Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 13. Juli 2017 - L 3 R 6/16

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2017:0713.L3R6.16.00
bei uns veröffentlicht am13.07.2017

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 8. Dezember 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist noch umstritten, ob der Kläger die seit dem 21. November 2011 ausgeübte Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt.

2

Der am ... 1988 geborene Kläger absolvierte vom 1. September 2005 bis zum 31. Juli 2008 eine Lehre zum Brauer, war anschließend bis zum 30. August 2009 als Brauer beschäftigt und ist seit dem 13. November 2009 als "Gastronomischer Mitarbeiter" bei der Beigeladenen zu 1. tätig.

3

Die Beigeladene zu 1. wurde am 8. Juni 2009 von C. I.-S. und vom Kläger gegründet. Zum Geschäftsführer der Gesellschaft wurde der Vater des Klägers, H. S., bestellt. Als Gegenstand des Unternehmens ist das Betreiben eines Gastronomiebetriebes benannt. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 25.000,00 EUR und wurde bei Gründung in den Geschäftsanteil zu 1. in Höhe 22.500,00 EUR, Übernehmer C. I.-S., und den Geschäftsanteil zu 2. in Höhe von 2.500,00 EUR, Übernehmer der Kläger, aufgeteilt (§ 3 Ziffer 1 und 2 der Satzung, auf die in der Gründungsurkunde als Anlage Bezug genommen wird). Wegen der weiteren Einzelheiten des notariellen Gründungsvertrages vom 8. Juni 2009 wird auf Blatt 55 bis 60 der Gerichtsakte Bezug genommen.

4

Mit Bescheid vom 18. März 2010 stellte die Beigeladene zu 3. fest, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als beschäftigter Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. versicherungspflichtig zu allen Zweigen der Sozialversicherung sei. Aufgrund der Verteilung der Stammeinlagen der Gesellschaft sei der Kläger an die Weisungen der Gesellschafter gebunden und könne seine Tätigkeit nicht frei bestimmen. Auch bei der Führung des Betriebes wirke er nicht mit.

5

Mit dem notariell beurkundeten Vertrag vom 15. Juni 2011 wurde u.a. der Geschäftsanteil 1. der C. I.-S. in Höhe von 22.500,00 EUR in einen Geschäftsanteil zu 10.000,00 EUR (Geschäftsanteil 3.) und in einen Geschäftsanteil zu 12.500,00 EUR (Geschäftsanteil 4.) aufgeteilt, wobei der Geschäftsanteil 3. zu 10.000,00 EUR an die A. GmbH & Co. KG veräußert wurde. Komplementär der A. GmbH & Co. KG ist die I. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist. Kommanditist der A. GmbH & Co. KG ist ebenfalls der Prozessbevollmächtigte des Klägers. In der Gesellschafterversammlung vom 15. Juni 2011 wurde unter § 8 "Gesellschafterbeschlüsse" zu Ziffer 1 festgelegt, dass die Gesellschafterbeschlüsse mit einer Mehrheit von 75 Prozent der abgegebenen Stimmen gefasst werden, sofern nicht das Gesetz oder dieser Gesellschaftsvertrag eine andere Mehrheit vorschreibe. Abgestimmt werde nach dem Nennbetrag der Stammeinlagen. Je 1 EUR eines Geschäftsanteils gewähre eine Stimme. Für jeden Geschäftsanteil könne nur einheitlich abgestimmt werden (Ziffer 2 von § 8). Zudem wurde der Geschäftsführer H. S. abberufen und zum neuen Geschäftsführer wurde der Kläger berufen. Dieser sei stets alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) befreit. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 12 und 13 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

6

Unter dem 20. Juni 2011 schloss die Beigeladene zu 1. mit dem Kläger einen Geschäftsführeranstellungsvertrag. Danach beginne der Vertrag am 20. Juni 2011 und werde auf unbestimmte Dauer abgeschlossen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages). Die Kündigung des Vertrages bedürfe der Schriftform (§ 2 Abs. 2 Satz 1). Der Geschäftsführer werde seine gesamte Arbeitskraft und alle seine fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten ausschließlich der Gesellschaft widmen (§ 1 Abs. 3 Satz 1). Er erhalte als Vergütung für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt in Höhe von brutto 16.172,64 EUR, welches in zwölf gleichen Raten am Ende eines jeden Monats gezahlt werde (§ 3 Abs. 1). Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit, die durch Krankheit oder aus einem anderen von dem Geschäftsführer nicht zu vertretenden Grund eintrete, werde die Vergütung gemäß § 3 Abs. 1 an den Geschäftsführer in Höhe von 100 Prozent für die Dauer von sechs Wochen weitergezahlt (§ 4). Der Geschäftsführer habe einen Anspruch auf einen Jahresurlaub von 24 Arbeitstagen. Die Urlaubszeiten seien im Einvernehmen mit den übrigen Geschäftsführern und den Gesellschaftern abzustimmen (§ 5). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 8 bis 10 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

7

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21. November 2011 wurde der Geschäftsanteil 4. der C. I.-S. in Höhe von 12.500,00 EUR in einen Geschäftsanteil zu 2,500,00 EUR (Geschäftsanteil 5.) und einen Geschäftsanteil zu 10.000,00 EUR (Geschäftsanteil 6.) geteilt. C. I.-S. verkaufte und übertrug ihren Geschäftsanteil 5. in Höhe von 2.500,00 EUR an die Firma A. GmbH & Co. KG und den Geschäftsanteil 6. in Höhe von 10.000,00 EUR an den Kläger, jeweils zu einem Kaufpreis von 1,00 EUR und zum Alleineigentum. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 13 bis 18 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

8

Unter dem 22. November 2011 schlossen der Kläger und die A. GmbH & Co. KG einen Stimmrechtsbindungsvertrag mit dem folgenden Inhalt:

9

"Vorbemerkung:

10

Durch notariellen Vertrag vom 21.11.2011 sind die Vertragsparteien zu jeweils 50 % an der Firma I. GmbH als Gesellschafter beteiligt.

11

Die I. GmbH, die Komplementärin der A. GmbH & Co. KG, hat die Geschäftstätigkeit der I. GmbH in erheblichem Umfang durch Darlehen finanziert.

12

Dies vorausgeschickt vereinbaren die Parteien was folgt:

13

Die Unterzeichner verpflichten sich mit Wirkung ab Unterzeichnung dieses Vertrages in Hinblick auf Belange der I. GmbH und zu treffenden Entscheidungen als deren Gesellschafter gleichlautend abzustimmen. Im Rahmen der Abstimmung ist durch Herrn R. S. die Vorgabe der A. GmbH & Co. KG zur Frage wie abzustimmen ist, stets zu beachten. Herr R. S. darf nur nach Vorgabe der A. GmbH & Co KG abstimmen. Diese Vereinbarung gilt für alle Gesellschafterbeschlüsse, die bei der I. GmbH zu treffen sind.

14

Zur Absicherung der Stimmrechtsbindung erteilt R. S. hiermit der A. GmbH & Co KG eine unwiderrufliche Vollmacht ihn in Gesellschafterversammlungen der I. GmbH zu vertreten und nach eigenem Ermessen und Interesse abzustimmen.

15

Diese Vereinbarung ist, solange die I. GmbH Darlehensforderungen gegen die I. GmbH hat nicht kündbar. Sodann kann diese Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden."

16

Am 24. Februar 2012 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen zu 3. die Feststellung seines Status als Geschäftsführer. Die Beigeladene zu 3. leitete den Antrag unter Hinweis auf § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) an die Beklagte weiter, wo er am 29. Februar 2012 einging. Im Formularantrag beantwortete der Kläger die Frage 2.8 "Wird das Stimmrecht aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung (Treuhandvertrag) zugunsten eines Dritten ausgeübt?" mit "nein". Er gab an, die GmbH werde nach außen von den Geschäftsführern H. S. und von ihm vertreten (Frage 2.11). Der Geschäftsführer/Gesellschafter/Betriebsangehörige verfüge über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse (Frage 2.13). Seine regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 40 Stunden, die tatsächliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 45 Stunden. Er unterliege in Bezug auf das Kriterium "Zeit" (der Beschäftigung) dem gastronomischen Leiter. Seine monatliche Vergütung betrage 1.347,72 EUR (Frage 3.11). Er übe die Tätigkeit als Geschäftsführer als selbstständige Tätigkeit aus.

17

Mit - jeweils an den Kläger und die Beigeladene zu 1. gerichtetem - Bescheid vom 24. Mai 2012 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger die Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter bei der Beigeladenen zu 1. "seit dem 21. November 2011" nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe keine Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Der Kläger sei als sogenannter Gesellschafter-Geschäftsführer an der Beigeladenen zu 1. beteiligt. Hier ergäben sich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) keine wesentlichen Merkmale für eine abhängige Beschäftigung. Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit seien, dass der Kläger kraft seines Anteils am Stammkapital einen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben könne. Er sei seit dem 21. November 2011 mit 50 Prozent beteiligt. Beschlüsse der Beigeladenen zu 1. würden seit dem 15. Juni 2011 mit einer qualifizierten Mehrheit von 75 Prozent gefasst. Das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters richte sich dabei nach der Höhe seiner Geschäftsanteile (je 1,00 EUR eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme). Maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft habe derjenige Gesellschafter, der die Stimmenmehrheit auf sich vereinige, aber auch der Gesellschafter, ohne dessen Mitwirkung die qualifizierte Mehrheit nicht erreicht werden könne (Sperrminorität).

18

Gegen den Bescheid vom 24. Mai 2012 legten sowohl der Kläger als auch die Beigeladene zu 1. Widerspruch ein und verwiesen auf den - erstmals vorgelegten - Stimmrechtsbindungsvertrag vom 22. November 2011.

19

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2013 - jeweils gerichtet an den Kläger und an die Beigeladene zu 1. - wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Stimmrechtsbindung stelle keine Änderung des Gesellschaftsvertrages dar und sei auch nicht als solche auszulegen. Seit dem 22. November 2011 existierten zwei einander widersprechende vertragliche Regelungen. In diesen Fällen gelte, dass eine satzungsmäßige bzw. gesellschaftsvertragliche Ausübung des Stimmrechts wirksam sei, auch wenn gegen eine anders lautende Stimmrechtsverpflichtung verstoßen werde. Die Stimmrechtsvereinbarung habe generell nur schuldrechtliche Wirkung zwischen seinen Parteien und bewirke keinen Mangel des Gesellschafterbeschlusses. Letztlich räume die getroffene Vereinbarung der A. GmbH & Co KG keine alleinige Rechtsmacht in der Beigeladenen zu 1. ein, mittels derer sie Gesellschafterbeschlüsse gegen den Willen des Klägers durchsetzen könnte. Es sei davon auszugehen, dass insbesondere in Konfliktfällen die jeweiligen Vertragsparteien von ihren Rechten Gebrauch machten und die Stimmrechtsvereinbarung kündigten. Sie könnten dann zwar zivilrechtlich gegen die Aufkündigung des Vertrages vom 22. November 2011 vorgehen, verhindern könnten sie dieses jedoch nicht. Aus dem Vertrag vom 22. November 2011 ergebe sich weder eine Weisungsgebundenheit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer noch die alleinige Rechtsmacht der A. GmbH & Co KG.

20

Hiergegen hat der Kläger am 31. Januar 2013 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben und die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 24. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 verfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei richtig, dass der Stimmrechtsbindungsvertrag keine Änderung des Gesellschaftsvertrages darstelle. Insoweit handele es sich um eine ergänzende Regelung. Keinesfalls existierten seit dem 22. November 2011 zwei einander widersprechende vertragliche Regelungen. Der Stimmrechtsbindungsvertrag räume der A. GmbH & Co. KG eine alleinige Rechtsmacht in der Beigeladenen zu 1. ein. Denn gestützt auf die Stimmrechtsvereinbarung könne die Firma A. GmbH & Co. KG alle Entscheidungen in der Beigeladenen zu 1. alleine treffen. Es sei zu unterstellen, dass sich alle Vertragsbeteiligten an vertragliche Regelungen hielten und somit der Kläger diesen Vertrag beachte. Auch könne der Kläger den Stimmrechtsbindungsvertrag nicht kündigen. Selbst wenn er ihn nicht einhalten würde, bestünden ausreichende zivilrechtliche Maßnahmen, um den Kläger zur Einhaltung des Vertrages zu zwingen. Somit sei der Kläger gehindert, Entscheidungen bei seiner Arbeitgeberin in irgendeiner Art und Weise zu beeinflussen.

21

Die Beklagte hat auf die Ausführungen im Verwaltungsverfahren verwiesen.

22

Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 12. Mai 2015 hat das Sozialgericht mit Urteil vom 8. Dezember 2015 ohne mündliche Verhandlung den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer ab dem 20. Juni 2011 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege.

23

Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, Ausgangspunkt der Beurteilung, ob die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt werde, sei der Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 20. Juni 2011. Dieser Vertrag habe nach den darin verwendeten Begriffen "Anstellungsvertrag", "Gehalt" und "Arbeitsunfähigkeit" sowie seinem Inhalt nach maßgebliche Elemente einer abhängigen Beschäftigung zum Gegenstand. Auf der geschriebenen vertraglichen Grundlage sei der Kläger auch tatsächlich tätig geworden. Aufgrund des Gesellschaftervertrages und insbesondere der Stimmrechtsvereinbarung vom 22. November 2011 sei der Kläger in der Ausübung seines Stimmrechts beschränkt. Der Stimmbindungsvertrag begründe eine Abstimmungsverpflichtung, mit welcher sich der Kläger verpflichtet habe, sein Stimmrecht in der Gesellschaft nicht frei, sondern im Sinne der A. GmbH & Co. KG auszuüben. Die vereinbarte Stimmbindung erstrecke sich auf alle Entscheidungen der Gesellschaft. Dabei sei die Formulierung im Stimmrechtsbindungsvertrag ("im Hinblick auf Belange der I. GmbH und zu treffende Entscheidungen") nach Auffassung der Kammer eindeutig: Belange der I. GmbH seien alle Entscheidungen und würden die einschließen, die den Gesellschaftern oblägen (Hinweis auf § 46 GmbH-Gesetz). Der Kläger habe nicht die Möglichkeit, Weisungen abzuwenden bzw. Beschlüsse der A. GmbH & Co. KG die I. GmbH betreffend zu blockieren. Der Kläger sei zwar nach außen objektiv zur Führung des Geschäfts berechtigt und verpflichtet und durch die A. GmbH & Co. KG eingesetzt worden. Im Innenverhältnis entspreche seine Rechtsmacht jedoch keinem Stimmenanteil. Rein rechtlich könne er überstimmt werden. Es gebe für ihn nicht die Möglichkeit, unliebsame Weisungen der A. GmbH & Co. KG abzuwenden. Aufgrund der ihr durch die Stimmbindungsvereinbarung verliehenen Rechtsmacht könne die A. GmbH & Co. KG ihr nicht genehme Beschlüsse und Weisungen jederzeit abwenden und ihr nicht genehme Gesellschafterbeschlüsse wegen der Verletzung durch Klage gegen die Gesellschaft anfechten. Dem stehe nicht entgegen, dass die Stimmrechtsbindung lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung zur einstimmigen Stimmabgabe begründe. Zwar sei eine Stimmabgabe in der Regel auch dann gültig, wenn sie entgegen eines wirksamen Stimmbindungsvertrages erfolge. Deshalb begründeten Stimmbindungsverträge nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen im Regelfall nur zwischen den an ihnen beteiligten Gesellschaftern schuldrechtliche Ansprüche und ein Streit um die Rechtsfolgen der Verletzung einer Stimmrechtsbindungsvereinbarung sei grundsätzlich nur unter den an der Vereinbarung Beteiligten und nicht mit der Hauptgesellschaft auszutragen (Verweis auf Sächsisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 4. März 2014 - L 1 KR 9/11 -, juris Rdnr. 43 m.w.N.). Anderes gelte jedoch bei schuldrechtlichen Stimmbindungsverträgen, an denen alle Gesellschafter einer Gesellschaft beteiligt seien, wie im vorliegenden Fall. Hätten sich alle Gesellschafter außerhalb der Satzung ihren Mitgesellschaftern gegenüber schuldrechtlich verpflichtet, Gesellschaftsbeschlüsse nur einstimmig zu fassen, könnten Beschlüsse, die unter Verstoß gegen eine alle Gesellschafter bindende schuldrechtliche Verpflichtung ergangen seien, mit der Klage gegen die Gesellschaft angefochten werden, da in diesem Fall kein Grund bestehe, die vertragswidrig überstimmten Gesellschaftern auf den umständlichen Weg einer Klage gegen die Mitgesellschafter zu verweisen, um durch deren Verurteilung zu einer gegenteiligen Stimmabgabe den Beschluss aus der Welt zu schaffen (Hinweis auf Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), Urteil vom 20. Januar 1983 - II ZR 243/81 - juris Rdnr. 1, bestätigt in BGH, Urteil vom 27. Oktober 1986 - II ZR 240/85 - juris Rdnr. 15).

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Gegen das ihr am 16. Dezember 2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5. Januar 2016 Berufung beim LSG Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass der Kläger zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. bestellt und mit 50 Prozent am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. beteiligt sei. Gesellschafterbeschlüsse der Beigeladenen würden mit einer qualifizierten Mehrheit von 75 Prozent der abgegebenen Stimmen gefasst. Sofern ein Gesellschafter-Geschäftsführer über mindestens 50 Prozent des Stammkapitals verfüge oder aufgrund besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag die Beschlüsse der anderen Gesellschafter verhindern könne (Sperrminorität), habe er grundsätzlich einen entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der GmbH. Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer mit umfassender Sperrminorität könne kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegen. Die Feststellung des Sozialgerichts, der Kläger sei aufgrund der Stimmrechtsvereinbarung vom 22. November 2011 in der Ausübung seines Stimmrechts beschränkt, könne nicht überzeugen. Die Stimmrechtsvereinbarung habe generell nur schuldrechtliche Wirkung zwischen den Parteien und bewirke keinen Mangel des Gesellschafterbeschlusses. In seinen Entscheidungen vom 11. November 2015 in den Verfahren B 12 KR 13/14 R und B 12 KR 10/14 R habe das BSG erneut die Bedeutung der gesellschaftsvertraglichen Rechtsmacht betont und bestätigt, dass eine Stimmrechtsvereinbarung nicht geeignet sei, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse ohne Weiteres mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben.

25

Im Termin zur mündlichen Verhandlung beim Senat hat die Beklagte anerkannt, dass der Kläger im Zeitraum vom 20. Juni bis zum 20. November 2011 als abhängig beschäftigter Gesellschafter-Geschäftsführer in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.

26

Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 8. Dezember 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

30

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er hält daran fest, dass aufgrund des Stimmrechtsbindungsvertrages ihm sein Stimmrecht nicht frei zustehe.

31

Mit Beschluss vom 4. Juli 2017 hat der Senat die Beiladungen zu 2. bis 4. bewirkt.

32

Die Beigeladenen haben von einer Antragstellung abgesehen.

33

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das Sozialgericht Halle hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger übt seit dem 21. November 2011 die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer als selbstständig Tätiger aus.

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Die Beklagte ist gemäß § 7a Abs.1 Satz 2 und 3 SGB IV für die begehrte Feststellung, ob eine Beschäftigung vorliegt, zuständig. Die Beigeladene zu 3. hat den bei ihr gestellten Antrag des Klägers gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV unter Hinweis auf die zu beurteilende Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer-Gesellschafter zur Entscheidung an die Beklagte weitergeleitet und damit noch kein eigenes Verfahren im Sinne von § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV eingeleitet. Die von § 28h Abs. 2 SGB IV abweichende Zuständigkeit der Beklagten ist in § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV normiert.

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Die Sozialversicherung umfasst gemäß § 2 Abs. 1 SGB IV Personen, die kraft Gesetzes oder Satzung (Versicherungspflicht) oder aufgrund freiwilligen Beitritts oder freiwilliger Fortsetzung der Versicherung (Versicherungsberechtigung) versichert sind. In allen Zweigen der Sozialversicherung sind nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV Personen versichert, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Es unterliegen hier nur Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung; § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung; § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung; § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung).

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Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt. Auf der Grundlage des festgestellten (wahren) Inhalts der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris, RdNr. 16 f., m.w.N.).

38

Der Geschäftsführeranstellungsvertrag des Klägers vom 20. Juni 2011 enthält eine Vielzahl von Regelungen, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen (feste, monatlich gezahlte Vergütung in gleichbleibender Höhe - § 3 Abs. 1 -; Anspruch auf eine Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub - §§ 4, 5 -; Pflicht zur Abstimmung des Urlaubs mit übrigen Gesellschaftern sowie Verpflichtung des Klägers, seine Arbeitskraft und alle Fähigkeiten und Kenntnisse in den Dienst der Beigeladenen zu 1. zu stellen - § 1 Abs. 3 Satz 1 -).

39

Dass der Kläger ausweislich der Vereinbarungen in der Gesellschafterversammlung vom 15. Juni 2011 vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 des BGB befreit ist (§ 3), spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer wiederholt entschieden hat - nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 18 m.w.N.).

40

Aufgrund des beurkundeten Vertrages vom 21. November 2011 verfügt der Kläger jedoch nach der Aufteilung und des Verkaufs sowie der Übertragung des Geschäftsanteils der C. I.-S.an ihn und die A. GmbH & Co. KG seitdem über einen Anteil von 50 Prozent am Stammkapital und damit über eine sogenannte Sperrminorität. Seit dem 21. November 2011 ist es ihm aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht jederzeit möglich gewesen, ihm nicht genehme Weisungen durch die Gesellschafterversammlung abzuwenden.

41

Ist ein GmbH-Geschäftsführer - wie hier der Kläger - zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 24 m.w.N.).

42

Ausweislich § 8 der Niederschrift der Gesellschafterversammlung vom 15. Juni 2011 werden Gesellschafterbeschlüsse, soweit Gesetz oder Gesellschaftsvertrag keine andere Mehrheit vorsehen, mit einer Mehrheit von 75 Prozent der abgegebenen Stimmen gefasst, wobei je 1,00 EUR eines Geschäftsanteils eine Stimme gewährt und für jeden Geschäftsanteil nur einheitlich abgestimmt werden darf.

43

Im Hinblick auf diese dargelegten Abstimmungsmodalitäten kann der Kläger ihm nicht genehme Entscheidungen somit seit dem 21. November 2011 verhindern.

44

Dem steht auch nicht der am 22. November 2011 geschlossene Stimmbindungsvertrag entgegen. Denn der Verstoß gegen eine Stimmbindungsvereinbarung lässt die Wirksamkeit eines Gesellschaftsbeschlusses grundsätzlich unberührt und berechtigt regelmäßig nicht zur Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses.

45

Die Frage, ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw. Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs. 1 SGB IV (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 27). Es liegt im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, die Frage der Versicherungspflicht bzw. fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann. Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit ist es, das das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und von Wertungen des - an ganz anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten - Gesellschaftsrechts unterscheidet. Vor diesem Hintergrund ist sozialversicherungsrechtlich bedeutsam, dass im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Minderheitenrechte eine ganz andere Stellung des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers vermitteln als Vereinbarungen außerhalb des Gesellschaftsvertrages. Die Anforderungen an die Aufhebung gesellschaftsvertraglicher Regelungen sind hoch: Der Beschluss über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages muss nach § 53 Abs. 2 GmbHG notariell beurkundet werden und bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Wer als Minderheitsgesellschafter über eine solche ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Sperrminorität verfügt, kann sich deshalb im Konfliktfall gegen eine Entziehung seiner Sperrminorität wehren. Hinzu kommt, dass der Gesellschaftsvertrag und spätere Änderungen zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sind (§§ 8, 54 GmbHG). Nur im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarte Minderheitenrechte können deshalb für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Gesamtbildes ihrer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet werden soll (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 32 m.w.N.).

46

Stimmbindungsverträge stellen rein schuldrechtliche Vereinbarungen dar. Nach der Rechtsprechung des BGH führen solche außerhalb des Gesellschaftsvertrages auf Dauer eingegangenen schuldrechtlichen Abstimmungsverpflichtungen unter wechselseitiger Beteiligung aller Gesellschafter an der Stimmbindungsvereinbarung regelmäßig zu einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB), weil mit der koordinierten Ausübung der Stimmrechte ein gemeinsamer Zweck verfolgt wird (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 13/14 R -, juris, RdNr. 31 m.w.N.). Auch wenn sie auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden, sind sie jederzeit ordentlich kündbar (§ 723 Abs. 1 Satz 1 BGB).

47

Hier sollte die Vereinbarung zudem nur solange unkündbar sein, wie Darlehensforderungen gegen die Beigeladene zu 1. bestünden. Durch die vollständige Rückzahlung des Darlehens hätte der Kläger dann mit vierwöchiger Kündigungsfrist von der Stimmrechtsbindung freiwerden können. Mit dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Tätigkeiten ist nicht vereinbar, dass der Eintritt dieser Bedingung jederzeit herbeigeführt werden konnte bzw. kann. Denn eine Abhängigkeit vom rein faktischen, jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten ist mit der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht in Einklang zu bringen (vgl. Urteil des BSG vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R -, juris RdNr. 30).

48

Ungeachtet des Umstandes, dass das BSG die sogenannte Kopf- und Seele-Rechtsprechung inzwischen aufgegeben hat (vgl. Urteil des BSG vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R -, juris RdNr. 29 m.w.N.), sind hier keine tätigkeitsbezogenen Gründe für die Stimmrechtsbindung erkennbar. Bei dem weiteren Gesellschafter neben dem Kläger, der A. GmbH & Co. KG, handelt es sich nicht um einen fachlich versierteren Gesellschafter, sondern um jemanden, der als Fachfremder (lediglich) finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt hat. Vergleichbare Fachkenntnisse, wie der Kläger sie als gelernter Brauer und langjähriger Mitarbeiter im Familienbetrieb aufweist, sind beim weiteren Gesellschafter nicht vorhanden. Es dürfte auch der Interessenlage der vormaligen Hauptgesellschafterin der Beigeladenen zu 1., C. I.-S., entsprochen haben, den Kläger allmählich in eine Verantwortungsposition hineinwachsen zu lassen. Dementsprechend hat sie ihren Anteil am Stammkapital kontinuierlich gesenkt und den des Klägers bis zur Hälfte erhöht, während die Bestimmung, dass Entscheidungen nur mit einer Mehrheit von 75 Prozent der Stimmen bei der Verpflichtung, je Geschäftsanteil nur einheitlich abstimmen zu können, nicht abgeändert worden ist.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem (vollständigen) Unterliegen des Klägers Rechnung. Soweit die Beklagte im Verhandlungstermin beim Senat ein Teilanerkenntnis in Bezug auf den Zeitraum vom 20. Juni bis zum 21. November 2011 abgegeben hat, führt dies nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Denn die Klage gegen den angefochtenen Bescheid war hinsichtlich des vorgenannten Zeitraums unzulässig, da die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid über diesen Zeitraum keine Entscheidung getroffen hatte.

50

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 13. Juli 2017 - L 3 R 6/16

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 5 Versicherungspflicht


(1) Versicherungspflichtig sind1.Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,2.Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht be

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7 Beschäftigung


(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. (1a) Eine B

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 181 Insichgeschäft


Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllu

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7a Feststellung des Erwerbsstatus


(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsste

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 1 Beschäftigte


Versicherungspflichtig sind1.Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort,2.behinderte Menschen, diea)in anerk

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 20 Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung


(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:1.Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt be

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 25 Beschäftigte


(1) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich:

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 28h Einzugsstellen


(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht recht

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(1) Der Anmeldung müssen beigefügt sein: 1. der Gesellschaftsvertrag und im Fall des § 2 Abs. 2 die Vollmachten der Vertreter, welche den Gesellschaftsvertrag unterzeichnet haben, oder eine beglaubigte Abschrift dieser Urkunden,2. die Legitimation de

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 723 Kündigung durch Gesellschafter


(1) Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichti

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 2 Versicherter Personenkreis


(1) Die Sozialversicherung umfasst Personen, die kraft Gesetzes oder Satzung (Versicherungspflicht) oder auf Grund freiwilligen Beitritts oder freiwilliger Fortsetzung der Versicherung (Versicherungsberechtigung) versichert sind. (1a) Deutsche im

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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 13. Juli 2017 - L 3 R 6/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Juni 2014 geändert.

Auf die Berufung der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2013 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Der Klägerin sind für alle Rechtszüge 3/4 ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten, und zwar für das Klageverfahren von der Beklagten und für das Berufungs- und Revisionsverfahren von der Beigeladenen zu 2.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob die Klägerin wegen Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) versicherungspflichtig ist.

2

Die Klägerin ist seit 1984 bei der beigeladenen GmbH (Beigeladene zu 1.) - einem Unternehmen mit ca 60 Mitarbeitern und vier Filialen, dessen Geschäftsgegenstand die Veranstaltung und Vermittlung von Reisen ist - als gelernte Reiseverkehrskauffrau tätig. Nachdem zunächst der Ehemann der Klägerin Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. war, hielt sie aufgrund eines notariell beurkundeten "Schenkungs- und Übertragungsvertrag(es) GmbH-Anteil" vom 18.12.2008 40 % der Gesellschaftsanteile; ihr Ehemann, der zugleich alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist, hielt seither 60 % der Anteile. Nach dem ebenfalls in dieser Form geschlossenen Gesellschaftsvertrag vom selben Tag hat der Ehemann der Klägerin für die Dauer seiner Eigenschaft als GmbH-Gesellschafter das unentziehbare (Sonder-)Recht, Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. zu sein (§ 14 Ziff 5 Gesellschaftsvertrag). Beschlüsse der GmbH werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst; Beschlüsse über die Auflösung der Gesellschaft sowie die Änderung des Unternehmensgegenstandes sind einstimmig zu fassen (§ 15 Ziff 5). In dem später - am 5.1.2009 - abgeschlossenen Anstellungsvertrag, der das "bestehende Arbeitsverhältnis" der Klägerin vertraglich fixieren soll, wird der Klägerin die Aufgabe einer alleinvertretungsberechtigten, mit Prokura ausgestatteten "leitenden Angestellten" in den Tätigkeitsbereichen "Leitung Finanzbuchhaltung und Personalbuchhaltung, Leitung Finanzen im Allgemeinen, Vertretung der Geschäftsführung" übertragen. Im Anstellungsvertrag sind ua eine Mindestarbeitszeit von 50 Wochenstunden, eine monatliche Vergütung von 5000 Euro, 30 Tage Jahresurlaub sowie sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vereinbart.

