Landessozialgericht NRW Urteil, 22. Juni 2016 - L 8 R 529/15
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.5.2015 geändert und die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Klägerin mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird in beiden Rechtszügen auf 12.800,00 EUR festgesetzt.
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Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung aufgrund einer Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin in dem Zeitraum vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012.
3Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), wurde mit notariellem Vertrag vom 9.1.2009 (UR-Nr. 6/2009 des Notars E, Q) gegründet und am 30.1.2009 in das Handelsregister eingetragen (Amtsgericht [AG] J - HRB 000). Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin enthält auszugsweise folgenden Inhalt:
4§ 2 Gegenstand des Unternehmens
5Gegenstand des Unternehmens ist die Vermietung von Autokranen und Hubbühnen.
6§ 3 Stammkapital und Geschäftsanteile
71. Das Stammkapital beträgt EUR 25.000,- ( ...).
82. Von dem Stammkapital übernimmt Herr L E eine Stammeinlage von 12.750,00 EUR. Diese Stammeinlage trägt die Nr. 1. Herr T E eine Stammeinlage von 12.250,00 EUR. Diese Stammeinlage trägt die Nr. 2.
93. ( ...)
10§ 5 Geschäftsführung und Vertretung
111. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.
122. Die Gesellschafter können Geschäftsführer durch Beschluss zur Einzelvertretung ermächtigen und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien.
13§ 6 Gesellschafterversammlung
14Beschlüsse der Gesellschaft werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wenn das Gesetz nicht zwingend eine höhere Mehrheit vorschreibt.
15Auf 50,00 EUR Geschäftsanteile entfällt eine Stimme.
16Wegen der weiteren Regelungen wird auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrages der Klägerin Bezug genommen.
17Der am 00.00.1985 geborene, nach eigenem Bekunden über eine Ausbildung zum Straßenbaumeister verfügende Beigeladene zu 1) wurde mit - gleichfalls am 30.1.2009 in das Handelsregister eingetragenem - Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 9.1.2009 zum alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreiten Geschäftsführer der Klägerin bestellt.
18Unter dem 9.1.2009 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen als solchen bezeichneten "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag" (AnstV) mit im Wesentlichen folgenden Regelungen:
19§ 1 Tätigkeit und Vertragsdauer
20(1) Herr T E ist durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 09.01.2009 mit Wirkung vom 09.01.2009 zum Geschäftsführer der E Autokran GmbH bestellt worden. Er beginnt seine Tätigkeit ab 09.01.2009.
21(2) Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
22(3) Der Geschäftsführer führt die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung der Gesellschaft und dieses Vertrages.
23§ 2 Kündigung
24(1) Dieser Vertrag kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Jahresende gekündigt werden.
25(2) Eine außerordentliche Kündigung ist aus wichtigem Grund möglich.
26(3) ( ...)
27§ 3 Vertretung und Geschäftsführung/Sorgfaltspflichten
28(1) Der Geschäftsführer vertritt die GmbH gerichtlich und außergerichtlich und führt die Geschäfte. Er ist alleinvertretungs- und alleingeschäftsführungsberechtigt.
29(2) Einschränkungen ergeben sich durch Gesetz, Satzung, Dienstvertrag oder Beschlüsse der Gesellschafter.
30(3) Der Geschäftsführer hat alle Geschäfte der GmbH mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes durchzuführen.
31§ 4 Arbeitszeit
32Die Arbeitszeit richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen und ist vom Geschäftsführer in diesem Rahmen frei und eigenverantwortlich zu gestalten.
33§ 5 Bezüge
34Der Geschäftsführer erhält für eine Tätigkeit eine jährliche Vergütung von 48.000,00 Euro brutto. Bis zum 31.12.2010 erhält er keine Bezüge.
35§ 6 Urlaub
36Der Geschäftsführer erhält einen Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen jährlich.
37Der Urlaub kann auch in Teilabschnitten genommen werden und dient ausschließlich der Erholung. Bei der Wahl des Urlaubs hat der Geschäftsführer auf die betrieblichen Belange Rücksicht zu nehmen.
38§ 7 Gehaltszahlung bei Krankheit und Tod
39(1) Arbeitsverhinderung hat der Geschäftsführer dem Arbeitgeber unverzüglich unter Angabe der Gründe und der voraussichtlichen Dauer mitzuteilen.
40§ 8 Dienstwagen, Dienstreisen
41(1) Die dem Geschäftsführer durch seine Tätigkeit entstehenden Reisespesen werden ihm gegen monatliche Abrechnung erstattet. Für die Erstattung von Kosten gelten die allgemeinen Reisekostenrichtlinien der Firma, die insoweit Bestandteil dieses Vertrages sind.
42( ...)
43§ 10 Selbstkontrahierung
44Der Geschäftsführer ist vom Selbstkontrahierungsverbot gem. § 181 BGB befreit.
45( ...)
46§ 12 Sonstige Vereinbarungen
47(1) Nichtigkeit oder Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen dieses Vertrages berühren die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht. Sie haben nicht die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des gesamten Vertrages zur Folge. Die unwirksamen oder nichtigen Bestimmungen sind so umzudeuten, dass der mit ihnen beabsichtigte wirtschaftliche Zweck erreicht wird. Ist eine Umdeutung nicht möglich, sind die Vertragschließenden verpflichtet, eine Vereinbarung zu treffen, die dem wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen oder nichtigen Bestimmungen möglichst nahe kommt.
48(2) Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Auf dieses Schriftformerfordernis kann nur durch schriftliche Erklärung der Vertragsteile verzichtet werden.
49Mit einer ersten Änderungsvereinbarung vom 1.1.2011 wurde § 5 AnstV dahingehend geändert, dass dem Beigeladenen zu 1) bis zum 31.12.2011 keine Bezüge gezahlt wurden.
50Nachdem die Gesellschafterversammlung der Klägerin mit am 2.1.2012 in das Handelsregister eingetragenem Beschluss vom 14.12.2011 Herrn L E, dem Vater des Beigeladenen zu 1), Einzelprokura erteilt hatte, wurden aufgrund der am 30.12.2011 unterzeichneten zweiten Änderungsvereinbarung die Regelungen des AnstV vom 9.1.2009 mit Wirkung ab dem 1.1.2012 abermals wie folgt geändert:
51§ 5 Bezüge
52Der Geschäftsführer erhält für seine Tätigkeit
531) ein festes Jahresbruttogehalt von 48.000,- EUR, das in zwölf gleichen Monatsraten jeweils am Monatsende zu zahlen ist. Im Falle von Krankheit erfolgt eine Gehaltsfortzahlung an den Geschäftsführer bis zu drei Monaten. Wird der Geschäftsführer auf Dauer unverschuldet an der Ausübung seiner Dienste verhindert sein, die nicht Folge einer leichtsinnigen unverantwortlichen Selbstgefährdung ist, so behält er gleichwohl einen Gehaltsanspruch für die Dauer von drei Monaten nach dem Eintritt des Verhinderungsfalles.
542) ferner eine Gewinntantieme in Höhe von 10 % der im nachfolgenden § 5.1 genannten Bemessungsgrundlage, jedoch höchstens 25 % der Gesamtbezüge und aller sonstigen Leistungen. Sofern weitere vertretungsberechtigte Geschäftsfüh-rer/Prokuristen bestellt sind, dürfen die Gesamttantiemen aller geschäftsführenden Personen 50 % der im nachfolgenden § 5.1 genannten Bemessungsgrundlage nicht überschreiten.
55Durch die Vergütungen sind sämtliche Ansprüche auf Vergütung von Überstunden, Sonntags-, Feiertags- oder Mehrarbeit abgegolten.
56Der Geschäftsführer erhält Ersatz für alle Auslagen und Spesen, die durch Ge-schäftsreisen und sonstige Aufwendungen im Interesse der Gesellschaft entstehen. Soweit nach den steuerlichen Vorschriften zulässigen Pauschbeträgen abgerechnet wird, hat der Geschäftsführer Anspruch auf die steuerlich höchst zulässigen Spe-sensätze.
57Der Geschäftsführer hat Anspruch auf Gestellung eines gesellschaftseigenen Pkw der gehobenen Mittelklasse. Sämtliche Betriebskosten trägt die Gesellschaft.
58Das Kfz darf er sowohl für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als auch für private Zwecke benutzen. Die auf diesen geldwerten Vorteil entfallende Steuer trägt der Geschäftsführer.
59§ 5.1 Tantieme
601) Für die Berechnung der Tantieme wird der Jahresüberschuss, der sich vor Abzug der Gewinntantieme für die Geschäftsführer und der als Aufwand verbuchten ertragsabhängigen Steuern (Körperschaft- und Gewerbesteuer, Solidaritätszuschlag) sowie nach Verrechnung mit bestehenden Verlustvorträgen, die auf Vorjahre zurückgehen, für die eine Tantiemevereinbarung mit dem Geschäftsführer bestand, zugrunde gelegt. Gewinnabhängige Rückstellungen und Verbindlichkeiten (insbesondere für Körperschaft- und Gewerbesteuer), laufende Rücklagen (die nach Gesetz oder nach der Satzung aus dem Jahresüberschuss in laufende Rücklagen einzustellen sind) sowie steuerliche Sonderabschreibungen und der gebildete Investitionsabzugsbetrag mindern die Bemessungsgrundlage nicht. Ausgleichend hierzu findet die spätere gewinnerhöhende Auflösung von Rücklagen und anderen Bilanzpositionen, deren Bildung zuvor auf die Bemessungsgrundlage keinen Einfluss hatte, für die Berechnung der Tantieme keine Berücksichtigung. Das Gleiche gilt für Zuschüsse oder Zulagen der öffentlichen Hand.
612) Eine nachträgliche Korrektur des körperschaftsteuerpflichtigen Gewinns (Erhöhung oder Minderung), insbesondere aufgrund abweichender steuerlicher Veranlagung, die zugleich auch eine Änderung des Jahresüberschusses oder des Verlustvortrages bewirkt, führt zu einer Neuberechnung der Bemessungsgrundlage nach 1) und somit der Tantieme. Im Falle der Überzahlung hat der Geschäftsführer die Beträge der GmbH zu erstatten.
623) Für den Fall, dass der Geschäftsführer während des Geschäftsjahres in seine Funktion eintritt oder aus dieser Funktion ausscheidet, hat er nur Anspruch auf eine entsprechende zeitanteilige Tantieme.
634) Die Gewinntantieme ist unmittelbar nach Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung fällig. Dies gilt auch, wenn ein wirksamer Feststel-lungsbeschluss nicht zustande kommt.
645) Wird der Vertrag aus wichtigem Grund von einem der Parteien gekündigt, so entfällt für das Jahr der Kündigung die Gewinntantieme.
656) Im Krankheitsfall oder bei sonstiger unverschuldeter Verhinderung des Geschäftsführers wird das Festgehalt für die Dauer von drei Monaten fortgezahlt. Die Gewinntantieme ist in einem solchen Fall zu kürzen, sofern der Geschäftsführer sechs Monate im Kalenderjahr ununterbrochen seine Dienstgeschäfte nicht wahrnehmen konnte. Die Kürzung beträgt ein Zwölftel für jeden vollen Verhinderungsmonat.
667) Im Todesfall wird dem Geschäftsführer das Festgehalt auf die Dauer von drei Monaten nach dem Todesmonat sowie die zeitanteilige Tantieme an seinen Ehegatten fortgezahlt. Das Gleiche gilt, wenn der Ehegatte bereits verstorben, der Geschäftsführer jedoch ehelichen Kindern gegenüber zum Zeitpunkt des Todes noch unterhaltspflichtig ist.
67Die ursprünglich in § 8 AnstV enthaltene Regelung wurde zugleich aufgehoben.
68Mit notariellem Schenkungs- und Anteilsabtretungsvertrag vom 30.8.2012 (UR-Nr. 444/2012 des Notars E, Q) übertrug Herr L E seine zuvor getragene Stammeinlage "rückwirkend zum 1.1.2012" auf den Beigeladenen zu 1).
69Mit bei der Beklagten am 22.3.2012 eingegangenem Statusfeststellungsantrag beantragte der Beigeladene zu 1) die Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status für seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin. In dem Formularantrag, auf dessen Inhalt wegen der weiteren Angaben Bezug genommen wird, erklärte er u.a., nicht in der Lage zu sein, durch vertragliche Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen oder verhindern zu können (Ziffer 2.9 des Formularfragebogens v. 19.3.2012). Neben ihm verfüge sein Vater über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse (Ziffer 2.13 des Formularfragebogens).
70Nach Anhörung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) (Schreiben v.26.6.2012) traf die Beklagte mit - an die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) adressierten - Bescheiden vom 25.7.2012 Feststellungen zum versicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1). In dem der Klägerin bekannt gegebenen Bescheid stellte die Beklagte im Verfügungssatz wörtlich fest:
71"( ...) die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status hat ergeben, dass die Tätigkeit von T E als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der E Autokran GmbH seit dem 01.01.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird.
72In dem Beschäftigungsverhältnis besteht Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
73Die Versicherungspflicht beginnt am 01.01.2012."
74Für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses - so die Beklagte im Wesentlichen zur Begründung - spreche der Abschluss eines gesonderten, die Mitarbeit des Beigeladenen zu 1) in der Gesellschaft regelnden Arbeitsvertrages, die Zahlung einer regelmäßigen Vergütung in Höhe von 4.000,00 EUR sowie die fehlende Rechtsmacht des Beigeladenen zu 1), die Geschicke der Klägerin maßgeblich zu beeinflussen. Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung aller zur Beurteilung der Tätigkeit maßgeblicher Indizien, komme den für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Merkmalen, namentlich der Beteiligung des Beigeladenen zu 1) am Stammkapital der Gesellschaft, der nach den Angaben der am Auftragsverhältnis Beteiligten fehlenden Weisungspraxis hinsichtlich Art, Ort und Zeit der Tätigkeit sowie der indirekten Gewinnbeteiligung des Beigeladenen zu 1) am Stammkapital der Gesellschaft, keine überwiegende Bedeutung zu.
75Die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) beginne am 1.1.2012. Eine Verschiebung des Eintritts der Versicherungspflicht in Anwendung des § 7a Abs. 6 SGB IV komme nicht in Betracht, da der Antrag auf Feststellung des versicherungsrechtlichen Status nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung, sondern erst am 22.3.2012 gestellt worden sei.
76Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 24.8.2012 Widerspruch. Sie verwies zur Begründung auf die mit notariellem Vertrag vom 30.8.2012 erfolgte Übertragung der Ge-schäftsanteile durch den vormaligen Mehrheitsgesellschafter auf den Beigeladenen zu 1). Ungeachtet der rückwirkenden Übertragung der Stammkapitalanteile zum 1.1.2012 sei von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1) nicht auszugehen. Letzterer sei bereits in einem früheren Tiefbauunternehmen seines Vaters "in führender Position beschäftigt" gewesen und habe die Meisterprüfung abgelegt. Er habe sich gegen die Übernahme des Tiefbauunternehmens seines Vaters entschieden und mit der Gründung der Klägerin sein eigenes Unternehmen entwickelt. Der ursprüngliche Mehrheitsgesellschafter habe mangels eigener fachlicher Kompetenz zur Führung der Klägerin lediglich eine finanzielle Unterstützung in Gestalt erheblicher Bürgschaften geleistet. Die Mehrheitsbeteiligung am Stammkapital der Klägerin sei allein aufgrund eines dahingehenden Verlangens der Darlehensgeber erfolgt. Ungeachtet der überwiegenden Stammkapitalbeteiligung sei zwischen dem Beigeladenen zu 1) und dem vormaligen Mehrheitsgesellschafter indessen "unwiderruflich" vor Zeugen mündlich vereinbart worden, dass sich Letzterer "in jeder Hinsicht, d.h. sowohl operativ als auch beratend" aus der Führung der Gesellschaft heraushalte. Hierbei habe der vormalige Mehrheitsgesellschafter auch erklärt, er werde - im Falle einer Inanspruchnahme als Bürge - die Sicherungsleistung von einer etwaigen dem Beigeladenen zu 1) zugedachten Erbschaft in Abzug bringen.
77An diese mündliche Vereinbarung habe sich der Mehrheitsgesellschafter gehalten und sich zu keinem Zeitpunkt in die Geschäfte der Klägerin eingebracht, weshalb der Beigeladene zu 1) in der Gesellschaft habe "schalten und walten" können wie der Mehrheitsgesellschafter. Überdies habe der Beigeladene zu 1) wegen der bei ihm monopolisierten Branchenkenntnisse faktisch weisungsfrei agieren können. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene zu 1) aus Gründen familiärer Rücksichtnahme keinerlei Weisungen unterworfen worden sei. Für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit sprächen schließlich die Einräumung einer Alleinvertretungsberechtigung des Beigeladenen zu 1), die ihm erteilte Befreiung von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sowie die anstellungsvertraglich vereinbarte Gewährung einer Tantieme.
78Mit - an die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) adressierten - Bescheiden vom 20.9.2012 nahm die Beklagte den Bescheid vom 25.7.2012 für die Zeit ab dem 30.8.2012 zurück und stellte fest, dass der Beigeladene zu 1) seither nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses für die Klägerin tätig werde. Es bestehe "daher" ab dem 30.8.2012 keine Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigter in der gesetzlichen Krankenversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
79Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück (Wi-derspruchsbescheid v. 13.3.2013). Auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides wird Bezug genommen.
80Mit der am 14.4.2013 zum Sozialgericht (SG) Dortmund erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren unter Vertiefung ihrer vorprozessualen Ausführungen weiterverfolgt. Das gesellschaftsvertraglich statuierte Mitspracherecht des vormaligen Mehrheitsgesellschaf-ters sei kraft mündlicher Vereinbarung ausdrücklich abbedungen worden. Die Zulässigkeit der zwischen dem vormaligen Mehrheitsgesellschafter und dem Beigeladenen zu 1) getroffenen Nebenabrede habe das Bundessozialgericht (BSG) zuletzt in einer Entscheidung vom 2.3.2010 (B 12 R 5/09 R) betont, wonach im Zusammenhang mit Entgeltumwandlungen eine Änderung des Arbeitsvertrages nicht der Schriftform bedürfe. Selbst wenn die Abänderung eines Arbeitsvertrages unter dem Vorbehalt eines Schriftformerfordernisses stehe, könne eine solche Regelung mündlich abbedungen werden.
81Für die Annahme einer Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) spreche darüber hinaus, dass die Stammkapitalanteile des ursprünglichen Mehrheitsgesellschafters zeitnah auf ihn übertragen worden seien, ohne dass dieser hierfür eine Gegenleistung beansprucht habe. Ungeachtet der vormaligen Stimmenmehrheit sei dem Mehrheitsgesellschafter durch die Vereinbarung, die dieser und der Beigeladene zu 1) übereinstimmend als "unwiderruflich" bezeichnet hätten, gehindert gewesen, sich in die Geschäfte der Klägerin einzumischen und deren Geschicke zu gestalten.
82Im Laufe des erstinstanzlichen Klageverfahrens hat die Klägerin zum behaupteten Ab-schluss der zwischen dem vormaligen Mehrheitsgesellschafter und dem Beigeladenen zu 1) getroffene Übereinkunft vorgetragen, diese Abrede stelle eine nicht formbedürftige Stimmbindungsvereinbarung dar, welche auch statusrechtlich relevant sei und eine Wei-sungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) begründe (Schriftsätze v. 15.7.2013 und 11.9.2013).
83Die Klägerin hat beantragt,
84die Bescheide der Beklagten vom 25.7.2012 und 20.9.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.3.2013 aufzuheben, Selbständigkeit des T E für diesen Zeitraum festzustellen und der Beklagten die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen.
85Die Beklagte hat beantragt,
86die Klage abzuweisen.
87Sie hat zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen und ausgeführt, dass das BSG in seiner aktuellen Rechtsprechung die abstrakte Rechtsmacht eines Gesellschafter-Geschäftsführers betone. Soweit die Klägerin den Abschluss einer Stimmbindungsvereinbarung behaupte, verschiebe eine solche die Rechtsmacht nicht maßgeblich, da etwaige Gesellschafterbeschlüsse ungeachtet eines etwaigen Verstoßes gegen eine schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarung wirksam blieben.
88Mit Urteil vom 12.5.2015 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 25.7.2012 und den Bescheid vom 20.9.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2012 teilweise aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) für die Zeit vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012 in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin selbständig tätig gewesen ist. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
89Gegen das ihr am 19.6.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.6.2015 schriftlich Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen eingelegt. Sie meint, in dem angefochtenen Bescheid eine den Anforderungen des BSG zum Inhalt und Umfang der Statusfeststellung nach § 7a SGB IV genügende Feststellung über das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses getroffen zu haben. Dieses folge auch aus einer Entscheidung des BSG vom 11.11.2015 (B 12 KR 14/10 R), in welchem ein dahingehender behördlicher Ausspruch höchstrichterlich nicht ausdrücklich beanstandet worden sei.
90Die Annahme des SG, der vormalige Mehrheitsgesellschafter habe sich allein wegen der behaupteten mündlichen Stimmbindungsvereinbarung in den Entscheidungsprozess der Klägerin nicht eingebracht, sei lebensfremd. Hiergegen spreche auch die Erklärung des Beigeladenen zu 1) in dem Formularantrag, wonach er Beschlüsse der Gesellschafter-versammlung durch Sonderrechte weder herbeiführen noch verhindern könne. Diese Bekundung verdeutliche, dass selbst der Beigeladene zu 1) von einer fehlenden Steue-rungsmacht innerhalb der Gesellschaft ausgegangen sei.
91Die Beklagte beantragt,
92das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.5.2015 zu ändern und die Klage abzuweisen.
93Die Klägerin beantragt,
94die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
95Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und trägt ergänzend vor, das BSG habe in den Entscheidungen vom 11.11.2015 den Indizcharakter von Stimmbindungsvereinbarungen anerkannt.
96Die Feststellung einer Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) durch die Beklagte verletze zudem berechtigtes Vertrauen. Die Entscheidungen des BSG vom 29.8.2012 beinhalteten eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung. Im Hinblick darauf, dass das BSG in einer Entscheidung vom 16.12.2015 (B 12 R 11/14 R) erwogen habe, einer Ände-rung der höchstrichterlichen Rechtsprechung Vertrauensschutz im Sinne eines Rückwirkungsverbots beizulegen, müsse auch im vorliegenden Fall über die Gewährung von Vertrauensschutz entschieden werden.
97Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
98Der Senat hat einen Versicherungsverlauf des Beigeladenen zu 1) sowie die von der Klägerin erwähnten Darlehensverträge und Bürgschaftsurkunden beigezogen. Aus den Darlehensverträgen folgt, dass die E Verwaltungs GmbH, an der der Beigeladene zu 1) nicht beteiligt ist, sowie der vormalige Mehrheitsgesellschafter der Klägerin diverse Darlehen gewährt haben. Auf den Inhalt der Darlehensverträge wird Bezug genommen.
99Ausweislich der zu den Gerichtsakten gereichten Bürgschaftsurkunden hat der vormalige Mehrheitsgesellschafter zudem verschiedene Bürgschaftserklärungen abgegeben. Der Beigeladene zu 1) hat nach dem Inhalt dieser Vereinbarungen keine Forderungen Dritter gesichert. Auf den Inhalt der Bürgschaftsurkunden wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
100Schließlich hat der Senat eine an die Klägerin adressierte Abschlussmitteilung vom 6.5.2013 betreffend eine Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 SGB IV) der Beigeladenen zu 2) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. In dieser heißt es auszugsweise:
101"2. Feststellungen im Rahmen der Betriebsprüfung und deren Auswirkungen:
102Es handelt sich um eine GmbH.
103Die versicherungsrechtliche Beurteilung der im Betrieb beschäftigten Gesellschaf-ter/Geschäftsführer war nicht Bestandteil der Betriebsprüfung, da hier gegen den Be-scheid der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezüglich der Feststellungen von Versicherungspflicht des Gesellschafters/Geschäftsführers Herrn T E, ab 01.01.2012 Rechtsmittel eingelegt worden ist. ( ...)."
104Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 22.6.2016, zu dem trotz ordnungsgemäßer Ladung Vertreter der Beigeladenen zu 2) bis 5) nicht erschienen sind, hat der Senat den Beigeladenen zu 1) persönlich befragt. Zum Inhalt der behaupteten münd-lichen Vereinbarung mit dem Vater hat er präzisierend bekundet, er gehe nicht davon aus, dass sein Vater von "operativen" Entscheidungen innerhalb der Klägerin gesprochen habe, aus denen er sich heraushalte. In der Sache treffe dies aber zu. Sein Vater habe erklärt, er würde sich nicht in das Unternehmen einmischen. Es sei auch richtig gewesen, dass diese Vereinbarung für immer, also unwiderruflich habe gelten sollen.
105Auf die Frage des Senates, weshalb seinem Vater Einzelprokura erteilt worden sei, hat der Beigeladene zu 1) bekundet, die Gesellschaft habe sich im Aufbau befunden und weiter wachsen sollen. Um Personalkosten zu sparen, habe er selbst "vorne" gearbeitet. Dieses habe dazu geführt, dass er zeitweilig mehrere Tage nicht im Haus gewesen sei. Die eingeräumte Einzelprokura habe es ermöglicht, dass sein Vater während seiner Abwesenheit Verträge habe signieren können. Dies habe seine Arbeit sehr erleichtert. Wegen der wei-teren Feststellungen wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
106Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und dem Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
107Entscheidungsgründe:
108Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 5) in der Sache verhandeln und entscheiden können, da er in den ordnungsgemäßen Terminsmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
109I. Die am 29.6.2015 bei dem LSG Nordrhein-Westfalen eingegangene Berufung der Be-klagten gegen das ihr am 19.6.2015 zugestellte Urteil ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne gerichtliche Zulassung statthaft und form- und fristgerecht (§§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG) eingelegt worden.
110II. Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 25.7.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.3.2013 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Die Beklagte ist für den streitbefangenen Zeitraum vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012 in formell nicht zu beanstandender Weise zu der materiell zutreffenden Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gelangt.
1111. Gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Beklagte (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV).
112a) An einer Feststellung der Versicherungspflicht in diesen Zweigen der Sozialversicherung war die Beklagte nicht deshalb formell gehindert, weil ein anderer Versicherungsträger bereits ein "Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet" hatte. Es ist nicht erkennbar, dass im Zeitpunkt der Beantragung der Statusfeststellung am 22.3.2012 bereits ein anderer Versicherungsträger mit der Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in dem streitigen Auftragsverhältnis befasst war. Die mit Prüfungsmitteilung vom 6.5.2013 abgeschlossene Betriebsprüfung (§ 28p SGB IV) der Beigeladenen zu 2) war im Zeitpunkt der Statusfeststellung erkennbar noch nicht eingeleitet; die Prüfung hatte im Übrigen ausweislich des Inhalts der beigezogenen Abschlussmitteilung eine Klärung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) gerade nicht zum Gegenstand.
113b) Der angefochtene Bescheid ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil die Beklagte eine von der Ermächtigungsgrundlage des § 7a Abs. 1 SGB IV nicht gedeckte isolierte Feststellung über das bloße Tatbestandselement eines Beschäftigungsverhältnisses getroffen hätte.
114aa) Das BSG hat mit Urteil vom 11.3.2009 (B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2) Fol-gendes ausgeführt (Rdnr. 16 f.): Als bloßes Tatbestandselement sei das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen einer Beschäftigung im Einzelfall einer isolierten Bestätigung durch einen feststellenden Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) grundsätzlich nicht zugänglich. Systematisch ergebe sich dies aus den dem Statusfeststellungsverfahren gleichwertigen Verfahren der Einzugsstellen (§ 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV) und der Träger der Rentenversicherung als Prüfstellen (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV), die ausdrücklich jeweils nur zu einer Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter, nicht aber des Vorliegens einer Beschäftigung ermächtigt seien. In Übereinstimmung hiermit eröffne auch § 7a SGB IV als Regelung im Rahmen der Beschäftigtenversicherung den Weg nur zu einer unselbständigen Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung aus Anlass und im Zusammenhang der umfassenden Prüfung der Voraussetzungen von Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit.
115Die Feststellung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens einer Beschäftigung ist demnach keine der Bestandskraft (§ 77 SGG) fähige eigenständige Regelung im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X. Soweit die Beklagte in ihren Bescheiden nach § 7a SGB IV eine solche "Feststellung" trifft, handelt es sich der Sache nach lediglich um ein (unselbständiges) Begründungselement der Entscheidung über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen von Versicherungspflicht.
116Diese Rechtsprechung hat das BSG in der Folgezeit mehrfach bestätigt (Urteil v. 4.6.2009, B 12 R 6/08 R, USK 2009-72; Urteil v. 4.6.2009, B 12 KR 31/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 3; Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125; Urteil v. 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, USK 2013-171; Urteil v. 5.3.2014, B 12 R 7/12 R, SozR 4-1300 § 13 Nr. 2; Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, USK 2015-21; Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25). Soweit das BSG in diesen Entscheidungen - im Laufe des Verfahrens geänderte - Bescheide der Beklagten unbeanstandet gelassen hat, war - ausgehend von den jeweils wiedergegebenen Inhalten dieser Bescheide - in einem Verfügungssatz jeweils das Bestehen von Versicherungspflicht aufgrund einer (ggf. näher bezeichneten) Beschäftigung festgestellt worden.
117bb) Abweichend davon hat die Beklagte - ungeachtet der ihr übertragenen Aufgabe der Rechtsvereinheitlichung (vgl. BT-Drucks. 14/1855, S. 7) in einer unterschiedlichen Tenorierungspraxis - in anderen Fällen in zwei getrennten Verfügungssätzen zunächst das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses und sodann die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Versicherungspflicht festgestellt. So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Diese Bescheide hat der erkennende Senat bislang vom maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont (§ 133 BGB analog) dahingehend ausgelegt, dass die Beklagte mit dem ersten Verfügungssatz entgegen der Rechtsprechung des BSG die selbständige Feststellung einer abhängigen Beschäftigung anstrebe. Im Hinblick darauf hat der Senat diese Feststellung in mehreren Entscheidungen aufgehoben (Urteil v. 3.9.2014, L 8 R 55/13; Urteil v. 22.10.2014, L 8 R 863/13; Urteil v. 10.12.2014, L 8 R 259/14; jeweils juris).
118cc) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob - wie die Beklagte meint - das BSG in seiner Entscheidung vom 11.11.2015 (B 12 KR 10/14 R) diese (auch) im vorliegenden Fall geübte Tenorierungspraxis als in Übereinstimmung mit seiner Rechtsprechung stehend gebilligt hat. Zutreffend ist insoweit zwar, dass das BSG in diesem Urteil die Klage gegen einen aus zwei Verfügungssätzen zusammengesetzten, im ersten Satz das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses und im zweiten das Vorliegen von Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung feststellenden Bescheides abgewiesen hat. Es hat sich aber andererseits mit der Frage, ob der erste Satz eine unzulässige Elementenfeststellung beinhaltet, nicht ausdrücklich auseinandergesetzt. Darauf kommt es aber auch nicht maßgeblich an. Ausschlaggebend ist allein, dass das BSG dem Aufbau der Entscheidungsgründe nach unzweifelhaft an seinem Verständnis festgehalten hat, wonach das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses lediglich eine unselbständige Vorfrage des Vorliegens von Versicherungspflicht ist.
119dd) Angesichts dessen gewinnt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheide die Klarstellung der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 9.5.2016 an Bedeutung, wonach sie die Rechtsprechung des BSG aus der Grundsatzentscheidung v. 11.3.2009 (a.a.O.) uneingeschränkt umzusetzen gewillt ist. Sie hat insoweit bekräftigt, den vom BSG in der Entscheidung vom 11.3.2009 (B 12 R 11/07 R) statuierten Anforderungen zum Inhalt und Umfang der Statusfeststellung nach § 7a SGB IV entsprechen zu wollen. Auch wenn es sich bei dieser Erklärung um einen Umstand handelt, der außerhalb der Bescheide liegt, ist der Senat nicht gehindert, ihn bei der Auslegung der Bescheide zu berücksichtigen, zumal entgegenstehende schutzwürdige Interessen der Adressaten nicht erkennbar sind (vgl. BVerwG, Urteil v. 27.6.2012, 9 C 7/11, NVwZ 2012, 1413 ff.).
120Auf dieser Grundlage ist der angefochtene Bescheid dahingehend auszulegen, dass die Beklagte das Bestehen von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Renten-, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung feststellend regeln will. Soweit sie darüber hinaus das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) festgestellt hat, handelt es sich um eine unselbständige, nicht der Bestandskraft fähige Feststellung des Vorliegens einer von mehreren Voraussetzungen für Versicherungspflicht. Dieser Zusammenhang zwischen den beiden Feststellungen klingt insbesondere im Bescheid vom 20.9.2012 durch die Verwendung des Wortes "daher" deutlich an.
121In dieser Auslegung steht der angefochtene Bescheid in Übereinstimmung mit der Er-mächtigungsgrundlage des § 7a SGB IV und erweist sich als insoweit nicht rechtswidrig.
1222. Die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) im Zeitraum vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012 ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
123Zutreffend hat die Beklagte ein zur Versicherungspflicht in sämtlichen Zweigen der Sozi-alversicherung führendes Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1) in dem Zeit-raum vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012 angenommen [hierzu a)]. Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung begründen, sind nicht gegeben [hierzu b)]. Die Beklagte hat den Eintritt der Versicherungspflicht zutreffend auf den 1.1.2012 festgestellt [hierzu c)]. Die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) verletzt schließlich kein geschütztes Vertrauen eines an dem Auftragsverhältnis Beteiligten [hierzu d)]. a) Personen die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]). Der Beigeladene zu 1) war vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012 bei der Klägerin gegen Entgelt im Sinne von § 14 SGB IV beschäftigt.
124aa) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung in diesem Sinne ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zu einer "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, juris; Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
125Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. selbständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R; Urteil v. 19.8.2015, B 12 KR 9/14 R; jeweils juris).
126Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08; Senat, Urteil v. 24.9.2014, L 8 R 1104/13; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12; jeweils juris).
127Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob ein Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (BSG, Urteil v. 4.7.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 8 m.w.N.). Der Geschäftsführer einer GmbH ist weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausge-schlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübt. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt, kann seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 m.w.N.). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann (BSG, Urteil v. 8.8.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG, Urt. v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, juris, Rdnr. 23). Ist dies der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann (BSG, Urteil v. 6.2.1992, 7 RAr 134/90, SozR 3-4100 § 104 Nr. 8). Darüber hinaus ist von Bedeutung, ob der Einfluss des Geschäftsführers auf die Willensbildung der GmbH aufgrund besonderer Einzelfallumstände unabhängig von seiner Gesellschafterstellung so erheblich ist, dass ihm gegenüber nicht genehme Beschlüsse und jede Weisung ausgeschlossen sind und er die Geschäfte nach eigenem Gutdünken führen, d.h. frei schalten und walten kann. Dann ist eine persönliche Abhängigkeit auch bei Diensten höherer Art zu verneinen, weil die Gesellschafter tatsächlich keinerlei Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen und sich der Geschäftsführer nur in der von ihm selbst gegebenen Ordnung des Betriebes einfügt (BSG, Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, USK 9975; BSG, Urteil v. 11.2.1993, 7 RAr 48/92, USK 9347; vgl. insgesamt: Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris).
128bb) Der für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung des Beigeladenen zu 1) im Ausgangspunkt zugrunde zu legende Anstellungsvertrag vom 9.1.2009 in seiner - für den Streitzeitraum maßgeblichen - geänderten Fassung vom 30.12.2011 trägt wesentliche arbeitsvertragliche Züge. Dieses belegen beispielhaft die formale Bezeichnung als "Anstellungsvertrag", der vereinbarte Anspruch auf Zahlung einer regelmäßigen Vergütung (§ 5 AnstV), der statuierte Anspruch auf Gewährung von Erholungsurlaub in einem Umfang von 30 Arbeitstagen jährlich (§ 6 AnstV), der Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung im Fall von Krankheit für die Dauer von drei Monaten (§ 5 Abs. 1 AnstV i.d.F. v. 30.12.2011) sowie die Bereitstellung eines Dienstwagens, der auch für private Zwecke genutzt werden darf (§ 5 Abs. 2 AnstV i.d.F. v. 30.12.2011).
129Der Umstand, dass anstellungsvertraglich nach Maßgabe der in § 5.1 AnstV i.d.F. v. 30.12.2011 enthaltenen Regelungen ein Anspruch auf Gewährung einer Tantieme geregelt wird, entkräftet in der gebotenen Gesamtschau aller Regelungen die arbeitsvertragliche Typik nicht. Auch wenn Regelungen zur Gewährung einer Tantieme nicht standardisiert in Arbeitsverträgen enthalten sind, finden entsprechende Vereinbarungen gleichwohl als personalwirtschaftliches Steuerungsinstrument leistungsorientierter Vergütung in vielen Anstellungsverträgen, insbesondere bei leitenden Arbeitnehmern, Eingang und sind daher arbeitsvertraglichen Vereinbarungen keineswegs fremd. Entsprechendes gilt für die anstellungsvertraglich vorgesehene Lockerung der Weisungsdichte hinsichtlich der Arbeitszeit des Beigeladenen zu 1) (§ 4 AnstV).
130Über den Inhalt der Änderungsvereinbarungen hinausgehende und rechtlich relevante Änderungen des "Geschäftsführer-Anstellungsvertrages" sind nicht gegeben. Solche Abänderungen hätten nach Maßgabe der in § 12 Abs. 2 Satz 2 AnstV statuierten doppelten Schriftformklausel zu ihrer Wirksamkeit ohnehin einer Schriftform bedurft.
131cc) Auf dieser vertraglichen Grundlage ist der Beigeladene zu 1) in einem für ihn fremden Betrieb, nämlich dem der Klägerin tatsächlich tätig geworden. Alleinige Unternehmensträgerin war die als juristische Person des Privatrechts mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestaltete GmbH selbst. Diese ist von den als Gesellschaftern dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen unabhängig (vgl. hierzu nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr. 7, Rdnr. 21 m.w.N.) und von den verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen getrennt zu betrachten (vgl. BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 Rdnr. 18).
132Der Beigeladene zu 1) hat seine Tätigkeit unter Nutzung der von der Klägerin bereitgestellten Räumlichkeiten und deren Infrastruktur ausgeübt. Seine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin wird anstellungsvertraglich auch durch § 1 Abs. 3 AnstV unterstrichen, wonach er die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung der Gesellschaft und des Anstellungsvertrages führt. Schließlich bestimmt § 3 Abs. 1 AnstV, dass der Beigeladene zu 1) die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt und ihre Geschäfte führt.
133dd) Der Beigeladene zu 1) hat seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer auch im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nach Weisungen ausgeübt. Er besaß im Streitzeitraum vom 1.1.2012 bis zum 29.8.2012 keine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht, jederzeit unliebsame Entscheidungen abzuwehren.
134(1) Der Beigeladene zu 1) unterlag nach §§ 37 Abs. 1, 46 des Gesetzes über die Gesell-schaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) dem Weisungsrecht der Gesellschafterver-sammlung der Klägerin. Nach § 47 Abs. 1 GmbHG erfolgen die von den Gesellschaftern in der Angelegenheit der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
135Dieser gesetzlichen Konzeption entsprechend werden gemäß § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin Beschlüsse innerhalb der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Nach § 6 Abs. 2 des Gesell-schaftsvertrages entfällt auf 50,00 EUR Geschäftsanteil eine Stimme. Aufgrund seines Ge-sellschaftsanteils von lediglich 49% stand dem Beigeladenen zu 1) im Streitzeitraum daher nicht die abstrakte Rechtsmacht zu, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung jederzeit abzuwehren.
136Dass mit dem notariellen Schenkungs- und Abtretungsvertrag vom 30.8.2012 die Anteile des Herrn E "rückwirkend zum 1.1.2012" auf den Beigeladenen zu 1) übertragen wurden, führt jedenfalls in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht nicht zu einer maßgeblichen Veränderung der abstrakten Rechtsmacht. Nach der gebotenen vorausschauenden Beurteilung sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände (vgl. zu diesem Erfordernis auch unter Verweis auf seine frühere Rechtsprechung BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R; BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R) lassen sich die statusrelevanten tatsächlichen Umstände nicht durch eine rückwirkende Änderung der gesellschaftsvertraglichen Verhältnisse verändern.
137(2) Eine maßgebliche Rechtsmacht des Beigeladenen zu 1), Weisungen der Gesellschafterversammlung der Klägerin jederzeit wirksam abzuwehren, ergibt sich auch nicht aus der behaupteten mündlichen Abrede mit dem ursprünglichen Mehrheitsgesellschafter, wonach sich Letzterer aus einer "operativen und beratenden" Rolle innerhalb der Gesellschaft "heraushalten" wolle.
138(a) Soweit die Klägerin im gerichtlichen Verfahren vorgetragen hat, die behauptete Ver-einbarung sei zugunsten einer (konkludenten) Stimmbindungsvereinbarung auszulegen, ist diese Annahme bereits beachtlichen Zweifeln unterworfen. Begrifflich stellen Stimmbindungsvereinbarungen rechtsgeschäftliche Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern oder einem Gesellschafter und einem Dritten - etwa einem Geschäftsführer - zur Ausübung des Stimmrechts dar. Der Gesellschafter verpflichtet sich hierdurch, sein Stimmrecht vereinbarungsgemäß in einer bestimmten Weise auszuüben (Hillmann, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht 2011, § 47 GmbHG, Rdnr. 86; Wolff, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, 3. Aufl. 2009 § 38 Rdnr. 82). Auch Koppensteiner/Gruber (in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47 Rdnr. 28) versteht eine Stimmbindung als rechtsgeschäftliche Bindung zukünftigen Abstimmungsverhaltens. Schmidt (in Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2011; § 47 Rdnr. 35) sieht in Stimmbindungsverträgen eine rechtsgeschäftliche Beschränkung der Stimmrechtsmacht.
139Die behauptete Vereinbarung, kraft derer sich der ursprüngliche Mehrheitsgesellschafter der Klägerin aus einer operativen und beratenden Rolle innerhalb der Gesellschaft her-auszuhalten habe, lässt einen dahingehenden rechtlichen Bindungswillen indessen nicht erkennen. Die vermeintliche Vertragspflicht des ursprünglichen Mehrheitsgesellschafters, sich in die Führung der Gesellschaft nicht einzumischen, begründet nicht etwa eine Verpflichtung, das ihm gesellschaftsrechtlich zugewiesene Stimmrecht in einer bestimmten Weise auszuüben, sondern lässt nur ein Verständnis dahingehend zu, dass sich der ursprüngliche Mehrheitsgesellschafter in der Gesellschafterversammlung jeglichen Abstimmungsverhaltens, das zur Erteilung von Weisungen an den Beigeladenen zu 1) führt, zu enthalten hat.
140(b) Zu einer weitergehenden Beweisaufnahme zu dem Inhalt der behaupteten Absprachen des Beigeladenen zu 1) mit dem ursprünglichen Mehrheitsgesellschafter der Klägerin hat der Senat sich 0,nicht gedrängt gesehen. Denn in jeder denkbaren Auslegung erweist sich die Vereinbarung zwischen dem Beigeladenen zu 1) und dem Mehrheitsgesellschafter der Klägerin - ihr Vorliegen unterstellt - als ungeeignet, die Rechtsmacht in der Gesellschafterversammlung der Klägerin relevant zu verändern.
141Sollte sich die vereinbarungsgemäße Verpflichtung des ursprünglichen Mehrheitsgesell-schafters darauf beschränkt haben, sich jedweder Kontrolle über den Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer der Klägerin zu entziehen, erweist sich die Übereinkunft bereits aus gesellschaftsrechtlichen Gründen als unwirksam. Die Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers gegenüber den Gesellschaftern ist in ihrem Kern nämlich nicht abdingbar (Verbot der Selbstentmündigung der Gesellschafter bzw. Grundsatz der Verbandssouveränität; vgl. dazu Schmidt a.a.O., § 46 Rdnr. 113; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl. 2012, § 45 Rdnr. 11; Mollenkopf in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2011, § 45 Rdnr. 9; Zöllner in: Baumbach/Hueck, a.a.O., § 46 Rdnr. 7; BSG, Urteil v. 22.8.1973, 12 RK 24/72, BB 1973, 1310 für Personengesellschaften aus diesem Grund jedenfalls gegen eine stillschweigende Abbedingung der Gesellschafterbefugnis BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-182).
142Selbst wenn - dem Vortrag der Klägerin folgend - die Absprache zwischen dem Beigeladenen zu 1) und dessen Vater als Stimmbindungsvereinbarung auszulegen sein sollte, wäre eine solche Übereinkunft jedenfalls aus wichtigem Grund kündbar (§ 723 Abs. 1 Satz 2 BGB). Allein aus diesem Grund würde die Vereinbarung den Beigeladenen zu 1) nicht in die Lage versetzen, jederzeit Weisungen der Gesellschafterversammlung wirksam abzuwehren (BSG, Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, Rdnr. 23 ff.).
143Da eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder den gesetzlichen Vorschriften zuwider beschränkt wird, nach § 723 Abs. 3 BGB nichtig ist, ist es auch rechtlich bedeutungslos, dass die behauptete Übereinkunft - wie der Beigeladene zu 1) im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bekräftigt hat - unwiderruflich gelten sollte.
144(3) Der Beigeladene zu 1) verfügte auch nicht über eine umfassende gesellschaftsvertraglich vereinbarte Sperrminorität, um ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschaft jederzeit zu verhindern, was die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ausschließen würde (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 8).
145(4) Besondere Umstände des Einzelfalles, die ausnahmsweise eine faktische Weisungs-freiheit des Beigeladenen zu 1) im Streitzeitraum begründen könnten, sind nach den Feststellungen des Senats ebenfalls nicht gegeben:
146(a) Eine für den sozialversicherungsrechtlichen Status relevante faktische Weisungsfreiheit ergibt sich nicht aus einer familiären Verbundenheit innerhalb des Gesellschafterkreises der Klägerin. Die von den für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung und das Recht der Unfallversicherung zuständigen Senaten des BSG entwickelte "Kopf und Seele"-Rechtsprechung ist für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht heranzuziehen. Eine Abhängigkeit der Statuszuordnung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht in Einklang zu bringen (BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R und B 12 R 1/15 R; jeweils juris unter Verweis auf BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17, Rdnr. 32).
147(b) Ebenso wenig ist die behauptete besondere Fachkompetenz und Branchenkenntnis des Beigeladenen zu 1) geeignet, eine sozialversicherungsrechtlich relevante Weisungsfreiheit zu begründen. Dieser Aspekt stellt schon keinen besonderen Umstand des Einzelfalles dar. Es liegt vielmehr in der Natur der Sache, dass jeder Geschäftsführer für seinen Geschäftsbereich ein besonderes Fachwissen und spezielle Kenntnisse und Erfahrungen einbringt, die ihn befähigen, in seinem Zuständigkeitsbereich für die Gesellschaft erfolgreich tätig zu sein (Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris). In solchen Fällen ist ein stark abgeschwächtes Weisungsrecht für die ausgeübte Tätigkeit ebenso wie z.B. bei der Wahrnehmung von Tätigkeiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Dennoch werden auch Tätigkeiten für leitende Angestellte im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes. Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (BSG, Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, a.a.O.; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbständigen (vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O.).
148ee) Für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechende Gesichtspunkte sind nicht in einem solchen Maße gegeben, dass diese im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung aller abgrenzungsrelevanter Umstände die für ein Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale überwögen.
149(1) Der Beigeladene zu 1) konnte seine Tätigkeit aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht - wie für eine selbständige Tätigkeit typisch - im Wesentlichen frei bestimmen. Die anstellungsvertraglich vorgesehene weitgehende Lockerung der Weisungspraxis ist bei Arbeitnehmern, die - wie der zum Geschäftsführer bestellte Beigeladene zu 1) - Dienste höherer Art ausüben, nicht ungewöhnlich.
150(2) Der Beigeladene zu 1) verfügte über keine eigene Betriebsstätte.
151(3) Ein wesentliches unternehmerisches Risiko bestand für den Beigeladenen zu 1) im Rahmen der zu beurteilenden Auftragsbeziehung mit der Klägerin ebenfalls nicht.
152Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den von dem BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG, Urteil v. 25.1.2011, B 12 KR 17/00 R, SozR 2001, 329, 331; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris, Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.), der sich der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung bereits angeschlossen hat (vgl. nur Senat, Urteil v. 22.4.2015, L 8 R 680/12), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 37; BSG SozR -3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.) oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (vgl. BSG SozR 2400 § 2 Nr. 19, S. 30; BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R, SozVers. 2001, 329, 332; zuletzt BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, juris, Rdnr. 27).
153(a) Seine Arbeitskraft hat der Beigeladene zu 1) nicht mit der Gefahr des Verlustes einge-setzt. Er konnte im Streitzeitraum anstellungsvertraglich zeitanteilig eine Festvergütung in Höhe von 48.000,00 EUR beanspruchen. Gegen das Risiko eines krankheitsbedingten Ent-geltausfalls war der Beigeladene zu 1) nach Maßgabe des § 5.1 Abs. 6 AnstV i.d.F. vom 30.12.2011 geschützt.
154(b) Die Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin hat auch einen nennenswerten eigenen, mit einem etwaigen Verlustrisiko verbundenen Kapitaleinsatz des Beigeladenen zu 1) nicht erfordert. Er konnte die Gestellung eines gesellschaftseigenen Pkw der gehobenen Mittelklasse beanspruchen, wobei die Klägerin sämtliche Betriebskosten getragen hat. Dieses Fahrzeug konnte der Beigeladene zu 1) für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen, darüber hinaus aber auch für private Zwecke. Zudem bestand für den Beigeladenen zu 1) ein Anspruch auf Ersatz aller Aufwendungen und Spesen, die durch Geschäftsreisen und sonstige Aufwendungen im Interesse der Gesellschaft entstanden sind (§ 5 AnstV i.d.F. v. 30.12.2011).
155(c) Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung durch den Senat, unter welchen Voraussetzungen die Bereitstellung von Bürgschaften oder anderen Sicherheiten überhaupt ein unternehmerisches Risiko zu begründen vermag (vgl. zur statusrechtlichen Unbeachtlichkeit einer die gesellschaftsvertragliche Rechtsmacht unangetastet lassenden Bürgschaftsgewährung vgl. BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R m.w.N.). Nicht der Beigeladene zu 1), sondern der ursprüngliche Mehrheitsgesellschafter bzw. die E Verwaltungs GmbH haben der Klägerin dahingehende Sicherungsmittel gestellt.
156(d) Die anstellungsvertraglich vereinbarte Gewährung einer Tantieme begründet gleichfalls kein unternehmerisches Risiko in einem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung interpretierten Sinne. Zwar kommt der Zahlung von Tantiemen für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit insoweit Bedeutung zu, als sie Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen ist (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, m.w.N., juris, Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O., juris). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist, kommt ihr indessen jedenfalls dann keine Indizwirkung von wesentlichem Gewicht für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit zu, wenn sie in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung - wie hier nach Maßgabe des § 5 Abs. 2 i.V.m. § 5.1 AnstV i.d.F. v. 30.12.2011 - deutlich hinter dem vereinbarten Festgehalt zurückbleibt.
157(4) Die dem Beigeladenen zu 1) eingeräumte Alleinvertretungsbefugnis und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB sind bei einer kleineren GmbH wie der Klägerin nicht untypisch und deuten deshalb nicht zwingend auf eine selbständige Tätigkeit hin ((vgl. BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R; BSG, Urteil v. 4.7.2007, B 11a AL 5/06 R, a.a.O.; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O.; Senat, Urteil v. 18.6.2014, L 8 R 5/13, juris).
158ff) In der gebotenen Gesamtabwägung aller für und gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung sprechenden Merkmale überwiegen im Gesamtbild die für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen zu 1) sprechenden Indizien eindeutig.
159b) Der Beigeladene zu 1) war im streitbefangenen Zeitraum auch nicht in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung versicherungsfrei. Insbesondere scheidet eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V von 50.850,00 EUR im Jahr 2012 aus.
160c) Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) am 1.1.2012 eingetreten ist. Eine späterer Eintritt der Versicherungspflicht in Anwendung des § 7a Abs. 6 SGB IV kommt schon deshalb nicht in Betracht, da der Statusfeststellungsantrag nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit, sondern erst am 22.3.2012 gestellt worden ist. Hierbei kann der Senat offen lassen, ob als Zeitpunkt der "Aufnahme der Tätigkeit" im Sinne des § 7a Abs. 6 Satz 1 SGB IV auf den 9.1.2009, den Zeitpunkt der erstmaligen Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin, oder auf den 1.1.2012, den Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht infolge der Zahlung eines Arbeitsentgelts, abgestellt wird.
161d) Die mit dem angefochtenen Bescheid der Beklagten getroffene Feststellung der Versicherungspflicht verletzt auch kein berechtigtes Vertrauen der Klägerin oder des Beigeladenen zu 1).
162Zwar kann der aus Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) hergeleitete Grundsatz des Vertrau-ensschutzes, obgleich höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtswirkung erzeugen, gebieten, einem durch eine gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmung zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen (BVerfGE 122, 248, 277 f.; vgl. dazu auch BAG, Urteil v. 19.6.2012, 9 AZR 652/10, juris Rdnr. 27 m.w.N.)
