Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 04. Sept. 2014 - L 5 AS 1066/13

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2014:0904.L5AS1066.13.0A
bei uns veröffentlicht am04.09.2014

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für im Zusammenhang mit einer Arbeitsaufnahme entstandene Fahrtkosten hat.

2

Der am ... 1968 geborene Kläger bezog von dem Beklagten laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 8. März 2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger und den mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen der Grundsicherung für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2011. Zum 4. April 2011 nahm der Kläger aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 1. April 2011 eine abhängige Vollzeitbeschäftigung bei der Firma ZAP Z., Arbeitsvermittlung und Projektmanagement GmbH, S. als Maschinenbauer auf. Für diese Tätigkeit beantragte er am 22. März 2011 formlos bei dem Beklagten die Übernahme der Fahrtkosten für die hierdurch entstehenden Pendelfahrten. Er machte geltend, er werde bei einer Firma in C. (S.) eingesetzt und habe einen täglichen Arbeitsweg zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte von 98 km (Hin- und Rückfahrt) zurückzulegen. Die Fahrten werde er als Selbstfahrer mit einem eigenen Kfz durchführen. Dadurch entständen ihm monatliche Fahrtkosten iHv 540,- EUR. Da der Kläger im Rahmen der bisherigen Eingliederungsbemühungen des Beklagten stets angegeben hatte, dass er keine Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen besitze, holte der Beklagte eine Auskunft des Landkreises Jerichower Land vom 4. August 2011 ein, wonach dem Kläger die Fahrerlaubnis bereits mehrfach entzogen worden ist, zuletzt am 19. Juni 2000. Einen Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis hatte diese Behörde am 10. Dezember 2003 abgelehnt.

3

Mit Bescheid vom 1. September 2011 lehnte der Beklagte den Antrag ab und führte aus: Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget als Ermessensleistung, da er seit dem Jahre 2003 nicht mehr über eine gültige Fahrerlaubnis verfüge. Fahrtkosten für Pendelfahrten als Selbstfahrer könnten daher nicht entstehen. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend: Die dem Beklagten vorliegenden Informationen änderten nichts an der tatsächlichen Entstehung der Kosten. Zudem sei er im Besitz eines gültigen Führerscheins. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies er auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung. Ergänzend führte er an: Der Kläger habe selbst angegeben, nicht im Besitz eines gültigen Führerscheins zu sein. Nach Mitteilung der Führerscheinstelle des Landkreises Jerichower Land verfüge er über einen solchen nicht. Er habe einen Führerschein trotz Aufforderung nicht vorgelegt.

4

Dagegen hat der Kläger am 13. Januar 2012 beim Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben. Zur Begründung hat er unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen vorgetragen: Die Vorlage des angeforderten Führerscheins sei für eine korrekte Entscheidung nicht erforderlich. Für das Verlangen des Beklagten fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Die Informationen der Führerscheinstelle Burg seien nicht zutreffend.

5

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. November 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung von Fahrtkosten. Es fehle bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II iVm § 45 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III). Eine Übernahme der Fahrtkosten setze voraus, dass diese tatsächlich für die täglichen Pendelfahrten anfielen. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn der Kläger berechtigt sei, selbst ein Fahrzeug zu führen. Dies sei jedoch nicht der Fall, da er aus den vom Beklagten dargelegten Gründen nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis sei. Sollte der Kläger gleichwohl ein Kraftfahrzeug führen, so läge eine Straftat vor, die durch den Beklagten nicht über Vermittlungsleistungen gefördert werden dürfe.

6

Gegen den ihm am 29. November 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 9. Dezember 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen.

7

Der Berichterstatter hat den Kläger mit gerichtlicher Verfügung vom 8. Juli 2014 aufgefordert, klarzustellen, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe er Leistungen vom Beklagten begehrt. Hierzu hat dieser keine Stellungnahme abgegeben.

8

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

9

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. November 2013 und den Bescheid des Beklagten vom 1. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für den Zeitraum ab April 2011 Fahrtkosten iHv monatlich 540,00 EUR zu gewähren.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Berufung zurückzuweisen.

12

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

13

Der Senat hat im Berufungsverfahren eine Auskunft des Landkreises J. L. vom 17. Juni 2014 eingeholt. Nach Mitteilung dieser Behörde ist der Kläger im Besitz eines am 2. Februar 2006 ausgestellten tschechischen Führerscheins der Klasse B, in dem ein deutscher Wohnsitz (B.) eingetragen ist. Der Führerschein sei unter Missachtung der Wohnsitzvoraussetzungen nach Art. 7 Abs. 1 b der Richtlinie 91/439/EWG iVm § 28 Abs. 1 und 4 Satz 1 Nr. 3 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) ausgestellt worden und berechtige den Kläger nicht zum Führen eines Kraftfahrzeugs in der Bundesrepublik Deutschland.

14

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

15

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

16

1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist nach § 143 SGG statthaft. Sie ist auch nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen.

17

2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 1. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn er hat weder Anspruch gegen den Beklagten auf die begehrte Fahrtkostenbeihilfe, noch auf eine Neubescheidung seines Antrags.

18

Streitgegenständlich ist allein der Anspruch auf die geltend gemachten Eingliederungsleistungen. Dabei handelt es sich um einen von den laufenden Leistungen der Grundsicherung abtrennbaren Streitgegenstand (vgl. BSG, Urteil vom 9. November 2010 - B 4 AS 7/10 R, juris Rn. 18 zu § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II), der isoliert geltend gemacht werden kann.

19

a) Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Fahrtkostenbeihilfe folgt nicht aus § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II iVm § 45 SGB III. Danach können Arbeitsuchende aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist (§ 45 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird (§ 45 Abs. 1 Satz 3 SGB III). Nach § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB III entscheidet die Agentur für Arbeit über den Umfang der zu erbringenden Leistungen; sie kann Pauschalen festlegen.

20

Die Gewährung der Fahrtkostenbeihilfe ist danach in das Ermessen des Beklagten gestellt. Deshalb hat ein Antragsteller grundsätzlich auch keinen Anspruch auf die Leistung, sondern nur auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (SGB I) iVm § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Leistung vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 7/7a AL 26/07 R; BSG, Urteil vom 14. Dezember 1994 - 4 RA 42/94). Die Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II stellt insoweit klar, dass der Grundsicherungsträger die Leistungen aus dem Katalog des § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II nur dann erbringen kann, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Leistung nach den Vorschriften des SGB III gegeben sind. Es handelt sich um eine Rechtsgrundverweisung auf die Vorschriften des SGB III, wobei die Besonderheiten des Leistungssystems des SGB II - wie das Entfallen der Prüfung von Verfügbarkeit und Arbeitslosigkeit - zu beachten sind (BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 117/10 R).

21

Vorliegend sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Regelung nicht erfüllt. Denn die begehrte Förderung ist für die berufliche Eingliederung des Klägers nicht notwendig gewesen im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Die Norm ermächtigt den Beklagten nach Sinn und Zweck der Bestimmung von vorn herein nicht dazu, aus dem Vermittlungsbudget Fahrtkostenbeihilfen für Fahrten zu erbringen, die den objektiven Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG) erfüllen. Der Kläger verfügte vorliegend über keine wirksame Fahrerlaubnis, da er mit dem ihm ausgestellten tschechischen Führerschein im Inland kein Fahrzeug führen durfte.

22

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) in der hier anwendbaren Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29) dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland haben - vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Die Berechtigung nach Abs. 1 gilt gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen (§ 28 Abs. 4 Satz 2 FeV).

23

Diese Fassung des § 28 Abs. 1 und 4 FeV findet auch auf die vor dem 19. Januar 2009 erteilten Fahrerlaubnisse Anwendung. Denn die Neufassung der Norm ist darauf beschränkt, die bereits durch das Unionsrecht bewirkte teilweise Nichtanwendbarkeit der bisherigen Regelung im Normtext nachzuvollziehen (BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 - 3 C 25/10; aA OVG Münster, Urteil vom 8. Mai 2009 - A 3373/07).

24

Der gemeinschaftsrechtliche Maßstab ergibt sich aus der Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein 91/439/EWG (ABl L 237 vom 24. August 1991, S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/112/EG der Kommission vom 25. August 2009 (ABl L 223 vom 26. August 2009 S. 26). Dagegen ist die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl 403 S. 18), die sog. 3. EU-Führerscheinrichtlinie, nicht anwendbar. Nach ihrem Art. 18 gilt Art. 11 Abs. 1 und 3 bis 6 mit den Regelungen über den Entzug, die Ersetzung und die Anerkennung von Führerscheinen erst ab dem 19. Januar 2009. Aus dem 5. Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt sich, dass vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erworbene Fahrerlaubnisse unberührt bleiben sollen. Damit beansprucht die Richtlinie keine Geltung für früher erteilte Fahrerlaubnisse (BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 - 3 C 25/10).

25

Liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV vor, ist der Inhaber der Fahrerlaubnis nicht berechtigt, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen; macht er von dieser Gebrauch, ist der objektive Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG erfüllt (BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 - 3 C 28/10). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine in einem Mitgliedsstaat erworbene Fahrerlaubnis einen Wohnsitz in Deutschland ausweist (BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 - 3 C 25/10, zu einer in der Tschechischen Republik ausgestellten Fahrerlaubnis).

26

Nach Wortlaut und Systematik genügt bereits das Vorliegen der Voraussetzungen einer der in § 28 Abs. 4 FeV aufgeführten Fallgruppen, um die Nichtgeltung der Fahrerlaubnis in Deutschland herbeizuführen (BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 - 3 C 25/10). Eines zusätzlichen konstitutiven Verwaltungsakts, der diese Rechtsfolge ausspricht, oder das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV bedarf es nicht (BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 - 3 C 28/10). Eine unter Verstoß gegen § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ausgestellte EU-Fahrerlaubnis ist damit in Deutschland bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung unwirksam (BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 - 3 C 25/10).

27

Der Regelung des § 28 Abs. 1 und 4 Satz 1 FeV steht auch höherrangiges deutsches Recht nicht entgegen. Insbesondere lässt sich die Notwendigkeit einer konstitutiven Einzelfallentscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde nicht mit dem Erfordernis der Rechtssicherheit oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründen und damit letztlich nicht aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herleiten (eingehend dazu: BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 - 3 C 25/10; BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 - 3 C 28/10).

28

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe verfügte der Kläger nicht über eine im Inland geltende Fahrerlaubnis. Nach Auskunft der Führerscheinstelle vom 17. Juni 2014 ist der Kläger zwar im Besitz eines am 2. Februar 2006 in der Tschechischen Republik ausgestellten Führerscheins. In diesem ist jedoch ein deutscher Wohnsitz ausgewiesen. Damit sind die Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV erfüllt und der Kläger ist nicht nach Abs. 1 der Vorschrift zum Führen eines Kraftfahrzeugs im Inland berechtigt. Einer weiteren Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde bedurfte es hierfür nicht.

29

Unerheblich ist es, dass im Recht der Tschechischen Republik zu dem Zeitpunkt, als dem Kläger dort sein neuer Führerschein ausgestellt wurde, das in der Führerscheinrichtlinie aufgestellte Wohnsitzerfordernis noch nicht umgesetzt war, sondern dieses erst mit Wirkung zum 1. Juli 2006 in die tschechische Rechtsordnung eingefügt wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 3 C 26/07, juris Rn. 34). Es kommt allein darauf an, dass gegen das durch die Richtlinie selbst vorgegebene Wohnsitzerfordernis verstoßen wurde. Davon geht auch der EuGH in seiner Rechtsprechung aus, denn die ihm zur Vorabentscheidung vorgelegten Verfahren, die Ausgangspunkt für seine neue Rechtsprechung waren (vgl. Urteil vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und C-343/06, Rn. 67), betrafen gerade solche vor dem 1. Juli 2006 erteilten tschechischen Fahrerlaubnisse (BVerwG, a. a. O.). Ebenso kommt es nicht darauf an, ob im Führerschein des Klägers der nach § 3 Abs. 2 StVG iVm § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 FeV vorgesehene Sperrvermerk (vgl. dazu BVerwG, a. a. O.) eingetragen worden ist.

30

Ist dem Beklagten danach kein Ermessen im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB III eröffnet, ist eine Leistung ebenso ausgeschlossen wie eine Neubescheidung des Antrags.

31

b) Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 16 f SGB II. Der Senat kann offen lassen, ob eine solche Förderung aufgrund des Umgehungs- und Aufstockungsverbotes nach § 16 f Abs. 2 Satz 3 SGB II (vgl. dazu BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 227/10 R) für die hier geltend gemachten Kosten überhaupt in Betracht kommt. Fehlt es - wie hier - an einer Berechtigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs, ist eine Leistungsgewährung durch eine freie Förderung jedenfalls ausgeschlossen.

32

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

33

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.


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(1) Zur Eingliederung in Arbeit erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches. Sie kann folgende Leistungen des Dritten Kapitels des Dritten Buches erbringen:

1.
die übrigen Leistungen der Beratung und Vermittlung nach dem Ersten Abschnitt mit Ausnahme der Leistung nach § 31a,
2.
Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt,
3.
Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnitts und Leistungen nach § 54a Absatz 1 bis 5,
4.
Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt, mit Ausnahme von Leistungen nach § 82 Absatz 6, und Leistungen nach den §§ 131a und 131b,
5.
Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts.
Für Eingliederungsleistungen an erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen nach diesem Buch gelten entsprechend
1.
die §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2, 5 und 6 des Dritten Buches,
2.
§ 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 3 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
3.
die §§ 127 und 128 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung.
§ 1 Absatz 2 Nummer 4 sowie § 36 und § 81 Absatz 2 und 3 des Dritten Buches sind entsprechend anzuwenden.

(2) Soweit dieses Buch nichts Abweichendes regelt, gelten für die Leistungen nach Absatz 1 die Regelungen des Dritten Buches mit Ausnahme der Verordnungsermächtigung nach § 47 des Dritten Buches sowie der Anordnungsermächtigungen für die Bundesagentur und mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 tritt. § 44 Absatz 3 Satz 3 des Dritten Buches gilt mit der Maßgabe, dass die Förderung aus dem Vermittlungsbudget auch die anderen Leistungen nach dem Zweiten Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen darf. Für die Teilnahme erwerbsfähiger Leistungsberechtigter an einer Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses werden Leistungen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 in Verbindung mit § 82 des Dritten Buches nicht gewährt, wenn die betreffende Maßnahme auf ein nach § 2 Absatz 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes förderfähiges Fortbildungsziel vorbereitet.

(3) Abweichend von § 44 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches können Leistungen auch für die Anbahnung und Aufnahme einer schulischen Berufsausbildung erbracht werden.

(3a) Abweichend von § 81 Absatz 4 des Dritten Buches kann die Agentur für Arbeit unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung beauftragen, wenn die Maßnahme den Anforderungen des § 180 des Dritten Buches entspricht und

1.
eine dem Bildungsziel entsprechende Maßnahme örtlich nicht verfügbar ist oder
2.
die Eignung und persönlichen Verhältnisse der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten dies erfordern.
§ 176 Absatz 2 des Dritten Buches findet keine Anwendung.

(3b) Abweichend von § 87a Absatz 2 des Dritten Buches erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte auch im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Weiterbildungsgeld, sofern sie die sonstigen Voraussetzungen nach § 87a Absatz 1 des Dritten Buches erfüllen.

(4) Die Agentur für Arbeit als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende kann die Ausbildungsvermittlung durch die für die Arbeitsförderung zuständigen Stellen der Bundesagentur wahrnehmen lassen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Höhe, Möglichkeiten der Pauschalierung und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Erstattung von Aufwendungen bei der Ausführung des Auftrags nach Satz 1 festzulegen.

(5) (weggefallen)

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Dezember 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.1. bis 31.5.2005.

2

Die Klägerin zu 1 erhielt bis Ende Juni 2004 Alg und anschließend Alhi. Sie lebt mit dem Kläger zu 2 (im Weiteren Kläger), der Einkommen aus einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit erzielt und der gemeinsamen, im Jahre 2000 geborenen Tochter, der Klägerin zu 3, zusammen. Die Aufwendungen für die gemeinsame Wohnung beinhalteten im oben benannten Zeitraum ua 70 Euro monatlich für Heizung.

3

Den Antrag der Kläger auf Leistungen nach dem SGB II beschied der Beklagte zunächst mit der Begründung abschlägig, das bereinigte Nettoeinkommen des Klägers übersteige seinen Bedarf und den der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Klägerinnen zu 1 und 3 (Bescheid vom 7.12.2004). Nachdem die Klägerin zu 1 ua auf eine bei ihr bestehende Schwangerschaft hingewiesen hatte, änderte der Beklagte den Bescheid ab und bewilligte für den Monat Februar 2005 5,60 Euro sowie die Monate März bis Mai 2005 je 26,80 Euro Alg II (Bescheid vom 4.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.3.2005).

4

Mit ihrer Klage vor dem SG Oldenburg hat die Klägerin zu 1 geltend gemacht, dass sie und der Kläger keine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Ferner hat sie die Absetzung der Fahrkosten in Höhe von 0,30 Euro per km und des Kindergartenbeitrags für die Klägerin zu 3 vom Einkommen des Klägers sowie von Aufwendungen für ihre private Haftpflichtversicherung geltend gemacht. Zudem habe der Beklagte den Erwerbstätigenfreibetrag des Klägers falsch berechnet und es zu Unrecht unterlassen, die Beiträge des Klägers zur betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 167,25 Euro von seinem Einkommen in Abzug zu bringen. Während des Klageverfahrens änderte der Beklagte die angefochtenen Bescheide erneut (Bescheide vom 22.8. und 20.10.2005). Bei seiner Berechnung setzte er nunmehr einen Betrag von 66,65 Euro - zusammengesetzt aus den Arbeitgeberzuschüssen zur betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 13,23 und 23,42 Euro und den Mindesteigenbeitrag nach § 86 EStG von 29,90 Euro (2 vH der beitragspflichtigen Einnahmen des vorangegangenen Kalenderjahres) - vom Einkommen des Klägers ab. Für den Monat Februar 2005 bewilligte er 53,93 Euro und von März bis Mai 2005 je 75,13 Euro Alg II. Diese Berechnung legte er auch den ab 1.6.2005 bewilligten Leistungen zu Grunde (Fortzahlungsantrag der Kläger vom 23.5.2005, Bescheide vom 9.6. und 22.8.2005). Das SG hat der Klage insoweit stattgegeben, als es den Beklagten zur Neuberechnung der SGB II-Leistungen unter Berücksichtigung des Einkommens des Klägers nach Abzug der gesamten tatsächlich nachgewiesenen Zahlungen an die private Pensionskasse verurteilt hat (Urteil vom 23.11.2005).

5

Auf die Berufung des Beklagten hiergegen hat das LSG Niedersachsen-Bremen das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 3.12.2009). Zur Begründung hat es ausgeführt, zu Recht seien Beklagter und SG von dem Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen, denn die Klägerin zu 1 und der Kläger lebten in einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB II. Im Gegensatz zu den Ausführungen des Beklagten seien die Aufwendungen der Kläger für Heizkosten nicht unangemessen. Gleichwohl stehe ihnen keine höhere Leistung für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II zu, denn der Beklagte habe es versäumt, die Kosten der Warmwasserbereitung von den Aufwendungen für Heizung in Abzug zu bringen. Damit liege der Bedarf der Kläger für Heizkosten unter den bewilligten Aufwendungen für Heizung. Ein höherer als der vom Beklagten vorgesehene Absetzbetrag für die Vorsorgeaufwendungen zur betrieblichen Alterssicherung habe nicht in Abzug gebracht werden können. Zwar handele es sich bei dem Arbeitgeberbeitrag zur Pensionskasse um eine zweckgebundene Einnahme, die nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II nicht bei der Berechnung des Alg II zu berücksichtigen sei. Ohne den Abschluss der betrieblichen Alterssicherung hätte der Arbeitgeber des Klägers diese Aufwendungen für ihn nicht getätigt. Anders verhalte es sich mit den vom Kläger im Rahmen der Entgeltumwandlung aufgebrachten Leistungen für betriebliche Altersversorgung von 167,25 Euro monatlich. Hierbei handele es sich um zu berücksichtigendes Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Allerdings seien monatlich 29,95 Euro im Rahmen des § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II als angemessener Beitrag abzusetzen. Ausgangspunkt sei insoweit der Mindesteigenbeitrag nach § 86 EStG. Die Höhe des Absetzungsbetrags für die betriebliche Alterssicherung lehne sich aus Gründen der Gleichbehandlung an denjenigen des § 11 Abs 2 Nr 4 SGB II für die "Riesterrente" an. Letztlich könne es dahinstehen, ob der Kläger ein Kündigungsrecht hinsichtlich der betrieblichen Alterssicherung auch faktisch habe ausüben können, denn in Höhe des von dem Beklagten benannten Betrags sei ein Versicherungsbeitrag angemessen. Neben den Beiträgen für die betriebliche Alterssicherung seien ferner Erwerbstätigenfreibeträge in monatlich wechselnder Höhe vom Einkommen in Abzug zu bringen. Unter Berücksichtigung dessen ergebe sich insgesamt für den Monat Januar 2005 ein Überhang an Einkommen gegenüber dem Bedarf nach dem SGB II. In den Monaten Februar bis Mai 2005 sei der Bedarf zwar höher als das Einkommen gewesen, allerdings niedriger als vom Beklagten errechnet. Ein Nachzahlbetrag für die Kläger ergebe sich mithin nicht.

6

Die Kläger haben die vom LSG zugelassene Revision mit einem Verstoß gegen § 11 Abs 2 SGB II begründet. Erkenne man - wie das LSG - die Notwendigkeit der zusätzlichen Alterssicherung neben der gesetzlichen an und folge hieraus, dass grundsätzlich Beiträge zur betrieblichen Alterssicherung vom Einkommen im Rahmen der Berechnung der SGB II-Leistung abzusetzen seien, sei eine Begrenzung auf den von dem Beklagten benannten Betrag nicht angemessen. Eine Sicherung für das Alter könne daraus nicht aufgebaut werden. Ein Gleichklang von § 11 Abs 2 Halbs 1 und § 11 Abs 2 Nr 4 SGB II sei nicht zwangsläufig. Der Gesetzgeber habe die Tatbestände bereits unterschiedlich ausgestaltet. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der entgeltumgewandelte Teil des Arbeitseinkommens des Klägers, würde er nicht als Beitrag an die Pensionskasse abgeführt, steuer- und sozialversicherungspflichtig wäre. Eine Kündigung des Versicherungsvertrags scheide nach Auffassung des Arbeitgebers aus, so dass sie nicht ohne eine das Arbeitsverhältnis zerrüttende gerichtliche Auseinandersetzung durchzusetzen wäre.

7

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Dezember 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 23. November 2005 zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er bezieht sich auf die Ausführungen in der Entscheidung des LSG.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet.

11

Der Senat vermochte über die Höhe des Leistungsanspruchs der Kläger nicht abschließend zu entscheiden. Nach den Feststellungen des LSG konnte der Senat nicht beurteilen, in welcher Höhe von dem Erwerbseinkommen des Klägers die aus seinem umgewandelten Bruttoarbeitsentgelt entrichteten "Beiträge" zur betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse) im streitigen Zeitraum abzusetzen waren. Es handelt sich insoweit zwar um dem Grunde nach angemessene Beiträge zu einer privaten Versicherung iS des § 11 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGB II. Zutreffend ist das LSG auch davon ausgegangen, dass sich die Angemessenheit der Höhe der Beiträge bei der betrieblichen Altersversorgung grundsätzlich ebenfalls nach dem Mindesteigenbetrag für die "Riesterförderung" gemäß § 86 EStG bestimmt. Dem Hilfebedürftigen ist jedoch bis zur ersten objektiv rechtlichen Möglichkeit der Änderung der Beitragshöhe nach Eintritt in den SGB II-Leistungsbezug eine "Schonfrist" einzuräumen, in der die tatsächlich abgeführten Beiträge, soweit sie nicht die Grenze des § 3 Nr 63 EStG überschreiten vom Einkommen als der Höhe nach angemessene Beiträge abzusetzen sind. Insoweit fehlt es jedoch an Feststellungen des LSG.

12

1. Streitgegenstand ist die Höhe der durch Bescheide vom 4.3.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.3.2005, diese wiederum in der Fassung der Bescheide vom 22.8. und 20.10.2005 festgesetzten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Kläger im Zeitraum vom 1.1. bis 31.5.2005. Leistungen für den Zeitraum ab dem 1.6.2005 sind - wie das LSG zutreffend festgestellt hat - nicht mehr vom Streitgegenstand umfasst. Zum einen haben die Kläger am 23.5.2005 einen Fortzahlungsantrag gestellt, der alsdann vom Beklagten für den Zeitraum ab dem 1.6.2005 am 9.6. und 22.8.2005 beschieden worden ist. Damit endet der hier streitige Zeitraum am 31.5.2005 (vgl BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/06 R). Bescheide für weitere Leistungszeiträume sind auch nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden. § 96 SGG findet in Angelegenheiten des SGB II nach der ständigen Rechtsprechung des BSG keine Anwendung(s nur BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R, BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 4/06 R; BSG Urteil vom 25.6.2008 - B 11b AS 45/06 R).

13

2. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass die drei Kläger eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b und § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl I 2014) bilden. Die Kläger haben die Feststellungen des LSG insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffen und auch nicht dargelegt, dass das LSG die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten haben könnte. Hieraus folgt, dass nach § 9 Abs 2 SGB II das Erwerbseinkommen des Klägers bei der Deckung der Bedarfe der Klägerinnen zu 1 und 3 nach den Regeln des § 11 SGB II iVm der Alg II-V zu berücksichtigen ist.

14

3. Soweit das LSG den klägerischen Heizbedarf anders bestimmt hat als der Beklagte, insbesondere festgestellt hat, dass die Höhe der Aufwendungen der Kläger für Heizung nicht unangemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ist, hat es - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der Grundsicherungssenate des BSG - die Angemessenheit an Hand der Daten des Heizkostenspiegels überprüft(vgl BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R, BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 26; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 29). Es ist dabei zu dem nicht zu beanstandenden Ergebnis gelangt, dass Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches Heizverhalten der Kläger nicht vorliegen. In der Folge haben die Kläger jedoch gleichwohl keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Zutreffend berücksichtigt das LSG, dass der Beklagte ausweislich der Aktenlage keinen Abzug von den Heizkosten für die Warmwasserbereitung vorgenommen hat. Dieses wäre jedoch erforderlich gewesen, denn nach ständiger Rechtsprechung des BSG sind die Kosten der Warmwasserbereitung aus der Regelleistung zu decken (BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R, BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R , BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18; BSG Beschluss vom 16.7.2009 - B 14 AS 121/08 B und Beschluss vom 26.5.2010 - B 4 AS 7/10 B). Hieraus folgt, dass der Bedarf der Kläger für Heizkosten niedriger ist, als der, den der Beklagte seiner Leistungsberechnung zu Grunde gelegt hat. Eine Rückzahlungsverpflichtung der Kläger folgt hieraus zwar wegen des Verbots der reformatio in peius nicht. Der niedrigere Heizbedarf wird jedoch als Berechnungsfaktor in eine ggf vorzunehmende Neuberechnung der Leistung auf Grund eines höheren Absetzbetrags für die betriebliche Altersversorgung einzufließen haben.

15

4. Von dem vom Kläger erzielten Erwerbseinkommen, das er zur Deckung des Bedarfs der Bedarfsgemeinschaft einzusetzen hat (s unter 2.), hat der Beklagte vor der Berücksichtigung zutreffend Beträge für Fahrkosten und die Kfz-Haftpflichtversicherung sowie die Versicherungspauschale abgesetzt. Auch der Höhe nach sind diese Absetzbeträge nicht zu beanstanden.

16

Hinsichtlich der Fahrkosten hat das LSG mit zutreffender Begründung einen Betrag von 0,06 Euro pro Entfernungskilometer angesetzt. Dies folgt aus § 3 Nr 3 Buchst a bb Alg II-V idF vom 20.10.2004 (BGBl I 2622; vgl auch BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 89/09 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Höhere Aufwendungen haben die Kläger nicht nachgewiesen. Nach dem Wortlaut des § 3 Nr 3 Buchst a bb Alg II-V ist auf den Entfernungskilometer und nicht die Kilometer abzustellen, die sich aus der Aufaddierung von Hin- und Rückweg zur Arbeitsstätte ergeben. Steuerrechtliche Regelungen finden bei der Berechnung der Höhe der Leistungen zur Existenzsicherung nach dem SGB II keine Anwendung.

17

5. Die Beiträge für den Kindergartenbesuch der Klägerin zu 3 können nicht zur Minderung des nach § 11 SGB II zu berücksichtigenden Einkommens des Klägers herangezogen werden. Zutreffend hat das LSG dargelegt, dass Aufwendungen für Kinderbetreuung im Rahmen des § 11 Abs 2 Nr 5 SGB II iVm § 3 letzter Halbs Alg II-V in der oben benannten Fassung vom zu berücksichtigenden Einkommen in Absatz gebracht werden können(s auch Fachliche Hinweise der BA zu § 11 SGB II Nr 11.81 - Kinderbetreuungskosten). Mit dem 11. Senat des BSG ist der erkennende Senat in Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerwG zu § 76 Abs 2 Nr 4 BSHG(BVerwG Urteil vom 21.12.2001 - 5 C 27/00, BVerwGE 115, 331) jedoch der Auffassung, dass eine Absetzbarkeit als "Werbungskosten" nur dann erfolgen kann, wenn die Betreuungsaufwendungen infolge der Erwerbstätigkeit entstanden sind (vgl BSG Urteil vom 10.7.2003 - B 11 AL 71/02 R, SozR 4-4300 § 194 Nr 3 ). Die Abhängigkeit der Übernahme der Betreuungskosten von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit zeigt zudem § 16 Abs 2 SGB II in der bis zur Änderung durch das Gesetz zur Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) bis zum 1.1.2009 geltenden Fassung. Danach können Aufwendungen für Betreuung minderjähriger Kinder als kommunale Eingliederungsleistungen erbracht werden. Auch insoweit besteht mithin eine finale Verknüpfung mit der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (vgl Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 16 RdNr 181). An dieser Verknüpfung mangelt es vorliegend. Die Ausübung der Erwerbstätigkeit durch den Kläger ist nicht davon abhängig, dass die Klägerin zu 3 in einem Kindergarten betreut wird.

18

Inwieweit die Klägerin zu 1 einen Anspruch auf die kommunale Eingliederungsleistung nach § 16 Abs 2 Nr 1 SGB II im strittigen Zeitraum hat, war vom Senat im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden. Insoweit mangelt es zum einen an einer vorhergehenden Verwaltungsentscheidung des Beklagten (vgl hierzu BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 36/06 R, BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6). Zum Zweiten ist dieser Streitgegenstand auch nicht von den Anträgen der Kläger im Berufungs- und Revisionsverfahren (§ 123 SGG) umfasst. Der Anspruch auf Eingliederungsleistungen nach dem SGB II ist ein selbstständiger und im Rahmen der Leistungsbreite des Grundsicherungsrechts abtrennbarer Streitgegenstand (BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 63/09 R; BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R, SozR 4-4200 § 16 Nr 1; BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 66/07 R, BSGE 102, 73 = SozR 4-4200 § 16 Nr 3).

19

6. Ob bei der Berechnung des zu berücksichtigenden Erwerbseinkommens des Klägers die von diesem aus seinem umgewandelten Bruttoarbeitsentgelt entrichteten Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse) im streitigen Zeitraum in tatsächlich aufgewendeter Höhe abzusetzen sind, konnte der Senat nicht abschließend feststellen.

20

Bei den auf Grund von Entgeltumwandlung abgeführten Beiträgen an die Pensionskasse als eine die betriebliche Altersversorgung durchführende Einrichtung handelt es sich um dem Grunde nach angemessene Beiträge iS des § 11 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGB II. Zwar ist bei dem Modell der betrieblichen Altersversorgung, wie es im vorliegenden Fall gewählt worden ist, der Arbeitgeber Versicherungsnehmer - zwischen ihm und der Pensionskasse besteht das Deckungsverhältnis. Der Arbeitnehmer hat das Bezugsrecht gegen die Pensionskasse, ihm werden Rechtsansprüche gegenüber dieser eingeräumt (vgl Kemper in Kemper ua , BetrAVG, 2. Aufl 2005, § 1 RdNr 75 ff; s auch Langohr-Plato, Betriebliche Altersversorgung, 4. Aufl 2007, § 1 RdNr 126). Das bedeutet, dass dem Arbeitgeber die Beitragspflicht gegenüber der Pensionskasse obliegt. Im Verhältnis zum Arbeitnehmer hat er jedoch ua die Unverfallbarkeit der erwachsenen Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung zu garantieren (§ 1 Abs 1 und 3 BetrAVG) und dem Arbeitnehmer ist die Möglichkeit der Fortführung der Versorgung bzw Versicherung mit eigenen Beiträgen nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einzuräumen (§ 1 Abs 5 BetrAVG). Hieraus folgt, dass die vom Arbeitgeber aus dem Entgelt des Arbeitnehmers an die Pensionskasse geleisteten Beiträge wirtschaftlich betrachtet Beiträge des Arbeitnehmers sind.

21

Systematisch handelt es sich bei dem entgeltumgewandelten Anteil des Arbeitsentgelts des Arbeitnehmers, der an die Pensionskasse abgeführt wird, nicht um eine zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II, sondern um einen Absetzbetrag iS des § 11 Abs 2 SGB II. Zum einen ist der abgeführte "Beitrag" Teil des Arbeitsentgelts und fließt nicht als davon unabhängige Einnahme zu. Zum Anderen folgt der Senat insoweit der Ordnung des § 11 SGB II, der etwa auch bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, die ebenfalls direkt vom Arbeitsentgelt abzuführen sind, die Absetzbarkeit nach Abs 2 ausdrücklich anordnet. Der Arbeitsentgeltanspruch wird insoweit als eine Einheit betrachtet (vgl ähnlich zum Anteil für soziale Sicherung im Übergangsgeld BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 67/09 R).

22

Anders verhält es sich nach dem vorliegenden Modell mit dem vom Arbeitgeber getragenen Beitragszuschuss - im vorliegenden Fall 13,33 plus 23,42 Euro = 36,75 Euro. Insoweit handelt es sich nicht um einen Absetzbetrag iS des § 11 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGB II. Er wird vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer und nicht vom Entgelt des Arbeitnehmers direkt an den Versicherer abgeführt und ist damit eine zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II, die zudem nicht zur aktuellen Sicherung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht, sondern erst bei Eintritt des Versicherungsfalls Wirkung entfaltet(vgl zur zweckbestimmten privatrechtlich begründeten Einnahme ausführlich BSG Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 47/08 R, BSGE 102, 295 = SozR 4-4200 § 11 Nr 24; im Ergebnis auch Fachliche Hinweise der BA zu § 11 SGB II, Nr 11.73a).

23

Die Absetzbarkeit der im Rahmen der Entgeltumwandlung abgeführten Beträge richtet sich nach § 11 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGB II. Nach dieser Vorschrift sind Beiträge zu privaten Versicherungen vom Einkommen abzusetzen, soweit sie angemessen sind. Der Begriff der Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung in vollem Umfang der rechtlichen Überprüfung durch das Gericht unterliegt. Die Verwaltung hat keinen Beurteilungsspielraum; ihr steht auch keine Einschätzungsprärogative zu (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 30.10.2001 - B 3 P 2/01 R, BSGE 89, 44 = SozR 3-3300 § 36 Nr 3). Damit ist unter Beachtung der Vorstellungen des Gesetzgebers, des systematischen Zusammenhangs und des Sinn und Zwecks der Regelung (vgl zu § 76 BSHG: BVerwG Urteil vom 27.6.2002 - 5 C 43/01, BVerwGE 116, 342) des § 11 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGB II zu ermitteln, ob und ggf in welcher Höhe Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung angemessen sind, sodass es gerechtfertigt ist, sie vom Einkommen abzusetzen, bevor das Einkommen bei der Berechnung der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts berücksichtigt wird.