3

Am 30.12.2008 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann einen (einfach-)schriftlichen "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R.". Dieser hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"Vorbemerkung …

3.    

Frau G. R. soll aus erbrechtlicher Sicht mindestens 50 % der Geschäftsanteile an der Gesellschaft halten, eine entsprechende Übertragung war im Dezember 2008 aus erbschaftsteuerlicher Sicht jedoch nicht sinnvoll. Gesellschaftsrechtlich soll Frau R. jedoch bereits heute so gestellt werden, als ob sie bereits mit mindestens 50 % an der Gesellschaft beteiligt wäre.

…       

        

§ 1

Einheitliche Stimmabgabe

Die Parteien werden ab sofort bei sämtlichen Gesellschafterbeschlüssen der Gesellschaft übereinstimmend mit "Ja" oder mit "Nein" stimmen oder sich übereinstimmend der Stimme enthalten.

§ 2 Pflichten Festlegung des Abstimmungsverhaltens

1.    

Bei jedem - insbesondere auch bei einem gesellschaftsvertragsändernden - Gesellschafterbeschluss hat Frau R. bei der Stimmabgabe die Stimmführerschaft. Herr R. ist verpflichtet, gemäß dem Abstimmungsverhalten von Frau R. die ihm aus den von ihm mittelbar oder unmittelbar gehaltenen Gesellschaftsanteilen zustehenden Stimmen abzugeben.

2.    

Herr R. bevollmächtigt darüber hinaus Frau R., die ihm aus den von ihm mittelbar oder unmittelbar gehaltenen Gesellschaftsanteilen zustehenden Stimmrechte bei jedem - insbesondere auch bei einem gesellschaftsvertragsändernden - Gesellschafterbeschluss in seinem Namen und für ihn verbindlich auszuüben.

§ 3 Dauer

1.    

Der Vertrag läuft auf unbestimmte Zeit und endet automatisch, sobald Frau R. mit mindestens 50 % Geschäftsanteilen mittelbar oder unmittelbar an der Gesellschaft beteiligt ist; die ordentliche Kündigung ist ausgeschlossen. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt.

…"    

        
4

Mit Bescheiden vom 17.3.2009 stellte die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle - nach Abstimmung mit dem regionalen Rentenversicherungsträger - gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. (GmbH) fest, dass die Klägerin in ihrer für die GmbH ausgeübten Tätigkeit ab 18.12.2008 wegen Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung der Versicherungspflicht unterliege; sie könne aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung von nur 40 % keinen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen der GmbH ausüben. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2009 zurück.

5

Das SG hat der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben, die vorgenannten Bescheide aufgehoben und in Bezug auf die Klägerin festgestellt, "dass keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht" (Urteil vom 29.5.2013).

6

Das LSG hat die nur vom beigeladenen Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, es werde festgestellt, "dass die Klägerin in ihrer bei der Beigeladenen zu 1. ausgeübten Tätigkeit als mitarbeitende Gesellschafterin und Prokuristin seit dem 30.12.2008 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt". Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte, die als Einzugsstelle entscheidungszuständig gewesen sei, habe die Tätigkeit der Klägerin als mitarbeitende Gesellschafterin und Prokuristin ab 30.12.2008 zu Unrecht als Beschäftigung gewertet. Zwar lägen auch Indizien für eine Beschäftigung vor, wie die Vereinbarungen im Anstellungsvertrag zeigten. Jedoch überwögen die für eine Selbstständigkeit der Klägerin sprechenden Gesichtspunkte. Wegen der Stimmbindungsvereinbarung verfüge sie über die "statusrelevante" Rechtsmacht, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich zu beeinflussen und ihr nicht genehme Weisungen zu verhindern. Außerdem trage sie ein Unternehmerrisiko, weil sie wegen der Stimmbindungsvereinbarung Einfluss auf die Gewinnverteilung habe. Stimmbindungsvereinbarungen seien grundsätzlich rechtlich zulässig, insbesondere durch das GmbHG nicht verboten und unterlägen keinen besonderen Formvorschriften. Letzteres gelte, auch wenn es - wie hier - infolge der Stimmbindungsvereinbarung zu einer grundlegenden Verschiebung der gesellschaftsvertraglichen Rechtsmacht komme. Vereinbarungswidrig zustande gekommene Gesellschafterbeschlüsse seien mangelhaft und anfechtbar, wenn sich alle Gesellschafter der Bindung unterworfen hätten. Aufgrund ihrer Stimmführerschaft könne die Klägerin so nicht nur Weisungen an sich verhindern, sondern auch ihrem Ehemann Weisungen erteilen. Die hier bestehende Rechtsmacht gehe weit über die Einflussmöglichkeiten hinaus, die ein durch Gesellschafterbeschluss erklärter Weisungsverzicht oder eine widerrufliche Stimmbindungsvollmacht begründeten (Urteil vom 11.6.2014).

7

Mit ihrer Revision rügt die Beigeladene zu 2. eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Mitarbeitende Gesellschafter einer GmbH ohne Geschäftsführerfunktion, die über eine Kapitalbeteiligung von weniger als 50 % und nicht über eine Sperrminorität verfügten, seien nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig beschäftigt, weil sie nicht über die Rechtsmacht verfügten, Weisungen an sich zu verhindern. So liege der Fall auch hier, wie die die Klägerin betreffenden Teile des Gesellschaftsvertrages und des Anstellungsvertrages zeigten. Der außerhalb des Gesellschaftsvertrages geschlossene Stimmbindungsvertrag könne hieran nichts ändern, weil er die im Gesellschaftsvertrag festgelegten Rechtsmachtverhältnisse nicht verschieben könne. Die Klägerin sei wegen gesellschaftsrechtlicher Vorgaben nicht im Stande, unter Hinweis auf den Stimmbindungsvertrag den Entzug ihrer Prokura zu verhindern. Der Stimmbindungsvertrag bewirke allenfalls eine "Schönwetter-Selbstständigkeit", die für die vorausschauende sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht maßgebend sei. Der Stimmbindungsvertrag könne nachträglich geändert bzw gekündigt werden. Rechtsprechung des BGH stehe einer solchen Sichtweise nicht entgegen, stütze diese vielmehr.

8

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Juni 2014 und des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2013 aufzuheben, soweit es die Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft, und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Stimmrechtsvereinbarung sei bei der Statusbeurteilung zu berücksichtigen.

11

Die Beklagte und die Beigeladene zu 3. teilen die Rechtsauffassung der Beigeladenen zu 2.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Beigeladenen zu 2. (= Deutsche Rentenversicherung Bund) ist begründet.

13

Zu Unrecht hat das LSG das Bestehen von Rentenversicherungspflicht der Klägerin wegen Beschäftigung in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - eine GmbH - in der noch streitigen Zeit ab 30.12.2008 verneint. Das Urteil des LSG war deshalb zu ändern; auf die Berufung der Beigeladenen zu 2. musste das dem Begehren der Klägerin entsprechende erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden, soweit es die Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin in der GRV betrifft.

14

1. Im vorliegenden Rechtsstreit zu überprüfen sind die angefochtenen Bescheide der Beklagten nur noch insoweit, als sie die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1. in der Zeit ab 30.12.2008 - dem Geltungsbeginn des zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann abgeschlossenen Stimmbindungsvertrages - betreffen. Für den Zeitraum vom 18.12. bis 29.12.2008 hat die Klägerin ihre Klage im Revisionsverfahren zurückgenommen. Zu befinden ist auch nur noch über die Versicherungspflicht der Klägerin in der GRV, nachdem die Beigeladene zu 2. als für diesen Versicherungszweig sachlich zuständiger Versicherungsträger ihre Revision insoweit beschränkt hat. Im Übrigen - hinsichtlich der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung - ist das Berufungsurteil rechtskräftig geworden (vgl § 141 Abs 1 SGG).

15

2. Die Klägerin war in ihrer für die Beigeladene zu 1. ausgeübten - vom LSG so festgestellten (§ 163 SGG)- Tätigkeit als mit Prokura ausgestattete "leitende Angestellte" in den Tätigkeitsbereichen "Leitung Finanzbuchhaltung und Personalbuchhaltung, Leitung Finanzen im Allgemeinen, Vertretung der Geschäftsführung" ab 30.12.2008 in der GRV versicherungspflichtig beschäftigt. Die beklagte Krankenkasse war als Einzugsstelle sachlich dafür zuständig, im Verwaltungsverfahren die Versicherungspflicht auch insoweit durch Bescheid festzustellen, weil ein zwingend zur alleinigen Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2. führender Sachverhalt nach § 7a Abs 1 S 2 SGB IV nicht vorlag und dies auch im Rechtsstreit nicht gerügt wird.

16

Das LSG ist in seinem Urteil zwar zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von - zu Versicherungspflicht führender - Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (dazu a). Es hat jedoch die in dem "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich ihrer indiziellen Bedeutung bei seiner Gesamtabwägung rechtlich nicht zutreffend eingeordnet (dazu b).

17

a) Im streitigen Zeitraum ab 30.12.2008 unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Rentenversicherungspflicht (§ 1 S 1 Nr 1 SGB VI). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert fortgeltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 2 SGB IV).

18

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 15 mwN und BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15; BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 R 14/10 R - Juris RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17 mwN; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 14; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff; BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 15). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn Gesellschafter einer GmbH - wie hier - durch familiäre Beziehungen verbunden sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 30 ff mwN).

19

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das LSG als Zwischenergebnis zunächst ohne Rechtsfehler angenommen, dass im Hinblick auf die zu Grunde liegenden vertraglichen Abreden insbesondere im Gesellschaftsvertrag vom 18.12.2008 und im Anstellungsvertrag vom 5.1.2009 - den von der Klägerin und ihrem Ehemann abgeschlossenen Stimmbindungsvertrag vom 30.12.2008 bei der Betrachtung (noch) ausgeklammert - "von einer abhängigen Beschäftigung (der Klägerin) auszugehen" ist. Die Feststellungen des LSG zum Inhalt und zur tatsächlichen Umsetzung des Anstellungs-, des Gesellschafts- und auch des Schenkungs- und Übertragungsvertrages, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), rechtfertigen, was revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, den Schluss des Berufungsgerichts, die Klägerin habe als mit Prokura ausgestattete "leitende Angestellte" ohne Geschäftsführerstellung bei einer Beteiligung an den Geschäftsanteilen der beigeladenen GmbH lediglich als Minderheitsgesellschafterin Weisungen ihres geschäftsführenden Ehemannes nicht verhindern können.

20

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der Anstellungsvertrag, der deren Vertragsverhältnis zur beigeladenen GmbH bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem Inhalt - ua regelmäßiges monatliches Entgelt, wöchentliche Mindestarbeitszeit, Urlaubsansprüche, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - mit seinen typischen Arbeitnehmerrechten und -pflichten ein "Arbeitsverhältnis" iS des § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Gegenstand. Diese rechtliche Bewertung des Berufungsgerichts stellt auch die Klägerin selbst nicht infrage, wenn sie im Revisionsverfahren explizit ausführt, mit ihr als Gesellschafter-Prokuristin sei ein "Arbeitsvertrag" geschlossen worden.

21

Der Klägerin stand nicht etwa als Mitgesellschafterin der beigeladenen GmbH, die sie im streitigen Zeitraum vom 30.12.2008 bis 11.6.2014 (= Tag der mündlichen Verhandlung vor dem LSG) war, ein maßgebender Einfluss auf die interne Willensbildung ihrer Arbeitgeberin zu, der es ihr (der Klägerin) erlauben würde, Einzelweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern. Nach dem Gesellschaftsvertrag und dem Schenkungs- und Übertragungsvertrag - beide vom 18.12.2008 - verfügte sie nämlich lediglich über 40 % der Geschäftsanteile der GmbH, während ihr Ehemann 60 % der Anteile hielt. Dieser bekleidete außerdem die unentziehbare (§ 14 Ziff 5 Gesellschaftsvertrag) - organschaftlich begründete - Stellung eines (Allein-)Geschäftsführers. Ein GmbH-Gesellschafter, der in der Gesellschaft angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, besitzt bei einer solchen Minderheitsbeteiligung am Stammkapital nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist das Weisungsrecht gegenüber den Angestellten der GmbH vielmehr Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 12 KR 9/14 R - Juris RdNr 28 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - Juris RdNr 23; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975). Einschränkungen in den genannten Verträgen, etwa dahingehend, dass die Gesellschafterversammlung Weisungsrechte gegenüber der Klägerin allgemein oder im Einzelfall an sich gezogen oder sich vorbehalten hätte (vgl dazu exemplarisch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 58),hat das LSG nicht festgestellt und sind auch sonst nicht ersichtlich.

22

b) An der Eigenschaft der Klägerin als Beschäftigte der Beigeladenen zu 1. iS von § 7 Abs 1 SGB IV ändert sich - entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung - auch nichts dadurch, dass sie als Gesellschafterin mit ihrem Ehemann in dessen Funktion als Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. einen "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." vom 30.12.2008 abschloss. Mit dieser Vereinbarung wurde der Klägerin im Innenverhältnis zur beigeladenen GmbH keine Rechtsmacht eingeräumt, die es ihr gestattet hätte, Weisungen des Geschäftsführers zu verhindern, die ihr als "leitende Angestellte" nicht genehm waren. Entsprechend trug die Klägerin auch kein Unternehmerrisiko, soweit sie dieses auf den Stimmbindungsvertrag und einen hiermit verbundenen beherrschenden Einfluss auf die von der Gesellschafterversammlung vorzunehmende (§ 15 Ziff 1 Buchst b Gesellschaftsvertrag) Gewinnverteilung zurückführt. Einzig auf diese Gesichtspunkte hat aber das LSG die nach seiner Gesamtschau gewonnene Überzeugung von der Selbstständigkeit der Klägerin zu Unrecht entscheidend gestützt.

23

Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage, wie sie hier durch den schuldrechtlichen Stimmbindungsvertrag erfolgen sollten, sind im Rahmen der nach § 7 Abs 1 SGB IV zu treffenden Abwägungsentscheidung - entgegen der vom LSG vertretenen Meinung - nicht (einfach) uneingeschränkt und voraussetzungslos zugrunde zu legen; sie präjudizieren den oben beschriebenen erforderlichen Abwägungsvorgang nicht, dh prägen ihn nicht zwingend vor, sondern kommen in ihrer Bedeutung über eine bloße Indizfunktion, wie sie jedes relevante Merkmal hat, nicht hinaus (dazu aa). Hiervon ausgehend hatten die für die Klägerin aus dem "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." folgenden (schuldrechtlichen) Rechte keine - im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Gesamtabwägung entscheidende - Indizfunktion für das Vorliegen selbstständiger Tätigkeit (dazu bb). Die zu beurteilende Stimmbindungsvereinbarung verschaffte der Klägerin bereits deshalb nicht die von ihr behauptete Rechtsmacht, Einzelweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern, weil die Vereinbarung von ihrem Ehemann aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte (dazu cc).

24

aa) Wie das BSG bereits in der Vergangenheit ausgeführt hat, sind insbesondere bei Statusentscheidungen (im engeren Sinne) gesellschaftsrechtliche Wertungen und Gestaltungen für die sozialversicherungsrechtliche Abwägungsentscheidung nach § 7 Abs 1 SGB IV nicht strikt zu übernehmen. Eine uneingeschränkte Parallelität sozialversicherungsrechtlich - bzw arbeitsrechtlich - und im Gesellschaftsrecht relevanter Beziehungen liegt insofern von vornherein nicht vor (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 21, 26, auch RdNr 30). Zwar fordert das Gebot der Wahrung der Einheit der Rechtsordnung durchaus die Schaffung von Kohärenz, in seiner schwächeren Erscheinungsform jedenfalls die Herstellung von Konsistenz und (inhaltlicher) Widerspruchsfreiheit (von Teilbereichen) der Gesamtrechtsordnung. Jedoch ist es unabdingbar, den Sonderrechtsbereich, an dessen Begrifflichkeiten, Strukturmerkmale und konstruktive (dogmatische) Eigenheiten in concreto angeknüpft werden soll - hier an das Gesellschaftsrecht -, daraufhin zu untersuchen, an welchen praktischen Bedürfnissen die dortigen Regelungen ausgerichtet sind, und ob für deren Übernahme in das andere Rechtsgebiet - hier das Versicherungsrecht der Sozialversicherung - tragfähige Gemeinsamkeiten oder Überschneidungen in den grundsätzlichen Wertungen bestehen (vgl hierzu im Einzelnen Bernsdorff, Der Betrieb 2014, 1551 f). Wie es sozialversicherungsrechtlich zu würdigen ist, wenn eine bestimmte vertragliche Ausgestaltung bereits auf der Grundlage des Gesellschaftsrechts unzulässig ist, braucht der Senat in diesem Verfahren nicht zu entscheiden; indessen ist - in der umgekehrten Konstellation - nicht all dasjenige, was sich gesellschaftsrechtlich im Rahmen des auf diesem Rechtsgebiet Zulässigen bewegt, auch hinsichtlich mittelbarer sozialversicherungsrechtlicher Folgewirkungen ohne Weiteres hinzunehmen und nahtlos zu übertragen. Im Hinblick hierauf begnügt sich das BSG in seiner Rechtsprechung zu Statusfragen bei Sachverhalten mit gesellschaftsrechtlichem Bezug seit jeher gerade nicht allein mit dem Blick auf die einem Gesellschafter gesellschaftsvertraglich eingeräumte Stellung, sondern orientiert sich hierfür primär an den vom (Sozial-)Gesetzgeber in § 7 Abs 1 SGB IV genannten - richterrechtlich näher ausgeformten - Abgrenzungskriterien(zu Beispielen aus der Rechtsprechung des Senats vgl Bernsdorff, Der Betrieb 2014, 1551, 1552 ff). Ob also Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Abwägungsentscheidung bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung, beurteilt sich damit ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungs-rechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV.

25

bb) Hiervon ausgehend kommt den für die Klägerin aus dem "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." folgenden (schuldrechtlichen) Rechten keine - im Rahmen der sozialversicherungsrechtlich gebotenen Gesamtabwägung von vornherein den Ausschlag gebende, dh entscheidende - Indizfunktion für das Vorliegen selbstständiger Tätigkeit zu. Eine unterschiedliche Bewertung von Stimmrechtsvereinbarungen im Gesellschaftsrecht einerseits und im Sozialversicherungsrecht andererseits ist nämlich durch die verschiedenen Sachstrukturen der jeweiligen Rechtsbereiche gerechtfertigt (vgl zu diesem Gesichtspunkt Bernsdorff, Der Betrieb 2014, 1551, 1555). Mit Recht weist die Beigeladene zu 2. darauf hin, dass die außerhalb des Gesellschaftsvertrages von beiden Gesellschaftern getroffene Stimmbindungsvereinbarung nicht geeignet ist, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden "Rechtsmachtverhältnisse" mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu "verschieben", weil der Stimmbindungsvertrag von jedem Gesellschafter und damit auch von dem Ehemann der Klägerin aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte (vgl zu diesem Gesichtspunkt allgemein schon BSG Beschluss vom 31.3.2014 - B 12 R 53/13 B; wie hier, jedoch unter Hinweis auf eine in solchen Fällen vermutete "Mangelfreiheit" des Gesellschafterbeschlusses LSG Hamburg Urteil vom 7.8.2013 - L 2 R 31/10 - Juris RdNr 28; aA Sächsisches LSG Urteil vom 4.3.2014 - L 1 KR 9/11 - Juris RdNr 44 f); die rechtliche "Machtposition" der Klägerin reichte damit, sozialversicherungsrechtlich betrachtet, nicht so weit, dass sie sich aus der Weisungsabhängigkeit lösen konnte, oder dass sie sogar ihrerseits - wie das LSG meint - dem geschäftsführenden Ehemann trotz der ihm gesellschaftsvertraglich eingeräumten Rechte Weisungen hätte erteilen können.

26

Vorstehendes gilt auch ungeachtet der in der "Vorbemerkung" zum Stimmbindungsvertrag vom 30.12.2008 bekundeten Absicht der Vertragspartner, die Klägerin "aus erbrechtlicher Sicht" gesellschaftsrechtlich so stellen zu wollen, als sei sie "bereits mit mindestens 50 % an der Gesellschaft beteiligt" (obwohl sie eine solche Stellung gesellschaftsvertraglich gerade nicht erhalten sollte). Auch dass Kündigungsrechte in der vorliegend zu beurteilenden Zeit tatsächlich nicht ausgeübt wurden, ist im sozialversicherungsrechtlichen Kontext ohne Bedeutung. Bei einem Konfliktfall zwischen beiden Gesellschaftern der GmbH käme nämlich - durchsetzbar - allein die dem Ehemann der Klägerin aufgrund seines vertraglichen Kündigungsrechts zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit der Klägerin unter die GmbH als Arbeitgeberin bestünde. Eine solche Situation ist indessen mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar.

27

Schon in der Vergangenheit hat der 12. Senat des BSG wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten - der Versicherten und der Versicherungsträger - liegt, die Frage der Versicherungspflicht bzw fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (so schon für Familien-Unternehmen zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29-30; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32; BSG SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16; aus der früheren Rspr: BSG SozR Nr 6 zu § 168 RVO; BSG SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; BSG SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103). Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit ist es, das das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und von Wertungen des - an ganz anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten - Gesellschaftsrechts unterscheidet. Daran ist auch für die vorliegende rechtliche Konstellation festzuhalten.

28

cc) Ist die von beiden Gesellschaftern getroffene Stimmbindungsvereinbarung nach ihrem Wortlaut (§ 3 Ziff 1 S 2 Stimmbindungsvertrag), der insoweit zwingenden gesetzlichen Vorgaben folgt, aber (auch) durch den Ehemann der Klägerin aus wichtigem Grund kündbar, so kann der Senat andere, im Hinblick auf den vorliegenden Stimmbindungsvertrag von den Beteiligten aufgeworfene und kontrovers diskutierte Fragen offenlassen.

29

Dahinstehen kann etwa, ob Stimmbindungsverträge zwischen Gesellschaftern, die zivil- bzw gesellschaftsrechtlich grundsätzlich rechtlich zulässig sind (ganz hM; BGHZ 48, 163, 166; BGH NJW 1983, 1910, 1911; BGH NJW 1987, 890, 891; BGHZ 179, 13, 18 f = NJW 2009, 669, 670; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl 2013, § 47 RdNr 113, mwN aus dem Schrifttum), auch dann - wie das LSG meint - ohne Einhaltung der für die Änderung von Gesellschaftsverträgen vorgesehenen notariellen Form möglich und wirksam sind, wenn einem Minderheitsgesellschafter dadurch ein "beherrschender Einfluss gleich einem Alleingesellschafter" eingeräumt wird, oder ob solche Vereinbarungen - wie die Beigeladene zu 2. vertritt - schon gesellschaftsrechtlich nicht zugelassen sind, weil sie "Unterwerfungscharakter" haben, da dadurch unzulässigerweise das Stimmrecht als Kernbestandteil der mitgliedschaftlichen Gesellschafterrechte isoliert übertragen werden würde und hiermit eine Umgehung des Verbots der Stimmrechtsabspaltung im Raum stünde. Nicht entscheiden muss der Senat gleichermaßen, ob Stimmrechtsvereinbarungen eine vom Gesellschaftsvertrag "generell abweichende, stets abgestimmte" Ausübung des Stimmrechts enthalten dürfen. Der Senat kann schließlich ebenso offenlassen, ob eine Stimmabgabe, die einem von allen Gesellschaftern abgeschlossenen Stimmbindungsvertrag widerspricht, den Gesellschafterbeschluss mangelhaft und damit anfechtbar erscheinen oder dessen Wirksamkeit - entgegen dieser vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung - wegen seiner bloß schuldrechtlichen Bedeutung unberührt lässt (zu den in Rechtsprechung und Literatur heftig umstrittenen Voraussetzungen der ausnahmsweise in Betracht kommenden Unwirksamkeit von Stimmbindungsvereinbarungen und den Konsequenzen vertragswidriger Stimmabgabe vgl exemplarisch Römermann in Michalski, GmbHG, 2. Aufl 2010, § 47 RdNr 474, 492 ff, 524 ff mwN).

30

Eines Eingehens auf die vorstehend dargestellten Fragen bedarf es vorliegend nicht, weil hier schon andere gesellschaftsrechtliche bzw gesellschaftsvertragsrechtliche Gründe einer sozialversicherungsrechtlichen Relevanz der getroffenen Abreden entgegenstehen.

31

Die Klägerin als Gesellschafterin und ihr Ehemann in seiner Funktion als Gesellschafter legten sich in dem "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." vom 30.12.2008 wechselseitig im Voraus für jeden Beschlussgegenstand darauf fest, in der Gesellschafterversammlung ihre Stimmen mit übereinstimmendem Inhalt abzugeben (§ 1 Stimmbindungsvertrag). Mit dem Ziel, der Klägerin auf diese Weise trotz Anteilminorität einen (mittelbar) beherrschenden Einfluss auf die beigeladene GmbH zu verschaffen, wurde ihr die Stimmführerschaft bei der Stimmabgabe eingeräumt (§ 2 Ziff 1). Die Stimmbindungsvereinbarung war außerdem auf Dauer und damit für eine unbestimmte Vielzahl von Abstimmungen vorgesehen (§ 3 Ziff 1 S 1). Nach der Rechtsprechung des BGH führen solche außerhalb des Gesellschaftsvertrages auf Dauer eingegangenen schuldrechtlichen Abstimmungsverpflichtungen unter wechselseitiger Beteiligung aller Gesellschafter an der Stimmbindungsvereinbarung regelmäßig zu einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff BGB), weil mit der koordinierten Ausübung der Stimmrechte ein gemeinsamer Zweck verfolgt wird (vgl BGHZ 126, 226, 234 = NJW 1994, 2536, 2537 f - "Schutzgemeinschaftsvertrag I"; BGHZ 179, 13, 19 = NJW 2009, 669, 670 - "Schutzgemeinschaftsvertrag II"; Drescher in MüKoGmbHG, 1. Aufl 2012, § 47 RdNr 234 mwN; Römermann in Michalski, aaO, § 47 RdNr 479 f mwN; vgl auch Schröer in MüKoAktG, 2. Aufl 2004, § 136 RdNr 57 mwN). Infolgedessen müssen Stimmbindungsverträge stets die Vorgaben des § 723 BGB beachten(vgl BGHZ 126, 226, 229 ff = NJW 1994, 2536 f; BGHZ 179, 13, 25 = NJW 2009, 669, 672). Sind Stimmbindungsverträge auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, sind sie indessen gesellschaftsrechtlich ohnehin jederzeit ordentlich kündbar (§ 723 Abs 1 S 1 BGB). Ist hingegen eine fixe Zeitdauer vereinbart worden, kann der Stimmbindungsvertrag vor Zeitablauf jedenfalls aus wichtigem Grund gekündigt werden (§ 723 Abs 1 S 2 BGB). Die Ausübung des Kündigungsrechts ist dabei zwar an die Einhaltung bestimmter Modalitäten geknüpft (§ 723 Abs 2 BGB), jedoch könnten die genannten Kündigungsrechte vertraglich nicht abbedungen werden (§ 723 Abs 3 BGB). Soweit der Klägerin und ihrem Ehemann in dem Stimmbindungsvertrag daher jedenfalls ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund eingeräumt war (§ 3 Ziff 1 S 2), entsprach dieses der zwingenden, aus dem BGB folgenden Rechtslage. Das Kündigungsrecht gehörte zu den unentziehbaren Rechten (vgl Schröer, aaO, § 136 RdNr 57), sodass sein Fehlen sogar zur Unwirksamkeit der Stimmbindungsvereinbarung insgesamt geführt hätte. Der außerordentlichen Kündigung ("aus wichtigem Grund") liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass ein Dauerschuldverhältnis mit sofortiger Wirkung gelöst werden kann, wenn einem der Beteiligten - aus welchem Grund auch immer - das Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. Solches ist etwa anzunehmen, wenn einer der beteiligten Gesellschafter eine ihm nach dem Stimmbindungsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat (vgl zu in der Person eines Gesellschafters liegenden wichtigen Kündigungsgründen stellvertretend Soergel/Hadding/Kießling, BGB, Bd 11/1 2011, § 723 RdNr 38 ff) oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird (§ 723 Abs 1 S 2 Nr 1 BGB). Schon die (bloße) Möglichkeit einer Zerrüttung unter den Gesellschaftern bzw eines Zerwürfnisses mit den sich daraus potenziell ergebenden gesellschaftsrechtlichen Folgen (= Entfallen der Stimmbindung des Ehemannes der Klägerin und der Stimmführerschaft der Klägerin infolge Kündigung des Stimmbindungsvertrages) ist bei einer Statusentscheidung, wie sie hier zu überprüfen ist, wegen des bereits genannten Erfordernisses der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände stets zu berücksichtigen.

32

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 S 1 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2014 und des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juni 2013 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Beschäftigung versicherungspflichtig ist.

2

Die Beigeladene zu 1. betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Unternehmensberatung. Am Stammkapital in Höhe von 100 000 Euro war der Kläger mit 30 000 Euro, sein Mitgesellschafter B mit 70 000 Euro beteiligt. Im Gesellschaftsvertrag vom 11.9.2006 wurden keine Regelungen zur Abstimmung in der Gesellschafterversammlung getroffen. Sowohl der Kläger als auch sein Mitgesellschafter waren als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Am 16.1.2007 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1. einen "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag", den für die GmbH beide Gesellschafter unterzeichneten. Danach erhielt der Kläger für seine Tätigkeit eine jährliche, feste Vergütung, die in gleichen monatlichen Teilbeträgen am Ende eines Monats an ihn ausgezahlt wurde. Zusätzlich wurde eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsteilbetrages gezahlt. Wegen der Gründungssituation verzichtete der Kläger bis 1.3.2007 auf sein Monatsgehalt. Darüber hinaus gewährte er der Beigeladenen zu 1. eine Stundung des Gehalts, bis diese einen Umsatz von ca 500 000 Euro erzielte (längstens jedoch bis 31.12.2007). Der gestundete Betrag wurde sodann in voller Höhe mit dem Gehalt des Folgemonats fällig und mit 5 % pa verzinst. Der Kläger hatte einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von einem Jahr. Die Beigeladene zu 1. konnte den Vertrag bei Vorliegen eines wichtigen Grundes außerordentlich fristlos kündigen.