163Es kann jedoch offen bleiben, ob diese vom BSG auf den Fall einer Betriebsprüfung angewandten Grundsätze (BSG, Urteil v. 16.12.2015, B 12 KR 11/14 R, juris, Rdnr. 30 ff.) überhaupt auf das hier zur Entscheidung stehende Statusfeststellungsverfahren (§ 7a SGB IV) übertragbar sind oder ob sie sich nicht vielmehr - wenn überhaupt - erst gegen-über einer etwaigen Beitragsnachforderung auswirken. Die Entscheidungen des BSG vom 29.8.2012 (B 12 KR 25/10 R und B 12 R 14/10 R) stellten nämlich keine Änderung einer gefestigten Rechtsprechung dar, die einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand hätten begründen können. Das BSG hat in diesen Entscheidungen lediglich die Grundsätze zur Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit für den Fall einer Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH als Familienbetrieb präzisiert:
164In Kontinuität mit der bereits zuvor gefestigten Rechtsprechung hat das BSG zunächst bekräftigt, dass bei der Frage, ob eine "Beschäftigung" vorliegt, an das Vertragsverhältnis der Beteiligten anzuknüpfen sei, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen werde. Ausgangspunkt sei daher das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergebe oder aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lasse. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehe der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich sei. Umgekehrt gelten, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich sei, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen sei. In diesem Sinne gelte, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag gäben, wenn sie von Vereinbarungen abwichen. Maßgeblich sei die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert werde, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig sei (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, juris, Rdnr. 16). Diese Grundsätze waren nicht neu, sondern hatten sich bereits im Sinne einer gefestigten Rechtsprechung zuvor gebildet (etwa BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 29.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011, 125 = juris, Rdnr. 17).
165Soweit das BSG in den Entscheidungen vom 29.8.2012 präzisierend für den Fall einer GmbH als Familienbetrieb eine sozialversicherungsrechtlich relevante faktische Wei-sungsfreiheit wegen einer familiären Verbundenheit verneint hat (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, juris, Rdnr. 26 ff.), hat diese Rechtsprechung ein etwaig gebildetes Ver-trauen der Klägerin bzw. des Beigeladenen zu 1) auf eine nicht bestehende Versiche-rungspflicht des Letzteren gleichfalls nicht unzulässig enttäuscht. Zwar hat das BSG in der Vergangenheit im Leistungsrecht der Arbeitslosen- und Unfallversicherung (etwa BSG, Urteil v. 11.2.1993, 7 RAr 48/92, USK 9347; Urteil v. 8.12.1987, 7 RAr 25/86, USK 87170; Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, USK 9975) die Versicherungsfreiheit von Geschäfts-führern erwogen, die faktisch die Geschäfte der Gesellschaft wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken führen konnten, weil sie "Kopf und Seele" des Geschäfts waren oder ihnen aufgrund familiärer Verbundenheit Weisungen nicht erteilt wurden. Spätestens mit der zeitlich danach ergangenen Entscheidung des BSG v. 18.12.2001 (B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20) war aber klar, dass es kein schützenswertes Vertrauen gab, diese Rechtsprechung werde auch im Mitgliedschafts- und Beitragsrecht der Sozialversicherung gelten. Ausdrücklich hat der für dieses Rechtsgebiet zuständige Senat diese Frage nämlich offengelassen (a.a.O. Rdnr. 20).
166Unabhängig davon lässt sich nicht feststellen, dass der Beigeladene zu 1) die Geschäfte im vorliegenden Fall tatsächlich vollständig nach eigenem Gutdünken im Sinne der zitierten älteren Rechtsprechung des BSG zum Leistungsrecht führen konnte. Immerhin hat sich der Mehrheitsgesellschaft erkennbar in die Führung des Unternehmens eingebracht. So ist ihm zeitnah vor dem streitbefangenen Zeitraum Einzelprokura erteilt werden, und zwar - wie der Beigeladene zu 1) auf Befragen im Termin zur mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - um ihn in die Lage zu versetzen, während der Abwesenheit des Beigeladenen zu 1) Verträge schließen zu können.
167Des Weiteren hat der Beigeladene zu 1) - von der Klägerin bestätigt - im Statusfeststel-lungsantrag selbst ausdrücklich bekundet, nicht durch vertragliche Sonderrechte Gesell-schafterbeschlüsse herbeiführen bzw. verhindern zu können (Ziffer 2.9 des Formularfra-gebogens v. 19.3.2012). Schließlich konnte er ausweislich seiner eigenen Angaben auch nicht von einer bei ihm monopolisierten und daher faktischer Weisungsfreiheit begrün-denden Branchenkenntnis ausgehen. Denn er hat selbst ausdrücklich bekundet, dass neben ihm der ursprüngliche Mehrheitsgesellschafter über die für die Führung des Unternehmens verfüge (Ziffer 2.13 des Formularfragebogens).
168Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
169Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben. Der vor-liegende Sachverhalt weist weder Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), noch sind die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG erfüllt.
170Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 1, 3 Gerichtskostengesetz.
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Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Absatz 2 sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des Zehnten Buches nicht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt abweichend von Satz 1 die Prüfung für die bei ihr versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen vor.
(1a) Die Prüfung nach Absatz 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber. Die Prüfung erfolgt
- 1.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, die als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes bei der Künstlersozialkasse erfasst wurden, - 2.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und - 3.
bei mindestens 40 Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr zur Prüfung nach Absatz 1 anstehenden Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten.
(1b) Die Träger der Rentenversicherung legen im Benehmen mit der Künstlersozialkasse die Kriterien zur Auswahl der nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfenden Arbeitgeber fest. Die Auswahl dient dem Ziel, alle abgabepflichtigen Arbeitgeber zu erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfen sind, werden durch die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe beraten. Dazu erhalten sie mit der Prüfankündigung Hinweise zur Künstlersozialabgabe. Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 lässt sich der zuständige Träger der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bestätigen, dass der Arbeitgeber über die Künstlersozialabgabe unterrichtet wurde und abgabepflichtige Sachverhalte melden wird. Bestätigt der Arbeitgeber dies nicht, wird die Prüfung nach Absatz 1a Satz 1 unverzüglich durchgeführt. Erlangt ein Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 geprüft werden, Hinweise auf einen künstlersozialabgabepflichtigen Sachverhalt, muss er diesen nachgehen.
(1c) Die Träger der Rentenversicherung teilen den Trägern der Unfallversicherung die Feststellungen aus der Prüfung bei den Arbeitgebern nach § 166 Absatz 2 des Siebten Buches mit. Die Träger der Unfallversicherung erlassen die erforderlichen Bescheide.
(2) Im Bereich der Regionalträger richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen.
(3) Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Einzugsstellen über Sachverhalte, soweit sie die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem die Träger der Rentenversicherung ihre elektronischen Akten führen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 1, 1a und 1c stehen. Die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten dürfen nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern durch die jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung verarbeitet werden.
(5) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, sind in die Prüfung einzubeziehen.
(6) Zu prüfen sind auch steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Bereich der Regionalträger nach dem Sitz dieser Stellen. Absatz 5 gilt entsprechend.
(6a) Für die Prüfung nach Absatz 1 sind dem zuständigen Rentenversicherungsträger die notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln; für Daten aus der Finanzbuchhaltung kann dies nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erfolgen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestimmt in Grundsätzen bundeseinheitlich das Nähere zum Verfahren der Datenübermittlung und der dafür erforderlichen Datensätze und Datenbausteine. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das vorher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände anzuhören hat.
(7) Die Träger der Rentenversicherung haben eine Übersicht über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu führen und bis zum 31. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Das Nähere über Inhalt und Form der Übersicht bestimmen einvernehmlich die Aufsichtsbehörden der Träger der Rentenversicherung mit Wirkung für diese.
(8) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem der Name, die Anschrift, die Betriebsnummer, der für den Arbeitgeber zuständige Unfallversicherungsträger und weitere Identifikationsmerkmale eines jeden Arbeitgebers sowie die für die Planung der Prüfungen bei den Arbeitgebern und die für die Übersichten nach Absatz 7 erforderlichen Daten gespeichert sind; die Deutsche Rentenversicherung Bund darf die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern und zur Ermittlung der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmer verarbeiten. In das Dateisystem ist eine Kennzeichnung aufzunehmen, wenn nach § 166 Absatz 2 Satz 2 des Siebten Buches die Prüfung der Arbeitgeber für die Unfallversicherung nicht von den Trägern der Rentenversicherung durchzuführen ist; die Träger der Unfallversicherung haben die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung bei den Arbeitgebern ein Dateisystem, in dem neben der Betriebsnummer eines jeden Arbeitgebers, die Betriebsnummer des für den Arbeitgeber zuständigen Unfallversicherungsträgers, die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches des Arbeitgebers, das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Entgelt der bei ihm Beschäftigten in Euro, die anzuwendenden Gefahrtarifstellen der bei ihm Beschäftigten, die Versicherungsnummern der bei ihm Beschäftigten einschließlich des Beginns und des Endes von deren Beschäftigung, die Bezeichnung der für jeden Beschäftigten zuständigen Einzugsstelle sowie eine Kennzeichnung des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung gespeichert sind. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches sowie die Daten des Dateisystems nach § 150 Absatz 3 des Sechsten Buches und der Stammdatendatei nach § 101 für die Prüfung bei den Arbeitgebern speichern, verändern, nutzen, übermitteln oder in der Verarbeitung einschränken; dies gilt für die Daten der Stammsatzdatei auch für Prüfungen nach § 212a des Sechsten Buches. Sie ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung
- 1.
die in den Dateisystemen nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten, - 2.
die in den Versicherungskonten der Träger der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der bei dem zu prüfenden Arbeitgeber Beschäftigten, - 3.
die bei den für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen gespeicherten Daten aus den Beitragsnachweisen (§ 28f Absatz 3) für die Zeit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitgeber zuletzt geprüft wurde, - 4.
die bei der Künstlersozialkasse über den Arbeitgeber gespeicherten Daten zur Melde- und Abgabepflicht für den Zeitraum seit der letzten Prüfung sowie - 5.
die bei den Trägern der Unfallversicherung gespeicherten Daten zur Melde- und Beitragspflicht sowie zur Gefahrtarifstelle für den Zeitraum seit der letzten Prüfung
(9) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über
- 1.
den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers, der Beschäftigten und der in Absatz 6 genannten Stellen bei Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, - 2.
die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und - 3.
den Inhalt des Dateisystems nach Absatz 8 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung der Prüfungen bei Arbeitgebern und der für die Prüfung bei Einzugsstellen erforderlichen Daten, über den Aufbau und die Aktualisierung dieses Dateisystems sowie über den Umfang der Daten aus diesem Dateisystem, die von den Einzugsstellen und der Bundesagentur für Arbeit nach § 28q Absatz 5 abgerufen werden können.
(10) Arbeitgeber werden wegen der Beschäftigten in privaten Haushalten nicht geprüft.
(11) Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen Dienstordnungs-Angestellten handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß.
(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.
(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.
(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.
(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.
(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.
(2a) (weggefallen)
(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.
(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende
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den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und - 2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
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zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Absatz 2 sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des Zehnten Buches nicht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt abweichend von Satz 1 die Prüfung für die bei ihr versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen vor.
(1a) Die Prüfung nach Absatz 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber. Die Prüfung erfolgt
- 1.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, die als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes bei der Künstlersozialkasse erfasst wurden, - 2.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und - 3.
bei mindestens 40 Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr zur Prüfung nach Absatz 1 anstehenden Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten.
(1b) Die Träger der Rentenversicherung legen im Benehmen mit der Künstlersozialkasse die Kriterien zur Auswahl der nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfenden Arbeitgeber fest. Die Auswahl dient dem Ziel, alle abgabepflichtigen Arbeitgeber zu erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfen sind, werden durch die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe beraten. Dazu erhalten sie mit der Prüfankündigung Hinweise zur Künstlersozialabgabe. Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 lässt sich der zuständige Träger der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bestätigen, dass der Arbeitgeber über die Künstlersozialabgabe unterrichtet wurde und abgabepflichtige Sachverhalte melden wird. Bestätigt der Arbeitgeber dies nicht, wird die Prüfung nach Absatz 1a Satz 1 unverzüglich durchgeführt. Erlangt ein Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 geprüft werden, Hinweise auf einen künstlersozialabgabepflichtigen Sachverhalt, muss er diesen nachgehen.
(1c) Die Träger der Rentenversicherung teilen den Trägern der Unfallversicherung die Feststellungen aus der Prüfung bei den Arbeitgebern nach § 166 Absatz 2 des Siebten Buches mit. Die Träger der Unfallversicherung erlassen die erforderlichen Bescheide.
(2) Im Bereich der Regionalträger richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen.
(3) Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Einzugsstellen über Sachverhalte, soweit sie die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem die Träger der Rentenversicherung ihre elektronischen Akten führen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 1, 1a und 1c stehen. Die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten dürfen nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern durch die jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung verarbeitet werden.
(5) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, sind in die Prüfung einzubeziehen.
(6) Zu prüfen sind auch steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Bereich der Regionalträger nach dem Sitz dieser Stellen. Absatz 5 gilt entsprechend.
(6a) Für die Prüfung nach Absatz 1 sind dem zuständigen Rentenversicherungsträger die notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln; für Daten aus der Finanzbuchhaltung kann dies nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erfolgen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestimmt in Grundsätzen bundeseinheitlich das Nähere zum Verfahren der Datenübermittlung und der dafür erforderlichen Datensätze und Datenbausteine. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das vorher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände anzuhören hat.
(7) Die Träger der Rentenversicherung haben eine Übersicht über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu führen und bis zum 31. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Das Nähere über Inhalt und Form der Übersicht bestimmen einvernehmlich die Aufsichtsbehörden der Träger der Rentenversicherung mit Wirkung für diese.
(8) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem der Name, die Anschrift, die Betriebsnummer, der für den Arbeitgeber zuständige Unfallversicherungsträger und weitere Identifikationsmerkmale eines jeden Arbeitgebers sowie die für die Planung der Prüfungen bei den Arbeitgebern und die für die Übersichten nach Absatz 7 erforderlichen Daten gespeichert sind; die Deutsche Rentenversicherung Bund darf die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern und zur Ermittlung der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmer verarbeiten. In das Dateisystem ist eine Kennzeichnung aufzunehmen, wenn nach § 166 Absatz 2 Satz 2 des Siebten Buches die Prüfung der Arbeitgeber für die Unfallversicherung nicht von den Trägern der Rentenversicherung durchzuführen ist; die Träger der Unfallversicherung haben die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung bei den Arbeitgebern ein Dateisystem, in dem neben der Betriebsnummer eines jeden Arbeitgebers, die Betriebsnummer des für den Arbeitgeber zuständigen Unfallversicherungsträgers, die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches des Arbeitgebers, das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Entgelt der bei ihm Beschäftigten in Euro, die anzuwendenden Gefahrtarifstellen der bei ihm Beschäftigten, die Versicherungsnummern der bei ihm Beschäftigten einschließlich des Beginns und des Endes von deren Beschäftigung, die Bezeichnung der für jeden Beschäftigten zuständigen Einzugsstelle sowie eine Kennzeichnung des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung gespeichert sind. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches sowie die Daten des Dateisystems nach § 150 Absatz 3 des Sechsten Buches und der Stammdatendatei nach § 101 für die Prüfung bei den Arbeitgebern speichern, verändern, nutzen, übermitteln oder in der Verarbeitung einschränken; dies gilt für die Daten der Stammsatzdatei auch für Prüfungen nach § 212a des Sechsten Buches. Sie ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung
- 1.
die in den Dateisystemen nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten, - 2.
die in den Versicherungskonten der Träger der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der bei dem zu prüfenden Arbeitgeber Beschäftigten, - 3.
die bei den für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen gespeicherten Daten aus den Beitragsnachweisen (§ 28f Absatz 3) für die Zeit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitgeber zuletzt geprüft wurde, - 4.
die bei der Künstlersozialkasse über den Arbeitgeber gespeicherten Daten zur Melde- und Abgabepflicht für den Zeitraum seit der letzten Prüfung sowie - 5.
die bei den Trägern der Unfallversicherung gespeicherten Daten zur Melde- und Beitragspflicht sowie zur Gefahrtarifstelle für den Zeitraum seit der letzten Prüfung
(9) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über
- 1.
den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers, der Beschäftigten und der in Absatz 6 genannten Stellen bei Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, - 2.
die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und - 3.
den Inhalt des Dateisystems nach Absatz 8 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung der Prüfungen bei Arbeitgebern und der für die Prüfung bei Einzugsstellen erforderlichen Daten, über den Aufbau und die Aktualisierung dieses Dateisystems sowie über den Umfang der Daten aus diesem Dateisystem, die von den Einzugsstellen und der Bundesagentur für Arbeit nach § 28q Absatz 5 abgerufen werden können.
(10) Arbeitgeber werden wegen der Beschäftigten in privaten Haushalten nicht geprüft.
(11) Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen Dienstordnungs-Angestellten handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.
(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.
(2a) (weggefallen)
(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.
(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende
- 1.
den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und - 2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.
(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Absatz 2 sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des Zehnten Buches nicht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt abweichend von Satz 1 die Prüfung für die bei ihr versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen vor.
(1a) Die Prüfung nach Absatz 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber. Die Prüfung erfolgt
- 1.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, die als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes bei der Künstlersozialkasse erfasst wurden, - 2.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und - 3.
bei mindestens 40 Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr zur Prüfung nach Absatz 1 anstehenden Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten.
(1b) Die Träger der Rentenversicherung legen im Benehmen mit der Künstlersozialkasse die Kriterien zur Auswahl der nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfenden Arbeitgeber fest. Die Auswahl dient dem Ziel, alle abgabepflichtigen Arbeitgeber zu erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfen sind, werden durch die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe beraten. Dazu erhalten sie mit der Prüfankündigung Hinweise zur Künstlersozialabgabe. Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 lässt sich der zuständige Träger der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bestätigen, dass der Arbeitgeber über die Künstlersozialabgabe unterrichtet wurde und abgabepflichtige Sachverhalte melden wird. Bestätigt der Arbeitgeber dies nicht, wird die Prüfung nach Absatz 1a Satz 1 unverzüglich durchgeführt. Erlangt ein Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 geprüft werden, Hinweise auf einen künstlersozialabgabepflichtigen Sachverhalt, muss er diesen nachgehen.
(1c) Die Träger der Rentenversicherung teilen den Trägern der Unfallversicherung die Feststellungen aus der Prüfung bei den Arbeitgebern nach § 166 Absatz 2 des Siebten Buches mit. Die Träger der Unfallversicherung erlassen die erforderlichen Bescheide.
(2) Im Bereich der Regionalträger richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen.
(3) Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Einzugsstellen über Sachverhalte, soweit sie die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem die Träger der Rentenversicherung ihre elektronischen Akten führen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 1, 1a und 1c stehen. Die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten dürfen nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern durch die jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung verarbeitet werden.
(5) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, sind in die Prüfung einzubeziehen.
(6) Zu prüfen sind auch steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Bereich der Regionalträger nach dem Sitz dieser Stellen. Absatz 5 gilt entsprechend.
(6a) Für die Prüfung nach Absatz 1 sind dem zuständigen Rentenversicherungsträger die notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln; für Daten aus der Finanzbuchhaltung kann dies nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erfolgen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestimmt in Grundsätzen bundeseinheitlich das Nähere zum Verfahren der Datenübermittlung und der dafür erforderlichen Datensätze und Datenbausteine. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das vorher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände anzuhören hat.
(7) Die Träger der Rentenversicherung haben eine Übersicht über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu führen und bis zum 31. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Das Nähere über Inhalt und Form der Übersicht bestimmen einvernehmlich die Aufsichtsbehörden der Träger der Rentenversicherung mit Wirkung für diese.
(8) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem der Name, die Anschrift, die Betriebsnummer, der für den Arbeitgeber zuständige Unfallversicherungsträger und weitere Identifikationsmerkmale eines jeden Arbeitgebers sowie die für die Planung der Prüfungen bei den Arbeitgebern und die für die Übersichten nach Absatz 7 erforderlichen Daten gespeichert sind; die Deutsche Rentenversicherung Bund darf die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern und zur Ermittlung der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmer verarbeiten. In das Dateisystem ist eine Kennzeichnung aufzunehmen, wenn nach § 166 Absatz 2 Satz 2 des Siebten Buches die Prüfung der Arbeitgeber für die Unfallversicherung nicht von den Trägern der Rentenversicherung durchzuführen ist; die Träger der Unfallversicherung haben die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung bei den Arbeitgebern ein Dateisystem, in dem neben der Betriebsnummer eines jeden Arbeitgebers, die Betriebsnummer des für den Arbeitgeber zuständigen Unfallversicherungsträgers, die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches des Arbeitgebers, das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Entgelt der bei ihm Beschäftigten in Euro, die anzuwendenden Gefahrtarifstellen der bei ihm Beschäftigten, die Versicherungsnummern der bei ihm Beschäftigten einschließlich des Beginns und des Endes von deren Beschäftigung, die Bezeichnung der für jeden Beschäftigten zuständigen Einzugsstelle sowie eine Kennzeichnung des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung gespeichert sind. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches sowie die Daten des Dateisystems nach § 150 Absatz 3 des Sechsten Buches und der Stammdatendatei nach § 101 für die Prüfung bei den Arbeitgebern speichern, verändern, nutzen, übermitteln oder in der Verarbeitung einschränken; dies gilt für die Daten der Stammsatzdatei auch für Prüfungen nach § 212a des Sechsten Buches. Sie ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung
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die in den Dateisystemen nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten, - 2.
die in den Versicherungskonten der Träger der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der bei dem zu prüfenden Arbeitgeber Beschäftigten, - 3.
die bei den für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen gespeicherten Daten aus den Beitragsnachweisen (§ 28f Absatz 3) für die Zeit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitgeber zuletzt geprüft wurde, - 4.
die bei der Künstlersozialkasse über den Arbeitgeber gespeicherten Daten zur Melde- und Abgabepflicht für den Zeitraum seit der letzten Prüfung sowie - 5.
die bei den Trägern der Unfallversicherung gespeicherten Daten zur Melde- und Beitragspflicht sowie zur Gefahrtarifstelle für den Zeitraum seit der letzten Prüfung
(9) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über
- 1.
den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers, der Beschäftigten und der in Absatz 6 genannten Stellen bei Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, - 2.
die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und - 3.
den Inhalt des Dateisystems nach Absatz 8 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung der Prüfungen bei Arbeitgebern und der für die Prüfung bei Einzugsstellen erforderlichen Daten, über den Aufbau und die Aktualisierung dieses Dateisystems sowie über den Umfang der Daten aus diesem Dateisystem, die von den Einzugsstellen und der Bundesagentur für Arbeit nach § 28q Absatz 5 abgerufen werden können.
(10) Arbeitgeber werden wegen der Beschäftigten in privaten Haushalten nicht geprüft.
(11) Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen Dienstordnungs-Angestellten handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
Tenor
-
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
-
Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.
-
Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
-
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 6500 Euro festgesetzt.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1. in der von ihr für einen privaten "Pflegedienst" ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung unterlag.
- 2
-
Die Klägerin gehört zu einer Unternehmensgruppe, die im Bereich der ambulanten "Pflege und Betreuung" bundesweit tätig ist. Ihr Unternehmensziel ist darauf gerichtet, zumeist älteren und gesundheitlich eingeschränkten Personen ("Pflegebedürftigen"; im Folgenden: Betreuten) einen ua bis zu 24 Stunden täglich dauernden, umfassenden Service durch einen hauswirtschaftlichen Familienbetreuer bzw eine hauswirtschaftliche Familienbetreuerin ("Pflegepartner") anzubieten. Nach Unterweisung in einer von der Unternehmensgruppe betriebenen Aus- und Weiterbildungseinrichtung, die von den Pflegepartnern teilweise selbst bezahlt werden muss, und nach Herstellung eines Kontakts zu den Betreuten durch eine bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester führen die Pflegepartner im Rahmen eines regelmäßig 14-tägigen Einsatzes den Haushalt der Betreuten im heimischen Umfeld und übernehmen ggf weitere Dienstleistungen - auch im Sinne von "Gesellschaft" und "Unterhaltung" - nach den jeweiligen Bedürfnissen des Betreuten. Die Pflegepartner erbrachten in den Jahren 2001 und 2002 keine Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Auch war die Klägerin seinerzeit keine durch Versorgungsvertrag zugelassene ambulante Pflegeeinrichtung.
- 3
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Die Beigeladene zu 1., die nach ihrer - wie vorbeschrieben durchgeführten - Unterweisung ein Gewerbe "Hauswirtschaftliche Betreuung" angemeldet hatte, übte vom 18.1.2001 bis 1.7.2002 mit Unterbrechungen allein für die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) eine Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin aus. Später - nach ihrer Lösung von der Klägerin - arbeitete sie parallel für mehrere andere private Pflegedienste. Während zwischen der Klägerin und den Betreuten ein schriftlicher Pflege- und Betreuungsvertrag abgeschlossen wurde, erfolgten die "Einsatzaufträge" der Klägerin an die Beigeladene zu 1. lediglich fernmündlich von Mal zu Mal. Die Beigeladene zu 1. erteilte hierüber schriftliche Auftragsbestätigungen. Weitergehende schriftliche Verträge über die einzelnen Einsätze bestanden nicht, ebenso wenig existierte eine schriftliche Rahmenvereinbarung. Eine Verpflichtung der Klägerin, "Einsatzaufträge" zu erteilen, bestand nicht. Ebenso konnte die Beigeladene zu 1. ihr angebotene Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen ablehnen oder abbrechen oder verlängern. Aus einem laufenden Einsatz konnte sie von der Klägerin nicht abgezogen und einem anderen Kunden zugeteilt werden. Die Beigeladene zu 1. kalkulierte den Aufwand für sich selbst - gemessen an den an ihre Tätigkeit gestellten Anforderungen - ggf neu, verhandelte mit der Klägerin über die Vergütung und stellte dieser stets nach Abschluss ihrer Einsätze Rechnungen auf der Grundlage der - entsprechend vorher vereinbarten - pauschalierten Vergütung in Form von Tagessätzen (150 bis 170 DM bzw 87 Euro) aus. Während des Einsatzes dokumentierte die Beigeladene zu 1. die von ihr erbrachten Leistungen ("Pflegenachweis, Leistungsnachweis"). Eine vertragliche Verpflichtung zur Führung solcher Dokumentationen bestand im Verhältnis zur Klägerin nicht. Die examinierte Kraft ("Leitung des Pflegedienstes", "Einsatzleitung") kontrollierte diese Dokumentationen nicht. Eine Aufnahme der Beigeladenen zu 1. in einen von der Klägerin aufgestellten, alle Pflegepartner umfassenden Einsatzplan erfolgte nicht. Im Verhinderungsfall durfte sie - in Absprache mit der Klägerin - eine entsprechend qualifizierte Vertretung einsetzen. Für den Fall der "Kundeninsolvenz" hatten Klägerin und Beigeladene zu 1. einen Selbstbehalt Letzterer von 200 Euro je Rechnung ("Gewährleistungssumme") vereinbart, ebenso, dass bei Honorarkürzungen wegen Schlechtleistung diese von der Klägerin als Abzüge von der Vergütung an die Beigeladene zu 1. weitergegeben werden durften. Die Beigeladene zu 1. erzielte in den Jahren 2001 und 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 19 706 DM bzw 6686 Euro.
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Im November 2000 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ua die "Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status". Mit zwei Bescheiden vom 10.2.2003 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. fest, dass die Beigeladene zu 1. ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Beide legten hiergegen Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Beigeladene zu 1. für die Klägerin selbstständig tätig gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17.12.2004 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.
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Mit Urteil vom 4.6.2007 hat das SG der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben und den sie betreffenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben sowie festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "im Zeitraum ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zu dieser gestanden hat". Während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat die Beklagte die genannten Bescheide mit Bescheid vom 10.6.2009 "ergänzt" und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "in der Zeit zwischen dem 18.1.2001 bis zum 1.7.2002 mit Unterbrechungen in den Zeiten ihrer Beschäftigung für die Klägerin versicherungspflichtig zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung war" und "Beginn der Versicherungspflicht … der 18.1.2001 ist".
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Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG - nach umfangreichen Ermittlungen - mit Urteil vom 10.6.2009 das Urteil des SG geändert. Über die im erstinstanzlichen Verfahren angefochtenen Bescheide hinaus hat es auch den "ergänzenden" Bescheid vom 10.6.2009 aufgehoben. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin in den im Tenor näher bezeichneten Zeiträumen "nicht als Arbeitnehmerin versicherungspflichtig zur gesetzlichen Renten-, Krankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung war". Es hat seine zurückweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beigeladene zu 1. habe in der streitigen Zeit nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeit in keinem die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden. Die mündlichen Abreden zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. sprächen als starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die vereinbarten Einzelheiten machten den Willen der Beteiligten deutlich, eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. zu begründen. Die - gewollte - sozialversicherungsrechtliche Selbstständigkeit sei auch tatsächlich umgesetzt worden. So habe die Beigeladene zu 1. angebotene Einsätze ablehnen können, über die Höhe des Vergütungsanspruchs verhandelt und nach Abschluss des Einsatzes wie ein Unternehmer Rechnungen geschrieben. Der Klägerin habe - auch über die von ihr eingesetzte examinierte Kraft - keine Weisungsbefugnis zugestanden. Eine ständige Dienstbereitschaft der Beigeladenen zu 1. sei nicht erwartet gewesen; diese habe ihre Dienstleistungen auch nicht in den Betriebsräumen der Klägerin erbracht. Die Beigeladene zu 1. habe schließlich ein Unternehmerrisiko getragen, etwa weil sie bei "Kundeninsolvenz" weniger Vergütung erhalten und Ausbildung und Fortbildungen selbst bezahlt habe. Dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen Auftrags von der Klägerin und von den Betreuten vorgegeben gewesen seien, stehe der Annahme von Selbstständigkeit indes nicht entgegen, ebenso wenig, dass die Beigeladene zu 1. Pflegedokumentationen geführt habe. Im konkreten, hier allein zu entscheidenden Fall seien diese von der Klägerin bzw der für sie tätigen examinierten Kraft lediglich zur Kenntnis genommen worden. Auch könne aus der Begründung aufeinanderfolgender, relativ kurzer Vertragsverhältnisse nicht auf das Vorliegen von Beschäftigung geschlossen werden. In diesem Sinne habe die Beigeladene zu 1. nur stets aufs Neue ihre Entschließungsfreiheit betätigt, eine weitere Vertragsbeziehung begründen zu wollen.
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Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom LSG zugelassenen Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV: Nach dem Gesamtbild sprächen die Kriterien überwiegend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1. sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingeordnet, weisungsgebunden und ohne Unternehmerrisiko tätig gewesen. Die Führung der Pflegedokumentationen, zu der die Beigeladene zu 1. aufgrund des mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrags mittelbar verpflichtet gewesen sei, und das Prozedere beim Wechsel der Pflegepartner zeigten, dass die Beigeladene zu 1. Teil in der Kette der den jeweiligen Betreuten zur Verfügung gestellten Pflegepartner und damit in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen sei. Das ergebe sich auch aus deren Teilnahme am Gruppenversicherungsvertrag der Klägerin für die Berufshaftpflichtversicherung. Weil sie ihre Aufträge ausschließlich durch Vermittlung der Klägerin erhalten und sich die Betreuungstätigkeit nach den Wünschen der Betreuten gerichtet habe, sei die Beigeladene zu 1. auch - im Verhältnis zu diesen - weisungsgebunden gewesen. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. habe schließlich nicht bestanden. Dieses folge weder aus dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1. Aufträge habe ablehnen dürfen, noch daraus, dass von der Klägerin eine "Gewährleistungssumme" für den Fall der "Kundeninsolvenz" habe einbehalten werden dürfen.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 und des Sozialgerichts Duisburg vom 4. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aus dem Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1. lasse sich eine Weisungs- und/oder Kontrollbefugnis nicht herleiten. Pflegedokumentationen seien ein Arbeitsmittel der professionellen Pflege und ließen keinen Rückschluss auf den Status der sie Führenden zu. Ebenso wenig spreche die Teilnahme an einem Gruppenversicherungsvertrag für eine abhängige Beschäftigung.
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Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich auch nicht in der Sache.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist unbegründet. Zutreffend hat das LSG zunächst - auf Klage - auch den während des Berufungsverfahrens erlassenen "ergänzenden" Bescheid der Beklagten vom 10.6.2009 aufgehoben. Ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist, hat es sodann die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG mit den im Tenor genannten, auf die Zeiten der einzelnen Betreuungseinsätze vorgenommenen Einschränkungen zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil insoweit geändert. Der ursprüngliche Bescheid der Beklagten vom 10.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2004 und ihres "ergänzenden" Bescheids vom 10.6.2009 ist rechtswidrig. Wie das LSG ohne Rechtsfehler entschieden hat, hat sie darin unzutreffend festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin wegen einer Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war.
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1. Im Revisionsverfahren zu überprüfen ist vom Senat auch der während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren von der Beklagten erlassene Bescheid vom 10.6.2009. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen (vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Leitsatz und RdNr 11 ff; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - Juris RdNr 13 ff) Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht und ihres Beginns "ergänzt". Wird in einem solchen Fall ein wegen der Feststellung eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständiger Verwaltungsakt durch einen weiteren Verwaltungsakt um das fehlende (andere) Element zu einer vollständigen Feststellung ergänzt - und damit auch erst einer inhaltlichen, materiell-rechtlichen Überprüfung durch das bereits angerufene Gericht zugänglich gemacht -, so liegt darin eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der zweite Verwaltungsakt den ersten iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt.
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Im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden ist demgegenüber, ob die Beigeladene zu 1. für den Fall, dass für sie in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin eine Versicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin nicht festzustellen ist, bei den jeweils von ihr Betreuten versicherungspflichtig beschäftigt war. Ebenso ist hier nicht zu überprüfen, ob die Beigeladene zu 1. - was bei Annahme einer selbstständigen Tätigkeit in Betracht kommt - jedenfalls der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach einem der Tatbestände des § 2 Satz 1 SGB VI unterlag. Zutreffend hat das LSG insoweit ausgeführt, dass in dem auf die Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter gerichteten Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV allein geklärt werden sollte, ob die Beigeladene zu 1. bei der Klägerin wegen Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV versicherungspflichtig war, und dass eine Feststellung des (Nicht-)Bestehens von Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Selbstständigen, die eine Prüfung der Voraussetzungen der § 2 Satz 1, § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI erfordert, deshalb vom Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens nicht umfasst ist.
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2. Die Beklagte ist in ihren Bescheiden in dem von der Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Anfrageverfahren, in dessen Rahmen sie über die Frage der Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin auch - wie hier - nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden darf (vgl BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 32), auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen -rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlag. Der Senat kann somit offenlassen, ob einer Annahme von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung in den streitigen Zeiträumen auch die Regelungen über die geringfügige Beschäftigung (vgl § 8 Abs 1 SGB IV) in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung entgegenstehen und ob die Beklagte - bei Bestehen von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung - über den Zeitpunkt ihres Eintritts zutreffend entschieden hat.
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a) In den Jahren 2001 und 2002, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III)der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (vgl zur Beurteilung von Familienhelfern im Arbeitsrecht BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 27.7.2011 - B 12 KR 10/09 R, RdNr 17, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).
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b) Im vorliegenden Rechtsstreit ist das LSG - für die hier (allein) zu beurteilende Fallkonstellation - auf Grund der genannten Rechtsprechung in seiner Gesamtwürdigung, ohne dass dies vom Senat zu beanstanden wäre, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei der Klägerin nicht beschäftigt war. Die vom Berufungsgericht hierbei in seinem Ausgangspunkt zu Grunde gelegten rechtlichen Grundsätze sind zutreffend. So ist das LSG bei seiner Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit zu Recht (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 15 f; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - Juris RdNr 22) davon ausgegangen, dass dem in den - hier allein mündlich getroffenen - Abreden dokumentierten Willen der Beteiligten, keine Beschäftigung zu wollen, nur dann keine - indizielle - Bedeutung zukommt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Vereinbarungen rechtlich relevant abwichen, und dann maßgebend ist, wie die Rechtsbeziehung (tatsächlich) praktiziert wurde. Als rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend erfasst hat das LSG auch, dass aus dem Umstand, dass - ohne (mündliche oder schriftliche) Rahmenvereinbarung - jeweils einzelne, gesonderte, (nur) kurze Vertragsverhältnisse von in der Regel 14 Tagen mit Diensten "rund um die Uhr" begründet wurden, zwingende Schlüsse weder in der einen - Beschäftigung - noch in der anderen Richtung - selbstständige Tätigkeit - gezogen werden können, sondern stets eine Bewertung der einzelnen "Einsatzaufträge" am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu erfolgen hat (vgl schon BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff). Als Ausgangsüberlegung richtig ist schließlich, dass eine Tätigkeit wie die eines hauswirtschaftlichen Familienbetreuers bzw einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden kann (vgl zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Hauskrankenpflegerin auch im Rahmen abhängiger Beschäftigung aus der Zeit vor Einführung der Pflegeversicherung LSG Berlin, Urteil vom 26.11.1986 - L 9 Kr 8/85 - Breith 1987, 345; ferner zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Tagesmutter als Beschäftigte und Selbstständige Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - Juris RdNr 11, mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Sowohl die Befristung der Arbeitseinsätze der Beigeladenen zu 1. als auch ihr Einsatz "rund um die Uhr" lassen dabei nicht schon den Schluss zu, dass ein (rechtlich zulässiger) Einsatz von vornherein überhaupt nur im Rahmen einer frei ausgestalteten selbstständigen Tätigkeit in Betracht kam. Zwar waren (und sind) kurzzeitige Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber nur begrenzt zulässig (vgl § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz vom 21.12.2000, BGBl I 1966), aber immerhin nicht generell ausgeschlossen. Auch unter dem Blickwinkel des Arbeitszeitrechts bestanden (und bestehen) für Beschäftigungen auf diesem Gebiet keine engen Vorgaben hinsichtlich der maximalen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit (vgl § 18 Abs 1 Nr 3 Arbeitszeitgesetz vom 6.6.1994, BGBl I 1170: keine Geltung des Gesetzes für "Arbeitnehmer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen").
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c) Die von der Beklagten mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen, auf der Grundlage umfangreicher Ermittlungen getroffenen detaillierten Feststellungen des LSG zu den im vorliegenden Fall zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. getroffenen Vereinbarungen und deren - hiermit übereinstimmender - (tatsächlicher) Umsetzung rechtfertigen dessen Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei dieser nicht beschäftigt gewesen. Das Berufungsgericht hat ausgehend von zutreffenden (allgemeinen) rechtlichen Erwägungen begründet, dass und warum hiernach starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit sprechen. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für das hier (allein) zu beurteilende Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit umfassendes Weisungsrecht der Klägerin sowie eine Eingliederung in deren "Betrieb" verneint, demgegenüber aber ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Ebenso ist es beanstandungsfrei, dass das LSG diesen Befund - unter Einbeziehung weiterer, für eine selbstständige Tätigkeit sprechender Umstände - bei der Gesamtwürdigung seiner Statusbewertung maßgebend zugrunde gelegt und der Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin, der Vergütung in Form (pauschaler) Tagessätze sowie der Führung einer Pflegedokumentation durch die Beigeladene zu 1. hierbei keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat.
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aa) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung unterlag die Beigeladene zu 1. bei der Durchführung ihrer einzelnen "Einsatzaufträge" keinem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin. Sie unterlag auch keinem solchen der von ihr Betreuten. Unter Berücksichtigung der im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung von Lehrtätigkeiten entwickelten Rechtsprechung des BSG (vgl BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 29, mwN) hat das Berufungsgericht den Umständen hier rechtsfehlerfrei keine entscheidende Bedeutung beigemessen, dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen "Einsatzauftrags" wie Beginn und Ende des Einsatzes und "grober" Inhalt der Tätigkeit von der Klägerin vorgegeben waren und sich die Betreuungstätigkeit (allgemein) nach den Bedürfnissen und Wünschen der Betreuten oder ihrer Angehörigen auszurichten hatte. Wie die Betreuung im Einzelnen ausgestaltet ist, richtet sich nach den individuellen Erfordernissen, die sowohl inhaltlich als auch in zeitlicher Hinsicht die zu erbringenden Leistungen bestimmen. Das gilt für Tätigkeiten hauswirtschaftlicher Art wie für Pflegetätigkeiten (im weiteren Sinne) gleichermaßen. Der hierbei - gerade auch im Hinblick auf die zeitliche Dimension des "Einsatzauftrags" (14-Tage-Einsatz, 24-Stunden-Service) - geforderten Fähigkeit des Pflegepartners zur Reaktion auf die - sich ggf ständig verändernde - aktuelle Betreuungs- und/oder Pflegesituation steht zwangsläufig eine Flexibilität im Handeln gegenüber, die diesem gerade wegen der Individualität und Einzigartigkeit dieser Situation prinzipiell einen großen Entscheidungsbereich belässt. Hiervon ausgehend und nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall unterlag die Beigeladene zu 1. keiner arbeitnehmertypischen Leistungspflicht, weil sich für sie bei ihrer Tätigkeit für einen Arbeitnehmer uncharakteristische Handlungsspielräume ergaben (vgl insoweit - im Arbeitsrecht - zum Gesichtspunkt einer möglichen Einflussnahme des Betroffenen auf Art und zeitliche Lage der konkreten Tätigkeit in einer Betreuungssituation BAG AP Nr 45 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Leitsatz 1 und Bl 413 ff). Allein aus der im Hinblick auf die genannten (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin und der Betreuten bestehenden "Minderung" der "Autonomie" der Pflegepartner bei der Durchführung der einzelnen Einsätze kann daher nicht auf eine Weisungsgebundenheit im geforderten Sinne und damit eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von der Klägerin und/oder der Betreuten geschlossen werden (zur Übertragung der für die Beurteilung von Lehrtätigkeiten aufgestellten Grundsätze auf als sog Freelancer tätige Flugzeugführer vgl BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 23). Ob die Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin, den Betreuten und der Beigeladenen zu 1. - wie die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 18.6.2008 (L 1 RA 257/05 - Juris RdNr 60 f) meint - einem Leiharbeitsverhältnis ähnelten mit der Besonderheit, dass hier das "Weisungsrecht" wie dort auf die Betreuten "delegiert" war, ist vor diesem Hintergrund ohne Bedeutung.
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Die Beigeladene zu 1. war auch nicht - gleichwohl - wegen der von ihr in der Gestalt von "Pflegeberichten", "Pflegeprotokollen" und "Checklisten für die Pflegepartner zur Durchführung einer Ablösung" geführten Pflegedokumentationen von der Klägerin weisungsabhängig. Die Beklagte behauptet dieses auch selbst nicht, sondern stützt sich auf diesen Umstand (nur) für ihre Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in eine von der Klägerin vorgegebene Ordnung eingegliedert gewesen. Das LSG hat in dem hier (allein) zu entscheidenden Fall festgestellt, dass sich die bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester in die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. tatsächlich nicht eingemischt, insbesondere deren Arbeitsergebnisse - etwa beim Wechsel von Pflegepartnern - nicht anhand der Pflegedokumentationen kontrolliert hat, und hieraus den Schluss gezogen, dass der Klägerin über diese Kraft keine Weisungsbefugnis zustand. Diese Schlussfolgerung ist nicht zu beanstanden, zumal - wie das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt hat - der Klägerin keine Rechtsmacht zur Kontrolle zustand, weil im Verhältnis zu ihr eine (vertragliche) Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. zur Dokumentation nicht bestand und diese jedenfalls nach dem mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrag (dort Punkt 1.6) nur als "Pflege"- bzw "Leistungsnachweis" (der Klägerin) gegenüber den Betreuten dienen sollte. Eine - von der Beklagten angenommene - auf Grund "mittelbarer" Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. hierzu dieser gegenüber bestehende Weisungsbefugnis der Klägerin etwa dahingehend, dass und wie sie ihre Dienstleistung optimieren könne, lässt sich daraus nicht entnehmen.
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Schließlich greift das Vorbringen der Beklagten auch insoweit nicht durch, als sie sich für die Annahme eines Weisungsrechts der Klägerin darauf stützt, dass diese die Beigeladene zu 1. in einer speziellen Bildungsmaßnahme geschult und so auf ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin vorbereitet, dieser dann die Aufträge vermittelt und (allein) mit den Betreuten "Erstverhandlungen" über den Umfang der Betreuungsleistungen geführt habe. Warum sich hieraus - bezogen auf die Verhältnisse, die nach Annahme eines "Einsatzauftrags" bestehen - ein für eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. sprechendes Weisungsrecht der Klägerin ergeben soll, erläutert die Beklagte nicht. Demgegenüber fallen als relevant auf eine (weitgehend) autonome Durchführung der einzelnen Einsätze hindeutende Umstände ins Gewicht, dass die Beigeladene zu 1. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall übernommene Aufträge (vorzeitig) abbrechen oder verlängern und sie nach Übernahme eines bestimmten Auftrags (und vor dessen Beendigung) von der Klägerin nicht gegen ihren Willen "umgesetzt", also zur Annahme eines anderen Auftrags veranlasst werden konnte.
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bb) Die Beigeladene zu 1. war auch nicht wie eine Beschäftigte in den "Betrieb" der Klägerin eingegliedert. Ebenso fehlte eine entsprechende arbeitnehmertypische Eingliederung in eine von den Betreuten vorgegebene betriebliche Ordnung. Soweit das LSG diese Annahme damit begründet hat, dass von der Beigeladenen zu 1. mangels Aufnahme der Pflegepartner in einen bei der Klägerin geführten Dienstplan keine ständige Dienstbereitschaft erwartet worden sei und diese - im Gegenteil - die Übernahme von "Einsatzaufträgen" eher an eigenen Bedürfnissen ausgerichtet hat, ist sein Prüfungsansatz indessen unzutreffend. Denn auch für die Beurteilung, ob die Beigeladene zu 1. in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert war, muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden. Im Übrigen lässt die Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht jedoch Rechtsfehler nicht erkennen. Zu Recht hat das LSG auf der Grundlage seiner Feststellungen entschieden, dass die Beigeladene zu 1. in den "Betrieb" der Klägerin nicht eingegliedert war (vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter die Einbindung der Beigeladenen zu 1. in den Haushalt des jeweils Betreuten (mit den dort zur Verfügung gestellten sächlichen Mitteln) nicht als funktionsgerechte Einordnung in eine von dieser Seite vorgegebene Ordnung betrachtet, in der fremdbestimmte Arbeit geleistet werden kann (vgl - zur Möglichkeit des Fehlens einer Eingliederung von Dozenten in den Lehr-/Bildungsbetrieb einer Volkshochschule - BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 18 ff; ferner - zum Fehlen einer Eingliederung von als sog Freelancer tätigen Flugzeugführern in den Betrieb eines Luftfahrtunternehmens - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff).
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Das Revisionsvorbringen der Beklagten greift demgegenüber nicht durch. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung folgt aus dem - vom LSG festgestellten - Ablauf beim Wechsel der Pflegepartner und der Organisation der Folgepflege sowie der hierauf bezogenen Funktion der Pflegedokumentationen (Checkliste) nicht schon, dass die Beigeladene zu 1. wegen ihrer Eigenschaft als "ein Teil in der Kette der den jeweiligen Kunden zur Verfügung gestellten Pflegepersonen" in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Dass jemand zu einem "Pool" von Einsatzkräften gehört, die zur Erfüllung anderen Personen obliegender Verpflichtungen gegenüber Dritten bereitstehen, besagt über deren Eingliederung in den "Betrieb" der insoweit Verpflichteten nichts (vgl - zum Status in einem "Personalpool" zusammengefasster, als sog Freelancer tätiger Flugzeugführer als Selbstständige - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris). Ebenso wenig kann für eine Eingliederung in den "Betrieb" der Klägerin daraus etwas hergeleitet werden, dass ihr und das Auftreten der Beigeladenen zu 1. im Rechtsverkehr von den Betreuten so wahrgenommen wurden, als sei die Beigeladene zu 1. nicht (ihrerseits) Unternehmerin, sondern befinde sich in einem Anstellungsverhältnis zur Klägerin.
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Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung spricht für eine entsprechende Eingliederung schließlich nicht, dass die Klägerin für die Pflegepartner zur Absicherung in einer Berufshaftpflichtversicherung einen Gruppenversicherungsvertrag angeboten hat. Zutreffend hat die Klägerin in diesem Zusammenhang nämlich darauf hingewiesen, dass Angebote zur Teilnahme an einer Gruppenversicherung allgemein auch Selbstständigen (etwa Rechtsanwälten) gemacht werden, ohne dass eine Teilnahme hieran für eine Eingliederung in den "Betrieb" des Anbieters als Indiz wirkt.
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cc) Nicht zu beanstanden ist des Weiteren, dass das LSG ein für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Zutreffend hat es darauf hingewiesen, dass nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die Beigeladene zu 1. - wie das für Dienstleistungen in der Hauswirtschaft typisch ist - im Wesentlichen ihre Arbeitskraft und weniger Kapital eingesetzt und dieses im vorgenannten Sinne mit einem Verlustrisiko getan hat.
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Richtig ist allerdings, dass - so die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 8.8.2006 (L 11 R 2987/05) - aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze folgt (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Die Annahme eines Unternehmerrisikos ist indessen gerechtfertigt, weil die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes bei "Kundeninsolvenz" in der Gestalt eines Selbstbehalts ("Gewährleistungssumme") trug. Die vom LSG im gleichen Zusammenhang genannte Vereinbarung über Abzüge für Schlechtleistungen stellt demgegenüber kein Indiz für ein Unternehmerrisiko dar, weil eine solche "Haftung" für Schlechtleistungen, wenn auch eingeschränkt, Arbeitnehmer gleichermaßen trifft (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36). Zu dem Risiko des Verdienstausfalls bei "Kundeninsolvenz" tritt - wenn auch in geringerem Umfang - ein Kapitalrisiko hinzu, weil sich der Einsatz von Reisekosten bei (vorzeitigem) Abbruch des "Einsatzauftrags", etwa bei Versterben von Kunden oder deren Verlegung ins Krankenhaus oder Heim nicht lohnen konnte. Auch amortisierten sich in einem solchen Fall die von der Beigeladenen zu 1. aufgewandten Ausbildungs- und Fortbildungskosten nicht.
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Der Belastung der Beigeladenen zu 1. mit diesen Risiken stand auf der anderen Seite, was - wie dargestellt - erforderlich ist, bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des einzelnen Einsatzes eine größere Freiheit und Flexibilität gegenüber. Die Beigeladene zu 1. war nämlich nicht wie ein klassischer Arbeitnehmer gehalten, Arbeitsanweisungen zur Vermeidung vertragsrechtlicher Sanktionen und/oder von Schadensersatzansprüchen Folge zu leisten, sondern konnte den Einsatz ihrer Arbeitskraft entsprechend ihren Bedürfnissen sehr weitreichend selbst steuern. So konnte sie nach den nicht mit Revisionsgründen angegriffenen Feststellungen des LSG in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise die ihr von der Klägerin angebotenen Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen oder verlängern; sie konnte auch nicht von der Klägerin aus einem laufenden Einsatz gegen ihren Willen abgezogen und nach den Bedürfnissen einer fremden betrieblichen Organisation anderen Kunden zugeteilt werden.
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Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist ein Unternehmerrisiko hier auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Beigeladene zu 1. für ihre Einsätze vereinbarungsgemäß und tatsächlich pauschal - nach Tagessätzen - vergütet wurde. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kalkulierte die Beigeladene zu 1. ihren Aufwand ggf neu und hat diese Kalkulation in die Verhandlungen mit der Klägerin um die Höhe des Vergütungsanspruchs eingebracht. Damit hing in dem hier zu beurteilenden Fall der Beigeladenen zu 1. die Höhe ihres Verdienstes in der Form höherer Tagessätze weitestgehend vom Umfang und der Intensität des Einsatzes ihrer Arbeitskraft bei dem jeweiligen Auftrag ab. Sie konnte durch die Gestaltung der "Einsatzaufträge" die wirtschaftliche Verwertung ihrer Arbeitskraft in hohem Maße selbst steuern und andererseits durch besondere Anstrengungen ihre Verdienstchancen erhöhen bzw einen Mehrverdienst erzielen.
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3. Nach alledem ist die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin nicht als versicherungspflichtig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV anzusehen. Denn für den hier (allein) zu beurteilenden Sachverhalt ist das LSG ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. selbstständig tätig war. Dahinter kann zurücktreten, dass die Klägerin - und nicht die Beigeladene zu 1. - Kundenwerbung betrieb und "Einsatzaufträge" aquirierte, weil sie jene damit lediglich an die Beigeladene zu 1. vermittelte und in diesem Zusammenhang für diese den Kontakt zu den Betreuten herstellte.
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Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits bedeutet indessen nicht, dass eine Tätigkeit, wie sie die Beigeladene zu 1. im hauswirtschaftlichen und "pflegenahen" Bereich ausgeübt hat, stets als selbstständige Tätigkeit anzusehen wäre. Maßgebend für die Beurteilung sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der für das BSG bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Diese Feststellungen sind bindend, wenn sie - wie hier - nicht mit durchgreifenden Revisionsgründen, insbesondere mit Verfahrensrügen angegriffen werden (vgl § 163 SGG). Von daher ist es durchaus möglich, dass andere LSG in ihren Entscheidungen zu Tätigkeiten ähnlicher Art, wie sie von der Beigeladenen zu 1. verrichtet wurden, auf der Grundlage der in ihren Verfahren festgestellten tatsächlichen entscheidungserheblichen Umstände zu anderen Ergebnissen gelangen.
