Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 30. Jan. 2013 - L 5 AS 347/12

ECLI: ECLI:DE:LSGST:2013:0130.L5AS347.12.0A
published on 30/01/2013 00:00
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 30. Jan. 2013 - L 5 AS 347/12
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Gericht

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Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Anfechtung eines gerichtlichen Vergleichs.

2

Der am ... 1948 geborene Kläger hatte am 7. Dezember 2004 beim Beklagten für sich und seine Ehefrau Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) beantragt. Als Einkommen der Ehefrau hatte er ein Bruttoeinkommen i.H.v. 1.625,51 EUR/Monat angegeben. Der Beklagte hatte unter Anrechnung dieses Einkommens mit Änderungsbescheid vom 20. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2006 Leistungen für Februar 2005 i.H.v. 390,54 EUR, mit Bescheid vom 14. Februar 2006 für März 2006 i.H.v. 178,03 EUR und für April bis August 2006 i.H.v. 257,11 EUR/Monat bewilligt, mit Änderungsbescheid vom 13. Mai 2006 die Leistungen für Juli und August 2006 auf 283,11 EUR/Monat erhöht sowie mit weiterem Bescheid vom 20. Juli 2006 Leistungen für September 2006 i.H.v. 283,11 EUR bewilligt (gesamt: 2.189,23 EUR).

3

Im Rahmen eines Folgeantrags hatte der Beklagte Einkommensnachweise angefordert. Das wechselnde Einkommen war danach jeweils höher als bisher zugrunde gelegt. Der Beklagte hatte mit Bescheid vom 27. Oktober 2006 die Leistungsbewilligung für Februar 2005 und für März bis September 2006 ganz i.H.v. 2.189,23 EUR gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) aufgehoben. Die Änderungen des Einkommens seien grob fahrlässig nicht mitgeteilt worden. Im Widerspruchsverfahren hatte der Beklagte eine Anhörung durchgeführt und den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2006 zurückgewiesen. Die Leistungsaufhebung richte sich für März bis September 2006 verschuldensunabhängig nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X.

4

Dagegen erhob der Kläger am 29. September 2006 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg. Er habe immer die neuesten Lohnzettel abgegeben und den für Januar 2005 veranlassten Lohnsteuerklassenwechsel mündlich mitgeteilt. In der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits am 15. Juli 2008 legte er weitere Unterlagen vor, u.a. ein Urteil des Amtsgerichts H. vom 28. September 2007 (4 OWi 952 Js 76925/07 (249/07)). Dieses hatte ihn von dem Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit durch Verletzung von Mitteilungspflichten im Bußgeldbescheid des Beklagten vom 20. Dezember 2006 freigesprochen. Der Vertreter des Beklagten gab an, auf den Kläger entfalle ein anteiliger Rückforderungsbetrag von 1.834,83 EUR.

5

Ausweislich des Sitzungsprotokolls schlossen die Beteiligten "zur Erledigung des Rechtsstreits folgenden Vergleich:

6

1. Die Beteiligten gehen unter Abänderung der angefochtenen Bescheide übereinstimmend davon aus, dass der Kläger aus den Bescheiden noch eine Summe von 1.477,63 EUR an die Beklagte zu erstatten hat.

7

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

8

3. Damit ist der Rechtsstreit erledigt."

9

Das Protokoll enthält den Vermerk: "laut diktiert, vorgespielt und genehmigt". Dieses wurde dem Kläger am 21. Juli 2008 zugestellt.

10

Der Kläger legte mit Schreiben vom 22. Juli 2008 wegen "Befangenheit und Nötigung" Berufung beim erkennenden Senat ein, an der er trotz rechtlichen Hinweises festhielt. Er gab an: Als er seine Beweise vorgelegt habe, habe der Richter die Hände über den Kopf geschlagen und gesagt: "Jetzt weiß ich gar nichts mehr, was ich machen soll". Dieser sei aufgestanden, habe den Saal verlassen und sei nach kurzer Zeit wiedergekommen. Über den Vergleich sei er nicht aufgeklärt worden. Bevor das Urteil gesprochen worden sei, habe er zum Richter gesagt, es sei ihm egal, er gehe in Revision. Dieser habe erwidert: "Nicht in Revision in Berufung". Der Richter habe gesagt: "Stimmen Sie zu zahlen Sie 1477,63 EUR stimmen Sie nicht zu zahlen Sie 1834,83 EUR". Der Senat verwarf die Berufung mit Beschluss vom 24. Mai 2011 als unzulässig (L 5 AS 125/08).