24

Nach der Begründung zum Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BT-Drucks 15/1516 zu § 11 SGB II) soll im Hinblick auf die Angemessenheit der Beiträge auf die aktuellen Lebensumstände, also den Bezug "staatlicher Fürsorgeleistungen", und nicht den bisherigen Lebenszuschnitt abgestellt werden. Insoweit unterscheidet sich die Zielsetzung des § 11 Abs 3 SGB II nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von der, wie sie von der Rechtsprechung zu § 194 Abs 2 Nr 2 SGB III herausgearbeitet worden ist(vgl nur BSG Urteil vom 9.12.2004 - B 7 AL 24/04 R, BSGE 94, 109 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1). Hieraus folgt für die Angemessenheit privater Versicherungsbeiträge dem Grunde nach, dass sie sich auf diejenige Absicherung gegen mögliche Risiken zu beschränken hat, die in unteren Einkommensschichten zu erwarten ist, insbesondere um bei Realisierung des abgesicherten Risikos, einem Fortbestehen des Hilfebedarfs entgegenzuwirken. Wird Alg II allerdings aufstockend zum Erwerbseinkommen gezahlt, muss sich das "Ob" der privaten Risikoabsicherung auch an den durch das erzielte Erwerbseinkommen determinierten Bedingungen orientieren. Insoweit ist im Hinblick auf die Zielsetzung des SGB II, finanzielle Anreize für die Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zu schaffen (vgl BT-Drucks 15/1516, s Begründung III 1c - Eigeninitiative fördern - Eigenverantwortlichkeit fordern), ebenso in Betracht zu ziehen, welche finanziellen Folgen die Erwerbstätigkeit nach sich zieht. Zusammenfassend ist daher - vergleichbar mit den vom BVerwG für das BSHG herausgearbeiteten Grundsätzen - einerseits darauf abzustellen, für welche Lebensrisiken (Grund) und in welchem Umfang (Höhe) Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsgrenze Vorsorgeaufwendungen zu tätigen pflegen und andererseits, welche individuellen Lebensverhältnisse, insbesondere bedingt durch eine Erwerbstätigkeit, die Situation des Hilfebedürftigen prägen (vgl zum BSHG: BVerwG Urteil vom 27.6.2002 - 5 C 43/01, BVerwGE 116, 342; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 16. Aufl 1999, § 76 RdNr 38; Schmitt/Hillermeier, BSHG, Stand Dezember 1996, § 76 RdNr 92; abgrenzend zur Alhi wegen deren Funktion der Lebensstandardsicherung: BSG Urteil vom 9.12.2004 - B 7 AL 24/04 R, BSGE 94, 109 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1).

25

Einen Orientierungsrahmen zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der dem Grunde nach vom Erwerbseinkommen absetzbaren Beiträge bieten zudem die im Gesetz selbst ausdrücklich benannten Absetzbeträge. Bei der hier zu betrachtenden betrieblichen Alterssicherung kommen insoweit zum einen die Absetzbarkeit der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zum Anderen diejenigen in Betracht, die in ein zertifiziertes Altersvorsorgesystem fließen. Dass Alterssicherung innerhalb des SGB II eine Zielsetzung ist, die dem Grunde nach auch einem SGB II-Leistungsbezieher zugebilligt wird, zeigen sowohl die Abzugsfähigkeit der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 11 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGB II als auch der Hinweis in § 11 Abs 2 Nr 3 Buchst b SGB II auf private Sicherungsformen bei Personen, die von der Rentenversicherungspflicht befreit sind. Zudem belegt die Regelung des § 11 Abs 2 Nr 4 SGB II, dass neben der gesetzlichen Rente auch bei einer ergänzenden Sicherung Angemessenheit der Absetzung dem Grunde nach vorliegen kann. Dahinter mag die vom SG und LSG eingehend dargelegte Erkenntnis stehen, dass angesichts des demographischen Wandels und der daraus folgenden Finanzierungsprobleme in der gesetzlichen Rentenversicherung gesetzliche Leistungen bei Eintritt ins Rentenalter zunehmend weniger zur Lebensstandardsicherung ohne Erwerbseinkommen ausreichen (vgl ausführlich bereits BSG Urteil vom 22.10.1998 - B 7 AL 118/97 R, BSGE 83, 88 = SozR 3-4220 § 6 Nr 6; s auch Langohr-Plato, Betriebliche Altersversorgung, 4. Aufl 2007, RdNr 7). Der Versorgungsbedarf der Arbeitnehmer in der Bundesrepublik beruht daher auf drei Säulen, der gesetzlichen Rentenversicherung, der betrieblichen Altersversorgung und der privaten Eigenvorsorge. Durch diese drei Säulen gemeinsam soll eine "Vollversorgung" gewährleistet werden, die dem Arbeitnehmer ein Versorgungsniveau auf der Basis des während des aktiven Erwerbslebens erzielten Lebensstandards sichert. Die Betriebsrente ist mithin eine notwendige Ergänzung zur Sicherung der Existenz im Alter (vgl BT-Drucks 7/1281, 19; s auch Heinicke in Schmidt EStG, 29. Aufl 2010, § 3 Stichwort: Altersvorsorge). Zwar sind nach der Aufgliederung der Existenzsicherungssysteme im SGB II und SGB XII bei Hilfebedürftigkeit nach Überschreiten der Altersgrenzen des § 7a SGB II keine SGB II-Leistungen mehr zu gewähren. Altersarmut unterfällt dem Regime des SGB XII. Gleichwohl verliert hierdurch das Argument des BVerwG, eine hinreichende Alterssicherung beuge Sozialhilfeabhängigkeit im Alter vor, nicht an Schlagkraft (BVerwG Urteil vom 24.6.1999 - 5 C 18/98). Allein die unterschiedlichen Zuständigkeiten können nicht als Argument dafür herangezogen werden, nur unter den Bedingungen des § 11 Abs 2 Nr 3 Buchst b oder der Nr 4 SGB II Beiträge für Altersvorsorge als dem Grunde nach angemessen zu werten(so im Ergebnis wohl Fachliche Hinweise der BA zu § 11 SGB II, Nr 11.73 bis 11.74).

26

Auch weist die Ausrichtung der Systeme der ergänzenden Alterssicherung nach dem BetrAVG und nach § 10a EStG keine so gravierenden Unterschiede auf, die es rechtfertigen könnten, Beiträge, die in eine "Riesterversorgung" fließen, gegenüber denjenigen für eine betriebliche Alterssicherung - zumindest soweit sie wie hier in einer Pensionskasse nach Bruttoentgeltumwandlung erfolgen - dem Grunde nach unterschiedlich zu behandeln. Die betriebliche Altersversorgung unterliegt, anders als etwa die rein "private" Versicherung bei einer Lebensversicherung, den reglementierenden Regelungen des BetrAVG (§ 1b Abs 3 BetrAVG) und wird sowohl steuerlich, als auch sozialversicherungsrechtlich durch vorgelagerte Entlastung begünstigt. Ihre Finanzierung erfolgt - bei dem hier gewählten Modell - aus Beiträgen des Arbeitnehmers aus einer Bruttoentgeltumwandlung plus zusätzlichem Arbeitgeberbeitrag. Dabei wird der Beitragsteil, den der Arbeitnehmer entrichtet, vom Arbeitgeber vom Bruttoarbeitsentgelt einbehalten und direkt dem Versicherer zugewandt. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind alsdann erst von dem verbleibenden Entgelt des Arbeitnehmers zu entrichten. Der Beitrag zur Pensionskasse ist nach § 3 Nr 63 EStG in Höhe von maximal 4 % der jeweiligen Beitragsmessungsgrenze einkommensteuerfrei. Weder Arbeitgeber- noch Arbeitnehmerbeitrag unterliegen in diesem Rahmen der Beitragspflicht (galt für Arbeitnehmer bis 31.12.2008 - s § 2 Abs 2 Nr 5 ArEV idF des RVOrgG vom 9.12.2004, BGBl I 3242). Erst die spätere Leistung aus der Pensionskasse wird nachgelagert besteuert und ist beitragspflichtig zur Kranken- und Pflegeversicherung (vgl auch Langohr-Plato, Betriebliche Altersversorgung, 4. Aufl 2007, RdNr 123).

27

Die "Riesterförderung", für die § 11 Abs 2 Nr 4 SGB II die Absetzung von Beiträgen vorsieht, ist durch das Altersvermögensgesetz vom 26.6.2001 (BGBl I 1310) eingeführt worden und im Wesentlichen als steuerliche Förderung ausgestaltet (§ 10a EStG). Sie kann auf einem letztlich vergleichbaren Weg wie die betriebliche Altersversorgung erfolgen. Der Gesetzgeber hat darüber hinaus die Möglichkeit eröffnet, die Riestersicherung mit der der betrieblichen Altersversorgung zu verknüpfen, indem er den Durchführungsweg Pensionskasse für die steuerliche Riesterförderung privilegiert (§ 82 Abs 2 Buchst a EStG), wenn die betreffende Kasse eine Auszahlung der zugesagten Altersvorsorgeleistung in Form einer Rente oder eines Auszahlungsplans nach § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AltZertG vorsieht.

28

Grundsätzlich ist das von dem Beklagten und dem LSG gewählte Modell der Bestimmung der Höhe des absetzbaren angemessenen Beitrags zur betrieblichen Altersversorgung nicht zu beanstanden. Die Anlehnung an die absetzbaren Beiträge im Bereich der "Riesterförderung" ist angesichts der oben dargelegten vergleichbaren Ausrichtung der Finanzierung und Förderung dieser Systeme gerechtfertigt. Zwar wird der Anreiz zur "privaten" Sicherung in der betrieblichen Altersversorgung nicht durch steuerliche Zulagen gesetzt. Der Bezugsberechtigte einer betrieblichen Altersversorgung erhält keine §§ 84 und 85 EStG vergleichbaren Zulagen. Die staatliche Förderung erfolgt vielmehr dadurch, dass das umgewandelte Entgelt, das als Beitrag gezahlt wird, in bestimmten Grenzen nicht der Einkommensteuer- und Beitragspflicht unterliegt. Dadurch soll jedoch ebenso wie durch die Zulagen der "Riesterförderung" der Anreiz gesetzt werden, eine zusätzliche Alterssicherung zu finanzieren. Der Mindesteigenbeitrag nach § 86 EStG hat in diesem Rahmen der steuerlichen Anreizfunktion nach § 10a EStG zweierlei Funktion. Einerseits gewährleistet er, dass sich der Berechtigte überhaupt mit einem eigenen Anteil an der zusätzlichen Alterssicherung beteiligt (Drenseck in Schmidt, EStG, 29. Aufl 2010, § 86 RdNr 1). Andererseits ist der Mindesteigenbeitrag derjenige Betrag, von dem erwartet werden kann, dass auch ein Bezieher eines niedrigeren Einkommens ihn aufbringen kann. Vor dem Hintergrund, dass in einem untersten Sicherungssystem die Förderung der Sicherung im Alter nur knapp über dieser untersten Grenze als geboten zu erachten ist, ist der Mindesteigenbeitrag daher ein systemgerechter Maßstab, um auch im Bereich der betrieblichen Altersversorgung die Angemessenheit der absetzbaren Beiträge bestimmen zu können.

29

Darüber hinaus ist dem Hilfebedürftigen eine "Schonfrist" einzuräumen, innerhalb derer zunächst die tatsächlich aufgewendeten Entgeltanteile als angemessener Beitrag vom Einkommen abzusetzen ist. Der Senat hält eine weitere Auslegung des Begriffs der Angemessenheit zu Beginn des Leistungsbezugs für geboten, weil der Leistungsempfänger der vereinbarten Entgeltumwandlung für eine Übergangszeit nicht ausweichen kann und ihm die umgewandelten Entgeltbestandteile während dieses Zeitraums nicht zur Verfügung stehen. Das Vertragsverhältnis im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung ist ein Dreiecksverhältnis zwischen Arbeitgeber, Versicherungsunternehmen (Pensionskasse) und Arbeitnehmer und daher sowohl arbeits- als auch versicherungsrechtlich geprägt. Dieses erschwert die Möglichkeit einer Änderung etwa der Höhe des entgeltumgewandelten Betrags. Die Änderungsmöglichkeit ist von der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung im Einzelfall abhängig.

30

Da die private Sicherung über die betriebliche Altersversorgung jedoch eine sozialpolitisch erwünschte zusätzliche Sicherungsform ist, ist dem Hilfebedürftigen in Abhängigkeit von der jeweiligen vertraglichen Gestaltung eine "Schonfrist" bis zur ersten objektiv rechtlich möglichen Umsetzung einer Änderung der Beitragshöhe nach Beginn des SGB II-Leistungsbezugs einzuräumen. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die aus der Bruttoentgeltumwandlung abgeführten Beiträge an die Pensionskasse in voller Höhe vom nach dem SGB II zu berücksichtigenden Einkommen abzusetzen.

31

Im vorliegenden Fall mangelt es an Feststellungen des LSG zu der vertraglichen Ausgestaltung der Änderungsmöglichkeit. Die Möglichkeiten zur einseitigen Änderung bzw Beendigung der Entgeltumwandlungsvereinbarungen nach Maßgabe der Einzelumwandlungsvereinbarung bzw Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag werden insbesondere davon abhängen, ob der Arbeitnehmer jährlich eine neue Umwandlungsentscheidung zu treffen hatte oder ob eine unbefristete Umwandlungsvereinbarung getroffen wurde, die der ordentlichen (Änderungs-)Kündigung unterliegt. Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren festzustellen haben, auf welcher rechtlichen Grundlage hier die Vereinbarung über die Entgeltumwandlung getroffen worden ist und welche Regeln zur Bestimmung der Höhe und deren Änderung gelten sollen. Auf Grundlage der hieraus gewonnenen Erkenntnisse wird es zu beurteilen haben, wann im konkreten Fall die erste objektive rechtliche Möglichkeit zur Änderung der Höhe des entgeltumgewandelten Anteils bestand. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die vom Kläger tatsächlich aufgewandten 167,25 Euro von seinem Einkommen bei der Berechnung der SGB II-Leistung in Abzug zu bringen. Alsdann wird das LSG unter Berücksichtigung dessen die Leistung der Kläger im streitigen Zeitraum, ggf auch unter Neuberechnung des Erwerbstätigenfreibetrags, zu bestimmen haben. Sollte die "Schonfrist" vor dem Ende des hier streitigen Zeitraums ausgelaufen sein, ist ferner zu beachten, dass der Differenzbetrag zwischen dem bisher abgeführten Beitrag von 167,25 Euro und dem Mindesteigenbeitrag nicht in voller Höhe zur Sicherung des Lebensunterhalts zur Verfügung stünde. Er unterfiele vorab der Beitrags- und Steuerpflicht.

32

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Zur Eingliederung in Arbeit erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches. Sie kann folgende Leistungen des Dritten Kapitels des Dritten Buches erbringen:

1.
die übrigen Leistungen der Beratung und Vermittlung nach dem Ersten Abschnitt mit Ausnahme der Leistung nach § 31a,
2.
Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt,
3.
Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnitts und Leistungen nach § 54a Absatz 1 bis 5,
4.
Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt, mit Ausnahme von Leistungen nach § 82 Absatz 6, und Leistungen nach den §§ 131a und 131b,
5.
Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts.
Für Eingliederungsleistungen an erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen nach diesem Buch gelten entsprechend
1.
die §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2, 5 und 6 des Dritten Buches,
2.
§ 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 3 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
3.
die §§ 127 und 128 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung.
§ 1 Absatz 2 Nummer 4 sowie § 36 und § 81 Absatz 2 und 3 des Dritten Buches sind entsprechend anzuwenden.

(2) Soweit dieses Buch nichts Abweichendes regelt, gelten für die Leistungen nach Absatz 1 die Regelungen des Dritten Buches mit Ausnahme der Verordnungsermächtigung nach § 47 des Dritten Buches sowie der Anordnungsermächtigungen für die Bundesagentur und mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 tritt. § 44 Absatz 3 Satz 3 des Dritten Buches gilt mit der Maßgabe, dass die Förderung aus dem Vermittlungsbudget auch die anderen Leistungen nach dem Zweiten Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen darf. Für die Teilnahme erwerbsfähiger Leistungsberechtigter an einer Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses werden Leistungen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 in Verbindung mit § 82 des Dritten Buches nicht gewährt, wenn die betreffende Maßnahme auf ein nach § 2 Absatz 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes förderfähiges Fortbildungsziel vorbereitet.

(3) Abweichend von § 44 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches können Leistungen auch für die Anbahnung und Aufnahme einer schulischen Berufsausbildung erbracht werden.

(3a) Abweichend von § 81 Absatz 4 des Dritten Buches kann die Agentur für Arbeit unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung beauftragen, wenn die Maßnahme den Anforderungen des § 180 des Dritten Buches entspricht und

1.
eine dem Bildungsziel entsprechende Maßnahme örtlich nicht verfügbar ist oder
2.
die Eignung und persönlichen Verhältnisse der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten dies erfordern.
§ 176 Absatz 2 des Dritten Buches findet keine Anwendung.

(3b) Abweichend von § 87a Absatz 2 des Dritten Buches erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte auch im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Weiterbildungsgeld, sofern sie die sonstigen Voraussetzungen nach § 87a Absatz 1 des Dritten Buches erfüllen.

(4) Die Agentur für Arbeit als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende kann die Ausbildungsvermittlung durch die für die Arbeitsförderung zuständigen Stellen der Bundesagentur wahrnehmen lassen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Höhe, Möglichkeiten der Pauschalierung und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Erstattung von Aufwendungen bei der Ausführung des Auftrags nach Satz 1 festzulegen.

(5) (weggefallen)

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Zur Eingliederung in Arbeit erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches. Sie kann folgende Leistungen des Dritten Kapitels des Dritten Buches erbringen:

1.
die übrigen Leistungen der Beratung und Vermittlung nach dem Ersten Abschnitt mit Ausnahme der Leistung nach § 31a,
2.
Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt,
3.
Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnitts und Leistungen nach § 54a Absatz 1 bis 5,
4.
Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt, mit Ausnahme von Leistungen nach § 82 Absatz 6, und Leistungen nach den §§ 131a und 131b,
5.
Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts.
Für Eingliederungsleistungen an erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen nach diesem Buch gelten entsprechend
1.
die §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2, 5 und 6 des Dritten Buches,
2.
§ 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 3 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
3.
die §§ 127 und 128 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung.
§ 1 Absatz 2 Nummer 4 sowie § 36 und § 81 Absatz 2 und 3 des Dritten Buches sind entsprechend anzuwenden.

(2) Soweit dieses Buch nichts Abweichendes regelt, gelten für die Leistungen nach Absatz 1 die Regelungen des Dritten Buches mit Ausnahme der Verordnungsermächtigung nach § 47 des Dritten Buches sowie der Anordnungsermächtigungen für die Bundesagentur und mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 tritt. § 44 Absatz 3 Satz 3 des Dritten Buches gilt mit der Maßgabe, dass die Förderung aus dem Vermittlungsbudget auch die anderen Leistungen nach dem Zweiten Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen darf. Für die Teilnahme erwerbsfähiger Leistungsberechtigter an einer Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses werden Leistungen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 in Verbindung mit § 82 des Dritten Buches nicht gewährt, wenn die betreffende Maßnahme auf ein nach § 2 Absatz 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes förderfähiges Fortbildungsziel vorbereitet.

(3) Abweichend von § 44 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches können Leistungen auch für die Anbahnung und Aufnahme einer schulischen Berufsausbildung erbracht werden.

(3a) Abweichend von § 81 Absatz 4 des Dritten Buches kann die Agentur für Arbeit unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung beauftragen, wenn die Maßnahme den Anforderungen des § 180 des Dritten Buches entspricht und

1.
eine dem Bildungsziel entsprechende Maßnahme örtlich nicht verfügbar ist oder
2.
die Eignung und persönlichen Verhältnisse der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten dies erfordern.
§ 176 Absatz 2 des Dritten Buches findet keine Anwendung.

(3b) Abweichend von § 87a Absatz 2 des Dritten Buches erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte auch im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Weiterbildungsgeld, sofern sie die sonstigen Voraussetzungen nach § 87a Absatz 1 des Dritten Buches erfüllen.

(4) Die Agentur für Arbeit als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende kann die Ausbildungsvermittlung durch die für die Arbeitsförderung zuständigen Stellen der Bundesagentur wahrnehmen lassen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Höhe, Möglichkeiten der Pauschalierung und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Erstattung von Aufwendungen bei der Ausführung des Auftrags nach Satz 1 festzulegen.

(5) (weggefallen)

Tenor

Die Sprungrevision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 5. Februar 2010 wird zurückgewiesen. Der Tenor des Urteils in der Hauptsache wird klarstellend wie folgt gefasst: Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 8. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2009 verurteilt, dem Kläger für den Monat Oktober 2009 weitere Fahrkosten in Höhe von 169,60 Euro zu gewähren.

Der Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der vom Beklagten zu erstattenden Fahrkosten für die Fahrt von und zu einem Praktikum im Rahmen einer als Eingliederungsleistung bewilligten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme im Monat Oktober 2009.

2

Der 1987 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ihm wurde in einer bis zum 31.12.2009 geltenden Eingliederungsvereinbarung (EinV) vom 11.6.2009 "eine Finanzierung zur Qualifizierung zum Kraftfahrer im Güterverkehr bei Fahrschule Q soweit die Bereitschaft besteht, im Fernverkehr zu Fahren -" zugesagt. Durch Bescheid vom 9.7.2009 wurden ihm für diese Maßnahme Weiterbildungskosten in Höhe von 8144 Euro nach § 16 Abs 1 SGB II iVm § 77 SGB III bewilligt und ein Bildungsgutschein hierfür ausgestellt. Der Kläger nahm im Folgenden an der Maßnahme teil. Seit dem 1.10.2009 erfolgte der praktische Teil der Weiterbildung bei der Firma N GmbH (unentgeltlich) im 53 km von seinem Wohnsitz (B) entfernten B Wegen des frühen Arbeitsbeginns und späten Arbeitsendes legte der Kläger den Weg mit einem Pkw zurück.

3

Ende September 2009 beantragte der Kläger die Übernahme der Fahrkosten für den Weg von und zur Praktikumsstelle bei dem Beklagten. Dieser bewilligte ihm durch Bescheid vom 8.10.2009 169,60 Euro für 16 Praktikumstage à 53 km einfache Fahrt multipliziert mit 0,20 Euro je Fahrtkilometer im Monat Oktober 2009. Den Widerspruch hiergegen wies der Beklagte mit der Begründung zurück, sowohl das "Ob" als auch die Höhe der Leistung "Fahrkostenerstattung" stehe in seinem Ermessen. Er übe das Ermessen dergestalt aus, dass er als Maßstab für die Höhe der Leistung § 6 Abs 1 Nr 3b Alg II-V heranziehe. Nach dieser Vorschrift seien für die einfache Fahrtstrecke 0,20 Euro je km von dem zu berücksichtigenden Einkommen abzusetzen. Aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten sei dieser Maßstab auch bei der Fahrkostenerstattung zugrunde zu legen. Höhere Fahrkosten seien nicht nachgewiesen.

4

Mit seiner Klage vor dem SG Stade macht der Kläger die Übernahme der Fahrkosten in Höhe von 0,20 Euro je Entfernungskilometer geltend. Das SG Stade hat der Klage stattgegeben und den Beklagten verurteilt, 169,90 Euro weitere Fahrkosten für den Monat Oktober 2009 zu erstatten (Urteil vom 5.2.2010). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich dieser Betrag auf Grundlage von § 16 Abs 1 SGB II iVm § 81 Abs 1 Nr 1, § 81 Abs 2 SGB III, dieser wiederum iVm § 5 Abs 1 BRKG errechne. Danach seien 0,20 Euro je km-Fahrtstrecke für den Hin- und Rückweg anzusetzen. Dem Beklagten sei im Hinblick auf die Höhe der Leistung kein Ermessen eingeräumt, sondern lediglich hinsichtlich der Entscheidung, ob er die Leistung bewilligen wolle. § 16 Abs 2 SGB II sei insoweit nicht einschlägig. Danach seien die Regelungen des SGB III nur dann heranzuziehen, wenn im SGB II nichts Abweichendes geregelt werde. § 16 Abs 1 SGB II, der - anders als im SGB III - dem Träger für die Entscheidung über die Leistung Ermessen einräume, sei keine Abweichung in diesem Sinne, denn ansonsten bedürfe es des Abs 2 nicht. Dieses sei auch der Gesetzesbegründung zu entnehmen. Ebenso legten Sinn und Zweck der Regelung des § 16 Abs 2 SGB II eine Beschränkung der Ermessensentscheidung auf das "Ob" der Bewilligung nahe, denn Ziel der Maßnahmebewilligung sei die Eingliederung. Müsse der Hilfebedürftige, wenn er kein Entgelt für die Teilnahme an der Maßnahme erhalte, diese jedoch selbst bzw aus der Regelleistung finanzieren, drohe der Abbruch und damit das Unterlaufen des gesetzlichen Ziels des "Förderns". Aus diesen Überlegungen ergebe sich zudem, dass die Einräumung eines Ermessens auch im Hinblick auf den Umfang der Leistung insoweit systemwidrig sei. § 6 Abs 1 Nr 3b Alg II-V sei ferner keine abweichende Regelung iS des § 16 Abs 2 SGB II, denn sie regele die Absetzbarkeit von Fahrkosten, wenn Einkommen erzielt werde und nicht, wenn sie auf Grund einer Maßnahme entstünden. Eine analoge Anwendung scheide ebenfalls aus, denn es liege keine planwidrige Regelungslücke vor.

5

Der Beklagte hat die vom SG durch Beschluss vom 25.6.2010 zugelassene Sprungrevision beim BSG eingelegt. Er trägt vor, seine Ermessensausübung habe sich an den Grundsätzen des Leistungsrechts des SGB II zu orientieren. Hieraus folge, dass sich die Ermessenausübung sowohl auf das "Wie" der Leistungserbringung erstrecke, als sich auch an § 6 Abs 1 Nr 3b Alg II-V zu orientieren habe. Zwar finde sich im SGB II keine Regelung zur Fahrkostenerstattung, doch sei unter dem "Eindruck" der dynamischen Verweisung auf das SGB III auch für die Gewährung aktiver Leistungen auf die Vorschriften der Alg II-V zurückzugreifen. Zudem folge aus dem Systemunterschied zwischen SGB III und SGB II, dass die Leistungsempfänger unterschiedlich zu behandeln seien - auch im Hinblick auf die Fahrkostenerstattung. So seien die Leistungen des SGB III beitragsfinanziert, wohingegen es sich bei den Leistungen des SGB II um steuerfinanzierte Fürsorgeleistungen handele. Diesem Systemunterschied sei die Regelung des § 16 Abs 2 SGB II geschuldet, die von einer abweichenden Handhabung im SGB II ausgehe und alsdann die zwingende Anwendung der Abweichung verlange. Jedoch auch innerhalb des SGB II sei der Gedanke der Gleichbehandlung tragend für die hier erfolgte Ermessensausübung. Es dürften mit der SGB II-Leistung keine Anreize für einen dauerhaften Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gesetzt werden. Daher sei es geboten, "Aufstocker" und "Maßnahmeteilnehmer" gleich zu behandeln. Ein Leistungsempfänger, der bereits in das Erwerbsleben integriert sei, könne im Regelfall auch nur 0,20 Euro für die einfache Fahrtstrecke an Fahrkostenerstattung vom erzielten Einkommen absetzen. Ein Maßnahmeteilnehmer dürfe nicht grundlos besser gestellt werden, also höhere Leistungen als ein Erwerbstätiger im SGB II-Leistungsbezug erhalten, zumal der "Aufstocker" durch Steuern regelmäßig zusätzlich zur Finanzierung des Fürsorgesystems beitrage. Außerdem sei es möglich, bei entsprechendem Nachweis höhere Fahrkosten zu übernehmen, sodass der bei der pauschalierten Regelung des § 81 SGB III stets möglichen Bedarfsunterdeckung, auch im Sinne der Entscheidung des BVerfG, entgegengewirkt werde. Höhere Leistungen belasteten damit das zur Verfügung stehende Gesamtbudget ungerechtfertigt und zu Lasten anderer Hilfebedürftiger, deren Integrationsmöglichkeiten dadurch ggf eingeschränkt würden.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 5. Februar 2010 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 8. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2009 abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Sprungrevision zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des SG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Sprungrevision ist unbegründet.

10

Der Beklagte hat dem Kläger weitere 169,60 Euro Fahrkosten zu erstatten. Der von dem SG ausgeurteilte Betrag ist offensichtlich unzutreffend, denn unter Zugrundelegung der Begründung des SG betragen die Fahrkosten 169,60 und nicht 169,90 Euro. Der Tenor war daher klarstellend entsprechend neu zu fassen.

11

Anspruchsgrundlage für die Fahrkostenerstattung in der benannten Höhe ist § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II iVm § 81 Abs 2 SGB III und § 5 Abs 1 BRKG. Die Entscheidung über den Umfang der zu erstattenden Fahrkosten steht, anders als das "Ob" der Bewilligung einer Eingliederungsleistung in Gestalt einer Weiterbildungsmaßnahme nach §§ 77 ff SGB III nicht im Ermessen des Beklagten (2.). Soweit es den Umfang der Fahrkostenerstattung betrifft, ist auch keine abweichende Regelung iS des § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II im Grundsicherungsrecht vorhanden (3.). Eine analoge Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 3b Alg II-V scheidet aus. Es mangelt bereits an einer planwidrigen Lücke im Hinblick auf die Fahrkostenerstattung im SGB II (4.).

12

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 8.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.12.2009, mit dem der Beklagte dem Kläger Fahrkosten in Höhe von 169,60 Euro für die Fahrt von und zum Praktikum im Rahmen einer Weiterbildungsmaßnahme im Oktober 2009 bewilligt hat. Der Kläger hat diesen Bescheid hinsichtlich der Höhe der Leistung zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage angegriffen.

13

2. Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger weitere 169,60 Euro Fahrkosten für den streitigen Zeitraum zu gewähren. Der Kläger hat hierauf einen Rechtsanspruch auf Grundlage von § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II iVm § 81 Abs 2 SGB III und § 5 Abs 1 BRKG.

14

Nach § 16 Abs 1 Sätze 1 und 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland(vom 2.3.2009, BGBl I 416) erbringt die Agentur für Arbeit zur Eingliederung in Arbeit Leistungen nach § 35 SGB III. Sie kann die übrigen im Dritten Kapitel, im Ersten und Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels, im Fünften Kapitel, im Ersten Abschnitt des Sechsten Kapitels und die in den §§ 417, 421f, 421g, 421k, 421n, 421o, 421p, 421q und 421t Abs 4 bis 6 SGB III geregelten Leistungen erbringen. Übt ein Leistungsträger sein Ermessen dergestalt aus, dass er eine der zuvor benannten Leistungen nach § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II erbringt, ist er nach § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II hinsichtlich der Voraussetzungen und Rechtsfolgen jedoch grundsätzlich an die Regelungen des SGB III gebunden. Ein Ermessen im Hinblick auf die Leistungshöhe steht dem Leistungsträger mithin nur dann zu, wenn auch das SGB III ein solches vorsieht (vgl Eicher in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl 2008, § 16 RdNr 62; Harks in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 16 RdNr 36; Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, 1. Aufl 2009, § 16 SGB II RdNr 8; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VI/2009, RdNr 87; wohl auch Kothe in Gagel, Stand 7/2009, § 16 SGB II RdNr 15; aA Löns in Löns/Herold-Tews, 2. Aufl 2009, § 16 RdNr 8 und Thie in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 16 RdNr 12; die Entscheidung des 14. Senats vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 50/06 R, SozR 4-4200 § 59 Nr 1 verhält sich zu dieser Frage nicht ). Letzteres ist hier nicht der Fall.

15

Der Beklagte hat das ihm nach § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II eingeräumte Ermessen dahin gehend ausgeübt, dass er dem Kläger eine in der EinV vom 11.6.2009 vereinbarte und durch Bescheid vom 9.7.2009 bewilligte Maßnahme zur Weiterbildung nach dem Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III gewährt hat. Nach den vom Beklagten nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des SG war die Durchführung eines Praktikums Teil der Maßnahme "Qualifizierung zum Kraftfahrer-Güterverkehr" (s im Übrigen auch Praktikumsvertrag vom 18.9.2009). Der Beklagte hat dem Kläger die fragliche Weiterbildungsmaßnahme, die auch das Praktikum umfasste, dem Grunde nach bindend bewilligt. Damit hat er die ihm maximal eingeräumte Möglichkeit zur Ermessensbetätigung jedoch ausgeschöpft und ist nunmehr verpflichtet, die Leistung in dem in § 81 SGB III zwingend vorgesehen Umfang zu erbringen.

16

Diese Folge ergibt sich aus dem Wortlaut des § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II und dem systematischen Zusammenhang mit § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II. Aber auch nach Sinn und Zweck der Regelung ist sie zwingend.

17

Nach dem Wortlaut des § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II kann der Träger die dort benannten Leistungen erbringen. Das Wort "kann" steht mithin erkennbar im Zusammenhang mit dem Entschluss des Trägers eine bestimmte Leistung erbringen zu wollen, also im Zusammenhang mit dem Entschließungsermessen. Hierin erschöpft sich die Ermächtigung zur Ermessensausübung nach § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II jedoch auch, denn nach § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II gelten für die Leistungen nach § 16 Abs 1 SGB II die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des SGB III, soweit das SGB II nichts Abweichendes regelt. Zwar stellt die Verpflichtung zur Ermessensbetätigung in § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II bei einigen Eingliederungsleistungen eine Abweichung gegenüber den Regelungen des SGB III dar. Dieses bedeutet jedoch nicht, dass die Leistungen ohne jede Anbindung an die Regelungen des SGB III erbracht werden dürfen. Systematisch hätte es der ausdrücklichen Regelung des Rückgriffs auf die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des SGB III nach § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II ansonsten ebenso wenig bedurft, wie des differenzierten Katalogs der in Betracht zu ziehenden Leistungen nach dem SGB III, wenn dem Grundsicherungsträger, wie der Beklagte offenbar meint, mit § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II die Möglichkeit eröffnet wäre, die im SGB III normierten Leistungen ihrem Umfang nach zu variieren und zu gestalten.

18

§ 16 Abs 2 Satz 1 SGB II stellt klar, dass der Grundsicherungsträger die Leistungen aus dem Katalog des § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II nur dann erbringen "kann", wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Leistung nach den Vorschriften des SGB III gegeben sind. Auch hinsichtlich der Rechtsfolgen ist er hieran gebunden. Es handelt sich insoweit einerseits um eine Rechtsgrundverweisung auf die Vorschriften des SGB III (s auch Eicher in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl 2008, § 16 RdNr 56 f; Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, 1. Aufl 2009, § 16 SGB II RdNr 4; Kothe in Gagel, Stand 7/2009, § 16 SGB II RdNr 15; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VI/2009, RdNr 67, 422), wobei die Besonderheiten des Leistungssystems SGB II zu beachten sind (etwa das Entfallen der Prüfung von Verfügbarkeit und Arbeitslosigkeit). Andererseits ist der Leistungskatalog des SGB III, auf den im SGB II zurückgegriffen werden kann, in zweierlei Hinsicht abschließend. Der Träger darf nur die in § 16 Abs 1 SGB II genannten Leistungen des SGB III erbringen und er ist im Hinblick auf die dortigen Leistungsvoraussetzungen, den Leistungsumfang oder den Rechtsgrund - auch für einzelne Leistungsteile - an die Vorschriften des SGB III gebunden. Wenn der Träger - wie hier - eine Weiterbildungsmaßnahme bewilligt, also sein Ermessen nach § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II so ausübt, dass er die berufliche Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten fördern will, dann bestimmt es sich nach den Vorschriften des Sechsten Abschnitts des Vierten Kapitels des SGB III, was diese Förderung im Einzelnen umfasst. Nach § 79 Abs 1 Nr 2 SGB III umfassen die Weiterbildungskosten ua unmittelbar durch die Weiterbildung entstehende Fahrkosten. Ist einmal eine Ermessensentscheidung nach § 77 SGB III getroffen worden, sind nach § 81 Abs 1 SGB III Leistungen zu erbringen(vgl hierzu B. Schmidt in Eicher/Schlegel, SGB III, 11/2009, § 81 RdNr 28; s auch Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VI/2009, RdNr 179) und der Träger ist hinsichtlich der Höhe der zu erbringenden Leistung durch die Regelung in § 81 Abs 2 SGB III gebunden. Eine Leistungsgewährung durch Rückgriff auf die freie Förderung nach § 16f SGB II - wie der Beklagte es offensichtlich annimmt -, ist nicht nur systemfremd, sondern nach § 16f SGB II auch nicht eröffnet. Denn nach § 16f Abs 2 SGB II darf die freie Förderung gesetzliche Leistungen nach dem SGB III bzw SGB II nicht umgehen oder aufstocken.