- 31
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt. Ihre außergerichtlichen Kosten sind daher nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs 3 VwGO).
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-
Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist nach § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des vom LSG schon für das Berufungsverfahren angenommenen Streitwerts festzusetzen.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin zu 1. werden das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. August 2011 und der Bescheid vom 31. März 2011 aufgehoben, soweit beide die Klägerin zu 1. betreffen.
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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. September 2008 wird insoweit zurückgewiesen.
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Die Beklagte hat der Klägerin zu 1. deren außergerichtliche Kosten für das Revisionsverfahren und das Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin zu 2. in ihrer für die Klägerin zu 1. ausgeübten Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" wegen Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterlag.
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Die Klägerin zu 1. bot unter einer zentralen Telefonnummer Dienstleistungen in Form von telefonischen Kontakten zu für sie tätigen "telefonischen Gesprächspartnern/Gesprächspartnerinnen" an. Diese führten, wenn sie im Telekommunikationsservice der Klägerin zu 1. "aktiviert" waren, über dieses System gebührenpflichtige Telefonate mit anrufenden Kunden.
- 3
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Die 1970 geborene Klägerin zu 2., die seinerzeit studierte, war in der Zeit vom 25.10.2000 bis 31.12.2005 als "telefonische Gesprächspartnerin" für die Klägerin zu 1. tätig. Sie arbeitete in dieser Zeit als "telefonische Gesprächspartnerin" auch für die Unternehmen S. GmbH und G. GmbH. Zur Erreichung des Unternehmensziels schlossen die Klägerinnen als "Auftraggeberin" und "Auftragnehmerin" im November 2000 einen "Auftragsvertrag" ua mit folgendem Inhalt:
"§ 3
Die Auftragnehmerin/der Auftragnehmer erhält ihre Vergütung ausschließlich für die Zeiten, in denen sie/er gebührenpflichtige Telefonate mit Anrufen über das System des Telekommunikationsservices geführt hat. Zeiten in dem die Auftragnehmerin/der Auftragnehmer zwar im System des Telekommunikationsservices aktiviert war, allerdings keine gebührenpflichtigen Telefonate mit Anrufen über dieses System geführt hat, werden nicht vergütet.
…
Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass mit Abrechnung und Ausgleich sämtliche gegenseitigen Ansprüche in voller Höhe abgegolten sind.
§ 4
Die Auftragnehmerin/der Auftragnehmer ist/sind nicht verpflichtet, die Aufträge in Person auszuführen. Sie/er kann sich auch der Hilfe von Erfüllungsgehilfen bedienen.
Tritt die Auftragnehmerin bzw. der Auftragnehmer als Subunternehmer auf, ist dies der Auftraggeberin unverzüglich anzuzeigen.
In diesem Fall hat die Auftragnehmerin bzw. der Auftragnehmer die dort beschäftigten freien Mitarbeiter auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien aufzuklären und ihre/seine eigenen Mitarbeiter auf Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen mit der Auftraggeberin hinzuweisen.
…
§ 5
Die Auftragnehmerin/der Auftragnehmer hat das Recht, auch für dritte Arbeitgeber tätig zu sein.
Die Vertragsparteien sind sich bewusst, dass die in § 1 genannten Aufgaben der freien Mitarbeiterin bzw. des freien Mitarbeiters auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erledigt werden könnten.
Von dieser Gestaltungsmöglichkeit haben sie aber bewusst keinen Gebrauch gemacht, sondern in Umgehung gesetzlicher Schutzvorschriften die Form des freien-Mitarbeiter-Vertrages gewählt, um der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter die volle Entscheidungsfreiheit bei Verwertung ihrer/seiner Arbeitskraft zu belassen, soweit diese durch den vorstehenden Vertrag nicht belegt ist.
…
Vor Aufnahme der Tätigkeit verpflichtet sich die Auftragnehmerin bzw. der Auftragnehmer ein Gewerbe als Telekommunikationsagentur anzumelden, insbesondere bei dem für sie zuständigen Finanzamt zur Mehrwertsteuer zu optieren, wenn die Mehrwertsteuer ausgezahlt wird…
…
§ 8
…
Das gleichzeitige Schalten bei mehreren Firmen ist nicht gestattet, wenn einer der ersten beiden Plätze an die Auftragnehmerin bzw. den Auftragnehmer vergeben wurde. Es steht der Auftragnehmerin bzw. dem Auftragnehmer frei, sich auf hintere Plätze schalten zu lassen, sofern dies mindestens 6 Wochen vorher schriftlich angezeigt wird und keine berechtigten In der Auftraggeberin dem entgegenstehen. Außerhalb der Routingzeit bleibt es der Auftragnehmerin bzw. dem Auftragnehmer überlassen, sich bei anderen Firmen schalten zu lassen.
Für jeden Fall des Verstoßes gegen vorbezeichnete Vereinbarungen wird eine Vertragsstrafe von DM 5000 sofort zur Zahlung fällig…
…
Das Abwerben von Kunden auf andere gebührenpflichtige Nummern (gleichgültig ob die der Auftragnehmerin bzw. des Auftragnehmers bzw. die anderer Auftraggeber der Auftragnehmerin bzw. des Auftragnehmers) ist verboten. Für den Fall der Zuwiderhandlung ist gleichfalls eine Vertragsstrafe in Höhe von DM 5000 sofort zur Zahlung fällig.
§ 9
Den Vertragsschließenden ist bekannt, dass der Vertrag nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 09.06.1998 - Az: XI ZR 192/97) als sittenwidrig und damit nichtig gem. § 138 Abs. 1 BGB angesehen werden kann.
Die Parteien schließen diesen Vertrag in Kenntnis dieser Problematik ab und verzichten wechselseitig auf das Recht, sich gegenüber der anderen Vertragspartei auf die etwaige Sittenwidrigkeit zu berufen.
…"
- 4
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Die Klägerin zu 2. übte ihre Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" von zu Hause aus und über die eigene Telefonanlage aus, indem sie sich in das Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. einwählte und sodann "aktiviert" war. Die Einrichtung der eigenen Telefonanlage wurde durch die Klägerin zu 1. nicht mitfinanziert. Die Klägerin zu 2. teilte der Klägerin zu 1. jeweils im Voraus mit, wann sie zur Entgegennahme von Anrufen bereit sei und wurde sodann nach ihren Vorgaben freigeschaltet; diese Bereitschaftszeiten bestimmte sie selbst und richtete sie an den Anforderungen ihres Studiums aus. Einen verbindlichen Terminplan über die Einsatzzeiten der Klägerin zu 2. gab es nicht; Mindestzeiten der Anwesenheit oder eine Mindestanzahl tatsächlich getätigter Anrufe verlangte die Klägerin zu 1. ebenfalls nicht. Meldete die Klägerin zu 2. weniger Zeit an oder konnte sie angemeldete Bereitschaftszeiten nicht einhalten, sprach die Klägerin zu 1. keine Sanktionen aus. Urlaub zeigte die Klägerin zu 2. der Klägerin zu 1. lediglich an. Ihre Vergütung errechnete sich aus dem ermittelten Zeiteinsatz der Klägerin zu 2. für gebührenpflichtige Telefonate mit Anrufern über den Telekommunikationsservice der Klägerin zu 1. Auf der Grundlage dieser ihr im Folgemonat mitgeteilten Daten erstellte die Klägerin zu 2. ihre Rechnung. Überstundenvergütung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsgeld erhielt die Klägerin zu 2. nicht. Um sich einen eigenen Kundenstamm aufzubauen, ließ sich die Klägerin zu 2. später im Einverständnis mit der Klägerin zu 1. eine zweite, ausschließlich für sie bestimmte Telefonnummer in deren Telekommunikationssystem einrichten, die sie in von ihr bezahlten Zeitungsanzeigen selbst bewarb. Gesprächskunden konnten sie auf diese Weise, nachdem sie sie auf ihre Bereitschaftszeiten hingewiesen hatte, direkt anwählen und wurden bei Abwesenheit nicht an eine andere Gesprächspartnerin vermittelt.
- 5
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Im Juni 2001 beantragte die Klägern zu 2. bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Rentenversicherungsträgers (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte; im Folgenden einheitlich: Beklagte) die "Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status" und stellte sich auf den Standpunkt, dass "ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs 1 SGB IV" nicht vorliege. Mit zwei Bescheiden vom 14.10.2002 stellte die Beklagte gegenüber den Klägerinnen fest, dass die Klägerin zu 2. ihre bei der Klägerin zu 1. ausgeübte Tätigkeit als Telefonistin seit Oktober 2000 (1.10.2000) im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Beide legten hiergegen Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Klägerin zu 2. selbstständig tätig sei; mit Widerspruchsbescheiden vom 24.9.2003 wies die Beklagte ihre Widersprüche zurück.
- 6
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Auf die verbundenen Klagen der beiden Klägerinnen hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben (Urteil vom 17.9.2008).
- 7
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Die Beklagte hat hiergegen Berufung eingelegt. Nach Ermittlungen zur Höhe der von der Klägerin zu 2. im streitigen Zeitraum erhaltenen Vergütung, insbesondere einer Auswertung von der Klägerin zu 1. übersandter "Honorarrechnungen" der Klägerin zu 2. aus dem Jahr 2001 und beigezogener Einkommensteuerbescheide der Klägerin zu 2. aus den Jahren 2000 bis 2005 hat die Beklagte die ursprünglichen Bescheide mit an die Klägerinnen gerichteten Bescheiden vom 31.3.2011 geändert und festgestellt, dass die Klägerin zu 2. in der von ihr in der Zeit vom 25.10.2000 bis 31.12.2005 ausgeübten Beschäftigung als Telefonistin sozialversicherungspflichtig gewesen sei. Tatbestände, die Versicherungsfreiheit begründeten oder Versicherungspflicht ausschlössen, lägen nicht vor. Die Entscheidung zur Versicherungspflicht sei auf der Grundlage allgemeiner Beweislastregeln zu treffen.
- 8
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Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 25.8.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin zu 2. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1. wegen einer Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterlegen habe. Die Klägerin zu 2. habe sich in das Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. einwählen müssen und sei erst damit als telefonische Gesprächspartnerin im Auftrag der Klägerin zu 1. "aktiviert" gewesen. Zwar habe die Klägerin zu 2. von der Klägerin zu 1. keine ins Einzelne gehenden Weisungen erhalten, ihre konkrete Aufgabenstellung habe sich indessen aus dem Vertrag ergeben. Auch sei die Leistungserbringung der Klägerin zu 2. über die Aufzeichnung ihrer aktiven Sprechzeiten durch das Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. kontrolliert worden. Im Hinblick auf die Notwendigkeit, das zur Verfügung gestellte Telekommunikationssystem zu nutzen, reichten diese Umstände für die Annahme einer persönlichen Abhängigkeit durch Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Gewerbes der Klägerin zu 1. aus. Die Klägerin zu 2. habe auch kein eigenes Unternehmerrisiko getragen, weil sie eigene Betriebsmittel nicht habe einsetzen müssen. Auch die Zuteilung einer zweiten Telefonnummer und die hierfür betriebene Eigenwerbung hätten keine Initiative in Richtung "unternehmerisches Risiko" dargestellt. Der Aufbau eines eigenen Kundenstammes habe nur im Rahmen des Gewerbes der Klägerin zu 1. stattgefunden. Die Klägerin zu 2. habe ihre Vergütung mit den Stammkunden nicht etwa selbst aushandeln können. Da im Hinblick auf die vorgelegten Unterlagen nicht erweislich sei, ob die Klägerin zu 2. im streitigen Zeitraum geringfügig beschäftigt und deshalb versicherungsfrei gewesen sei, müsse nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast von Versicherungspflicht ausgegangen werden. Diese Beweislast treffe die Klägerinnen, weil sie im Statusfeststellungsverfahren beantragt hätten, dass die Klägerin zu 2. nicht als Beschäftigte sozialversicherungspflichtig sei. Das LSG hat die Revision im Tenor seines Urteils zugelassen, in den Entscheidungsgründen jedoch ausgeführt, dass die Revision nicht zuzulassen sei, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht vorlägen.
- 9
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Mit ihrer Revision rügt (nur) die Klägerin zu 1. eine Verletzung von § 7 Abs 1 und § 7a SGB IV. Die Klägerin zu 2. habe bei ihr eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt. Die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Indizien überwögen bei Weitem. Die Klägerin zu 2. habe die im "Auftragsvertrag" beschriebene und tatsächlich auch so praktizierte Tätigkeit bei voller Entscheidungsfreiheit über die Verwertung ihrer Arbeitskraft in eigenen Räumlichkeiten ohne Kontrolle ausgeübt. Sie habe die Tätigkeit als telefonische Gesprächspartnerin nicht in Person ausführen müssen und für dritte Arbeitgeber tätig sein dürfen. Weder habe sie - die Klägerin zu 1. - bestimmte Mindestzeiten der Anwesenheit verlangt noch eine Mindestanzahl getätigter Anrufe. Die Klägerin zu 2. habe auch ein eigenes Unternehmerrisiko getragen, weil sie mit ihrer Wohnung und Telefonanlage eigene Betriebsmittel eingesetzt habe und über die Anzahl der entgegengenommenen Anrufe und deren Länge den Umfang ihres persönlichen Einkommens bestimmt habe. Unternehmerische Verantwortung zeige sich auch darin, dass sie mittels einer zweiten, von ihr beworbenen Rufnummer eigene Kunden bedient habe. Die Klägerin zu 1. meint darüber hinaus, hinsichtlich der von ihm zu beantwortenden Fragen nach dem Bestehen von Versicherungsfreiheit wegen geringfügiger Beschäftigung/selbstständiger Tätigkeit habe das LSG Beweislosigkeit nicht annehmen dürfen. Die vorgelegten Unterlagen legten es zumindest nahe, dass die Klägerin zu 2. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1. durchschnittlich nur 270 Euro monatlich verdient habe und deshalb wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei gewesen sei.
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Mit Beschluss vom 29.11.2011 hat das LSG die Entscheidungsgründe des angefochtenen Berufungsurteils dahin berichtigt, dass es heißen muss: "Die Revision wird gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zugelassen."
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Die Klägerin zu 1. beantragt sinngemäß,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. August 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. September 2008 zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zu 1. zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin zu 1. setze sich mit der Argumentation des LSG nicht hinreichend auseinander. Im Übrigen habe das LSG festgestellt, dass sie - die Beklagte - alle Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft und die Beweislastregeln rechtsfehlerfrei angewandt habe. Die Berichtigung sei unwirksam, weil der Berichtigungsbeschluss vom 29.11.2011 nicht auf der Urschrift des Urteils und den Ausfertigungen vermerkt worden sei.
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Auch die Beigeladene zu 3. hält das angefochtene Urteil für zutreffend; sie stellt jedoch keinen Antrag. Die Beigeladenen zu 1. und 2. äußern sich im Revisionsverfahren nicht.
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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 165 S 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin zu 1. ist begründet.
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1. Die gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision ist - entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung - statthaft, weil sie in der Entscheidung des LSG zugelassen worden ist (§ 160 Abs 1 SGG).
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Zwar hat das LSG die Revision im Tenor des Berufungsurteils zugelassen, während in den Entscheidungsgründen - hiermit widersprechend - ausgeführt wird "Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht vorliegen." Bei Abweichungen zwischen Urteilstenor und Entscheidungsgründen erweist sich jedoch die Aussage im Urteilstenor als maßgebend; denn die Entscheidungsgründe dienen der Auslegung des Urteilstenors, nicht aber dessen Änderung (vgl BGH NJW 1997, 3447, 3448, mit Nachweisen aus der zivilgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur; auch BGH NJW 2003, 140, 141; ferner Clausing in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand der Einzelkommentierung März 2008, § 118 RdNr 4). Das muss jedenfalls dann gelten, wenn der Urteilstenor eindeutig ist und sich ein weiteres Indiz für die Absicht der Revisionszulassung - wie hier - aus der Rechtsmittelbelehrung als eines nach § 136 Abs 1 Nr 7 SGG notwendigen Bestandteils des Urteils ergibt(vgl - bei Divergenzfällen mit in sich widersprüchlichen Entscheidungsgründen und einer Teilübereinstimmung von Entscheidungsgründen mit der Urteilsformel - BGH NJW 1997, 3447, 3448, und BGH NJW 2003, 140, 141). Im Hinblick hierauf muss der Senat die von der Beklagten aufgeworfene Frage nicht beantworten, ob das - von ihr angenommene - Fehlen eines Vermerks des Berichtigungsbeschlusses vom 29.11.2011 auf dem Urteil und den Ausführungen die Wirksamkeit des Berichtigungsbeschlusses und damit des Eintritts der Berichtigung der Entscheidungsgründe hindert oder nicht (im letztgenannten Sinne jedenfalls BVerwG NJW 1975, 1795, 1796).
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2. In der Sache hat das LSG das der Anfechtungsklage der Klägerin zu 1. stattgebende Urteil des SG auf die Berufung der Beklagten hin zu Unrecht aufgehoben und - auf Klage - den während des Berufungsverfahrens an die Klägerin zu 1. gerichteten Bescheid der Beklagten vom 31.3.2011 bestätigt. Der die Klägerin zu 1. betreffende ursprüngliche Bescheid der Beklagten vom 14.10.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2003 und ihres "abändernden" Bescheides vom 31.3.2011 sind rechtswidrig. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft entschieden, die Beklagte habe darin zutreffend festgestellt, dass die Klägerin zu 2. in der Zeit vom 25.10.2000 bis 31.12.2005 in ihrer für die Klägerin zu 1. ausgeübten Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" (Telefonistin) wegen einer Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war.
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a) Gegenstand des Revisionsverfahrens ist auch der während des Berufungsverfahrens von der Beklagten erlassene, an die Klägerin zu 1. gerichtete Bescheid vom 31.3.2011. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht besteht) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 31.3.2011 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13).
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Im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden ist demgegenüber, ob für die Klägerin zu 2. für den Fall, dass für sie in ihrer Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" eine Versicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin zu 1. nicht festzustellen ist, jedenfalls eine Versicherungspflicht als selbstständig Tätige in der gesetzlichen Rentenversicherung nach einem der Tatbestände des § 2 S 1 SGB VI in Betracht kommt. In dem auf die Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter gerichteten Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV sollte (und darf) allein geklärt werden, ob die Klägerin zu 2. bei der Klägerin zu 1. wegen Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV versicherungspflichtig war; eine Feststellung des (Nicht)Bestehens von Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Selbstständigen, die eine Prüfung der (weiteren) Voraussetzungen der § 2 S 1, § 5 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB VI erfordert, ist deshalb vom Streitgegenstand des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens nicht umfasst(vgl schon BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 14).
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b) Das LSG ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den von ihm für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - zu einem unzutreffenden Ergebnis gelangt. Die Beklagte hat in ihren an die Klägerin zu 1. gerichteten Bescheiden in dem von der Klägerin zu 2. eingeleiteten Anfrageverfahren, in dessen Rahmen sie über die Frage der Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin zu 1. auch - wie hier - nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden darf (vgl BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 32) rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Klägerin zu 2. in ihrer für die Klägerin zu 1. ausgeübten Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlag. Der Senat kann somit offen lassen, ob einer Annahme von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung in der Zeit vom 25.10.2000 bis 31.12.2005 möglicherweise auch die Regelungen über die geringfügige Beschäftigung (vgl § 8 Abs 1 SGB IV) in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung entgegenstehen oder die Versicherungspflicht in einem Zweig der Sozialversicherung aus anderen Gründen ausgeschlossen ist. Nicht zu beantworten ist daher auch die im Revisionsverfahren zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die Beklagte und das LSG hinsichtlich der Voraussetzungen der (Zeit- und/oder Entgelt)Geringfügigkeit Beweislosigkeit und in Anwendung des Grundsatzes objektiver Beweislast Versicherungspflicht der Klägerin zu 2. annehmen durften.
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aa) In den Jahren 2000 bis 2005, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).
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bb) Im vorliegenden Rechtstreit ist das Berufungsgericht aufgrund der genannten Rechtsprechung in seiner Gesamtwürdigung in revisionsrechtlich zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin zu 2. in ihrer für die Klägerin zu 1. ausgeübten Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" bei dieser beschäftigt war. Das LSG hat zwar - ausgehend von (insoweit jedenfalls) zutreffenden allgemeinen rechtlichen Erwägungen - begründet, dass und warum die für eine Beschäftigung sprechenden Umstände überwiegen. Es hat sich vor allem darauf gestützt, dass die Klägerin zu 2. im streitigen Zeitraum in die Arbeitsorganisation (des Gewerbes) der Klägerin zu 1. eingegliedert und weisungsunterworfen gewesen sei; ein für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko der Klägerin zu 2. hat es demgegenüber verneint. Diese Würdigung des Sachverhalts, insbesondere die Zuordnung der Tätigkeit nach ihrem Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung durch das Berufungsgericht, ist aber zu beanstanden. Die von der Beklagten mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des LSG zum Inhalt des (schriftlichen) "Auftragsvertrags" und die - hiermit übereinstimmende - (tatsächliche) Umsetzung des Vertrags gebieten - in dem hier (ausschließlich) zu beurteilenden konkreten Fall einer "telefonischen Gesprächspartnerin" - vielmehr die Annahme, dass die Klägerin zu 2. bei der Klägerin zu 1. nicht als Beschäftigte tätig war.
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cc) Rechtlicher Ausgangspunkt für die Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit der Klägerin zu 2. ist zunächst, dass der "Auftragsvertrag" nach seinem Gepräge eine Rahmenvereinbarung darstellt, die zwar eine auf Dauer angelegte Geschäftsverbindung eröffnen, dabei jedoch nur (im Voraus) bestimmte Einzelheiten künftig noch abzuschließender Verträge festlegen sollte (vgl zur Struktur von Rahmenverträgen etwa BGH NJW-RR 1992, 977, 978 mwN). Werden aber "unter dem Dach" eines Rahmenvertrags einzelne, gesonderte, (nur) kurze Vertragsverhältnisse begründet, sind jeweils nur diese einzelnen "Einsatzaufträge" am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu bewerten (vgl schon BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff; ferner BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 17). Einer solchen Beurteilung zu unterziehen sind hier daher jeweils nur die Phasen der "Aktivierung" der Klägerin zu 2. durch (Frei)Schalten im Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. (sog Routingzeit), die die Möglichkeit eröffnete, unter Entgegennahme ankommender Telefonverbindungen mit Dritten Gesprächsinhalte auszutauschen. Zu berücksichtigen ist im Rahmen der Ausgangsüberlegungen ferner, dass Personen, die in dem hier in Rede stehenden Tätigkeitsfeld im weiteren Sinne Sprachkommunikationsleistungen erbringen, grundsätzlich sowohl als Beschäftigte als auch aufgrund freier Dienstverhältnisse tätig sein können (vgl etwa zur Möglichkeit der Führung von Bildschirmdialogen sexuellen Inhalts in Form von Frage- und Antwortspielen im Rahmen einer Beschäftigung BSGE 87, 53 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15). Davon, dass die Aufgaben der Klägerin zu 2. alternativ durchaus auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erledigt werden konnten, gingen auch die Klägerinnen aus (vgl § 5 des "Auftragsvertrags").
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dd) Zutreffend wendet die Klägerin zu 1. ein, dass auch das zwischen ihr und der Klägerin zu 2. bestehende (Rahmen)Vertragsverhältnis - und dessen (tatsächliche) Umsetzung - eine Zuordnung der Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" zum Typus der Beschäftigung nicht gestattet. Wäre also nicht (nur) der jeweilige "Einsatzauftrag", sondern darüber hinaus das Dauerrechtsverhältnis zu bewerten, müsste berücksichtigt werden, dass für die Klägerin zu 2. arbeitnehmertypische Leistungspflichten nicht begründet wurden. Wie das LSG festgestellt hat, verlangte die Klägerin zu 1. von der Klägerin zu 2. weder bestimmte Mindestzeiten der Anwesenheit noch eine Mindestanzahl tatsächlich getätigter Anrufe. Die Klägerin zu 2. konnte ihre Bereitschaftszeiten vielmehr selbst bestimmen und sie sowohl hinsichtlich der zeitlichen Verteilung und Lage sowie hinsichtlich des Umfangs nach ihren eigenen Vorstellungen ausrichten; es stand ihr außerdem frei, sich im Telekommunikationssystem auf "vordere" oder "hintere" Plätze schalten zu lassen (vgl § 8 des "Auftragsvertrags"). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sprach die Klägerin zu 1. schließlich keine Sanktionen aus, wenn die Klägerin zu 2. weniger Zeit anmeldete oder angemeldete Bereitschaftszeiten nicht einhalten konnte. Im Hinblick hierauf ist jedenfalls eine im Einzelnen vereinbarte, zeitlich fixierte Arbeitspflicht der Klägerin zu 2. "unter dem Dach" des Rahmenvertrags nicht anzunehmen. Letztere konnte vielmehr stets aufs Neue ihre Entschließungsfreiheit betätigen, einen weiteren "Einsatzauftrag" anzunehmen oder nicht.
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Den Vereinbarungen im Rahmenvertrag ist Indizwirkung gegen eine Beschäftigung auch deshalb beizulegen, weil die Klägerin zu 2. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Überstundenvergütung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsgeld nicht erhielt, ihr die - selbstständige - Rechnungsstellung oblag, sie die Sprachkommunikation nicht in Person vornehmen musste, sondern sich Erfüllungsgehilfen bedienen oder als Subunternehmer auftreten durfte (vgl § 4 des "Auftragsvertrags"), und einem Vertragsstrafenreglement unterlag, wenn sie Vertragspflichten verletzte (vgl § 8 des "Auftragsvertrags"). Obwohl diese rahmenvertraglichen Abreden - für sich allein betrachtet - keine starken Indizien gegen das Vorliegen einer Beschäftigung sind, ist ihnen indessen in ihrer Gesamtheit (doch) zu entnehmen, dass das wirtschaftliche Ergebnis der Gestaltung ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1. die Klägerin zu 2. nach dem Rahmenvertrag unmittelbar selbst treffen sollte.
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Die Beklagte hat bis in das Berufungsverfahren hinein vorgetragen, den dargestellten rahmenvertraglichen "Optionen" dürfe deshalb keine indizielle Wirkung gegen eine Beschäftigung entnommen werden, weil der Rahmenvertrag gerade unter der "Prämisse" gestanden habe, dass eine Beschäftigung nicht gewollt sei. Die Beklagte sieht hierin einen Zirkelschluss der Klägerin zu 1. und weist darauf hin, dass es bei einer Beurteilung der Tätigkeit als Beschäftigung nach deren tatsächlicher Gestaltung auf die vertraglichen Vereinbarungen nicht ankommen könne. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden (vgl schon BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 21). Zum einen gehören auch die getroffenen Vereinbarungen als rechtlich relevante Umstände zu den tatsächlichen Verhältnissen, nach denen sich das Gesamtbild der Tätigkeit bestimmt (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17 mwN). Zum anderen liegt die von der Beklagten aufgestellte Voraussetzung, dass die Tätigkeit der Klägerin zu 2. im Hinblick auf die tatsächliche Praxis der Rechtsbeziehung als Beschäftigung zu werten ist, hier - wie gerade erörtert wird - nicht vor.
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ee) Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung war die Klägerin zu 2. bei der Durchführung der - gesondert zu beurteilenden - "Einsatzaufträge" auf der Grundlage des Rahmenvertrags nicht wie eine Beschäftigte in eine von der Klägerin zu 1. vorgegebene betriebliche Ordnung eingegliedert. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation (des Gewerbes) der Klägerin zu 1. zeigt sich nicht schon allein darin, dass sich die Klägerin zu 2. in das Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. einwählen musste, um "aktiviert" zu sein. Anders als das LSG meint, reicht es für die Annahme einer Eingliederung in den "Betrieb" der Klägerin zu 1. nicht aus, dass diese mit ihrem Gewerbe erst die Möglichkeit (an)bot, "telefonisch Gespräche mit Frauen zu führen", und die Klägerin zu 2. das zur Verfügung gestellte Telekommunikationssystem (be)nutzte. Die bloße Nutzung eines von anderen vorgehaltenen/betriebenen Systems bzw Netzes (Logistik) durch einen "Systempartner" oder Diensteanbieter ohne Vorliegen weiterer, für eine Einbindung in die organisatorische Einheit des "Systemgebers" oder Netzbetreibers sprechender Umstände zwingt nicht (von vornherein) zu der Annahme, es liege eine arbeitnehmertypische Eingliederung in eine von anderen vorgegebene betriebliche Ordnung vor, in der die "Systempartner" oder Diensteanbieter fremdbestimmte Arbeit leisteten (vgl etwa zu Handelsvertretern, die sich ein Handelsvertreternetz zunutze machen: BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 8, 13 und 15; zu Franchise-Nehmern, die sich eine Vertriebskette in einem Franchise-System zunutze machen: BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 12; zu Piloten, die sich ein Charterflug-Netz zunutze machen: BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris; zu hauswirtschaftlichen Familienbetreuern, die sich die Dienste einer privaten Pflege-Agentur zunutze machen: BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris).
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Umstände von Gewicht, die jenseits der (bloßen) Nutzung des Telekommunikationssystems der Klägerin zu 1. für eine Eingliederung der Klägerin zu 2. in deren "Betrieb" sprechen könnten, liegen nicht vor. Das LSG hat vielmehr festgestellt, dass sich die Klägerin zu 2. bei der Durchführung ihrer "Einsatzaufträge" zu Hause und nicht in Betriebsräumen der Klägerin zu 1. aufhielt; sie benutzte jedenfalls teilweise - in der Gestalt ihrer eigenen Telefonanlage - eigene Geräte. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung hat das BSG für einen solchen Fall nicht bereits "deutlich gemacht", dass eine Eingliederung in die betriebliche Ordnung des Netzbetreibers (gleichwohl und allgemein) anzunehmen sei; das BSG hat diese Frage vielmehr bisher unentschieden gelassen (vgl BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15 S 46). Zutreffend weist die Klägerin zu 1. im Übrigen darauf hin, dass die Klägerin zu 2. mit der Zuteilung einer zweiten (individuellen) Rufnummer zwar noch auf das Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1., jedoch nicht mehr auf ihr "Verteilersystem" angewiesen war; denn es war nunmehr die Klägerin zu 2. (selbst), die den anrufenden Kunden gegenüber auftrat.
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Soweit die Klägerin zu 1. gegen die Annahme einer Eingliederung der Klägerin zu 2. in ihren "Betrieb" anführt, dass es einen verbindlichen Terminplan über deren Einsatzzeiten nicht gegeben habe und somit eine ständige Dienstbereitschaft von dieser nicht erwartet worden sei, ist ihr Ansatz allerdings unzutreffend. Denn für die Beurteilung, ob die Klägerin zu 2. in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert war, muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden (vgl BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 22).
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ff) Die Klägerin zu 2. unterlag nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" auch nicht - wie LSG und Beklagte meinen - einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin zu 1.
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Das Berufungsgericht räumt selbst ein, dass die Klägerin zu 2. keine Weisungen erhielt, wie sie im Einzelnen ihren "Leistungsauftrag, telefonische Gesprächspartnerin" zu sein, zu erbringen gehabt habe, geht jedoch davon aus, dass (bereits) die "vertragliche Aufgabenstellung", nämlich "die Wünsche der Anrufenden weitmöglichst mittels eines telefonischen Gesprächs zu erfüllen", für die Annahme persönlicher Weisungsunterworfenheit ausreiche. Allein daraus aber, dass gewisse "Eckpunkte" wie etwa der "grobe" Inhalt der Tätigkeit von der Klägerin zu 1. vorgegeben waren und insoweit eine "geminderte Autonomie" bestand, kann nicht auf eine Weisungsgebundenheit im geforderten Sinne geschlossen werden (vgl bereits - mit Hinweisen auf die ältere Rechtsprechung - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 19, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 23). Nach Entgegennahme bzw Herstellung ankommender Telefonverbindungen richtete sich die Tätigkeit der Klägerin zu 2. (allgemein) an den Bedürfnissen und Wünschen der anrufenden Kunden aus. Wie die Gesprächsinhalte im Einzelnen ausgestaltet waren und wie lange die Telefongespräche dauerten, bestimmte sich nach den jeweiligen individuellen Erfordernissen; dies verlangte von der Klägerin zu 2. eine Flexibilität bzw die Fähigkeit zu entsprechender Reaktion beim Austausch von Gesprächsinhalten und beließ ihr einen großen Entscheidungsbereich (zu den Voraussetzungen von Weisungsgebundenheit/Weisungsfreiheit, dh Arbeitnehmereigenschaft/Selbstständigkeit bei Tätigkeiten in einem Nachtclub aus steuerrechtlicher Sicht vgl FG München EFG 2011, 56, 57 ff).
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Entgegen der vom LSG vertretenen Auffassung war die Klägerin zu 2. auch nicht wegen der Aufzeichnung ihrer aktiven Sprechzeiten im Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. weisungsabhängig. Woraus das Berufungsgericht schließt, dass die Ermittlung des Zeiteinsatzes der Klägerin zu 2. für gebührenpflichtige Telefonate der (auch inhaltlichen) Kontrolle ihrer Leistungserbringung diente, nachdem es zuvor festgestellt hat, dass diese (lediglich) für die Errechnung der Vergütung Bedeutung hatte, begründet es nicht. Nach den Feststellungen des LSG zum Inhalt des "Auftragsvertrags" stand der Klägerin zu 1. jedenfalls vertraglich keine (Rechts)Macht zur Kontrolle mit dem Ziel zu, die Klägerin zu 2. zur Optimierung ihrer Dienstleistungen anzuhalten; diese konnte Häufigkeit, Inhalt und Dauer ihrer "Einsatzaufträge" nach der Rahmenvereinbarung vielmehr selbst bestimmen.
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gg) Zu Unrecht geht das Berufungsgericht schließlich davon aus, die Klägerin zu 2. habe (überhaupt) kein eigenes, für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko getragen. Zutreffend hat es allerdings daraufhin hingewiesen, dass nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich, dass die Klägerin zu 2. - wie das für Dienstleistungen im Bereich der Individual- bzw Sprachkommunikation typisch ist - im Wesentlichen ihre Arbeitskraft eingesetzt und dieses im vorgenannten Sinne mit einem Verlustrisiko getan hat.
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Die Annahme eines gewissen Unternehmerrisikos ist gerechtfertigt, weil die Klägerin zu 2. im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft bei der Durchführung der "Einsatzaufträge" das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes trug. Nach den Feststellungen des LSG zum Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen (vgl § 3 des "Auftragsvertrags") - und deren (tatsächlicher) Umsetzung - erhielt die Klägerin zu 2. ihre Vergütung nicht dafür, dass sie sich nach "Aktivierung" (wie innerhalb einer festen Arbeitszeit) bereithielt, sondern nur für den auf gebührenpflichtige Telefonate innerhalb der sog Routingzeit entfallenden Zeiteinsatz. Führte sie keine oder weniger Telefonate, etwa weil gebührenpflichtige Anrufe ausblieben oder sie im Telekommunikationssystem auf "hintere" Plätze geschaltet war, erzielte sie keine oder weniger Vergütung; insoweit musste sie auch befürchten, dass sie zeitweise überhaupt nichts verdiente. Der Erfolg des Einsatzes ihrer Arbeitskraft nach einer "Aktivierung" war also ungewiss.
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Dieser Belastung mit dem Ausfallrisiko stand auf der anderen Seite bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft eine größere Freiheit gegenüber; die Klägerin zu 2. konnte den Einsatz ihrer Arbeitskraft nach Annahme eines "Einsatzauftrags" in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise sehr weitreichend selbst steuern. Zutreffend weist die Klägerin zu 1. in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Klägerin 2. durch eine entsprechende Ausgestaltung der Gesprächsinhalte auf die Dauer der gebührenpflichtigen Telefonate und die Anzahl der Anrufe und anrufenden Kunden Einfluss nehmen und so - durch besondere Anstrengungen - ihre Verdienstchancen erhöhen konnte. Letztlich stellt auch die Zuteilung einer zweiten (individuellen) Rufnummer im Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. nichts anderes als eine Reaktion darauf dar, dass bei (bestimmten) anrufenden Kunden infolge für sie attraktiver Gesprächsinhalte bei früheren Telefonverbindungen ein Bedürfnis nach unmittelbarer Kontaktaufnahme mit der Klägerin zu 2. sowie danach entstanden war, nicht (mehr) an eine andere, vom Betroffenen nicht favorisierte "Gesprächspartnerin" vermittelt zu werden. Mit der Heranbildung eines eigenen Kundenstammes nutzte die Klägerin zu 2. die bei den Gesprächseinsätzen bestehenden Optionen und steigerte ihre Verdienstchancen (noch) weiter. Diese Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft ist nicht - wie das Berufungsgericht meint - deshalb ohne Bedeutung, weil diese und die Möglichkeit zur Erhöhung der Gewinnchancen nur "im Rahmen des Gewerbes der Klägerin zu 1." bestanden und die Klägerin zu 2. damit "keine eigenen Betriebsmittel erhalten" hat. Wie bereits erörtert (dazu oben 2 b ee)), schließt allein die (bloße) Nutzung eines von anderen vorgehaltenen/betriebenen Systems/Netzes (Logistik) selbstständige Tätigkeit (bei Verbindung zu diesem System/Netz) nicht von vornherein aus.
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Zu dem Risiko des Verdienstausfalls, das über dasjenige bei umsatzorientierter Entlohnung in Arbeitsverhältnissen hinausging, trat allerdings nicht deshalb ein Kapitalrisiko der Klägerin zu 2. hinzu, weil sie ihre Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" aus der eigenen Wohnung heraus und über die eigene Telefonanlage ausübte. Zutreffend führt das LSG insoweit aus, dass sie hiermit eigene (sächliche) Betriebsmittel nicht einsetzte, weil eine eigene Wohnung und eine eigene Telefonanlage (vor allem) der allgemeinen Lebensführung dienen und auch von Arbeitnehmern auf eigene Kosten vorgehalten werden. Ein für Arbeitnehmer untypisches (wenn auch geringes) Kapitalrisiko ging die Klägerin zu 2. jedoch ein, als sie die zweite, im Telekommunikationssystem der Klägerin zu 1. ausschließlich für sie eingerichtete Telefonnummer in von ihr bezahlten Zeitungsanzeigen selbst bewarb. Soweit das Berufungsgericht ein hierin liegendes Kapitalrisiko mit der Begründung verneint, die Klägerin zu 2. habe ihre Vergütung gleichwohl mit den anrufenden Kunden nicht unmittelbar selbst aushandeln können, berücksichtigt dies zwei Umstände nicht: dass - erstens - im vorliegenden Rechtsstreit nicht die Rechtsbeziehung der Klägerin zu 2. zu ihren Kunden einer sozialversicherungsrechtlichen Bewertung zu unterziehen ist und dass - zweitens - sich die Höhe der Vergütung allgemein und damit auch des gegen die Klägerin zu 1. gerichteten Vergütungsanspruchs der Klägerin zu 2. bei einheitlichen Gebührensätzen (allein) über die Dauer der Telefonate und deren Anzahl (und gerade nicht über variable, etwa leistungsbezogene Entgelte) bestimmte.
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hh) Der Annahme einer selbstständigen Tätigkeit der Klägerin zu 2. steht schließlich nicht entgegen, dass die Klägerinnen die Form des freien Mitarbeitervertrags "in Umgehung gesetzlicher Schutzvorschriften" vereinbart hatten (vgl § 5 des "Auftragsvertrags"). Hieraus ergibt sich - trotz der missverständlichen Wortwahl - der Sache nach lediglich, dass die Vertragspartner ihre Rechte und Pflichten als "Auftraggeberin" und "Auftragnehmerin" - was rechtlich zulässig ist (dazu oben 2 b cc)) - den Bindungen eines (alternativ auch möglichen) Arbeitsverhältnisses gerade nicht unterwerfen wollten; dagegen kann daraus nicht gefolgert werden, dass nach dem Willen der Vertragspartner zwar ein Arbeitsverhältnis bestehen sollte, dies aber ohne die gerade für ein solches Rechtsverhältnis geltenden gesetzlichen und ggf tariflichen Bindungen und Mindestbedingungen (vgl auch § 32 SGB I).
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Keine Bedeutung für die hier vorgenommene sozialversicherungsrechtliche Beurteilung hat auch, dass der abgeschlossene "Auftragsvertrag" - wie die Klägerinnen damals meinten - im Hinblick auf Rechtsprechung des BGH (vgl BGH NJW 1998, 2895) wegen der Vermittlung und Vermarktung bestimmter Gesprächsinhalte (Telefonsexdienstleistungen) möglicherweise sittenwidrig und nichtig war (vgl allgemein zur Anwendung der Grundsätze zum faktischen Arbeitsverhältnis bei nichtigen Dienstverträgen Selbstständiger BSGE 87, 53, 60 f = SozR 3-2400 § 7 Nr 15 S 50 f). Der BGH hat die von den Klägerinnen zitierte Rechtsprechung im Hinblick auf das am 1.1.2002 in Kraft getretene Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20.12.2001 (BGBl I 3983) ohnehin mittlerweile aufgegeben (vgl BGH NJW 2008, 140, 141; im Übrigen schon BGH NJW 2002, 361).
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3. Nach alledem war die Klägerin zu 2. in ihrer für die Klägerin zu 1. vom 25.10.2000 bis 31.12.2005 ausgeübten Tätigkeit als "telefonische Gesprächspartnerin" nicht iS von § 7 Abs 1 SGB IV bei dieser beschäftigt, sondern aufgrund eines freien Dienstverhältnisses selbstständig tätig. Das Gesamtbild der Tätigkeit der Klägerin zu 2. im vorliegenden Fall entspricht damit dem in der Rechtsprechungspraxis des BGH vorherrschenden Verständnis, wonach (auch) sog (Mehrwert)Diensteanbieter ihren Kunden gegenüber aufgrund eines mit diesen bestehenden eigenen Vertrags (vgl zu den Rechtsverhältnissen grundlegend BGH NJW 2002, 361) regelmäßig als selbstständige Unternehmer - und nicht als Mitarbeiter im Unternehmen des Netzbetreibers - auftreten (vgl etwa zu Telefonsex-Diensteanbietern als Telefonsex-Unternehmern expliziert BGH NJW 2002, 361).
- 42
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Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits bedeutet allerdings nicht, dass Leistungen der Sprachkommunikation auf dem hier in Rede stehenden Tätigkeitsfeld, wie sie die Klägerin zu 2. erbrachte, im sozialversicherungsrechtlichen Sinne stets als selbstständige Tätigkeit anzusehen wären. Maßgebend für die Beurteilung sind jeweils die Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der für das BSG bindenden (vgl § 163 SGG) Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Diese können bei veränderter Sachlage zu anderen Ergebnissen, das heißt auch zur Annahme von Beschäftigung gelangen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des Revisionsverfahrens auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, § 162 Abs 3 VwGO, hinsichtlich des Berufungsverfahrens auf § 193 SGG.
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5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG; insoweit war der Auffangstreitwert festzusetzen.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
-
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Berechtigung eines Steuerberaters, als Bevollmächtigter in einem Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV aufzutreten.
- 2
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Der als Steuerberater tätige Kläger trat seit Juli 2009 als Bevollmächtigter einer GmbH (= Auftraggeberin und mögliche Arbeitgeberin eines Beschäftigten) in einem durch einen Antrag von Februar 2009 eingeleiteten Verfahren "auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status" eines Auftragnehmers gegenüber der Beklagten (Deutsche Rentenversicherung
Bund) auf. Die Beklagte wies den Kläger - gestützt auf § 13 Abs 5 SGB X - im Verwaltungsverfahren förmlich zurück, da seine Vertretung eine unzulässige geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten darstelle; er verfüge nicht über die dazu nach § 10 Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) - erforderliche Erlaubnis; die Tätigkeit sei auch keine Nebenleistung iS des § 5 RDG, welche dem Berufs- oder Tätigkeitsbild eines Steuerberaters zuzuordnen sei(Bescheid vom 20.8.2009; Widerspruchsbescheid vom 12.1.2010).
- 3
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Das SG hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen und ist der Beklagten inhaltlich im Wesentlichen gefolgt: Die als Anfechtungsklage erhobene und - nach zwischenzeitlicher Beendigung des Statusfeststellungsverfahrens - zulässig auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellte Klage sei unbegründet. Das RDG sei auf das Tätigwerden des Klägers anwendbar, weil es sich bei seiner Vertretung im Statusfeststellungsverfahren um eine Rechtsdienstleistung handele. Ein Bevollmächtigter müsse in einem solchen Verfahren nämlich schon bei der Antragstellung die rechtlichen Zusammenhänge durchschauen sowie darauf hinwirken, dass Antragsformulare korrekt ausgefüllt und die für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen vervollständigt würden. Schon im Rahmen einer Anhörung müsse ein Bevollmächtigter beurteilen können, ob die von der Beklagten beabsichtigte Statusentscheidung der Rechtslage entspreche. Die Tätigkeit sei auch nicht nach § 5 RDG erlaubt, da sie nicht zum Berufsbild eines Steuerberaters gehöre. Für ein zulässiges Auftreten komme es darauf an, ob die Rechtsdienstleistung innerhalb der Gesamtleistung die volle Kompetenz eines Rechtsanwalts bzw die besondere Sachkunde einer registrierten Person erfordere. Die Beurteilung des Status in sämtlichen Teilbereichen der Sozialversicherung bedinge das Vorhandensein vertiefter Kenntnisse des Sozialrechts; darüber verfüge ein Steuerberater nicht. Aus § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG folge nichts anderes, weil die Regelung allein dem Umstand Rechnung trage, dass Steuerberater Kenntnisse bezogen auf Lohnabrechnungen und Betriebsprüfungen hätten. Systematische Erwägungen sowie Sinn und Zweck sprächen ebenfalls dafür, dass Steuerberater als Bevollmächtigte in Statusfeststellungsverfahren ausgeschlossen seien (Urteil vom 21.10.2011).
- 4
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Mit seiner Sprungrevision rügt der Kläger sinngemäß die Verletzung von § 2 Abs 1 und § 5 RDG sowie von § 13 Abs 5 SGB X. Er meint, entgegen der Ansicht des SG sei schon der Anwendungsbereich des RDG gar nicht eröffnet, da das im Rahmen einer Antragstellung notwendige Beibringen von Unterlagen sowie die Mitteilung von Angaben keine "rechtliche Prüfung" iS von § 2 Abs 1 RDG sei. Die Gesamtwürdigung - eine rechtliche Prüfung - habe, wie auch der Wortlaut des § 7a Abs 2 SGB IV belege, nicht der Antragsteller, sondern die Beklagte vorzunehmen. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens könnten zur Sachverhaltsaufklärung nur Tatsachen angeben werden, was ebenfalls keine rechtliche Würdigung beinhalte. Dagegen impliziere die Vertretung im Widerspruchsverfahren zwar eine Rechtsdienstleistung iS von § 2 Abs 1 RDG, jedoch liege darin eine zulässige Nebenleistung iS von § 5 RDG. Die dafür auch auf dem Gebiet des Sozialrechts nötige besondere Sachkunde habe ein Steuerberater im Rahmen seiner Ausbildung erworben, wie im Steuerberaterexamen zum Ausdruck komme. § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG belege, dass der Gesetzgeber bei Steuerberatern besondere Sachkunde für Verfahren nach §§ 28h, 28p SGB IV zugrunde lege. Vor dem Hintergrund, dass das BSG die vollständige Gleichwertigkeit der Verfahren nach § 7a SGB IV mit denjenigen nach §§ 28h, 28p SGB IV anerkannt habe(zB Urteil vom 11.3.2009 - B 12 R 11/07 R - BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2), müsse die Sachkunde von Steuerberatern auch für die erstgenannten Verfahren bejaht werden. Dass in § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG nicht auch Verfahren nach § 7a SGB IV erwähnt würden, beruhe lediglich darauf, dass dem Gesetzgeber die genannte Rechtsprechung offensichtlich nicht bekannt gewesen sei. Angesichts dieser planwidrigen Regelungslücke sei eine analoge Anwendung des § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG für Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV geboten. Die Vertretung in Statusfeststellungsverfahren sei zudem als Annex zu der originären Tätigkeit eines Steuerberaters zu qualifizieren, nämlich der (unbeschränkten) Hilfeleistung in Steuersachen gemäß §§ 1, 3 iVm § 33 Steuerberatungsgesetz (StBerG).
- 5
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21. Oktober 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 20. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2010 rechtswidrig gewesen ist.
- 6
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Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
- 7
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 8
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Die zulässige Sprungrevision des Klägers ist unbegründet.
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-
1. Einer Entscheidung des SG in der Sache standen prozessrechtliche Hindernisse nicht entgegen. Insbesondere hat das Gericht zutreffend eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs 1 S 3 SGG) als sachgerechte zulässige Klageart erachtet, nachdem sich der Bescheid der Beklagten vom 20.8.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.1.2010, mit dem die beklagte DRV Bund den als Steuerberater zugelassenen Kläger als Bevollmächtigten in einem Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV zurückwies, iS von § 39 Abs 2 SGB X "auf andere Weise" erledigte. Die Erledigung trat dadurch ein, dass das Statusfeststellungsverfahren abgeschlossen wurde. Das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche besondere Feststellungsinteresse folgt daraus, dass der Kläger im Falle einer Wiederholung Gewissheit darüber haben möchte, ob er erneut in Statusfeststellungsverfahren für seine Mandanten auftreten darf (vgl zum Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr allgemein zB BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 2 S 2; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 131 RdNr 10a, 10b).
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2. Das angefochtene Urteil des SG, das der vom Kläger begehrten Feststellung, die Beklagte habe ihn mit den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht als Bevollmächtigten im Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV zurückgewiesen, nicht entsprochen hat, erweist sich ausgehend von den dafür einschlägigen Rechtsgrundlagen(dazu unter a) auch in der Sache als beanstandungsfrei. Die Tätigkeit des Klägers ist als Rechtsdienstleistung iS des § 2 RDG einzustufen(dazu unter b) und stellt auch keine zulässige Nebenleistung iS des § 5 RDG dar(dazu unter c). Eine Vertretungsbefugnis kann zudem nicht aus § 13 Abs 6 S 2 SGB X iVm § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG hergeleitet werden(dazu d). Verfassungsrecht steht dieser gewonnenen Auslegung nicht entgegen (dazu e).
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a) Nach § 13 Abs 1 S 1 SGB X kann sich ein Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens (dort) durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Gemäß § 13 Abs 5 SGB X(hier anzuwenden idF von Art 2 Nr 1 des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 11.12.2008, BGBl I 2418) sind Bevollmächtigte und Beistände jedoch zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 RDG(idF vom 12.12.2007, BGBl I 2840) Rechtsdienstleistungen erbringen. Nach § 3 RDG wiederum ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG oder durch oder aufgrund anderer Gesetze(zB für Steuerberater durch § 3 Nr 1 StBerG) erlaubt wird. Als Rechtsdienstleistung ist nach der in § 2 Abs 1 RDG enthaltenen Legaldefinition "jede Tätigkeit in konkreten fremden" Angelegenheiten anzusehen, sobald sie eine "rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert".
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b) Entgegen dem Revisionsvorbringen ist das Tätigwerden des Klägers als Bevollmächtigter bereits im auf die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gerichteten Verwaltungsverfahren nach § 7a SGB IV als Erbringung einer Rechtsdienstleistung iS von § 2 Abs 1 RDG zu werten.
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Das Tätigwerden des Klägers im streitigen Verwaltungsverfahren stellt eine "konkrete fremde" Angelegenheit iS von § 2 Abs 1 RDG dar; denn sie erfolgte hier im Einzelfall und lag im wirtschaftlichen Interesse eines Dritten (vgl dazu allgemein Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drucks 16/3655 S 48 zu § 2 zu Abs 1 linke Spalte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH zum Rechtsberatungsgesetz
; BGH MDR 2011, 680 = Juris RdNr 29 ff) , nämlich eines Mandanten des Klägers, der als Arbeitgeber mit den sich aus §§ 28a ff SGB IV ergebenden Pflichten in Betracht kommt.
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Das Merkmal des § 2 Abs 1 RDG, wonach zusätzlich zum Tätigwerden in einer fremden Angelegenheit eine "rechtliche Prüfung des Einzelfalls" erforderlich sein muss, ist - wie die Beklagte und das SG zutreffend angenommen haben - im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des Klägers ebenfalls zu bejahen. Bereits die Antragstellung und das Betreiben eines Verwaltungsverfahrens nach § 7a Abs 1 SGB IV mit dem in diesem Zusammenhang nach Abs 4 der Regelung vorgesehenen obligatorischen Anhörungsverfahren machen eine solche "rechtliche Prüfung" erforderlich. Deswegen ist das Tätigwerden in einem solchen Fall nicht nur als für das Rechtsdienstleistungsrecht irrelevante bloße - schwerpunktmäßig eher im außerrechtlichen Bereich liegende - technische Leistung im Rahmen der Umsetzung von Rechtsvorschriften einzustufen.