3

Die Beteiligten trafen darüber hinaus eine schriftliche Vereinbarung ua folgenden Inhalts:

        

§ 2 Geschäftsführerbefugnis
[…]

        

(3) Der Geschäftsführer hat ein Veto-Recht bei der Bestimmung weiterer Geschäftsführer als die beiden Geschäftsführer-Gesellschafter.

        

(4) Der Geschäftsführer ist wegen seiner fachlichen Kompetenz für die weitere Entwicklung und den Bestand der Gesellschaft von enormer Bedeutung und erhält daher ein Veto-Recht bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen.

4

Auf den Antrag des Klägers stellte die Beklagte (Deutsche Rentenversicherung Bund) mit Bescheid vom 28.4.2011 fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung seit 1.3.2007 bestehe. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 18.10.2011; Berichtigungsbescheid vom 12.6.2012).

5

Das SG hat die vorgenannten Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seit 1.3.2007 nicht versicherungspflichtig in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sei (Urteil vom 4.6.2013).

6

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Kläger sei als Selbstständiger für die Beigeladene zu 1. tätig. Er könne als Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung abwenden und die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich beeinflussen. Zwar habe sein Mitgesellschafter aufgrund seiner höheren Einlage die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Der Kläger verfüge jedoch über ein Veto-Recht bei weiteren Geschäftsführerbestellungen und bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen. Dieses Veto-Recht komme einem Stimmbindungsvertrag gleich und erstrecke sich auf alle wichtigen Entscheidungen der Gesellschaft. Der Kläger sei zudem als Geschäftsführer in seiner Vertretungsbefugnis nicht beschränkt und handele deshalb im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb weisungsfrei (Urteil vom 15.5.2014).

7

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 SGB IV. Der Kläger sei für die Beigeladene zu 1. in abhängiger Beschäftigung tätig gewesen. Die Auffassung des LSG, wonach er alle ihm nicht genehmen Beschlüsse und Weisungen habe abwenden können, stehe nicht im Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung. Das Veto-Recht sei ebenso wie eine außerhalb des Gesellschaftsvertrages geschlossene, jederzeit kündbare Stimmbindungsvereinbarung grundsätzlich nicht geeignet, eine sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende, nicht wirksam abbedungene Rechtsmacht zu negieren. Die Stimmrechtsvereinbarung greife nicht in Konfliktsituationen, insbesondere nicht im Fall der Abberufung des Minderheitsgesellschafters als Geschäftsführer. Schuldrechtlich vereinbart sei ein Veto-Recht nicht gegen sämtliche Entscheidungen der Gesellschafterversammlung, sondern lediglich gegen solche, die die geschäftliche Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. beträfen. Insbesondere sei die Abberufung von Geschäftsführern vom Veto-Recht nicht erfasst.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2014 und des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juni 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist begründet.

12

Zu Unrecht hat das LSG das Bestehen der Rentenversicherungspflicht des Klägers sowie die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Beschäftigung in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - eine GmbH - verneint. Die der Klage stattgebenden gegenteiligen Urteile der Vorinstanzen waren aufzuheben und die Klage abzuweisen, weil die angefochtenen Bescheide revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

13

1. Auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - ist für die Zeit vom 1.3.2007 bis 15.5.2014 (= Tag der mündlichen Verhandlung vor dem LSG) ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. anzunehmen mit der Folge, dass der Kläger versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.

14

Das LSG ist in seinem Urteil zwar zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von - zu Versicherungspflicht führender - Beschäftigung und nicht versicherungspflichtiger selbstständiger Tätigkeit aufgestellten Grundsätzen ausgegangen. Danach enthält der zwischen der Beigeladenen zu 1. und dem Kläger geschlossene Anstellungsvertrag Regelungen, wie sie für ein Arbeitsverhältnis typisch sind (dazu a). Eine davon abweichende Beurteilung der Tätigkeit als versicherungspflichtige Beschäftigung ergibt sich insbesondere nicht schon daraus, dass der Kläger der Beigeladenen zu 1. im ersten Jahr seiner Tätigkeit (ab dem 1.3.2007) das ihm geschuldete Monatsgehalt stundete und es dieser als Darlehen gewährte (dazu b). Dem LSG kann allerdings im Weiteren nicht darin gefolgt werden, dass die im Falle des Klägers für eine selbstständige Tätigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts sprechenden Indizien aus sonstigen Gründen überwögen; seine Annahme, der Kläger habe als Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung abwenden und die Geschicke der Gesellschaft deshalb maßgeblich beeinflussen können, trägt nicht, weil der Kläger lediglich über ein ihm in seinem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag eingeräumtes Veto-Recht verfügte und deshalb keine vergleichbare Stellung innehatte, wie sie derjenigen eines mit einer gesellschaftsvertraglichen Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführers entspricht (dazu c).

15

a) In dem hier streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Allgemeiner gesetzlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 2 SGB IV).

16

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 23 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 14; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN).

17

Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).

18

Nach diesen allgemeinen rechtlichen Maßstäben sprechen die äußeren Umstände hier für eine abhängige Beschäftigung. Ausgehend von den Feststellungen des LSG enthält der Anstellungsvertrag vom 16.1.2007 zahlreiche Elemente, wie sie für ein Arbeitsverhältnis typisch und für das Gesamtbild einer Beschäftigung wesentlich mitbestimmend sind. Der Kläger erhielt danach für seine Tätigkeit eine jährliche, feste Vergütung, die in gleichen monatlichen Teilbeträgen am Ende eines Monats an ihn ausgezahlt wurde. Zusätzlich wurde eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsteilbetrages gezahlt. Auch hatte der Kläger einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von einem Jahr. Damit liegen typische Elemente eines Arbeitsverhältnisses iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV vor. Dass der Kläger vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer wiederholt entschieden hat(vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 27 mwN) - nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

19

b) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger im ersten Jahr seiner Tätigkeit das ihm ab dem 1.3.2007 geschuldete Monatsgehalt der Beigeladenen zu 1. stundete und es ihr als Darlehen gewährte. Aufgrund dieser Umstände ist nicht schon die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger ein Unternehmerrisiko trug, das bei der Beurteilung des Gesamtbildes seiner Tätigkeit in seinem Sinne entscheidend ins Gewicht fiele.

20

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - Juris RdNr 24; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, dass eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann hinreichendes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 28.9.2011, aaO).

21

Die Stundung bzw Darlehensgewährung des Klägers begründet kein solches mit seiner vorliegend zu beurteilenden Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. verbundenes Unternehmerrisiko. Der Senat hat bereits in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass auch Darlehen des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber nicht gänzlich ungewöhnlich, sondern vor allem dann anzutreffen sind, wenn der Arbeitnehmer zur Überwindung wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Arbeitgebers beitragen will (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60; zu einem - im Ergebnis ebenfalls nicht zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit führenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen vgl auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f). So verhielt es sich auch hier. Der Beigeladenen zu 1. sollte ausgehend von den Feststellungen des LSG nämlich "wegen der Gründungssituation" Liquidität verschafft werden. Auch sollte das Darlehen nur befristet gewährt werden, solange bis ein Umsatz von ca 500 000 Euro erzielt wurde, längstens bis 31.12.2007. Danach sollte der gestundete Betrag in voller Höhe mit dem Gehalt des Folgemonats fällig sein und mit 5 % pa verzinst werden. Die Darlehensgewährung war damit gerade nicht fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1., sondern diente der Beigeladenen zu 1. als Unterstützung lediglich in der Anfangsphase der Geschäftstätigkeit (anders für den für Arbeitsverträge untypischen Fall, dass ein Darlehen nicht auf den Fall der Not oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH beschränkt, sondern fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses ist BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60). Unmittelbar im Anschluss daran erhielt der Kläger auch wieder sein monatliches festes Gehalt als Gegenleistung für den Einsatz seiner Arbeitskraft.

22

c) Entgegen der Ansicht des LSG lässt sich die Selbstständigkeit des Klägers in seiner streitigen Tätigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt bejahen, dass es ihm jederzeit möglich gewesen wäre, ihm nicht genehme Weisungen durch die Gesellschafterversammlung abzuwenden. Derartige Befugnisse ergaben sich weder aus seiner Stellung als Mitgesellschafter der Beigeladenen zu 1. allgemein (dazu im Folgenden aa) noch aus dem ihm in seinem Anstellungsvertrag als Geschäftsführer eingeräumten Veto-Recht (dazu bb).

23

aa) Der Kläger verfügte als Minderheitsgesellschafter der Beigeladenen zu 1. in der Gesellschafterversammlung nicht über eine vergleichbare Stellung, wie sie ein - mit einer im Gesellschaftsvertrag begründeten - Sperrminorität ausgestatteten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer innehat.

24

Ist ein GmbH-Geschäftsführer - wie hier der Kläger - zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN; zuletzt BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 25).

25

Der Kläger verfügte als Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. nur über einen Anteil am Stammkapital von 30 % und damit angesichts seines 70 % der Anteile haltenden Mitgesellschafter B nicht über die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Da der Gesellschaftsvertrag keine Regelungen zur Abstimmung in der Gesellschafterversammlung enthielt, galt § 47 Abs 1 iVm Abs 2 GmbHG, wonach die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgten. Zugleich gaben die Regelungen des Gesellschaftsvertrags keine Einstimmigkeit für Gesellschafterbeschlüsse vor, die dem Kläger als Minderheitsgesellschafter eine Sperrminorität vermittelt hätte.

26

bb) Dass dem Kläger darüber hinaus in seinem Anstellungsvertrag mit der Beigeladenen zu 1. ein Veto-Recht bei der Bestimmung weiterer Geschäftsführer als die beiden Geschäftsführer-Gesellschafter und bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen, eingeräumt wurde, rechtfertigt keine Gleichstellung mit einem mit Sperrminorität ausgestatteten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer im Sinne der unter aa) dargestellten allgemeinen Grundsätze.

27

Es kann insoweit dahinstehen, ob dieses Veto-Recht des Klägers im Verhältnis zum Mitgesellschafter B. wirksam vereinbart wurde und - bejahendenfalls - ob das Veto-Recht inhaltlich umfassend ausgestaltet war (dazu <1>). Denn das dem Kläger nur schuldrechtlich als Bestandteil des Anstellungsvertrags eingeräumte Veto-Recht teilte das rechtliche Schicksal des Anstellungsvertrags und war insoweit nicht "kündigungsfest" im Sinne uneingeschränkt damit verbundener Einflussmöglichkeiten (dazu <2>). Die Frage, ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich im Übrigen ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV(dazu näher <3>).

28

<1> Ob dem Kläger ein Veto-Recht für Abstimmungen in Gesellschafterversammlungen überhaupt wirksam eingeräumt wurde, muss der Senat nicht entscheiden. Zwar können solche Vereinbarungen der Gesellschafter grundsätzlich auch außerhalb des - nach § 2 Abs 1 GmbHG notarieller Beurkundung unterliegenden - Gesellschaftsvertrags schriftlich getroffen und das Stimmrecht eines Mehrheitsgesellschafters formlos, dh ohne notarielle Beurkundung eingeschränkt werden<1> Ob dem Kläger ein Veto-Recht für Abstimmungen in Gesellschafterversammlungen überhaupt wirksam eingeräumt wurde, muss der Senat nicht entscheiden. Zwar können solche Vereinbarungen der Gesellschafter grundsätzlich auch außerhalb des - nach § 2 Abs 1 GmbHG notarieller Beurkundung unterliegenden - Gesellschaftsvertrags schriftlich getroffen und das Stimmrecht eines Mehrheitsgesellschafters formlos, dh ohne notarielle Beurkundung eingeschränkt werden( zur Zulässigkeit vgl zB BGH Urteil vom 27.10.1986 - II ZR 240/85 - NJW 1987, 1890 sowie vom 7.2.1983 - II ZR 25/82 - ZIP 1983, 432; vgl auch Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl 2015, § 3 RdNr 58, § 47 RdNr 38 jeweils mwN ). Allerdings muss eine solche wirksame schuldrechtliche Beschränkung des Stimmrechts regelmäßig durch eine Vereinbarung des Begünstigten mit dem Stimmrechtsinhaber erfolgen (vgl Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl 2002, § 47 RdNr 36 und 38; Roth, aaO, § 47 RdNr 38); der insoweit durch die zusätzlichen Befugnisse des Klägers betroffene Mitgesellschafter B (= Stimmrechtsinhaber) war indessen nicht Vertragspartner des Klägers, vielmehr war das Veto-Recht des Klägers Bestandteil des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. als seiner Arbeitgeberin geschlossenen Anstellungsvertrages. Darauf, ob durch die Vereinbarung der Stimmrechtsbindung im Anstellungsvertrag gleichwohl eine wirksame Verpflichtung auch des betroffenen Mitgesellschafters B zustande kam, muss - aus noch unter (2) und (3) darzustellenden Gründen - indessen nicht näher eingegangen werden (vgl ebenso offenlassend für ähnliche Konstellationen BGH Urteil vom 7.2.1983 - II ZR 25/82 - Juris RdNr 8; sowie vom 27.10.1986 - II ZR 240/85 - Juris RdNr 15; zur dabei gebotenen Differenzierung zwischen Anstellungsvertrag und Gesellschaftsvertrag vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 15). Gleichermaßen kann - ginge man hier von der Wirksamkeit der Stimmrechtsvereinbarung allgemein aus - offenbleiben, ob dem Kläger das Veto-Recht des Klägers umfassend oder nur eingeschränkt auf einzelne Beschlussinhalte der Gesellschafterversammlung erteilt wurde (zum Nichtausreichen einer nur auf einzelne Gegenstände beschränkten Rechtsmacht zur Verhinderung von Weisungen der Gesellschafterversammlung für die Annahme selbstständiger Tätigkeit vgl bereits BSG SozR 3-4100 § 168 Nr 8 Leitsatz und S 16).

29

<2> Eines Eingehens auf die unter <1> angesprochenen Fragen bedarf es deshalb nicht, weil ein Veto-Recht in der Gesellschafterversammlung, das dem Minderheitsgesellschafter - wie hier dem Kläger - außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich eingeräumt wurde und zumindest außerordentlich kündbar ist, auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit nicht geeignet ist, bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger zu begründen. Das Veto-Recht des Klägers teilt als Inhalt des Anstellungsvertrages nämlich das rechtliche Schicksal dieses Vertrages. Nach Kündigung des Anstellungsvertrages entfällt daher zugleich auch das Veto-Recht und die damit verbundene, allein in diesem (einfach-schriftlichen) Vertrag eingeräumte Einflussmöglichkeit des Klägers als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung. Das Veto-Recht war als Teil des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages - jedenfalls aus wichtigem Grund - durch den Mitgesellschafter kündbar, ohne dass der Kläger dies hätte verhindern können <2> Eines Eingehens auf die unter <1> angesprochenen Fragen bedarf es deshalb nicht, weil ein Veto-Recht in der Gesellschafterversammlung, das dem Minderheitsgesellschafter - wie hier dem Kläger - außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich eingeräumt wurde und zumindest außerordentlich kündbar ist, auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit nicht geeignet ist, bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger zu begründen. Das Veto-Recht des Klägers teilt als Inhalt des Anstellungsvertrages nämlich das rechtliche Schicksal dieses Vertrages. Nach Kündigung des Anstellungsvertrages entfällt daher zugleich auch das Veto-Recht und die damit verbundene, allein in diesem (einfach-schriftlichen) Vertrag eingeräumte Einflussmöglichkeit des Klägers als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung. Das Veto-Recht war als Teil des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages - jedenfalls aus wichtigem Grund - durch den Mitgesellschafter kündbar, ohne dass der Kläger dies hätte verhindern können (im Ergebnis - allgemein - ebenso: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 81 sowie BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 26). Der Anstellungsvertrag des Klägers war vorliegend von der Beigeladenen zu 1. aus wichtigem Grund schon nach § 626 BGB kündbar(zu den Voraussetzungen dafür vgl BGH Urteil vom 28.10.2002 - II ZR 353/00 - Juris RdNr 7 ff). Zugunsten der Beigeladenen zu 1. war ein solches außerordentliches Kündigungsrecht hier indessen sogar in § 8 Abs 2 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages ausdrücklich vorgesehen. Die Bestellung eines Geschäftsführers kann darüber hinaus aus wichtigem Grund nach § 38 Abs 2 GmbHG widerrufen werden(zur rechtlich unabhängig voneinander möglichen Beendigung von Organ- und Anstellungsverhältnis nach den jeweils dafür geltenden Vorschriften vgl BGH Urteil vom 28.10.2002 - II ZR 146/02 - Juris RdNr 9; zur dabei zudem ausgeschlossenen Mitwirkung des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers an der Beschlussfassung über Abberufung als Geschäftsführer bzw über die Kündigung seines Anstellungsverhältnisses vgl BGH Urteil vom 21.4.1969 - II ZR 200/67 - Juris RdNr 25; BGHZ 86, 177 f; BGH Urteil vom 27.10.1986 - II ZR 74/85 - Juris RdNr 10).

30

<3> Die vorstehend dargestellten gesellschaftsrechtlichen Ausführungen zur Beendigungsmöglichkeit von einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer außerhalb des Gesellschaftsvertrages eingeräumten Rechten haben im Fall des Klägers gleichermaßen Auswirkungen auf die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status.<3> Die vorstehend dargestellten gesellschaftsrechtlichen Ausführungen zur Beendigungsmöglichkeit von einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer außerhalb des Gesellschaftsvertrages eingeräumten Rechten haben im Fall des Klägers gleichermaßen Auswirkungen auf die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status.

31

Ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Statusentscheidung bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV. Dass eine Kündigung des Veto-Rechts in der streitigen Zeit tatsächlich nicht erklärt wurde, ist deshalb ohne Bedeutung. Bei einem Konfliktfall zwischen den Gesellschaftern wäre nämlich jedenfalls allein die dem jeweils anderen Gesellschafter aufgrund des Kündigungsrechts zustehende Rechtsmacht zum Tragen gekommen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen wieder eine Weisungsunterworfenheit des Klägers unter die Beigeladene zu 1. bestand. Eine solche Situation ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände aber nicht hinnehmbar. So hat der Senat bereits in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht bzw fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (so schon für Familien-Unternehmen zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29-30; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32; BSG SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16; aus der früheren Rspr: BSG SozR Nr 6 zu § 168 RVO; BSG SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; BSG SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103). Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit ist es, das das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und von Wertungen des - an ganz anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten - Gesellschaftsrechts unterscheidet (vgl dazu ausführlich BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

32

Vor diesem Hintergrund ist sozialversicherungsrechtlich bedeutsam, dass im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Minderheitenrechte eine ganz andere Stellung des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers vermitteln als im vorliegenden Fall. Die Anforderungen an die Aufhebung gesellschaftsvertraglicher Regelungen sind nämlich ungleich höher als bei einer bloßen "einfachen" Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund: Der Beschluss über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages muss nach § 53 Abs 2 GmbHG notariell beurkundet werden und bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Wer als Minderheitsgesellschafter über eine solche ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Sperrminorität verfügt, kann sich deshalb im Konfliktfall gegen eine Entziehung seiner Sperrminorität wehren und diese nicht - insbesondere nicht anlassbezogen - allein schon durch die Ausübung eines fremden Kündigungsrechts wieder verlieren. Hinzu kommt, dass der Gesellschaftsvertrag und spätere Änderungen zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sind (§§ 8, 54 GmbHG). Nur im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarte Minderheitenrechte können deshalb für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Gesamtbildes ihrer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet werden soll (zu den dabei sozialversicherungsrechtlich maßgebenden Erwägungen vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32 mwN).

33

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.

(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

(2a) (weggefallen)

(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.

(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende

1.
den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und
2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Die Sozialversicherung umfasst Personen, die kraft Gesetzes oder Satzung (Versicherungspflicht) oder auf Grund freiwilligen Beitritts oder freiwilliger Fortsetzung der Versicherung (Versicherungsberechtigung) versichert sind.

(1a) Deutsche im Sinne der Vorschriften über die Sozialversicherung und die Arbeitsförderung sind Deutsche im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes.

(2) In allen Zweigen der Sozialversicherung sind nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige versichert

1.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind,
2.
behinderte Menschen, die in geschützten Einrichtungen beschäftigt werden,
3.
Landwirte.

(3) Deutsche Seeleute, die auf einem Seeschiff beschäftigt sind, das nicht berechtigt ist, die Bundesflagge zu führen, werden auf Antrag des Reeders

1.
in der gesetzlichen Kranken-,Renten- und Pflegeversicherung versichert und in die Versicherungspflicht nach dem Dritten Buch einbezogen,
2.
in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, wenn der Reeder das Seeschiff der Unfallverhütung und Schiffssicherheitsüberwachung durch die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation unterstellt hat und der Staat, dessen Flagge das Seeschiff führt, dem nicht widerspricht.
Für deutsche Seeleute, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und auf einem Seeschiff beschäftigt sind, das im überwiegenden wirtschaftlichen Eigentum eines deutschen Reeders mit Sitz im Inland steht, ist der Reeder verpflichtet, einen Antrag nach Satz 1 Nummer 1 und unter den Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 2 einen Antrag nach Satz 1 Nummer 2 zu stellen. Der Reeder hat auf Grund der Antragstellung gegenüber den Versicherungsträgern die Pflichten eines Arbeitgebers. Ein Reeder mit Sitz im Ausland hat für die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber den Versicherungsträgern einen Bevollmächtigten im Inland zu bestellen. Der Reeder und der Bevollmächtigte haften gegenüber den Versicherungsträgern als Gesamtschuldner; sie haben auf Verlangen entsprechende Sicherheit zu leisten.

(4) Die Versicherung weiterer Personengruppen in einzelnen Versicherungszweigen ergibt sich aus den für sie geltenden besonderen Vorschriften.

(1) Versicherungspflichtig sind

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte,
4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen,
10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren,
11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend,
11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch
a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder
b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
erfüllen und diese beantragt haben; dies gilt nicht für Personen, die zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert waren, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mit Ausnahme des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder die Voraussetzungen der Nummer 11,
12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben,
13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und
a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder
b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für

1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder
2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.

(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.

(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.

(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.

(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.

(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.

(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.

(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.

(10) nicht belegt

(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.

Versicherungspflichtig sind

1.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort,
2.
behinderte Menschen, die
a)
in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
b)
in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
3.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Berufsbildungswerken oder ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen; dies gilt auch für Personen während der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches,
3a.
(weggefallen)
4.
Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften während ihres Dienstes für die Gemeinschaft und während der Zeit ihrer außerschulischen Ausbildung.
Personen, die Wehrdienst leisten und nicht in einem Dienstverhältnis als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit stehen, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Satz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienstleistende im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 2 oder 2a und Satz 4. Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft sind in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wobei Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes als ein Unternehmen gelten. Die in Satz 1 Nr. 2 bis 4 genannten Personen gelten als Beschäftigte im Sinne des Rechts der Rentenversicherung. Die folgenden Personen stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 gleich:
1.
Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet werden,
2.
Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).

(1) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).

(2) Bei Wehrdienstleistenden und Zivildienstleistenden, denen nach gesetzlichen Vorschriften für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weiterzugewähren ist, gilt das Beschäftigungsverhältnis durch den Wehrdienst oder Zivildienst als nicht unterbrochen. Personen, die nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes Wehrdienst leisten, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Absatz 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienst Leistende im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Personen in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes, wenn sie den Einsatzunfall in einem Versicherungspflichtverhältnis erlitten haben.

(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind,
4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.

(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status aufgrund einer Tätigkeit im sog Rackjobbing.

2

Die Klägerin - eine GmbH - präsentierte sich im Zeitraum der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für sie vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 als Dienstleisterin auf dem Retailmarkt. Sie verstand sich als Bindeglied zwischen Herstellern und Retailern von Waren (Einzelhändlern und Wiederverkäufern) und bot ein integriertes Vertriebs-, Merchandising- und Logistikkonzept zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Belieferung von Großmärkten und Warenhäusern an. Teil ihres Angebots war sog Rackjobbing (= Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Verkaufsförderung). Dieses Angebot umfasste einen Dispositions-Service per Fax-OCR-Erkennung, die Auftragsübertragung per EDI (Electronic Data Interchange), die regelmäßige Betreuung der Retail-Filialen/Outlets, die regelmäßige Kontrolle der Bestände, die Regalpflege einschließlich der Regaloptimierung, die Layout-Erstellung für die jeweiligen Sortimente einschließlich der dazugehörigen Planung, Umsetzung und Optimierung jeweils nach Abverkaufszahlen, Neueinrichtungen und generelle Umbauten, fundierte Zahlen für zukünftige Strategien sowie die Steuerung der Sortimente nach Abverkaufszahlen.

3

Der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin lag ein mehrseitiger schriftlicher Vertrag vom 1.11.1999 zugrunde, in dem ua - durch Einzelbestimmungen in zahlreichen §§ aufgegliedert - Folgendes vereinbart worden war: Der Beigeladene zu 1. solle als "freier Mitarbeiter" zur selbstständigen Warengestaltung und -darbietung bzw Merchandising tätig werden und werde insbesondere mit der Ausführung folgender Tätigkeiten in den Geschäftsräumen der Kunden der Klägerin beauftragt: Präsentation der Produkte der Klägerin und ihrer Vertragspartner, Sortimentüberwachung, Warendisposition, Warenplatzierung, Preisauszeichnung, Regalservice (Regalaufbauten/Regalumbauten), Layout-Prüfungen und Inventuren. Einzelheiten der Vertragsausführung seien dem jeweiligen Einzelauftrag vorbehalten. Die Aufträge habe der Beigeladene zu 1. in eigener Verantwortung auszuführen und dabei zugleich die Interessen der Klägerin zu berücksichtigen. Er unterliege keinem Weisungs- und Direktionsrecht seitens der Klägerin, habe jedoch deren fachliche Vorgaben zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung zu beachten. Er sei nicht zur persönlichen Auftragserfüllung verpflichtet, sondern könne die Vertragspflichten auch durch Erfüllungsgehilfen erfüllen, soweit deren fachliche Qualifikation sichergestellt sei. Er habe das Recht, einzelne Aufträge ohne Begründung abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu werden; einer vorherigen Zustimmung der Klägerin bedürfe dies nur, sofern es sich dabei um Wettbewerber der Klägerin handele. Die Bestimmung des Orts der Tätigkeit erfolge in dem jeweiligen Einzelauftrag. Für seine Tätigkeit erhalte der Beigeladene zu 1. ein Stundenhonorar in Höhe von 24 DM zzgl Umsatzsteuer, die Abrechnung habe auf fünf Minuten genau zu erfolgen; die Auftragserfüllung sei wöchentlich auf besonderen Formularen nachzuweisen. Er habe die Kosten für Bürobetrieb, technische Vorrichtungen und sonstige im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit anfallende Kosten zu tragen. Die Gewährung von Urlaub und Zahlung eines festen Lohns, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Überstunden bzw sonstige Sozialleistungen seien ausgeschlossen. Der Beigeladene zu 1. sei vielmehr verpflichtet, während Urlaub und Krankheit die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen bzw im Verhinderungsfall unverzüglich die Klägerin zu informieren. Für Schäden, die er bzw seine Mitarbeiter im Rahmen der vertraglichen Aufgabenerfüllung der Klägerin zufügten, habe er zu haften. Der Beigeladene zu 1. bestätigte der Klägerin, dass er auch für andere Auftraggeber tätig sei und verpflichtete sich zur Mitteilung, falls dies nicht mehr zutreffe und die Klägerin seine einzige Auftraggeberin geworden sei. Weiter oblag es ihm, der Klägerin zu jedem Quartalsende den prozentualen Anteil der anderen Auftraggeber an seinem Gesamtgewinn mitzuteilen. Er verpflichtete sich des Weiteren, vor Beginn seiner Tätigkeit für die Klägerin eine Gewerbeanmeldung vorzulegen (bereits zum 29.1.1992 hatte er ein Gewerbe als selbstständiger Handelsvertreter angemeldet), seine Selbstständigkeit durch Vorlage einer Bescheinigung des Sozialversicherungsträgers nachzuweisen und seine Steuernummer für die Einkommen- und Umsatzsteuer mitzuteilen. Schließlich war der Beigeladene zu 1. verpflichtet, für den Fall, dass "Scheinselbständigkeit" durch den Sozialversicherungsträger oder die Finanzbehörden festgestellt werde, die daraus für die Klägerin resultierenden Nachforderungen unbeschränkt und zeitlich unbefristet auszugleichen. Ergänzungen und Änderungen des Vertrages bedurften der Schriftform.

4

Nach einem Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status stellte die Funktionsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich "die Beklagte") mit gleichlautenden Bescheiden vom 18.8.2003 gegenüber der Klägerin sowie gegenüber dem Beigeladenen zu 1. fest, dass dieser seine Tätigkeit im Bereich Regalservice bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 12.1.2005).

