechtlichen Ansatz her vom BSG für nicht vertretbar erachtet worden ist. Das LSG Schleswig-Holstein hatte die sog Wichmann'sche Formel dazu benutzt, eine (neue) Gesamt-BK bestehend aus den Nr 1103, 4109 und 2402 der BKV zu bilden, die es deshalb für begründbar gehalten hat, weil alle Noxen additiv zusammengenommen die VW von 50 vH überschritten hätten (LSG Schleswig-Holstein, aaO, RdNr 50 ff).

39

Das LSG übernimmt nun für den vorliegenden Fall diesen Berechnungsansatz, um eine "führende" Einzel-BK (hier Nr 1103) für den Fall bejahen zu können, dass zu diesem "führenden" Schadstoff additiv weitere Stoffe hinzukämen, mit denen die VW insgesamt (durch alle einwirkenden Stoffe in additiver Gesamtschau) überschritten werde. Mit einem solchen Vorgehen wird aber in keiner Weise plausibel (aufgrund wissenschaftlicher Erfahrungssätze), wieso zunächst gerade Chrom eine notwendige oder hier sogar hinreichende wesentliche (Teil-)Ursache für den Lungenkrebs des Versicherten gesetzt haben soll und folglich ausschließlich die BK Nr 1103 in Betracht käme. Das LSG hat - ohne nachvollziehbare Begründung - Chrom als "Leitstoff" (wieso nicht Thorium oder Nickel?) gesetzt und ist sodann davon ausgegangen, die BK Nr 1103 bejahen zu können, wenn Chrom in Kombination mit allen anderen Stoffen insgesamt nach der Wichmann'schen Formel zu einer VW von über 50 vH führt. Nach dem Inhalt dieser Formel wäre aber allenfalls belegbar, dass die Summe der in die Formel eingestellten Noxen zu einer Erkrankung geführt haben könnte. Insbesondere hat das LSG nicht mitgeteilt, welcher in der Wissenschaft anerkannte Erfahrungssatz durch die Wichmann'sche Formel ausgedrückt wird. Ohne diese Feststellung der in seiner Folgerung zugrunde gelegten generellen Tatsache kann das Revisionsgericht nicht erkennen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der "wesentlichen Teilverursachung" zutreffend ausgelegt hat. Die Frage, welche(r) der drei in BK Nr 1103, 2402 und 4109 genannte(n) Schadstoff(e) (teil-)wesentlich die Erkrankung verursacht haben könnte(n), lässt sich aber mit der Wichmann'schen Formel gerade nicht beantworten.

40

Falls die weiteren Ermittlungen des LSG ergeben, dass alle in Betracht kommenden Noxen naturwissenschaftlich-philosophisch kausal für die Erkrankung waren, so wird es folglich weiter zu prüfen haben, ob die Einwirkungen nach den genannten BKen Nr 1103, 2402, 4109 - jede für sich und nicht alle zusammen im Sinne der Wichmann'schen Formel als Gesamt-BK betrachtet - eine rechtlich wesentliche Teilursache für den Eintritt der Lungenerkrankung waren. Ist auch dies zu bejahen, ist entweder ein Versicherungsfall nach BK Nr 1103 oder BK Nr 2402 oder BK Nr 4109 oder aber mehrere Versicherungsfälle dieser Listen-BKen nebeneinander (nicht kumulativ) gegeben (vgl BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 5/08 R - aaO, RdNr 39). Schließlich ist zu prüfen, ob der Tod des Versicherten infolge dieses Versicherungsfalls oder eines dieser Versicherungsfälle eingetreten ist.

41

Das LSG wird sodann bei Berücksichtigung dieser rechtlichen Maßstäbe auch den Verursachungsbeitrag des Rauchens des Versicherten zu bestimmen haben. Mit dem vom LSG bindend festgestellten Rauchen des Versicherten über einen Zeitraum von 29,25 Packungsjahren ist zunächst mehr als ein Anhaltspunkt für eine andere Verursachung für die Lungenkrebserkrankung des Versicherten gegeben (BSG vom 30.1.2007 - B 2 U 15/05 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4104 Nr 2 RdNr 26). Allerdings ist noch zu beurteilen, ob das Rauchen des Versicherten in wertender Betrachtung die rechtlich "allein wesentliche" Ursache der Erkrankung war. Dies wird insbesondere anzunehmen sein, wenn der Verursachungsbeitrag der Einwirkung Rauchen gegenüber den Verursachungsbeiträgen der anderen Noxen deutlich überwiegt. Bergen aber nach den festzustellenden wissenschaftlichen Erkenntnissen die beruflichen Einwirkungen für sich allein ein so hohes Gefährdungspotential, dass sich darauf eine hinreichende VW stützen lässt, so kann es auf das Vorhandensein weiterer belastender Einwirkungen nicht ankommen (BSG aaO, RdNr 27).

42

Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels gelten für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, soweit in den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes bestimmt ist.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten sind Ansprüche auf Feststellung einer Hodentumorerkrankung als Berufskrankheit (BK) und als Wehrdienstbeschädigung sowie auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und des sozialen Entschädigungsrechts streitig.

2

Der 1951 geborene Kläger leistete vom 3.5.1973 bis zum 31.10.1974 seinen Grundwehrdienst bei der Nationalen Volksarmee (NVA) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Als Funkorter/Operator war er am Radargerät Rundblickstation P-14 eingesetzt. Im März 1991 wurde bei ihm ein Tumorleiden festgestellt, das zur Entfernung der rechten Hode führte.

3

Mit Schreiben vom 7.8.2001 beantragte der Kläger bei der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung (BAfU; Rechtsvorgängerin der beklagten Unfallkasse des Bundes) die Anerkennung der Hodentumorerkrankung als BK. Die Beklagte lehnte die Feststellung einer BK nach Nr 2402 (im Folgenden BK 2402) der Berufskrankheiten-Verordnung und die Gewährung von Leistungen ab, weil der Kläger keinen schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen sei (Bescheid vom 24.6.2003; Widerspruchsbescheid vom 20.2.2004).

4

Das SG Dresden hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 30.12.2005). Das Sächsische LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 25.10.2007). Die Krebserkrankung sei der Beklagten erst nach dem 31.12.1993 bekannt geworden. Auch sei die Erkrankung nicht nach dem Dritten Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu entschädigen gewesen, weil nach § 541 Abs 1 Nr 2 RVO für Wehrdienstleistende Versicherungsfreiheit bestanden habe.

5

Mit der vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des Einigungsvertrages (EinigVtr), des § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 1 RVO sowie einen Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsermittlung. Er sei während seiner Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten am eingeschalteten und offenen Radargerät ionisierenden Strahlen ausgesetzt gewesen. Nach den Empfehlungen der Radarkommission seien sämtliche maligne Tumore mit Ausnahme der Chronisch Lymphatischen Leukämie (CLL) als durch Strahlung hervorgerufene Erkrankungen anzusehen. Dadurch habe er eine BK 2402 und eine Wehrdienstbeschädigung erlitten. Zudem habe eine BK nach Nr 51 oder Nr 92 der Berufskrankheitenverordnung der DDR bestanden. Für deren Entschädigung sei die Beklagte zuständig. Im Übrigen habe es das LSG versäumt, den Sachverhalt umfassend aufzuklären.

6

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 25. Oktober 2007 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 30. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und des sozialen Entschädigungsrechts zu gewähren.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Die Revision sei unzulässig, da es an der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm fehle. Abgesehen davon habe das Radargerät P-14 über eine Abschaltautomatik verfügt und damit nicht zu den als gefährdend eingestuften Radarstationen gehört. Eine Verursachung von Hodentumoren durch Radarstrahlen sei nach derzeitigem Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht wahrscheinlich.

9

Das Gesuch des Klägers, den Richter am BSG Dr. Becker wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat der Senat ohne dessen Mitwirkung durch Beschluss vom 14.1.2010 zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 19.4.2010 (1 BvR 626/10) nicht zur Entscheidung angenommen.

Entscheidungsgründe

10

Der Senat entscheidet in der oben angegebenen Besetzung, nachdem das Gesuch des Klägers, den Richter am BSG Dr. Becker wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, durch Beschluss des Senats vom 14.1.2010 zurückgewiesen worden ist.

11

Die Revision ist in dem im Urteilsausspruch genannten Umfang unzulässig, im Übrigen zwar zulässig, aber unbegründet.