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aa) Der Senat muss nicht entscheiden, ob eine "rechtliche Prüfung" - in Anlehnung an die Gesetzesmaterialien zu § 2 RDG - (erst) dann vorliegt, wenn der vertretene Rechtsuchende eine "besondere" rechtliche Betreuung oder Aufklärung erkennbar erwartet oder eine solche Betreuung bzw Aufklärung nach der Verkehrsanschauung erforderlich ist(vgl dazu Gesetzentwurf, aaO, BT-Drucks 16/3655 S 46 zu § 2 zu Abs 1; vgl auch vom Stein in Kilian/Sabel/ vom Stein, Das neue Rechtsdienstleistungsrecht, 2008, RdNr 30 ff) oder ob insoweit - wegen der Nichtaufnahme eines Tatbestandsmerkmals "besondere" in den Gesetzestext - (auch schon) alle Tätigkeiten erfasst sind, die über eine einfache rechtliche Prüfung und bloße Rechtsanwendung hinausgehen und die (nur) einer gewissen Sachkunde bedürfen (so zB Unseld in Unseld/Degen, RDG, 2009, § 2 RdNr 12; Krenzler in Krenzler, RDG, 2010, § 2 RdNr 15; Finzel, KommRDG, 2008, § 2 RdNr 7; Henssler/Deckenbrock, DB 2008, 41, 42); denn selbst wenn man für die Annahme einer Rechtsdienstleistung iS von § 2 Abs 1 RDG eine "besondere" Prüfung der Rechtslage im Sinne eines juristischen Subsumtionsvorgangs verlangt, wäre im vorliegend zu beurteilenden Fall von der Erbringung einer Rechtsdienstleistung bereits im Verwaltungsverfahren - und nicht erst in einem Widerspruchsverfahren(vgl insoweit zu Recht BSG Urteil vom 14.11.2013 - B 9 SB 5/12 R - Leitsatz 2 und Juris RdNr 36 ff, zur Veröffentlichung in SozR 4-1300 § 13 Nr 1 und in BSGE vorgesehen)- auszugehen. Dies folgt bereits aus der den Regelungsgegenstand des § 7a SGB IV bildenden Materie.
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bb) Das in § 7a SGB IV geregelte Anfrageverfahren zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status einer erwerbstätigen Person wurde - in seiner optionalen Form - mit Wirkung zum 1.1.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl I 2000, 2) eingeführt. Bezweckt war damit vor allem - außerhalb der Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV - die Schaffung einer Möglichkeit zur rechtssicheren Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status in einem transparenten Verfahren durch eine einzige bundesweit tätige Clearingstelle (= die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte). Mit diesem Verfahren sollten sich einander widersprechende Entscheidungen von Versicherungsträgern vermieden werden, sofern nicht bereits zuvor ein Verfahren nach §§ 28h, 28p SGB IV eingeleitet worden war(vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen eines Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit, BT-Drucks 14/1855 S 7 zu Nr 2 zu § 7a Abs 1).
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Mit Wirkung zum 1.1.2005 wurde die Regelung in Abs 1 S 2 dahin ergänzt, dass eine Einzugsstelle bei Anmeldung eines Beschäftigten, der Familienangehöriger des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ist, obligatorisch ein Statusfeststellungsverfahren einzuleiten hat (vgl Art 4 Nr 3 Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Darüber hinaus erfolgte zum 1.10.2005 (Art 5 Nr 2 Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004, BGBl I 3242) eine der neuen Organisationsstruktur der gesetzlichen Rentenversicherung geschuldete sprachliche Anpassung, indem die früher der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zugewiesene Zuständigkeit auf die DRV Bund überging, sowie zum 1.1.2008 eine Ergänzung des Kriteriums der Familienzugehörigkeit um Abkömmlinge (Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007, BGBl I 3024).
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Rechtsfolge des Antragsverfahrens des § 7a SGB IV ist nach seinem Abs 6 S 1 ua, dass, wenn der Antrag innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wird und die DRV Bund ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis feststellt, die Versicherungspflicht - abweichend von den allgemeinen Regelungen in den einzelnen Versicherungszweigen der Sozialversicherung und des Arbeitsförderungsrechts - erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung eintritt, sofern der Beschäftigte zustimmt(Nr 1) und er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht (Nr 2). Darüber hinaus wird der Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach § 7a Abs 6 S 2 SGB IV - abweichend von den allgemeinen Regelungen in §§ 22, 23 SGB IV - erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.Bei optionalen Statusanfragen, zu denen ein Verwaltungsakt der DRV Bund erlassen wird, haben nach § 7a Abs 7 S 1 SGB IV Widerspruch und Klage - abweichend von § 86a Abs 2 Nr 1 SGG - aufschiebende Wirkung; zudem ordnet Satz 2 der Regelung an, dass - abweichend von der Sechs-Monats-Frist des § 88 Abs 1 S 1 SGG - die für die Erhebung einer Untätigkeitsklage geltende Frist auf Erlass einer Entscheidung (nur) drei Monate beträgt.
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cc) Für die Tätigkeit in den dargestellten Anfrageverfahren, in denen es um die Abgrenzung zwischen - kraft Gesetzes eintretender - Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung wegen (abhängiger) Beschäftigung einerseits oder die fehlende Versicherungspflicht aufgrund anzunehmender Selbstständigkeit geht, bedarf es typischerweise einer besonderen Sachkunde auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts. Schon mit der Frage, ob ein solches Verfahren - soweit es nicht ohnehin nach § 7a Abs 1 S 2 SGB IV obligatorisch durchzuführen ist - überhaupt durch entsprechende Antragstellung und (schon oder noch) zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeleitet wird, sind wegen der damit verbundenen weitreichenden und den Vorstellungen der jeweils beteiligten Personen möglicherweise widersprechenden versicherungs- und beitragsrechtlichen Konsequenzen ebenso generell erhöhte Anforderungen verbunden wie auch mit dem Vorbringen in einem solchen Verfahren.
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(1) Für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist in erster Linie die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG in den Blick zu nehmen, weil nur in Kenntnis der dort entwickelten Kriterien und entschiedenen Anwendungsfälle eine sach- und interessengerechte Wahrnehmung der rechtlichen Interessen eines Betroffenen gegenüber der Beklagten als einer auf die relevanten Fragestellungen spezialisierten Behörde möglich ist. Eine adäquate Vertretung und Interessenwahrnehmung "auf Augenhöhe" mit dem Sozialversicherungsträger beschränkt sich typischerweise nicht in der bloßen Übermittlung und Weitergabe tatsächlicher Umstände an die Fachbehörde. Die Vertretung kann daher angemessen und verfahrenseffektiv nur dann in der gebotenen Weise erfolgen, wenn der Bevollmächtigte über fundierte Kenntnisse darüber verfügt, auf welche verfahrensrechtlichen, materiell-rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte es im Verfahren nach § 7a SGB IV im Einzelnen ankommt bzw ankommen kann. Die dabei zu beachtenden allgemeinen Grundsätze und die für die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale maßgebenden Umstände sind indessen überaus komplex: Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV, wonach "Beschäftigung" als die nichtselbstständige Arbeit, "insbesondere" in einem Arbeitsverhältnis definiert ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass ein Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen aus jüngerer Zeit BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 16 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; s insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN sowie - zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzungskriterien BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).Dabei setzt die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit (vgl auch § 7a Abs 2 SGB IV) voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).
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(2) Obwohl die Beklagte im Zusammenhang mit dem Anfrageverfahren des § 7a SGB IV als sachlich zuständige Behörde besondere Ermittlungs-, Anhörungs- und Darlegungspflichten treffen(vgl Abs 2 bis 5 der Regelung), müssen vor dem aufgezeigten Hintergrund schon im Antragsverfahren (und nicht erst im Widerspruchsverfahren, vgl dazu erneut BSG Urteil vom 14.11.2013, aaO, Leitsatz 2 und Juris RdNr 36 ff) die für die begehrte Verwaltungsentscheidung rechtlich erheblichen Zusammenhänge auch von den Anfragenden sorgfältig in den Blick genommen werden. Ein für einen Beteiligten in einem solchen Verfahren auftretender Bevollmächtigter muss dafür Sorge tragen und einschätzen können, dass die Beklagte auch tatsächlich alle für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status eines Erwerbstätigen relevanten Umstände vollständig und zutreffend ermittelt und der von ihm vertretene Beteiligte dazu entsprechende Angaben macht. Er muss insbesondere auch solche rechtlichen Gesichtspunkte und Tatsachen erkennen und gegenüber der Beklagten kommunizieren können, die möglicherweise nicht standardmäßig in Antragsformularen der Beklagten oder anderer Sozialversicherungsträgers abgefragt werden/wurden, die aber gleichwohl im Rahmen der Gesamtabwägung für die zu treffende abschließende Entscheidung von Bedeutung sein können.
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Die nach §§ 20 ff SGB X bestehenden Pflichten der Beklagten im Anfrageverfahren machen eine "rechtliche" Prüfung des Einzelfalls iS von § 2 Abs 1 RDG durch einen Bevollmächtigten nicht überflüssig. Denn diese entbinden nicht von der Notwendigkeit "eigenen Mitdenkens" der Beteiligten und besagen nicht, dass die erforderliche Tätigkeit von Bevollmächtigten in Anfrageverfahren des § 7a SGB IV auf die bloße Angabe von Tatsachen und ggf Beibringung von Beweismitteln beschränkt wäre. Die - sonst eigentlich entbehrliche - Hervorhebung der Pflichten der Beklagten in dieser Regelung macht vielmehr gerade deutlich, dass insoweit Besonderheiten gelten. Diese Pflichten kommen nicht zuletzt darin zum Ausdruck, dass die Beklagte den Beteiligten nach § 7a Abs 4 SGB IV vor Ergehen einer abschließenden Verwaltungsentscheidung mitzuteilen hat, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, wobei sie die Tatsachen bezeichnet, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und den Beteiligten Gelegenheit gibt, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Dass spätestens in diesem Stadium des Verwaltungsverfahrens im Rahmen der qualifizierten Anhörung, die über die allgemein in § 24 SGB X geregelte Anhörung hinausgeht, auch ein eigenes Durchdenken und eine eigene sozialversicherungsrechtliche Einschätzung des Adressaten (bzw seines Bevollmächtigten) nötig ist, kann vernünftigerweise nicht in Zweifel gezogen werden.
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(3) Die (auch) "rechtliche" Komplexität des Statusfeststellungsverfahrens zeigt sich im Übrigen bereits an den Fragen des (in den Verwaltungsvorgängen befindlichen) von der Beklagten ausgegebenen Formantragsformulars. Dort werden in nicht unerheblichem Umfang Gegebenheiten abgefragt, die über die bloße Ermittlung tatsächlicher Umstände hinausgehen und rechtlich wertende Überlegungen bei der Beantwortung der Fragen erfordern. So werden von den Beteiligten zB auch Informationen darüber erbeten, ob neben der Tätigkeit, für die die konkrete Feststellung des versicherungsrechtlichen Status begehrt wird, weitere "abhängige" oder "selbstständige" Tätigkeiten ausgeübt werden. Derartiges kann - wie allgemein im Verfahren nach § 7a SGB IV - letztlich nicht ohne rechtliche Kenntnisse über die typischen, in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung wiederholt behandelten Problemfelder beantwortet werden, etwa die Beurteilung von Erwerbstätigkeiten bei juristischen Personen, in Familienunternehmen und Familiengesellschaften sowie solchen im Zusammenhang mit freier Mitarbeit oder in modernen Erwerbsformen.
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(4) Die Einschätzung, dass die vorstehend dargestellten Umstände die Bejahung einer Rechtsdienstleistung iS von § 2 RDG wegen anzunehmender "rechtlicher" Prüfungen gebieten, wird im Übrigen auch durch die Gesetzesmaterialien zur Novellierung des Rechtsberatungsrechts bestätigt. Dort wird für die Vertretung in Einzugsstellen- und Betriebsprüfungsverfahren nach §§ 28h, 28p SGB IV eine besondere Sachkunde auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts für erforderlich erachtet(vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung, aaO, BT-Drucks 16/3655 S 95 zu Nr 3 Abs 2 <§ 73 des Entwurfs>).
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c) Die mithin als "Rechtsdienstleistung" iS von § 2 Abs 1 RDG zu qualifizierende Tätigkeit des Klägers in einem Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV(anders der für Antragsverfahren zu Erstfeststellungen nach dem Schwerbehindertenrecht entschiedenen Fall des 9. Senats des BSG im Urteil vom 14.11.2013 - B 9 SB 5/12 R - Leitsatz 1 und Juris RdNr 33 ff
) ist auch nicht nach § 5 Abs 1 RDG erlaubt.
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aa) § 5 Abs 1 S 1 RDG bestimmt, dass "Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit" erlaubt sind, "wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören". Nach Satz 2 der Regelung ist die Frage, ob eine Nebenleistung vorliegt, "nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind". An einem solchen Nebenleistungscharakter und sachlichen Zusammenhang zum Berufs- und Tätigkeitsbild eines Steuerberaters fehlt es beim Tätigwerden eines Steuerberaters in einem Anfrageverfahren.
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bb) § 5 RDG stellt - ähnlich wie die (indessen strengeren Vorgaben unterliegende) Vorgängerregelung des Art 1 § 5 RBerG - einen Ausnahmetatbestand zu § 3 RDG (Erlaubnis durch das RDG) gegenüber dem grundsätzlichen Verbot der Erbringung von Rechtsdienstleistungen dar. Auf diesen Ausnahmetatbestand können sich auch Angehörige der steuerberatenden Berufe berufen, die Rechtsdienstleistungen in einem speziellen Bereich des Rechts als Hauptleistung erbringen, soweit sie darüber hinaus andere Rechtsdienstleistungen als Nebenleistung erbringen (so Gesetzesbegründung der Bundesregierung, aaO, BT-Drucks 16/3655 S 51 zu § 5; vgl auch Kleine-Cosack, RDG, 2. Aufl 2008, § 5 RdNr 4; Römermann in Grunewald/Römermann, RDG, 2008, § 2 RdNr 91).
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Die Kern- und Haupttätigkeit eines Steuerberaters besteht in der geschäftsmäßigen "Hilfeleistung in Steuersachen" (vgl § 2, § 3 Nr 1, §§ 32, 33 StBerG). Gemäß § 33 S 1 StBerG haben Steuerberater die "Aufgabe, im Rahmen ihres Auftrags ihre Auftraggeber in Steuersachen zu beraten, sie zu vertreten und ihnen bei der Bearbeitung ihrer Steuerangelegenheiten und bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten". Die steuerliche Beratung ist danach eine auf dieses spezielle Fachgebiet beschränkte Rechtsberatung (BSG Urteil vom 14.11.2013 - B 9 SB 5/12 R, aaO, Juris RdNr 39; BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 3 S 8; vgl BVerfGE 80, 269, 280; Gehre/Koslowski, StBerG, 6. Aufl 2009, § 33 RdNr 13; Henssler/ Deckenbrock, DB 2008, 41, 43).
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Zwar hat die Beratung in steuerlichen Angelegenheiten häufig Bezugspunkte hin zu außersteuerrechtlichen Regelungen; denn vielfach ist das außersteuerliche Recht Bestandteil eines steuerrechtlich bedeutsamen Tatbestandes. Soweit es im Hinblick auf die steuerrechtlichen Gegebenheiten geboten ist, erstreckt sich die Beratungspflicht eines Steuerberaters in solchen Fällen auch auf diese - der Tätigkeit eines Steuerberaters an sich grundsätzlich fremden - Rechtsgebiete (BSG Urteil vom 14.11.2013 - B 9 SB 5/12 R, aaO, Juris RdNr 39; vgl BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 3 S 8 mwN). Dies bedeutet indessen nicht, dass eine Tätigkeit auf außersteuerlichen Rechtsgebieten bereits deshalb dem Berufs- und Tätigkeitsbild eines Steuerberaters zuzuordnen ist, nur weil bestimmte Tatbestände überhaupt für die steuerliche Beratung relevant sind (so aber Draf/Beyer-Petz, DStR 2013, 280). Das Steuerrecht erfasst eine Vielzahl von Vorgängen, für welche auch Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten bedeutsam sein können. Nähme man schon allein deswegen einen Zusammenhang mit dem Berufs- und Tätigkeitsbild eines Steuerberaters an, wären Steuerberater letztlich annähernd unbeschränkt berechtigt, auf allen Rechtsgebieten berufliche Aktivitäten zu entfalten.
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Unter diesem Blickwinkel muss eine Beratung und Vertretung in Fragen des sozialversicherungsrechtlichen Status in Verfahren gemäß § 7a SGB IV durch Steuerberater ausscheiden. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt, dass Steuerberater für Arbeitgeber oftmals die Lohnbuchführung - dh die Erfassung, Abrechnung und Buchung der Arbeitsentgelte sowie der gesetzlichen Abzüge hiervon - vornehmen und vornehmen dürfen (ebenso Gehre/Koslowski, aaO, § 33 RdNr 13; vgl - zum Vorgängerrecht des RBerG - OLG Düsseldorf Urteil vom 9.7.2002 - 23 U 222/01 - Juris; aA Hässel/Hengsberger, BB 2009, 135, 138 f).
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cc) Das in § 5 Abs 1 S 2 RDG für das Vorliegen einer Nebenleistung aufgestellte Kriterium, dass es dafür "Rechtskenntnisse … (bedarf), die für die Haupttätigkeit erforderlich sind", steht der gegenteiligen Ansicht des Klägers entgegen. Um als Nebenleistung zu gelten, muss es sich dabei im Einzelfall nämlich um eine Tätigkeit handeln, die ein Steuerberater mit seiner beruflichen Qualifikation ohne Beeinträchtigung des in § 1 RDG genannten Schutzzwecks, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, miterledigen kann(BSG Urteil vom 14.11.2013 - B 9 SB 5/12 R, aaO, Juris RdNr 40). Maßgebend ist insoweit nicht die individuelle Qualifikation des Rechtsdienstleistenden, sondern die allgemeine berufstypische juristische Qualifikation des Betroffenen im Rahmen seiner Haupttätigkeit (vgl BSG, ebenda; BT-Drucks 16/3655 S 54; Dreyer/Müller in Dreyer/Lamm/Müller, RDG, 2009, § 5 RdNr 30; Weth in Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl 2010, § 5 RDG RdNr 12; Kleine-Cosack, aaO, § 5 RdNr 66; Hirtz in Grunewald/Römermann, RDG, 2008, § 5 RdNr 52; Unseld in Unseld/Degen, RDG, 2009, § 5 RdNr 19; Finzel, KommRDG, 2008, § 5 RdNr 11). Bleiben dagegen die für die Haupttätigkeit erforderlichen Rechtskenntnisse hinter denjenigen für die Erbringung der (vermeintlichen) Nebenleistung erforderlichen Kenntnissen zurück, kann die Nebenleistung nicht erlaubnisfrei erbracht werden; dies gebieten der zentral in § 1 RDG angesprochene Schutz der Rechtsuchenden, des Rechtsverkehrs und der Rechtsordnung(vgl Krenzler in Krenzler, RDG, 2010, § 5 RdNr 40).
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Dass die für die Haupttätigkeit erforderlichen Rechtskenntnisse hinter den für die Erbringung der (vermeintlichen) Nebenleistung erforderlichen Kenntnissen zurückbleiben, folgt für Steuerberater in Bezug auf das Verhältnis Lohnbuchführung - Anfrageverfahren vor allem daraus, dass das Sozialversicherungsrecht nicht einmal zu denjenigen Prüfungsgebieten gehört, welche im Rahmen einer den Zugang zum Beruf eröffnenden, erfolgreich zu absolvierenden Steuerberaterprüfung bedeutsam sind. Nach § 37 Abs 3 S 1 Nr 1 bis 8 StBerG gehören dazu neben dem steuerlichen Verfahrensrecht sowie Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrecht(Nr 1) im Einzelnen genannte Materien des Steuerrechts (Nr 2 bis 4). In Bezug auf das außersteuerliche Recht werden dagegen in Nr 5 nur das "Handelsrecht sowie Grundzüge des Bürgerlichen Rechts, des Gesellschaftsrechts, des Insolvenzrechts und des Rechts der Europäischen Union" sowie in Nr 8 das "Berufsrecht" angesprochen. Demgegenüber fehlt eine Regelung über das Sozialversicherungsrecht. Dieses kann auch weder den in Nr 5 aufgeführten Materien zugeordnet werden noch ist offenkundig eine Subsumtion unter die übrigen in Nr 6 ("Betriebswirtschaft und Rechnungswesen") und Nr 7 ("Volkswirtschaft") angesprochenen wirtschaftswissenschaftlichen Fachdisziplinen möglich.
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Schon aus diesen Regelungen ist zu entnehmen, dass die bei Steuerberatern unterstellten und zu erwartenden Rechtskenntnisse hinter denen eines umfassend ausgebildeten und in rechtlichen Angelegenheiten allgemein vertretungsbefugten Rechtsanwalts zurückbleiben. Auch wenn Rechtsanwälte nicht zwingend über spezifisch sozialversicherungsrechtliche Kenntnisse verfügen - insbesondere keine entsprechend ausgewiesenen Fachanwälte sein - müssen, so beruht die Befugnis zum Auftreten bei ihnen darauf, dass - aufgrund erworbener und unter Beweis gestellter Kenntnisse und Fähigkeiten in der spezifischen juristischen Methodik und Arbeitsweise - von einer umfassenden Eignung in juristischen Belangen ausgegangen wird. Vergleichbares fehlt bei Steuerberatern.
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dd) Aus dem Umstand, dass sich die Abgrenzung zwischen (versicherungspflichtiger) Beschäftigung und (nicht versicherungspflichtiger) Selbstständigkeit im Sozialversicherungsrecht oftmals nach ähnlichen Kriterien bestimmen kann wie bei der einkommensteuerrechtlichen Behandlung, ist für die Frage der Vertretungsbefugnis von Steuerberatern im Statusfeststellungsverfahren ebenfalls nichts herzuleiten. Ein sachlicher Zusammenhang mit steuerberaterlichen Haupttätigkeiten iS von § 5 Abs 1 RDG unter dem Blickwinkel der dafür erforderlichen - vermeintlich ohnehin vorhandenen - Rechtskenntnisse des Steuerberaters in seinen Kerngebieten muss auch insoweit verneint werden.
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Das ergibt sich bereits daraus, dass die Rechtsprechung zum Sozialversicherungsrecht inhaltlich durchaus von derjenigen zum Steuerrecht abweichen kann (zutreffend im vorliegenden Zusammenhang auch Beyer-Petz, DStR 2010, 77; aA Arens/Pelke, DStR 2012, 627, 628). Das Ergebnis steuerrechtlicher Beurteilungen hat für die Rechtslage im Sozialversicherungsrecht im Rahmen der - oben unter 2. b) cc) (1) dargestellten - dort vorzunehmenden Gesamtwürdigung nur die Bedeutung als "ein Indiz neben anderen Indizien". Darüber hinaus besteht keine nahtlose Übereinstimmung beider Rechtsgebiete, insbesondere keine Bindungs- oder gar Tatbestandswirkung von Entscheidungen der Finanzbehörden sowie der Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit; Sozialversicherungsträger und Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind vielmehr der eigenständigen sozialversicherungsrechtlichen Prüfung im Einzelfall nicht enthoben, ob eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt (vgl schon BSGE 3, 30, 40 = SozR Nr 18 zu § 164 SGG; BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; BSG SozR 2200 § 165 Nr 45 S 68 mwN; Seewald in Kasseler Komm, § 7 SGB IV RdNr 79 mwN, Bearbeitungsstand Oktober 2009). Dies müssten auch Bevollmächtigte in Statusfeststellungsverfahren beachten und demzufolge auch über zu unterstellende entsprechende Kenntnisse des Sozialversicherungsrechts verfügen.
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Unbeschadet dessen ist in den Blick zu nehmen, dass gerade in Bezug auf das Anfrageverfahren ohnehin verfahrensrechtliche Abweichungen des Sozialversicherungs- und Sozialverwaltungsrechts gegenüber dem Steuerverfahrensrecht bestehen (vgl nur § 44 SGB X, aber zB auch BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Leitsatz und RdNr 14 ff
sowie BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 . Diese Regelungen finden keine Entsprechung im steuerlichen Verfahrensrecht.)
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Nicht unbeachtet bleiben kann bei alledem ferner, dass sozialversicherungsrechtliche Anfrageverfahren nicht zwingend im Zusammenhang mit Aufgaben einer Lohnbuchführung stehen müssen, sondern auch isoliert davon eingeleitet werden können bzw von Amts wegen von den Einzugsstellen einzuleiten sind (vgl § 7a Abs 1 S 2 SGB IV). Es wäre indessen kein rechtlich taugliches Kriterium, für die Vertretungsbefugnis von Steuerberatern in Anfrageverfahren danach zu differenzieren, aufgrund welcher Umstände es zu einer Verfahrenseinleitung kommt.
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ee) Der für eine Qualifizierung als zulässige Nebenleistung iS von § 5 Abs 1 RDG notwendige sachliche Zusammenhang mit einer anderen erlaubten Tätigkeit kann im Übrigen nicht schon durch die zwischen einem Steuerberater und seinem Auftraggeber getroffene Mandatsvereinbarung hergestellt werden; das Vorliegen eines Zusammenhangs kann sich vielmehr nur nach objektiven Kriterien richten (vgl Kleine-Cosack, aaO, § 5 RdNr 47; Hirtz in Grunewald/Römermann, aaO, § 5 RdNr 162 f). Eine innere bzw inhaltliche Verbindung der zu beurteilenden (Neben-)Tätigkeit zu einer Haupttätigkeit wäre vor allem dann anzunehmen, wenn die Nichterledigung der Nebenleistung auch die sachgerechte Erfüllung der (zulässigen) Hauptleistung des Steuerberaters beeinträchtigt; kann dagegen unter Berücksichtigung des wohlverstandenen Interesses des Auftraggebers die Nebenleistung auch selbstständig von einem dafür qualifizierten Dritten (hier: Rechtsanwalt) erbracht werden, ohne dass der Steuerberater insoweit an der sachgerechten Erfüllung der ihm gesetzlich übertragenen Hauptaufgabe merklich beeinträchtigt wird, spricht dies gegen das Vorliegen einer von § 5 RDG erfassten Nebenleistung(vgl Hirtz in Grunewald/Römermann, aaO, § 5 RdNr 50, 163).
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Dem steht nicht entgegen, dass sich in der vorliegend zu beurteilenden Konstellation die Frage des sozialversicherungsrechtlichen Status eines Erwerbstätigen als Vorfrage im Rahmen der zulässigerweise wahrgenommenen Lohnbuchführung (vgl § 13 Abs 6 S 2 SGB X iVm § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG sowie § 28h SGB IV - dazu näher sogleich unter d) als eine der typischen Aufgaben eines Steuerberaters gegenüber einem Arbeitgeber stellen kann (vgl Beyer-Petz, DStR 2010, 77; Gahle, DB 2011, 1622, 1623, beide aus diesem Grunde für die vollumfängliche Mitbetreuungsmöglichkeit auch in Antragsverfahren nach § 7a SGB IV). Ein Steuerberater wäre indessen nicht über Gebühr an der sachgerechten Erfüllung der ihm nach dem Gesetz übertragenen Hauptaufgabe gehindert oder merklich beeinträchtigt, wenn die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens an den Antragsteller selbst oder einen Rechtsanwalt überantwortet wird. Zwar wird häufig zunächst der Steuerberater im Sinne von Vorüberlegungen und Vorfragen Erwägungen darüber anzustellen haben, ob ein Mitarbeiter den dafür zuständigen Trägern der Sozialversicherung nach § 28a SGB IV als Beschäftigter zu melden ist oder nicht. Er hat in einem solchen Fall indessen ebenso die Möglichkeit, eine Entscheidung der Einzugsstelle über die Versicherungspflicht nach § 28h Abs 2 SGB IV herbeizuführen und wäre insoweit nicht auf das bei der beklagten DRV Bund durchzuführende, mit - wie oben dargestellt - verfahrensrechtlichen Besonderheiten und Konsequenzen verbundene förmliche und die Wahrnehmung einer erlaubnispflichtigen Rechtsdienstleistung erfordernde Anfrageverfahren des § 7a SGB IV beschränkt; ein bereits eingeleitetes Einzugsstellenverfahren nach § 28h Abs 2 SGB IV würde gemäß § 7a Abs 1 S 1 Halbs 2 SGB IV vielmehr sogar ein Antragsverfahren nach § 7a SGB IV ausschließen. Schon wegen dieser eigenen Möglichkeit des Steuerberaters zur "Verfahrenssteuerung" (= Einzugsstellenverfahren nach § 28h SGB IV in Eigenregie oder Antragsverfahren nach § 7a SGB IV ggf unter Einschaltung eines insoweit vertretungsbefugten Bevollmächtigten) kann nicht angenommen werden, dass die sachgerechte Erfüllung der ihm obliegenden Hauptaufgabe gegenüber seinen Mandanten in wesentlicher Hinsicht beeinträchtigt wird.
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d) Eine Vertretungsbefugnis in Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV folgt schließlich auch nicht aus § 13 Abs 6 S 2 SGB X iVm § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG(zur Regelung allgemein im Folgenden aa). Das ergibt sich - in Übereinstimmung mit der überwiegend in der Literatur vertretenen Auffassung (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 73 RdNr 6; Littmann in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 73 RdNr 5; Arndt in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 73 RdNr 20 mit Fußnote 43; Berchtold in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2009, § 10 RdNr 2; Ulmer in Hennig, SGG, § 73 RdNr 88, Kommentierungsstand September 2012; aA Beyer-Petz, DStR 2010, 2424; Arens/Pelke, DStR 2012, 627, 628) - aus Wortlaut (dazu bb), Regelungssystematik (dazu cc), Entstehungsgeschichte (dazu dd) sowie Sinn und Zweck der einschlägigen Normen (dazu ee), ohne dass dem Rechtsprechung des 12. Senats des BSG entgegensteht (dazu ff).
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aa) Gemäß § 13 Abs 6 S 2 SGB X(hier anzuwenden idF des Gesetzes vom 11.12.2008, BGBl I 2418) können Personen, die nach § 73 Abs 2 S 1 und S 2 Nr 3 bis 9 SGG zur Vertretung im sozialgerichtlichen Verfahren befugt sind, nicht als Bevollmächtigte und Beistände vom Vortrag in einem Verwaltungsverfahren zurückgewiesen werden. § 73 Abs 2 S 1 SGG regelt seit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12.12.2007 (BGBl I 2840) mit Wirkung zum 1.7.2008, dass sich Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder bestimmte Rechtslehrer vertreten lassen können (Erweiterung durch Art 10 Gesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2248). Darüber hinaus sind nach § 73 Abs 2 S 2 SGG als Bevollmächtigte vor dem SG und dem LSG vertretungsbefugt "nur" die in den folgenden Nrn 1 bis 9 genannten Personenkreise. Nach § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG gehören zu diesen vertretungsbefugten Personen ua Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer "in Angelegenheiten nach den §§ 28h und 28p des Vierten Buches Sozialgesetzbuch".
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bb) Da der Wortlaut des § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG eine Vertretungsbefugnis für Steuerberater lediglich für Angelegenheiten nach § 28h SGB IV und § 28p SGB IV vorsieht, während Angelegenheiten nach § 7a SGB IV dort nicht genannt werden, kann der Kläger seine Befugnis für ein Auftreten im Antragsverfahren daraus nicht herleiten.
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cc) Auch die Auslegung nach dem systematischen Zusammenhang eröffnet diese Befugnis nicht. Die Vertretungsbefugnis von Steuerberatern gemäß § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG ist als Ausnahme von § 73 Abs 2 S 1 SGG konzipiert, dh über den in § 73 Abs 2 S 1 SGG explizit genannten Personenkreis hinaus sollen andere, ausdrücklich bezeichnete Vertreter "nur" in den dann nachfolgend in Satz 2 enumerativ(vgl Leitherer, aaO, § 73 RdNr 6; Littmann, aaO, § 73 RdNr 5) aufgezählten Verfahren vertretungsbefugt sein. Knüpft das Gesetz eine Rechtsfolge unter Verwendung des Wortes "nur" an bestimmte Tatbestände, kann daraus im Umkehrschluss allein hergeleitet werden, dass die Rechtsfolge für andere Tatbestände nicht gilt (vgl Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, S 209).
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Hieraus folgt mit Blick auf § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG, dass eine Beschränkung der Vertretung durch Steuerberater in sozialgerichtlichen Prozessen auf Verfahren nach §§ 28h, 28p SGB IV ersichtlich gewollt ist und den Umkehrschluss rechtfertigt, dass die Vertretung in Verfahren nach § 7a SGB IV nicht erfolgen darf(kritisch, aber im Ergebnis ebenso Ulmer, aaO, § 73 RdNr 88).
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dd) Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes spricht gegen die Ausweitung der Vertretungsbefugnis des § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG auf Verfahren nach § 7a SGB IV und schließt insbesondere die Annahme einer eine Analogie ermöglichenden Regelungslücke aus. Die Neuregelung der Vertretungsbefugnisse in § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG zum 1.7.2008 mit ihrer Beschränkung auf die in §§ 28h, 28p SGB IV genannten Angelegenheiten erfolgte nämlich zu einem Zeitpunkt, als der zum 1.1.1999 geschaffene § 7a SGB IV schon seit fast zehn Jahren in Kraft war. Zudem wurde § 13 Abs 6 S 2 SGB X durch Gesetz vom 11.12.2008, also annähernd ein Jahr später, mit Wirkung zum 18.12.2008 geändert und an die Neufassung des § 73 SGG angepasst, ohne dass dabei seitens des Gesetzgebers ein inhaltlicher Änderungsbedarf gesehen wurde. Wenn die Neuregelungen des SGG und des SGB X zur Vertretungsbefugnis aber unter Auslassung der Verfahren nach § 7a SGB IV vorgenommen wurden, spricht alles gegen ein bloßes Redaktionsversehen des Gesetzgebers.
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ee) Das Bestehen einer Vertretungsbefugnis in Verfahren nach §§ 28h, 28p SGB IV, nicht aber in solchen nach § 7a SGB IV in § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG erklärt sich im Übrigen vor dem Hintergrund, dass Einzugsstellen- und Betriebsprüfungsverfahren im Gegensatz zu Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV typischerweise bereits eine beitragsrechtliche Komponente enthalten. In den in den erstgenannten Verfahren erlassenen Bescheiden steht nämlich eine konkrete (nach-)geforderte Beitragssumme im Raum. Dieser im Regelfall beitragsrechtliche Bezug der Einzugsstellen- und Betriebsprüfungsverfahren hat damit eine enge Verbindung zur jeweils konkret geübten betrieblichen Praxis der Lohnbuchführung, die Abgaben in Form von Lohnsteuer und Beiträgen auf Arbeitsentgelt zum Gegenstand hat. Demgegenüber weisen - wie bereits oben unter 2. b) bb) sowie cc) (2) näher dargestellt - Anfrageverfahren des § 7a SGB IV auf der Verfahrens- und Rechtsfolgenseite verschiedene Besonderheiten auf und betreffen im Rahmen der Prüfung, ob eine Abgabenschuld in Form von Beiträgen entstand und/oder ob sie ausgehend von den einschlägigen Grundlagen über die Bemessung der Abgaben zutreffend errechnet wurde, eher grundsätzlich zu klärende, der Beitragsabführung vorgelagerte Fragen.
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ff) Das gewonnene Auslegungsergebnis wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der 12. Senat des BSG in seiner Rechtsprechung (Urteil vom 11.3.2009 - B 12 R 11/07 R - BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 17 und vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - Juris RdNr 17) entschieden hat, dass die Verfahren nach § 7a SGB IV einerseits und nach §§ 28h, 28p SGB IV andererseits bezüglich der Feststellung der Versicherungspflicht inhaltlich gleichwertig sind - wie dies auch in § 7a Abs 1 S 1 Halbs 2 SGB IV zum Ausdruck kommt. Mit der Feststellung einer solchen Gleichwertigkeit ist nicht zugleich eine Aussage darüber verbunden, welche Berufsgruppen in diesen Verfahren als Bevollmächtigte auftreten dürfen. Erst recht kann aus dieser Rechtsprechung nicht etwa abgeleitet werden, dass die im vorliegenden Rechtsstreit einschlägigen gesetzlichen Grundlagen eine planwidrige Lücke enthalten, die eine Analogie im Rahmen des § 73 Abs 2 S 2 Nr 4 SGG rechtfertigen könnte.
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e) Die aufgezeigte Auslegung des Gesetzesrechts verletzt schließlich auch keine Grundrechte des Klägers. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen seine durch Art 12 Abs 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufsausübung als Steuerberater nicht vor. Selbst wenn man einen Eingriff in den Schutzbereich durch die Verneinung einer Vertretungsbefugnis in Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV bejaht, wäre dieser allenfalls in einem Randbereich des Berufes des Steuerberaters zu verorten und lässt das Berufsbild im Kernbereich und die durch den Beruf gesicherte Existenz unbeeinträchtigt(vgl dazu allgemein bereits BSG SozR 3-1300 § 13 Nr 3 S 10 f). Ein möglicher Eingriff wäre jedenfalls durch den legitimen Zweck des RDG gedeckt, Rechtsuchende, Rechtsverkehr und Rechtsordnung vor nicht adäquaten Rechtsdienstleistungen zu schützen. Hierin liegt eine hinreichende Rechtfertigung für die Intensität des hier lediglich marginal feststellbaren Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit betreffend bestimmte Sozialverwaltungsverfahren. Angesichts der Subsidiarität des Grundrechts auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art 2 Abs 1 GG gegenüber demjenigen aus Art 12 Abs 1 GG (BVerfG Beschluss vom 21.6.2011 - 1 BvR 2930/10 - NZS 2012, 102 RdNr 25) ist auch insoweit ein Verstoß gegen Grundrechte des Klägers zu verneinen.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1, § 47 GKG. Danach maßgebend ist die Bedeutung der Sache für den Kläger, wie sie sich aus dessen Antrag ergibt. Nach dem Vorbringen und dem mit der Fortsetzungsfeststellungsklage verfolgten erkennbaren Rechtsschutzziel des Klägers erschöpft sich die kostenrechtlich zu beachtende Bedeutung des Revisionsverfahrens vorliegend nicht nur im Gebührenanspruch des Klägers als Bevollmächtigtem für das Auftreten für einen seiner Mandanten in einem einzigen Verwaltungsverfahren, vielmehr geht es ihm allgemein um die zukunftsgerichtete Klärung seiner Berechtigung, in seiner Eigenschaft als Steuerberater in Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV gegenüber der dafür sachlich einheitlich und immer wieder zuständigen beklagten DRV Bund aufzutreten. Unter diesem Blickwinkel erscheint es hier mangels hinreichender Anhaltspunkte für eine anderweitige Schätzung gerechtfertigt, den Streitwert in Höhe des Auffangstreitwerts nach § 52 Abs 2 GKG anzusetzen.
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. die außergerichtlichen Kosten im Revisionsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" wegen Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig war.
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Der 1976 geborene Beigeladene zu 1. war bis 30.9.2004 als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und in der sozialen Pflegeversicherung (sPV) versichert. Seit 1.10.2003 war er auf der Basis eines am 25.9.2003 zwischen ihm und der Rechtsvorgängerin der Klägerin (A. GmbH, künftig einheitlich Klägerin) geschlossenen "Projektvertrages" im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" tätig. Durch den Vertrag wurde er "beauftragt", Leistungen in Bezug auf die "Auftragsnummer A 95/002, Projekt D., Dispo und Service bei M." - einer Elektronik-Verbrauchermarktkette - zu erbringen. Nach dem Projektvertrag war der Beigeladene zu 1. in der Wahl des Zeitpunkts zur Leistungserbringung generell frei und vereinbarte selbst den Tag und Zeitpunkt seines Besuchs mit den zuständigen Mitarbeitern des Handels. Im Einzelnen galt nach dem Vertrag weiter ua Folgendes: Der Beigeladene zu 1. konnte die vertraglich geschuldete Leistung auch durch Dritte erbringen lassen. Bei Verhinderung (wie Überlastung, Krankheit oder Urlaub) hatte er selbst für eine Vertretung zu sorgen. Der Beigeladene zu 1. erhielt einen pauschalen Besuchspreis in Höhe von 15 Euro pro Markt, inklusive Fahrtkosten sowie pro Besuch und nachgewiesener Bestellung ab dem 36. bestellten Produkt eine Stückprämie von 0,40 Euro. Die Abrechnung erfolgte monatlich unter Ausweisung von Mehrwertsteuer und Angabe der Umsatzsteuernummer des Beigeladenen zu 1. Die Vereinbarung war jederzeit mit einer Frist von 14 Tagen ordentlich kündbar. Der Beigeladene zu 1. durfte auch für andere, ähnlich geartete Auftraggeber tätig werden. Er haftete für Schäden, die aus der verzögerten Erledigung resultierten, es sei denn, er hatte die Verzögerung oder Verhinderung nicht zu vertreten; in vollem Umfang haftete er auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen (Mitarbeiter, beauftragte Personen, Unternehmen).
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In Ausführung des Projektvertrages besuchte der Beigeladene zu 1. regelmäßig bestimmte Verbrauchermärkte, um dort Original Handy-Zubehör adäquat zu platzieren. Dazu gehörten ua die Sorge um die Aktualität der Ware, Bestellung und Retourenabwicklung, Personalschulung über Neuerungen sowie Verhandlungen mit den Markt-Abteilungsleitern über Durchführung, Art und Menge der Bestellungen. Gegenüber der Klägerin erstellte er fortlaufend Rechnungen und einen Bericht bei Abschluss der Tätigkeit. Er verfügte an eigenen Arbeitsmitteln ua über einen PKW und einen Laptop sowie eine Büroeinrichtung und Internetanschluss. Vom 1.6. bis 31.12.2004 war der Beigeladene zu 1. neben seiner Tätigkeit für die Klägerin für ein weiteres Unternehmen als "Assistant Trainer (Promotion, Abverkauf)" tätig. Insoweit stellte der beklagte Rentenversicherungsträger auf seinen Antrag hin fest, dass er diese Tätigkeit als Selbstständiger ausübe.
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Der Beigeladene zu 1. beantragte im Januar 2005 bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bezüglich seiner Tätigkeit für die Klägerin. Die Beklagte stellte durch Bescheid vom 31.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2006 und durch weitere Bescheide gegenüber der Klägerin fest, dass er die Tätigkeit in der Zeit vom 1.10.2003 bis 24.5.2005 im Rahmen einer Beschäftigung ausübe bzw in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig sei.
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Das von der Klägerin dagegen angerufene SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. im streitigen Zeitraum nicht sozialversicherungspflichtig tätig gewesen sei (Urteil vom 10.2.2011). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte durch Bescheide vom 2.2.2010 und 11.3.2010 festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. in der Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 wegen der Tätigkeit für die Klägerin nicht in der GKV und in der sPV versicherungspflichtig war und ein entsprechendes - angenommenes - Teilanerkenntnis abgegeben. Das LSG hat die darüber hinausgehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung überwögen bei dem Beigeladenen zu 1. die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände. Der Projektvertrag enthalte überwiegend Regelungen, die dafür sprächen. Nach den Umständen und Ermittlungen fehlten Anhaltspunkte dafür, dass die Vereinbarung eines Auftragsverhältnisses auf selbstständiger Basis nur formal vereinbart worden sei. Es habe sich nicht um bloße untergeordnete Regalauffülltätigkeiten gehandelt, sondern um einen um gestalterische Elementen erweiterten Aufgabenkreis. Die Rahmenbedingungen (Warenwirtschaftsturnus; konkrete Verbrauchermärkte) seien nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts der Klägerin gewesen. Der Beigeladene zu 1. sei zudem auch für andere Auftraggeber tätig und berechtigt gewesen, Erfüllungsgehilfen einzusetzen. Betriebliche Sachzwänge, Mitteilungspflichten, die Möglichkeit einer Qualitätskontrolle durch die Klägerin sowie die Verpflichtung, Interessenkollisionen beim Einsatz Dritter bzw bei weiteren Aufträgen zu vermeiden, relativierten sich dadurch, dass auch klassische Selbstständige ähnlichen Pflichten unterlägen. Insgesamt sei der Beigeladene zu 1. als für mehrere Auftraggeber tätiger "Solo-Selbstständiger" anzusehen (Urteil vom 23.5.2013).
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Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Zu Unrecht habe das LSG im Rahmen der Gesamtwürdigung den für die Tätigkeit maßgeblichen Bestimmungen des Projektvertrages, die nur dem Wortlaut nach auf eine selbstständige Tätigkeit zielten, uneingeschränkt Vorrang gewährt. Die tatsächlichen Umstände bei der Durchführung der einzelnen Aufträge, die für eine weitgehende Weisungsabhängigkeit und Eingliederung des Beigeladenen zu 1. in den Betrieb der Klägerin sprächen, habe das LSG nur nachrangig berücksichtigt. Die Feststellungen zur Tätigkeit umschrieben letztlich nur die typische Tätigkeit eines "kaufmännischen Angestellten". Die Ansicht des LSG habe zur Folge, dass nahezu jede Tätigkeit, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, als nicht abhängige Beschäftigung ausgeübt werden könnte. Der Beigeladene zu 1. sei aber in den Arbeitsprozess der Klägerin eingegliedert gewesen, indem er nach Annahme eines Einzelauftrags der Klägerin zu deren Vertragspartnern gefahren sei, um dort die ihm zugewiesenen Aufgaben nach den Vorgaben der Klägerin auszuführen. Hinweise auf ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko bestünden nicht. Die vertragliche Einräumung einer Delegationsbefugnis - von der kein Gebrauch gemacht worden sei - stelle allein kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit dar. Feststellungen des LSG entsprächen teilweise nicht den Tatsachen, soweit es die Gewährung von Kilometergeld und Fahrkosten für den Besuch weiter entfernter Märkte anbelange. Eine Entlohnung mittels Besuchspauschale und Stückprämie spreche nicht indiziell für eine selbstständige Tätigkeit. Umständen wie Rechnungsstellung, Kündigungsmöglichkeit, oder die Möglichkeit einer Tätigkeit für weitere Auftraggeber komme ebenfalls keine indizielle Wirkung im Hinblick auf Selbstständigkeit zu.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 2013 sowie des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin und der Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Beide verteidigen das angefochtene Urteil.
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Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge, die Beigeladenen zu 2., 3. und 6. schließen sich der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung an.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers ist unbegründet.
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Revisionsrechtlich beanstandungsfrei haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund einer Beschäftigung bei der klagenden GmbH als Arbeitgeberin feststellte.
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1. Gegenstand des Rechtsstreits sind - nach Annahme des Teilanerkenntnisses der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung beim LSG durch die Klägerin - der Bescheid der Beklagten vom 31.8.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.7.2006, beide wiederum geändert durch die Bescheide vom 2.2.2010 und 11.3.2010, soweit darin die Beklagte die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in seiner Tätigkeit im Bereich "Merchandising/Rackjobbing" für die Klägerin aufgrund Beschäftigung in der Zeit vom 1.10.2003 bis 30.9.2004 in der gesetzlichen Rentenversicherung und im Recht der Arbeitsförderung und danach vom 1.10.2004 bis 24.5.2005 in allen Zweigen der Sozialversicherung feststellte. Der Bescheid vom 2.2.2010 hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht besteht) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 2.2.2010 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt hat (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13). Zu Recht hat das LSG auch den ausschließlich gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheid vom 11.3.2010 als Gegenstand des Revisionsverfahrens angesehen, weil er ausdrücklich als "Bescheid" den früheren Bescheid vom 2.2.2010 änderte, auch wenn dies nur wegen einer teilweisen offensichtlichen Unrichtigkeit erfolgte. Soweit das LSG darüber hinaus - von den Beteiligten unbeanstandet gelassen - entschieden hat, dass eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 9 SGB VI nicht bestehe, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass hierüber in dem vom Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nicht zu entscheiden war(vgl allgemein BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 21 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 20 RdNr 7).
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2. Das LSG ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den von ihm für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen - ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene zu 1. in seiner für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht wegen Beschäftigung versicherungspflichtig in den Zweigen der Sozialversicherung war.
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a) In den Jahren 2003 bis 2005, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 23 mwN; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 15 und BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; ferner BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 Leitsatz und RdNr 25 ff).
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b) Das LSG hat diese allgemeinen rechtlichen Maßstäbe im Ausgangspunkt zutreffend herangezogen und begründet, dass und warum die für eine Beschäftigung sprechenden Umstände hier nicht überwiegen, sondern die Abwägung insgesamt zu einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. führt. Die zentralen Feststellungen des LSG zum Inhalt des Projektvertrages (dazu aa), die von der Beklagten nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen wurden, sowie die hierzu nicht in Widerspruch stehende tatsächliche Umsetzung des Vertrages (dazu bb) rechtfertigen in dem hier (ausschließlich) zu beurteilenden Fall die Annahme des LSG, dass der Beigeladene zu 1. bei der Klägerin nicht als Beschäftigter versicherungspflichtig war. Anders als Ausführungen der Beklagten und auch des LSG andeuten, geht es vorliegend allerdings nicht darum, eine "allgemeine" sozialversicherungsrechtliche Beurteilung für ein bestimmtes neues Berufsbild im Rahmen von "Merchandising/Rackjobbing" vorzunehmen (dazu cc). Schließlich ist auch ein Unternehmerrisiko beim Beigeladenen zu 1. anzunehmen (dazu dd).
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aa) Rechtlicher Ausgangspunkt für die Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist zunächst die zwischen Klägerin und Beigeladenen zu 1. bestehende Vertragslage. Hierzu hat das LSG - ohne dass dies zu beanstanden wäre - angenommen, dass der für die vorliegende Tätigkeit maßgebende Projektvertrag nach seinem Gepräge überwiegend Regelungen enthält, die für eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnend sind. So war der Beigeladene zu 1. in zeitlicher Hinsicht weitgehend frei, war berechtigt, die Leistungen durch Dritte erbringen zu lassen und hatte bei seiner Verhinderung für eine Vertretung zu sorgen. Als Entlohnung erhielt er eine Kombination aus Besuchspauschale und erfolgsabhängiger Stückprämie, und durfte auch - was teilweise tatsächlich erfolgte - noch für weitere ähnliche Auftraggeber tätig werden. Zwar hat das LSG auch festgestellt, dass die Klägerin über einen Adressenbestand von rund 75 "Lieferanten" verfügte, mit denen häufig sogenannte "Rahmenverträge" bestanden. Die Existenz eines zwischen Klägerin und Beigeladenem zu 1. bestehenden Rahmenvertrages hat das LSG hingegen nicht festgestellt.
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bb) Dem angefochtenen Urteil können auch (gerade noch) hinreichende Feststellungen zur tatsächlichen Umsetzung der Vertragslage entnommen werden. Das LSG hat - insbesondere gestützt auf gerichtliche Anhörungen des Beigeladenen zu 1. im Klage- und Berufungsverfahren - festgestellt, dass Anhaltspunkte dafür fehlten, dass die vertraglichen Regelungen nur formal vereinbart worden waren und dass hinsichtlich der Erwerbstätigkeit tatsächlich etwas ganz anderes praktiziert wurde. Nach den vertraglichen Vereinbarungen und ihrer tatsächlichen Umsetzung sind damit keine gewichtigen Umstände ersichtlich, die gesamtschauend den Ausschlag für eine Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs 1 S 2 SGB IV geben könnten.
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(1) Der Beigeladene zu 1. war nach den Feststellungen des LSG weitgehend weisungsfrei in dem Sinne, dass die zeitlichen und örtlichen Rahmenbedingungen gerade nicht Ausfluss eines Direktionsrechts - wie im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer - waren.
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(2) Der Beigeladene zu 1. war - unbeschadet des Umstandes, dass er Dienstleistungen im Rahmen eines von der Klägerin mitgetragenen Gesamtvermarktungskonzepts erbrachte - nicht in einem relevanten Maß in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert, was sich ua in seiner vertraglichen Pflicht zeigt, im Falle seiner Verhinderung selbst für eine Vertretung zu sorgen. Er hatte nur auf betriebliche Sachzwänge der Klägerin und deren Kunden Rücksicht zu nehmen und unterlag insoweit lediglich Mitteilungspflichten und Qualitätskontrollen (zum Charakter von - eine Selbstständigkeit nicht ausschließenden - Dokumentationspflichten vgl BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 20). Dem standen weitreichende Freiheiten des Beigeladenen zu 1. beim "Ob und Wie" der Erbringung der Tätigkeit mit eigenen gestalterischen Elementen gegenüber, die etwa über diejenigen eines klassischen Regalauffüllers hinausgingen. Das LSG hat insoweit zB auf Seite 15/16 seines Urteils dargelegt, dass dem Beigeladenen zu 1. - ähnlich wie anderen Vertragspartnern der Klägerin - die Entscheidung über die Präsentation der Produkte oblag, dass er Layout-Prüfungen durchzuführen und ggf Neugestaltungen der Regalaufstellung festzulegen hatte. Seine Tätigkeit habe gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente enthalten. Diese Tätigkeit habe sich im Rahmen eines Konzepts vollzogen, dass der Tatsache Rechnung getragen habe, dass Hersteller von Unterhaltungselektronik und IT-Produkten zunehmend dazu übergegangen seien, die Präsentation ihrer Waren nicht mehr den Betreibern von Märkten und Warenhäusern selbst zu überlassen, sondern sie - die Hersteller - es selbst in der Hand hätten, welche Verkaufs- bzw Regalflächen ihnen zur Verfügung gestellt würden. Hierzu bedienten sie sich insoweit spezieller Dienstleister (hier der Klägerin), um ihre Waren zeitnah und umsatzorientiert zu positionieren und möglichst werbewirksam zu präsentieren. In dieses Gesamtkonzept sei dann auch der Beigeladene zu 1. in der beschriebenen Weise eingebunden gewesen.