19

Auch nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist von der zuvor dargelegten Rechtsanwendung auszugehen. Durch die Regelung des § 16 Abs 1 SGB III soll bei der Eingliederung grundsätzlich auf die "bewährten" Leistungen des SGB III zurückgegriffen werden(s BT-Drucks 16/10810, S 46). Daneben stellt das SGB II zwar auch weitere Leistungen zur Verfügung, jedoch seit dem Gesetz zur Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente (vom 21.12.2008, BGBl I 2917) nun "räumlich" getrennt in den dem § 16 SGB II folgenden Vorschriften. Grundsätzlich folgt § 16 Abs 1 SGB II daher zunächst einmal dem Regelungskonzept des SGB III(vgl Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 1. Aufl 2009, § 16 SGB II, RdNr 2). Das ist insoweit auch konsequent, als in beiden Normstrukturen durch die Eingliederungsleistungen eine Beendigung des Leistungsbezugs bzw nach § 3 Abs 1 SGB II ggf auch nur eine Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bewirkt werden soll. Da § 22 Abs 4 SGB III die Leistungsempfänger nach dem SGB II jedoch von den Eingliederungsleistungen nach dem SGB III ausschließt, wird mit § 16 Abs 1 SGB II im Gegenzug dazu die "Gleichbehandlung" von SGB III- und SGB II-Leistungsempfängern - im Hinblick auf die in § 16 Abs 1 SGB II geregelten Leistungen - wieder hergestellt(vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VI/2009, RdNr 69). Soweit dabei im SGB II nach § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II die Leistungserbringung grundsätzlich immer ins Ermessen des Grundsicherungsträgers gestellt wird, wird damit sichergestellt, dass der Grundsicherungsträger unter dem Aspekt der Steuerfinanzierung der Leistungen, die Entscheidung über das "Ob" der teilweise recht kostenaufwändigen Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen trifft - also, wie es in dem Entwurf zum Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt heißt, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und das besondere Verhältnis zwischen Hilfebedürftigem und Fallmanager beachtet(BT-Drucks 15/1516, S 51). Dieser Rückgriff auf das Konzept des SGB III wäre jedoch sinnentleert, wenn der Grundsicherungsträger ohne Beachtung der dortigen Regelungen die Leistungen auch der Höhe nach ungebunden bestimmen könnte. Im Ergebnis entspricht sich die Rechtslage bei der Weiterbildungsförderung im SGB II und SGB III, weil jeweils die Entscheidung über das "Ob" der Förderung in das Ermessen der Verwaltung gestellt ist, während hinsichtlich des Umfangs der Förderung - auch der Fahrkostenerstattung (vgl nur Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 81 RdNr 24, Stand XI/2009) - eine gebundene Entscheidung zu treffen ist.

20

Die Höhe der dem Kläger weiter zustehenden Fahrkosten beträgt nach dem mithin hier heranzuziehenden § 81 Abs 2 SGB III iVm § 5 BRKG 169,60 Euro. Nach § 81 Abs 2 SGB III werden Fahrkosten in Höhe des Betrages zugrunde gelegt, der bei Benutzung eines regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels der niedrigsten Klasse des zweckmäßigsten öffentlichen Verkehrsmittels zu zahlen ist, bei Benutzung sonstiger Verkehrsmittel in Höhe der Wegstreckenentschädigung nach § 5 Abs 1 BRKG. Nach § 5 Abs 1 Satz 2 BRKG beträgt sie bei Benutzung eines Kfz oder eines anderen motorbetriebenen Fahrzeuges 20 Cent je Kilometer zurückgelegter Strecke, höchstens jedoch 130 Euro. Der Betrag der Fahrkostenerstattung ist daher im vorliegenden Fall doppelt so hoch, wie von dem Beklagten rechtswidrig im Bescheid vom 8.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.12.2009 zugrunde gelegt, da der Beklagte davon ausgegangen ist, lediglich 0,20 Euro für die einfache Wegstrecke ansetzen zu dürfen.

21

3. Im Gegensatz zu der von dem Beklagten vertretenen Auffassung kann auch der Formulierung in § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II "soweit im SGB II nichts Abweichendes geregelt ist" nicht entnommen werden, dass er berechtigt wäre, den Leistungsumfang unabhängig von den Vorschriften für die jeweilige Eingliederungsleistung nach dem SGB III zu bestimmen. So besteht die Abweichung, wie oben dargelegt - soweit nicht das SGB III der Arbeitsagentur selbst ein Entschließungsermessen einräumt - schon darin, dass die Entscheidung über das "Ob" der in § 16 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgeführten Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen hat. Weitere Abweichungen sieht das SGB II nicht vor. Insbesondere findet sich keine abweichende Regelung zur Fahrkostenerstattung im SGB II.

22

§ 6 Abs 1 Nr 3b Alg II-V ist keine abweichende Regelung iS des § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II. Nach § 6 Abs 1 Nr 3b Alg II-V in der Fassung der 2. Verordnung zur Änderung der Alg II-Verordnung und Sozialgeldverordnung vom 23.7.2009 (BGBl I 2340) sind von dem Einkommen Erwerbstätiger die Beträge nach § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 5 SGB II absetzbar, zusätzlich bei Benutzung eines Kfz für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit 0,20 Euro für jeden Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist. § 6 Abs 1 Nr 3b Alg II-V legt damit die Höhe der Absetzbarkeit der Fahrkosten vom Einkommen fest und bestimmt nicht die Höhe der im Rahmen einer Eingliederungsmaßnahme vom Grundsicherungsträger zu übernehmenden Fahrkosten. Die Regelung betrifft mithin die umgekehrte Situation wie bei der Weiterbildungsförderung. Sie will erzieltes Einkommen insoweit erhalten, als es für seine Erzielung eingesetzt wird und verhindern, dass es zur Minderung des Anspruchs auf Alg II berücksichtigt werden muss, wenn es gleichzeitig wegen der Aufwendungen für Fahrkosten nicht tatsächlich zur Lebensunterhaltssicherung zur Verfügung steht. Bei dem hier verpflichtend zu absolvierenden unentgeltlichen Praktikum wird kein Einkommen erzielt. Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten scheidet daher eine Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 3b Alg II-V auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aus. Die Lebenssachverhalte sind bereits nicht vergleichbar, denn dem Hilfebedürftigen, dem Eingliederungsleistungen gewährt werden, soll damit die Möglichkeit erhalten werden, iS des § 3 Abs 1 SGB II zumindest seine Hilfebedürftigkeit zu mindern, ein Ziel das der "Aufstocker", der Fahrkosten zur Einkommenserzielung aufwendet, bereits erreicht hat.

23

4. Aus den vorgenannten Gründen scheidet auch eine analoge Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 3b Alg II-V aus. Es mangelt bereits an einer planwidrigen Lücke im Hinblick auf die Fahrkostenerstattung im SGB II. Nach dem ausdrücklichen Gesetzesbefehl iS des § 16 Abs 1 Satz 2 iVm § 16 Abs 2 Satz 1 SGB II ist auf die gesetzlichen Regelungen des SGB III zurückzugreifen.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

(1) Eine Fahrerlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Bewerber seinen ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. Dies wird angenommen, wenn der Bewerber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt. Ein Bewerber, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, der sich aber aus beruflichen Gründen in einem oder mehreren anderen Staaten aufhält, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne dieser Vorschrift im Inland, sofern er regelmäßig hierhin zurückkehrt. Die Voraussetzung entfällt, wenn sich der Bewerber zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer in einem solchen Staat aufhält.

(2) Bewerber, die bislang ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten und die sich ausschließlich zum Zwecke des Besuchs einer Hochschule oder Schule in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufhalten, behalten ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland.

(3) Bewerber, die bislang ihren ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hatten und die sich ausschließlich wegen des Besuchs einer Hochschule oder Schule im Inland aufhalten, begründen keinen ordentlichen Wohnsitz im Inland. Ihnen wird die Fahrerlaubnis erteilt, wenn die Dauer des Aufenthalts mindestens sechs Monate beträgt.

(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, von seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

2

Dem Kläger wurde im April 1998 durch Strafurteil die deutsche Fahrerlaubnis wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholgehalt von 1,7 Promille) entzogen und eine Sperrfrist von 10 Monaten für die Wiedererteilung festgelegt. Einen Antrag auf Neuerteilung nahm der Kläger zurück, nachdem ein im April 1999 erstattetes medizinisch-psychologisches Gutachten zum Ergebnis kam, es sei nicht hinreichend sicher auszuschließen, dass er erneut ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Einen weiteren Neuerteilungsantrag lehnte das Landratsamt im Oktober 2000 ab; nach dem medizinisch-psychologischen Gutachten vom 1. März 2000 war mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Kläger auch künftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde.

3

Am 26. November 2004 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse B; im dort ausgestellten Führerschein ist als ständiger Wohnsitz ein Ort in Deutschland angegeben. Am 20. Februar 2006 wurde dem Kläger in Tschechien zusätzlich die Fahrerlaubnis der Klasse C erteilt und ihm ein neuer Führerschein ausgestellt; auch in diesem Führerschein ist ein deutscher Wohnsitz eingetragen.

4

Als der Beklagte davon Kenntnis erhielt, wies er den Kläger mit Schreiben vom 10. November 2008 darauf hin, dass ihm der tschechische Führerschein wegen seines ständigen Wohnsitzes in der Bundesrepublik zu Unrecht erteilt worden sei und ihn nach § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtige. Der Kläger wurde aufgefordert, den Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Dieser Aufforderung kam er nicht nach und legte Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2008 forderte das Landratsamt den Kläger unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein vorzulegen. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2008 drohte es ihm die Anwendung unmittelbaren Zwangs an. Auch gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein, den die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 zurückwies. Der Kläger legte dem Landratsamt daraufhin seinen tschechischen Führerschein vor, in den ein Sperrvermerk für Deutschland eingetragen wurde.

5

Die Klage, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, er sei berechtigt, mit seiner am 26. November 2004 in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis Fahrzeuge der Klasse B in Deutschland zu führen, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

6

Die Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es: Es sei weder nach deutschem Recht noch nach Gemeinschaftsrecht eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde geboten, um die Rechtsfolge des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV, die Nichtanerkennung der in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis, herbeizuführen. Gemeinschaftsrechtlich ergebe sich ein solches Erfordernis insbesondere nicht daraus, dass Ausnahmen vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen eng auszulegen seien; das betreffe allein die materielle Reichweite dieser Ausnahmen. Auch ansonsten lasse sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes das Erfordernis einer Einzelfallentscheidung nicht entnehmen. Allein der Umstand, dass § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV eine einzelfallbezogene Subsumtion voraussetze, könne dieser Regelung nicht ihre konstitutive Wirkung nehmen. Auch dass die Fahrerlaubnisinhaber ihre Fahreignung möglicherweise wieder erlangt haben könnten, trage die Gegenansicht nicht; sowohl nach deutschem als auch nach Unionsrecht habe der Betroffene den Nachweis dafür zu erbringen. Könnte er von seiner ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch machen, bis eine Überprüfung seine fortbestehende Nichteignung ergebe, liefe das auf eine Umkehrung dieses Grundsatzes hinaus. Zudem würden Personen privilegiert, die ihre Fahrerlaubnis in einem EU-Mitgliedstaat erworben hätten, in dem - wie in der Tschechischen Republik - das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis erst mit Verzögerung beachtet worden sei.

7

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend: Wegen der grundsätzlichen Pflicht zur Anerkennung ausländischer EU-Fahrerlaubnisse sei der Aufnahmemitgliedstaat erst nach einem nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchzuführenden förmlichen Verfahren berechtigt, das Gebrauchmachen von einer solchen Fahrerlaubnis zu untersagen. Da hier ein solches Verfahren nicht stattgefunden habe, habe er nicht belegen können, dass keine Eignungsmängel mehr bestünden. Nur solche Mängel rechtfertigten es aber, das Gebrauchmachen von einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis zu untersagen. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV getroffene Regelung sei auch nach ihrer Neufassung noch gemeinschaftsrechtswidrig.

8

Der Beklagte tritt der Revision entgegen.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass dann, wenn die Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis offensichtlich gegen das Wohnsitzerfordernis verstoßen habe, deren Nichtanerkennung in der Bundesrepublik bereits unmittelbar aus § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV n.F. folge. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Regelung, ihrem Zusammenhang mit § 28 Abs. 1 FeV sowie aus der Entstehungsgeschichte der im Januar 2009 in Kraft getretenen Änderungsverordnung.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht im Einklang mit Bundes- und Unionsrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in der hier anwendbaren Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung führt bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unmittelbar - also ohne dass es noch zusätzlich einer Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde bedarf - zur Unwirksamkeit der ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland ab deren Erteilung (1. und 2.). Dem stehen weder höherrangiges deutsches Recht (3.) noch der unionsrechtliche Grundsatz der Anerkennung ausländischer EU- und EWR-Fahrerlaubnisse entgegen (4.).

11

1. a) Der Entscheidung über das Feststellungsbegehren des Klägers ist § 28 Abs. 1 und 4 FeV in der Fassung zugrunde zu legen, die die Vorschrift durch die Dritte Änderungsverordnung zur Fahrerlaubnisverordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29) erhalten hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger seine Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen auch für die Vergangenheit, nämlich für die Zeit ab der Erteilung seiner tschechischen Fahrerlaubnis, festgestellt wissen will. Der Verordnungsgeber will mit der Neufassung von § 28 Abs. 4 FeV der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum Umfang der Pflicht zur Anerkennung ausländischer EU- und EWR-Fahrerlaubnisse Rechnung tragen (vgl. BRDrucks 851/08 S. 6). Die in § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. getroffene Regelung, wonach eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis in Deutschland bereits dann unwirksam sein sollte, wenn deren Inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung seinen Wohnsitz im Inland hatte, soll auf die vom Europäischen Gerichtshof in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 (- Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - Slg. 2008 I-4635 = NJW 2008, 2403 Rn. 68 ff. sowie - Rs. C-334/06 bis C-336/06, Zerche u.a. - Slg. 2008 I-4691 Rn. 65 ff.) beschriebenen Fälle eines offenkundigen Verstoßes gegen die Wohnsitzvoraussetzung zurückgeführt werden. Anderenfalls soll diese Fahrerlaubnis in den in Rede stehenden Fällen ab ihrer Erteilung auch in Deutschland gelten. Da mit der Neufassung der Bestimmung keine Schlechterstellung der betroffenen Fahrerlaubnisinhaber verbunden ist und sie nur das regelt, was aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ohnehin schon galt, besteht keine Veranlassung, ihren Anwendungsbereich auf ab dem 19. Januar 2009 erteilte Fahrerlaubnisse zu begrenzen (so aber OVG Münster, Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 19), zumal Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Neuregelung dafür keine Anhaltspunkte bieten. Die Annahme, eine Schlechterstellung für Inhaber bereits erteilter Fahrerlaubnisse ergebe sich aus der Europarechtswidrigkeit von § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. und einer daraus folgenden Unanwendbarkeit der Norm, verkennt die Wirkungen des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs; denn dieser hat eine nur teilweise Nichtanwendbarkeit des innerstaatlichen Rechts zur Folge, wenn - wie hier - eine Abgrenzung des nicht anwendbaren Teils der Vorschrift von ihrem verbleibenden Anwendungsbereich möglich ist. Die Neufassung beschränkt sich daher darauf, die bereits durch das Unionsrecht bewirkte teilweise Nichtanwendbarkeit der bisherigen Regelung im Normtext nachzuvollziehen.

12

b) Der gemeinschaftsrechtliche Maßstab ergibt sich aus der Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein 91/439/EWG (ABl L 237 vom 24. August 1991 S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/112/EG der Kommission vom 25. August 2009 (ABl L 223 vom 26. August 2009 S. 26). Dagegen ist die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl L 403 S. 18), die sog. 3. EU-Führerscheinrichtlinie, nicht anwendbar. Nach ihrem Art. 18 gilt Art. 11 Abs. 1 und 3 bis 6 mit den Regelungen über den Entzug, die Ersetzung und die Anerkennung von Führerscheinen erst ab dem 19. Januar 2009. Aus dem 5. Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt sich, dass vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erworbene Fahrerlaubnisse unberührt bleiben sollen. Damit beansprucht die 3. Führerscheinrichtlinie keine Geltung für die hier in Rede stehende Fahrerlaubnis, die bereits am 26. November 2004 erteilt wurde.

13

2. Der Kläger war und ist wegen des Vorliegens der Voraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV nicht berechtigt, mit seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis, die einen Wohnsitz in Deutschland ausweist, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen.

14

Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben - vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Hier greift der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Danach gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie - was hier nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ausscheidet - als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.

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a) Nach Wortlaut und Systematik von § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV genügt bereits das Erfüllen der Voraussetzungen einer der dort aufgeführten Fallgruppen, um die angeordnete Rechtsfolge - die Nichtgeltung der Fahrerlaubnis in Deutschland - herbeizuführen; es muss nicht zusätzlich auch bereits zu einer Fahrerlaubnisentziehung gekommen sein oder sonst eine der Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV vorliegen (so zutreffend VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 - 10 S 2640/10 - juris). Soweit in der Vergangenheit ein solches Erfordernis aus Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG hergeleitet und mit der Absicht in § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV hineingelesen wurde, diese Regelung in Übereinstimmung mit dieser Richtlinie zu bringen (so etwa VGH Kassel, Beschluss vom 4. Dezember 2009 - 2 B 2138/09 - Blutalkohol 47, 154 Rn. 2 und Dauer, NJW 2010, 2758 <2759> m.w.N.), ist mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 19. Mai 2011 (- Rs. C-184/10, Grasser - DAR 2011, 171 = VR 2011, 249 m.w.N.) mittlerweile geklärt, dass das unionsrechtlich nicht geboten ist. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass bei einer im Sinne seiner Urteile vom 26. Juni 2008 offenkundigen Verletzung des Wohnsitzerfordernisses eine Befugnis des Aufnahmemitgliedstaates zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis auch ohne eine vorangegangene Fahrerlaubnisentziehung besteht.

16

b) § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV ordnet für die dort geregelten Ausnahmetatbestände die Nichtgeltung der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis im Bundesgebiet an, ohne dass es noch zusätzlich eines konstitutiven Verwaltungsaktes bedarf, der diese Rechtsfolge ausspricht. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt (ebenso OVG Saarlouis, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 A 185/10 - juris und OVG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2010 - 10 A 10411/10.OVG - SVR 2010, 351 = Blutalkohol 47, 366 sowie VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 a.a.O.); dieser Auffassung ist - ausweislich der Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses - auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das die Fahrerlaubnis-Verordnung und die maßgebliche Änderungsverordnung erlassen hat.

17

Gegen die anderslautende Annahme des Oberverwaltungsgerichts Münster (vgl. u.a. Beschluss vom 12. Januar 2009 - 16 B 1610/08 - DAR 2009, 109 = VRS 119, 314 Rn. 35 und Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 21), auf die sich der Kläger beruft, sprechen bereits der Wortlaut der Regelung und der systematische Zusammenhang des ersten und des vierten Absatzes von § 28 FeV. In § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV heißt es, dass die Berechtigung des Absatzes 1 in den nachfolgend aufgeführten Fällen "nicht gilt", ohne dass dort - anders als in § 3 StVG und § 46 FeV (... "hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen") - ein gesondertes Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde verlangt wird. "Nicht gelten" bedeutet, dass der ausländischen Fahrerlaubnis per se keine Wirksamkeit im Bundesgebiet zuerkannt wird. Systematisch regelt § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV Ausnahmen von der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen, die dem Inhaber einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnisbehörde nach § 28 Abs. 1 FeV grundsätzlich zusteht; spiegelbildlich wird auch für den Erwerb der Fahrberechtigung aufgrund einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis kein Tätigwerden der deutschen Fahrerlaubnisbehörde vorausgesetzt.

18

Gegen das Erfordernis einer konstitutiven Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde spricht zusätzlich § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV; dort ist vorgesehen, dass in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen kann. Damit wird der Fahrerlaubnisbehörde nur die Möglichkeit eingeräumt ("kann"), einen solchen Verwaltungsakt zu erlassen, sie wird hierzu nicht verpflichtet. Zum anderen wird der Verwaltungsakt ausdrücklich als feststellender Verwaltungsakt bezeichnet und damit als Verwaltungsakt, der eine bereits bestehende Rechtslage wiedergibt und gegebenenfalls klarstellt. Die Verordnungsbegründung bestätigt das; dort wird ausgeführt, dass in solchen Fällen ein feststellender Verwaltungsakt in Betracht kommen kann, "in dem die sich aus § 28 Abs. 4 FeV ergebende Rechtslage klargestellt wird". Der Verwaltungsakt diene dazu, Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 zu beseitigen, was insbesondere auf das Tatbestandsmerkmal der "vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen" bezogen wird (BRDrucks 851/08 S. 6).

19

c) Dementsprechend handelt es sich bei der in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordneten Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis um eine ex-tunc-Regelung. Der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wird ihre Wirksamkeit in Deutschland bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung und nicht erst ab der Bekanntgabe eines ihre Nichtgeltung feststellenden Bescheides der Fahrerlaubnisbehörde abgesprochen.

20

Aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 26.07 -, in dem von einem Zugriffsrecht des Mitgliedstaates die Rede ist (BVerwGE 132, 315 <321>), lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat seinerzeit davon ausgegangen ist, die ausländische EU-Fahrerlaubnis sei zunächst einmal gültig. Das Verfahren betraf eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 3 StVG und § 46 FeV. Im Urteil wird ausgeführt, dass eine solche Entscheidung nicht wegen § 28 FeV ausgeschlossen sei. Die Fahrerlaubnisbehörde habe nämlich nicht mit Gewissheit davon ausgehen können, dass sie dem Kläger die in § 28 FeV angeordnete Nichtgeltung entgegenhalten könne (a.a.O. S. 318 f.). Der Senat hat damit die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis mit Blick auf § 28 FeV a.F. nicht bejaht, sondern gerade offen gelassen.

21

Nach all dem ist, wenn der Betroffene in Deutschland von einer unter § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV fallenden ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch macht, der objektive Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG erfüllt. Ob der Betroffene gleichwohl straffrei ausgeht, weil jedenfalls der subjektive Tatbestand zu verneinen ist, wird im Strafverfahren im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden sein.

22

3. Die § 28 Abs. 1 und 4 FeV zugrunde liegende Regelungssystematik bedarf nicht deshalb der Korrektur, weil sich aus höherrangigem deutschem Recht ergäbe, dass die Nichtanerkennung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nur durch eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde, nicht aber normativ geregelt werden kann.

23

a) Im Straßenverkehrsgesetz lässt sich kein Ansatzpunkt für eine solche Annahme finden. § 3 StVG, der ebenso wie § 46 FeV eine Regelung durch Verwaltungsakt vorsieht (... "hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen."), regelt allein den Fall der Fahrerlaubnisentziehung wegen mangelnder Fahreignung. Es ist aber etwas grundlegend anderes, ob dem Inhaber eine ausländische Fahrerlaubnis nachträglich wegen durch entsprechende Fahreignungsgutachten belegter oder nach § 11 Abs. 8 FeV anzunehmender Nichteignung entzogen wird, d.h. ihr die Wirkung für das Bundesgebiet ab dem Zeitpunkt der Vollziehbarkeit dieses Verwaltungsaktes genommen wird, oder ob ihr auf der Grundlage von § 28 FeV von Anfang an keine Geltung in Deutschland zuerkannt wird. Auch das Unionsrecht weist mit Art. 8 Abs. 2 und 4 der hier noch anwendbaren Richtlinie 91/439/EWG eine solche Differenzierung auf. Ebenso wie die Wirkung unterscheiden sich die Voraussetzungen für den entsprechenden "Zugriff" des Aufnahmemitgliedstaates (vgl. zu diesem Begriff BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. S. 321). § 3 StVG und § 46 FeV erlauben die Fahrerlaubnisentziehung nur bei mangelnder Eignung; sie muss sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zudem gerade aus einem Verhalten des Fahrerlaubnisinhabers nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis ergeben (vgl. dazu u.a. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - a.a.O. Rn. 59 sowie BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 - BVerwG 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 <16 ff.>). Dagegen genügt nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ein im dargestellten Sinne offenkundiger Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung und nach Nr. 4 der Vorschrift die Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist.

24

b) Die Notwendigkeit einer konstitutiven Einzelfallentscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde lässt sich ebenso wenig mit dem Erfordernis von Rechtssicherheit oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründen und damit letztlich aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herleiten.

25

Rechtsnormen enthalten typischerweise abstrakt-generelle Regelungen und knüpfen die dort angeordneten Rechtsfolgen tatbestandlich in aller Regel an unbestimmte Rechtsbegriffe an. Das Erfordernis einer Subsumtion ist damit nicht der Ausnahme-, sondern der Regelfall. Allein daraus, dass es für die Feststellung der Rechtslage einer Subsumtion bedarf, kann demzufolge nicht hergeleitet werden, dass diese Rechtsfolge erst durch einen Verwaltungsakt herbeigeführt werden muss (so aber OVG Münster, Beschluss vom 12. Januar 2009 a.a.O.). Sollte dem Betroffenen in den hier in Rede stehenden Fällen die Rechtslage unklar sein, steht ihm zudem ein hinreichendes rechtliches Instrumentarium zur Verfügung, um die notwendige Rechtssicherheit herbeizuführen. Er kann entweder bei der Fahrerlaubnisbehörde den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes zur Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis beantragen oder über eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO eine auch die Behörde bindende verwaltungsgerichtliche Feststellung seiner Rechte und Pflichten herbeiführen; einen von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erlassenen feststellenden Verwaltungsakt kann er anfechten.

26

Ebenfalls unbegründet ist der Einwand, eine Einzelfallprüfung und -entscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde seien deshalb erforderlich, weil ermittelt werden müsse, ob der Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis seine Fahreignung mittlerweile wiedererlangt habe; denn in diesem Fall stoße eine fortdauernde Versagung der Anerkennung dieser Fahrerlaubnis im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf Bedenken.

27

Die Erteilung einer Fahrerlaubnis setzt sowohl nach dem deutschen Fahrerlaubnisrecht als auch nach Art. 7 Buchst. a und b der Richtlinie 91/439/EWG zum einen die Kraftfahreignung des Betroffenen und zum anderen - nicht zuletzt zur Abgrenzung der örtlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten - den ordentlichen Wohnsitz des Betroffenen im Ausstellermitgliedstaat zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung voraus. Weder dem deutschen Fahrerlaubnisrecht noch dem Unionsrecht ist ein Ansatzpunkt dafür zu entnehmen, dass das eine Erfordernis durch das andere kompensiert werden kann. Vielmehr ist die Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses - wie der Europäische Gerichtshof in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 unterstrichen hat (a.a.O. Rn. 69 und 66) - unerlässlich, um die Einhaltung der Voraussetzung der Fahreignung zu überprüfen. Demnach kann die mögliche Wiedererlangung der Kraftfahreignung nicht dazu führen, dass ein vorangegangener Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis, der zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis geführt hat, unbeachtlich wird.

28

Wegen der besonderen Bedeutung der Verkehrssicherheit und der in Rede stehenden hochrangigen Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer, die vor ungeeigneten Kraftfahrern geschützt werden müssen, ist es auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, dass das deutsche Fahrerlaubnisrecht die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vom Nachweis der (Wieder-)Erlangung der Kraftfahreignung abhängig macht und die Nachweispflicht dem Betroffenen auferlegt (vgl. § 11 und § 13 FeV sowie § 28 Abs. 5 FeV).

29

Schließlich begründet § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.

30

Es liegt der Sache nach schon kein Fall einer Rückwirkung vor. Nach der Konzeption der Vorschrift steht dem Betroffenen von Anfang an kein Recht zum Gebrauchmachen von seiner im Ausland erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland zu. Dementsprechend wird ihm durch eine behördliche oder gegebenenfalls gerichtliche Entscheidung, in der das Fehlen seiner Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt wird, auch kein Recht nachträglich entzogen. Was sich der Betroffene bislang zu Nutzen machen konnte, war allein der Schein einer solchen Berechtigung, der sich aus der ihm zu Unrecht erteilten ausländischen Fahrerlaubnis ergab.

31

Abgesehen davon kann in den hier in Rede stehenden Fällen kein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen darauf entstehen, von seiner auch gemessen an den unionsrechtlichen Vorgaben zu Unrecht erteilten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch machen zu dürfen. Der Umfang eines solchen Vertrauens wird von Anfang an durch die rechtlichen Regelungen beschränkt, die den Erwerb einer solchen Berechtigung steuern, hier also auch von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Gerade dem Betroffenen selbst war und ist bekannt, dass er bei der Erteilung der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis seinen ständigen Wohnsitz nicht im Ausstellermitgliedstaat, sondern im Inland hatte. Einem möglichen Vertrauen darauf, dass der mit der Fahrerlaubniserteilung verbundene Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung nicht aufgedeckt werde, fehlt jede Schutzwürdigkeit.

32

Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Betroffene von einer solchen Fahrerlaubnis von Anfang an keinen Gebrauch in Deutschland machen darf, selbst wenn die Umstände, aus denen sich sein Rechtsverstoß ergibt, der deutschen Fahrerlaubnisbehörde oder dem Gericht erst nachträglich bekannt geworden sind (so bereits Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 3 C 15.09 - BVerwGE 136, 149 <154 ff.> unter Bezugnahme auf EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - Rs. C-445/08, Wierer - NJW 2010, 217 Rn. 63).

33

4. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordnete und damit unmittelbar wirkende Nichtanerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse verstößt auch nicht gegen die hier noch anwendbare Richtlinie 91/439/EWG.

34

Weder Art. 8 Abs. 4 dieser Richtlinie selbst noch die Erwägungsgründe dieser Richtlinie enthalten einen Hinweis darauf, dass die Mitgliedstaaten die ihnen dort eingeräumte Befugnis zu einer entsprechenden Gestaltung ihres innerstaatlichen Rechts (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 36) nicht in der Weise ausüben können, dass sie die Nichtanerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis in einer abstrakt-generellen Regelung bestimmen, die auch ohne eine zusätzliche behördliche Einzelfallentscheidung rechtliche Wirksamkeit erlangt.

35

Ebenso wenig wie der EU-Führerscheinrichtlinie selbst ist den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes zum Fahrerlaubnisrecht ein Hinderungsgrund für eine solche Regelungstechnik zu entnehmen. Dort ist davon die Rede, dass es den Mitgliedstaaten unter den vom Gerichtshof näher definierten Voraussetzungen nicht verwehrt ist, die Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis abzulehnen. Diese Formulierung schließt ohne Weiteres die Möglichkeit einer abstrakt-generellen Regelung ein. Der Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Juli 2008 (- Rs. C-225/07, Möginger - NJW 2009, 207) und seine Urteile vom 20. November 2008 (- Rs. C-1/07, Weber - Slg. 2008 I-8571 = NJW 2008, 3767) und vom 19. Februar 2009 (- Rs. C-321/07, Schwarz - Slg. 2009 I-1113 = DAR 2009, 191) stützen diese Annahme. Diesen Entscheidungen lagen Strafverfahren in Deutschland wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zugrunde. In den ersten beiden Fällen ging es um die Geltung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, die während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilt worden war; das dritte Verfahren betraf die Gültigkeit eines in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschriebenen österreichischen Führerscheins, nachdem die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war. Zu klären war jeweils die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis nach Maßgabe des unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes. Nachdem in allen Fällen die Nichtanerkennung dieser Fahrerlaubnis direkt aus § 28 Abs. 4 FeV hergeleitet wurde, also gerade kein diese Rechtsfolge anordnender Bescheid der Fahrerlaubnisbehörde ergangen war, hätte es sich aufgedrängt, dass der Europäische Gerichtshof auf ein entsprechendes Erfordernis hinweist, wenn es sich aus dem Unionsrecht ergäbe. Das ist jedoch nicht geschehen.

36

Unbegründet ist auch der Einwand, der Europäische Gerichtshof habe mit seinem Urteil vom 26. Juni 2008 in der Rechtssache Wiedemann u.a. (- Rs. C-329/07 und C-343/07 - a.a.O.) auch entschieden, dass es die Art. 1 Abs. 2 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht verwehrten, die Aussetzung der Fahrberechtigung anzuordnen, wenn sich aus den Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt, dass das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis nicht gewahrt wurde (a.a.O. Rn. 81 ff.). Daraus ergibt sich lediglich die Befugnis des Mitgliedstaates, unter den genannten Voraussetzungen auch die Aussetzung der Fahrberechtigung - als Minus zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis - vorzusehen. Ob es einer solchen Regelung überhaupt bedarf oder ob die Fahrerlaubnis von vornherein als ungültig angesehen wird, ist eine Frage der Ausgestaltung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts. Dafür macht der Europäische Gerichtshof auch in diesem Urteil keine Vorgaben; er beantwortet nur die Frage, ob und inwieweit eine Aussetzungsregelung nach dem Unionsrecht zulässig ist.

37

Soweit nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis eng auszulegen ist (vgl. u.a. Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs. C-225/07, Möginger - a.a.O. Rn. 37 m.w.N.), betrifft diese Aussage die inhaltliche Reichweite dieses Ausnahmetatbestandes, nicht aber den verfahrensmäßigen Weg, auf dem die Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis im Aufnahmemitgliedstaat herbeigeführt werden darf.

(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, von seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

2

Dem Kläger wurde die 1988 erworbene deutsche Fahrerlaubnis durch Strafurteil vom 17. März 1998 wegen einer Trunkenheitsfahrt (Blutalkoholgehalt von 2,39 Promille) entzogen. Eine ihm im Dezember 1998 erteilte Fahrerlaubnis wurde durch Urteil vom 4. April 2000 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (BAK von 1,4 Promille) wieder entzogen. Wegen einer Trunkenheitsfahrt am 21. September 2002 (BAK von 2,02 Promille) in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und ohne Versicherungsschutz wurde er am 29. August 2003 erneut verurteilt. Im Februar 2003 erhielt der Kläger aufgrund eines positiven Fahreignungsgutachtens wieder eine Fahrerlaubnis, die ihm der Beklagte wegen der strafgerichtlichen Verurteilung mit Bescheid vom 20. August 2004 wieder entzog. Zwischenzeitlich verfügte der Kläger auch über eine luxemburgische Fahrerlaubnis, die ihm aber ebenfalls wieder entzogen wurde. Mit amtsgerichtlichem Strafurteil vom 25. November 2005 wurde der Kläger wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und eine Sperrfrist von zwei Jahren für die Wiedererteilung festgesetzt. Auf die Berufung des Klägers setzte das Landgericht mit Urteil vom 5. April 2007 die Freiheitsstrafe zur Bewährung aus und verhängte gemäß § 69a StGB eine isolierte Sperre von sechs Monaten; dieses Urteil wurde am 5. Juli 2007 rechtskräftig.

3

Am 16. Oktober 2007 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis für die Klassen A und B; im dort ausgestellten Führerschein ist ein Wohnort in Tschechien eingetragen.

4

Als der Beklagte davon Kenntnis erhielt, erließ er den Bescheid vom 15. April 2009, in dem es unter Nr. 1 heißt: "Hiermit wird Ihnen das Recht aberkannt, mit Ihrer tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen." Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass nach dem Unionsrecht die in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis zwar grundsätzlich anzuerkennen sei; davon gebe es aber Ausnahmen, etwa dann, wenn die Fahrerlaubnis - wie hier - während einer noch laufenden Führerscheinsperre erteilt worden sei. Der vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde nicht beschieden.