12

Der Kläger begehrt vom BSG, die vorinstanzlichen Entscheidungen sowie die Ablehnungsentscheidung der Beklagten aufzuheben und gerichtlich festzustellen, dass die Hodentumorerkrankung eine BK 51 oder BK 92 der Anlage zu § 1 der Ersten Durchführungsbestimmung vom 21.4.1981 zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten der DDR vom 26.2.1981 (GBl I 137, 139; im Folgenden BK 51 DDR und BK 92 DDR) oder eine BK 2402 sowie eine Wehrdienstbeschädigung ist. Darüber hinaus strebt er die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung und des sozialen Entschädigungsrechts an. Nach dem Wortlaut des in der Revisionsbegründungsschrift gestellten Antrags werden zwar lediglich die genannten Leistungen gefordert. Aufgrund des bei der Auslegung des Antrags zu berücksichtigenden Revisionsvorbringens (vgl § 123 Sozialgerichtsgesetz) geht es dem Kläger aber ersichtlich auch um die Feststellung einer Wehrdienstbeschädigung und der bezeichneten BKen als Grundlage für das Leistungsbegehren.

13

Die Revision genügt, entgegen der Ansicht der Beklagten, noch den Begründungsanforderungen des § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 SGG. Danach muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Insoweit ist mit rechtlichen Erwägungen aufzuzeigen, dass und weshalb die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht geteilt wird. Es bedarf einer Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und der Darlegung, inwieweit die als verletzt gerügte Vorschrift des materiellen Bundesrechts nicht oder nicht richtig angewandt worden ist (BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, jeweils RdNr 10 mwN). Die Revisionsbegründung lässt noch erkennen, weshalb der Kläger die angefochtene Entscheidung für unzutreffend hält. Er hat einen Verstoß gegen den EinigVtr gerügt und eine Verletzung des § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 1 RVO deutlich geltend gemacht, indem er ausgeführt hat, das LSG sei unter Berufung auf das Urteil des Senats vom 10.10.2002 (B 2 U 10/02 R) zu Unrecht davon ausgegangen, die Feststellung der BK 2402 scheitere an der in der RVO geregelten Versicherungsfreiheit wehrdienstpflichtiger Personen.

14

Die Revision des Klägers ist mangels Beschwer als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG), soweit er die Feststellung einer BK 51 DDR oder BK 92 DDR, einer Wehrdienstbeschädigung sowie Leistungen begehrt. Darüber hat das LSG nicht entschieden und hatte der Kläger eine Entscheidung vom Berufungsgericht auch nicht verlangt. Er hat schon vor dem SG nur die Feststellung eines Rechts auf eine Verletztenrente sowie Zahlungen hieraus gefordert und damit unausgesprochen auch die zuvor bei der BAfU beantragte Feststellung des Vorliegens des Versicherungsfalls einer der nach dem Sachverhalt in Betracht kommenden BK begehrt. Das erst mit dem Revisionsantrag erklärte Begehren auf Feststellung einer Wehrdienstbeschädigung und auf Leistungen der sozialen Entschädigung war davon bereits nicht erfasst. Zudem hat er durch seinen Prozessbevollmächtigten vor dem LSG zu dessen Protokoll nur noch die Feststellung des Versicherungsfalls der BK 2402 beantragt und dadurch die Entscheidung des LSG auf allein dieses Begehren beschränkt. Über die anderen Begehren hatte das Berufungsgericht nicht zu entscheiden und hat es auch nicht geurteilt. Dass der in der mündlichen Verhandlung des LSG protokollierte Antrag vor dem Hintergrund seiner Rechtsauffassung offenkundig nicht den Interessen des Klägers entsprochen hätte oder dass die Beschränkung rechtsmissbräuchlich erfolgt wäre, ist weder behauptet worden noch ersichtlich.

15

Die damit lediglich hinsichtlich des Begehrens auf Feststellung des Versicherungsfalls der BK 2402 zulässige Revision ist nicht begründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Berufung gegen den die Klagen abweisenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Aufhebung der Ablehnung einer Feststellung einer BK 2402 und auf die gerichtliche Feststellung dieses Versicherungsfalls. Denn er erfüllt hierfür keine Anspruchsgrundlage.

16

Eine Anspruchsgrundlage kann sich grundsätzlich nur aus dem zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung geltenden Bundesrecht ergeben. Nach § 9 Abs 1 Satz 1 des zum 1.1.1997 eingeführten Sozialgesetzbuchs Siebtes Buch (SGB VII; Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7.8.1996 - BGBl I 1254) iVm § 1 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31.10.1997 (BKV; BGBl I 2623) in der Fassung (idF) der Zweiten Verordnung zur Änderung der BKV vom 11.6.2009 (BGBl I 1273) sind BKen nur diejenigen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK). Der Verordnungsgeber hat zwar "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen" als BK 2402 in die Anlage 1 (bis 30.6.2009: Anlage) zur BKV aufgenommen. Der zeitliche Geltungsbereich der zum 1.12.1997 in Kraft gesetzten BKV (§ 8 Abs 1 BKV) erstreckt sich aber nur auf ab diesem Zeitpunkt eingetretene Versicherungsfälle. Erst das Inkrafttreten einer Rechtsnorm gemäß Art 82 Abs 2 Satz 1 und 2 Grundgesetz (GG) führt zur Wirksamkeit der Geltungsanordnung. Mangels Übergangsregelung beansprucht die BKV keine Gültigkeit für Sachverhalte, die sich vor ihrem Inkrafttreten verwirklicht haben (vgl hierzu BSG vom 16.3.2010 - B 2 U 8/09 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der vom Kläger wegen der im März 1991 festgestellten Tumorerkrankung geltend gemachte Versicherungsfall wird daher von der BK 2402 idF der BKV nicht erfasst.

17

Der Anspruch auf Feststellung einer BK 2402 ergibt sich auch nicht aus der § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII entsprechenden Vorläufervorschrift des § 551 Abs 1 Satz 2 RVO iVm § 1 der Siebten Berufskrankheitenverordnung vom 20.6.1968 (BKVO; BGBl I 721) und der Anlage 1 hierzu. Dieser BK-Tatbestand ist durch die Verordnung zur Änderung der BKVO vom 8.12.1976 (BGBl I 3329) mit Wirkung zum 1.1.1977 in die BKVO aufgenommen worden und galt auch im März 1991. Auf die zur Zeit des geltend gemachten Versicherungsfalls gültigen Rechtsnormen kann sich der Kläger allerdings nicht berufen, weil seine Erkrankung im Beitrittsgebiet eingetreten ist. § 551 Abs 1 Satz 2 RVO und die BKVO waren im Beitrittsgebiet erst ab 1.1.1992 anzuwenden (Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr 1 Buchst f und Nr 4 EinigVtr).

18

Schließlich scheidet ein Anspruch auf die begehrte Feststellung der BK 2402 nach übergangsrechtlichen Regelungen aus. Für die Übernahme der - wie hier - vor dem 1.1.1992 im Beitrittsgebiet eingetretenen Erkrankungen als BKen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist nach §§ 212 und 215 Abs 1 Satz 1 SGB VII die Vorschrift des § 1150 Abs 2 RVO in der am 31.12.1996 geltenden Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25.7.1991 (BGBl I 1606, 1688) weiter anzuwenden. Gemäß § 1150 Abs 2 Satz 1 RVO gelten solche Krankheiten, die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht BKen der Sozialversicherung waren, als BKen iS des Dritten Buches der RVO. Das gilt nach § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 1 RVO nicht für Krankheiten, die einem ab 1.1.1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31.12.1993 bekannt werden und die nach dem Dritten Buch der RVO nicht zu entschädigen wären.

19

Jedoch gilt § 1150 Abs 2 Satz 2 Nr 1 RVO nicht für Versicherungsfälle aus dem Wehrdienst ehemaliger Wehrdienstpflichtiger der NVA der DDR. Dies ergibt sich aus § 215 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB VII in der nach der angefochtenen Entscheidung des LSG rückwirkend zum 1.1.1994 in Kraft gesetzten Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG) vom 30.10.2008 (BGBl I 2130; Art 1 Nr 33 Buchst a, Art 13 Abs 2 UVMG). Vielmehr gelten die Vorschriften des SGB VII, wenn bei diesen Personen nach dem 31.12.1991 infolge des Wehrdienstes eine BK entstanden ist. Mit diesen Regelungen ist für frühere wehrpflichtige Soldaten der NVA, die weder nach dem Soldatenversorgungsgesetz noch nach dem Bundesversorgungsgesetz anspruchsberechtigt waren, klargestellt worden, dass sie nach dem Dritten Buch der RVO grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen, wenn sie vor dem 1.1.1992 infolge des Dienstes eine Krankheit erlitten haben, die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht eine BK der Sozialversicherung war (BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 35/07 R - SozR 4-2700 § 215 Nr 2 RdNr 12).