11

Mit Schreiben vom 17. Juni 2011 an das Sozialgericht Magdeburg hat der Kläger den Vergleich angefochten. Er habe nicht gewusst, dass ein Vergleich eine endgültige Regelung ist. Er habe in der Verhandlung mehrfach gesagt, er wolle "gegen das Urteil (Vergleich)" in Berufung gehen. Dem Gericht habe klar sein müssen, dass er keine endgültige Regelung haben wollte. Er habe sich genötigt gefühlt, zuzustimmen, ohne zu wissen, was ein Vergleich bedeute.

12

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. Mai 2012 abgewiesen. Die zulässige Feststellungsklage sei unbegründet, da der Vergleich vom 15. Juli 2008 wirksam sei. Der Kläger sei von dem Beklagten nicht getäuscht worden. Auch sei keine widerrechtliche Drohung zum Abschluss eines Vergleichs durch den Kammervorsitzenden erfolgt. Dieser habe einen sachdienlichen und vernünftigen Vergleichsvorschlag unterbreitet. Sollte der Kammervorsitzende den Sitzungssaal verlassen haben, dann um Kopien zu fertigen. Ein Zusammenschlagen der Hände über dem Kopf sei keine Drohungshandlung. Selbst eine Ankündigung, bei Nichtannahme des Vergleichs müsse der Kläger 1.834,83 EUR zahlen, wäre keine Drohung. Außerdem sei ihm lediglich der prozessuale Ablauf über eine Entscheidung durch Urteil der Kammer und das dann völlig offene Ergebnis mitgeteilt worden. Ob über Revisions- bzw. Berufungsmöglichkeiten gesprochen worden sei, sei dem Kammervorsitzenden nicht erinnerlich. Bemerkenswert sei, dass der Kläger ihn in der heutigen Verhandlung nicht erkannt habe. Die angeblichen Drohungen hätten sich demnach nicht so eingeprägt, dass der Kläger ihn als vermeintlichen "Täter" wiedererkannt hätte.

13

Gegen das ihm am 2. Juni 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. Juni 2012 Berufung eingelegt. Er hat ergänzend zum bisherigen Vorbringen ausgeführt, die Kammer des Sozialgerichts sowie der Geschäftsführer der ARGE SGB II H. könnten bezeugen, dass der Kammervorsitzende nach Vorlage seines Freispruchs (gemeint: Urteil des Amtsgerichts H.) nicht mehr weiter gewusst habe. Wie solle dann ein normaler Bürger ohne Aufklärung wissen, was ein Vergleich ist.

14

Der Kläger beantragt,

15

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Mai 2012 aufzuheben, das Klageverfahren S 8 AS 1443/06 fortzusetzen und den Bescheid des Beklagten vom 20. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2006 aufzuheben.

16

Der Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Er hat keine Ausführungen gemacht.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Verwaltungs- und der Gerichtsverfahren sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten des Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

I.

20

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden.

21

Sie ist auch statthaft gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Feststellung des Sozialgerichts, dass der Rechtsstreit beim Sozialgericht Magdeburg durch gerichtlichen Vergleich beendet worden ist. Der Wert des Beschwerdegegenstandes bestimmt sich nach dem Streitgegenstand des beendeten Verfahrens (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 12. Februar 2013, L 5 AS 57/13 NZB; Sächsisches LSG, Beschluss vom 1. Dezember 2010, L 7 AS 524/09, juris). Hier ging es in dem dem Vergleich zu Grunde liegenden Klageverfahren um einen Erstattungsbetrag von 1.834,83 EUR, der den maßgeblichen Beschwerdewert von 750 EUR übersteigt.

II.

22

Die Berufung ist unbegründet, da das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Mai 2012 rechtmäßig ist. Das Sozialgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Rechtsstreit S 8 AS 1443/06 durch den geschlossenen Vergleich wirksam beendet worden ist.