5

Die vom Kläger erhobene Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Der Bescheid könne auf § 28 Abs. 4 Nr. 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) in der Fassung vom 9. August 2004 gestützt werden. Ob die tschechische Fahrerlaubnis des Klägers in Deutschland gelte, richte sich nach der zum Zeitpunkt ihres Erwerbs maßgeblichen Rechtslage. Da die Fahrerlaubnis noch innerhalb der im Urteil vom 5. Juli 2007 festgelegten Sperrfrist erteilt worden sei, die erst mit der Rechtskraft dieses Urteils zu laufen begonnen habe, habe sie nach § 28 Abs. 4 Nr. 1 1. Alt. FeV im Inland keine Geltung. Diese Regelung sei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes mit Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie Nr. 91/439/EWG vereinbar. § 28 Abs. 4 Nr. 4 1. Alt. FeV bewirke entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster unmittelbar, dass der Inhaber einer solchen Fahrerlaubnis nicht berechtigt sei, im Bundesgebiet Fahrzeuge zu führen; eines vorherigen Verwaltungsakts bedürfe es nicht. Aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes vom 26. Juni 2008 ergebe sich nichts anderes. Es obliege allein den Mitgliedstaaten, die Modalitäten einer gemeinschaftsrechtlich zulässigen Versagung der Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis zu regeln. In § 28 Abs. 4 Nr. 4 i.V.m. Abs. 5 FeV sei das in zulässiger Weise geschehen. Auf das Fortbestehen von Eignungsmängeln komme es nicht an. Das sei mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, da der Betroffene gemäß § 28 Abs. 5 FeV bei wiedererlangter Eignung die Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis beantragen könne. Auch mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG bestehe kein Grund, ihn anders zu behandeln als Personen, die die Voraussetzung der Eignung zwar (wieder) erfüllten, bei denen aber wegen fehlenden Antrags noch keine Eignungsüberprüfung durchgeführt worden sei und die deshalb noch keine Fahrerlaubnis erhalten hätten. Dass die in der Tschechischen Republik erworbene Fahrerlaubnis bereits kraft normativer Regelung ungültig sei, hindere den Beklagten nicht, den Kläger durch Verwaltungsakt auf diese Rechtsfolge hinzuweisen.

6

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Es bestünden Bedenken, ob § 28 FeV a.F., der auf einer bewussten Entscheidung des Normgebers beruhe, einer teleologischen Reduktion zugänglich sei. Darüber hinaus stehe die Anwendung von § 28 FeV nicht im Einklang mit dem Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG. Die Inhaber ausländischer EU-Fahrerlaubnisse hätten zum Teil jahrelang unbeanstandet am Straßenverkehr teilgenommen und seien nun - und das möglicherweise sogar beginnend mit dem Tag der Fahrerlaubniserteilung - mit dem strafrechtlichen Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis konfrontiert. Dabei sei es vielfach ohnehin schwierig, das Ende einer inländischen Sperrfrist zu bestimmen. Der Auffassung, dass die ausländische Fahrerlaubnis zunächst einmal gültig sei, neige wohl auch der erkennende Senat zu, wenn er in den vom Europäischen Gerichtshof gebilligten Fällen einer Nichtanerkennung von einem Zugriffsrecht des Aufnahmemitgliedstaates ausgehe. Hier sei bei Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis die Sperrfrist im Übrigen schon abgelaufen gewesen.

7

Der Beklagte tritt der Revision entgegen.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass die Nichtanerkennung einer Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik in den in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV n.F. genannten Fällen bereits unmittelbar aus der Regelung selbst folge, es mithin nicht zusätzlich noch des Erlasses eines Verwaltungsaktes zur Herbeiführung dieser Rechtsfolge bedürfe. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Regelung, dem Zusammenhang mit § 28 Abs. 1 FeV und aus der Entstehungsgeschichte der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht im Einklang mit Bundes- und Unionsrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der angefochtene Bescheid vom 15. April 2009 ist nicht rechtswidrig, sondern stellt zutreffend fest, dass der Kläger nicht berechtigt ist, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen. Dies folgt bereits unmittelbar aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV, der durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29) insoweit unverändert geblieben ist.

10

1. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben - vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen.

11

a) Hier greift der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV; danach gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Dem Kläger wurde die streitige Fahrerlaubnis der Klassen A und B in der Tschechischen Republik am 16. Oktober 2007 erteilt. Dieser Zeitpunkt lag innerhalb der Sperrfrist von sechs Monaten, die das Landgericht Saarbrücken mit Urteil vom 5. April 2007 auf der Grundlage von § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB verhängt hatte. Diese Frist wurde erst mit der Rechtskraft des Urteils am 5. Juli 2007 in Lauf gesetzt. Das ergibt sich aus § 69a Abs. 5 Satz 1 StGB. § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB ist nicht anwendbar; nach dieser Regelung wird in die Frist die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. Diese Voraussetzungen waren im Fall des Klägers nicht erfüllt, da es wegen der geahndeten Tat - des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen - naturgemäß nicht zu einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gekommen war. Für die vom Kläger befürwortete entsprechende Anwendung dieser Regelung gibt es keine Grundlage; er war wegen der von ihm begangenen Straftat nicht mit einer Maßnahme belastet, die einer vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung vergleichbar und damit möglicherweise anrechnungsfähig wäre. Im Hinblick auf den klaren Wortlaut der Regelung kann der Kläger für seine Auffassung auch nichts aus dem - nicht näher begründeten - Beschluss des Landgerichts Oldenburg vom 27. September 1966 - 6 Ms 35/66 - (DAR 1967, S. 50f.) gewinnen, der zudem einen anders gelagerten Fall betraf.

12

b) § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV ordnet die Nichtgeltung einer während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilten ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis an, ohne dass es noch zusätzlich eines Verwaltungsaktes bedarf, der diese Rechtsfolge ausspricht. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt (ebenso OVG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2010 - 10 A 10411/10.OVG - SVR 2010, 351 = Blutalkohol 47, 366 und VGH München, Urteil vom 27. Mai 2010 - 11 BV 10.67 - SVR 2010, 313 sowie VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 - 10 S 2640/10 -); dieser Auffassung ist - ausweislich der Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses - auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das die Fahrerlaubnis-Verordnung und die maßgebliche Änderungsverordnung erlassen hat.

13

Gegen die anderslautende Annahme des Oberverwaltungsgerichts Münster (vgl. u.a. Beschluss vom 12. Januar 2009 - 16 B 1610/08 - DAR 2009, 109 = VRS 119, 314 Rn. 35 und Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 21), auf die sich der Kläger beruft, sprechen bereits der Wortlaut der Regelung und der systematische Zusammenhang des ersten und des vierten Absatzes von § 28 FeV. In § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV heißt es, dass die Berechtigung des Absatzes 1 in den nachfolgend aufgeführten Fällen "nicht gilt", ohne dass dort - anders als in § 3 StVG und § 46 FeV (... "hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen") - ein gesondertes Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde verlangt wird. "Nicht gelten" bedeutet, dass der ausländischen Fahrerlaubnis per se keine Wirksamkeit im Bundesgebiet zuerkannt wird. Systematisch regelt § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV Ausnahmen von der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen, die dem Inhaber einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnisbehörde in § 28 Abs. 1 FeV grundsätzlich zuerkannt wird; spiegelbildlich wird auch für den Erwerb der Fahrberechtigung aufgrund einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis kein Tätigwerden der deutschen Fahrerlaubnisbehörde vorausgesetzt.

14

Gegen das Erfordernis einer konstitutiven Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde spricht zusätzlich § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV n.F.; dort ist vorgesehen, dass in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen kann. Damit wird der Fahrerlaubnisbehörde nur die Möglichkeit eingeräumt ("kann"), einen solchen Verwaltungsakt zu erlassen, sie wird hierzu nicht verpflichtet. Zum anderen wird der Verwaltungsakt ausdrücklich als feststellender Verwaltungsakt bezeichnet und damit als Verwaltungsakt, der eine bereits bestehende Rechtslage wiedergibt und gegebenenfalls klarstellt. Die Verordnungsbegründung bestätigt das; dort wird ausgeführt, dass in solchen Fällen ein feststellender Verwaltungsakt in Betracht kommen kann, "in dem die sich aus § 28 Abs. 4 FeV ergebende Rechtslage klargestellt wird". Der Verwaltungsakt diene dazu, Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 zu beseitigen, was insbesondere auf das Tatbestandsmerkmal der "vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen" bezogen wird (BRDrucks 851/08 S. 6).

15

c) Dementsprechend handelt es sich bei der in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordneten Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis um eine ex-tunc-Regelung. Der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wird ihre Wirksamkeit in Deutschland bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung und nicht erst ab der Bekanntgabe eines ihre Nichtgeltung feststellenden Bescheides der Fahrerlaubnisbehörde abgesprochen.

16

Aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 26.07 -, in dem von einem Zugriffsrecht des Mitgliedstaates die Rede ist (BVerwGE 132, 315 <321>), lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat seinerzeit davon ausgegangen ist, die ausländische EU-Fahrerlaubnis sei zunächst einmal gültig. Das Verfahren betraf eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 3 StVG und § 46 FeV. Im Urteil wird ausgeführt, dass eine solche Entscheidung nicht wegen § 28 FeV ausgeschlossen sei. Die Fahrerlaubnisbehörde habe nämlich nicht mit Gewissheit davon ausgehen können, dass sie dem Kläger die in § 28 FeV angeordnete Nichtgeltung entgegenhalten könne (a.a.O. S. 318 f.). Der Senat hat damit die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis mit Blick auf § 28 FeV a.F. nicht bejaht, sondern gerade offen gelassen.

17

Nach all dem ist, wenn der Betroffene in Deutschland von einer unter § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV fallenden ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch macht, der objektive Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG erfüllt. Ob der Betroffene gleichwohl straffrei ausgeht, weil jedenfalls der subjektive Tatbestand zu verneinen ist, wird im Strafverfahren im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden sein.

18

2. Die § 28 Abs. 1 und 4 FeV zugrunde liegende Regelungssystematik bedarf nicht deshalb der Korrektur, weil sich aus höherrangigem deutschem Recht ergäbe, dass die Nichtanerkennung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nur durch eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde, nicht aber normativ geregelt werden kann.

19

a) Im Straßenverkehrsgesetz lässt sich kein Ansatzpunkt für eine solche Annahme finden. § 3 StVG, der ebenso wie § 46 FeV eine Regelung durch Verwaltungsakt vorsieht (... "hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen."), regelt allein den Fall der Fahrerlaubnisentziehung wegen mangelnder Fahreignung. Es ist aber etwas grundlegend anderes, ob dem Inhaber eine ausländische Fahrerlaubnis nachträglich wegen durch entsprechende Fahreignungsgutachten belegter oder nach § 11 Abs. 8 FeV anzunehmender Nichteignung entzogen wird, d.h. ihr die Wirkung für das Bundesgebiet ab dem Zeitpunkt der Vollziehbarkeit dieses Verwaltungsaktes genommen wird, oder ob ihr auf der Grundlage von § 28 FeV von Anfang an keine Geltung in Deutschland zuerkannt wird. Auch das Unionsrecht weist mit Art. 8 Abs. 2 und 4 der hier noch anwendbaren Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein 91/439/EWG (ABl L 237 vom 24. August 1991 S.1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/112/EG der Kommission vom 25. August 2009 (ABl L 223 vom 26. August 2009 S. 26), eine solche Differenzierung auf. Ebenso wie die Wirkung unterscheiden sich die Voraussetzungen für den entsprechenden "Zugriff" des Aufnahmemitgliedstaates (vgl. zu diesem Begriff BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. S. 321). § 3 StVG und § 46 FeV erlauben die Fahrerlaubnisentziehung nur bei mangelnder Eignung; sie muss sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zudem gerade aus einem Verhalten des Fahrerlaubnisinhabers nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis ergeben (vgl. dazu u.a. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - Slg. 2008 I-4635 = NJW 2008, 2403 Rn. 59 sowie BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 - BVerwG 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 <16 ff.>). Dagegen genügt nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ein im dargestellten Sinne offenkundiger Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung und nach Nr. 4 der Vorschrift die Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist.

20

b) Die Notwendigkeit einer konstitutiven Einzelfallentscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde lässt sich ebenso wenig mit dem Erfordernis von Rechtssicherheit oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründen und damit letztlich aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herleiten.

21

Rechtsnormen enthalten typischerweise abstrakt-generelle Regelungen und knüpfen die dort angeordneten Rechtsfolgen tatbestandlich in aller Regel an unbestimmte Rechtsbegriffe an. Das Erfordernis einer Subsumtion ist damit nicht der Ausnahme-, sondern der Regelfall. Allein daraus, dass es für die Feststellung der Rechtslage einer Subsumtion bedarf, kann demzufolge nicht hergeleitet werden, dass diese Rechtsfolge erst durch einen Verwaltungsakt herbeigeführt werden muss (so aber OVG Münster, Beschluss vom 12. Januar 2009 a.a.O.). Sollte dem Betroffenen in den hier in Rede stehenden Fällen die Rechtslage unklar sein, steht ihm zudem ein hinreichendes rechtliches Instrumentarium zur Verfügung, um die notwendige Rechtssicherheit herbeizuführen. Er kann entweder bei der Fahrerlaubnisbehörde den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes zur Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis beantragen oder über eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO eine auch die Behörde bindende verwaltungsgerichtliche Feststellung seiner Rechte und Pflichten herbeiführen; einen von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erlassenen feststellenden Verwaltungsakt kann er anfechten.

22

Ebenfalls unbegründet ist der Einwand, eine Einzelfallprüfung und -entscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde seien deshalb erforderlich, weil ermittelt werden müsse, ob der Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis seine Fahreignung mittlerweile wiedererlangt habe; denn die mögliche Wiedererlangung der Kraftfahreignung kann nicht dazu führen, dass die Nichtbeachtung einer noch laufenden deutschen Sperrfrist, die zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis geführt hat, unbeachtlich wird.

23

Wegen der besonderen Bedeutung der Verkehrssicherheit und der in Rede stehenden hochrangigen Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer, die vor ungeeigneten Kraftfahrern geschützt werden müssen, ist es auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, dass das deutsche Fahrerlaubnisrecht die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vom Nachweis der (Wieder-)Erlangung der Kraftfahreignung abhängig macht und die Nachweispflicht dem Betroffenen auferlegt (vgl. § 11 und § 13 FeV sowie § 28 Abs. 5 FeV).

24

Schließlich begründet § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.

25

Es liegt der Sache nach schon kein Fall einer Rückwirkung vor. Nach der Konzeption der Vorschrift steht dem Betroffenen von Anfang an kein Recht zum Gebrauchmachen von seiner im Ausland erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland zu. Dementsprechend wird ihm durch eine behördliche oder gegebenenfalls gerichtliche Entscheidung, in der das Fehlen seiner Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt wird, auch kein Recht nachträglich entzogen. Was sich der Betroffene bislang zu Nutzen machen konnte, war allein der Schein einer solchen Berechtigung, der sich aus der ihm zu Unrecht erteilten ausländischen Fahrerlaubnis ergab. Zudem betrifft der Schutzbereich des vom Kläger genannten Art. 103 Abs. 2 GG, wonach eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen war, nicht präventive Maßnahmen der Gefahrenabwehr (vgl. BVerfG Beschluss vom 25. Oktober 1966 - 2 BvR 506/63 - BVerfGE 20, 323 <331>), zu denen die Nichtanerkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis nach § 28 FeV zu rechnen ist.

26

Abgesehen davon kann in dem hier in Rede stehenden Fall kein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen darauf entstehen, von seiner auch gemessen an den unionsrechtlichen Vorgaben zu Unrecht erteilten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen. Der Umfang eines solchen Vertrauens wird von Anfang an durch die rechtlichen Regelungen beschränkt, die den Erwerb einer solchen Fahrerlaubnis steuern, hier also auch von § 28 Abs. 4 Nr. 4 FeV und § 69a StGB. Dem Betroffenen war bekannt oder musste jedenfalls bekannt sein, dass ihm die ausländische Fahrerlaubnis während einer noch laufenden Sperrfrist erteilt worden war. Bestanden für den Betroffenen insoweit Unsicherheiten, hätte es bei ihm gelegen, eine Klärung bei den zuständigen Stellen, insbesondere der Fahrerlaubnisbehörde, herbeizuführen.

27

Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Betroffene von einer solchen Fahrerlaubnis von Anfang an keinen Gebrauch in Deutschland machen darf, selbst wenn die Umstände, aus denen sich sein Rechtsverstoß ergibt, der deutschen Fahrerlaubnisbehörde oder dem Gericht erst nachträglich bekannt geworden sind (so bereits Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 3 C 15.09 - BVerwGE 136, 149 <154 ff.> unter Bezugnahme auf EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - Rs. C-445/08, Wierer - NJW 2010, 217 Rn. 63).

28

3. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordnete und damit unmittelbar wirkende Nichtanerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse verstößt auch nicht gegen die hier noch anwendbare Richtlinie 91/439/EWG.

29

Gemäß Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt. Art. 8 Abs. 2 sieht vor, dass der Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes vorbehaltlich der Einhaltung des straf- und polizeirechtlichen Territorialitätsprinzips auf den Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins seine innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis anwenden und zu diesem Zweck den betreffenden Führerschein austauschen kann. Nach Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie kann es ein Mitgliedstaat ablehnen, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine der in Absatz 2 genannten Maßnahmen angewendet wurde.

30

a) In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist geklärt, dass diese Regelungen es einem Mitgliedstaat nicht verwehren, einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs der Fahrerlaubnis in Verbindung mit einer Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angewendet worden ist, die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat während dieser Sperrfrist ausgestellten neuen Führerscheins zu versagen (vgl. u.a. Urteil vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und 343/06, Wiedemann u.a. - a.a.O. Rn. 65 sowie Urteil vom 19. Mai 2011 - Rs. C-184/10, Grasser - DAR 2011, 171 = VR 2011, 249 Rn. 33). Diese Voraussetzungen liegen hier - wie bereits ausgeführt - vor.

31

b) Weder Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG selbst noch die Erwägungsgründe dieser Richtlinie enthalten einen Hinweis darauf, dass die Mitgliedstaaten die ihnen dort eingeräumte Befugnis zu einer entsprechenden Gestaltung ihres innerstaatlichen Rechts (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 36) nicht in der Weise ausüben können, dass sie die Nichtanerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis in einer abstrakt-generellen Regelung bestimmen, die auch ohne eine zusätzliche behördliche Einzelfallentscheidung rechtliche Wirksamkeit erlangt.

32

Ebenso wenig wie der EU-Führerscheinrichtlinie selbst ist den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes zum Fahrerlaubnisrecht ein Hinderungsgrund für eine solche Regelungstechnik zu entnehmen. Dort ist davon die Rede, dass es den Mitgliedstaaten unter den vom Gerichtshof näher definierten Voraussetzungen nicht verwehrt ist, die Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis abzulehnen. Diese Formulierung schließt ohne Weiteres die Möglichkeit einer abstrakt-generellen Regelung ein. Der Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Juli 2008 (- Rs. C-225/07, Möginger - NJW 2009, 207) und seine Urteile vom 20. November 2008 (- Rs. C-1/07, Weber - Slg. 2008 I-8571 = NJW 2008, 3767) und vom 19. Februar 2009 (- Rs. C-321/07, Schwarz - Slg. 2009 I-1113 = DAR 2009, 191) stützen diese Annahme. Diesen Entscheidungen lagen Strafverfahren in Deutschland wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zugrunde. In den ersten beiden Fällen ging es um die Geltung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, die während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilt worden war; das dritte Verfahren betraf die Gültigkeit eines in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschriebenen österreichischen Führerscheins, nachdem die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war. Zu klären war jeweils die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis nach Maßgabe des unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes. Nachdem in allen Fällen die Nichtanerkennung dieser Fahrerlaubnis direkt aus § 28 Abs. 4 FeV hergeleitet wurde, also gerade kein diese Rechtsfolge anordnender Bescheid der Fahrerlaubnisbehörde ergangen war, hätte es sich aufgedrängt, dass der Europäische Gerichtshof auf ein entsprechendes Erfordernis hinweist, wenn es sich aus dem Unionsrecht ergäbe. Das ist jedoch nicht geschehen.

33

Unbegründet ist auch der Einwand, der Europäische Gerichtshof habe mit seinem Urteil vom 26. Juni 2008 in der Rechtssache Wiedemann u.a. (- Rs. C-329/07 und C-343/07 - a.a.O.) auch entschieden, dass es die Art. 1 Abs. 2 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht verwehrten, die Aussetzung der Fahrberechtigung anzuordnen, wenn sich aus den Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt, dass das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis nicht gewahrt wurde (a.a.O. Rn. 81 ff.). Daraus ergibt sich lediglich die Befugnis des Mitgliedstaates, unter den genannten Voraussetzungen auch die Aussetzung der Fahrberechtigung - als Minus zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis - vorzusehen. Ob es einer solchen Regelung überhaupt bedarf oder ob die Fahrerlaubnis von vornherein als ungültig angesehen wird, ist eine Frage der Ausgestaltung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts. Dafür macht der Europäische Gerichtshof auch in diesem Urteil keine Vorgaben; er beantwortet nur die Frage, ob und inwieweit eine Aussetzungsregelung nach dem Unionsrecht zulässig ist.

34

Soweit nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis eng auszulegen ist (vgl. u.a. Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs. C-225/07, Möginger - a.a.O. Rn. 37 m.w.N.), betrifft diese Aussage die inhaltliche Reichweite dieses Ausnahmetatbestandes, nicht aber den verfahrensmäßigen Weg, auf dem die Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis im Aufnahmemitgliedstaat herbeigeführt werden darf.

35

Schließlich ist der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu entnehmen, dass die Nichtgeltung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die der Aufnahmemitgliedstaat in Übereinstimmung mit den von vom Gerichtshof gebilligten Ausnahmen vom Anerkennungsgrundsatz angeordnet hat, nicht unionsrechtswidrig wird, wenn der Grund für die Nichtanerkennung später entfällt. Nach dem Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs. C-225/07, Möginger - verwehrt es der Anerkennungsgrundsatz dem Aufnahmemitgliedstaat nicht, es abzulehnen, die Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins anzuerkennen, wenn sein Inhaber im ersten Mitgliedstaat zum Zeitpunkt dieser Ausstellung einer Sperrfrist für die Neuerteilung unterlag; der Umstand, dass sich die Frage der Gültigkeit erst nach Ablauf der Sperrfrist stelle, habe hierauf keinen Einfluss. Die Befugnis zur Nichtanerkennung gelte uneingeschränkt und endgültig (a.a.O. Rn. 41). Dem lässt sich - außer der Billigung einer durch eine Rechtsnorm angeordneten Nichtanerkennung - auch entnehmen, dass der Europäische Gerichtshof es nicht als gemeinschaftsrechtswidrig ansieht, wenn der Aufnahmemitgliedstaat weiterhin von der Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis ausgeht, obgleich der Betroffene - hier nach Ablauf der Sperrfrist - seine Fahreignung möglicherweise wiedererlangt hat.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, von seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

2

Dem Kläger wurde im April 1998 durch Strafurteil die deutsche Fahrerlaubnis wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholgehalt von 1,7 Promille) entzogen und eine Sperrfrist von 10 Monaten für die Wiedererteilung festgelegt. Einen Antrag auf Neuerteilung nahm der Kläger zurück, nachdem ein im April 1999 erstattetes medizinisch-psychologisches Gutachten zum Ergebnis kam, es sei nicht hinreichend sicher auszuschließen, dass er erneut ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Einen weiteren Neuerteilungsantrag lehnte das Landratsamt im Oktober 2000 ab; nach dem medizinisch-psychologischen Gutachten vom 1. März 2000 war mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Kläger auch künftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde.

3

Am 26. November 2004 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse B; im dort ausgestellten Führerschein ist als ständiger Wohnsitz ein Ort in Deutschland angegeben. Am 20. Februar 2006 wurde dem Kläger in Tschechien zusätzlich die Fahrerlaubnis der Klasse C erteilt und ihm ein neuer Führerschein ausgestellt; auch in diesem Führerschein ist ein deutscher Wohnsitz eingetragen.

4

Als der Beklagte davon Kenntnis erhielt, wies er den Kläger mit Schreiben vom 10. November 2008 darauf hin, dass ihm der tschechische Führerschein wegen seines ständigen Wohnsitzes in der Bundesrepublik zu Unrecht erteilt worden sei und ihn nach § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtige. Der Kläger wurde aufgefordert, den Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Dieser Aufforderung kam er nicht nach und legte Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2008 forderte das Landratsamt den Kläger unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein vorzulegen. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2008 drohte es ihm die Anwendung unmittelbaren Zwangs an. Auch gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein, den die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 zurückwies. Der Kläger legte dem Landratsamt daraufhin seinen tschechischen Führerschein vor, in den ein Sperrvermerk für Deutschland eingetragen wurde.

5

Die Klage, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, er sei berechtigt, mit seiner am 26. November 2004 in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis Fahrzeuge der Klasse B in Deutschland zu führen, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

6

Die Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es: Es sei weder nach deutschem Recht noch nach Gemeinschaftsrecht eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde geboten, um die Rechtsfolge des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV, die Nichtanerkennung der in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis, herbeizuführen. Gemeinschaftsrechtlich ergebe sich ein solches Erfordernis insbesondere nicht daraus, dass Ausnahmen vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen eng auszulegen seien; das betreffe allein die materielle Reichweite dieser Ausnahmen. Auch ansonsten lasse sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes das Erfordernis einer Einzelfallentscheidung nicht entnehmen. Allein der Umstand, dass § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV eine einzelfallbezogene Subsumtion voraussetze, könne dieser Regelung nicht ihre konstitutive Wirkung nehmen. Auch dass die Fahrerlaubnisinhaber ihre Fahreignung möglicherweise wieder erlangt haben könnten, trage die Gegenansicht nicht; sowohl nach deutschem als auch nach Unionsrecht habe der Betroffene den Nachweis dafür zu erbringen. Könnte er von seiner ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch machen, bis eine Überprüfung seine fortbestehende Nichteignung ergebe, liefe das auf eine Umkehrung dieses Grundsatzes hinaus. Zudem würden Personen privilegiert, die ihre Fahrerlaubnis in einem EU-Mitgliedstaat erworben hätten, in dem - wie in der Tschechischen Republik - das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis erst mit Verzögerung beachtet worden sei.

7

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend: Wegen der grundsätzlichen Pflicht zur Anerkennung ausländischer EU-Fahrerlaubnisse sei der Aufnahmemitgliedstaat erst nach einem nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchzuführenden förmlichen Verfahren berechtigt, das Gebrauchmachen von einer solchen Fahrerlaubnis zu untersagen. Da hier ein solches Verfahren nicht stattgefunden habe, habe er nicht belegen können, dass keine Eignungsmängel mehr bestünden. Nur solche Mängel rechtfertigten es aber, das Gebrauchmachen von einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis zu untersagen. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV getroffene Regelung sei auch nach ihrer Neufassung noch gemeinschaftsrechtswidrig.

8

Der Beklagte tritt der Revision entgegen.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass dann, wenn die Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis offensichtlich gegen das Wohnsitzerfordernis verstoßen habe, deren Nichtanerkennung in der Bundesrepublik bereits unmittelbar aus § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV n.F. folge. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Regelung, ihrem Zusammenhang mit § 28 Abs. 1 FeV sowie aus der Entstehungsgeschichte der im Januar 2009 in Kraft getretenen Änderungsverordnung.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht im Einklang mit Bundes- und Unionsrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in der hier anwendbaren Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung führt bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unmittelbar - also ohne dass es noch zusätzlich einer Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde bedarf - zur Unwirksamkeit der ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland ab deren Erteilung (1. und 2.). Dem stehen weder höherrangiges deutsches Recht (3.) noch der unionsrechtliche Grundsatz der Anerkennung ausländischer EU- und EWR-Fahrerlaubnisse entgegen (4.).

11

1. a) Der Entscheidung über das Feststellungsbegehren des Klägers ist § 28 Abs. 1 und 4 FeV in der Fassung zugrunde zu legen, die die Vorschrift durch die Dritte Änderungsverordnung zur Fahrerlaubnisverordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29) erhalten hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger seine Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen auch für die Vergangenheit, nämlich für die Zeit ab der Erteilung seiner tschechischen Fahrerlaubnis, festgestellt wissen will. Der Verordnungsgeber will mit der Neufassung von § 28 Abs. 4 FeV der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum Umfang der Pflicht zur Anerkennung ausländischer EU- und EWR-Fahrerlaubnisse Rechnung tragen (vgl. BRDrucks 851/08 S. 6). Die in § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. getroffene Regelung, wonach eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis in Deutschland bereits dann unwirksam sein sollte, wenn deren Inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung seinen Wohnsitz im Inland hatte, soll auf die vom Europäischen Gerichtshof in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 (- Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - Slg. 2008 I-4635 = NJW 2008, 2403 Rn. 68 ff. sowie - Rs. C-334/06 bis C-336/06, Zerche u.a. - Slg. 2008 I-4691 Rn. 65 ff.) beschriebenen Fälle eines offenkundigen Verstoßes gegen die Wohnsitzvoraussetzung zurückgeführt werden. Anderenfalls soll diese Fahrerlaubnis in den in Rede stehenden Fällen ab ihrer Erteilung auch in Deutschland gelten. Da mit der Neufassung der Bestimmung keine Schlechterstellung der betroffenen Fahrerlaubnisinhaber verbunden ist und sie nur das regelt, was aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ohnehin schon galt, besteht keine Veranlassung, ihren Anwendungsbereich auf ab dem 19. Januar 2009 erteilte Fahrerlaubnisse zu begrenzen (so aber OVG Münster, Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 19), zumal Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Neuregelung dafür keine Anhaltspunkte bieten. Die Annahme, eine Schlechterstellung für Inhaber bereits erteilter Fahrerlaubnisse ergebe sich aus der Europarechtswidrigkeit von § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. und einer daraus folgenden Unanwendbarkeit der Norm, verkennt die Wirkungen des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs; denn dieser hat eine nur teilweise Nichtanwendbarkeit des innerstaatlichen Rechts zur Folge, wenn - wie hier - eine Abgrenzung des nicht anwendbaren Teils der Vorschrift von ihrem verbleibenden Anwendungsbereich möglich ist. Die Neufassung beschränkt sich daher darauf, die bereits durch das Unionsrecht bewirkte teilweise Nichtanwendbarkeit der bisherigen Regelung im Normtext nachzuvollziehen.

12

b) Der gemeinschaftsrechtliche Maßstab ergibt sich aus der Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein 91/439/EWG (ABl L 237 vom 24. August 1991 S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/112/EG der Kommission vom 25. August 2009 (ABl L 223 vom 26. August 2009 S. 26). Dagegen ist die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl L 403 S. 18), die sog. 3. EU-Führerscheinrichtlinie, nicht anwendbar. Nach ihrem Art. 18 gilt Art. 11 Abs. 1 und 3 bis 6 mit den Regelungen über den Entzug, die Ersetzung und die Anerkennung von Führerscheinen erst ab dem 19. Januar 2009. Aus dem 5. Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt sich, dass vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erworbene Fahrerlaubnisse unberührt bleiben sollen. Damit beansprucht die 3. Führerscheinrichtlinie keine Geltung für die hier in Rede stehende Fahrerlaubnis, die bereits am 26. November 2004 erteilt wurde.

13

2. Der Kläger war und ist wegen des Vorliegens der Voraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV nicht berechtigt, mit seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis, die einen Wohnsitz in Deutschland ausweist, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen.

14

Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben - vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Hier greift der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Danach gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie - was hier nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ausscheidet - als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.

15

a) Nach Wortlaut und Systematik von § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV genügt bereits das Erfüllen der Voraussetzungen einer der dort aufgeführten Fallgruppen, um die angeordnete Rechtsfolge - die Nichtgeltung der Fahrerlaubnis in Deutschland - herbeizuführen; es muss nicht zusätzlich auch bereits zu einer Fahrerlaubnisentziehung gekommen sein oder sonst eine der Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV vorliegen (so zutreffend VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 - 10 S 2640/10 - juris). Soweit in der Vergangenheit ein solches Erfordernis aus Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG hergeleitet und mit der Absicht in § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV hineingelesen wurde, diese Regelung in Übereinstimmung mit dieser Richtlinie zu bringen (so etwa VGH Kassel, Beschluss vom 4. Dezember 2009 - 2 B 2138/09 - Blutalkohol 47, 154 Rn. 2 und Dauer, NJW 2010, 2758 <2759> m.w.N.), ist mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 19. Mai 2011 (- Rs. C-184/10, Grasser - DAR 2011, 171 = VR 2011, 249 m.w.N.) mittlerweile geklärt, dass das unionsrechtlich nicht geboten ist. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass bei einer im Sinne seiner Urteile vom 26. Juni 2008 offenkundigen Verletzung des Wohnsitzerfordernisses eine Befugnis des Aufnahmemitgliedstaates zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis auch ohne eine vorangegangene Fahrerlaubnisentziehung besteht.

16

b) § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV ordnet für die dort geregelten Ausnahmetatbestände die Nichtgeltung der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis im Bundesgebiet an, ohne dass es noch zusätzlich eines konstitutiven Verwaltungsaktes bedarf, der diese Rechtsfolge ausspricht. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt (ebenso OVG Saarlouis, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 A 185/10 - juris und OVG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2010 - 10 A 10411/10.OVG - SVR 2010, 351 = Blutalkohol 47, 366 sowie VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 a.a.O.); dieser Auffassung ist - ausweislich der Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses - auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das die Fahrerlaubnis-Verordnung und die maßgebliche Änderungsverordnung erlassen hat.

17

Gegen die anderslautende Annahme des Oberverwaltungsgerichts Münster (vgl. u.a. Beschluss vom 12. Januar 2009 - 16 B 1610/08 - DAR 2009, 109 = VRS 119, 314 Rn. 35 und Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 21), auf die sich der Kläger beruft, sprechen bereits der Wortlaut der Regelung und der systematische Zusammenhang des ersten und des vierten Absatzes von § 28 FeV. In § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV heißt es, dass die Berechtigung des Absatzes 1 in den nachfolgend aufgeführten Fällen "nicht gilt", ohne dass dort - anders als in § 3 StVG und § 46 FeV (... "hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen") - ein gesondertes Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde verlangt wird. "Nicht gelten" bedeutet, dass der ausländischen Fahrerlaubnis per se keine Wirksamkeit im Bundesgebiet zuerkannt wird. Systematisch regelt § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV Ausnahmen von der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen, die dem Inhaber einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnisbehörde nach § 28 Abs. 1 FeV grundsätzlich zusteht; spiegelbildlich wird auch für den Erwerb der Fahrberechtigung aufgrund einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis kein Tätigwerden der deutschen Fahrerlaubnisbehörde vorausgesetzt.

18

Gegen das Erfordernis einer konstitutiven Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde spricht zusätzlich § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV; dort ist vorgesehen, dass in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen kann. Damit wird der Fahrerlaubnisbehörde nur die Möglichkeit eingeräumt ("kann"), einen solchen Verwaltungsakt zu erlassen, sie wird hierzu nicht verpflichtet. Zum anderen wird der Verwaltungsakt ausdrücklich als feststellender Verwaltungsakt bezeichnet und damit als Verwaltungsakt, der eine bereits bestehende Rechtslage wiedergibt und gegebenenfalls klarstellt. Die Verordnungsbegründung bestätigt das; dort wird ausgeführt, dass in solchen Fällen ein feststellender Verwaltungsakt in Betracht kommen kann, "in dem die sich aus § 28 Abs. 4 FeV ergebende Rechtslage klargestellt wird". Der Verwaltungsakt diene dazu, Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 zu beseitigen, was insbesondere auf das Tatbestandsmerkmal der "vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen" bezogen wird (BRDrucks 851/08 S. 6).

19

c) Dementsprechend handelt es sich bei der in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordneten Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis um eine ex-tunc-Regelung. Der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wird ihre Wirksamkeit in Deutschland bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung und nicht erst ab der Bekanntgabe eines ihre Nichtgeltung feststellenden Bescheides der Fahrerlaubnisbehörde abgesprochen.