20

Damit kommt für ehemalige Wehrdienstpflichtige der NVA, die vor dem 1.1.1992 im Beitrittsgebiet erkrankt sind, nicht die Feststellung einer BK iS der BKVO oder der BKV, sondern nur einer BK der Sozialversicherung der DDR in Betracht. Über das Vorliegen der geltend gemachten BK 51 DDR oder BK 92 DDR kann der Senat aber - wie bereits ausgeführt wurde - nicht befinden. Abgesehen davon erscheint fraglich, ob die Beklagte mit dem hier angegriffenen Bescheid insoweit eine - ggf nachzuholende - Regelung getroffen hat, obwohl der Kläger im August 2001 gegenüber der BAfU einen Antrag auf Anerkennung "einer" BK und nicht nur der BK 2402 gestellt hat.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Für die Übernahme der vor dem 1. Januar 1992 eingetretenen Unfälle und Krankheiten als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist § 1150 Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden. § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung gilt nicht für Versicherungsfälle aus dem Wehrdienst ehemaliger Wehrdienstpflichtiger der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik. Tritt bei diesen Personen nach dem 31. Dezember 1991 eine Berufskrankheit auf, die infolge des Wehrdienstes entstanden ist, gelten die Vorschriften dieses Buches.

(2) Die Vorschriften über den Jahresarbeitsverdienst gelten nicht für Versicherungsfälle in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind; für diese Versicherungsfälle ist § 1152 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, dass der zuletzt am 1. Juli 2001 angepasste Betrag aus § 1152 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung ab 1. Januar 2002 in Euro umgerechnet und auf volle Euro-Beträge aufgerundet wird.

(3) Für Versicherungsfälle im Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 1, die nach dem 31. Dezember 1991 eingetreten sind, gilt § 85 Abs. 2 Satz 1 mit der Maßgabe, daß der Jahresarbeitsverdienst höchstens das Zweifache der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls geltenden Bezugsgröße (West) beträgt.

(4) Für Versicherte an Bord von Seeschiffen und für nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 versicherte Küstenschiffer und Küstenfischer ist § 1152 Abs. 6 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 92 dieses Buches tritt.

(5) Die Vorschriften über die Anpassung der vom Jahresarbeitsverdienst abhängigen Geldleistungen und über die Höhe und die Anpassung des Pflegegeldes gelten nicht für Versicherungsfälle in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet; für diese Versicherungsfälle sind § 1151 Abs. 1 und § 1153 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 44 Abs. 2 und 4 sowie § 95 dieses Buches treten. Abweichend von Satz 1 ist bei den Anpassungen ab dem 1. Juli 2001 der Vomhundertsatz maßgebend, um den sich die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet verändern. § 1151 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung gilt mit der Maßgabe, dass ab 1. Januar 2002 an die Stelle des Pflegegeldrahmens in Deutscher Mark der Pflegegeldrahmen in Euro tritt, indem die zuletzt am 1. Juli 2001 angepassten Beträge in Euro umgerechnet und auf volle Euro-Beträge aufgerundet werden.

(6) Für die Feststellung und Zahlung von Renten bei Versicherungsfällen, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind, ist § 1154 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung die §§ 56 und 81 bis 91 dieses Buches treten.

(7) Für die Feststellung und Zahlung von Leistungen im Todesfall ist § 1155 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 65 Abs. 3 und § 66 dieses Buches treten. Bestand am 31. Dezember 1991 nach dem in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet geltenden Recht ein Anspruch auf Witwenrente, Witwerrente oder Waisenrente, wird der Zahlbetrag dieser Rente so lange unverändert weitergezahlt, wie er den Zahlbetrag der Rente, die sich aus den §§ 63 bis 71 und aus Satz 1 ergeben würde, übersteigt.

(8) Die Vorschrift des § 1156 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung ist weiter anzuwenden.

(9) (weggefallen)

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. September 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger unter Anerkennung einer "mittelgradigen depressiven Störung" als Unfallfolge ab 1.3.1998 Verletztenrente nach einer MdE um 30 vH zu zahlen ist.

2

Der Kläger war ab August 1995 als Gepäckabfertiger bei der damaligen Flughafen AG beschäftigt. Am 13.1.1997 wurde er bei der Ausübung der Beschäftigung zwischen einem Containertransporter sowie einem Gepäckcontainer-Anhänger eingeklemmt. Dadurch wurden sein dritter Finger links und sein Kniegelenk links gequetscht. Folgen dieser Verletzungen lagen über den 18.7.1997 hinaus nicht mehr vor.

3

Der Kläger wurde wegen des Unfalls zunächst ambulant, wegen anhaltender Beschwerden im linken Kniegelenk ab April 1997 in einer Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik stationär behandelt. Danach wurde eine Arbeitserprobung durchgeführt, die wegen gesundheitlicher Beschwerden abgebrochen wurde.

4

Anschließend fand eine Vielzahl von Behandlungen statt, die bis November 1999 überwiegend durch Durchgangsärzte erfolgten und im Auftrag und zulasten der Beklagten durchgeführt wurden. Diese Maßnahmen zur Diagnose und zur Heilbehandlung waren aber rückwirkend betrachtet nur zum Teil durch die Unfallfolgen bedingt. Zum anderen Teil beruhten sie auf unfallunabhängigen Vorschäden am linken Kniegelenk.

5

Der Kläger befand sich unter der Diagnose einer chronifizierten Depression ab März 1998 bei einer Diplom-Psychologin und ab April 1998 bei einem Psychiater in Behandlung. Vom 8.9. bis 3.10.1998 fand eine stationäre Behandlung in einer Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie statt, wo eine Angstneurose mit Panikattacken sowie eine Störung der Impulskontrolle diagnostiziert wurden.

6

Die Beklagte bewilligte dem Kläger einen ersten Vorschuss auf die voraussichtlich zu zahlende Verletztenrente (Vorschussbescheid vom 8.9.1998). Weitere Vorschusszahlungen folgten. Die Beklagte lehnte zunächst dennoch die "Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 18.7.1997 hinaus" ab (Bescheid vom 27.9.2002). Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 11.3.2005 zurück. Später bewilligte und zahlte die Beklagte dem Kläger rückwirkend und durchgängig vom Unfalltag bis zum 30.9.2002 Verletztengeld.

7

Das SG Gießen hat die Beklagte durch Urteil vom 3.7.2008 verurteilt, dem Kläger unter Anerkennung einer mittelgradigen depressiven Störung als Folge des Arbeitsunfalls ab 19.7.1997 Verletztenrente nach einer MdE um 30 vH zu zahlen.

8

Das Hessische LSG hat der Berufung der Beklagten insoweit stattgegeben, als die Verletztenrente erst am 1.3.1998 beginne, und sie im Übrigen zurückgewiesen (Urteil vom 26.9.2011). Bei dem Kläger liege eine dauerhafte psychische Erkrankung im Sinne einer chronifizierten depressiven Episode vor. Diese sei in "rechtlich-wesentlichem Umfang" durch den Verlauf der Heilbehandlung der unmittelbaren körperlichen Verletzungen aufgrund des Arbeitsunfalls verursacht worden. Die Heilbehandlung sei zwar rückwirkend betrachtet durch erhebliche degenerative Vorschäden bedingt gewesen. Für die Zurechnung mittelbarer Unfallfolgen komme es aber nicht darauf an, dass die Maßnahmen der Heilbehandlung von der Beklagten angeordnet worden seien. Vielmehr reiche es für die Zurechnung im Rahmen des § 11 Abs 1 SGB VII aus, wenn der Unfallversicherungsträger oder der ihm rechtlich zuzuordnende Durchgangsarzt bei seinem Handeln den objektivierbaren Anschein oder den Rechtsschein gesetzt habe, dass die Behandlung oder Untersuchung zur berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung oder zur Untersuchung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnet werde und der Versicherte der Auffassung sein könne, dass die Heilbehandlung geeignet sei, die Unfallfolgen zu bessern oder zu beseitigen.

9

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und rügt die Verletzung der §§ 11 Abs 1, 56 Abs 1, 72 Abs 1 sowie 74 Abs 2 SGB VII. Das LSG habe durch seine Auslegung § 11 Abs 1 SGB VII verletzt, da als Ursache der Erkrankung letztlich nicht die Durchführung einer Heilbehandlung oder eine Untersuchung zur Klärung des Versicherungsfalls gesehen werde, sondern vielmehr die Art und Weise des Ablaufs der Heilbehandlung, die - jedenfalls aus Sicht des Klägers - zu Problemen geführt habe. Die Zurechnung zu den Unfallfolgen dürfe nicht aufgrund der subjektiven Einschätzung des Klägers erfolgen, weil dieser die Maßnahmen aus seiner Sicht für undurchschaubar halte und sich durch Zuständigkeitsfragen zwischen Ärzten oder Trägern belastet fühle. Unsicherheiten, die aus dem Wechsel der behandelnden Ärzte oder deren Diagnosestellung herrührten, seien aber durch § 11 SGB VII nicht geschützt. Das LSG habe auch weder festgestellt, dass die Maßnahmen zulasten des Unfallversicherungsträgers angeordnet worden seien, noch festgestellt, dass es sich um die Behandlung von Unfallfolgen gehandelt habe, noch dass diese durchgangsärztlich zu ihren Lasten angeordnet worden seien. Darüber hinaus verletze die Festlegung des Rentenbeginns durch das LSG §§ 72 Abs 1, 74 Abs 2 SGB VII, da dem Kläger rückwirkend bis einschließlich 30.9.2002 Verletztengeld gezahlt worden sei. Das Urteil beruhe zudem auf Verfahrensfehlern (Verletzung von §§ 62, 103 SGG).