5

Auf die Klage der Klägerin hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt gewesen sei (Urteil vom 20.10.2008). Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte die vorgenannten Bescheide geändert und die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt (Bescheid vom 24.9.2012). Die Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen: Im Rahmen einer Gesamtwürdigung überwögen die für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sprechenden Umstände. Anknüpfungspunkt sei zunächst der Vertrag vom 1.11.1999, der als Rahmenvertrag (im Folgenden: RV) die Grundlage für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse darstelle und überwiegend für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Regelungen enthalte. Dem hierin dokumentierten Willen der Vertragsparteien komme indizielle Bedeutung zu. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es sich nur um eine formale Vereinbarung gehandelt habe, seien nicht ersichtlich. Tatsächlich sei der Beigeladene zu 1. schon vor seiner Tätigkeit bei der Klägerin selbstständig und auch während dieser Zeit für mehrere andere Unternehmen tätig gewesen. Deshalb habe er nicht jeden Auftrag der Klägerin ausführen können und Auftragsübernahmen abgelehnt. Die Klägerin habe nicht jederzeit über seine Arbeitsleistung verfügen können, was gegen eine Eingliederung in deren Betrieb spreche. Zudem habe der Beigeladene zu 1. die Aufträge nicht höchstpersönlich ausführen müssen. Zwar habe er mangels Auftragsvolumens selbst keine Erfüllungsgehilfen eingesetzt, doch sei in zwei Parallelverfahren bestätigt worden, dass die Klägerin dies ihren Auftragnehmern tatsächlich ermögliche, wobei diese die Differenz zwischen dem ihnen von der Klägerin gewährten Vergütungssatz und dem von ihnen an ihre Subunternehmer bzw Arbeitnehmer gezahlten Entgelt als unternehmerische Vergütung hätten vereinnahmen können. Bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. habe es sich nicht um klassische Regalauffüllertätigkeiten gehandelt, die typischerweise in abhängiger Beschäftigung ausgeführt würden. Vielmehr seien diese durch gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente ergänzt worden. So hätten die Auftragnehmer der Klägerin - wie durch Zeugen in Parallelverfahren bestätigt worden sei - über das mechanische Ein- und Ausräumen von Produkten hinaus auch über die Präsentation der Produkte der Vertragspartner der Klägerin zu entscheiden, Layout-Prüfungen durchzuführen und ggf Neugestaltungen der Regalaufstellung vorzunehmen gehabt. Die zeitliche Abhängigkeit vom Warenwirtschaftsturnus und Warenabverkauf sei ebenso der Natur der Tätigkeit geschuldet und nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts der Klägerin, wie der Umstand, dass die Tätigkeit in den zu betreuenden Verbrauchermärkten zu erbringen sei. Für eine Beschäftigung spreche demgegenüber die Vergütung mittels Stundenhonorar bei einer auf fünf Minuten genauen Abrechnung sowie der Umstand, dass sich der Beigeladene zu 1. seine jeweiligen Tätigkeitszeiten von den Marktleitern bzw deren Vertretern habe bestätigen lassen müssen. Allerdings rechneten auch viele Selbstständige nach Stundensätzen ab und der Beigeladene zu 1. habe zumindest durch die Auswahl der von ihm zu betreuenden Märkte Einfluss auf die Höhe der Vergütung nehmen können, in dem er über die Anfahrtszeiten seine Vergütung optimiere. Im Ergebnis gehöre der Beigeladene zu 1. als sog Solo-Selbstständiger zur soziologisch ausgemachten Gruppe der kleinen Selbstständigen, deren wirtschaftliche Situation in vielerlei Hinsicht der von Beschäftigten ähnele. Es bestehe zudem auch keine Versicherungspflicht als Solo-Selbstständiger in der GRV nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI, weil der Beigeladene zu 1. für mehrere Auftraggeber tätig gewesen sei (Urteil vom 14.3.2013).

6

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Das LSG habe bei seiner Gesamtwürdigung wesentliche Umstände, aus denen es auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen habe, in ihrer Tragweite verkannt. Insbesondere habe es den RV vom 1.11.1999 im Wortlaut herangezogen, ohne die dahinter liegende Bedeutung zu beachten. Die Möglichkeit, einzelne Aufträge abzulehnen, entspreche der Entschließungsfreiheit eines Arbeitnehmers, ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen oder nicht. Das BSG habe bereits klargestellt, dass stets die einzelnen "Einsatzaufträge" zu prüfen seien. Dem Ausschluss von Sozialleistungen als solchem komme eine indizielle Wirkung für eine Selbstständigkeit ebenso wenig zu, wie der Möglichkeit, auch für weitere Auftraggeber tätig zu sein. Mit der vom LSG festgestellten Ergänzung der Tätigkeit des Regalauffüllers durch gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente werde die typische Tätigkeit eines "kaufmännischen Angestellten" beschrieben, der zumindest im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess fremdbestimmte Arbeit leiste; entscheidend sei, dass der Beigeladene zu 1. nach Annahme eines Einzelauftrags zu den Vertragspartnern der Klägerin gefahren sei, um dort die ihm zugewiesenen Aufgaben nach deren Vorgaben auszuführen. Zudem habe für ihn kein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko bestanden, da eine Vergütung nach Stunden und keine Umsatzbeteiligung vereinbart gewesen sei. Die eingeräumte Delegationsbefugnis könne ebenfalls keine Selbstständigkeit begründen, da von ihr - anders als in Parallelverfahren - kein Gebrauch gemacht worden sei, weshalb die bloße Befugnis für das vorliegende Vertragsverhältnis nicht prägend gewesen sei.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 2013 sowie des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere habe das LSG festgestellt, dass ein Auftragsverhältnis auf selbstständiger Basis zwischen dem Beigeladenen zu 1. und ihr (der Klägerin) nicht nur formal vereinbart worden sei. Dem im RV dokumentierten Willen, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, komme daher ausschlaggebende Bedeutung zu (Hinweis auf BSG Urteile vom 12.10.1979 - 12 RK 24/78 - und vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R). Der Beigeladene zu 1. sei - anders als von der Beklagten unterstellt - nicht als Rackjobber (Regalauffüller), sondern als Merchandiser tätig gewesen. Beide Tätigkeiten seien nicht einander vergleichbar, denn der Merchandiser benötige vielfältige qualifizierte Kenntnisse und habe weitreichende Entscheidungsbefugnisse.

10

Die Beigeladene zu 2. (Bundesagentur für Arbeit) schließt sich der Auffassung der Beklagten an, dass der Beigeladene zu 1. in den Arbeitsprozess der Klägerin eingebunden gewesen sei. Die Möglichkeit, auch für andere Auftraggeber Dienstleistungen zu erbringen, stehe dem nicht entgegen, zumal das LSG nicht festgestellt habe, dass der Beigeladene zu 1. hiervon tatsächlich und "im Wesentlichen" (Hinweis auf BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 15 RdNr 25) Gebrauch gemacht habe. Einen Antrag stellt weder sie, noch ein anderer Beigeladener.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 SGG)begründet.

12

Das Urteil des LSG weist revisionsrechtlich bedeutsame Fehler auf; der Senat kann jedoch nicht abschließend selbst entscheiden, ob und ggf in welchem Umfang das LSG die Berufung der Beklagten gegen das ihren Bescheid vom 18.8.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.1.2005 vollständig aufhebende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen und den Bescheid vom 24.9.2012 aufgehoben hat, sowie ob und ggf in welchem Umfang diese Bescheide rechtmäßig sind. Das Berufungsgericht hat insbesondere zu Unrecht keine Konsequenzen daraus gezogen, dass eine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1. zur Leistungserbringung überhaupt erst mit der Übernahme des jeweiligen Einzelauftrags entstand. Ob der Beigeladene zu 1. während der Abwicklung der jeweiligen Einzelaufträge versicherungspflichtig in den Zweigen der Sozialversicherung war, lässt sich aufgrund insoweit fehlender entscheidungserheblicher Tatsachenfeststellungen des LSG derzeit noch nicht endgültig beurteilen.

13

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist auch der während des Berufungsverfahrens von der Beklagten erlassene, an die Klägerin gerichtete Bescheid vom 24.9.2012. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht bestand) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 24.9.2012 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13).

14

2. Soweit das LSG - von den Beteiligten im Revisionsverfahren unbeanstandet gelassen - auch entschieden hat, dass eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der GRV nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI nicht bestehe, ist darauf hinzuweisen, dass hierüber in dem vom Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nicht zu entscheiden war(vgl allgemein BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 21 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 20 RdNr 7).

15

3. Die Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) reichen nicht aus, um ausgehend von den dafür rechtlich maßgebenden Umständen und auf der Grundlage der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 bzw während einzelner Zeiträume innerhalb dieses Rahmens abschließend zu beurteilen. Das LSG ist in seinem Urteil zwar zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von Versicherungspflicht begründender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu a). Es hat dabei jedoch die Bedeutung des zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. geschlossenen RV, wonach eine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1. zu entgeltlichen Dienstleistungen für die Klägerin erst mit Annahme eines Einzelauftrags entstand, nicht ausreichend beachtet (hierzu b). Um über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge entscheiden zu können, sind weitere Tatsachenfeststellungen des LSG notwendig (hierzu c). Zugleich hat die vorliegende Vertragskonstruktion Auswirkungen auf die Gewichtung einzelner Umstände im Rahmen der vom LSG erneut vorzunehmenden Gesamtabwägung, was dieses Gericht nach § 170 Abs 5 SGG ebenso zu beachten haben wird, wie die weitere Beurteilung seiner rechtlichen Erwägungen im angegriffenen Urteil durch den Senat(hierzu d).

16

a) In den Jahren 1999 und 2003, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl insoweit insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 LS und RdNr 25).

17

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (zum Vorstehenden vgl insgesamt BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - unter II.2.b, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

18

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist das LSG - insoweit zutreffend - zunächst vom Inhalt des zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. am 1.11.1999 geschlossenen schriftlichen Vertrags ausgegangen und hat geprüft, ob die dort getroffenen Vereinbarungen den tatsächlichen Verhältnissen bei der Durchführung der vom Beigeladenen zu 1. verrichteten Tätigkeit entsprachen. Dabei hat das LSG richtig erkannt, dass es sich bei dem Vertrag vom 1.11.1999 um einen RV handelte, der die rechtliche Grundlage für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse darstellte. Dies folgt insbesondere aus § 1 Abs 2, § 4 und § 6 RV, wonach die Einzelheiten der Vertragsdurchführung sowie die Bestimmung des Orts der Tätigkeit dem jeweiligen Einzelauftrag vorbehalten blieben(§ 1 Abs 2, § 6 RV) und dem Beigeladenen zu 1. die - nach den nicht mit zulässigen Revisionsrügen angefochtenen und deshalb für den Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG nicht nur theoretische - Möglichkeit eingeräumt war, ihm von der Klägerin angebotene Aufträge ohne Begründung abzulehnen.

19

Nicht ausreichend berücksichtigt hat das LSG hingegen die Konsequenzen dieser Vertragsgestaltung für den Gegenstand der im Hinblick auf eine mögliche Versicherungspflicht vorzunehmenden Prüfung und die Gewichtung bestimmter Umstände hierbei (zum Letzteren unten d). Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art ist für die Frage der Versicherungspflicht nämlich nicht auf den gesamten vom RV erfassten Zeitraum, sondern jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 35; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge Beilage 2008, 333 ff, Juris RdNr 24; BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 27; vgl insbesondere auch das Urteil des Senats vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R -, das einen einzelnen Projektvertrag über eine Tätigkeit im Rackjobbing zum Gegenstand hatte; zur Bedeutung einer durchgehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 19). Dies folgt aus dem Umstand, dass in den Zeiträumen, in denen der Beigeladene zu 1. keinen Auftrag der Klägerin angenommen und durchzuführen hatte, schon keine - die Versicherungspflicht begründende - "entgeltliche" Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 SGB IV bestand(zum Inhalt dieser Voraussetzung der Versicherungspflicht vgl BSGE 101, 273 = SozR 4-2400 § 7 Nr 10, RdNr 16 ff; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 9 RdNr 13 ff): Vor Annahme eines Auftrags durch den Beigeladenen zu 1. traf diesen keine - auch keine latente - Verpflichtung, Tätigkeiten für die Klägerin auszuüben. Umgekehrt hatte die Klägerin dem Beigeladenen zu 1. kein Entgelt zu leisten. Ob die gegenseitigen Leistungspflichten jemals (wieder) in Vollzug gesetzt werden würden, war nach der Ausgestaltung des RV vollkommen ungewiss; denn weder war die Klägerin verpflichtet, dem Beigeladenen zu 1. überhaupt Aufträge anzubieten, noch bestand eine Pflicht des Beigeladenen zu 1., einen der ihm von der Klägerin angebotenen Aufträge anzunehmen. Schon hieraus folgt die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide in Bezug auf Zeiträume ohne (entgeltliche) Beschäftigung. Die notwendigen Feststellungen dazu, in welchen Zeiträumen Einzelaufträge tatsächlich vorlagen und durchzuführen waren, hat das LSG - von seinem Ansatz her konsequent - jedoch nicht getroffen.

20

c) Ob die Verhältnisse während der Durchführung der einzelnen Aufträge tatsächlich die vom LSG für die gesamte Laufzeit des RV getroffene Feststellung einer selbstständigen Tätigkeit insgesamt oder zumindest für Teilzeiträume rechtfertigen, kann der Senat auf Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen. Hierfür fehlen neben Feststellungen zu den Zeiträumen, in denen der Beigeladene zu 1. tatsächlich für die Klägerin Einzelaufträge durchführte, auch die erforderlichen konkreten Feststellungen zu Inhalt und Ausgestaltung dieser einzelnen Aufträge. Diese Einzelheiten waren nach § 1 Abs 2 des RV ausdrücklich erst den mit dem jeweiligen Einzelauftrag verbundenen Bestimmungen vorbehalten. Ob und ggf in welchem Umfang hierbei Vorgaben hinsichtlich Ort, Zeit (zB bzgl der Besuchshäufigkeit), Dauer (zB tolerierte Höchstdauer der Besuche) und Art der Ausführung (zB Richtlinien oder gar konkrete Anweisungen für die Bestückung einzelner Regale) durch die Klägerin gemacht wurden, hat das LSG im Einzelnen nicht festgestellt. Dies muss es im Rahmen der erneuten Verhandlung nachholen.

21

Zugleich hält es der Senat für geboten, dass das LSG bei dieser Gelegenheit von Amts wegen (vgl § 103 SGG) auch weitere Umstände aufklärt, die Bedeutung für die vorzunehmende Gesamtabwägung haben könnten:

22

So war der Beigeladene zu 1. zwar nach § 9 Abs 2 RV verpflichtet, bei Krankheit und Urlaub die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen, im Verhinderungsfall hatte er die Klägerin unverzüglich zu informieren. Jedoch begründet es Zweifel an der Verbindlichkeit bzw Ernsthaftigkeit der Sicherstellungsverpflichtung des Beigeladenen zu 1., wenn nach dessen - im angefochtenen Urteil wiedergegebenen - Angaben vor dem SG (in der mündlichen Verhandlung am 20.10.2008) die Konsequenz einer längeren Verhinderung lediglich darin bestand, dass der Händler die vorgesehenen Tätigkeiten selbst ausführen musste.

23

Ferner deutet die vom Beigeladenen zu 1. ebenfalls in der mündlichen Verhandlung beim SG gemachte Angabe, der RV sei ua deswegen gekündigt worden, weil er (der Beigeladene zu 1.) nach Auffassung der Klägerin "zu lange gebraucht (habe), um die Arbeiten auszuführen", auf eine zumindest konkludent verabredete zeitliche Vorgabe für die Durchführung eines Einzelauftrags sowie eine über die bloße Bestätigung von Anwesenheitszeiten durch die Marktleiter hinausgehende Überwachung der Auftragsausführung hin.

24

Schließlich wäre es im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen, wenn zu den Aufgaben des Beigeladenen zu 1. auch der von der Klägerin angebotene Dispositions-Service per Fax-OCR-Erkennung, die Auftragsübertragung per EDI sowie die Erfassung oder Aufbereitung fundierter Zahlen für zukünftige Strategien der Kunden gehört hätten und die hierfür notwendigen Geräte oder Software-Programme ganz oder zumindest teilweise durch die Klägerin gestellt worden wären.

25

d) Die aus der festgestellten Vertragsgestaltung folgende Notwendigkeit einer Prüfung der jeweiligen Einzelaufträge hat zudem materiell-rechtliche Konsequenzen für die Bedeutung einzelner Umstände im Rahmen der - jedenfalls beim Vorliegen relevanter Unterschiede - für jedes Auftragsverhältnis gesondert vorzunehmenden Gesamtabwägung. Gleichzeitig vermag der Senat den rechtlichen Erwägungen des LSG auch aus anderen Gründen nicht in jeder Hinsicht zu folgen.

26

aa) Zutreffend ist das LSG in Würdigung der einzelnen Klauseln des RV zu dem Ergebnis gelangt, dieser dokumentiere den Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen. Diesem Willen kommt - wie das LSG ebenfalls zutreffend ausführt - nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 38; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge Beilage 2008, 333 ff, Juris RdNr 16). Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt als ein auf Selbstständigkeit deutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen; hierdurch wird eine Selbstständigkeit jedoch nicht vorfestgelegt. Dabei ist das Gewicht dieses Indizes umso geringer, je uneindeutiger die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche zu den tatsächlichen Verhältnissen sind. Zugleich schwächt es die indizielle Wirkung ab, wenn wegen eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass alle Vertragsparteien in gleicher Weise die Möglichkeit hatten, ihre Wünsche bzgl der Ausgestaltung des sozialversicherungsrechtlichen Status durchzusetzen (zum Fall der Unerfahrenheit im Geschäftsverkehr vgl BAG Urteil vom 9.6.2010 - 5 AZR 332/09 - AP Nr 121 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Juris RdNr 33).

27

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw zu vermeiden (zB Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub bzw Urlaubsgeld; Verpflichtung, Einnahmen selbst zu versteuern; Obliegenheit, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden oder für eine Sozial- und Krankenversicherung selbst zu sorgen), auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zulassen (vgl nämlich § 32 SGB I). Darüber hinaus kommt solchen Vertragsklauseln bei der im Rahmen des § 7 Abs 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr setzen diese Regelungen - insbesondere der Ausschluss ansonsten zwingender arbeits- und sozialrechtlicher Rechte und Pflichten - bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw Beschäftigter voraus, für den in erster Linie Weisungsgebundenheit und - jedenfalls für das Sozialrecht - das Fehlen der unter II.3.a genannten, eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnenden Umstände ausschlaggebend ist. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (stRspr, vgl schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 2400 § 2 Nr 19; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332).

28

bb) Nicht gerechtfertigt ist auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen auch das hohe Gewicht, welches das LSG in seiner auf den RV fokussierten Gesamtabwägung der dem Beigeladenen zu 1. eingeräumten Möglichkeit beigemessen hat, Auftragsangebote der Klägerin abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Anknüpfungstatbestand für eine mögliche die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung ist - wie oben unter II.3.b dargelegt - das einzelne angenommene Auftragsverhältnis. Daher stellte sich - wie von der Beklagten mit der Revision zu Recht geltend gemacht - für den Beigeladenen zu 1. die Situation vor Annahme eines Auftrags letztlich nicht anders dar als für einen Arbeitsuchenden, dem es ebenfalls freisteht, eine ihm angebotene (ggf befristete Teilzeit-) Arbeitsgelegenheit anzunehmen oder nicht. Zugleich haben jedenfalls Teilzeitbeschäftigte die Möglichkeit, in nennenswertem Umfang nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig zu sein. Auch solche Beschäftigte müssen angebotene Beschäftigungen ablehnen, wenn sich Arbeitszeiten überschneiden oder gesetzliche Arbeitszeitgrenzen erreicht sind. Gewicht erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber daher erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit, wie zB einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen. Ein Werben für seine Tätigkeit hatte der Beigeladene zu 1. aber - wie auch im Urteil des LSG wiedergegeben - im Verwaltungsverfahren gerade verneint.

29

cc) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass eine im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit auf Selbstständigkeit hindeuten. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn diese Freiheit tatsächlich Ausdruck eines fehlenden Weisungsrechts und nicht nur Folge der Übertragung größerer Eigenverantwortung bei der Aufgabenerledigung auf den einzelnen Arbeitnehmer bei ansonsten fortbestehender funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess ist. Dabei kommt auch einer großen Gestaltungsfreiheit bzgl der Arbeitszeit nur dann erhebliches Gewicht zu, wenn sich deren Grenzen nicht einseitig an den durch die Bedürfnisse des Auftraggebers bzw Arbeitgebers vorgegebenen Rahmen orientieren. Ob dies vorliegend der Fall ist, hängt in erster Linie vom Inhalt der jeweiligen Einzelaufträge und deren praktischer Durchführung ab, was vom LSG noch weiter aufzuklären ist.

30

Zwar ist die Auffassung des LSG, dass allein aus der zeitlichen und örtlichen Abhängigkeit der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. vom Warenturnus und Warenabverkauf bzw der Belegenheit der zu befüllenden Regale in den jeweiligen Verbrauchermärkten nicht auf ein diesbezügliches einseitiges Direktionsrecht der Klägerin geschlossen werden kann, im Ansatz zutreffend. Allerdings spricht es auch nicht gegen das Vorliegen eines - ggf verfeinerten - Weisungsrechts, wenn sich beispielsweise Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus "der Natur der Tätigkeit" (zu diesem Topos vgl zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30; BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 1 RdNr 20; BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Die Beiträge Beilage 2004, 154 = USK 2004-25) ergeben, also aus den mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten. Ausschlaggebend ist insoweit vielmehr, ob nach den konkreten Vereinbarungen ein Weisungsrecht hinsichtlich aller Modalitäten (zB auch hinsichtlich Inhalt, Durchführung oder Dauer) der zu erbringenden Tätigkeit besteht oder aber ausgeschlossen ist, und sich die Fremdbestimmtheit der Arbeit auch nicht über eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess innerhalb einer fremden Arbeitsorganisation vermittelt.

31

Ebenso kommt der vom LSG ausführlich beschriebenen besonderen Qualität der Tätigkeit als solcher keine Indizfunktion im Sinne einer Selbstständigkeit zu. Allein der Umstand, dass die Tätigkeit eines "klassischen" Regalauffüllers mit weiteren, verantwortungsvolleren Aufgaben angereichert und mit größeren Möglichkeiten eigenverantwortlicher Gestaltung bei der Umsetzung des Auftrags bzw der Arbeitsaufgabe versehen wird, spricht noch nicht gegen Beschäftigung. Insoweit vertritt das BSG in ständiger Rechtsprechung, dass allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse selbst eines "leitenden Angestellten" diesen nicht schon zum Selbstständigen machen, solange er in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt (vgl zB BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 23 mwN). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (vgl BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 20). Solches wird typischerweise eher anzunehmen sein, wenn es sich um höherwertige Tätigkeiten handelt (vgl bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 16 mwN; BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit) und die Honorierung des Auftragnehmers vom Arbeitsergebnis und -erfolg abhängig ist (zB von Umsatz- und Verkaufszahlen, gestaffelten Provisionen, usw), nicht dagegen in gleicher Weise, wenn sich - wie nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall - die Vergütung vornehmlich nach dem zeitlichen Umfang des geleisteten Arbeitsaufwandes richtet (vgl bereits BSG SozR 2200 § 165 Nr 32 S 40; BSG SozR 2200 § 165 Nr 51 S 73 f; andererseits für Beschäftigung trotz erfolgsabhängiger Vergütung zB BSG SozR 2200 § 165 Nr 63 S 87 f; BSG SozR Nr 10 zu § 2 AVG Aa 14).

32

Entgegen dem diesbezüglichen Vortrag der Beteiligten im Revisionsverfahren spielt es insoweit keine Rolle, ob die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. noch derjenigen eines Regalauffüllers entspricht, derjenigen eines kaufmännischen Angestellten angenähert ist oder entsprechend den Ausführungen des LSG zur soziologisch ausgemachten Gruppe der kleinen Selbstständigen ("Solo-Selbstständigen") im Wirtschaftsleben ein völlig neues Berufsbild darstellt. Erst recht ist es ohne Belang, mit welchem "Etikett" die am Vertragsverhältnis Beteiligten einer Tätigkeit versehen (vorliegend etwa "Rackjobber" oder "Merchandiser"). Die für das Sozialversicherungsrecht maßgebende Abgrenzung von Versicherungspflicht auslösender Beschäftigung einerseits und Selbstständigkeit andererseits erfolgt vielmehr - wie dargelegt - anhand abstrakter Merkmale (vgl oben II.3.a) und auf Grundlage der konkreten Ausgestaltung einer Tätigkeit im Einzelfall und nicht etwa anhand von Berufs- bzw Tätigkeitskatalogen (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 19 RdNr 20; vgl auch BSG Beschluss vom 27.8.2012 - B 12 R 4/12 B - Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 21.8.2013 - B 12 KR 93/12 B - Juris RdNr 16, jeweils unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 22). Dementsprechend hat der Senat schon in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass bestimmte berufliche Tätigkeiten sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch im Rahmen einer Selbstständigkeit wahrgenommen werden können und dass es für die Zuordnung insoweit auf die Gesamtschau der jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommt (vgl zB Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN; Senatsurteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 17, 30 ; Senatsurteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 42 ; vgl auch Urteil des Senats vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 27 ).

33

dd) Dem LSG ist im Ansatz auch darin zuzustimmen, dass eine dem Beigeladenen zu 1. eingeräumte Möglichkeit, sich zur Durchführung von Aufträgen auch Erfüllungsgehilfen zu bedienen, gegen das Vorliegen von Beschäftigung spricht. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für das Vorliegen von Beschäftigung typisch, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30; zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 22). Auch nach der Rechtsprechung des BAG stellt die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar, auch wenn nach § 613 S 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat(vgl BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Allerdings führt das bloße Bestehen der Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmerischer) Selbstständigkeit im Rechtssinne. Sie stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG SozR 4-2400 § 28p Nr 4 RdNr 35; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17; BAGE 98, 146, 150 = AP Nr 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Entscheidend ist insoweit, ob Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, dass die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden kann (vgl BSG SozR 4-2400 § 28p Nr 4 RdNr 35; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 14; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17 f).

34

Im Rahmen der erneuten Würdigung des Sachverhalts wird das LSG auch zu beachten haben, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen tatsächlich keine Delegation erfolgt ist, die Delegationsbefugnis allenfalls dann ein Indiz für Selbstständigkeit darstellen kann, wenn von ihr realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17). Dagegen spricht vorliegend die Feststellung des LSG, der Beigeladene zu 1. habe mangels Auftragsvolumens selbst keine Erfüllungsgehilfen eingesetzt. Zugleich kommt es auch hier auf die Verhältnisse während der jeweiligen Auftragsdurchführung an. Insoweit steht die Delegationsbefugnis sogar schon nach dem Vertragstext unter dem Vorbehalt, dass "der jeweilige Auftrag dies gestattet". Bereits aus diesem Grunde kann dem vom LSG gezogenen Schluss, in zwei - den Beigeladenen zu 1. nicht betreffenden - Parallelverfahren sei bestätigt worden, dass die Klägerin dies ihren Auftragnehmern tatsächlich ermögliche, weshalb auch der Beigeladene zu 1. Dritte habe tatsächlich einsetzen können, nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Vielmehr wird das LSG zu prüfen haben, ob dem Beigeladenen zu 1. nach den Bedingungen des ihm nach Angebotsannahme jeweils obliegenden Auftrags dessen Durchführung mittels Erfüllungsgehilfen gestattet und realistischerweise möglich war.

35

ee) Anlässlich der erneuten Verhandlung wird das LSG auch der Frage weiter nachzugehen haben, ob und in welchem Umfang der Beigeladene zu 1. ein Unternehmerrisiko trug. Im Unterschied zu den vorgehend angesprochenen Umständen sind hierbei nicht nur die Verhältnisse bei Durchführung der einzelnen Aufträge in den Blick zu nehmen. Ein typisches unternehmerisches Risiko kann sich nämlich gerade daraus ergeben, dass vorgreiflich Investitionen (auch) im Hinblick auf eine ungewisse Vielzahl zukünftig am Markt noch einzuwerbender Aufträge getätigt werden.

36

Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 25 f), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 25 f) oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (vgl zB BSG SozR 2400 § 2 Nr 19 S 30; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 27). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bzgl der einzelnen Einsätze (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Zudem wird angesichts zunehmender Freiheiten bzgl Arbeitsort und Arbeitszeitgestaltung, die im Zuge moderner Entwicklungen der Arbeitswelt auch Arbeitnehmern eingeräumt werden (vgl Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Grünbuch Arbeiten 4.0, 2015, S 64 ff; hierzu zB Bissels/Meyer-Michaelis, DB 2015, 2331 ff) zu prüfen sein, ob Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft zukünftig nur dann als Indiz für Selbstständigkeit angesehen werden können, wenn gerade hieraus verbesserte Verdienstchancen erwachsen (zum Gesichtspunkt zeitabhängige versus erfolgsabhängige Honorierung vgl im Übrigen bereits oben cc).

37

Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich, dass der Beigeladene zu 1. im Wesentlichen nur seine Arbeitskraft eingesetzt hat. Ein Selbstständigkeit indizierendes Verlustrisiko im vorgenannten Sinne bestand dabei nicht, da er einen unbedingten Anspruch auf Vergütung seiner für die Durchführung der jeweiligen Aufträge aufgewandten - gegenüber der Klägerin engmaschig, nämlich fünf-Minuten-genau und in spezifischen Firmenvordrucken in bestimmter Weise zu dokumentierenden - Arbeitszeit hatte. Das verbleibende Risiko der Insolvenz des Auftrags- bzw Arbeitgebers trifft Arbeitnehmer in gleicher Weise. Soweit der Beigeladene zu 1. - wie vom LSG im Sachverhalt des Urteils berichtet - gegenüber der Beklagten angegeben hat, für seine Tätigkeit nutze er seinen PKW, seinen Personal Computer sowie ein eigenes Telefax- und Handygerät, lässt dies ebenfalls nicht ohne Weiteres auf ein unternehmerisches Risiko schließen. Voraussetzung dafür wäre es, dass diese Gegenstände gerade im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit angeschafft, hierfür eingesetzt und das hierfür aufgewandte Kapital bei Verlust des Auftrags und/oder ausbleibenden weiterer Aufträge als verloren anzusehen wäre. Dies kann jedenfalls bei Gegenständen, die heute auch in den meisten Haushalten Beschäftigter oder nicht erwerbstätiger Personen ohnehin regelmäßig zur privaten Nutzung vorhanden sind, nicht ohne spezielle diesbezügliche Tatsachenfeststellungen unterstellt werden.

38

ff) Im Rahmen der erneuten Verhandlung wird das LSG ggf schließlich zu prüfen haben, ob trotz bestehender Beschäftigung während der Durchführung der jeweiligen Aufträge Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit dieser Beschäftigung iS des § 8 SGB IV vorlag(zu den insoweit zu beachtenden Konstellationen vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 27 ff).

39

4. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

40

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG; insoweit war der Auffangstreitwert festzusetzen.

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2014 und des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juni 2013 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Beschäftigung versicherungspflichtig ist.