1.

23

Zu Recht hat das Sozialgericht über das Begehren des Klägers im Rahmen einer Feststellungsklage entschieden. Bei einem Streit über die Beendigung eines Rechtsstreits durch Vergleich ist der ursprüngliche Rechtsstreit von dem bis zur Beendigung des Rechtsstreits zuständigen Gericht fortzuführen. Dieses entscheidet dann entweder, dass die Beendigung des Rechtsstreits durch Endurteil festgestellt wird, oder wenn eine Beendigung nicht vorliegt, in der Sache selbst (BSG, Urteil vom 28. November 2002, B 7 AL 26/02 R (20)).

24

Es war nicht erforderlich, über die Feststellungsklage des Klägers in derselben Besetzung der Kammer wie anlässlich der mündlichen Verhandlung am 15. Juli 2008 zu entscheiden. Das SGG schreibt nicht die gleiche Besetzung des Spruchkörpers in allen mündlichen Verhandlungen während einer Instanz vor (BSG, Beschluss vom 30. Januar 1976, 9 RV 98/75 (2)).

2.

25

Der Rechtsstreit S 8 AS 1443/06 ist durch gerichtlichen Vergleich vom 15. Juli 2008 beendet worden. Nach § 101 Abs. 1 SGG können die Beteiligten zur Niederschrift des Gerichts einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können, um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen.

a.

26

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger und die Vertreterin des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits am 15. Juli 2008 den im Sitzungsprotokoll enthaltenen Vergleich geschlossen haben. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass das Sitzungsprotokoll hinsichtlich des Ablaufs der Verhandlung sowie der dort enthaltenen Prozesserklärungen unrichtig gewesen wäre. Vielmehr hat er - unmittelbar nach Zugang des Protokolls - in seiner "Berufung" vom 22. Juli 2008 darauf hingewiesen, dass er zum Vergleichsabschluss genötigt worden sei.

b.

27

Der Prozessvergleich ist auch weder aus prozess- noch aus materiellrechtlichen Gründen nichtig oder unwirksam.

28

Prozessvergleiche haben eine Doppelnatur. Einerseits enthalten Sie eine Prozesshandlung, deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des SGG bestimmt. Zum anderen beruhen sie auf einem materiellrechtlichen Vertrag in Gestalt eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gemäß § 58 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X), für den § 779 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sowie die Vorschriften des BGB über die Willenserklärungen gelten (BVerwG, Urteil vom 10. März 2010, 6 C 15/09 (12); BAG, Urteil vom 12. Mai 2010, 2 AZR 544/08 (15); BSG, Urteil vom 24. Januar 1991, 2 RU 51/90 (20)).

a.a.

29

Der Vergleich vom 5. Juli 2008 ist nicht aus prozessualen Gründen unwirksam.

30

Er ist unter Beachtung der prozessualen Vorschriften zu Stande gekommen. Nach § 101 Abs. 1 SGG kann der Vergleich nur zur Niederschrift des Gerichts geschlossen werden. Das bedeutet gemäß § 122 SGG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), dass die sich sachlich deckenden Erklärungen der Beteiligten in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen sind. Ferner ist zu vermerken, dass der Vergleich vorgelesen oder zur Durchsicht vorgelegt und genehmigt worden ist (BSG, Urteil vom 28. November 2002, B 7 AL 26/02 R (23)). Für den - hier vorliegenden - Fall der vorläufigen Protokollaufzeichnung gemäß § 160a ZPO genügt das Abspielen der Aufzeichnungen (§ 162 Abs. 1 Satz 2 ZPO) Diesen Anforderungen genügt der Vergleichsabschluss ausweislich des Protokolls. Dieser wurde "laut diktiert, vorgespielt und genehmigt".

31

Der Umstand, dass der Kammervorsitzende den Saal für kurze Zeit verließ, nachdem der Kläger weitere Unterlagen vorgelegt hatte, erklärt sich mit der Fertigung von Kopien der vom Kläger vorgelegten Unterlagen für die Gerichtsakte. Ein Verstoß gegen prozessrechtliche Vorschriften liegt darin nicht.