10

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. September 2011 und des Sozialgerichts Gießen vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

11

Der Kläger beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

12

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Insbesondere handele es sich bei der diagnostizierten mittelgradigen Depression um eine mittelbare Unfallfolge iS des § 11 SGB VII.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung durch das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

14

In dem Rechtsstreit wegen Feststellung einer Unfallfolge und Zahlung einer Verletztenrente nach einer MdE um 30 vH (1.) kann der Senat auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob und ggf welche psychischen Gesundheitsstörungen gemäß § 8 Abs 1 SGB VII unmittelbar durch den Arbeitsunfall wesentlich verursacht worden sind (2. a>) oder ob und ggf welche psychischen Gesundheitsstörungen als mittelbare Unfallfolgen iSd § 11 Abs 1 SGB VII festzustellen sind (2. b>). Es kann auch nicht abschließend beurteilt werden, ob ein Anspruch auf Verletztenrente iSd § 56 Abs 1 SGB VII besteht (3. a>). Soweit das LSG erneut zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass ein Anspruch auf Verletztenrente gegeben ist, kann ein solcher gemäß § 72 Abs 1 SGB VII nicht für Zeiten vor dem 1.10.2002 bestehen (3. b>).

15

1. Die Beklagte wendet sich mit der Revision gegen das Urteil des LSG, mit dem dieses die Berufung gegen das den Anfechtungsklagen wegen der ablehnenden Verwaltungsakte in den Bescheiden der Beklagten (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG), den Klagen auf Feststellung einer chronifizierten depressiven Episode als Unfallfolge (§ 55 Abs 1 Nr 3 SGG) sowie auf Zahlung einer Verletztenrente (§ 54 Abs 4 SGG)nach einer MdE um 30 vH stattgebende Urteil des SG im Wesentlichen bestätigt hat. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob das LSG Bundesrecht verletzt hat, da dessen tatsächliche Feststellungen keine abschließende Beurteilung der geltend gemachten Ansprüche erlauben.

16

Die Beklagte hat (spätestens) in dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides festgestellt, dass der Kläger am 13.1.1997 einen Arbeitsunfall mit den Gesundheitserstschäden am dritten Finger links und am Kniegelenk links erlitten hat. Daher richten sich dessen Anfechtungsklagen gegen die Ablehnung eines Anspruchs auf Feststellung einer chronifizierten depressiven Episode als Unfallfolge und die Ablehnung eines Rechts auf Verletztenrente.

17

Mit der Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 3 SGG kann der Kläger den behaupteten materiellen Anspruch auf Feststellung der Unfallfolge durchsetzen, ohne dass er daran durch seine Befugnis zur Erhebung einer Verpflichtungsklage gehindert wäre. Denn er kann zwischen beiden Rechtsschutzformen wählen, weil sie, soweit um Ansprüche auf Feststellung von Unfallfolgen (oder Versicherungsfällen) gestritten wird, grundsätzlich gleich rechtsschutzintensiv sind (vgl BSG Urteil vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274, RdNr 12 f). Für das Begehren auf Verletztenrente hat er die Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG zulässig mit der unechten Leistungsklage auf Gewährung einer Verletztenrente kombiniert.

18

2. Nach § 102 SGB VII haben die Versicherten gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger einen Anspruch auf Feststellung einer Unfallfolge (oder eines Versicherungsfalls), wenn ein Gesundheitsschaden durch den Gesundheitserstschaden eines Versicherungsfalls oder infolge der Erfüllung eines Tatbestandes des § 11 SGB VII rechtlich wesentlich verursacht wird. Der Gesundheitsschaden muss sicher feststehen (Vollbeweis) und durch Einordnung in eines der gängigen Diagnosesysteme (zB ICD-10, DSM IV) unter Verwendung der dortigen Schlüssel exakt bezeichnet werden.

19

a) Es steht schon nicht sicher fest, welche Gesundheitsstörung bei dem Kläger genau vorliegt.

20

Zwar steht aufgrund der Feststellungen des LSG fest, dass auf "orthopädisch/chirurgischem und neurologischem" Fachgebiet über den 18.7.1997 hinaus keine Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.1.1997 vorliegen. Das LSG hat aber nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit festgestellt, welche psychische Gesundheitsstörung beim Kläger vorliegt, denn die Bezeichnung der Erkran-kung im Tenor weicht von derjenigen in den Gründen ab. Nach den Gründen der Entscheidung liegt beim Kläger eine mittelgradige depressive Episode nach "F 33.1" des ICD-10 vor. Im Tenor hat das LSG dagegen als Unfallfolge eine "mittelgradige depressive Störung" festgestellt.

21

b) Der Senat kann auch nicht abschließend beurteilen, ob eine ggf vorliegende mittelgradige depressive Episode iSv F 33.1 ICD-10 "infolge" des Versicherungsfalls besteht.

22

Das LSG hat nicht geprüft, ob die psychische Gesundheitsstörung eine solche iSd § 8 Abs 1 SGB VII ist. Das wäre anzunehmen, wenn sie unmittelbar durch den beim Versicherungsfall ausgelösten Gesundheitserstschaden verursacht worden ist. Die genau zu bezeichnende Gesundheitsstörung ist also als Unfallfolge festzustellen, wenn im wieder eröffneten Berufungsverfahren festzustellen ist, dass zwischen dem beim Arbeitsunfall vom 13.1.1997 eingetretenen Erstschaden und der psychischen Gesundheitsstörung ein unmittelbarer und rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang besteht (haftungsausfüllende Kausalität).

23

c) Der Senat kann schon mangels Klarheit über das Vorliegen einer unmittelbaren Unfallfolge auch nicht abschließend entscheiden, ob die psychische Störung dem Versicherungsfall vom 13.1.1997 nach § 11 SGB VII als mittelbare Unfallfolge zuzurechnen ist. Das wird das LSG bei Verneinung einer unmittelbaren Unfallfolge aber zu prüfen haben.

24

Nach § 11 Abs 1 Nr 1 und 3 SGB VII sind Folgen eines Versicherungsfalls auch solche Gesundheitsschäden oder der Tod eines Versicherten, die durch die Durchführung einer Heilbehandlung nach dem SGB VII oder durch Maßnahmen wesentlich verursacht wurden, welche zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnet wurden. Diese Vorschrift regelt, dass auch solche Gesundheitsschäden, die durch die Erfüllung der in ihr umschriebenen Tatbestände wesentlich verursacht werden, dem Versicherungsfall rechtlich zugerechnet werden. Diese mittelbaren Folgen müssen - anders als nach § 8 Abs 1 SGB VII - nicht durch den Gesundheitserstschaden verursacht worden sein(vgl BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 mwN).

25

Mit dieser Entscheidung hat der Senat seine Rechtsprechung zum früheren Recht fortgeführt. Bereits für die Bejahung des nach § 555 Abs 1 RVO erforderlichen ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Arbeitsunfall und der Heilbehandlung genügte es, dass der Verletzte, der einen Arbeitsunfall erlitten hat, von seinem Standpunkt aus der Auffassung sein konnte, dass die Heilbehandlung, zu deren Durchführung er sich begeben hat, geeignet ist, der Beseitigung oder Besserung der durch den Arbeitsunfall verursachten Gesundheitsstörungen zu dienen. Schon zu jener Vorschrift hat das BSG entschieden, dass es nicht erforderlich ist, dass die Heilbehandlung wegen Folgen des Arbeitsunfalls objektiv geboten war (BSG vom 24.6.1981 - 2 RU 87/80 - BSGE 52, 57, 58 = SozR 2200 § 555 Nr 5).