20

Aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 26.07 -, in dem von einem Zugriffsrecht des Mitgliedstaates die Rede ist (BVerwGE 132, 315 <321>), lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat seinerzeit davon ausgegangen ist, die ausländische EU-Fahrerlaubnis sei zunächst einmal gültig. Das Verfahren betraf eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 3 StVG und § 46 FeV. Im Urteil wird ausgeführt, dass eine solche Entscheidung nicht wegen § 28 FeV ausgeschlossen sei. Die Fahrerlaubnisbehörde habe nämlich nicht mit Gewissheit davon ausgehen können, dass sie dem Kläger die in § 28 FeV angeordnete Nichtgeltung entgegenhalten könne (a.a.O. S. 318 f.). Der Senat hat damit die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis mit Blick auf § 28 FeV a.F. nicht bejaht, sondern gerade offen gelassen.

21

Nach all dem ist, wenn der Betroffene in Deutschland von einer unter § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV fallenden ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch macht, der objektive Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG erfüllt. Ob der Betroffene gleichwohl straffrei ausgeht, weil jedenfalls der subjektive Tatbestand zu verneinen ist, wird im Strafverfahren im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden sein.

22

3. Die § 28 Abs. 1 und 4 FeV zugrunde liegende Regelungssystematik bedarf nicht deshalb der Korrektur, weil sich aus höherrangigem deutschem Recht ergäbe, dass die Nichtanerkennung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nur durch eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde, nicht aber normativ geregelt werden kann.

23

a) Im Straßenverkehrsgesetz lässt sich kein Ansatzpunkt für eine solche Annahme finden. § 3 StVG, der ebenso wie § 46 FeV eine Regelung durch Verwaltungsakt vorsieht (... "hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen."), regelt allein den Fall der Fahrerlaubnisentziehung wegen mangelnder Fahreignung. Es ist aber etwas grundlegend anderes, ob dem Inhaber eine ausländische Fahrerlaubnis nachträglich wegen durch entsprechende Fahreignungsgutachten belegter oder nach § 11 Abs. 8 FeV anzunehmender Nichteignung entzogen wird, d.h. ihr die Wirkung für das Bundesgebiet ab dem Zeitpunkt der Vollziehbarkeit dieses Verwaltungsaktes genommen wird, oder ob ihr auf der Grundlage von § 28 FeV von Anfang an keine Geltung in Deutschland zuerkannt wird. Auch das Unionsrecht weist mit Art. 8 Abs. 2 und 4 der hier noch anwendbaren Richtlinie 91/439/EWG eine solche Differenzierung auf. Ebenso wie die Wirkung unterscheiden sich die Voraussetzungen für den entsprechenden "Zugriff" des Aufnahmemitgliedstaates (vgl. zu diesem Begriff BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. S. 321). § 3 StVG und § 46 FeV erlauben die Fahrerlaubnisentziehung nur bei mangelnder Eignung; sie muss sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zudem gerade aus einem Verhalten des Fahrerlaubnisinhabers nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis ergeben (vgl. dazu u.a. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - a.a.O. Rn. 59 sowie BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 - BVerwG 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 <16 ff.>). Dagegen genügt nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ein im dargestellten Sinne offenkundiger Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung und nach Nr. 4 der Vorschrift die Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist.

24

b) Die Notwendigkeit einer konstitutiven Einzelfallentscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde lässt sich ebenso wenig mit dem Erfordernis von Rechtssicherheit oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründen und damit letztlich aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herleiten.

25

Rechtsnormen enthalten typischerweise abstrakt-generelle Regelungen und knüpfen die dort angeordneten Rechtsfolgen tatbestandlich in aller Regel an unbestimmte Rechtsbegriffe an. Das Erfordernis einer Subsumtion ist damit nicht der Ausnahme-, sondern der Regelfall. Allein daraus, dass es für die Feststellung der Rechtslage einer Subsumtion bedarf, kann demzufolge nicht hergeleitet werden, dass diese Rechtsfolge erst durch einen Verwaltungsakt herbeigeführt werden muss (so aber OVG Münster, Beschluss vom 12. Januar 2009 a.a.O.). Sollte dem Betroffenen in den hier in Rede stehenden Fällen die Rechtslage unklar sein, steht ihm zudem ein hinreichendes rechtliches Instrumentarium zur Verfügung, um die notwendige Rechtssicherheit herbeizuführen. Er kann entweder bei der Fahrerlaubnisbehörde den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes zur Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis beantragen oder über eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO eine auch die Behörde bindende verwaltungsgerichtliche Feststellung seiner Rechte und Pflichten herbeiführen; einen von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erlassenen feststellenden Verwaltungsakt kann er anfechten.

26

Ebenfalls unbegründet ist der Einwand, eine Einzelfallprüfung und -entscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde seien deshalb erforderlich, weil ermittelt werden müsse, ob der Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis seine Fahreignung mittlerweile wiedererlangt habe; denn in diesem Fall stoße eine fortdauernde Versagung der Anerkennung dieser Fahrerlaubnis im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf Bedenken.

27

Die Erteilung einer Fahrerlaubnis setzt sowohl nach dem deutschen Fahrerlaubnisrecht als auch nach Art. 7 Buchst. a und b der Richtlinie 91/439/EWG zum einen die Kraftfahreignung des Betroffenen und zum anderen - nicht zuletzt zur Abgrenzung der örtlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten - den ordentlichen Wohnsitz des Betroffenen im Ausstellermitgliedstaat zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung voraus. Weder dem deutschen Fahrerlaubnisrecht noch dem Unionsrecht ist ein Ansatzpunkt dafür zu entnehmen, dass das eine Erfordernis durch das andere kompensiert werden kann. Vielmehr ist die Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses - wie der Europäische Gerichtshof in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 unterstrichen hat (a.a.O. Rn. 69 und 66) - unerlässlich, um die Einhaltung der Voraussetzung der Fahreignung zu überprüfen. Demnach kann die mögliche Wiedererlangung der Kraftfahreignung nicht dazu führen, dass ein vorangegangener Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis, der zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis geführt hat, unbeachtlich wird.

28

Wegen der besonderen Bedeutung der Verkehrssicherheit und der in Rede stehenden hochrangigen Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer, die vor ungeeigneten Kraftfahrern geschützt werden müssen, ist es auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, dass das deutsche Fahrerlaubnisrecht die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vom Nachweis der (Wieder-)Erlangung der Kraftfahreignung abhängig macht und die Nachweispflicht dem Betroffenen auferlegt (vgl. § 11 und § 13 FeV sowie § 28 Abs. 5 FeV).

29

Schließlich begründet § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.

30

Es liegt der Sache nach schon kein Fall einer Rückwirkung vor. Nach der Konzeption der Vorschrift steht dem Betroffenen von Anfang an kein Recht zum Gebrauchmachen von seiner im Ausland erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland zu. Dementsprechend wird ihm durch eine behördliche oder gegebenenfalls gerichtliche Entscheidung, in der das Fehlen seiner Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt wird, auch kein Recht nachträglich entzogen. Was sich der Betroffene bislang zu Nutzen machen konnte, war allein der Schein einer solchen Berechtigung, der sich aus der ihm zu Unrecht erteilten ausländischen Fahrerlaubnis ergab.

31

Abgesehen davon kann in den hier in Rede stehenden Fällen kein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen darauf entstehen, von seiner auch gemessen an den unionsrechtlichen Vorgaben zu Unrecht erteilten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch machen zu dürfen. Der Umfang eines solchen Vertrauens wird von Anfang an durch die rechtlichen Regelungen beschränkt, die den Erwerb einer solchen Berechtigung steuern, hier also auch von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Gerade dem Betroffenen selbst war und ist bekannt, dass er bei der Erteilung der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis seinen ständigen Wohnsitz nicht im Ausstellermitgliedstaat, sondern im Inland hatte. Einem möglichen Vertrauen darauf, dass der mit der Fahrerlaubniserteilung verbundene Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung nicht aufgedeckt werde, fehlt jede Schutzwürdigkeit.

32

Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Betroffene von einer solchen Fahrerlaubnis von Anfang an keinen Gebrauch in Deutschland machen darf, selbst wenn die Umstände, aus denen sich sein Rechtsverstoß ergibt, der deutschen Fahrerlaubnisbehörde oder dem Gericht erst nachträglich bekannt geworden sind (so bereits Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 3 C 15.09 - BVerwGE 136, 149 <154 ff.> unter Bezugnahme auf EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - Rs. C-445/08, Wierer - NJW 2010, 217 Rn. 63).

33

4. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordnete und damit unmittelbar wirkende Nichtanerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse verstößt auch nicht gegen die hier noch anwendbare Richtlinie 91/439/EWG.

34

Weder Art. 8 Abs. 4 dieser Richtlinie selbst noch die Erwägungsgründe dieser Richtlinie enthalten einen Hinweis darauf, dass die Mitgliedstaaten die ihnen dort eingeräumte Befugnis zu einer entsprechenden Gestaltung ihres innerstaatlichen Rechts (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 36) nicht in der Weise ausüben können, dass sie die Nichtanerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis in einer abstrakt-generellen Regelung bestimmen, die auch ohne eine zusätzliche behördliche Einzelfallentscheidung rechtliche Wirksamkeit erlangt.

35

Ebenso wenig wie der EU-Führerscheinrichtlinie selbst ist den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes zum Fahrerlaubnisrecht ein Hinderungsgrund für eine solche Regelungstechnik zu entnehmen. Dort ist davon die Rede, dass es den Mitgliedstaaten unter den vom Gerichtshof näher definierten Voraussetzungen nicht verwehrt ist, die Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis abzulehnen. Diese Formulierung schließt ohne Weiteres die Möglichkeit einer abstrakt-generellen Regelung ein. Der Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Juli 2008 (- Rs. C-225/07, Möginger - NJW 2009, 207) und seine Urteile vom 20. November 2008 (- Rs. C-1/07, Weber - Slg. 2008 I-8571 = NJW 2008, 3767) und vom 19. Februar 2009 (- Rs. C-321/07, Schwarz - Slg. 2009 I-1113 = DAR 2009, 191) stützen diese Annahme. Diesen Entscheidungen lagen Strafverfahren in Deutschland wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zugrunde. In den ersten beiden Fällen ging es um die Geltung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, die während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilt worden war; das dritte Verfahren betraf die Gültigkeit eines in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschriebenen österreichischen Führerscheins, nachdem die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war. Zu klären war jeweils die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis nach Maßgabe des unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes. Nachdem in allen Fällen die Nichtanerkennung dieser Fahrerlaubnis direkt aus § 28 Abs. 4 FeV hergeleitet wurde, also gerade kein diese Rechtsfolge anordnender Bescheid der Fahrerlaubnisbehörde ergangen war, hätte es sich aufgedrängt, dass der Europäische Gerichtshof auf ein entsprechendes Erfordernis hinweist, wenn es sich aus dem Unionsrecht ergäbe. Das ist jedoch nicht geschehen.

36

Unbegründet ist auch der Einwand, der Europäische Gerichtshof habe mit seinem Urteil vom 26. Juni 2008 in der Rechtssache Wiedemann u.a. (- Rs. C-329/07 und C-343/07 - a.a.O.) auch entschieden, dass es die Art. 1 Abs. 2 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht verwehrten, die Aussetzung der Fahrberechtigung anzuordnen, wenn sich aus den Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt, dass das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis nicht gewahrt wurde (a.a.O. Rn. 81 ff.). Daraus ergibt sich lediglich die Befugnis des Mitgliedstaates, unter den genannten Voraussetzungen auch die Aussetzung der Fahrberechtigung - als Minus zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis - vorzusehen. Ob es einer solchen Regelung überhaupt bedarf oder ob die Fahrerlaubnis von vornherein als ungültig angesehen wird, ist eine Frage der Ausgestaltung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts. Dafür macht der Europäische Gerichtshof auch in diesem Urteil keine Vorgaben; er beantwortet nur die Frage, ob und inwieweit eine Aussetzungsregelung nach dem Unionsrecht zulässig ist.

37

Soweit nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis eng auszulegen ist (vgl. u.a. Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs. C-225/07, Möginger - a.a.O. Rn. 37 m.w.N.), betrifft diese Aussage die inhaltliche Reichweite dieses Ausnahmetatbestandes, nicht aber den verfahrensmäßigen Weg, auf dem die Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis im Aufnahmemitgliedstaat herbeigeführt werden darf.

(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, von seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

2

Dem Kläger wurde im April 1998 durch Strafurteil die deutsche Fahrerlaubnis wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholgehalt von 1,7 Promille) entzogen und eine Sperrfrist von 10 Monaten für die Wiedererteilung festgelegt. Einen Antrag auf Neuerteilung nahm der Kläger zurück, nachdem ein im April 1999 erstattetes medizinisch-psychologisches Gutachten zum Ergebnis kam, es sei nicht hinreichend sicher auszuschließen, dass er erneut ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Einen weiteren Neuerteilungsantrag lehnte das Landratsamt im Oktober 2000 ab; nach dem medizinisch-psychologischen Gutachten vom 1. März 2000 war mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Kläger auch künftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde.

3

Am 26. November 2004 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse B; im dort ausgestellten Führerschein ist als ständiger Wohnsitz ein Ort in Deutschland angegeben. Am 20. Februar 2006 wurde dem Kläger in Tschechien zusätzlich die Fahrerlaubnis der Klasse C erteilt und ihm ein neuer Führerschein ausgestellt; auch in diesem Führerschein ist ein deutscher Wohnsitz eingetragen.

4

Als der Beklagte davon Kenntnis erhielt, wies er den Kläger mit Schreiben vom 10. November 2008 darauf hin, dass ihm der tschechische Führerschein wegen seines ständigen Wohnsitzes in der Bundesrepublik zu Unrecht erteilt worden sei und ihn nach § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtige. Der Kläger wurde aufgefordert, den Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Dieser Aufforderung kam er nicht nach und legte Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2008 forderte das Landratsamt den Kläger unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein vorzulegen. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2008 drohte es ihm die Anwendung unmittelbaren Zwangs an. Auch gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein, den die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 zurückwies. Der Kläger legte dem Landratsamt daraufhin seinen tschechischen Führerschein vor, in den ein Sperrvermerk für Deutschland eingetragen wurde.

5

Die Klage, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, er sei berechtigt, mit seiner am 26. November 2004 in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis Fahrzeuge der Klasse B in Deutschland zu führen, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

6

Die Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es: Es sei weder nach deutschem Recht noch nach Gemeinschaftsrecht eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde geboten, um die Rechtsfolge des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV, die Nichtanerkennung der in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis, herbeizuführen. Gemeinschaftsrechtlich ergebe sich ein solches Erfordernis insbesondere nicht daraus, dass Ausnahmen vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen eng auszulegen seien; das betreffe allein die materielle Reichweite dieser Ausnahmen. Auch ansonsten lasse sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes das Erfordernis einer Einzelfallentscheidung nicht entnehmen. Allein der Umstand, dass § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV eine einzelfallbezogene Subsumtion voraussetze, könne dieser Regelung nicht ihre konstitutive Wirkung nehmen. Auch dass die Fahrerlaubnisinhaber ihre Fahreignung möglicherweise wieder erlangt haben könnten, trage die Gegenansicht nicht; sowohl nach deutschem als auch nach Unionsrecht habe der Betroffene den Nachweis dafür zu erbringen. Könnte er von seiner ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch machen, bis eine Überprüfung seine fortbestehende Nichteignung ergebe, liefe das auf eine Umkehrung dieses Grundsatzes hinaus. Zudem würden Personen privilegiert, die ihre Fahrerlaubnis in einem EU-Mitgliedstaat erworben hätten, in dem - wie in der Tschechischen Republik - das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis erst mit Verzögerung beachtet worden sei.

7

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend: Wegen der grundsätzlichen Pflicht zur Anerkennung ausländischer EU-Fahrerlaubnisse sei der Aufnahmemitgliedstaat erst nach einem nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchzuführenden förmlichen Verfahren berechtigt, das Gebrauchmachen von einer solchen Fahrerlaubnis zu untersagen. Da hier ein solches Verfahren nicht stattgefunden habe, habe er nicht belegen können, dass keine Eignungsmängel mehr bestünden. Nur solche Mängel rechtfertigten es aber, das Gebrauchmachen von einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis zu untersagen. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV getroffene Regelung sei auch nach ihrer Neufassung noch gemeinschaftsrechtswidrig.

8

Der Beklagte tritt der Revision entgegen.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass dann, wenn die Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis offensichtlich gegen das Wohnsitzerfordernis verstoßen habe, deren Nichtanerkennung in der Bundesrepublik bereits unmittelbar aus § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV n.F. folge. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Regelung, ihrem Zusammenhang mit § 28 Abs. 1 FeV sowie aus der Entstehungsgeschichte der im Januar 2009 in Kraft getretenen Änderungsverordnung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht im Einklang mit Bundes- und Unionsrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in der hier anwendbaren Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung führt bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unmittelbar - also ohne dass es noch zusätzlich einer Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde bedarf - zur Unwirksamkeit der ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland ab deren Erteilung (1. und 2.). Dem stehen weder höherrangiges deutsches Recht (3.) noch der unionsrechtliche Grundsatz der Anerkennung ausländischer EU- und EWR-Fahrerlaubnisse entgegen (4.).

11

1. a) Der Entscheidung über das Feststellungsbegehren des Klägers ist § 28 Abs. 1 und 4 FeV in der Fassung zugrunde zu legen, die die Vorschrift durch die Dritte Änderungsverordnung zur Fahrerlaubnisverordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29) erhalten hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger seine Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen auch für die Vergangenheit, nämlich für die Zeit ab der Erteilung seiner tschechischen Fahrerlaubnis, festgestellt wissen will. Der Verordnungsgeber will mit der Neufassung von § 28 Abs. 4 FeV der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum Umfang der Pflicht zur Anerkennung ausländischer EU- und EWR-Fahrerlaubnisse Rechnung tragen (vgl. BRDrucks 851/08 S. 6). Die in § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. getroffene Regelung, wonach eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis in Deutschland bereits dann unwirksam sein sollte, wenn deren Inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung seinen Wohnsitz im Inland hatte, soll auf die vom Europäischen Gerichtshof in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 (- Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - Slg. 2008 I-4635 = NJW 2008, 2403 Rn. 68 ff. sowie - Rs. C-334/06 bis C-336/06, Zerche u.a. - Slg. 2008 I-4691 Rn. 65 ff.) beschriebenen Fälle eines offenkundigen Verstoßes gegen die Wohnsitzvoraussetzung zurückgeführt werden. Anderenfalls soll diese Fahrerlaubnis in den in Rede stehenden Fällen ab ihrer Erteilung auch in Deutschland gelten. Da mit der Neufassung der Bestimmung keine Schlechterstellung der betroffenen Fahrerlaubnisinhaber verbunden ist und sie nur das regelt, was aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ohnehin schon galt, besteht keine Veranlassung, ihren Anwendungsbereich auf ab dem 19. Januar 2009 erteilte Fahrerlaubnisse zu begrenzen (so aber OVG Münster, Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 19), zumal Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Neuregelung dafür keine Anhaltspunkte bieten. Die Annahme, eine Schlechterstellung für Inhaber bereits erteilter Fahrerlaubnisse ergebe sich aus der Europarechtswidrigkeit von § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. und einer daraus folgenden Unanwendbarkeit der Norm, verkennt die Wirkungen des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs; denn dieser hat eine nur teilweise Nichtanwendbarkeit des innerstaatlichen Rechts zur Folge, wenn - wie hier - eine Abgrenzung des nicht anwendbaren Teils der Vorschrift von ihrem verbleibenden Anwendungsbereich möglich ist. Die Neufassung beschränkt sich daher darauf, die bereits durch das Unionsrecht bewirkte teilweise Nichtanwendbarkeit der bisherigen Regelung im Normtext nachzuvollziehen.

12

b) Der gemeinschaftsrechtliche Maßstab ergibt sich aus der Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein 91/439/EWG (ABl L 237 vom 24. August 1991 S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/112/EG der Kommission vom 25. August 2009 (ABl L 223 vom 26. August 2009 S. 26). Dagegen ist die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl L 403 S. 18), die sog. 3. EU-Führerscheinrichtlinie, nicht anwendbar. Nach ihrem Art. 18 gilt Art. 11 Abs. 1 und 3 bis 6 mit den Regelungen über den Entzug, die Ersetzung und die Anerkennung von Führerscheinen erst ab dem 19. Januar 2009. Aus dem 5. Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt sich, dass vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erworbene Fahrerlaubnisse unberührt bleiben sollen. Damit beansprucht die 3. Führerscheinrichtlinie keine Geltung für die hier in Rede stehende Fahrerlaubnis, die bereits am 26. November 2004 erteilt wurde.

13

2. Der Kläger war und ist wegen des Vorliegens der Voraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV nicht berechtigt, mit seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis, die einen Wohnsitz in Deutschland ausweist, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen.

14

Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben - vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Hier greift der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Danach gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie - was hier nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ausscheidet - als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.

15

a) Nach Wortlaut und Systematik von § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV genügt bereits das Erfüllen der Voraussetzungen einer der dort aufgeführten Fallgruppen, um die angeordnete Rechtsfolge - die Nichtgeltung der Fahrerlaubnis in Deutschland - herbeizuführen; es muss nicht zusätzlich auch bereits zu einer Fahrerlaubnisentziehung gekommen sein oder sonst eine der Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV vorliegen (so zutreffend VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 - 10 S 2640/10 - juris). Soweit in der Vergangenheit ein solches Erfordernis aus Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG hergeleitet und mit der Absicht in § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV hineingelesen wurde, diese Regelung in Übereinstimmung mit dieser Richtlinie zu bringen (so etwa VGH Kassel, Beschluss vom 4. Dezember 2009 - 2 B 2138/09 - Blutalkohol 47, 154 Rn. 2 und Dauer, NJW 2010, 2758 <2759> m.w.N.), ist mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 19. Mai 2011 (- Rs. C-184/10, Grasser - DAR 2011, 171 = VR 2011, 249 m.w.N.) mittlerweile geklärt, dass das unionsrechtlich nicht geboten ist. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass bei einer im Sinne seiner Urteile vom 26. Juni 2008 offenkundigen Verletzung des Wohnsitzerfordernisses eine Befugnis des Aufnahmemitgliedstaates zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis auch ohne eine vorangegangene Fahrerlaubnisentziehung besteht.

16

b) § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV ordnet für die dort geregelten Ausnahmetatbestände die Nichtgeltung der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis im Bundesgebiet an, ohne dass es noch zusätzlich eines konstitutiven Verwaltungsaktes bedarf, der diese Rechtsfolge ausspricht. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt (ebenso OVG Saarlouis, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 A 185/10 - juris und OVG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2010 - 10 A 10411/10.OVG - SVR 2010, 351 = Blutalkohol 47, 366 sowie VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 a.a.O.); dieser Auffassung ist - ausweislich der Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses - auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das die Fahrerlaubnis-Verordnung und die maßgebliche Änderungsverordnung erlassen hat.

17

Gegen die anderslautende Annahme des Oberverwaltungsgerichts Münster (vgl. u.a. Beschluss vom 12. Januar 2009 - 16 B 1610/08 - DAR 2009, 109 = VRS 119, 314 Rn. 35 und Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 21), auf die sich der Kläger beruft, sprechen bereits der Wortlaut der Regelung und der systematische Zusammenhang des ersten und des vierten Absatzes von § 28 FeV. In § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV heißt es, dass die Berechtigung des Absatzes 1 in den nachfolgend aufgeführten Fällen "nicht gilt", ohne dass dort - anders als in § 3 StVG und § 46 FeV (... "hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen") - ein gesondertes Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde verlangt wird. "Nicht gelten" bedeutet, dass der ausländischen Fahrerlaubnis per se keine Wirksamkeit im Bundesgebiet zuerkannt wird. Systematisch regelt § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV Ausnahmen von der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen, die dem Inhaber einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnisbehörde nach § 28 Abs. 1 FeV grundsätzlich zusteht; spiegelbildlich wird auch für den Erwerb der Fahrberechtigung aufgrund einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis kein Tätigwerden der deutschen Fahrerlaubnisbehörde vorausgesetzt.

18

Gegen das Erfordernis einer konstitutiven Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde spricht zusätzlich § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV; dort ist vorgesehen, dass in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen kann. Damit wird der Fahrerlaubnisbehörde nur die Möglichkeit eingeräumt ("kann"), einen solchen Verwaltungsakt zu erlassen, sie wird hierzu nicht verpflichtet. Zum anderen wird der Verwaltungsakt ausdrücklich als feststellender Verwaltungsakt bezeichnet und damit als Verwaltungsakt, der eine bereits bestehende Rechtslage wiedergibt und gegebenenfalls klarstellt. Die Verordnungsbegründung bestätigt das; dort wird ausgeführt, dass in solchen Fällen ein feststellender Verwaltungsakt in Betracht kommen kann, "in dem die sich aus § 28 Abs. 4 FeV ergebende Rechtslage klargestellt wird". Der Verwaltungsakt diene dazu, Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 zu beseitigen, was insbesondere auf das Tatbestandsmerkmal der "vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen" bezogen wird (BRDrucks 851/08 S. 6).

19

c) Dementsprechend handelt es sich bei der in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordneten Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis um eine ex-tunc-Regelung. Der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wird ihre Wirksamkeit in Deutschland bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung und nicht erst ab der Bekanntgabe eines ihre Nichtgeltung feststellenden Bescheides der Fahrerlaubnisbehörde abgesprochen.

20

Aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 26.07 -, in dem von einem Zugriffsrecht des Mitgliedstaates die Rede ist (BVerwGE 132, 315 <321>), lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat seinerzeit davon ausgegangen ist, die ausländische EU-Fahrerlaubnis sei zunächst einmal gültig. Das Verfahren betraf eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 3 StVG und § 46 FeV. Im Urteil wird ausgeführt, dass eine solche Entscheidung nicht wegen § 28 FeV ausgeschlossen sei. Die Fahrerlaubnisbehörde habe nämlich nicht mit Gewissheit davon ausgehen können, dass sie dem Kläger die in § 28 FeV angeordnete Nichtgeltung entgegenhalten könne (a.a.O. S. 318 f.). Der Senat hat damit die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis mit Blick auf § 28 FeV a.F. nicht bejaht, sondern gerade offen gelassen.

21

Nach all dem ist, wenn der Betroffene in Deutschland von einer unter § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV fallenden ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch macht, der objektive Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG erfüllt. Ob der Betroffene gleichwohl straffrei ausgeht, weil jedenfalls der subjektive Tatbestand zu verneinen ist, wird im Strafverfahren im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden sein.

22

3. Die § 28 Abs. 1 und 4 FeV zugrunde liegende Regelungssystematik bedarf nicht deshalb der Korrektur, weil sich aus höherrangigem deutschem Recht ergäbe, dass die Nichtanerkennung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nur durch eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde, nicht aber normativ geregelt werden kann.

23

a) Im Straßenverkehrsgesetz lässt sich kein Ansatzpunkt für eine solche Annahme finden. § 3 StVG, der ebenso wie § 46 FeV eine Regelung durch Verwaltungsakt vorsieht (... "hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen."), regelt allein den Fall der Fahrerlaubnisentziehung wegen mangelnder Fahreignung. Es ist aber etwas grundlegend anderes, ob dem Inhaber eine ausländische Fahrerlaubnis nachträglich wegen durch entsprechende Fahreignungsgutachten belegter oder nach § 11 Abs. 8 FeV anzunehmender Nichteignung entzogen wird, d.h. ihr die Wirkung für das Bundesgebiet ab dem Zeitpunkt der Vollziehbarkeit dieses Verwaltungsaktes genommen wird, oder ob ihr auf der Grundlage von § 28 FeV von Anfang an keine Geltung in Deutschland zuerkannt wird. Auch das Unionsrecht weist mit Art. 8 Abs. 2 und 4 der hier noch anwendbaren Richtlinie 91/439/EWG eine solche Differenzierung auf. Ebenso wie die Wirkung unterscheiden sich die Voraussetzungen für den entsprechenden "Zugriff" des Aufnahmemitgliedstaates (vgl. zu diesem Begriff BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. S. 321). § 3 StVG und § 46 FeV erlauben die Fahrerlaubnisentziehung nur bei mangelnder Eignung; sie muss sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zudem gerade aus einem Verhalten des Fahrerlaubnisinhabers nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis ergeben (vgl. dazu u.a. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - a.a.O. Rn. 59 sowie BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 - BVerwG 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 <16 ff.>). Dagegen genügt nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ein im dargestellten Sinne offenkundiger Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung und nach Nr. 4 der Vorschrift die Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist.

24

b) Die Notwendigkeit einer konstitutiven Einzelfallentscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde lässt sich ebenso wenig mit dem Erfordernis von Rechtssicherheit oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründen und damit letztlich aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herleiten.

25

Rechtsnormen enthalten typischerweise abstrakt-generelle Regelungen und knüpfen die dort angeordneten Rechtsfolgen tatbestandlich in aller Regel an unbestimmte Rechtsbegriffe an. Das Erfordernis einer Subsumtion ist damit nicht der Ausnahme-, sondern der Regelfall. Allein daraus, dass es für die Feststellung der Rechtslage einer Subsumtion bedarf, kann demzufolge nicht hergeleitet werden, dass diese Rechtsfolge erst durch einen Verwaltungsakt herbeigeführt werden muss (so aber OVG Münster, Beschluss vom 12. Januar 2009 a.a.O.). Sollte dem Betroffenen in den hier in Rede stehenden Fällen die Rechtslage unklar sein, steht ihm zudem ein hinreichendes rechtliches Instrumentarium zur Verfügung, um die notwendige Rechtssicherheit herbeizuführen. Er kann entweder bei der Fahrerlaubnisbehörde den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes zur Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis beantragen oder über eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO eine auch die Behörde bindende verwaltungsgerichtliche Feststellung seiner Rechte und Pflichten herbeiführen; einen von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erlassenen feststellenden Verwaltungsakt kann er anfechten.

26

Ebenfalls unbegründet ist der Einwand, eine Einzelfallprüfung und -entscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde seien deshalb erforderlich, weil ermittelt werden müsse, ob der Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis seine Fahreignung mittlerweile wiedererlangt habe; denn in diesem Fall stoße eine fortdauernde Versagung der Anerkennung dieser Fahrerlaubnis im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf Bedenken.

27

Die Erteilung einer Fahrerlaubnis setzt sowohl nach dem deutschen Fahrerlaubnisrecht als auch nach Art. 7 Buchst. a und b der Richtlinie 91/439/EWG zum einen die Kraftfahreignung des Betroffenen und zum anderen - nicht zuletzt zur Abgrenzung der örtlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten - den ordentlichen Wohnsitz des Betroffenen im Ausstellermitgliedstaat zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung voraus. Weder dem deutschen Fahrerlaubnisrecht noch dem Unionsrecht ist ein Ansatzpunkt dafür zu entnehmen, dass das eine Erfordernis durch das andere kompensiert werden kann. Vielmehr ist die Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses - wie der Europäische Gerichtshof in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 unterstrichen hat (a.a.O. Rn. 69 und 66) - unerlässlich, um die Einhaltung der Voraussetzung der Fahreignung zu überprüfen. Demnach kann die mögliche Wiedererlangung der Kraftfahreignung nicht dazu führen, dass ein vorangegangener Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis, der zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis geführt hat, unbeachtlich wird.

28

Wegen der besonderen Bedeutung der Verkehrssicherheit und der in Rede stehenden hochrangigen Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer, die vor ungeeigneten Kraftfahrern geschützt werden müssen, ist es auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, dass das deutsche Fahrerlaubnisrecht die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vom Nachweis der (Wieder-)Erlangung der Kraftfahreignung abhängig macht und die Nachweispflicht dem Betroffenen auferlegt (vgl. § 11 und § 13 FeV sowie § 28 Abs. 5 FeV).

29

Schließlich begründet § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.

30

Es liegt der Sache nach schon kein Fall einer Rückwirkung vor. Nach der Konzeption der Vorschrift steht dem Betroffenen von Anfang an kein Recht zum Gebrauchmachen von seiner im Ausland erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland zu. Dementsprechend wird ihm durch eine behördliche oder gegebenenfalls gerichtliche Entscheidung, in der das Fehlen seiner Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt wird, auch kein Recht nachträglich entzogen. Was sich der Betroffene bislang zu Nutzen machen konnte, war allein der Schein einer solchen Berechtigung, der sich aus der ihm zu Unrecht erteilten ausländischen Fahrerlaubnis ergab.

31

Abgesehen davon kann in den hier in Rede stehenden Fällen kein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen darauf entstehen, von seiner auch gemessen an den unionsrechtlichen Vorgaben zu Unrecht erteilten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch machen zu dürfen. Der Umfang eines solchen Vertrauens wird von Anfang an durch die rechtlichen Regelungen beschränkt, die den Erwerb einer solchen Berechtigung steuern, hier also auch von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Gerade dem Betroffenen selbst war und ist bekannt, dass er bei der Erteilung der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis seinen ständigen Wohnsitz nicht im Ausstellermitgliedstaat, sondern im Inland hatte. Einem möglichen Vertrauen darauf, dass der mit der Fahrerlaubniserteilung verbundene Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung nicht aufgedeckt werde, fehlt jede Schutzwürdigkeit.

32

Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Betroffene von einer solchen Fahrerlaubnis von Anfang an keinen Gebrauch in Deutschland machen darf, selbst wenn die Umstände, aus denen sich sein Rechtsverstoß ergibt, der deutschen Fahrerlaubnisbehörde oder dem Gericht erst nachträglich bekannt geworden sind (so bereits Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 3 C 15.09 - BVerwGE 136, 149 <154 ff.> unter Bezugnahme auf EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - Rs. C-445/08, Wierer - NJW 2010, 217 Rn. 63).

33

4. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordnete und damit unmittelbar wirkende Nichtanerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse verstößt auch nicht gegen die hier noch anwendbare Richtlinie 91/439/EWG.

34

Weder Art. 8 Abs. 4 dieser Richtlinie selbst noch die Erwägungsgründe dieser Richtlinie enthalten einen Hinweis darauf, dass die Mitgliedstaaten die ihnen dort eingeräumte Befugnis zu einer entsprechenden Gestaltung ihres innerstaatlichen Rechts (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 36) nicht in der Weise ausüben können, dass sie die Nichtanerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis in einer abstrakt-generellen Regelung bestimmen, die auch ohne eine zusätzliche behördliche Einzelfallentscheidung rechtliche Wirksamkeit erlangt.

35

Ebenso wenig wie der EU-Führerscheinrichtlinie selbst ist den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes zum Fahrerlaubnisrecht ein Hinderungsgrund für eine solche Regelungstechnik zu entnehmen. Dort ist davon die Rede, dass es den Mitgliedstaaten unter den vom Gerichtshof näher definierten Voraussetzungen nicht verwehrt ist, die Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis abzulehnen. Diese Formulierung schließt ohne Weiteres die Möglichkeit einer abstrakt-generellen Regelung ein. Der Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Juli 2008 (- Rs. C-225/07, Möginger - NJW 2009, 207) und seine Urteile vom 20. November 2008 (- Rs. C-1/07, Weber - Slg. 2008 I-8571 = NJW 2008, 3767) und vom 19. Februar 2009 (- Rs. C-321/07, Schwarz - Slg. 2009 I-1113 = DAR 2009, 191) stützen diese Annahme. Diesen Entscheidungen lagen Strafverfahren in Deutschland wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zugrunde. In den ersten beiden Fällen ging es um die Geltung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, die während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilt worden war; das dritte Verfahren betraf die Gültigkeit eines in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschriebenen österreichischen Führerscheins, nachdem die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war. Zu klären war jeweils die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis nach Maßgabe des unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes. Nachdem in allen Fällen die Nichtanerkennung dieser Fahrerlaubnis direkt aus § 28 Abs. 4 FeV hergeleitet wurde, also gerade kein diese Rechtsfolge anordnender Bescheid der Fahrerlaubnisbehörde ergangen war, hätte es sich aufgedrängt, dass der Europäische Gerichtshof auf ein entsprechendes Erfordernis hinweist, wenn es sich aus dem Unionsrecht ergäbe. Das ist jedoch nicht geschehen.