2

Die Beigeladene zu 1. betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Unternehmensberatung. Am Stammkapital in Höhe von 100 000 Euro war der Kläger mit 30 000 Euro, sein Mitgesellschafter B mit 70 000 Euro beteiligt. Im Gesellschaftsvertrag vom 11.9.2006 wurden keine Regelungen zur Abstimmung in der Gesellschafterversammlung getroffen. Sowohl der Kläger als auch sein Mitgesellschafter waren als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Am 16.1.2007 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1. einen "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag", den für die GmbH beide Gesellschafter unterzeichneten. Danach erhielt der Kläger für seine Tätigkeit eine jährliche, feste Vergütung, die in gleichen monatlichen Teilbeträgen am Ende eines Monats an ihn ausgezahlt wurde. Zusätzlich wurde eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsteilbetrages gezahlt. Wegen der Gründungssituation verzichtete der Kläger bis 1.3.2007 auf sein Monatsgehalt. Darüber hinaus gewährte er der Beigeladenen zu 1. eine Stundung des Gehalts, bis diese einen Umsatz von ca 500 000 Euro erzielte (längstens jedoch bis 31.12.2007). Der gestundete Betrag wurde sodann in voller Höhe mit dem Gehalt des Folgemonats fällig und mit 5 % pa verzinst. Der Kläger hatte einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von einem Jahr. Die Beigeladene zu 1. konnte den Vertrag bei Vorliegen eines wichtigen Grundes außerordentlich fristlos kündigen.

3

Die Beteiligten trafen darüber hinaus eine schriftliche Vereinbarung ua folgenden Inhalts:

        

§ 2 Geschäftsführerbefugnis
[…]

        

(3) Der Geschäftsführer hat ein Veto-Recht bei der Bestimmung weiterer Geschäftsführer als die beiden Geschäftsführer-Gesellschafter.

        

(4) Der Geschäftsführer ist wegen seiner fachlichen Kompetenz für die weitere Entwicklung und den Bestand der Gesellschaft von enormer Bedeutung und erhält daher ein Veto-Recht bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen.

4

Auf den Antrag des Klägers stellte die Beklagte (Deutsche Rentenversicherung Bund) mit Bescheid vom 28.4.2011 fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung seit 1.3.2007 bestehe. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 18.10.2011; Berichtigungsbescheid vom 12.6.2012).

5

Das SG hat die vorgenannten Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seit 1.3.2007 nicht versicherungspflichtig in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sei (Urteil vom 4.6.2013).

6

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Kläger sei als Selbstständiger für die Beigeladene zu 1. tätig. Er könne als Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung abwenden und die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich beeinflussen. Zwar habe sein Mitgesellschafter aufgrund seiner höheren Einlage die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Der Kläger verfüge jedoch über ein Veto-Recht bei weiteren Geschäftsführerbestellungen und bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen. Dieses Veto-Recht komme einem Stimmbindungsvertrag gleich und erstrecke sich auf alle wichtigen Entscheidungen der Gesellschaft. Der Kläger sei zudem als Geschäftsführer in seiner Vertretungsbefugnis nicht beschränkt und handele deshalb im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb weisungsfrei (Urteil vom 15.5.2014).

7

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 SGB IV. Der Kläger sei für die Beigeladene zu 1. in abhängiger Beschäftigung tätig gewesen. Die Auffassung des LSG, wonach er alle ihm nicht genehmen Beschlüsse und Weisungen habe abwenden können, stehe nicht im Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung. Das Veto-Recht sei ebenso wie eine außerhalb des Gesellschaftsvertrages geschlossene, jederzeit kündbare Stimmbindungsvereinbarung grundsätzlich nicht geeignet, eine sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende, nicht wirksam abbedungene Rechtsmacht zu negieren. Die Stimmrechtsvereinbarung greife nicht in Konfliktsituationen, insbesondere nicht im Fall der Abberufung des Minderheitsgesellschafters als Geschäftsführer. Schuldrechtlich vereinbart sei ein Veto-Recht nicht gegen sämtliche Entscheidungen der Gesellschafterversammlung, sondern lediglich gegen solche, die die geschäftliche Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. beträfen. Insbesondere sei die Abberufung von Geschäftsführern vom Veto-Recht nicht erfasst.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2014 und des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juni 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist begründet.

12

Zu Unrecht hat das LSG das Bestehen der Rentenversicherungspflicht des Klägers sowie die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Beschäftigung in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - eine GmbH - verneint. Die der Klage stattgebenden gegenteiligen Urteile der Vorinstanzen waren aufzuheben und die Klage abzuweisen, weil die angefochtenen Bescheide revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

13

1. Auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - ist für die Zeit vom 1.3.2007 bis 15.5.2014 (= Tag der mündlichen Verhandlung vor dem LSG) ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. anzunehmen mit der Folge, dass der Kläger versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.

14

Das LSG ist in seinem Urteil zwar zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von - zu Versicherungspflicht führender - Beschäftigung und nicht versicherungspflichtiger selbstständiger Tätigkeit aufgestellten Grundsätzen ausgegangen. Danach enthält der zwischen der Beigeladenen zu 1. und dem Kläger geschlossene Anstellungsvertrag Regelungen, wie sie für ein Arbeitsverhältnis typisch sind (dazu a). Eine davon abweichende Beurteilung der Tätigkeit als versicherungspflichtige Beschäftigung ergibt sich insbesondere nicht schon daraus, dass der Kläger der Beigeladenen zu 1. im ersten Jahr seiner Tätigkeit (ab dem 1.3.2007) das ihm geschuldete Monatsgehalt stundete und es dieser als Darlehen gewährte (dazu b). Dem LSG kann allerdings im Weiteren nicht darin gefolgt werden, dass die im Falle des Klägers für eine selbstständige Tätigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts sprechenden Indizien aus sonstigen Gründen überwögen; seine Annahme, der Kläger habe als Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung abwenden und die Geschicke der Gesellschaft deshalb maßgeblich beeinflussen können, trägt nicht, weil der Kläger lediglich über ein ihm in seinem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag eingeräumtes Veto-Recht verfügte und deshalb keine vergleichbare Stellung innehatte, wie sie derjenigen eines mit einer gesellschaftsvertraglichen Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführers entspricht (dazu c).

15

a) In dem hier streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Allgemeiner gesetzlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 2 SGB IV).

16

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 23 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 14; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN).

17

Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).

18

Nach diesen allgemeinen rechtlichen Maßstäben sprechen die äußeren Umstände hier für eine abhängige Beschäftigung. Ausgehend von den Feststellungen des LSG enthält der Anstellungsvertrag vom 16.1.2007 zahlreiche Elemente, wie sie für ein Arbeitsverhältnis typisch und für das Gesamtbild einer Beschäftigung wesentlich mitbestimmend sind. Der Kläger erhielt danach für seine Tätigkeit eine jährliche, feste Vergütung, die in gleichen monatlichen Teilbeträgen am Ende eines Monats an ihn ausgezahlt wurde. Zusätzlich wurde eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsteilbetrages gezahlt. Auch hatte der Kläger einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von einem Jahr. Damit liegen typische Elemente eines Arbeitsverhältnisses iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV vor. Dass der Kläger vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer wiederholt entschieden hat(vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 27 mwN) - nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

19

b) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger im ersten Jahr seiner Tätigkeit das ihm ab dem 1.3.2007 geschuldete Monatsgehalt der Beigeladenen zu 1. stundete und es ihr als Darlehen gewährte. Aufgrund dieser Umstände ist nicht schon die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger ein Unternehmerrisiko trug, das bei der Beurteilung des Gesamtbildes seiner Tätigkeit in seinem Sinne entscheidend ins Gewicht fiele.

20

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - Juris RdNr 24; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, dass eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann hinreichendes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 28.9.2011, aaO).

21

Die Stundung bzw Darlehensgewährung des Klägers begründet kein solches mit seiner vorliegend zu beurteilenden Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. verbundenes Unternehmerrisiko. Der Senat hat bereits in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass auch Darlehen des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber nicht gänzlich ungewöhnlich, sondern vor allem dann anzutreffen sind, wenn der Arbeitnehmer zur Überwindung wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Arbeitgebers beitragen will (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60; zu einem - im Ergebnis ebenfalls nicht zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit führenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen vgl auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f). So verhielt es sich auch hier. Der Beigeladenen zu 1. sollte ausgehend von den Feststellungen des LSG nämlich "wegen der Gründungssituation" Liquidität verschafft werden. Auch sollte das Darlehen nur befristet gewährt werden, solange bis ein Umsatz von ca 500 000 Euro erzielt wurde, längstens bis 31.12.2007. Danach sollte der gestundete Betrag in voller Höhe mit dem Gehalt des Folgemonats fällig sein und mit 5 % pa verzinst werden. Die Darlehensgewährung war damit gerade nicht fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1., sondern diente der Beigeladenen zu 1. als Unterstützung lediglich in der Anfangsphase der Geschäftstätigkeit (anders für den für Arbeitsverträge untypischen Fall, dass ein Darlehen nicht auf den Fall der Not oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH beschränkt, sondern fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses ist BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60). Unmittelbar im Anschluss daran erhielt der Kläger auch wieder sein monatliches festes Gehalt als Gegenleistung für den Einsatz seiner Arbeitskraft.

22

c) Entgegen der Ansicht des LSG lässt sich die Selbstständigkeit des Klägers in seiner streitigen Tätigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt bejahen, dass es ihm jederzeit möglich gewesen wäre, ihm nicht genehme Weisungen durch die Gesellschafterversammlung abzuwenden. Derartige Befugnisse ergaben sich weder aus seiner Stellung als Mitgesellschafter der Beigeladenen zu 1. allgemein (dazu im Folgenden aa) noch aus dem ihm in seinem Anstellungsvertrag als Geschäftsführer eingeräumten Veto-Recht (dazu bb).

23

aa) Der Kläger verfügte als Minderheitsgesellschafter der Beigeladenen zu 1. in der Gesellschafterversammlung nicht über eine vergleichbare Stellung, wie sie ein - mit einer im Gesellschaftsvertrag begründeten - Sperrminorität ausgestatteten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer innehat.

24

Ist ein GmbH-Geschäftsführer - wie hier der Kläger - zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN; zuletzt BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 25).

25

Der Kläger verfügte als Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. nur über einen Anteil am Stammkapital von 30 % und damit angesichts seines 70 % der Anteile haltenden Mitgesellschafter B nicht über die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Da der Gesellschaftsvertrag keine Regelungen zur Abstimmung in der Gesellschafterversammlung enthielt, galt § 47 Abs 1 iVm Abs 2 GmbHG, wonach die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgten. Zugleich gaben die Regelungen des Gesellschaftsvertrags keine Einstimmigkeit für Gesellschafterbeschlüsse vor, die dem Kläger als Minderheitsgesellschafter eine Sperrminorität vermittelt hätte.

26

bb) Dass dem Kläger darüber hinaus in seinem Anstellungsvertrag mit der Beigeladenen zu 1. ein Veto-Recht bei der Bestimmung weiterer Geschäftsführer als die beiden Geschäftsführer-Gesellschafter und bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen, eingeräumt wurde, rechtfertigt keine Gleichstellung mit einem mit Sperrminorität ausgestatteten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer im Sinne der unter aa) dargestellten allgemeinen Grundsätze.

27

Es kann insoweit dahinstehen, ob dieses Veto-Recht des Klägers im Verhältnis zum Mitgesellschafter B. wirksam vereinbart wurde und - bejahendenfalls - ob das Veto-Recht inhaltlich umfassend ausgestaltet war (dazu <1>). Denn das dem Kläger nur schuldrechtlich als Bestandteil des Anstellungsvertrags eingeräumte Veto-Recht teilte das rechtliche Schicksal des Anstellungsvertrags und war insoweit nicht "kündigungsfest" im Sinne uneingeschränkt damit verbundener Einflussmöglichkeiten (dazu <2>). Die Frage, ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich im Übrigen ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV(dazu näher <3>).

28

<1> Ob dem Kläger ein Veto-Recht für Abstimmungen in Gesellschafterversammlungen überhaupt wirksam eingeräumt wurde, muss der Senat nicht entscheiden. Zwar können solche Vereinbarungen der Gesellschafter grundsätzlich auch außerhalb des - nach § 2 Abs 1 GmbHG notarieller Beurkundung unterliegenden - Gesellschaftsvertrags schriftlich getroffen und das Stimmrecht eines Mehrheitsgesellschafters formlos, dh ohne notarielle Beurkundung eingeschränkt werden<1> Ob dem Kläger ein Veto-Recht für Abstimmungen in Gesellschafterversammlungen überhaupt wirksam eingeräumt wurde, muss der Senat nicht entscheiden. Zwar können solche Vereinbarungen der Gesellschafter grundsätzlich auch außerhalb des - nach § 2 Abs 1 GmbHG notarieller Beurkundung unterliegenden - Gesellschaftsvertrags schriftlich getroffen und das Stimmrecht eines Mehrheitsgesellschafters formlos, dh ohne notarielle Beurkundung eingeschränkt werden( zur Zulässigkeit vgl zB BGH Urteil vom 27.10.1986 - II ZR 240/85 - NJW 1987, 1890 sowie vom 7.2.1983 - II ZR 25/82 - ZIP 1983, 432; vgl auch Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl 2015, § 3 RdNr 58, § 47 RdNr 38 jeweils mwN ). Allerdings muss eine solche wirksame schuldrechtliche Beschränkung des Stimmrechts regelmäßig durch eine Vereinbarung des Begünstigten mit dem Stimmrechtsinhaber erfolgen (vgl Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl 2002, § 47 RdNr 36 und 38; Roth, aaO, § 47 RdNr 38); der insoweit durch die zusätzlichen Befugnisse des Klägers betroffene Mitgesellschafter B (= Stimmrechtsinhaber) war indessen nicht Vertragspartner des Klägers, vielmehr war das Veto-Recht des Klägers Bestandteil des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. als seiner Arbeitgeberin geschlossenen Anstellungsvertrages. Darauf, ob durch die Vereinbarung der Stimmrechtsbindung im Anstellungsvertrag gleichwohl eine wirksame Verpflichtung auch des betroffenen Mitgesellschafters B zustande kam, muss - aus noch unter (2) und (3) darzustellenden Gründen - indessen nicht näher eingegangen werden (vgl ebenso offenlassend für ähnliche Konstellationen BGH Urteil vom 7.2.1983 - II ZR 25/82 - Juris RdNr 8; sowie vom 27.10.1986 - II ZR 240/85 - Juris RdNr 15; zur dabei gebotenen Differenzierung zwischen Anstellungsvertrag und Gesellschaftsvertrag vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 15). Gleichermaßen kann - ginge man hier von der Wirksamkeit der Stimmrechtsvereinbarung allgemein aus - offenbleiben, ob dem Kläger das Veto-Recht des Klägers umfassend oder nur eingeschränkt auf einzelne Beschlussinhalte der Gesellschafterversammlung erteilt wurde (zum Nichtausreichen einer nur auf einzelne Gegenstände beschränkten Rechtsmacht zur Verhinderung von Weisungen der Gesellschafterversammlung für die Annahme selbstständiger Tätigkeit vgl bereits BSG SozR 3-4100 § 168 Nr 8 Leitsatz und S 16).

29

<2> Eines Eingehens auf die unter <1> angesprochenen Fragen bedarf es deshalb nicht, weil ein Veto-Recht in der Gesellschafterversammlung, das dem Minderheitsgesellschafter - wie hier dem Kläger - außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich eingeräumt wurde und zumindest außerordentlich kündbar ist, auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit nicht geeignet ist, bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger zu begründen. Das Veto-Recht des Klägers teilt als Inhalt des Anstellungsvertrages nämlich das rechtliche Schicksal dieses Vertrages. Nach Kündigung des Anstellungsvertrages entfällt daher zugleich auch das Veto-Recht und die damit verbundene, allein in diesem (einfach-schriftlichen) Vertrag eingeräumte Einflussmöglichkeit des Klägers als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung. Das Veto-Recht war als Teil des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages - jedenfalls aus wichtigem Grund - durch den Mitgesellschafter kündbar, ohne dass der Kläger dies hätte verhindern können <2> Eines Eingehens auf die unter <1> angesprochenen Fragen bedarf es deshalb nicht, weil ein Veto-Recht in der Gesellschafterversammlung, das dem Minderheitsgesellschafter - wie hier dem Kläger - außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich eingeräumt wurde und zumindest außerordentlich kündbar ist, auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit nicht geeignet ist, bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger zu begründen. Das Veto-Recht des Klägers teilt als Inhalt des Anstellungsvertrages nämlich das rechtliche Schicksal dieses Vertrages. Nach Kündigung des Anstellungsvertrages entfällt daher zugleich auch das Veto-Recht und die damit verbundene, allein in diesem (einfach-schriftlichen) Vertrag eingeräumte Einflussmöglichkeit des Klägers als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung. Das Veto-Recht war als Teil des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages - jedenfalls aus wichtigem Grund - durch den Mitgesellschafter kündbar, ohne dass der Kläger dies hätte verhindern können (im Ergebnis - allgemein - ebenso: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 81 sowie BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 26). Der Anstellungsvertrag des Klägers war vorliegend von der Beigeladenen zu 1. aus wichtigem Grund schon nach § 626 BGB kündbar(zu den Voraussetzungen dafür vgl BGH Urteil vom 28.10.2002 - II ZR 353/00 - Juris RdNr 7 ff). Zugunsten der Beigeladenen zu 1. war ein solches außerordentliches Kündigungsrecht hier indessen sogar in § 8 Abs 2 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages ausdrücklich vorgesehen. Die Bestellung eines Geschäftsführers kann darüber hinaus aus wichtigem Grund nach § 38 Abs 2 GmbHG widerrufen werden(zur rechtlich unabhängig voneinander möglichen Beendigung von Organ- und Anstellungsverhältnis nach den jeweils dafür geltenden Vorschriften vgl BGH Urteil vom 28.10.2002 - II ZR 146/02 - Juris RdNr 9; zur dabei zudem ausgeschlossenen Mitwirkung des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers an der Beschlussfassung über Abberufung als Geschäftsführer bzw über die Kündigung seines Anstellungsverhältnisses vgl BGH Urteil vom 21.4.1969 - II ZR 200/67 - Juris RdNr 25; BGHZ 86, 177 f; BGH Urteil vom 27.10.1986 - II ZR 74/85 - Juris RdNr 10).

30

<3> Die vorstehend dargestellten gesellschaftsrechtlichen Ausführungen zur Beendigungsmöglichkeit von einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer außerhalb des Gesellschaftsvertrages eingeräumten Rechten haben im Fall des Klägers gleichermaßen Auswirkungen auf die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status.<3> Die vorstehend dargestellten gesellschaftsrechtlichen Ausführungen zur Beendigungsmöglichkeit von einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer außerhalb des Gesellschaftsvertrages eingeräumten Rechten haben im Fall des Klägers gleichermaßen Auswirkungen auf die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status.

31

Ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Statusentscheidung bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV. Dass eine Kündigung des Veto-Rechts in der streitigen Zeit tatsächlich nicht erklärt wurde, ist deshalb ohne Bedeutung. Bei einem Konfliktfall zwischen den Gesellschaftern wäre nämlich jedenfalls allein die dem jeweils anderen Gesellschafter aufgrund des Kündigungsrechts zustehende Rechtsmacht zum Tragen gekommen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen wieder eine Weisungsunterworfenheit des Klägers unter die Beigeladene zu 1. bestand. Eine solche Situation ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände aber nicht hinnehmbar. So hat der Senat bereits in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht bzw fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (so schon für Familien-Unternehmen zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29-30; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32; BSG SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16; aus der früheren Rspr: BSG SozR Nr 6 zu § 168 RVO; BSG SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; BSG SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103). Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit ist es, das das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und von Wertungen des - an ganz anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten - Gesellschaftsrechts unterscheidet (vgl dazu ausführlich BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

32

Vor diesem Hintergrund ist sozialversicherungsrechtlich bedeutsam, dass im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Minderheitenrechte eine ganz andere Stellung des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers vermitteln als im vorliegenden Fall. Die Anforderungen an die Aufhebung gesellschaftsvertraglicher Regelungen sind nämlich ungleich höher als bei einer bloßen "einfachen" Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund: Der Beschluss über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages muss nach § 53 Abs 2 GmbHG notariell beurkundet werden und bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Wer als Minderheitsgesellschafter über eine solche ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Sperrminorität verfügt, kann sich deshalb im Konfliktfall gegen eine Entziehung seiner Sperrminorität wehren und diese nicht - insbesondere nicht anlassbezogen - allein schon durch die Ausübung eines fremden Kündigungsrechts wieder verlieren. Hinzu kommt, dass der Gesellschaftsvertrag und spätere Änderungen zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sind (§§ 8, 54 GmbHG). Nur im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarte Minderheitenrechte können deshalb für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Gesamtbildes ihrer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet werden soll (zu den dabei sozialversicherungsrechtlich maßgebenden Erwägungen vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32 mwN).

33

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2014 und des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juni 2013 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Beschäftigung versicherungspflichtig ist.

2

Die Beigeladene zu 1. betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Unternehmensberatung. Am Stammkapital in Höhe von 100 000 Euro war der Kläger mit 30 000 Euro, sein Mitgesellschafter B mit 70 000 Euro beteiligt. Im Gesellschaftsvertrag vom 11.9.2006 wurden keine Regelungen zur Abstimmung in der Gesellschafterversammlung getroffen. Sowohl der Kläger als auch sein Mitgesellschafter waren als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Am 16.1.2007 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1. einen "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag", den für die GmbH beide Gesellschafter unterzeichneten. Danach erhielt der Kläger für seine Tätigkeit eine jährliche, feste Vergütung, die in gleichen monatlichen Teilbeträgen am Ende eines Monats an ihn ausgezahlt wurde. Zusätzlich wurde eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsteilbetrages gezahlt. Wegen der Gründungssituation verzichtete der Kläger bis 1.3.2007 auf sein Monatsgehalt. Darüber hinaus gewährte er der Beigeladenen zu 1. eine Stundung des Gehalts, bis diese einen Umsatz von ca 500 000 Euro erzielte (längstens jedoch bis 31.12.2007). Der gestundete Betrag wurde sodann in voller Höhe mit dem Gehalt des Folgemonats fällig und mit 5 % pa verzinst. Der Kläger hatte einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von einem Jahr. Die Beigeladene zu 1. konnte den Vertrag bei Vorliegen eines wichtigen Grundes außerordentlich fristlos kündigen.

3

Die Beteiligten trafen darüber hinaus eine schriftliche Vereinbarung ua folgenden Inhalts:

        

§ 2 Geschäftsführerbefugnis
[…]

        

(3) Der Geschäftsführer hat ein Veto-Recht bei der Bestimmung weiterer Geschäftsführer als die beiden Geschäftsführer-Gesellschafter.

        

(4) Der Geschäftsführer ist wegen seiner fachlichen Kompetenz für die weitere Entwicklung und den Bestand der Gesellschaft von enormer Bedeutung und erhält daher ein Veto-Recht bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen.

4

Auf den Antrag des Klägers stellte die Beklagte (Deutsche Rentenversicherung Bund) mit Bescheid vom 28.4.2011 fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung seit 1.3.2007 bestehe. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 18.10.2011; Berichtigungsbescheid vom 12.6.2012).

5

Das SG hat die vorgenannten Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seit 1.3.2007 nicht versicherungspflichtig in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sei (Urteil vom 4.6.2013).

6

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Kläger sei als Selbstständiger für die Beigeladene zu 1. tätig. Er könne als Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung abwenden und die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich beeinflussen. Zwar habe sein Mitgesellschafter aufgrund seiner höheren Einlage die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Der Kläger verfüge jedoch über ein Veto-Recht bei weiteren Geschäftsführerbestellungen und bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen. Dieses Veto-Recht komme einem Stimmbindungsvertrag gleich und erstrecke sich auf alle wichtigen Entscheidungen der Gesellschaft. Der Kläger sei zudem als Geschäftsführer in seiner Vertretungsbefugnis nicht beschränkt und handele deshalb im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb weisungsfrei (Urteil vom 15.5.2014).

7

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 SGB IV. Der Kläger sei für die Beigeladene zu 1. in abhängiger Beschäftigung tätig gewesen. Die Auffassung des LSG, wonach er alle ihm nicht genehmen Beschlüsse und Weisungen habe abwenden können, stehe nicht im Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung. Das Veto-Recht sei ebenso wie eine außerhalb des Gesellschaftsvertrages geschlossene, jederzeit kündbare Stimmbindungsvereinbarung grundsätzlich nicht geeignet, eine sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende, nicht wirksam abbedungene Rechtsmacht zu negieren. Die Stimmrechtsvereinbarung greife nicht in Konfliktsituationen, insbesondere nicht im Fall der Abberufung des Minderheitsgesellschafters als Geschäftsführer. Schuldrechtlich vereinbart sei ein Veto-Recht nicht gegen sämtliche Entscheidungen der Gesellschafterversammlung, sondern lediglich gegen solche, die die geschäftliche Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. beträfen. Insbesondere sei die Abberufung von Geschäftsführern vom Veto-Recht nicht erfasst.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2014 und des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juni 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist begründet.

12

Zu Unrecht hat das LSG das Bestehen der Rentenversicherungspflicht des Klägers sowie die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Beschäftigung in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - eine GmbH - verneint. Die der Klage stattgebenden gegenteiligen Urteile der Vorinstanzen waren aufzuheben und die Klage abzuweisen, weil die angefochtenen Bescheide revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

13

1. Auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - ist für die Zeit vom 1.3.2007 bis 15.5.2014 (= Tag der mündlichen Verhandlung vor dem LSG) ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. anzunehmen mit der Folge, dass der Kläger versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.

14

Das LSG ist in seinem Urteil zwar zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von - zu Versicherungspflicht führender - Beschäftigung und nicht versicherungspflichtiger selbstständiger Tätigkeit aufgestellten Grundsätzen ausgegangen. Danach enthält der zwischen der Beigeladenen zu 1. und dem Kläger geschlossene Anstellungsvertrag Regelungen, wie sie für ein Arbeitsverhältnis typisch sind (dazu a). Eine davon abweichende Beurteilung der Tätigkeit als versicherungspflichtige Beschäftigung ergibt sich insbesondere nicht schon daraus, dass der Kläger der Beigeladenen zu 1. im ersten Jahr seiner Tätigkeit (ab dem 1.3.2007) das ihm geschuldete Monatsgehalt stundete und es dieser als Darlehen gewährte (dazu b). Dem LSG kann allerdings im Weiteren nicht darin gefolgt werden, dass die im Falle des Klägers für eine selbstständige Tätigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts sprechenden Indizien aus sonstigen Gründen überwögen; seine Annahme, der Kläger habe als Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung abwenden und die Geschicke der Gesellschaft deshalb maßgeblich beeinflussen können, trägt nicht, weil der Kläger lediglich über ein ihm in seinem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag eingeräumtes Veto-Recht verfügte und deshalb keine vergleichbare Stellung innehatte, wie sie derjenigen eines mit einer gesellschaftsvertraglichen Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführers entspricht (dazu c).

15

a) In dem hier streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Allgemeiner gesetzlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 2 SGB IV).

16

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 23 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 14; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN).

17

Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).

18

Nach diesen allgemeinen rechtlichen Maßstäben sprechen die äußeren Umstände hier für eine abhängige Beschäftigung. Ausgehend von den Feststellungen des LSG enthält der Anstellungsvertrag vom 16.1.2007 zahlreiche Elemente, wie sie für ein Arbeitsverhältnis typisch und für das Gesamtbild einer Beschäftigung wesentlich mitbestimmend sind. Der Kläger erhielt danach für seine Tätigkeit eine jährliche, feste Vergütung, die in gleichen monatlichen Teilbeträgen am Ende eines Monats an ihn ausgezahlt wurde. Zusätzlich wurde eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsteilbetrages gezahlt. Auch hatte der Kläger einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von einem Jahr. Damit liegen typische Elemente eines Arbeitsverhältnisses iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV vor. Dass der Kläger vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer wiederholt entschieden hat(vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 27 mwN) - nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

19

b) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger im ersten Jahr seiner Tätigkeit das ihm ab dem 1.3.2007 geschuldete Monatsgehalt der Beigeladenen zu 1. stundete und es ihr als Darlehen gewährte. Aufgrund dieser Umstände ist nicht schon die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger ein Unternehmerrisiko trug, das bei der Beurteilung des Gesamtbildes seiner Tätigkeit in seinem Sinne entscheidend ins Gewicht fiele.

20

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - Juris RdNr 24; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, dass eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann hinreichendes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 28.9.2011, aaO).

21

Die Stundung bzw Darlehensgewährung des Klägers begründet kein solches mit seiner vorliegend zu beurteilenden Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. verbundenes Unternehmerrisiko. Der Senat hat bereits in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass auch Darlehen des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber nicht gänzlich ungewöhnlich, sondern vor allem dann anzutreffen sind, wenn der Arbeitnehmer zur Überwindung wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Arbeitgebers beitragen will (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60; zu einem - im Ergebnis ebenfalls nicht zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit führenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen vgl auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f). So verhielt es sich auch hier. Der Beigeladenen zu 1. sollte ausgehend von den Feststellungen des LSG nämlich "wegen der Gründungssituation" Liquidität verschafft werden. Auch sollte das Darlehen nur befristet gewährt werden, solange bis ein Umsatz von ca 500 000 Euro erzielt wurde, längstens bis 31.12.2007. Danach sollte der gestundete Betrag in voller Höhe mit dem Gehalt des Folgemonats fällig sein und mit 5 % pa verzinst werden. Die Darlehensgewährung war damit gerade nicht fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1., sondern diente der Beigeladenen zu 1. als Unterstützung lediglich in der Anfangsphase der Geschäftstätigkeit (anders für den für Arbeitsverträge untypischen Fall, dass ein Darlehen nicht auf den Fall der Not oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH beschränkt, sondern fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses ist BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60). Unmittelbar im Anschluss daran erhielt der Kläger auch wieder sein monatliches festes Gehalt als Gegenleistung für den Einsatz seiner Arbeitskraft.

22

c) Entgegen der Ansicht des LSG lässt sich die Selbstständigkeit des Klägers in seiner streitigen Tätigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt bejahen, dass es ihm jederzeit möglich gewesen wäre, ihm nicht genehme Weisungen durch die Gesellschafterversammlung abzuwenden. Derartige Befugnisse ergaben sich weder aus seiner Stellung als Mitgesellschafter der Beigeladenen zu 1. allgemein (dazu im Folgenden aa) noch aus dem ihm in seinem Anstellungsvertrag als Geschäftsführer eingeräumten Veto-Recht (dazu bb).