32

Der Kläger ist auch nicht prozessunfähig mit der Folge der Nichtigkeit seiner Prozesshandlungen gewesen. Nach § 71 Abs. 1 SGG ist ein Beteiligter prozessfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann. Hinweise für eine aufgehobene Geschäftsfähigkeit des Klägers gemäß § 104 BGB durch eine nicht nur vorübergehende, die freie Willensbildung ausschließende krankhafte Störung der Geistestätigkeit hat der Senat nicht gesehen.

b.b.

33

Der Vergleich ist nicht aus materiellrechtlichen Gründen unwirksam. Er ist als öffentlich-rechtlicher Vertrag nicht gemäß § 58 Abs. 1 SGB X bei entsprechender Anwendung der Vorschriften des BGB nichtig.

1)

34

Der Vergleich ist nicht unwirksam gemäß § 779 Abs. 1 BGB. Danach ist ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich) unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

35

Hier liegt kein der Wirklichkeit nicht entsprechender, dem Vergleich als feststehend zu Grunde liegender Sachverhalt vor. Unstreitig zwischen den Beteiligten war und ist, dass der Kläger und seine Ehefrau infolge einer Anrechnung zu geringen Einkommens Leistungen zu Unrecht bezogen hatten. Diese stellte der Beklagte nach Aufhebung bzw. Rücknahme der Leistungsbewilligungen zur Erstattung.

2)

36

Der Vergleich ist auch nicht wirksam angefochten worden mit der Folge des rückwirkenden Wegfalls seiner Wirksamkeit gemäß den §§ 119 ff. BGB.

aa)

37

Eine wirksame Anfechtung wegen Irrtums gemäß § 119 Abs. 1 i.V.m. § 121 Abs. 1 BGB durch den Kläger ist nicht erfolgt. Danach kann derjenige, der bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war (Inhaltsirrtum) oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte (Erklärungsirrtum), diese anfechten. Voraussetzung ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falls nicht abgegeben hätte. Die Anfechtung muss ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat.

38

Eine unverzügliche Anfechtungserklärung liegt vor, denn der Kläger hat wenige Tage nach Erhalt des Protokolls unter dem 22. Juli 2008 in seiner "Berufung" klargestellt, dass der Vergleich unter Nötigung zustande gekommen sei und er ihn deshalb anfechte. Dem späteren Vorbringen des Klägers ist u.a. zu entnehmen, dass er über dessen Rechtsnatur - einer endgültigen Regelung des Streitverhältnisses - nicht aufgeklärt worden sei. Er sei vielmehr davon ausgegangen, dass er gegen den Vergleich mit dem Rechtsmittel der Revision oder Berufung vorgehen könne.

39

Nach seiner Darstellung in der "Berufung" am 22. Juli 2008 lag bei dem Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses kein Irrtum über die Rechtsfolgen eines Vergleichsschlusses vor. Vielmehr wollte er den Vergleich rückgängig machen, weil er sich zum Abschluss genötigt gefühlt hatte. Die öffentlich-rechtliche Natur des Prozessrechts verlangt jedoch im Interesse der Rechtssicherheit und eines geordneten Gangs des Gerichtsverfahrens, dass bei einer eindeutigen Erklärung einer Partei über die Beendigung des Rechtsstreits die Rechtswirksamkeit der Erklärung nicht ohne weiteres deshalb zurückgenommen werden kann, weil diese nicht dem inneren Willen entsprochen hätte. Anderenfalls würde die mögliche Unwirksamkeit von Prozesshandlungen jedes abgeschlossene Verfahren auf gänzlich unbestimmte Zeit in der Schwebe halten. Dies wäre mit dem öffentlichen Interesse an einer Sicherstellung de geordneten Prozessablaufs und dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit nicht vereinbar (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. April 2002, L 3 RJ 207/01).

40

Der Senat kann offen lassen, ob der Kläger - wie er in dem Schreiben vom 16. Juni 2011 angegeben hat - über die Rechtsfolgen des Vergleichs in Bezug auf dessen Unanfechtbarkeit mit Rechtsmitteln irrte. Er will davon ausgegangen sein, dass er an den Vergleich nicht gebunden sei. Diese Darstellung ist wenig plausibel, da der Vergleich ausdrücklich die von dem Kläger genehmigte Formulierung enthält "damit ist der Rechtsstreit erledigt".