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(3) Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1. vertraglich berechtigt war, Dritte in die Auftragserledigung einzubeziehen, durfte vom LSG als Indiz für seine selbstständige Tätigkeit gewertet werden, auch wenn davon seitens des Beigeladenen zu 1. tatsächlich kein Gebrauch gemacht wurde.
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(a) Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für das Vorliegen einer Beschäftigung entscheidend, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30). Dementsprechend stellt nach der Rechtsprechung des BAG die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar. Da nach § 613 S 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste jedoch nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat, kann der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt sein, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen. Ein ihm auf diese Weise zustehender eigener Gestaltungsspielraum spricht gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses (vgl BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Allerdings führt das bloße Bestehen der Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmerischer) Selbstständigkeit. Die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG Urteil vom 17.12.2014 - B 12 R 13/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17; BAGE 98, 146, 150 = AP Nr 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Vor diesem Hintergrund hat das LSG rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Möglichkeit der Einschaltung Dritter ein Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist.
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(b) Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch. Ausdrücklich rügt die Beklagte - ohne Benennung einer konkreten Verfahrensvorschrift - eine "Verletzung der Grundsätze der freien Beweiswürdigung" durch einen vermeintlichen Rückgriff des LSG auf Erkenntnisse in einem anderen Verfahren. Eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt die Beklagte aber ebenso wenig wie etwa einen Verstoß des LSG gegen Denkgesetze. Darüber hinaus ist nach der Revisionsbegründung nichts Hinreichendes dafür ersichtlich, dass das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann (vgl hierzu allgemein Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, S 467, Kap IX, RdNr 330; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 23 jeweils mwN), dass sich also im Rahmen einer Gesamtabwägung aller maßgebenden Indizien das Ergebnis zum Nachteil der Klägerin verschiebt. Die Beklagte bezieht ihre Rüge ausdrücklich nur auf die Feststellungen des LSG zur "Ernsthaftigkeit" der Vertragsregelung bezüglich der Auftragserledigung durch Dritte. Tatsächlich beziehen sich die Ausführungen des LSG zu dem Parallelverfahren auch nur auf den Aspekt der "Ernsthaftigkeit dieser Regelung". Die zugrundliegende Feststellung des Vorliegens einer entsprechenden vertraglichen Regelung über die Möglichkeit der Einschaltung Dritter und die Feststellung ihrer Nichtumsetzung in der Praxis sind hiervon jedoch in keiner Weise betroffen. Vielmehr handelt es sich bei der Frage der vom LSG problematisierten "Ernsthaftigkeit" der Regelung um eine hypothetische Einwendung gegen die zugrundeliegenden Feststellungen zum Vertragsinhalt. Mithin hätte es - jedenfalls bei einem Hinwegdenken der aus dem Parallelverfahren gewonnenen Erkenntnisse - der Beklagten oblegen, darzutun, dass die Vertragsbestimmung nur "formal" bzw zum Schein (vgl § 117 Abs 1 BGB) getroffen wurde, um den vom LSG bejahten indiziellen Charakter der Vertragsbestimmung nachhaltig zu erschüttern. Dem wird das Revisionsvorbringen jedoch nicht gerecht: Die Beklagte führt zum einen lediglich ihre abweichende rechtliche Auffassung an, wonach es sich bei der Vertragsregelung um eine Vertretungsregelung handele. Zum anderen argumentiert sie spekulativ in der Weise, dass sie ausführt, der Beigeladene zu 1. hätte einer Hilfskraft "vermutlich" seine gesamte Vergütung überlassen müssen. Das alles reicht insbesondere nicht aus, um einen entscheidungserheblichen - dh mit Auswirkung auf einen der Beklagten günstigen Urteilstenor - Verstoß gegen die Grundsätze der freien richterlichen Beweiswürdigung im Sinne von § 128 Abs 1 SGG bejahen zu können(vgl zu den sich insoweit stellenden Anforderungen allgemein Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 128 RdNr 4 ff mit umfangreichen Nachweisen).
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(4) Es ist auch nicht ersichtlich und wird von der Beklagten nicht formell gerügt, dass das LSG bestimmte im Fall des Beigeladenen zu 1. bedeutsame, als Indizien in Betracht kommende Umstände unzureichend ermittelt oder in ihrer Tragweite in die nötige Gesamtabwägung dazu, ob (abhängige) Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorliegt, nicht eingestellt hätte.
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cc) Die in der Revisionsbegründung der Beklagten aus dem angefochtenen Urteil hergeleitete pauschale Einschätzung, die rechtliche Beurteilung des LSG habe zur Folge, dass nahezu jede Tätigkeit, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetze, nicht in (abhängiger) Beschäftigung ausgeübt werde, erscheint bei alledem nicht gerechtfertigt. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist ausschließlich eine konkrete, durch bestimmte Sachverhaltsgegebenheiten und ein spezifisches vertragliches Regelwerk geprägte Tätigkeit des Beigeladenen zu 1., deren rechtliche Einordnung der Senat nach den Maßstäben des Revisionsrechts zu überprüfen hat. Auch die Annahme der Beklagten, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sei letztlich derjenigen eines kaufmännischen Angestellten vergleichbar, trägt im Ergebnis revisionsrechtlich nicht. Die Beklagte weist insoweit zwar zu Recht auf die - nach wie vor aktuelle - Rechtsprechung des BSG hin, wonach auch Dienste höherer Art im Rahmen einer Beschäftigung geleistet werden können, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 29 mwN). Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. ist jedoch - wie unter 2 b) bb) dargelegt - nach den Feststellungen des LSG gerade durch eine weitgehende Weisungsfreiheit und ein überwiegendes Nichteingebundensein in die Arbeitsorganisation der Klägerin geprägt. Wenn die Beklagte der nach den Umständen des Falles gewonnenen Überzeugung der Vorinstanzen zu den bestimmenden Elementen der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. nicht folgen wollte bzw will, hätte sie insoweit im Revisionsverfahren näher zu spezifizierende Verfahrensrügen anbringen bzw bereits in den Tatsacheninstanzen ggf Beweisanträge dazu stellen müssen. Die Beklagte hat aber zB auch keinen konkreten Ermittlungsbedarf dazu aufgezeigt, dass es sich bei den konkreten vom Beigeladenen zu 1. erledigten Arbeiten um genau solche gehandelt habe, die zuvor bzw gleichzeitig ebenso durch andere Personen in abhängiger Beschäftigung ausgeübt wurden (vgl zur insoweit notwendigen Unterscheidbarkeit beider Erwerbsformen zB BSG Urteil vom 25.4.2012 - B 12 KR 14/10 R - Juris RdNr 26).
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dd) Auch das Vorbringen der Beklagten, es lägen keine Anhaltspunkte für ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko des Beigeladenen zu 1. vor, führt schließlich nicht zum Erfolg der Revision.
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Nach den vom 12. Senat des BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, dh, ob der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein unternehmerisches Risiko ist allerdings nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 25 und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Die Feststellungen des LSG machen die Annahme eines in diesem Sinne verstandenen Unternehmerrisikos revisionsgerichtlich nachvollziehbar, weil der Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung seiner Arbeitskraft bei der Durchführung des Projektvertrages das Risiko des Ausfalls seines Verdienstes trug. Nach dem vom LSG festgestellten Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen erhielt er nämlich eine pauschale Vergütung sowie zusätzliche umsatz- und damit erfolgsabhängige Stückprämien dafür, dass er Verbrauchermärkte aufsuchte. Der Erfolg des Einsatzes seiner Arbeitskraft war somit insbesondere aufgrund der erfolgsbezogenen Vergütungsteile im Einzelnen durchaus ungewiss. Der Belastung mit dem Ausfallrisiko standen hinsichtlich der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft auch größere Freiheiten und Erwerbschancen gegenüber wie sie im Regelfall in einem Arbeitsverhältnis nicht gleichermaßen anzutreffen sind. Der Beigeladene zu 1. konnte den Einsatz seiner Arbeitskraft in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise sehr weitreichend selbst steuern, indem er zB durch die Art und Weise der Arbeitsausführung die Dauer seiner Besuche in den Märkten bestimmen konnte und in der Lage war, durch die ihm obliegende Präsentation der Produkte deren Absatz zu beeinflussen und so seine Verdienstchancen zu erhöhen.
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3. Nach alledem unterlag der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.10.2003 bis 24.5.2005 nicht der Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 2013 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status aufgrund einer Tätigkeit im sog Rackjobbing.
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Die Klägerin - eine GmbH - präsentierte sich im Zeitraum der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für sie vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 als Dienstleisterin auf dem Retailmarkt. Sie verstand sich als Bindeglied zwischen Herstellern und Retailern von Waren (Einzelhändlern und Wiederverkäufern) und bot ein integriertes Vertriebs-, Merchandising- und Logistikkonzept zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Belieferung von Großmärkten und Warenhäusern an. Teil ihres Angebots war sog Rackjobbing (= Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Verkaufsförderung). Dieses Angebot umfasste einen Dispositions-Service per Fax-OCR-Erkennung, die Auftragsübertragung per EDI (Electronic Data Interchange), die regelmäßige Betreuung der Retail-Filialen/Outlets, die regelmäßige Kontrolle der Bestände, die Regalpflege einschließlich der Regaloptimierung, die Layout-Erstellung für die jeweiligen Sortimente einschließlich der dazugehörigen Planung, Umsetzung und Optimierung jeweils nach Abverkaufszahlen, Neueinrichtungen und generelle Umbauten, fundierte Zahlen für zukünftige Strategien sowie die Steuerung der Sortimente nach Abverkaufszahlen.
- 3
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Der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. für die Klägerin lag ein mehrseitiger schriftlicher Vertrag vom 1.11.1999 zugrunde, in dem ua - durch Einzelbestimmungen in zahlreichen §§ aufgegliedert - Folgendes vereinbart worden war: Der Beigeladene zu 1. solle als "freier Mitarbeiter" zur selbstständigen Warengestaltung und -darbietung bzw Merchandising tätig werden und werde insbesondere mit der Ausführung folgender Tätigkeiten in den Geschäftsräumen der Kunden der Klägerin beauftragt: Präsentation der Produkte der Klägerin und ihrer Vertragspartner, Sortimentüberwachung, Warendisposition, Warenplatzierung, Preisauszeichnung, Regalservice (Regalaufbauten/Regalumbauten), Layout-Prüfungen und Inventuren. Einzelheiten der Vertragsausführung seien dem jeweiligen Einzelauftrag vorbehalten. Die Aufträge habe der Beigeladene zu 1. in eigener Verantwortung auszuführen und dabei zugleich die Interessen der Klägerin zu berücksichtigen. Er unterliege keinem Weisungs- und Direktionsrecht seitens der Klägerin, habe jedoch deren fachliche Vorgaben zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung zu beachten. Er sei nicht zur persönlichen Auftragserfüllung verpflichtet, sondern könne die Vertragspflichten auch durch Erfüllungsgehilfen erfüllen, soweit deren fachliche Qualifikation sichergestellt sei. Er habe das Recht, einzelne Aufträge ohne Begründung abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu werden; einer vorherigen Zustimmung der Klägerin bedürfe dies nur, sofern es sich dabei um Wettbewerber der Klägerin handele. Die Bestimmung des Orts der Tätigkeit erfolge in dem jeweiligen Einzelauftrag. Für seine Tätigkeit erhalte der Beigeladene zu 1. ein Stundenhonorar in Höhe von 24 DM zzgl Umsatzsteuer, die Abrechnung habe auf fünf Minuten genau zu erfolgen; die Auftragserfüllung sei wöchentlich auf besonderen Formularen nachzuweisen. Er habe die Kosten für Bürobetrieb, technische Vorrichtungen und sonstige im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit anfallende Kosten zu tragen. Die Gewährung von Urlaub und Zahlung eines festen Lohns, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Überstunden bzw sonstige Sozialleistungen seien ausgeschlossen. Der Beigeladene zu 1. sei vielmehr verpflichtet, während Urlaub und Krankheit die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen bzw im Verhinderungsfall unverzüglich die Klägerin zu informieren. Für Schäden, die er bzw seine Mitarbeiter im Rahmen der vertraglichen Aufgabenerfüllung der Klägerin zufügten, habe er zu haften. Der Beigeladene zu 1. bestätigte der Klägerin, dass er auch für andere Auftraggeber tätig sei und verpflichtete sich zur Mitteilung, falls dies nicht mehr zutreffe und die Klägerin seine einzige Auftraggeberin geworden sei. Weiter oblag es ihm, der Klägerin zu jedem Quartalsende den prozentualen Anteil der anderen Auftraggeber an seinem Gesamtgewinn mitzuteilen. Er verpflichtete sich des Weiteren, vor Beginn seiner Tätigkeit für die Klägerin eine Gewerbeanmeldung vorzulegen (bereits zum 29.1.1992 hatte er ein Gewerbe als selbstständiger Handelsvertreter angemeldet), seine Selbstständigkeit durch Vorlage einer Bescheinigung des Sozialversicherungsträgers nachzuweisen und seine Steuernummer für die Einkommen- und Umsatzsteuer mitzuteilen. Schließlich war der Beigeladene zu 1. verpflichtet, für den Fall, dass "Scheinselbständigkeit" durch den Sozialversicherungsträger oder die Finanzbehörden festgestellt werde, die daraus für die Klägerin resultierenden Nachforderungen unbeschränkt und zeitlich unbefristet auszugleichen. Ergänzungen und Änderungen des Vertrages bedurften der Schriftform.
- 4
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Nach einem Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status stellte die Funktionsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich "die Beklagte") mit gleichlautenden Bescheiden vom 18.8.2003 gegenüber der Klägerin sowie gegenüber dem Beigeladenen zu 1. fest, dass dieser seine Tätigkeit im Bereich Regalservice bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 12.1.2005).
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Auf die Klage der Klägerin hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt gewesen sei (Urteil vom 20.10.2008). Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte die vorgenannten Bescheide geändert und die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt (Bescheid vom 24.9.2012). Die Berufung der Beklagten hat das LSG zurückgewiesen: Im Rahmen einer Gesamtwürdigung überwögen die für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. sprechenden Umstände. Anknüpfungspunkt sei zunächst der Vertrag vom 1.11.1999, der als Rahmenvertrag (im Folgenden: RV) die Grundlage für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse darstelle und überwiegend für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Regelungen enthalte. Dem hierin dokumentierten Willen der Vertragsparteien komme indizielle Bedeutung zu. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es sich nur um eine formale Vereinbarung gehandelt habe, seien nicht ersichtlich. Tatsächlich sei der Beigeladene zu 1. schon vor seiner Tätigkeit bei der Klägerin selbstständig und auch während dieser Zeit für mehrere andere Unternehmen tätig gewesen. Deshalb habe er nicht jeden Auftrag der Klägerin ausführen können und Auftragsübernahmen abgelehnt. Die Klägerin habe nicht jederzeit über seine Arbeitsleistung verfügen können, was gegen eine Eingliederung in deren Betrieb spreche. Zudem habe der Beigeladene zu 1. die Aufträge nicht höchstpersönlich ausführen müssen. Zwar habe er mangels Auftragsvolumens selbst keine Erfüllungsgehilfen eingesetzt, doch sei in zwei Parallelverfahren bestätigt worden, dass die Klägerin dies ihren Auftragnehmern tatsächlich ermögliche, wobei diese die Differenz zwischen dem ihnen von der Klägerin gewährten Vergütungssatz und dem von ihnen an ihre Subunternehmer bzw Arbeitnehmer gezahlten Entgelt als unternehmerische Vergütung hätten vereinnahmen können. Bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. habe es sich nicht um klassische Regalauffüllertätigkeiten gehandelt, die typischerweise in abhängiger Beschäftigung ausgeführt würden. Vielmehr seien diese durch gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente ergänzt worden. So hätten die Auftragnehmer der Klägerin - wie durch Zeugen in Parallelverfahren bestätigt worden sei - über das mechanische Ein- und Ausräumen von Produkten hinaus auch über die Präsentation der Produkte der Vertragspartner der Klägerin zu entscheiden, Layout-Prüfungen durchzuführen und ggf Neugestaltungen der Regalaufstellung vorzunehmen gehabt. Die zeitliche Abhängigkeit vom Warenwirtschaftsturnus und Warenabverkauf sei ebenso der Natur der Tätigkeit geschuldet und nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts der Klägerin, wie der Umstand, dass die Tätigkeit in den zu betreuenden Verbrauchermärkten zu erbringen sei. Für eine Beschäftigung spreche demgegenüber die Vergütung mittels Stundenhonorar bei einer auf fünf Minuten genauen Abrechnung sowie der Umstand, dass sich der Beigeladene zu 1. seine jeweiligen Tätigkeitszeiten von den Marktleitern bzw deren Vertretern habe bestätigen lassen müssen. Allerdings rechneten auch viele Selbstständige nach Stundensätzen ab und der Beigeladene zu 1. habe zumindest durch die Auswahl der von ihm zu betreuenden Märkte Einfluss auf die Höhe der Vergütung nehmen können, in dem er über die Anfahrtszeiten seine Vergütung optimiere. Im Ergebnis gehöre der Beigeladene zu 1. als sog Solo-Selbstständiger zur soziologisch ausgemachten Gruppe der kleinen Selbstständigen, deren wirtschaftliche Situation in vielerlei Hinsicht der von Beschäftigten ähnele. Es bestehe zudem auch keine Versicherungspflicht als Solo-Selbstständiger in der GRV nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI, weil der Beigeladene zu 1. für mehrere Auftraggeber tätig gewesen sei (Urteil vom 14.3.2013).
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Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV. Das LSG habe bei seiner Gesamtwürdigung wesentliche Umstände, aus denen es auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen habe, in ihrer Tragweite verkannt. Insbesondere habe es den RV vom 1.11.1999 im Wortlaut herangezogen, ohne die dahinter liegende Bedeutung zu beachten. Die Möglichkeit, einzelne Aufträge abzulehnen, entspreche der Entschließungsfreiheit eines Arbeitnehmers, ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen oder nicht. Das BSG habe bereits klargestellt, dass stets die einzelnen "Einsatzaufträge" zu prüfen seien. Dem Ausschluss von Sozialleistungen als solchem komme eine indizielle Wirkung für eine Selbstständigkeit ebenso wenig zu, wie der Möglichkeit, auch für weitere Auftraggeber tätig zu sein. Mit der vom LSG festgestellten Ergänzung der Tätigkeit des Regalauffüllers durch gestalterische und auf Steigerung des Warenabsatzes ausgerichtete Elemente werde die typische Tätigkeit eines "kaufmännischen Angestellten" beschrieben, der zumindest im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess fremdbestimmte Arbeit leiste; entscheidend sei, dass der Beigeladene zu 1. nach Annahme eines Einzelauftrags zu den Vertragspartnern der Klägerin gefahren sei, um dort die ihm zugewiesenen Aufgaben nach deren Vorgaben auszuführen. Zudem habe für ihn kein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko bestanden, da eine Vergütung nach Stunden und keine Umsatzbeteiligung vereinbart gewesen sei. Die eingeräumte Delegationsbefugnis könne ebenfalls keine Selbstständigkeit begründen, da von ihr - anders als in Parallelverfahren - kein Gebrauch gemacht worden sei, weshalb die bloße Befugnis für das vorliegende Vertragsverhältnis nicht prägend gewesen sei.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. März 2013 sowie des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere habe das LSG festgestellt, dass ein Auftragsverhältnis auf selbstständiger Basis zwischen dem Beigeladenen zu 1. und ihr (der Klägerin) nicht nur formal vereinbart worden sei. Dem im RV dokumentierten Willen, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, komme daher ausschlaggebende Bedeutung zu (Hinweis auf BSG Urteile vom 12.10.1979 - 12 RK 24/78 - und vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R). Der Beigeladene zu 1. sei - anders als von der Beklagten unterstellt - nicht als Rackjobber (Regalauffüller), sondern als Merchandiser tätig gewesen. Beide Tätigkeiten seien nicht einander vergleichbar, denn der Merchandiser benötige vielfältige qualifizierte Kenntnisse und habe weitreichende Entscheidungsbefugnisse.
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Die Beigeladene zu 2. (Bundesagentur für Arbeit) schließt sich der Auffassung der Beklagten an, dass der Beigeladene zu 1. in den Arbeitsprozess der Klägerin eingebunden gewesen sei. Die Möglichkeit, auch für andere Auftraggeber Dienstleistungen zu erbringen, stehe dem nicht entgegen, zumal das LSG nicht festgestellt habe, dass der Beigeladene zu 1. hiervon tatsächlich und "im Wesentlichen" (Hinweis auf BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 15 RdNr 25) Gebrauch gemacht habe. Einen Antrag stellt weder sie, noch ein anderer Beigeladener.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 SGG)begründet.
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Das Urteil des LSG weist revisionsrechtlich bedeutsame Fehler auf; der Senat kann jedoch nicht abschließend selbst entscheiden, ob und ggf in welchem Umfang das LSG die Berufung der Beklagten gegen das ihren Bescheid vom 18.8.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.1.2005 vollständig aufhebende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen und den Bescheid vom 24.9.2012 aufgehoben hat, sowie ob und ggf in welchem Umfang diese Bescheide rechtmäßig sind. Das Berufungsgericht hat insbesondere zu Unrecht keine Konsequenzen daraus gezogen, dass eine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1. zur Leistungserbringung überhaupt erst mit der Übernahme des jeweiligen Einzelauftrags entstand. Ob der Beigeladene zu 1. während der Abwicklung der jeweiligen Einzelaufträge versicherungspflichtig in den Zweigen der Sozialversicherung war, lässt sich aufgrund insoweit fehlender entscheidungserheblicher Tatsachenfeststellungen des LSG derzeit noch nicht endgültig beurteilen.
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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist auch der während des Berufungsverfahrens von der Beklagten erlassene, an die Klägerin gerichtete Bescheid vom 24.9.2012. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht (und des Zeitraums, für den Versicherungspflicht bestand) ergänzt. Darin liegt eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt vom 24.9.2012 den wegen der Feststellungen eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständigen ersten Verwaltungsakt iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt (vgl zur Notwendigkeit und Möglichkeit der Ergänzung sowie zur verfahrensrechtlichen Bewertung im Kontext des § 96 SGG bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 13).
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2. Soweit das LSG - von den Beteiligten im Revisionsverfahren unbeanstandet gelassen - auch entschieden hat, dass eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der GRV nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI nicht bestehe, ist darauf hinzuweisen, dass hierüber in dem vom Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nicht zu entscheiden war(vgl allgemein BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 21 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 20 RdNr 7).
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3. Die Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) reichen nicht aus, um ausgehend von den dafür rechtlich maßgebenden Umständen und auf der Grundlage der bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 1.11.1999 bis 31.8.2003 bzw während einzelner Zeiträume innerhalb dieses Rahmens abschließend zu beurteilen. Das LSG ist in seinem Urteil zwar zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen von Versicherungspflicht begründender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (hierzu a). Es hat dabei jedoch die Bedeutung des zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. geschlossenen RV, wonach eine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1. zu entgeltlichen Dienstleistungen für die Klägerin erst mit Annahme eines Einzelauftrags entstand, nicht ausreichend beachtet (hierzu b). Um über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge entscheiden zu können, sind weitere Tatsachenfeststellungen des LSG notwendig (hierzu c). Zugleich hat die vorliegende Vertragskonstruktion Auswirkungen auf die Gewichtung einzelner Umstände im Rahmen der vom LSG erneut vorzunehmenden Gesamtabwägung, was dieses Gericht nach § 170 Abs 5 SGG ebenso zu beachten haben wird, wie die weitere Beurteilung seiner rechtlichen Erwägungen im angegriffenen Urteil durch den Senat(hierzu d).
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a) In den Jahren 1999 und 2003, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl insoweit insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 LS und RdNr 25).
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Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind (vgl BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (zum Vorstehenden vgl insgesamt BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - unter II.2.b, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
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b) In Anwendung dieser Grundsätze ist das LSG - insoweit zutreffend - zunächst vom Inhalt des zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. am 1.11.1999 geschlossenen schriftlichen Vertrags ausgegangen und hat geprüft, ob die dort getroffenen Vereinbarungen den tatsächlichen Verhältnissen bei der Durchführung der vom Beigeladenen zu 1. verrichteten Tätigkeit entsprachen. Dabei hat das LSG richtig erkannt, dass es sich bei dem Vertrag vom 1.11.1999 um einen RV handelte, der die rechtliche Grundlage für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse darstellte. Dies folgt insbesondere aus § 1 Abs 2, § 4 und § 6 RV, wonach die Einzelheiten der Vertragsdurchführung sowie die Bestimmung des Orts der Tätigkeit dem jeweiligen Einzelauftrag vorbehalten blieben(§ 1 Abs 2, § 6 RV) und dem Beigeladenen zu 1. die - nach den nicht mit zulässigen Revisionsrügen angefochtenen und deshalb für den Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG nicht nur theoretische - Möglichkeit eingeräumt war, ihm von der Klägerin angebotene Aufträge ohne Begründung abzulehnen.
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Nicht ausreichend berücksichtigt hat das LSG hingegen die Konsequenzen dieser Vertragsgestaltung für den Gegenstand der im Hinblick auf eine mögliche Versicherungspflicht vorzunehmenden Prüfung und die Gewichtung bestimmter Umstände hierbei (zum Letzteren unten d). Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art ist für die Frage der Versicherungspflicht nämlich nicht auf den gesamten vom RV erfassten Zeitraum, sondern jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 35; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge Beilage 2008, 333 ff, Juris RdNr 24; BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 27; vgl insbesondere auch das Urteil des Senats vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R -, das einen einzelnen Projektvertrag über eine Tätigkeit im Rackjobbing zum Gegenstand hatte; zur Bedeutung einer durchgehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 19). Dies folgt aus dem Umstand, dass in den Zeiträumen, in denen der Beigeladene zu 1. keinen Auftrag der Klägerin angenommen und durchzuführen hatte, schon keine - die Versicherungspflicht begründende - "entgeltliche" Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 SGB IV bestand(zum Inhalt dieser Voraussetzung der Versicherungspflicht vgl BSGE 101, 273 = SozR 4-2400 § 7 Nr 10, RdNr 16 ff; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 9 RdNr 13 ff): Vor Annahme eines Auftrags durch den Beigeladenen zu 1. traf diesen keine - auch keine latente - Verpflichtung, Tätigkeiten für die Klägerin auszuüben. Umgekehrt hatte die Klägerin dem Beigeladenen zu 1. kein Entgelt zu leisten. Ob die gegenseitigen Leistungspflichten jemals (wieder) in Vollzug gesetzt werden würden, war nach der Ausgestaltung des RV vollkommen ungewiss; denn weder war die Klägerin verpflichtet, dem Beigeladenen zu 1. überhaupt Aufträge anzubieten, noch bestand eine Pflicht des Beigeladenen zu 1., einen der ihm von der Klägerin angebotenen Aufträge anzunehmen. Schon hieraus folgt die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide in Bezug auf Zeiträume ohne (entgeltliche) Beschäftigung. Die notwendigen Feststellungen dazu, in welchen Zeiträumen Einzelaufträge tatsächlich vorlagen und durchzuführen waren, hat das LSG - von seinem Ansatz her konsequent - jedoch nicht getroffen.
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c) Ob die Verhältnisse während der Durchführung der einzelnen Aufträge tatsächlich die vom LSG für die gesamte Laufzeit des RV getroffene Feststellung einer selbstständigen Tätigkeit insgesamt oder zumindest für Teilzeiträume rechtfertigen, kann der Senat auf Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen. Hierfür fehlen neben Feststellungen zu den Zeiträumen, in denen der Beigeladene zu 1. tatsächlich für die Klägerin Einzelaufträge durchführte, auch die erforderlichen konkreten Feststellungen zu Inhalt und Ausgestaltung dieser einzelnen Aufträge. Diese Einzelheiten waren nach § 1 Abs 2 des RV ausdrücklich erst den mit dem jeweiligen Einzelauftrag verbundenen Bestimmungen vorbehalten. Ob und ggf in welchem Umfang hierbei Vorgaben hinsichtlich Ort, Zeit (zB bzgl der Besuchshäufigkeit), Dauer (zB tolerierte Höchstdauer der Besuche) und Art der Ausführung (zB Richtlinien oder gar konkrete Anweisungen für die Bestückung einzelner Regale) durch die Klägerin gemacht wurden, hat das LSG im Einzelnen nicht festgestellt. Dies muss es im Rahmen der erneuten Verhandlung nachholen.
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Zugleich hält es der Senat für geboten, dass das LSG bei dieser Gelegenheit von Amts wegen (vgl § 103 SGG) auch weitere Umstände aufklärt, die Bedeutung für die vorzunehmende Gesamtabwägung haben könnten:
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So war der Beigeladene zu 1. zwar nach § 9 Abs 2 RV verpflichtet, bei Krankheit und Urlaub die ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherzustellen, im Verhinderungsfall hatte er die Klägerin unverzüglich zu informieren. Jedoch begründet es Zweifel an der Verbindlichkeit bzw Ernsthaftigkeit der Sicherstellungsverpflichtung des Beigeladenen zu 1., wenn nach dessen - im angefochtenen Urteil wiedergegebenen - Angaben vor dem SG (in der mündlichen Verhandlung am 20.10.2008) die Konsequenz einer längeren Verhinderung lediglich darin bestand, dass der Händler die vorgesehenen Tätigkeiten selbst ausführen musste.
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Ferner deutet die vom Beigeladenen zu 1. ebenfalls in der mündlichen Verhandlung beim SG gemachte Angabe, der RV sei ua deswegen gekündigt worden, weil er (der Beigeladene zu 1.) nach Auffassung der Klägerin "zu lange gebraucht (habe), um die Arbeiten auszuführen", auf eine zumindest konkludent verabredete zeitliche Vorgabe für die Durchführung eines Einzelauftrags sowie eine über die bloße Bestätigung von Anwesenheitszeiten durch die Marktleiter hinausgehende Überwachung der Auftragsausführung hin.
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Schließlich wäre es im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen, wenn zu den Aufgaben des Beigeladenen zu 1. auch der von der Klägerin angebotene Dispositions-Service per Fax-OCR-Erkennung, die Auftragsübertragung per EDI sowie die Erfassung oder Aufbereitung fundierter Zahlen für zukünftige Strategien der Kunden gehört hätten und die hierfür notwendigen Geräte oder Software-Programme ganz oder zumindest teilweise durch die Klägerin gestellt worden wären.
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d) Die aus der festgestellten Vertragsgestaltung folgende Notwendigkeit einer Prüfung der jeweiligen Einzelaufträge hat zudem materiell-rechtliche Konsequenzen für die Bedeutung einzelner Umstände im Rahmen der - jedenfalls beim Vorliegen relevanter Unterschiede - für jedes Auftragsverhältnis gesondert vorzunehmenden Gesamtabwägung. Gleichzeitig vermag der Senat den rechtlichen Erwägungen des LSG auch aus anderen Gründen nicht in jeder Hinsicht zu folgen.
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aa) Zutreffend ist das LSG in Würdigung der einzelnen Klauseln des RV zu dem Ergebnis gelangt, dieser dokumentiere den Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen. Diesem Willen kommt - wie das LSG ebenfalls zutreffend ausführt - nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 38; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge Beilage 2008, 333 ff, Juris RdNr 16). Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt als ein auf Selbstständigkeit deutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen; hierdurch wird eine Selbstständigkeit jedoch nicht vorfestgelegt. Dabei ist das Gewicht dieses Indizes umso geringer, je uneindeutiger die Vertragsgestaltung ist und je stärker die Widersprüche zu den tatsächlichen Verhältnissen sind. Zugleich schwächt es die indizielle Wirkung ab, wenn wegen eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass alle Vertragsparteien in gleicher Weise die Möglichkeit hatten, ihre Wünsche bzgl der Ausgestaltung des sozialversicherungsrechtlichen Status durchzusetzen (zum Fall der Unerfahrenheit im Geschäftsverkehr vgl BAG Urteil vom 9.6.2010 - 5 AZR 332/09 - AP Nr 121 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Juris RdNr 33).
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In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw zu vermeiden (zB Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub bzw Urlaubsgeld; Verpflichtung, Einnahmen selbst zu versteuern; Obliegenheit, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden oder für eine Sozial- und Krankenversicherung selbst zu sorgen), auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zulassen (vgl nämlich § 32 SGB I). Darüber hinaus kommt solchen Vertragsklauseln bei der im Rahmen des § 7 Abs 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr setzen diese Regelungen - insbesondere der Ausschluss ansonsten zwingender arbeits- und sozialrechtlicher Rechte und Pflichten - bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw Beschäftigter voraus, für den in erster Linie Weisungsgebundenheit und - jedenfalls für das Sozialrecht - das Fehlen der unter II.3.a genannten, eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnenden Umstände ausschlaggebend ist. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (stRspr, vgl schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 2400 § 2 Nr 19; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332).
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bb) Nicht gerechtfertigt ist auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen auch das hohe Gewicht, welches das LSG in seiner auf den RV fokussierten Gesamtabwägung der dem Beigeladenen zu 1. eingeräumten Möglichkeit beigemessen hat, Auftragsangebote der Klägerin abzulehnen und auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Anknüpfungstatbestand für eine mögliche die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung ist - wie oben unter II.3.b dargelegt - das einzelne angenommene Auftragsverhältnis. Daher stellte sich - wie von der Beklagten mit der Revision zu Recht geltend gemacht - für den Beigeladenen zu 1. die Situation vor Annahme eines Auftrags letztlich nicht anders dar als für einen Arbeitsuchenden, dem es ebenfalls freisteht, eine ihm angebotene (ggf befristete Teilzeit-) Arbeitsgelegenheit anzunehmen oder nicht. Zugleich haben jedenfalls Teilzeitbeschäftigte die Möglichkeit, in nennenswertem Umfang nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig zu sein. Auch solche Beschäftigte müssen angebotene Beschäftigungen ablehnen, wenn sich Arbeitszeiten überschneiden oder gesetzliche Arbeitszeitgrenzen erreicht sind. Gewicht erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber daher erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit, wie zB einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen. Ein Werben für seine Tätigkeit hatte der Beigeladene zu 1. aber - wie auch im Urteil des LSG wiedergegeben - im Verwaltungsverfahren gerade verneint.
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cc) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass eine im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit auf Selbstständigkeit hindeuten. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn diese Freiheit tatsächlich Ausdruck eines fehlenden Weisungsrechts und nicht nur Folge der Übertragung größerer Eigenverantwortung bei der Aufgabenerledigung auf den einzelnen Arbeitnehmer bei ansonsten fortbestehender funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess ist. Dabei kommt auch einer großen Gestaltungsfreiheit bzgl der Arbeitszeit nur dann erhebliches Gewicht zu, wenn sich deren Grenzen nicht einseitig an den durch die Bedürfnisse des Auftraggebers bzw Arbeitgebers vorgegebenen Rahmen orientieren. Ob dies vorliegend der Fall ist, hängt in erster Linie vom Inhalt der jeweiligen Einzelaufträge und deren praktischer Durchführung ab, was vom LSG noch weiter aufzuklären ist.
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Zwar ist die Auffassung des LSG, dass allein aus der zeitlichen und örtlichen Abhängigkeit der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. vom Warenturnus und Warenabverkauf bzw der Belegenheit der zu befüllenden Regale in den jeweiligen Verbrauchermärkten nicht auf ein diesbezügliches einseitiges Direktionsrecht der Klägerin geschlossen werden kann, im Ansatz zutreffend. Allerdings spricht es auch nicht gegen das Vorliegen eines - ggf verfeinerten - Weisungsrechts, wenn sich beispielsweise Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus "der Natur der Tätigkeit" (zu diesem Topos vgl zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30; BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 1 RdNr 20; BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Die Beiträge Beilage 2004, 154 = USK 2004-25) ergeben, also aus den mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten. Ausschlaggebend ist insoweit vielmehr, ob nach den konkreten Vereinbarungen ein Weisungsrecht hinsichtlich aller Modalitäten (zB auch hinsichtlich Inhalt, Durchführung oder Dauer) der zu erbringenden Tätigkeit besteht oder aber ausgeschlossen ist, und sich die Fremdbestimmtheit der Arbeit auch nicht über eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess innerhalb einer fremden Arbeitsorganisation vermittelt.
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Ebenso kommt der vom LSG ausführlich beschriebenen besonderen Qualität der Tätigkeit als solcher keine Indizfunktion im Sinne einer Selbstständigkeit zu. Allein der Umstand, dass die Tätigkeit eines "klassischen" Regalauffüllers mit weiteren, verantwortungsvolleren Aufgaben angereichert und mit größeren Möglichkeiten eigenverantwortlicher Gestaltung bei der Umsetzung des Auftrags bzw der Arbeitsaufgabe versehen wird, spricht noch nicht gegen Beschäftigung. Insoweit vertritt das BSG in ständiger Rechtsprechung, dass allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse selbst eines "leitenden Angestellten" diesen nicht schon zum Selbstständigen machen, solange er in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt (vgl zB BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 23 mwN). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (vgl BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 20). Solches wird typischerweise eher anzunehmen sein, wenn es sich um höherwertige Tätigkeiten handelt (vgl bereits BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 16 mwN; BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit) und die Honorierung des Auftragnehmers vom Arbeitsergebnis und -erfolg abhängig ist (zB von Umsatz- und Verkaufszahlen, gestaffelten Provisionen, usw), nicht dagegen in gleicher Weise, wenn sich - wie nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall - die Vergütung vornehmlich nach dem zeitlichen Umfang des geleisteten Arbeitsaufwandes richtet (vgl bereits BSG SozR 2200 § 165 Nr 32 S 40; BSG SozR 2200 § 165 Nr 51 S 73 f; andererseits für Beschäftigung trotz erfolgsabhängiger Vergütung zB BSG SozR 2200 § 165 Nr 63 S 87 f; BSG SozR Nr 10 zu § 2 AVG Aa 14).
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Entgegen dem diesbezüglichen Vortrag der Beteiligten im Revisionsverfahren spielt es insoweit keine Rolle, ob die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. noch derjenigen eines Regalauffüllers entspricht, derjenigen eines kaufmännischen Angestellten angenähert ist oder entsprechend den Ausführungen des LSG zur soziologisch ausgemachten Gruppe der kleinen Selbstständigen ("Solo-Selbstständigen") im Wirtschaftsleben ein völlig neues Berufsbild darstellt. Erst recht ist es ohne Belang, mit welchem "Etikett" die am Vertragsverhältnis Beteiligten einer Tätigkeit versehen (vorliegend etwa "Rackjobber" oder "Merchandiser"). Die für das Sozialversicherungsrecht maßgebende Abgrenzung von Versicherungspflicht auslösender Beschäftigung einerseits und Selbstständigkeit andererseits erfolgt vielmehr - wie dargelegt - anhand abstrakter Merkmale (vgl oben II.3.a) und auf Grundlage der konkreten Ausgestaltung einer Tätigkeit im Einzelfall und nicht etwa anhand von Berufs- bzw Tätigkeitskatalogen (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 19 RdNr 20; vgl auch BSG Beschluss vom 27.8.2012 - B 12 R 4/12 B - Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 21.8.2013 - B 12 KR 93/12 B - Juris RdNr 16, jeweils unter Hinweis auf BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 22). Dementsprechend hat der Senat schon in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass bestimmte berufliche Tätigkeiten sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch im Rahmen einer Selbstständigkeit wahrgenommen werden können und dass es für die Zuordnung insoweit auf die Gesamtschau der jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommt (vgl zB Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - SozR 4-2600 § 2 Nr 14 RdNr 11 mwN
; Senatsurteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - Juris RdNr 17, 30 ; Senatsurteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Juris RdNr 42 ; vgl auch Urteil des Senats vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 27 ).
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dd) Dem LSG ist im Ansatz auch darin zuzustimmen, dass eine dem Beigeladenen zu 1. eingeräumte Möglichkeit, sich zur Durchführung von Aufträgen auch Erfüllungsgehilfen zu bedienen, gegen das Vorliegen von Beschäftigung spricht. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für das Vorliegen von Beschäftigung typisch, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 30; zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 22). Auch nach der Rechtsprechung des BAG stellt die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar, auch wenn nach § 613 S 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat(vgl BAGE 87, 129, 137 f = AP Nr 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Allerdings führt das bloße Bestehen der Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmerischer) Selbstständigkeit im Rechtssinne. Sie stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG SozR 4-2400 § 28p Nr 4 RdNr 35; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17; BAGE 98, 146, 150 = AP Nr 6 zu § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Entscheidend ist insoweit, ob Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, dass die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden kann (vgl BSG SozR 4-2400 § 28p Nr 4 RdNr 35; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 14; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17 f).
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Im Rahmen der erneuten Würdigung des Sachverhalts wird das LSG auch zu beachten haben, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen tatsächlich keine Delegation erfolgt ist, die Delegationsbefugnis allenfalls dann ein Indiz für Selbstständigkeit darstellen kann, wenn von ihr realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - Juris RdNr 17). Dagegen spricht vorliegend die Feststellung des LSG, der Beigeladene zu 1. habe mangels Auftragsvolumens selbst keine Erfüllungsgehilfen eingesetzt. Zugleich kommt es auch hier auf die Verhältnisse während der jeweiligen Auftragsdurchführung an. Insoweit steht die Delegationsbefugnis sogar schon nach dem Vertragstext unter dem Vorbehalt, dass "der jeweilige Auftrag dies gestattet". Bereits aus diesem Grunde kann dem vom LSG gezogenen Schluss, in zwei - den Beigeladenen zu 1. nicht betreffenden - Parallelverfahren sei bestätigt worden, dass die Klägerin dies ihren Auftragnehmern tatsächlich ermögliche, weshalb auch der Beigeladene zu 1. Dritte habe tatsächlich einsetzen können, nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Vielmehr wird das LSG zu prüfen haben, ob dem Beigeladenen zu 1. nach den Bedingungen des ihm nach Angebotsannahme jeweils obliegenden Auftrags dessen Durchführung mittels Erfüllungsgehilfen gestattet und realistischerweise möglich war.
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ee) Anlässlich der erneuten Verhandlung wird das LSG auch der Frage weiter nachzugehen haben, ob und in welchem Umfang der Beigeladene zu 1. ein Unternehmerrisiko trug. Im Unterschied zu den vorgehend angesprochenen Umständen sind hierbei nicht nur die Verhältnisse bei Durchführung der einzelnen Aufträge in den Blick zu nehmen. Ein typisches unternehmerisches Risiko kann sich nämlich gerade daraus ergeben, dass vorgreiflich Investitionen (auch) im Hinblick auf eine ungewisse Vielzahl zukünftig am Markt noch einzuwerbender Aufträge getätigt werden.
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Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 25 f), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 25 f) oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (vgl zB BSG SozR 2400 § 2 Nr 19 S 30; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 31.3.2015 - B 12 KR 17/13 R - Juris RdNr 27). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bzgl der einzelnen Einsätze (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Zudem wird angesichts zunehmender Freiheiten bzgl Arbeitsort und Arbeitszeitgestaltung, die im Zuge moderner Entwicklungen der Arbeitswelt auch Arbeitnehmern eingeräumt werden (vgl Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Grünbuch Arbeiten 4.0, 2015, S 64 ff; hierzu zB Bissels/Meyer-Michaelis, DB 2015, 2331 ff) zu prüfen sein, ob Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft zukünftig nur dann als Indiz für Selbstständigkeit angesehen werden können, wenn gerade hieraus verbesserte Verdienstchancen erwachsen (zum Gesichtspunkt zeitabhängige versus erfolgsabhängige Honorierung vgl im Übrigen bereits oben cc).
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Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich, dass der Beigeladene zu 1. im Wesentlichen nur seine Arbeitskraft eingesetzt hat. Ein Selbstständigkeit indizierendes Verlustrisiko im vorgenannten Sinne bestand dabei nicht, da er einen unbedingten Anspruch auf Vergütung seiner für die Durchführung der jeweiligen Aufträge aufgewandten - gegenüber der Klägerin engmaschig, nämlich fünf-Minuten-genau und in spezifischen Firmenvordrucken in bestimmter Weise zu dokumentierenden - Arbeitszeit hatte. Das verbleibende Risiko der Insolvenz des Auftrags- bzw Arbeitgebers trifft Arbeitnehmer in gleicher Weise. Soweit der Beigeladene zu 1. - wie vom LSG im Sachverhalt des Urteils berichtet - gegenüber der Beklagten angegeben hat, für seine Tätigkeit nutze er seinen PKW, seinen Personal Computer sowie ein eigenes Telefax- und Handygerät, lässt dies ebenfalls nicht ohne Weiteres auf ein unternehmerisches Risiko schließen. Voraussetzung dafür wäre es, dass diese Gegenstände gerade im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit angeschafft, hierfür eingesetzt und das hierfür aufgewandte Kapital bei Verlust des Auftrags und/oder ausbleibenden weiterer Aufträge als verloren anzusehen wäre. Dies kann jedenfalls bei Gegenständen, die heute auch in den meisten Haushalten Beschäftigter oder nicht erwerbstätiger Personen ohnehin regelmäßig zur privaten Nutzung vorhanden sind, nicht ohne spezielle diesbezügliche Tatsachenfeststellungen unterstellt werden.
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ff) Im Rahmen der erneuten Verhandlung wird das LSG ggf schließlich zu prüfen haben, ob trotz bestehender Beschäftigung während der Durchführung der jeweiligen Aufträge Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit dieser Beschäftigung iS des § 8 SGB IV vorlag(zu den insoweit zu beachtenden Konstellationen vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, RdNr 27 ff).
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4. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.
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5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG; insoweit war der Auffangstreitwert festzusetzen.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.10.2012 geändert. Der Tenor wird wie folgt gefasst: Der Bescheid vom 2.9.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.1.2011 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zur Hälfte. Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand:
2Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens gem. § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), ob für den Kläger in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) als Gesellschafter-Geschäftsführer seit dem 17.5.2010 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
3Der am 00.00.1969 geborene Kläger ist gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann. Er ist seit dem 20.11.2001 Gesellschafter sowie Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1), einem Unternehmen für Entwicklung und Herstellung, den Vertrieb und Handel von Regalsystemen und Betriebseinrichtungen aller Art.
4Mit notarieller Urkunde vom 20.11.2001 wurde die Beigeladene zu 1) errichtet. Zugleich wurden der Kläger sowie Herr B N zu Geschäftsführern bestellt, wobei jeder Geschäftsführer die Gesellschaft gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder gemeinsam mit einem Prokuristen vertritt und beide Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit sind.
5Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt seit der Gründung gem. § 4 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 20.11.2001 25.000,00 EUR. Gem. § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages übernahmen die Gesellschafter folgende Stammeinlagen:
6a) Herr N T EUR 12.500,00 (= Beteiligung von 50 %) b) Herr D I (Kläger) EUR 6.250,00 (= Beteiligung von 25 %) c) Herr B N EUR 6.250,00 (= Beteiligung von 25 %).
7Infolge des Anteilsübertragungsvertrages vom 29.7.2004 änderten sich die Beteiligungen dergestalt, dass nunmehr folgende Gesellschafter wie folgt am Stammkapital der Beigeladenen zu 1) beteiligt sind:
8a) K I GmbH & Co. KG EUR 15.000,00 (= Beteiligung von 60 %) b) Herr D I (Kläger) EUR 5.000,00 (= Beteiligung von 20 %) c) Herr B N EUR 5.000,00 (= Beteiligung von 20 %)
9Persönlich haftende Gesellschafterin der K I GmbH & Co. KG ist die PE WO Grundbesitz- und Verwaltungsgesellschaft mbH in M, deren einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer Frau D T und Herr D K sind. Zu den Kommanditisten der K I GmbH & Co. KG gehören jeweils mehrere Angehörige der Familien K und T, u.a. Herr N T und Frau D T mit Einlagen in Höhe von jeweils 343.588,15 EUR. Gegenstand des Unternehmens der K I GmbH & Co. KG ist die Fertigung, der Handel mit und die Montage von Industrieregalen. Dieses Unternehmen war bzw. ist einer der Hauptauftraggeber der Beigeladenen zu 1).
10Die Satzung der Beigeladenen zu 1) in der Fassung vom 24.3.2009 enthält (auszugsweise) folgende Bestimmungen:
11" ... § 2 Gegenstand des Unternehmens Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung und Herstellung, der Vertrieb und Handel von Regalsystemen und Betriebseinrichtungen. ...
12§ 5 Stammkapital und Stammeinlage Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt EUR 25.000,00 (in Worten: Euro fünfundzwanzigtausend) Von diesem Stammkapital hat übernommen: D I = 20 % = 5.000,00 EUR B N = 20 % = 5.000,00 EUR K I GmbH & Co. KG 60 % = *15.000,00 EUR *(12.500,00 EUR und 2 x 1.250,00 EUR)
13§ 6 Geschäftsführung und Vertretung (1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft allein. (2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. (3) Jedem Geschäftsführer kann Einzelvertretungsbefugnis und Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden. (4) Der Geschäftsführer wird mit einstimmigen Beschluss von der Gesellschafterversammlung gewählt. ...
14§ 8 Gesellschafterbeschlüsse (1) Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der existierenden Stimmen gefasst, soweit nicht die Satzung oder das Gesetz zwingend eine andere Mehrheit vorschreiben. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Je 50,00 EUR eines Geschäftsanteiles gewähren eine Stimme. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt. (2) Ein einstimmiger Beschluss ist erforderlich für: a) den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken; b) die Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals und die Festsetzung einer Nachschusspflicht; c) die Auflösung der Gesellschaft und deren Liquidation. ...
15§ 9 Sonderrechte, Sonderpflichten (1) ... (2) Kein Gesellschafter darf während seiner Vertragszeit ohne Einwilligung der Gesellschaft ein Handelsgewerbe mit gleichem oder ähnlichem Geschäftsgegenstand betreiben oder unmittelbar oder mittelbar unter eigenem oder fremdem Namen, für eigene oder fremde Rechnung tätig werden. (3) Ausgenommen von dem Tätigkeitsverbot sind Tätigkeiten der Firma K I GmbH & Co. KG, sowie verbundenen Unternehmen. (4) ...
16... § 18 Wettbewerbsverbot (1) Einem Gesellschafter ist es untersagt, mit der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar auf irgendeinem ihrer Tätigkeitsgebiete in Wettbewerb zu treten. (2) Die Gesellschaft kann Befreiung von dem vorstehenden Wettbewerbsverbot erteilen. Dies geschieht hiermit bereits für die Gesellschaft K I GmbH & Co. KG und deren Gesellschafter.
17..."
18Zum 1.5.2002 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) einen Anstellungsvertrag (AV) zur Regelung der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1). Als Gegenleistung erhielt der Kläger ein monatliches Gehalt in Höhe von 3.580,00 EUR (§ 2 AV), die Verfügbarkeit über einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung (§ 3 AV), die Fortzahlung seiner Vergütung im Krankheitsfall für die Dauer von sechs Wochen (§ 4 AV) sowie einen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub von 25 Arbeitstagen (§ 5 AV). Der Vertrag kann von der Beigeladenen zu 1) nur aus wichtigem Grund gekündigt werden (§ 6 Abs. 2 AV). Der AV enthält keine Regelungen hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort oder Wochenarbeitsstundenzahl. Auf den weiteren Inhalt dieses Vertrages wird Bezug genommen.
19Am 17.5.2010 schlossen sämtliche Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) eine Stimmrechtsvereinbarung, die (auszugsweise) folgenden Inhalt hat:
20" Zwischen den Gesellschaftern besteht eine Vereinbarung zur Stimmrechtsausübung, nach der die Stimmrechte als Gesellschafter der vorgenannten Gesellschaft nur abgestimmt, das heißt nur einstimmig ausgeübt werden. Die Vereinbarung dient dem Erreichen und Erhalten einer effizienten gemeinschaftlichen Führung des Unternehmens. Die Vereinbarung zur Stimmrechtsausübung gilt nicht für Beschlussfassungen über die Abberufung eines Geschäftsführers und/oder Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages, jeweils aus wichtigem Grund im Sinne von § 626 BGB.
21...
22Diese Vereinbarung betreffend die Stimmrechtsausübung ist kündbar. Wenn dies geschieht, tritt die davor gültige Stimmrechtsvereinbarung automatisch wieder in Kraft. Die Kündigung kann durch jeden der beteiligten Gesellschafter einzeln erklärt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform und hat mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsende durch eingeschriebenen Brief gegenüber der Gesellschaft zu erfolgen ... Das Recht zu einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung der Stimmrechtsvereinbarung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt.
23Durch diese Vereinbarung wird das Recht der Gesellschafter zur Veräußerung ihrer Gesellschaftsanteile nicht beschränkt. Mit Vollzug einer Anteilsveräußerung endet die Wirkung dieser Vereinbarung ohne weiteres. Bei Veränderungen der Stimmrechtsanteile insgesamt oder für einzelne der beteiligten Gesellschafter ist ebenfalls eine neue Vereinbarung zu treffen."