23

aa) Der Kläger verfügte als Minderheitsgesellschafter der Beigeladenen zu 1. in der Gesellschafterversammlung nicht über eine vergleichbare Stellung, wie sie ein - mit einer im Gesellschaftsvertrag begründeten - Sperrminorität ausgestatteten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer innehat.

24

Ist ein GmbH-Geschäftsführer - wie hier der Kläger - zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN; zuletzt BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 25).

25

Der Kläger verfügte als Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. nur über einen Anteil am Stammkapital von 30 % und damit angesichts seines 70 % der Anteile haltenden Mitgesellschafter B nicht über die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Da der Gesellschaftsvertrag keine Regelungen zur Abstimmung in der Gesellschafterversammlung enthielt, galt § 47 Abs 1 iVm Abs 2 GmbHG, wonach die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgten. Zugleich gaben die Regelungen des Gesellschaftsvertrags keine Einstimmigkeit für Gesellschafterbeschlüsse vor, die dem Kläger als Minderheitsgesellschafter eine Sperrminorität vermittelt hätte.

26

bb) Dass dem Kläger darüber hinaus in seinem Anstellungsvertrag mit der Beigeladenen zu 1. ein Veto-Recht bei der Bestimmung weiterer Geschäftsführer als die beiden Geschäftsführer-Gesellschafter und bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen, eingeräumt wurde, rechtfertigt keine Gleichstellung mit einem mit Sperrminorität ausgestatteten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer im Sinne der unter aa) dargestellten allgemeinen Grundsätze.

27

Es kann insoweit dahinstehen, ob dieses Veto-Recht des Klägers im Verhältnis zum Mitgesellschafter B. wirksam vereinbart wurde und - bejahendenfalls - ob das Veto-Recht inhaltlich umfassend ausgestaltet war (dazu <1>). Denn das dem Kläger nur schuldrechtlich als Bestandteil des Anstellungsvertrags eingeräumte Veto-Recht teilte das rechtliche Schicksal des Anstellungsvertrags und war insoweit nicht "kündigungsfest" im Sinne uneingeschränkt damit verbundener Einflussmöglichkeiten (dazu <2>). Die Frage, ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich im Übrigen ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV(dazu näher <3>).

28

<1> Ob dem Kläger ein Veto-Recht für Abstimmungen in Gesellschafterversammlungen überhaupt wirksam eingeräumt wurde, muss der Senat nicht entscheiden. Zwar können solche Vereinbarungen der Gesellschafter grundsätzlich auch außerhalb des - nach § 2 Abs 1 GmbHG notarieller Beurkundung unterliegenden - Gesellschaftsvertrags schriftlich getroffen und das Stimmrecht eines Mehrheitsgesellschafters formlos, dh ohne notarielle Beurkundung eingeschränkt werden<1> Ob dem Kläger ein Veto-Recht für Abstimmungen in Gesellschafterversammlungen überhaupt wirksam eingeräumt wurde, muss der Senat nicht entscheiden. Zwar können solche Vereinbarungen der Gesellschafter grundsätzlich auch außerhalb des - nach § 2 Abs 1 GmbHG notarieller Beurkundung unterliegenden - Gesellschaftsvertrags schriftlich getroffen und das Stimmrecht eines Mehrheitsgesellschafters formlos, dh ohne notarielle Beurkundung eingeschränkt werden( zur Zulässigkeit vgl zB BGH Urteil vom 27.10.1986 - II ZR 240/85 - NJW 1987, 1890 sowie vom 7.2.1983 - II ZR 25/82 - ZIP 1983, 432; vgl auch Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl 2015, § 3 RdNr 58, § 47 RdNr 38 jeweils mwN ). Allerdings muss eine solche wirksame schuldrechtliche Beschränkung des Stimmrechts regelmäßig durch eine Vereinbarung des Begünstigten mit dem Stimmrechtsinhaber erfolgen (vgl Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl 2002, § 47 RdNr 36 und 38; Roth, aaO, § 47 RdNr 38); der insoweit durch die zusätzlichen Befugnisse des Klägers betroffene Mitgesellschafter B (= Stimmrechtsinhaber) war indessen nicht Vertragspartner des Klägers, vielmehr war das Veto-Recht des Klägers Bestandteil des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. als seiner Arbeitgeberin geschlossenen Anstellungsvertrages. Darauf, ob durch die Vereinbarung der Stimmrechtsbindung im Anstellungsvertrag gleichwohl eine wirksame Verpflichtung auch des betroffenen Mitgesellschafters B zustande kam, muss - aus noch unter (2) und (3) darzustellenden Gründen - indessen nicht näher eingegangen werden (vgl ebenso offenlassend für ähnliche Konstellationen BGH Urteil vom 7.2.1983 - II ZR 25/82 - Juris RdNr 8; sowie vom 27.10.1986 - II ZR 240/85 - Juris RdNr 15; zur dabei gebotenen Differenzierung zwischen Anstellungsvertrag und Gesellschaftsvertrag vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 15). Gleichermaßen kann - ginge man hier von der Wirksamkeit der Stimmrechtsvereinbarung allgemein aus - offenbleiben, ob dem Kläger das Veto-Recht des Klägers umfassend oder nur eingeschränkt auf einzelne Beschlussinhalte der Gesellschafterversammlung erteilt wurde (zum Nichtausreichen einer nur auf einzelne Gegenstände beschränkten Rechtsmacht zur Verhinderung von Weisungen der Gesellschafterversammlung für die Annahme selbstständiger Tätigkeit vgl bereits BSG SozR 3-4100 § 168 Nr 8 Leitsatz und S 16).

29

<2> Eines Eingehens auf die unter <1> angesprochenen Fragen bedarf es deshalb nicht, weil ein Veto-Recht in der Gesellschafterversammlung, das dem Minderheitsgesellschafter - wie hier dem Kläger - außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich eingeräumt wurde und zumindest außerordentlich kündbar ist, auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit nicht geeignet ist, bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger zu begründen. Das Veto-Recht des Klägers teilt als Inhalt des Anstellungsvertrages nämlich das rechtliche Schicksal dieses Vertrages. Nach Kündigung des Anstellungsvertrages entfällt daher zugleich auch das Veto-Recht und die damit verbundene, allein in diesem (einfach-schriftlichen) Vertrag eingeräumte Einflussmöglichkeit des Klägers als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung. Das Veto-Recht war als Teil des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages - jedenfalls aus wichtigem Grund - durch den Mitgesellschafter kündbar, ohne dass der Kläger dies hätte verhindern können <2> Eines Eingehens auf die unter <1> angesprochenen Fragen bedarf es deshalb nicht, weil ein Veto-Recht in der Gesellschafterversammlung, das dem Minderheitsgesellschafter - wie hier dem Kläger - außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich eingeräumt wurde und zumindest außerordentlich kündbar ist, auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit nicht geeignet ist, bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger zu begründen. Das Veto-Recht des Klägers teilt als Inhalt des Anstellungsvertrages nämlich das rechtliche Schicksal dieses Vertrages. Nach Kündigung des Anstellungsvertrages entfällt daher zugleich auch das Veto-Recht und die damit verbundene, allein in diesem (einfach-schriftlichen) Vertrag eingeräumte Einflussmöglichkeit des Klägers als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung. Das Veto-Recht war als Teil des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages - jedenfalls aus wichtigem Grund - durch den Mitgesellschafter kündbar, ohne dass der Kläger dies hätte verhindern können (im Ergebnis - allgemein - ebenso: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 81 sowie BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 26). Der Anstellungsvertrag des Klägers war vorliegend von der Beigeladenen zu 1. aus wichtigem Grund schon nach § 626 BGB kündbar(zu den Voraussetzungen dafür vgl BGH Urteil vom 28.10.2002 - II ZR 353/00 - Juris RdNr 7 ff). Zugunsten der Beigeladenen zu 1. war ein solches außerordentliches Kündigungsrecht hier indessen sogar in § 8 Abs 2 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages ausdrücklich vorgesehen. Die Bestellung eines Geschäftsführers kann darüber hinaus aus wichtigem Grund nach § 38 Abs 2 GmbHG widerrufen werden(zur rechtlich unabhängig voneinander möglichen Beendigung von Organ- und Anstellungsverhältnis nach den jeweils dafür geltenden Vorschriften vgl BGH Urteil vom 28.10.2002 - II ZR 146/02 - Juris RdNr 9; zur dabei zudem ausgeschlossenen Mitwirkung des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers an der Beschlussfassung über Abberufung als Geschäftsführer bzw über die Kündigung seines Anstellungsverhältnisses vgl BGH Urteil vom 21.4.1969 - II ZR 200/67 - Juris RdNr 25; BGHZ 86, 177 f; BGH Urteil vom 27.10.1986 - II ZR 74/85 - Juris RdNr 10).

30

<3> Die vorstehend dargestellten gesellschaftsrechtlichen Ausführungen zur Beendigungsmöglichkeit von einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer außerhalb des Gesellschaftsvertrages eingeräumten Rechten haben im Fall des Klägers gleichermaßen Auswirkungen auf die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status.<3> Die vorstehend dargestellten gesellschaftsrechtlichen Ausführungen zur Beendigungsmöglichkeit von einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer außerhalb des Gesellschaftsvertrages eingeräumten Rechten haben im Fall des Klägers gleichermaßen Auswirkungen auf die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status.

31

Ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Statusentscheidung bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV. Dass eine Kündigung des Veto-Rechts in der streitigen Zeit tatsächlich nicht erklärt wurde, ist deshalb ohne Bedeutung. Bei einem Konfliktfall zwischen den Gesellschaftern wäre nämlich jedenfalls allein die dem jeweils anderen Gesellschafter aufgrund des Kündigungsrechts zustehende Rechtsmacht zum Tragen gekommen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen wieder eine Weisungsunterworfenheit des Klägers unter die Beigeladene zu 1. bestand. Eine solche Situation ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände aber nicht hinnehmbar. So hat der Senat bereits in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht bzw fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (so schon für Familien-Unternehmen zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29-30; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32; BSG SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16; aus der früheren Rspr: BSG SozR Nr 6 zu § 168 RVO; BSG SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; BSG SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103). Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit ist es, das das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und von Wertungen des - an ganz anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten - Gesellschaftsrechts unterscheidet (vgl dazu ausführlich BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

32

Vor diesem Hintergrund ist sozialversicherungsrechtlich bedeutsam, dass im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Minderheitenrechte eine ganz andere Stellung des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers vermitteln als im vorliegenden Fall. Die Anforderungen an die Aufhebung gesellschaftsvertraglicher Regelungen sind nämlich ungleich höher als bei einer bloßen "einfachen" Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund: Der Beschluss über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages muss nach § 53 Abs 2 GmbHG notariell beurkundet werden und bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Wer als Minderheitsgesellschafter über eine solche ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Sperrminorität verfügt, kann sich deshalb im Konfliktfall gegen eine Entziehung seiner Sperrminorität wehren und diese nicht - insbesondere nicht anlassbezogen - allein schon durch die Ausübung eines fremden Kündigungsrechts wieder verlieren. Hinzu kommt, dass der Gesellschaftsvertrag und spätere Änderungen zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sind (§§ 8, 54 GmbHG). Nur im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarte Minderheitenrechte können deshalb für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Gesamtbildes ihrer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet werden soll (zu den dabei sozialversicherungsrechtlich maßgebenden Erwägungen vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32 mwN).

33

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags kann nur durch Beschluss der Gesellschafter erfolgen.

(2) Der Beschluss bedarf einer Mehrheit von drei Vierteilen der abgegebenen Stimmen. Der Gesellschaftsvertrag kann noch andere Erfordernisse aufstellen.

(3) Der Beschluss muss notariell beurkundet werden. Erfolgt die Beschlussfassung einstimmig, so ist § 2 Absatz 3 Satz 1, 3 und 4 entsprechend anzuwenden.

(4) Eine Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsvertrag obliegenden Leistungen kann nur mit Zustimmung sämtlicher beteiligter Gesellschafter beschlossen werden.

(1) Der Anmeldung müssen beigefügt sein:

1.
der Gesellschaftsvertrag und im Fall des § 2 Abs. 2 die Vollmachten der Vertreter, welche den Gesellschaftsvertrag unterzeichnet haben, oder eine beglaubigte Abschrift dieser Urkunden,
2.
die Legitimation der Geschäftsführer, sofern dieselben nicht im Gesellschaftsvertrag bestellt sind,
3.
eine von den Anmeldenden unterschriebene oder mit den qualifizierten elektronischen Signaturen der Anmeldenden versehene Liste der Gesellschafter nach den Vorgaben des § 40,
4.
im Fall des § 5 Abs. 4 die Verträge, die den Festsetzungen zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen worden sind, und der Sachgründungsbericht,
5.
wenn Sacheinlagen vereinbart sind, Unterlagen darüber, daß der Wert der Sacheinlagen den Nennbetrag der dafür übernommenen Geschäftsanteile erreicht.
6.
(weggefallen)

(2) In der Anmeldung ist die Versicherung abzugeben, daß die in § 7 Abs. 2 und 3 bezeichneten Leistungen auf die Geschäftsanteile bewirkt sind und daß der Gegenstand der Leistungen sich endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befindet. Das Gericht kann bei erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit der Versicherung Nachweise wie insbesondere die Vorlage von Einzahlungsbelegen eines in der Europäischen Union niedergelassenen Finanzinstituts oder Zahlungsdienstleisters verlangen.

(3) In der Anmeldung haben die Geschäftsführer zu versichern, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 und 4 entgegenstehen, und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. Die Belehrung nach § 53 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes kann schriftlich vorgenommen werden; sie kann auch durch einen Notar oder einen im Ausland bestellten Notar, durch einen Vertreter eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs oder einen Konsularbeamten erfolgen.

(4) In der Anmeldung sind ferner anzugeben:

1.
eine inländische Geschäftsanschrift,
2.
Art und Umfang der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer.

(5) Für die Einreichung von Unterlagen nach diesem Gesetz gilt § 12 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs entsprechend.

(1) Die Abänderung des Gesellschaftsvertrags ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung ist der vollständige Wortlaut des Gesellschaftsvertrags beizufügen; er muß mit der Bescheinigung eines Notars versehen sein, daß die geänderten Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags mit dem Beschluß über die Änderung des Gesellschaftsvertrags und die unveränderten Bestimmungen mit dem zuletzt zum Handelsregister eingereichten vollständigen Wortlaut des Gesellschaftsvertrags übereinstimmen.

(2) Bei der Eintragung genügt, sofern nicht die Abänderung die in § 10 bezeichneten Angaben betrifft, die Bezugnahme auf die bei dem Gericht eingereichten Dokumente über die Abänderung.

(3) Die Abänderung hat keine rechtliche Wirkung, bevor sie in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft eingetragen ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2014 und des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juni 2013 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Beschäftigung versicherungspflichtig ist.

2

Die Beigeladene zu 1. betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Unternehmensberatung. Am Stammkapital in Höhe von 100 000 Euro war der Kläger mit 30 000 Euro, sein Mitgesellschafter B mit 70 000 Euro beteiligt. Im Gesellschaftsvertrag vom 11.9.2006 wurden keine Regelungen zur Abstimmung in der Gesellschafterversammlung getroffen. Sowohl der Kläger als auch sein Mitgesellschafter waren als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Am 16.1.2007 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1. einen "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag", den für die GmbH beide Gesellschafter unterzeichneten. Danach erhielt der Kläger für seine Tätigkeit eine jährliche, feste Vergütung, die in gleichen monatlichen Teilbeträgen am Ende eines Monats an ihn ausgezahlt wurde. Zusätzlich wurde eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsteilbetrages gezahlt. Wegen der Gründungssituation verzichtete der Kläger bis 1.3.2007 auf sein Monatsgehalt. Darüber hinaus gewährte er der Beigeladenen zu 1. eine Stundung des Gehalts, bis diese einen Umsatz von ca 500 000 Euro erzielte (längstens jedoch bis 31.12.2007). Der gestundete Betrag wurde sodann in voller Höhe mit dem Gehalt des Folgemonats fällig und mit 5 % pa verzinst. Der Kläger hatte einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von einem Jahr. Die Beigeladene zu 1. konnte den Vertrag bei Vorliegen eines wichtigen Grundes außerordentlich fristlos kündigen.

3

Die Beteiligten trafen darüber hinaus eine schriftliche Vereinbarung ua folgenden Inhalts:

        

§ 2 Geschäftsführerbefugnis
[…]

        

(3) Der Geschäftsführer hat ein Veto-Recht bei der Bestimmung weiterer Geschäftsführer als die beiden Geschäftsführer-Gesellschafter.

        

(4) Der Geschäftsführer ist wegen seiner fachlichen Kompetenz für die weitere Entwicklung und den Bestand der Gesellschaft von enormer Bedeutung und erhält daher ein Veto-Recht bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen.

4

Auf den Antrag des Klägers stellte die Beklagte (Deutsche Rentenversicherung Bund) mit Bescheid vom 28.4.2011 fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung seit 1.3.2007 bestehe. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 18.10.2011; Berichtigungsbescheid vom 12.6.2012).

5

Das SG hat die vorgenannten Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seit 1.3.2007 nicht versicherungspflichtig in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sei (Urteil vom 4.6.2013).

6

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Kläger sei als Selbstständiger für die Beigeladene zu 1. tätig. Er könne als Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung abwenden und die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich beeinflussen. Zwar habe sein Mitgesellschafter aufgrund seiner höheren Einlage die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Der Kläger verfüge jedoch über ein Veto-Recht bei weiteren Geschäftsführerbestellungen und bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen. Dieses Veto-Recht komme einem Stimmbindungsvertrag gleich und erstrecke sich auf alle wichtigen Entscheidungen der Gesellschaft. Der Kläger sei zudem als Geschäftsführer in seiner Vertretungsbefugnis nicht beschränkt und handele deshalb im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb weisungsfrei (Urteil vom 15.5.2014).

7

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 SGB IV. Der Kläger sei für die Beigeladene zu 1. in abhängiger Beschäftigung tätig gewesen. Die Auffassung des LSG, wonach er alle ihm nicht genehmen Beschlüsse und Weisungen habe abwenden können, stehe nicht im Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung. Das Veto-Recht sei ebenso wie eine außerhalb des Gesellschaftsvertrages geschlossene, jederzeit kündbare Stimmbindungsvereinbarung grundsätzlich nicht geeignet, eine sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende, nicht wirksam abbedungene Rechtsmacht zu negieren. Die Stimmrechtsvereinbarung greife nicht in Konfliktsituationen, insbesondere nicht im Fall der Abberufung des Minderheitsgesellschafters als Geschäftsführer. Schuldrechtlich vereinbart sei ein Veto-Recht nicht gegen sämtliche Entscheidungen der Gesellschafterversammlung, sondern lediglich gegen solche, die die geschäftliche Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. beträfen. Insbesondere sei die Abberufung von Geschäftsführern vom Veto-Recht nicht erfasst.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Mai 2014 und des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juni 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist begründet.

12

Zu Unrecht hat das LSG das Bestehen der Rentenversicherungspflicht des Klägers sowie die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Beschäftigung in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - eine GmbH - verneint. Die der Klage stattgebenden gegenteiligen Urteile der Vorinstanzen waren aufzuheben und die Klage abzuweisen, weil die angefochtenen Bescheide revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

13

1. Auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - ist für die Zeit vom 1.3.2007 bis 15.5.2014 (= Tag der mündlichen Verhandlung vor dem LSG) ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. anzunehmen mit der Folge, dass der Kläger versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.

14

Das LSG ist in seinem Urteil zwar zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von - zu Versicherungspflicht führender - Beschäftigung und nicht versicherungspflichtiger selbstständiger Tätigkeit aufgestellten Grundsätzen ausgegangen. Danach enthält der zwischen der Beigeladenen zu 1. und dem Kläger geschlossene Anstellungsvertrag Regelungen, wie sie für ein Arbeitsverhältnis typisch sind (dazu a). Eine davon abweichende Beurteilung der Tätigkeit als versicherungspflichtige Beschäftigung ergibt sich insbesondere nicht schon daraus, dass der Kläger der Beigeladenen zu 1. im ersten Jahr seiner Tätigkeit (ab dem 1.3.2007) das ihm geschuldete Monatsgehalt stundete und es dieser als Darlehen gewährte (dazu b). Dem LSG kann allerdings im Weiteren nicht darin gefolgt werden, dass die im Falle des Klägers für eine selbstständige Tätigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts sprechenden Indizien aus sonstigen Gründen überwögen; seine Annahme, der Kläger habe als Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung abwenden und die Geschicke der Gesellschaft deshalb maßgeblich beeinflussen können, trägt nicht, weil der Kläger lediglich über ein ihm in seinem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag eingeräumtes Veto-Recht verfügte und deshalb keine vergleichbare Stellung innehatte, wie sie derjenigen eines mit einer gesellschaftsvertraglichen Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführers entspricht (dazu c).

15

a) In dem hier streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 SGB III). Allgemeiner gesetzlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 2 SGB IV).

16

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 23 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 14; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN).

17

Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).

18

Nach diesen allgemeinen rechtlichen Maßstäben sprechen die äußeren Umstände hier für eine abhängige Beschäftigung. Ausgehend von den Feststellungen des LSG enthält der Anstellungsvertrag vom 16.1.2007 zahlreiche Elemente, wie sie für ein Arbeitsverhältnis typisch und für das Gesamtbild einer Beschäftigung wesentlich mitbestimmend sind. Der Kläger erhielt danach für seine Tätigkeit eine jährliche, feste Vergütung, die in gleichen monatlichen Teilbeträgen am Ende eines Monats an ihn ausgezahlt wurde. Zusätzlich wurde eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsteilbetrages gezahlt. Auch hatte der Kläger einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von einem Jahr. Damit liegen typische Elemente eines Arbeitsverhältnisses iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV vor. Dass der Kläger vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer wiederholt entschieden hat(vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 27 mwN) - nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

19

b) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger im ersten Jahr seiner Tätigkeit das ihm ab dem 1.3.2007 geschuldete Monatsgehalt der Beigeladenen zu 1. stundete und es ihr als Darlehen gewährte. Aufgrund dieser Umstände ist nicht schon die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger ein Unternehmerrisiko trug, das bei der Beurteilung des Gesamtbildes seiner Tätigkeit in seinem Sinne entscheidend ins Gewicht fiele.

20

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - Juris RdNr 24; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, dass eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann hinreichendes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 28.9.2011, aaO).

21

Die Stundung bzw Darlehensgewährung des Klägers begründet kein solches mit seiner vorliegend zu beurteilenden Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. verbundenes Unternehmerrisiko. Der Senat hat bereits in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass auch Darlehen des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber nicht gänzlich ungewöhnlich, sondern vor allem dann anzutreffen sind, wenn der Arbeitnehmer zur Überwindung wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Arbeitgebers beitragen will (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60; zu einem - im Ergebnis ebenfalls nicht zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit führenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen vgl auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f). So verhielt es sich auch hier. Der Beigeladenen zu 1. sollte ausgehend von den Feststellungen des LSG nämlich "wegen der Gründungssituation" Liquidität verschafft werden. Auch sollte das Darlehen nur befristet gewährt werden, solange bis ein Umsatz von ca 500 000 Euro erzielt wurde, längstens bis 31.12.2007. Danach sollte der gestundete Betrag in voller Höhe mit dem Gehalt des Folgemonats fällig sein und mit 5 % pa verzinst werden. Die Darlehensgewährung war damit gerade nicht fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1., sondern diente der Beigeladenen zu 1. als Unterstützung lediglich in der Anfangsphase der Geschäftstätigkeit (anders für den für Arbeitsverträge untypischen Fall, dass ein Darlehen nicht auf den Fall der Not oder wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH beschränkt, sondern fester Bestandteil des Vertragsverhältnisses ist BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 60). Unmittelbar im Anschluss daran erhielt der Kläger auch wieder sein monatliches festes Gehalt als Gegenleistung für den Einsatz seiner Arbeitskraft.

22

c) Entgegen der Ansicht des LSG lässt sich die Selbstständigkeit des Klägers in seiner streitigen Tätigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt bejahen, dass es ihm jederzeit möglich gewesen wäre, ihm nicht genehme Weisungen durch die Gesellschafterversammlung abzuwenden. Derartige Befugnisse ergaben sich weder aus seiner Stellung als Mitgesellschafter der Beigeladenen zu 1. allgemein (dazu im Folgenden aa) noch aus dem ihm in seinem Anstellungsvertrag als Geschäftsführer eingeräumten Veto-Recht (dazu bb).

23

aa) Der Kläger verfügte als Minderheitsgesellschafter der Beigeladenen zu 1. in der Gesellschafterversammlung nicht über eine vergleichbare Stellung, wie sie ein - mit einer im Gesellschaftsvertrag begründeten - Sperrminorität ausgestatteten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer innehat.

24

Ist ein GmbH-Geschäftsführer - wie hier der Kläger - zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN; zuletzt BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 25).

25

Der Kläger verfügte als Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. nur über einen Anteil am Stammkapital von 30 % und damit angesichts seines 70 % der Anteile haltenden Mitgesellschafter B nicht über die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Da der Gesellschaftsvertrag keine Regelungen zur Abstimmung in der Gesellschafterversammlung enthielt, galt § 47 Abs 1 iVm Abs 2 GmbHG, wonach die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgten. Zugleich gaben die Regelungen des Gesellschaftsvertrags keine Einstimmigkeit für Gesellschafterbeschlüsse vor, die dem Kläger als Minderheitsgesellschafter eine Sperrminorität vermittelt hätte.

26

bb) Dass dem Kläger darüber hinaus in seinem Anstellungsvertrag mit der Beigeladenen zu 1. ein Veto-Recht bei der Bestimmung weiterer Geschäftsführer als die beiden Geschäftsführer-Gesellschafter und bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH, insbesondere Änderungen und Geschäftserweiterungen betreffen, eingeräumt wurde, rechtfertigt keine Gleichstellung mit einem mit Sperrminorität ausgestatteten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer im Sinne der unter aa) dargestellten allgemeinen Grundsätze.

27

Es kann insoweit dahinstehen, ob dieses Veto-Recht des Klägers im Verhältnis zum Mitgesellschafter B. wirksam vereinbart wurde und - bejahendenfalls - ob das Veto-Recht inhaltlich umfassend ausgestaltet war (dazu <1>). Denn das dem Kläger nur schuldrechtlich als Bestandteil des Anstellungsvertrags eingeräumte Veto-Recht teilte das rechtliche Schicksal des Anstellungsvertrags und war insoweit nicht "kündigungsfest" im Sinne uneingeschränkt damit verbundener Einflussmöglichkeiten (dazu <2>). Die Frage, ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich im Übrigen ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV(dazu näher <3>).

28

<1> Ob dem Kläger ein Veto-Recht für Abstimmungen in Gesellschafterversammlungen überhaupt wirksam eingeräumt wurde, muss der Senat nicht entscheiden. Zwar können solche Vereinbarungen der Gesellschafter grundsätzlich auch außerhalb des - nach § 2 Abs 1 GmbHG notarieller Beurkundung unterliegenden - Gesellschaftsvertrags schriftlich getroffen und das Stimmrecht eines Mehrheitsgesellschafters formlos, dh ohne notarielle Beurkundung eingeschränkt werden<1> Ob dem Kläger ein Veto-Recht für Abstimmungen in Gesellschafterversammlungen überhaupt wirksam eingeräumt wurde, muss der Senat nicht entscheiden. Zwar können solche Vereinbarungen der Gesellschafter grundsätzlich auch außerhalb des - nach § 2 Abs 1 GmbHG notarieller Beurkundung unterliegenden - Gesellschaftsvertrags schriftlich getroffen und das Stimmrecht eines Mehrheitsgesellschafters formlos, dh ohne notarielle Beurkundung eingeschränkt werden( zur Zulässigkeit vgl zB BGH Urteil vom 27.10.1986 - II ZR 240/85 - NJW 1987, 1890 sowie vom 7.2.1983 - II ZR 25/82 - ZIP 1983, 432; vgl auch Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl 2015, § 3 RdNr 58, § 47 RdNr 38 jeweils mwN ). Allerdings muss eine solche wirksame schuldrechtliche Beschränkung des Stimmrechts regelmäßig durch eine Vereinbarung des Begünstigten mit dem Stimmrechtsinhaber erfolgen (vgl Schmidt in Scholz, GmbHG, 9. Aufl 2002, § 47 RdNr 36 und 38; Roth, aaO, § 47 RdNr 38); der insoweit durch die zusätzlichen Befugnisse des Klägers betroffene Mitgesellschafter B (= Stimmrechtsinhaber) war indessen nicht Vertragspartner des Klägers, vielmehr war das Veto-Recht des Klägers Bestandteil des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. als seiner Arbeitgeberin geschlossenen Anstellungsvertrages. Darauf, ob durch die Vereinbarung der Stimmrechtsbindung im Anstellungsvertrag gleichwohl eine wirksame Verpflichtung auch des betroffenen Mitgesellschafters B zustande kam, muss - aus noch unter (2) und (3) darzustellenden Gründen - indessen nicht näher eingegangen werden (vgl ebenso offenlassend für ähnliche Konstellationen BGH Urteil vom 7.2.1983 - II ZR 25/82 - Juris RdNr 8; sowie vom 27.10.1986 - II ZR 240/85 - Juris RdNr 15; zur dabei gebotenen Differenzierung zwischen Anstellungsvertrag und Gesellschaftsvertrag vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 15). Gleichermaßen kann - ginge man hier von der Wirksamkeit der Stimmrechtsvereinbarung allgemein aus - offenbleiben, ob dem Kläger das Veto-Recht des Klägers umfassend oder nur eingeschränkt auf einzelne Beschlussinhalte der Gesellschafterversammlung erteilt wurde (zum Nichtausreichen einer nur auf einzelne Gegenstände beschränkten Rechtsmacht zur Verhinderung von Weisungen der Gesellschafterversammlung für die Annahme selbstständiger Tätigkeit vgl bereits BSG SozR 3-4100 § 168 Nr 8 Leitsatz und S 16).