41

Selbst unter Zugrundelegung einer solchen Fehlvorstellung wäre der Vergleich nicht wirksam angefochten worden. Nicht wegen Irrtums anfechtbar sind nämlich gemäß § 119 BGB Erklärungen, die auf einem während der Willensbildung unterlaufenden Irrtum im Beweggrund (Motivirrtum) beruhen. Ebenso wenig lässt sich ein Anfechtungsrecht aus einer Fehlvorstellung über die Rechtsfolgen herleiten, die kraft Gesetzes eintreten (Rechtsfolgenirrtum). Der nicht erkannte Eintritt zusätzlicher mittelbarer Rechtswirkungen, die zu den gewollten und eingetretenen Rechtsfolgen hinzutreten, ist als Motivirrtum unbeachtlich. Nur ausnahmsweise berechtigt ein Rechtsfolgenirrtum zur Anfechtung, nämlich wenn das vorgenommene Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigten Rechtswirkungen erzeugt (BVerwG, Urteil vom 10. März 2010, 6 C 15/09 (18) mit umfangreichen Hinweisen zur Rechtsprechung des BGH).

42

Wenn der Kläger nicht erkannt haben sollte, dass die mittelbare und gesetzlich vorgegebene Rechtsfolge eines Vergleichs die endgültige Erledigung des Rechtsstreits ist, würde es sich nach den oben dargestellten Kriterien um einen unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum handeln. Dieser wäre auch nicht ausnahmsweise beachtlich, weil der Vergleich zunächst keine wesentlich anderen als die beabsichtigten Rechtswirkungen erzeugt hat. Die Beteiligten hatten durch ein gegenseitiges Nachgeben und eine Verringerung der Rückzahlungsverpflichtung des Klägers eine endgültige Regelung über den Rechtsstreit getroffen.

43

Die Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor dem Senat, er habe gar nicht gewusst, was ein Vergleich ist, lassen ebenfalls keine andere Bewertung zu. Denn zur Überzeugung des Senats war ihm bei Abschluss des Vergleichs klar, dass er damit statt eines möglicherweise drohenden Erstattungsbetrags von über 1.800 EUR nur 1.477,63 EUR zurückzahlen und dass der Rechtsstreit damit seine Erledigung finden sollte. Auch auf ausdrückliches Nachfragen des Senats konnte der Kläger nicht bestätigen, dass er nach dem Ende des Termins annahm, der Rechtsstreit würde noch weiter gehen. Darüber hinaus ist auch angesichts der beruflichen Laufbahn des Klägers unglaubhaft, dass er nicht wusste, dass ein "Vergleich" ein gegenseitiges Geben und Nehmen beinhaltet. Es handelt sich nicht um einen juristischen Fachbegriff, der allein einer entsprechend vorgebildeten Bevölkerungsgruppe geläufig wäre. Vielmehr handelt es sich um ein Alltagswort, das in allen Lebensbereichen benutzt wird und dessen Sinn unmissverständlich ist.

44

Ungeachtet dessen wäre die Unkenntnis darüber, was ein Vergleich ist, kein zur Anfechtung berechtigender Irrtum. Vielmehr handelte es sich auch um einen unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum.

45

Unerheblich ist auch, dass der Kläger, wie er gegenüber dem Senat bekundet hat, nicht gewusst haben will, wie sich der im Vergleich bestimmte Rückzahlungsbetrag errechnete. Insoweit handelte es sich nicht um einen Irrtum im Sinne von § 119 BGB, sondern um bloße Unkenntnis der Herleitung des Vergleichsbetrags. Denn wer erklärt, dass er etwas nicht weiß, hat diesbezüglich keine Fehlvorstellung.

bb)

46

Der Vergleich ist auch nicht gemäß § 123 BGB wirksam wegen einer arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung angefochten worden.

47

Eine Täuschung in diesem Sinne kann durch positives Tun oder Unterlassen begangen werden. Die Täuschung durch positives Tun besteht in der ausdrücklichen oder stillschweigenden wahrheitswidrigen Behauptung von Tatsachen. Eine Täuschung durch Unterlassen kann durch ein Verschweigen von Tatsachen erfolgen, falls der Betreffende zu einer solchen Aufklärung verpflichtet ist (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Auflage, § 123 Rn. 5).