24Vom 1.5.2002 bis 16.5.2010 war der Kläger von der Beigeladenen zu 1) bei der Beigeladenen zu 2) als versicherungspflichtig in der Renten- und Arbeitslosenversicherung und versicherungsfrei in der Kranken- und Pflegeversicherung gemeldet. Zum 16.5.2010 erfolgte die Abmeldung wegen "Ende der Beschäftigung”.
25Am 28.5.2010 stellte der Kläger einen Antrag bei der Beklagten auf Feststellung, dass er seit dem 2.8.2004 in seiner Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) nicht abhängig beschäftigt sei und somit nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege. Zu diesem Zeitpunkt seien die Anteile innerhalb des Unternehmens neu verteilt worden. Einer der Hauptauftraggeber, die K I GmbH & Co. KG, sei in das Unternehmen eingestiegen. Es habe sich um eine fundamentale strategische Entscheidung und Neuausrichtung gehandelt, welche die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer maßgeblich vorangetrieben hätten. Von diesem Zeitpunkt an habe die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens eine überaus positive Entwicklung genommen, nachdem für das Jahr 2003 noch ein Verlust ausgewiesen worden sei. Seit dem 2.8.2004 führten die beiden Geschäftsführer das Unternehmen in Eigenregie, während vorher der Einfluss des vormaligen 50%-Gesellschafters und ursprünglichen Gründers, Herr T, noch vorhanden gewesen sei. Die Abgabe der Kapitalanteile dokumentiere, dass von diesem Zeitpunkt an jener Einfluss nicht mehr existiert habe. Seitdem hätten die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer das Unternehmen eigenverantwortlich und frei von Weisungen geleitet. Sie gäben selbst die Betriebsorganisation vor. Zwecks Förderung des finanziellen Wohlergehens des Unternehmens hätten die Gesellschafter bisher sämtliche Gewinne im Unternehmen belassen. Die Abstimmung über die Gewinnverwendung sei jeweils einstimmig erfolgt. Die Satzung habe in § 8 Abs. 3 Buchst. a) - c) seit dem 2.8.2004 Einstimmigkeit für bestimmte Geschäfte vorgesehen. Das Einstimmigkeitserfordernis sei über diesen Katalog hinaus gelebt worden. Zwecks Dokumentation sei zwischen den Gesellschaftern unter dem 17.5.2010 eine Vereinbarung zur Stimmbindung getroffen worden. Nach dieser Vereinbarung würden die Gesellschafter ihre Stimmrechte abgestimmt, das heiße einstimmig ausüben, wie es seit 2004 gelebt worden sei. Andere Gesellschafterbeschlüsse würden nicht gefasst, abgesehen von den dokumentierten Beschlüssen zur Ergebnisverwendung. Ein Einfluss auf die Tätigkeit bzw. die Betriebsorganisation durch die Gesellschafterversammlung finde nicht statt. Er - der Kläger - und Herr N hätten sich die Leitung des Unternehmens aufgeteilt. Er verantworte den Außendienst und den Vertrieb, Herr N den technischen Bereich. Personalverantwortung betreffend die Auswahl und Einstellung von Mitarbeitern, ggf. auszusprechende Abmahnungen und Kündigungen nähmen beide Gesellschafter-Geschäftsführer gemeinsam wahr. Er habe sich wie auch die Mitgründer in Höhe von 15.000,00 EUR selbstschuldnerisch verbürgt zur Absicherung des Kontokorrentkredits, der in der damaligen Gründungsphase dem Unternehmen eingeräumt worden sei.
26Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 5.8.2010 zu dem beabsichtigten Erlass eines Bescheides an, mit dem das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ab dem 2.8.2004 festgestellt werden solle. In seiner Stellungnahme vom 17.8.2010 verwies der Kläger erneut auf die seiner Ansicht nach für eine Selbständigkeit sprechenden Gesichtspunkte. Ergänzend verwies er auf Bescheide der Clearingstelle in anderen Statusfeststellungsverfahren sowie einer Einzugsstelle und des Prüfdienstes der DRV Bund, mit denen bei dem Vorliegen einer Sperrminorität aufgrund einer Stimmbindungsvereinbarung von Selbständigkeit der jeweiligen Gesellschafter-Geschäftsführer ausgegangen worden sei. Er berief sich auf den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung sowie Art. 3 Grundgesetz (GG).
27Mit Bescheid vom 2.9.2010 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 2.8.2004 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und die Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung entsprechend der Anmeldung gelte. In der Begründung führte die Beklagte unter der Überschrift "Versicherungspflicht” aus, dass in der vom Kläger ausgeübten Beschäftigung als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]), der Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI]), der Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]) bestehe. Sie stützte im Übrigen ihre Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass der Kläger aufgrund seines Anteils am Stammkapital von nur 20 % keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben könne. Zudem enthalte der geschlossene Arbeitsvertrag typische arbeitsvertragliche Regelungen. So sei die Zahlung eines regelmäßigen und üblichen Arbeitsentgelts vorgesehen, überdies würden Regelungen hinsichtlich eines Urlaubsanspruchs und einer Arbeitsentgeltfortzahlung im Krankheitsfall getroffen.
28Hiergegen erhob der Kläger am 6.10.2010 Widerspruch. Er führte in der Widerspruchsbegründung unter Hinweis auf die Stellungnahme im Anhörungsverfahren aus, dass insbesondere aufgrund der Stimmrechtsvereinbarung von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen werden müsse. Ihm sei dadurch gewissermaßen eine Sperrminorität eingeräumt worden.
29Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 5.1.2011 zurück. Die Feststellungen, dass der Kläger die Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 2.8.2004 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und die Versicherungspflicht bzw. -freiheit entsprechend der Anmeldung bestehe, bleibe bestehen. Die Beklagte wies ergänzend darauf hin, dass die abgeschlossene Stimmrechtsvereinbarung der getroffenen Regelung im Gesellschaftsvertrag widerspreche. Die Vereinbarung sei weder Bestandteil noch Änderung des Gesellschaftsvertrages. Es komme daher zu der widersprüchlichen Lage, dass aufgrund der Stimmrechtsvereinbarung nur eine einheitliche Stimmabgabe zulässig sei, aufgrund des Gesellschaftsvertrages jedoch eine einfache Mehrheit für die Beschlussfassung genüge. Da die Ausübung des Stimmrechts nach dem Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung trotz der getroffenen Vereinbarung wirksam bleibe und in der Regel keinen Mangel im Gesellschafterbeschluss bewirke, entfalte die Stimmrechtsvereinbarung nur schuldrechtliche Wirkung und sei nicht mit einer Sperrminorität gleichzusetzen. Gesellschafterbeschlüsse könnten letztlich auch durch diese Vereinbarung nicht verhindert werden, zumal die Stimmrechtsvereinbarung jederzeit kündbar sei.
30Mit seiner am 4.2.2011 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er hat weiter die Ansicht vertreten, dass eine selbständige Tätigkeit vorliege, dies insbesondere, weil entgegen der Stimmrechtsvereinbarung getroffene Beschlüsse entgegen der Auffassung der Beklagten sehr wohl unwirksam und anfechtbar seien und damit für ihn zumindest seit Abschluss dieser Vereinbarung eine Sperrminorität bestehe.
31Der Kläger hat beantragt,
321. den Bescheid der Beklagten vom 2.9.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.1.2011 aufzuheben, 2. festzustellen, dass eine Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung für die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der T-Lagertechnik nicht besteht
33Die Beklagte hat beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie hat ihre Entscheidung aus den in den Bescheiden genannten Gründen weiterhin für rechtmäßig gehalten.
36Das SG hat über die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit des Klägers Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin D T sowie des Zeugen N C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2012 verwiesen.
37Mit Urteil vom 23.10.2012 hat das SG Köln den Bescheid vom 2.9.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.1.2011 teilweise aufgehoben und festgestellt, dass für den Kläger ab dem 17.5.2010 für die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) eine Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung nicht bestehe. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Als maßgeblich für eine Selbständigkeit des Klägers sprechenden Gesichtspunkt hat das SG die Stimmrechtsvereinbarung vom 17.5.2010 angesehen, da diese dem Kläger einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Beigeladenen zu 1) verschaffe. Denn durch den Abschluss dieser Vereinbarung werde festgelegt, dass ohne den Kläger eine Entscheidung nicht getroffen werden könne. Ein Verstoß gegen diese Vereinbarung bleibe nicht ohne erhebliche Auswirkungen. So könne ein unter Verstoß gegen die Stimmrechtsvereinbarung ergangener Beschluss anfechtbar sein (Bezugnahme auf BGH, Urteil v. 20.1.1983, Az.: II ZR 243/81, und Urteil v. 27.10.1986, Az.: II ZR 240/85) oder auch einen Schadensersatzanspruch auslösen (Bezugnahme auf Baumbach, GmbHG, § 47 Rn. 7a). Ein Verstoß gegen die Vereinbarung sei demnach von erheblicher Relevanz, was im Umkehrschluss auch einen erheblichen Einfluss des Klägers auf die Geschicke der Gesellschaft ermögliche. Die Vereinbarung sei nicht gekündigt worden und entfalte daher zumindest bis zu einer Kündigung volle Wirksamkeit.
38Es könne zudem nicht von einer Unterordnung des Klägers unter ein Weisungsrecht des Arbeitgebers ausgegangen werden. Weder hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort noch hinsichtlich der tatsächlichen Ausübung der Tätigkeit sei erkennbar, dass der Kläger Weisungen unterworfen sei. Vielmehr habe dieser dargelegt, dass er zwar in Absprache mit dem zweiten Geschäftsführer die Anwesenheit eines der Geschäftsführer zu den Öffnungszeiten der Beigeladenen zu 1) sicherzustellen versuche, weder sei er aber persönlich zur Anwesenheit verpflichtet, noch sei er daran gehindert, anderen Mitarbeitern Anweisungen hinsichtlich der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben zu erteilen, wenn seine selbst oder des anderen Geschäftsführers nicht möglich sei. Bei den zu treffenden Entscheidungen müsse er keine Rücksprache mit der Mehrheitsgesellschafterin halten. Vielmehr sei er - und zwar unabhängig von dem Umfang der zu treffenden Entscheidung - völlig frei und nur gehalten, sich mit dem zweiten Geschäftsführer abzusprechen.
39Hinzu komme, dass nach Angaben der Zeugin T die Beigeladene zu 1) ohne das Wissen und die fachlichen Kenntnisse des Klägers nicht geführt werden könne. Zusätzlich sei zu beachten, dass im Anstellungsvertrag ein Recht zur fristgerechten ordentlichen Kündigung nur für den Kläger vorgesehen sei. Ein ordentliches Kündigungsrecht für die Beigeladene zu 1) bestehe nicht, vielmehr könne nach dem Vertrag eine Kündigung des Klägers nur aus wichtigem Grund erfolgen. Auch dies spreche gegen das Vorliegen einer abhängigen und damit versicherungspflichtigen Beschäftigung.
40Gegen das ihr am 21.12.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.1.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, dass der Kläger keineswegs weisungsfrei sei in seiner Geschäftsführertätigkeit. Existierten wie vorliegend zwei einander widersprechende vertragliche Regelungen, gelte grundsätzlich, dass eine satzungsmäßige Ausübung des Stimmrechts wirksam sei, auch wenn gegen eine anderslautende Stimmrechtsverpflichtung verstoßen werde. Der Stimmbindungsvertrag habe generell nur schuldrechtliche Wirkung zwischen seinen Parteien und bewirke - bei einer abredewidrig abgegebenen Stimme - keinen Mangel des Gesellschafterbeschlusses (Bezugnahme auf Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 47 Rn. 17). Maßgeblich für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seien insofern die nicht wirksam abbedungenen vertraglichen Regelungen des Gesellschaftsvertrages, wonach der Kläger im noch strittigen Zeitraum durch die von ihm gehaltenen Gesellschaftsanteile i.H.v. 20 % keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft habe ausüben können und in seiner Geschäftsführer-Tätigkeit nicht weisungsfrei gewesen sei. Eine erhebliche Relevanz der Stimmrechtsvereinbarung für den Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft sei mangels gesellschaftsrechtlicher Relevanz nicht zu erkennen. Ein schriftlicher Stimmbindungsvertrag - sofern er im Widerspruch zum Gesellschaftsvertrag stehe - sei von seiner rechtlichen Qualität nicht anders zu bewerten als eine vom Gesellschaftsvertrag abweichende praktische Handhabung. In beiden Fällen bleibe die im Gesellschaftsvertrag verankerte Rechtsmacht unangetastet. Die Stimmbindungsvereinbarung führe letztlich nur zu einer "Schönwetter-Selbständigkeit". Im Konfliktfall, auf den es zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung entscheidend ankomme, habe die Mehrheitsgesellschafterin die Möglichkeit, die Stimmrechtsvereinbarung zu kündigen. Im Falle einer Kündigung fänden die zuvor gültigen Regelungen (hier die Regelung nach § 10 des Gesellschaftsvertrages: Beschlussfassung durch einfache Mehrheit) wieder Anwendung. Zudem bestehe das Recht einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. Damit könne der Kläger den maßgebenden Einfluss der Mehrheitsgesellschafterin im Ergebnis nicht verhindern. Noch deutlicher werde die Tatsache der lediglich vorliegenden "Schönwetter-Selbständigkeit" durch die Regelung im Stimmbindungsvertrag, wonach die Vereinbarung nicht für Beschlussfassungen über die Abberufung eines Geschäftsführers und/oder Kündigung eines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages gelte. Dementsprechend liege keine umfassende Sperrminorität vor.
41Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten erklärt, dass nach seinem Verständnis der Bescheid vom 2.9.2010 so zu lesen sei, dass die Richtigkeit der Anmeldepraxis des Arbeitgebers bestätigt werde.
42Die Beklagte beantragt,
43das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.10.2012 zu ändern und die Klage insgesamt anzuweisen.
44Der Kläger beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Er verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Durch eine Stimmbindung der Gesellschafter untereinander entstehe ein eigenes einklag- und durchsetzbares Recht der Parteien. Die Stimmbindung aller Gesellschafter entfalte nicht "nur" zivil-, sondern sogar auch direkt körperschaftsrechtliche Wirkung (Bezugnahme auf BGH, Urteil v. 20.1.1983, II ZR 243/81; Baumbach/Hueck, GmbHG, § 47 Rn. 118, u.a.). Die Stimmbindungsvereinbarung bedürfe weder der notariellen Beurkundung noch überhaupt der Schriftform. Er - der Kläger - verfüge derzeit über die Rechtsmacht, ihm nicht genehme Weisungen jederzeit zu verhindern. Erst wenn einer der Beteiligten die Stimmbindungsvereinbarung kündige, ändere sich daran etwas. Bei geänderten Verhältnissen sei dann die dann geänderte Rechtsmacht einer Neubeurteilung zuzuführen. Für solche Fälle gebe es § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Wenn das BSG die Bedeutung der Rechtsmacht für die versicherungsrechtliche Beurteilung in den Vordergrund stelle, dann sei damit die aktuell (im Zeitpunkt der Beurteilung bestehende) Rechtsmacht gemeint und nicht etwa eine hypothetisch veränderte Rechtslage für den Fall einer zivilrechtlichen Veränderung der Verhältnisse. Da Gesellschafter in eigenen Angelegenheiten niemals stimmberechtigt seien und etwa für den Ausschluss von Gesellschaftern deren eigener Anteil nicht stimmberechtigt sei - das aber noch nie dazu geführt habe, dass ein Gesellschafter deshalb sozialversicherungspflichtig und leistungsberechtigt gewesen sei - würden auch die weiteren Argumente der Beklagten nicht überzeugen. Die Beklagte unterschlage im Übrigen, dass sich der Stimmausschluss auf Fälle des § 626 BGB beschränke. Diese Vorschrift sei nicht disponibel, habe von den Parteien ohnehin nicht abbedungen werden können. Auch ein 90%-Gesellschafter können von seinen Mitgesellschaftern aufgrund § 626 BGB stets ausgeschlossen werden. Die Stimmrechtsvereinbarung sei zur Bekräftigung ihrer Ernsthaftigkeit notariell beurkundet, sie sei nicht für den "Schönwetterfall" getroffen worden. Wesen solcher vertraglichen Vereinbarungen sei stets die verbindliche Regelung für den Streitfall. Solange "Schönwetter" herrsche, werde ohnehin einheitlich abgestimmt. Er - der Kläger - sei mit Wirkung vom 1.6.2010 durch steuerberaterliche Veranlassung mit Status Gesellschafter-Geschäftsführer von der Sozialversicherung als nicht mehr abhängig beschäftigt abgemeldet worden. Als der Bescheid der Beklagten vom 2.9.2010 ergangen sei, sei "Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit entsprechend der Anmeldung" mithin gleichbedeutend mit "weder kranken-/pflege-, noch arbeitslosen- oder rentenversicherungspflichtig" gewesen. Da der Antrag nach § 7a SGB IV innerhalb der Monatsfrist gestellt worden sei und die alternative Absicherung gegen Krankheit und Alter gewährleistet sei, dürfe mithin aufgrund von § 7a Abs. 6 SGB IV bis heute noch keine Beitragspflicht entstanden sein. Die Feststellung der "Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit entsprechend der Anmeldung" dürfte wegen Perplexität nichtig sein.
47Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Befragen des Senats vorgetragen, dass im Jahr 2004 der damalige Mitgesellschafter N T seine Anteile habe verkaufen wollen. Im Prinzip hätten Herr N und er sie übernehmen können, was ihnen aufgrund der damaligen wirtschaftlichen Situation jedoch zu heikel gewesen sei. Insofern sei die Bereitschaft der K I GmbH & Co. KG, als einer ihrer wesentlichen Auftraggeber in das Unternehmen einzusteigen, für dessen weitere Entwicklung von wesentlicher Bedeutung gewesen.
48Die Beigeladene zu 4) hat mitgeteilt, dass der Kläger am 4.3.2013 die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Rentenversicherung beantragt habe und dem Antrag entsprochen worden sei. Für den Zeitraum vom 17.5. bis 31.12.2010 seien Rentenversicherungsbeiträge in vollem Umfang in Höhe von 380,89 EUR erstattet worden.
49Die Verwaltungsakte der Beigeladenen zu 4) ist beigezogen worden. Danach haben der Kläger und die Beigeladene zu 1) bei der Beigeladenen zu 4) für den Zeitraum vom 17. bis 31.5.2010 die Erstattung gezahlter Beiträge unter Vorlage des Urteils des SG Köln vom 23.10.2012 beantragt. Diesem Antrag war die Gehaltsabrechnung für Mai 2010 beigefügt, nach der vom Gehalt des Klägers Beiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung abgezogen wurden, jedoch keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Dem Antrag wurde entsprochen, ohne dass ein förmlicher Bescheid erging.
50Das parallel durchgeführte Statusfeststellungsverfahren betreffend den weiteren Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1), Herrn B N, endete im Klageverfahren mit einem Vergleich, nach dessen Ziffer 1. die Beklagte davon ausgeht, dass der Geschäftsführer N "ab dem 27.5.2009 (Stimmrechtsbindung) als versicherungsfrei in der Sozialversicherung zu werten ist" (SG Köln, S 2 R 198/11).
51Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
52Entscheidungsgründe:
53Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 5) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit den ordnungsgemäßen Terminnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
54Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hinsichtlich der Anfechtungsklage unbegründet (I.), hinsichtlich der Feststellungsklage hingegen begründet (II.).
55Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 1. Alt., 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Denn über die Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinaus begehrt der Kläger die Feststellung des Nichtbestehens seiner Versicherungspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung, sozialen Pflegeversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
56Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers im Zeitraum ab dem 17.5.2010. Die sich auf den Zeitraum bis zum 16.5.2010 beziehende Klageabweisung durch das Urteil des SG vom 23.10.2012 ist mangels Anfechtung durch den Kläger rechtskräftig geworden.
57I.
58Die Berufung der Beklagten ist hinsichtlich der Anfechtungsklage unbegründet. Die Anfechtungsklage hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Bescheides vom 2.9.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.1.2011 hinsichtlich des Zeitraums ab dem 17.5.2010. Dieser ist insoweit rechtswidrig und beschwert den Kläger im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die in diesem Bescheid enthaltene Reglung ist nicht inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X (1.) und enthält eine unzulässige isolierte Elementenfestellung (2.).
591.
60Mangels inhaltlich hinreichender Bestimmtheit gem. § 33 Abs. 1 SGB X ist der Bescheid vom 2.9.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.1.2011 rechtswidrig und hinsichtlich des Zeitraums ab dem 17.5.2010 aufzuheben.
61Ein Verwaltungsakt ist dann nicht hinreichend bestimmt, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei ist und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage ist, sein Verhalten daran auszurichten (vgl. BSG v. 17.12.2009, B 4 AS 30/09 R, juris Rn. 16, SozR 4-4200 § 31 Nr. 3; BSG v. 15.05.2002, B 6 KA 25/01 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 46; BSG v. 12.12.2001, B 6 KA 3/01 R, juris Rn. 36, BSGE 89, 90; BSG v. 29.01.1997, 11 RAr 43/96, juris Rn. 15, SozR 3-4100 § 242q Nr. 1; Krasney in: KassKomm-SGB, SGB X, § 33 Rn. 3; Pattar in: jurisPK-SGB X, § 33 Rn. 20).
62Die Auslegung des im Bescheid enthaltenen Verfügungssatzes ergibt, dass er weder aus sich heraus noch unter Berücksichtigung der Begründung des Bescheides und des Widerspruchsbescheides sowie der den Beteiligten bekannten Umstände hinreichend bestimmt ist. Die Auslegung eines Verwaltungsakts hat ausgehend von seinem Verfügungssatz und der Heranziehung des in § 133 BGB ausgedrückten allgemeinen Rechtsgedankens zu erfolgen, dass es nicht auf den buchstäblichen Ausdruck des Willens, sondern auf den wirklichen Willen der Behörde bzw. des Verwaltungsträgers ankommt, soweit er im Bescheid greifbar seinen Niederschlag gefunden hat. Für die Ermittlung des erklärten Willens sind dabei auch die Umstände und Gesichtspunkte heranzuziehen, die zur Aufhellung des Inhalts der Verfügung beitragen können und die dem Beteiligten bekannt sind, wenn der Verwaltungsakt sich erkennbar auf sie bezieht. Maßstab der Auslegung ist insofern der verständige und Zusammenhänge berücksichtigende Beteiligte (BSG SozR 4-5075 § 3 Nr 1 Rn. 15 mwN). Ausgangspunkt der Auslegung ist der Bescheid vom 2.9.2010 in der Fassung, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 5.1.2011 erhalten hat (vgl. § 95 SGG). Danach enthält dieser die Regelung, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 2.8.2004 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt wird und die Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung entsprechend der Anmeldung gilt.
63Dieser Verfügungssatz ist im Hinblick auf den Streitzeitraum ab dem 17.5.2010 nicht mehr hinreichend bestimmt, da weder allein aus dem Verfügungssatz noch unter Berücksichtigung der außerhalb der Bescheide liegenden, den Beteiligten bekannten Umstände ersichtlich ist, welche konkrete Regelung getroffen wird. Der Verfügungssatz selbst enthält schon deshalb keine hinreichend bestimmte Regelung, da er auf außerhalb des Verwaltungsaktes vorliegende Umstände, hier: die Anmeldung, Bezug nimmt. Unter Berücksichtigung der Anmeldung ergibt sich ebenfalls keine hinreichend bestimmte Regelung. Denn zum 16.5.2010 war der Kläger unstreitig "wegen Ende der Beschäftigung” abgemeldet worden, sodass nach den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung in Bezug auf das Bestehen von Versicherungspflicht oder -freiheit differenzierende Meldungen des Arbeitgebers nicht mehr vorlagen. Eine Regelung des Inhalts, dass Versicherungsfreiheit des Klägers in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung vorliegt, wollte die Beklagte ausweislich der Begründung des Verwaltungsaktes aber in keinem Fall treffen. So hat sie im Einzelnen dargelegt, dass insbesondere die Stimmrechtsvereinbarung nicht zur Versicherungsfreiheit des Klägers führe. Der streitgegenständliche Bescheid enthält somit keine widerspruchsfreie Regelung. Sie versetzt den Kläger aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit nicht in die Lage, sein Verhalten daran auszurichten.
642.
65Rechtswidrig ist der angefochtene Bescheid schließlich darüber hinaus, soweit mit diesem festgestellt worden ist, dass der Kläger die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat. Für die isolierte Feststellung des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses mangelt es an einer hierfür erforderlichen Ermächtigungsgrundlage.
66Gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 11.3.2009, B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2; Urteil v. 4.6.2009, B 12 R 6/08 R, USK 2009-72) ist innerhalb des - dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden - Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV eine isolierte Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV nicht zulässig, da das Tatbestandsmerkmal des (Nicht-) Vorliegens einer Beschäftigung einer isolierten Bestätigung durch einen - feststellenden - Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X) grundsätzlich nicht zugänglich ist. Der erkennende Senat ist dieser - auf den Wortlaut des § 7a Abs. 1 SGB IV, dessen Sinn und Zweck, seiner systematischen Stellung und seiner Entstehungsgeschichte gestützten - Auslegung bereits gefolgt (Urteil v. 18.12.2013, L 8 R 683/13, juris) und hält weiterhin an ihr fest.
67II.
68Begründet ist die Berufung der Beklagten hinsichtlich der Feststellungsklage, da diese Klage teilweise unzulässig (1.), teilweise unbegründet (2.) ist.
691.
70Unzulässig ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis in Bezug auf die begehrte Feststellung der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.
71Der Bescheid vom 2.9.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.1.2011 lässt erkennen, dass die Beklagte für diese Sozialversicherungszweige nie Versicherungspflicht feststellen wollte und nach der Erklärung ihres Vertreters im Termin zur mündlichen Verhandlung auch weiterhin von Versicherungsfreiheit ausgeht, sodass ein Streit der Beteiligten hierüber nie bestand.
722.
73Soweit der Kläger die Feststellung seiner Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung begehrt, ist seine Klage zulässig, aber unbegründet, die Berufung der Beklagten insoweit begründet. Denn in der Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) unterliegt er der Versicherungspflicht sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung als auch nach dem Recht der Arbeitsförderung.
74Rechtsgrundlage für die begehrte Feststellung ist § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach können Beteiligte schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn - was hier nicht ersichtlich ist -, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hätte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beitragserstattung durch die Beigeladene zu 4) steht einer Entscheidung der Beklagten gem. § 7a SGB IV nicht entgegen, da die Beigeladene zu 4) nicht über die Versicherungspflicht des Klägers in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung entschieden und damit kein "Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung" eingeleitet bzw. durchgeführt hat. Sie hat lediglich (formlos) über die Beitragspflicht für die Zeit vom 17.5. bis 31.5.2010 entschieden.
75Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 SGB III). Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 30.12.2013, B 12 KR 17/11 R, juris; Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v.11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
76Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., juris; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08, juris).
77Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (BSG, Urteil v. 4.7.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 8 m.w.N.). Der Geschäftsführer einer GmbH ist weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübt. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt, kann seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 m.w.N.). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann (BSG, Urteil v. 8.8.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Ist dies der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann (BSG, Urteil v. 6.2.1992, 7 RAr 134/90, SozR 3-4100 § 104 Nr. 8). Darüber hinaus ist von Bedeutung, ob der Einfluss des Geschäftsführers auf die Willensbildung der GmbH aufgrund besonderer Einzelfallumstände unabhängig von seiner Gesellschafterstellung so erheblich ist, dass ihm gegenüber nicht genehme Beschlüsse und jede Weisung ausgeschlossen sind und er die Geschäfte nach eigenem Gutdünken führen, d.h. frei schalten und walten kann. Dann ist eine persönliche Abhängigkeit auch bei Diensten höherer Art zu verneinen, weil die Gesellschafter tatsächlich keinerlei Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen und sich der Geschäftsführer nur in der von ihm selbst gegebenen Ordnung des Betriebes einfügt (BSG, Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, USK 9975; BSG, Urteil v. 11.2.1993, 7 RAr 48/92, USK 9347; vgl. insgesamt: Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11 juris ). Ein Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auf Grund der Gesellschafterstellung im Sinne einer umfassenden Sperrminorität besteht dann, wenn der Gesellschafter damit Einzelweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (vgl. BSG, Urt. v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, juris, Rn. 23).
78Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht sprechen nach der Überzeugung des Senats die überwiegenden Gesichtspunkte dafür, dass der Kläger auch ab dem 17.5.2010 fortlaufend im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig gewesen ist.
79Im Hinblick auf die vorliegenden vertraglichen Regelungen, die Ausgangspunkt der rechtlichen Prüfung sind, ist von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis des Klägers zur Beigeladenen zu 1) auszugehen. Abweichende tatsächliche Umstände sind nicht bekannt und nicht vorgetragen worden.
80Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung, ob die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer für die Beigeladene zu 1) im Rahmen einer Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt wird, ist der Anstellungsvertrag (AV). Dieser Vertrag hat nach den darin verwendeten Begriffen "Anstellungsvertrag", "Anstellungsverhältnis" und "Gehalt" sowie seinem Inhalt nach maßgebliche arbeitsvertragstypische Elemente zum Gegenstand.
81Inhaltlich regelt der AV die Aufgaben und Pflichten (§ 1), die Zahlung einer festen monatlichen Vergütung (§ 2), die Gestellung eines Dienstwagens mit dem Recht auch der privaten Nutzung bei Tragung der Betriebs- und Unterhaltungskosten durch die Beigeladene zu 1) (§ 3), die Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall (§ 4), den Urlaubsanspruch (§ 5) sowie die Vertragsdauer (§ 6). Er entspricht damit, auch wenn einzelne Vertragsbestimmungen nicht zwingend für eine abhängige Beschäftigung sprechen, dem typischen Geschäftsführervertrag eines abhängig beschäftigten Gesellschafter-Geschäftsführers. Maßgebliche arbeitsvertragstypische Elemente sind die Bestimmungen der §§ 2, 3, 4 und 5. Dass diese Regelungen typischerweise für abhängige Beschäftigung sprechen, gilt selbst dann, wenn sie üblicherweise auch in Dienstverträgen von Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführern enthalten sind. Denn ausschlaggebendes Kriterium für die Selbständigkeit des Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführers ist dessen gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht. Hinter dieses maßgebliche Kriterium für eine abhängige Beschäftigung sprechende Gesichtspunkte bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung zurück.
82Soweit der AV keine Regelungen zur Arbeitszeit, Arbeitsort und Wochenarbeitsstundenzahl enthält, ist dies Ausfluss des Umstandes, dass es sich um eine Tätigkeit höherer Art handelt, bei der das Weisungsrecht des Arbeitgebers von vornherein eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert ist (vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, jeweils zitiert nach juris).
83Auf der beschriebenen vertraglichen Grundlage ist der Kläger auch in einem fremden Betrieb, nämlich dem der Beigeladenen zu 1), tatsächlich tätig geworden. Während dieser Tätigkeit war er vollständig in den Betrieb und folglich in eine ihm einseitig vorgegebene Organisation eingegliedert (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17 m.w.N.). Zudem unterlag und unterliegt er dem Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) bzw. deren Gesellschafterversammlung bezüglich Ort, Zeit sowie Art und Weise der Tätigkeit, denn er war bzw. ist rechtlich nicht jederzeit in der Lage, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern.
84Der Kläger unterlag bzw. unterliegt nach §§ 37 Abs. 1, 46 GmbHG dem Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) bzw. deren Gesellschafterversammlung. Nach § 8 Abs. 1 der ab 2009 geltenden Fassung der Satzung werden Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst, wobei nach Geschäftsanteilen abgestimmt wird und je 50,00 Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme gewähren. Ein einstimmiger Beschluss ist nach § 8 Abs. 2 der Satzung nur erforderlich für den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken, die Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals und die Festsetzung einer Nachschusspflicht sowie die Auflösung der Gesellschaft und deren Liquidation. Der mit einem Geschäftsanteil von 20 % beteiligte Kläger verfügt dementsprechend nicht über eine umfassende Sperrminorität.
85Die Stimmrechtsvereinbarung vom 17.5.2010 ist nicht geeignet, dem Kläger eine solche zu verschaffen. Ein Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund der Gesellschafterstellung im Sinne einer umfassenden Sperrminorität besteht dann, wenn der Gesellschafter damit Einzelweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann (BSG, Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, juris, Rdnr. 23).
86Es ist schon zweifelhaft, ob die Vereinbarung vom 17.5.2010 dem Kläger überhaupt das Recht verleiht, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern. Denn die vertragliche Bestimmung, wonach die Vereinbarung zum Erreichen und Erhalten einer effizienten gemeinschaftlichen Führung des Unternehmens dient, lässt auch die Auslegung zu, dass der Kläger zumindest im Einzelfall gehalten sein kann, seine Stimmausübung an den Mehrheitsinteressen auszurichten.
87Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Jedenfalls hat der Kläger nämlich nicht die Rechtsmacht, jederzeit ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Denn die Stimmrechtsvereinbarung ist für jeden der beteiligten Gesellschafter kurzfristig, und zwar mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsende, ordentlich und zudem aus wichtigem Grund fristlos kündbar. Damit können sich die übrigen Gesellschafter unkompliziert und zeitnah von ihr lösen. Es kommt hinzu, dass die Vereinbarung ausdrücklich nicht für Beschlussfassungen über die Abberufung eines Geschäftsführers und/oder Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages jeweils aus wichtigem Grund gilt. Sobald die übrigen Gesellschafter mehrheitlich das Vertrauen in die Geschäftsführung durch den Kläger verloren haben, stehen ihnen daher sämtliche Möglichkeiten zu, ihm Weisungen zu erteilen oder sich von ihm zu trennen, als würde die Stimmbindungsvereinbarung nicht existieren.
88Aufgrund dessen ist die Rechtsauffassung des Klägers, erst eine Kündigung der vorliegenden Stimmrechtsvereinbarung würde seine Selbständigkeit im Sinne einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) beseitigen, unzutreffend. Sie verkennt, dass seine rechtliche Situation bereits gegenwärtig durch die bestehenden Kündigungsrechte gekennzeichnet ist und ihm gerade nicht die Rechtsmacht gibt, ihm nicht genehme Weisungen so zu verhindern, wie das bei einer gesellschaftsvertraglich vereinbarten Sperrminorität der Fall wäre.
89Nichts anderes folgt aus der vertraglichen Regelung, wonach im Falle einer Kündigung der Vereinbarung vom 17.5.2010 die "davor gültige Stimmrechtsvereinbarung automatisch wieder in Kraft" tritt. Da es zuvor nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers, an dessen Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, keine Stimmrechtsvereinbarung gegeben hat, bedeutet dies, dass bei Kündigung der Vereinbarung vom 17.5.2010 die Regelungen der Satzung der Beigeladenen zu 1) in der Fassung vom 24.3.2009 auch hinsichtlich der Stimmrechte wieder in vollem Umfang zum Tragen kommen.
90Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang vorträgt, das Prinzip der Einstimmigkeit sei seit 2004 "gelebt" worden, ist dies nicht gleichbedeutend mit einer mit Rechtsbindungswillen abgeschlossenen Stimmbindungsvereinbarung. Auch die Zeugin T hat bei ihrer Vernehmung durch das SG lediglich bekundet, aufgrund der tatsächlichen Handhabung einer stets "gleichberechtigten" Abstimmung aller Gesellschafter sei "diese Stimmbindungsvereinbarung" (d.h. die Vereinbarung v. 17.5.2010) geschlossen worden.
91Schließlich sind keine besonderen einzelfallbezogenen Umstände gegeben, die abweichend vom Regelfall die Bindung des Klägers an das willensbildende Organ der Beigeladenen zu 1), d.h. die Gesamtheit der Gesellschafter ausschließen und damit einer für ein Beschäftigungsverhältnis typischen Abhängigkeit entgegenstehen könnten. Bei Geschäftsführern, die - wie der Kläger - weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität verfügen, ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt nur in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalles den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 8).
92Solche besonderen Umstände sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung angenommen worden, wenn die übrigen Gesellschafter tatsächlich ihre Gesellschafterrechte nicht wahrgenommen und in keiner Weise in die Betriebsführung eingegriffen haben und der Geschäftsführer wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken geführt hat, d.h. schalten und walten konnte, wie er wollte. Ein derart beherrschender Einfluss ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Geschäftsführern in Familiengesellschaften erwogen worden, wenn der Geschäftsführer mit den Gesellschaftern familiär verbunden war, die Geschäftsführertätigkeit durch familienhafte Rücksichtnahme geprägt und es an der Ausübung der Gesellschafterrechte durch die Gesellschafter mangelte (BSG, Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 48/98 R; BSG, Urteil v. 29.10.1986, 7 RAr 43/85; zurückhaltend hingegen BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R). Unter diesem Gesichtspunkt liegt im vorliegenden Verfahren eine faktische Weisungsfreiheit des Klägers schon deshalb fern, da eine familiäre Verbundenheit zwischen den Gesellschaftern weder ersichtlich noch vorgetragen worden ist.
93Eine faktische Weisungsfreiheit des Klägers ergibt sich auch nicht aus seiner besonderen individuellen fachlichen Qualifikation. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass der Kläger innerhalb des Betriebs der Beigeladenen zu 1) nach "eigenem Gutdünken" frei schalten und walten kann. Gegen diese Beurteilung spricht bereits im Ansatz, dass neben ihm mit Herrn B N ein weiterer Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestellt worden ist, der gleichfalls über eine fachliche Qualifikation zum Groß- und Außenhandelskaufmann verfügt. Zudem ist der Kläger in der Vertretung der Beigeladenen zu 1) aufgrund der fehlenden Einzelvertretungsbefugnis an die Mitwirkung des weiteren Geschäftsführers N gebunden. Schließlich ist die Mehrheitsgesellschafterin der Beigeladenen zu 1) in derselben Branche tätig, sodass diese durch ihre Mitarbeiter ebenfalls über die spezifischen Branchenkenntnisse verfügt. Dass der Kläger die übrigen Gesellschafter kraft überlegener Branchenkenntnisse oder überlegenen Fachwissens dominiert haben könnte, ist auszuschließen. Zudem werden Beschäftigte gerade aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten eingestellt. In solchen Fällen ist ein stark abgeschwächtes Weisungsrecht für die ausgeübte Tätigkeit ebenso wie z. B. bei der Wahrnehmung von Tätigkeiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Dennoch werden auch Tätigkeiten für leitende Angestellte im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes. Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (BSG, Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, a.a.O.; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbständigen (vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; Senat, Urteil vom 17.10.2012, L 8 R 545/11, jeweils a.a.O.). Die arbeitsteilige Geschäftsführung ist vielmehr ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-182), denn sie ist Ausdruck der Eingliederung in eine fremde betriebliche Organisation. Die Einräumung von Freiräumen lediglich in Teilbereichen reicht zur Annahme eines beherrschenden Einflusses nicht aus.
94An der Eingliederung in einen fremden Betrieb, nämlich den der Beigeladenen zu 1), bestehen nach derm Vorbringen des Klägers keine Zweifel. Zwischen den Geschäftsführern besteht eine Schwerpunktbildung im Hinblick auf die Tätigkeitsbereiche des betriebswirtschaftlich-buchhalterischen Bereichs sowie den der Betriebsleitung, wobei es keine strikte Trennung gibt und jeder der Geschäftsführer auch Aufgaben aus dem anderen Bereich übernimmt. Soweit es vorkommt, dass ein Arbeitnehmer entlassen werden muss, treffen die beiden Geschäftsführer gemeinsam diese Entscheidung. Beide Geschäftsführer versuchen sich so abzustimmen, dass während der Öffnungszeiten (montags bis donnerstags von 8.00 bis 17.00 Uhr, freitags bis 15.00 Uhr) der Betriebsablauf funktioniert. Der Arbeitseinsatz des Klägers ist nicht auf die Öffnungszeiten beschränkt, da die Arbeiten tagsüber nicht zu bewältigen sind. Ihren Urlaub sprechen beide Geschäftsführer untereinander ab, da nie beide gleichzeitig Urlaub nehmen können. Die Anwesenheit eines Geschäftsführers ist zwingend erforderlich. Im Falle der Erkrankung des weiteren Geschäftsführers müsste der Kläger seinen Urlaub sofort abbrechen.
95Wesentliche Freiheiten des Klägers hinsichtlich Arbeitszeit und Gestaltung der Tätigkeit liegen demach nicht vor. Der Kläger übt seine Tätigkeit als Vollzeittätigkeit aus. Nach seinen eigenen Angaben arbeitet er durchschnittlich 45 Stunden pro Woche. Seine Tätigkeit richtet sich allein nach den betrieblichen Erfordernissen der Beigeladenen zu 1). Nach seinen glaubhaften Erklärungen im Termin vor dem SG Köln ist er für die Beigeladene zu 1) sogar im Urlaub erreichbar und muss diesen ggf. im Erkrankungsfall des Geschäftsführers N abbrechen. Im Übrigen genießt er die für leitende Angestellte typischen Freiheiten.
96Zudem verfügte der Kläger nicht über eine eigene, unabhängig von dem Betrieb der Beigeladenen zu 1) bestehende Betriebsstätte, und er hat auch kein für eine selbstständige Tätigkeit sprechendes wesentliches Unternehmerrisiko zu tragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, a.a.O.) ist maßgebliches Kriterium dafür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist, wobei dem Risiko unternehmerische Chancen in Form von Verdienstmöglichkeiten oder Gestaltungsspielräumen gegenüber stehen müssen (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, juris). Eine solche Ungewissheit ist nicht festzustellen, soweit es um den Einsatz der Arbeitskraft des Klägers geht. Denn er erhält ein monatliches Festgehalt in Höhe von 3.580,00 Euro. Gewinnabhängige Gehaltsbestandteile werden dem Kläger hingegen nicht gewährt. Ein Kapitaleinsatz des Klägers liegt nicht vor. Die Stellung einer Sicherheit in Form einer Bürgschaft stellt keinen Kapitaleinsatz dar und begründet somit kein maßgebliches Unternehmerrisiko. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die Sicherheitenstellung dem Kläger größere Einflussmöglichkeiten auf die Willensbildung der Gesellschafterversammlung verschaftt hätte.
97Soweit die Klägerin von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist, ist das für einen abhängig beschäftigten Gesellschafter-Geschäftsführer nicht untypisch und deutet deshalb nicht zwingend auf eine selbständige Tätigkeit hin (vgl. BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R; BSG, Urteil vom 4.7.2007, B 11a AL 5/06 R, a.a.O.; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, a.a.O.). Vorliegend ist die bereits geringe Indizwirkung dieses Umstandes für Selbständigkeit dadurch noch weiter verringert, dass der Kläger nicht einmal einzelvertretungsberechtigt ist, sondern nur zum gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt ist.
98Für Selbständigkeit sprechende Gesichtspunkte sind somit nur in derartig geringem Maße vorhanden, dass die maßgeblich für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale der Weisungsgebundenheit und Eingliederung in einen fremden Betrieb den Ausschlag geben für das Ergebnis der Gesamtabwägung.
99Der Kläger kann sich schließlich nicht auf eine Selbstbindung der Verwaltung bzw. Art. 3 GG berufen. Sollten die Beklagte oder andere Sozialversicherungsträger bei identischen Sachverhalten Selbständigkeit und Versicherungsfreiheit angenommen haben, kann der Kläger hieraus keine Rechte herleiten, da es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt.
100Die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht gem. § 7a Abs. 6 Satz 1 SGB IV liegen nicht vor. Denn der Antrag nach § 7a SGB IV ist nicht rechtzeitig innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wurde. Ausgehend von der Aufnahme der Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) zum 1.5.2002 war die Antragstellung am 28.5.2010 verspätet. Die Stimmrechtsvereinbarung vom 17.5.2010 führt nicht dazu, dass eine andere neue Tätigkeit aufgenommen wird, und damit nicht zu einem neuen Beginn der Antragfrist. Dies gilt schon deshalb, weil die Veränderung der vertraglichen Grundlagen der Tätigkeit hinsichtlich des sozialversicherungsrechtlichen Status - wie oben dargelegt - rechtlich irrelevant ist. Der Wortlaut "Aufnahme" spricht dafür, dass nur zu Beginn einer Tätigkeit die Vergünstigungen des Abs. 6 gewährt werden sollen, nicht bei einer Änderung der vertraglichen Grundlagen oder tatsächlicher Umstände einer bereits ausgeübten Tätigkeit. Dies gilt auch nach Sinn und Zweck der Regelung, eine rasche Antragstellung zu honorieren und eine aus Sicht des Versicherten ggf. in Anbetracht der privaten Vorsorge entstehende unerwünschte "Doppelversicherung" zu verhindern. Unter systematischen Gesichtspunkten handelt es sich bei dem Abs. 6 um eine Ausnahmevorschrift, die grundsätzlich nicht erweiternd ausgelegt werden kann. Ein abweichendes Verständnis würde die Regelung manipulationsanfällig machen.
101Schließlich wäre auch das Ergebnis grotesk, wenn man im Hinblick auf den Beginn der Frist auf die - rechtlich irrelevante - Änderung der Vertragsgrundlagen abstellen würde. Es würde vorliegend ab der Aufnahme der Tätigkeit zum 1.5.2002 bis zum 16.5.2010 Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehen, ab der Bekanntmachung des Bescheides vom 2.9.2010 wieder, für den kurzen Zeitraum von ca. 3,5 Monaten dazwischen nicht. Ein absurdes Ergebnis, das nicht dem gesetzgeberischen Willen entspricht.
102III.
103Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG und trägt dem teilweisen Obsiegen des Klägers Rechnung.
104Gründe für die Revisionszulassung gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 2.8.2013 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 24.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22.10.2014 wird aufgehoben, soweit mit diesem festgestellt worden ist, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 25.11.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger in beiden Rechtszügen 1/10 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht des Klägers in seiner Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ab dem 25.11.2010.
3Der am 00.00.1975 geborene Kläger hat Betriebswirtschaftslehre an der P-School of Management (WHU) in W, an der Ecole Supérieure de Commerce de U und an der University of Western Australia studiert und einen Abschluss als Diplom-Kaufmann erworben. Er arbeitete von 1999 bis 2000 als selbständiger Geschäftsführer Marketing & Recht bei der Fa. B und jeweils in abhängiger Beschäftigung von 2000 bis 2001 als Vice President Marketing der Fa. D AG und von 2002 bis 2006 als European Brand Manager bei der Fa. O Europe.
4Durch notariellen Vertrag vom 16.6.2006 gründete der Kläger zusammen mit seinem ehemaligen Kommilitonen, dem am 00.00.1972 geborenen Diplom-Kaufmann D T, die Beigeladene zu 1), eingetragen im Handelsregister am 26.7.2008 (AG L, HRB Nr. 000). Geschäftsgegenstand der Beigeladenen zu 1) ist die Bereitstellung von Dienstleistungen bzw. Software für Handy- und Internetnutzer. Hauptprodukt ist " ...", ein sog. soziales Netzwerk und eine Plattform für Spiele. Die Gründungsgesellschafter sind dort seitdem als Geschäftsführer tätig. Innerhalb der Geschäftsführung verantwortet der Kläger die Geschäftsbereiche Marketing und Operations und Herr T die Geschäftsbereiche Finanzen/Business Development. Gemeinsam nehmen sie die Führung des Bereichs Strategie wahr. Für den technischen Bereich ist - ohne Bestellung zum Geschäftsführer - als Chief Technical Officer (CTO) Herr C verantwortlich.
5Am 20.2.2007 gewährte der Kläger der Beigeladenen zu 1) ein Darlehen in Höhe von 50.000,00 Euro, von dem er einen Betrag i. H. v. 24.455,45 Euro zum 20.6.2007 kündigte. Er übernahm durch Kreditvertrag vom 10.8.2007 zudem eine selbstschuldnerische Bürgschaft zur laufenden Betriebsmittelfinanzierung in Höhe von 5.000,00 Euro.
6Nachdem ursprünglich beide Gründer jeweils 50 % der Anteile am Stammkapital gehalten hatten, kam es in der Folgezeit zu Veränderungen. Am 22.5.2007 übernahm die C Digital Media Investments SA (CDMI) nach Durchführung einer Kapitalerhöhung auf 40.300,00 Euro 37,96 % der Anteile und brachte 2,5 Millionen Euro in das Unternehmen ein. Nachfolgend gewährte CDMI der Beigeladenen zu 1) noch Darlehen und Wandelanleihen im Umfang von 700.000,00 Euro. Die Beteiligung des Klägers und des Herrn T verringerte sich auf jeweils 31,02 %.
7Durch notariell beurkundeten Gesellschafterbeschluss vom 25.11.2010 erfolgte eine weitere Kapitalerhöhung auf 97.870,00 Euro. Dabei erwarben die L Bank und die G la Banque Postale J 00, 00 , 00 (gemeinsam unter dem Kürzel "XAnge" auftretend) jeweils 17,65 % der Anteile. Der Anteil der CDMI blieb unter Anrechnung der Darlehen und Wandelanleihen gleich. Insgesamt hatte die zweite Kapitalerhöhung ein Volumen von 5 Millionen Euro. Seit diesem Zeitpunkt sind der Kläger und Herr T Minderheitsgesellschafter mit jeweils 12,77 % der Gesellschaftsanteile. Der Gesellschafterbeschluss umfasste auch eine Neufassung des Gesellschaftsvertrages (Anlage 1) und der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung (Anlage 2). Dem Aufsichtsrat gehörten seitdem C T (XAnge) als Vorsitzender, Urs Cete (CDMI) und S M (von den Geschäftsführern ausgewählt) an.
8Der aufgrund einer kartellrechtlichen Genehmigung erst am 25.11.2010 beschlossene Gesellschaftsvertrag vom 20.8.2010 lautet auszugsweise:
9"I. Allgemeine Bestimmungen
10§ 1 Firma der Gesellschaft
11Die Gesellschaft ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma C GmbH
12§ 2 Sitz
13Die Gesellschaft hat ihren Sitz in L.
14§ 3 Gegenstand des Unternehmens
15(1) Zweck und Gegenstand des Unternehmens ist die Bereitstellung von Service / Dienstleistung bzw. Software für Handy- und Internetnutzer.
16(2) Die Gesellschaft ist berechtigt, alle Geschäfte zu tätigen, die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks dienlich erscheinen. Sie ist insbesondere berechtigt, im In- und Ausland Niederlassungen zu errichten und zu schließen, andere Unternehmen mit gleichem oder ähnlichem Aufgabengebiet zu erwerben oder sich daran zu beteiligen oder ihre Vertretung oder Geschäftsführung zu übernehmen.
17§ 4 Geschäftsjahr
18Das Geschäftsjahr der Gesellschaft ist das Kalenderjahr.
19§ 5 Dauer der Gesellschaft
20Die Gesellschaft ist für unbestimmte Zeit errichtet.
21( ...)
22II. Stammkapital
23§ 7 Stammkapital, Investoren
24(1) Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt EUR 97.870,00 (in Worten: siebenundneunzigtausendachthundertsiebzig Euro).
25(2) Die Gesellschafterinnen G la Banque Postale J 00 6, Q, Frankreich, G la Banque Postale J 00, Q, Frankreich und G la Banque Postale J 10, Q, Frankreich werden einschließlich ihrer jeweiligen Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger nachfolgend gemeinsam auch als "XAnge" bezeichnet. Die Gesellschafterin C Digital Media Investments S.A., M, wird einschließlich ihrer jeweiligen Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger nachfolgend als "CDMI" bezeichnet. Die Gesellschafterin L, C, wird einschließlich ihrer jeweiligen Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger nachfolgend als "L" bezeichnet. XAnge, L und CDMI sowie deren jeweilige Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger werden nachfolgend einzeln oder gemeinsam, als "Investoren" bezeichnet. Die Gesellschafter D T und D S werden nachfolgend einzeln oder gemeinsam als "Manager" bezeichnet.
26III. Geschäftsführung und Vertretung
27§ 8 Geschäftsführer
28(1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer.
29(2) Die Bestimmung der Anzahl der Geschäftsführer sowie deren Bestellung und Abberufung erfolgt durch den Aufsichtsrat. Bei dem Abschluss, der Änderung und der Beendigung von Geschäftsführer-Dienstverträgen oder sonstigen Vereinbarungen mit Geschäftsführern wird die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat vertreten.
30§ 9 Geschäftsführung
31(1) Die Geschäftsführer führen die Geschäfte der Gesellschaft in Übereinstimmung mit den Gesetzen, diesem Gesellschaftsvertrag sowie den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung und des Aufsichtsrats.
32(2) Die Gesellschafterversammlung kann eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung erlassen. Diese Geschäftsordnung kann vorsehen, dass für bestimmte Maßnahmen der Geschäftsführung die Zustimmung der Gesellschafterversammlung oder des Aufsichtsrats erforderlich ist. Die Gesellschafterversammlung sowie der Aufsichtsrat, dieser jedoch nur einstimmig, können jederzeit beschließen, dass darüber hinaus weitere Maßnahmen der Geschäftsführung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung und/oder des Aufsichtsrats bedürfen.
33§ 10 Vertretung
34(1) Die Gesellschaft wird durch einen Geschäftsführer einzeln vertreten, wenn er der einzige Geschäftsführer ist. Im Übrigen wird die Gesellschaft durch zwei gemeinschaftlich handelnde Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.