29

<2> Eines Eingehens auf die unter <1> angesprochenen Fragen bedarf es deshalb nicht, weil ein Veto-Recht in der Gesellschafterversammlung, das dem Minderheitsgesellschafter - wie hier dem Kläger - außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich eingeräumt wurde und zumindest außerordentlich kündbar ist, auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit nicht geeignet ist, bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger zu begründen. Das Veto-Recht des Klägers teilt als Inhalt des Anstellungsvertrages nämlich das rechtliche Schicksal dieses Vertrages. Nach Kündigung des Anstellungsvertrages entfällt daher zugleich auch das Veto-Recht und die damit verbundene, allein in diesem (einfach-schriftlichen) Vertrag eingeräumte Einflussmöglichkeit des Klägers als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung. Das Veto-Recht war als Teil des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages - jedenfalls aus wichtigem Grund - durch den Mitgesellschafter kündbar, ohne dass der Kläger dies hätte verhindern können <2> Eines Eingehens auf die unter <1> angesprochenen Fragen bedarf es deshalb nicht, weil ein Veto-Recht in der Gesellschafterversammlung, das dem Minderheitsgesellschafter - wie hier dem Kläger - außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich eingeräumt wurde und zumindest außerordentlich kündbar ist, auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit nicht geeignet ist, bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger zu begründen. Das Veto-Recht des Klägers teilt als Inhalt des Anstellungsvertrages nämlich das rechtliche Schicksal dieses Vertrages. Nach Kündigung des Anstellungsvertrages entfällt daher zugleich auch das Veto-Recht und die damit verbundene, allein in diesem (einfach-schriftlichen) Vertrag eingeräumte Einflussmöglichkeit des Klägers als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung. Das Veto-Recht war als Teil des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages - jedenfalls aus wichtigem Grund - durch den Mitgesellschafter kündbar, ohne dass der Kläger dies hätte verhindern können (im Ergebnis - allgemein - ebenso: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 81 sowie BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 26). Der Anstellungsvertrag des Klägers war vorliegend von der Beigeladenen zu 1. aus wichtigem Grund schon nach § 626 BGB kündbar(zu den Voraussetzungen dafür vgl BGH Urteil vom 28.10.2002 - II ZR 353/00 - Juris RdNr 7 ff). Zugunsten der Beigeladenen zu 1. war ein solches außerordentliches Kündigungsrecht hier indessen sogar in § 8 Abs 2 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages ausdrücklich vorgesehen. Die Bestellung eines Geschäftsführers kann darüber hinaus aus wichtigem Grund nach § 38 Abs 2 GmbHG widerrufen werden(zur rechtlich unabhängig voneinander möglichen Beendigung von Organ- und Anstellungsverhältnis nach den jeweils dafür geltenden Vorschriften vgl BGH Urteil vom 28.10.2002 - II ZR 146/02 - Juris RdNr 9; zur dabei zudem ausgeschlossenen Mitwirkung des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers an der Beschlussfassung über Abberufung als Geschäftsführer bzw über die Kündigung seines Anstellungsverhältnisses vgl BGH Urteil vom 21.4.1969 - II ZR 200/67 - Juris RdNr 25; BGHZ 86, 177 f; BGH Urteil vom 27.10.1986 - II ZR 74/85 - Juris RdNr 10).

30

<3> Die vorstehend dargestellten gesellschaftsrechtlichen Ausführungen zur Beendigungsmöglichkeit von einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer außerhalb des Gesellschaftsvertrages eingeräumten Rechten haben im Fall des Klägers gleichermaßen Auswirkungen auf die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status.<3> Die vorstehend dargestellten gesellschaftsrechtlichen Ausführungen zur Beendigungsmöglichkeit von einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer außerhalb des Gesellschaftsvertrages eingeräumten Rechten haben im Fall des Klägers gleichermaßen Auswirkungen auf die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status.

31

Ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Statusentscheidung bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV. Dass eine Kündigung des Veto-Rechts in der streitigen Zeit tatsächlich nicht erklärt wurde, ist deshalb ohne Bedeutung. Bei einem Konfliktfall zwischen den Gesellschaftern wäre nämlich jedenfalls allein die dem jeweils anderen Gesellschafter aufgrund des Kündigungsrechts zustehende Rechtsmacht zum Tragen gekommen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen wieder eine Weisungsunterworfenheit des Klägers unter die Beigeladene zu 1. bestand. Eine solche Situation ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände aber nicht hinnehmbar. So hat der Senat bereits in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht bzw fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (so schon für Familien-Unternehmen zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29-30; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32; BSG SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16; aus der früheren Rspr: BSG SozR Nr 6 zu § 168 RVO; BSG SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; BSG SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103). Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit ist es, das das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und von Wertungen des - an ganz anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten - Gesellschaftsrechts unterscheidet (vgl dazu ausführlich BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

32

Vor diesem Hintergrund ist sozialversicherungsrechtlich bedeutsam, dass im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Minderheitenrechte eine ganz andere Stellung des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers vermitteln als im vorliegenden Fall. Die Anforderungen an die Aufhebung gesellschaftsvertraglicher Regelungen sind nämlich ungleich höher als bei einer bloßen "einfachen" Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund: Der Beschluss über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages muss nach § 53 Abs 2 GmbHG notariell beurkundet werden und bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Wer als Minderheitsgesellschafter über eine solche ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Sperrminorität verfügt, kann sich deshalb im Konfliktfall gegen eine Entziehung seiner Sperrminorität wehren und diese nicht - insbesondere nicht anlassbezogen - allein schon durch die Ausübung eines fremden Kündigungsrechts wieder verlieren. Hinzu kommt, dass der Gesellschaftsvertrag und spätere Änderungen zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sind (§§ 8, 54 GmbHG). Nur im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarte Minderheitenrechte können deshalb für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Gesamtbildes ihrer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet werden soll (zu den dabei sozialversicherungsrechtlich maßgebenden Erwägungen vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32 mwN).

33

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Juni 2014 geändert.

Auf die Berufung der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2013 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Der Klägerin sind für alle Rechtszüge 3/4 ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten, und zwar für das Klageverfahren von der Beklagten und für das Berufungs- und Revisionsverfahren von der Beigeladenen zu 2.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob die Klägerin wegen Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) versicherungspflichtig ist.

2

Die Klägerin ist seit 1984 bei der beigeladenen GmbH (Beigeladene zu 1.) - einem Unternehmen mit ca 60 Mitarbeitern und vier Filialen, dessen Geschäftsgegenstand die Veranstaltung und Vermittlung von Reisen ist - als gelernte Reiseverkehrskauffrau tätig. Nachdem zunächst der Ehemann der Klägerin Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. war, hielt sie aufgrund eines notariell beurkundeten "Schenkungs- und Übertragungsvertrag(es) GmbH-Anteil" vom 18.12.2008 40 % der Gesellschaftsanteile; ihr Ehemann, der zugleich alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist, hielt seither 60 % der Anteile. Nach dem ebenfalls in dieser Form geschlossenen Gesellschaftsvertrag vom selben Tag hat der Ehemann der Klägerin für die Dauer seiner Eigenschaft als GmbH-Gesellschafter das unentziehbare (Sonder-)Recht, Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. zu sein (§ 14 Ziff 5 Gesellschaftsvertrag). Beschlüsse der GmbH werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst; Beschlüsse über die Auflösung der Gesellschaft sowie die Änderung des Unternehmensgegenstandes sind einstimmig zu fassen (§ 15 Ziff 5). In dem später - am 5.1.2009 - abgeschlossenen Anstellungsvertrag, der das "bestehende Arbeitsverhältnis" der Klägerin vertraglich fixieren soll, wird der Klägerin die Aufgabe einer alleinvertretungsberechtigten, mit Prokura ausgestatteten "leitenden Angestellten" in den Tätigkeitsbereichen "Leitung Finanzbuchhaltung und Personalbuchhaltung, Leitung Finanzen im Allgemeinen, Vertretung der Geschäftsführung" übertragen. Im Anstellungsvertrag sind ua eine Mindestarbeitszeit von 50 Wochenstunden, eine monatliche Vergütung von 5000 Euro, 30 Tage Jahresurlaub sowie sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vereinbart.

3

Am 30.12.2008 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann einen (einfach-)schriftlichen "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R.". Dieser hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"Vorbemerkung …

3.    

Frau G. R. soll aus erbrechtlicher Sicht mindestens 50 % der Geschäftsanteile an der Gesellschaft halten, eine entsprechende Übertragung war im Dezember 2008 aus erbschaftsteuerlicher Sicht jedoch nicht sinnvoll. Gesellschaftsrechtlich soll Frau R. jedoch bereits heute so gestellt werden, als ob sie bereits mit mindestens 50 % an der Gesellschaft beteiligt wäre.

…       

        

§ 1

Einheitliche Stimmabgabe

Die Parteien werden ab sofort bei sämtlichen Gesellschafterbeschlüssen der Gesellschaft übereinstimmend mit "Ja" oder mit "Nein" stimmen oder sich übereinstimmend der Stimme enthalten.

§ 2 Pflichten Festlegung des Abstimmungsverhaltens

1.    

Bei jedem - insbesondere auch bei einem gesellschaftsvertragsändernden - Gesellschafterbeschluss hat Frau R. bei der Stimmabgabe die Stimmführerschaft. Herr R. ist verpflichtet, gemäß dem Abstimmungsverhalten von Frau R. die ihm aus den von ihm mittelbar oder unmittelbar gehaltenen Gesellschaftsanteilen zustehenden Stimmen abzugeben.

2.    

Herr R. bevollmächtigt darüber hinaus Frau R., die ihm aus den von ihm mittelbar oder unmittelbar gehaltenen Gesellschaftsanteilen zustehenden Stimmrechte bei jedem - insbesondere auch bei einem gesellschaftsvertragsändernden - Gesellschafterbeschluss in seinem Namen und für ihn verbindlich auszuüben.

§ 3 Dauer

1.    

Der Vertrag läuft auf unbestimmte Zeit und endet automatisch, sobald Frau R. mit mindestens 50 % Geschäftsanteilen mittelbar oder unmittelbar an der Gesellschaft beteiligt ist; die ordentliche Kündigung ist ausgeschlossen. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt.

…"    

        
4

Mit Bescheiden vom 17.3.2009 stellte die beklagte Krankenkasse als Einzugsstelle - nach Abstimmung mit dem regionalen Rentenversicherungsträger - gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. (GmbH) fest, dass die Klägerin in ihrer für die GmbH ausgeübten Tätigkeit ab 18.12.2008 wegen Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung der Versicherungspflicht unterliege; sie könne aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung von nur 40 % keinen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen der GmbH ausüben. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2009 zurück.

5

Das SG hat der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben, die vorgenannten Bescheide aufgehoben und in Bezug auf die Klägerin festgestellt, "dass keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht" (Urteil vom 29.5.2013).

6

Das LSG hat die nur vom beigeladenen Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eingelegte Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, es werde festgestellt, "dass die Klägerin in ihrer bei der Beigeladenen zu 1. ausgeübten Tätigkeit als mitarbeitende Gesellschafterin und Prokuristin seit dem 30.12.2008 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt". Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte, die als Einzugsstelle entscheidungszuständig gewesen sei, habe die Tätigkeit der Klägerin als mitarbeitende Gesellschafterin und Prokuristin ab 30.12.2008 zu Unrecht als Beschäftigung gewertet. Zwar lägen auch Indizien für eine Beschäftigung vor, wie die Vereinbarungen im Anstellungsvertrag zeigten. Jedoch überwögen die für eine Selbstständigkeit der Klägerin sprechenden Gesichtspunkte. Wegen der Stimmbindungsvereinbarung verfüge sie über die "statusrelevante" Rechtsmacht, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich zu beeinflussen und ihr nicht genehme Weisungen zu verhindern. Außerdem trage sie ein Unternehmerrisiko, weil sie wegen der Stimmbindungsvereinbarung Einfluss auf die Gewinnverteilung habe. Stimmbindungsvereinbarungen seien grundsätzlich rechtlich zulässig, insbesondere durch das GmbHG nicht verboten und unterlägen keinen besonderen Formvorschriften. Letzteres gelte, auch wenn es - wie hier - infolge der Stimmbindungsvereinbarung zu einer grundlegenden Verschiebung der gesellschaftsvertraglichen Rechtsmacht komme. Vereinbarungswidrig zustande gekommene Gesellschafterbeschlüsse seien mangelhaft und anfechtbar, wenn sich alle Gesellschafter der Bindung unterworfen hätten. Aufgrund ihrer Stimmführerschaft könne die Klägerin so nicht nur Weisungen an sich verhindern, sondern auch ihrem Ehemann Weisungen erteilen. Die hier bestehende Rechtsmacht gehe weit über die Einflussmöglichkeiten hinaus, die ein durch Gesellschafterbeschluss erklärter Weisungsverzicht oder eine widerrufliche Stimmbindungsvollmacht begründeten (Urteil vom 11.6.2014).

7

Mit ihrer Revision rügt die Beigeladene zu 2. eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Mitarbeitende Gesellschafter einer GmbH ohne Geschäftsführerfunktion, die über eine Kapitalbeteiligung von weniger als 50 % und nicht über eine Sperrminorität verfügten, seien nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig beschäftigt, weil sie nicht über die Rechtsmacht verfügten, Weisungen an sich zu verhindern. So liege der Fall auch hier, wie die die Klägerin betreffenden Teile des Gesellschaftsvertrages und des Anstellungsvertrages zeigten. Der außerhalb des Gesellschaftsvertrages geschlossene Stimmbindungsvertrag könne hieran nichts ändern, weil er die im Gesellschaftsvertrag festgelegten Rechtsmachtverhältnisse nicht verschieben könne. Die Klägerin sei wegen gesellschaftsrechtlicher Vorgaben nicht im Stande, unter Hinweis auf den Stimmbindungsvertrag den Entzug ihrer Prokura zu verhindern. Der Stimmbindungsvertrag bewirke allenfalls eine "Schönwetter-Selbstständigkeit", die für die vorausschauende sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht maßgebend sei. Der Stimmbindungsvertrag könne nachträglich geändert bzw gekündigt werden. Rechtsprechung des BGH stehe einer solchen Sichtweise nicht entgegen, stütze diese vielmehr.

8

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Juni 2014 und des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2013 aufzuheben, soweit es die Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft, und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Stimmrechtsvereinbarung sei bei der Statusbeurteilung zu berücksichtigen.

11

Die Beklagte und die Beigeladene zu 3. teilen die Rechtsauffassung der Beigeladenen zu 2.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Beigeladenen zu 2. (= Deutsche Rentenversicherung Bund) ist begründet.

13

Zu Unrecht hat das LSG das Bestehen von Rentenversicherungspflicht der Klägerin wegen Beschäftigung in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - eine GmbH - in der noch streitigen Zeit ab 30.12.2008 verneint. Das Urteil des LSG war deshalb zu ändern; auf die Berufung der Beigeladenen zu 2. musste das dem Begehren der Klägerin entsprechende erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden, soweit es die Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin in der GRV betrifft.

14

1. Im vorliegenden Rechtsstreit zu überprüfen sind die angefochtenen Bescheide der Beklagten nur noch insoweit, als sie die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1. in der Zeit ab 30.12.2008 - dem Geltungsbeginn des zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann abgeschlossenen Stimmbindungsvertrages - betreffen. Für den Zeitraum vom 18.12. bis 29.12.2008 hat die Klägerin ihre Klage im Revisionsverfahren zurückgenommen. Zu befinden ist auch nur noch über die Versicherungspflicht der Klägerin in der GRV, nachdem die Beigeladene zu 2. als für diesen Versicherungszweig sachlich zuständiger Versicherungsträger ihre Revision insoweit beschränkt hat. Im Übrigen - hinsichtlich der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung - ist das Berufungsurteil rechtskräftig geworden (vgl § 141 Abs 1 SGG).

15

2. Die Klägerin war in ihrer für die Beigeladene zu 1. ausgeübten - vom LSG so festgestellten (§ 163 SGG)- Tätigkeit als mit Prokura ausgestattete "leitende Angestellte" in den Tätigkeitsbereichen "Leitung Finanzbuchhaltung und Personalbuchhaltung, Leitung Finanzen im Allgemeinen, Vertretung der Geschäftsführung" ab 30.12.2008 in der GRV versicherungspflichtig beschäftigt. Die beklagte Krankenkasse war als Einzugsstelle sachlich dafür zuständig, im Verwaltungsverfahren die Versicherungspflicht auch insoweit durch Bescheid festzustellen, weil ein zwingend zur alleinigen Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2. führender Sachverhalt nach § 7a Abs 1 S 2 SGB IV nicht vorlag und dies auch im Rechtsstreit nicht gerügt wird.

16

Das LSG ist in seinem Urteil zwar zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von - zu Versicherungspflicht führender - Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (dazu a). Es hat jedoch die in dem "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich ihrer indiziellen Bedeutung bei seiner Gesamtabwägung rechtlich nicht zutreffend eingeordnet (dazu b).

17

a) Im streitigen Zeitraum ab 30.12.2008 unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Rentenversicherungspflicht (§ 1 S 1 Nr 1 SGB VI). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert fortgeltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 2 SGB IV).

18

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 15 mwN und BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15; BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 R 14/10 R - Juris RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17 mwN; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 14; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff; BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 15). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn Gesellschafter einer GmbH - wie hier - durch familiäre Beziehungen verbunden sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 30 ff mwN).

19

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das LSG als Zwischenergebnis zunächst ohne Rechtsfehler angenommen, dass im Hinblick auf die zu Grunde liegenden vertraglichen Abreden insbesondere im Gesellschaftsvertrag vom 18.12.2008 und im Anstellungsvertrag vom 5.1.2009 - den von der Klägerin und ihrem Ehemann abgeschlossenen Stimmbindungsvertrag vom 30.12.2008 bei der Betrachtung (noch) ausgeklammert - "von einer abhängigen Beschäftigung (der Klägerin) auszugehen" ist. Die Feststellungen des LSG zum Inhalt und zur tatsächlichen Umsetzung des Anstellungs-, des Gesellschafts- und auch des Schenkungs- und Übertragungsvertrages, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), rechtfertigen, was revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, den Schluss des Berufungsgerichts, die Klägerin habe als mit Prokura ausgestattete "leitende Angestellte" ohne Geschäftsführerstellung bei einer Beteiligung an den Geschäftsanteilen der beigeladenen GmbH lediglich als Minderheitsgesellschafterin Weisungen ihres geschäftsführenden Ehemannes nicht verhindern können.

20

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der Anstellungsvertrag, der deren Vertragsverhältnis zur beigeladenen GmbH bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem Inhalt - ua regelmäßiges monatliches Entgelt, wöchentliche Mindestarbeitszeit, Urlaubsansprüche, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - mit seinen typischen Arbeitnehmerrechten und -pflichten ein "Arbeitsverhältnis" iS des § 7 Abs 1 S 1 SGB IV zum Gegenstand. Diese rechtliche Bewertung des Berufungsgerichts stellt auch die Klägerin selbst nicht infrage, wenn sie im Revisionsverfahren explizit ausführt, mit ihr als Gesellschafter-Prokuristin sei ein "Arbeitsvertrag" geschlossen worden.

21

Der Klägerin stand nicht etwa als Mitgesellschafterin der beigeladenen GmbH, die sie im streitigen Zeitraum vom 30.12.2008 bis 11.6.2014 (= Tag der mündlichen Verhandlung vor dem LSG) war, ein maßgebender Einfluss auf die interne Willensbildung ihrer Arbeitgeberin zu, der es ihr (der Klägerin) erlauben würde, Einzelweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern. Nach dem Gesellschaftsvertrag und dem Schenkungs- und Übertragungsvertrag - beide vom 18.12.2008 - verfügte sie nämlich lediglich über 40 % der Geschäftsanteile der GmbH, während ihr Ehemann 60 % der Anteile hielt. Dieser bekleidete außerdem die unentziehbare (§ 14 Ziff 5 Gesellschaftsvertrag) - organschaftlich begründete - Stellung eines (Allein-)Geschäftsführers. Ein GmbH-Gesellschafter, der in der Gesellschaft angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, besitzt bei einer solchen Minderheitsbeteiligung am Stammkapital nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist das Weisungsrecht gegenüber den Angestellten der GmbH vielmehr Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 12 KR 9/14 R - Juris RdNr 28 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - Juris RdNr 23; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975). Einschränkungen in den genannten Verträgen, etwa dahingehend, dass die Gesellschafterversammlung Weisungsrechte gegenüber der Klägerin allgemein oder im Einzelfall an sich gezogen oder sich vorbehalten hätte (vgl dazu exemplarisch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 58),hat das LSG nicht festgestellt und sind auch sonst nicht ersichtlich.

22

b) An der Eigenschaft der Klägerin als Beschäftigte der Beigeladenen zu 1. iS von § 7 Abs 1 SGB IV ändert sich - entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung - auch nichts dadurch, dass sie als Gesellschafterin mit ihrem Ehemann in dessen Funktion als Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. einen "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." vom 30.12.2008 abschloss. Mit dieser Vereinbarung wurde der Klägerin im Innenverhältnis zur beigeladenen GmbH keine Rechtsmacht eingeräumt, die es ihr gestattet hätte, Weisungen des Geschäftsführers zu verhindern, die ihr als "leitende Angestellte" nicht genehm waren. Entsprechend trug die Klägerin auch kein Unternehmerrisiko, soweit sie dieses auf den Stimmbindungsvertrag und einen hiermit verbundenen beherrschenden Einfluss auf die von der Gesellschafterversammlung vorzunehmende (§ 15 Ziff 1 Buchst b Gesellschaftsvertrag) Gewinnverteilung zurückführt. Einzig auf diese Gesichtspunkte hat aber das LSG die nach seiner Gesamtschau gewonnene Überzeugung von der Selbstständigkeit der Klägerin zu Unrecht entscheidend gestützt.

23

Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage, wie sie hier durch den schuldrechtlichen Stimmbindungsvertrag erfolgen sollten, sind im Rahmen der nach § 7 Abs 1 SGB IV zu treffenden Abwägungsentscheidung - entgegen der vom LSG vertretenen Meinung - nicht (einfach) uneingeschränkt und voraussetzungslos zugrunde zu legen; sie präjudizieren den oben beschriebenen erforderlichen Abwägungsvorgang nicht, dh prägen ihn nicht zwingend vor, sondern kommen in ihrer Bedeutung über eine bloße Indizfunktion, wie sie jedes relevante Merkmal hat, nicht hinaus (dazu aa). Hiervon ausgehend hatten die für die Klägerin aus dem "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." folgenden (schuldrechtlichen) Rechte keine - im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Gesamtabwägung entscheidende - Indizfunktion für das Vorliegen selbstständiger Tätigkeit (dazu bb). Die zu beurteilende Stimmbindungsvereinbarung verschaffte der Klägerin bereits deshalb nicht die von ihr behauptete Rechtsmacht, Einzelweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern, weil die Vereinbarung von ihrem Ehemann aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte (dazu cc).

24

aa) Wie das BSG bereits in der Vergangenheit ausgeführt hat, sind insbesondere bei Statusentscheidungen (im engeren Sinne) gesellschaftsrechtliche Wertungen und Gestaltungen für die sozialversicherungsrechtliche Abwägungsentscheidung nach § 7 Abs 1 SGB IV nicht strikt zu übernehmen. Eine uneingeschränkte Parallelität sozialversicherungsrechtlich - bzw arbeitsrechtlich - und im Gesellschaftsrecht relevanter Beziehungen liegt insofern von vornherein nicht vor (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 21, 26, auch RdNr 30). Zwar fordert das Gebot der Wahrung der Einheit der Rechtsordnung durchaus die Schaffung von Kohärenz, in seiner schwächeren Erscheinungsform jedenfalls die Herstellung von Konsistenz und (inhaltlicher) Widerspruchsfreiheit (von Teilbereichen) der Gesamtrechtsordnung. Jedoch ist es unabdingbar, den Sonderrechtsbereich, an dessen Begrifflichkeiten, Strukturmerkmale und konstruktive (dogmatische) Eigenheiten in concreto angeknüpft werden soll - hier an das Gesellschaftsrecht -, daraufhin zu untersuchen, an welchen praktischen Bedürfnissen die dortigen Regelungen ausgerichtet sind, und ob für deren Übernahme in das andere Rechtsgebiet - hier das Versicherungsrecht der Sozialversicherung - tragfähige Gemeinsamkeiten oder Überschneidungen in den grundsätzlichen Wertungen bestehen (vgl hierzu im Einzelnen Bernsdorff, Der Betrieb 2014, 1551 f). Wie es sozialversicherungsrechtlich zu würdigen ist, wenn eine bestimmte vertragliche Ausgestaltung bereits auf der Grundlage des Gesellschaftsrechts unzulässig ist, braucht der Senat in diesem Verfahren nicht zu entscheiden; indessen ist - in der umgekehrten Konstellation - nicht all dasjenige, was sich gesellschaftsrechtlich im Rahmen des auf diesem Rechtsgebiet Zulässigen bewegt, auch hinsichtlich mittelbarer sozialversicherungsrechtlicher Folgewirkungen ohne Weiteres hinzunehmen und nahtlos zu übertragen. Im Hinblick hierauf begnügt sich das BSG in seiner Rechtsprechung zu Statusfragen bei Sachverhalten mit gesellschaftsrechtlichem Bezug seit jeher gerade nicht allein mit dem Blick auf die einem Gesellschafter gesellschaftsvertraglich eingeräumte Stellung, sondern orientiert sich hierfür primär an den vom (Sozial-)Gesetzgeber in § 7 Abs 1 SGB IV genannten - richterrechtlich näher ausgeformten - Abgrenzungskriterien(zu Beispielen aus der Rechtsprechung des Senats vgl Bernsdorff, Der Betrieb 2014, 1551, 1552 ff). Ob also Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Abwägungsentscheidung bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung, beurteilt sich damit ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungs-rechtlichen - Kontext des § 7 Abs 1 SGB IV.

25

bb) Hiervon ausgehend kommt den für die Klägerin aus dem "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." folgenden (schuldrechtlichen) Rechten keine - im Rahmen der sozialversicherungsrechtlich gebotenen Gesamtabwägung von vornherein den Ausschlag gebende, dh entscheidende - Indizfunktion für das Vorliegen selbstständiger Tätigkeit zu. Eine unterschiedliche Bewertung von Stimmrechtsvereinbarungen im Gesellschaftsrecht einerseits und im Sozialversicherungsrecht andererseits ist nämlich durch die verschiedenen Sachstrukturen der jeweiligen Rechtsbereiche gerechtfertigt (vgl zu diesem Gesichtspunkt Bernsdorff, Der Betrieb 2014, 1551, 1555). Mit Recht weist die Beigeladene zu 2. darauf hin, dass die außerhalb des Gesellschaftsvertrages von beiden Gesellschaftern getroffene Stimmbindungsvereinbarung nicht geeignet ist, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden "Rechtsmachtverhältnisse" mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu "verschieben", weil der Stimmbindungsvertrag von jedem Gesellschafter und damit auch von dem Ehemann der Klägerin aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte (vgl zu diesem Gesichtspunkt allgemein schon BSG Beschluss vom 31.3.2014 - B 12 R 53/13 B; wie hier, jedoch unter Hinweis auf eine in solchen Fällen vermutete "Mangelfreiheit" des Gesellschafterbeschlusses LSG Hamburg Urteil vom 7.8.2013 - L 2 R 31/10 - Juris RdNr 28; aA Sächsisches LSG Urteil vom 4.3.2014 - L 1 KR 9/11 - Juris RdNr 44 f); die rechtliche "Machtposition" der Klägerin reichte damit, sozialversicherungsrechtlich betrachtet, nicht so weit, dass sie sich aus der Weisungsabhängigkeit lösen konnte, oder dass sie sogar ihrerseits - wie das LSG meint - dem geschäftsführenden Ehemann trotz der ihm gesellschaftsvertraglich eingeräumten Rechte Weisungen hätte erteilen können.

26

Vorstehendes gilt auch ungeachtet der in der "Vorbemerkung" zum Stimmbindungsvertrag vom 30.12.2008 bekundeten Absicht der Vertragspartner, die Klägerin "aus erbrechtlicher Sicht" gesellschaftsrechtlich so stellen zu wollen, als sei sie "bereits mit mindestens 50 % an der Gesellschaft beteiligt" (obwohl sie eine solche Stellung gesellschaftsvertraglich gerade nicht erhalten sollte). Auch dass Kündigungsrechte in der vorliegend zu beurteilenden Zeit tatsächlich nicht ausgeübt wurden, ist im sozialversicherungsrechtlichen Kontext ohne Bedeutung. Bei einem Konfliktfall zwischen beiden Gesellschaftern der GmbH käme nämlich - durchsetzbar - allein die dem Ehemann der Klägerin aufgrund seines vertraglichen Kündigungsrechts zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit der Klägerin unter die GmbH als Arbeitgeberin bestünde. Eine solche Situation ist indessen mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar.

27

Schon in der Vergangenheit hat der 12. Senat des BSG wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten - der Versicherten und der Versicherungsträger - liegt, die Frage der Versicherungspflicht bzw fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (so schon für Familien-Unternehmen zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29-30; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32; BSG SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16; aus der früheren Rspr: BSG SozR Nr 6 zu § 168 RVO; BSG SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; BSG SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103). Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit ist es, das das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung prägt und von Wertungen des - an ganz anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten - Gesellschaftsrechts unterscheidet. Daran ist auch für die vorliegende rechtliche Konstellation festzuhalten.

28

cc) Ist die von beiden Gesellschaftern getroffene Stimmbindungsvereinbarung nach ihrem Wortlaut (§ 3 Ziff 1 S 2 Stimmbindungsvertrag), der insoweit zwingenden gesetzlichen Vorgaben folgt, aber (auch) durch den Ehemann der Klägerin aus wichtigem Grund kündbar, so kann der Senat andere, im Hinblick auf den vorliegenden Stimmbindungsvertrag von den Beteiligten aufgeworfene und kontrovers diskutierte Fragen offenlassen.