48

Hinweise für eine Täuschung durch positives Tun oder Unterlassen seitens des Beklagten liegen nicht vor. Dessen Vertreterin hatte keine unrichtigen Tatsachen genannt oder Umstände verschwiegen, zu deren Aufklärung sie vor Abschluss des Prozessvergleichs verpflichtet gewesen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 14. Januar 1991, 2 RU 51/90 (24)). Der Kläger wurde weder über die auf ihn entfallenden Anteile an der Rückzahlungsverpflichtung getäuscht i.S.v. § 123 Abs. 1 BGB, noch ist ein anderweitiges arglistiges Verhalten der Vertreterin des Beklagten erkennbar.

49

Auch seitens des Sozialgerichts ist keine arglistige Täuschung erfolgt. Das Vorbringen des Klägers, er sei über die Endgültigkeit eines Vergleichs getäuscht worden, führt nicht zur Nichtigkeit des Vergleichs. Eine Täuschung kann zwar gemäß § 123 Abs. 2 BGB auch durch einen Dritten erfolgen, der etwa ein Mitglied des Gerichts sein kann (BAG, Urteil vom 15. Mai 2010, 2 AZR 544/08 (28)).

50

Hier kann jedoch schon nach dem Vortrag des Klägers nicht davon ausgegangen werden, dass der Kammervorsitzende zu dem Vergleich angeraten und ihm dessen Bindungswirkung verschwiegen hätte, obwohl ihm ein Irrtum des Klägers über die Endgültigkeit eines Vergleichs bewusst gewesen wäre. Schon nach seinem Vorbringen und der - nicht bestrittenen - Schilderung im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts hatte der Kläger eine Unklarheit über die Folgen eines Vergleichs nicht zu erkennen gegeben. Vielmehr hatte er zunächst darauf beharrt, für den Fall der Erfolglosigkeit seiner Klage Revision oder Berufung einlegen zu wollen. Zur Annahme des Vergleichs entschloss er sich erst, als ihm der Kammervorsitzende die Alternativen einer Rückzahlungspflicht von 1.477,63 EUR oder 1.873,83 EUR vor Augen führte. Angesichts des darauf folgenden Einlenkens musste der Kammervorsitzende nicht annehmen, dass der Kläger weiterhin von einer Zulässigkeit der Revision oder Berufung ausgehen würde. Insofern bestand keinerlei Anlass, nochmals ausdrücklich auf die Unanfechtbarkeit des Vergleichs hinzuweisen. Aus den Schilderungen des Klägers gegenüber dem Senat ergibt sich nichts anderes. Zwar hat er behauptet, er hätte nicht gewusst, was ein Vergleich ist. Andererseits ist ihm die Erläuterung des Kammervorsitzenden klar gewesen, dass er bei Annahme des Vorschlags, dem Vertreterin des Beklagten schon zugestimmt hatte, weniger Geld als gefordert zurückzahlen würde müssen.

cc)

51

Der Vergleich ist auch nicht gemäß § 123 Abs. 1 BGB wegen widerrechtlicher Drohung seitens des Kammervorsitzenden unwirksam.

52

Eine Drohung in diesem Sinne setzt die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus. Der Bedrohte muss sich einer Zwangslage ausgesetzt sehen, die ihm subjektiv das Gefühl gibt, nur noch zwischen zwei Übeln entscheiden zu können.