26

Hieran ist mit der Maßgabe festzuhalten, dass § 11 Abs 1 SGB VII nun darauf abstellt, dass die Mitwirkung an einer vom Träger angeordneten ärztlichen Maßnahme sich auch dann als versichert erweist, wenn sich später herausstellt, dass in Wirklichkeit kein Versicherungsfall vorlag. Allerdings setzt die Zurechnung eines Gesundheitsschadens, der rechtlich wesentlich durch eine iSv § 11 Abs 1 SGB VII vom Unfallversicherungsträger angeordnete Maßnahme verursacht wurde, die bisherige Rechtsprechung eingrenzend voraus, dass der Träger oder seine Leistungserbringer gegenüber dem durch die Verrichtung einer bestimmten versicherten Tätigkeit Versicherten durch (festgestellte) Handlungen den Anschein begründet haben, die Behandlungs- oder Untersuchungsmaßnahme erfolge zur Behandlung von Unfallfolgen (oder zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalles oder einer Unfallfolge). Hieran hält der Senat auch im Hinblick auf die an seiner Rechtsprechung geäußerte Kritik (vgl Gundolf Wagner in juris PraxisReport 9/12 Anm 2) fest (wie der Senat wohl auch Krasney, in Becker ua, Kommentar zum SGB VII, § 11 RdNr 15; aA auch Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 11 RdNr 3; G. Wagner in jurisPK-SGB VII, § 11 RdNr 15; Holtstraeter in K/S/W, Kommentar zum Sozialrecht, § 11 SGB VII RdNr 2; Rapp in LPK-SGB VII, § 11 RdNr 1; Schmitt, SGB VII, 4. Aufl 2009, § 11 RdNr 4; Schwerdtfeger in Lauterbach, UV-SGB VII, Stand April 2007, § 11 SGB VII RdNr 4).

27

Auch die Prüfung des Ursachenzusammenhangs zwischen einer Gesundheitsstörung und einer der nach § 11 Abs 1 SGB VII tatbestandlichen Maßnahmen erfolgt nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Dabei ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu fragen, ob der Versicherungsfall eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt der Gesundheitsstörung ist. Dabei ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (aa). Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall eine (von möglicherweise vielen) Bedingungen für den Erfolg - hier die psychische Störung - ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen iS der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt (bb); das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie zB Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15). Erst wenn sowohl der Versicherungsfall als auch andere Umstände als Ursachen des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich "Wesentliche" ist (cc). Dasselbe gilt für die Frage, ob eine MdE vorliegt und im Wesentlichen durch Unfallfolgen verursacht wurde.

28

aa) Der Senat kann nicht entscheiden, ob die Erkrankung des Klägers eine mittelbare Unfallfolge nach § 11 Abs 1 Nr 1 oder Nr 3 SGB VII ist oder keine Unfallfolge war.

29

Ob sich eine medizinische Maßnahme als Durchführung einer Heilbehandlung (§ 11 Abs 1 Nr 1 SGB VII) oder als Maßnahme zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls (§ 11 Abs 1 Nr 3 SGB VII)durch die Beklagte darstellt, beurteilt sich danach, wie der Versicherte ein der Beklagten zuzurechnendes Verhalten bei verständiger Würdigung der objektiven Gegebenheiten zum Zeitpunkt ihrer Durchführung verstehen kann und darf (vgl BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274, RdNr 43).

30

Ob der Kläger zum Zeitpunkt der jeweiligen ärztlichen Behandlungen diese nach den objektiven Gegebenheiten als solche der Beklagten verstehen musste, steht nicht sicher fest. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 Abs 1 SGB VII spricht zwar, dass die fraglichen Maßnahmen durch D-Ärzte und BG-Kliniken veranlasst wurden und die Beklagte deren Kosten trug. Das LSG hat aber nicht mit der gebotenen Deutlichkeit festgestellt, dass die verschiedenen von Ärzten veranlassten Maßnahmen sich nicht nur nach der subjektiven Wahrnehmung des Klägers zur Zeit ihrer Erbringung, sondern auch nach den objektiven Gegebenheiten für den Kläger als Heilbehandlung der Beklagten oder als deren Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls darstellten.

31

bb) Das LSG hat auch keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob und ggf welche anderen Ursachen als der Versicherungsfall das Vorliegen der psychischen Erkrankung naturwissenschaftlich-philosophisch verursacht haben.

32

Aus dem Fehlen solcher Feststellungen kann andererseits nicht gefolgert werden, dass die Verwirklichung eines Tatbestands nach § 11 Abs 1 Nr 1 und 3 SGB VII die einzige Ursache der bestehenden Gesundheitsstörung war. Denn das LSG hat bei der Abwägung der Beiträge, die verschiedene Ursachen für das Entstehen der MdE haben, also auf der (zweiten) Stufe zur Prüfung der "Wesentlichkeit" von (verschiedenen) Ursachen, Vorerkrankungen des Klägers auf psychischem Gebiet sowie das Bestehen weiterer, nicht mit dem Arbeitsunfall in Verbindung stehender Faktoren, zB familiäre Probleme, bejaht. Ohne (ausdrückliche) Feststellung dazu, ob und inwieweit diese nicht dem versicherten Risiko zuzurechnenden Ursachen naturwissenschaftlich-philosophisch wirksam geworden sind, ist das LSG sogleich in die rechtliche Wertung eingetreten und hat den Versicherungsfall als die wesentliche Ursache für das Bestehen der Erkrankung bezeichnet.

33

cc) Falls bei erneuter Prüfung des Klagebegehrens festgestellt werden sollte, dass für die Erkrankung sowohl der Versicherungsfall als auch andere Ursachen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne vorliegen, ist nach der Theorie der wesentlichen Bedingung (zweite Stufe) zu prüfen, ob der Versicherungsfall die psychische Störung "wesentlich" verursacht hat. Unter Berücksichtigung der verschiedenen nach Erfahrungssätzen notwendigen oder hinreichenden Ursachen ist abzuwägen, welche von ihnen die rechtlich Wesentliche ist.

34

Bei der Überzeugungsbildung des Tatsachengerichts genügt für die Feststellung des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (stRspr BSG vom 2.2.1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr 38 S 105 f; BSG vom 30.4.1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1 S 3 f). Dieser ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht; allein die Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs genügt dagegen nicht (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 20; BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 5/10 R - SozR 4-2700 § 200 Nr 3).

35

3. a) Aus den gleichen Gründen kann der Senat nicht entscheiden, ob der Kläger einen Anspruch auf Verletztenrente hat.

36

Gemäß § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier des anerkannten Arbeitsunfalls vom 13.1.1997 - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vH gemindert (MdE) ist, Anspruch auf Rente. Die Höhe der Rente richtet sich ua nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII).

37

Auch insoweit wird das LSG zu prüfen haben, ob eine MdE "infolge" des Arbeitsunfalls besteht. Hierfür gelten die oben zu 2. dargelegten Grundsätze entsprechend.

38

b) Sollte das LSG in dem erneuten Berufungsverfahren einen Anspruch auf Verletztenrente nach § 56 Abs 1 SGB VII bejahen, wird zu beachten sein, dass dieser erst am Tag nach Erlöschen des dem Kläger bewilligten Rechts auf Verletztengeld beginnen kann.

39

Zwar kann der Anspruch auf Verletztenrente - anders als das LSG meint - grundsätzlich bereits am Tag nach dem Versicherungsfall beginnen, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt feststeht, dass eine MdE über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus vorliegen wird (zB bei Verlust eines Körperteils) und ein gesetzlich vorrangiger Anspruch nicht besteht.

40

Hier hat das LSG seine Entscheidung aber unter Verletzung von § 72 Abs 1 Nr 1 SGB VII getroffen. Nach dieser Vorschrift beginnt ein Rentenanspruch erst, nachdem der Anspruch auf Verletztengeld geendet hat. Renten werden danach an Versicherte erst von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld geendet hat. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es nicht darauf an, ob Verletztengeld gezahlt worden ist, sondern darauf, ob ein Anspruch auf diese Leistung bestand. Die Regelung verfolgt den Zweck, Doppelleistungen aus dem System der GUV, insbesondere den zeitgleichen Bezug von Verletztengeld und Verletztenrente, zu vermeiden.

41

Für die vom Kläger geführte Anfechtungs- und Leistungsklage wegen Verletztenrente ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt stand und steht zwischen den Beteiligten durch Verwaltungsakt bindend fest, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Verletztengeld vom Unfalltag durchgehend bis 30.9.2002 hat. Eine mögliche Verletztenrente (§ 56 Abs 1 Satz 1 SGB VII) kann daher erst nach dem 30.9.2002, also nach dem Ende des Zeitraums beginnen, für den Verletztengeld zustand (§ 72 Abs 1 Nr 1 SGB VII; § 74 Abs 2 SGB VII ist nicht anwendbar, da der Anspruch auf Verletztengeld nicht aufgrund einer erneuten Arbeitsunfähigkeit infolge Wiedererkrankung eingetreten ist; siehe dazu Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 74 RdNr 13).