29

Dahinstehen kann etwa, ob Stimmbindungsverträge zwischen Gesellschaftern, die zivil- bzw gesellschaftsrechtlich grundsätzlich rechtlich zulässig sind (ganz hM; BGHZ 48, 163, 166; BGH NJW 1983, 1910, 1911; BGH NJW 1987, 890, 891; BGHZ 179, 13, 18 f = NJW 2009, 669, 670; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl 2013, § 47 RdNr 113, mwN aus dem Schrifttum), auch dann - wie das LSG meint - ohne Einhaltung der für die Änderung von Gesellschaftsverträgen vorgesehenen notariellen Form möglich und wirksam sind, wenn einem Minderheitsgesellschafter dadurch ein "beherrschender Einfluss gleich einem Alleingesellschafter" eingeräumt wird, oder ob solche Vereinbarungen - wie die Beigeladene zu 2. vertritt - schon gesellschaftsrechtlich nicht zugelassen sind, weil sie "Unterwerfungscharakter" haben, da dadurch unzulässigerweise das Stimmrecht als Kernbestandteil der mitgliedschaftlichen Gesellschafterrechte isoliert übertragen werden würde und hiermit eine Umgehung des Verbots der Stimmrechtsabspaltung im Raum stünde. Nicht entscheiden muss der Senat gleichermaßen, ob Stimmrechtsvereinbarungen eine vom Gesellschaftsvertrag "generell abweichende, stets abgestimmte" Ausübung des Stimmrechts enthalten dürfen. Der Senat kann schließlich ebenso offenlassen, ob eine Stimmabgabe, die einem von allen Gesellschaftern abgeschlossenen Stimmbindungsvertrag widerspricht, den Gesellschafterbeschluss mangelhaft und damit anfechtbar erscheinen oder dessen Wirksamkeit - entgegen dieser vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung - wegen seiner bloß schuldrechtlichen Bedeutung unberührt lässt (zu den in Rechtsprechung und Literatur heftig umstrittenen Voraussetzungen der ausnahmsweise in Betracht kommenden Unwirksamkeit von Stimmbindungsvereinbarungen und den Konsequenzen vertragswidriger Stimmabgabe vgl exemplarisch Römermann in Michalski, GmbHG, 2. Aufl 2010, § 47 RdNr 474, 492 ff, 524 ff mwN).

30

Eines Eingehens auf die vorstehend dargestellten Fragen bedarf es vorliegend nicht, weil hier schon andere gesellschaftsrechtliche bzw gesellschaftsvertragsrechtliche Gründe einer sozialversicherungsrechtlichen Relevanz der getroffenen Abreden entgegenstehen.

31

Die Klägerin als Gesellschafterin und ihr Ehemann in seiner Funktion als Gesellschafter legten sich in dem "Stimmbindungsvertrag zwischen dem Ehepaar R." vom 30.12.2008 wechselseitig im Voraus für jeden Beschlussgegenstand darauf fest, in der Gesellschafterversammlung ihre Stimmen mit übereinstimmendem Inhalt abzugeben (§ 1 Stimmbindungsvertrag). Mit dem Ziel, der Klägerin auf diese Weise trotz Anteilminorität einen (mittelbar) beherrschenden Einfluss auf die beigeladene GmbH zu verschaffen, wurde ihr die Stimmführerschaft bei der Stimmabgabe eingeräumt (§ 2 Ziff 1). Die Stimmbindungsvereinbarung war außerdem auf Dauer und damit für eine unbestimmte Vielzahl von Abstimmungen vorgesehen (§ 3 Ziff 1 S 1). Nach der Rechtsprechung des BGH führen solche außerhalb des Gesellschaftsvertrages auf Dauer eingegangenen schuldrechtlichen Abstimmungsverpflichtungen unter wechselseitiger Beteiligung aller Gesellschafter an der Stimmbindungsvereinbarung regelmäßig zu einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff BGB), weil mit der koordinierten Ausübung der Stimmrechte ein gemeinsamer Zweck verfolgt wird (vgl BGHZ 126, 226, 234 = NJW 1994, 2536, 2537 f - "Schutzgemeinschaftsvertrag I"; BGHZ 179, 13, 19 = NJW 2009, 669, 670 - "Schutzgemeinschaftsvertrag II"; Drescher in MüKoGmbHG, 1. Aufl 2012, § 47 RdNr 234 mwN; Römermann in Michalski, aaO, § 47 RdNr 479 f mwN; vgl auch Schröer in MüKoAktG, 2. Aufl 2004, § 136 RdNr 57 mwN). Infolgedessen müssen Stimmbindungsverträge stets die Vorgaben des § 723 BGB beachten(vgl BGHZ 126, 226, 229 ff = NJW 1994, 2536 f; BGHZ 179, 13, 25 = NJW 2009, 669, 672). Sind Stimmbindungsverträge auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, sind sie indessen gesellschaftsrechtlich ohnehin jederzeit ordentlich kündbar (§ 723 Abs 1 S 1 BGB). Ist hingegen eine fixe Zeitdauer vereinbart worden, kann der Stimmbindungsvertrag vor Zeitablauf jedenfalls aus wichtigem Grund gekündigt werden (§ 723 Abs 1 S 2 BGB). Die Ausübung des Kündigungsrechts ist dabei zwar an die Einhaltung bestimmter Modalitäten geknüpft (§ 723 Abs 2 BGB), jedoch könnten die genannten Kündigungsrechte vertraglich nicht abbedungen werden (§ 723 Abs 3 BGB). Soweit der Klägerin und ihrem Ehemann in dem Stimmbindungsvertrag daher jedenfalls ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund eingeräumt war (§ 3 Ziff 1 S 2), entsprach dieses der zwingenden, aus dem BGB folgenden Rechtslage. Das Kündigungsrecht gehörte zu den unentziehbaren Rechten (vgl Schröer, aaO, § 136 RdNr 57), sodass sein Fehlen sogar zur Unwirksamkeit der Stimmbindungsvereinbarung insgesamt geführt hätte. Der außerordentlichen Kündigung ("aus wichtigem Grund") liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass ein Dauerschuldverhältnis mit sofortiger Wirkung gelöst werden kann, wenn einem der Beteiligten - aus welchem Grund auch immer - das Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. Solches ist etwa anzunehmen, wenn einer der beteiligten Gesellschafter eine ihm nach dem Stimmbindungsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat (vgl zu in der Person eines Gesellschafters liegenden wichtigen Kündigungsgründen stellvertretend Soergel/Hadding/Kießling, BGB, Bd 11/1 2011, § 723 RdNr 38 ff) oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird (§ 723 Abs 1 S 2 Nr 1 BGB). Schon die (bloße) Möglichkeit einer Zerrüttung unter den Gesellschaftern bzw eines Zerwürfnisses mit den sich daraus potenziell ergebenden gesellschaftsrechtlichen Folgen (= Entfallen der Stimmbindung des Ehemannes der Klägerin und der Stimmführerschaft der Klägerin infolge Kündigung des Stimmbindungsvertrages) ist bei einer Statusentscheidung, wie sie hier zu überprüfen ist, wegen des bereits genannten Erfordernisses der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände stets zu berücksichtigen.

32

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 S 1 SGG.

(1) Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor,

1.
wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird,
2.
wenn der Gesellschafter das 18. Lebensjahr vollendet hat.
Der volljährig Gewordene kann die Kündigung nach Nummer 2 nur binnen drei Monaten von dem Zeitpunkt an erklären, in welchem er von seiner Gesellschafterstellung Kenntnis hatte oder haben musste. Das Kündigungsrecht besteht nicht, wenn der Gesellschafter bezüglich des Gegenstands der Gesellschaft zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gemäß § 112 ermächtigt war oder der Zweck der Gesellschaft allein der Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse diente. Unter den gleichen Voraussetzungen ist, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig.

(2) Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen, es sei denn, dass ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt ein Gesellschafter ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er den übrigen Gesellschaftern den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(3) Eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig.

Tenor

Die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2012 und des Sozialgerichts Kassel vom 9. Februar 2011 werden aufgehoben, soweit sie die Versicherungspflicht des Klägers zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1. Mai 2006 bis 17. August 2011 betreffen. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat den Klägern 40 vH der notwendigen außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger zu 1. in seiner bei der Klägerin zu 2. ausgeübten Tätigkeit als Vertriebsleiter in der Zeit vom 1.5.2006 bis 17.8.2011 wegen Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig ist.

2

Der Kläger zu 1. ist ausgebildeter Diplomkaufmann. Er ist - neben seiner Tätigkeit bei der Klägerin zu 2. - Geschäftsführer und Gesellschafter von zwei weiteren Unternehmen (J.
GmbH und L. J. GmbH) und Kommanditist eines vierten Unternehmens (Ha CE L. J. GmbH & Co KG).

3

Bei der Klägerin zu 2. handelt es sich um eine 1998 gegründete GmbH mit dem Unternehmensgegenstand Vertrieb von Lockenwicklern und Vogelnetzen, die sie von einem der anderen Unternehmen bezieht. Das Stammkapital beläuft sich auf 358 000 Euro. Alleinige Gesellschafterin sowie Geschäftsführerin war ab Oktober 2005 die Ehefrau des Klägers zu 1., eine gelernte Zahnarzthelferin und Bürokauffrau. Gemäß "Anstellungsvertrag" vom 30.4.2006 war der Kläger zu 1. ab 1.5.2006 Vertriebsleiter der Klägerin zu 2. für die Bereiche Netze und Lockenwickler. Seit dem 17.8.2011 ist auch der Kläger zu 1. deren Geschäftsführer und seit dem 13.3.2012 zudem Gesellschafter mit der Hälfte des Stammkapitals. Bereits am 12.4.2001 übernahm der Kläger zu 1. zugunsten der Klägerin zu 2. ua eine Bürgschaft in Höhe von 384 000 Euro, die 2005 auf 375 000 Euro reduziert wurde.

4

Auf Antrag des Klägers zu 1. auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status vom 10.3.2006 stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 27.6.2007 gegenüber den Klägern fest, dass der Kläger zu 1. als Vertriebsleiter der Klägerin zu 2. seit Aufnahme dieser Tätigkeit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Die hiergegen erhobenen Widersprüche der Kläger wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheide vom 21.1.2008 zurück.

5

Nach Klageerhebung hat die Beklagte mit Bescheiden vom 14.12.2009 gegenüber beiden Klägern unter Änderung ihrer früheren Bescheide festgestellt, dass wegen der Vertriebsleitertätigkeit des Klägers zu 1. für die Klägerin zu 2. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. In der mündlichen Verhandlung über die verbundenen Klagen hat die Beklagte diese Bescheide wegen des Einkommens des Klägers zu 1. hinsichtlich dessen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung aufgehoben. Das SG hat die Bescheide der Beklagten auch im Übrigen aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers zu 1. als Vertriebsleiter der Klägerin zu 2. um eine insgesamt sozialversicherungsfreie Tätigkeit handele (Urteil vom 9.2.2011).

6

Das LSG hat die auf die Zeit bis zum 17.8.2011 beschränkte Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Ausnahmsweise liege keine Beschäftigung vor, wenn es bei Familienunternehmen aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts des Arbeitgebers gegenüber dem vermeintlich Beschäftigten völlig mangele. Hiervon könne insbesondere bei demjenigen auszugehen sein, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten könne. Dies sei beim Kläger zu 1. der Fall gewesen. Er sei auch nicht in einem fremden, sondern in seinem eigenen Betrieb tätig gewesen und habe dabei keinen Weisungen unterlegen. Seine Ehefrau sei lediglich aus wirtschaftlichen Erwägungen in die Stellung als Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Klägerin zu 2. gerückt, ohne dass sie zu irgendeiner Zeit die Geschicke der Klägerin zu 2. beeinflusst oder gar bestimmt hätte. Sie habe sich vielmehr um die vier Kinder gekümmert und die Unternehmensleitung dem Kläger zu 1. überlassen. Dieser habe durch seine Ausbildung und seine einschlägige Berufserfahrung aufgrund seiner Tätigkeit für die anderen Unternehmen - im Gegensatz zu seiner Ehefrau - die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten gehabt, um die Geschäfte führen zu können. Im Fall eines Konfliktes mit seiner Ehefrau hätte er aufgrund seiner maßgeblichen Stellung in den anderen Unternehmen die Kunden der Klägerin zu 2. abziehen können. Damit hätten dem Kläger zu 1. erhebliche wirtschaftliche Einflussmöglichkeiten zur Verfügung gestanden. Zudem hätte er maßgeblichen Einfluss auf die Klägerin zu 2. nehmen und ihm nicht genehme Weisungen abwenden können. Darüber hinaus habe der Kläger zu 1. gegenüber der Klägerin zu 2. eine Bürgschaft über einen Betrag in einer Höhe abgegeben, welche in etwa dem Stammkapital der Klägerin zu 2. entspreche (Urteil vom 22.11.2012).

7

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Auch wenn der Kläger zu 1. - wie in den anderen Unternehmen - unstreitig auch in der Führung der Geschicke der Klägerin zu 2. vollkommen freie Hand gehabt habe und wie ein Alleininhaber habe frei schalten und walten können, habe das LSG gestützt auf die zum Leistungsrecht ergangene Rechtsprechung des 7. und 11. Senats des BSG (Hinweis ua BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1) zu Unrecht Selbstständigkeit angenommen. Entscheidendes Kriterium sei allein, ob der Betroffene rechtlich in der Lage sei, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden (Hinweis auf BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17). Im Falle eines möglichen familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten komme allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen in einem solchen Fall eine Weisungsunterworfenheit bestehen könne. Eine "Schönwetter-Selbständigkeit" sei mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar. Auch die Übernahme einer Bürgschaft in beträchtlicher Höhe vermöge an der Statusbeurteilung nichts zu ändern, da es im Wirtschaftsleben üblich sei, die Ehepartner eines Unternehmensinhabers ohne Rücksicht auf deren Stellung im Unternehmen zu Bürgschaften heranzuziehen.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2012 aufzuheben und unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Kassel vom 9. Februar 2011 die Klage abzuweisen, soweit sie die Feststellung von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1. Mai 2006 bis 17. August 2011 betrifft.

9

Die Kläger beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

11

Die Beigeladene teilt die Rechtsauffassung der Beklagten.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das LSG die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG zurückgewiesen, soweit die Klage die Feststellung von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1.5.2006 bis 17.8.2011 betrifft. Die Bescheide der Beklagten erweisen sich in diesem Umfang als rechtmäßig.

13

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 27.6.2007 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.1.2008, abgeändert durch den nach § 96 SGG zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheid vom 14.12.2009.

14

Materiell betrifft der Rechtsstreit nur noch die Feststellung von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1.5.2006 bis 17.8.2011. Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG bzw vor dem Senat ihre Bescheide teilweise aufgehoben und ihre Berufung hinsichtlich des Zeitraums ab 17.8.2011 zurückgenommen.

15

2. Das LSG hat das Vorliegen von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung zu Unrecht verneint. Der Kläger zu 1. war in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 2. in der Zeit vom 1.5.2006 bis 17.8.2011 Beschäftigter, weshalb Versicherungspflicht bestand. Das LSG ist in seinem Urteil zwar zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von zu Versicherungspflicht führender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu a). Es hat dabei jedoch die für die Tätigkeit des Klägers zu 1. für die Klägerin zu 2. maßgebenden vertraglichen Vereinbarungen, welche hier nur die Annahme von Beschäftigung rechtfertigen können, nicht ausreichend beachtet (hierzu b). Besondere Umstände, die abweichend vom festgestellten Vertragsinhalt eine Beurteilung der Tätigkeit des Klägers zu 1. als selbstständig zuließen, liegen nicht vor. Insbesondere ist Selbstständigkeit des Klägers zu 1. auch nicht deshalb anzunehmen, weil er nach den Feststellungen des LSG faktisch "Kopf und Seele" des Unternehmens war und dieses nach eigenem Gutdünken leitete (hierzu c).

16

a) Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754 bzw ab 1.1.2007 idF des Gesetzes vom 24.4.2006, BGBl I 926; § 24 Abs 1, § 25 Abs 1 S 1 SGB III idF des Gesetzes vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen von Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung "die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl insoweit insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 LS und RdNr 25).

17

b) Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist in Fällen wie dem vorliegenden vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen (dazu aa). Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind (dazu bb). Diese sind ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen(dazu cc). Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen (hierzu dd) und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen.

18

aa) Der Tätigkeit des Klägers zu 1. lag eine schriftliche, ausdrücklich als "Anstellungsvertrag" bezeichnete Vereinbarung vom 30.4.2006 zugrunde. Danach wurde der Kläger zu 1. zum 1.5.2006 als Vertriebsleiter für die Bereiche Netze und Lockenwickler - also unterhalb der Ebene eines Geschäftsführers und nur mit einem beschränkten Aufgabengebiet - von der Klägerin zu 2. angestellt. Hierfür erhielt er ein festes monatliches Gehalt von zunächst 6000 Euro bzw 8000 Euro ab dem 1.11.2006. Es wurden Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von drei Monaten sowie ein Anspruch auf Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen vereinbart. Der Anstellungsvertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Kündigung war nur aus wichtigen Gründen möglich. Eine Beteiligung des Klägers zu 1. an anderen Unternehmen sowie die Mitgliedschaft in Organen fremder Gesellschaften waren anzeigepflichtig.

19

bb) Ausdrückliche Änderungen des schriftlichen Anstellungsvertrags hat das LSG im noch streitigen Zeitraum nicht festgestellt. Erst danach änderte sich die Tätigkeit des Klägers zu 1. in rechtlich anzuerkennender Weise, indem er am 17.8.2011 als weiterer Geschäftsführer der Klägerin zu 2. ins Handelsregister eingetragen wurde und später die Hälfte der Gesellschaftsanteile an der Klägerin zu 2. erwarb. Dem hat die Beklagte durch eine teilweise Rücknahme der Berufung bereits Rechnung getragen.

20

Darüber hinaus ergeben sich - unabhängig vom vereinbarten Schriftformerfordernis - auch keine Anhaltspunkte für eine rechtlich anzuerkennende konkludente Vertragsänderung. Dass der Kläger zu 1. nach den Feststellungen des LSG vollkommen freie Hand in der Führung der Geschicke der Klägerin zu 2. hatte, also faktisch wie deren Geschäftsführer aufgetreten ist und gehandelt hat, ändert an seiner vertraglichen Stellung schon deshalb nichts, weil nach § 6 Abs 3 S 2 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) die Bestellung der Geschäftsführer entweder im Gesellschaftsvertrag oder nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnitts des GmbHG(ua im Fall der Führungslosigkeit, hierzu § 35 Abs 1 S 2 GmbHG) erfolgt und nach § 39 Abs 1 GmbHG jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer sowie die Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden ist. Dies ist im noch streitigen Zeitraum nicht erfolgt.

21

cc) Nach den Feststellungen des LSG wurden die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Klägern auch nicht nur zum Schein getroffen. Vielmehr erfolgte die Bestellung der Ehefrau des Klägers zu 1. zur Alleingesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin zu 2. nach diesen Feststellungen aus wirtschaftlichen Gründen und damit absichtlich. Somit ist davon auszugehen, dass auch die Anstellung des Klägers zu 1. unterhalb der Geschäftsführung von den Beteiligten ganz bewusst so gewollt war, sodass der erstrebte Rechtserfolg gerade die Gültigkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäftes voraussetzte (vgl hierzu Ellenberger in Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 117 RdNr 4 mwN).

22

dd) Die vertraglichen Abreden zwischen den Klägern sind ausgehend von den vom LSG zu deren Inhalt getroffenen Feststellungen (siehe vorstehend aa bis cc) dem Typus der Beschäftigung zuzuordnen. In der ausdrücklich als "Anstellungsvertrag" bezeichneten Vereinbarung überwiegen die für einen Arbeitsvertrag typischen Elemente, wie zB die Regelungen über ein festes Entgelt, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und den Jahresurlaub. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die vertragliche Stellung des Klägers zu 1. bei der Klägerin zu 2. noch unterhalb der Stellung eines Geschäftsführers und damit auf der Ebene eines leitenden Angestellten angesiedelt ist. Dagegen spricht nicht die Beschränkung der Kündigung auf wichtige Gründe, die uU auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für beide Seiten vereinbart werden kann (vgl Weidenkaff in Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 622 RdNr 9).

23

c) Umstände, die abweichend vom festgestellten Vertragsinhalt eine Beurteilung der Tätigkeit des Klägers zu 1. als selbstständig zuließen, liegen nicht vor: Der Kläger zu 1. übte iS von § 7 Abs 1 S 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisung aus und war in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers eingegliedert. Er war in einem fremden Unternehmen tätig (dazu aa). Ohne eine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht, die ihn in die Lage versetzte, ihm unangenehme Weisungen zu verhindern, schließen auch die von ihm ausgeübten weitreichenden Befugnisse die Annahme von Beschäftigung nicht von vornherein aus, auch wenn er "im Alltag" faktisch bei seiner Tätigkeit keinen Weisungen unterlag (dazu bb). Mangels einer solchen Rechtsmacht rechtfertigt zudem weder eine vermeintliche wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin zu 2. vom Kläger zu 1. noch die Übernahme einer beträchtlichen Bürgschaft durch diesen ein anderes Ergebnis (dazu cc). Etwas anderes gilt schließlich auch nicht deshalb, weil der Kläger zu 1. "Kopf und Seele" des Unternehmens war und dieses nach eigenem "Gutdünken" führte (dazu dd).

24

aa) Entgegen der Auffassung des LSG war der Kläger zu 1. im streitigen Zeitraum in einem fremden und nicht in seinem eigenen Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Klägerin zu 2., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN) und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 18).

25

bb) Die vom Kläger zu 1. tatsächlich wahrgenommenen weitreichenden Befugnisse führen genauso wenig zur Annahme von Selbstständigkeit, wie die Feststellung des LSG, dass er in seiner Tätigkeit "im Alltag" keinen tatsächlichen Weisungen oder einer Überwachung durch die Geschäftsführerin der Klägerin zu 2. unterlegen habe. Aus der nur faktischen Nichtwahrnehmung eines Weisungs-, Aufsichts- oder Überwachungsrechts kann schon nicht auf einen rechtswirksamen Verzicht auf dieses Recht geschlossen werden (vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 R 14/10 R - USK 2012-182, Juris RdNr 25; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 23). Gleichzeitig machen weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, diesen nicht zu einem Selbstständigen, selbst wenn diese Umstände auf besonderer Rücksichtnahme innerhalb eines Familienunternehmens beruhen (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 23 und 30 ff mwN).

26

Entscheidend ist insoweit, dass der Kläger zu 1. im streitigen Zeitraum nicht als Gesellschafter an der Klägerin zu 2. beteiligt war. Damit fehlte es ihm von vornherein an einer im Gesellschaftsrecht wurzelnden Rechtsmacht (zu deren Bedeutung vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32), die ihn in die Lage versetzt hätte, eine Einflussnahme auf seine Tätigkeit, insbesondere durch ihm uU unangenehme Weisungen von Seiten der Geschäftsführung der Klägerin zu 2., zu verhindern. Zwar nimmt die höchstrichterliche Rechtsprechung regelmäßig Selbstständigkeit an, wenn der im Unternehmen Tätige Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft - sei es auch eine Familiengesellschaft - hält, damit zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist - etwa durch ein seinem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht oder in Form einer Sperrminorität - und der Betroffene deshalb rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren (vgl hierzu allgemein bereits zB BSGE 38, 53, 57 f = SozR 4600 § 56 Nr 1 S 5; BSGE 42, 1, 3 = SozR 2200 § 723 Nr 1 S 3 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 7, RdNr 25 mwN; zuletzt BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 16). Eine solche Konstellation liegt hier aber gerade nicht vor.

27

cc) Mangels einer solchen im Gesellschaftsrecht wurzelnden Rechtsmacht rechtfertigt zudem weder eine vermeintliche wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin zu 2. vom Kläger zu 1. noch die Übernahme einer beträchtlichen Bürgschaft durch diesen ein anderes Ergebnis. Dies hat der Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung bereits herausgearbeitet (zur Bürgschaft vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 26 mwN; zur "faktischen Machtposition" vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 28 f): Zwar können nach der Rechtsprechung des BSG auch wirtschaftliche Einflussmöglichkeiten beachtenswert sein, soweit sie - was hier nicht der Fall ist - dem Geschäftsführer einer GmbH selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f; vgl auch BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 26 mwN). Rechtlich - und vor allem hierauf kommt es an (vgl hierzu BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29) - hatte es aber allein die Ehefrau des Klägers zu 1. als Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin in der Hand, im Falle eines Zerwürfnisses mit dem Kläger zu 1. auch unter Inkaufnahme wirtschaftlicher Nachteile beispielsweise den Unternehmenszweck der Klägerin zu 2. zu ändern, eine Neuausrichtung des Unternehmens vorzunehmen oder dieses gar zu liquidieren. Ebenso stand es ihr von Rechts wegen frei, den Kläger zu 1. von seinen Aufgaben zu entbinden, ihm zumindest aus wichtigen Gründen zu kündigen und ihn durch einen anderen Vertriebsleiter zu ersetzen. Dass die Ausübung dieser der Ehefrau des Klägers zu 1. zukommenden Rechte im Hinblick auf dessen Kundenbeziehungen und Fachwissen sowie auf die Bürgschaft möglicherweise höhere Betriebskosten oder gar wirtschaftliche Turbulenzen der Klägerin zu 2. ausgelöst hätte, ändert an der in letzter Konsequenz fehlenden Rechtsmacht des Klägers zu 1., solche Maßnahmen seiner Ehefrau abzuwenden, nichts. Bezüglich der Bewertung wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten ist zudem zu beachten, dass die Übernahme einer Bürgschaft nicht mit der Gewährung eines Darlehens (hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f) zu vergleichen ist, denn bei letzterem hat es der Darlehensgeber durch die Kündigung des Darlehens in der Hand, unmittelbar auf die wirtschaftliche Situation des Darlehensnehmers Einfluss zu nehmen. Daran fehlt es bei der Übernahme einer Bürgschaft, da diese idR nur zur Absicherung weiterer Verbindlichkeiten dient und selbst im Fall ihrer Kündigung bzw Rücknahme allenfalls mittelbare Auswirkungen haben kann.

28

dd) Eine Selbstständigkeit des Klägers zu 1. ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil er nach den Feststellungen des LSG faktisch "Kopf und Seele" des Unternehmens war und dieses nach eigenem Gutdünken leitete.

29

Die für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung und das Recht der Unfallversicherung von den dafür zuständigen Senaten entwickelte sog "Kopf und Seele"-Rechtsprechung ist für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7 Abs 1 SGB IV nicht heranzuziehen. Soweit der Senat in der Vergangenheit vereinzelt hierauf zurückgegriffen hat (BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448), wird hieran nicht festgehalten. Nach dieser Rechtsprechung soll für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft und ausnahmsweise auch für einen Angestellten unterhalb der Geschäftsführerebene, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht kommen, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (Nachweise bei BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 31).

30

Eine solche Abhängigkeit der Statuszuordnung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht in Einklang zu bringen (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32). Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit", die sich ausschließlich daraus ableitet, dass dem Betroffenen in harmonischen Zeiten freie Hand gelassen wird, während im Fall eines Zerwürfnisses dessen Weisungsunterworfenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen (BSG aaO). Zugleich verringert das Anknüpfen an die den Beteiligten von Gesetzes oder Vertrags wegen zukommende Rechtsmacht Manipulationsmöglichkeiten bezüglich der Generierung oder Negierung von Sozialversicherungspflicht. Andernfalls stünde es nämlich gerade bei kleinen (Familien-)Unternehmen im freien Belieben der Beteiligten, durch zweckgerichtete Angaben zur tatsächlichen Stellung des Betroffenen im Unternehmen Sozialversicherungspflicht zu begründen oder auszuschließen. Dass gerade bei Familienunternehmen die Feststellung der ggf zur Sozialversicherungspflicht führenden Umstände schwierig ist, hat der Gesetzgeber anerkannt (zusätzliche Meldepflicht bei einer verwandtschaftlichen Beziehung zum Arbeitgeber nach § 28a Abs 3 S 2 Nr 1 Buchst d) SGB IV; obligatorische Antragstellung durch die Einzugsstelle nach § 7a Abs 1 S 2 SGB IV). Schließlich vermeidet das Abstellen auf die dem Beteiligten zukommende Rechtsmacht anderenfalls zwingend auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten zu leitenden Angestellten (dazu oben unter bb).

31

Schließlich trägt diese Sicht der Freiheit der Beteiligten Rechnung, sowohl die rechtliche Verfassung eines Unternehmens als auch Tätigkeits- und Beschäftigungsverhältnisse autonom auszugestalten. Hierbei mögen sie von verschieden Motiven geleitet werden, wie zB dem häufig anzutreffenden Streben nach Steueroptimierung oder wie im vorliegenden Fall unternehmenspolitischen Notwendigkeiten. Gleich welche Motive der gewählten vertraglichen Ausgestaltung eines Unternehmens oder einer Tätigkeit zugrunde liegen, haben die Beteiligten doch stets die hieran geknüpften zwingenden sozialversicherungs- und beitragsrechtlichen Folgen hinzunehmen.

32

An dieser Auslegung des auf das Deckungsverhältnis der Sozialversicherung bezogenen § 7 Abs 1 SGB IV(vgl nur Berchtold in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 7 SGB IV RdNr 1)sieht sich der Senat durch die Rechtsprechung der für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung und das Recht der Unfallversicherung zuständigen Senate nicht gehindert. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass der Beschäftigungsbegriff kontextabhängig und bereichsspezifisch auszulegen ist (vgl bereits BSG GS Beschluss vom 11.12.1973 - GS 1/73 - BSGE 37, 10 = SozR Nr 62 zu § 1259 RVO, Juris RdNr 21 ff zum Begriff des "versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses") und insbesondere für das Leistungsverhältnis in der Arbeitslosenversicherung ein besonderer leistungsrechtlicher Begriff der Beschäftigung Verwendung findet (vgl § 1 Abs 3 SGB IV und BSG Urteil vom 28.9.1993 - 11 RAr 69/92 - BSGE 73, 126, 127 ff = SozR 3-4100 § 101 Nr 5 S 13 f mwN; aus Sicht des Versicherungs- und Beitragsrechts vgl BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 KR 31/07 R - SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 11; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - USK 2009-72, Juris RdNr 15). Einer Anfrage nach § 41 Abs 3 SGG bei anderen Senaten bedurfte es daher nicht.

33

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Es liegt ein Fall subjektiver Klagehäufung bei einem einheitlichen Streitgegenstand vor. Daher ist die Anwendung des Gerichtskostengesetzes und der VwGO bereits ausgeschlossen, wenn nur einer der Kläger - wie vorliegend der Kläger zu 1. - zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört(vgl BSG SozR 4-1500 § 197a Nr 4 RdNr 11, so auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 24.2.2014 - L 1 KR 271/13 - Juris RdNr 32 mwN).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.