36

Unbegründet ist auch der Einwand, der Europäische Gerichtshof habe mit seinem Urteil vom 26. Juni 2008 in der Rechtssache Wiedemann u.a. (- Rs. C-329/07 und C-343/07 - a.a.O.) auch entschieden, dass es die Art. 1 Abs. 2 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht verwehrten, die Aussetzung der Fahrberechtigung anzuordnen, wenn sich aus den Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt, dass das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis nicht gewahrt wurde (a.a.O. Rn. 81 ff.). Daraus ergibt sich lediglich die Befugnis des Mitgliedstaates, unter den genannten Voraussetzungen auch die Aussetzung der Fahrberechtigung - als Minus zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis - vorzusehen. Ob es einer solchen Regelung überhaupt bedarf oder ob die Fahrerlaubnis von vornherein als ungültig angesehen wird, ist eine Frage der Ausgestaltung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts. Dafür macht der Europäische Gerichtshof auch in diesem Urteil keine Vorgaben; er beantwortet nur die Frage, ob und inwieweit eine Aussetzungsregelung nach dem Unionsrecht zulässig ist.

37

Soweit nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis eng auszulegen ist (vgl. u.a. Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs. C-225/07, Möginger - a.a.O. Rn. 37 m.w.N.), betrifft diese Aussage die inhaltliche Reichweite dieses Ausnahmetatbestandes, nicht aber den verfahrensmäßigen Weg, auf dem die Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis im Aufnahmemitgliedstaat herbeigeführt werden darf.

(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, von seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

2

Dem Kläger wurde die 1988 erworbene deutsche Fahrerlaubnis durch Strafurteil vom 17. März 1998 wegen einer Trunkenheitsfahrt (Blutalkoholgehalt von 2,39 Promille) entzogen. Eine ihm im Dezember 1998 erteilte Fahrerlaubnis wurde durch Urteil vom 4. April 2000 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (BAK von 1,4 Promille) wieder entzogen. Wegen einer Trunkenheitsfahrt am 21. September 2002 (BAK von 2,02 Promille) in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und ohne Versicherungsschutz wurde er am 29. August 2003 erneut verurteilt. Im Februar 2003 erhielt der Kläger aufgrund eines positiven Fahreignungsgutachtens wieder eine Fahrerlaubnis, die ihm der Beklagte wegen der strafgerichtlichen Verurteilung mit Bescheid vom 20. August 2004 wieder entzog. Zwischenzeitlich verfügte der Kläger auch über eine luxemburgische Fahrerlaubnis, die ihm aber ebenfalls wieder entzogen wurde. Mit amtsgerichtlichem Strafurteil vom 25. November 2005 wurde der Kläger wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und eine Sperrfrist von zwei Jahren für die Wiedererteilung festgesetzt. Auf die Berufung des Klägers setzte das Landgericht mit Urteil vom 5. April 2007 die Freiheitsstrafe zur Bewährung aus und verhängte gemäß § 69a StGB eine isolierte Sperre von sechs Monaten; dieses Urteil wurde am 5. Juli 2007 rechtskräftig.

3

Am 16. Oktober 2007 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis für die Klassen A und B; im dort ausgestellten Führerschein ist ein Wohnort in Tschechien eingetragen.

4

Als der Beklagte davon Kenntnis erhielt, erließ er den Bescheid vom 15. April 2009, in dem es unter Nr. 1 heißt: "Hiermit wird Ihnen das Recht aberkannt, mit Ihrer tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen." Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass nach dem Unionsrecht die in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis zwar grundsätzlich anzuerkennen sei; davon gebe es aber Ausnahmen, etwa dann, wenn die Fahrerlaubnis - wie hier - während einer noch laufenden Führerscheinsperre erteilt worden sei. Der vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde nicht beschieden.

5

Die vom Kläger erhobene Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Der Bescheid könne auf § 28 Abs. 4 Nr. 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) in der Fassung vom 9. August 2004 gestützt werden. Ob die tschechische Fahrerlaubnis des Klägers in Deutschland gelte, richte sich nach der zum Zeitpunkt ihres Erwerbs maßgeblichen Rechtslage. Da die Fahrerlaubnis noch innerhalb der im Urteil vom 5. Juli 2007 festgelegten Sperrfrist erteilt worden sei, die erst mit der Rechtskraft dieses Urteils zu laufen begonnen habe, habe sie nach § 28 Abs. 4 Nr. 1 1. Alt. FeV im Inland keine Geltung. Diese Regelung sei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes mit Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie Nr. 91/439/EWG vereinbar. § 28 Abs. 4 Nr. 4 1. Alt. FeV bewirke entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster unmittelbar, dass der Inhaber einer solchen Fahrerlaubnis nicht berechtigt sei, im Bundesgebiet Fahrzeuge zu führen; eines vorherigen Verwaltungsakts bedürfe es nicht. Aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes vom 26. Juni 2008 ergebe sich nichts anderes. Es obliege allein den Mitgliedstaaten, die Modalitäten einer gemeinschaftsrechtlich zulässigen Versagung der Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis zu regeln. In § 28 Abs. 4 Nr. 4 i.V.m. Abs. 5 FeV sei das in zulässiger Weise geschehen. Auf das Fortbestehen von Eignungsmängeln komme es nicht an. Das sei mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, da der Betroffene gemäß § 28 Abs. 5 FeV bei wiedererlangter Eignung die Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis beantragen könne. Auch mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG bestehe kein Grund, ihn anders zu behandeln als Personen, die die Voraussetzung der Eignung zwar (wieder) erfüllten, bei denen aber wegen fehlenden Antrags noch keine Eignungsüberprüfung durchgeführt worden sei und die deshalb noch keine Fahrerlaubnis erhalten hätten. Dass die in der Tschechischen Republik erworbene Fahrerlaubnis bereits kraft normativer Regelung ungültig sei, hindere den Beklagten nicht, den Kläger durch Verwaltungsakt auf diese Rechtsfolge hinzuweisen.

6

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Es bestünden Bedenken, ob § 28 FeV a.F., der auf einer bewussten Entscheidung des Normgebers beruhe, einer teleologischen Reduktion zugänglich sei. Darüber hinaus stehe die Anwendung von § 28 FeV nicht im Einklang mit dem Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG. Die Inhaber ausländischer EU-Fahrerlaubnisse hätten zum Teil jahrelang unbeanstandet am Straßenverkehr teilgenommen und seien nun - und das möglicherweise sogar beginnend mit dem Tag der Fahrerlaubniserteilung - mit dem strafrechtlichen Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis konfrontiert. Dabei sei es vielfach ohnehin schwierig, das Ende einer inländischen Sperrfrist zu bestimmen. Der Auffassung, dass die ausländische Fahrerlaubnis zunächst einmal gültig sei, neige wohl auch der erkennende Senat zu, wenn er in den vom Europäischen Gerichtshof gebilligten Fällen einer Nichtanerkennung von einem Zugriffsrecht des Aufnahmemitgliedstaates ausgehe. Hier sei bei Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis die Sperrfrist im Übrigen schon abgelaufen gewesen.

7

Der Beklagte tritt der Revision entgegen.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass die Nichtanerkennung einer Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik in den in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV n.F. genannten Fällen bereits unmittelbar aus der Regelung selbst folge, es mithin nicht zusätzlich noch des Erlasses eines Verwaltungsaktes zur Herbeiführung dieser Rechtsfolge bedürfe. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Regelung, dem Zusammenhang mit § 28 Abs. 1 FeV und aus der Entstehungsgeschichte der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht im Einklang mit Bundes- und Unionsrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der angefochtene Bescheid vom 15. April 2009 ist nicht rechtswidrig, sondern stellt zutreffend fest, dass der Kläger nicht berechtigt ist, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen. Dies folgt bereits unmittelbar aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV, der durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29) insoweit unverändert geblieben ist.

10

1. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben - vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen.

11

a) Hier greift der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV; danach gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Dem Kläger wurde die streitige Fahrerlaubnis der Klassen A und B in der Tschechischen Republik am 16. Oktober 2007 erteilt. Dieser Zeitpunkt lag innerhalb der Sperrfrist von sechs Monaten, die das Landgericht Saarbrücken mit Urteil vom 5. April 2007 auf der Grundlage von § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB verhängt hatte. Diese Frist wurde erst mit der Rechtskraft des Urteils am 5. Juli 2007 in Lauf gesetzt. Das ergibt sich aus § 69a Abs. 5 Satz 1 StGB. § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB ist nicht anwendbar; nach dieser Regelung wird in die Frist die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. Diese Voraussetzungen waren im Fall des Klägers nicht erfüllt, da es wegen der geahndeten Tat - des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen - naturgemäß nicht zu einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gekommen war. Für die vom Kläger befürwortete entsprechende Anwendung dieser Regelung gibt es keine Grundlage; er war wegen der von ihm begangenen Straftat nicht mit einer Maßnahme belastet, die einer vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung vergleichbar und damit möglicherweise anrechnungsfähig wäre. Im Hinblick auf den klaren Wortlaut der Regelung kann der Kläger für seine Auffassung auch nichts aus dem - nicht näher begründeten - Beschluss des Landgerichts Oldenburg vom 27. September 1966 - 6 Ms 35/66 - (DAR 1967, S. 50f.) gewinnen, der zudem einen anders gelagerten Fall betraf.

12

b) § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV ordnet die Nichtgeltung einer während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilten ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis an, ohne dass es noch zusätzlich eines Verwaltungsaktes bedarf, der diese Rechtsfolge ausspricht. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt (ebenso OVG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2010 - 10 A 10411/10.OVG - SVR 2010, 351 = Blutalkohol 47, 366 und VGH München, Urteil vom 27. Mai 2010 - 11 BV 10.67 - SVR 2010, 313 sowie VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 - 10 S 2640/10 -); dieser Auffassung ist - ausweislich der Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses - auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das die Fahrerlaubnis-Verordnung und die maßgebliche Änderungsverordnung erlassen hat.

13

Gegen die anderslautende Annahme des Oberverwaltungsgerichts Münster (vgl. u.a. Beschluss vom 12. Januar 2009 - 16 B 1610/08 - DAR 2009, 109 = VRS 119, 314 Rn. 35 und Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 21), auf die sich der Kläger beruft, sprechen bereits der Wortlaut der Regelung und der systematische Zusammenhang des ersten und des vierten Absatzes von § 28 FeV. In § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV heißt es, dass die Berechtigung des Absatzes 1 in den nachfolgend aufgeführten Fällen "nicht gilt", ohne dass dort - anders als in § 3 StVG und § 46 FeV (... "hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen") - ein gesondertes Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde verlangt wird. "Nicht gelten" bedeutet, dass der ausländischen Fahrerlaubnis per se keine Wirksamkeit im Bundesgebiet zuerkannt wird. Systematisch regelt § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV Ausnahmen von der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen, die dem Inhaber einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnisbehörde in § 28 Abs. 1 FeV grundsätzlich zuerkannt wird; spiegelbildlich wird auch für den Erwerb der Fahrberechtigung aufgrund einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis kein Tätigwerden der deutschen Fahrerlaubnisbehörde vorausgesetzt.

14

Gegen das Erfordernis einer konstitutiven Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde spricht zusätzlich § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV n.F.; dort ist vorgesehen, dass in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen kann. Damit wird der Fahrerlaubnisbehörde nur die Möglichkeit eingeräumt ("kann"), einen solchen Verwaltungsakt zu erlassen, sie wird hierzu nicht verpflichtet. Zum anderen wird der Verwaltungsakt ausdrücklich als feststellender Verwaltungsakt bezeichnet und damit als Verwaltungsakt, der eine bereits bestehende Rechtslage wiedergibt und gegebenenfalls klarstellt. Die Verordnungsbegründung bestätigt das; dort wird ausgeführt, dass in solchen Fällen ein feststellender Verwaltungsakt in Betracht kommen kann, "in dem die sich aus § 28 Abs. 4 FeV ergebende Rechtslage klargestellt wird". Der Verwaltungsakt diene dazu, Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 zu beseitigen, was insbesondere auf das Tatbestandsmerkmal der "vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen" bezogen wird (BRDrucks 851/08 S. 6).

15

c) Dementsprechend handelt es sich bei der in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordneten Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis um eine ex-tunc-Regelung. Der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wird ihre Wirksamkeit in Deutschland bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung und nicht erst ab der Bekanntgabe eines ihre Nichtgeltung feststellenden Bescheides der Fahrerlaubnisbehörde abgesprochen.

16

Aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 26.07 -, in dem von einem Zugriffsrecht des Mitgliedstaates die Rede ist (BVerwGE 132, 315 <321>), lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat seinerzeit davon ausgegangen ist, die ausländische EU-Fahrerlaubnis sei zunächst einmal gültig. Das Verfahren betraf eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 3 StVG und § 46 FeV. Im Urteil wird ausgeführt, dass eine solche Entscheidung nicht wegen § 28 FeV ausgeschlossen sei. Die Fahrerlaubnisbehörde habe nämlich nicht mit Gewissheit davon ausgehen können, dass sie dem Kläger die in § 28 FeV angeordnete Nichtgeltung entgegenhalten könne (a.a.O. S. 318 f.). Der Senat hat damit die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis mit Blick auf § 28 FeV a.F. nicht bejaht, sondern gerade offen gelassen.

17

Nach all dem ist, wenn der Betroffene in Deutschland von einer unter § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV fallenden ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch macht, der objektive Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG erfüllt. Ob der Betroffene gleichwohl straffrei ausgeht, weil jedenfalls der subjektive Tatbestand zu verneinen ist, wird im Strafverfahren im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden sein.

18

2. Die § 28 Abs. 1 und 4 FeV zugrunde liegende Regelungssystematik bedarf nicht deshalb der Korrektur, weil sich aus höherrangigem deutschem Recht ergäbe, dass die Nichtanerkennung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nur durch eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde, nicht aber normativ geregelt werden kann.

19

a) Im Straßenverkehrsgesetz lässt sich kein Ansatzpunkt für eine solche Annahme finden. § 3 StVG, der ebenso wie § 46 FeV eine Regelung durch Verwaltungsakt vorsieht (... "hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen."), regelt allein den Fall der Fahrerlaubnisentziehung wegen mangelnder Fahreignung. Es ist aber etwas grundlegend anderes, ob dem Inhaber eine ausländische Fahrerlaubnis nachträglich wegen durch entsprechende Fahreignungsgutachten belegter oder nach § 11 Abs. 8 FeV anzunehmender Nichteignung entzogen wird, d.h. ihr die Wirkung für das Bundesgebiet ab dem Zeitpunkt der Vollziehbarkeit dieses Verwaltungsaktes genommen wird, oder ob ihr auf der Grundlage von § 28 FeV von Anfang an keine Geltung in Deutschland zuerkannt wird. Auch das Unionsrecht weist mit Art. 8 Abs. 2 und 4 der hier noch anwendbaren Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein 91/439/EWG (ABl L 237 vom 24. August 1991 S.1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/112/EG der Kommission vom 25. August 2009 (ABl L 223 vom 26. August 2009 S. 26), eine solche Differenzierung auf. Ebenso wie die Wirkung unterscheiden sich die Voraussetzungen für den entsprechenden "Zugriff" des Aufnahmemitgliedstaates (vgl. zu diesem Begriff BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. S. 321). § 3 StVG und § 46 FeV erlauben die Fahrerlaubnisentziehung nur bei mangelnder Eignung; sie muss sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zudem gerade aus einem Verhalten des Fahrerlaubnisinhabers nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis ergeben (vgl. dazu u.a. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - Slg. 2008 I-4635 = NJW 2008, 2403 Rn. 59 sowie BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 - BVerwG 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 <16 ff.>). Dagegen genügt nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ein im dargestellten Sinne offenkundiger Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung und nach Nr. 4 der Vorschrift die Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist.

20

b) Die Notwendigkeit einer konstitutiven Einzelfallentscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde lässt sich ebenso wenig mit dem Erfordernis von Rechtssicherheit oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründen und damit letztlich aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herleiten.

21

Rechtsnormen enthalten typischerweise abstrakt-generelle Regelungen und knüpfen die dort angeordneten Rechtsfolgen tatbestandlich in aller Regel an unbestimmte Rechtsbegriffe an. Das Erfordernis einer Subsumtion ist damit nicht der Ausnahme-, sondern der Regelfall. Allein daraus, dass es für die Feststellung der Rechtslage einer Subsumtion bedarf, kann demzufolge nicht hergeleitet werden, dass diese Rechtsfolge erst durch einen Verwaltungsakt herbeigeführt werden muss (so aber OVG Münster, Beschluss vom 12. Januar 2009 a.a.O.). Sollte dem Betroffenen in den hier in Rede stehenden Fällen die Rechtslage unklar sein, steht ihm zudem ein hinreichendes rechtliches Instrumentarium zur Verfügung, um die notwendige Rechtssicherheit herbeizuführen. Er kann entweder bei der Fahrerlaubnisbehörde den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes zur Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis beantragen oder über eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO eine auch die Behörde bindende verwaltungsgerichtliche Feststellung seiner Rechte und Pflichten herbeiführen; einen von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erlassenen feststellenden Verwaltungsakt kann er anfechten.

22

Ebenfalls unbegründet ist der Einwand, eine Einzelfallprüfung und -entscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde seien deshalb erforderlich, weil ermittelt werden müsse, ob der Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis seine Fahreignung mittlerweile wiedererlangt habe; denn die mögliche Wiedererlangung der Kraftfahreignung kann nicht dazu führen, dass die Nichtbeachtung einer noch laufenden deutschen Sperrfrist, die zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis geführt hat, unbeachtlich wird.

23

Wegen der besonderen Bedeutung der Verkehrssicherheit und der in Rede stehenden hochrangigen Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer, die vor ungeeigneten Kraftfahrern geschützt werden müssen, ist es auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, dass das deutsche Fahrerlaubnisrecht die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vom Nachweis der (Wieder-)Erlangung der Kraftfahreignung abhängig macht und die Nachweispflicht dem Betroffenen auferlegt (vgl. § 11 und § 13 FeV sowie § 28 Abs. 5 FeV).

24

Schließlich begründet § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.

25

Es liegt der Sache nach schon kein Fall einer Rückwirkung vor. Nach der Konzeption der Vorschrift steht dem Betroffenen von Anfang an kein Recht zum Gebrauchmachen von seiner im Ausland erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland zu. Dementsprechend wird ihm durch eine behördliche oder gegebenenfalls gerichtliche Entscheidung, in der das Fehlen seiner Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt wird, auch kein Recht nachträglich entzogen. Was sich der Betroffene bislang zu Nutzen machen konnte, war allein der Schein einer solchen Berechtigung, der sich aus der ihm zu Unrecht erteilten ausländischen Fahrerlaubnis ergab. Zudem betrifft der Schutzbereich des vom Kläger genannten Art. 103 Abs. 2 GG, wonach eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen war, nicht präventive Maßnahmen der Gefahrenabwehr (vgl. BVerfG Beschluss vom 25. Oktober 1966 - 2 BvR 506/63 - BVerfGE 20, 323 <331>), zu denen die Nichtanerkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis nach § 28 FeV zu rechnen ist.

26

Abgesehen davon kann in dem hier in Rede stehenden Fall kein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen darauf entstehen, von seiner auch gemessen an den unionsrechtlichen Vorgaben zu Unrecht erteilten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen. Der Umfang eines solchen Vertrauens wird von Anfang an durch die rechtlichen Regelungen beschränkt, die den Erwerb einer solchen Fahrerlaubnis steuern, hier also auch von § 28 Abs. 4 Nr. 4 FeV und § 69a StGB. Dem Betroffenen war bekannt oder musste jedenfalls bekannt sein, dass ihm die ausländische Fahrerlaubnis während einer noch laufenden Sperrfrist erteilt worden war. Bestanden für den Betroffenen insoweit Unsicherheiten, hätte es bei ihm gelegen, eine Klärung bei den zuständigen Stellen, insbesondere der Fahrerlaubnisbehörde, herbeizuführen.

27

Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Betroffene von einer solchen Fahrerlaubnis von Anfang an keinen Gebrauch in Deutschland machen darf, selbst wenn die Umstände, aus denen sich sein Rechtsverstoß ergibt, der deutschen Fahrerlaubnisbehörde oder dem Gericht erst nachträglich bekannt geworden sind (so bereits Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 3 C 15.09 - BVerwGE 136, 149 <154 ff.> unter Bezugnahme auf EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - Rs. C-445/08, Wierer - NJW 2010, 217 Rn. 63).

28

3. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordnete und damit unmittelbar wirkende Nichtanerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse verstößt auch nicht gegen die hier noch anwendbare Richtlinie 91/439/EWG.

29

Gemäß Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt. Art. 8 Abs. 2 sieht vor, dass der Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes vorbehaltlich der Einhaltung des straf- und polizeirechtlichen Territorialitätsprinzips auf den Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins seine innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis anwenden und zu diesem Zweck den betreffenden Führerschein austauschen kann. Nach Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie kann es ein Mitgliedstaat ablehnen, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine der in Absatz 2 genannten Maßnahmen angewendet wurde.

30

a) In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist geklärt, dass diese Regelungen es einem Mitgliedstaat nicht verwehren, einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs der Fahrerlaubnis in Verbindung mit einer Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angewendet worden ist, die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat während dieser Sperrfrist ausgestellten neuen Führerscheins zu versagen (vgl. u.a. Urteil vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und 343/06, Wiedemann u.a. - a.a.O. Rn. 65 sowie Urteil vom 19. Mai 2011 - Rs. C-184/10, Grasser - DAR 2011, 171 = VR 2011, 249 Rn. 33). Diese Voraussetzungen liegen hier - wie bereits ausgeführt - vor.

31

b) Weder Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG selbst noch die Erwägungsgründe dieser Richtlinie enthalten einen Hinweis darauf, dass die Mitgliedstaaten die ihnen dort eingeräumte Befugnis zu einer entsprechenden Gestaltung ihres innerstaatlichen Rechts (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 36) nicht in der Weise ausüben können, dass sie die Nichtanerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis in einer abstrakt-generellen Regelung bestimmen, die auch ohne eine zusätzliche behördliche Einzelfallentscheidung rechtliche Wirksamkeit erlangt.

32

Ebenso wenig wie der EU-Führerscheinrichtlinie selbst ist den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes zum Fahrerlaubnisrecht ein Hinderungsgrund für eine solche Regelungstechnik zu entnehmen. Dort ist davon die Rede, dass es den Mitgliedstaaten unter den vom Gerichtshof näher definierten Voraussetzungen nicht verwehrt ist, die Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis abzulehnen. Diese Formulierung schließt ohne Weiteres die Möglichkeit einer abstrakt-generellen Regelung ein. Der Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Juli 2008 (- Rs. C-225/07, Möginger - NJW 2009, 207) und seine Urteile vom 20. November 2008 (- Rs. C-1/07, Weber - Slg. 2008 I-8571 = NJW 2008, 3767) und vom 19. Februar 2009 (- Rs. C-321/07, Schwarz - Slg. 2009 I-1113 = DAR 2009, 191) stützen diese Annahme. Diesen Entscheidungen lagen Strafverfahren in Deutschland wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zugrunde. In den ersten beiden Fällen ging es um die Geltung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, die während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilt worden war; das dritte Verfahren betraf die Gültigkeit eines in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschriebenen österreichischen Führerscheins, nachdem die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war. Zu klären war jeweils die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis nach Maßgabe des unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes. Nachdem in allen Fällen die Nichtanerkennung dieser Fahrerlaubnis direkt aus § 28 Abs. 4 FeV hergeleitet wurde, also gerade kein diese Rechtsfolge anordnender Bescheid der Fahrerlaubnisbehörde ergangen war, hätte es sich aufgedrängt, dass der Europäische Gerichtshof auf ein entsprechendes Erfordernis hinweist, wenn es sich aus dem Unionsrecht ergäbe. Das ist jedoch nicht geschehen.

33

Unbegründet ist auch der Einwand, der Europäische Gerichtshof habe mit seinem Urteil vom 26. Juni 2008 in der Rechtssache Wiedemann u.a. (- Rs. C-329/07 und C-343/07 - a.a.O.) auch entschieden, dass es die Art. 1 Abs. 2 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht verwehrten, die Aussetzung der Fahrberechtigung anzuordnen, wenn sich aus den Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt, dass das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis nicht gewahrt wurde (a.a.O. Rn. 81 ff.). Daraus ergibt sich lediglich die Befugnis des Mitgliedstaates, unter den genannten Voraussetzungen auch die Aussetzung der Fahrberechtigung - als Minus zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis - vorzusehen. Ob es einer solchen Regelung überhaupt bedarf oder ob die Fahrerlaubnis von vornherein als ungültig angesehen wird, ist eine Frage der Ausgestaltung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts. Dafür macht der Europäische Gerichtshof auch in diesem Urteil keine Vorgaben; er beantwortet nur die Frage, ob und inwieweit eine Aussetzungsregelung nach dem Unionsrecht zulässig ist.

34

Soweit nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis eng auszulegen ist (vgl. u.a. Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs. C-225/07, Möginger - a.a.O. Rn. 37 m.w.N.), betrifft diese Aussage die inhaltliche Reichweite dieses Ausnahmetatbestandes, nicht aber den verfahrensmäßigen Weg, auf dem die Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis im Aufnahmemitgliedstaat herbeigeführt werden darf.

35

Schließlich ist der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu entnehmen, dass die Nichtgeltung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die der Aufnahmemitgliedstaat in Übereinstimmung mit den von vom Gerichtshof gebilligten Ausnahmen vom Anerkennungsgrundsatz angeordnet hat, nicht unionsrechtswidrig wird, wenn der Grund für die Nichtanerkennung später entfällt. Nach dem Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs. C-225/07, Möginger - verwehrt es der Anerkennungsgrundsatz dem Aufnahmemitgliedstaat nicht, es abzulehnen, die Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins anzuerkennen, wenn sein Inhaber im ersten Mitgliedstaat zum Zeitpunkt dieser Ausstellung einer Sperrfrist für die Neuerteilung unterlag; der Umstand, dass sich die Frage der Gültigkeit erst nach Ablauf der Sperrfrist stelle, habe hierauf keinen Einfluss. Die Befugnis zur Nichtanerkennung gelte uneingeschränkt und endgültig (a.a.O. Rn. 41). Dem lässt sich - außer der Billigung einer durch eine Rechtsnorm angeordneten Nichtanerkennung - auch entnehmen, dass der Europäische Gerichtshof es nicht als gemeinschaftsrechtswidrig ansieht, wenn der Aufnahmemitgliedstaat weiterhin von der Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis ausgeht, obgleich der Betroffene - hier nach Ablauf der Sperrfrist - seine Fahreignung möglicherweise wiedererlangt hat.

(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, von seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

2

Dem Kläger wurde im April 1998 durch Strafurteil die deutsche Fahrerlaubnis wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholgehalt von 1,7 Promille) entzogen und eine Sperrfrist von 10 Monaten für die Wiedererteilung festgelegt. Einen Antrag auf Neuerteilung nahm der Kläger zurück, nachdem ein im April 1999 erstattetes medizinisch-psychologisches Gutachten zum Ergebnis kam, es sei nicht hinreichend sicher auszuschließen, dass er erneut ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Einen weiteren Neuerteilungsantrag lehnte das Landratsamt im Oktober 2000 ab; nach dem medizinisch-psychologischen Gutachten vom 1. März 2000 war mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Kläger auch künftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde.

3

Am 26. November 2004 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse B; im dort ausgestellten Führerschein ist als ständiger Wohnsitz ein Ort in Deutschland angegeben. Am 20. Februar 2006 wurde dem Kläger in Tschechien zusätzlich die Fahrerlaubnis der Klasse C erteilt und ihm ein neuer Führerschein ausgestellt; auch in diesem Führerschein ist ein deutscher Wohnsitz eingetragen.

4

Als der Beklagte davon Kenntnis erhielt, wies er den Kläger mit Schreiben vom 10. November 2008 darauf hin, dass ihm der tschechische Führerschein wegen seines ständigen Wohnsitzes in der Bundesrepublik zu Unrecht erteilt worden sei und ihn nach § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtige. Der Kläger wurde aufgefordert, den Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Dieser Aufforderung kam er nicht nach und legte Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2008 forderte das Landratsamt den Kläger unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein vorzulegen. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2008 drohte es ihm die Anwendung unmittelbaren Zwangs an. Auch gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein, den die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 zurückwies. Der Kläger legte dem Landratsamt daraufhin seinen tschechischen Führerschein vor, in den ein Sperrvermerk für Deutschland eingetragen wurde.

5

Die Klage, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, er sei berechtigt, mit seiner am 26. November 2004 in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis Fahrzeuge der Klasse B in Deutschland zu führen, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

6

Die Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es: Es sei weder nach deutschem Recht noch nach Gemeinschaftsrecht eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde geboten, um die Rechtsfolge des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV, die Nichtanerkennung der in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis, herbeizuführen. Gemeinschaftsrechtlich ergebe sich ein solches Erfordernis insbesondere nicht daraus, dass Ausnahmen vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen eng auszulegen seien; das betreffe allein die materielle Reichweite dieser Ausnahmen. Auch ansonsten lasse sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes das Erfordernis einer Einzelfallentscheidung nicht entnehmen. Allein der Umstand, dass § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV eine einzelfallbezogene Subsumtion voraussetze, könne dieser Regelung nicht ihre konstitutive Wirkung nehmen. Auch dass die Fahrerlaubnisinhaber ihre Fahreignung möglicherweise wieder erlangt haben könnten, trage die Gegenansicht nicht; sowohl nach deutschem als auch nach Unionsrecht habe der Betroffene den Nachweis dafür zu erbringen. Könnte er von seiner ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch machen, bis eine Überprüfung seine fortbestehende Nichteignung ergebe, liefe das auf eine Umkehrung dieses Grundsatzes hinaus. Zudem würden Personen privilegiert, die ihre Fahrerlaubnis in einem EU-Mitgliedstaat erworben hätten, in dem - wie in der Tschechischen Republik - das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis erst mit Verzögerung beachtet worden sei.

7

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend: Wegen der grundsätzlichen Pflicht zur Anerkennung ausländischer EU-Fahrerlaubnisse sei der Aufnahmemitgliedstaat erst nach einem nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchzuführenden förmlichen Verfahren berechtigt, das Gebrauchmachen von einer solchen Fahrerlaubnis zu untersagen. Da hier ein solches Verfahren nicht stattgefunden habe, habe er nicht belegen können, dass keine Eignungsmängel mehr bestünden. Nur solche Mängel rechtfertigten es aber, das Gebrauchmachen von einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis zu untersagen. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV getroffene Regelung sei auch nach ihrer Neufassung noch gemeinschaftsrechtswidrig.

8

Der Beklagte tritt der Revision entgegen.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass dann, wenn die Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis offensichtlich gegen das Wohnsitzerfordernis verstoßen habe, deren Nichtanerkennung in der Bundesrepublik bereits unmittelbar aus § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV n.F. folge. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Regelung, ihrem Zusammenhang mit § 28 Abs. 1 FeV sowie aus der Entstehungsgeschichte der im Januar 2009 in Kraft getretenen Änderungsverordnung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht im Einklang mit Bundes- und Unionsrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in der hier anwendbaren Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung führt bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unmittelbar - also ohne dass es noch zusätzlich einer Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde bedarf - zur Unwirksamkeit der ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland ab deren Erteilung (1. und 2.). Dem stehen weder höherrangiges deutsches Recht (3.) noch der unionsrechtliche Grundsatz der Anerkennung ausländischer EU- und EWR-Fahrerlaubnisse entgegen (4.).

11

1. a) Der Entscheidung über das Feststellungsbegehren des Klägers ist § 28 Abs. 1 und 4 FeV in der Fassung zugrunde zu legen, die die Vorschrift durch die Dritte Änderungsverordnung zur Fahrerlaubnisverordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29) erhalten hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger seine Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen auch für die Vergangenheit, nämlich für die Zeit ab der Erteilung seiner tschechischen Fahrerlaubnis, festgestellt wissen will. Der Verordnungsgeber will mit der Neufassung von § 28 Abs. 4 FeV der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum Umfang der Pflicht zur Anerkennung ausländischer EU- und EWR-Fahrerlaubnisse Rechnung tragen (vgl. BRDrucks 851/08 S. 6). Die in § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. getroffene Regelung, wonach eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis in Deutschland bereits dann unwirksam sein sollte, wenn deren Inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung seinen Wohnsitz im Inland hatte, soll auf die vom Europäischen Gerichtshof in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 (- Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - Slg. 2008 I-4635 = NJW 2008, 2403 Rn. 68 ff. sowie - Rs. C-334/06 bis C-336/06, Zerche u.a. - Slg. 2008 I-4691 Rn. 65 ff.) beschriebenen Fälle eines offenkundigen Verstoßes gegen die Wohnsitzvoraussetzung zurückgeführt werden. Anderenfalls soll diese Fahrerlaubnis in den in Rede stehenden Fällen ab ihrer Erteilung auch in Deutschland gelten. Da mit der Neufassung der Bestimmung keine Schlechterstellung der betroffenen Fahrerlaubnisinhaber verbunden ist und sie nur das regelt, was aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ohnehin schon galt, besteht keine Veranlassung, ihren Anwendungsbereich auf ab dem 19. Januar 2009 erteilte Fahrerlaubnisse zu begrenzen (so aber OVG Münster, Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 19), zumal Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Neuregelung dafür keine Anhaltspunkte bieten. Die Annahme, eine Schlechterstellung für Inhaber bereits erteilter Fahrerlaubnisse ergebe sich aus der Europarechtswidrigkeit von § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. und einer daraus folgenden Unanwendbarkeit der Norm, verkennt die Wirkungen des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs; denn dieser hat eine nur teilweise Nichtanwendbarkeit des innerstaatlichen Rechts zur Folge, wenn - wie hier - eine Abgrenzung des nicht anwendbaren Teils der Vorschrift von ihrem verbleibenden Anwendungsbereich möglich ist. Die Neufassung beschränkt sich daher darauf, die bereits durch das Unionsrecht bewirkte teilweise Nichtanwendbarkeit der bisherigen Regelung im Normtext nachzuvollziehen.

12

b) Der gemeinschaftsrechtliche Maßstab ergibt sich aus der Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein 91/439/EWG (ABl L 237 vom 24. August 1991 S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/112/EG der Kommission vom 25. August 2009 (ABl L 223 vom 26. August 2009 S. 26). Dagegen ist die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl L 403 S. 18), die sog. 3. EU-Führerscheinrichtlinie, nicht anwendbar. Nach ihrem Art. 18 gilt Art. 11 Abs. 1 und 3 bis 6 mit den Regelungen über den Entzug, die Ersetzung und die Anerkennung von Führerscheinen erst ab dem 19. Januar 2009. Aus dem 5. Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt sich, dass vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erworbene Fahrerlaubnisse unberührt bleiben sollen. Damit beansprucht die 3. Führerscheinrichtlinie keine Geltung für die hier in Rede stehende Fahrerlaubnis, die bereits am 26. November 2004 erteilt wurde.

13

2. Der Kläger war und ist wegen des Vorliegens der Voraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV nicht berechtigt, mit seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis, die einen Wohnsitz in Deutschland ausweist, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen.

14

Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben - vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Hier greift der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Danach gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie - was hier nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ausscheidet - als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.

15

a) Nach Wortlaut und Systematik von § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV genügt bereits das Erfüllen der Voraussetzungen einer der dort aufgeführten Fallgruppen, um die angeordnete Rechtsfolge - die Nichtgeltung der Fahrerlaubnis in Deutschland - herbeizuführen; es muss nicht zusätzlich auch bereits zu einer Fahrerlaubnisentziehung gekommen sein oder sonst eine der Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV vorliegen (so zutreffend VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 - 10 S 2640/10 - juris). Soweit in der Vergangenheit ein solches Erfordernis aus Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG hergeleitet und mit der Absicht in § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV hineingelesen wurde, diese Regelung in Übereinstimmung mit dieser Richtlinie zu bringen (so etwa VGH Kassel, Beschluss vom 4. Dezember 2009 - 2 B 2138/09 - Blutalkohol 47, 154 Rn. 2 und Dauer, NJW 2010, 2758 <2759> m.w.N.), ist mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 19. Mai 2011 (- Rs. C-184/10, Grasser - DAR 2011, 171 = VR 2011, 249 m.w.N.) mittlerweile geklärt, dass das unionsrechtlich nicht geboten ist. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass bei einer im Sinne seiner Urteile vom 26. Juni 2008 offenkundigen Verletzung des Wohnsitzerfordernisses eine Befugnis des Aufnahmemitgliedstaates zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis auch ohne eine vorangegangene Fahrerlaubnisentziehung besteht.