42

4. Da das Urteil des LSG aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen worden ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr über die Frage, ob die Beklagte zulässige und begründete Verfahrensrügen gegen das Urteil des LSG erhoben hat.

43

5. Das LSG hat mit der im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu treffenden Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden. Dabei wird ggf zu berücksichtigen sein, dass dem Kläger eine Verletztenrente nicht - wie begehrt - ab Juli 1997, sondern erst ab 1.10.2002 zusteht.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Mai 2009 wird zurückgewiesen, soweit ihre Berufung gegen die Aufhebung der Ablehnung eines Anspruchs auf Anerkennung einer PTBS als Wie-BK im Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2000 im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Oktober 2005 zurückgewiesen wurde. Im Übrigen werden diese Urteile aufgehoben und die Feststellungsklage abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) als Wie-Berufskrankheit (Wie-BK) streitig.

2

Der 1943 geborene Kläger ist von Beruf Diplom-Sozialarbeiter. Er nahm 1968 eine Beschäftigung als hauptamtlicher Mitarbeiter in der Entwicklungshilfe auf. Dort war er von März 1968 bis Juni 1973 auf Madagaskar und von Juli 1973 bis Juli 1975 in Mali eingesetzt. Von August 1975 bis Dezember 1978 war er beim Deutschen Entwicklungsdienst (DED) im Inland beschäftigt. Für diese Organisation war er von Januar 1979 bis Januar 1983 in Niger, von Februar 1983 bis Juni 1987 in Berlin, von August 1987 bis Juli 1995 in Togo sowie von September 1995 bis Februar 1999 als Referatsleiter "Westafrika" wieder in Berlin eingesetzt. In der zuletzt genannten Funktion unternahm er mehrere Reisen in westafrikanische Länder.

3

Unter dem 1.2.1999 zeigte der DED der Beklagten eine mögliche Berufskrankheit an. Der Kläger leide nach jahrelangem Aufenthalt in Krisengebieten an PTBS. Die Beklagte lehnte die Anerkennung einer PTBS als "Berufskrankheit nach der Berufskrankheiten-Verordnung" (BKV) ab (Bescheid vom 8.2.2000). Der Kläger erhob dagegen Widerspruch und machte außerdem geltend, die Erkrankung sei als Wie-BK anzuerkennen. Die Beklagte wies den Widerspruch durch den Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 25.7.2000 zurück. Darin wurde erstmals erklärt, die PTBS sei nicht nach § 9 Abs 2 SGB VII wie eine Berufskrankheit anzuerkennen, da neue medizinische Erkenntnisse hierzu nicht vorlägen.

4

Der Kläger hat beim SG Freiburg die Aufhebung der den Anspruch auf Anerkennung einer Wie-BK ablehnenden Entscheidung und die Verpflichtung der Beklagten zur Anerkennung sowie ihre Verurteilung zur Entschädigung begehrt. Das SG hat den "Bescheid der Beklagten vom 08.02.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2000" aufgehoben und diese verurteilt, die PTBS als Wie-BK anzuerkennen und ihm die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren (Urteil vom 25.10.2005).

5

Die Beklagte hat gegen das Urteil des SG Berufung eingelegt und die Auffassung vertreten, neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über das Entstehen der Erkrankung PTBS bei der Gruppe der hauptberuflich in der Entwicklungshilfe tätigen Personen lägen nicht vor. Das LSG hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die beim Kläger vorliegende PTBS wie eine BK zu "entschädigen" ist. Die hauptamtlich in der Entwicklungshilfe tätigen Personen und die Entwicklungshelfer seien zu einer Gruppe zusammenzufassen. Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sei die Personengruppe bei ihrer Tätigkeit Einwirkungen ausgesetzt, die geeignet seien, PTBS hervorzurufen. Auch die individuellen Voraussetzungen für die Feststellung einer Wie-BK seien gegeben.

6

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung von § 9 Abs 2 SGB VII sowie § 551 Abs 2 RVO und einen Verstoß gegen die Grenzen freier richterlicher Beweiswürdigung. Für die Anerkennung einer Wie-BK seien ua besondere Einwirkungen zu fordern, denen der Kläger als Mitglied einer bestimmten Personengruppe in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sei. Zudem müssten neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft belegen, dass die Einwirkungen generell geeignet seien, PTBS zu verursachen. Bei den Feststellungen habe das LSG die Gruppe der Entwicklungshelfer iS des Entwicklungshelfer-Gesetzes von der Gruppe der als Landesbeauftragten eines Entwicklungshilfedienstes Beschäftigten abgrenzen müssen. Bei Beachtung dieser Unterscheidung zeige sich, dass Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die Verursachung einer PTBS nicht für die Gruppe der hauptamtlichen Landesbeauftragten gegeben seien. Für die Gruppe der hauptamtlich tätigen Verwaltungsbeauftragten lasse sich eine gruppenspezifische Risikoerhöhung nicht feststellen. Notwendig sei eine epidemiologische Bestätigung des Kausalzusammenhangs, die es nicht gebe.

7

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 14. Mai 2009 sowie das Urteil des SG Freiburg vom 25. Oktober 2005 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Beklagten ist teilweise begründet.

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Da die Beklagte Revision eingelegt hat, sind nur die vom LSG bestätigte Aufhebung der Ablehnung der Feststellung einer Listen-BK im Bescheid vom 8.2.2000 und im Widerspruchsbescheid vom 25.7.2000 und die Aufhebung der in diesem zudem enthaltenen Ablehnung der Anerkennung einer Wie-BK sowie die Verurteilung zur Entschädigung einer PTBS als Wie-BK Gegenstände der Revision. Diese ist begründet, soweit das LSG die Berufung der Beklagten gegen die Aufhebung des die Anerkennung einer Listen-BK ablehnenden Bescheids vom 8.2.2000 und nur insoweit in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.7.2000 zurückgewiesen und das Urteil des SG mit der Maßgabe bestätigt hat, dass eine PTBS als Wie-BK festzustellen sei.

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1. Gegen die Ablehnung eines Anspruchs auf Feststellung einer Listen-BK im Bescheid vom 8.2.2000 und die Zurückweisung seines Widerspruchs gegen diese Regelung im Widerspruchsbescheid hat der Kläger vor dem SG keine Klage erhoben. Er hat die Feststellung einer Listen-BK vor dem SG von Anfang an nicht begehrt. Der Verwaltungsakt vom 8.2.2000, der nur diese Regelung enthält, und der Widerspruchsbescheid vom 25.7.2000, soweit er den Widerspruch gegen diese Verfügung zurückweist, sind vom Kläger nicht angegriffen worden und durften schon deshalb nicht aufgehoben werden.

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2. Die Feststellung einer PTBS als zu entschädigende Wie-BK, die das SG ausgesprochen hat, hätte das LSG nicht bestätigen dürfen. Die hierauf gerichtete Feststellungsklage ist unzulässig gewesen, denn insoweit fehlte es an einer Verwaltungsentscheidung der zuständigen Behörde über den Feststellungsantrag. Solange die sachlich zuständige Ausgangsbehörde des Unfallversicherungsträgers nicht über den erhobenen Feststellungsanspruch entschieden hat, kann der Versicherte, außer bei rechtswidriger Untätigkeit der Behörde, kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung haben.

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3. Dagegen ist die Revision unbegründet, soweit das LSG die Berufung der Beklagten gegen die Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 25.7.2000 zurückgewiesen hat, soweit darin erstmals der Antrag auf Anerkennung der PTBS als Wie-BK abgelehnt worden ist. Das SG hat den Widerspruchsbescheid auf die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Ablehnung des Anspruchs auf Feststellung einer Wie-BK im Ergebnis zu Recht aufgehoben.

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Soweit die Widerspruchsstelle den Widerspruch gegen die im Ausgangsbescheid verfügte Ablehnung der Feststellung einer Listen-BK zurückgewiesen hat, hat der Widerspruchsbescheid - wie gesagt - Bestand, denn er ist insoweit nicht angefochten worden. Soweit aber die Widerspruchsstelle erstmals die Feststellung einer Wie-BK abgelehnt hat, hat sie eine Entscheidung über ein anderes Recht des Klägers getroffen, denn der Anspruch auf Feststellung einer Listen-BK einerseits und derjenige auf Feststellung einer Wie-BK andererseits sind grundsätzlich zu unterscheiden (vgl BSG vom 2.12.2008 - B 2 KN 3/07 U R - SozR 4-2700 § 9 Nr 13).