35(2) Der Aufsichtsrat kann einzelne oder alle Geschäftsführer generell oder im Einzelfall ganz oder teilweise von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien und einzelnen oder allen Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnis erteilen.
36IV. Aufsichtsrat
37§ 11 Aufsichtsrat
38(1) Die Gesellschaft hat einen Aufsichtsrat, der aus drei (3) Mitgliedern besteht.
39(2) XAnge sind gemeinsam berechtigt, ein (1) Mitglied des Aufsichtsrats zu bestellen und abzuberufen. CDMI ist berechtigt, ein (1) Mitglied des Aufsichtsrats zu bestellen und abzuberufen. Das verbleibende Mitglied des Aufsichtsrates wird von den Managern gemeinsam bestellt und abberufen; bei Ausscheiden eines der Manager als Gesellschafter der Gesellschaft wächst dieses Recht dem verbleibenden Manager an; scheidet auch der verbleibende Manager als Gesellschafter der Gesellschaft aus, wächst dieses Recht den nach Maßgabe dieses Abs. (2) entsende- und abberufungsberechtigten Investoren gemeinsam an. Sinkt die Beteiligung des/der jeweils entsende-und abberufungsberechtigte(n) Gesellschafters/Gesellschaftergruppe auf weniger als 5 % am Stammkapital der Gesellschaft, verliert er/sie sein/ihr Bestellungs- und Abberufungsrecht und wächst dieses den verbleibenden nach Maßgabe dieses Abs. (2) entsende- und abberufungsberechtigten Gesellschaftern bzw. Gesellschaftergruppen zur gemeinsamen Ausübung an. Die Bestellung und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder erfolgt jeweils durch schriftliche Erklärung gegenüber der Geschäftsführung der Gesellschaft. Die erneute Bestellung ist zulässig.
40(3) Die Aufsichtsratsmitglieder sollen Persönlichkeiten sein, die nach Ausbildung, Können und Erfahrung in der Lage sind, die dem Aufsichtsrat übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. Geschäftsführer, Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter der Gesellschaft und etwaiger Beteiligungsgesellschaften der Gesellschaft können nicht Aufsichtsratsmitglieder sein. Die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat endet außer durch Tod oder Abberufung auch durch Amtsniederlegung, die ohne Angabe von Gründen schriftlich und unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von einem Monat gegenüber der Geschäftsführung zu erklären ist, im Übrigen mit Ablauf der Amtsdauer, für welche das jeweilige Mitglied des Aufsichtsrats bestellt ist.
41(4) Der Aufsichtsrat überwacht und berät die Geschäftsführung. Darüber hinaus kann die Gesellschafterversammlung, soweit dies rechtlich zulässig ist, einzelne ihrer Rechte und Befugnisse ganz oder teilweise auf den Aufsichtsrat übertragen und diesen mit zusätzlichen Rechten und Pflichten versehen. Die Gesellschafterversammlung kann jederzeit beschließen, dass dem Aufsichtsrat die auf ihn nach vorstehendem Satz übertragenen Rechte und Pflichten nicht mehr zustehen sollen.
42(5) Sofern in diesem Gesellschaftsvertrag nichts anderes geregelt ist, findet, soweit dies rechtlich zulässig ist, § 52 GmbHG auf den Aufsichtsrat keine Anwendung. § 116 Satz 2 AktG ist entsprechend anzuwenden.
43(6) Die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.
44(7) Die Gesellschafterversammlung kann mit einer Mehrheit von 85 % der Stimmen der in der jeweiligen Gesellschafterversammlung anwesenden oder ordnungsgemäß vertretenen Gesellschafter beschließen, allen oder einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern - über den allen Aufsichtsratsmitgliedern zustehenden Anspruch auf Ersatz ihrer angemessenen Auslagen hinaus - die Zahlung einer angemessenen Vergütung anzubieten, über deren Höhe die Gesellschafterversammlung nach Anhörung des Aufsichtsrats beschließt.
45(8) Wenn und solange ein beschlussfähiger Aufsichtsrat bei der Gesellschaft nicht besteht, werden die Befugnisse und Aufgaben des Aufsichtsrats von der Gesellschafterversammlung wahrgenommen. Diese beschließt in diesem Fall mit einfacher Mehrheit der bei der Gesellschafterversammlung vertretenen Stimmen, wobei die betreffenden Gesellschafterbeschlüsse zu ihrer Wirksamkeit darüber hinaus stets der Zustimmung von XAnge und CDMI bedürfen, wobei XAnge insoweit nur einheitlich abstimmen können.
46(9) Die L sowie deren jeweiliger Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger ist berechtigt, eine Person, die nicht dem Aufsichtsrat angehört, als frage- und rede-, jedoch nicht stimmberechtigten Beobachter zu den Sitzungen des Aufsichtsrats zu entsenden; die Entsendung erfolgt durch schriftliche Erklärung gegenüber der Geschäftsführung der Gesellschaft.
47§ 12 Verfahren des Aufsichtsrats
48(1) Die Mitglieder des Aufsichtsrates wählen aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden. Im Falle der Verhinderung des Aufsichtsratsvorsitzenden hat sein Stellvertreter dessen Befugnisse und Pflichten.
49(2) Der Aufsichtsrat tagt grundsätzlich zwei bis drei Mal im Jahr, wenn nicht besondere Umstände weitere Sitzungen erforderlich machen. ( ...)
50(3) Die Geschäftsführer der Gesellschaft sollen an den Aufsichtsratssitzungen teilnehmen, sofern der Aufsichtsrat nichts anderes beschließt.
51(4) Der Aufsichtsrat ist beschlussfähig, wenn alle drei (3) seiner Mitglieder an der Sitzung teilnehmen oder vertreten sind. Abwesende Mitglieder des Aufsichtsrats können andere Mitglieder des Aufsichtsrats zur Ausübung ihres Stimmrechts bevollmächtigen; die Vollmacht bedarf der Schriftform oder der Form des Telefaxes. Für den Fall, dass der Aufsichtsrat nicht beschlussfällig ist, findet § 11 (8) Anwendung.
52(5) Beschlüsse des Aufsichtsrats bedürfen der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen; Stimmenthaltungen gelten als nicht abgegebene Stimmen. Aufsichtsratsbeschlüsse gemäß § 8 Abs. (2) und § 10 Abs. (2) sowie Aufsichtsratsbeschlüsse im Hinblick auf die jährliche Geschäftsplanung und das Budget der Gesellschaft und ihrer Beteiligungsgesellschaften sowie über die Zustimmungsbedürftigkeit von und die Zustimmung zu Maßnahmen der Geschäftsführung, insbesondere nach Maßgabe der Regelungen in einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung, bedürfen jedoch zu ihrer Wirksamkeit in jedem Falle zusätzlich der Zustimmung der gemäß § 11 Abs. (2) Satz 1 durch XAnge und CDMI bestellten Aufsichtsratsmitglieder.
53( ...)
54V. Gesellschafterversammlungen und -beschlüsse
55§ 13 Gesellschafterversammlungen
56(1) Gesellschafterversammlungen werden von den Geschäftsführern einberufen. Jeder Geschäftsführer ist berechtigt, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Zusätzlich kann jeder Gesellschafter sowie der Aufsichtsrat jederzeit verlangen, dass die Geschäftsführer eine Gesellschafterversammlung einberufen. Darüber hinaus ist jeder Gesellschafter berechtigt, die Gesellschafterversammlung selbst einzuberufen, wenn die Geschäftsführer einem Einberufungsverlangen nicht unverzüglich nachkommen.
57( ...)
58(4) Die Geschäftsführer und die Mitglieder des Aufsichtsrats sollen an den Gesellschafterversammlungen teilnehmen, sofern die Gesellschafter nicht mit einer Mehrheit von mehr als 85 % des Stammkapitals etwas anderes beschließen.
59(5) Eine Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens 85 % des Stammkapitals vertreten sind. Sind weniger als 85 % des Stammkapitals vertreten, so ist unverzüglich eine weitere Gesellschafterversammlung unter Beachtung der in Abs. (2) getroffenen Regelungen einzuberufen. Diese zweite Gesellschafterversammlung ist ohne Rücksicht auf das vertretene Stammkapital beschlussfähig, wenn die Gesellschafter hierauf in der Einberufung hingewiesen worden sind.
60( ...)
61§ 14 Gesellschafterbeschlüsse
62(1) Gesellschafterbeschlüsse sind in Versammlungen zu fassen. Sofern keine zwingenden gesetzlichen Bestimmungen entgegenstehen, können Gesellschafterbeschlüsse auch außerhalb von Versammlungen, und zwar schriftlich, durch Telefax, E-Mail oder mündlich und auch fernmündlich sowie in gemischter Form gefasst werden, wenn alle Gesellschafter sich an der betreffenden Beschlussfassung beteiligen und keiner dem Verfahren widerspricht. Sofern die Beschlussfassung mündlich oder fernmündlich erfolgt, hat die Geschäftsführung oder, für den Fall dass von der Geschäftsführung niemand an der Beschlussfassung teilgenommen hat, der an Lebensjahren älteste an der Beschlussfassung teilnehmende Gesellschafter unverzüglich über den Beschluss eine Niederschrift zu errichten, die abschriftlich jedem Gesellschafter zuzuleiten ist. Die Gesellschafter haben die Niederschrift bei der nächsten Gesellschafterversammlung zu genehmigen.
63(2) Sofern dieser Gesellschaftsvertrag oder zwingende gesetzliche Bestimmungen keine abweichende Mehrheit vorsehen, sind Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der bei der Gesellschafterversammlung vertretenen Stimmen zu fassen. Je EUR 1,00 des Nennbetrags eines Geschäftsanteils gibt eine Stimme. Stimmenthaltungen gelten als Ablehnung. XAnge dürfen ihre Stimmen stets nur einheitlich ausüben.
64(3) Soweit dies rechtlich zulässig ist, sind von der Beschlussfassung betroffene Gesellschafter abweichend von § 47 Abs. 4 GmbHG stimmberechtigt.
65(4) Soweit dem zwingendes Recht nicht entgegensteht, können fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse nur binnen einer Frist von einem Monat seit Zugang der Niederschrift und nur durch Gesellschafter angefochten werden, die in der Gesellschafterversammlung erschienen oder vertreten waren und dem Beschluss zur Niederschrift widersprochen haben oder die in der Gesellschafterversammlung nicht erschienen oder vertreten waren, wenn sie zu Unrecht nicht zugelassen wurden oder die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist.
66§ 15 Besondere Gesellschafterbeschlüsse
67Zu ihrer Wirksamkeit bedürfen neben den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung zu Gegenständen der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung, für die gesetzlich ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen vorgesehen ist, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu folgenden Beschlussgegenständen der Zustimmung von XAnge, CDMI und mindestens einem der Manager, wobei XAnge insoweit nur einheitlich abstimmen können:
68a) Änderungen des Gesellschaftsvertrages und Maßnahmen der Kapitalerhöhung (einschließlich der Schaffung von genehmigtem Kapital) und Kapitalherabsetzung außer in dem in § 18 Abs. (6) genannten Fall, für den die Regelung in § 18 Abs. (4) entsprechend gilt;
69b) Erlass, Aufhebung und Änderung der Geschäftsordnungen für die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat; Übertragung von Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung auf den Aufsichtsrat sowie Entzug der auf den Aufsichtsrat übertragenen Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung (vgl. § 11 Abs. (4));
70c) Entscheidungen über die Zustimmungsbedürftigkeit von Maßnahmen der Geschäftsführung gemäß § 9 Abs. (2);
71d) Entscheidungen über die Zustimmung zu Maßnahmen der Geschäftsführung - sofern diese Zuständigkeit nicht jeweils auf den Aufsichtsrat übertragen ist (vgl. § 11 Abs. (4)) -, einschließlich Beschlussfassungen im Hinblick auf die jährliche Geschäftsplanung und das Budget der Gesellschaft und ihrer Beteiligungsgesellschaften;
72e) Entlastung der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats;
73f) Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Mitglieder des Aufsichtsrats;
74g) Wahl des Abschlussprüfers;
75h) Feststellung des Jahresabschlusses der Gesellschaft;
76i) Beschlussfassung über Dividenden und andere Ausschüttungen jeder Art an die Gesellschaft unter Berücksichtigung der Regelungen in § 16;
77j) Einstellung von Gewinnbeträgen in Rücklagen, Vermehrung oder Verminderung von Rücklagen sowie Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln;
78k) Verfügungen jeglicher Art über sämtliche oder wesentliche Vermögensgegenstände der Gesellschaft;
79l) Abschluss, Änderung und Beendigung von Betriebspachtverträgen, Management-Verträgen und Unternehmensverträgen im Sinne der §§ 291 ff. AktG sowie sonstigen Verträgen, die zu einer wesentlichen Beschränkung des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft führen können (einschließlich Vereinbarungen über Wettbewerbsverbote);
80m) Eingehung von Gesellschaftsverhältnissen jeder Art einschließlich stiller Beteiligungen und aller Absprachen, die dem anderen Vertragsteil eine Beteiligung am Gewinn, Umsatz oder Liquidationserlös der Gesellschaft gewähren;
81n) Entscheidung über den Verzicht auf und Befreiungen von Wettbewerbsverboten zugunsten der Gesellschaft;
82o) Auflösung und/oder Liquidation der Gesellschaft, Formwechsel oder Verschmelzung der Gesellschaft oder sonstige Maßnahmen i. S. v. § 1 UmwG.
83Zusätzlich bedürfen die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu den vorstehend unter lit. a) bis o) genannten Beschlussgegenständen, mit Ausnahme der unter lit. d) und lit. l) genannten Beschlussgegenstände, zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der L.
84( ...)"
85Der Kläger und die Beigeladene zu 1) schlossen am 25.11.2010 einen Geschäftsführeranstellungsvertrag, der auszugsweise lautet:
86"Der Geschäftsführer wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 16. Juni 2006 als Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer wurde mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit (Rück-) Wirkung zum 1. Mai 2007 ein Anstellungsvertrag geschlossen ("Anstellungsvertrag 2007"). Dieser soll mit Ablauf des 31. Juli 2010 einvernehmlich aufgehoben und durch den vorliegenden Anstellungsvertrag ersetzt werden.
871 Aufhebung Anstellungsvertrag 2007
881.1 Der Anstellungsvertrag 2007 wird hiermit mit (Rück-) Wirkung zum Ablauf des 31. Juli 2010 einvernehmlich aufgehoben.
891.2 Mit (Rück-) Wirkung vom 1. August 2010 an wird der Anstellungsvertrag 2007 durch den vorliegenden Anstellungsvertrag ersetzt.
902 Aufgaben und Pflichten
912.1 Der Geschäftsführer führt die Geschäfte der Gesellschaft eigenverantwortlich nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, der Beschlüsse und Weisungen des für Geschäftsführerangelegenheiten zuständigen Gesellschaftsorgans, der jeweils gültigen Geschäftsordnung und eines etwaigen Geschäftsverteilungsplans für die Geschäftsführung, wenn solche erlassen wurden, und nach Maßgabe dieses Anstellungsvertrags.
922.2 Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft im Rahmen seiner Befugnisse gerichtlich und außergerichtlich.
932.3 Die Gesellschaft kann weitere Geschäftsführer bestellen. Der Geschäftsführer ist dann verpflichtet, mit Mitgeschäftsführern kollegial und kooperativ zusammenzuarbeiten.
942.4 Der Geschäftsführer hat die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu führen. Er nimmt die Rechte und Pflichten eines Arbeitgebers im Sinne des Arbeits-, Sozial- und Steuerrechts wahr.
952.5 Die Befugnis zur Geschäftsführung umfasst die Vornahme aller Maßnahmen im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs der Gesellschaft, soweit nicht nach der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung ein zustimmungsbedürftiges Geschäft vorliegt.
963 Umfang der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht
97Der Geschäftsführer ist zu Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft einzeln befugt. Er hat jedoch etwaige Einschränkungen zu beachten, die ihm durch die Satzung, eine Geschäftsordnung, die Bestimmungen dieses Vertrages sowie durch Beschlüsse der Gesellschafterversammlung oder eines Aufsichtsrates oder Beirates auferlegt werden.
984 Beginn, Vertragsdauer Beendigung und Freistellung
994.1 Dieser Vertrag beginnt am 1. August 2010 und ist unbefristet. Das Anstellungsverhältnis kann von beiden Parteien unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende ordentlich gekündigt werden, erstmals jedoch zum 31. Januar 2011.
1004.2 Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.
1014.3 Jede Kündigung bedarf der Schriftform. Eine ohne Beachtung dieser Form ausgesprochene Kündigung ist rechtsunwirksam.
1024.4 Ein Widerruf der Bestellung des Geschäftsführers gilt zugleich als ordentliche Kündigung dieses Dienstvertrages, soweit keine außerordentliche Kündigung erklärt wird.
103( ...)
1045 Arbeitszeit und Nebentätigkeit
1055.1 Der Geschäftsführer ist in der Einteilung seiner Arbeitszeit grundsätzlich frei. Er hat jedoch bei der Einteilung seiner Arbeitszeit auf die Belange der Gesellschaft Rücksicht zu nehmen und zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert.
1065.2 Die Übernahme einer jeden entgeltlichen oder unentgeltlichen Nebentätigkeit, von Aufsichtsrats-, Beirats- oder ähnlichen Mandaten sowie von Ehrenämtern ist nur mit vorheriger Zustimmung der Gesellschafterversammlung bzw. des Beirats oder Aufsichtsrats gestattet. Die Zustimmung soll im Regelfall erteilt werden, sofern berechtigte Interessen der Gesellschaft nicht entgegenstehen.
1076 Vergütung
1086.1 Der Geschäftsführer erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ein festes Jahresgehalt in Höhe von EUR 90.000 brutto sowie eine variable Vergütung in Höhe von bis zu EUR 30.000 brutto. Die Voraussetzungen für den Erhalt der anteiligen bzw. der vollen variablen Vergütung vereinbaren der Aufsichtsrat der Gesellschaft und der Geschäftsführer in regelmäßigen Abständen.
109Das feste Jahresgehalt ist zahlbar in zwölf gleichen monatlichen Raten, jeweils am Kalendermonatsende. Beginnt oder endet das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers unterjährig während des Kalenderjahrs, wird das Jahresgehalt anteilig pro rata temporis gezahlt.
1106.2 Die Parteien vereinbaren, dass die Vergütung des Geschäftsführers nach Ablauf von einem Jahr, berechnet ab dem 1. August 2010, an die Unternehmensentwicklung der Gesellschaft angepasst wird. Sie verpflichten sich, spätestens drei Monate vor Ablauf des ersten Jahres in Verhandlungen über die künftige Vergütungshöhe einzutreten.
1116.3 Mit der Vergütung gemäß diesem Anstellungsvertrag ist die gesamte Tätigkeit des Geschäftsführers bei der Gesellschaft abgegolten. Ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung von Mehr-, Sonntags- und Feiertagsarbeit sowie auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld/13. Monatsgehalt besteht nicht.
1126.4 Der Geschäftsführer erhält nach Maßgabe der Anlage 1 zu diesem Vertrag einen Exit Bonus. Anlage 1 ist Bestandteil dieses Vertrages.
1136.5 Besteht keine gesetzliche Pflicht zur Krankenversicherung, zahlt die Gesellschaft dem Geschäftsführer für die Dauer dieses Anstellungsvertrages einen Zuschuss zur Krankenversicherung in Höhe des Arbeitgeberanteils, wie er bei Krankversicherungspflicht bestünde.
1146.6 Der Geschäftsführer ist berechtigt zu verlangen, dass die Gesellschaft dem Geschäftsführer ein Firmenfahrzeug zur Verfügung stellt. Macht der Geschäftsführer hiervon Gebrauch, reduziert sich die monatliche Teilrate des festen Jahresgehaltes gemäß Ziff. 7.1 in Höhe der mtl. Netto-Finanzierungs-Leasingrate für ein solches Fahrzeug. Entsprechend reduziert sich der Anspruch auf das Jahresgehalt.
1156.7 Soweit Nebenleistungen zum steuerpflichtigen Arbeitsentgelt zählen, trägt der Geschäftsführer die hierauf entfallenden Steuern, auch soweit es sich um Pauschalsteuern handelt, sowie etwaige Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag. Dies gilt auch, soweit Lohnsteuerbeträge nachträglich zu entrichten sind.
1167 Vergütung bei Dienstverhinderung
1177.1 Im Falle der vorübergehenden Dienstunfähigkeit des Geschäftsführers, die durch Krankheit, Unfall oder aus einem anderen von dem Geschäftsführer nicht zu vertretenden Grund eintritt, hat der Geschäftsführer Anspruch auf Fortzahlung seines festen Gehalts gemäß Ziff. 7.1 für die Dauer von bis zu zwölf Wochen, längstens jedoch bis zur Beendigung dieses Vertrages. Etwaige aufgrund der Dienstverhinderung von dritter Seite gezahlten Geldleistungen, etwa das Krankengeld einer Krankenkasse, sind auf die Fortzahlung der Vergütung anzurechnen.
1187.2 Der Geschäftsführer ist verpflichtet, die Gesellschaft unverzüglich von einer solchen Dienstverhinderung in Kenntnis zu setzen.
1197.3 Kann der Geschäftsführer von Dritten Schadensersatz wegen des Verdienstausfalls beanspruchen, der ihm durch seine Dienstunfähigkeit entstanden ist, so tritt er hiermit den Teil dieser Ansprüche gegen Dritte insoweit an die Gesellschaft ab, als diese ihm seine Vergütung fortzahlt, etwaige darauf entfallende von der Gesellschaft zu tragende Sozialversicherungsbeiträge abgeführt und Zuschüsse zu einer (privaten) Krankenversicherung übernommen hat. Der Geschäftsführer hat der Gesellschaft unverzüglich die zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche erforderlichen Angaben zu machen und Informationen zur Verfügung zu stellen. Soweit der Geschäftsführer den Übergang eines Schadenersatzanspruches gegen einen Dritten auf die Gesellschaft verhindert oder die zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlichen Angaben nicht macht und Informationen nicht zur Verfügung stellt, ist die Gesellschaft berechtigt, die Fortzahlung der Vergütung nach Ziff. 8.1 zu verweigern.
1208 Urlaub
1218.1 Zwischen den Parteien besteht dahingehend Einverständnis, dass dem Geschäftsführer, bezogen auf jeweils ein volles Kalenderjahr, bezahlter Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen zusteht. Beginnt oder endet das Anstellungsverhältnis unterjährig, beträgt der Urlaubsanspruch 1/12 des Jahresurlaubs für jeden angefangenen Beschäftigungsmonat.
1228.2 Bei der zeitlichen Festlegung des Zeitpunkts und der Dauer des Urlaubs sind die geschäftlichen Belange der Gesellschaft zu berücksichtigen. Lage und Dauer des Urlaubs sind zudem mit etwaigen Mitgeschäftsführern abzustimmen.
1238.3 Kann der Geschäftsführer aus geschäftlichen oder aus in seiner Person liegenden Gründen den Urlaub nicht oder nicht vollständig bis zum Jahresende nehmen, so bleibt ihm der Anspruch auf Urlaub insoweit bis zum 30. Juni des Folgejahres erhalten. Kann aus persönlichen Gründen der Urlaub auch bis zu diesem Zeitpunkt nicht oder nicht vollständig genommen werden, so verfällt er; kann aus geschäftlichen Gründen der Urlaub auch bis zu diesem Zeitpunkt nicht oder nicht vollständig genommen werden, so ist er dem Geschäftsführer abzugelten.
1249 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot; Zusicherung; Vertragsstrafe
1259.1 Während der Dauer des Anstellungsverhältnisses ist es dem Geschäftsführer untersagt, direkt oder indirekt, selbständig, als freier Mitarbeiter oder als Arbeitnehmer für ein mit der Gesellschaft im Wettbewerb stehendes Unternehmen zu arbeiten oder in sonstiger Weise tätig zu werden oder eigene unternehmerische Tätigkeiten zu entfalten, durch die er zur Gesellschaft in den Wettbewerb treten würde.
1269.2 Während der Dauer des Anstellungsverhältnisses ist es dem Geschäftsführer ferner untersagt, sich direkt oder indirekt an einem im Wettbewerb zu der Gesellschaft stehenden Unternehmen zu beteiligen. Ausgenommen sind lediglich Beteiligungen an börsennotierten Aktiengesellschaften von bis zu 10% aller ausgegebenen Aktien.
127( ...)
1289.14 Der Geschäftsführer hat für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsverbot eine nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB durch die Gesellschaft festzusetzende Vertragsstrafe in Höhe von bis zu sechs, vor seinem Ausscheiden durchschnittlich bezogenen monatlichen Vergütungen an die Gesellschaft zu zahlen. ( ...)
12910 Ersatz von Aufwendungen
130Die Gesellschaft erstattet dem Geschäftsführer Spesen und sonstige Aufwendungen, die im Rahmen ordnungsgemäßer Erfüllung dieses Vertrages für die Gesellschaft aufzubringen waren. Die Erstattung erfolgt gegen Vorlage der Originalbelege und zwar maximal in Höhe der steuerlich jeweils zulässigen Höchstsätze.
131( ...)
13213 Rechte an Arbeitsergebnissen
13313.1 Alle Rechte an den Arbeitsergebnissen des Geschäftsführers stehen alleine der Gesellschaft zu. Der Geschäftsführer ist verpflichtet, die Gesellschaft unverzüglich und schriftlich über alle Arbeitsergebnisse im Sinne dieser Bestimmung zu informieren, um die Wahrung ihrer Rechte zu ermöglichen.
134( ...)
13515 Verschiedenes
136( ...)
13715.2 Nebenabreden wurden nicht getroffen. Etwaige früher getroffene Vereinbarungen (insbesondere Arbeits- und Dienstverhältnisse) werden hiermit gegenstandslos. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform; die elektronische Form und die Textform sind ausgeschlossen. Satz 3 gilt auch für die Aufhebung, Änderung oder Ergänzung des Schriftformerfordernisses selbst. Individuelle Vereinbarungen haben stets Vorrang und gelten auch ohne Beachtung des Formerfordernisses (§ 305b BGB).
138( ...)"
139Weitere Rechte und Pflichten der Geschäftsführer ergeben sich aus der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der Gesellschaft vom 25.11.2010, die auszugsweise in deutscher Übersetzung lautet:
140"( ...)
141§ 1 Allgemeine Vorschriften
142Die Geschäftsführer betreiben die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers und in Übereinstimmung mit den Gesetzen, dem Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft, dieser Satzung, ihren entsprechenden Servicevereinbarungen und den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung und des Aufsichtsrates. Sie kooperieren zum Vorteil der Gesellschaft gutgläubig mit der Gesellschafterversammlung und den anderen Organen der Gesellschaft.
143§ 2 Jährlicher Geschäftsplan und jährliches Budget
144Die Geschäftsführung legt dem Aufsichtsrat spätestens 30 Kalendertage vor Beginn eines jeden Geschäftsjahres den jährlichen Geschäftsplan und das jährliche Budget für das folgende Geschäftsjahr zur Genehmigung, einschließlich insbesondere der monatlichen Plan-Bilanz, der monatlichen Plan-GuV und der monatlichen Liquiditätsplanung für das folgende Geschäftsjahr vor.
145§ 3 Reporting, Beratung und Prüfung
146(1) Zusätzlich zu sonstigen Reportingpflichten (einschließlich der gesetzlich vorgegebenen) stellt die Geschäftsführung den Investoren und Aufsichtsratmitgliedern der Gesellschaft folgende Informationen zur Verfügung (gemäß der Definition in § 7 (2) des Gesellschaftsvertrags): (a) (i) die ungeprüften monatlichen Rechnungsabschlüsse innerhalb von 20 Kalendertagen nach jedem Kalendermonat, in welchen die aktuellen Zahlen (Bilanzdaten, Gewinn- und Verlustrechnung, Cashflow) den entsprechenden Budget-Zahlen des Vormonats, denen des laufenden Geschäftsjahres und den Zahlen des vorherigen Geschäftsjahres gegenüber gestellt werden; (ii) die Mitarbeiterzahl und (iii) ein kurzes Management-Update über alle relevanten Details (einschließlich insbesondere interner Forschungstätigkeiten und Dienstleistungsverträge) (b) (i) die ungeprüften vierteljährlichen Rechnungsabschlüsse innerhalb von 21 Kalendertagen nach jedem Kalenderquartal, in welchen die aktuellen Zahlen (Bilanzdaten, Gewinn- und Verlustrechnung, Cashflow) den entsprechenden Budget-Zahlen des Vorquartals, denen des laufenden Geschäftsjahres und den Zahlen des vorherigen Geschäftsjahres gegenüber gestellt werden; (ii) einen Fortschrittsbericht, der die Geschäftslage und -entwicklung der Gesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften darstellt, einschließlich Forschung und Entwicklung; (iii) eine Verkaufsprognose; (iv) eine zwölfmonatige Cashflowprognose; (v) geistige Eigentumsrechte; (vi) Personalveränderungen; (vii) sonstige wichtige Belange im Verhältnis zu den gesetzten Meilensteinen und Anderweitiges (c) sonstige Informationen zur Finanzlage, zum Geschäft, Ausblick oder zu den Belangen der Gesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften.
147(2) Die Geschäftsführer beraten sich vor dem Treffen von Entscheidungen, welche von erheblicher Relevanz für die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft und ihren Tochtergesellschaften sind, mit dem Aufsichtsrat. Dies gilt insbesondere für Entscheidungen, die den Rahmen des gegenwärtigen Geschäftsumfangs der Gesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften übersteigen und nicht in den Investment-, Finanz- und Geschäftsplänen sowie dem vom Aufsichtsrat genehmigten Budget enthalten sind.
148(3) Darüber hinaus besitzen die Aufsichtsratmitglieder jederzeit ein umfassendes Recht auf Auskunft und auf Beratung mit den Geschäftsführern. Sie sind insbesondere berechtigt, die Geschäftsbücher und -unterlagen der Gesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften einzusehen, zu prüfen und vom Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft sofort Auskünfte zu erhalten. Zu diesem Zweck wird der Wirtschaftsprüfer von seiner Vertraulichkeitsverpflichtung entbunden. Spezielle Pflichten dürfen Sachverständigen auferlegt werden, die einer beruflichen Vertraulichkeitsverpflichtung unterliegen. Die Gesellschaft trägt die entsprechenden Kosten für solche Sachverständige. Die gemäß § 51 a GmbHG bestehenden Auskunfts- und Einsichtsrechte der Gesellschafter bleiben unberührt.
149§ 4 Zustimmungsbedürftige Handlungen der Geschäftsführung
150Die Geschäftsführung holt für die folgenden Geschäftstätigkeiten und -maßnahmen die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats gemäß § 12 (5) des Gesellschaftsvertrags ein, sofern sie nicht ausdrücklich (i) im bereits von der Gesellschafterversammlung genehmigten jährlichen Geschäftsplan oder (ii) in einem nachfolgenden jährlichen Geschäftsplan und Budget enthalten sind, welche gemäß § 2 dieser Satzung in Verbindung mit § 12 (5) des Gesellschaftsvertrags genehmigt worden sind. 1. Begründung, Erwerb, Abschluss oder - sofern nicht durch § 15 (k) dieses vorherrschend geltenden Gesellschaftsvertrags abgedeckt - Verkauf eines Geschäftsbetriebs, Teilen eines Geschäftsbetriebs oder von Zweigstellen; Aufbau oder Erwerb oder - sofern nicht durch § 15 (k) dieses vorherrschend geltenden Gesellschaftsvertrags abgedeckt - Veräußerung oder Auflösung von Anteilen oder Beteiligungen an Gesellschaften (insbesondere von einhundertprozentigen oder teilweise im Besitz befindlichen Tochtergesellschaften). 2. Erwerb oder - sofern nicht durch § 15 (k) dieses vorherrschend geltenden Gesellschaftsvertrags abgedeckt - Verkauf oder Belastung von Grundbesitz oder ähnlichen Rechten. 3. Entscheidungen, die einen erheblichen Einfluss auf die Organisationsstruktur der Gesellschaft haben. 4. Ernennung von Prokuristen und Generalbevollmächtigten und/oder Widerruf einer solchen Ernennung. 5. Gewährung von Ansprüchen auf der Grundlage von Verkäufen, Erträgen, Gewinnen oder Liquidationserlösen der Gesellschaft - in jeglicher Form - mit Ausnahme von Provisionen, Prämien und möglichen Vergütungen für Mitarbeiter und Geschäftspartner der Gesellschaft, die im Geschäftsgang üblich sind. 6. Eingehen von Bürgschaften, gemeinsamen Verbindlichkeiten, Patronatserklärungen, Garantien und sonstigen Wertpapieren zugunsten anderer Parteien außerhalb des üblichen Geschäftsgangs. 7. Abschluss, Änderung oder Kündigung von Vereinbarungen mit a) Gesellschaftern, ehemaligen Gesellschaftern, Geschäftsführungs- oder Aufsichtsratsmitgliedern, den Verwandten solcher Personen im Rahmen der Bedeutung von § 15 AO oder mit engen Verwandten solcher Personen im Rahmen der Bedeutung von § 138 (1) InsO; b) Gesellschaften, an welchen eine der o. g. Personen direkte oder indirekte Beteiligungen hält; c) sonstigen Parteien, wenn die entsprechende Vereinbarung von einem Mitglied der Geschäftsführung, die im Auftrag und Namen dieser Partei handelt, abgeschlossen, verändert oder gekündigt wird. 8. Investitionen (einschließlich der Übernahme von Leasingverpflichtungen) über jeweils EUR 20.000,00 und Investitionen, wenn die Gesamtheit dieser im Geschäftsjahr EUR 50.000,00 übersteigt; Initiierung von Entwicklungsprojekten mit einem Volumen von jeweils über EUR 20.000,00 und Entwicklungsprojekte, wenn die Gesamtheit dieser im Geschäftsjahr EUR 50.000,00 übersteigt. 9. Aufnahme von Geldern (einschließlich der Verlängerung von Kreditlinien) oder Ausgabe von Wechseln oder Akzepten mit einem Gesamtvolumen von über EUR 50.000,00. 10. Gewährung von Darlehen an Mitarbeiter oder Personen, ausgenommen verbundener Gesellschaften der Gesellschaft und außer geschäftsüblichen Termineinlagen bei Banken. 11. Geschäftstransaktionen mit Derivaten, Finanzinstrumenten und Terminverträgen über Devisen, Wertpapiere, sonstige Finanzprodukte, -güter und -rechte, die an Börsen gehandelt werden, es sei denn, dass diese Geschäftstransaktionen nur für Hedgingzwecke durchgeführt werden. 12. Abschluss, Änderung oder Kündigung von Vereinbarungen über den Verkauf oder Kauf von Lizenzen, Patenten, sonstigen geistigen Eigentumsrechten oder Know-how außerhalb des üblichen Geschäftsgangs. 13. Abschluss, Änderung oder Kündigung von exklusiven Vertriebsvereinbarungen, Annahme von Lieferverpflichtungen, welche den Zeitraum des gegenwärtigen Geschäftsplans und Budgets übersteigen oder eine Kündigungsfrist von mehr als drei Monaten vorsehen. 14. Abschluss, Änderung oder Kündigung von Kooperationsvereinbarungen, Partnerschaftsabkommen, Forschungs- und Entwicklungsabkommen sowie Joint Venture-Vereinbarungen außerhalb des üblichen Geschäftsgangs. 15. Abschluss, Änderung oder Kündigung von (i) Miet-, Pacht- oder Leasingverträgen (außer Leasingverträge über IT-Ausrüstungen) mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren oder einer Jahresverpflichtung von jeweils über EUR 50.000,00 und (ii) Leasingverträge über IT-Ausrüstungen mit einer Laufzeit von mehr als drei Jahren und einer Jahresverpflichtung von über EUR 10.000,00. 16. Abschluss, Änderung oder Kündigung von anderen Vereinbarungen mit einer Jahresverpflichtung von jeweils über EUR 20.000,00. 17. Abschluss, Änderung oder Kündigung von Vereinbarungen mit einem Mitglied der obersten Geschäftsführung der Gesellschaft und mit anderen Mitarbeitern der Gesellschaft, welche ein Gesamtjahresgehalt (erfasstes Einkommen) von über EUR 70.000,00 brutto erhalten, einschließlich insbesondere Gehaltserhöhungen oder -änderungen oder sonstige Vorteile eines solchen Mitarbeiters; Einsatz oder Änderung von Anteilsoptionen, Pensions- oder sonstigen Vergünstigungsplänen. 18. Abschluss, Änderung oder Kündigung von Vereinbarungen mit Beratern oder sonstigen Freiberuflern mit einer Jahresverpflichtung von jeweils über EUR 20.000,00. 19. Erteilen von Pensionsberechtigungen an Mitarbeiter, ausgenommen Direktversicherungen, die von den Mitarbeitern übernommen werden, wenn sie die Gesellschaft im Einklang mit den geltenden Steuergesetzen verlassen, 20. Einleiten, Führen und Beilegen von Rechtsverfahren mit einem Streitwert von jeweils über EUR 15.000,00, sofern solche sich nicht nur auf das Einziehen von Forderungen beziehen, die aus den üblichen Geschäftstätigkeiten entstehen. 21. Ausübung von Gesellschafterrechten und leitenden Funktionen in Tochtergesellschaften der Gesellschaft; welche - sofern auf der Ebene der Gesellschaft gefasst - gemäß den Gesetzen, dem Gesellschaftsvertrag oder dieser Satzung eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung oder des Aufsichtsrates bedürfen. 22. Sonstige Geschäftstätigkeiten und -maßnahmen außerhalb des üblichen Geschäftsgangs der Gesellschaft."
151Bereits am 30.9.2010 hatten der Kläger und die Beigeladene zu 1) gemeinsam bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers ab dem 1.8.2010 beantragt.
152Nach Anhörung vom 8.2.2011 stellte die Beklagte mit gleichlautenden Bescheiden vom 24.3.2011 hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) seit dem 1.8.2010 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit Versicherungspflicht in der Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fest. Hierfür sprechende Merkmale seien der gesonderte Arbeitsvertrag, der die Mitarbeit in der Gesellschaft regele, die Zahlung einer für die Tätigkeit üblichen Vergütung in Höhe von 90.000,00 Euro jährlich und der dem Kläger aufgrund seines geringen Anteils am Stammkapital in Höhe von lediglich 12,77 % fehlende maßgebende Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Für eine selbständige Tätigkeit spreche demgegenüber, dass der Kläger am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt und zudem alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sei. Zudem habe er der Gesellschaft ein Darlehen bzw. eine Bürgschaft gewährt. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Der Stimmrechtsanteil ermögliche es dem Kläger nicht, ihm negative Entscheidungen bzw. Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Er verfüge auch nicht über eine Sperrminorität. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage er kein eine selbständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko. Zwar sei der Kläger aufgrund der vom Geschäftserfolg abhängigen Tantiemenzahlung indirekt am Gewinn der Beigeladenen zu 1) beteiligt, eine Kürzung bzw. den Wegfall der Bezüge bei schlechter Geschäftslage müsse er jedoch nicht befürchten. Hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Ausübung der Tätigkeit sei ihm weitestgehende Gestaltungsfreiheit belassen. Dennoch sei die Arbeit fremdbestimmt, da sie sich in eine von der Gesellschafterversammlung vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedere. Die Weisungsgebundenheit verfeinere sich, wie bei Diensten höherer Art üblich, zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Allein aus der weisungsfreien Ausführung der Tätigkeit könne nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden, da der Kläger ansonsten in eine nicht von ihm vorgegebene Ordnung des Betriebes eingegliedert sei und nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln dürfe, so dass er selbst bei Belassung großer Freiheiten der Überwachung der Gesellschafterversammlung unterliege. Dies gelte auch dann, wenn die Gesellschafter von ihrer Überwachungsbefugnis regelmäßig keinen Gebrauch machten. Zudem enthalte der Geschäftsführeranstellungsvertrag arbeitsvertraglich typische Regelungen zu Erholungsurlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Diese seien Indizien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung, da derartige Leistungen Arbeitnehmern vorbehalten seien. Auch bei besonderen Branchenkenntnissen sei nicht zwingend eine selbständige Tätigkeit anzunehmen, denn Geschäftsführer verfügten regelmäßig über spezielle Fachkenntnisse, deren Vorhandensein Voraussetzung für die Übertragung der Aufgabe sei.
153Hiergegen legte der Kläger am 21.4.2011 Widerspruch ein, mit dem er die Auffassung vertrat, der Bescheid sei rechtswidrig. Bei einer Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung seiner Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit. Er sei keineswegs weisungsgebunden bezüglich Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit. Ein dienendes Tätigwerden für ein fremdes Unternehmen sei nicht erkennbar, denn ihm komme aufgrund seiner Eigenschaft als Gründungsgesellschafter der Beigeladenen zu 1) und seiner besonderen, für die Gesellschaft unverzichtbaren Branchenkenntnisse erheblicher Einfluss auf alle Entscheidungen der Gesellschafterversammlung zu. Er trage durch die Gewährung eines Kredits und die Übernahme einer Bürgschaft für die Gesellschaft auch ein erhebliches Unternehmerrisiko.
154Die Gesellschaft habe keinen alltäglichen Geschäftsgegenstand und sei maßgeblich vom Gesellschafter-Geschäftsführer abhängig. Trotz seiner Stellung als Minderheitsgesellschafter sei der Kläger durch sein besonderes Know-how für die Führung des Unternehmens und für die von der Gesellschaft zu treffenden Entscheidungen in den Bereichen Mobile Entertainment und Mobile Games, Entwicklung sowie Platzierung entsprechender Produkte am internationalen Markt bestimmend. Denn er verfüge als Einziger über die Kenntnisse für den angestrebten Ausbau der internationalen Marktpräsenz des Hauptproduktes " ...". Zudem sei er geistiger Vater der Anwendungen "Social Engine" und "Multiplayer Games Engine". Die Gesellschaft verlasse sich bei Entscheidungen in diesem Bereich alleine auf den Kläger. Daneben seien seine besonderen beruflichen Kenntnisse aus den Bereichen Spielgestaltung, Usability, Marketingkommunikation und Marktforschung durch seine mehr als zehnjährige Erfahrung in der Entwicklung von interaktiven Entertainmentprodukten für jugendliche Zielgruppen zu berücksichtigen. Sämtliche Gesellschafter seien auf diese Kenntnisse des Klägers angewiesen, würden sich darauf verlassen und diesbezügliche Entscheidungen des Klägers "durchwinken". Die Beteiligung der übrigen Gesellschafter stelle eine rein finanzielle Beteiligung ohne Einflussnahme auf das operative Geschäft dar. Demgegenüber handele es sich bei dem Kläger um "Kopf und Seele" der Beigeladenen zu 1).
155Schließlich scheide der vorhandene Geschäftsführeranstellungsvertrag, namentlich die inhaltlichen Regelungen zum Erholungsurlaub und zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, als maßgebliches Kriterium für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus, denn über einen solchen verfügten in der Regel auch Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Anteil von mehr als 50% des Stammkapitals.
156Mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Neben der Bezugnahme auf die Begründung ihres Bescheides führte sie aus: Allein aus der weisungsfreien Ausführung der Tätigkeit könne nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden, da der Kläger ansonsten in einer nicht von ihm vorgegebenen Ordnung des Betriebes eingegliedert sei und nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrags und der Gesellschafterbeschlüsse handeln dürfe. Die Weisungsgebundenheit eines geschäftsführenden Gesellschafters mit einer Minderheitsbeteiligung verfeinere sich dabei wie bei Diensten höherer Art üblich zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Dem stehe nicht entgegen, dass der Kläger als geschäftsführender Gesellschafter gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern Funktionen eines Arbeitgebers wahrnehme, denn auch wer selbst Arbeitgeberfunktionen ausübe, könne seinerseits als leitender Angestellter bei einem Dritten persönlich abhängig sein. Der Kläger erhalte eine monatlich gleichbleibende Vergütung und habe Anspruch auf Weiterzahlung seiner Bezüge im Krankheitsfall. Indizien für eine selbständige Tätigkeit seien die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB sowie die Alleinvertretungsberechtigung. Diese Merkmale träten jedoch gegenüber der Weisungsgebundenheit durch die Gesellschafterversammlung in den Hintergrund.
157Daraufhin hat der Kläger am 29.11.2011 Klage zum Sozialgericht Köln erhoben. Am gleichen Tag hat auch die Beigeladene zu 1) dort gesondert Klage erhoben (Az. S 17 R 1773/11). Ihr Verfahren ist - ebenso wie das dortige Verfahren des Herrn T (Az. S 25 R 1325/12) - ruhend gestellt worden.
158Zur Begründung hat der Kläger sein vorheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Zusammen mit dem anderen Gesellschafter-Geschäftsführer T habe er die Geschäftsführung und damit Unternehmensleitung inne. Die Geschäftsführer seien jeweils für verschiedene Geschäftsbereiche allein verantwortlich, der Kläger dabei für Marketing und Produktentwicklung. Die Führung des Bereichs Strategie obliege beiden Geschäftsführern gemeinsam. Der Kläger habe trotz seiner Stellung als Minderheitsgesellschafter entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft bezogen auf die übernommenen Geschäftsbereiche. Er führe die Bereiche nach eigenem Gutdünken, gebe die entsprechenden Anweisungen und bestimme so die Richtung für die übrigen Gesellschafter. Beide Geschäftsführer zusammen vereinten 25,54 % der Gesellschaftsanteile auf sich. Sie verfügten damit zwar über keine gesellschaftsvertragliche Sperrminorität bei Gesellschafterbeschlüssen, allerdings sei die Gesellschafterversammlung ohne die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht beschlussfähig, da hierfür mindestens 85 % des Stammkapitals vertreten sein müssten. Zudem könnten zahlreiche Beschlüsse nur mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden, die beide Gesellschafter-Geschäftsführer zusammen aufgrund der Höhe ihrer gemeinsamen Gesellschaftsanteile verhindern könnten. Damit verfügten sie faktisch über eine Sperrminorität. Das Verhältnis der Geschäftsführer-Gesellschafter zueinander sei zudem durch gegenseitige Rücksichtnahme ähnlich einer Familiengesellschaft geprägt. Die Aufnahme weiterer Gesellschafter sei erforderlich gewesen, da die Beigeladene zu 1) als noch junges Unternehmen nicht die für den massiven Ausbau und die Weiterentwicklung des Geschäfts erforderlichen Kredite erhalten habe. Die beiden Gründungsgesellschafter könnten allerdings nach wie vor in der Art und Weise schalten und walten, wie zu der Zeit als alleinige Gesellschafter. Es fänden lediglich zwei- bis viermal im Jahr Aufsichtsratstreffen statt, auf denen die Grundausrichtung der Gesellschaft besprochen werde.
159Die Beklagte habe zudem nicht hinreichend gewürdigt, dass der Kläger über eine langjährige Erfahrung in Marketing und Produktentwicklung sowie insgesamt unverzichtbares Knowhow verfüge und zudem ein erhebliches wirtschaftliches Risiko trage. Er sei trotz seiner monatlichen Vergütung vom wirtschaftlichen Erfolg der Beigeladenen zu 1) unmittelbar abhängig, was der erfolgsabhängige Vergütungsanteil belege. Zudem seien das Darlehen und die Bürgschaft zu berücksichtigen. Hilfsweise macht der Kläger geltend, dass die Privilegierung des § 7a Abs. 6 SGB IV zur Anwendung gelange.
160Der Kläger hat beantragt,
161unter Aufhebung des Bescheides vom 24.3.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 festzustellen, dass er seine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 25.11.2010 im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausübt, die nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
162Die Beklagte hat beantragt,
163die Klage abzuweisen.
164Sie hat im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden verwiesen.
165Die durch Beschluss vom 23.3.2012 verfahrensbeteiligte Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen des Klägers angeschlossen, jedoch keinen Antrag gestellt.
166Mit Schriftsatz vom 16.1.2013 hat die Beklagte ein Teil-Anerkenntnis abgegeben und ihren Bescheid vom 24.3.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 für den Zeitraum vom 1.8.2010 bis zum 24.11.2010 aufgehoben. Der Kläger hat dieses Teil-Anerkenntnis angenommen, das Verfahren insoweit für erledigt erklärt und gesondert die (erneute) Feststellung für den vorgenannten Zeitraum bei der Beklagten beantragt.
167Am 2.8.2013 ist der Rechtsstreit mündlich verhandelt worden. Im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme wurde Herr T als Zeuge vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
168Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 2.8.2013 abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Bei wertender Gesamtbetrachtung sei der Kläger hinsichtlich seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 25.11.2010 als abhängig beschäftigt anzusehen. Der Kläger habe unstreitig nur die Stellung eines Minderheitsgesellschafters inne und verfüge über keine umfassende Sperrminorität, um Beschlüsse der Gesellschafterversammlung oder des Aufsichtsrats zu seinen Lasten zu verhindern. Eine Vergleichbarkeit zu einer Familiengesellschaft bestehe ersichtlich nicht. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag des Klägers enthalte verschiedene arbeitsvertragstypische Elemente und unterwerfe ihn hinsichtlich der Führung der Geschäfte ausdrücklich den Beschlüssen und Weisungen des für Geschäftsführerangelegenheiten zuständigen Gesellschaftsorgans. Nach den eindeutigen Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag, der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung sowie dem Geschäftsführeranstellungsvertrag hätten es die Mehrheitsgesellschafter und insbesondere die von CDMI und XAnge gestellten Aufsichtsratsmitglieder jederzeit in der Hand, dem Kläger als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) Weisungen zur Ausübung seiner Tätigkeit und in Bezug auf die Geschäftsführung zu erteilen. Die völlige wirtschaftliche Abhängigkeit von den finanziellen Zuwendungen der Investoren sei - unabhängig von ihrer Rechtsmacht - offenbar. Für eine beherrschende Stellung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) bestünden keine Anhaltspunkte. Ein späterer Eintritt der Versicherungspflicht nach § 7a Abs. 6 SGB IV komme nicht in Betracht. Voraussetzung dafür sei u. a., dass der Antrag nach § 7a Abs. 1 SGB IV innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt werde. Seinen Feststellungsantrag habe der Kläger bei der Beklagten am 30.9.2010 gestellt. Er sei jedoch bereits seit Juni 2006 Geschäftsführer der Beigeladenen. Zum 25.11.2010 habe es lediglich Änderungen der Gesellschafterstruktur und des Gesellschaftsvertrages gegeben. Es sei auch ein neuer Geschäftsführeranstellungsvertrag abgeschlossen worden, der den vorherigen Anstellungsvertrag ersetzt habe. Dies stelle allerdings keine Aufnahme einer Tätigkeit im Sinne von § 7a Abs. 6 SGB IV dar, sondern führe lediglich zu Modifikationen der bereits seit Jahren ausgeübten Beschäftigung als Geschäftsführer.
169Gegen das seinen Bevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis am 8.8.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9.9.2013 (Montag) Berufung bei dem erkennenden Gericht eingelegt.
170Der Kläger führt zur Begründung unter umfänglicher Wiederholung und teilweiser Vertiefung seines bisherigen Vorbringens aus: Die vom Sozialgericht aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag gezogenen Schlussfolgerungen seien rechtsfehlerhaft. Die dort enthaltenen Regelungen zum festen Jahresgehalt, zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, zum Urlaub und zur Befreiung vom Selbstkontrahierungszwang seien arbeitnehmeruntypisch, denn sie fänden sich häufig in Geschäftsführeranstellungsverträgen. Zudem sei das unternehmerische Risiko fehlerhaft gewürdigt worden. Hinsichtlich von Bürgschaft und Darlehen komme es nicht auf den Zeitpunkt der Gewährung an, sondern entscheidend sei, ob diese noch andauere. Der Gehaltsverzicht sei überdies nur unzureichend berücksichtigt worden. Das fachliche Knowhow und die Branchenkenntnis seien ihrer Bedeutung nach verkannt worden. Die "Schönwetter-Rechtsprechung" sei auf den vorliegenden Fall mangels Vergleichbarkeit nicht anzuwenden, da hier u. a. spezielle Branchenkenntnisse in der Person des Klägers vorlägen. Diese ermöglichten es ihm, die Gesellschaft faktisch zu beherrschen und persönlich zu dominieren. Sollte dennoch eine abhängige Beschäftigung zu bejahen sein, sei hilfsweise von einem Eintritt der Versicherungspflicht erst mit Erlass des Bescheides vom 24.3.2011 auszugehen.
171Der Kläger beantragt,
172das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 2.8.2013 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 24.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 sowie in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22.10.2014 festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 25.11.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
173Die Beklagte beantragt,
174die Berufung zurückzuweisen.
175Sie tritt der Berufung entgegen und verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf ihrer Meinung nach einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung und Kommentarliteratur.
176Durch Beschluss vom 3.6.2014 sind die Beigeladenen zu 2) und 3) am Verfahren beteiligt worden. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) stellen keine Anträge.
177Aufgrund eines Kauf- und Abtretungsvertrages vom 28.7.2014 (Urkunde des Notars Dr. C1 vom 28.7.2014, UR. Nr. 1341/2014) sind die CDMI und die L als Investoren durch einen anderen Investor, die T Technologies GmbH, ersetzt worden. Durch Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung vom 28.7.2014 (Urkunde des Notars Dr. C1 vom 28.7.2014, UR. Nr. 1342/2014) ist die Erhöhung der Anteile der Geschäftsführer um jeweils 7.074,00 Euro (7,23 %) auf jeweils 19.574,00 Euro (20 %) und die Verringerung der Anteile der T Technologies GmbH auf 39.147,00 Euro (40%) vereinbart worden. Die Anteile von XAnge wurden auf 19.575,00 Euro (20 %) erhöht.