16

b) § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV ordnet für die dort geregelten Ausnahmetatbestände die Nichtgeltung der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis im Bundesgebiet an, ohne dass es noch zusätzlich eines konstitutiven Verwaltungsaktes bedarf, der diese Rechtsfolge ausspricht. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt (ebenso OVG Saarlouis, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 A 185/10 - juris und OVG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2010 - 10 A 10411/10.OVG - SVR 2010, 351 = Blutalkohol 47, 366 sowie VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 a.a.O.); dieser Auffassung ist - ausweislich der Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses - auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das die Fahrerlaubnis-Verordnung und die maßgebliche Änderungsverordnung erlassen hat.

17

Gegen die anderslautende Annahme des Oberverwaltungsgerichts Münster (vgl. u.a. Beschluss vom 12. Januar 2009 - 16 B 1610/08 - DAR 2009, 109 = VRS 119, 314 Rn. 35 und Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 21), auf die sich der Kläger beruft, sprechen bereits der Wortlaut der Regelung und der systematische Zusammenhang des ersten und des vierten Absatzes von § 28 FeV. In § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV heißt es, dass die Berechtigung des Absatzes 1 in den nachfolgend aufgeführten Fällen "nicht gilt", ohne dass dort - anders als in § 3 StVG und § 46 FeV (... "hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen") - ein gesondertes Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde verlangt wird. "Nicht gelten" bedeutet, dass der ausländischen Fahrerlaubnis per se keine Wirksamkeit im Bundesgebiet zuerkannt wird. Systematisch regelt § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV Ausnahmen von der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen, die dem Inhaber einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnisbehörde nach § 28 Abs. 1 FeV grundsätzlich zusteht; spiegelbildlich wird auch für den Erwerb der Fahrberechtigung aufgrund einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis kein Tätigwerden der deutschen Fahrerlaubnisbehörde vorausgesetzt.

18

Gegen das Erfordernis einer konstitutiven Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde spricht zusätzlich § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV; dort ist vorgesehen, dass in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen kann. Damit wird der Fahrerlaubnisbehörde nur die Möglichkeit eingeräumt ("kann"), einen solchen Verwaltungsakt zu erlassen, sie wird hierzu nicht verpflichtet. Zum anderen wird der Verwaltungsakt ausdrücklich als feststellender Verwaltungsakt bezeichnet und damit als Verwaltungsakt, der eine bereits bestehende Rechtslage wiedergibt und gegebenenfalls klarstellt. Die Verordnungsbegründung bestätigt das; dort wird ausgeführt, dass in solchen Fällen ein feststellender Verwaltungsakt in Betracht kommen kann, "in dem die sich aus § 28 Abs. 4 FeV ergebende Rechtslage klargestellt wird". Der Verwaltungsakt diene dazu, Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 zu beseitigen, was insbesondere auf das Tatbestandsmerkmal der "vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen" bezogen wird (BRDrucks 851/08 S. 6).

19

c) Dementsprechend handelt es sich bei der in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordneten Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis um eine ex-tunc-Regelung. Der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wird ihre Wirksamkeit in Deutschland bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung und nicht erst ab der Bekanntgabe eines ihre Nichtgeltung feststellenden Bescheides der Fahrerlaubnisbehörde abgesprochen.

20

Aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 26.07 -, in dem von einem Zugriffsrecht des Mitgliedstaates die Rede ist (BVerwGE 132, 315 <321>), lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat seinerzeit davon ausgegangen ist, die ausländische EU-Fahrerlaubnis sei zunächst einmal gültig. Das Verfahren betraf eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 3 StVG und § 46 FeV. Im Urteil wird ausgeführt, dass eine solche Entscheidung nicht wegen § 28 FeV ausgeschlossen sei. Die Fahrerlaubnisbehörde habe nämlich nicht mit Gewissheit davon ausgehen können, dass sie dem Kläger die in § 28 FeV angeordnete Nichtgeltung entgegenhalten könne (a.a.O. S. 318 f.). Der Senat hat damit die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis mit Blick auf § 28 FeV a.F. nicht bejaht, sondern gerade offen gelassen.

21

Nach all dem ist, wenn der Betroffene in Deutschland von einer unter § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV fallenden ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch macht, der objektive Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG erfüllt. Ob der Betroffene gleichwohl straffrei ausgeht, weil jedenfalls der subjektive Tatbestand zu verneinen ist, wird im Strafverfahren im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden sein.

22

3. Die § 28 Abs. 1 und 4 FeV zugrunde liegende Regelungssystematik bedarf nicht deshalb der Korrektur, weil sich aus höherrangigem deutschem Recht ergäbe, dass die Nichtanerkennung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nur durch eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde, nicht aber normativ geregelt werden kann.

23

a) Im Straßenverkehrsgesetz lässt sich kein Ansatzpunkt für eine solche Annahme finden. § 3 StVG, der ebenso wie § 46 FeV eine Regelung durch Verwaltungsakt vorsieht (... "hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen."), regelt allein den Fall der Fahrerlaubnisentziehung wegen mangelnder Fahreignung. Es ist aber etwas grundlegend anderes, ob dem Inhaber eine ausländische Fahrerlaubnis nachträglich wegen durch entsprechende Fahreignungsgutachten belegter oder nach § 11 Abs. 8 FeV anzunehmender Nichteignung entzogen wird, d.h. ihr die Wirkung für das Bundesgebiet ab dem Zeitpunkt der Vollziehbarkeit dieses Verwaltungsaktes genommen wird, oder ob ihr auf der Grundlage von § 28 FeV von Anfang an keine Geltung in Deutschland zuerkannt wird. Auch das Unionsrecht weist mit Art. 8 Abs. 2 und 4 der hier noch anwendbaren Richtlinie 91/439/EWG eine solche Differenzierung auf. Ebenso wie die Wirkung unterscheiden sich die Voraussetzungen für den entsprechenden "Zugriff" des Aufnahmemitgliedstaates (vgl. zu diesem Begriff BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. S. 321). § 3 StVG und § 46 FeV erlauben die Fahrerlaubnisentziehung nur bei mangelnder Eignung; sie muss sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zudem gerade aus einem Verhalten des Fahrerlaubnisinhabers nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis ergeben (vgl. dazu u.a. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - a.a.O. Rn. 59 sowie BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 - BVerwG 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 <16 ff.>). Dagegen genügt nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ein im dargestellten Sinne offenkundiger Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung und nach Nr. 4 der Vorschrift die Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist.

24

b) Die Notwendigkeit einer konstitutiven Einzelfallentscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde lässt sich ebenso wenig mit dem Erfordernis von Rechtssicherheit oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründen und damit letztlich aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herleiten.

25

Rechtsnormen enthalten typischerweise abstrakt-generelle Regelungen und knüpfen die dort angeordneten Rechtsfolgen tatbestandlich in aller Regel an unbestimmte Rechtsbegriffe an. Das Erfordernis einer Subsumtion ist damit nicht der Ausnahme-, sondern der Regelfall. Allein daraus, dass es für die Feststellung der Rechtslage einer Subsumtion bedarf, kann demzufolge nicht hergeleitet werden, dass diese Rechtsfolge erst durch einen Verwaltungsakt herbeigeführt werden muss (so aber OVG Münster, Beschluss vom 12. Januar 2009 a.a.O.). Sollte dem Betroffenen in den hier in Rede stehenden Fällen die Rechtslage unklar sein, steht ihm zudem ein hinreichendes rechtliches Instrumentarium zur Verfügung, um die notwendige Rechtssicherheit herbeizuführen. Er kann entweder bei der Fahrerlaubnisbehörde den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes zur Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis beantragen oder über eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO eine auch die Behörde bindende verwaltungsgerichtliche Feststellung seiner Rechte und Pflichten herbeiführen; einen von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erlassenen feststellenden Verwaltungsakt kann er anfechten.

26

Ebenfalls unbegründet ist der Einwand, eine Einzelfallprüfung und -entscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde seien deshalb erforderlich, weil ermittelt werden müsse, ob der Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis seine Fahreignung mittlerweile wiedererlangt habe; denn in diesem Fall stoße eine fortdauernde Versagung der Anerkennung dieser Fahrerlaubnis im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf Bedenken.

27

Die Erteilung einer Fahrerlaubnis setzt sowohl nach dem deutschen Fahrerlaubnisrecht als auch nach Art. 7 Buchst. a und b der Richtlinie 91/439/EWG zum einen die Kraftfahreignung des Betroffenen und zum anderen - nicht zuletzt zur Abgrenzung der örtlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten - den ordentlichen Wohnsitz des Betroffenen im Ausstellermitgliedstaat zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung voraus. Weder dem deutschen Fahrerlaubnisrecht noch dem Unionsrecht ist ein Ansatzpunkt dafür zu entnehmen, dass das eine Erfordernis durch das andere kompensiert werden kann. Vielmehr ist die Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses - wie der Europäische Gerichtshof in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 unterstrichen hat (a.a.O. Rn. 69 und 66) - unerlässlich, um die Einhaltung der Voraussetzung der Fahreignung zu überprüfen. Demnach kann die mögliche Wiedererlangung der Kraftfahreignung nicht dazu führen, dass ein vorangegangener Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis, der zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis geführt hat, unbeachtlich wird.

28

Wegen der besonderen Bedeutung der Verkehrssicherheit und der in Rede stehenden hochrangigen Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer, die vor ungeeigneten Kraftfahrern geschützt werden müssen, ist es auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, dass das deutsche Fahrerlaubnisrecht die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vom Nachweis der (Wieder-)Erlangung der Kraftfahreignung abhängig macht und die Nachweispflicht dem Betroffenen auferlegt (vgl. § 11 und § 13 FeV sowie § 28 Abs. 5 FeV).

29

Schließlich begründet § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.

30

Es liegt der Sache nach schon kein Fall einer Rückwirkung vor. Nach der Konzeption der Vorschrift steht dem Betroffenen von Anfang an kein Recht zum Gebrauchmachen von seiner im Ausland erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland zu. Dementsprechend wird ihm durch eine behördliche oder gegebenenfalls gerichtliche Entscheidung, in der das Fehlen seiner Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt wird, auch kein Recht nachträglich entzogen. Was sich der Betroffene bislang zu Nutzen machen konnte, war allein der Schein einer solchen Berechtigung, der sich aus der ihm zu Unrecht erteilten ausländischen Fahrerlaubnis ergab.

31

Abgesehen davon kann in den hier in Rede stehenden Fällen kein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen darauf entstehen, von seiner auch gemessen an den unionsrechtlichen Vorgaben zu Unrecht erteilten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch machen zu dürfen. Der Umfang eines solchen Vertrauens wird von Anfang an durch die rechtlichen Regelungen beschränkt, die den Erwerb einer solchen Berechtigung steuern, hier also auch von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Gerade dem Betroffenen selbst war und ist bekannt, dass er bei der Erteilung der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis seinen ständigen Wohnsitz nicht im Ausstellermitgliedstaat, sondern im Inland hatte. Einem möglichen Vertrauen darauf, dass der mit der Fahrerlaubniserteilung verbundene Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung nicht aufgedeckt werde, fehlt jede Schutzwürdigkeit.

32

Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Betroffene von einer solchen Fahrerlaubnis von Anfang an keinen Gebrauch in Deutschland machen darf, selbst wenn die Umstände, aus denen sich sein Rechtsverstoß ergibt, der deutschen Fahrerlaubnisbehörde oder dem Gericht erst nachträglich bekannt geworden sind (so bereits Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 3 C 15.09 - BVerwGE 136, 149 <154 ff.> unter Bezugnahme auf EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - Rs. C-445/08, Wierer - NJW 2010, 217 Rn. 63).

33

4. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordnete und damit unmittelbar wirkende Nichtanerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse verstößt auch nicht gegen die hier noch anwendbare Richtlinie 91/439/EWG.

34

Weder Art. 8 Abs. 4 dieser Richtlinie selbst noch die Erwägungsgründe dieser Richtlinie enthalten einen Hinweis darauf, dass die Mitgliedstaaten die ihnen dort eingeräumte Befugnis zu einer entsprechenden Gestaltung ihres innerstaatlichen Rechts (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 36) nicht in der Weise ausüben können, dass sie die Nichtanerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis in einer abstrakt-generellen Regelung bestimmen, die auch ohne eine zusätzliche behördliche Einzelfallentscheidung rechtliche Wirksamkeit erlangt.

35

Ebenso wenig wie der EU-Führerscheinrichtlinie selbst ist den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes zum Fahrerlaubnisrecht ein Hinderungsgrund für eine solche Regelungstechnik zu entnehmen. Dort ist davon die Rede, dass es den Mitgliedstaaten unter den vom Gerichtshof näher definierten Voraussetzungen nicht verwehrt ist, die Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis abzulehnen. Diese Formulierung schließt ohne Weiteres die Möglichkeit einer abstrakt-generellen Regelung ein. Der Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Juli 2008 (- Rs. C-225/07, Möginger - NJW 2009, 207) und seine Urteile vom 20. November 2008 (- Rs. C-1/07, Weber - Slg. 2008 I-8571 = NJW 2008, 3767) und vom 19. Februar 2009 (- Rs. C-321/07, Schwarz - Slg. 2009 I-1113 = DAR 2009, 191) stützen diese Annahme. Diesen Entscheidungen lagen Strafverfahren in Deutschland wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zugrunde. In den ersten beiden Fällen ging es um die Geltung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, die während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilt worden war; das dritte Verfahren betraf die Gültigkeit eines in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschriebenen österreichischen Führerscheins, nachdem die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war. Zu klären war jeweils die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis nach Maßgabe des unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes. Nachdem in allen Fällen die Nichtanerkennung dieser Fahrerlaubnis direkt aus § 28 Abs. 4 FeV hergeleitet wurde, also gerade kein diese Rechtsfolge anordnender Bescheid der Fahrerlaubnisbehörde ergangen war, hätte es sich aufgedrängt, dass der Europäische Gerichtshof auf ein entsprechendes Erfordernis hinweist, wenn es sich aus dem Unionsrecht ergäbe. Das ist jedoch nicht geschehen.

36

Unbegründet ist auch der Einwand, der Europäische Gerichtshof habe mit seinem Urteil vom 26. Juni 2008 in der Rechtssache Wiedemann u.a. (- Rs. C-329/07 und C-343/07 - a.a.O.) auch entschieden, dass es die Art. 1 Abs. 2 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht verwehrten, die Aussetzung der Fahrberechtigung anzuordnen, wenn sich aus den Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt, dass das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis nicht gewahrt wurde (a.a.O. Rn. 81 ff.). Daraus ergibt sich lediglich die Befugnis des Mitgliedstaates, unter den genannten Voraussetzungen auch die Aussetzung der Fahrberechtigung - als Minus zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis - vorzusehen. Ob es einer solchen Regelung überhaupt bedarf oder ob die Fahrerlaubnis von vornherein als ungültig angesehen wird, ist eine Frage der Ausgestaltung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts. Dafür macht der Europäische Gerichtshof auch in diesem Urteil keine Vorgaben; er beantwortet nur die Frage, ob und inwieweit eine Aussetzungsregelung nach dem Unionsrecht zulässig ist.

37

Soweit nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis eng auszulegen ist (vgl. u.a. Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs. C-225/07, Möginger - a.a.O. Rn. 37 m.w.N.), betrifft diese Aussage die inhaltliche Reichweite dieses Ausnahmetatbestandes, nicht aber den verfahrensmäßigen Weg, auf dem die Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis im Aufnahmemitgliedstaat herbeigeführt werden darf.

(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, von seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

2

Dem Kläger wurde im April 1998 durch Strafurteil die deutsche Fahrerlaubnis wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholgehalt von 1,7 Promille) entzogen und eine Sperrfrist von 10 Monaten für die Wiedererteilung festgelegt. Einen Antrag auf Neuerteilung nahm der Kläger zurück, nachdem ein im April 1999 erstattetes medizinisch-psychologisches Gutachten zum Ergebnis kam, es sei nicht hinreichend sicher auszuschließen, dass er erneut ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Einen weiteren Neuerteilungsantrag lehnte das Landratsamt im Oktober 2000 ab; nach dem medizinisch-psychologischen Gutachten vom 1. März 2000 war mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Kläger auch künftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde.

3

Am 26. November 2004 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse B; im dort ausgestellten Führerschein ist als ständiger Wohnsitz ein Ort in Deutschland angegeben. Am 20. Februar 2006 wurde dem Kläger in Tschechien zusätzlich die Fahrerlaubnis der Klasse C erteilt und ihm ein neuer Führerschein ausgestellt; auch in diesem Führerschein ist ein deutscher Wohnsitz eingetragen.

4

Als der Beklagte davon Kenntnis erhielt, wies er den Kläger mit Schreiben vom 10. November 2008 darauf hin, dass ihm der tschechische Führerschein wegen seines ständigen Wohnsitzes in der Bundesrepublik zu Unrecht erteilt worden sei und ihn nach § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtige. Der Kläger wurde aufgefordert, den Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Dieser Aufforderung kam er nicht nach und legte Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2008 forderte das Landratsamt den Kläger unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein vorzulegen. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2008 drohte es ihm die Anwendung unmittelbaren Zwangs an. Auch gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein, den die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2009 zurückwies. Der Kläger legte dem Landratsamt daraufhin seinen tschechischen Führerschein vor, in den ein Sperrvermerk für Deutschland eingetragen wurde.

5

Die Klage, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, er sei berechtigt, mit seiner am 26. November 2004 in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis Fahrzeuge der Klasse B in Deutschland zu führen, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

6

Die Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es: Es sei weder nach deutschem Recht noch nach Gemeinschaftsrecht eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde geboten, um die Rechtsfolge des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV, die Nichtanerkennung der in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis, herbeizuführen. Gemeinschaftsrechtlich ergebe sich ein solches Erfordernis insbesondere nicht daraus, dass Ausnahmen vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen eng auszulegen seien; das betreffe allein die materielle Reichweite dieser Ausnahmen. Auch ansonsten lasse sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes das Erfordernis einer Einzelfallentscheidung nicht entnehmen. Allein der Umstand, dass § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV eine einzelfallbezogene Subsumtion voraussetze, könne dieser Regelung nicht ihre konstitutive Wirkung nehmen. Auch dass die Fahrerlaubnisinhaber ihre Fahreignung möglicherweise wieder erlangt haben könnten, trage die Gegenansicht nicht; sowohl nach deutschem als auch nach Unionsrecht habe der Betroffene den Nachweis dafür zu erbringen. Könnte er von seiner ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch machen, bis eine Überprüfung seine fortbestehende Nichteignung ergebe, liefe das auf eine Umkehrung dieses Grundsatzes hinaus. Zudem würden Personen privilegiert, die ihre Fahrerlaubnis in einem EU-Mitgliedstaat erworben hätten, in dem - wie in der Tschechischen Republik - das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis erst mit Verzögerung beachtet worden sei.

7

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend: Wegen der grundsätzlichen Pflicht zur Anerkennung ausländischer EU-Fahrerlaubnisse sei der Aufnahmemitgliedstaat erst nach einem nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchzuführenden förmlichen Verfahren berechtigt, das Gebrauchmachen von einer solchen Fahrerlaubnis zu untersagen. Da hier ein solches Verfahren nicht stattgefunden habe, habe er nicht belegen können, dass keine Eignungsmängel mehr bestünden. Nur solche Mängel rechtfertigten es aber, das Gebrauchmachen von einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis zu untersagen. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV getroffene Regelung sei auch nach ihrer Neufassung noch gemeinschaftsrechtswidrig.

8

Der Beklagte tritt der Revision entgegen.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass dann, wenn die Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis offensichtlich gegen das Wohnsitzerfordernis verstoßen habe, deren Nichtanerkennung in der Bundesrepublik bereits unmittelbar aus § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV n.F. folge. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Regelung, ihrem Zusammenhang mit § 28 Abs. 1 FeV sowie aus der Entstehungsgeschichte der im Januar 2009 in Kraft getretenen Änderungsverordnung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht im Einklang mit Bundes- und Unionsrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in der hier anwendbaren Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung führt bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unmittelbar - also ohne dass es noch zusätzlich einer Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde bedarf - zur Unwirksamkeit der ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland ab deren Erteilung (1. und 2.). Dem stehen weder höherrangiges deutsches Recht (3.) noch der unionsrechtliche Grundsatz der Anerkennung ausländischer EU- und EWR-Fahrerlaubnisse entgegen (4.).

11

1. a) Der Entscheidung über das Feststellungsbegehren des Klägers ist § 28 Abs. 1 und 4 FeV in der Fassung zugrunde zu legen, die die Vorschrift durch die Dritte Änderungsverordnung zur Fahrerlaubnisverordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29) erhalten hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger seine Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen auch für die Vergangenheit, nämlich für die Zeit ab der Erteilung seiner tschechischen Fahrerlaubnis, festgestellt wissen will. Der Verordnungsgeber will mit der Neufassung von § 28 Abs. 4 FeV der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum Umfang der Pflicht zur Anerkennung ausländischer EU- und EWR-Fahrerlaubnisse Rechnung tragen (vgl. BRDrucks 851/08 S. 6). Die in § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. getroffene Regelung, wonach eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis in Deutschland bereits dann unwirksam sein sollte, wenn deren Inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung seinen Wohnsitz im Inland hatte, soll auf die vom Europäischen Gerichtshof in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 (- Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - Slg. 2008 I-4635 = NJW 2008, 2403 Rn. 68 ff. sowie - Rs. C-334/06 bis C-336/06, Zerche u.a. - Slg. 2008 I-4691 Rn. 65 ff.) beschriebenen Fälle eines offenkundigen Verstoßes gegen die Wohnsitzvoraussetzung zurückgeführt werden. Anderenfalls soll diese Fahrerlaubnis in den in Rede stehenden Fällen ab ihrer Erteilung auch in Deutschland gelten. Da mit der Neufassung der Bestimmung keine Schlechterstellung der betroffenen Fahrerlaubnisinhaber verbunden ist und sie nur das regelt, was aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ohnehin schon galt, besteht keine Veranlassung, ihren Anwendungsbereich auf ab dem 19. Januar 2009 erteilte Fahrerlaubnisse zu begrenzen (so aber OVG Münster, Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 19), zumal Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Neuregelung dafür keine Anhaltspunkte bieten. Die Annahme, eine Schlechterstellung für Inhaber bereits erteilter Fahrerlaubnisse ergebe sich aus der Europarechtswidrigkeit von § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. und einer daraus folgenden Unanwendbarkeit der Norm, verkennt die Wirkungen des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs; denn dieser hat eine nur teilweise Nichtanwendbarkeit des innerstaatlichen Rechts zur Folge, wenn - wie hier - eine Abgrenzung des nicht anwendbaren Teils der Vorschrift von ihrem verbleibenden Anwendungsbereich möglich ist. Die Neufassung beschränkt sich daher darauf, die bereits durch das Unionsrecht bewirkte teilweise Nichtanwendbarkeit der bisherigen Regelung im Normtext nachzuvollziehen.

12

b) Der gemeinschaftsrechtliche Maßstab ergibt sich aus der Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein 91/439/EWG (ABl L 237 vom 24. August 1991 S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/112/EG der Kommission vom 25. August 2009 (ABl L 223 vom 26. August 2009 S. 26). Dagegen ist die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl L 403 S. 18), die sog. 3. EU-Führerscheinrichtlinie, nicht anwendbar. Nach ihrem Art. 18 gilt Art. 11 Abs. 1 und 3 bis 6 mit den Regelungen über den Entzug, die Ersetzung und die Anerkennung von Führerscheinen erst ab dem 19. Januar 2009. Aus dem 5. Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt sich, dass vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erworbene Fahrerlaubnisse unberührt bleiben sollen. Damit beansprucht die 3. Führerscheinrichtlinie keine Geltung für die hier in Rede stehende Fahrerlaubnis, die bereits am 26. November 2004 erteilt wurde.

13

2. Der Kläger war und ist wegen des Vorliegens der Voraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV nicht berechtigt, mit seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis, die einen Wohnsitz in Deutschland ausweist, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen.

14

Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben - vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Hier greift der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Danach gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie - was hier nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ausscheidet - als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.

15

a) Nach Wortlaut und Systematik von § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV genügt bereits das Erfüllen der Voraussetzungen einer der dort aufgeführten Fallgruppen, um die angeordnete Rechtsfolge - die Nichtgeltung der Fahrerlaubnis in Deutschland - herbeizuführen; es muss nicht zusätzlich auch bereits zu einer Fahrerlaubnisentziehung gekommen sein oder sonst eine der Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV vorliegen (so zutreffend VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 - 10 S 2640/10 - juris). Soweit in der Vergangenheit ein solches Erfordernis aus Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG hergeleitet und mit der Absicht in § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV hineingelesen wurde, diese Regelung in Übereinstimmung mit dieser Richtlinie zu bringen (so etwa VGH Kassel, Beschluss vom 4. Dezember 2009 - 2 B 2138/09 - Blutalkohol 47, 154 Rn. 2 und Dauer, NJW 2010, 2758 <2759> m.w.N.), ist mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 19. Mai 2011 (- Rs. C-184/10, Grasser - DAR 2011, 171 = VR 2011, 249 m.w.N.) mittlerweile geklärt, dass das unionsrechtlich nicht geboten ist. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass bei einer im Sinne seiner Urteile vom 26. Juni 2008 offenkundigen Verletzung des Wohnsitzerfordernisses eine Befugnis des Aufnahmemitgliedstaates zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis auch ohne eine vorangegangene Fahrerlaubnisentziehung besteht.

16

b) § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV ordnet für die dort geregelten Ausnahmetatbestände die Nichtgeltung der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis im Bundesgebiet an, ohne dass es noch zusätzlich eines konstitutiven Verwaltungsaktes bedarf, der diese Rechtsfolge ausspricht. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt (ebenso OVG Saarlouis, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 A 185/10 - juris und OVG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2010 - 10 A 10411/10.OVG - SVR 2010, 351 = Blutalkohol 47, 366 sowie VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 a.a.O.); dieser Auffassung ist - ausweislich der Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses - auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das die Fahrerlaubnis-Verordnung und die maßgebliche Änderungsverordnung erlassen hat.

17

Gegen die anderslautende Annahme des Oberverwaltungsgerichts Münster (vgl. u.a. Beschluss vom 12. Januar 2009 - 16 B 1610/08 - DAR 2009, 109 = VRS 119, 314 Rn. 35 und Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 21), auf die sich der Kläger beruft, sprechen bereits der Wortlaut der Regelung und der systematische Zusammenhang des ersten und des vierten Absatzes von § 28 FeV. In § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV heißt es, dass die Berechtigung des Absatzes 1 in den nachfolgend aufgeführten Fällen "nicht gilt", ohne dass dort - anders als in § 3 StVG und § 46 FeV (... "hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen") - ein gesondertes Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde verlangt wird. "Nicht gelten" bedeutet, dass der ausländischen Fahrerlaubnis per se keine Wirksamkeit im Bundesgebiet zuerkannt wird. Systematisch regelt § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV Ausnahmen von der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen, die dem Inhaber einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnisbehörde nach § 28 Abs. 1 FeV grundsätzlich zusteht; spiegelbildlich wird auch für den Erwerb der Fahrberechtigung aufgrund einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis kein Tätigwerden der deutschen Fahrerlaubnisbehörde vorausgesetzt.

18

Gegen das Erfordernis einer konstitutiven Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde spricht zusätzlich § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV; dort ist vorgesehen, dass in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen kann. Damit wird der Fahrerlaubnisbehörde nur die Möglichkeit eingeräumt ("kann"), einen solchen Verwaltungsakt zu erlassen, sie wird hierzu nicht verpflichtet. Zum anderen wird der Verwaltungsakt ausdrücklich als feststellender Verwaltungsakt bezeichnet und damit als Verwaltungsakt, der eine bereits bestehende Rechtslage wiedergibt und gegebenenfalls klarstellt. Die Verordnungsbegründung bestätigt das; dort wird ausgeführt, dass in solchen Fällen ein feststellender Verwaltungsakt in Betracht kommen kann, "in dem die sich aus § 28 Abs. 4 FeV ergebende Rechtslage klargestellt wird". Der Verwaltungsakt diene dazu, Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 zu beseitigen, was insbesondere auf das Tatbestandsmerkmal der "vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen" bezogen wird (BRDrucks 851/08 S. 6).

19

c) Dementsprechend handelt es sich bei der in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordneten Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis um eine ex-tunc-Regelung. Der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wird ihre Wirksamkeit in Deutschland bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung und nicht erst ab der Bekanntgabe eines ihre Nichtgeltung feststellenden Bescheides der Fahrerlaubnisbehörde abgesprochen.

20

Aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 26.07 -, in dem von einem Zugriffsrecht des Mitgliedstaates die Rede ist (BVerwGE 132, 315 <321>), lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat seinerzeit davon ausgegangen ist, die ausländische EU-Fahrerlaubnis sei zunächst einmal gültig. Das Verfahren betraf eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 3 StVG und § 46 FeV. Im Urteil wird ausgeführt, dass eine solche Entscheidung nicht wegen § 28 FeV ausgeschlossen sei. Die Fahrerlaubnisbehörde habe nämlich nicht mit Gewissheit davon ausgehen können, dass sie dem Kläger die in § 28 FeV angeordnete Nichtgeltung entgegenhalten könne (a.a.O. S. 318 f.). Der Senat hat damit die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis mit Blick auf § 28 FeV a.F. nicht bejaht, sondern gerade offen gelassen.

21

Nach all dem ist, wenn der Betroffene in Deutschland von einer unter § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV fallenden ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch macht, der objektive Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG erfüllt. Ob der Betroffene gleichwohl straffrei ausgeht, weil jedenfalls der subjektive Tatbestand zu verneinen ist, wird im Strafverfahren im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden sein.

22

3. Die § 28 Abs. 1 und 4 FeV zugrunde liegende Regelungssystematik bedarf nicht deshalb der Korrektur, weil sich aus höherrangigem deutschem Recht ergäbe, dass die Nichtanerkennung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nur durch eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde, nicht aber normativ geregelt werden kann.

23

a) Im Straßenverkehrsgesetz lässt sich kein Ansatzpunkt für eine solche Annahme finden. § 3 StVG, der ebenso wie § 46 FeV eine Regelung durch Verwaltungsakt vorsieht (... "hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen."), regelt allein den Fall der Fahrerlaubnisentziehung wegen mangelnder Fahreignung. Es ist aber etwas grundlegend anderes, ob dem Inhaber eine ausländische Fahrerlaubnis nachträglich wegen durch entsprechende Fahreignungsgutachten belegter oder nach § 11 Abs. 8 FeV anzunehmender Nichteignung entzogen wird, d.h. ihr die Wirkung für das Bundesgebiet ab dem Zeitpunkt der Vollziehbarkeit dieses Verwaltungsaktes genommen wird, oder ob ihr auf der Grundlage von § 28 FeV von Anfang an keine Geltung in Deutschland zuerkannt wird. Auch das Unionsrecht weist mit Art. 8 Abs. 2 und 4 der hier noch anwendbaren Richtlinie 91/439/EWG eine solche Differenzierung auf. Ebenso wie die Wirkung unterscheiden sich die Voraussetzungen für den entsprechenden "Zugriff" des Aufnahmemitgliedstaates (vgl. zu diesem Begriff BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. S. 321). § 3 StVG und § 46 FeV erlauben die Fahrerlaubnisentziehung nur bei mangelnder Eignung; sie muss sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zudem gerade aus einem Verhalten des Fahrerlaubnisinhabers nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis ergeben (vgl. dazu u.a. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - a.a.O. Rn. 59 sowie BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 - BVerwG 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 <16 ff.>). Dagegen genügt nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ein im dargestellten Sinne offenkundiger Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung und nach Nr. 4 der Vorschrift die Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist.

24

b) Die Notwendigkeit einer konstitutiven Einzelfallentscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde lässt sich ebenso wenig mit dem Erfordernis von Rechtssicherheit oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründen und damit letztlich aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herleiten.

25

Rechtsnormen enthalten typischerweise abstrakt-generelle Regelungen und knüpfen die dort angeordneten Rechtsfolgen tatbestandlich in aller Regel an unbestimmte Rechtsbegriffe an. Das Erfordernis einer Subsumtion ist damit nicht der Ausnahme-, sondern der Regelfall. Allein daraus, dass es für die Feststellung der Rechtslage einer Subsumtion bedarf, kann demzufolge nicht hergeleitet werden, dass diese Rechtsfolge erst durch einen Verwaltungsakt herbeigeführt werden muss (so aber OVG Münster, Beschluss vom 12. Januar 2009 a.a.O.). Sollte dem Betroffenen in den hier in Rede stehenden Fällen die Rechtslage unklar sein, steht ihm zudem ein hinreichendes rechtliches Instrumentarium zur Verfügung, um die notwendige Rechtssicherheit herbeizuführen. Er kann entweder bei der Fahrerlaubnisbehörde den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes zur Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis beantragen oder über eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO eine auch die Behörde bindende verwaltungsgerichtliche Feststellung seiner Rechte und Pflichten herbeiführen; einen von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erlassenen feststellenden Verwaltungsakt kann er anfechten.

26

Ebenfalls unbegründet ist der Einwand, eine Einzelfallprüfung und -entscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde seien deshalb erforderlich, weil ermittelt werden müsse, ob der Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis seine Fahreignung mittlerweile wiedererlangt habe; denn in diesem Fall stoße eine fortdauernde Versagung der Anerkennung dieser Fahrerlaubnis im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf Bedenken.

27

Die Erteilung einer Fahrerlaubnis setzt sowohl nach dem deutschen Fahrerlaubnisrecht als auch nach Art. 7 Buchst. a und b der Richtlinie 91/439/EWG zum einen die Kraftfahreignung des Betroffenen und zum anderen - nicht zuletzt zur Abgrenzung der örtlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten - den ordentlichen Wohnsitz des Betroffenen im Ausstellermitgliedstaat zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung voraus. Weder dem deutschen Fahrerlaubnisrecht noch dem Unionsrecht ist ein Ansatzpunkt dafür zu entnehmen, dass das eine Erfordernis durch das andere kompensiert werden kann. Vielmehr ist die Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses - wie der Europäische Gerichtshof in seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 unterstrichen hat (a.a.O. Rn. 69 und 66) - unerlässlich, um die Einhaltung der Voraussetzung der Fahreignung zu überprüfen. Demnach kann die mögliche Wiedererlangung der Kraftfahreignung nicht dazu führen, dass ein vorangegangener Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis, der zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis geführt hat, unbeachtlich wird.

28

Wegen der besonderen Bedeutung der Verkehrssicherheit und der in Rede stehenden hochrangigen Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer, die vor ungeeigneten Kraftfahrern geschützt werden müssen, ist es auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, dass das deutsche Fahrerlaubnisrecht die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vom Nachweis der (Wieder-)Erlangung der Kraftfahreignung abhängig macht und die Nachweispflicht dem Betroffenen auferlegt (vgl. § 11 und § 13 FeV sowie § 28 Abs. 5 FeV).

29

Schließlich begründet § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.

30

Es liegt der Sache nach schon kein Fall einer Rückwirkung vor. Nach der Konzeption der Vorschrift steht dem Betroffenen von Anfang an kein Recht zum Gebrauchmachen von seiner im Ausland erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland zu. Dementsprechend wird ihm durch eine behördliche oder gegebenenfalls gerichtliche Entscheidung, in der das Fehlen seiner Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt wird, auch kein Recht nachträglich entzogen. Was sich der Betroffene bislang zu Nutzen machen konnte, war allein der Schein einer solchen Berechtigung, der sich aus der ihm zu Unrecht erteilten ausländischen Fahrerlaubnis ergab.