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Die Feststellung der Widerspruchsstelle, der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung einer Wie-BK, ist rechtswidrig und verletzt diesen schon in seinem verfahrensrechtlichen Recht auf Entscheidung durch die funktional und sachlich zuständige Behörde des Leistungsträgers (§ 42 Satz 1 SGB X). Denn die Widerspruchsstelle ist funktional und sachlich nicht zuständig, an Stelle der Ausgangsbehörde des Trägers - hier des Rentenausschusses - über ein erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemachtes Recht zu entscheiden (vgl § 36a Abs 1 Satz 1 SGB IV iVm der Satzung der Beklagten; dazu BSG SozR 3-1500 § 87 Nr 1 S 5 f; BSG vom 30.3.2004 - B 4 RA 48/01 R, veröffentlicht in JURIS; BSG vom 18.10.2005 - B 4 RA 21/05 R; stRspr). Der Verfahrensfehler ist iS von § 62 Halbs 2, § 42 Satz 1 SGB X beachtlich und begründet einen Aufhebungsanspruch.

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Aufgrund des Antrags auf Feststellung einer Wie-BK, den der Kläger mit seiner Widerspruchsbegründung gestellt hat, muss jetzt die sachlich zuständige Behörde der Beklagten das Verwaltungsverfahren durchführen.

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4. Der Senat sieht sich im Hinblick auf die bisherige Dauer des Verfahrens und den zeitlichen Aspekt, den die grundgesetzliche Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) hat, veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen:

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Maßgebend für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs dürfte das SGB VII (§ 212 SGB VII)sein. Zwar könnte die streitige Erkrankung seit Mitte 1996 eingetreten sein. Es ist aber anzunehmen, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Einwirkungs-Verursachungs-beziehung - wenn überhaupt, dann - aus der Zeit nach dem Jahr 2000 stammen. Der Versicherungsfall dürfte daher nach Inkrafttreten des SGB VII eingetreten sein (BSG vom 2.12.2008 - B 2 KN 1/08 U R - BSGE 102, 121, 126 = SozR 4-2700 § 9 Nr 12, RdNr 22).

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Für die Feststellung einer Wie-BK genügt es nicht, dass im Einzelfall berufsbedingte Einwirkungen die rechtlich wesentliche Ursache einer nicht in der BK-Liste bezeichneten Krankheit sind (vgl BSG vom 30.1.1986 - 2 RU 80/84 - BSGE 59, 295 = SozR 2200 § 551 Nr 27), denn die Regelung des § 9 Abs 2 SGB VII beinhaltet keinen Auffangtatbestand und keine allgemeine Härteklausel(vgl BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 5/08 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 17 RdNr 31 mwN). Vielmehr darf die Anerkennung einer Wie-BK nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden Einwirkungs-Krankheits-Kombination in die Liste der BKen (vgl § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII) erfüllt sind, der Verordnungsgeber sie also als neue Listen-BK in die BKV einfügen dürfte, aber noch nicht tätig geworden ist (vgl BT-Drucks 13/2204, 77 f).

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Nach § 9 Abs 2 SGB VII müssen für die Feststellung der Wie-BK folgende Voraussetzungen erfüllt sein (zu den einzelnen Prüfungsschritten nachfolgend):

(1) Ein "Versicherter" muss die Feststellung einer bestimmten Krankheit als Wie-BK beanspruchen.

(2) Die Voraussetzungen einer in der Anlage 1 zur BKV bezeichneten Krankheit dürfen nicht erfüllt sein.

(3) Die Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als Listen-BK durch den Verordnungsgeber nach § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII müssen vorliegen; es muss eine bestimmte Personengruppe durch die versicherte Tätigkeit besonderen Einwirkungen in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt (gewesen) sein (3.1), und es müssen medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse über das Bestehen einer Einwirkungs- und Verursachungsbeziehung vorliegen (3.2).

(4) Diese medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse müssen neu sein.

(5) Im Einzelfall müssen die abstrakten Voraussetzungen der Wie-BK konkret erfüllt sein.

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ad (1) Der Kläger dürfte als hauptamtlich Beschäftigter des DED bei seinen Auslandseinsätzen nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII, § 4 Abs 1 SGB IV versichert gewesen sein, denn während seiner Auslandseinsätze bestand im Inland ein Beschäftigungsverhältnis zum DED, in dessen Rahmen er vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt im Ausland tätig war. Er hat mit der PTBS eine bestimmte Krankheit benannt, deren Anerkennung als Wie-BK er begehrt.

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ad (2) Die Merkmale einer Listen-BK sind nicht erfüllt.

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ad (3) Nach § 9 Abs 2 iVm Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB VII setzt die Feststellung einer Wie-BK voraus, dass eine bestimmte Personengruppe durch die Art der versicherten Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt ist (3.1). Die Personengruppe darf nicht vorab nach gesetzesfremden Merkmalen bestimmt werden, sondern ergibt sich durch die nachgenannten Prüfungen. Zuerst ist die Art der Einwirkungen zu ermitteln, die im Blick auf die vom Versicherten geltend gemachte Krankheit abstrakt-generell als Ursachen in Betracht kommen können. Dann ist zu klären, ob diese abstrakt-generell einer bestimmten Art einer vom Versicherten verrichteten versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind. Erst aus dieser Verbindung von krankheitsbezogenen Einwirkungen und versicherten Tätigkeiten ergibt sich die abstrakt-generelle Personengruppe, die sich von der Allgemeinbevölkerung unterscheidet. Als Einwirkungen kommt praktisch alles in Betracht, was auf Menschen einwirkt. Daher ist es - auch wenn es (noch) keine Listen-BK gibt - möglich, auf rein psychische Einwirkungen abzustellen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Verordnungsgeber eine entsprechende Listen-BK einführen kann. An die bestimmte Personengruppe sind keine besonderen Anforderungen hinsichtlich ihrer Größe (vgl BSG vom 29.10.1981 - 8/8a RU 82/80 - BSGE 52, 272, 275 = SozR 2200 § 551 Nr 20) oder sonstiger charakterisierender Merkmale zu stellen (zB nicht gemeinsamer Beruf, vgl Becker in Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII-Kommentar, Stand Mai 2010, § 9 RdNr 55).

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(3.2) Die Einwirkungen, denen die Personengruppe durch die versicherte Tätigkeit ausgesetzt ist, müssen abstrakt-generell nach dem Stand der Wissenschaft die wesentliche Ursache einer Erkrankung der geltend gemachten Art sein. Denn für die Beurteilung des generellen Ursachenzusammenhangs gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17). Vor der rechtlichen Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursachenart selbst muss auch hier die naturwissenschaftliche/naturphilosophische Kausalitätsprüfung erfolgen. Dabei ist zu klären, ob nach wissenschaftlichen Methoden und Überlegungen belegt ist, dass bestimmte Einwirkungen generell bestimmte Krankheiten der vom Versicherten geltend gemachten Art verursachen. Das ist anzunehmen, wenn die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen, die auf den jeweils in Betracht kommenden Gebieten über besondere Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt (zweifelnd zum Vorliegen solcher Erkenntnisse für die PTBS: Becker, ASUmed 2006, 304, 306; Knickrehm, SGb 2010, 381, 385). Bei der Erstellung und der gerichtlichen Überprüfung der Gutachten, die zur Ermittlung des Stands der Wissenschaft einzuholen sind, können zB auch Erkenntnisse der "militärischen" Forschung (Knickrehm, SGb 2010, 381, 388; Biesold, MedSach 2010, 23 ff) und die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften herangezogen werden (vgl BSG vom 9.5.2006, aaO, jeweils RdNr 26 mwN).

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ad (4) Falls solche Erkenntnisse zur PTBS vorliegen, dürften diese neu iS des § 9 Abs 2 SGB VII sein (so auch das Urteil des LSG), weil sie bei der letzten Änderung der BKV vom Verordnungsgeber nicht geprüft und nicht beachtet wurden.

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ad (5) Zur Beurteilung der Frage, ob auch die individuellen Voraussetzungen für die Anerkennung einer psychischen Erkrankung als Wie-BK vorliegen, ergeben sich aus dem Urteil des Senats vom 9.5.2006 (aaO, jeweils RdNr 24 f) Hinweise, auch wenn es die psychischen Folgen eines Arbeitsunfalls betraf. Danach ist, wenn der Versicherte nicht selbst von Einwirkungen betroffen war, sondern Einwirkungen auf Dritte beobachtete, als Anknüpfungspunkt für die Bejahung des Ursachenzusammenhangs ein enger personaler Bezug zu verlangen (vgl BSG vom 8.8.2001 - B 9 VG 1/00 R - BSGE 88, 240 = SozR 3-3800 § 1 Nr 20).