178Am 28.7.2014 haben der Kläger und die Beigeladene zu 1) den Anstellungsvertrag wie folgt geändert:
179"§ 6 Vergütung
180Ergänzung zu 6.1
181Der Arbeitnehmer erhält rückwirkend ab dem 01.07.2014 für seine Tätigkeit ein reduziertes Bruttojahresgehalt in Höhe von EUR 60.000 Euro (Fixgehalt ohne Bonus) für den Zeitraum von 6 Monaten. D. h. für die Monate Juli 2014 bis einschl. Dezember 2014 beträgt das reduzierte Bruttomonatsgehalt EUR 5.000.
182Ab dem 1.1.2015 erhält der Arbeitnehmer wieder sein ursprüngliches Bruttojahresgehalt in Höhe von EUR 90.000 (Fixgehalt ohne Bonus). D. h. ab Januar beträgt das Bruttomonatsgehalt EUR 7.500."
183Durch Vertrag vom 31.7.2014 hat der Kläger der Beigeladenen zu 1) zudem ein weiteres Darlehen über 35.000,00 Euro mit fester Laufzeit bis zum 31.7.2019 gewährt.
184Durch weiteres Teil-Anerkenntnis vom 17.9.2014 hat die Beklagte anerkannt, dass im streitgegenständlichen Zeitraum keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung besteht und bei Annahme des Anerkenntnisses die Erteilung eines entsprechenden Bescheides zugesagt. Der Kläger hat dieses Anerkenntnis am 29.9.2014 angenommen.
185Mit Schreiben vom 14.10.2014 hat der Kläger unter Vorlage weiterer Unterlagen ergänzend vorgetragen:
186Aus den Vereinbarungen vom 28.7.2014 folgten entscheidungserhebliche Änderungen im Hinblick auf die Verhältnisse der Gesellschaft und die Statusbeurteilung des Klägers. Seit dem 28.7.2014 bestehe bei der Beigeladenen zu 1) kein Aufsichtsrat mehr. Es sei daran eindeutig zu erkennen, dass die rein theoretische Möglichkeit der Erteilung von Weisungen durch Aufsichtsratsmitglieder in tatsächlicher Hinsicht auch in der Vergangenheit keinerlei Bedeutung hatte und auch eine Überwachung durch den Aufsichtsrat nicht in einem Umfang erfolgt sei, dass hieraus auf eine abhängige Beschäftigung des Klägers zu schließen wäre. Der aktuelle Anteil beider Geschäftsführergesellschafter zusammen entspreche nunmehr demjenigen des größten Investors, der T Technologies GmbH. Daraus folge schon erkennbar ein ganz erheblicher Einfluss der Geschäftsführer auf die Geschicke der Gesellschaft. Insbesondere könnten sie Beschlüsse, die eine qualifizierte Mehrheit von 75 % erforderten, jederzeit gemeinsam verhindern. Andererseits könne der größte Investor nicht allein Gesellschafterbeschlüsse ihnen gegenüber durchsetzen. Die fehlende Abhängigkeit der Geschäftsführer von den Investoren zeige sich aber auch noch in anderer Hinsicht. CDMI und L hätten trotz getätigter Investitionen im Umfang von 5 Millionen Euro ihre Geschäftsanteile zu einem rein symbolischen Preis an die T Technologies GmbH verkauft. Dies belege, dass zwar die Investoren, nicht jedoch die Geschäftsführer austauschbar seien. Für das immense unternehmerische Risiko des Klägers spräche entgegen der Auffassung des Sozialgerichtes auch der Gehaltsverzicht vom 28.7.2014. Dieser sei für Arbeitnehmer absolut untypisch. Hinzukomme, dass aufgrund einer mündlichen Vereinbarung der Gesellschafter seit Juni 2013 das Geschäftsführergehalt nur noch um 10 % gekürzt ausgezahlt worden sei. Zudem hätten die Geschäftsführer aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Beigeladenen zu 1) seit Jahren keine Tantiemen und Boni bezogen. Hinzukomme das weitere Gesellschafterdarlehen sowie die Erhöhung der schon vorhandenen Bürgschaft auf 40.000,00 Euro am 1.9.2014.
187Der Kläger hat die Kopie des Versicherungsscheins einer Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall mit einer versicherten Summe bei Ablauf von 100.000,00 DM - wobei der Versicherungsschutz am 1.8.2035 endet - beigebracht.
188Der Rechtsstreit ist am 22.10.2014 mündlich verhandelt worden. Im Termin hat die Beklagte den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben, als darin für die Zeit ab dem 25.11.2010 die Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung festgestellt worden war.
189Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, insbesondere die Sitzungsniederschriften, und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
190Entscheidungsgründe:
191Der Senat kann in Abwesenheit der zum Verhandlungstermin am 22.10.2014 nicht erschienenen Beigeladenen zu 2) und 3) verhandeln und entscheiden, nachdem er sie jeweils mit ordnungsgemäßer Terminsnachricht auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
192Die zulässige Berufung ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
193I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und form- und fristgerecht erhoben worden (§ 151 Abs. 1 SGG). Die vollständig abgefasste Entscheidung ist dem Kläger am 8.8.2013 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ist bei dem erkennenden Gericht am 9.9.2013 (Mo.) eingegangen.
194Streitig ist, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 22.10.2014 die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der sozialen Pflegeversicherung aufgehoben hat, die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung und des Bestehens der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ab dem 25.11.2010.
195II. Die Klage und die Berufung des Klägers sind begründet, soweit sie gegen die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung durch die Beklagte gerichtet sind. Insoweit ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig und beschwert ihn im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
196Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hätte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet.
197Die Beklagte hat ihre im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung des Bestehens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht aufgehoben. Aufgrund dieser unzulässigen isolierten Elementenfeststellung war der Bescheid daher insoweit durch gerichtliche Sachentscheidung aufzuheben (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil v. 11.3.2009, B 12 R 11/07 R; Urteil v. 4.6.2009, B 12 R 6/08 R; Senat, Urteil v. 21.5.2014, L 8 R 665/13, Rn. 96; Urteil v. 28.3.2012, L 8 R 108/09, Rn. 32; jeweils juris).
198Der Bescheid der Beklagten vom 24.3.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 sowie in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22.10.2014 erweist sich im Übrigen als rechtmäßig und verletzt den Kläger insoweit nicht nach § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten. Denn die Beklagte hat zu Recht nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV bezüglich der von ihm ausgeübten Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beklagten Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung angenommen. Das SG hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen.
199Personen die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen grundsätzlich in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht (§ 1 S. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB Vl), § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB lll)).
200Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rspr. des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr.; vgl. zum Ganzen, z.B. BSG, Urteil v. 29.8.2012 - B 12 R 14/10 R, USK 2012-82; BSG, Urteil v. 25.4.2012 - B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Urteil v. 17.10.2012 - L 8 R 545/11 (juris); zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
201Bei der Feststellung des Gesamtbildes kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 14/10 R (juris); BSG SozR 4-2400, § 7 Nr. 7 Rn. 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild der Tätigkeit bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von Ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist.
202Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Der Geschäftsführer einer GmbH ist weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen ausübt. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt kann seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (BSG, SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 m.w.N.). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann (BSG, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Ist dies der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer mithilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann (BSG, SozR 3-4100 § 104 Nr. 8). Darüber hinaus ist von Bedeutung, ob der Einfluss des Geschäftsführers auf die Willensbildung der GmbH aufgrund besonderer Einzelumstände unabhängig von seiner Gesellschafterstellung so erheblich ist, dass ihm nicht genehme Beschlüsse und jede Weisung ausgeschlossen sind und er die Geschäfte nach eigenem Gutdünken führen, d.h. frei schalten und walten kann. Dann ist eine persönliche Abhängigkeit auch bei Diensten höherer Art zu verneinen, weil die Gesellschafter tatsächlich keinerlei Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen und sich der Geschäftsführer nur in eine von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebs einfügt (BSG, Urteil v. 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R, USK9975; BSG, Urteil v. 11.2.1993 - 7 RAr 48/92, USK9347).
203Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat der Senat nach Auswertung und Abwägung sämtlicher für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung relevanter Indizien die Überzeugung gewonnen, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) in dem Zeitraum seit dem 25.11.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden ist bzw. ausgeübt wird.
204Ausgangspunkt der Beurteilung, ob die Geschäftsführertätigkeit des Klägers im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung oder als selbständige Tätigkeit ausgeübt wird, ist der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) geschlossene Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 25.11.2010. Dieser Vertrag trägt nach den darin verwendeten Begriffen "Anstellungsvertrag", "Anstellungsverhältnis" und "Gehalt" sowie seinem Inhalt arbeitsvertragliche Züge. So hat der Kläger bei ansonsten eigenverantwortlicher Geschäftsführung die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, der Beschlüsse und Weisungen des für Geschäftsführerangelegenheiten zuständigen Geschäftsorgans, der jeweils gültigen Geschäftsordnung und eines etwaigen Geschäftsverteilungsplans für die Geschäftsführung, wenn solche erlassen wurden, und dieses Anstellungsvertrages zu führen (s. Ziffern 2.1 und 3 Satz 2). Hierin kommt die Weisungsgebundenheit des Klägers deutlich zum Ausdruck.
205Nach Ziffer 6.1 hat der Kläger Anspruch auf ein festes Jahresgehalt von 90.000,00 Euro, zahlbar in zwölf Monatsbeträgen. Diese Regelung wurde durch die schriftliche Vereinbarung vom 28.7.2014 dergestalt geändert, dass das monatliche Gehalt auf 5.000,00 Euro nur für die Monate Juli bis Dezember 2014 herabgesetzt wurde. Auch wenn ausweislich der vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen ab August 2011 eine Absenkung auf 7.310,00 Euro, ab Februar 2013 wieder eine Erhöhung auf 7.500,00 Euro und ab Juni 2013 eine Absenkung auf 6.750,00 Euro erfolgt ist, so ist diesbezüglich keine Anpassung des Anstellungsvertrages unter Wahrung des qualifizierten Schriftformerfordernisses in Ziffer 15.2 Satz 2 und 3 vereinbart worden. Ob etwaige Vereinbarungen über vorübergehende Gehaltsminderungen ohne Einhaltung des Schriftformerfordernisses überhaupt wirksam sind, kann dahin stehen, da es gleichwohl einen vertraglichen Anspruch des Klägers auf ein festes Gehalt in beträchtlicher Höhe gab. Nur in untergeordnetem Umfang gab es Anpassungen, die jeweils nur von vorübergehender Dauer waren. Die ausschließliche oder überwiegende Verknüpfung mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Tätigkeit des Klägers gab es weder in zeitlicher, noch in betragsmäßiger Hinsicht. Er kann zudem gem. Ziffer 10 die Erstattung von Spesen beanspruchen.
206Auch der in Ziffer 8.1 geregelte Anspruch auf Jahresurlaub im Umfang von 30 Arbeitstagen spiegelt einschließlich der vertraglichen Regelungen zur Abgeltung des Urlaubsanspruchs im Fall der Nichtinanspruchnahme ein arbeitsvertragstypisches Regelungselement wider. Dem steht auch die Regelung der Ziffer 8.2 nicht entgegen, nach der der Kläger bei der Festlegung des Zeitpunkts und der Dauer des Urlaubs die Belange der Gesellschaft zu berücksichtigen und Lage und Dauer des Urlaubs nur mit etwaigen Mitgeschäftsführern abzustimmen hat und damit nicht formal beantragen und einem Vorgesetzten genehmigen lassen muss. Auch bei Arbeitnehmern sind die Urlaubswünsche, lediglich vorbehaltlich dringender betrieblicher Belange oder der Urlaubswünsche sozial in höherem Maße schutzwürdiger anderer Arbeitnehmer, zu berücksichtigen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz). Diesen Regelungen entspricht es qualitativ, dass auch der Kläger vertraglich verpflichtet ist, Zeitpunkt und Dauer seines Urlaubs mit dem weiteren Geschäftsführer abzustimmen.
207Arbeitsvertragstypisch sind des Weiteren die Regelungen zum Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Ziffer 7), zum Anspruch auf einen Dienstwagen (Ziffer 6.6), zur Erforderlichkeit der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bzw. des Bei- oder Aufsichtsrates zur Übernahme von Nebentätigkeiten jeder Art (Ziffer 5.2) und zu den Rechten an den Arbeitsergebnissen des Klägers (Ziffer 13).
208Soweit der Kläger nach Ziffer 5.1 Satz 1 an bestimmte Arbeitszeiten nicht gebunden ist, ist dies Ausfluss des Umstandes, dass es sich um eine Tätigkeit höherer Art handelt, bei der das Weisungsrecht des Arbeitgebers von vornherein eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; Senat, Urteil vom 17.10.2012, L 8 R 545/11, jeweils zitiert nach juris). Zudem besteht die vorbezeichnete Freiheit nur vordergründig, da der Kläger nach Ziffer 5.1 Satz 2 verpflichtet ist, der Beigeladenen zu 1) zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert, also zeitlich uneingeschränkt.
209Auf dieser vertraglichen Grundlage ist der Kläger in dem streitbefangenen Zeitraum in einem fremden Betrieb, nämlich dem der Beigeladenen zu 1), tatsächlich tätig geworden und noch tätig. Bei dieser Tätigkeit war und ist er umfassend in den Betrieb und damit in eine ihm vorgegebene Ordnung eingegliedert (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Rn. 17 m.w.N.). Die tatsächliche Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Gesellschaft ergibt sich anstellungsvertraglich schon aus den Ziffern 2.1 und 3. Danach hat der Kläger bei ansonsten eigenverantwortlicher Geschäftsführung die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, der Beschlüsse und Weisungen des für Geschäftsführerangelegenheiten zuständigen Geschäftsorgans, der jeweils gültigen Geschäftsordnung und eines etwaigen Geschäftsverteilungsplans für die Geschäftsführung, wenn solche erlassen werden, und dieses Anstellungsvertrages zu führen. Verstärkt wird die Eingliederung weiter durch die Bindung an die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der Gesellschaft vom 25.11.2010. Nach § 1 Satz 2 kooperieren die Geschäftsführer zum Vorteil der Gesellschaft gutgläubig mit der Gesellschafterversammlung und den anderen Organen der Gesellschaft. So nehmen die Geschäftsführer an den drei- bis viermal im Jahr stattfindenden Aufsichtsratssitzungen teil, sie referieren zur Unternehmensentwicklung und stellen dort die Jahresplanung insbesondere des Budgets vor. Die Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) manifestiert sich nicht zuletzt auch in dem arbeitsteiligen Zusammenwirken mit dem weiteren Geschäftsführer nach Maßgabe einer Geschäftsverteilung. Nach seinen Angaben bearbeitet der Kläger den Geschäftsbereich "Marketing/Produktentwicklung", Herr T als weiterer Geschäftsführer den Geschäftsbereich "Business Development/Finanz". Unterstützt werden die Geschäftsführer, die beide Kaufleute sind, von dem Leiter der IT-Abteilung, Herrn C, und dem Leiter der Entwicklungsabteilung, Herrn S1, wobei diese Abteilung die im Wesentlichen vom Kläger stammenden Ideen umsetzt. Bei dieser Sachlage hat der Senat keinerlei Zweifel, dass der Kläger im Rahmen der ihm obliegenden Zuständigkeiten in den betrieblichen Wertschöpfungsprozess der Gesellschaft integriert ist.
210Hierbei unterlag bzw. unterliegt er einem Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) bezüglich Ort, Zeit sowie Art und Weise der Tätigkeit, da allein Letzterer die insoweit maßgebliche abstrakte Rechtsmacht zustand bzw. zusteht. Der Kläger war und ist nicht jederzeit in der Lage, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern.
211Der Kläger unterlag bzw. unterliegt nach §§ 37 Abs. 1, 46 GmbHG dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung bzw. des Aufsichtsrates der Beigeladenen zu 1). Nach § 14 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages werden Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst, wobei je 1,00 Euro des Nennbetrags eines Geschäftsanteils eine Stimme gibt. Dazu enthält § 15 einen Katalog von Beschlussgegenständen, für die ein Mehrheitserfordernis von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. Gem. § 12 Abs. 5 Satz 1 bedürfen Beschlüsse des Aufsichtsrates der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Beschlüsse zu bestimmten Gegenständen bedürfen jedoch zu ihrer Wirksamkeit in jedem Falle zusätzlich der Zustimmung der gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 durch XAnge und CDMI bestellten Aufsichtsratsmitglieder (§ 12 Abs. 5 Satz 2).
212Der Kläger hat in dem streitigen Zeitraum seit dem 25.11.2010 - und auch seit dem 28.7.2014 - über eine Beteiligung an dem Stammkapital der Beigeladenen zu 1) von weniger als 50 % verfügt, und zwar seit dem 25.11.2010 von 12,77 % und seit dem 28.7.2014 von 20 %. Über seine Gesellschafterstellung kann er damit nicht - noch nicht einmal im Sinne einer umfassenden Sperrminorität - maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH ausüben. Ein maßgeblicher Einfluss liegt regelmäßig dann vor, wenn der Geschäftsführer einen Anteil von mindestens 50% des Stammkapitals innehat und damit Einzelweisungen an sich als Geschäftsführer im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann (BSG, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 m.w.N.).
213Soweit der Kläger geltend macht, die Gesellschafterversammlung sei ohne die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht beschlussfähig, da hierfür gemäß Ziffer 13 Abs. 5 Satz 1 mindestens 85 % des Stammkapitals vertreten sein müssen, führt dieser Einwand nicht zu einer Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung der Gesellschafterversammlung im Sinne einer umfassenden Sperrminorität des Klägers. Dies kann zwar zu einer vorübergehenden Verhinderung der Abhaltung führen, nicht aber zu einer dauerhaften. Denn Ziffer 13 Abs. 5 Sätze 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages treffen für diesen Fall in der Weise Vorsorge, dass die nächste sodann formell ordnungsgemäß einberufene Versammlung ohne Rücksicht auf das vertretene Stammkapital beschlussfähig ist. Dass zahlreiche Beschlüsse nur mit qualifizierter Mehrheit (85 %) getroffen werden können, ermöglicht es dem Kläger nicht jegliche ihm unangenehme Weisung der Gesellschafterversammlung zu verhindern.
214Hinsichtlich des Weisungsrechts des Aufsichtsrates gegenüber den Geschäftsführern, das in dem in § 4 enthaltenen Katalog von 22 zustimmungspflichtigen Geschäften zum Ausdruck kommt, führt der Wegfall des Aufsichtsrates ab dem 28.7.2014 zu keiner maßgeblichen Änderung der Verhältnisse, denn § 11 Abs. 8 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages sieht vor, dass die Befugnisse und Aufgaben des Aufsichtsrates von der Gesellschafterversammlung wahrgenommen werden, falls ein solcher nicht besteht.
215Der Senat konnte auch keine besonderen einzelfallbezogenen Umstände feststellen, die abweichend vom Regelfall die Bindung des Klägers an das willensbildende Organ der Beigeladenen zu 1), d.h. die Gesamtheit der Gesellschafter bzw. des von diesen eingesetzten Aufsichtsrates, ausschließen, und damit einer für ein Beschäftigungsverhältnis typischen Abhängigkeit entgegenstehen könnten. Bei Geschäftsführern, die weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität verfügen, ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt nur in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalles den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (BSG, SozR 4-2400 § 7 Nr. 8).
216Solche besonderen Umstände sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung angenommen worden, wenn die übrigen Gesellschafter tatsächlich ihre Gesellschafterrechte nicht wahrgenommen und in keiner Weise in die Betriebsführung eingegriffen haben und der Geschäftsführer wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken geführt hat, d.h. schalten und walten konnte, wie er wollte. Ein derartig beherrschender Einfluss ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung teilweise bei Geschäftsführern in Familiengesellschaften erwogen worden, wenn der Geschäftsführer mit den Gesellschaftern familiär verbunden war, die Geschäftsführertätigkeit ihre Prägung durch familienhafte Rücksichtnahme erhielt und es an der Ausübung der Gesellschafterrechte durch die Gesellschafter völlig mangelte (BSG, Urteil v. 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R; BSG, Urteil v. 29.10.1986 - 7 RAr 43/85; zurückhaltend hingegen BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R). Unter diesem Gesichtspunkt liegt im vorliegenden Verfahren eine faktische Weisungsfreiheit des Klägers schon deshalb fern, da eine familiäre Verbundenheit zwischen den Gesellschaftern weder ersichtlich noch vorgetragen worden ist.
217Zur Überzeugung des Senates ergibt sich eine faktische Weisungsfreiheit des Klägers auch nicht aus seiner besonderen individuellen fachlichen Qualifikation oder Branchenkenntnis. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass der Kläger innerhalb des Betriebs der Beigeladenen zu 1) nach "eigenem Gutdünken" frei schalten und walten kann.
218Soweit der Kläger behauptet, er verfüge als Einziger über das notwendige Know-how in den Bereichen Produktentwicklung und Marketing/Werbekommunikation für die Platzierung der Produkte am internationalen Markt, während es den kapitalgebenden Gesellschaftern insoweit an fachlicher Kompetenz fehle, ergibt sich hieraus keine besondere Konstellation, die zu einer sozialversicherungsrechtlich abweichenden Beurteilung führen könnte. Die von dem Kläger damit skizzierte Gesellschaftsstruktur der Beigeladenen zu 1) ist keine besondere. Es ist - im Gegenteil - bei einer GmbH als juristische Person des Privatrechts in Form einer Kapitalgesellschaft geradezu typisch, dass deren Gesellschafter zwar Kapital bereitstellen, die Führung der Gesellschaft jedoch solchen Personen überlassen, die - etwa als Geschäftsführer - die notwendige Branchenkenntnis in das Unternehmen einbringen. In solchen Fällen ist ein stark abgeschwächtes Weisungsrecht für die ausgeübte Tätigkeit ebenso wie z. B. bei der Wahrnehmung von Tätigkeiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Dennoch werden auch Tätigkeiten für leitende Angestellte im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes erfolgen. Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (BSG, Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, a.a.O.; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbständigen (vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R; Senat, Urteil vom 17.10.2012, L 8 R 545/11, jeweils a.a.O.).
219Vorliegender Fall ist geradezu das klassische Beispiel der Abhängigkeit eines Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers von den kapitalgebenden Mehrheits-Gesellschaftern. Dem Kläger war und ist es nur möglich, im Rahmen der von diesen bereitgestellten finanziellen Mittel die Geschäfte der Beigeladenen zu 1) zu führen. Dass er diese nicht dominierte, zeigt überdeutlich der Wechsel in der Gesellschafterstruktur im Juli 2014. Dieser Wechsel wurde erforderlich, weil die Gesellschafterin CDMI nicht mehr bereit war, weitere finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Sie konnte damit offensichtlich hierzu von dem Kläger nicht bewegt werden. Die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs der Beigeladenen zu 1) war im Jahr 2014 davon abhängig, dass diese mit neuen finanziellen Mittel ausgestattet wurde, die im Wesentlichen von den Gesellschaftern XAnge und T Technologies GmbH aufgebracht wurden.
220Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass die von dem Kläger wahrgenommene Tätigkeit ein derart spezielles Fachwissen erfordert, dass eine solche Qualifikation auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht durch die Beschäftigung eines anderen "Entwicklers von interaktiven Entertainmentprodukten für jugendliche Zielgruppen" oder anderer Kaufleute bzw. IT-Fachleute beschafft werden könnte, zumal die Beigeladene zu 1) bisher nur Verluste und keine Gewinne erwirtschaftet hat. Dass die "Unternehmensidee" offenbar maßgeblich von dem Kläger zusammen mit Herrn T entwickelt worden ist, ändert hieran nichts. Die Anhörung des Klägers und des Geschäftsführers T der Beigeladenen zu 1) vor dem Senat hat bestätigt, dass die Umsetzung der Ideen des Klägers in technischer Hinsicht maßgeblich von Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1) vorgenommen bzw. verantwortet wird. So wird der technische Bereich von Herrn C, dem technischen Leiter (CTO), verantwortet. Für die Umsetzung der Ideen zuständig ist die Entwicklungsabteilung der Beigeladenen zu 1), deren Leiter Herr S1 ist, dem die Funktion eines Chefentwicklers zukommt. Diese beiden Positionen unterstreichen die Spezialisierung und Arbeitsteilung im Unternehmen der Beigeladenen zu 1).
221Für eine selbständige Tätigkeit des Klägers sprechende Gesichtspunkte sind nicht in einem Maße gegeben, dass diese im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung die für ein Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale überwögen.
222Soweit der Kläger alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist, ist das für einen abhängig beschäftigten Geschäftsführer nicht untypisch und deutet deshalb nicht zwingend auf eine selbstständige Tätigkeit hin (BSG, SozR 4-2400 § 7 Nr. 1; BSG, SozR 4-2400 § 7 Nr. 8; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris).
223Der Senat vermochte auch nicht festzustellen, dass den Kläger ein eigenes Unternehmerrisiko trifft. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, a.a.O., m.w.N.) ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Dies ist jedoch nur dann ein Hinweis auf eine Selbstständigkeit, wenn dem unternehmerischen Risiko größere Freiheiten in der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen.
224Die eigene Arbeitskraft setzt der Kläger nicht mit ungewissem Erfolg ein. Er erhält nach Ziffer 6.1 des Anstellungsvertrages eine monatlich gleichbleibende und von der Ertragslage der Gesellschaft unabhängige Vergütung in Höhe von 7.500,00 Euro. Auch wenn ausweislich der vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen ab August 2011 eine Absenkung auf 7.310,00 Euro, ab Februar 2013 wieder eine Erhöhung auf 7.500,00 Euro und ab Juni 2013 eine Absenkung auf 6.750,00 Euro und von Juli bis Dezember 2014 eine Reduzierung auf 5.000,00 Euro erfolgt ist, ändert dies nichts. Denn nur in untergeordnetem Umfang gab es Anpassungen, die jeweils nur von vorübergehender Dauer waren. Die ausschließliche oder überwiegende Verknüpfung mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Tätigkeit des Klägers gab es weder in zeitlicher noch in betragsmäßiger Hinsicht. Soweit Ziffer 6.1 des Anstellungsvertrages neben der Festvergütung einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer variablen Vergütung bis maximal 30.000,00 Euro statuiert, folgt hieraus kein unternehmerisches Risiko, welches im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung die für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung sprechenden Merkmale maßgeblich relativieren würde. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit der Gewährung einer Tantieme Bedeutung nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, juris). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme auch an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist, ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung gegenüber einer selbständigen Tätigkeit eher gering (BSG, a.a.O.). Bei der Gewichtung der in Ziffer 6.1 des Anstellungsvertrages enthaltenen Regelung zur Gewährung einer variablen Vergütung für die Abwägung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit ist zunächst beachtlich, dass der Kläger eine regelmäßige Grundvergütung in einer Höhe erhält, die dem erfolgsbasierten Vergütungselement eine insgesamt nur untergeordnete Bedeutung zukommen lässt. Bei der Gewichtung dieses Merkmals für die Gesamtabwägung aller für und gegen die Annahme einer Beschäftigung sprechender Indizien hat der Senat auch den Umstand berücksichtigt, in welcher Höhe dem Kläger in dem maßgebenden Zeitraum tatsächlich eine variable Vergütung zugeflossen ist. Nach den vom Kläger vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen erhielt er im Streitzeitraum folgende als "Bonus" bezeichnete Zahlungen: 14.000,00 Euro (01/2011), 10.000,00 Euro (02/2012), 10.000,00 Euro (5/2012), die den nach Ziffer 6.1 statuierten Maximalbetrag nicht erreichten. Soweit die Beigeladene zu 1) in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten mit der Gefahr einer Insolvenz geriete, träfe den Kläger das damit einhergehende Arbeitgeberinsolvenzrisiko wie jeden Arbeitnehmer auch.
225Hinsichtlich des Einsatzes eigenen Kapitals ist ein wesentliches Risiko des Klägers gleichfalls nicht ersichtlich. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Ziffer 10 des Anstellungsvertrages Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen hat. Die von dem Kläger der Gesellschaft gewährten Darlehen vom 20.2.2007 über 50.000,00 Euro, noch validiert mit 25.544,55 Euro, sowie vom 31.7.2014 über 35.000,00 Euro berechtigen nach Überzeugung des Senates gleichfalls nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Zwar kann die Gewährung eines Darlehens außerhalb von Zeiten einer gesellschaftlichen Krise ein Indiz für eine Selbständigkeit darstellen (BSG, Urteil vom 17.5.2001, B 12 KR 34/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17). Entscheidend kommt es aber immer auf die Umstände des Einzelfalles, insbesondere auf die Höhe und die Umstände der Darlehensgewährung, an (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 10.12.2009, L 5 R 124/09; Senat, Urteil vom 4.7.2012, L 8 R 670/11; juris). Dem Klägervortrag folgend befand sich die Beigeladene zu 1) ständig in einer schwierigen Situation. So hat sie bisher nur Verluste erwirtschaftet. Im ersten Halbjahr des Jahres 2014 war sogar fraglich, ob der Geschäftsbetrieb überhaupt fortgesetzt werden konnte. Die Übernahme des neuerlichen Darlehens war nach dem glaubhaften Vorbringen des Klägers im Verhandlungstermin der beabsichtigten Sanierung der Beigeladenen zu 1) geschuldet. Da die Darlehensgewährung nicht mit einer Ausweitung der Einflussmöglichkeiten des Klägers und damit gesteigerter unternehmerischer Freiheiten verbunden war, ist sie letztlich kein entscheidend für Selbständigkeit sprechendes Indiz (vgl. hierzu auch Senat, Urteil vom 4.7.2012, L 8 R 670/12 unter Hinweis auf LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.2.2010, L 5 KR 3/09). Zudem kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass zwar Darlehen von insgesamt ca. 60.000,00 Euro vom Kläger gewährt wurden, er demgegenüber allerdings Brutto-Jahresgehälter von 43.526,80 Euro (5-12/2007), 107.814,26 Euro (2008), 99.462,72 Euro (2009), 91.962,72 Euro (2010), 108.534,84 Euro (2011), 113.316,56 Euro (2012), 90.340,20 Euro (2013) und 59.773,83 (1-9/2014), also insgesamt 714.731,93 Euro erhielt, was das durch die Darlehensgewährung eingegangene Risiko deutlich relativiert. Auch die von dem Kläger übernommenen Bürgschaften bewirken kein unternehmerisches Risiko, weil hierin kein Kapitaleinsatz, sondern ein Haftungsrisiko liegt.
226Auch wenn die Zahlung des Geschäftsführergehaltes steuerlichen Vorteilen geschuldet ist, insbesondere mit der Zahlung einer üblichen Vergütung auf Grundlage eines Geschäftsführeranstellungsvertrages eine verdeckte Gewinnausschüttung vermieden werden soll, ist es rechtlich nicht möglich, die Rechtswirkungen einer getroffenen Vertragsregelung nach Maßgabe ihrer jeweiligen Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken.
227Die für eine selbständige Tätigkeit sprechende und in Ziffer 5.1 Satz 1 des Anstellungsvertrages - allerdings nur scheinbar - vertraglich gewährleistete Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitszeit rechtfertigt im Fall des Klägers ebenfalls nicht die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. So schränkt Ziffer 5.1 Satz 2 des Anstellungsvertrages diese Dispositionsbefugnis des Klägers bereits wesentlich ein. Hiernach ist der Kläger nämlich verpflichtet, bei der Einteilung seiner Arbeitszeit auf die Belange der Gesellschaft Rücksicht zu nehmen und zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen, wenn und soweit es das Wohl der Gesellschaft erfordert.
228Für Selbständigkeit sprechende Gesichtspunkte sind somit nur in derartig geringem Maße vorhanden, dass die maßgeblich für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale der Weisungsgebundenheit und Eingliederung in einen fremden Betrieb den Ausschlag geben für das Ergebnis der Gesamtabwägung.
229Schließlich fehlen die Voraussetzungen für die Verlagerung des Beginns der Versicherungspflicht i. S. v. § 7a Abs. 6 Satz 1 SGB IV. Diese Vorschrift lautet:
230"Wird der Antrag nach Absatz 1 innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fest, tritt die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte
2311. zustimmt und
2322. er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht."
233In dem Zeitraum ab dem 25.11.2010 bis zur Bekanntgabe des Bescheides vom 24.3.2011 lag keine ausreichende Absicherung des am 7.12.1975 geborenen Klägers zur Altersvorsorge vor. Eine Absicherung zur Altersvorsorge liegt vor, wenn eine private Lebens- bzw. Rentenversicherung für den Fall des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjahres abgeschlossen worden ist, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht (Pietrek in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 7a SGB IV, Rn. 133). Die private Kapitalversicherung auf den Erlebensfall war nicht für den Fall des Erlebens eines höheren Alters als des 60. Lebensjahres abgeschlossen worden, da diese zum 1.8.2035 und damit vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Klägers am 7.12.2035, 24.00 Uhr, fällig wird.
234Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Feststellung der Pflegeversicherungspflicht und des Zeitraums vom 1.8. bis 24.11.2010 stellt ein Teil-Obsiegen des Klägers dar, was es rechtfertigt, der Beklagten die Erstattung von 10 % seiner außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.
235Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor. Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des BSG.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
Tatbestand
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Die Klägerin, die ein Kalkwerk im Gebiet der beklagten Gemeinde betreibt, wendet sich gegen die Heranziehung zu Abwasserbeiträgen durch die Beklagte.
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Mit zwei Bescheiden vom 27. Dezember 2006 setzte die Beklagte Abwasserbeiträge in Höhe von insgesamt 1 004 000,45 € fest. Adressiert waren die Beitragsbescheide unter der Anschrift der Klägerin an die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH". Als Beitragsschuldner wird "die in der Anschrift genannte Person" bezeichnet. In einem der Bescheide brachte die Beklagte 127 822,97 € Vorausleistung in Abzug, die von der "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" aufgrund eines an sie adressierten Vorausleistungsbescheides vom 14. Dezember 2001 entrichtet worden waren.
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Die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" wurde mit Verschmelzungsvertrag vom 28. August 2001 gemeinsam mit (vier) weiteren Gesellschaften der ...-Gruppe zum 27. Dezember 2001 durch Eintragung in das Handelsregister mit der "Heidelberger ... GmbH" als übernehmendem Rechtsträger verschmolzen. Die Beklagte teilte der "Heidelberger ... GmbH" unter dem 28. August 2002 mit, dass die Bauarbeiten zum Anschluss der M. Schmutzwasserentsorgung an die Kläranlage des örtlichen Zweckverbandes abgeschlossen seien und es daher möglich sei, die Grundstücke der "Heidelberger ... GmbH" an den öffentlichen Schmutzwasserkanal anzuschließen. Ferner enthält das Schreiben einen Hinweis, dass über die zu entrichtenden Beiträge gesonderte Bescheide ergehen werden. Die Firma der "Heidelberger ... GmbH" wurde im Dezember 2002 in "... Deutschland GmbH" geändert. Die Klägerin ist im Wege einer weiteren Verschmelzung am 20. Juli 2009 als übernehmender Rechtsträger Rechtsnachfolgerin der "... Deutschland GmbH" und damit Eigentümerin der beitragspflichtigen Grundstücke geworden.
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Der von der "... Deutschland GmbH" gegen die Bescheide eingelegte Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die daraufhin erhobene Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat die erstinstanzliche Entscheidung mit Urteil vom 28. April 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide seien inhaltlich hinreichend bestimmt. Aus den Bescheiden ergebe sich insbesondere eindeutig, an wen sie sich richteten; danach schulde die "... Deutschland GmbH" die festgesetzten Abwasserbeiträge und nicht deren im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide erloschene Rechtsvorgängerin. Die Bescheide führten zwar im Adressfeld die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" als Adressatin auf, die lediglich bis zum 27. Dezember 2001 Eigentümerin der im Bescheid genannten Grundstücke des Kalkwerks gewesen sei. Im Zeitpunkt des Zugangs der Bescheide hätten die Organe der "... Deutschland GmbH" die Bescheide auf Grundlage der für sie ohne Weiteres erkennbaren Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung von Treu und Glauben aber nur so verstehen können, dass die "... Deutschland GmbH" als aktuelle Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks zum Beitrag herangezogen werden sollte. Eine andere Entscheidung rechtfertige auch nicht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach ein Verwaltungsakt unwirksam sei, wenn er sich gegen ein nicht oder nicht mehr existentes Steuersubjekt richte. Ob sich ein Verwaltungsakt gegen ein nicht existentes Steuersubjekt richte, könne erst nach erfolgter Auslegung und damit nicht allein aufgrund des Wortlauts des Adressfeldes gesagt werden.
- 5
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Mit ihrer vom Senat mit Beschluss vom 28. April 2011 zugelassenen Revision macht die Klägerin in erster Linie geltend: Die Beitragsbescheide seien inhaltlich unbestimmt und damit nichtig, da vor ihrem Erlass das Vermögen der "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" einschließlich der beitragspflichtigen Grundstücke durch Verschmelzung auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin übergegangen und die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" erloschen sei. Darauf, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin hätte wissen müssen, dass die Bescheide an sie gerichtet gewesen seien, komme es nicht an. Der Verwaltungsgerichtshof habe durch seine Auslegung die Bescheide in Wahrheit umgedeutet und deren Unbestimmtheit erst herbeigeführt. Tatsächlich habe seitens der Beklagten auch kein Erklärungsirrtum vorgelegen, da der Sachbearbeiter den Bescheid bewusst an die noch im Grundbuch als Eigentümerin eingetragene "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" adressiert habe.
- 6
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 28. April 2010 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. April 2009 zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Bescheide seien auslegungsfähig. Dabei komme es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern allein wie der Betroffene sie nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste. Der Klägerin sei sofort klar gewesen, dass sie die Adressatin der Bescheide und Beitragsschuldnerin gewesen sei. Aus der den Bescheiden beigefügten Liste der der Beitragspflicht unterliegenden Grundstücke und der Vorkorrespondenz hätte sie dies jedenfalls ohne Weiteres erkennen können und müssen.
Entscheidungsgründe
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-
Die Revision der Klägerin, auf die das Abgabenschuldverhältnis im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen ist (§ 45 Abs. 1 Satz 1 AO) und die das Verfahren ihrer Rechtsvorgängerin aufgenommen hat (§ 173 VwGO i.V.m. den entsprechend anwendbaren §§ 239 ff. ZPO), ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist mit Bundesrecht vereinbar (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
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Die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Auffassung, die Beitragsbescheide der Beklagten, die an eine schon mehrere Jahre zuvor durch gesellschaftsrechtliche Verschmelzung erloschene und damit als Rechtssubjekt nicht mehr existente GmbH adressiert sind, seien inhaltlich hinreichend bestimmt, weil sich die Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft als Inhaltsadressatin ansehen musste, betrifft im Ausgangspunkt irrevisibles Landesrecht. Denn die Anforderungen an die Bestimmtheit von Heranziehungsbescheiden zu Abwasserbeiträgen ergeben sich hier zunächst aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b, Nr. 4 Buchst. c des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes in Verbindung mit § 119 Abs. 1, § 157 Abs. 1 Satz 2 der kraft Verweisung im Kommunalabgabengesetz ebenfalls nur als Landesrecht zur Anwendung kommenden Abgabenordnung (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Juli 1990 - BVerwG 5 B 37.90 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 160 S.10 und vom 25. März 1996 - BVerwG 8 B 48.96 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 79 S. 53; Urteil vom 19. März 2009 - BVerwG 9 C 10.08 - Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 135 Rn. 9). Unter bundesrechtlichen und damit revisiblen Gesichtspunkten ist deshalb lediglich fraglich, ob die Auslegung und Anwendung von Landesrecht mit den Anforderungen, die das allgemeine Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) an die Bestimmtheit von Abgabenbescheiden stellt, vereinbar ist. Dies ist der Fall.
- 11
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1. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Adressat eines Verwaltungsakts zwar einerseits hinreichend bestimmt bezeichnet sein muss, dass aber andererseits ein Verwaltungsakt mit Blick auf die Bezeichnung des Inhaltsadressaten auslegungsfähig sein und die Auslegung etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern allein wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den Verwaltungsakt unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste. Die Annahme der Nichtigkeit eines Abgabenbescheides wegen Unbestimmtheit scheidet danach aus, wenn die (vorrangige) Auslegung des Bescheides etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigt (Urteil vom 25. Februar 1994 - BVerwG 8 C 2.92 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 68 S. 4; Beschlüsse vom 25. März 1996 a.a.O. S. 53 f. und vom 6. September 2008 - BVerwG 7 B 10.08 - juris Rn. 24). Diese Auslegungsgrundsätze hat das Berufungsgericht seinem Urteil zugrunde gelegt.
- 12
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Weiter gehende Anforderungen an die Auslegung von Bescheiden aufgrund des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots folgen nicht aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Unbestimmtheit und Nichtigkeit von an den nicht mehr existenten Rechtsvorgänger des Steuerschuldners adressierten Steuerbescheiden. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsakts die Angabe des Inhaltsadressaten ist, d.h. desjenigen, dem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll (BFH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - IV R 91/05 - juris Rn. 14). Weiterhin in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bestimmtheit von Verwaltungsakten lässt der Bundesfinanzhof es grundsätzlich genügen, wenn die Identität des Inhaltsadressaten eines Steuerverwaltungsakts durch Auslegung anhand der dem Betroffenen bekannten Umstände einschließlich dem Bescheid beigefügten Unterlagen und zeitlich vorhergehender Bescheide hinreichend sicher bestimmt werden kann (BFH, Beschluss vom 29. Juni 1988 - IV B 70/88 - juris Rn. 22 und Urteil vom 1. Dezember 2004 - II R 10/02 - juris Rn. 9 m.w.N. ). Diese Grundsätze erfahren nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedoch dann eine Einschränkung, wenn sich der in seiner Bezeichnung des Adressaten eindeutige Abgabenbescheid gegen ein nicht oder nicht mehr existierendes Steuersubjekt richtet. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn der Adressat des Abgabenbescheides eine Gesellschaft ist, die bei Erlass des Bescheides durch Umwandlung erloschen war (BFH, Großer Senat, Beschluss vom 21. Oktober 1985 - GrS 4/84 - BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230; Urteil vom 25. Januar 2006 - I R 52/05 - juris Rn. 9, 13). Ferner können nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Fehler in der Bezeichnung des Steuerschuldners im Fall der Rechtsnachfolge im weiteren Verfahren nicht geheilt werden (BFH, Großer Senat, Beschluss vom 21. Oktober 1985 a.a.O.). Die Tatsache, dass sich der Empfänger eines Bescheides mit unrichtiger Bezeichnung des Steuerschuldners als Adressat angesehen hat, sei unbeachtlich, weil die objektive Richtigkeit oder Unrichtigkeit eines Bescheides nicht vom Verhalten der Beteiligten abhängen könne. Eine Auslegung eines Steuerbescheides hinsichtlich des Inhaltsadressaten kommt danach nur dann in Betracht, wenn dessen Bezeichnung im Bescheid selbst mehrdeutig ist (BFH, Urteil vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 16, 19).
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Die Frage, ob das Berufungsgericht bei seiner Auslegung diesen vom Bundesfinanzhof für die Fälle der Rechtsnachfolge entwickelten Grundsätzen gerecht geworden ist, stünde einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nur dann offen, wenn die vom Bundesfinanzhof vorgenommenen Einschränkungen der allgemeinen Auslegungsregeln bei der Ermittlung des Inhaltsadressaten eines Abgabenverwaltungsakts durch den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz geboten und damit Teil des Bundesrechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) wären. Dies ist nicht der Fall.
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Das Bundesverfassungsgericht hat das im allgemeinen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnde, der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dienende Bestimmtheitsgebot vor allem im Zusammenhang mit der hinreichenden Bestimmtheit von Gesetzen konturiert. Danach sind gesetzliche Tatbestände so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich indes nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt auch von der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und dem Zweck der betroffenen Norm (BVerfG, Beschlüsse vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u.a. - BVerfGE 108, 186 <235> und vom 18. Mai 2004 - 2 BvR 2374/99 - BVerfGE 110, 370 <396 f.>) sowie den jeweiligen Grundrechtsauswirkungen und der Art und Intensität des zugelassenen behördlichen Eingriffs ab (BVerfG, Beschluss vom 24. November 1981 - 2 BvL 4/80 - BVerfGE 59, 104 <114>; Urteil vom 27. Juli 2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348 <375 f.>; BVerwG, Beschluss vom 20. August 1997 - BVerwG 8 B 170.97 - BVerwGE 105, 144 <147>). Auch bei öffentlich-rechtlichen Abgaben kommt es für die hinreichende Bestimmtheit des Gesetzes auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs wie auf das Betroffensein von Grundrechten an. Für alle Abgaben gilt als allgemeiner Grundsatz, dass abgabenbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der Abgabenpflichtige die auf ihn entfallende Abgabe in gewissem Umfang vorausberechnen kann. Dabei genügt es im Bereich des Gebühren- und Beitragsrechts, dass für den Abgabenschuldner die Höhe der zu erwartenden Abgabe im Wesentlichen abschätzbar ist, so dass für ihn unzumutbare Unsicherheiten nicht entstehen können (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 a.a.O. S. 236; BVerwG, Beschluss vom 20. August 1997 a.a.O. S. 148 f.).
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Aus diesen Grundsätzen lassen sich Rückschlüsse auf die verfassungsrechtlich gebotene Bestimmtheit von Verwaltungsakten ziehen. Auch bei ihnen dient das Bestimmtheitsgebot der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und verlangt, dass ein rechtsstaatlicher Mindeststandard eingehalten wird (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 37 Rn. 2). Der Adressat muss in der Lage sein zu erkennen, was von ihm gefordert wird; zudem muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. Urteil vom 18. April 1997 - BVerwG 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301 = Buchholz 401.0 § 191 AO Nr. 7). Dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot lässt sich von daher nicht entnehmen, dass es in Fällen der Rechtsnachfolge von Verfassungs wegen ausgeschlossen ist, einen an ein erloschenes Rechtssubjekt als Beitragsschuldner adressierten Abgabenbescheid im Wege der Auslegung als an den Rechtsnachfolger des Adressaten gerichtet zu verstehen. Bei Beachtung der anerkannten Auslegungsgrundsätze ist auch in diesen Fällen in einer dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügenden Weise gesichert, dass für den durch Auslegung des Bescheides ermittelten Inhaltsadressaten keine unzumutbaren Unsicherheiten über seine Betroffenheit sowie über Grund, Höhe und Fälligkeit der Abgabenschuld entstehen. Die von dem Bundesfinanzhof in Auslegung einfach-rechtlicher Normen der Abgabenordnung vertretene Auffassung, ein im Fall der Rechtsnachfolge an den Rechtsvorgänger gerichteter Abgabenbescheid sei unwirksam und könne nicht dahin ausgelegt werden, dass Inhaltsadressat der Rechtsnachfolger sei, geht mithin über das durch Bundes(verfassungs)recht Gebotene hinaus und ist damit einer revisionsgerichtlichen Überprüfung hier entzogen.
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2. Die Auslegung der angefochtenen Beitragsbescheide durch das Berufungsgericht hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung ebenfalls stand. Dabei kann offen bleiben, ob das Revisionsgericht zur selbständigen Auslegung von Verwaltungsakten befugt ist (so Urteile vom 14. Dezember 2005 - BVerwG 10 C 6.04 - BVerwGE 125, 9 Rn. 19 und vom 25. Februar 1994 a.a.O.) oder ob es jedenfalls dann, wenn das Berufungsgericht ein Auslegungsergebnis - wie hier - näher begründet hat, darauf beschränkt ist, die Auslegung des Tatrichters daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einem Rechtsirrtum beruht oder ob sie einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt oder einen umstrittenen Prozessstoff zu Unrecht unberücksichtigt gelassen hat (Urteil vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <280>; vgl. auch Neumann, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Aufl. 2010, § 137 Rn. 166 ff.). Denn die Vorinstanz ist ohne Verstoß gegen die anerkannten Auslegungsregeln oder einen sonstigen Rechtsverstoß zu einer Auslegung der angegriffenen Beitragsbescheide gelangt, die der Senat teilt.
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Die Rüge der Revision, die Bescheide seien aufgrund der Adressierung an die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" hinsichtlich ihres Inhaltsadressaten eindeutig und daher nicht der Auslegung zugänglich, übersieht, dass nach der Ermittlung des Wortlauts einer Erklärung in einem zweiten Schritt auch die außerhalb der Begleitumstände liegenden Umstände in die Auslegung einzubeziehen sind, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Selbst ein klarer Wortlaut einer Erklärung stellt keine Grenze für die Auslegung anhand der Gesamtumstände dar. Die Feststellung, dass eine Erklärung eindeutig ist, lässt sich erst durch eine alle Umstände berücksichtigende Auslegung treffen (BGH, Urteile vom 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98 - NJW-RR 2000, 1002 <1003> und vom 19. Dezember 2001 - XII ZR 281/99 - NJW 2002, 1260 <1261>). Eine solche umfassende Auslegung hat der Verwaltungsgerichtshof vorgenommen, indem er berücksichtigt hat, dass der Klägerin ihre Eigentümerstellung hinsichtlich der in der Anlage zu den Bescheiden genau bezeichneten Grundstücke ebenso bekannt war wie ihre Beitragspflicht aufgrund des Anschlusses ihres Betriebs an die neu errichtete Schmutzwasserentsorgungsanlage der Beklagten. Als weiteren wesentlichen und der Klägerin bekannten Teil der Vorgeschichte der Bescheide hat der Verwaltungsgerichtshof den an die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" gerichteten und beglichenen Vorausleistungsbescheid vom 14. Dezember 2001 und insbesondere das nach Erlöschen der "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" an deren Rechtsnachfolgerin gerichtete Schreiben der Beklagten vom 28. August 2002, mit dem die Klägerin als Grundstückseigentümerin über ihre bevorstehende Heranziehung zu den Kosten des Klärwerks informiert wurde, angesehen. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, der Rechtsvorgängerin der Klägerin habe aufgrund dieser Umstände bei Erhalt der Bescheide "auf den ersten Blick" klar sein müssen, dass sie selbst als aktuelle Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks und nicht die bereits seit Jahren erloschene "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" herangezogen werden sollte und lediglich die Adressierung versehentlich fehlerhaft war, weist einen Rechtsfehler nicht auf.
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Die Rüge der Klägerin, bei einer eindeutigen Adressierung eines Bescheides könne sich aus einem zeitlich vorangehenden Bescheid allenfalls ergeben, dass unklar sei, welches Rechtssubjekt der später ergangene Bescheid betreffe, übersieht, dass die Auslegung stets einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls bedarf und das Berufungsgericht gerade nicht nur auf die Ankündigung der Beklagten, die Rechtsvorgängerin der Klägerin heranziehen zu wollen, sondern zusätzlich darauf abgestellt hat, dass für die Klägerin ohne Weiteres erkennbar war, dass sie für den ihr gewährten Vorteil des Anschlusses an die kommunale Kläranlage beitragspflichtig und daher Adressatin der Beitragsforderung war. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Klägerin, bei einer Auslegung nach § 133 BGB sei der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und der Sachbearbeiter der Beklagten habe nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts in den Bescheiden bewusst und gewollt die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" als Adressatin bezeichnet. Entsprechend den zu empfangsbedürftigen Willenserklärungen im Zivilrecht entwickelten Grundsätzen ist bei Verwaltungsakten nicht auf den wirklichen Willen des Erklärenden (sog. natürliche Auslegung), sondern - wie oben dargelegt - auf die objektive Erklärungsbedeutung (sog. normative Auslegung), wie sie der Empfänger verstehen musste, abzustellen (stRspr, Urteil vom 2. September 1999 - BVerwG 2 C 22.98 - BVerwGE 109, 283 <286>; BFH, Urteil vom 26. August 1982 - IV R 31/82 - BFHE 136, 351 m.w.N; vgl. zum Zivilrecht Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, § 133 Rn. 7, 9). Dass der Abgabenbescheid Grundlage für die Zwangsvollstreckung gegen den Abgabenschuldner ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf zivilrechtliche Grundsätze geltend macht, aufgrund der Formenstrenge des Zwangsvollstreckungsverfahrens komme eine Auslegung eines Titels durch außerhalb des Titels liegende Umstände nicht in Betracht, übersieht sie, dass auch im Zivilrecht Umstände außerhalb des Titels berücksichtigt werden können, wenn dem nicht berechtigte Schutzinteressen des Vollstreckungsschuldners entgegenstehen. Solche verneint der Bundesgerichtshof dann, wenn Prozess- und Vollstreckungsgericht identisch sind und daher auch das Vollstreckungsgericht über die für die Auslegung des Titels erforderlichen Kenntnisse verfügt (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02 - BGHZ 156, <339>). Hiermit vergleichbar ist die Situation bei der zwangsweisen Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Abgaben durch die den Abgabenbescheid erlassende Behörde, die zudem bei der Vollstreckung weitergehenden rechtlichen Bindungen als ein privater Gläubiger unterworfen ist.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.