31

Abgesehen davon kann in den hier in Rede stehenden Fällen kein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen darauf entstehen, von seiner auch gemessen an den unionsrechtlichen Vorgaben zu Unrecht erteilten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch machen zu dürfen. Der Umfang eines solchen Vertrauens wird von Anfang an durch die rechtlichen Regelungen beschränkt, die den Erwerb einer solchen Berechtigung steuern, hier also auch von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Gerade dem Betroffenen selbst war und ist bekannt, dass er bei der Erteilung der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis seinen ständigen Wohnsitz nicht im Ausstellermitgliedstaat, sondern im Inland hatte. Einem möglichen Vertrauen darauf, dass der mit der Fahrerlaubniserteilung verbundene Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung nicht aufgedeckt werde, fehlt jede Schutzwürdigkeit.

32

Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Betroffene von einer solchen Fahrerlaubnis von Anfang an keinen Gebrauch in Deutschland machen darf, selbst wenn die Umstände, aus denen sich sein Rechtsverstoß ergibt, der deutschen Fahrerlaubnisbehörde oder dem Gericht erst nachträglich bekannt geworden sind (so bereits Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 3 C 15.09 - BVerwGE 136, 149 <154 ff.> unter Bezugnahme auf EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - Rs. C-445/08, Wierer - NJW 2010, 217 Rn. 63).

33

4. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordnete und damit unmittelbar wirkende Nichtanerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse verstößt auch nicht gegen die hier noch anwendbare Richtlinie 91/439/EWG.

34

Weder Art. 8 Abs. 4 dieser Richtlinie selbst noch die Erwägungsgründe dieser Richtlinie enthalten einen Hinweis darauf, dass die Mitgliedstaaten die ihnen dort eingeräumte Befugnis zu einer entsprechenden Gestaltung ihres innerstaatlichen Rechts (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 36) nicht in der Weise ausüben können, dass sie die Nichtanerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis in einer abstrakt-generellen Regelung bestimmen, die auch ohne eine zusätzliche behördliche Einzelfallentscheidung rechtliche Wirksamkeit erlangt.

35

Ebenso wenig wie der EU-Führerscheinrichtlinie selbst ist den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes zum Fahrerlaubnisrecht ein Hinderungsgrund für eine solche Regelungstechnik zu entnehmen. Dort ist davon die Rede, dass es den Mitgliedstaaten unter den vom Gerichtshof näher definierten Voraussetzungen nicht verwehrt ist, die Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis abzulehnen. Diese Formulierung schließt ohne Weiteres die Möglichkeit einer abstrakt-generellen Regelung ein. Der Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Juli 2008 (- Rs. C-225/07, Möginger - NJW 2009, 207) und seine Urteile vom 20. November 2008 (- Rs. C-1/07, Weber - Slg. 2008 I-8571 = NJW 2008, 3767) und vom 19. Februar 2009 (- Rs. C-321/07, Schwarz - Slg. 2009 I-1113 = DAR 2009, 191) stützen diese Annahme. Diesen Entscheidungen lagen Strafverfahren in Deutschland wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zugrunde. In den ersten beiden Fällen ging es um die Geltung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, die während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilt worden war; das dritte Verfahren betraf die Gültigkeit eines in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschriebenen österreichischen Führerscheins, nachdem die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war. Zu klären war jeweils die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis nach Maßgabe des unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes. Nachdem in allen Fällen die Nichtanerkennung dieser Fahrerlaubnis direkt aus § 28 Abs. 4 FeV hergeleitet wurde, also gerade kein diese Rechtsfolge anordnender Bescheid der Fahrerlaubnisbehörde ergangen war, hätte es sich aufgedrängt, dass der Europäische Gerichtshof auf ein entsprechendes Erfordernis hinweist, wenn es sich aus dem Unionsrecht ergäbe. Das ist jedoch nicht geschehen.

36

Unbegründet ist auch der Einwand, der Europäische Gerichtshof habe mit seinem Urteil vom 26. Juni 2008 in der Rechtssache Wiedemann u.a. (- Rs. C-329/07 und C-343/07 - a.a.O.) auch entschieden, dass es die Art. 1 Abs. 2 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht verwehrten, die Aussetzung der Fahrberechtigung anzuordnen, wenn sich aus den Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt, dass das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis nicht gewahrt wurde (a.a.O. Rn. 81 ff.). Daraus ergibt sich lediglich die Befugnis des Mitgliedstaates, unter den genannten Voraussetzungen auch die Aussetzung der Fahrberechtigung - als Minus zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis - vorzusehen. Ob es einer solchen Regelung überhaupt bedarf oder ob die Fahrerlaubnis von vornherein als ungültig angesehen wird, ist eine Frage der Ausgestaltung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts. Dafür macht der Europäische Gerichtshof auch in diesem Urteil keine Vorgaben; er beantwortet nur die Frage, ob und inwieweit eine Aussetzungsregelung nach dem Unionsrecht zulässig ist.

37

Soweit nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis eng auszulegen ist (vgl. u.a. Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs. C-225/07, Möginger - a.a.O. Rn. 37 m.w.N.), betrifft diese Aussage die inhaltliche Reichweite dieses Ausnahmetatbestandes, nicht aber den verfahrensmäßigen Weg, auf dem die Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis im Aufnahmemitgliedstaat herbeigeführt werden darf.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, von seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

2

Dem Kläger wurde die 1988 erworbene deutsche Fahrerlaubnis durch Strafurteil vom 17. März 1998 wegen einer Trunkenheitsfahrt (Blutalkoholgehalt von 2,39 Promille) entzogen. Eine ihm im Dezember 1998 erteilte Fahrerlaubnis wurde durch Urteil vom 4. April 2000 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (BAK von 1,4 Promille) wieder entzogen. Wegen einer Trunkenheitsfahrt am 21. September 2002 (BAK von 2,02 Promille) in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und ohne Versicherungsschutz wurde er am 29. August 2003 erneut verurteilt. Im Februar 2003 erhielt der Kläger aufgrund eines positiven Fahreignungsgutachtens wieder eine Fahrerlaubnis, die ihm der Beklagte wegen der strafgerichtlichen Verurteilung mit Bescheid vom 20. August 2004 wieder entzog. Zwischenzeitlich verfügte der Kläger auch über eine luxemburgische Fahrerlaubnis, die ihm aber ebenfalls wieder entzogen wurde. Mit amtsgerichtlichem Strafurteil vom 25. November 2005 wurde der Kläger wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und eine Sperrfrist von zwei Jahren für die Wiedererteilung festgesetzt. Auf die Berufung des Klägers setzte das Landgericht mit Urteil vom 5. April 2007 die Freiheitsstrafe zur Bewährung aus und verhängte gemäß § 69a StGB eine isolierte Sperre von sechs Monaten; dieses Urteil wurde am 5. Juli 2007 rechtskräftig.

3

Am 16. Oktober 2007 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis für die Klassen A und B; im dort ausgestellten Führerschein ist ein Wohnort in Tschechien eingetragen.

4

Als der Beklagte davon Kenntnis erhielt, erließ er den Bescheid vom 15. April 2009, in dem es unter Nr. 1 heißt: "Hiermit wird Ihnen das Recht aberkannt, mit Ihrer tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen." Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass nach dem Unionsrecht die in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis zwar grundsätzlich anzuerkennen sei; davon gebe es aber Ausnahmen, etwa dann, wenn die Fahrerlaubnis - wie hier - während einer noch laufenden Führerscheinsperre erteilt worden sei. Der vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde nicht beschieden.

5

Die vom Kläger erhobene Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Der Bescheid könne auf § 28 Abs. 4 Nr. 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) in der Fassung vom 9. August 2004 gestützt werden. Ob die tschechische Fahrerlaubnis des Klägers in Deutschland gelte, richte sich nach der zum Zeitpunkt ihres Erwerbs maßgeblichen Rechtslage. Da die Fahrerlaubnis noch innerhalb der im Urteil vom 5. Juli 2007 festgelegten Sperrfrist erteilt worden sei, die erst mit der Rechtskraft dieses Urteils zu laufen begonnen habe, habe sie nach § 28 Abs. 4 Nr. 1 1. Alt. FeV im Inland keine Geltung. Diese Regelung sei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes mit Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie Nr. 91/439/EWG vereinbar. § 28 Abs. 4 Nr. 4 1. Alt. FeV bewirke entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster unmittelbar, dass der Inhaber einer solchen Fahrerlaubnis nicht berechtigt sei, im Bundesgebiet Fahrzeuge zu führen; eines vorherigen Verwaltungsakts bedürfe es nicht. Aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes vom 26. Juni 2008 ergebe sich nichts anderes. Es obliege allein den Mitgliedstaaten, die Modalitäten einer gemeinschaftsrechtlich zulässigen Versagung der Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis zu regeln. In § 28 Abs. 4 Nr. 4 i.V.m. Abs. 5 FeV sei das in zulässiger Weise geschehen. Auf das Fortbestehen von Eignungsmängeln komme es nicht an. Das sei mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, da der Betroffene gemäß § 28 Abs. 5 FeV bei wiedererlangter Eignung die Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis beantragen könne. Auch mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG bestehe kein Grund, ihn anders zu behandeln als Personen, die die Voraussetzung der Eignung zwar (wieder) erfüllten, bei denen aber wegen fehlenden Antrags noch keine Eignungsüberprüfung durchgeführt worden sei und die deshalb noch keine Fahrerlaubnis erhalten hätten. Dass die in der Tschechischen Republik erworbene Fahrerlaubnis bereits kraft normativer Regelung ungültig sei, hindere den Beklagten nicht, den Kläger durch Verwaltungsakt auf diese Rechtsfolge hinzuweisen.

6

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Es bestünden Bedenken, ob § 28 FeV a.F., der auf einer bewussten Entscheidung des Normgebers beruhe, einer teleologischen Reduktion zugänglich sei. Darüber hinaus stehe die Anwendung von § 28 FeV nicht im Einklang mit dem Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG. Die Inhaber ausländischer EU-Fahrerlaubnisse hätten zum Teil jahrelang unbeanstandet am Straßenverkehr teilgenommen und seien nun - und das möglicherweise sogar beginnend mit dem Tag der Fahrerlaubniserteilung - mit dem strafrechtlichen Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis konfrontiert. Dabei sei es vielfach ohnehin schwierig, das Ende einer inländischen Sperrfrist zu bestimmen. Der Auffassung, dass die ausländische Fahrerlaubnis zunächst einmal gültig sei, neige wohl auch der erkennende Senat zu, wenn er in den vom Europäischen Gerichtshof gebilligten Fällen einer Nichtanerkennung von einem Zugriffsrecht des Aufnahmemitgliedstaates ausgehe. Hier sei bei Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis die Sperrfrist im Übrigen schon abgelaufen gewesen.

7

Der Beklagte tritt der Revision entgegen.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass die Nichtanerkennung einer Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik in den in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV n.F. genannten Fällen bereits unmittelbar aus der Regelung selbst folge, es mithin nicht zusätzlich noch des Erlasses eines Verwaltungsaktes zur Herbeiführung dieser Rechtsfolge bedürfe. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Regelung, dem Zusammenhang mit § 28 Abs. 1 FeV und aus der Entstehungsgeschichte der Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht im Einklang mit Bundes- und Unionsrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der angefochtene Bescheid vom 15. April 2009 ist nicht rechtswidrig, sondern stellt zutreffend fest, dass der Kläger nicht berechtigt ist, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen. Dies folgt bereits unmittelbar aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV, der durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29) insoweit unverändert geblieben ist.

10

1. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben - vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen.

11

a) Hier greift der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV; danach gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Dem Kläger wurde die streitige Fahrerlaubnis der Klassen A und B in der Tschechischen Republik am 16. Oktober 2007 erteilt. Dieser Zeitpunkt lag innerhalb der Sperrfrist von sechs Monaten, die das Landgericht Saarbrücken mit Urteil vom 5. April 2007 auf der Grundlage von § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB verhängt hatte. Diese Frist wurde erst mit der Rechtskraft des Urteils am 5. Juli 2007 in Lauf gesetzt. Das ergibt sich aus § 69a Abs. 5 Satz 1 StGB. § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB ist nicht anwendbar; nach dieser Regelung wird in die Frist die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. Diese Voraussetzungen waren im Fall des Klägers nicht erfüllt, da es wegen der geahndeten Tat - des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen - naturgemäß nicht zu einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gekommen war. Für die vom Kläger befürwortete entsprechende Anwendung dieser Regelung gibt es keine Grundlage; er war wegen der von ihm begangenen Straftat nicht mit einer Maßnahme belastet, die einer vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung vergleichbar und damit möglicherweise anrechnungsfähig wäre. Im Hinblick auf den klaren Wortlaut der Regelung kann der Kläger für seine Auffassung auch nichts aus dem - nicht näher begründeten - Beschluss des Landgerichts Oldenburg vom 27. September 1966 - 6 Ms 35/66 - (DAR 1967, S. 50f.) gewinnen, der zudem einen anders gelagerten Fall betraf.

12

b) § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV ordnet die Nichtgeltung einer während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilten ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis an, ohne dass es noch zusätzlich eines Verwaltungsaktes bedarf, der diese Rechtsfolge ausspricht. Das hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt (ebenso OVG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2010 - 10 A 10411/10.OVG - SVR 2010, 351 = Blutalkohol 47, 366 und VGH München, Urteil vom 27. Mai 2010 - 11 BV 10.67 - SVR 2010, 313 sowie VGH Mannheim, Beschluss vom 30. Mai 2011 - 10 S 2640/10 -); dieser Auffassung ist - ausweislich der Stellungnahme des Vertreters des Bundesinteresses - auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das die Fahrerlaubnis-Verordnung und die maßgebliche Änderungsverordnung erlassen hat.

13

Gegen die anderslautende Annahme des Oberverwaltungsgerichts Münster (vgl. u.a. Beschluss vom 12. Januar 2009 - 16 B 1610/08 - DAR 2009, 109 = VRS 119, 314 Rn. 35 und Urteil vom 8. Mai 2009 - 16 A 3373/07 - DAR 2009, 480 Rn. 21), auf die sich der Kläger beruft, sprechen bereits der Wortlaut der Regelung und der systematische Zusammenhang des ersten und des vierten Absatzes von § 28 FeV. In § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV heißt es, dass die Berechtigung des Absatzes 1 in den nachfolgend aufgeführten Fällen "nicht gilt", ohne dass dort - anders als in § 3 StVG und § 46 FeV (... "hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen") - ein gesondertes Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde verlangt wird. "Nicht gelten" bedeutet, dass der ausländischen Fahrerlaubnis per se keine Wirksamkeit im Bundesgebiet zuerkannt wird. Systematisch regelt § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV Ausnahmen von der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen, die dem Inhaber einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnisbehörde in § 28 Abs. 1 FeV grundsätzlich zuerkannt wird; spiegelbildlich wird auch für den Erwerb der Fahrberechtigung aufgrund einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis kein Tätigwerden der deutschen Fahrerlaubnisbehörde vorausgesetzt.

14

Gegen das Erfordernis einer konstitutiven Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde spricht zusätzlich § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV n.F.; dort ist vorgesehen, dass in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen kann. Damit wird der Fahrerlaubnisbehörde nur die Möglichkeit eingeräumt ("kann"), einen solchen Verwaltungsakt zu erlassen, sie wird hierzu nicht verpflichtet. Zum anderen wird der Verwaltungsakt ausdrücklich als feststellender Verwaltungsakt bezeichnet und damit als Verwaltungsakt, der eine bereits bestehende Rechtslage wiedergibt und gegebenenfalls klarstellt. Die Verordnungsbegründung bestätigt das; dort wird ausgeführt, dass in solchen Fällen ein feststellender Verwaltungsakt in Betracht kommen kann, "in dem die sich aus § 28 Abs. 4 FeV ergebende Rechtslage klargestellt wird". Der Verwaltungsakt diene dazu, Zweifel am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 zu beseitigen, was insbesondere auf das Tatbestandsmerkmal der "vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen" bezogen wird (BRDrucks 851/08 S. 6).

15

c) Dementsprechend handelt es sich bei der in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordneten Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis um eine ex-tunc-Regelung. Der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wird ihre Wirksamkeit in Deutschland bereits ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung und nicht erst ab der Bekanntgabe eines ihre Nichtgeltung feststellenden Bescheides der Fahrerlaubnisbehörde abgesprochen.

16

Aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 26.07 -, in dem von einem Zugriffsrecht des Mitgliedstaates die Rede ist (BVerwGE 132, 315 <321>), lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat seinerzeit davon ausgegangen ist, die ausländische EU-Fahrerlaubnis sei zunächst einmal gültig. Das Verfahren betraf eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 3 StVG und § 46 FeV. Im Urteil wird ausgeführt, dass eine solche Entscheidung nicht wegen § 28 FeV ausgeschlossen sei. Die Fahrerlaubnisbehörde habe nämlich nicht mit Gewissheit davon ausgehen können, dass sie dem Kläger die in § 28 FeV angeordnete Nichtgeltung entgegenhalten könne (a.a.O. S. 318 f.). Der Senat hat damit die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis mit Blick auf § 28 FeV a.F. nicht bejaht, sondern gerade offen gelassen.

17

Nach all dem ist, wenn der Betroffene in Deutschland von einer unter § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV fallenden ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch macht, der objektive Tatbestand des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG erfüllt. Ob der Betroffene gleichwohl straffrei ausgeht, weil jedenfalls der subjektive Tatbestand zu verneinen ist, wird im Strafverfahren im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden sein.

18

2. Die § 28 Abs. 1 und 4 FeV zugrunde liegende Regelungssystematik bedarf nicht deshalb der Korrektur, weil sich aus höherrangigem deutschem Recht ergäbe, dass die Nichtanerkennung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nur durch eine Einzelfallentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde, nicht aber normativ geregelt werden kann.

19

a) Im Straßenverkehrsgesetz lässt sich kein Ansatzpunkt für eine solche Annahme finden. § 3 StVG, der ebenso wie § 46 FeV eine Regelung durch Verwaltungsakt vorsieht (... "hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen."), regelt allein den Fall der Fahrerlaubnisentziehung wegen mangelnder Fahreignung. Es ist aber etwas grundlegend anderes, ob dem Inhaber eine ausländische Fahrerlaubnis nachträglich wegen durch entsprechende Fahreignungsgutachten belegter oder nach § 11 Abs. 8 FeV anzunehmender Nichteignung entzogen wird, d.h. ihr die Wirkung für das Bundesgebiet ab dem Zeitpunkt der Vollziehbarkeit dieses Verwaltungsaktes genommen wird, oder ob ihr auf der Grundlage von § 28 FeV von Anfang an keine Geltung in Deutschland zuerkannt wird. Auch das Unionsrecht weist mit Art. 8 Abs. 2 und 4 der hier noch anwendbaren Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein 91/439/EWG (ABl L 237 vom 24. August 1991 S.1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/112/EG der Kommission vom 25. August 2009 (ABl L 223 vom 26. August 2009 S. 26), eine solche Differenzierung auf. Ebenso wie die Wirkung unterscheiden sich die Voraussetzungen für den entsprechenden "Zugriff" des Aufnahmemitgliedstaates (vgl. zu diesem Begriff BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. S. 321). § 3 StVG und § 46 FeV erlauben die Fahrerlaubnisentziehung nur bei mangelnder Eignung; sie muss sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zudem gerade aus einem Verhalten des Fahrerlaubnisinhabers nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis ergeben (vgl. dazu u.a. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - Slg. 2008 I-4635 = NJW 2008, 2403 Rn. 59 sowie BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 - BVerwG 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 <16 ff.>). Dagegen genügt nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ein im dargestellten Sinne offenkundiger Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung und nach Nr. 4 der Vorschrift die Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist.

20

b) Die Notwendigkeit einer konstitutiven Einzelfallentscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde lässt sich ebenso wenig mit dem Erfordernis von Rechtssicherheit oder dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begründen und damit letztlich aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herleiten.

21

Rechtsnormen enthalten typischerweise abstrakt-generelle Regelungen und knüpfen die dort angeordneten Rechtsfolgen tatbestandlich in aller Regel an unbestimmte Rechtsbegriffe an. Das Erfordernis einer Subsumtion ist damit nicht der Ausnahme-, sondern der Regelfall. Allein daraus, dass es für die Feststellung der Rechtslage einer Subsumtion bedarf, kann demzufolge nicht hergeleitet werden, dass diese Rechtsfolge erst durch einen Verwaltungsakt herbeigeführt werden muss (so aber OVG Münster, Beschluss vom 12. Januar 2009 a.a.O.). Sollte dem Betroffenen in den hier in Rede stehenden Fällen die Rechtslage unklar sein, steht ihm zudem ein hinreichendes rechtliches Instrumentarium zur Verfügung, um die notwendige Rechtssicherheit herbeizuführen. Er kann entweder bei der Fahrerlaubnisbehörde den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes zur Gültigkeit seiner Fahrerlaubnis beantragen oder über eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO eine auch die Behörde bindende verwaltungsgerichtliche Feststellung seiner Rechte und Pflichten herbeiführen; einen von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erlassenen feststellenden Verwaltungsakt kann er anfechten.

22

Ebenfalls unbegründet ist der Einwand, eine Einzelfallprüfung und -entscheidung durch die Fahrerlaubnisbehörde seien deshalb erforderlich, weil ermittelt werden müsse, ob der Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis seine Fahreignung mittlerweile wiedererlangt habe; denn die mögliche Wiedererlangung der Kraftfahreignung kann nicht dazu führen, dass die Nichtbeachtung einer noch laufenden deutschen Sperrfrist, die zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis geführt hat, unbeachtlich wird.

23

Wegen der besonderen Bedeutung der Verkehrssicherheit und der in Rede stehenden hochrangigen Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer, die vor ungeeigneten Kraftfahrern geschützt werden müssen, ist es auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, dass das deutsche Fahrerlaubnisrecht die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vom Nachweis der (Wieder-)Erlangung der Kraftfahreignung abhängig macht und die Nachweispflicht dem Betroffenen auferlegt (vgl. § 11 und § 13 FeV sowie § 28 Abs. 5 FeV).

24

Schließlich begründet § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.

25

Es liegt der Sache nach schon kein Fall einer Rückwirkung vor. Nach der Konzeption der Vorschrift steht dem Betroffenen von Anfang an kein Recht zum Gebrauchmachen von seiner im Ausland erteilten Fahrerlaubnis in Deutschland zu. Dementsprechend wird ihm durch eine behördliche oder gegebenenfalls gerichtliche Entscheidung, in der das Fehlen seiner Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt wird, auch kein Recht nachträglich entzogen. Was sich der Betroffene bislang zu Nutzen machen konnte, war allein der Schein einer solchen Berechtigung, der sich aus der ihm zu Unrecht erteilten ausländischen Fahrerlaubnis ergab. Zudem betrifft der Schutzbereich des vom Kläger genannten Art. 103 Abs. 2 GG, wonach eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen war, nicht präventive Maßnahmen der Gefahrenabwehr (vgl. BVerfG Beschluss vom 25. Oktober 1966 - 2 BvR 506/63 - BVerfGE 20, 323 <331>), zu denen die Nichtanerkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis nach § 28 FeV zu rechnen ist.

26

Abgesehen davon kann in dem hier in Rede stehenden Fall kein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen darauf entstehen, von seiner auch gemessen an den unionsrechtlichen Vorgaben zu Unrecht erteilten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen. Der Umfang eines solchen Vertrauens wird von Anfang an durch die rechtlichen Regelungen beschränkt, die den Erwerb einer solchen Fahrerlaubnis steuern, hier also auch von § 28 Abs. 4 Nr. 4 FeV und § 69a StGB. Dem Betroffenen war bekannt oder musste jedenfalls bekannt sein, dass ihm die ausländische Fahrerlaubnis während einer noch laufenden Sperrfrist erteilt worden war. Bestanden für den Betroffenen insoweit Unsicherheiten, hätte es bei ihm gelegen, eine Klärung bei den zuständigen Stellen, insbesondere der Fahrerlaubnisbehörde, herbeizuführen.

27

Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Betroffene von einer solchen Fahrerlaubnis von Anfang an keinen Gebrauch in Deutschland machen darf, selbst wenn die Umstände, aus denen sich sein Rechtsverstoß ergibt, der deutschen Fahrerlaubnisbehörde oder dem Gericht erst nachträglich bekannt geworden sind (so bereits Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 3 C 15.09 - BVerwGE 136, 149 <154 ff.> unter Bezugnahme auf EuGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - Rs. C-445/08, Wierer - NJW 2010, 217 Rn. 63).

28

3. Die in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV angeordnete und damit unmittelbar wirkende Nichtanerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse verstößt auch nicht gegen die hier noch anwendbare Richtlinie 91/439/EWG.

29

Gemäß Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt. Art. 8 Abs. 2 sieht vor, dass der Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes vorbehaltlich der Einhaltung des straf- und polizeirechtlichen Territorialitätsprinzips auf den Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins seine innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis anwenden und zu diesem Zweck den betreffenden Führerschein austauschen kann. Nach Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie kann es ein Mitgliedstaat ablehnen, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine der in Absatz 2 genannten Maßnahmen angewendet wurde.

30

a) In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist geklärt, dass diese Regelungen es einem Mitgliedstaat nicht verwehren, einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs der Fahrerlaubnis in Verbindung mit einer Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angewendet worden ist, die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat während dieser Sperrfrist ausgestellten neuen Führerscheins zu versagen (vgl. u.a. Urteil vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und 343/06, Wiedemann u.a. - a.a.O. Rn. 65 sowie Urteil vom 19. Mai 2011 - Rs. C-184/10, Grasser - DAR 2011, 171 = VR 2011, 249 Rn. 33). Diese Voraussetzungen liegen hier - wie bereits ausgeführt - vor.

31

b) Weder Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG selbst noch die Erwägungsgründe dieser Richtlinie enthalten einen Hinweis darauf, dass die Mitgliedstaaten die ihnen dort eingeräumte Befugnis zu einer entsprechenden Gestaltung ihres innerstaatlichen Rechts (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 36) nicht in der Weise ausüben können, dass sie die Nichtanerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis in einer abstrakt-generellen Regelung bestimmen, die auch ohne eine zusätzliche behördliche Einzelfallentscheidung rechtliche Wirksamkeit erlangt.

32

Ebenso wenig wie der EU-Führerscheinrichtlinie selbst ist den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes zum Fahrerlaubnisrecht ein Hinderungsgrund für eine solche Regelungstechnik zu entnehmen. Dort ist davon die Rede, dass es den Mitgliedstaaten unter den vom Gerichtshof näher definierten Voraussetzungen nicht verwehrt ist, die Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis abzulehnen. Diese Formulierung schließt ohne Weiteres die Möglichkeit einer abstrakt-generellen Regelung ein. Der Beschluss des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Juli 2008 (- Rs. C-225/07, Möginger - NJW 2009, 207) und seine Urteile vom 20. November 2008 (- Rs. C-1/07, Weber - Slg. 2008 I-8571 = NJW 2008, 3767) und vom 19. Februar 2009 (- Rs. C-321/07, Schwarz - Slg. 2009 I-1113 = DAR 2009, 191) stützen diese Annahme. Diesen Entscheidungen lagen Strafverfahren in Deutschland wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zugrunde. In den ersten beiden Fällen ging es um die Geltung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, die während einer noch laufenden deutschen Sperrfrist erteilt worden war; das dritte Verfahren betraf die Gültigkeit eines in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschriebenen österreichischen Führerscheins, nachdem die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war. Zu klären war jeweils die Geltung der ausländischen Fahrerlaubnis nach Maßgabe des unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes. Nachdem in allen Fällen die Nichtanerkennung dieser Fahrerlaubnis direkt aus § 28 Abs. 4 FeV hergeleitet wurde, also gerade kein diese Rechtsfolge anordnender Bescheid der Fahrerlaubnisbehörde ergangen war, hätte es sich aufgedrängt, dass der Europäische Gerichtshof auf ein entsprechendes Erfordernis hinweist, wenn es sich aus dem Unionsrecht ergäbe. Das ist jedoch nicht geschehen.

33

Unbegründet ist auch der Einwand, der Europäische Gerichtshof habe mit seinem Urteil vom 26. Juni 2008 in der Rechtssache Wiedemann u.a. (- Rs. C-329/07 und C-343/07 - a.a.O.) auch entschieden, dass es die Art. 1 Abs. 2 sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht verwehrten, die Aussetzung der Fahrberechtigung anzuordnen, wenn sich aus den Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt, dass das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis nicht gewahrt wurde (a.a.O. Rn. 81 ff.). Daraus ergibt sich lediglich die Befugnis des Mitgliedstaates, unter den genannten Voraussetzungen auch die Aussetzung der Fahrberechtigung - als Minus zur Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis - vorzusehen. Ob es einer solchen Regelung überhaupt bedarf oder ob die Fahrerlaubnis von vornherein als ungültig angesehen wird, ist eine Frage der Ausgestaltung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts. Dafür macht der Europäische Gerichtshof auch in diesem Urteil keine Vorgaben; er beantwortet nur die Frage, ob und inwieweit eine Aussetzungsregelung nach dem Unionsrecht zulässig ist.

34

Soweit nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis eng auszulegen ist (vgl. u.a. Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs. C-225/07, Möginger - a.a.O. Rn. 37 m.w.N.), betrifft diese Aussage die inhaltliche Reichweite dieses Ausnahmetatbestandes, nicht aber den verfahrensmäßigen Weg, auf dem die Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis im Aufnahmemitgliedstaat herbeigeführt werden darf.

35

Schließlich ist der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu entnehmen, dass die Nichtgeltung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die der Aufnahmemitgliedstaat in Übereinstimmung mit den von vom Gerichtshof gebilligten Ausnahmen vom Anerkennungsgrundsatz angeordnet hat, nicht unionsrechtswidrig wird, wenn der Grund für die Nichtanerkennung später entfällt. Nach dem Beschluss vom 3. Juli 2008 - Rs. C-225/07, Möginger - verwehrt es der Anerkennungsgrundsatz dem Aufnahmemitgliedstaat nicht, es abzulehnen, die Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins anzuerkennen, wenn sein Inhaber im ersten Mitgliedstaat zum Zeitpunkt dieser Ausstellung einer Sperrfrist für die Neuerteilung unterlag; der Umstand, dass sich die Frage der Gültigkeit erst nach Ablauf der Sperrfrist stelle, habe hierauf keinen Einfluss. Die Befugnis zur Nichtanerkennung gelte uneingeschränkt und endgültig (a.a.O. Rn. 41). Dem lässt sich - außer der Billigung einer durch eine Rechtsnorm angeordneten Nichtanerkennung - auch entnehmen, dass der Europäische Gerichtshof es nicht als gemeinschaftsrechtswidrig ansieht, wenn der Aufnahmemitgliedstaat weiterhin von der Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis ausgeht, obgleich der Betroffene - hier nach Ablauf der Sperrfrist - seine Fahreignung möglicherweise wiedererlangt hat.

(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Umfang der Berechtigung der jeweiligen Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus dem Beschluss (EU) 2016/1945 der Kommission vom 14. Oktober 2016 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl. L 302 vom 9.11.2016, S. 62). Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Fahrerlaubnisklassen, für die die Entscheidung der Kommission keine entsprechenden Klassen ausweist. Für die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klassen L und T gilt § 6 Absatz 3 entsprechend.

(3) Die Vorschriften über die Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E in § 23 Absatz 1 gelten auch für die entsprechenden EU- und EWR-Fahrerlaubnisse. Grundlage für die Berechnung der Geltungsdauer ist das Datum der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis. Wäre danach eine solche Fahrerlaubnis ab dem Zeitpunkt der Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes in die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gültig, weil seit der Erteilung mehr als fünf Jahre verstrichen sind, besteht die Berechtigung nach Absatz 1 Satz 1 noch sechs Monate, gerechnet von der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Inland an. Für die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis ist § 30 in Verbindung mit § 24 Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde,
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben, oder
9.
die den Vorbesitz einer anderen Klasse voraussetzt, wenn die Fahrerlaubnis dieser Klasse nach den Nummern 1 bis 8 im Inland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen. Satz 1 Nummer 3 und 4 ist nur anzuwenden, wenn die dort genannten Maßnahmen im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind. Satz 1 Nummer 9 gilt auch, wenn sich das Fehlen der Berechtigung nicht unmittelbar aus dem Führerschein ergibt.

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Absatz 4 Satz 3 sowie § 20 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Nach der Entziehung sind von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins besteht auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.

(2) Nach der Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung oder bei Beschränkungen oder Auflagen sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Nach einer Entziehung oder der Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Dies soll in der Regel durch die Anbringung eines roten, schräg durchgestrichenen „D“ auf einem dafür geeigneten Feld des Führerscheins, im Falle eines EU-Kartenführerscheins im Feld 13, und bei internationalen Führerscheinen durch Ausfüllung des dafür vorgesehenen Vordrucks erfolgen. Im Falle von Beschränkungen oder Auflagen werden diese in den Führerschein eingetragen. Die entscheidende Behörde teilt die Aberkennung der Fahrberechtigung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung in Deutschland der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat, über das Kraftfahrt-Bundesamt mit. Erfolgt die Entziehung durch die erteilende oder eine sonstige zuständige ausländische Behörde, sind ausländische und im Ausland ausgestellte internationale Führerscheine unverzüglich der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen und dort in Verwahrung zu nehmen. Die Fahrerlaubnisbehörde sendet die Führerscheine über das Kraftfahrt-Bundesamt an die entziehende Stelle zurück.

(3) Ist dem Betroffenen nach § 31 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt worden, ist er aber noch im Besitz des ausländischen Führerscheins, ist auf diesem die Entziehung oder die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung zu vermerken. Der Betroffene ist verpflichtet, der Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein zur Eintragung vorzulegen.

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch

1.
Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
2.
(weggefallen)
3.
Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung,
4.
Heranführung an eine selbständige Tätigkeit oder
5.
Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme
unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Für die Aktivierung von Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen, insbesondere auf Grund der Dauer ihrer Arbeitslosigkeit, besonders erschwert ist, sollen Maßnahmen gefördert werden, die nach inhaltlicher Ausgestaltung und Dauer den erhöhten Stabilisierungs- und Unterstützungsbedarf der Arbeitslosen berücksichtigen. Versicherungspflichtige Beschäftigungen mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind den versicherungspflichtigen Beschäftigungen nach Satz 1 Nummer 3 gleichgestellt. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung kann auf die Weiterleistung von Arbeitslosengeld beschränkt werden.

(2) Die Dauer der Einzel- oder Gruppenmaßnahmen muss deren Zweck und Inhalt entsprechen. Soweit Maßnahmen oder Teile von Maßnahmen nach Absatz 1 bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, dürfen diese jeweils die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung darf die Dauer von acht Wochen nicht überschreiten. Maßnahmen des Dritten Abschnitts sind ausgeschlossen.

(3) Die Agentur für Arbeit kann unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 beauftragen.

(4) Die Agentur für Arbeit kann der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt zur Auswahl

1.
eines Trägers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende und nach § 179 zugelassene Maßnahme anbietet,
2.
eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet, oder
3.
eines Arbeitgebers, der eine dem Maßnahmeziel und -inhalt entsprechende betriebliche Maßnahme von einer Dauer bis zu sechs Wochen anbietet.
Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 1 und der ausgewählte Arbeitgeber nach Satz 3 Nummer 3 haben der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vor Beginn der Maßnahme vorzulegen. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nummer 2 hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

(5) Die Agentur für Arbeit soll die Entscheidung über die Ausgabe eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach Absatz 4 von der Eignung und den persönlichen Verhältnissen der Förderberechtigten oder der örtlichen Verfügbarkeit von Arbeitsmarktdienstleistungen abhängig machen.

(6) Die Vergütung richtet sich nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Absatz 2 gilt entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 beträgt die Vergütung 2 500 Euro. Bei Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen nach § 2 Absatz 1 des Neunten Buches kann die Vergütung auf eine Höhe von bis zu 3 000 Euro festgelegt werden. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird in Höhe von 1 250 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ist ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis

1.
von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder
2.
bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

(7) Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, haben Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach Absatz 4 Satz 3 Nummer 2. In die Frist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose an Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat.

(8) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 3 Nummer 3 darf bei Langzeitarbeitslosen oder Arbeitslosen, deren berufliche Eingliederung auf Grund von schwerwiegenden Vermittlungshemmnissen besonders erschwert ist, die Teilnahme an Maßnahmen oder Teilen von Maßnahmen, die bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, jeweils die Dauer von zwölf Wochen nicht überschreiten.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.