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG. Der Senat schätzt den Anteil des wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens auf jeweils die Hälfte.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Für die Übernahme der vor dem 1. Januar 1992 eingetretenen Unfälle und Krankheiten als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist § 1150 Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden. § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung gilt nicht für Versicherungsfälle aus dem Wehrdienst ehemaliger Wehrdienstpflichtiger der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik. Tritt bei diesen Personen nach dem 31. Dezember 1991 eine Berufskrankheit auf, die infolge des Wehrdienstes entstanden ist, gelten die Vorschriften dieses Buches.

(2) Die Vorschriften über den Jahresarbeitsverdienst gelten nicht für Versicherungsfälle in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind; für diese Versicherungsfälle ist § 1152 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, dass der zuletzt am 1. Juli 2001 angepasste Betrag aus § 1152 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung ab 1. Januar 2002 in Euro umgerechnet und auf volle Euro-Beträge aufgerundet wird.

(3) Für Versicherungsfälle im Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherung Bund und Bahn nach § 125 Absatz 1, die nach dem 31. Dezember 1991 eingetreten sind, gilt § 85 Abs. 2 Satz 1 mit der Maßgabe, daß der Jahresarbeitsverdienst höchstens das Zweifache der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls geltenden Bezugsgröße (West) beträgt.

(4) Für Versicherte an Bord von Seeschiffen und für nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 versicherte Küstenschiffer und Küstenfischer ist § 1152 Abs. 6 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 92 dieses Buches tritt.

(5) Die Vorschriften über die Anpassung der vom Jahresarbeitsverdienst abhängigen Geldleistungen und über die Höhe und die Anpassung des Pflegegeldes gelten nicht für Versicherungsfälle in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet; für diese Versicherungsfälle sind § 1151 Abs. 1 und § 1153 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 44 Abs. 2 und 4 sowie § 95 dieses Buches treten. Abweichend von Satz 1 ist bei den Anpassungen ab dem 1. Juli 2001 der Vomhundertsatz maßgebend, um den sich die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet verändern. § 1151 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung gilt mit der Maßgabe, dass ab 1. Januar 2002 an die Stelle des Pflegegeldrahmens in Deutscher Mark der Pflegegeldrahmen in Euro tritt, indem die zuletzt am 1. Juli 2001 angepassten Beträge in Euro umgerechnet und auf volle Euro-Beträge aufgerundet werden.

(6) Für die Feststellung und Zahlung von Renten bei Versicherungsfällen, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind, ist § 1154 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung die §§ 56 und 81 bis 91 dieses Buches treten.

(7) Für die Feststellung und Zahlung von Leistungen im Todesfall ist § 1155 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung weiter anzuwenden mit der Maßgabe, daß an die Stelle der dort genannten Vorschriften der Reichsversicherungsordnung § 65 Abs. 3 und § 66 dieses Buches treten. Bestand am 31. Dezember 1991 nach dem in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet geltenden Recht ein Anspruch auf Witwenrente, Witwerrente oder Waisenrente, wird der Zahlbetrag dieser Rente so lange unverändert weitergezahlt, wie er den Zahlbetrag der Rente, die sich aus den §§ 63 bis 71 und aus Satz 1 ergeben würde, übersteigt.

(8) Die Vorschrift des § 1156 der Reichsversicherungsordnung in der am Tag vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung ist weiter anzuwenden.

(9) (weggefallen)

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Witwen oder Witwer von Versicherten erhalten eine Witwen- oder Witwerrente, solange sie nicht wieder geheiratet haben. Der Anspruch auf eine Rente nach Absatz 2 Nr. 2 besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist.

(2) Die Rente beträgt

1.
zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes bis zum Ablauf des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist,
2.
30 vom Hundert des Jahresarbeitsverdienstes nach Ablauf des dritten Kalendermonats,
3.
40 vom Hundert des Jahresarbeitsverdienstes nach Ablauf des dritten Kalendermonats,
a)
solange Witwen oder Witwer ein waisenrentenberechtigtes Kind erziehen oder für ein Kind sorgen, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung Anspruch auf Waisenrente hat oder nur deswegen nicht hat, weil das 27. Lebensjahr vollendet wurde,
b)
wenn Witwen oder Witwer das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
c)
solange Witwen oder Witwer erwerbsgemindert, berufs- oder erwerbsunfähig im Sinne des Sechsten Buches sind; Entscheidungen des Trägers der Rentenversicherung über Erwerbsminderung, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit sind für den Unfallversicherungsträger bindend.

(3) Einkommen (§§ 18a bis 18e des Vierten Buches) von Witwen oder Witwern, das mit einer Witwenrente oder Witwerrente nach Absatz 2 Nr. 2 und 3 zusammentrifft, wird hierauf angerechnet. Anrechenbar ist das Einkommen, das monatlich das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts der gesetzlichen Rentenversicherung übersteigt. Das nicht anrechenbare Einkommen erhöht sich um das 5,6fache des aktuellen Rentenwerts für jedes waisenrentenberechtigte Kind von Witwen oder Witwern. Von dem danach verbleibenden anrechenbaren Einkommen werden 40 vom Hundert angerechnet.

(4) Für die Einkommensanrechnung ist bei Anspruch auf mehrere Renten folgende Rangfolge maßgebend:

1.
(weggefallen)
2.
Witwenrente oder Witwerrente,
3.
Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten.
Das auf eine Rente anrechenbare Einkommen mindert sich um den Betrag, der bereits zu einer Einkommensanrechnung auf eine vorrangige Rente geführt hat.

(5) Witwenrente oder Witwerrente wird auf Antrag auch an überlebende Ehegatten gezahlt, die wieder geheiratet haben, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist und sie im Zeitpunkt der Wiederheirat Anspruch auf eine solche Rente hatten. Auf eine solche Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten werden für denselben Zeitraum bestehende Ansprüche auf Witwenrente oder Witwerrente, auf Versorgung, auf Unterhalt oder auf sonstige Rente nach dem letzten Ehegatten angerechnet, es sei denn, daß die Ansprüche nicht zu verwirklichen sind; dabei werden die Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes nicht berücksichtigt.

(6) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch, wenn die Ehe erst nach dem Versicherungsfall geschlossen worden ist und der Tod innerhalb des ersten Jahres dieser Ehe eingetreten ist, es sei denn, daß nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Annahme nicht gerechtfertigt ist, daß es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(7) (weggefallen)

(1) Hinterbliebene haben Anspruch auf

1.
Sterbegeld,
2.
Erstattung der Kosten der Überführung an den Ort der Bestattung,
3.
Hinterbliebenenrenten,
4.
Beihilfe.
Der Anspruch auf Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 3 besteht nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.

(1a) Die Vorschriften dieses Unterabschnitts über Hinterbliebenenleistungen an Witwen und Witwer gelten auch für Hinterbliebenenleistungen an Lebenspartner.

(2) Dem Tod infolge eines Versicherungsfalls steht der Tod von Versicherten gleich, deren Erwerbsfähigkeit durch die Folgen einer Berufskrankheit nach den Nummern 4101 bis 4104 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 20. Juni 1968 (BGBl. I S. 721) in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) um 50 vom Hundert oder mehr gemindert war. Dies gilt nicht, wenn offenkundig ist, daß der Tod mit der Berufskrankheit nicht in ursächlichem Zusammenhang steht; eine Obduktion zum Zwecke einer solchen Feststellung darf nicht gefordert werden.

(3) Ist ein Versicherter getötet worden, so kann der Unfallversicherungsträger die Entnahme einer Blutprobe zur Feststellung von Tatsachen anordnen, die für die Entschädigungspflicht von Bedeutung sind.

(4) Sind Versicherte im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit verschollen, gelten sie als infolge eines Versicherungsfalls verstorben, wenn die Umstände ihren Tod wahrscheinlich machen und seit einem Jahr Nachrichten über ihr Leben nicht eingegangen sind. Der Unfallversicherungsträger kann von den Hinterbliebenen die Versicherung an Eides Statt verlangen, daß ihnen weitere als die angezeigten Nachrichten über die Verschollenen nicht bekannt sind. Der Unfallversicherungsträger ist berechtigt, für die Leistungen den nach den Umständen mutmaßlichen Todestag festzustellen. Bei Versicherten in der Seeschiffahrt wird spätestens der dem Ablauf des Heuerverhältnisses folgende Tag als Todestag festgesetzt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 genannten Personen gehören, haben für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Die Gebühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen. Soweit wegen derselben Streitsache ein Mahnverfahren (§ 182a) vorausgegangen ist, wird die Gebühr für das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids nach dem Gerichtskostengesetz angerechnet.

(2) Die Höhe der Gebühr wird für das Verfahren

vor den Sozialgerichten auf150 Euro,
vor den Landessozialgerichten auf225 Euro,
vor dem Bundessozialgericht auf300 Euro

festgesetzt.

(3) § 2 des Gerichtskostengesetzes gilt entsprechend.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.