53

Der Einwand des Klägers, er sei zum Vergleich genötigt worden, führt nicht zur Nichtigkeit. Der Hinweis des Kammervorsitzenden auf das Risiko einer für den Fall einer Entscheidung durch Gerichtsurteil zu erwartenden höheren Rückzahlungsverpflichtung ist keine Drohung in diesem Sinne. Er hatte im Rahmen der prozessualen Fürsorgepflicht die Aufgabe, den Beteiligten die Erfolgsaussichten ihrer Rechtsverfolgung und -verteidigung darzulegen. Die bloße Verdeutlichung von Prozessrisiken kann grundsätzlich nicht als Drohung gewertet werden (BAG, Urteil vom 12. Mai 2010, 2 AZR 544/08 (26,36)). Dem Vorbringen des Klägers sowie der Schilderung im angefochtenen Urteil ist auch nicht zu entnehmen, dass die Verhandlungsführung des Kammervorsitzenden den Eindruck erweckt hätte, er müsse sich zwingend dem Vergleichsvorschlag beugen, oder dass der Kläger derart unter Druck gesetzt worden wäre, dass er das Für und Wider eines Vergleichs nicht mehr abwägen konnte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger das Risiko der Rückzahlungspflicht hinsichtlich der vollen überzahlten Leistungen gesehen und sich deshalb für den - für ihn günstigeren - Vergleich entschieden hat. Erst nach Erhalt des Protokolls hat sich bei ihm offenkundig eine andere Wahrnehmung des Prozessrisikos gebildet.

54

Das Vorbringen, der Kammervorsitzende habe nach Sichtung seiner Unterlagen die Arme über dem Kopf zusammengeschlagen und nicht mehr gewusst, wie der Fall zu lösen wäre, führt ebenfalls nicht weiter. Denn aus einer - insoweit unterstellten - Unsicherheit über die materielle Rechtslage lässt sich nicht folgern, dass eine arglistige Täuschung über das Prozessrisiko oder eine Drohung vorgelegen hätten.

3.

55

Der Senat kann offen lassen, ob die Grundsätze der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 579, 580 ZPO auch für Prozessvergleiche gelten (Nein: Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 179 Rn. 3 b). Denn Voraussetzung für den hier allein in Betracht kommenden § 585 Nr. 5 ZPO wäre eine strafbare Amtspflichtverletzung eines Kammervorsitzenden. Dieser müsste wegen der Straftat rechtskräftig verurteilt worden sein, oder die Strafverfolgung müsste aus anderen Gründen als mangels Beweises nicht erfolgen können Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 179 Rn. 5 a,b). Beides liegt hier nicht vor.

III.

56

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen (§ 160 SGG). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage.


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published on 12/02/2013 00:00

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Juni 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Gründe I. 1 Der Kläger und Besch
published on 12/05/2010 00:00

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 19. Mai 2008 - 15 Sa 1265/07 - aufgehoben.
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Annotations

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, können die Beteiligten zu Protokoll des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können. Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen.

(2) Das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs erledigt insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ergibt.

(2) Ein Vertrag im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn

1.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre,
2.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 42 rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war,
3.
die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrages nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 42 rechtswidrig wäre,
4.
sich die Behörde eine nach § 55 unzulässige Gegenleistung versprechen lässt.

(3) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrages, so ist er im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

(1) Um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, können die Beteiligten zu Protokoll des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können. Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen.

(2) Das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs erledigt insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(1) Das Protokoll ist insoweit, als es Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 1, 3, 4, 5, 8, 9 oder zu Protokoll erklärte Anträge enthält, den Beteiligten vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen. Ist der Inhalt des Protokolls nur vorläufig aufgezeichnet worden, so genügt es, wenn die Aufzeichnungen vorgelesen oder abgespielt werden. In dem Protokoll ist zu vermerken, dass dies geschehen und die Genehmigung erteilt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(2) Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 brauchen nicht abgespielt zu werden, wenn sie in Gegenwart der Beteiligten unmittelbar aufgezeichnet worden sind; der Beteiligte, dessen Aussage aufgezeichnet ist, kann das Abspielen verlangen. Soweit Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 und 5 in Gegenwart der Beteiligten diktiert worden sind, kann das Abspielen, das Vorlesen oder die Vorlage zur Durchsicht unterbleiben, wenn die Beteiligten nach der Aufzeichnung darauf verzichten; in dem Protokoll ist zu vermerken, dass der Verzicht ausgesprochen worden ist.

(1) Der Inhalt des Protokolls kann in einer gebräuchlichen Kurzschrift, durch verständliche Abkürzungen oder auf einem Ton- oder Datenträger vorläufig aufgezeichnet werden.

(2) Das Protokoll ist in diesem Fall unverzüglich nach der Sitzung herzustellen. Soweit Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 und 5 mit einem Tonaufnahmegerät vorläufig aufgezeichnet worden sind, braucht lediglich dies in dem Protokoll vermerkt zu werden. Das Protokoll ist um die Feststellungen zu ergänzen, wenn eine Partei dies bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens beantragt oder das Rechtsmittelgericht die Ergänzung anfordert. Sind Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 unmittelbar aufgenommen und ist zugleich das wesentliche Ergebnis der Aussagen vorläufig aufgezeichnet worden, so kann eine Ergänzung des Protokolls nur um das wesentliche Ergebnis der Aussagen verlangt werden.

(3) Die vorläufigen Aufzeichnungen sind zu den Prozessakten zu nehmen oder, wenn sie sich nicht dazu eignen, bei der Geschäftsstelle mit den Prozessakten aufzubewahren. Aufzeichnungen auf Ton- oder Datenträgern können gelöscht werden,

1.
soweit das Protokoll nach der Sitzung hergestellt oder um die vorläufig aufgezeichneten Feststellungen ergänzt ist, wenn die Parteien innerhalb eines Monats nach Mitteilung der Abschrift keine Einwendungen erhoben haben;
2.
nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens.
Soweit das Gericht über eine zentrale Datenspeichereinrichtung verfügt, können die vorläufigen Aufzeichnungen an Stelle der Aufbewahrung nach Satz 1 auf der zentralen Datenspeichereinrichtung gespeichert werden.

(4) Die endgültige Herstellung durch Aufzeichnung auf Datenträger in der Form des § 130b ist möglich.

(1) Das Protokoll ist insoweit, als es Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 1, 3, 4, 5, 8, 9 oder zu Protokoll erklärte Anträge enthält, den Beteiligten vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen. Ist der Inhalt des Protokolls nur vorläufig aufgezeichnet worden, so genügt es, wenn die Aufzeichnungen vorgelesen oder abgespielt werden. In dem Protokoll ist zu vermerken, dass dies geschehen und die Genehmigung erteilt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(2) Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 brauchen nicht abgespielt zu werden, wenn sie in Gegenwart der Beteiligten unmittelbar aufgezeichnet worden sind; der Beteiligte, dessen Aussage aufgezeichnet ist, kann das Abspielen verlangen. Soweit Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 und 5 in Gegenwart der Beteiligten diktiert worden sind, kann das Abspielen, das Vorlesen oder die Vorlage zur Durchsicht unterbleiben, wenn die Beteiligten nach der Aufzeichnung darauf verzichten; in dem Protokoll ist zu vermerken, dass der Verzicht ausgesprochen worden ist.

(1) Ein Beteiligter ist prozeßfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann.

(2) Minderjährige sind in eigener Sache prozeßfähig, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind. Zur Zurücknahme eines Rechtsbehelfs bedürfen sie der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.

(3) Für rechtsfähige und nichtrechtsfähige Personenvereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) Für Entscheidungsgremien im Sinne von § 70 Nr. 4 handelt der Vorsitzende.

(5) In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts wird das Land durch das Landesversorgungsamt oder nach Maßgabe des Landesrechts durch die Stelle vertreten, der dessen Aufgaben übertragen worden sind oder die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes oder des Rechts der Teilhabe behinderter Menschen zuständig ist.

(6) Die §§ 53 bis 56 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

Geschäftsunfähig ist:

1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ergibt.

(2) Ein Vertrag im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn

1.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre,
2.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 42 rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war,
3.
die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrages nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 42 rechtswidrig wäre,
4.
sich die Behörde eine nach § 55 unzulässige Gegenleistung versprechen lässt.

(3) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrages, so ist er im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozeßordnung wieder aufgenommen werden.

(2) Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat.

(3) Auf Antrag kann das Gericht anordnen, daß die gewährten Leistungen zurückzuerstatten sind.

(1) Die Nichtigkeitsklage findet statt:

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.

(2) In den Fällen der Nummern 1, 3 findet die Klage nicht statt, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Für die Erhebung der Klagen und das weitere Verfahren gelten die allgemeinen Vorschriften entsprechend, sofern nicht aus den Vorschriften dieses Gesetzes sich eine Abweichung ergibt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.